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Full text of "Oberammergau und sein Passionsspiel 1922"

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1900,  at  £ouisld04 
Cütticf)  1905,  ßrüfjel 
1910  *  jRu^er  iH)ett- 
beroerb:  ©urin  1911 

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iBu0)d|9n6|(fllPo  in  (^Dfraramfraau: 

ßaf)n  - iReftaurant,    ©[^esfec ■  iReftaucant,   @Qftroirt)cf)Qft 

5um  ß9rf)frQn5[,  @9ffroirf|cf)Qft  5um  ßlamm,  @0ffroirf(cf)9ft 

5UC  iRofe,  @a(troict(cf)9ft  3um  ®urm,  @9ffroirtfcf)0ft  3um 

meinen  (Rö^l 

iRufeeröem  iflu0)rf|9nhf!ellen   in   Den  melffen  (Prten  öe«  bayerifcfien 
l&oc})lQnDe6. 


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HERMANN  ROTH  schreibt  in  der  Jubiläurnsnummer 
der  „Münchner  Neuesien  Nachrichten' : 

„Ein  Spezialhaus,  wie  man  es  in  seiner  Art  nur  in  den  führen- 
den Städten  Europas  wieder  finden  dürfte 

Das  Haus  Rau-Thaiimaier  hat  seine  eigene  Note.  Es  gehört  — 
ein  Schmuckstück  für  sich  —  zu  den  Geschäften,  die  sich  nicht 
ohne  weiteres  nachahmen  lassen  zu  jenen  Magazinen,  die  nur 
in  der  Münchener  Luft  entstehen  konnten,  nur  im  Münchener 
Milieu  Lebensbedingungen  finden. 


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XIV 


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MÜNCHEN 


XV 


XVI 


Oberammergau 

und  sein  Passionsspiel  1922 


--—-=- Offiziell ------ 

von  der  Gemeinde  Oberammergau  aner- 
kannter und  genehmigter,  nach  amtlichen 
Quellen  und  eigener  Anschauung  verfaßter 

:        FÜHRER        : 

durch  Spiel,  Ort  und  Umgegend 


Von 

FERDINAND  FELDTGL 

(1900    Passionsmusik- Dirigent    in    Oberammergau) 


4.  vollständig  neu  bearbeitete,  reichillustrierte  Auflage 
20.-30.  Tausend 


VERLAG  \^0X  LUDWIG  RUTZ   IX  OBERAMMERGAU 

DRUCK  DER  GRAPHISCHEN  KLNSTANSTALT  JOS.  C.  HUBER,   DIESSEX  VOR  A\C\'CHEN' 


Inhaltsverzeichnis. 


Vorwort 


1.  Kapitel. 


2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

7. 

8. 

9. 
10. 
11. 


Seite 


Das  Oberammergauer  Passionsspiel,  ein  Ver- 

söhnungswerk 9 

Das   Passionsspiel,   ein  Gelübde 19 

Das  Passionsspiel,  ein  Literaturdenkmal     .     .  32 

Die   Passionsmusik 47 

Die  Ausstattung  des  Spiels 61 

Die  Geldfrage 76 

Die  Spielkräfte 90 

Die  Handlung   des   Spieles 112 

Die  Fahrt  zum  Spiele 137 

Der  Ort 147 

Oberammergaus    Umgegend       191 


Anhang. 

a)  Theaterplan. 

b)  Offizielle    Ausschreibung. 

c)  Offizieller  Wohnungs-  und   Billeten-Bestellschein. 

d)  Dorfplan   und    Einwohner-Verzeichnis. 

e)  Karte    von    Oberbayern. 

6   farbige   und   ca.    60   schwarze    Illustrationen. 

Der  „Offizielle  Gesamt-Text  der  Passionsspiele  1922"  kann  durch  den  Verlag 
dieses  Führers  (Ludwig  Rutz,  Oberammergau)  zum  Preise  von  Mk.  10. —  (Porto 
Mk.  2.— ;  Nachnahmegebühr  Mk.  3.5Ü)  bezogen  werden. 

Die  photogr.  Aufnahmen  der  Hauptdarsteller  (Zivil-Aufnahmen)  stammen  aus 
dem  .,Phot.  Atelier  H.  Rex,  Oberamniergau. 


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2001057 


1* 


Kalender  1922 


O^T'  Die  Oberammergauer 
Festspieltage  sind  fettgedruckt. 


Mai 


Juni 


Juli 


August 


September 


1  ,\\  IMiil.ii.J. 

2  D  Athaiias 

3  M  Hl.tAutf, 

4  D  Monika    J 

5  h   Pills 

ö  S  Joh. V.I.Pf 


1  D   Kuno 

2  t   Erasmus  J) 

3  S   tClothilde 


7  S   S.Jubil. 
S  ^\  Michael  E 

9  D  Gregor  N. 

10  M  Antonin 

11  D  Majolus  :t; 

12  F    Pankraz 

13  S    Servaz 

14S4.Cantate 

15  M  Sophie 
IG  D  Joh.  Nep. 

17  M  Paschalis 

18  D  Erich       C 

19  F  Zölestin 

20  S  Bernh. 

21  S  5.  Rog. 

22  i\\  lulia 

23  D  Euphrosin. 

24  M  Hildebert 
25DChr.Himf. 

26  F   Philipp    # 

27  S  Beda 


4  S    Hl.  Pfingstf 

5  M  Pfingstm. 

6  D  Norbert 

7  M  t  Quat. 

8  U  iWedard. 

9  F  t  Prim.     (f 
]\)  S  Margar. 


IISHi.Dreifalt. 

12  M  Joh.  F. 

13  D  Ant.  V.  P. 

14  M  Basilius 

15  D  Fronleichn. 

16  F  Benno 

17  S  Adolf         C 


1  S  Theob.      J, 

2  S4.  Mar.Hs. 

3  M  Rumoid 

4  D  Ulrich 

5  M  Domitius 

6  D  Sexburg. 

7  F   Willibald 

8  S   Kilian 

9  S  S.Leono.® 

10  M  Amalia 

11  D  Pius 

12  M  Jöh.G. 

13  D  Eugen 

14  F  Bonavent 

15  S  Heinrich 


D  Petri  K. 
M  Alf.  V.L. 

ü  Steph.  A. 
F   Domin. 
S  Mar.  Seh. 


1  F  Aegidius 

2  S   Stephan 


18  S  2.  Emil 

19  M  Gervas 

20  D  Sylver. 

21  M  Aloysius 

22  D  Paulinus 

23  F  Edeltr. 

24  S  Joh.  d.  T. 


16  S  6,Skp.-P, 

17  M  Alexius    C 

18  D   Friedrich 

19  M  Vinz.v.P. 

20  D  Margar. 

21  F  Daniel 

22  S  Magdal. 


6  S 

9.  Port. 

7  M 

Afra 

8  1) 

Cyriak.     ® 

9  M 

August 

10  D 

Laurent. 

11   K 

Susanna 

12  S 

Klara 

M  S 

10.  Wigb. 

14  M 

tEuseb. 

15  DMar.Hf.C 

16  M 

Rochus 

17  D 

Liberat. 

18  F 

Helena 

19  S 

Sebald 

3S13.Sch.-F. 

4  M  Rosalia 

5  D  Laur. 

6  M  Magnus  ® 

7  D  Regina 

8  F  Mar.  Geb. 

9  S  Korbin. 


10  S  14.  M.  N. 

1 1  M  Prot.  u.  H. 

12  D  Guido 

13  M  Notburga 

14  D  Hl.fErh.C 

15  F  Nikod 

16  S   Kornelius 


28  S  6.  Exaudi 

29  M  Judith 

30  D  Felix 

31  M  Angela 


25  S  3.  Wllh.® 

26  M  Rudolf 

27  D  Ladislaus 

28  M  7  Leo  II. 
29  DPet.u.Paul 

30  F  Pauli  G. 


Som.-Anf.  V2.Juni 


23  S  T.Libor. 

24  M  Christine® 

25  D  Jakob 
26  M  Anna 

27  D  Konstant. 

28  F  Viktor 

29  S   Martha 

30  S  8,  Urban 

31  M  Ign.v.  L.    D 


S  11.  Bernh. 

M  Frnzisk.Ch 
D  Svmphor.® 
M  Philipp 

D  Barthol. 
F  Ludwig 
S  Sephyrin 


17S15.Kolum. 

18  M  Irene 

19  D  Januar. 

20  M  7  Quart. 

21  D  Matth.     # 

22  F  tEmmeran 

23  S  7  Thekla 


S  12.  Cäsar 

^\  Augustin 
D  Joh.  E.       1) 
M  Rosa  V.  L. 

D  Raimund 


24S16.Mar.M. 

25  M  Aurella 

26  D  Cyprian 

27  M  Kosmas  1) 

28  D  Wenzel 
k9  F  Michael 
30  S   Hieronym 


Hbst.-Anf23.Sept. 


Die  Generalprobe  findet  am  9.  Mai  statt. 

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Beginn  des  Spiels  morgens  8  Uhr,  Ende  abends  6 Uhr.  12— 2  Uhr  Mittagspause. 


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VORWORT. 


Zum  drittenmale  begrüße  ich  mit  diesem  Führer  meine 
mir  treu  gebhebenen  und,  wie  ich  hoffe,  recht  viele  neue 
Leser  und  Freunde  von  Oberammergau.  In  vierter  Auflage 
geht  er  hinaus  in  alle  Welt.  Zum  erstenmale  erschien  er 
1900  und  seitdem  in  2  deutschen  Auflagen  und  einer  eng- 
lischen Ausgabe.  1900  stand  ich  noch  selbst  mitten  im 
Spiele  als  Lehrer  des  Ortes  und  musikalischer  Dirigent  der 
Passionsspiele.  Seit  1902  habe  ich  behufs  Antritt  einer 
anderen  Stelle  den  Ort  verlassen,  aber  oft  und  oft  bin  ich 
als  Gast  zurückgekehrt  und  ich  fand  jederzeit  überall  offene 
Türen;  ich  bin  dem  Orte  treu  geblieben  in  Freud  und  Leid 
wie  er  mir,  mit  Rat  und  Tat,  bis  zur  Stunde  und  hoffe,  es' 
bleibt  dabei  bis  an  mein  Lebensende.  Gegenwärtiges  Buch 
möge  das  alte  Freundschaftsband  nicht  lockern,  sondern 
nur  noch  fester  knüpfen! 

Beim  Durchlesen  dieses  Führers  werden  die  geneigten 
Leser  finden,  daß  er  vollständig  neu  bearbeitet  ist.  Die 
sozialen  und  politischen  Verhältnisse  haben  eine  ganz  andere 
Zeidage,  eine  ganz  neue  Unterlage  für  das  Spiel  geschaffen; 
die  wirtschaftlichen  Verhältnisse,  die  Organisationen  des 
finanziellen  Spielbetriebs  sind  anders  geworden,  die  litera- 
rische Forschung  hat  neue  bedeutsame  Resultate  zutage 
gefördert  und  ich  schätze  es  mir  zum  schönsten,  ehrenvoll- 
sten Erfolg  meiner  dreißigjährigen  literarischen  Studien,  daß 
es  mir  gelungen  ist,  die  zwei  Passionstexte  von  1811  und 
1815  in  den  Originalen  aufzufinden  und  für  den  Besitz  der 
Gemeinde  Oberammergau  zu  sichern.  Damit  ist  jetzt  erst 
die  Passionstextgeschichte  in  allen  Teilen  klargelegt;  auch 
die  Musikgeschichte  ist  um  ein  gutes  Teil  weiter  gekommen. 


Neue   Männer   sind   ans    Ruder   gelangt   mit   neuen    Plänen 
und   Ideen,    alte,   verdiente,    bewährte    Veteranen    sind   aus- 
geschieden,   lieber  manchen  hat  sich  das  Grab  geschlossen. 
Viele  Opfer  hat  der  Weltkrieg  gekostet  und  nur  mit  tiefster 
Wehmut  denke  ich  daran,   daß   die  meisten  der  Gefallenen 
einst  meine   Schüler  waren.    Mit   Dank   gedenke   ich   Aller, 
welche  mich  in  Neuschaffung  des  Führers  unterstützt  haben. 
Vor   allem    des    so    schnell    verstorbenen    Kommerzienrates 
Guido  Lang,  dann  der  lebenden  Männer,  die  mir  so  bereit- 
willig  mit    Aufklärung    und    Material    entgegenkamen:    der 
Schnitzschuldirektoren     Ludwig     Lang    und    Faßnacht,     des 
gegenwärtigen  Spielleiters  Georg  Lang,  der  Herren  Haupt- 
lehrer Wittmann,   Professor  M.   Zeno   Diemer,   Universitäts- 
professor Dr.  Streck  usw.,  meines  Verlegers  Herrn  Ludwig 
Rutz,   der   in   schwerer   Zeit   keine   Mühe   und   keine   Opfer 
scheute,  so  gut  als  möglich  den   Führer  auszustatten.    Vor 
allem  aber  gilt  mein  Dank  dem  Passions-Komitee  wie  ins- 
besondere dessen  Vorsitzenden  Bürgermeister  Wilhelm  Rutz. 
Schon  am  13.  Mai  1921  erhielt  ich  nachstehenden  Brief: 
Hochwohlg.  H.  Hauptlehrer  Feldigl! 
Namens    des     Passionsspiel-Komitees    habe    ich    den 
Auftrag,    Ihnen    mitzuteilen,    daß    Sie    alles,    was    Sie    zur 
Ausstattung  Ihres  Führers  wünschen,  verwenden  können. 
Wir  schätzen  uns  glücklich  in  Ihnen  einen  so  aufrichtigen 
Verfechter  unserer  Passionsspiele  zu  haben  und  wünschen 
Ihnen  hiezu   alles  Glück! 

Wilhelm    Rutz,    Bürgermeister. 

Indem  ich  also  mit  wärmstem  Dank  hiemit  diese  offizielle 
Anerkennung  konstatiere  und  dieselbe  mir  zur  besonderen 
Ehre  anrechne,  fühle  ich  mich  aber  andererseits  dennoch 
verpflichtet,  ausdrücklich  zu  erklären,  daß  mich  weder  die- 
selbe noch  irgend  etwas  anderes  in  meinem  Urteil  über 
Oberammergau  beeinflußt  hat.  Wohl  stehe  ich,  wie  schon 
gesagt,  seit  mehr  als  30  Jahren  mit  dem  Ort  in  enger 
Fühlung,  es  war  mir  aber  selbstverständlich  Literaten-  und 
Gewissenspflicht,  mir  in  diesem  Buche  vollständig  freies 
und  objektives  Urteil  zu  bewahren  und  stehe  ich  persön- 
lich meinem  ehemaligen  Berufsort  heute  vollständig  frei 
gegenüber.  Wenn  nun  dennoch  mein  Urteil  über  Ort  und 
Spiel,   Land   und   Leute   ein   durchaus   günstiges   und   ehren- 


volles  wurde,  so  ist  das,  was  ich  schrieb,  nach  meiner  persön- 
lichen Ueberzeugung  vollständig  objektive  Wahrheit,  meine 
eigene,  unbeeinflußte  Meinung  und  keinerlei  vorbestellte 
Reklamearbeit. 

Und  so  übergebe  ich  dieses  Buch  meinen  verehrten 
Lesern  in  der  Hoffnung,  allen  etwas  damit  zu  bieten,  und 
zwar  nicht  nur  einen  Führer,  den  man  nach  der  Reise 
wieder  weglegt,  sondern  ein  Erinnerungs-  und  Gedächtnis- 
buch, nach  dem  jeder  noch  öfter  gerne  greifen  möge  in 
der  Zwischenzeit  bis  zum  nächsten  Passionsspiel.  Es 
empfiehlt  sich  bei  Besuch  des  Spieles  neben  diesem  Führer 
auch  noch  das  von  der  Gemeinde  ausgegebene  Textbuch 
ins  Theater  mit  zu  nehmen.  Die  Literaturfreunde  und  BibHo- 
graphen  seien  zur  Ergänzung  ihrer  literarischen  Studien 
auf  das  gleichzeitig  erscheinende  Werk  hingewiesen:  „Denk- 
mäler der  Passionsliteratur^^,  Verlag  von  Uhlschmid  Ober- 
ammergau, welches  Werk  die  vollständige  ausführliche  Text- 
Geschichte  des  Oberammergauer  und  seiner  verwandten 
Spiele  und  außer  sonstigen  zahlreichen  Textproben  den 
vollständigen  neu  aufgefundenen  Text  von  1811  enthält. 
Meine  eigenen  Erlebnisse  habe  ich  in  dem  demnächst  erschei- 
nenden Buch:  „Theatererinnerungen  eines  ehemaligen  Ober- 
ammergauers''  (Volksfreund-Verlag  München,  Hiltensberger- 
straße  15)  niedergelegt.  Mit  diesen  drei  Werken  möchte  ich 
Oberammergau  mein  literarisches  Testament  übergeben,  denn 
für  einen,  der  schon  sechs  Jahrzehnte  seines  Lebens  hinter 
sich  hat,  wird  es  allmählich  Zeit  an  das  Abschiednehmen  von 
seinen  Lesern  zu  denken.  Wer  weiß,  ob  wir  uns  beim 
nächsten  Passionsspiele  wiedersehen!  Also  darum  heute  ein 
umso  herzlicherer  Gruß  und  Händedruck! 

Der  Verfasser. 


Uersäumen  Sie  nicht,  bei  Ihrem  Jlufenthaä  in  Ober- 
ammergau  die  sehensii^erte  „Kanstgeii^erbäche  Uus- 
steitung"  uon  Eudmig  u.  Hermann  Kutz  am  HauptfiEatz, 
uis-ä-uis  uom  Holet  Wittetsbacher-Hol,  zu  besuchen. 
Treie  Besichtigung  lederzeit  gestattet! 


Jesus  bei  Simon 


1.  KAPITEL. 

Das  Oberammergauer  Passionsspiel, 
ein  Versöhnungswerk. 

Wirf  zum  heiligen  Staunen  Dich  nieder  von  Gottes  Fluch 
gebeugtes  Geschlecht  !^^ 

Das  sind  die  ersten,  furchtbar  ernsten  Worte,  mit  denen 
das  Passionsspiel  von  Oberammergau  beginnt,  „das  große 
Versöhnungsopfer  auf  Golgatha",  wie  es  nach  den  älteren 
Textbüchern   geheißen   wird. 

Wann  je  hätten  sie  kräftiger  und  erschütternder  an  alle 
Herzen  geschlagen  als  in  der  gegenwärtigen  Zeit?  Wann 
hat  die  Welt,  das  gesamte  Menschengeschlecht  der  Zorn 
Gottes  mehr  heimgesucht,   als  in  unseren   Tagen? 

Ja,  die  gesamte  Menschheit,  ob  sie  sich  in  ihren  Völkern 
siegreich  nennt  oder  besiegt  gilt,  ist  ein  vom  Fluche  Gottes 
gebeugtes  Geschlecht. 

Und  ist  der  Fluch  unverdient? 

Aus  den  Rebgewinden  der  Lauben  von  Meran  schaut 
ein  alter  Spruch  hervor  und  der  alte  Spruch  ist  so  neu,  so 
wahr  und  treffend,  daß  er  heute  geschrieben  sein  könnte: 
„Die  Redlichkeit  ist  aus  der  Welt  gereist,  die  Aufrichtigkeit 
ist  schlafen  gegangen,  die  Frömmigkeit  hat  sich  versteckt, 
die  Gerechtigkeit  kann  den  Weg  nimmer  finden,  der  Helfer 
ist  nicht  mehr  zu  Haus,  die  Liebe  liegt  krank,  die  Gut- 
tätigkeit  sitzt  im  Arrest,  der  Glaube  ist  erloschen.  Künste 
und  Tugend  gehen  betteln,  die  Wahrheit  ist  begraben, 
Schwüre  werden  gebrochen,  und  die  Treue  nicht  mehr 
geachtet,  der  Kredit  ist  närrisch  geworden  und  das  Gewissen 
hängt  an  der  Wand." 


Und  was  könnte  man  heute  noch  alles  dazu  setzen? 
Heute  liegt  die  ganze  Menschheit  todkrank  und  tod- 
müde darnieder,  verwundet  bis  ins  tiefste  Herz  hinein  und 
weiß  nicht,  ob  sie  sich  je  wieder  zur  alten  Kraft  erheben  kann. 

,,Doch    von    ferne,    von    Kalvariens    Höhen 

Leuchtet    durch    die    Nacht    ein    Morgenglühn, 

Aus    des    Kreuzesbaumes    Zweigen    wehen 

Friedenslüfte    durch    die   Welten    hin. 

Gott!    Erbarmer!    Sünder   zu    begnaden 

Die   verachtet   frevelnd   Dein   Gebot, 

Gibst   Du,   sie   vom    Fluche   zu   entladen, 

Deinen   Eingebornen  in  den  Tod." 

So  tönt  ein  schlichter  Sang  aus  den  Bergen  des  baye- 
rischen Hochlands,  aus  dem  einfachen  Dorfe  Oberammergau, 
und  der  Ruf,  der  von  dort  aus  klingt,  wird  in  der  ganzen 
Welt  vernommen  und  Tausende  und  Tausende  eilen  herbei 
um  ihn  nahe  zu  vernehmen  und  es  geht  ein  neues  Auf- 
atmen, ein  neues  Hoffen  durch  die  Welt. 

Wieder  geht  von  dem  Bergdorf  der  Ruf  an  die  Welt 
und  der  tröstliche  Gruß: 

„Friede    Dir!     Aus    Sions    Gnade    wieder! 

Nicht  ewig  zürnet  er. 

Der   Beleidigte.   —   Ist   sein   Zürnen   auch   gerecht, 

Ich    will,    —    so    spricht    der    Herr   — 

Den    Tod   des   Sünders    nicht,    —    vergeben 

Will   ich   ihm,   —   er  soll   leben, 

Versöhnen    wird    —   selbst    meines    Sohnes    Blut   versöhnet." 

Laut  tönet  da  von  der  Bühne  des  Passionstheaters  von 
Oberammergau  herab  das  paulinische  Wort  und  deutet  allein 
die  Rettung. 

„Versöhnet  euch  mit  Gott!" 

Noch  ist  es  nicht  zu  spät.  Noch  ragen  wie  zu  den 
Zeiten,  da  der  vorerwähnte  Spruch  unter  die  Meraner  Lauben 
geschrieben  wurde,  die  Kirchen,  Dome  und  Kathedralen 
zum  Himmel,  noch  lebt  der  alte  Gott  und  die  Sehnsucht  nach 
ihm   läßt  sich   nirgends   verbergen,   sie   ist   größer  denn   je. 

Nach  den  Oberammergauer  Passionsspielen  des  Jahres 
1910  hatten  die  Volksbühnen  von  Erl,  Brixlegg  und  Waal 
sich  eröffnet  und  durch  ihr  würdiges  Spiel  von  weit  her 
Gäste  angezogen.  Mitten  in  die  Waaler  Spiele  des  Jahres  1914 
tönte  aber  der  schauerliche  Kriegsruf,  der  den  Weltbrand 
entzündete    und    so    unendliche    Menschenopfer    und    Opfer 

—   10   — 


an  leiblichen  und  geistigen  Gütern  kostete.  Noch  waren 
die  Kämpfe  und  inneren  Unruhen  nicht  zu  einem  allgemeinen 
friedlichen  Abschluß  gekommen,  als  das  Jahr  1920  sich 
schon  nahte  und  die  Oberammergauer  Gemeinde  wieder 
daran  gemahnt  wurde,  alten  Brauch  und  altes  Gelübde  aufs 
neue  zu  erfüllen;  noch  waren  die  tiefen  Wunden  nicht 
geheilt,  die  der  Krieg  geschlagen.  Die  Gedächtnistafel  der 
im  Kriege  Gefallenen  im  Gottesacker  von  Oberammergau 
zählt  65  Namen  geborener  Oberammergauer,  80  in  das  Feld 
Gezogene  kehrten  nicht  mehr  heim,  darunter  solche,  auf  die 
der  Ort  für  sein  nächstes  Spiel  die  besten  Hoffnungen  gesetzt 
hatte;  die  Heimgekehrten  waren  krank  und  todmüde  von 
den  Strapazen  des  Krieges,  außer  aller  dramatischen  Uebung, 
unfähig,  die  Pflichten  und  Aufregungen  auf  sich  zu  nehmen, 
die  das  Spiel  auflegt.  Es  mußte  vorerst  mit  Uebung  und 
Vorbereitung  ganz  von  vorne  angefangen  werden  mit  vollstän- 
diger Neuheranbildung  von  dramatischen  und  musikalischen 
Kräften,  mit  kleineren  Uebungsspielen,  mit  längerer  ein- 
gehender Prüfung  bisher  unbeschäftigter,  vollständig  neu 
heranwachsender  Kräfte.  Dazu  kam  die  Unsicherheit  der 
politischen  Lage,  die  Unmöglichkeit  der  Verpflegung,  und 
noch  gar  manch  anderes,  das  alles  zusammenwirkte,  um 
die  Wiederaufnahme  des  Spieles  direkt  unmöglich  zu  machen. 
Zahllos  waren  die  Anfragen,  die  an  die  Gemeindeverwaltung 
und  an  Private  in  Oberammergau  ergingen  wegen  des  Zeit- 
punktes des  Spieles  und  auch  an  Schreiber  dieses,  der  in  den 
schlimmen  Tagen  ebenso  treu  und  eng  mit  dem  Ort  verbunden 
blieb  als  in  den  guten,  wurde  täglich  die  Frage  gerichtet, 
ob  und  wann  die  Oberammergauer  wieder  spielen.  Da  dies 
aber  einfach  unmöglich  war,  so  taten  sich  andere  Bühnen  auf. 
Auch  die  Kunstbühne  bemächtigte  sich  der  Passionsspiele 
in  der  an  sich  durchaus  löblichen  Absicht,  mit  ihren  geist- 
lichen Spielen  Fühlung  zur  Volksbühne  zu  erringen.  Franz 
Herwig  ließ  in  Weimar  den  Jahresfestkreis  in  dramatischen 
Bildern  entstehen;  München  eröffnete  gleich  zwei  Passions- 
bühnen. Im  Ausstellungstheater  auf  der  Sendlingerhöhe 
wurde  das  Mysterienspiel  der  Brüder  Arnoul  und  Simon 
Greban,  aus  dem  Französischen  des  Jahres  1452  von  Wil- 
helm Schmidtbonn  frei  übertragen,  im  Herzogspark  das  Pas- 
sionsspiel des  Dr.  Hermann  Dimmler  zur  Aufführung  ge- 
bracht.   Und  seitdem  hat  sich  weiter  eine  Reihe  von  Passions- 

—   11    — 


bühnen  auf^ctan,  private  wie  gesellschaftliche  Unternehmen, 
VOM  denen  einzelne  soweit  gingen,  sich  sogar  für  mehr  oder 
weniger  „Oberammergauer  Spiele^*  auszugeben,  samt  und 
sonders  aber  keine  wirkliche  Verbindung  mit  Oberammergau 
hatten.  Das  gegenwärtige  Buch  hat  nicht  über  die  Qualitäten 
und  den  Erfolg  dieser  Spiele  zu  befinden  und  will  sich 
darüber  jedes  Urteils  enthalten.  Die  Oberammergauer  selbst 
haben  fleißig  die  ihnen  zunächst  zugänglichen  Münchener 
Spiele  besucht  und,  wie  Schreiber  dieses  bestätigen  kann, 
neidlos  und  ohne  Voreingenommenheit  ihr  durch  jahrelange 
Bühnenerfahrung  gereiftes,  objektives  und  meist  sehr  tref- 
fendes Urteil  gefällt.  Die  Gleichzeitigkeit  hat  den  Münchener 
Spielen  gegenseitig  Abbruch  getan  und  verteilte  sich  damit 
die  Anzahl  der  Besucher  auf  zwei  Unternehmen.  Zusammen- 
genommen wäre  sie  eine  sehr  erkleckliche  und  damit  der 
Beweis  für  das  warme  Interesse  des  Volkes  am  Spiele 
gewesen.  Das  Zehnerjahr  w^ar  für  viele  Leute  aus  dem 
Volk,  das  für  sie  einmal  nach  Brauch  und  alter  Sitte  mit 
dem  Besuch  des  Oberammergauer  Passionsspieles  verbun- 
dene Jahr  und,  da  sie  dessen  entbehren  mußten,  besuchten 
sie  dessen  Ersatz.  (Das  Wort  will  nicht  im  modernschlimmen 
Sinn  angewendet  sein.) 

Die  Sehnsucht  nach  Erlösung  und  Versöhnung  trieb 
sie  damals  und  treibt  sie  neuerdings  wieder  in  die  Spiele, 
da  endlich  Oberammergau  selbst  wiederum  in  der  Lage 
ist,    seine    Hallen    aufzutun. 

Sie  suchen  nach  dem  in  unseren  finsteren  Tagen  ver- 
lorenen Gott,  sie  sind  selig,  wenn  sie  ihn  wiedersehen  und 
wiederfinden  und  wäre  es  vorerst  nur  im  Bilde.  Aber  das 
Bild  prägt  sich  tief  in  die  Herzen,  es  bringt  neues  Leben 
und  Frieden  hinein,  es  kommt  über  sie  das  „heilige  Staunen^^ 

Gar  mancher,  der  den  Weg  in  die  ehrwürdigen  Hallen 
unserer  Kirchen  verloren  hat,  findet  in  Oberammergau  beim 
r^assionsspiel  wieder  den  Rückweg  zu  Gott,  die  Erinne- 
rungen einer  längst  verlorenen  Jugend  werden  wieder  wach, 
der  verlorene  Glaube  lebt,  die  Seele  atmet  wieder  auf  — 
das  ist  die  Versöhnung  und,  wenn  sie  nur  einem  zu  teil 
wird,  dann  ist  sie  das  Opfer  wert,  welche  das  Spiel  für 
Ortsbewohner   und    Besucher   mit   sich    brinot. 


12    — 


Philipp  Eduard  Devrient  sagt  schon  1850  in  den  „Bei- 
lagen zur  Augsburger  Allgemeinen  Zeitung": 

„Es  ist  ein  wahrer  Seelentrost  inmitten  des  Zerset- 
zungsprozesses, den  der  moderne  Geist  mit  allem  Alten  und 
Ueberkommenen  vornimmt,  umgeben  von  den  haltungslosen 
Trümmern  des  bisherigen  Lebens,  mit  denen  wir  zugleich  so 
viel  Angelebtes,  Liebgewordenes  und  Volkstümliches  zer- 
bröckeln und  vergehen  sehen,  daß  die  eine  Erscheinung, 
wie  dieser  Ueberrest  der  geistlichen  Schauspiele  des  Mittel- 
alters, so  altdeutsch,  kerngesund  und  jugendfrisch  vor  uns 
steht,  als  wäre  sie  gestern  erst  entstanden,  uns  mit  den 
unbefangenen  Kinderaugen  fröhlich  ansieht  und  zuzurufen 
scheint:  „Seid  guten  Mutes,  der  alte  Hort  des  deutschen 
Volksgeistes  ist  unvertilgbar  und  unerschöpflich;  wenn  ihr 
nur  den  Glauben  daran  behaltet,  macht  er  euch  wieder 
überreich!  .  .  .  /' 

Und  sechzig  Jahre  darauf  (1910)  sprach  der  damalige 
päpstliche  Nuntius  und  nunmehrige  Kardinal  Dr.   Frühwirt: 

„Wo  in  aller  Welt  ist  eine  stärker  ans  Herz  greifende, 
auf  die  Gemüter  wirkende  Predigt  über  die  heiligsten  Ge- 
heimnisse unserer  Religion  möglich  als  hier,  wo  aufrichtiger 
Glaube  und  selbstlose,  künstlerische  Hingabe  sich  vereinigen, 
um  dem  Auge  sichtbar,  dem  Gemüte  fühlbar  das  darzustellen, 
was  schon  unsere  zarte  Jugend  in  Wort  und  Schrift  bewegt 
und  ergriffen  hat.  Nur  alle  zehn  Jahre  —  aber  dann,  welch' 
gewaltige  Aufrüttelung  der  Gewissen,  welch'  lautes  Zeugnis 
für  das  Heilige,  für  das  sorglos  Unbeachtete,  für  das  oft 
boshaft  Geleugnete.  Gerade  darin,  daß  diese  Predigt  nur 
alle  zehn  Jahre  sich  an  die  Zeitgenossen  wendet,  liegt  ihre 
Bedeutung.  Oberammergau  wird  so  zum  Mahner,  zum  ern- 
sten Rufer  für  den  Geist  und  die  Wahrheit,  für  den  Glauben 
an  den  Erlöser,  an  seine  Existenz  und  Göttlichkeit.  Und 
was  erfreulich  und  wirksam  ist:  Oberammergau  hält  seine 
Jahrzehntpredigt  an  den  Zeitgeist  in  einer  Form,  die  jeden 
anzieht,  der  teilnimmt  an  den  Gütern  unserer  Kultur.  Sie 
wendet  sich  an  das  künstlerische  Empfinden  des  Menschen, 
sie  kommt  seinem  tief  in  ihm  liegenden  Bedürfnis  nach  wahrer 
Schönheit,  nach  dem  Großen  und  Reinen  entgegen,  sie  sucht 
und  findet  ihn  auf  einem  Boden,  der  allen  zugänglich  ist, 
auf  dem   der   Kunst!" 


—  n   — 


So  urteilt  der  Schauspieler,  so  der  Kardinal,  der  eine 
ist  Protestant  und  der  andere  Katholik.  Und  beide  finden 
sich  einig  in  ihrer  Begeisterung",  einig  in  der  Gutheißung 
und  Empfehlung.  Diese  Einigkeit  weist  uns  auf  eine  /.weite 
Bedeutung  Oberammergaus  hin,  die  nicht  minder  Beachtung 
verdient  wie  die  erste. 

Das  Passionsspiel  ist  nicht  nur  eine  Tat  der  Ver- 
söhnung des  einzelnen  Menschen  mit  Gott,  sondern  auch 
ein  Versöhnungswerk  im  Streite  der  Bekennt- 
nisse. 

Keinerlei  dogmatische  Streitfrage  ist  im  Text  angedeutet. 
Der  Text  ist  entweder  reines  Bibelwort  oder  der  biblische 
Wortlaut  in  schlichte  Volkssprache  übersetzt;  beide  versteht 
und  würdigt  der  Katholik  ebenso  wie  der  Protestant,  das 
Austeilen  von  Brot  und  Wein  ist  so  würdig  dargestellt,  daß 
es  Katholiken  wie  Protestanten  gleich  tief  ergreift,  ohne 
deswegen  für  den  einen  zum  wirklichen  Meßopfer  und  für 
den  anderen  zum  liturgischen  Abendmahl  zu  werden,  keiner 
kann  darin  eine  Profanierung  seines  gottesdienstlichen  Kultus 
finden;  die  ergreifende  Marienklage  wird  nicht  zur  spezifisch 
katholischen  Marienverehrung,  macht  aber  auch  den  Prote- 
stanten die  Gestalt  der  Maria  in  ihrem  erschütternden  Mutter- 
schmerz ehrwürdig  und  liebewert.  Ja  nicht  einmal  der  Jude 
kann  sich  vom  Spiel  verletzt  fühlen,  er  w^rd  vergeblich  nach 
einer  tendenziös  hervorgehobenen  Verhöhnung  und  Ver- 
zerrung des  Judentums  suchen. 

Noch  eine  dritte  Versöhnungsmission  wäre  dann  noch 
dem  Oberammergauer  Passionsspiele  vorbehalten  und  man 
dürfte  sich  glücklich  schätzen,  wenn  ihm  diese  gelingen 
würde,  die  Versöhnung  der  entzweiten,  ver- 
feindeten Weltnationen. 

lieber  hundert  Jahre  sind  Ausländer  Besucher  des  Ober- 
ammergauer Passionsspieles.  Während  den  Napoleons- 
kriegen saßen  Bayern  und  Tiroler  friedlich  mit  Franzosen 
vor   der   Passionsbühne   beisammen. 

In  den  Vierziger  Jahren,  bald  nach  den  bekanntgewor- 
denen deutschen  Berichten  eines  Hofrat  Oken  und  Obern- 
berg erschienen  in  London  die  Berichte  des  Mr.  Gray, 
AAr.  Queen  und  in  Liverpool  jene  des  Mr.  Josef  Brooks 
Yates    und    machten    das    Ausland    auf   die    Spiele   in    Ober- 

—   14   — 


ammergau  aufmerksam.  Und  bald  kamen  die  Engländer 
und  später  die  Amerikaner  in  Scharen  nach  Oberammergau, 
befreundeten  sich  mit  den  Oberammergauern  und  wurden 
zum  Teil  alljährliche  Sommergäste;  verschiedene  Stiftungen, 
darunter  die  Kirchenorgel,  dann  die  Stiftung  von  10  000  Mk. 
der  Miß  Milner  für  ambulante  Krankenpflege,  verdankt  Ober- 
ammergau den  Engländern.  Als  kurz  vor  dem  1900  er  Spiel 
der  Burenkrieg  ausgebrochen  war,  regte  sich  die  Befürchtung, 
daß  die  Engländer  ausbleiben  möchten,  weil  sich  die  Sym- 
pathien vieler  Deutscher  und  des  deutschen  Kaisers  selbst 
auf  die  Seite  der  Buren  neigte,  aber  die  Engländer  blieben 
den  Oberammergauern  treu  und  der  Krieg  überraschte  1914 
gar  manchen  noch  dort.  Die  Franzosen  kamen  um  zehn 
Jahre  später  als  die  Engländer;  hier  war  Baron  de  Roisin 
in  den  Pariser  „Annales  archeologiques^^  der  Rufer.  Der 
Zustrom  hielt  anfangs  mit  England  gleichen  Schritt,  besonders 
waren  die  französischen  Abbes  Besucher  von  Oberammergau, 
da  kam  aber  das  Jahr  1870  und  schnitt  von  da  an  für  Jahr- 
zehnte lang  jeden  Besuch  ab.  Erst  mit  dem  Jahre  1890  ent- 
standen für  Frankreich  wieder  Rufer  zum  Passionsspiel  mit 
Jongley  Linge  und  Emil  Paris  und  1900  mit  Guido  Vogel- 
sang, auch  die  Uebersetzung  von  Schachings:  „Judas  von 
Oberammergau*^  ins  Französische  führte  d^m  Spiele  Freunde 
aus  Frankreich  zu.  1900  und  1910  waren  die  französischen 
Abbes  wieder  typische  Erscheinungen  unter  der  Passions- 
besucherwelt geworden.  Die  französische  Tonkünstlerwelt, 
die  1910  in  München  so  enthusiastischer  Aufnahme  sich 
erfreute,  fand  ebenfalls  den  Weg  nach  Oberammergau  und 
trug  von  dort  die  besten  Eindrücke  heim.  Der  Pfarrer  von 
Nancy  nahm  sich  von  Oberammergau  mit  seiner  Begeisterung 
auch  Photographien  und  Textbücher  mit  und  setzte  nach 
dem.  Oberammergauer  Passionsspiel  in  Nancy  selbst  ein 
solches  in  Szene.  Dasselbe  feierte  1914  gerade  seinen  Anfang 
und  mehrere  Oberammergauer  wollten  der  freundlichst 
erfolgten  Einladung  dorthin  Folge  geben,  da  brach  der  neue 
unselige  Krieg  los  und  neuer  Zwist  und  Haß  legte  sich 
zwischen  die  Völker,  der  diesesmal  auch  die  Engländer  und 
Amerikaner  in  seinen  Bann  zog. 

Dieses  Buch  soll  keinerlei  politischer,  philanthropischer 
oder  internationaler  Propaganda  dienen;  der  Verfasser  weiß 
sich  fern  von  jeglicher  Liebedienerei  und  unmännHcher  An- 

—   15   — 


bicdcrci.  Schon  aber  im  Sinne  des  weltumspannenden 
Christentums  mag  und  muß  ihm  die  Frage  gestattet  sein: 
Soll  der  Haß  der  Völker  immer  bleiben?  Sollte  sich 
nirgends  mehr  ein  gegenseitiges  Verzeihen  finden?  Sollte 
nicht  Oberammergau  wieder  eine  Brücke  schlagen  können 
zwischen  den  entzweiten,  verbitterten  Nationen?  Religion  und 
Volkskunst  haben  hier  einen  neutralen  Boden  geschaffen, 
auf  dem  man  sich  wieder  verstehen,  wieder  die  Hände 
reichen  könnte.    Wäre  es  gar  nicht  möglich? 

Sollten  die  ersten  Worte,  welche  der  Prologsprecher 
an  die  Besucher  des  Passionsspiels  richtet,  für  ganze  Na- 
tionen ungehört  verhallen? 

„Alle   seien   gegrüßt,   vv  eiche   die    Liebe   hier 
Um  den  Heiland  vereint,  trauernd  ihm  nachzugehn 
Auf    dem    Wege    des    Leidens 
Bis    zur   Stätte    der    Grabesruh. 
Die   von   nahe   und   ferne   heute   gekommen   sind, 
Alle  fühlen  sich  hier  Eines  in   Brudersinn 
Als    die    Jünger   des    Einen, 
Der   für   alle   gelitten    ha  t." 

Wenn  dieses  Wort  auf  gutes  Erdreich  fiele,  wenn  dieser 
Same  Wurzeln  schlagen  würde,  —  welch  ein  Glück,  welch  ein 
Segen? 

Und  so  könnte  wirklich  das  Oberammergauer  Passions- 
spiel auch  in  dieser  Hinsicht  ein  Versöhnungswerk  werden 
für  alle,  welche  guten  Willens  sind.  Das  Oberammergauer 
Passionsspiel  ist  keine  völkerbewegende  Sache  im  Sinne  der 
Diplomatik  und  Politik,  aber  es  ist  ein  Werk  des  Friedens  und 
oft  sind  schon  kleine  Ursachen  der  erste  Anlaß  gewesen, 
entzweite  Brüder  wieder  zusammen  oder  wenigstens  sich 
näher  zu  führen,  ein  solcher  Anlaß  wäre  hier  geboten,  am 
Weg  sich  einander  entgegen  zu  kommen  und  wenn  einmal 
ein  solcher  Weg  beschritten,  dann  kommt  auch  sicher  der 
Tag  oder  die  Stunde,  wo  man  zusammentrifft,  und  sich  die 
Hände  reicht,  vergebend,  vergessend.  Möge  sich  dies 
erfüllen! 

Möge  sich  der  Wunsch  erfüllen,  in  den  Kardinal  Frühwirt 
die  Summe  seiner  Oberammergauer  Passionseindrücke  zu- 
sammenfaßt.: „daß  Gott  das  Oberammergauer  Passionsspiel 
segnen  und  in  allen  Zeiten  erhalten  möge,  sich  zur  Ehre, 
den  Gläubigen   zur  Befestigung,   denen,   die   zweifelnd  aber 

—   16   — 


guten  Willens  sind,  zur  Erbauung,  denen,  die  nicht  glauben, 
zur  Erweckung." 

Und  mögen  sich  die  Worte  erfüllen,  die  schon  191Q  Pater 
Pacificus  in  einem  Ruf  zum  Oberammergauer  Passionsspiel  im 
„Sammler"  der  Münchener  Augsburger  Abendzeitung  schrieb: 
„Alles  was  Christi  Namen  trägt,  soll  sich  hier  um  die 
Bühne  einer  Welt  im  Kleinen  versammeln  und  einig  sein  in 
dem  großen  Mysterium,  der  Erlösung  der  Welt  durch  den 
Gottessohn,  alles  Trennende  vergessen,  von  dem  einen 
großen  Gedanken  beseelt,  daß  der  Menschheit  Glück  und  Heil 
nur  ausgehen  kann  von  der  verzeihenden  und  opfernden 
Liebe  des  Kreuzes,  das  als  eigentlicher  Sinn  unseres  Lebens, 
als  das  Symbol  des  „Stirb  und  Werde!"  bei  allem  Schaudern 
und  Widerstreben  des  sinnlichen  Menschen  unser  besseres 
Teil  immer  wieder  anzieht  und  in  seinen  Bann  nimmt  — 
das  größte,  tiefste  Geheimnis  der  Anziehungskraft  von 
Oberammergau." 

Möge  sich  also  der  dreifache  Wunsch  erfüllen,  den  auch 
das  offizielle  Oberammergauer  Gesamttextbuch  so  eindring- 
lich zum  Ausdruck  bringt:  Möge  das  Passionsspiel  in  Ober- 
ammergau beitragen  und  sein  Möglichstes  tun  und  erfüllen 
zur  Versöhnung  der  einzelnen  Person  wie  der  ganzen  Mensch- 
heit mit  Gott,  der  Konfessionen  untereinander  und  endlich 
zur  Wiederherstellung  des  Wiederverstehens  und  wahren 
Friedens  unter  den  entzweiten  Nationen! 

Nicht  „unter  dem  Zauber  des  Dionysischen  soll  sich 
der  Bund  zwischen  Mensch  und  Mensch  wieder  zusammen- 
schließen", nicht  „die  entfremdete,  feindliche  oder  unter- 
jochte Natur  wieder  ihr  Versöhnungsfest  mit  dem  verlorenen 
Sohne,  dem  Menschen  feiern",  wie  Nietzsche  sich  die  „Geburt 
der  Tragödie"  denkt,  nein,  der  Mensch  soll  den  Zauber  des 
Dionysischen  abstreifen,  der  doch  mit  nichts  anderem  enden 
kann,  als  mit  Ekel,  er  soll  die  sich  aufbäumende,  leider 
schon  zu  sehr  entfesselte  Natur  besiegen,  der  verlorene  Sohn 
soll  zu  seinem  Vater  heimkehren,  zu  dem,  der  allein  wieder 
ihm  Vaterhaus  und  Heimat  bieten  kann,  zu  seinem  Gott; 
die  Wiedergeburt  der  Tragödie  des  Gottmenschen  im  Glau- 
ben an  ihn  ist  allein  die  Wiedergeburt  der  Menschheit,  ihre 
Versöhnung,  Rettung,  Beseligung,  —  Erlösung. 

-    17    —  2 


2.  KAPITEL. 

Das  Passionsspiel,  ein  Gelübde. 

Tj  aß  theatralische  Aufführungen,  Volksfestlichkeiten  u.  dgl. 
^-^  sich  auf  Gelöbnisse  anläßlich  örtlicher  besonderer  Be- 
gebenheiten^ auf  Heimsuchungen  durch  Krankheiten,  Er- 
lösung von  Kriegsgefahren  und  ähnliche  Veranlassungen 
begründen,  ist  eine  häufige  Erscheinung.  Dr.  Sepp  schreibt 
in  seinem  Bericht  vom  Jahre  1850:  „Das  Spiel  knüpft  an 
an  die  Pest  im  Jahre  1633  an.  Die  Italiener  bringen  den 
Anfang  ähnlicher  Aufzüge  mit  der  Pest  1365  zur  Zeit 
Boccaccios  in  Verbindung.  Die  Griechen  schützten  die  letzte 
Pest  im  peloponnesischen  Krieg  vor;  das  heidnische  Rom 
aber  wußte  genau,  im  Jahre  der  Stadt  391  seien  auf  Ver- 
anlassung einer  Pest  die  ersten  öffentlichen  Spiele  aufge- 
führt worden  und  zu  diesem  Zwecke  die  histriones  aus  den 
priesterlichen  Hetrurien  eingetroffen.^^  Der  Münchener 
Schäfflertanz  und  Metzgersprung  werden  auch  von  Pest- 
gelübden  abgeleitet. 

Geistlicher  Rat  Alois  Daisenberger  schreibt  in  seinem 
ersten  Bericht  über  das  Spiel  1850: 

„Wahrscheinlich  ist  schon  vor  dem  Jahre  1600  die 
Leidensgeschichte  des  Herrn  gemäß  dem  im  Mittelalter  in 
vielen  größeren  Gemeinden  eingeführten  Gebrauche,  auch 
zu  Oberammergau  öfters,  etwa  in  der  hl.  Fastenzeit  und  in 
der  Kirche,  als  ein  Akt  religiöser  Erbauung  angestellt  wor- 
den. Mir  wenigstens  scheint  es,  daß  das  Gelübde  der 
Gemeinde  vom  Jahre  1633  nicht  einen  neuen,  unbekannten 
Gebrauch  einführen,  sondern  vielmehr  einen  uralten,  damals 
aber  hier  wie  anderwärts  im  Erlöschen  begriffenen  Gebrauch 
durch  das  bestimmte  Versprechen  regelmäßiger  Uebung  für 
alle  Zeit  festhalten  wollte." 


-   19 


Das,  was  im  Vorberichte  zu  dem  Programme  des  Pas- 
sionsspiels von  1850  über  die  Veranlassung  jenes  Gelübdes 
der  Passionsvorstellungen  gesagt  ist,  ist  einer  in  Ober- 
ammergau vorfindlichen,  handschriftlichen  Chronik  entnom- 
men, deren  Verfasser  unbekannt  ist/' 

Dieser  Vorbericht  lautet: 

„Im  Jahre  1633  herrschte  in  den  benachbarten  Gegen- 
den von  Ammertal,  vorzüglich  zu  Partenkirchen,  Eschen- 
lohe und  Kohlgrub  eine  so  ansteckende  Krankheit,  daß  nur 
wenige  Menschen  am  Leben  blieben.  Obwohl  das  Ammertal 
durch  Berge  von  jenen  Gegenden  getrennt  ist  und  alle  Vor- 
sichtsmaßregeln und  Mittel  angewendet  wurden,  sich  vor 
diesem  fürchterlichen  Uebel  zu  verwahren,  so  kam  es  doch 
unvermutet  auch  hieher,  indem  ein  hiesiger  Taglöhner,  um 
mit  den  Seinigen  das  Kirchweihfest  zu  halten,  von  Eschen- 
lohe, wo  er  im  Sommer  in  Feldarbeit  war,  auf  geheimen 
Wegen  über  das  Gebirge  in  sein  Haus  schlich  und  die  Krank- 
heit mit  sich  brachte.  Schon  am  zweiten  Tage  war  er  eine 
Leiche  und  innerhalb  drei  Wochen  84  Personen  mit  ihm. 
In  dieser  allgemeinen  Not  suchte  die  hiesige  Gemeinde  bei 
dem  Allmächtigen  Hilfe  —  mit  einem  feierlichen  Gelübde, 
alle  zehn  Jahre  die  Leidensgeschichte  Jesu,  des  Weltheilandes, 
zur  dankbaren  Verehrung  und  erbaulichen  Betrachtung  öffent- 
lich anzustellen.  Gelübde  sind  Verpflichtungen,  die  etwas 
Besseres  erzielen,  als  in  dem  Gegenteile  oder  in  der  Unter- 
lassung des  Verlobten  liegt.  So  ein  Besseres  war  die  ver- 
sprochene Darstellung  der  Leidensgeschichte  des  Heilandes; 
denn  es  war  ein  heilsames  Mittel,  das  Leiden  und  Sterben 
des  Erlösers  allen  kommenden  Geschlechtern  des  Ammer- 
tales tief  einzuprägen,  heilige  Entschlüsse  in  ihnen  zu  er- 
wecken und  auf  die  Besserung  ihres  Lebens  zu  wirken. 
Dieses  Bessere  erstrebten  die  frommen  Ammertaler  mit 
ihrem  Gelübde  und  vertrauten,  daß  Gott  um  dieses  Besseren 
willen,  wodurch  seine  Ehre  und  das  Heil  der  Menschen 
l)ef()rdert  würde,  sie  auch  in  der  leiblichen  Not  gnädig  heim- 
suchen und  von  dem  größten  aller  Uebel,  eines  schnellen, 
unvorbereiteten  Todes  zu  sterben,  befreien  würde.  Dieses 
gläubige  Vertrauen  ward  nicht  zu  Schanden.  Nicht  eine 
einzige  Person  mehr  starb  an  dieser  Krankheit,  obschon  noch 
viele   an    derselben   angesteckt   darniederlagen.     Im    darauf- 

-    20    — 


folgenden  Jahre  1634  wurde  zur  Erfüllung  des  Gelübdes 
die  Leidensgeschichte  Jesu  zum  erstenmale  aufgeführt,  und 
so  tat  die  Gemeinde,  dem  Gelübde  der  Vorältern  getreu, 
jedes  zehnte  Jahr,  ohne  sich  durch  Schwierigkeiten  und 
Hindernisse  abhalten  zu  lassen,  und  erhielt  hiezu  auf  immer 
die   Allerhöchste   Genehmigung." 

Nach  dem  Oberammergauer  Sterbebuch  starben  vom 
Oktober  1632  bis  Oktober  1633  achtzig  Personen,  darunter 
zwei  Pfarrer.  Das  Sterbebuch  1634  enthielt  nur  mehr  7  Ein- 
träge, 1635  nur  mehr  einen,  und  das  in  einer  Zeit,  wo  rings 
noch  die  Pest  furchtbar  wütete.  Die  Oberammergauer 
hatten  demnach  Grund  genug,  Gott  für  die  wunderbare 
Rettung  von  der  schweren  Pestheimsuchung  zu  danken.  Sie 
taten  es  seither,  indem  sie  getreulich  ihr  Gelübde  erfüllten. 

Vom  Jahre  1780  an  wurden  die  Spiele  auf  die  Zehner- 
jahrzahlen verlegt  und  sie  fanden  mehr  und  mehr  Beachtung. 
Ihrer  textlichen  Entwickelung  ist  eingehend  im  3.  Kapitel 
gedacht.  An  dieser  Stelle  fragt  sich  nur:  „Ist  allezeit  der 
Gelübdecharakter   der    Passionsspiele    gewahrt    geblieben  ?'' 

Die  Ausschreitungen  der  Teufelskomödien  in  allen  Pas- 
sionsspielen am  Ende  des  18.  Jahrhunderts  machten  es  in 
der  Zeit  der  „Aufklärung''  den  „Illuminaten",  „Josephinern'' 
und  allen  weiterhin  antikirchlichen  Kreisen  nur  zu  leicht, 
Gründe  zu  finden,  den  „überhand  genommenen  Unfug''  ab- 
zustellen, mit  dem  Bade  aber  auch  das  Kind  auszuschütten 
imd  die  Passionsspiele  gleich  ganz  und  gar  aufzuheben  und 
damit  mit  einigem  allerdings  überhand  genommenen  wirk- 
lichen Unfug  auch  ein  gutes,  volkstümliches  Stück  und  eine 
reiche  gern  gesuchte  Quelle  religiöser  Erbauung. 

Von  grobem  Unfug  ward  leider  von  da  und  dort  zu 
berichten,  auch  München  ist  von  diesem  Vorwurf  nicht 
freizusprechen. 

Die  Münchener  Passionsspiele,  die  sich  bis  zum  Jahre 
1650  zurückverfolgen  lassen,  wurden  zuerst  dort  im  alten  Rat- 
haussaal, dann  in  einem  Salzstadel  auf  dem  Anger,  zuletzt 
aber  von  den  Münchener  Stadtmusikanten  von  Schenke  zu 
Schenke  gespielt.  Die  Laufener  Chronik  berichtet,  daß  der 
Christus  bei  der  Passionsprozession  am  Charfreitag  177Q 
zu  viel  Wein  getrunken  habe  und  deswegen  öfter  in  den 
Kot  gefallen   sei,   „so   daß   ihn   der   Passionsdirektor   Bauer 

-   21    — 


mit  derben   Karbatschenstreichen  habe  zur  Besinnung  brin- 
gen müssen.'' 

Unter  solchen  Umständen  ist  es  nicht  Wunder  zu 
nehmen,  daß  schHeßHch  auch  die  geisthchen  Behörden  sich 
gegen  die  Passionsspiele  aussprechen  mußten,  was  auf  den 
Laufener  Vorfall  hin  besonders  scharf  1779  durch  den  Fürst- 
bischof von  Salzburg  geschah.  Der  churfürstliche  Geistliche 
Rat  in  München  erklärte  schon  1762,  „daß  das  große  Ge- 
heimnis unserer  heiligen  Religion  nicht  auf  die  Schaubühne 
gehöre. '^  Die  Ordinariate  stimmten  zu  und  am  31.  März 
1770,  also  schon  vor  dem  Laufener  Skandal,  erließ  Churfürst 
Karl  Theodor  von  Bayern  ein  allgemeines  Verbot  der  Pas- 
sionstragödien. 

Von  diesem  Verbot  wurde  1780  das  Oberammergauer 
Spiel  ausdrücklich  ausgenommen  und  Oberammergau  aus- 
drücklich und  allein  das  Privilegium  erteilt,  weiterzuspielen. 
Am  13.  März  1784  erging  eine  neue  Verordnung,  gemäß 
welcher  die  Aufführung  der  Trauer-  und  geistlichen  Spiele 
anstatt  der  (schon  verbotenen)  Passionstragödie  in  der 
Fastenzeit  und  Charwoche  zu  dem  Ende  verboten  wurde, 
„damit  das  Volk  von  der  Arbeit,  Gebet  und  anderen  Ge- 
schäften nicht  abgehalten  und  zum  Müßiggang  verwöhnt 
werde.'' 

Die  churpfalzbayerische  Oberlandes-Regierung  klagt  aber 
in  einem  weiteren  Erlaß  vom  30.  März  1791,  „daß  dieser 
höchsten  Verordnung  in  ein-  so  anderen  nicht  nachgelebt 
werde,  sohin  selbe  in  Vergessenheit  gekommen  zu  seyn, 
das  Ansehen  hat;  also  wollen  Wir  solche  Verordnung  nicht 
nur  erneuern,  sohin  Euch  hierauf  ernstlich  angewiesen, 
sondern  auch  anbey  anbefohlen  haben,  daß  von  nun  an 
den  Bürgerssöhnen  in  Städten  und  Märkten,  dem  übrigen 
Volke  auf  dem  Lande  die  Aufführung  sämmtlicher  sowohl 
geist-  als  weltlicher  Trauer-Schau-  und  Singspiele  (nur  ehr- 
bare und  gutgeheißene  Spiele  der  Schulkinder  außer  der 
Fastenzeit  ausgenommen)  spezialiter  gnädigst  verbothen, 
hingegen  der  Gemeinde  Oberammergau  per  modum  Privilegii, 
welches  derselben  bereits  1780  erteilt  worden,  alle  zehn 
Jahre  einmal  lin  den  Pfingsfeyrtagen  das  Schauspiel,  das 
alte  und  neue  Testament  betitelt,  ungehindert  öffentlich 
aufführen   zu    dürfen,    nochmals   gnädigst   bewilligt   haben." 


1800  wurden  die  Darstellungen  durch  die  Ereignisse 
des  napoleonischen  Krieges  unterbrochen  und  1801  wieder 
aufgenommen;  auf  ihr  Privileg  vertrauend  gaben  1810  die 
Ammergauer  wieder  um  Spielerlaubnis  ein;  das  Landgericht 
Schongau  befürwortete  die  Eingabe,  aber  das  Ministerium 
Montgelas  in  München  erklärte  im  Einverständnis  mit  der 
Kirchensektion,  daß  „die  Aufführungen  nicht  mit  der  Würde 
der  Religion  vereinbarlich^^  und  „schon  die  Idee,  auf  der 
die  Passionsspiele  beruhen,  eine  große  Indezenz  sei."  Auf 
diese  unerwartete  Abweisung  hin  begab  sich  eine  Ober- 
ammergauer  Bürgerdeputation  nach  München,  an  deren 
Spitze  der  Verleger  Georg  Lang;  diese  Deputation  wurde 
vom  Oberkirchenrate  kurz  abgewiesen.  Die  Ammergauer, 
so  wurde  ihnen  bedeutet,  sollen  so  bald  als  möglich  heim- 
gehen und  sich  von  ihrem  Pfarrer  den  Herrgott  predigen 
lassen  und  ihn  nicht  auf  ihrem  Theater  herumschleppen. 
Verleger  und  Posthalter  Georg  Lang  hatte  aber  in  München 
verschiedene  Verbindungen  und  suchte  mit  seiner  Deputation 
unter  ihnen  von  Türe  zu  Türe  Helfershelfer.  Als  man  dies 
wieder  der  Kirchenratskanzlei  hinterbrachte,  wurde  die  De- 
putation mit  Ausweisung  bedroht.  Diese  hatte  aber  mittler- 
weile schon  den  richtigen  Fürbitter  gefunden,  den  Geist- 
lichen Rat  Sambuga,  Religionslehrer  des  späteren  König 
Ludwig  I.  und  seiner  Geschwister.  Dieser  führte  die  De- 
putation zu  König  Max  I.,  dem  „Vater  Max",  mit  dem  sich 
persönlich  besser  reden  ließ  als  mit  Ministern  und  auch 
sonstigen  hohen  Herren.  Die  Deputation  kehrte  von  ihm 
zurück  mit  der  Versicherung,  daß  die  Spezialerlaubnis  nach- 
folgen würde.  Nochmal  wurde  ein  neuerdings  den  Ver- 
hältnissen angepaßter  und  von  allen  Teufelsunfugen  ge- 
reinigter Text  vorgelegt;  dieser  wurde  gutgeheißen  und  das 
Spiel  neuerdings  am  3.  März  1811  genehmigt.  Nach  diesem 
neuen  Text  wurde  das  Passionsspiel  1811  fünfmal  aufgeführt. 

Schon  vier  Jahre  darnach  wurde  neuerdings  gespielt 
und  zwar  unter  der  Begründung,  daß  die  Spiele  während 
der  Kriegsjahre  große  Ausgaben  verursacht  hätten,  die  noch 
nicht  gedeckt  seien.  Darauf  wurde  das  Spiel  für  1815  wieder 
genehmigt  und  Graf  Montgelas  kam  selbst;  er  zeigte  sich 
-von  dem  Spiele  wohl  befriedigt. 

Der  Pfarrherr  der  damaligen  Zeit  hatte  einen  schweren 

-  23   — 


Standpunkt;  einerseits  wollte  er  die  Wünsche  seiner  Pfarr- 
kinder erfüllen  und  die  Ausübung  des  althergekommeneii 
Gelübdes  sicher  stellen,  anderseits  durfte  er  Staat  und  Kirche 
nicht  entgegentreten,  auch  konnten  ihm  Ausschreitungen, 
die  mit  dem  Passionsspiel  am  Orte  verbunden  waren,  nicht 
ganz  gleichgültig  sein.  Schreibt  ja  noch  Joh.  Michael  Diemer 
in  seinem  reizenden  Erinnerungsbüchlein,  daß  noch  1840 
beim  Tode  des  Judas  die  Teufel  kamen,  ihm  den  Bauch 
aufschnitten  und  die  Eingeweide  aufzehrten.  Die  Einge- 
weide bestanden  aber  früher  aus  Würsten  und  später  aus 
gebackenen  langgezogenen  Küchlein,  sogenannten  Strauben. 

Oberammergau  hatte  aber  später  das  Glück,  für  sein 
Spiel  Leiter  und  Führer  zu  finden,  welche  es  wohl  verstan- 
den, Sinn  für  Volksbühne  und  Volksempfinden  mit  Ehr- 
furcht vor  dem  Heiligen  und  Heiligsten  zu  vereinigen  zu 
gedeihlichem  Werke,  welches  Gott  und  der  Welt  zur  Ehre 
gerechnet  werden  kann.  Da  sind  vor  allem  die  Benediktiner- 
pater von  Ettal,  Othmar  Weis  und  sein  Schüler,  der  spätere 
Geistliche  Rat  Daisenberger,  Pfarrer  von  Oberammergau, 
zu  nennen,  deren  Verdienste  um  das  Spiel  in  den  weiteren 
Ausführungen  gegenwärtigen  Buches  noch  eingehender  ge- 
würdigt werden.  Othmar  Weis  war  es,  der  zuerst  dem  Spiel 
einen  Inhalt  gab,  der  den  Einwendungen  gegen  seine  Aus- 
wüchse und  Zutaten  und  den  Vorwürfen  aller  Profanierung 
des  Heiligen  Stand  halten  konnte,  Daisenberger  hat  Jahr- 
zehnte dann  noch  an  seiner  Veredlung  in  dieser  Hinsicht 
gearbeitet  und  ihm  die  endgültige  Form  gegeben.  Treulich 
wachte  er  bei  den  Aufführungen  als  jahrzehntelanger  Spiel- 
leiter darüber,  daß  das  Spiel  nicht  verweltlicht  und  das  Ge- 
lübdemotiv beibehalten  werde.  Er  gab  dieser  Tätigkeit  den 
schlichten  Nachdruck  durch  die  Ehrwürdigkeit  seiner  ganzen 
Lebensführung  und  die  Energie  und  Festigkeit,  mit  der  er 
den  Charakter  des  Spieles  wahrte  und  damit  das  ganze 
Denken  und  Fühlen  des  Ortes  als  leitender  Seelsorger  in 
Einklang  zu  bringen  wußte.  Seine  Festpredigten,  besonders 
jene  am  Beginne  einer  Passionsspielzeit,  waren  jedesmal 
begeisterte  und  begeisternde  Hinweisungen  auf  die  höhere 
ideale  Mission  und  auch  seine  Nachfolger  haben  sich  die 
gegebenen  Momente  für  solche  nicht  entgehen  lassen.  Das 
Geleitwort,    das    Geistlicher    Rat    Daisenberger    seiner    ,,Be^ 

-    24    — 


Schreibung  von  Oberammergau^^  (Verlag  von  Sebastian  Lang 
in  Oberammergau),  seinem  Vermächtnis  an  die  Ammer- 
gauer  vom  Jahre  1879  gab,  ist  eine  väterliche  Mahnung,  dem 
Heimatort  und  seinen  Sitten  treue  Anhänglichkeit  zu  be- 
wahren, alles  abzuwehren,  was  demselben  zum  Schaden 
oder  zur  Unehre  gereicht,  und  alles  zu  pflegen,  wodurch 
Oberammergaus  Wohlstand  und  guter  Name  befördert  werde, 
Eintracht  und  Gemeinsinn  in  der  Einwohnerschaft  aufrecht 
zu  erhalten,  echt  christliche  Frömmigkeit  und  Sittlichkeit  zu 
innerer  schönerer  Blüte  und  Frucht  zu  entfalten.  Diese 
Mahnung  erneuerte  feierlich  Bürgermeister  Johann  Lang  bei 
der  Einweihung  der  neuen  Spielhalle  am  Kirchweihmontag 
1899,  indem  er  Daisenbergers  Worte  zu  den  seinen  machte. 
Daran  knüpfte  er  die  Worte: 

„Wenn  wir  wieder  an  die  Erfüllung  des  Gelübdes 
unserer  Väter  gehen,  wer  kann  uns  verübeln,  daß  wir  auch 
unserem  Spiele  den  Stempel  unserer  großen  Zeit  aufzudrücken 
bestrebt  sind,  soweit  es  sich  mit  den  überkommenden  Tra- 
ditionen vereinbaren  läßt? 

Wenn  wir  aber  noch  so  sehr  geneigt  sind,  billigen 
Wünschen  des  Publikums  gerecht  zu  werden,  so  wollen  wir 
uns  doch  nicht  verleiten  lassen,  durch  den  Beifall  der  Menge 
dem  Neuen  alle  Türen  und  Tore  zu  öffnen,  sondern  streng 
festhalten  an  dem  idealen  Gedanken,  welchem  unser  Passions- 
spiel zugrundeliegt.  Möge  nie  der  Tag  kommen,  an  welchem 
Oberammergau  die  Treue  bricht,  vielmehr  umschwebe  und 
beseele  uns  auch  im  neuen  Hause  der  Geist  unserer  Väter!" 

Während  des  Passionsspieles  verstarb  Bürgermeister 
Lang  und  die  ergreifenden  Worte,  die  Bürgermeister  Mayer 
an  seinem  Grabe  sprach,  sind  ein  erneutes  Angelöbnis  an 
das  Passionsspiel  und  seinen  Geist. 

Alle  früheren  Bürgermeister  von  Oberammergau: 
Michael  Diemer,  Jakob  Rutz,  Rupert  Schauer,  Johann  Diemer, 
Joh.  Ev.  Lang,  Franz  Steinbacher,  Joh.  Lang,  Joseph  Mayr, 
Sebastian  Bauer  bis  auf  den  heutigen,  Wilhelm  Rutz,  sie 
sind  jederzeit  Wächter  und  Wahrer  des  Passionsgeistes  ge- 
wesen; wohl  hat  es  manchmal  Kompetenzstreitigkeiten  zwi- 
schen Bürgermeister  und  Pfarrer  gegeben,  diese  konnten  aber 
niemals    so    tief   gehen,    daß    sie    das    Passionsspiel    selbst 

-   25    - 


geschädigt  und  ihm  seine  Weihe  genommen  hätten.  Ober- 
ammergaiier  sind  leidenschaftHche  Naturen,  sie  haben  sehr 
ausgeprägtes  künstlerisches  Empfinden,  um  nicht  zu  sagen 
Empfindlichkeit,  einen  stark  hervortretenden  Ehrgeiz  und  da 
ist  es  sehr  leicht  möglich,  daß  es  zu  heftigen,  momen- 
tanen Erhitzungen  und 
Entladungen  kommt, 
es  fallen  dann  scharfe 
Worte  und  ich  habe 
selbst  manchen  Sturm 
erlebt,  aber  das  nie- 
mals, daß  ein  Streit 
und  Zank  rohe  Formen 
angenommen  hätte;  die 
Oberammergauer  sind 
schnell  aufgeregt  und 
beleidigt,  aber  ebenso 
schnell  sind  sie  wieder 
versöhnt,  überall  aber 
wahren  sie  den  per- 
sönlichen Anstand  und 
eine  gewisse  Würde 
und  ideale  Lebensan- 
schauung   hat    sich    in 

allen    Ammergauer 
Häusern  auf  Kind  und 
Kindeskind  fortvererbt. 
Die  alte  Tradition  lebt 

Bürgermeister  Johann  Lang  f  heute   nOCh. 

Ludwig  Thoma,  selbst  ein  Oberammergauer  Kind, 
schrieb  in  seinen   Lebenserinnerungen: 

„Jene  älteren  Generationen  von  Aposteln  und  Jüngern 
des  Herrn  richteten  ihr  Leben  ein  wenig  nach  dem  Stile  ihres 
heiligen  Spieles  ein  und  zeichneten  sich  durch  Wohlan- 
ständigkeit aus.  Sie  handelten  und  redeten  mit  einiger  Ge- 
tragenheit und  ließen  sich  von  dem  Bewußtsein  leiten,  daß 
sie   auf    einem    Podium    stünden    und    von    vielen    beachtet 


26 


wurden.  Im  Glauben  an  den  besonderen  Beruf  des  Amnier- 
gauers,  der  das  Gefühl  einer  engen  Zusammengehörigkeit 
stärkte,  war  man  glücklich  und  zufrieden/' 

Thoma  beklagt,  daß  diese  Eigenheit  später  ,,im  Groß- 
betriebe^'  mit  den  von  auswärts  bezogenen  echten  Deko- 
rationen und  Kostümen  verloren  hat.  Was  die  echten  Deko- 
rationen betrifft,  so  wurde  das,  was  technisch  nicht  am  Orte 
hergestellt  werden  konnte,  auswärts  angefertigt,  aber  immer 
im  engsten  Einvernehmen  und  nach  den  Plänen  der  einhei- 
mischen Leiter,  vor  allem  des  Schnitzschuldirektors  Ludwig 
Lang;  die  neuen  Hintergründe  sind  von  einem  echten 
Oberammergauer  Kind,  Zeno  Diemer.  Die  Kostüme  wurden 
von  jeher  am  Orte  selbst  gefertigt,  größtenteils  unter 
der  Leitung  der  Schwester  des  Schnitzschuldirektors  Lang, 
der  „Klepper  Sepha".  (Klepper  ist  der  Hausname.)  Die 
Eigenheit,  eine  gewisse  patriarchalische  Würde  und  ideale 
Lebensauffassung  ist  noch  nicht  verloren  gegangen.  Noch 
leben  von  den  älteren  Herren  der  Leiter  des  Spieles  in 
mehreren  Jahrzehnten  und  Vervollkommner  der  unvergleich- 
lichen lebenden  Bilder,  Schnitzschuldirektor  Ludwig  Lang, 
der  die  glänzendsten  Berufungen  an  andere  Stellen  ausge- 
schlagen und  Oberammergau  und  seiner  Mission  sein  ganzes 
Leben  lang  treu  blieb,  Jakob  Rutz,  der  treffliche  Prologsänger 
seit  1870,  Seb.  Bauer,  der  ehem.  Bürgermeister  und  Pilatus- 
darsteller, Seb.  Lang,  der  treffliche  Nathanael-,  Kaiphas-  und 
Annasdarsteller,  der  Neffe  Daisenbergers,  der  treu  und  fest 
für  die  Ehre  seines  Onkels  eintritt.  Von  der  mittleren  Gene- 
ration sind  außer  dem  schon  genannten  Bürgermeister  Wilh. 
Rutz  unter  anderen  zu  nennen:  Zeichenlehrer  Lechner,  Anton 
Lang,  seit  1900  Darsteller  des  Christus,  Peter  Rendl,  der 
frühere  Johannes-Darsteller,  Hans  Mayr,  der  Sohn  des 
„Christus  Mayr",  Andreas  Lang,  der  zweite  Bürgermeister 
Seb.  Schauer,  Dr.  Anton  Lang,  der  Sohn  des  früheren  Bür- 
germeisters, Oscar  Zwink  und  mit  ihnen  die  große  Reihe  der 
Träger  der  Namen  Lang,  Zwink,  Rutz,  Schauer,  Bierling, 
Hohenleiter  usw.,  die  reiches  gewerbliches  und  künstlerisches 
Leben  in  den  Ort  gebracht  haben.  Aber  auch  bei  den  jüngeren 
Generationen  sehe  ich  neues  Leben  im  alten  Geiste  auf- 
sprießen. Mehrere  junge  Bildhauer  haben  sich  bei  Kon- 
kurrenzen Preise  erworben,  so  Willi  Lechner  und  Georg  Lang, 

—  27   — 


der  Solin  des  Sebastian  Lang,  der  nunmehr  aus  der  Hand 
Ludwig  Längs  das  erste  Amt,  die  Passionsleitung  über- 
nommen hat;  der  junge  Friesenegger  ist  mit  großem  Eifer 
und  Fleiß  an  die  Stelle  des  viel  zu  früh  verstorbenen  Harmonie- 
musikmeisters Ferdinand  Rutz  getreten.  Es  ließen  sich  noch 
gar  manche  Namen  aus  allen  Altersstufen  nennen,  die  Ober- 
ammergau zur  Ehre  gereichen. 

Wohl  haben  naturgemäß  andere  genossenschaftliche, 
soziale  und  auch  politische  Bestrebungen  im  Orte  ihren  Platz 
gefunden,  jedermann  wehrt  sich  heutzutage  seiner  Haut  und 
muß  sich  wehren  und  eine  Bevölkerung  von  dem  allgemeinen 
Bildungsstandpunkt  der  Oberammergauer  kann  und  wird  sich 
nie  von  neueren  Erscheinungen  im  technischen  Leben,  in 
Staats-  und  ortsökonomischen  Fragen,  in  der  Kunstentwick- 
lung, in  der  Form  der  Erholung  und  Unterhaltung  hermetisch 
abschließen;  es  könnten  auch  Ausschreitungen  vorkommen, 
für  die  aber  die  Gemeinde  als  Gesamtheit  nicht  verantwort- 
lich gemacht  w^erden  kann.  Das  Wort  hat  darum  für  die 
Allgemeinheit  keine  Berechtigung,  daß  „die  Hingabe  der  Ge- 
meinde an  die  Passion,  dem  Ruhm  der  Heimat,  nicht  mehr 
frei  von  ungesunden  Spekulationen,  von  Hoffnungen  auf  un- 
mäßigen und  leichten  Gewinn  sei.^^  Diejenigen,  die  in  Ober- 
ammergau durch  Spekulationen  reich  werden  —  (oder  auch 
nicht)  — ,  sind  meistens  Leute,  die  unmittelbar  vor  dem 
Passionsspiel  nach  Oberammergau  kommen  und  sofort  nach 
der  letzten  Vorstellung  es  wieder  verlassen. 

Der  Oberammergauer  hängt  heute  noch  wie  vor  Jahr- 
zehnten mit  Leib  und  Leben  an  seinem  Passionsspiel.  Für 
dasselbe  ist  ihm  kein  persönliches  und  allgemeines  Opfer  zu 
groß.  Zahlreiche  Ammergauer  sind  schon  von  Oberammergau 
fortgezogen,  um  sich  ausw^ärts  Existenz  und  Brot  zu  suchen. 
Im  Passionsjahre  kehrt  jeder  wieder  in  seine  Heimat  zurück, 
und  müßte  er  bis  von  den  weitest  entfernten  Weltteilen 
kommen.  Er  gibt  seinen  schwererrungenen  Wohlstand  auf, 
kehrt  heim  und  fängt  nach  dem  Spiel  den  Kampf  ums 
Dasein  von  neuem  an.  Keine  politische  Konstellation,  keine 
Wahl  kann  den  Oberammergauer  auf  die  Länge  aufregen 
und  stärker  beunruhigen;  so  ist  auch  die  Revolution  ziemlich 
still  vorüber  gegangen;  aber  die  Wahl  zu  den  Passions- 
ämtern und  -rollen  wühlt  und  regt  den  ganzen  Ort  auf,  vom 

-    23    - 


Passionsspiel  hängt  alles  ab,  Zukunft,  Ehre  und  Ansehen, 
Achtung  in  der  Jugend  und  im  Alter.  Noch  steckt  ein  positiv 
religiöser  Geist  im  Volke.  Die  Oberammergauer  sind  heiterer 
Natur  und  lieben  Spiel  und  Tanz,  aber  noch  ist  ihnen  der 
Besuch  der  schön  und  feierlich  gehaltenen  Gottesdienste  mehr 
als  ein  äußerer  Firlefanz,  mehr  als  Heuchelei;  sie  sind 
ihnen  rechtschaffene  und  ehrliche  Gewissenssache.  Dabei 
weiß  der  Oberammergauer  wohl,  daß  mit  dem  Tag,  da  das 
Kreuz  stürzt,  auch  die  Halle  seines  Kreuzspiels  und  seine 
ganze  Kunst  und  Hausindustrie  verfallen.  Darum  ist  ihm 
auch  der  religiöse  Rahmen  seines  Spieles  keine  der  Welt  vor- 
gespielte Komödie,  keine  heuchlerische,  selbstgefällige  Schau- 
spielerpose, sondern  die  ängstlich  gewahrte  Formel  für  sein 
Gelübde.  Die  Halle  wurde  feierlich  geweiht  und  einge- 
segnet, die  Wahl  zu  den  Rollen  wird  jedesmal  mit  Veni 
sancte  Spiritus  und  Gottesdienst  eingeleitet  und  das  Pas- 
sionsspiel selbst  mit  Gottesdienst.  Im  Passionsjahr  findet 
kein  Karneval  statt.  Diesesmal  fand  statt  des  Faschings  eine 
^  tägige  „Mission"  statt.  Jedem  einzelnen  Spiel  geht  feier- 
licher Gottesdienst  voraus,  und  wenn  die  Ouvertüre  beginnt, 
sammeln  sich  auf  der  geschlossenen  Bühne  die  Spieler  und 
beten  ein  andächtiges  Vaterunser;  der  Bürgermeister  betet 
vor,  die  übrigen  beten  halblaut  nach.  Ebenso  schließt  jede 
Vorstellung  mit  einem  Vaterunser.  An  die  Beendigung  der 
Gesamtspiele  schloß  sich  in  den  letzten  Jahrzehnten  eine 
Wallfahrt  nach  Ettal  an.  Die  Einzelspieler  der  Haupt- 
rollen vertiefen  in  der  Regel  ihr  religiöses  Leben,  gehen 
fleißig  in  die  Kirche  und  zu  den  Sakramenten  und  machen 
zum  guten  Gelingen  der  schweren  übernommenen  Aufgabe 
häufig  persönliche  Gelöbnisse  zum  allgemeinen  noch  dazu, 
z.  B.  Wallfahrten. 

Die  Nähe  des  aufgeblühten  Wallfahrtsortes  Ettal  ist 
für  Oberammergau  nicht  ohne  günstigen  Einfluß  gebheben; 
die  zahlreichen  Verluste  an  Kriegern  im  großen  Weltenkrieg,' 
die  Angst  um  die  Existenz,  die  Gefährdung  der  Haus- 
industrie und  des  Spieles  selbst  haben  den  reifen,  denken- 
den Teil  der  Bevölkerung  ernst  gestimmt  und  das  religiöse 
Leben  eher  gestärkt  als  geschwächt.  Ist  die  Reaktion  bei 
dem  sittlichen  Zusammensturz  nach  dem  unseligen  Kriegs- 
ende auch  nicht  ganz  spurlos  am  Orte  vorbeigegangen,  so 
hat    doch    der    allgemein    die    Welt    durchtobende    Taumel 

—   29    — 


nach  Genuß  zur  Einholung  des  während  des  Krieges  in 
dieser  Hinsicht  Entbehrten  nicht  jene  Resonanz  gefunden, 
daß  damit  das  Spiel  seiner  tieferen  Bedeutung  und  seiner 
ernsten  Motivierung  verlustig  gegangen  wäre.  Noch  betrach- 
tet Oberammergau  die  Erfüllung  seines  Gelübdes  als  heilige 
Schuld. 

Warum,  wird   man  aber  dann  fragen,   wmrde  das  Spiel 
nicht  schon  1920  nach  der  herkömmlichen  Regel  abgehalten? 

Die  Gründe  sind  schon 
im  ersten  Kapitel  an- 
gedeutet; über  unmög- 
lich zu  besiegende  Hin- 
dernisse kommt  auch 
Oberammergau  nicht 
hinaus.  Ohne  heran- 
gebildete Spieler  ist 
nicht  gut  spielen,  die 
alten  Spieler  fanden 
aber  größtenteils  ihr 
Grab  im  Feindesland. 
Hätte  Oberammergau 
das  Gelübde  für  sich 
allein  im  heimischen 
Kreis,  im  engeren  Rah- 
men erfüllen  wollen, 
so  hätte  sich  dagegen 
die  nationale  und  in- 
ternationale Welt  ge- 
sträubt. Das  Ober- 
ammergauer  Spiel  ist 
einmal  Sache  der  All- 
gemeinheit gew^orden 
und  diese  erhebt  ihren 
Es  wäre  auch  1920  nicht 
das    hätte    aber    bei    den 


Bürgermeister  Wilhelm  Rutz 


zeitrechtlichen  Anspruch  darauf, 
vom    Spiele   abzuhalten   gewesen 

Verkehrs-  und  Ernährungsverhältnissen  zu  den  unange- 
nehmsten Mißhelligkeiten  geführt.  Der  Unmöglichkeit  der 
Durchführung  mußte  der  Ort  in  seinem  wie  im  Interesse  der 


30 


Besucher  auf  die  Aufführung  verzichten.  Das  Volk  will  sein 
Passionsspiel.  Wäre  es  befriedigt  gewesen,  wenn  es  nur  die 
gegenwärtig  Reichsten  hätten  besuchen  können?  Ober- 
ammergau hat  nicht  nur  für  sich  das  Gelübde,  sondern  auch 
fernerhin  für  das  weiteste  Publikum  seine  Mission  zu  er- 
füllen.   Darum  die  Verschiebung. 

Oberammergau  hat  das  Wann  und  Wie  gar  reiflich  und 
oft  überlegt  und  suchte  den  Tausenden  von  Anfragen  ge- 
recht zu  werden.  Es  übernimmt  noch  heute  ein  schweres 
Risiko;  ohne  das  Gefühl,  moralisch  verpflichtet  zu  sein, 
einmal  doch  sein  Gelöbnis  einlösen  zu  müssen,  würde  es 
sich  auch  heute  noch  nicht  entschließen,  die  Aufführungen 
zu  beginnen;  es  steht  damit  viel,  es  steht  alles  auf  dem 
Spiel.  „Noch  niemals''  sagt  das  Vorwort  des  Textbuches, 
„hat  Oberammergau  in  schwereren  Zeiten  sein  Spiel  unter- 
nommen", es  würde  diesesmal  gerne  die  Hand  davon  lassen, 
wenn   es   sich   nicht   durch   sein   Gelübde   gebunden   fühlte. 

Werde  es  wie  es  wolle,  Oberammergau  hat  das  Wort 
noch  nicht  vergessen  trotz  Revolution  und  Republik,  wel- 
ches weiland  König  Ludwig  II.  auf  die  von  ihm  dem  Orte 
gespendete  Kreuzigungsgruppe  geschrieben  hat,  für  alle 
Zeiten  auf  Marmelstein: 

„Den  Sitten  der  Väter  getreu!'' 


n^an 


31 


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3.  KAPITEL. 

Das  Passionsspiel,  ein  Literaturdenkmal 

Die  in  den  letzten  Jahren  erschienenen  größeren  Werke  und  Füh- 
rer zu  den  verschiedenen  Passionsspielen  in  Oberammergau, 
Höritz,  Erl,  Brixlegg,  Selzach  u.  s.  w.  haben  das  Verdienst,  daß 
sie  besonders  der  historischen  Entwicklung  der  Passionstexte  und 
dem  literaturgeschichtlichen  Zusammenhang  derselben  ihr  Augen- 
merk zuwandten;  es  ist  damit  viel  Licht  und  Einheit  in  die  Text- 
forschung gekommen.  Ich  habe  mich  bemüht,  die  Ergebnisse  der- 
selben, soweit  es  in  engem  Rahmen  möglich,  zusammenzufassen 
mit  der  Herausgabe  meines  Buches:  „Denkmäler  der  Passionslite- 
ratur'' (Verl.  V.  Uhlschmid  in  Oberammergau).  Dieses  Buch  enthält, 
wie  schon  im  Vorwort  bemerkt,  nicht  nur  eine  Einführung  in  die 
Gesamtliteratur  des  Oberammergauer  Passionsspieles  und  über  das- 
selbe bis  zur  (Jegenwart,  sondern  auch  eine  Reihe  von  Proben  aller 
Ammergauer  Texte  des  Passionsspieles  und  der  dortigen  „Kreuzes- 
schule" vom  Urtext  an,  sowie  Proben  anderweitiger  verwandter 
Spiele,  vor  allem  aber  den  vollständigen  Wortlaut  des  bisher  noch 
unveröffentlichten,  weil  unaufgefundenen  echten  Oberammergauer 
Passionstextes  von  1811  von  Pater  Othmar  Weis  und  die  Feststellung 
des  Wortlautes  des  1815er  Textes  vom  gleichen  Verfasser,  welcher 
seinem  Herausgeber  Dr.  Maußer  nur  durch  eine  nicht  vollkommen 
einwandfreie  Kopie  bekannt  war,  welcher  aber  auch  nunmehr  im 
Original   entdeckt  wurde. 

Die  Lesung  dieses  Buches  führt  genauer  und  tiefer  in  die  Ge- 
samtliteratUi'  des  Passionsspieles  und  seiner  bisher  noch  fehlenden 
Glieder  ein   und   sei   nachdrücklichst   auf   dasselbe  verwiesen. 

Nachstehend  folgt  das  Wichtigste  über  die  Entwickelung  der 
geistlichen  Spiele  im  Allgemeinen  und  die  des  Oberammergauer 
Passionsspiels  im  besonderen. 

Von  jeher  war  die  Einwohnerschaft  des  bayerischen  Hochlandes 
zum  Theaterspielen  geneigt  und  ist  es  heute  noch.  Nirgends  wird 
so  viel  geschauspielert  als  in  den  Bergen  und  es  ist  den  Leuten 
dort  auch  ein  hervorragendes  dramatisches  Geschick  Bluterbschaft 
geworden.  Die  Endorfer,  Oberaudorfer,  Tegernseer,  Schlierseer, 
Flintsbacher,   Oberammergauer   haben   sich   alle    Ruf   und   Namen   er- 

—    32    — 


worben,  und  schließlich  dürfen  wir  aus  dem  schwäbischen  Alpen- 
vorland noch  die  Thaininger  und  Waaler  hinzurechnen. 

Schon  im  Anfang  des  zwölften  Jahrhunderts  war  im  bayerischen 
Oberlande  das  Schauspiel  zu  einer  seltenen  Vollkommenheit  gediehen. 
Davon  legt  Zeugnis  ab  das  Tegernseer  „Drama  vom  römischen 
Kaisertum  deutscher  Nation  und  vom  Antichrist'*,  dessen  Zuhörer 
kein  geringerer  war  als  Kaiser  Friedrich  Barbarossa.  Vielleicht  sind, 
wenn  man  dieses  annimmt,  schon  vom  Beginn  des  11.  Jahrhunderts 
mit  den  Tegernseer  Mönchen  Dego,  Gotisgen  und  Fridebold  die  ersten 
Anfänge  geistlicher  Schauspiele  nach  dem  damaligen  neuen  Benedik- 
tinerstift St.  Ulrich  und  Afra  in  Augsburg  und  nach  Benedikt- 
beuren   gekommen. 

Propst  Gerho  von  Reichersberg,  1119—1124  Scholastiker  an  der 
Ulrichsschule,  berichtet,  „daß  die  Priester  die  Kirchen  mit  mimischen 
Darstellungen  erfüllten  und  zu  Schauspielhäuser  herabwürdigten." 
(Trautmann.)  Derselbe,  ein  geborener  Pollinger,  führte  später  im 
Kloster  Raitenbuch,  dem  heutigen  Rottenbuch,  ein  strenges,  aske- 
tisches Leben  und  klagte  sich  dabei  selbst  an,  daß  er  „als  Vor- 
stand dieser  Schule  und  Lehrer  der  Jugend  theatralische  Spiele 
angewendet  und  überhaupt  der  Jugend  einen  großen  Spielraum  zu 
Torheiten  gelassen  habe."  Sicher  ist  Gerho  in  seiner  Jugend  auch 
schon  in  Raitenbuch  gewesen  und  hat  von  da  bei  seiner  Theater- 
begeisterung am  Ende  selbst  die  Uranfänge  der  Theaterspielerei 
in  das  zur  Seelsorge  Raitenbuch  gehörige  Oberammergau  getragen. 

Ein  eigentliches  Passionsspiel  war  das  Tegernseer  Antichristspiel 
nicht,  das  erste  solche  war  das  Benediktbeurer  Osterspiel  aus  dem 
13.  Jahrhundert,  das  Ettmayer  als  den  Wendepunkt  des  geistlichen 
Schauspiels  zum   rein   Volkstümlichen   bezeichnet. 

Auf  das  Benediktbeurer  Spiel  lassen  sich  alle  größeren  Passions- 
spiele der  nächsten  Zeit  zurückführen,  das  nach  dem  13.  Jahrhundert 
angebörige  Wiener  Spiel,  das  Aargauer  Spiel,  von  Kloster  Muri  und 
das  Sankt  Gallener  Spiel  aus  dem  14.  Jahrhundert,  das  Donau- 
eschinger,  das  Alsfelder,  Redentiner,  die  große  Frankfurter  Passion 
von  1407  und  das  Augsburger  Spiel. 

Die  bayerische  Staatsbibliothek  enthält  das  Passionsspiel  von 
Sankt  Ulrich  und  Afra  aus  dem  15.  Jahrhundert,  das  jedenfalls  dort, 
wahrscheinlich  von  Priestern  und  Schülern  aufgeführt  wurde.  Spä- 
tere Entdeckungen  in  Oberammergau  lassen  annehmen,  daß  dieses 
Spiel,  wenn  nicht  ganz,  das  äheste  Oberammergauer  Spiel  ist,  jeden- 
falls  die  Grundlage   desselben   gebildet   hat. 

Nicht  nur  die  Handelsstraße,  die  von  Partenkirchen  über  Ober- 
ammergau, Schongau  und  Landsberg  nach  Augsburg  führte,  und 
diese  Stadt  damit  auch  zum  Hauptabsatz  der  Ammergauer  Haus- 
industrie, der  Schnitzereien  machte,  sondern  auch  die  geistliche, 
seelsorgerische  Verbindung  Raitenbuchs  mit  Ammergau  einerseits 
und  mit  Sankt  Ulrich  und  Afra  in  Augsburg  anderseits,  gaben  eine 
leicht  annehmbare  Erklärung  dafür,  daß  dieses  Spiel  als  erstes  Pas- 
sionsspiel nach  Oberammergau  gekommen  ist.  Der  vollständige  Text 
dieses  Spieles  ist  von  Staatsbibliothekar  Hartmann  von  München  nach 
der  in  der  Staatsbibliothek  befindlichen  Handschrift  bei  Breitkopf  und 

—    33    —  3 


Härtcl-Lcipzic:   in    Druck   herausgegeben   worden.     (Textproben   siehe 
I\TSsionsdenkmäler.) 

Die    Handlung   ist   kurz   zusammengefaßt   und   für   kleine    Raum- 
verhältnisse   bestimmt;    sie    ist   schlicht    und    treuherzig    volkstümlich. 
Die  Klage  Mariens  ist  ziemlich  breit  behandelt  mit  großer  Innigkeit. 
Derbheiten  kommen  wenige  vor,  der  Teufel  nur  beim   Ende  des 
Judas  und   bei  einem   Nachspiel,  das   aber  kein   eigentlicher  Bestand- 
teil des  Spieles  mehr,  aber  sehr 
originell   ist.     Es   behandelt   mit 
vielem  Pomp  imter  Einstreuung 
von  Gesängen,  z.   B.  des   Bene- 
diktus  und  Regina  coeli  laetare 
die    Höllenfahrt    und    Auferste- 
hung   Jesu.      Es    scheint    noch 
älter  als  das  Passionsspiel  selbst 
zu  sein. 

Einen  ganz  anderen  Stand 
nahmen  die  Passionsspiele 
unter  Einwirkung  der 
Meistersinger    an. 

Augsburg  war  neben  Nürn- 
berg die  bedeutendste  Stadt 
der  Meistersinger.  Schon  unter 
der  Regierung  Kaiser  Otto  des 
Großen  930  soll  dort  die  erste 
Singschule  errichtet  worden 
sein;  besonders  blühte  sie  im 
15.  und  16.  Jahrhundert.  Die 
Augsburger  Sammlung  von 
Meistersingerliedern  vom  Jahre 
1613  schreibt  in  der  einleiten- 
den  Chronik: 

„Anno  1534,  ErstUch  hat 
man  gesungen  in  der  Barfüßer 
Kirche  ob  dem  Altar,  darnach 
in  Barfüßer  Pfründstuben,  dar- 
nach ist  man  zum  Kreuz  kom- 
men. Vom  Kreuz  zu  St.  Stephan, 
da  haben  ihrer  sechs  feinge- 
sungen. Asam  Linbrunner,  Ul- 
rich Schneider,  Martin  Schrot, 
Michael  Maurer,  Hans  Oefeli, 
Bastian  Wildt,  Dichter  u.  s.  w." 

Das  Verzeichnis  der  Meister- 
singer von  1535  enthielt  262  Namen,  darunter  als  30:  „Sebastian 
Wild,  Schneider,   Dichter  Krön   (d.   h.   gekrönter   Dichter). 

Sebastian  Wild  hat  13  „Töne'  erfunden,  darunter  den  ,,Iangen 
und  überlang  Ton",  die  Richard  Wagner  in  der  Tabulatur  seiner 
Meistersinger    aufführt. 


Der  Meistersinger  Sebastian  Wild 
nach  dem  Bild  in  seiner  Kaiserchronik 


34    — 


Lehrer  L.  Greiff  berichtet  in  seinen  ,, Beiträgen  zur  Geschichte 
der  deutschen  Schulen  Augsburgs",  daß  die  Meistersinger  seit  1534 
(d.  Herausgeber  Greiff  setzt  ein?  hinzu)  ,,die  alten  heidnischen  Fa- 
beln und  Historien  in  ihren  Aufführungen  abgeschafft  und  dafür 
biblische  Darstellungen  auf  die  Bahn  gebracht  hätten."  Zu  diesen 
Meistersingern  zählt  er  auch  Sebastian  Wild;  am  Schlüsse  seines 
Buches  im  Lehrerverzeichnis  steht  unter  Nummer  40  bei  denen,  „die 
Ao.  1551  noch  Schule  hielten",  L.  S.  Wildens  Hausfrau,  nicht  aber 
er  selbst. 

Sebastian  Wildens  Hauptwerk  war:  „Schöner  Comedien  und 
Tragedien  zwölff.  Auß  heiliger  Gottlicher  schrifft  und  auch  aus 
etlichen  Historien  gezogen."  Das  erste  Spiel  geht  auf  das  Frei- 
Singer  Weihnachtsspiel  zurück.  Das  dritte  davon  ist:  „Eine  schöne 
Tragedj,  Um  den  Leyden  und  sterben  auch  die  aufferstehung  unseres 
Herren   Jesu   Christi,   in    reihmen    und    Spilweiß    gedichtet."  *) 

August  Hartmann  hat  auch  diesen  Text  in  seinem  Buch:  ..Das 
Oberammergauer  Passionsspiel  in  seiner  ältesten  Gestalt"  heraus- 
gegeben. 

Er  weist  Sebastian  Wilds  Passion  auch  in  Erl  nach.  Ueber- 
haupt  ist  das  Erler  Passionsspiel  vollständig  den  Weg  des  Ober,- 
ammergauers  gegangen.  **) 

Auch  der  Sebastian  Wildsche  Meistersinger-Text  hat  wie  der 
Augsburge:  Klostertext  seinen  Weg  nach  Oberammergau  gefunden, 
dort  oder  schon  in  Augsburg  wurden  die  beiden  Texte  vereinigt  und 
so  entstand,  wie  A.  Hartmann  a.  a.  O.  genau  nachweist,  eine  dritte 
Passionsdichtung:  „Von  dem  Leyden  und  Sterben  auch  Aufferstehung 
vnseres  Herrn  Jesu  Christi,  Spilweiß  in  Reimen  gebracht."  Dieser 
Text  befindet  sich  handschriftlich  im  Besitze  des  Hauses  Gg.  Lang 
sei.  Erben  in  Oberammergau  und  trägt  den  ausdrücklichen  Eintrag: 
,Jst  widerumben  Renoviert,  neu  beschrieben  worden,  im  Jahr  nach 
der  Gnadenreichen  Geburt  Christi  1662."  Diesen  Text  hat  der  am 
21.  Nov.  1919  gestorbene  Münchener  Schriftsteller  Georg  Queri  mit 
dem  langjähr,  verdienstvollen  Chef  des  Hauses  Gg.  Lang  sei.  Erben, 
Kommerzienrat  Guido  Lang,  in  sehr  schöner  Facsimileausgabe  zum 
erstenmale  1910  in  Druck  herausgegeben  (Verl.  v.  Gg.  Lang  sei. 
Erben,  Oberammergau)  mit  einer  sehr  guten  literarischen  Einleitung. 
Der  Einband  entspricht  vollständig  dem  Original.  Nach  der  Tra- 
dition des  Hauses  Lang,  sowie  der  Meinung  aller  Forscher  unter- 
liegt es  keinem  Zweifel  mehr,  daß  nach  diesem  Texte  gespielt 
wurde.  Am  Schlüsse  des  Buches  befindet  sich  der  Vermerk:  „Den 
15.  Mai  1674  am  Erchtag  (Dienstag)  nach  den  Pfingstfeyertagen  ist 
der  Passion  wiederumb  orehalten  worden  und  ist  alles  gar  glücklich 


*)  Siehe  darüber  auch  „Passionsdenkmäler"  und  Radelkofer  im  Bayerland  1900. 
**)  Siehe  darüber  Dörrers  Passionsführer  für  Erl. 

-    35    -  3* 


abgegangen."  Es  fragt  sich  nunmehr  nur  noch,  wer  die  Ver- 
schmelzung der  beiden  Texte  vorgenommen  hat.  Dieser  Nachweis 
ist   bis  jetzt  noch   nicht   gelungen. 

16S0  wurden  in  die  Ammergauer  Handschrift  aus  dem  Weil- 
heimcr  Text  des  Pfarrers  und  Predigers  Johann  Aelbl  von  Weilheim 
Stellen  eingeklebt.  Der  Weilhcimer  Text  wurde  1600  und  1615  in 
Weilheim  aufgeführt  und  wird  nach  einer  Niederschrift  aus  dem 
Kloster  Polling  in  der  Ordinariatsbibliothek  München  aufbewahrt. 
Diese  Handschrift  enthielt  die  Bemerkung:  ,,Aeltester  Passionstext 
von  Oberammergau"  und  wurde  bis  zu  den  Aufklärungen  Hartmanns 
als  solcher  allgemein  angesehen.  Seitdem  läßt  sich  die  Meinung 
nicht  mehr  aufrecht  erhalten.  Der  Weilheimer  Passionstext  wurde 
17-18   noch   in   Kohlgrub   bei   Oberammergau   aufgeführt. 

Zwischen  den  Jahren  1680  und  1750  liegt  die  entscheidende 
Periode  der  Umgestaltung  des  mittelalterlich  meistersingerlichen 
Dramas  in  ein  Stück  nach  Art  der  Jesuitendramen.  Es  ist  des 
Paters  Ferdinand  Rosner  aus  Ettal  Passionsspiel  vom 
Jahre  1750  betitelt:  ,, Bitteres  Leyden,  Obsiegender  Todt  und 
Glorreiche  Auferstehung  des  Eingefleischten  Sohn  Gottes  Einer 
Christlichen    Versamblung    Vorgestellet." 

Eine  Handschrift  hievon  findet  sich  in  der  Münchener  Diözesan- 
bibliothek,  eine  in  Oberammergau  (Bibliothek  Guido  Lang)  und  eine 
in  Donaueschingen.  Stellen  sind  davon  abgedruckt  in  den  „Denk- 
mälern" bei  Trautmann  und  Queri. 

Ich  hatte  Gelegenheit,  das  schön  gebundene  und  tadellose  Ma- 
nuskript von  Oberammergau  einzusehen  und  bin  dabei  zur  Ueber- 
zeugung  gekommen,  daß  der  Rosnersche  Text  viel  besser  ist  als 
sein  Ruf.  Das  Urteil  oder  besser  die  Verurteilung  geschah  zu 
einer  Zeit,  wo  alles  Barock  und  Rokoko  verpönt  war.  Rosners 
Text  hat  Barockstil,  aber  dabei  doch  so  viel  wahrhaft  Frommes 
und  Treuherziges,  daß  man  der  Ablehnung  nicht  beistimmen  kann. 
Wie  schön  sind  doch  die  Worte,  die  der  Hauptmann  unter  dem 
Kreuze  sagt: 

„Den  seh  ich  für  einen  Größern  an, 

Der  leiden   und   verzeihen   kann." 

Ein  neuer  Text  wurde  von  Pater  Magnus  Knipfel- 
berger  von  Ettal  verfaßt.  Das  Kohlgruber  Passionsspiel  und  die 
Oberammergauer  Kreuzesschule   1785  stammen   ebenso   von  ihm. 

Gerade  Knipfelbergers  Art  der  Dramatik  paßte  nicht  in  das 
Zeitalter  der  „Aufklärung".  Sollte  das  Spiel  über  die  Säkularisation 
der  religiös-literarischen  Güter  hinübergerettet  werden,  so  mußte  dieser 
Text  fallen  und  ein  ganz  anderer,  auf  vollständig  neuer,  biblischer 
und    apologetischer   Grundlage    der    Zensur    vorgelegt    werden. 

Diese  vollständige  Neugestaltung  nahm  der  Ettaler 
Benediktiner  Pater  Othmar  Weis*)   vor. 

*)  Der  Name  Othmar  Weis  kommt  in  verschiedenen  Lesarten  vor.  Auf  seiaer 
Gedächtnistafel  ist  Weiß  zu  lesen,  ebenso  bei  Dr.  Maußer;  er  unterschrieb  sich 
selbst  mit  s. 

-    36    - 


Othmar  Weis  war  am  24.  April  1769  zu  Bayersoyen,  Hs.-No.  55 
geboren.  Bayersoyen  liegt  zwischen  Saulgrub  und  Rottenbuch, 
2V2  Stunden  von  Oberammergau.  Das  in  gegenwärtiges  Buch  auf- 
genommene Bild  stammt  von  einem  Oelgemälde  im  Besitze  eines 
Großneffen  des  Passionsdichters,  namens  Eduard  Strauß  von  Bayer- 
soyen. Das  Bildnis  befand  sich  eine  Zeit  lang  in  der  Sakristei  in 
Oberammergau,  wurde  aber  dann  von  seinen  Verwandten  wieder 
reklamiert    und    befindet    sich    heute    noch    in    deren    Besitz.     Pater 


Pater  Dr.  Othmar  Weis 

Othmars  Eltern  waren  Kleinhäuslersleute  und  er  kam  als  Freistudent 
und  Ministrant  nach  Ettal.  Er  legte  dort  Profeß  ab  und  wurde 
vom  Kloster  als  Pfarrvikar  für  Eschenlohe  bestellt.  Der  im  Ongmal- 
manuskript  mit  großer  Sorgsamkeit  geschriebene  Text  von  1811 
dürfte  noch  zur  Wirkungszeit  in  der  stillen  Klosterzelle  von  Ettal 
entstanden  sein,  als  1803  das  Kloster  aufgehoben,  ihm  aber  mit 
einigen  älteren  Patres  der  fernere  Aufenthalt  in  Ettal  gewährt  \\"urde. 
Zur  Untätigkeit  verurteilt,  war  ihm  die  Passionsdichtung  wohl  die 
liebste    Ablenkung    von    all    dem    Kummer,    den    die    Säkularisation 


—    37 


über  die  Klosterherren  brachte.  Doch  konnte  solches  Leben 
ohne  weiteren,  scelsorgerischcn  Wirkungskreis  einen  Mann  wie 
Othniar  Weis  nicht  auf  die  Länge  befriedigen.  Im  Jahre  1804 
übernahm  er  die  Schule  Oberau,  an  den  Sonntagen  war  er  Prediger 
in  Ettal.  Als  sich  die  Gemeinde  Oberammergau  an  ihn  wandte,  um 
einen  neuen  Passionstext  zu  erhalten,  der  dem  Geschmack  der  Zeit 
und  ihrer  Machthaber  ebenso  wie  dem  religiösen  Gedanken  der  Spieler 
gerecht  zu  werden  die  Aussicht  hatte,  da  mag  Pater  Weis  der  bitten- 
den Gemeinde  wahrscheinlich  schon  mit  der  fertigen  Passionsdichtung 
entgegengekommen  sein,  denn  für  eine  rasche  Gelegenheitsarbeit  ist 
der  lext  von  1811  viel  zu  ausgereift;  dieser  Text  fand  dann 
von  den  hohen  geistlichen  und  weltlichen  Behörden  Gnade  und 
v\urde  nach  demselben  1811  in  Oberammergau  wie- 
der gespielt.  Wie  die  ,,Missa  papae  Marcelli**  die  harmonische 
Kirchenmusik  gerettet  haben  soll,  so  der  1811  er  Text  des  Pater 
Othmar   Weis   das   Ammergauer   Passionsspiel. 

Bisher  galt  das  Manuskript  als  vollständig  verschollen;  es  ist 
mir  aber  durch  einen  überaus  glücklichen  Zufall  gelungen,  es  unver- 
sehrt in  meine  Hände  zu  bekommen.  Bei  einer  Erkrankung  brachte 
mir  Herr  Pfarrer  und  Dekan  Graßl  von  Fürstenfeldbruck  einen  sehr 
schön  geschriebenen  vollständigen  Passionstext  und  zu  meiner  größten 
üeberraschung  fand  ich  durch  Vergleichung  mit  den  in  Ober- 
ammergau bei  Verleger  Kommerzienrat  Guido  Lang  noch  vorhan- 
denen Gesangstextbüchern  und  mit  Handschriften  des  Paters  Othmar 
Weis,  daß  dieser  Text  kein  anderer  ist  als  der  Originaltext  des 
Ammergauer  Passionsspiels  von  1811  und  zwar  in  Originalschrift 
des  Verfassers.  Dieser  wurde  von  mir  vollständig  herausgegeben  in 
den  öfter  schon  genannten  „Denkmälern  der  Passionsliteratur"  bei 
Uhlschmid  in  Oberammergau.  Das  Originalmanuskript  ging,  wie  ich 
wohl  sagen  darf,  durch  meine  persönliche  eindringliche  Befürwortung 
und  durch  lobenswertes  Entgegenkommen  seitens  des  H.  Herrn 
Dekan  Graßl  von  Fürstenfeldbruck  mit  Zustimmung  des  Hochw.  H. 
Kardinalerzbischofes  von  München  Dr.  Faulhaber,  der  dem  Ober- 
ammergauer  Passionsspiel  überaus  gnädig  gesinnt  ist,  1921  an  die 
Gemeinde  Oberammergau  über,  die  hiefür  an  das  Pfarramt  Fürsten- 
feldbruck  eine   Stiftung   von    1000   Mk.    machte. 

Der  Text  beginnt  noch  nicht  mit  den  ehrwürdigen  Worten: 
„Wirf  zum  heiligen  Staunen  dich  nieder!"  u.  s.  vv.,  sondern  die  An- 
fangswortc    lauten    in    nicht    minder   kräftiger    und    würdiger   Weise: 

„Hört  ihr  Sterbliche, 
Staub  vom  Staube! 
Laut   ruft   es  der  Glaube, 
Was   die   Zunge   nicht   vermag   zu    stammeln. 
Mit   Dankgefühlen   sollet   ihr  ' 
Um   diese   Trauerbühne   euch   versammeln; 
Das  große  Opfer  für  die  Welt 
Wird   euren   Augen   vorgestellt." 
u.  s.  f. 

Das  Manuskript  gibt  von  selbst  die  Erklärung,  warum  bald 
wiederum,   s  c  h  o  n   f  ü  r  das   Spiel   1815   eine   bedeutende 

—    38    - 


T  e  X  t  ä  11  d  e  r  u  n  g  vorgenommen  wurde.  Die  Anreden  des  Prologs, 
den  wir  hier  zuerst  in  das  Spiel  eingeführt  sehen,  sind  in  Prosa  ge- 
Jialtcn,  in  gehobenem  Predigtstil.  Die  Benediktinerexpatres  Calmct 
und  Braun  waren  zum  Vorbild  genommen.  Gerade  diese  Belehrungen 
für  das  Volk  sind  formell  sehr  schön,  haben  aber  alle  einen  etwas  zu 
großen  Umfang  angenommen,  so  daß  das  Spiel  weit  über  die  eigent- 
lich verfügbare  Zeit  in  die  Länge  gezogen  wurde,  und  dadurch  wohl 
iiuch  für  das  großenteils  exegetisch  ungeschulte  Volk  langweilig  wirkte. 
Das  Volk  wollte  damals  schon  bei  einem,  wenn  auch  religiösen  Drama, 
mehr  Handlung  sehen,  als  Belehrung  hören.  Deshalb  sah  man  sich 
genötigt,  vor  allem  den  Prologtext  abzukürzen,  daseist  dann  auch 
geschehen,  aber  man  verfiel  damit  in  den  anderen  Fehler:  Durch  die 
Abkürzung  verlor  der  Prologtext  alle  gehobene  Form  und  wurde  eine 
lediglich  trockene  Erklärung  und  Aufzählung  der  nachfolgenden  leben- 
den Bilder.  Man  vergleiche  nur  a.  a.  O.  die  Her  Prologe  mit  den 
tSern  und  man  wird  mir  sicher  recht  geben  müssen,  daß  der  Text 
wohl  an  Kürze  gewonnen,  aber  an  sprachlicher  Schönheit  und  lite- 
rarischem Wert  verloren  hat. 

Bei  Othmar  Weis  setzt  nun  Dr.  Ernst  Maußer  verdienstvoll  mit 
der  Veröffentlichung  des  Werkes:  ,,Oberammergauer  Passionsspiel 
1910,   historisch-kritische   Ausgabe",   ein. 

Dr.  Maußer  schreibt:  „Danach  kam  das  Autogramm  aus  Jesen- 
wang   nach   dem   erzürnten    Oberammergau,   wo    es   verschollen   ist." 

Das  ist  wieder  nicht  richtig,  denn  das  Autogramm  kam  nicht  nach 
dem  „erzürnten  Oberammergau"  und  ist  auch  ebenso  wenig  ver- 
schollen wie  der  Her  Text,  denn  Herr  Pfarrer  Othmar  Weis  behielt 
es  bei  sich  bis  zu  seinem  Tode.  Aus  seinem  Nachlasse  kam  es  durch 
Ankauf  bei  Versteigerung  desselben  an  den  Tafernwirt  Josef  Walch 
von  Jesenwang  und  ich  persönlich  fand  es  dann  im  Besitze  seines 
gleichnamigen  Sohnes,  der  erst  1922  als  Gastwirt  in  Jesenwang 
starb.  Er  stellte  es  mir  in  entgegenkommendster  Weise  zu  Ver- 
gleichungszwecken  zur  Verfügung.     (Siehe   „Pass:onsdenkmäler.") 

Es  ist  außer  allem  Zweifel,  daß  der  Thaininger  Kopist  das  Ori- 
ginal in  Händen  hatte,  denn  die  Kopie  ist  im  großen  Ganzen  damit 
identisch,  aber  nach  den  Streichungen  geschrieben,  welche  Othmar 
Weis  annahm,  als  das  Theater  1830  in  den  geschlossenen  Bühnenbau 
vor  dem  Ort  angelegt  wurde  und  enthält  auch  die  Einlage  einer 
xMarienklage,  die  nicht  von  Weis,  sondern  einem  Kooperator  Lintzpold 
stammt.  Sonach  ist  die  Kopie  in  der  Maußerschen  Ausgabe  eben 
auch  nicht  in  allen  Teilen  gleichlautend  mit  dem  Original,  namentlich 
nicht  in  Hinsicht  auf  die  Gesangstexte,  die  bei  Maußer  nicht  in  allem 
mit  dem  Oberammergauer  Originalgesangstextbuch  vom  Jahre  1815 
übereinstimmen.  Der  genaue  Originalwortlaut  ist  in  meinen  „Pas- 
sionsdenkmälern" Seite  für  Seite  nachkontrolliert  und  festgestellt. 
Mit  Benützung  derselben  und  der  damit  sich  ergebenden  Berich- 
tigungen erübrigt  sich  eine  nochmalige  Ausgabe  des  Passionstextes 
1815  und  genügt  hiefür  die  sonst  fleißige  Arbeit  Dr.  Maußers,  die 
nach  der  philologischen  Seite  hin  eine  gute,  zuverlässige  Arbeit  ist. 
Zu  bedauern  ist  außer  dem  Reklamehaften  der  Ausgabe,  daß 
Dr.   Maußer  so  wenig   Pietät  für  den  letzten   Passionstextumdichter, 

—   39    — 


den  GeistI,  Rat  Daisenbeiger  von  Obcrammeri^au,  hat  und  demselben 
so  viel  als  jedes  Verdienst  an  der  Textbearbaitung^  direkt  abspricht. 

Der  1815er  Text  enthält  im  Original  leider  nicht  mehr  den  Pro- 
loo,    wohl    aber   im    Gesangstextbuch: 

„Wirf   zum   heiligen   Staunen   dich   nieder." 

Zum  erstenmal  finden  wir  ihn  hier  und  damit  jene  herrliche  Ein- 
führung in  das  Spiel,  die  durch  keine  andere  mehr  übertroffen  werden 
kann.  Es  ist  aber  wahrscheinlich,  daß  der  Prolog  im  Original  ver- 
loren gegangen  ist,  denn  demselben,  welcher  leider  sehr  schlecht 
nur  erhalten  ist,  fehlen  die  Anfangs-  und  Endseiten.  Außerdem  hat 
der  1815er  Text  zum  erstenmal  den  Palmeinzug  mit  dem  Oesangs- 
chor:  „Heil  dir*'. 

Bald  nach  den  Aufführungen  1811  kam  Pater  Dr.  Othmar  Weiß 
als  Pfarrer  nach  Jesenwang,  zwei  Stunden  von  Fürstenfeldbruck 
an  der  Landsberger  Staatsstraße.  Dort  schuf  er  die  abgekürzte  Form 
des  Textes  1815  und  überließ  später  das  Manuskript  zur  Abschrift 
den  Thainingern.  1815  holten  sich  die  Ammergauer  ihren  Passions- 
leiter wieder  zum  Spiel,  ebenso  1820.  '1830  änderte  er  verschiedene 
Stellen  für  die  neue  Bühneneinrichtung  und  finden  sich  die  Abstriche, 
Einfügungen  und  Regiebemerkungen  im  Original.  Umsomehr  ist  es, 
wie  schon  bemerkt,  zu  bedauern,  daß  später  wohl  die  Handschrift 
Opfer  der  Mäuse  und  Kinder  wurde  und  mangels  der  betr.  verloren 
gegangenen  Seiten  gerade  an  den  wichtigsten  Stellen  wie  Anfang, 
Kreuzweg  und  Schluß  versagt. 

Vater  Joseph  Walch  hütete  das  Original  in  anerkennenswerter 
Sorgfalt,  ebenso  wie  es  der  Großvater  getan.  Rührend  ist,  daß 
Vater  Walch  noch  eine  dritte  Abschrift  eigenhändig  vornahm,  um 
das  Buch  bei  dem  Passionsspiel  in  Oberammergau  1870  als  Textbuch 
zu  benützen  und  das  Original  nicht  der  Verlustgefahr  auf  der  Reise 
auszusetzen.  Joseph  Walch  hat  nun  in  hochherziger  und  uneigen- 
nütziger Weise  das  Manuskript  der  Gemeinde  Oberammergau  über- 
lassen und  zwar  als  freie  Schenkung  vom  20.  Juni  1921  mit  der 
einzigen  Auflage,  daß  die  direkten  Angehörigen  der  Jesenwanger 
Familie  Walch  in  jedem  Passionsjahr  5  Freikarten  erhalten.  Alle 
Hochachtung   vor  diesem   Zeugnis   des   Gemeinsinnes. 

Pfarrer  Othmar  Weis  starb  als  allgemein  hochgeschätzter  und 
verehrter  Priester  und  Distriktsschulinspektor  an  einem  Schlaganfalf 
am  26.  Januar  1843  in  Jesenwang.  Sein  Grabstein  dortselbst  wurde 
aber  später  bei  der  neuen  Gottesackerverteilung  hinter  die  Kirche 
verlegt.  Die  wirkliche  Grabstätte  ziert  eine  Erzplatte,  welche  die 
Gemeinde  Oberammergau  besonders  nach  Anregung  des  H.  Haupt- 
lehrers Prielmaier  von  Jesenwang  und  meiner  Befürwortung  1911 
dortselbst    errichten    ließ.     Sein    Andenken    ist    ein    gesegnetes. 

Die  Abschrift  Walchs  machte  es  mir  persönlich  möglich,  die 
fehlenden  Teile  des  1815er  Manuskriptes  zu  ergänzen  und  sind  diese 
Ergänzungen  in  das  Manuskript  aufgenommen.  Es  wurde  in  der 
Buchbinderei  Woderer  in  Fürstenfeldbruck  sehr  geschmackvoll  im 
Biedermeierstil   gebunden. 

—    40    — 


Der  vollständige  Oberammergauer  Gesangstext  mit  wenigen  Kor- 
rekturen durch  Geistlichen  Rat  Ettmayer  ist  heute  nach  Othmar 
Weis-Text  von  1815,  ebenso  der  Gesangstext  von  Erl  und  der 
größte  Teil  des  gesprochenen  Brixlegger  Prologs  ist  aus  dem  Weis- 
schen  Gesangstext  herübergenommen.  Von  Thaining  bezog  Rott 
am  Inn  seinen  Passionstext.  Der  Prolog:  „Wirf  zum  heiligen  Stau- 
nen dich  nieder",  wurde  von  Oberammergau  durch  Erl,  Brixiegg 
und  Selzach  übernommen,  von  Dr.  Sepp  in  seinem  Passionstext 
nachgebildet.  Der  Waaler  Passionstext,  erhalten  in  einem  Manus- 
kript von  1828,  stammt  sicher  auch  von  Weis.  Der  Prolog  von  1815, 
der  in  das  gegenwärtige  Spiel  von  Waal  eingesetzt  ist,  ist  einer 
Stelle  des   1811er  Othmar  Weis-Textes   nachgebildet. 

Bildnisse,  Passionsurkunden, 
die    an    ihn    erinnern,    fand    ich 
bei  meiner  Nachschau  in   lesen- 
wang    nicht    mehr.     Ein    Wand- 
bild  bei   dem   Bäcker   in    Jesen- 
wang    trägt    einen    Spruch,    der 
von   Othmar  Weis  sein   könnte,     ~ 
und  das  Wandbild  dürfte  wahr-     - 
scheinlich  von  dem  Lüftlesmaler    ; 
Franz  Zwink  stammen. 


Bei  seinem  Aufenthalt  in 
Oberau  erteilte  Weis  nicht  nur 
den  Dorfkindern  Volksschul-, 
sondern  auch  Lateinschüler  Vor- 
bereitungsunterricht. Unter  die- 
sen befand  sich  auch  ein  Bauerns- 
sohn  Aon  Oberau  und  der  war 
kein  anderer  als  der  spätere 
Oberammergauer  Pfarrer  und 
Geistliche  Rat  Jos.  Alois 
D  a  i  s  e  n  b  e  r  g  e  r.  Frühzeitig 
zeigte  sich  seine  Liebe  zur  Lite- 
ratur, welche  Othmar  Weis  in 
weitherziger  Weise  nährte.  So 
gab  er  ihm  Geliert  und  Kleist 
zur  Lektüre.  Von  Oberau  kam 
Institut  und  in  das  Lyzeum  in 
Professor  Thiersch  Literatur  und  Bayer  allgemeine  Geschichte. 
Seine  Studien  vollendete  er  an  der  Universität  Landshut.  In  Eich- 
stätt  empfing  Daisenberger  die  Priesterweihe  und  am  21.  Okt.  1821 
hielt  er  in  seinem  Heimatdorf  Oberau  das  erste  hl.  Meßopfer, 
wobei  Pater  Othmar  Weis  die  Festpredigt  hielt  und  der  Kirchenchor 
von  Oberammergau  eine  eigens  hiezu  von  Lehrer  Dedler  von  Ober- 
ammergau komponierte  und  dirigierte  Festmesse  aufführte.  Daisen- 
berger funktionierte  zuerst  an  den  Orten  Grassau,  Schlehdorf  und 
Farchant  und  wurde  1831  Pfarrer  in  Uffing.  1839  wurde  Ober- 
ammergau frei  und  die  Gemeinde  Oberammergau,  besonders  aber 
Bürgermeister   Michael   Diemer  und   Verleger   Lang   taten   alles,   daß 


Geistlicher  Rat  Alois  Daisenberger 
Verfasser  des  Passions-Textes 

Daisenberger    in    das    Holländische 
München.      Dort    hörte    er    unter 


41 


Daisenbcri^er  die  Pfarrei  erhalte.  Die  Gemeinde  wandte  sich  wieder 
dircivt  an  den  König  und  auch  diesesmal  mit  Erfolg.  Am  U.  juh  1845 
hielt  rXiiscnbcrger  seinen  Einzug  "kls  Pfarrer  von  Oberammergau 
und  verblieb,  bis  er  im  Gottesacker  dortselbst  neben  dem  letzten 
Prior  von  Rottenbuch  Herculan  Schweiger  sein  Grab  fand.  Dasselbe 
ziert  heute  ein  würdiges  Dankesdenkmal  der  Gemeinde  Oberammergau 
mit  sprechend  ähnlicher  Büste,  geschaffen  von  dem  aus  Ober- 
ammergau stammenden  Münchner  Bildhauer  Otto  Lang.  So  haben 
nun  die  drei  Oberammergauer  Passionsveteranen  Othmar  Weis, 
Daisenberger  und  Rochus  Dedler  ihre,  von  der  Gemeinde  gestifteten, 
wohlverdienten   Denkmäler. 

Im  Jahre  1860  war  dem  Schüler  des  Paters  Othmar  Weis, 
Alois  Daisenberger,  der  mittlerweile  Pfarrer  von  Ober- 
ammergau geworden  war,  die  Revision  des  Textes  über- 
tragen worden.  Sie  wurde,  wie  er  selbst  in  seiner  Chronik  schreibt, 
von  ihm  in  pietätvoller  Weise  besorgt.  Er  selbst  sagt  in  seiner 
Bescheidenheit  von  sich:  „Ich  fürchte,  daß  Manches,  was  ich  zu 
bessern  glaubte,  durch  meine  Aenderung  nicht  besser  geworden  ist 
und  daß  es  mir  etwa  ergangen  sei  wie  manchem  Baumeister,  der 
einen  alten  Bau  umzuformen  unternimmt  und  nicht  das  rechte  Ge- 
schick dazu  hat."  Diese  Befürchtung  ist  ein  schönes  Zeugnis  für 
die   edle    Bescheidenheit    Daisenbergers,   hat   sich    aber   nicht   erfüllt. 

Die  dramatische  Handlung  wurde  nach  der  vorangegangenen, 
kleineren  Weis'schen  Aenderung  durch  Daisenberger  straffer  und 
einheitlicher  gestaltet;  beanstandete  Naivitäten  z.  B.  das  „Brot- 
messer" des  hl.  Petrus  ausgemerzt.  Die  Pilatusszene  arbeitete  er 
1860  eigens  für  den  von  der  Christus-  zur  Pilatusdarstellung  über- 
gegangenen Tobias  Flunger  weiter  aus.  Er  übergab  ihm  die  Rolle 
mit  den  Worten:  „So,  jetzt  kannst  z'frieden  sein."  Am  Gesangstext 
änderte  er  nichts,  da  er  zu  wenig  Musiker  war  und  die  neuen 
Gesangstexte  auch  eine  neue  Musik  bedingt  hätten.  Sein  Haupt- 
verdienst lag  aber  wo  anders  und  das  kann  ihm  von  keinem  Dr. 
Maußer,  Strauch,  Konverau  und  von  keinen  anderen  Gegnern  ge- 
nommen werden.  Es  ist  durch  die  Auffindung  der  beiden  Original- 
texte von  1811  und  1815  unleugbar  erwiesen.  Der  1815  er  Text 
des  Prologs  war  wie  schon  angedeutet  keine  Verbesserung,  sondern 
die  schon  von  Clarus  besagte  und  beklagte  Verwässerung.  Die 
schwungvolle  Ansprache  des  Genius  nach  dem  1811  er  Text  war, 
um  ihre  zu  beträchtliche  Länge  zu  beheben,  größtenteils  zu  poesie- 
losen Aufzählungen  zusammengeschrumpft,  die  sich  außerdem  bei 
den  Aenderungen  der  eingefügten  lebenden  Bilder  als  deren  Er- 
klärungen mit  diesen  nicht  mehr  ganz  deckten.  Eine  vollständige 
Neuschaffung  des  gesprochenen  Prologs  war  zur  unabweislichen 
Notwendigkeit  geworden,  oder  man  ließ  ihn  ganz  fallen  und  damit 
die  lebenden  Bilder,  die  ja  doch  dem  Oberammergauer  Spiel  höchsten 
Glanz   und    ihre    Eigenart   geben. 

Geistlicher  Rat  Joseph  Daisenberger  ist  es  nun  ge- 
wesen, der  die  verwässerte  Form  des  prosaischen  durch 
die  klassizierende  Form  eines  poetischen  Prologes  ersetzte, 
der  an  Stelle  der  poesielosen,  lediglich  schulgemäßen   Bild- 

—  42   — 


erklärungen,  zu  der  die  Prologe  herabgesunken,  seine  sapphi- 
schen  Strophen  setzte,  der  sittHch  tiefreh'giösen  Inhalt  in 
schöner,  edler  Fassung  darbot,  äußere  Kürze  mit  inhaltlicher 
Prägnanz  vereinigte  und  damit  Inhalt  und  Form  zu  gleich 
guter  Wirkung  brachte.  Das  ist  das  ausschließliche,  höchste 
Verdienst  Daisenbergers  und  dafür  gebührt  ihm  mit  Recht 
der  Ehrentitel  eines  Passionsreformers,  der  ihm  von  anderer 
Seite  so  gerne  abgesprochen  werden  will;  dafür  zollt  ihm 
Oberammergau  heute  noch  heißen  Dank  und  läßt  sein  An- 
gedenken nicht  antasten.  Ohne  die  überaus  glückliche  Ein- 
fügung der  heutigen  Prologe,  die  sich  so  geschickt  dem 
gesungenen  und  dramatischen  Teil  anfügen,  hätte  das  Ober- 
ammergauer  Spiel  nicht  seine  einheitlich-  und  geschlossen 
wirkende  Form  und  Eigenart  erhalten  und  wäre  wohl  bis 
auf  heute  der  Gegenstand  dichterischer  Experimente  ge- 
blieben. 

Die  sonstige  Tätigkeit  Daisenbergers  als  Priester,  Schulmann 
und  Dichter  brachte  nur  Glück  und  Segen  für  die  Gemeinde.  Außer 
einer  trefflichen  Ortsgeschichte  schuf  er  eine  Reihe  von  Dramen; 
„Theodolinde**,  ,,Drei  folgenreiche  Tage  in  Bayern*',  ,,Otto  von 
Witteisbach",  ,,Die  Stiftung  von  Ettal",  „Agatha,  die  Heldin  von 
Catania'S  ,, Elisabeth  von  Thüringen",  eine  Uebersetzung  der  ,,Anti- 
gone",   vor   allem   aber   die   „Kreuzesschule"   1875. 

Weni'  auch  die  meisten  Dichtungen  ihrem  Zwecke  als  schlichte 
Gaben  für  einfache  Volksbühnen  angemessen  waren,  so  brachten 
sie  doch  für  Daisenberger  den  Befähigungsnachweis  für  die  V^or- 
nahme  der  letzten  ausschlaggebenden  Aenderungen. 

Im  Jahre  1888  wurde  Oberammergau  von  der  Münc'iener  Re- 
gierung aus  zu  Textänderungen  gedrängt.  Geistlicher  Rat  Ettma3'er 
änderte  am  Gesangstext  herum  und  zwar  nicht  zu  seinem  Vorteil. 
Ein  Teil  der  Aenderungsvorschläge  wurde  angenommen,  aber  1900 
wieder  ausgemerzt.  Weitergehende  Aenderungen  des  dramatischen 
Textes  wurden  energisch  abgelehnt,  mochten  sie  kommen,  von 
welcher  Seite  aus.  Ja  sogar  der  Vater  des  neuen  Spieles  Geistlicher 
Rat  Daisenberger  mußte  1880  das  gleiche  Schicksal  erfahren,  als 
er  noch  einmal  mit  e'ner  vollständigen  Umdichtung  des  dramatischen 
Teils  dcb  Spiels  hervortrat,  wonach  die  Reden  Christi,  seines  Ge- 
folges und  des  hohen  Rates  in  Jamben,  die  Reden  der  Henker 
u.  dgl.  in  Knittelversen  gebracht  werden  sollten.  Das  Freiburger 
Passtonsspiel  der  Gebrüder  Faßnacht,  das  auf  der  Grundlage  des 
.Ammergauer  Urtextes  aufgebaut  sein  wollte,  hat  von  2300  Verszeilen 
2020  wortwörtlich  aus  diesem  Text  übernommen.  Johannes  Zwink 
als  Judas  und  der  Neffe  Daisenbergers  als  Kaiphas  sprachen  einige 
Stellen  nach  diesem  Text;  sonst  wurde  nichts  aus  demselben  au^ 
geführt. 

Von  da  an  unterblieben  größere  Te.xteinfügungen.  Da  aber  die 
Nachmittagsaufführung  Stellen  hat,  die  schon  seit  mehreren  Passions- 

—    43    — 


dezennien  als  Längen  und  tote  Punkte  empfunden  wurden,  beriet 
1921  das  Passionskomitee  öfter  gewissenhaft  über  einige  Aende- 
rungen.  Der  greise  ehemalige  Passionsleiter  Ludwig  Lang,  der 
mit  voller  Seele  auch  bei  den  Vorbereitungen  sich  beteiligte,  legte 
einen  Aenderungsentwurf  vor,  der  allgemeinen  Beifall  und  Annahme 
fand.  Die  zwei  ersten  Monologe  des  Judas  im  Nachmittagsspiel 
wurden  zusammengezogen,  ebenso  die  Beratung  im  Kaiphas  Nacht- 
zimmer mit  dem  sogenannten  3.  Rat,  dadurch  konnten  der  Prolog 
und  das  lebende  Bild  über  Daniel  gestrichen  werden.  Eine  iVlin- 
derung    der    Chöre    wird    nachmittags    nur    als    Wohltat    empfunden. 

Wenn  wir  nun  nochmal  die  Entwickelung  des  Passionstextes 
zusammenfassen  und  die  in  Oberammergau  aufgeführten  Passions- 
spiele feststellen  wollen,  dann  ergibt  sich  nachstehende  Reihenfolge: 

1.  Der  nicht  direkt  nachweisbare,  aber  mutmaßlich  erste  Text, 
der  wahrscheinlich  schon  vor  der  Gelübdeab'.egung  und  in  der  Zeit 
derselben  aufgeführt  wurde:  das  Leidenchristispiel  von  Sankt  Ulrich 
und  Afra  in  Augsburg  aus  dem  15.  Jahrhundert,  herausgegeben  von 
August  Hartmann  im  Werke:  „Das  Oberammergauer  Passionsspiel 
in  seiner  ältesten  Gestalt",  Verlag  von  Breitkopf  und  Härtel,  1880, 
Leipzig. 

2.  Der  mit  dem  Sankt  Ulrich  und  Afraspiel  vereinigte  Meister- 
singertext des  Sebastian  Wild,  wonach  nachweislich  1662  und  1674 
in  Oberammergau  gespielt  und  der  heute  noch  im  Original  vorhanden 
ist  bei  Georg  Lang  sei.  Erben,  Oberammergau,  herausgegeben  von 
Kommerzienrat  Guido  Lang  mit  Georg  Queri  1910  in  dem  Faksimile- 
werk: „Tragedi  vom  Leiden  und  Sterben  Jesu  Christi",  Verlag  von 
Gg.  Lang  sei.  Erben,  Oberammergau. 

3.  Der  Ettaler  Klostertext  von  Pater  i  Ferdinand  Rosner,  im 
Original  bei  Guido  Lang  in  Oberammergau  und  in  Abschriften  in 
der  erzbischöflichen  Bibliothek  in  München  und  in  der  fürstlichen 
Bibliothek  in  Donauwörth.  Textproben  bei  Trautmann,  Queri  und 
Feldigl. 

4.  Der  von  P.  Magnus  Knipfelberger  umgearbeitete  Ettaler 
Barocktext,  in  Abschrift  vorhanden  bei  Guido  Lang,  Textproben 
bei  Trautmann,  Queri,  Feldigl. 

5.  Der  erste  vollständig  neue  Text  des  Ettaler  Pater  Othmar 
Weis  vom  Spiele  1911,  entdeckt  von  dem  Verfasser  dieses  Führers, 
F.  Feldigl,  in  der  Pfarrbibliothek  Fürstenfeldbruck  und  als  Schen- 
kung der  Kirchenverwaltung  F.'Brucks  1921  an  die  Gemeinde  Ober- 
ammergau übergegangen.  Im  Wortlaut  herausgegeben  in  F.  Feldigls 
„Denkmälern",   Verlag   von   Uhlschmid   in   Oberammergau. 

6.  Der  zweite,  umgearbeitete  Othmar  Weis-Text  vom  Spiele  1815 
im  Original  entdeckt  1919  von  Ferd.  Feldigl,  und  dessen  Wortlaut 
festgestellt  in  den  „Passionsdenkmälern",  nach  Vergleich  mit  einer 
(teilweise  abweichenden)  Kopie  des  Thassilo  Stricker  von  Thaining, 
herausgegeben  von  Dr.  Maußer,  Verlag  von  Huber  in  Diessen. 
Das  Original  bisher  im  Besitze  der  Familie  Walch  in  Jesenwang, 
seit  20.  Juni  1921  durch  Schenkung  an  die  Gemeinde  Oberammergau 
übergegangen. 

—    44    — 


7.  Der  von  Daisenberger  umgearbeitete,  jetzt  noch  giltige  Ge- 
samt-Passionstext.  Nach  Daisenbergers  bei  der  Gemeinde  Ober- 
ammergau hegendem  Originalmanuskript,  von  dessen  Großneffen 
Sebastian  Lang  zum  erstenmal  1900  veröffenthcht  und  von  der  Ge- 
meinde als  einzig  genehmigte  Gesamtausgabe  jetzt  aneri<annt  und 
herausgegeben.  Verlag  der  Gemeinde  Oberammergau.  Neuauflagen' 
1910  und   1922.   — 

Neben  dem  eigentlichen  Passionsspiele  ging  noch  zuerst  in  der 
Kirche  als  Fastenandacht,  darnach  im  Freien  ein  weiteres  Spiel  hervor, 
dessen    Erwähnung   getan    werden    muß:   ^,Die    Kreuzesschule." 

„Die  Kreuzesschule",  ursprünglich  ein  „umgekehrtes  Passions- 
spiel", d.  h.  eine  Darstellung  des  Leidens  Christi  in  lebenden  Bildern 
mit  dramatischer  Bearbeitung  der  Vorbilder  und  allegorischen 
Zwischenhandlungen,  ging  aus  dem  Stück  hervor,  welches  am 
13.  und  16.  Brachmonat  des  Jahres  1785  aufgeführt  wurde:  „Der 
Wanderer  auf  dem  Wege  des  Kreuzes."  Der  1905  erschienene  Führer 
zur  Kreuzesschule  bezeichnet  den  italienischen  Dichter  Metastasio  als 
Verfasser.  (?)  Das  Spiel  wurde  schon  1765,  1775,  1778  aufgeführt.  Das 
Spiel  um  1785  läßt  in  seinen  Allegorien  auf  eine  Bearbeitung  von 
P.  Magnus  Knipfelberger  schließen;  die  Musik  dürfte  ron  P.  Plazidus 
Wildt  gestammt  haben.  Der  Text  von  1825  ist  bearbeitet  von 
Pater  Othmar  Weis,  die  Musik  von  dem  ehemaligen  Zisterzienser- 
pater Benedikt  Pütrich  (nicht  Ulrich)  von  Fürstenfeldbruck.  Die 
Dichtung  von  1875  stammt  von  Daisenberger,  die  Musik  mit  Ein- 
lagen von  Händel,  Nägeli  usw.,  von  dem  damaligen  Hauptlehrer 
Kirschenhofer,  die  Instrumentierung  teilweise  von  Gärtner.  Der 
letzten  Aufführung  der  Kreuzesschule  lag  wiederum  eine  vollständig 
neue  Arbeit  zu  Grunde.  Ein  auf  meine  Veranlassung  durch  den 
Oberammergauer  „Liederkranz"  veranstaltetes,  schön  und  edel  ge- 
haltenes Weihnachtsspiel  von  dem  ehemaligen  Stiftsprobst  Joseph 
Hecher:  „Hirten  und  Könige"  fand  1899  überaus  großen  Beifall 
und  lenkte  die  Aufmerksamkeit  auf  Hecher.  Diesem  wurde  dann 
die  Bearbeitung  der  neuen  Kreuzesschule  übertragen.  Hecher  schuf 
ein  dichterisch  hervorragend  schönes  Werk,  dem  in  den  drama- 
tischen Vorbildern  das  Leben  Davids  zur  Grundlage  diente.  Aus 
der  Volksdichtung  war  eine  bedeutende  Kunstdichtung  geworden; 
Stiftskanonikus  Professor  Wilhelm  Müller  schuf  dazu  eine  der  Dich- 
tung kongeniale  Musik.  Das  ganze  Werk  wuchs  weit  über  den 
Rahmen  eines  Volksspieles  hinaus  und  fand  durch  die  Daviddarsteller 
Andreas  und  (dessen  Sohn)  Theodor  Lang,  sowie  durch  die  hervor- 
ragende Ausstattung  und  Regie  seitens  des  Schnitzschul-  und  Spiel- 
direktors Ludwig  Lang  eine  Aufführung,  welche  geeignet  gewesen 
wäre,  das  Passionsspiel  in  den  Schatten  zu  stellen.  Das  Publikum 
zeigte  sich  aber  in  überraschender  Weise  zurückhaltend  im  Besuch; 
es  wollte  sich  den  großen  Eindruck  des  eigentlichen  Passionsspieles 
nicht  durch  ein,  wenn  auch  noch  so  gutes  Zwischen-  und  Konkurrenz- 
spiel vertauschen  lassen.  Der  Text  ist  erschienen  bei  Seyfried 
u.  Comp.,  München,  der  vollständige  Klavierauszug  bei  Längs  sei. 
Erben  in  Oberammergau.  Von  der  1875  er  .Kreuzesschule  existiert 
keine  Druckausgabe.  Proben  der  Kreuzesschultexte  von  1785,  1825, 
1875  und  1905  finden  sich  in  den  „Passionsdenkmälern".     Stiftsprobst 

—   45    — 


Hcchcr  starb  1918.  Müller  ist  noch  tätig  als  vorzüglicher  Sänger 
und  Komponist.  Besonders  erfreuen  sich  seine  Kinderlieder  großer 
Beliebtheit.  Allerseelen  1921  erlebte  ein  von  ihm  komponiertes 
schönes   Requiem   in   Oberammergau   seine    Uraufführung. 

Mit  Recht  konnte  ich  in  meinem  Führer  1900  sagen:  „Das 
Passionsspiel  ist  den  ganzen  Weg,  den  die  Poesie  gemacht,  treulich 
mitgegangen:  von  den  mittelalterlichen  Mysterien-  zu  den  Meister- 
singerspielcn,  von  da  zu  den  Barock-  und  den  Schäferspielen,  dann 
wieder  aufwärts  zum  Neuklassizismus  und  zur  Romantik,  es  ist  ein 
Stück  der  deutschen  Literaturgeschichte  und  wahrlich  nicht  das 
sei  il  echteste." 


uj^m 


—    46 


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4.  KAPITEL. 


Die  Passionsmusik 


So  lange  die  geistlichen  Spiele  Bestandteile  der  kirchlichen  Liturgie 
bildeten,  so  lange  bildete  der  kirchliche  Choral  von  selbst 
den  musikalischen  Teil  der  Darstellungen.  Und  als  die  Spiele  für 
sich  als  selbständige  Gebilde  in  und  außer  der  Kirche  ihre  Auf- 
führung fanden,  da  war  es  vorerst  auch  der  kirchliche  Choral,  der 
die  musikalische  Belebung  desselben  übernahm.  So  finden  wir  das 
„Pueri  Hebraeorum'*  und  „Gloria  laus  et  honor",  das  heute  noch  in 
den  katholischen  Kirchen  am  Palmsonntag  gesungen  wird,  schon 
im  Benediktbeurer  Spiel;  es  scheint  übrigens  auch  ein  vermutlich 
großer  Teil  des  deutschen  Textes  dieses  Spieles  gesungen  worden 
zu  sein;  die  zahlreich  vorkommenden  Kehrreime  lassen  bestimmt 
darauf  schließen.  Die  Reueklage  der  Magdalena  hat  die  Bemer- 
kung ,,cantando  flendo"  =  unter  Tränen  gesungen.  Auch  die 
Marienklagen  wurden  gesungen.  „Tunc  Maria  umplexetur  Johannen) 
et  cantet  eum  habens  inter  brachia."  „Dann  soll  Maria  den  Johannes 
umarmen  und  während  sie  ihn  in  ihre  Arme  geschlossen  hat,  singen: 
„Et  per  horam  quiescat  sedendo  et  iterum  surgat  cantus*  =  „Und 
eine  Zeit  lang  ruhe  sie  sitzend  und  erhebe  sich  dann  wieder  singend." 
„Tune  iterum  amplexetur  Johannes  et  cantat."  „Dann  soll  sie  wieder 
Johannes  umarmen  und  singen"  usw.  Der  Text  unterscheidet  streng 
zwischen    dicere    und    cantat    =    spricht    und    singt. 

Das  Greiffsche  Osterspiel  enthält  das  dreimalige  gesungene 
„Christus  ist  erstanden".  Erst  allmählich  wurden  die  Zwischen- 
pausen mit  Musik  ausgefüllt  und  größeren  Aufzügen  durch  Tuben- 
schall   und    Gesang    erhöhte    Feierlichkeit    gegeben. 

Im  Augsburger  Klosterspiel  fordert  beim  Kreuz  der  erste 
Scherge  die  Juden  auf:  „ir  luden,  allsampt  singent  Gymel!"  Die 
Regieangabe  sagte  weiter:  „Jetz  singend  die  luden  vnder  dem  creitz 
des  luden  gsang  halb  auß.  Die  weil  hebt  man  das  creitz  auf  .  .  ." 
Gymel  ist  der  dritte  Buchstabe  des  hebräischen  Alphabets;  somil 
dürfte  der  Judengesang  die  mit  diesem  Buchstaben  bezeichneten 
17—24  Verse  des  128.  Psalm  Davids  zum  Inhalt  gehabt  haben. 
Auch  bei  den  kirchlichen  Lamentationen  der  Chartage  findet  sich 
diese  Aufzählung.  Der  Gesang  dürfte  also  die  betr.  Lamentations- 
melodie haben.    Am  Grabe  Jesu  singt  der  Engel  das  „Exurge",  worauf 


47 


Jesus  bei  der  Auferstehung  mit  ,,Resurrexi"  antwortet.    Am  Schlüsse 
fordert   der   Prociamator  die   Zuschauer   auf: 

,,Und   singend    auch   alle   sambden 

gar   frölich    „Christ    ist    erstanden." 

Mehr  musikalische  Einlagen  finden  wir  in  der  sich  nicht  organisch, 
sondern  nach  Willkür  anschließenden  „hystori  aus  der  vorhall". 
Die  Heiligen  singen  den  Psalm:  ,,Benedictus  Dominus  Deus  Israel", 
der  Engel  singt:  „Tollite  portas!"  Lucifer  „antwurt  schreiend":  ,,Qius 

est  iste  rex  gloria!"    Der  Engel  singt:  „Dominus  fortis  et  potens  m 

prelio." 

„Die  Vätter  singend  Adventisti  etc."  und  später  knieend  „Exurge". 
„Der  Engel  tut  den  stain  hinweg  und  sitzt  darauf  und  sing! 
zu  dreymalen:  Surrexit  dominus  de  sepulchro."  „Und  die  Vätter 
antwurtend  vnd  singend:  Qui  pro  nobis  pependit  in  ligno."  Der 
Erzengel  Gabriel  singt  das  „Regina  coeli  laetare"   und  der  Saluator, 

das  ist  Christus  selbst:  „Salve  sancta  parens."    Wir  finden'  in  diesen 

Gesängen  lauter  Bestandteile  der  noch  heute  im  Gebrauch  stehenden 
Gesänge  der  verschiedenen  Auferstehungsritualien,  der  Charsamstag- 

vesper  und  Matutin. 

Der  alte  Meistersingertext  enthält  gar  keine  musikalischen  Ein- 
lagen, eine  ganz  interessante  finden  wir  aber  im  vereinigten  Kloster- 
und  Meistersingertext.  Dort  ist  nämlich  Christus  am  Kreuz  anheim- 
gestellt, die  Worte:  „Eloi,  Eloi  lama  sabachtani!  Hie  est  Deus 
meus,  Deus  meus,  quid  dereliquisti  me?"  zu  sprechen  oder  zu 
singen.  Für  den  Gesang  ist  eine  Melodie  in  Choralschrift  angegeben, 
ähnlich  dem  marianischen  Ita  missa  est.  (Siehe  Queri  Textaus- 
gabe 1662.). 

Anders  wurde  es  mit  der  Musik  zu  Rosners  Zeiten.  Trautmann 
schreibt:  „In  Rosners  Passion  spielte  die  Musik  neben  den  lebenden 
Bildern  und  den  dekorativen  Auszierungen  eine  hervorragende  Rolle 
im  Gegensatz  zum  Meistersingertexte  von  1662,  in  welchem  noch  keine 
Rede  davon  war.  Man  darf  eben  nicht  vergessen,  daß  Ettal  wie  die 
meisten  altbayerischen  Klöster  in  jenen  Tagen  eine  hervorragende 
Pflegestätte  der  Musik  gewesen  und  daß  unter  den  Konventualen. 
nicht  nur  Theaterdichter,  sondern  auch  tüchtige  Komponisten  zu 
finden  waren."  (Trautmann  nennt  besonders  die  Patres  Augustin 
Recher  und  Plazidus  Wildt.)  „Die  vielgestaltige  Verwendung  der 
Vokal-  und  Instrumentalmusik  war  im  siebzehnten  und  achtzehnten 
Jahrhundert  eine  Eigenart  des  Jesuitendramas  in  München  geworden." 

Bei  den  Spielen  1780—1800  fiel  der  Musik  die  wen'g  beneidens- 
werte Rolle  zu,  das  Bündnis  der  Laster  mit  dem  Teufel  gegen  den 
Erlöser  musikalisch  zu  illustrieren,  Hoffart,  Geiz,  Neid  und  der  Satan 
mit  seinem  ganzen  höllischen  Anhange  sangen  Arien  und  Chöre,  die 
den  musikalischen  Teil  des  Spiels  zu  einer  vollständigen  Renaissance- 
oper erweiterten.  (Siehe  Textbuch  1800  in  meinen  „Passionsdenk- 
mälern".) Clarus  schreibt,  daß  1850  noch  der  Darsteller  des  Luziter 
vom  Jahre  1800  gelebt  habe  als  schwacher,  aber  heiterer  Greis  und 
manchmal  den  Gesellschaften  um  ihn  seinen  damaligen  Höllengesang 
zum    besten    gegeben   habe. 

—    48    — 


Die  Musik  zu  dem  Magnus  Knipfelbergerischen  Text  schut  der 
Lehrer  von  Oberammergau,  Michael  Reiichard,  „der  schon*',  wie  der 
, Witwen-  und  Waisenfreund'  schreibt,  „damals  durch  zweckmäßigen 
Unterricht  in  den  Elementargegenständen  und  vorzüglich  in  der 
Musik  sich  einen  großen  Ruhm  erwarb,  daß  viele  Kinder  aus  weit 
entfernten  Gegenden  teils  seinem  Unterr.chte,  teils  seiner  besonderen 
Pflege   anvertraut   wurden."    Sein    Bildnis    (Fresko)    befindet   s:ch   auf 


Rochus  Dedler.  Komponist  der  Passionsmusik 

dem  Kirchenchor  in  Oberammergau  oberhalb  der  Orgel,  wie  er  an 
den  Stufen  eines  Altars  sitzt,  neben  sich  ein  Häflein  mit  der  Autschrift 
„Salute".  Er  nahm  nämlich  in  kalten  Winterszeiten  sein  warmes 
Kaffeehäflein  mit  in  die  Kirche  und  klopfte  schmunzelnd  daran  m.'t 
den  Worten:  „Das  ist  meine  Salute." 

Nach  seinem  Tode  1S02  wurde  die  Lehrer-  und  Chorregentensteüe 
einem  geborenen  Oberammergauer  übertragen,  dem  Wirts-  und 
Metzgerssohn    Rochus    Dedler. 


49 


Rochus  Dedler  ist  geboren  am  15.  Januar  1779.  Sein  Geburtshaus 
ist  1S17  abgebrannt;  an  dessen  Stelle  befindet  sich  nun  Haus  No.  72. 
Er  erhielt  seine  Ausbildung  als  Singknabe  und  Student  im  Kloster 
Rottenbuch  und  dann  im  Benediktinerseminar  in  München.  ■)  Hätte 
er  die  Musikerlaufbahn  betreten,  so  wäre  er  wohl  zu  emem  be- 
rühmten Namen  gekommen,  allein  er  wollte  in  Rottenbuch  ins 
Kloster  eintreten.  Als  ihm  aber  die  Lehrstelle  in  Oberammergau 
von  dort  aus  angeboten  wurde,  folgte  er  dem  Ruf  bciner  Heinial 
und  dem  Zug  des  Herzens,  da  ihm  die  Nachfolge  Reichards  ein 
großes  musikalisches  Gebiet  eröffnete.  Auch  hatte  er  auf  seinen 
Reisen  nach  München  in  Uffing  das  Töchterchen  des  Triftbeamten 
und  Hofkammersekretärs  Andreas  Sepp,  Josepha,  kennen  gelernt 
und  trachtete,  ihr  ein  Heim  zu  bieten.  Fast  zwanzig  Jahre  entfaltete 
er  als  Lehrer  wie  als  Chorregent  und  Passionsmusiker  in  Ober- 
ammergau eine  segensreiche  Tätigkeit,  bis  er  von  der  Lungensucht 
befallen  wurde  und  am  15.  Oktober  1822  bei  seinem  Bruder,  dem 
Pfarrer  von  Föhring,  wo  er  Erholung  suchte,  starb.  Sem  Sohn 
Johann  starb  1850  als  hochgeachteter  Lehrer  ohne  Le.beserben.  Seine 
Töchter  waren  vermählt  mit  dem  ehemals  bekannten  Judas-Darsteller 
Lechner  und  mit  dem  Schnitzer  Reiser  von  Oberammergau.  Frau 
Lechner  starb  früh.  Von  Reiser  sind  noch  mehrere  Nachkommen  in 
Oberammergau.  Von  den  Brüdern  Dedlers  war  einer  der  ehemalige 
Gastwirt  Dedler  zum  „Weißen  Lamm",  dessen  Nachkommen  heute 
noch  auf  der  Wirtschaft  sind,  und  von  einem  andern  stammt  die 
Zimmermeistersfamilie  Dedler.  Ein  Sohn  derselben  heißt  Rochus. 
Von  den  Gastwirtsleuten  Dedler  wurde  wieder  ein  Sohn  Lehrer 
und  starb  als  solcher  hochgeachtet  in  Ebersberg.  Dessen  Sohn 
heißt  auch  Rochus  Dedler  und  ist  ein  guttalentierter,  beste  Hoff- 
nungen erweckender  Musiklehrer  in  Landshut,  der  sicher  nochmal 
den   Namen    Rochus   Dedler   musikalisch   zu    Ehren   bringt. 

Was  Dedler  besonders  sympathisch  machte,  war  seine  tiefe 
Religiosität.  Wyl,  der  Verfasser  der  Maitage,  hatte  noch  ehemalige 
Schüler  Dedlers  kennen  gelernt,  welche  nurRühmenswertes  von  ihm 
berichteten.  Andreas  Bierling  erzählte  von  ihm:  ,, Jedes  Kind  hat 
ihn  geachtet,  geliebt  und  gefürchtet.  Alle  Abend  war  Rosenkranz, 
und  da  war  er  immer  dabei.  Nach  seinem  Schuldienst  hat  er 
immer  in  der  Kirche  gebetet.  Die  Passionsmusik  hat  er  anno  1814 
zu  komponieren  angefangen  am  Dreifaltigkeitstag,  und  da  hat  er 
gesagt:  ,, Jetzt  will  ich  anfangen."  Und  da  haben  seine  Kinder 
zuerst  beten  müssen.  Dedler  war  ein  Mann,  den  man  hat  lieben 
können,  gut  und  verständig,  in  der  Art  des  Daisenberger."  Ein 
solcher  Mann  ist  ob  seines  Charakters  allein  aller  Ehre  und  des 
besten    Andenkens    wert,    mag    man    nun    Stellung    zu    der    Passions- 


*)  Anton  Baumgartner  schreibt  im  Nationalblatt  1820:  „Der  Komponist  der 
Musik  ist  Herr  Rochus  Dedler,  Schullehrer  in  Oberammergau,  Bruder  des  verdienten 
Pfarrers  in  Oberföhring,  welcher  seiner  Zeit  für  den  12.  März  1799,  wo  unser  geliebter 
König  Maximilian  bey  dem  Regierungsantritte  seinen  ersten  Einzug  in  München 
durch  das  Karlstor  gehalten  hat,  die  Musik  zu  dem  feyerlichen  Empfange  durch  die 
bayerischen  Realämter  komponierte."  Aus  diesem  Satz  geht  nicht  klar  hervor, 
welcher  der  beiden  Brüder  die  betr.  Musik  komponiert  hat.  Nach  anderer  Lesung 
soll  Rochus  für  diese  Feier  eine  Festmusik  für  das  Benediktinerseminar  komponiert 
haben. 

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musik  einnehmen,  wie  man  will;  diese  muß  aber  denn  doch  für 
seine  Zeit  und  für  alle  Zeit  ein  nicht  unbedeutendes,  sondern  wohl 
einzuschätzendes   Werk   genannt   werden. 

Dedler  sang  selbst  die  Partie  des  Chorführers.  Das  National- 
blatt 1820  schreibt:  „Derselbe  hatte  zugleich  einen  sehr  geschickten 
Kollegen  an  seiner  Seite,  um  an  der  Spitze  des  mit  Kränzen  ge- 
schmückten Chores  das  Wort  zu  führen.  Die  Exekution  der  Musik 
geschah  durch  die  Musikfreunde  der  ganzen  Nachbarschaft,  Staats- 
diener, Pfarrer,  Schullehrer  und  andere  Musiker  und  Honoratioren 
in  einer  lobenswürdigen  harmonischen  Eintracht."  Demnach  scheint 
damals  die  Ortszugehörigkeit  nicht  so  strenge  gewahrt  worden 
zu  sein  wie  heute,  wo  kein  Auswärtiger  in  irgend  einer  Rolle  mit- 
wirken  darf. 

Man  braucht  nicht  gerade  der  enthusiastische  Verehrer  Dedlers 
zu  sein,  wie  Professor  Diemer,  der  berühmte  Kunstmaler,  der 
selbst  einer  Ammergauer  FamiHe  entstammt  und  dessen  Großvater 
Michael  und  Onkel  Johannes  den  Prolog  sangen,  um  doch  der 
objektiven  Wahrheit  Zeugnis  zu  geben,  daß  Dedler  mehr,  viel 
mehr  als  ein  zur  Mußezeit  sich  auf  dem  musikalischen  Pegasus 
tummelnder,  einfacher  Dorfkirchenorganist  war.  Sicher  hat  Diemer 
recht,  wenn  er  sagt,  daß  wir  von  Dedler  noch  gar  manches  be- 
deutende musikalische  Werk  zu  erwarten  gehabt  hätten  und  er 
gewiß  zu  den  besseren,  wenn  nicht  besten  Meistern  emporge- 
schritten wäre,  w^enn  ihn  nicht  des  Lebens  harte  und  umfangreiche 
Pflicht    festgehalten    und    frühzeitig    seine    Kräfte    aufgesogen    hätte. 

Mit  dem  Jahre  1814  hat  er  aber  nicht  erst  von  Anfang  an  mit 
der  Komposition  seiner  Passionsmusik  begonnen,  sondern  schon 
die  Musik  für  den  Passionstext  vom  Jahre  1811  des  Paters  Othmar 
Weis  geliefert.  Der  neue  Text  für  das  Spiel  1815  bedingte  eme 
neue  Musik  und  diese  begann  er  1814,  wie  Bierling  sagt.  Aus  der 
11  er  sind  das  „Brautlied"  und  der  „Tobiaschor"  auf  die  Musik 
für  1815  übergegangen.  Das  Halleluja  ist  ebenfalls  noch  erhalten, 
aber  nicht  in  der  gegenwärtigen  Passionsmusik,  sondern  im  Oster- 
halleluja,  das  immer  am  Charsamstag  in  der  Pfarrkirche  bei  der  Auf- 
erstehung aufgeführt  wurde.  Es  befindet  sich  also  unter  den 
Kirchenmusikalien. 

Aber  auch  diese  Musik  sollte  nicht  Dedlers  endgiltige  Fassung 
sein.  Im  Jahre  1817  hatte  Dedler  das  furchtbare  Unglück,  daß  bei 
dem  damaligen  großen  Dorfbrande  die  ganze  Passionsmusik  mitver- 
brannte, und  er  mußte  sie  von  neuem  beginnen.  1820  war  sie 
zum  dritten  und  letzten  Male  vollständig  fertig  und  sie  ist  heute 
noch  im  Wesentlichen  dieselbe.  Es  sind  verschiedene  Versuche 
gemacht  worden,  die  Musik  zu  verbessern  und  von  je  nach  Ge- 
schmacksrichtungen als  „Trivialitäten"  bezeichneten  Stellen  zu  reini- 
gen. Diese  Versuche  gelangen  nicht  immer  sehr  glücklich.  Schon 
im  Anfang  der  Siebzigerjahre  „verböserte"  Kapellmeister  C.  Hünn 
die  Musik.  In  den  Zeiten  des  Cäcilianismus  strengster  Observanz 
wendete  sich  besonders  Witt  gegen  dieselbe  und  forderte  eine  neue 
Musik  oder  gänzliche  Umarbeitung.  Cyrill  Kistler  schrieb  eine 
eigene  Broschüre  gegen  dieselbe  in  seiner  derb  zu-  und  angreifenden 
Art.      Von    Künstlerseite    und    von    der    Geistlichkeit    wurde    Ober- 

—   51    —  4* 


ammergau  zu  neuen  Aenderungen  an  der  Passionsmusik  gedrängt, 
die  unter  diesem  allseitigen  Druck  von  Lehrer  Gruber  und  Musik- 
meister Eduard  Lang  vorgenommen  wurden.  Zahlreiche  Stellen 
wurden  gestrichen,  was  jedoch  Cyrill  Kistler  nicht  hinderte,  seine 
Broschüre  mit  den  ahen  nicht  mehr  zur  Aufführung  gelangenden 
Notenbeispielen  1890  neu  herauszugeben.  1890  wurde  auch  von 
Max  Zenger  eine  vollständig  neue  Nummer  zwischen  Kreuzigung 
und  Grablegung  eingesetzt,  die  jedoch  in  reinstem  Bachstil  gehalten 
zu  der  Zopfmusik  Dedlers  absolut  nicht  paßte.  Für  1900  bemühte 
ich  mich,  als  damaliger  Lehrer  und  Musikdirigent  von  Oberammer- 
gau, im  Allgemeinen  den  Grundcharakter  der  Dedlerschen  Musik 
wieder  herzustellen  und,  wo  ich  den  Zusammenhang  zwischen  dem 
öfter  geänderten  Text  mit  der  Musik  nicht  mehr  gegeben  hielt, 
die  Stellen  durch  andere  aus  Dedlers  Werken  zu  ersetzen.  So  ent- 
stand unter  anderem  für  die  eingeschobene  Zengermusik  eme  neue 
Musiknummer,  hergenommen  aus  Motiven  der  Passionsmusik  und 
der  Oelbergmusiken.  Ich  wendete  mich  auch  in  einer  Broschüre 
über  die  Passionsmusik  (Verlag  von  Schnell-München)  gegen  deren 
Gegner,  worin  ich  neben  der  Zurückweisung  Kistlers  mir  besonders 
angelegen  sein  ließ,  nachzuweisen,  daß  die  Dedlersche  jMusik  weder 
durch  Bach,  Wagner,  noch  eine  cäcilianische  ersetzt  werden  kann, 
sondern  den  Grundcharakter  ihrer  Zeit  beibehalten,  als  musik- 
historisches Werk  bewertet  und  als  solches  möglichst  unangetastet 
erhalten  werden  muß.  Dr.  Otto  Maußer  hätte  sogar  eine  Liszt(!)- 
musik  dafür  gewünscht.  Professor  Zeno  Diemer  bestreitet  das 
Recht,  an  historisch  ehrwürdigen  Kompositionen  zu  ändern,  und 
verlangt  möglichst  die  volle  Wiederherstellung  der  Musik  Dedlers. 
Bei  aller  Hochachtung  für  die  warme  und  begeisterte  Verehrung 
Diemers  für  Dedler  und  dieselbe  in  weitgehendstem  Maße  teilend, 
möchte  ich  dennoch  bezweifeln,  ob  Dedlers  Andenken  damit  e'.n 
Dienst  geleistet  würde.  Dedlers  Musik  hat  Stellen,  die,  wenn  man 
sie  ganz  ohne  Streichungen  und  Aenderungen  wiedererwecken  würde, 
zu  seiner  Zeit  ganz  entschieden  vollwertig  waren  als  Kompositionen 
und  musikalische  Themen;  aber  die  Gegenwart,  der  nichts  heilig 
ist,  hat  gar  manches  Motiv  alter  Meister  in  schlimmem  Sinne  aus- 
genützt, travestiert  und  trivialisiert,  so  daß  das  Werk  heute  in  seiner 
schlichten,  naiven  Natürlichkeit  und  Ursprünglichkeit  nicht  mehr 
erkannt  und  nicht  mehr  die  Wirkung  ausüben  w^ürde,  die  es  zur 
Zeit  der  Entstehung  hatte,  sondern  eine  gegenteilige.  Die  Pietät 
verlangt  aber,  das  Andenken  eines  Meisters,  und  zu  denen  wollen 
und  dürfen  wir  Rochus  Dedler  sicher  rechnen,  vor  Mißverstehen 
und  Mißachtung  zu  bewahren.  Das  Passionspublikum  ist  nicht 
so  tiefklassisch  musikalisch  geschuh,  um  die  historische  Berech- 
tigung alter  Formen  in  allen  ihren  Auswirkungen  auch  aus  ihrer 
Zeit  heraus  zu  nehmen  und  zu  empfinden,  und  so  würde  eben  die 
Wirkung  einzelner  Stellen  aus  der  Passionsmusik,  die  gestrichen 
oder  geändert  würden,  eine  ganz  andere  auf  die  nur  subjektiv 
empfindende  Allgemeinheit  sein,  als  sich  ein  begeisterter  Anhänger 
der  historischen  Originalität  verspricht.  Das  waren  auch  die  Motive, 
die  den  Schreiber  dieses  bei  der  letzten  Bearbeitung  der  Passions- 
musik  leiteten. 


52    — 


Der  gegenwärtige  Musikdirigent  von  Oberammergau,  Lehrer 
Wittmann^  ein  vorzüglicher  Musiker,  der  Dedler  in  seiner  Broschüre 
über  die  Passionsmusik  auch  mit  voller  Sympathie  behandelte,  hat 
in  eben  diesem  Sinne  an  der  Passionsmusik  gearbeitet.  Sein  haupt- 
sächlichstes Werk  galt  der  Verstärkung  der  Instrumentierung,  die 
durch  die  Raumverhältnisse  des  Theaterbaues  vordringlich  wurde.  Am 
Grundcharakter  der  Musik  hat  er  nichts  geändert.  Schre'ber  dieses 
kann  in  diesen  Beziehungen  seine  Tätigkeit  nur  anerkennen,  wenn 
er  sich  auch  nicht  verhehlt,  daß  allerdings  durch  die  stärkere  In- 
strumentierung und  durch  die  von  Herrn  Wittmann  teilweise,  z.  B. 
bei  der  Ouvertüre,  vorgenommenen  langsameren  Tempo  manche 
Stelle  an  dem  stilgemäßen,  leichtflüssigen  Schwung  verliert.  Es  fragt 
sich  aber,  ob  dieser  Eindruck  für  den  Nichtmusikhistoriker  wirksam 
und  ausschlaggebend  sein  dürfte.  Die  Allgemeinheit  hat  sich  ein- 
mal daran  gewöhnt,  alles  Tragische  und  Ernste  in  schwerem,  lang- 
samen Zeitmaß  illustriert  zu  sehen.  Das  gibt  auch  der  musikalischen 
Interpretation  Wittmanns  ihre  Berechtigung. 

Es  dürfte  überhaupt  schwer  möglich  sein,  die  P  a  s  s  i  o  n  s  - 
m  u  s  i  k  in  ihrer  vollen  Ursprünglichkeit  wieder  herzu- 
stellen, denn  die  Originalpartitur  Dedlers  ist  leider  in  den  siebziger 
Jahren  verloren  gegangen.  Man  hat  Verdacht,  daß  sie  nach  England 
verhandelt  worden  sei;  von  wem,  läßt  sich  nicht  stichhaltig  er- 
weisen. Die  verdienstvolle  Kopie  der  Partitur  von  Lehrer  Gutsiel 
enthält  schon  die  Aenderungen  und  die  Abschrift  des  leider  viel 
zu  früh  gestorbenen  Dirigenten  der  Ammergauer  Harmoniemusik 
Ferd.  Rutz  ebenso  schon  die  gegenwärtige  Lesung.  Also  ist  das 
Original  nicht  mehr  zu  einer  Rekonstruierung  heranzuziehen;  damit 
wird  sie  von  selbst  undurchführbar.  Gegenwärtiges  Buch  möchte, 
falls  es  dem  jetzigen  Besitzer  oder  Auffinder  der  Originalpartitur 
in  die  Hände  käme,  an  dessen  Gerechtigkeitssinn  und  Hochherzigkeit 
appellieren  und  ihn  zur  Rückgabe  des  verlorengegangenen  Werkes 
an  die  Gemeinde  Oberammergau  veranlassen,  womit  er  sich  dort 
ein   bleibendes   Andenken   verschaffen  würde. 

Professor  Diemer  hat  unstreitig  große  Verdienste  um  das  Ge- 
dächtnis Dedlers.  Mit  großem  Eifer  hat  er  die  drei  Oelbergmusiken 
Dedlers,  die  heute  noch  alle  Jahre  in  Oberammergau  m  der  Fasten- 
zeit aufgeführt  werden,  ins  Reine  geschrieben.  Von  der  Passions- 
musik fand  er  bis  jetzt  nur  eine  Tenorstimme,  welche  zur  Rekon- 
struktion des  Originals  nicht  ausreicht.  Außerdem  gelang  es  ihm, 
mehrere  andere  Kompositionen  Dedlers  ausfindig  zu  machen,  darunter 
eine  vollständige  Symphonie  und  eine  große  Festmesse.  Jedermann, 
der  noch  Kompositionen  Dedlers,  geschrieben  oder  gedruckt,  in  Besitz 
hat,  würde  dem  Andenken  Dedlers  eine  große  Ehre  erweisen, 
wenn  er  sie  entweder  Herrn  Professor  D  i  e  m  e  r  -  München,  Leo- 
poldstraße 141  oder  an  Schreiber  dieses,  Hauptlehrer  Feldigl  in 
Fürstenfeldbruck,   zur   weiteren    Bewertung   senden    würde. 

Oberammergau  wahrt  seine  Passionsmusik  wie  ein  Kleinod. 
Die  Partituren  Gutsiels,  meine  abgeänderten  Partituren  und  die 
neuen  Abschriften  Eduard  Längs,  bezw.  von  Ferd.  Rutz  und  Witt- 
mann   sind    fest    verwahrt    im    eisernen    Passionsschrank    in    Ober- 

—    33    — 


ammergau,    ebenso    die    Stimmen    und    kommen    nur    heraus,    soweit 
sie  für  die   Proben   nötig   sind. 

Das  Andenken  Dedlers  wird  auch  sonst  hoch  in  Ehren  gehalten; 
Beweis  hiefür  ist  das  schöne  Denkmal,  das  ihm  Oberammergau  im 
Gottesacker  setzte.  Im  Mai  1920  feierte  Oberammergau  das  hundert- 
jährige Bestehen  der  Passionsmusik  in  überaus  würdiger  Weise. 
Der  Vorstand  des  Männergesangvereins  Steidle  und  Professor  Diemer 
hielten  Ansprachen,  ein  Bildnis,  von  letzterem  und  eines  von  Georg 
Lang  gemalt,  zierten  die  Bühne  des  Uebungstheaters.  Alle  musikalischen 
Kräffe,  Kirchenchor,  Gesang-  und  Orchesterverein  wirkten  zusammen, 
um  das  Fest  möglichst  würdig  auszugestalten,  und  als  die  alten, 
wohlbekannten  Klänge  des  „Gut  ist  der  Herr"  und  „des  Aufer- 
stehungschores" ertönten,  da  saßen  unten  im  Zuhörerraum  m  An- 
dacht und  Erinnerungen  versunken  die  Spielveteranen  und  -Vete- 
raninnen und  in  manches  Auge  stahl  sich  eine  Träne. 

Das  Schlußhalleluja  wird  alljährlich  in  der  Pfarrkirche  zur  Aut- 
führung gebracht,  das  noch  ältere  Halleluja  von  1815  wird  am 
Charsamstag  in  der  Pfarrkirche  aufgeführt,  der  Chor  „Heil  dir, 
Heil  dir,  o  Davidssohn"  am  Palmsonntag.  Das  „Heil  dir"  und 
„das  Brautlied"  wurden  zuerst  von  Wyl  in  seinen  „Maitagen"  heraus- 
gegeben und  dann  in  Maußers  Othmar  Weiß-Buch  und  verschiedenen 
Führern  einfach  nachgedruckt;  der  Palmeinzug  findet  sich  auch  in 
der  Sammlung  „Frau  Musika".  Sonst  ist  nichts  Zusammenhängendes 
von  der  Musik  vorgedruckt. 

Die  Passionsmusik  dürfte  den  Umfang  von  fast  zwei  alten 
Barockopern  haben  mit  großen  Chören  und  Solis.  Wenn  sie  auch 
nicht  übermäßige  Schwierigkeiten  bietet,  bedarf  sie  doch  emer 
eingehenden  gewissenhaften  Einstudierung.  Diese  war  seit  Dedlers 
Zeiten  Ehrenaufgabe  des  jeweiligen  Lehrers;  er  hat  überhaupt  die 
amtliche  Pflicht,  die  Jugend  musikalisch  zu  schulen.  Mit  Antritt 
des  Schuldienstes  übernimmt  er  die  amtliche  Verpflichtung,  den 
musikalischen  Unterricht  an  der  Schule  zu  leiten  und  seine  musikalische 
Kraft  voll  und  ganz  für  das  gemeindliche  Uebungstheater  und  für  die 
musikalische  Vorbereitung  des  Passionsspieles  zur  Verfügung  zu 
stellen.  Außerdem  ist  mit  dem  Schul-  auch  der  Chordienst  ver- 
bünden, der  den  betreffenden  Lehrer  reichlich  in  Anspruch  nimmt. 
Bereits  wird  aber  aus  Passionsmitteln  ein  Fond  angesammelt  zur 
Aufstellung  eines  eigenen  Chorregenten.  Bei  feierlichen  Gottes- 
diensten zählt  der  Chor  40— QO  Kräfte  und  stellt  höhere  Ansprüche 
an  den  Dirigenten  als  manche  Stadtchorleitung.  Aus  diesen  Grün- 
den kann  in  der  Regel  auch  immer  nur  ein  Lehrer  angestellt  werden, 
der  sich  bei  der  staatlichen  Anstellungsprüfung  und  in  seinem  frühe- 
ren Wirkungskreis  bereits  als  guter  Musiker  erwiesen  hat.  1870 
dirigierte  Lehrer  Gutsiel,  dem  die  Partituren  seiner  Zeit  in  wunderbar 
schön  geschriebenen  Duplikaten  zu  danken  sind,  1871  und  1880 
Kirschenhofer,  der  auch  die  Musik  zur  Kreuzesschule  zusammenstellte 
und  in  Schongau  starb,  1890  Lehrer  Gruber,  der  ein  Jahr  darauf  tief 
betrauert  von  der  ganzen  Gemeinde  mit  seiner  Gattin  an  der  Lungen- 
schwindsucht dahingerafft  wurde.  Von  1891  bis  1902  wirkte  ich  als 
Lehrer  in  Oberammergau,  1900  als  erster,  der  Harmoniemusikmeister 
Eduard     Lang    als    zweiter    Dirigent    der    Passionsmusik.     Ich    darf 

—    54    — 


heute  noch  einen  großen  Teil  der  Spieler  und  Musiker  zu  meinen 
Schülern  zählen.  1898  wurde  mir  von  der  Gemeinde  der  ehrenvolle 
Auftrag  zu  teil,  die  Musik  einheitlich  zu  bearbeiten  und  stammt  die 
Bearbeitung  in  ihrer  gegenwärtigen  schon  besprochenen  Form  größ- 
tenteils noch  von  mir.  Ich  lieferte  auch  für  die  Uebungsspiele  „Esther 
und  Mardochäus"  von  Steigenberger  und  „Sebastian"  von  E.  Rings- 
eis die  Musik,  ebenso  zum  Wolframfestspiei  Kraliks  für  Eschenbach 
zum  Passionsspiel  in  Waal  u.  a.  zu  mehreren  kleineren  Volksstücken. 
Von  einem  Teil  meiner  Lieder  darf  ich  wohl,  ohne  unbescheiden  zu 
sein,  behaupten,  daß  sie  zu  Volksliedern  geworden  sind;  dazu 
glaube  ich  rechnen  zu  dürfen:  „Das  Lied  von  der  Jachenau",  „Laßt 
mir   die    Heimat!"    und    das    Burschenlied    „Mein    Reichtum". 


Hauptlehrer  Ludwig  Wittmann,  Passionsmusik-Dirigent. 

Der  rechte  Mann  am  rechten  Platz  ist  jetzt  Herr  Lehrer  Ludwig 
Witt  mann,  geb.  29.  April  1875  in  Ochsenfeld  in  Mittelfranken, 
der  heute  noch  als  Lehrer,  Chorregent  und  Dirigent  des  Passions- 
spieles in  Wirksamkeit  ist.  Er  absolvierte  das  Lehrerseminar  in 
Eichstätt  und  besuchte  dann  die  Akademie  der  Tonkunst  in  München; 
seit  1.  Oktober  1906  ist  er  in  Oberammergau  und  dirigierte  schon 
1910  die  Passionsmusik.  Ein  vorzüglicher  Musiker,  verfügt  er  über 
große  Technik  im  Orgelspiel  und  eine  sehr  sympathische  Bariton- 
stimme; er  ist  ein  feinfühliger  Dirigent,  dabei  aber  auch  unbeugsam 
energisch   und  streng. 


—   55 


Ich  habe  mich  bemüht,  durch  Vorträge  über  Leben  uiitf 
Werke  klassischer  und  moderner  Meister,  sowie  durch  niusi- 
kahsche  Interpretationen  und  darauf  aufgebauter  instruktiver 
Konzcrtveranstaitunoen  den  Sinn  für  Schönes  und  Großes  zu 
erweitern  und  zu  befruchten  und  damit,  wie  ich  mir  wohl  zugute 
halten  darf,  den  Boden  vorbereitet,  auf  dem  meine  Nachfolger,  be- 
sonders Wittmann  und  die  jüngeren  Herren  Lehrer  weiter  gebaut 
haben.  Jüngere  Musikkräfte  sind  auch  in  die  Welt  hmausgekommen 
zu  den    Bayreuther  und    Münchencr   Festspielen,   haben   beun   Militär 

sich  als  Musiker  weiter- 
gebildet, im  Orte  selbst 
wurden  durch  Lehrer 
Wittmann,  im  Männerge- 
sang- und  Orchesterverein 
mehr  und  mehr  gute,  ge- 
wählte Musik  gepflegt. 
So  hörte  ich  in  Ober- 
ammergau nicht  nur  Mo- 
zartsche  Streichquartette, 
sondern  ganze  Sympho- 
nien. Beim  Dedlerjubi- 
läum  w^urde  eine  Schubert- 
symphonie in  Original- 
besetzung aufgeführt,  am 
15.  August  1921  mit  über 
ICOMitwirkenden die  große 
Krönungsmesse  Mozarts; 
dieselbe  wurde  bei  der 
Installation  des  neuen 
Pfarrers  Oktober  1921 
wiederholt.  Die  Auffüh- 
rungen der  Musik  zu 
Athalia  von  Mendelssohn 
und  Samson  von  Händel 
wirkten  befruchtend,  viel- 
leicht auch  nicht  ganz  er- 
gebnislos meine  Musik 
zu  Esther  und  Sebastian. 
Und  so  hob  sich  das  all- 
gemeine musikalische  Ni- 
\eau  wesentlich  und  wird 
auch  durch  fleißige  Pflege 
der  Hausmusik  v.eiter  ge- 
fördert. Es  ist  fast  kein 
Musikinstrument,  in  den  meisten 
Das  enge  Zusammenwirken  des 
bei    feierlichen 


Jakob  Rutz,  Ehren-Chorfiihi 


Haus  in  Oberammergau  ohne 
Häusern  finden  wir  Klaviere.  uas  enge 
Kirchenchors,  Männergesang-  und  Orchesterxereins 
Gelegenheiten  hat  in  den  letzten  Jahren  zu  schönen  Erfolgen  geführt; 
ja  diese  könnten  noch  gesteigert  werden,  wenn  es  noch  fester  ge- 
staltet werden  könnte,  was  nur  zu  wünschen  wäre,  wenn  auch  ander- 
seits zugegeben  sein  soll,  daß  gerade  in  der  Rivalität  der  Ansporn  für 
gehobene  Leistungen  liegt.    Vereinte  Kräfte  erreichen  aber  doch  das 


56 


Beste  und  das  ist  für  Oberammergau  gut  genug,  denn  man  hat  sich 
schon  einmal  daran  gewöhnt,  auch  in  dieser  Hinsicht  mit  hochge- 
schraubten  Voraussetzungen   nach  Oberammergau   zu  kommen. 

Ständige  fleißige  Uebungen  und  Produktionen  kommen  auch 
dem  Passionschor  zu  statten.  Im  Jahre  1890  zählte  derselbe  nur 
25  Gesangskräfte,  1900  35,  1910  40,  heute  wiederum  40;  eme  weitere 
Vermehrung  ist  wegen  des  Raumes  der  Theatervorbühne  unmöglich. 
Die  Aufstelhuig  ist:  Sopran  12,  Tenor  8,  Prolog,  Chorführer,  Baß  7, 
Alt  12. 


Der  Gesangschor 


Von  den  Solokräften  fehlt  der  treffliche  Tenorist  Paul  Mayr, 
welcher  1918  in  einem  Heimatlazarett  an  der  Grippe  starb.  Die  Tenor- 
solopartie ist  meistens  die  einzige  aktuelle  Rolle,  die  nicht  von  Orts- 
eingeborenen bestritten  wird;  wenn  die  Tenöre  so  leicht  vorkämen, 
würde  man  sie  nicht  an  Berufsbühnen  mit  Vermögen  bezahlen,  inso- 
ferne  waren  aber  doch  auch  von  jeher  die  Ortstenorsolisten  Em- 
heimische,  weil  sie  aus  den  jüngeren  Ortslehrern  ausgewählt  werden 
und  solche  eigens  von  der  Regierung  ob  ihrer  gesanglichen  Ver- 
wendbarkeit nach  Oberammergau  berufen  werden.  Einen  Veteranen 
des  Sängerchores  sehen  wir  noch  auf  der  Bühne,  Jakob  Rutz,  den 
trefflichen  Nachfolger  von  Johannes  Diemer  als  Ehren-Chorführer; 
schon  1870  stand  er  zum  erstenmal  im  Sängerchor,  1880  alternierte 
er  mit  Johannes  Diemer  als  Chorführer,  1890  und  1900  sowie  1910 
erwies  er  sich  bleibend  in  dieser  Stellung  als  erste  Kraft  und  wenn 
auch  das  Alter  nicht  spurlos  an  ihm  vorübergegangen  sein  kann,  so 
verfügt  er  heute  noch  über  ein  in  diesen  Jahren  selten  gutes  Organ. 
Das  Passionskomitee  hat  eine  Ehrenpflicht  erfüllt,  indem  es  ihn 
wieder  in  den  Chor  wählte.  Seine  Tochter  Mathilde  ist  allen  Be- 
suchern des  Passionsspieles  1900  in  bleibender  Erinnerung  als  Sängerin 


des  Brautliedes.    Sie  ist  heute  glückliche  Gattin  des  Christusdarstellers 
Anton   Lang. 

Als  C  h  o  r  f  ü  h  r  e  r  wurde  einstimmig  Guido  D  i  e  m  e  r  ge- 
wählt. Eine  glücklichere  Lösung  der  Chorführerfrage  konnte  nicht 
getroffen  werden  sowohl  vom  traditionellen  als  musikalischen  Stand- 
punkte. Vom  traditionellen:  Ist  Guido  Diemer  doch  ein  Urenkel  Michael 
Diemers,  des  früheren  Bürgermeisters  von  Oberammergau,  der  schon 
1840  und  1850  in  mustergültiger  Weise  den  Prolog  mit  dem  Chorführer 
in  sich  vereinigte.  Michael  Diemers  drei  Kinder  Johannes,  Theodor 
und  Elisabeth  sangen  an  seiner  Seite  als  Schutzgeister  mit.  Dessen 
Sohn  Johannes  dürfte  noch  älteren  Passionsbesuchern  von  1860 — 1880 
her  in  bester  Erinnerung  sein  als  Chorsänger  und  Prologus  von 
prachtvoller  Gestalt  mit  gottbegnadeter  Stimme.  Dessen  jüngerer 
Bruder  Josef  wendete  sich  dem  Bauwesen  zu,  er  war  der  Erbauer 
mehrerer  Münchener  Straßen  und  zog  sich  m  seinem  Alter  nach 
Oberammergau  zurück,  wo  er  in  dem  Hause  unter  der  ehemaligen 
Hillernvilla  verstarb.  Aber  auch  er  hatte  eine  musikalische  una 
dichterische  Ader;  von  ihm  stammen  die  ,,Ammergauer  Gstanzln" 
mit  ihren  humorvollen  Alliterationen,  die  Dreher  so  oft  zum  Vortrag 
brachte.  Sein  Sohn  ist  Professor  Zeno  Diemer,  der  seine  ganze 
Jugendzeit  in  Oberammergau  zubrachte  und  mit  Leib  und  Leben  Ober- 
ammergauer  ist,  der  Verteidiger  Dedlers,  der  hervorragende  Alpen- 
und  Nordlandsmaler.  Dessen  dritter  Sohn  nun  ist  Guido  Diemer,  der 
3.  Chorführer  aus  dem  Geschlechte  der  Diemer.  Er  ist  geboren  in 
München  im  Jahre  1894  und  studierte  dort;  seine  Ferienzeiten  brachte 
er  regelmäßig  mit  seinen  Brüdern  in  Ammergau  zu.  Seine  Mutter 
ist  Frau  Hermine  Diemer,  die  das  bei  Schnell  erschienene  Pracht- 
werk über  Oberammergau  schrieb,  einer  Tochter  der  Dichterin 
Frau  von  Hillern,  welche  nach  dem  Passionsspiel  1880  bis  nach  1910 
ihren  Wohnsitz  in  Oberammergau  nahm  und  dort  begraben  liegt. 
Guido  Diemer  ist  also  mit  Leib  und  Seele  gute  Oberammergauer 
Art;  er  ist  aber  auch  ein  Sänger  von  besten  Qualitäten.  Er  machte 
vom  Gymnasium  weg  den  Weltkrieg  mit  und  wurde  wie  sein  ältester 
Bruder  Fliegeroffizier;  nach  dem  Kriege  aber  wendete  er  sich 
Gesangsstudien  zu.  Er  hat  eine  tragfähige,  volle  Stimme,  deutliche 
Aussprache,  dramatischen  Vortrag,  eine  echte  Diemerstimme,  mit  der 
er  sicher  allgemein  Aufsehen  erregen  wird.  Mehrmals  wirkte  er 
in  Oberammergau  auf  dem  Kirchenchore  mit  so  z.  B.  als  seine  Groß- 
mutter dort  zu  Grabe  gebettet  wurde,  wohin  ihre  Leiche  nach  meh- 
reren Jahren  überführt  wurde.  Dadurch  wurde  man  aut  ihn  auf- 
merksam und  man  lud  ihn  ein  zum  Probesingen  und  er  sang  auf 
der  Uebungsbühne  das  erste  Rezitativ  aus  der  Passionsmusik.  Das 
Resultat  war  einstimmige  Wahl  zum  Chorführer.  Man  kann  Ober- 
ammergau nur  zu  dieser  Wahl  gratulieren.  Als  Ersatz  für  ihn  bei 
allenfallsiger  Heiserkeit  kommt  neben  dem  Ehrenchorführer  Rutz 
in  Betracht  der  Schnitzer  Josef  Reiser,  ein  ehemaliger  Schüler  von 
mir,  geb.  1882.  Seine  Großmutter  war  eine  Schwester  von  Lehrer 
Dedler,  seine  Mutter  1890  Altsolistin.  Lehrer  Wittmann  hat  seine 
spezielle   stimmliche   Ausbildung  nach   Möglichkeit   durchgeführt.    Als 

—   58    — 


Sängerinnen  des  hohen 
Liedes  kommen  in  Be- 
tracht die  Hauptlehrers- 
tochter Hildegard  Witt- 
mann und  die  Schneider- 
meisterstochter Josepha 
Leiß,  außerdem  für  Solls 
als  Altsängerinnen  Lucie 
Lang,  Klara  Lang  und 
MariaKratz,  alsTenoristen 
die  Herren  Lehrer  Feld- 
meier und  Gottschaller, 
als  Bassisten  die  eben  ge- 
nannten Herren  Diemer 
und  Reiser  mit  Vater  Ja- 
kob  Rutz. 

Die  erste  Vorbildung 
für  Gesang  und  im  Violin- 
unterricht geschieht  durch 
die  von  der  Gemeinde 
honorierten  Musikunter- 
richtsstunden, welche  der 
erste  Lehrer  hält.  Die 
Ausbildung  in  den  Blas- 
instrumenten geschieht 
durch  den  Musikmeister 
der  Harmoniemusik.  Be- 
sonders verdient  um  die- 
selbe hatte  sich  Musik- 
meister Eduard  Lang  ge- 
macht, 1900  2.  Dirigent, 
der  auch  die  Blasinstru- 
mente tür  meine  Abände- 
rungen arrangierte  und 
die  Stimmen  und  die  Par- 
titur hierfür  neu  schrieb.  Eduard  Lang  starb  im  September  1910.  Sein 
Nachfolger  wurde  mein  ehem.  Schüler  Ferd.  Rutz,  ebenfalls  ein  über- 
aus tüchtiger  Musiker  und  Arrangeur.  Er  unterstützte  Lehrer  Witt- 
mann bei  der  vollen  Instrumentierung  der  Passionsmusik  für  1910  und 
schrieb  auf  Grund  derselben  eine  neue  Partitur.  Leider  wurde  er  als 
Kriegsteilnehmer  lungenleidend  und  starb  1919  in  seiner  Heimat. 
An  seine  Stelle  trat  der  Bildschnitzer  Wilhelm  Friesenegger,  geb.  1893, 
ein  Schüler  Wittmanns.  Weitere  Ausbildung  brachte  ihm  seine  mih- 
tärische  Dienstzeit  in   Freising  und   Kempten. 

Das  gegenwärtige  Passionsorchester  wird  sich  voraussichtlich 
folgendermaßen  zusammensetzen:  L  Violine  7,  II.  Violine  11,  Viola  5, 
Cello  3,  Kontrabaß  4,  Flöte  2,  Klarinett  3,  Oboe  2.  Fagott  1,  Hörn  2, 
Trompeten  2,  Posaunen  3,  Pauke  2.  Auch  in  den  Reihen  der  Musiker 
hat  der  Tod  Lücken  gerissen.  So  fehlt  der  treffliche  Erstviolinist 
Hermann  Schilcher,  der  Bläser  Zwink.  Vater  Tobias  Zwink  sitzt  noch 
immer  als  Spielveteran  am  1.  Violinpult. 


Wilhelm  Friesenegger,  A\usikmeister 


59 


Die  Harmonicniusik  setzt  sich  aus  33—40  Mann  zusammen; 
sie  ist  durch  Fricscnegger  gut  geschult  und  macht  den  Eindruck  einer 
vollen  Regimentsmusik.  Beim  Spiel  1910  konzertierte  sie  am  Vorabend 
beim  Rathausc;  diesesmal  will  sie  wieder  zu  dem  alten,  viel  populärer 
gewesenen  Brauch  des  „Zapfenstreiches"  zurückkehren,  der  am  Vor- 
abend um  die  Zeit  des  Gebetläutens  durch  die  Straßen  zieht.  Eme 
groHe  Bewegung  ging  dabei  immer  durch  das  Dorf;  auf  allen  Stralk  ii 
standen  die  Leute  oder  winkten  von  den  Fenstern  herab,  voran  und 
hintennach  marschierten  meistens  ländliche  Passionsgäste,  Männlein 
und  Weiblein  in  ihrer  Heimatstracht,  die  dann  des  öfteren  Ausländer 
verleitete,  sie  für  die  Ortstracht  zu  halten.  Es  ist  nur  ertreulich,  wenn 
dieser  Ortsbrauch  wieder  aufsteht.  Die  Musiker  tragen  alle  gleich- 
mäßige graue  Jägergewandung,  die  schon  Steub  und  Görres  1840 
besser  gefallen  hätte,  als  die  Anzüge  über  die  sie  klagen;  damals 
trugen    nämlich    die    Musiker    schwarze    Fräcke    und    weiße    Hosen. 

Alles  in  allem  lassen  auch  die  Vorbereitungen  der  Musik  und  der 
Fleiß   und   das   Können    ihrer   Leiter   auf   ein   gutes   Gelingen   hoffen. 


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Dorfmusik 

60    — 


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SCHIFFSPASSAGEN 

EISEN  BAHN  FAHR  KARTEN 
RUNDREISEHEFTE 
FAHRSCHEINHEFTE 

SCHLAFWAGENPLÄTZE 


AMTLICHE  GEPÄCKBEFÖRDE- 
RUNG UND  ABFERTIGUNG 


GEPÄCKVERSICHERUNG,  FLUG- 
UND  UNFALLVERSICHERUNG 


GELDWECHSEL 

VERMIETUNG  V.AUTOMOBILEN 

RUND-,  FERN-,  REKLAMEFLUGE 


AUSKÜNFTE   UND    DRUCKSACHEN    DURCH    DIE    REISEBÜROS 
UND    VERTRETUNGEN    DER 

HAMBURG-AMERIKA  LINIE 

AN    ALLEN    GRÖSSEREN    PLATZEN 

IN    MÜNCHEN:    GESCHÄFTSSTELLE   ARCiSSTR.9 
IN  BAYREUTH:  F.ZEYSS,  B  ü  R  G  ER  R  EUTHERSTR.  3 


i 


5.  KAPITEL. 

Die  Ausstattung  des  Spiels. 

Im  Kapitel  über  die  Passioiistexte  ist  dargelegt,  daß  die 
erste  Bühne  für  die  geistlichen  Spiele  nichts  anderes 
war  als  der  Altar.  Die  Gestalt  des  gotischen  Altares  zeigt 
uns  direkt  seine  Verwendung  zu  bildlichen  Darstellungen 
der  Evangelien;  wenn  das  betreffende  Tagesevangelium  ge- 
lesen wurde,  öffneten  sich  die  Flügeltüren  und  zeigten  im 
Bild  das,  was  die  heilige  Schrift  im  Wort  verkündete.  Aus 
den  bildlichen  und  rein  evangelischen  Darstellungen  wur- 
den liturgische  und  zum  Schlüsse  dramatische.  Lange  Zeit 
blieb  trotz  aller  Kirchenverbote  die  Kirche  selbst  die  Weih- 
nachts-  und  Osterbühne. 

Das  ganze  Osterspiel  von  Sankt  Ulrich  hatte  mit  seiner 
Einflechtung  von  lateinischen  Kirchengesängen  das  Gepräge 
einer  kirchlichen  Feier.  Haupt-  und  Seitenaltäre,  Kirchen- 
stühle und  Kanzel  mögen  auch  beim  eigentlichen  Passions- 
spiele bislange  die  Bühneneinrichtung  ersetzt  haben.  Als 
eine  solche  zur  Anwendung  kam,  war  es  auch  wahrscheinlich 
noch  keine  Wechselbühne.  Das  Augsburger  Klosterspiel 
kennt  keine  Einteilung  in  Akte  und  die  verschiedenen  Auf- 
tritte bei  dem  Abendmahle,  im  Hause  Kaiphas,  beim  hohen 
Rat,  bei  Pilatus  usw.  sind  so  ineinander  geschachtelt  und 
folgen  so  unmittelbar  auf  einander,  daß  kein  Nacheinander 
der  Darstellung,  sondern  nur  ein  Nebeneinander  möglich 
erscheint.  So  „stat  Judas  auf  und  lauft  zu  der  judenrat,  die 
findt  er  versamelt  in  cayphas  haws  und  spricht:  .  .  ."  Dann 
geht  das  Abendmahl  weiter.  Später  „gat  Judas  mit  der 
schar  und  dem  rat  .  .  .  und,  so  er  auf  das  halbteil  kumpt,  so 
stat  der  Saluator  (d.  i.  Christus,  Salvator)  am  ölberg  auf.^' 
Es   ist   anzunehmen,   daß   also   die   Spieleinrichtung  mehrere 


61 


Teile  hatte;  eine  Vorbühne  für  die  Vorgänge  im  Freien, 
eine  Hauptbühne  für  interne  Szenen,  dann  eine  eigene  Seiten- 
bühne für  den  Hohen  Rat,  das  Kaiphas-  und  Pilatushaus, 
im  allgemeinen  also  schon  die  heutige  Einrichtung.  Das 
Meistersingerspiel  hat  schon  eine  Einteilung  in  Akte,  was 
bereits  ein  literarisches  Gesetz  geworden  war,  aber  auch 
auf  Bühnenveränderungen  in  den  Zwischenpausen,  also  zum 
erstenmal  auf  ein  Nacheinander  in  der  Bühneneinrichtung 
schließen  läßt.  Die  Spielanweisungen  unterscheiden  zwi- 
schen „geht  ein^^  und  „geht  ab''.  Das  „geht  ein''  bedeutet, 
sich  auf  die  Bühne  zu  begeben;  da  es  öfter  auch  auf  schon 
sprechende  Personen  angewendet  wird,  so  werden  sich  diese 
von  der  Vor-  auf  die  Hauptbühne  begeben  haben;  das  „geht 
ab"  bedeutet  Verlassen  der  Bühne.  Pater  Expedit  Schmidt 
berichtet  in  seinem  preisgekrönten  Werke:  „Die  Bühnen- 
verhältnisse des  deutschen  Schuldramas"  über  die  Bühnen- 
anlagen des  Mittelalters  und  die  aufgeführten  Stücke,  daß 
sie  „mit  großem  Apparat  und  Zubereitung  öffenÜich  agiert 
wurden."  Ihm  ist  für  die  planmäßige  Darlegung  der  Bühnen- 
entwickelung  im  Mittelalter  ein  wesentliches  Verdienst  zu- 
zuschreiben. In  einer  Besprechung  des  Ammergauer  Pas- 
sionsspiels in  der  Zeitschrift  „lieber  den  Wassern"  schreibt 
Pater  Expedit:  „Eine  ganz  eigene  Form  hat  die  Bühne  ge- 
wonnen, die  freilich  im  Laufe  der  Jahrhunderte  manche 
Veränderung  erfuhr.  Es  ist  viel  hin  und  her  gestritten 
worden,  worauf  ihre  Form  in  letzter  Linie  zurückgeht;  Traut- 
mann sucht  ihre  Wurzel  in  der  Jesuitenbühne,  die  ihrerseits 
italienischen  Vorbildern  nachgebildet  ist,  andere  wie  Hermine 
Diemer  und  Feldigl  weisen  diesen  Gedanken  mit  Recht  ab 
und   gehen    auf  die   mittelalterliche    Passion   zurück " 

Die  Bühne  bestand  aus  einer  „brück"  und  „vorbruck"; 
die  „brück"  war  die  Hauptbühne  mit  schließbarem  Vorhang, 
die  „vorbruck"  das  Proszenium,  auf  dem  die  Szenen  im 
Freien  gegeben  wurden;  zu  den  Seiten  befanden  sich  Räum- 
lichkeiten für  Zwischenszenen,  z.  B.  für  den  hohen  Rat, 
den  Herodes-  und  Pilatushofstaat  u.  dgl.,  worin  die  dazu- 
gehörigen Spieler  meist  durch  das  ganze  Spiel  verweilten. 
Das  allein  machte  den  raschen  Personenwechsel  im  Dialog 
möglich.  Bühnen  mit  drei  oder  mehreren  Stockwerken 
verweist  Pater  Expedit  in  das  Bereich  der  Fabel. 

—    62    — 


Die  Darstellung  des  alten  Passionsspieles  in  der  Spiel- 
halle von  Oberammergau  ist  nicht  historisch  beglaubigt, 
sondern  eine  willkürliche  Annahme  des  Theatermalers 
Mettenleitner.  Doch  dürfte  sie  der  Wirklichkeit  ziem- 
lich nahe  kommen.  Das  St.  Ulrich-  und  Afra-Spiel  ist  in 
der  Kirche  aufgeführt  worden,  das  Meistersingerspiel  vor 
derselben  im  und  außer  dem  Gottesacker.  Wo  aber  die 
Heimat  selbst  eine  solch  vorzügliche  Naturbühne  schafft, 
wie  dies  in  Oberammergau  der  Fall,  da  bedurfte  es  keiner 
künstlichen  Bühnen,  keiner  Langschiffbühnen  nach  Art  der 
römischen  Arenen,  keiner  Chorbühnen,  die  im  Halbkreis 
alle  Schauplätze  aufstellte  und  keiner  Emporbühnen  mit 
übereinander  gestellten  Teilbühnen.  Eine  Bodenerhebung 
beim  Gottesacker  bildete  wohl  den  Oelberg,  der  Gottes- 
acker selbst  den  Golgatha,  die  Altanen  und  von  ihnen  über- 
dachten Hauseingänge  waren  die  Schauplätze  für  Hohen- 
ratsversammlungen,  Abendmahl,  Hof  des  Pilatus  und  Hero- 
des.  Dazu  eignete  sich  die  Umgebung  der  Pfarrkirche 
gegen  das  Kirchbauernanwesen  zu  ganz  vorzüglich. 

Das  Originalmanuskript  vom  Jahre  1815  enthält  den 
bemerkenswerten   Eintrag: 

„Selpha  und  Malchus  gehen  hinein;  Johann  und  Peter 
reden  stille  miteinander,  die  Gasse  No.  68  herum  zu  69,  56 
bis  28,  wo  sie  herauskommen.^'  (Siehe  „Passionsdenkmäler'^) 

Die  Nummernbezeichnungen  lassen  auf  die  Hausnum- 
mern schließen  und  decken  sich  teilweise  heute  noch  mit 
den  Hausnummern  an  der  Hauptstraße  beim  Pfarrhofe. 
Das  könnte  also  ein  Beweis  dafür  sein,  daß  sich  das  Spiel 
nicht  auf  einen  geschlossenen  Bühnenraum  beschränkte, 
sondern  die  ganze  Umgebung  miteinbezog.  Die  SteFen  des 
1 5  er  Textes,  welche  sich  dem  neuen,  geschlossenen  Theater- 
raum nicht  mehr  einfügten,  wurden  in  der  Originalhandschrift 
später  gestrichen  und  durch  andere  Dialoge  ersetzt. 

Dieser  Annahme  spricht  allerdings  manches  wieder 
entgegen.  Die  früheren  Originaltextbücher,  besonders  das 
von  1811,  enthalten  keine  Platzangaben,  das  mag  sich  aber 
daraus  erklären,  daß  sie  nicht  als  Spiel-  und  Regiebücher 
benützt  wurden.  Dagegen  ist  das  Jahr  1815  das  den  zweiten 
Othmar  Weis-Text  mit  den  angegebenen  Regiebemerkungen 
auf  die   Bühne  brachte,  gleichzeitig  das  Jahr  der  Erbauung 

—   63   — 


eines  vollstäiidii^en  Passionstheaters,  das  das  Spiel  im  Freien 
außerhalb  desselben  entbehrlich  machte.  Nach  der  Tradition 
des  Ortes  und  nach  Aeußerungen  von  solchen,  die  selbst 
noch  oder  deren  Väter  mitspielten,  befand  sich  das  Theater 
im  Gottesacker  („Freithof^)  unmittelbar  an  der  Nordseite 
der  Kirche.  Die  Kirchenmauer  zeigt  heute  noch  Spuren, 
wo  das  Baugerüst  verankert  war.  Die  Grabmäler  bestanden 
alle  nur  aus  einfachen  Steinsockeln  mit  schmiedeeisernen 
Kreuzen  darüber.  Die  Kreuze  konnten  abgenommen  werden 
und  auf  den  Steinsockeln  wurden  dann  die  Bodengerüste 
aufgebaut.  Der  Zuschauerraum  erstreckte  sich  vom  Pfarr- 
hofweg bis  zu  dem  mittleren  Kircheingang  beim  Dedlerdenk- 
mal.  Der  Friedhofweg  blieb  frei,  der  hintere  Teil  des  Got- 
tesackers bis  zu  dem  heutigen  Funkhause  bildete  Vorbühne 
und  Bühne.  Das  Funkhaus  war  damals  das  Schulhaus  und 
wurde  als  Garderobe  und  Spielerausgangsraum  benützt.  Vor- 
bühne und  Gottesackerweg  waren  der  Schauplatz  der  Sze- 
nerie im  Freien,  es  war  aber  damit  durchaus  nicht  ausge- 
schlossen, daß  sich  dieselben  bei  den  Massenszenen  (wenig- 
stens bei  den  älteren  Texten  und  bis  zum  Bau  der  ersten 
eigentlichen  Bühne)  auch  bis  außerhalb  des  Friedhofes,  bis 
herüber  zum  Kirchbauernanwesen  mit  seinen  zwei  seit- 
lichen Zugängen  ausdehnten.  Die  offene  Tribüne  gestattete 
einen  freien   Blick  über  den  ganzen   Platz. 

Ueber  diese  Bühne  finden  wir  im  „bayerischen  National- 
blatt^*    1820   eine  Schilderung  von   Anton    Baumgartner. 

Baumgartner  gibt  eine  genaue  Beschreibung  von  den 
Vorgängen  auf  der  Bühne,  diese  läßt  keine  Verlegung  des 
Spieles  auf  den  Platz  vor  das  Theater  als  vorkommend 
erscheinen.  Auch  der  Umstand  spricht  wiederum  gegen  diese 
Vermutung,  daß  die  Bühne,  welche  von  dem  Benefiziaten 
Unhoch  von  Oberammergau  und  seinen  als  Schreiner  und 
Möbelschreiner  Hervorragendes  leistenden  Brüdern  nicht  zu- 
frieden waren.  Nicht  als  ob  sie  nicht  die  wirklich  künstlerisch 
in  Versailler  Gartenarchitektonik  ausgeführten  Prospekte  rich- 
tig anerkannten,  dazu  waren  sie  selbst  künstlerisch  genug 
gebildet  und  schätzten  die  Tätigkeit  Unhochs  und  seiner  als 
Schreinermeister  und  Möbelschnitzer  Hervorragendes  leisten- 
den Brüder  genug,  aber  sie  sagten  sich,  daß  durch  diesen  Bau 
der   Raum   auf  dem    „Freithofplatz'^   noch    mehr   wie   bisher 

—   64   — 


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eingeschränkt  würde  und  damit  die  Bewegungsfähigkeit  der 
Mitspielenden  bei  den  großen  Volksszenen.  Daß  diese  Be- 
fürchtung vollständig  berechtigt  war,  zeigte  sich  bei  den 
Spielen  1820.  Wären  sie  eben  zum  Teil  in  den  Volksmassen 
auf  den  Vorplatz  verlegt  gewesen,  so  wäre  dieses  nicht  der 
Fall  gewesen.  1830  wurde  die  Bühne  von  1820  wieder  nach 
Plänen  von  Unhoch  auf  dem  jetzigen  Platz  neu  auf- 
gebaut. Unhoch  war  ein  sehr  vielseitiger  Mann  und  auch 
als  Bienenzüchter  eine  Berühmtheit.  Lange  vor  Dzierzon 
hat  er  schon  die  Lehre  von  der  Parthenogenesis  der  Bienen 
in  seinem  Lehrbuch  verkündet  und  bewegliche  Bienenkästen 
konstruiert. 

Auch  das  neue  Theater  behielt  den  Empirestil  bei.  Erst 
später  (1840),  als  Daisenberger  den  Chorus  der  Antigone 
nachgebildet  hatte  und  Michael  Diemer  energisch  für  die 
künstlerische  Ausgestaltung  des  Spiels  eingetreten  war,  wurde 
das  Theater  nach  der  griechischen  Form  umgewandelt,  im 
Jahre  1870  und  wieder  1880  der  Zuschauerraum  vergrößert. 
1890  wurden  die  beiden  Häuser  des  Pilatus  und  Annas  an 
die  Seitenabschlüsse  verlegt  und  die  Balkone  derselben,  weil 
sie  zu  wenig  Bewegungsmöglichkeiten  gestatteten,  in  Balu- 
straden umgewandelt;  in  dieser  Form  besteht  bis  heute  noch 
der  korinthische  Bühnenbau,  der  nun  freilich  eine  Spielent- 
faltung zuläßt  wie  sonst  wohl  keine  Bühne  mehr. 

Für  dieses  Theater  hätte  nach  Devrient  Schiller  seinen 
ganzen  Dreißigjährigen  Krieg  und  Abfall  der  Niederlande 
schreiben  können,  alle  völkergeschichtlichen  Aktionen  könn- 
ten darauf  dargestellt  werden.  „Welch  ein  Gewinn  für  die 
Nation!'^  ruft  Devrient  aus,  „Die  Geschichte,  die  wdr  nur 
aus  den  Büchern  kennen,  würde  dem  Volke,  dem  nichts  klar 
und  lebendig  wird,  ehe  es  nicht  Kunstwerk  geworden  ist, 
zu  einer  sittHchen  Erfahrung,  zu  einer  erlebten  Tatsache; 
auch  die  Wunderwelt  unserer  Sagen,  z.  B.  das  Nibelungen- 
lied würde  auf  dieser  Bühne  eher  heimisch  werden;  sie  würde 
die  gewaltigen  und  rohen  Umrißformen  und  damit  ihre 
Eigentümlichkeit  und  ihren  Wert  viel  eher  bewahren  können, 
als  bei  einer  Ausbildung  für  die  Kunst  unserer  Theater.^'  — 

Die  Mittelbühne  war  bis  jetzt  immer  das  Schmerzens- 
kind von  Oberammergau.  Die  dramatischen  Szenen,  die  auf 
derselben  zur  Darstellung  kommen:  Rast  im  Haus  zu  Betha- 

—  65   —  5 


nien,  Verhandlungen  des  hohen  Rates,  Abendmahl,  Oelberg, 
Geißelung,  Kreuzigung  und  Auferstehung  sowie  die  lebenden 
Bilder  bedingen  einen  oftmaligen  Szenenwechsel,  und  dieser 
macht  wiederum  Prospekte,  Kulissen  und  Soffiten  notwen- 
dig, die  den  Bühnenraum  umgeben  und  überdecken;  Soffiten 
und  Prospekte  sind  im  Bühnendach  aufgehängt,  dadurch  wird 
aber  der  Zugang  des  Sonnenlichtes  versperrt  und  so  kam  es, 
daß  bisher  der  Raum,  der  als  Mittelpunkt  des  Spieles  das 
meiste  Licht  bedurfte,  immer  der  dunkelste  und  am  schlech- 
testen beleuchtete  war. 

Zahlreiche  Projekte  bildeten  schon  des  längeren  Gegen- 
stand der  Verhandlungen  und  Beratungen  im  Orte,  besonders 
bei  der  Spielvorbereitung  im  Passionskomitee.  Man  ersetzte 
das  Ziegeldach  durch  Glasplatten  ohne  wesentlichen  Erfolg, 
man  brachte  schon  1910  eine  Bogenlampe  an  und  gedachte 
die  künstliche  Beleuchtung  diesesmal  zu  vermehren,  aber 
diese  hat  den  Nachteil  unnatürhch  wirkender  Schattenbildung. 
Sehr  nachdrücklich  wurde  das  Projekt  erwogen,  den  ganzen 
Soffitenaufhang  in  die  Tiefe  zu  verlegen,  das  bedarf  aber  eines 
vollständigen  Bühnenunterbaues  und  damit  Bühnenneubaus 
überhaupt.  Was  dieses  unter  den  gegenwärtigen  Lohn-  und 
Materialkosten  ausmachen  würde,  kann  sich  ungefähr  jeder 
selbst  ausrechnen;  es  würde  in  die  Millionen  gehen.  Dabei 
sind  die  Grundwasserverhältnisse  zu  berücksichtigen  und  es 
ist  eine  Frage,  ob  sich  mit  allen  Kosten  für  alle  Fälle  ein 
wassersicherer  Unterbau  herstellen  ließe. 

Eine  Vermehrung  der  Hallenbögen  bis  zur  Hauptbühne 
würde  erst  recht  den  Lichteinfall  aufhalten,  abgesehen  da- 
von, daß  sie  der  ganzen  Hausanlage  ihren  eigentümlichen 
und  so  wirksamen  Charakter  als  Freibühne  vollständig 
nehmen  würde.  Aus  all  diesem  mag  man  ersehen,  daß  dieser 
schweren  Frage  die  Passionsleitung  nicht  gleichgültig  gegen- 
übersteht. Jedenfalls  wird  auf  möglichste  Einschränkung 
des  Prospekt-  und  Soffitenaufhangs  und  möglichste  Ver- 
mehrung des  Lichteinfalls  gesorgt  werden.  Was  aber  unter 
gegenwärtigen  Verhältnissen  nicht  restlos  zu  erreichen  ist, 
muß  der  billigen  Beurteilung  und  Nachsicht  der  Zuschauer 
überlassen    bleiben. 

Die  Kulissen  der  Mittelbühne  stehen  im  stumpfen  Win- 
kel,   es    sind    sogenannte    Kartenkulissen,    welche    sich    wie 

—   66    - 


Bücherseiten  umschlagen  lassen,  der  Bühnenschluß  ist  eine 
auf  zwei  Spulen  sich  auf-  und  abwickelnde  Wandeldekoration, 
welche  die  herrlichsten  Bilder:  den  Oelberg,  den  Berg  iWoria, 
Straßenbilder  von  Jerusalem  und  den  Weg  dorthin,  ägyptische 
Landschaften,  an  den  Augen  vorüberziehen  läßt;  weniger  tief 
angebrachte  Abschlüsse  sind  jene  für  das  Cönaculum  (Abend- 
mahlsaal) und  Synedrium  (den  Hohenpriestersaal)  sowie  die 
Himmelfahrt,  bei  welcher  Jesus  am  Schluß  selbst  befestigt 
ist  und  mit  demselben  in  die  Höhe  geht.  Das  Mitgehen  der 
ganzen  Schlußwand  hat  wohl  den  Vorzug,  die  ganze  Mecha- 
nik der  Auffahrt  zu  verhüllen,  sie  wird  aber,  wie  schon  an- 
gedeutet, dadurch  zum  Nachteil  der  Wirkung  verraten,  daß 
die  schwere  Belastung  der  Leinwand  und  Witterungs- 
umstände  das  Faltenziehen  an  derselben  veranlassen.  Der 
neue  Spielleiter  will  die  Himmelfahrt  nur  mehr  als  lebendes 
Bild  bestehen  lassen. 

Ein  eigentümlicher  Effekt  €rgab  sich  in  früheren  Spielen 
im  Spätherbste,  indem  die  untergehende  Sonne  die  auf- 
fahrende Gestalt  mit  einer  magisch  wirkenden  Lichtflut  über- 
goß, so  daß  über  diesen  natürlich  entstehenden  Effekt 
oft  die  Leute  Rufe  der  Verwunderung  hören  ließen.  Die 
älteren  Dekorationsmalereien  sowie  jene  des  Vorhangs  und 
Giebelbildes  stammen  von  Maler  Burghardt  von  Wien.  Für 
diesesmal  hat  Professor  Zeno  Diemer  selbst  die  Malerei 
mehrerer  Szenerien  übernommen,  wobei  ihm  eigene  Anschau- 
ung im  Heiligen  Lande  zugutekommt.  Die  Entwürfe  zu  den 
Bildern  sind  von  Georg  Lang.  Die  technische  Bühneneinrich- 
tung stammt  von  dem  Hoftheater-Maschinenmeister  Lauten- 
schläger und  dem  Ingenieur  Max  Schmucker.  Diese  Einrich- 
tung erfuhr  eine  scharfe  Kritik,  weil  man  fürchtete,  daß  dadurch 
der  Eindruck  des  Spiels  sich  mehr  dem  Kunstbühneneffekt 
nähere;  das  ist  aber  nicht  der  Fall,  denn  durch  die  tech- 
nischen Aenderungen  wird  das  Spiel  nach  außen  absolut 
nicht  berührt;  sie  bestehen  nur  in  einem  komphzierten  Schnür- 
werk, das  den  Arbeitern  erspart,  mit  Lebensgefahr  von 
schwindelnder  Höhe  aus  die  Soffiten  umzulegen,  und  einem 
sogenannten  Bühnenwagen,  der  es  gestattet,  w^ährend  des 
Spiels  auf  der  Mittelbühne  im  Hintergrunde  die  neue  Deko- 
ration vorzubereiten,  welche  dann  nur  vorgeschoben  zu 
werden  braucht.  Diese  beiden  Einrichtungen,  die  deswegen 
noch  lange  nicht  auf  der  Höhe  der  heutigen  Bühnenbautechnik 

—   67    —  5* 


stehen,  ergeben  Sicherheit  und  Zeitersparnis;  durch  die  Zeit- 
ersparnis ist  es  auch  möglich  geworden,  die  manchmal  etwas 
überlangen  Chorgesänge  abzukürzen.  Wie  im  allgemeinen 
aber  immer  noch  hinter  der  Bühne  gearbeitet  wird,  während 
vorne  der  Prologus  spricht  und  der  Chor  singt,  davon  hat 
man  keine  Ahnung.  Die  Telegraphen  spielen,  um  zeitig 
genug  zu  den  neuen  Auftritten  und  lebenden  Bildern  die 
„Aktores'^  aus  den  Ankleide-  und  Erholungsräumen  zu  rufen. 
Schon  lauscht  jeder  Spieler  an  seinem  Warteplatz  auf  das 
Zeichen,  der  Vorhang  fällt,  jetzt  ein  Sprung  aus  den  Kulissen 
von  allen  Seiten  her  und  schon  stehen  alle  beisammen  so 
kunstvoll  geordnet,  so  plastisch  und  so  stumm  und  still  wie 
eine  Marmorgruppe  in  der  Loggia  dei  Lanzi  in  Florenz.  Bis 
der  Spielleiter  sein  strenges  Auge  auf  die  Gruppe  wirft,  ist 
alles  fertig;  nur  ein  Fingerzeig,  ein  Wink  noch,  da  eine 
Hebung  des  Hauptes,  da  ein  kleines  Seitwärtsrücken,  um 
die  künstlerische  Linie,  die  perspektivische  Wirkung  zu 
heben,  schon  aber  geht  der  Vorhang  in  die  Höhe,  und  außen 
fragt  man  sich:  „Sind  das  da  drinnen  wirklich  lebende 
Menschen  oder  sind  sie  miteinander  nur  ein  einziges  Meister- 
bild eines  großen  Malers?'^ 

Der  Giebel  der  Mittelbühne  zeigt  das  Bild  des  göttlichen 
Kinderfreundes,  der  vordere  Vorhang  die  bekannten  Figuren 
Michelangelos:  Moses,  Isaias  und  Jeremias,  der  obere  Teil 
des  Vorhangs  geht  beim  Oeffnen  in  die  Höhe,  der  untere 
bis  zu  Manneshöhe  reichende  Teil  versenkt  sich.  Geschlos- 
sen wird  dieser  Vorhang  nur  bei  den  Hauptabteilungen; 
der  zweite  Vorhang  ist  ein  gut  gemalter  Faltenwurf,  der  bei 
der  Oeffnung  in  schöner  Drapierung  nach  oben  gerafft  wird. 
Wenn  sich  während  der  Gesänge  die  Mittelbühne  öffnet, 
tritt  der  Chor  zu  beiden  Seiten  derselben  zurück  und  bildet 
so  zu  dem  sich  darbietenden  lebenden  Bild  einen  ebenso 
schönen  lebenden  Rahmen.  Manchmal  hat  aber  schon 
Hagelschlag  die  Chorsänger  gezwungen,  unter  das  Dach 
der  Mittelbühne  zu  flüchten.  Ihr  Platz  ist  sonst  bei  Sonnen- 
brand und  Regenschauer  den  ganzen  Tag  ungeschützt  und 
unbedeckten  Hauptes  im  Freien  auf  dem  Proszenium,  auf 
dessen  vollständiger  Breite  sie  sich  aneinander  reihen,  den 
Prologus  und  den  Chorführer  in  der  Mitte.  Auf  dieser  Vor- 
bühne spielen  sich  die  großen  Massenszenen  des  Palm- 
sonntagseinzuges, der  Empörung  und  Kreuztragung  ab.    Er 

-   68   — 


schließt  zu  beiden  Seiten  mit  Kolonnaden  ab,  aus  denen  die 
„Schutzgeister^^  (Sänger)  hervortreten. 

Gegen  den  Zuschauerraum  zu  ist  das  versenkte  Orchester 
für  etwa  40—50  Mitwirkende  bestimmt.  Es  kann  bei  schlech- 
ter Witterung  überdeckt  werden,  der  Dirigent  aber  muß  über 
die  Deckung  hinaussehen  können,  um  die  Sänger  im  Auge 
behalten  zu  können. 

Die  Ankleideräume  und  Garderoben  befinden  sich  hinter 
der  Bühne,  in  dem  ehemaligen  Uebungstheater,  um  dessen 
Auflassung  es  wahrlich  kein  Schaden  ist,  denn  es  hatte  doch 
gar  zu  viel  Aehnlichkeit  mit  einem  Stadel. 

Der  Christusdarsteller  hat  sein  eigenes  Zimmer  und 
einen  Diener,  der  ihm  Erfrischungen  holt  und  alle  sonstigen 
Wünsche  nach  Möglichkeit  erfüllt;  auch  der  Regisseur  hat 
sein  eigenes  Kabinett.  Je  nach  der  Kategorie  der  Dar- 
steller, für  männliche  und  weibHche  Schutzgeister,  Apostel, 
Hohepriester,  römische  Soldaten  sind  die  anderen  Räume 
abgeteilt.  Jeder  Darsteller  hat  seinen  eigenen  Platz,  über 
dem  die  gesamte  Ausrüstung  auf  einem  Täfelchen  ver- 
zeichnet steht.  Im  Gange  sind  die  Hellebarden  und  Streit- 
kolben der  Kriegsleute  aufgestellt  wie  in  einem  Waffen- 
arsenal, dann  sehen  wir  dort  die  Federwedel  für  das  lebende 
Bild  von  Josephs  Einzug,  dann  ein  ganzes  Aquarium  von 
Schlangen,  welche  zum  Bild  der  ehernen  Schlange  gehören, 
den  hübschen,  treuherzig  dreinschauenden  Spitz  des  Tobias 
und  endlich  das  Fleisch  für  das  Abendmahl  —  leider  von 
Holz  geschnitzt. 

Die  Kostüme  sind  alle  echt  und  oft  von  seltener  Schön- 
heit. Es  befinden  sich  unter  den  Gewändern  der  Frauen 
echte  orientalische  Stoffe  und  Schleier,  die  das  Entzücken 
aller  Kennerinnen  sind.  So  konnte  sich  seinerzeit  Pauline 
Lucca  mir  gegenüber  nicht  rühmend  genug  darüber  aus- 
sprechen. Die  Stoffe  sind  zum  Teil  von  der  Firma  Bernheimer 
in  München  direkt  aus  dem  Orient  geliefert.  Selbst  der 
beste  Kostümkenner  würde  keinen  Anachronismus  in  den 
Gewändern  verzeichnen  können.  Sie  wurden  fast  alle 
unter  Leitung  des  Schnitzschuldirektors  Lang  gefertigt  und 
jetzt  werden  sie  unter  Aufsicht  des  Spielleiters  erneuert; 
ganze  Stöße  von  Kostümwerken  befinden  sich  in  Ludwig 
Längs  Privatbibliothek  und  kein  Jahrzehnt  verging  bei  ihm 

—   69   — 


ohne  neue  Studien.  Sein  ganzes  Denken  w^ar  Schnitzschule 
und  Passionsspiel  und  ist  es  heute  noch.  Oft  habe  ich  ihn 
schon  beobachtet,  wie  er  still  vor  sich  hinsinnierte,  sicher 
hatte  er  dann  den  Bleistift  in  der  Hand  und  machte  irgend 
eine  Skizze  für  das  Passionsspiel.  Seine  Schwester  Josepha, 
die  Direktorin  der  Kostümschneiderinnen,  hatte  durch  viele 
Jahrzehnte  Beschäftigung  mit  dieser  Arbeit  für  Faltenwurf, 
Farbenwirkung  u.  a.  das  geschulte  Auge  ihres  Bruders  be- 
kommen. Die  Posamentierarbeiten  lieferte  die  Firma  Beck 
in  München. 

Die  lebenden  Bilder  und  Spielgruppen  wurden  bei  jeder 
Spielsaison  ganz  neu  gestellt.  Man  vergleiche  nur  die 
Spiele  der  einzelnen  Jahrzehnte. 

Die  Chorsänger,  dann  Kaiphas,  Pilatus,  Herodes,  Annas, 
Jesus  mit  den  Aposteln  bekamen  jedesmal  neue  Kostüme 
mit  einem  großen  Kostenaufwand;  die  alten  werden  für 
Regenstunden  als  zweite  Garnitur  benützt  oder  gehen  an 
„das  Volk"  über. 

Neubeschaffungen  in  weiterem  Umfange  dürften  infolge 
der  kolossalen  Preise  für  nächstes  Spiel  ausgeschlossen  sein. 
Dieselben  haben  sich  größtenteils,  da  sie  nur  aus  besten, 
echten  Stoffen  gefertigt  wurden,  sehr  gut  erhalten.  Herr 
Kommerzienrat  Arnold  hat  den  größten  Teil  der  Kostüme 
in  seiner  Färberei  in  Pasing  kostenlos  auffärben  lassen  und 
zwar  bis  zu  einem  Kostenvoranschlag  von  30  000  Mark. 

Ludwig  Lang  hat  für  die  diesmaligen  Spiele  einen  Vor- 
bereitungsplan entworfen.  Darin  sagt  er:  „daß  trotz  der 
finanziellen  Schwierigkeiten  in  der  Beschaffung  von  Stoffen, 
Nähfaden  u.  dgl.  der  Zustand  der  Garderobe  für  das  kom- 
mende Passionsspiel  auf  einen  der  Sache  würdigen  Zustand 
gebracht  werden  muß,  daß  dieses  wohl  als  selbstverständlich 
gelte. 

Im  szenischen,  wie  auch  im  gesprochenen  und  musikali- 
schen Teil  darf  trotz  der  durch  den  Krieg  hervorgerufenen 
Schwierigkeiten  keine  verminderte  Leistungsfähigkeit  zu  er- 
kennen sein,  sollte  nicht  dasselbe  in  seiner  Wirkung  für  das 
neue  Spieljahr  und  für  die  Zukunft  Schaden  leiden." 

Ueber  die  Kostüme  schreibt  Görres  in  seinem  Bericht 
vom  Jahre  1840,  wenn  sie  sich  auch  nicht  immer  in  den 
symbolischen  Farben,  wie  im  Schnitte  an  die  Ueberlieferung 

—  70  — 


der  Kirche  halten,  so  hat  ihn  doch  der  Anstand  und  Geschmack 
der  darin  vorherrscht,  überrascht.  Er  beanstandet  nur  die 
abenteuerHche  Gewandung  des  Chors,  dessen  MitgHeder  „mit 
ihrem  bunten  Federschmuck  und  ihren  Sandalen  wohl  eher 
für  die  Opera  Fernan  Cortez*)  als  für  ein  Passionsspiel 
passen  möchten/^  Auch  von  anderen  Seiten,  z.  B.  von  Dr. 
Holland,  wurde  über  das  indianische  Aussehen  der  Schutz- 
geister geklagt.  Wahrscheinlich  gab  dieses  Urteil  auch 
Veranlassung  zur  Umkleidung  derselben,  die  dann  in  weiß 
und  blau  erschienen,  jetzt  aber  mit  ihren  edlen  griechischen 


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1 

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-^^-l^if^'" 

Passions-Theater.    Außenansicht 


Gewändern  in  schönem  Farbenspiel  und  ihren  Diademen 
einen  liturgisch  feierlichen  Eindruck  machen.  Steub  findet 
die  Händler  ohne  Bedenken  den  polnischen  Juden  ähnlich 
gekleidet.  Die  naturalistischen  Anwandlungen  der  Neuzeit 
beanstanden  das  Trikot  des  Christus  und  wünschten  dessen 
nackten  Akt,  es  wäre  aber  doch  eine  zu  große  Zumutung 
an  den  Christusdarsteller,  die  Kreuzigung  und  den  Lanzen- 
stich am  selbsteigenen  Leib  vornehmen  zu  lassen. 

*)  Oper  von  Spontini,  die  Entdeckung  Amerikas  behandelnd. 


—   71 


Ludwig-  Lang  zeigte  sich  jederzeit  nicht  nur  als  der  er- 
fahrene und  routinierte  Theaterregisseur,  sondern  als  ein 
feinfühliger  Künstler,  der  er  auch  war.  Er  wußte  wohl  Ur- 
sache und  Wirkung,  Mittel  und  Effekt  in  Betracht  zu  ziehen, 
er  glich  die  historische  und  ethnographische,  möglichste 
Echtheit  mit  künstlerischer,  malerischer  Gruppierung  des 
Ensembles    wie    individualisierender   Charakterisierung    der 


Zuschauerraum  von  der  Bühne  aus  gesehen 

Einzelrollen  aus.  In  dieser  Beziehung  wird  Georg  Lang  in 
seine  Fußstapfen  treten;  seine  plastischen  Arbeiten  wie  seine 
bisherigen  kleineren  Theaterregieresultate  haben  bewiesen, 
daß  er  historische  Gewissenhaftigkeit  mit  praktischem  Blick 
und   künstlerischem   Geschmack  verbindet. 

Ihr  größtes  pekuniäres  Opfer  brachte  die  Gemeinde 
bisher  für  das  Spiel  1900  mit  dem  Bau  der  Zuschauerhalle. 
Dem  Bauleiter  war  mit  derselben  die  schwierige  Aufgabe 
gestellt,  den  Tausenden  von  Spielbesuchern  soweit  nur  im- 
mer möglich  einen  Schutz  zu   bieten  und  trotzdem  für  den 


72    — 


Spielraum  selbst  den  ihn  vor  allen  anderen  Passionsspiel- 
häusern auszeichnenden  Charakter  einer  Freibühne  zu  be- 
wahren. Und  in  der  Tat  ist  dieses  Problem  durch  den  Hof- 
theateringenieur Max  Schmucker  auf  glänzende  Weise 
gelöst  worden. 

Durch  die  kolossale  Höhe  des  Baues,  durch  die  Mög- 
lichkeit, daß  das  Tageslicht  von  allen  Seiten  in  den  Raum 
strömen  kann,  ist  der  Eindruck  des  Spieles  im  Freien  voll- 
ständig gewahrt  und  ihm  gar  nichts  genommen;  im  Gegen- 
teil fällt  von  der  Bühne  der  blendende  Lichtreflex  hinweg. 
Auf  derselben  entwickelt  sich  noch  alles  mit  Ausnahme  der 
bisherigen  internen  Szenen  im  Freien  und  der  Himmel  kann 
mit  seinem  freundlichen  Blau  hinreichend  durch  die  weite 
Bogenöffnung  hineinschauen;  noch  kann  das  Auge  über  die 
Bühne  hinwegschweifen  über  die  grünen  bewaldeten  Vor- 
berge des  Ammertals.  Im  Gesamteindruck  des  Spiels  wird 
die  Halle  dem  Beschauer  gar  nicht  zum  Bewußtsein  kom- 
men; dagegen  hat  er  die  Annehmlichkeit,  daß  er  den  ganzen 
Tag  gegen  Regen  und  Sonne  geschützt  ist. 

Einen  Vorteil  bringt  die  Halle  ferner  noch  mit  sich: 
daß  nunmehr  die  teuersten  Plätze  wirklich  auch  die  besten 
sind,  nicht  wie  früher  die  vom  Spielraum  am  weitesten  ent- 
fernten. Der  V.  Platz  schützt  in  den  ersten  Reihen  nicht 
vor  den  Unbilden  der  Witterung,  da  die  Deckung  nur  bis  zur 
Spielbühne   reicht.    (Siehe   Plan.) 

Die  Zuschauerhalle  faßt  rund  4000  Sitzplätze.  Sie  ist 
47,3  Meter  lang  und  47,6  Meter  breit.  Die  eigentlich  tra- 
genden Teile  sind  sechs  eiserne  Bogenfachwerkträger  von 
20  Meter  innerer  Scheitelhöhe  und  43  Meter  Entfernung 
der  Fußgelenke.  Diese  Spannweite  übertrifft  die  eines  Bo- 
gens  der  Halle  des  Zentralbahnhofes  in  München  noch  um 
7  Meter.  Eine  besondere  Besorgnis  hatte  man  bei  der 
Akustik.  Man  befürchtete  sehr,  daß  bei  den  gewaltigen 
Dimensionen  Ton  und  Wort  echoartig  zurückgeworfen  wer- 
den möchten.  Diese  Befürchtung  hat  sich  glücklicherweise 
nicht  erfüllt.  Jedes  Wort  ist  ohne  Nachhall  im  ganzen  Raum 
verständlich.  Durch  das  Eisenrippenwerk  der  Spannbögen 
sind  alle  glatten  Flächen  gebrochen,  ebenso  hat  an  der  Tuch- 
rückenwand der  Schall  keinen  festen  Anprall.  14  große, 
zweiflügelige  Tore  führen,  da  Galerien  nicht  vorhanden  sind, 

—   73   — 


über  nur  wenige  Stufen  durch  breite  Gänge  zu  den  Plätzen, 
von  denen  selbst  die  billigsten  noch  freie  Uebersicht  über 
die  ganze  Bühne  gestatten.  Der  Eisenbau  wird  noch  durch 
einen  Holzbau  überbaut,  dem  von  außen  dann  ein  monumen- 
taler Charakter  gegeben  wurde,  und  der  in  seinen  Formen 
mit  dem  Mittelbau  der  Passionsbühne  harmoniert.  Die 
Halle  erhielt  innen  und  außen  reichen  bildnerischen  Schmuck 
aus  dem  Atelier  des  Herrn  Mettenleitner-München,  innen 
durch  die  Darstellungen  der  ersten  Ettaler  Kirche  mit  ihrer 
gotischen  Rotunde  und  des  Passionsspieles  beim  und  im 
Gottesacker,  äußerlich  durch  die  über  den  17  Eingangstoren 
befindlichen  Bilder  nach  Schnorr;  an  der  dem  Bahnhof  zu 
gelegenen  Seite  sind  zu  sehen: 

1.  Jesus,   die   Samariterin   am   Jakobsbrunnen. 

2.  Adam  und  Eva. 

3.  Jesus  wird  vom  Satan  versucht. 

4.  Josephs  Erhöhung  in  Aegypten. 

5.  Isaaks   Opfer. 

6.  Die  Vertreibung  der  Händler  aus   dem   Tempel. 
Darunter  sind  die  vier  Evangelisten  mit  ihren  apokalyp- 
tischen Symbolen   (vgl.   Offenb.   4,6   ff.). 

1.  Markus  mit  dem»  Löwen,  weil  er  sein  Evangelium 
mit  der  „Stimme  des  Rufenden  in  der  Wüste'^  be- 
ginnt. 

2.  Matthäus;  dieser  sollte  eigentHch  einen  Menschen, 
nicht  einen  Engel  als  Symbol  haben,  da  sein  Evan- 
gelium  mit   der  menschlichen   Abstammung   anhebt. 

An  3.  Stelle  finden  wir  keinen  Evangelisten,  sondern  den 
„Rufenden  in  der  Wüste^^  selbst,  der  den  Weg  des 
Herrn  bereitet,  Johannes  Baptista. 

4.  Lukas  mit  einem  Rinde  als  Opfertier,  da  sein  Evan- 
gelium mit  dem  Opfer  des  Zacharias  eröffnet  wird. 

5.  Johannes  mit  dem  Adler;  weil  er  wie  der  Adler 
zum  Lichte  gleich  mit  seinen  Anfangsworten  in  die 
höchsten  Höhen  der  Geheimnisse  der  Menschwer- 
dung sich   emporschwingt. 

An  der  Nordostseite  befinden  sich  die   Bilder: 

1.  Moses   am   brennenden   Dornbusch. 

2.  Zug  des  Moses  durchs  rote  Meer. 

3.  Es  werde   Licht. 

—  74   — 


4.  Verkündigung  der  Geburt  Jesu. 

5.  Die    Flucht   nach   Aegypten. 

6.  Der   barmherzige   Samariter. 

Darunter  Bildnisse  von  Aposteln,  inmitten  Jesus,  lieber 
dem  äußeren  Rundbogen  zur  Bühne  befinden  sich  Glaube, 
Hoffnung  und   Liebe  in   hübscher  Gruppierung. 

Noch  um  6—8  Meter  höher  als  der  Eisenbau,  welcher 
von  der  Firma  Kießling  und  Moradelli  in  München  her- 
gestellt w^urde,  ragt  der  darüber  gehende  Holzbau,  welcher 
dem  ganzen  Gebäude  nach  außen  den  architektonischen 
und  mit  der  Bühne  harmonierenden  Charakter  gibt.  Der 
Holzbau  wurde  von  dem  hiesigen  Zimmermeister  Rupert 
Breitsamter  hergestellt.  Bauleiter  war  Herr  Schmucker 
selbst.  Die  Grundsteinfeier  zum  Bau  wurde  im  Nov.  1899 
abgehalten;  bereits  wölbten  sich  aber  schon  die  Bögen  über 
demselben.  Bürgermeister  Lang  sprach  herzergreifende  Worte 
und  erneuerte  mit  denselben  das  Passionsgelöbnis.  Er  tat 
die  Hammerschläge  mit  dem  Wunsch:  „Möge  die  Halle  viele 
Jahrhunderte  ihre  Bestimmung  erfüllen^^  Ja,  möge  sie  die- 
selbe  erfüllen   und   damit   allezeit   das    Passionsspiel   selbst! 


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75   - 


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6.  KAPITEL. 

Die  Geldfrage. 

Noch  niemals  hat  Oberammergau  unter  solch  schwierigen 
Verhältnissen  und  mit  solcher  Besorgnis  das  Passions- 
spiel bezw.  die  Vorbereitungen  zu  demselben  begonnen  als 
diesesmal.  Wohl  war  1800  ringsherum  Kriegsnot  und 
darum  der  Besuch  ein  sehr  schwacher,  aber  die  Ausgaben 
waren  so  gering,  daß  sie  in  den  das  Jahr  darauf  wieder 
aufgenommenen  Spielen  leicht  gedeckt  werden  konnten. 
1870  brach  die  eintreffende  Kriegserklärung  gerade,  als  das 
Spiel  sich  rentabel  zeigte,  jäh  dieses  ab,  aber  das  Jahr  1871 
brachte  den  Ausfall  reichlich  wieder  ein.  Die  gegenwärtige 
allgemeine  Teuerung  stellt  an  Oberammergau  Geldanforde- 
rungen, wie  sie  in  diesem  Verhältnisse  kein  Spiel  noch 
beanspruchte,  auch  nicht  das  Jahr  1900  mit  dem  Hallen- 
neubau und  die  politischen  und  wirtschaftlichen  Verhält- 
nisse sind  zur  Zeit  derartig,  daß  bis  zum  letzten  Augen- 
blick nicht  abzusehen  ist,  ob  überhaupt  gespielt  werden 
kann  und  ob  das  Spiel  nicht  mitten  in  der  Zeit  doch  noch 
eingestellt  werden  muß.  Der  Beschluß  der  Durchführung 
wurde  aber  einmal  gefaßt  und  nun  müssen  die  Ausgaben 
gemacht  werden,  geht  die  Sache  gut  oder  schlimm  hinaus. 
Das  betrifft  sowohl  die  Gesamtheit  mit  dem  Spiel  selbst 
als  den  Einzelnen  mit  den  Vorbereitungen  zur  Aufnahme 
der  Gäste. 

Wohl  hat  sich  Oberammergau,  das  einmal  mit  den 
Passionsspielen  zur  Aufnahme  von  Fremden  sich  einge- 
richtet hatte,  mit  der  Zeit  zu  einem  gernbesuchten  Sommer- 
frischort ausgewachsen  und  alle,  die  hier  Aufenthalt  nahmen, 
sind  immer  gerne  hieher  zurückgekehrt,  ein  Beweis,  daß 
es  hier  gut  zu  weilen  ist,  ja  vielleicht  besser,  als  an  manchen 

—   76    — 


hochgepriesenen  Saisonorten.  Die  Entwickelung  des  Win- 
tersportes hat  auch  in  der  sonst  toten  Zeit  der  letzten  Jahre 
mehr  und  mehr  Gäste  herbeigeführt.  Die  Schnitzerei  findet 
wachsendes  Verständnis.  Zahlreich  sind  die  Bestellungen, 
besonders  seit  dem  letzten  Krieg  auf  Grabkreuze  und  Votiv- 
tafeln;  diese  ganze  Industrie  und  der  regelmäßige  Fremden- 
besuch werden  aber  jedesmal  aufs  neue  in  Frage  gestellt, 
wenn  das  Passionsspiel  ist.  Die  Getreuen  unter  den  Be- 
stellern von  Waren  wie  unter  den  Alljahrsbesuchern  bleiben 
im  Passionsjahr  aus  und  suchen  anderweitig,  die  einen  neue 
Geschäftsverbindung  und  die  anderen  Saisonunterkunft.  Sie 
werden  natürlich,  um  sie  vom  Orte  abwendig  zu  machen 
und  für  sich  selbst  zu  gewinnen,  möglichst  gut  bedient  und 
so  leidet  jedesmal  die  re^gelmäßige,  gute  und  sichere  Orts- 
«innahme  eine  wesentHche  Stockung  und  Einbuße.  Dieser 
Ausfall  wird  aber  durch  die  Mehreinnahme  des  Passions- 
jahres und  seines  außerordentlichen  Besuches  für  den  Ein- 
zelnen in  der  Regel  nicht  gedeckt;  den  Mehreinnahmen 
stehen  zu  große  Ausgaben  für  Erneuerung  der  Wäsche, 
Gerätschaften,  der  Wohnungen  innen  und  außen  gegenüber, 
und  den  meisten  und  größten  Nutzen  tragen  die  auswärtigen 
Geschäfte  mit  ihren  unzähligen  hieher  gesandten,  vielver- 
sprechenden Reisenden  und  weitgehenden  Kreditgewährun- 
gen mit  fort.  Die  Oberammergauer  sind  leider  nicht  immer 
gute  Rechner  und  so  bedeutet  das  Passionsspiel  für  viele 
keine  Bereicherung,  für  gar  manchen  aber  eine  Belastung. 
Es  mehren  sich  die  Stimmen,  die  saigen,  daß  es  für  Ober- 
ammergau besser  wäre,  wenn  es  keine  Passionsspiele  hätte, 
sondern  lediglich  seine  Industrie  und  die  jährlich  regel- 
mäßige Fremdenbeherbergung  und  so  ist  es  diesesmal  bei 
■der  Abstimmung  bezüglich  Abhaltung  des  Spieles  zum  ersten 
Male  vorgekommen,  daß  einzelne  dagegen  stimmten.  Das 
Mißlingen  des  Spieles  würde  für  den  Ort  zu  der  allgemeinen 
Krisis,  an  der  das  ganze  Volk  schwer  genug  trägt,  noch 
rein  lokale  und  persönliche   Folgen   hinzufügen. 

Es  ist  nicht  alles  Gold,  was  glänzt.  Betrachte  man 
nur  die  Abrechnungen  der  einzelnen  Spiele,  so  wird  man 
finden,  daß  gar  häufig  die  Einnahmen  nicht  im  Verhältnisse 
zu  den  Ausgaben  des  Ortes  stehen,  daß  der  Ort  aber  durch 
das  Spiel  und  die  dadurch  verursachte  Aufnahme  einer 
außergewöhnlich  hohen  Zahl  von  Gästen  zu  Ausgaben  ge- 

—    77    — 


drängt     wird,     welche     andere     Orte     nicht     entfernt     im 
gleichen  Verhältnisse  auf  sich  zu  nehmen  haben. 

Im  Jahre  1800  war  wegen  des  Krieges  der  Besuch  sehr 
schwach.  Einnahmen  450  fl.  24  kr.,  Ausgaben  655  fl.  15  kr. 
2  Pfg. ;  das  Defizit  zu  decken  wurde  1801  wieder  viermal 
gespielt;  Einnahmen  1015  fl.  24  kr.,  Ausgaben  672  fl.  4  kr., 
darunter  86  fl.  10  kr.  für  das  Passionsmahl.  Die  meisten 
Einnahmen  verschlangen  Hochwasserschäden  und  deren 
Hintanhaltung.  Besonders  verursachte  die  Leine,  ein  Neben- 
flüßchen  der  Ammer,  welches  zwischen  Aufacker  und  Laber 
hervorkommt  und  in  trockenen  Zeiten  sehr  harmlos  scheint, 
großen  Schaden;  aber  auch  die  Ammer  selbst  hat  schon  oft 
den  ganzen  Ort  überflutet,  so  das  letztemal  in  hohem  Maße, 
gerade  mitten  unter  dem  Passionsspiel  im  Juni  1910.  Das 
ganze  Bahnhofviertel  stand  unter  Wasser,  beim  Mühlbartl 
stand  es  einen  halben  Meter  hoch.  Von  der  Einnahme  des 
Jahres  1860  mit  54  000  fl.  mußten  6000  fl.  auf  Uferschutz- 
bauten verwendet  w^erden,  1876 — 79  ebensoviel,  1880  gleich- 
falls. Die  Korrektion  der  Ammer  wurde  vor  10  Jahren 
durchgeführt.  Oberammergau  mußte  den  6.  Teil  der  Kosten 
übernehmen  mit  fast  60  000  Mark  und  trug  die  Grund- 
ablösungen und  Brückenbauten  mit  120  000  Mark  selbst. 
Bei  normalem  Hochstand  des  Wassers,  auch  Hochwassers, 
genügte  die  kostspielige  Korrektur.  Das  Hochwasser  von 
1910,  bald  nach  Fertigstellung  der  Bauten,  bewies  aber, 
daß  sie  doch  außergewöhnliche  Katastrophen  nicht  ab- 
wehren kann,  sondern  nur  umso  schneller  die  Bergwasser 
in  Tal  und  Ort  führen.  Wohl  hat  man  in  den  Zeitungen 
„das  arme  Oberammergau^^  ironisch  bedauert,  da  für  das- 
selbe zur  Deckung  des  Hochwasserschadens  in  Amerika 
und  England  Geld  gesammelt  wurde.  Davon  hat  man  aber 
zumeist  nicht  Notiz  genommen,  daß  Oberammergau  die 
Hilfe  ablehnte  und  den  ganzen  schweren  Schaden  selbst  trug. 

1870  und  1871  zusammen  Gesamteinnahme  117  000  fl. 
Nach  allen  Ausgaben  einschließlich  Kriegerfürsorge  verblieb 
nur  der  4.  Teil  zur  Ausbezahlung.  Höchsthonorar  des 
Christusdarstellers  Joseph  Mayr  —  400  fl.,  die  sonst  bes- 
seren Darsteller  140  fl. 

Die  Abrechnung  vom  Jahre  1880  lautet:  Einnahmen 
336  596,34  Mk.,  Ausgaben   119  774,68  Mk.     Verteilt  an  die 

—    78    - 


700  Mitwirkenden  des  Passionsspieles  116  821,66  Mk.  Das 
größte  Honorar  erhielt  Christus  Mayr,  und  zwar  1000  Mk. 
(wahrhaftig  eine  lächerlich  kleine  Summe  im  Vergleich  zur 
Leistung). 

Die  Abrechnung  der  Gemeindeverwaltung  in  der  Pas- 
sionskomitee-Sitzung vom  9.  Dezember  1890  lautet:  Ein- 
nahmen 694  724,07  Mk.,  Ausgaben  694  164,54  Mk.  Hono- 
rare der  Mitwirkenden:  Christus,  Joseph  Mayr  2000  Mk, ; 
Kaiphas,  Joh.  Lang,  Bürgermeister  und  die  übrigen  Haupt- 
mitwirkenden je  1300  Mk.  Uebrige  Honorare  in  Abstu- 
fungen von  400  Mk.  bis  40  Mk. 

Der  Abschluß  vom  Jahre  1900  lautet  Einnahmen  zu- 
sammen 1  068  487,78  Mk.,  Ausgaben,  wobei  die  Erbauung 
der  Theaterhalle  allein  246  758,56  Mk.  kostete,  die  Gar- 
derobe 18  435,63  Mk.,  im  Ganzen  453  024,34  Mk.,  Aktivrest 
615  463,44  Mk.  Hievon  wurden  verwendet:  Zum  Bau  eines 
Uebungstheaters  59  704,51  Mk.,  zum  Bau  einer  Schnitz- 
schule 35  000.—  Mk.,  für  gemeinnützige  Zwecke  (Schule, 
Kirche,  Landwirtschaft)  142  970,50  Mk.,  Reservefonds  für 
noch  ausständige  Posten  2  881,43  Mk.,  zusammen  240  556,44 
Mark.  Verblieben  also  zur  Auszahlung  von  Honoraren 
374  907.—  Mk.  Hievon  erhielten  die  Mitwirkenden  I.  Klasse 
je  1500  Mk.  Die  übrigen  Honorare  stuften  sich  wie  1890 
ab  bis  zu  50  Mk.  und  25  Mk.  der  jüngeren  und  jüngsten 
Schulkinder.  Die  Gemeindearmen  erhielten  je  50  Mk.  und 
jeder  Soldat,  der  bei  der  Garnison  eingerückt,  also  am  Mit- 
spielen verhindert  war,  50  Mk. ;  auf  jede  Hausnummer 
trafen  noch  100  Mk.  Hausgeld;  Entschädigung  für  Zeit- 
entgang bei  den   Proben  wurde  nicht  eigens  bezahlt. 

Die  offiziellen  Resultate  der  Passionsspiele  von  1910 
wurden  wie  folgt  offiziell  bekanntgegeben: 

Monat  Hauptspiele    Nachspiele    Besucherzahl   Eintrittsgeld 


Mai : 

Juni: 

Juli: 

August: 

September 


25,002 

150,721 

33,514 

238,562 

50,659 

356,441 

70,806 

503,883 

43,549 

295,676 

30  26  223,530       '     1,545,283 

Freikarten  für  die  Presse  und  für  die  offiziellen  Gäste 
wurden   1812  Stück  ausgegeben.     Ferner  wurden  4700  be- 


—  79   — 


urlaubte  Soldaten,  Bahnbedienstete  und  Bewohner  der  Nach- 
barorte ohne  Entgelt  eingelassen,  abgesehen  von  den  4200 
Personen,  die  unentgeltlich  die  Kostümprobe  besuchten. 

Genau  nach  Pfennigensoll  1  545  287,50  Mk.,  Einnahmen 
aus  verkauften  Festbüchern,  Bildern,  Karten  157  059,14  Mk., 
sonstige  Einnahmen  2389,04  Mk.,  Summa  der  Einnahmen 
1  704  735,68  Mk. 

Die  Ausgaben  einschließlich  der  Honorierung  der  Mit- 
wirkenden waren  1142  426,28  Mk.,  so  daß  sich  ein  Ueber- 
schuß  ergab  von  562  308,86  Mk.  Von  diesen  Mehreinnahmen 
wurden  126  523,86  Mk.  für  gemeinnützige  und  wohltätige 
Zwecke  verwendet. 

Für  ein  neues  Schlachthaus  allein  wurden  120  000  Mk. 
ausgegeben.  Ehe  nur  das  Spiel  begonnen  hatte,  wurden 
schon  rund  300  000  Mk.  ausgegeben. 

Ausgaben  für  Theater,  Garderobe,  Straßen  und  All- 
gemeines 246  229,33  Mk.,  für  Herstellung  der  Photogra- 
phien, Festbücher,  Steuern  und  Umlägen,  Verwaltung  des 
Abgabebüros,  Entschädigung  für  Zeitversäumnisse  47  677,49 
Mark,  Vorschuß  an  das  Wohnungsbüro  8400  Mk.,  auf  Reserve 
6000  Mk.     Summa:  308  306,82  Mk. 

Verbleiben    noch   zur    Honorarauszahlung   834  120   Mk. 

Die  Mitwirkenden  der  I.  Klasse:  Christusdarsteller  Lang, 
Prolog  Lechner,  Spielleiter  Ludwig  Lang,  Musikdirektor 
Wittmann  erhielten  füi;  sämtliche  Spiele  zusammen,  einschließ- 
lich aller  Proiben  je  2500  Mk.,  IL  Klasse:  Schutzgeister, 
Maria,  Petrus,  Judas,  Kaiphas,  Pilatus  etc.  2000  Mk.,  die 
III.  Klasse:  Apostel,  Ratsmitglieder  1800  Mk.  Die  weiteren 
Abstufungen  ähnlich  wie   1900. 

Gleichwohl  wurden  in  den  Zeitungen  während  der  Spiel- 
zeit und  darnach  die  wahnwitzigsten  Uebertreibungen  ver- 
breitet, von  Millionengewinnen  des  einzelnen  wie  der  Ge- 
samtheit von  Oberammergau  gesprochen  und  von  gemein- 
sten Bewucherungen  und  Uebervorteilungen  der  Besucher. 
Ich  hatte  selbst  1900  und  1910  am  Ort  und  außer  dem- 
selben oft  genug  Gelegenheit,  solche  Reden  zu  hören,  die 
meisten  wurden  aber  sehr  kleinlaut  und  schweigsam,  wenn 
ich  sie  beim  Wort  faßte  und  nach  Ort  und  Art  frug  und 
sie    dabei    sofort    einer    Lüge    oder   mindestens    Entstellung 

—    80    — 


oder  Verschleierung  der  Umstände  überführen  konnte,  am 
stillsten,  wenn  ich  sie  aufforderte,  mit  mir  zur  Gemeinde- 
verwaltung oder  zu  Gericht  zu  gehen,  um  die  Tatsachen 
festzustellen;  meistens  wurden  dann  Geschichten  daraus, 
die  man  nur  —  hat  sagen  hören,  selber  aber  nicht  gesagt 
haben  will.  Es  sind  Ungehörigkeiten  vorgekommen,  ge- 
wiß, zumeist  aber  nicht  von  Ammergauern,  sondern  von 
solchen  Auswärtigen,  die  die  Ammer'gauer  Erntezeit  zu 
einem  Privatschnitt  für  sich  selbst  benützten,  und  die  sich 
kein  Gewissen  daraus  machten,  jemanden  über  das  Ohr 
zu  hauen,  Nichtammergauer  oder  die  Ammergauer  selbst. 
Letztere  könnten  da  manches  Geschichtchen  erzählen,  wie 
sie  selbst  hereingelegt  wurden. 

Die  Post-  und  Verkehrsbilanz  von  Oberammergau  be- 
rechnet genau  nach  amtlicher  Statistik:  Postanweisungen 
einbezahlt  1010  910  Mk.,  ausbezahlt  592  967  Mk.  Es  wur- 
den also  rund  eine  halbe  Million  mehr  von  Oberammergau 
fort-  als  eingeschickt.  Die  halbe  Million,  die  ausbezahlt 
Vv'urde,  geht  auf  Geldbedürfnisse  der  Besucher  und  auf 
Zahlungen  für  Wohnungs-  und  Billettbestellungen.  Die 
wenigsten  Besucher  werden  aber  von  Oberammergau  aus 
Geld  wieder  fortgeschickt  haben;  soweit  wird  wohl  die 
halbe  Million  von  den  Ammergauern  selbst  bezahlt  worden 
sein  und  zwar  für  Vorbereitungs-  und  Einrichtungsauslagen 
und  für  Lebensmittel  zur  Verpflegung  der  Gäste.  Die 
Ammergauer  bekamen  aber  auswärts  nichts  umsonst,  son- 
dern mußten  mehr  als  irgend  andere  zahlen.  „Die  können's 
ja^'  hieß  es  und  jedes  Stück  Vieh,  das  aus  den  Bezirken 
rings  um  und  aus  Tirol  zum  Schlachten  nach  Oberammer- 
gau kam,  kostete  um  30 — 50 Oo  mehr  als  ein  anderes. 

Bis  ein  Gast  nach  Oberammergau  kam,  hatten  die 
Hoteliers  der  Hauptverkehrsorte  und  Sommertouristenplätze 
von  dem  zu  erwartenden  Profit  ein  gutes  Stück  Fett  ab- 
geschöpft, daß  für  Oberammergau  wenig  mehr  übrig  blieb. 

An  den  Einnahmen,  die  mit  dem  Oberammergauer 
Passionsspiel  zusammenhängen,  nehmen  weite  Kreise  außer- 
halb des  Ortes  ihren  namhaften  Anteil.  Es  hat,  wie  wir 
hörten,  Zeiten  gegeben,  wo  Oberammergau  schwer  um  sein 
Passionsspiel  ringen  mußte,  heute  ist  die  Gefahr  nicht  mehr 
vorhanden,  denn  wenn  heute  der  Ort  erklären  würde,  nicht 

—   Sl    —  6 


mehr  spielen  zu  wollen,  würde  eiligst  der  Herr  Staatsminister 
der  Finanzen  daherkommen  und  Oberammergau  ersuchen, 
doch  wieder  zu  spielen.  Denn  das  Passionsspiel  ist  eine 
Sache  geworden,  mit  der  der  Etat  des  Staatshaushaltes  alle 
zehn  Jahre  als  einem  willkommenen  Einnahmeposten  rechnet. 
Die  Einnahmen  aus  dem  Verkehr  auf  dem  rechtsrheinischen 
bayerischen  Eisenbahnnetz  betrugen  vom  1.  Januar  bis 
30.  September  1910  163  330  000  Mark,  das  ist  ein  Plus  von 
9  908  655  Mark  gegen  das  Vorjahr.  Die  Bahn  beförderte 
von  München  nach  Ammergau  über  eine  halbe  Million,  das 
Reisebüro  Schenker  allein  25  000  Personen.  An  Postwert- 
zeichen nahm  die  Post  1910  in  Oberammergau  874  676  Mk. 
ein;  schon  1900  stand  Oberammergau  mit  seinem  Briefpost- 
verkehr an  3.  Stelle  der  Welt,  an  erster  Paris  mit  seiner 
Weltausstellung,  an  zweiter  Rom  mit  seinem  Jahrhundert- 
jubiläum. Der  Motor-Postwagenverkehr  ertrug  84  844  Mk. 
Das  neue  Spiel  verlangt  horrende  Ausgaben.  Durch 
die  Hochherzigkeit  des  Herrn  Kommerzienrats  Arnold  fällt 
die  Ausgabe  von  30  000  Mark  für  Färben  der  Stoffe  weg. 
Das  Anstreichen  des  Theaters  kostet  allein  über  80  000  Mark. 
Man  glaubte  mit  450  qm  Rupfen  zur  Ausbesserung  der 
Wände,  Kulissen  u.  a.  durchzukommen;  bis  Ende  Oktober 
waren  schon  1000  qm  verbraucht.  Man  rechne  die  Arbeits- 
und Fuhrlöhne  dazu,  den  Holzpreis  usw.  Zum  Glücke  wur- 
den dann  noch  im  vergangenen  Jahr  die  größeren  Bau- 
arbeiten vorgenommen.  Mit  welchen  Ausgabeposten  das 
Unternehmen  zu  rechnen  hat,  geht  aus  folgender  Aufstellung 
hervor:  Instandsetzung  des  Passionstheaters  157  085  Mark, 
Bühnenmalerei  4000  Mk.,  Kostüme  60  000  Mk.,  Textbücher 
290  000  Mk.,  Reklamematerial  30  320  Mk.,  Musikinstrumente 
usw.  25  000  Mk.,  Versicherungen  9800  Mk.,  Heizung  zu  den 
Proben  9300  Mk.,  Straßeninstandsetzung  128  400  Mk.,  Kir- 
chenglocken 170  000  Mk.,  Wasserleitung  150  000  Mk.  Bis 
zum  Beginne  des  Passionsspiels  haben  die  Vorbereitungs- 
kosten längstens  schon  2  Millionen  überschritten.  Dazu  kommt 
noch,  was  der  Private  für  sich  noch  verbraucht  zur  Herstellung 
seiner  Häuslichkeit  bei  den  gegenwärtigen  Löhnen  und 
Materialpreisen.  Was  kostet  heutzutage  ein  Bett,  nachdem 
dessen  Ueberzug  allein  schon  über  1000  Mark  kostet? 
Und  das  soll  das  Spiel  hereinbringen?  Man  spricht  von 
Oberammergaunern  und  Oberammergeiern;  die  harten  Worte 

—   82   — 


sind  leicht  aus;gesprochen,  aber  was  alles  an  den  Ammer- 
gauern  saugt  und  nagt  und  von  ihnen  seinen  Profit  haben 
will  und  wirklich  auch  hat,  davon  sagt  man  nichts.  Schon 
im  Oktober  1921  wurden  in  ganz  Oberbayern  und  Schwaben 
die  Eier,  das  Stück  um  3  Mark  zusammengehamstert,  im 
Januar  1922  verlangte  man  von  Weilheim  aus  8  Mark  für 
das  Stück.  Wenn  nun  die  Zwischenhändler  und  Schieber 
alle  daran  verdienen  möchten,  würde  das  Ei  auf  6  bis 
10  Mark  kommen,  bis  es  in  Oberammergau  im  Eibecher 
stünde  und  dann  würde  natürlich  wieder  über  den  Ober- 
ammergauner losgezogen.  Solchen  Uebergriffen  hat  aber 
der  Ort  dadurch  vorgebeugt,  daß  er  die  ganze  Beliefe- 
rung von  Oberammergau  einer  reellen  auswärtigen  Ge- 
nossenschaft, der  landwirtschaftlichen  Zentrale  in  Regens- 
burg, übergeben  hat;  dadurch  ist  der  Ueberwucherung 
Einhalt  getan.  Jetzt  schimpfen  aber  natürlich  alle 
Händler  und  Spekulanten  über  die  Ammergauer.  In 
Gegenden,  wo  gewisse  Kreise  auf  einen  Millionensegen 
von  Oberammergau  her  warteten  und  demgemäß  alle  Preise 
schon  im  Sommer  zuvor  hinaufschraubten,  wurden  dann, 
als  Ammergau  sich  vor  Ueberwucherung  durch  gemein- 
same Einkäufe  aus  der  Ferne  sicherte,  Resolutionen  gefaßt 
gegen  das  Spiel,  weil  es  alles  verteure.  Nicht  die  Einheimi- 
schen, sondern  auswärtige  Spekulanten  sind  es,  die  auf  den 
Profit  im  Orte  in  erster  Linie  ausgehen.  Auswärtige  Speku- 
lanten sind  es,  die  Milhonenaufkäufe  von  Hotels  unter- 
nehmen, Spekulanten,  die  8—10  000  Mark  für  Auslagefenster 
zahlen.  Die  Hotelkäufe  haben  ihre  Berechtigung  bei  den 
internationalen  Ansprüchen  des  internationalen  Publikums 
an  Luxus  und  Komfort,  die  schhchte  bürgerliche  Häuser 
nicht  erfüllen  können,  deren  Bezahlung  aber  bei  den  jetzigen 
Valutaverhältnissen  ein  leichtes  wird.  Ob  aber  die  Hoff- 
nungen aller  auswärtigen  Händler  alle  befriedigt  werden, 
ist  eine  große  Frage  und  damit  eine  umso  größere,  ob  die 
Ammergauer  selbst  zu  den  versprochenen  Pachtgeldern 
kommen.  In  dieser  Beziehung  sind  bei  früheren  Spielen 
oft  genug  die  Ammergauer  selbst  die  Hineingefallenen  ge- 
wesen, die  mit  allen  ihren  Hoffnungen  das  Nachsehen  hat- 
ten. Tausende  sind  in  dieser  Beziehung  schon  von  den 
Ammergauern  selbst  verloren  worden.  Es  ist  gut  und  nur 
eine    Tat    der    Selbsterhaltung,     daß    verschiedene     örtliche 

—  83   —  6* 


unternehmende  Geschäfts-  und  Verlagshäuser  vom  Ort 
Kioske  und  Filialen  errichteten  und  so  die  auswärtige  Kon- 
kurrenz in  mächtige  Grenzen  zurückdämmten.  Dadurch 
allein  wurde  die  Reellität  und  die  Preiswürdigkeit  der  ört- 
lichen Angebote  gesichert.  Bürgermeister  Wilhelm  Rutz 
erklärte  mir,  es  wäre  ihm  am  liebsten,  wenn  Christus  aus 
dem  Tempel  treten  und  mit  seiner  Peitsche  alle  Schacherer 
aus  dem  Orte  verjagen  würde.  Hunderte  von  Angeboten 
kamen  an  die  Gemeinde,  z.  B.  zur  Genehmigung  von  Mine- 
ralwasserbuden, Konditoreien,  Verkaufsbuden  u.  dgl.  Die 
Gemeinde  hat  aber  einen  starken  Riegel  vorgeschoben,  daß 
das  Leben  um  das  Theater  nicht  in  einen  Jahrmarktbetrieb 
ausartet;  150  Meter  im  Umkreis  des  Passionstheaters  darf 
keinerlei    Verkaufsgelegenheit    eröffnet    werden. 

Wenn  es  um  die  Ehre  des  Ortes  und  Spieles  geht, 
bleibt  der  Oberammergauer  unerbittlich  und  unzugänglich 
gegen  die  glänzendsten  Verlockungen.  So  wurde  der  Ge- 
meinde für  das  Recht,  das  Passionsspiel  abzufilmen,  ein  An- 
gebot von  Millionen  von  Mark  gemacht.  Dieses  horrende 
Angebot  wurde  aber  abgelehnt  und  zwar  nicht  aus  dem 
Grunde,  die  Fremden  könnten  nicht  mehr  zum  Spiel  kom- 
men, wenn  sie  den  Film  sehen.  Die  Einbuße  wäre  sicher 
ausgeglichen  worden  durch  die  Reklame,  welche  der  Film 
dafür  in  aller  Welt  gemacht  hätte.  Aber  die  Ammergauer 
gingen  von  der  Erwägung  aus,  daß  die  Darstellung  des 
Leidens  Christi  nicht  auf  die  Profanbühne  gehöre.  Alle 
Bewegungen  im  Spiele  gehen  mit  Ruhe  und  Würde  vor  sich, 
sie  würden  durch  die  Filmwiedergabe,  der  keine  Tages- 
frist zur  Verfügung  steht,  unnatürlich  beschleunigt  und  da- 
mit verzerrt  und  lächerlich  gemacht. 

Der  Entschluß,  der  um  Ehre  und  Würde  des  Ortes 
und  seines  Spieles,  ein  Millionenangebot  zurückweist,  ist  die 
beste  Widerlegung  dafür,  daß  den  Ammergauern  das  Spiel 
heute  nichts  mehr  ist  als  eine  willkommene  Spekulations- 
gelegenheit. Und  dieser  Vorwurf  wurd  ihnen  oft  genug 
gemacht.  Kaum,  daß  der  Beschluß  gefaßt  wurde,  zu  spielen, 
setzten  schon  gehässigste  Aufhetzung  und  Verleumdung  ein. 
Man  sagte,  daß  das  Passionsspiel  eine  allgemeine  Lebens- 
verteuerung mit  sich  bringe.  Unter  dieser  Lebensverteue- 
rung hat  aber  der  Ammergauer  selbst  dann  am  meisten  zu 

—   84   — 


leiden,  denn  es  wird  doch  niemand  glauben,  daß  ein  Käufer 
bei  irgend  einem  Verkäufer  irgend  etwas  unter  dem  all- 
gem.einen  Preis  erhält,  wenn  er  sagt,  daß  er  Oberammer- 
gauer  ist.  Man  verlangte  von  der  Staatsregierung  direkt 
die  Nichtzulassung  des  Spieles,  man  drohte  mit  Boykott,  ja 
mit  Niederbrennen.  Man  denkt  aber  nicht  daran,  daß  Tau- 
sende nicht  bloß  am  Ort,  sondern  in  der  ganzen  Welt  durch 
das  Spiel  Arbeit  und  Verdienst  finden.  Wenn  schon  im 
Herbste  1921  in  unschönster  Weise  Wuchertum  und  Schie- 
berei unter  dem  Vorwand  der  Versorgung  von  Oberammer- 
gau blühte,  so  hatte  doch  den  Schaden  davon  nur  Ammergau 
selbst.  Wenn  sich  jetzt  durch  die  gutorganisierte  Zentral- 
versorgung Ammergaus  alle  Spekulanten  getäuscht  sehen, 
so  kann  das  für  jeden  rechtlich  denkenden  Menschen  nur 
eine  Genugtuung  sein. 

Oberammergau  wird  alles  aufwenden,  um  die  billigen 
Ansprüche  ihrer  Besucher  nach  Möglichkeit  und  in  recht- 
schaffener Weise  zu  erfüllen.  Ein  abschließendes  Bild  über 
die  Preise  können  bei  der  gegenwärtig  täglich  wechselnden 
Lage  des  Weltmarktes  und  Geldwertes  heute  nicht,  ja  kaum 
in  der  Zeit  des  Spieles  gegeben  werden.  Das  sei  aber  heute 
schon  gesagt,  daß  die  Gemeinde  alle  ihre  Besucher  soviel 
als  möglich  vor  allen  Ueberforderungen  schützen  und  sicher- 
stellen wird.  Die  Anordnungen  und  Preise  für  die  Quar- 
tiere werden  streng  festgesetzt  und  sowohl  in  den  Privat- 
quartieren als  Gasthöfen  und  Pensionen  von  der  Gemeinde 
und  den  vorbestellenden  Reisebüros  überwacht  werden.  Es 
werden  auch  diesesmal  wie  bei  früheren  Spielen  Anord- 
nungen getroffen  und  durch  Anschläge  in  den  Quartieren  für 
alle  Besucher  sichtlich  gemacht,  so  daß  sich  jeder  derselben 
sofort  darauf  berufen  und  sich  aller  Uebergriffe  erwehren 
kann.  Die  Eintritts-  und  Quartierpreise  sind  aus  den  Pro- 
spekten ersichtlich;  sie  wurden  von  verschiedenen  Seiten 
als  zu  hoch  befunden.  Die  Eintrittspreise  stufen  sich  auf  von 
10 — 100  Mark;  die  Preise  des  Privatpassionsspiels  in  Freiburg 
im  Sommer  1921  gingen  von  5 — 120  Mark  bezw.  für  Aus- 
länder 150  Mark.  Die  Pensionspreise  gingen  in  Freiburg 
ohne  Trinkgeld  pro  Tag  von  82—150  Mark.  Seitdem  ist 
aber  wiederum  eine  Preissteigerung  von  100 Po'  eingetreten, 
so  daß  die  gegenwärtigen  Ammergauer  Passionspreise  voll 
gerechtfertigt    sind.      Man    hält    sich    über    die    Preise    auf, 

—   85    — 


denkt  aber  nicht,  daß  in  die  angegebenen  Prospektpreise 
nicht  nur  die  Platzpreise  einberechnet  sind,  sondern  zvvei- 
maUges  Abendessen,  zweimaliges  Uebernachten  und  Früh- 
stück und  einmaliger  Mittagstisch  und  zwar  erstklassig,  allen 
Ansprüchen  gerecht  werdend.  Man  verlangt  von  Oberammer- 
gau, daß  es  Zahlungsunterschiede  macht  zwischen  Ein- 
heimischen und  Ausländern  und  nicht  mit  Unrecht.  Billig 
denkende  Ausländer  haben  sich  am  Orte  des  öfteren  dafür 
ausgesprochen,  anderseits  ist  schon  im  Herbste  1921  vom 
Auslande  ganz  energisch  Einsprache  gegen  eine  zweifache 
Einschätzung  erhoben  worden. 

Um  sich  nun  Plätze  und  Quartiere  für  die  Hauptspiele 
sicherzustellen,  sende  man  den  dem  Führer  beigelegenen 
Bestellzettel  an  das  gemeindliche  Wohnungsbüro  in  Ober- 
ammergau oder  wer  Reise-  und  Ortsaufenthalt  in  einem 
regeln  will,  an  das  „Amtliche  Bayerische  Reisebüro^^  in 
München,  Promenadeplatz  16,  Telephon  24  7  01,  oder  Haupt- 
bahnhof München,  Telegr.  „Weltreisen^^  Am  Ort  selbst 
ist  im  Hause  Lang  sei.  Erben  am  Hauptplatze  das  amtliche 
Reisebüro,  das  vom  Passionsspielkomitee  als  offizielle  Ver- 
tretung für  die  Passionsspiele  aufgestellt  ist  und  neben  der 
Auskunfterteilung  über  die  Passionsspiele,  Bestellungen  auf 
Eintrittskarten,  Unterkunft  und  Verpflegung  entgegennimmt. 

Zum  ersten  Male  wird  in  diesem  Büro  eine  amtliche 
Fahrkartenausgabe  eingerichtet,  so  daß  die  Spielbesucher 
sich  schon  im  Voraus  ihre  Fahrkarten  für  Rück-  oder 
Weiterreise  von  Oberammergau  besorgen  können.  Auch 
die  bayerische  Vereinsbank  (Oberammergau,  Bahnhofstraße) 
vermittelt  Plätze  und  Quartiere  in  allen  ihren   Filialen. 

Vermietung  von  Wagen  und  Autos,  Post-  und  Gesell- 
schaftsautomobilen, eine  besondere  Bankabteilung  für  Um- 
wechselung  ausländischer  Geldsorten,  Inkasso  von  Zirkular- 
noten und  Auszahlungen  auf  Kreditbriefe  bilden  die  notwen- 
digen Ergänzungen  zum  internationalen  Betrieb  dieses  Reise- 
büros. 

Weiteres  siehe  in  der  rückwärtigen  offiziellen  Aus- 
schreibung und  im   Inseratenteil. 

Ein  besonderer  Vorwurf  wird  den  Oberammergauern 
daraus  gemacht,  daß  sie  den  Bezug  der  Eintrittskarten  von 
gleichzeitiger  Bestellung  von  Quartieren  abhängig  machen. 

—   86   — 


Darauf  ist  wiederum  wie  beim  letzten  Passionsspiel  zu 
sagen:  „Es  existiert  kein  eigentlicher  Wohnungszwang*^ 
d.  h.  es  ist  niemand  direkt  gezwungen,  in  Oberammergau 
Wohnung  zu  nehmen.  Dagegen  wird  eingeworfen:  „Aber 
die  Billetten  sind  doch  in  den  Händen  der  Oberammergauer 
und  die  geben  keines  weg,  außer  man  bleibt  auch  bei  ihnen 
über  Nacht/'  Das  ist  nun  auch  wieder  nicht  richtig.  Der 
Oberammergauer  sagt  sich  nur:  „Wer  für  den  Ort  das 
größere  Opfer  bringt,  der  hat  das  Vorrecht  des  Billetts. 
Wer  also  bei  mir  über  Nacht  bleibt,  der  bekommt  also 
vor  dem  ein  Billett,  welcher  nicht  bei  mir  über  Nacht  bleibt. 
Meine  Gäste  gehen  mir  vor  den  sonstigen  Passionsbe- 
suchern.*' Und  dieser  Grundsatz  kann  dem  Ammergauer 
nicht  verübelt  werden.  Bleiben  dann  noch  Billette  über, 
dann  bekommen  diejenigen  welche,  die,  ohne  Wohnung  zu 
nehmen,  das  Passionsspiel  besuchen  wollen.  Das  ist  nicht 
anders  als  recht  und  billig  gedacht.  Einwurf:  „Aber  man 
soll  doch  nicht  von  vornherein  schon  den  Ammergauern 
allein  die  Billette  geben,  man  soll  sie  alle  freihändig  ver- 
kaufen.'' Darauf  sei  denn  doch  die  Gegenfrage  gestattet: 
„Ja,  wer  spielt  denn  eigentlich,  wer  nimmt  alle  Opfer  der 
Vorbereitung  und  alles  Risiko,  alle  Mühe  auf  sich,  die 
Ammergauer  oder  auswärtige  Spekulanten?"  Doch  wir  wollen 
einmal  dem  Einwurf  recht  geben;  da  sind  wir  aber  sofort 
wiedei  gezwungen,  eine  weitere  Frage  zu  stellen:  „Gut. 
Wie  soll  sich  nun  der  freihändige  Verkauf  gestalten?"  „Je 
nun,  wer  zuerst  kommt,  malt  zuerst." 

Gut,  dann  ginge  es  diesesmal  genau  so,  wie  es  im 
Jahre  1910  gegangen  wäre,  wenn  man  der  Entgegnung 
nachgegeben  hätte.  Damals  war  ein  bekanntes  Reisebüro 
schon  Ende  1907  an  das  Passionskomitee  gekommen  mit 
dem  Anerbieten,  dessen  rechtliche  Unanfechtbarkeit  dabei 
durchaus  nicht  t)ezweifelt  werden  soll,  das  Passionskomitee 
möchte  ihm  alle  Billette  für  alle  Haupttage  der  Saison, 
d.  i.  alle  Spiele  außer  den  Nachspielen,  gegen  sofortige 
Barzahlung  oder  jede  Garantie  für  Zahlung  zu  überlassen. 
Oberammergau  hätte  damit  jedes  Spielrisiko  weggehabt  und 
am  Ende  noch  reichen  Zins  eingenommen  zur  sicheren 
Barzahlung.  Jeder  Passionsbesucher  wäre  aber  von  den 
Bedingungen  des  genannten  ungenannten  Reisebüros  ab- 
hängig   gewesen.      Oberammergau    hat    natürlich    das    ver- 

—    87    — 


lockende  Angebot  abgeschlagen.  Welch  ein  Jagen  und 
Rennen  nach  den  Billetten  würde  beim  Freiverkauf  der 
Billetten  beginnen;  die  Preise  derselben  würden  sich  stei- 
gern; Großhoteliers  dieselben  zusammenkaufen,  die  Ober- 
ammergauer  wüßten  dann  selbst  nicht  mehr,  mit  wem  sie 
es  an  den  Spieltagen  zu  tun  hätten,  und  die  Spielbesucher 
würden  dann  gezwungen,  statt  in  Oberammergau  in  irgend 
einem  Hotel  Münchens  oder  einer  anderen  Großstadt  über- 
nachten zu  müssen.  Der  Münchener  Hotelier  würde  sagen: 
„Die  Billette  habe  ich;  wer  bei  mir  bleibt  und  niemand 
anderer  bekommt  eines. '^ 

Für  die  Verbilligung  des  Spieles  wäre  also  damit  ab- 
solut nichts  geschehen,  sondern  nur  das  Gegenteil  erreicht. 
Der  Passionsbesucher  wäre  aber  nur  gezwungen,  am  Tage 
der  Vorstellung  früh  erst  vom  Hotel  der  Großstadt  abzu- 
reisen und  von  der  Reise  abgehetzt  ins  Spiel  zu  kommen, 
statt  daß  er  sich  am  Ort  ausgeruht  hat  und  frisch,  ohne 
alle  Abspannung,  ins  Theater  kommt.  Oberammergau  hat 
denn  doch  auch  daran  Interesse,  seine  Zuhörer  möglichst 
aufnahmsfähig  vor  sich  zu  finden.  .   ^ 

Der  Zudrang  zu  den  Passionsspielen  wird  auch  diesesmal 
wie  in  den  früheren  Spielen  eine  Reihe  von  Nachspielen 
notwendig  machen,  doch  kann  die  Notwendigkeit  derselben 
am  Orte  nicht  bemessen  werden,  wenn  man  dort  nicht 
schon  mindestens  Sonntag  früh  genau  weiß,  ob  so  viel 
Leute  vorhanden  sind,  daß  ein  Nachspiel  angezeigt  ist. 
Darum  ist  es  auch  für  Nachspielbesucher  notwendig,  die 
Billette  für  die  Nachspiele  rasch  zu  bestellen  oder  am 
Vorabend  am  Ort  sich  zur  Entgegennahme  eines  Billets 
einzufinden.  Letzteren  Falles  sind  sie  aber  dann  auch  wieder 
gezwungen,  am  Ort  oder  in  der  Umgebung  Quartier  zu 
nehmen.  Von  München  geht  zu  den  Nachspielen  frühzeitig 
ein  Extrazug  ab.  Um  ihn  am  Ort  oder  von  den  Vororten 
aus  früh  genug  zu  erreichen,  um  bei  dem  zu  erwartenden 
Massenandrang  Platz  zu  finden,  wird  man  sehr  früh  auf- 
stehen müssen  und  kaum  die  Nacht  zuvor  gut  schlafen. 
Ob  man  dann  noch  aufnahmefähig  ist,  dem  71/2  stündigen 
Spiele  zu  folgen,  das  ist  eine  Frage  für  sich.  Man  tut  also 
gut,  auch  als  Nachspielbesucher  den  Abend  zuvor  in  den 
Ort  zu   kommen  und  wird  auch  dort  verhältnismäßig  nicht 

—   8S    — 


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Export 
nach  allen    Ländern   der  Welt 


Akt.-Ges.  iJk44A,/n^i4^^'M4^  München 

500  Jahre  bestehendes  Brauhaus 


zu  teuer  Quartier  erhalten.  Und  ob  man  zum  ruhigen 
Gesamteindruck  kommt,  wenn  man  unmittelbar  nach 
Spielschluß  oder,  wie  so  häufig  vorkommt,  unter  Ver- 
zicht auf  den  Schluß  sich  sofort  in  den  Kampf  um  die 
Rückreisegelegenheit  stürzt  und  dann  todmüde  gegen  Mitter- 
nacht nach  Hause  kommt,  läßt  sich  sehr  bezweifeln.  Da 
dürfte  es  denn  doch  auch  wieder  besser  sein,  nach  dem 
Spiel  im  Orte  zu  bleiben;  ich  beabsichtige  damit  durchaus 
nicht,  den  Oberammergauern  Hasen  in  die  Küche  zu  jagen, 
aber  es  ist  doch  leicht  ersichtlich  und  sofort  klar,  daß  bei 
dem  Drang,  möglichst  schnell  vom  Orte  wegzukommen, 
die  Gefahr  entsteht,  daß  die  Nachbarquartiere  in  der  Um- 
gegend und  speziell  in  München  überfüllt  und  dementspre- 
chend entweder  weniger  komfortabel  und  ruhig,  aber  noch 
teurer  als  am  Ort  ausfallen.  Wer  am  Ort  bleibt,  kann  Quar- 
tiere genug  finden  oder  das  seine  schon  belegte  meist 
behalten;  es  ist  ihm  freigestellt,  mit  dem  Wohnungsbesitzer 
zu  unterhandeln  und  er  wird  in  der  Regel  das  größtmöglichste 
Entgegenkommen  finden;  er  wird  noch  einen  interessanten 
Abend  mit  den  Oberammergauern  erleben,  die  nach  gut 
gelungenem  Spiele  gerne  mit  den  Fremden  plaudern,  und 
nach  den  doch  nicht  geringen  Anforderungen  an  die  Ner- 
ven nach  achtstündiger  Spielaufmerksamkeit  im  Orte  viel 
ruhiger  schlafen  und  sich  besser  erholen,  als  wenn  er  sich 
unmittelbar  nach  dem  Spiel  in  neue  Kämpfe  um  Fahrge- 
legenheit, Nachtquartier  stürzt  oder  noch  stundenlange 
Gewaltmärsche  macht. 

Das  Passionsspiel  soll  doch  einen  Eindruck  für  das 
Leben  und  eine  bleibende  Erinnerung  zurücklassen.  Wer 
das  Spiel  mit  Ruhe  und  Muße  besichtigt  und  zuvor  oder 
darnach  sich  auch  noch  mit  Land  und  Leuten  angefreundet 
hat,  wird  das  ausgegebene  Geld  nicht  bereuen;  wer  zu 
keinem  wirkhchen  Genuß  und  zu  keiner  innerlichen  Er- 
hebung gekommen  ist,  für  den  ist  auch  das  weniger  aus- 
gegebene Geld  umsonst  ausgegeben.  Heutzutage  klingt  es 
ja  so  hell  und  locker  in  der  Tasche  und  es  kann  nur  allen 
Kreisen  zum  Nutzen  gereichen,  wenn  mehr  auf  ideale  Zwecke 
verwendet  würde  als  bisher. 


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7,  KAPITEL. 


Die  Spielkräfte, 


enn  wir  von  den  Spielkräften 
reden,  so  dürfte  es  auch  für 
;esmal  Sache  der  Dankbarkeit  und 
Pietät  sein,  jener  Männer 
zu  gedenken,  welche  in 
früheren  Passionsspielen 
diesem  zu  Ruhm  und  Ehre 
verhalfen.  Es  tauchen  da 
Namen  auf,  die  für  alle 
Zeiten  unvergänglich  mit 
der  Geschichte  des  Spieles 
verbunden  sind.  Ich  nenne 
da  in  erster  Linie  die  Chri- 
stusdarsteller Flunger  und 
Mayr.  Tobias  Flunger,  der 
1850  Christus  und  1860 
Pilatus  war,  hat  Ober- 
ammergau in  erster  Linie  zu 
danken,  daß  die  Passions- 
darstellungen auf  den  gewiß  durch  kritische  Vergleichung 
wählerisch  und  anspruchsvoll  gewordenen  Eduard  Devrient 
einen  so  bedeutenden  Eindruck  machten  und  er  der  Herold 
der  Passionsspiele  für  die  große  internationale  Welt  wurdcu 
Wenn  Devrient  auch  Flungers  Sprache  als  etwas  monoton 
schildert,  so  fand  er  seine  Erscheinung  so  vortrefflich,  „daß 
wir  uns  der  künstlerischen  Täuschung  vollständig  hingeben 
können.'^   (f   1887.). 


Tobias  Flunger, 
1850  Christusdarsteller 


90 


Und  den  unvergleichlichen  und  unvergeßlichen  Christus- 
darsteller der  Jahre  1870,  1871,  1880  und  1890  und  Prologus 
des  Jahres  1900  Joseph  Mayr,  wer  kennt  ihn  nicht,  wer 
hat  ihn  nicht  gesehen  als  Christus,  wie  er  mit  vollendeter 
Majestät  die  Händler  aus  dem  Tempel  trieb,  mit  weihevoller 
Hoheit  vor  dem  hohen  Rate  stand,  wie  er  mit  heiliger 
Würde  vom  Kreuze  die 
letzten  Worte  hinab  zu 
den  Spielern  und  hinauf 
zum  Himmel  rief?  Wer 
hat  ihn  nicht  gesehen, 
wie  er  als  Prologus  wie 
ein  Prophet,  ein  zweiter 
Moses     oder     Elias     mit 

wahrhaft  königlicher 
Würde  auf  die  Vorbühne 
schritt?   Er  hat  einen  Ty- 
pus  geschaffen,   den   wir 
seitdem      in     unzähligen 

Christusdarstellungen 
wieder  finden.     Er  starb 
im  Jahre  1903. 

Neben  ihnen  taucht 
die  markige,  imponierende 
Gestalt  des  Bürgermei- 
sters Johann  Lang  auf, 
der  so  überragend  1870 
bis  1890  den  Kaiphas 
spielte  und  1900  noch 
sterbenskrank  die  Proben 
leitete  und  dessen  Name 

mit  der  Entwickelungsgeschichte  des  Ortes  und  seines  Spieles 
unvergänglich  verknüpft  bleibt. 

Wir  erinnern  an  den  ausgezeichneten  Judas  Gregor 
Lechners,  an  die  so  charakteristische  Petrusgestalt  Hetts, 
an  die  prachtvollen  Chorführergestalten  Michael  und  Johan- 
nes Diemer,  deren  musikalisches  Talent  sich  auf  ihren  Ur- 
enkel und  Großneffen  vererbt  hat.  Guido  Diemer,  dem 
Sohne  Professor  Zeno  Diemers. 

Aber  auch  die  Zwischenzeit  seit  1910  hat  eine  Reihe 
von  hervorragenden  Kräften  hinweggerafft.     Es  sei  nur  er- 


Joseph  Mayr 

1870,  1880  und  1890  Christusdarsteller, 

1900  Prologsprecher 


91 


innert  an  den  ehemaligen  Pilatus-  und  Petrusdarsteller 
Thomas  Rendl  (f  6.  Okt.  1916);  seine  letzte  Rolle  1910 
war  der  Simon  von  Bethanien.  Ganghofer  hatte  seinerzeit 
in  ihm  für  seinen  Herrgottsschnitzer  den  besten  Darsteller 
des  Leandl  gefunden.  Er  war  der  getreue  Kastellan  des 
Hauses  Hillern,  ein  Biedermann  durch  und  durch  wie  sein 
Freund  Andreas  Braun  (f  19.  Aug.  1920),  dessen  man  als 
josef  von  Arimathäa  nicht  vergessen  wird,  wenn  man  sich 
der  Worte  erinnert,  mit  welchen  er  den  vom  Kreuz  ge- 
nommenen Christus  in  seine  Arme  nahm.  Es  war  einer  der 
besten  Herrgottsschnitzer,  er  schuf  besonders  Christuskor- 
pusse in  großen  Ausmaßen  für  Kirchen-  und  Missionskreuze. 
Von  den  „Aposteln^^  starben  Andreas  (Alois  Gerold)  und 
Thaddäus  (Joseph  Kurz).  Charakteristische  Gestalten  waren 
auch  Oppenrieder  als  Annas,  der  Händler  Jos.  Hochenleitner 
Spegel,  die  beiden  Wolf  als  Herodesbegleiter  und  Kain, 
Andreas  Stadler  als  Abendmahlsdiener  und  Schiestl  Anton, 
einer  der  Henkersknechte,  Richard  Lang  als  Lazarus;  gedacht 
sei  noch  des  Schutzgeistes  und  trefflichen  Tenorsolisten  von 
1910,  Paul  Mayr,  gestorben  in  einem  Lazarett  1918,  und 
des  früheren  Schutzgeistes  (70 — 90)  Korbinian  Rutz,  sowie 
des  Theater-Oberkontrolleurs  Franz  Rutz.  Mit  Wehmut  denkt 
man  an  die  große  Ernte  des  Todes,  die  er  seit  dem  letzten 
Spiele  besonders  w^ährend  des  Krieges  hielt.  Beim  „Weißbier- 
wirt^*  (Ambronia)  ist  das  ganze  Haus  ausgestorben,  nur  der 
alte  Vater  ist  übrig  geblieben. 

Einen  ganz  besonders  schweren  Verlust  erlitt  Ober- 
ammergau im  Vorjahre  durch  den  plötzlichen  Tod  des  Chefs 
des  Hauses  Georg  Lang  sei.  Erben,  Kommerzienrat  Guido 
Lang.  Im  Passionsspiel  trat  er  als  Mitspieler  weniger  hervor, 
er  dürfte  allen  Besuchern  des  Spieles  dennoch  in  Erinnerung 
sein  als  Vorleser  des  Pilatusurteils.  Sein  Hauptverdienst 
inbezug  auf  das  Passionsspiel  lag  auf  anderem  Gebiet.  Er 
w^ar  Jahrzehnte  lang  die  Seele  und  der  Leiter  des  kauf- 
männischen Betriebes  und  der  internationalen  Organisation 
der  Spielvorbereitungen  und  ihrer  Durchführung.  Wie  seine 
Vorfahren  wachte  er  strenge  über  den  unbezahlbaren  Schatz 
der  Manuskripte  früherer  Spiele;  wo  er  aber  sah,  daß  ernstes, 
förderndes  Forschen  sich  damit  beschäftigen  wollte,  zeigte 
er  verständnisvolles  Entgegenkommen.  Er  gab,  wie  schon 
an  anderer  Stelle  näher  bemerkt,  mit  Queri  den  1662  er  Text 

—  92   — 


in  prächtigem  Faksimiledruck  heraus  und  machte  es  mir 
möghch,  durch  Vergleich  mit  seinen  Spiel-  und  Gesangs- 
textbüchern die  Originale  der  1811er  und  1815  er  Texte 
festzustellen.  Er  wirkte  unermüdlich  als  Gemeinde-  und 
Distriktsrat,  der  Krankenkasse,  als  Aufsichtsrat  und  Förderer 
der  Fachschule,  Bibliothek  und  allen  sonstigen  gemein- 
nützigen Organisationen  und  Veranstaltungen.  Den  Ruf 
seines  Hauses  als  Weltfirma  hielt  er  nicht  nur  aufrecht, 
sondern  erweiterte  ihn  noch,  indem  er  und  seine  Anver- 
wandten im  Auslande  neue  Geschäftsverbindungen  anknüpften. 
Zahlreichen  Schnitzern  gab  er  dauernd  Beschäftigung  und 
ließ  sie  auch  nicht  im  Stich,  wenn  ungünstige  Zeiten  Ge- 
schäftsstockung brachten.  Viele  Tränen  der  Not  hat  er  ge- 
lindert, das  Oberammergauer  Museum  ist  sein  Werk,  ebenso 
die  Entstehung  des  Kriegerwaisenheims  sein  Verdienst.  — 
Kommerzienrat  Lang  machte  im  Herbste  1921  eine  Reise; 
er  wurde  am  2.  Oktober  in  Weilheim  von  einer  Herzschwäche 
befallen  und  starb  noch  in  selber  Nacht  im  Krankenhaus  zu 
Weilheim.  Mit  ihm  ist  einer  der  Großen  von  Ammergau 
dahingegangen,  dessen  Andenken  fortlebt  wie  das  z.  B.  eines 
Daisenberger,  Dedler,  Johann  Lang,  Jos.  Mayr.  Seine  Firma 
wird   von   Gattin   und    Tochter   in    alter   Weise   fortgeführt. 

Die  Männerwelt  scheidet  in  Oberammergau  in  der  Regel 
erst  mit  dem  Tode  von  der  Passionsbühne;  anders  ist  es 
mit  der  Frauenwelt.  Nach  altem  Herkommen  können  ver- 
heiratete Frauen  zwar  noch  im  „Volke^'  aber  nicht  mehr  in 
führenden  Stellen  am  Spiele  mitwirken.  Deswegen  haben  wir 
an  dieser  Stelle  einzelner  derselben  zu  gedenken,  auch  wenn 
sie  noch  am  Leben  sind. 

Von  den  früheren  Mariendarstellerinnen  ist  die  vorzüg- 
liche Maria  des  Jahres  1890,  der  Tochter  des  Bürgermeisters 
Johann  Lang,  Rosa,  Rote  Kreuzschwester  geworden;  Anna 
Flunger  (Maria  1900),  eine  Enkelin  des  Christus-Flunger, 
hat  den  Postboten  Bierprügel  von  Oberammergau  geheiratet, 
eine  Schwester  ihres  Vaters  war  ebenfalls  (1870)  Maria 
und  starb  als  Schreinermeistersgattin  in  Landshut;  Ottilie 
Zwink  (Maria  1910)  verheiratete  sich  mit  dem  Sohn  des 
ehemaligen  Bürgermeisters  Sebastian  Bauer,  dem  Bildhauer 
und  Schnitzwarenverleger  Johann  Bauer.  Die  Magdalena- 
darstellerin von  1910,  Marie  Mayr,  hat  sich  nach  Amerika 
verheiratet.  ^ 


Q3 


Der  diesmaligen  Wahl  zum  Passionskomitee  ging  am 
Palmsonntag,  den  20.  März  1921,  eine  Versammlung  der  Mit- 
wirkenden früherer  Passionsspiele  sowie  der  sonstigen  Ein- 
wohner, soweit  sie  im  Jahre  1910  das  Bürgerrecht  in  Über- 
ammergau  besessen  haben,  voraus,  die  den  Beschluß  zu 
fassen  hatte,  ob  überhaupt  gespielt  werden  soll  oder  nicht. 
Gründe  und  Gegengründe  wurden  erwogen.  Die  bedenkliche 
politische  und  finanzielle  Lage  ganz  Deutschlands,  die  Er- 
nährungsschwierigkeiten, hohen  Verkehrspreise,  Geldentwer- 
tung, die  Verstimmung  der  Ausländer,  alles  wurde  in  Be- 
tracht gezogen.  Anderseits  sollte  ein  Aufwärtsstreben  und 
Wiederaufbau  gefördert,  Handel  und  Verkehr  sollten  wieder 
ins  Leben  gerufen  werden.  München  drängte  dazu,  woselbst 
die  Gewerbeschau,  die  Kunstausstellung  und  die  Opern- 
festspiele eines  Zuzuges  bedürfen  und  sich  von  der  Gleich- 
zeitigkeit der  Passionsspiele  einen  solchen  erhoffen.  Den 
Ausschlag  gab  dann  der  innere  Antrieb  und  die  Liebe  zum 
Spiel,  die  nie  erkaltet,  und  die  Sprache  des  Gewissens,  das 
sich  von  der  Erfüllung  des  Gelübdes  unter  allen  Umständen 
nicht  entbunden  fühlte.  So  ergab  die  Abstimmung  ein  Für 
von  262  und  ein  Dagegen  von  57  Stimmen.  Auf  Grund  dieses 
Resultates  erklärte  der  Gemeinderat  in  seiner  Sitzung  am 
22.  März  1921,  daß  die  Passionsspiele  1922  stattzufinden 
haben  und  sofort  mit  den  Vorarbeiten  zu  beginnen  sei.  Das 
erste  mußte  nach  Ortsbrauch  die  Bildung  des  Passions- 
komitees sein,  welches  durch  Zuwahl  weiterer  6  Mitglieder 
zum  Gemeinderat  sich  vollzieht.  Diese  Wahl  geschah  bisher 
lediglich  durch  den  Gemeinderat,  diesesmal  zum  erstenmal 
durch  die  Gesamtheit,  welche  die  Urabstimmung  gehalten 
hatte.  Aus  derselben  gingen  die  Herren  hervor:  Schnitz- 
schuldirektor a.  D.  Ludwig  Lang,  Zeichenlehrer  Lechner, 
die  Bildhauer  Alois  Schmied,  Peter  Rendl  und  Andreas 
Lang  (Hs.-No.  165),  Bahnhofrestaurateur  Anton  Bierling  als 
Vertreter  des  Ortsmusikkorps,  dem  er  schon  seit  Jahrzehnten 
als  verdientes  Mitglied  (Posaunist)  ang-ehört.  Zu  Ehrenmit- 
glieder des  Passionskomitees  wurden  ernannt  Geistlicher  Rat 
und  Pfarrer  Monsignore  Joseph  Schröder  und  Altbürger- 
meister Sebastian  Bauer,  der  seit  1900  Pilatusdarsteller  und 
seit  dem  Tode  Mayrs  bis  1918  Bürgermeister  war.  Diese 
Herren  bildeten  nun  mit  den  Gemeinderats-Mitgliedern  (Seb. 
Schauer,  Hans  Mayr,  Jos.  Leiß,  Anton  Haser,  Bened.  Klucker, 

-   94   — 


Ludwig  Wolf,  Leo  Rutz,  Guido  Mayr,  Wilh.  Lang,  Georg 
Lang,  Konr.  Stadler,  Joli.  Niggl),  an  deren  Spitze  Bürger- 
meister Wilhelm  Rutz  stellt,  das  Passionskomitee.  Wilhelm 
Rutz  war  beim  Passionsspiel  1900  Nikodemus,  1910  Rabbi 
Archelaus. 

Die  Vorbereitungen  fordern  eine  Unsumme  von  Arbeit  und 
darum  muß  die  Teilung  derselben  in  weitem  Umfange  durch- 
geführt werden.  Aus 
dem       Hauptausschuß 

wurden  Unteraus- 
schüsse gebildet:  ein 
Ausschuß  für  das 
Kassawesen,  für  Bau-, 
Straßen-,  Verschöne- 
rungs-,  Licht-,  Wasser-, 
Preß-  u.  Propaganda- 
angelegenheiten.  Fach- 
schuldirektor Ludwig 
Lang,  der  nunmehr 
78  Jahre  alt  ist,  trat 
von  der  Spielleitung 
zurück,  wird  aber,  das 
ist  bei  ihm  nur  selbst- 
verständlich, auch  den 
zukünftigen  Spielleiter 
mit  Rat  und  Tat  unter- 
stützen. Er  hat  großen 
Anteil  an  der  Entwick- 
lung der  Ammergauer 
Passionsspiele.  Von 
1880  an  war  er  schon 
die  rechte  Hand  des 
Spielleiters  Bürgermei- 
ster Lang  und  führte 

die  Regie  der  lebenden  Bilder,  deren  Weltruf  in  erster 
Linie  ihm  zu  danken  ist,  und  des  Garderobewesens. 
1900  übernahm  er  bei  der  Erkrankung  und  mit  dem  Tode 
Bürgermeister  Längs  die  Gesamtleitung.  Sein  ganzes  Leben 
gehörte  außer  der  Schnitzkunst  dem  Spiele.  Immerwährend 
war  er  bestrebt,  sie  zu  vervollkommnen  und  eine  ganze  Bib- 
liothek von   Theater-  und   Kostümwerken  sammelte  er  sich 


Ludwig  Lang.  Schnitzschuldirektor  a.  D. 


95    — 


hiefür.  Die  ehrendsten  Angebote  als  Leiter  verschiedener 
anderweitiger  Passions-  und  sonstiger  anderer  Theaterunter- 
nehmungen der  alten  und  neuen  Welt  schlug  er  aus  und  der 
geborene  Ammergauer  blieb  der  Heimat  treu  bis  heute.  Er 
^enießt  aber  auch  im  ganzen  Orte  das  Ansehen  und  die 
dankbare  Verehrung  wie  seinerzeit  der  Geistliche  Rat  Daisen- 
berger. 

An  seiner  Stelle  winde  der  Bildhauer  Georg  Johann 
Lang  als  Spielleiter  gewählt.  Georg  Lang  ist  schon,  che  er 
in   die   Regisseurlaufbahn   eintritt,   „eine   Qröße^^     Er   mißt 


Georg  Lang,  Spielleiter 

nämlich  1,96  Meter  und  war  seinerzeit  in  München  der 
größte  Mann  des  Infanterie-Leibregiments  und  damit  wohl 
der  bayerischen  Armee  überhaupt.  Er  hat  sich  als  Bild- 
hauer und  zwar  nicht  nur  nach  Vorlagen,  sondern  als  selbst- 
schaffender Künstler  einen  Namen  gemacht.  Kreuzigungs- 
gruppen von  ihm  und  Grabmäler  stehen  in  Berlin,  Düssel- 
dorf, München,  in  England.  Ein  prachtvoller  Sebastian  von 
ihm  erhielt  in  der  Münchener  Kunstausstellung  die  goldene 
Medaille,  er  ging  in  den  Besitz  des  Prinzen  Georg  von 
Sachsen  über.  Bei  mehreren  Preiskonkurrenzen  erhielt  er 
erste  und  zweite  Preise.     In  dem  Schlosse  Linderhof  stehen 


C6 


von  ihm  Figuren  der  Jahreszeiten;  zahlreich  sind  die  Krieger- 
denkmäler, die  er  für  die  umliegenden  Orte. sowohl  als  für 
weiteste  Entfernungen  schuf.  Das  Grabmal  der  Frau  von 
Hillern  in  Oberammergau  ist  sein  Werk.  Auch  als  Leiter 
von  Vereinstheater-  und  Uebungsspielen  hat  er  sich  be- 
währt. Der  Vater  Georgs  ist  der  Mesner  Sebastian  Lang, 
der  frühere  treffliche  Nathanael-,  Kaiphas-  und  Annasdar- 
steller und  Neffe  des  Geistl.  Rat  Daisenbergers. 

Pfarrer  Hausprälat  Sr.  Heil,  des  Papstes  und  Geistl. 
Rat  Joseph  Schröder  ist  am  2.  Juli  1921  nach  langjährigem 
schweren  Leiden  gestorben.  Er  war  ein  vorzüglicher  Predi- 
ger und 'Studien  in  Italien  und  Paris  hatten  ihm  große  Lebens- 
gewandtheit und  umfangreiche  Sprachkenntnisse  gegeben, 
was  ihm  am  Orte  sehr  zugute  kam.  Er  war  ein  großer 
Freund  der  Kinder  und  hat  sich  viel  um  die  Verschönerung 
der  Kirche  bemüht;  dieselbe  erhielt  unter  seiner  31jährigen 
Tätigkeit  gemalte  Fenster,  1897  ein  neues  Geläute,  das 
aber  dem  Kriege  zum  Opfer  fiel.  Seine  letzte  Freude  war, 
daß  die  Versammlung  der  Holzrechtbesitzer  einen  Zuschuß 
von  50  000  Mark  zur  Herstellung  eines  neuen  Geläutes  ge- 
währte und  daß  ihm  Bürgermeister  Rutz  die  Versicherung 
geben  konnte,  daß  im  Passionsjahr  wieder  feierlich  ein 
solches  durch  das  Ammertal  klingen  wird.  Er  wurde  unter 
großer  Teilnahme  am  6.  Juli  an  der  Nordseite  der  Kirche 
zur  letzten  Ruhe  gebettet. 

Als  Nachfolger  des  H.  Prälaten  Schröder  wurde  er- 
nannt Pfarrer  Franz  Heimbucher,  ein  Neffe  des  als 
theologischer  Schriftsteller  und  Historiker  hochgeschätzten 
Lyzealprofessors  Dr.  Max  Heimbucher  in  Bamberg.  Pfarrer 
Heimbucher  ist  selbst  ein  vorzüglicher  Baritonsänger  und 
Violinspieler  und  für  alles  Künstlerische  hochbegeistert. 
Seine  früheren  Wirkungsorte  Fürstenfeldbruck  und  Oberau 
ließen  ihn  ungern  scheiden.  Mit  Freude  und  Begeisterung 
trat  er  seine  Wirksamkeit  in  Oberammergau  an  und  wurde 
ihm  dortselbst  ein  feierlicher  Empfang  bereitet.  Der  Zu- 
fall wollte  es,  daß  seine  Installation  gerade  hundert  Jahre 
nach  der  Primiz  des  H.  H.  Geistl.  Rates  Daisenberger 
stattfand.  Der  Kirchenchor  führte  dabei  Mozarts  Krönungs- 
messe auf.  Er  hat  sich  seitdem  überall  gut  eingeführt  und 
genießt  allgemeines  Vertrauen.  Da  mit  den  örtlichen  und 
persönlichen   Verhältnissen   des   Ortes   nicht  bekannt,   nahm 

—  97   —  7 


er  an  der  Personenwahl  noch  nicht  teil  und  trat  erst  nach 
derselben  ins  Komitee  ein. 

Die  Personenwahl  geschieht  durch  das  Komitee  und 
dessen  21  Mitglieder  und  zwar  in  drei  Wahlgängen.  Zuerst 
war  eine  freie  Auswahl  unter  allen  Gemeindeangehörigen, 
die  natürlich  eine  große  Zersplitterung  der  Stimmen  hervor- 
rief. Lieber  jeden  einzelnen  wurde  in  wochenlangen  Abend- 
sitzungen beraten  und  auf  Grund  dieser  Besprechungen  nach 
der  ersten  Vorschlagsliste  eine  engere  Wahl  mittelst  Wahl- 
zettel vorgenommen,  die  immerhin  noch  zwei  bis  dre\  Kan- 
didaten für  manche  Rollen  nominierte.  Wieder  gab  es  lange 
Besprechungen.  Endlich  wurde  auf  Montag  den  7.  Novem- 
ber die  Hauptwahl  angesetzt.  Zu  dieser  waren  von  aus- 
wärts verschiedene  Berichterstatter  gekommen.  Im  Orte 
erwartete  man  mit  Spannung  das  Resultat.  Innerhalb  des 
Komitees  hatten  sich  die  Unterredungen  und  Vorwahlen  in 
voller  Ruhe  und  Harmonie  abgewickelt  und  auch  in  der 
Gesamtbevölkerung  kam  es  nicht  zu  größeren  Spaltungen. 
Zwei  Strömungen  gab  es  allerdings,  eine,  die  die  alten,  be- 
währten Kräfte  alle  wieder  auf  die  Bühne  bringen  wollte, 
eine  andere,  die  eine  weitgehende  Verjüngung  des  Per- 
sonals anstrebte.  Beide  Richtungen  hatten  ihre  Berech- 
tigung. 

Der  Hauptwahl  ging  nach  altem  Herkommen  ein  feier- 
licher Gottesdienst  voraus  und  dann  begann  die  Wahl,  die 
den  ganzen  Tag  und  mit  den  kleineren  Rollen  noch  mehrere 
Abende  in  Anspruch  nahm.  Die  Hauptwahl  geschah  durch 
Ballotage.  lieber  jeden  der  nach  dem  zweiten  engeren 
Wahlgang  vorgeschlagenen  Kandidaten  wurde  geheim  mit 
Kugeln  abgestimmt.     Das  Resultat  ist  nachstehendes: 

(00  und  10  bedeuten  die  vorangegangenen  Spiele  1900 
und  1910  und  daneben  ist  die  damalige  Rolle  der  Haupt- 
spieler angegeben.  Wo  eine  Zahl  fehlt,  ist  1910  zu  lesen, 
wo  solche  Angabe  ganz  fehlt,  behielt  der  Spieler  seine  alte 
Rolle.  Die  nichteingeklammerten  Ziffern  bedeuten  die  Haus- 
nummer zur  Unterscheidung  gleichlautender  Namen.) 

1.   Spielleiter:  Johann    Georg-    Lang 

Miisikdiiigent:  Ludwig  Wittmann. 

Prolog:  Anton   Lechner 

Chorführer:  Guido   Diemer 

Oberkontrolieur:  Oskar  Zwink 

-    98    - 


Christus 

Petrus 

Johannes 

Judas 

Kaiphas 

Annas 

Pilatus 

Herodes 

Nathanael 

Rabbi    Archelaus 

Josef  von  Arimathäa 

Nikodemus 

Ezechiel 

Josue 

Sadok 

Maria 

Magdalena 

Thomas 

Jakobus  maj. 

Mathäus 

Thaddäus 

Philippus 

Simon 

Jakobus'  min, 

Andreas 

Bartholomäus 

Simon   von   Bethanien 

Lazarus 

Martha 

Markus 

Longinus,   röm.   Hauptm. 
Selpha,  Rottenführer 
Simon   von   Cvrene 


Lang  Anton 

Lang  Andreas  (00  Rabbi) 

Breitsamter  Melchior  (Volk) 

Mayr  Guido   (Sänger) 

Rutz  Hugo  (Sänger) 

Lang  Sebastian  (00  Kaiphas) 

Mayr  Hans  (Herodes) 

Breitsamter  Greg.  (10  Kaiph.,  00  Nath.) 

Lang  Alois  (Volk,  ägypt.  Josepii) 

Mayr  Josef  176  (Volk) 

Rendl   Peter   (00  Johannes) 

Lang  Wilhelm  (00  Surias) 

Schauer  Sebastian 

Uhl   Eduard   (Volk) 

Breitsamter  R.  sen.  (00  Ezech.,  10 Nath.) 

Veit  Martha   (Volk) 

Rendl  Paula   (Volk) 

Mayr  Anton 

Albrecht  Josef 

Lang  Andreas   165 

Dedler  Mathias 

Klucker   Benedikt 

Hochenleitner  Martin  sen. 

Bierling    Andreas    16  a 

Schmid  Alois 

Lang   Eduard  138 

Zwink   Hans   sen.   156   (90—10  Judas) 

Maderspacher  Leonhard 

Bauer    Anna 

Lang  Rochus  (Vater  d.  Christus  Lang, 

früher  Herodes) 
Haser   Anton 
Nairz  Peter  jun. 
Kratz    Andreas 


u.    10    Pilatus) 


Ratsmitglieder: 

Äser 

Albl    Andreas 

Amiel 

Bold    Ludwig 

Dariabas 

Bauer    Sebastian    (0( 

Rabinth 

Haser  Josef 

Oziel 

StückI  Max 

Josaphat 

Lang   Franz   Nr.   27 

Rabbi    Jakob 

Spegl    Max 

Mererie 

Gindhart  Klement 

Samuel 

Schallhammer  Georg 

Gason 

Albrecht    Andreas 

Amon 

Bold  Andreas 

Nathan 

Bierling   Josef   23  c 

Salomon 

Nairz  Peter  sen. 

Ptolomäus 

Samm  Alois 

Saras 

Wiedemann  Andreas 

Balaan 

Gebhard  Heinrich 

99 


Gamalicl 

Gerum    Alois 

Arne  ran 

Lämmer    Josef 

Dathan 

Mayr  Andreas 

Esron 

Bauer  Siegfried 

Ephraim 

Allinger   Karl 

Albiron 

Lang  Emanuel 

Kose 

Lang  Andreas  36 

Moses 

Guggemos  Alois 

Booz 

Zeugen: 

Lindele  Andreas  sen. 

Nun 

Albl  Sebastian 

Eliab 

Bold   Heinrich 

Gaad 

Daisenberger  Michael 

EHazar 

Albl  Anton 

Raphim 

Bierling  Franz  27  m 

Baruch, 

Abendmahldiener 

Hochenleitner  Josef  Nr 

Hofherren    bei 

Herodes: 

Nasses 

Lang  Franz  Nr.  9 

Manasses 

;                      > 

Bierling   Roman 

Zabulon, 

Diener  bei  Herodes 

Führer   Josef   jun. 

Hofherren    bei 

Annas: 

Sydrach 

Schauer    Max 

Misael 

Schwalb   Tobias 

Esdras,    1 

Diener   bei    Annas 

Stückl  Josef  sen. 

Malchus, 

Rott-Soldat 

Stückl  Josef  jun. 

Baibus,   ] 

Rott-Soldat 

Verspotter: 

Gstaiger  Johann 

Levi 

Mayr   Hubert 

Panther 

Samm  Bartholomäus 

Melchi 

Gerold  Alois 

Abdias 

Albl    Josef 

Arphaxad 

Köpf   Mathias 

Dan 

Henker: 

Lang  Georg  jun.  41 

Katihna 

Mayr  Hans  jun.  40 

Faustus 

Hochenleitner  Xaver 

Nero 

Lang    Hugo 

Agrippa 

Madersspacher  Mathias 

Oberliktor 

Lang  Franz  86 

Rechter 

Schacher 

Lang  Franz  124 

Linker  Schacher 

Bierling  Rudolf 

Tempeid 

iener 

Rutz    rranz 

100 


Geißler: 


Salbinus 
Kaspius 
Milo 
Domitius 

Grabwächter: 

Rutz   Benedikt 
Zunterer   Anton 
Lang    Josef 
Klucker  Johann 

Titus 
Kayus 
Petius 
Rufus 

Pilatushofherren: 

Albl  Johann   176 
Maderspacher  Johann 
Magold  Martin 
Bierling   Georg  jun.   23  c 

Mehla 
Sylva 

Diener  des  Pilatus: 

Gstaiger  Josef 
Schilcher    Georg 

Quintus 
AureHus 
Klaudius 

IV.  Diener 

V.  Diener 
Barabbas 
Ahasverus 

Rutz   Leo 
Lechner  Wilhelm 
Rutz    Hermann 
Müller  Arnulf 
Nairz    Josef 
Rutz  Otto 
Daisenberger  Josef 
Albrecht    Nikolaus 

Freundinnen    Christi 

: 

Kleopha 
Salome 
Johanna 
Jakobe 

Weinende  Frauen: 

Bierling    Eva 
Gindhart   Maria 
Kocher  Johanna 
Schmid  Anna  1S2 

Veronika 

Rachel 

Susanna 

Rebekka 

Judith 

Sephora 

Sieber  Veronika 
Rutz  Kathi  105 
Mayr  Gabriele 
Schauer    Maria 
Zvvink    Edith 
Wiedemann    Therese 

Mägde    im    Vorhofe 

des    Kaiphas: 

Agar 
Sara 

Oelbergengel 
Grabengel 

Maderspacher  Anna 
Bierling    Maria    23  c 
Haag  Anna 
Dengg  Julie 

Alte    Männer    aus 

dem    Volke : 
Klammer  Dominikus 
Kirchmeier  Franz 
Mangold  Johann 
Zwink   Georg 
StückI   Benedikt 

101  — 


1.  Souffle r 

Praßler   Otto 

2.  Soufleur 

Dedler    Otto 

Hauptkassier: 

Josef  Raab 

I 

m   Ganzen: 

Sprecluollen: 

121 

[   inännl.  Pirwaclisene: 

Volk;     weibl.  Erwachsene: 

[                         Kinder: 

150 

70 

250 

Rotte: 

25 

Römer: 

29 

Kassiere: 

10 

Platzanweiser: 

75 

Dekorationsarbeiter : 

30 

Sanitätsleute: 

14 

Feuerwehr: 

30 

Musiker: 

50 

Schutzgeister-Chor : 

44 

Sonstige    Beschäftigte: 

4 

Zusammen : 

905    Personen 

Bürgermeister    Wilhelm    Rutz    übernahm    keine    Rolle 
mehr;   derselbe   ist  derart  in   Anspruch  genommen,   daß   er 

nicht  noch  zu  seinem  Ge- 
meindevorstandsamt auch 
eine  Rolle  übernehmen 
kann.  Es  hat  sich  schon 
bei  früheren  Spielen  sehr 
mißlich  erwiesen,  daß  der 
Bürgermeister  so  häufig 
durch  das  Spiel  am  Amt 
verhindert  war.  Das  zu- 
nehmende Alter  hat  zwei 
hochverdiente  Männer,  die 
beide  schon  über  70  Jahre 
sind,  in  die  bittere  Lage 
gebracht,  auf  ihre  bis- 
herigen so  glänzend  ge- 
spielten Rollen  Verzicht 
leisten  zu  müssen,  das  ist 
Johann  Zwink,  der  bis- 
herige Judas,  und  Alt- 
bürgermeister Sebastian 
Bauer,   der  bisherige   Pi- 

Johann  Zwink,  1890, 1900 u.  1910  Judasdarsteiler        latuS.       Unvergeßlich  wird 


—  102 


allen    der    Judas    Johann    Zwinks     bleiben,     er    hat    damit 
einen     Typus    geschaffen,     der    vielen     Darstellungen     zum 


Anton  Lang  als  „Jesus  am  Oelberg" 


Vorbilde    diente.     Sein    Spiel    war    vorzüglich.     Mit    dem 
sanften    Lieblingsjünger    Johannes    beginnend    findet     seine 


103 


dramatische  Lebensleistung,  in  deren  Mitte  der  leidenschaft- 
liche Verräter  Judas  stand,  durch  die  Darstellung  des  Simon 
von  Bethanien  einen  alle  Gemüter  versöhnenden  Abschluß. 
Die  Pilatusdarsteller  waren  von  jeher  vorzügliche  Spieler. 
Der  bedeutende  Christusdarsteller  Flunger  übernahm  später 
den  Pilatus,  Thomas  Rendl  war  allgemein  bekannt  als  des- 
sen ausgezeichneter  Nachfolger  und  als  Dritter  in  ihrem 
Bunde  darf  Sebastian  Bauer  genannt  werden. 

Der  Kampf  der  konservativen  und  der  die  Verjüngung 
anstrebenden  Ortseingesessenen  griff  bis  zur  Rolle  des 
Christusdarstellers  hinauf.  Als  Kandidat  hiefür  wurde  der 
Schnitzer  Alois  Lang,  Sohn  des  Wilhelm  Lang,  dem  bis- 
herigen Christus  Anton  Lang  gegenüber  gestellt.  Sicher 
ist  Alois  Lang  eine  Erscheinung,  die  sich  zu  einem  Christus 
eignet;  schwarzes,  schönes  Haar,  feurige  Augen,  ein  in  den 
Uebungsspielen  vorteilhaft  aufgefallenes  Bühnenauftreten,  das 
alles  hatte  gute  Voraussetzungen  geschaffen.  Anton  Lang 
ist  naturgemäß  in  22  Jahren,  seit  seinem  ersten  Auftreten 
1900,  nicht  jünger  geworden,  er  hat  sich  aber  eine  für 
das  Spiel  immer  noch  sich  vortrefflich  eignende  Erscheinung 
bewahrt  und  seit  Jahren  sich  nicht  nur  im  Passionsspiel, 
sondern  auch  in  den  Uebungsspielen,  z.  B.  als  Jephta,  als 
sehr  guter  Spieler  bewährt.  Es  ist  ungerecht  ihm  gegen- 
über, wenn  ein  Blalt  bei  der  Wahl  schrieb,  daß  erst  durch 
Alois  Lang  wieder  ein  dem  Joseph  Mayr  würdiger  Christus 
auf  die  Bühne  gekommen  wäre.  Man  hat  im  Uebereifer 
eines  solchen  Urteils  Alois  Lang  einen  schlechten  Dienst 
erwiesen  und  es  ist  in  ihn  das  Vertrauen  zu  setzen,  daß  er 
selbst  nicht  dasselbe  teilt;  er  wird  gerne  zugeben,  was 
jeder  rechtlicii  und  objektiv  Denkende  sagen  muß:  Anton 
Lang  war  und  ist  auch  heute  noch  seines  Vorgängers  durch- 
aus würdig.  Er  hat  nach  Mayr  einen  andern  Christustyp 
geschaffen,  einen  milderen,  weicheren,  aber  wiederum  eine 
volle,  vorbildliche  Gestalt  und  Persönlichkeit,  die  dem  Pas- 
sionsspiel und  seinem  Ansehen  nur  zu  neuer  Ehre  und 
neuem  Glänze  gereichte.  Und  sein  Auftreten  wird  auch 
beim  neuen  Spiel  die  alte  Wirkung  nicht  versagen.  Alois 
Lang  aber  wird  mit  dem  Nathanael  ein  Feld  finden,  wo  er 
sich  hinreichend  entfalten  kann,  hat  ja  doch  der  heutige 
Annas  und  frühere  Kaiphas,  Nachfolger  des  Johannes  Lang^ 
Mesner  Sebastian  Lang  seine  so  viel  überragende  Spielertätig- 

—  104  - 


keit  damit  begonnen  und  von  Anfang  an  Aufsehen  erregt. 
Ist  die  Rolle  auch  wesenthch  anders  gestaltet  als  die  Christus- 
rolle, so  gibt  sie  doch  in  ihrem  stark  leidenschaftlichen 
Charakter  als  führende  Rolle  unter  den  Hohenpriestern  Ge- 
legenheit genug,  ein  schauspielerisches  Talent  und  die  hie- 
für entsprechendeFigur 
zur  Geltung  zu  bringen. 
Alle  alten  Freunde  An- 
ton Längs  —  und  er 
zählt  Tausende  im  In- 
und  Auslande  —  freuen 
sich,  ihn  wieder  als 
Christus  zu  sehen,  nicht 
minder  aber  auch  gute 
andere,  jüngere  Kräfte 
in  führenden  Rollen  be- 
grüßen zu  können.  Eine 
solch  führende  Rolle 
und  dafür  eine  das 
beste       versprechende 

Spielerpersönlichkeit 
bietet  sich  mit  dem 
neuen  Spiel  in  dem 
jungen  Schmiedmeister 
Hugo  Rutz  als  Kai- 
phas.  Auch  in  ihm, 
dem  Sohne  des  altge- 
treuen und  altbewähr- 
ten Chorführers  Jakob 
Rutz,  finden  sich  nach 
äußerer       Erscheinung 

und  Spiel  die  Qualitäten  Martha  Velt,  Maria 

für  einen  Christus.    Er 

wird,  so  viel  er  nach  seinem  stets  im  hohen  Grade  interessanten 
Auftreten  in  den  Uebungsspielen  beurteilt  werden  kann,  mit 
seinem  Kaiphas  eine  ganz  neue  und  eigenartige  Auffassung 
und  Gestalt  auf  die  Bühne  bringen,  die  sicher  alles  fesseln  wird. 


Noch  niemals 
tionen  aber  schon 
Mariadarstellerin  M 


hat  die  Bühne  betreten,  bei  Deklama- 
ein  gutes  Talent  geoffenbart,  die  neue 
a  r  t  h  a  V  e  i  t.    Sie  ist  24  Jahre  alt,  die 


1Ü5  — 


Tochter  des  Schnitzwarenverlegers  Ludwig  Veit  aus  einem 
der  ältesten  und  schon  vor  200  Jahren  hochangesehenen 
VerlegerfamiHen;  ihre  Mutter  ist  die  Schwester  des  un- 
längst verstorbenen  Chefs  des  Hauses  Lang  sei.  Erben,  des 
Kommerzienrats  Guido  Lang.  Etwas  Patrizierstolz  spricht 
auch  aus  dem  Wesen  der  Martha  Veit,  ihr  ernster  Gesichts- 
ausdruck, die  dunklen  Haare  und  Augen,  die  an  italienische 
Madonnen  erinnern,  alles  läßt  sie  für  die  Darstellerin  der 
Marienrolle  prädestiniert  erscheinen.  Der  Bezirksarzt  von 
Garmisch  hat  recht  bekommen,  der  sie  als  kleines  Kind 
impfte;  sie  sah  dabei  den  bösen  Arzt  mit  bitterernstem 
Blick  an,  worauf  dieser  zu  ihr  scherzend  sagte:  „Nun,  nun, 
wenn  du  immer  so  ernst  dareinschaust,  mußt  du  die  schmerz- 
hafte Muttergottes  werden  !^^  Sie  empfing  nach  dem  Eltern- 
hause die  weitere  Erziehung  im  Institute  der  Benedik- 
tinerinnen in  Tutzing  und  wurde  geprüfte  Erzieherin.  Als 
solche  wirkte  sie  in  Herrsching  am  Ammersee,  in  Stettin 
und  Hamburg.  Während  des  Krieges  war  sie  freiwillige 
Krankenpflegerin  bei  Maubeuge.  Sie  hat  also  den  Ernst 
des  Lel)ens  schon  in  weiter  Welt  kennen  gelernt.  Eine 
Konkurrentin  für  ihre  Rolle  wäre  ihr  erwachsen  in  der 
Lucie  Lang,  welche  als  ganz  vorzügliche  Schauspielerin  be- 
kannt ist  und  z.  B.  seinerzeit  als  Dalila  direkt  Bewunderung 
erregte.  Ihrer  Wahl  standen  aber  verschiedene  Umstände 
entgegen,  besonders  daß  sie  als  Altsängerin  notw^endig  ist 
und  ihr  Vater  bereits  schon  eine  Hauptrolle  hatte.  Nach 
ausdrücklichem  Gemeindebeschluß  durften  zwei  Hauptrollen 
nicht  in  einer  Familie  vereinigt  werden.  —  Als  Magdalena 
wurde  Paula  Ren  dl  gewählt.  Sie  ist  die  Tochter  des  als 
Johannes  von  1890  und  1900,  Joseph  von  Arimathäa 
1910,  bestbekannten  und  auch  als  Letzterer  wieder  auftreten- 
den Peter  Kendl;  dessen  Vater  war  der  als  Pilatus-  und 
Petrusdarsteller  berühmte  Thomas  Rendl.  Paulas  Mutter 
war  1900  noch  Sängerin  und  selbst  vorzügliche  Schau- 
spielerin. Ihre  seinerzeitige  Verkörperung  der  Geierwally 
ist  heute  noch  nicht  vergessen;  sie  ist  eine  Tochter  des 
„Christus  Mayr'^  Paula  hat  sich  in  mehreren  Stücken, 
besonders  als  Jephtas  Tochter  als  sehr  gute  Spielerin  er- 
wiesen, die  alles  zu  tiefster  Ergriffenheit  mit  sich  riß.  Martha 
wird  die  Tochter  des  Sebastian  Bauer,  Anna  Bauer.  Die 
Rollen    von    den    Gattiinien    des    Pilatus    und   des    Herodes, 


106 


die  so  abfallend  in  den  Gang  der  Handlung  vieler  Pas- 
sionsspiele eingreifen,  kennt  glücklicherweise  das  Ammer- 
gauer  Passionsspiel  nicht. 

Von  den  früheren  Hauptspielern  treffen  wir  wieder, 
wie  schon  angedeutet,  Anton  Lang  als  Christus,  Anton 
Lechner  als  Prolog,  Andreas  Lang  als  Petrus,  Sebastian 
Lang  als  Annas.  Anton  Lang  hat  seit  dem  letzten  Passions- 
spiel künstlerisch  nicht  gerastet  und  gerostet.  Queri  hat 
verschiedene  Episoden  seines  Lebens  in  einem  anmutigen 
Büchlein:  „Der  Christus  Lang"  (Sutter,  München)  heraus- 
gegriffen. Lang  lernte  zu  Hause  bei  seinem  Vater,  dem 
Töpfer  und  ehemaligen  Herodesdarsteller  Rochus  Lang,  nun- 
mehrigen Apostel  Markus,  in  Wolfratshausen  und  in  Stutt- 
gart das  Töpferhandwerk.  Nach  dem  Passionsspiel  1900 
unternahm  er  mehrere  Reisen  nach  England  und  nach  Italien, 
wobei  er  vom  Papst  Leo  XIIL  in  Privataudienz  den  Segen 
gespendet  erhielt,  und  nach  dem  Passionsspiel  1910  eine 
Reise  nach  Palästina  und  Aegypten;  auf  der  Rückreise 
wurde  er  vom  Papst  Pius  X.  empfangen.  Durch  Reisen 
und  Lektüre  stets  bemüht,  vereinigt  er  in  seiner  Pension 
häufig  einen  gediegenen  Gesellschaftskreis  von  Fremden 
und  Einheimischen,  in  dem  Literatur  und  Musik  mit  Be- 
geisterung gepflogen   werden. 

Während  der  Kriegszeit  machte  Anton  Lang  zuerst 
Sanitätsdienste  in  der  Heimat,  wurde  1917  zu  den  Pionieren 
einberufen,  kam  aber  nicht  ins  Feld.  Mehrere  Längs  fielen 
im  Weltkriege.  Dadurch  entstand  das  Gerücht,  daß  auch 
er  ein  Kriegsopfer  geworden  sei.  Zahlreiche  herzliche  Teil- 
nahmsbezeugungen von  nah  und  fern,  selbst  aus  den  gegne- 
rischen Ländern,  liefen  bei  Gemeinde  und  Familie  ein. 

Zeichenlehrer  Anton  L-e  ebner  trat  1900  als  Prolog 
die  Nachfolge  des  Christus  Mayr  an;  nicht  ungern  hätte  er 
die  Rolle  des  Judas  übernommen,  die  sein  Vater  vor  Johannes 
Zwink  inne  hatte  und  worin  er  es  ebenfalls  wie  dieser  zu 
Weltberühmtheit  brachte.  „Judas-Lechners''  erste  Frau  war 
eine  Tochter  Dedlers,  des  Passionsmusikkompositeurs. 
Anton  Lechner  hat  einen  schönen,  tiefdurchdachten  Vor- 
trag; daß  er  wieder  für  die  Prologrolle  gewählt  wurde,  die 
nicht  geringe  Anforderungen  an  Gedächtnis  und  Vortrags- 
kunst stellt,  ist  der  beste   Beweis   seiner   Eignung  für  die- 

—  107  — 


Anton  Lechner,  Prologsprecher 
—  108  — 


selbe.  Lang  Andreas,  der  Schwager  des  Professors  Zeno 
Diemer,  wurde  einstimmig  wiederum  zum  Petrus  gewählt, 
Sebastian  Lang  wieder  zum  Annas.  Das  fortschreitende 
Alter  hat  ihm  in  der  Verkörperung  seiner  Rolle  sicher 
nicht  geschadet,  sondern  wohl  im  Gegenteil  sie  sicher  auch 
noch  nach  der  äußeren 
Erscheinung  wie  im 
Spiel  vertieft,  Rutzens 
Kaiphas  und  Längs  An- 
nas, dann  der  schwarz- 
bärtige feurige  Natha- 
nael  und  der  rotbärtige 
Rabbi,  so  werden  an 
der  Spitze  des  hohen 
Rates  Gestalten  stehen 
von  seltenem  Reize 
ihrer  charakteristischen 
Erscheinungen.  Johan- 
nes  (Melch.  Breit- 
samt e  r)  ist  der  Sohn 
des  Zimmerpaliers  Ru- 
pert Breitsamter,  der 
als  früherer  Nathanael 
ein  sehr  lebhaftes  und 
leidenschaftliches  Spiel 
entwickelte,  nunmehr 
aber  wegen  des  Ein- 
[chränkungsparagraphs 
der  Wahlen  aus  einer 
Familie  auf  seine  Rolle 
zu  Gunsten  seines  Soh- 
nes verzichtete.  Wenn 
der  Sohn  das  Talent 
seines     Vaters     geerbt 

hat,  was  nach  den  Uebungsspielen  wohl  anzunehmen  ist,  wird 
er  ein  guter  Johannes  werden.  Die  Judasrolle  bietet  für 
einen  Schauspieler  die  größten  Reize,  durchläuft  sie  doch 
alle  Register  menschHcher  Leidenschaft:  Heuchlerische  Unter- 
würfigkeit, Ehrgeiz,  Habsucht,  Zorn,  Reue,  Verzweiflung, 
Wahnsinn,  Selbstmord;  sie  hat  die  meisten  Affekte,  während 
deren    Abwechslung    z.    B.    der    Rolle    der    Maria    gänzlich 


Andreas  Lansj,  Petrus 


109 


fehlen.  Die  Maria  tritt  nur  dreimal  auf  und  zwar  jedesmal 
im  gleichen  Trennungsschmerz;  diesen  zu  steigern  und  zu 
nuancieren  ist  furchtbar  schwer.  Die  Rolle  des  Judas  bietet 
fast  zu  viel  der  verschiedenen  Affekte  und  hier  ist  es  die 
Aufgabe,  diese  alle  wirksam  zu  machen,  ohne  sie  ins  Gro- 
teske zu  übertreiben.    Das  Publikum  ist  nur  zu  sehr  geneigt, 

die  Rolle  des  Judas  an 
gewissen  Stellen  komisch 
zu  nehmen  und  ich  habe 
bei  den  vielen  Passions- 
spielen auch  außerhalb 
Oberammergau  das  Pub- 
likum bei  Judasauftritten 
lachen  hören.  Nicht  leicht 
wird  es  Guido  M  a  y  r 
sein,  seinen  Vorfahrer  in 
Erscheinung  und  wohl- 
durchdachtem Spiel  zu 
erreichen.  Er  ist  kleiner 
wie  Johann.  Zwink,  aber 
hat  einen  guten  Kopf  mit 
dem  traditionellen  roten 
Bart  und  Haar.  !n  den 
üebungsspielen  war  er 
in  mannigfaltigen  Rollen 
eine  der  brauchbarsten 
jüngeren  Kräfte.  Erfreu- 
lich ist,  daß  an  der 
Spitze  der  Händler  wie- 
der der  treffliche  und 
spielgewandte  Andreas 
Maier  steht.  Mayr  Hans, 
der  Sohn  des  Christus  Mayr,  hat  die  Rolle  des  Herodes  mit 
der  des  Pilatus  vertauscht,  was  nur  zu  begrüßen  sein  dürfte; 
Gestalt  und  Eigenart  des  Spieles  kommen  ihm  hierin  zugute. 
Er  ist  zugleich  zweiter  Spielleiter,  wozu  ihm  seine  Umsicht, 
Erfahrung  vom  letzten  Spiel  und  Energie  vorzüglich  befähigen 
dürften.  Der  Herodes  ist  in  besten  Händen  mit  Breitsamter 
Gregor,  dem  Kaiphas  des  letzten  Spieles  und  Prolog  der 
Kreuzesschule  1905.  Es  hieße  weit  den  Umfang  des  Führers 
überschreiten,  alle  Mitspielenden  zu  charakterisieren.     Alles 


Hugo  Rutz,  Kaiphas 


110 


Melchior  Bieitsaniter,  Johannes 


in  allem  wird  man  mit 
der  diesmaligen  Rol- 
lenbesetzung wieder 
vollauf  befriedigt  sein 
können.  Daß  ein  und 
die  andere  Rolle  nicht 
erstklassig  besetzt  sein 
und  Mängel  aufweisen 
wird,  das  läßt  sich  nicht 
vermeiden;  besonders 
nicht,  daß  der  manch- 
mal etwas  harte  Dialekt 
mit  seinen  harten  k  und 
ch  und  den  Anklängen 
an  die  Tiroler  und 
Lechgauer  Mundart 


durchdringt.  Besser 
aber  ein  echt  boden- 
ständiges, urwüchsiges 
als  ein  gekünsteltes 
Spiel.  Als  ersteres 
wurde  das  Ammer- 
gauer  Spiel  allzeit  ein- 
geschätzt und  geachtet 
und  so  soll  es  bleiben. 


Guido  A\a\T,  Judas 


11 


8.  KAPITEL. 

Die  Handlung  des  Spieles. 

Schon  der  Vorabend  des  Spieles  bietet  seine  Reize, 
wenn  die  zahllosen  Gäste  von  beiden  Seiten  anrücken,  die 
einen  von  der  Ortsbahnstation,  die  anderen  von  Ettal  kom- 
mend. Das  Bild  wird  noch  anziehender  und  malerischer, 
wenn  sich  Volkspilgerzüge  mit  noch  erhaltenen  Trachten 
darein  mischen  und  dem  Dunkel  des  Menschenstromes 
lebendige  Farben  geben.  Abends  zieht  die  Ortsmusik  zum 
abendlichen  Zapfenstreich  durch  die  Straßen,  voran  eine 
große  Volksmenge  und  besonders  die  liebe  Jugend.  Zu 
beiden  Seiten  der  Straßen  wiederum  Kopf  an  Kopf  die 
Gäste,  sich  gegenseitig  zuwinkend  und  von  den  Balkons 
und  Veranden  grüßen  liebliche  Frauen.  Auf  der  Umfassung 
des  Dorfbrunnens  saßen  früher  Misters  und  Ladys  und 
plumpsten  dann  und  wann,  wenn  die  Menge  zu  sehr  nach- 
drückte, in  das  Bassin  hinein.  Nach  dem  Zapfenstreich 
senkte  sich  allmählich  der  Abend  herab,  den  Laber  noch 
mit  letztem  Alpenglühn  vergoldend,  und  dann  läutet  die 
neue  große  Glocke  Ave  Maria.  Ja,  es  liegt  Stimmung  in 
einem  solchen  Abend,  eine  würdige  Vorbereitung  für  das 
Spiel,  nicht  daß,  wie  in  Großstädten,  erst  der  Zusammen- 
hang des  Einzelnen  und  der  Masse  mit  der  Sache  beginnt, 
wenn  der  Besucher  unmittelbar  vor  Anfang  das  Tor  des 
Theaters  durchschreitet.  Hier  tut  Land  und  Volk,  Um- 
gebung und  Haus,  alles  mit,  alles  ist  auf  einen  Gedanken, 
auf  das  Spiel  eingestellt.  Das  gibt  solch  örtlichen  Auf- 
führungen ihren  gehobenen,  weihevollen  Charakter.  Nicht 
selten  vereinigen  sich  Korporationen  oder  Pilgerzüge  in  der 
Kirche  zu  einer  Andacht  und  viele  gehen  hier  oder  im 
nahen    Ettal   zur    heiligen     Beichte,    dann    am    Morgen    des 


112 


Spieltages  selbst  zum  Tisch  des  Herrn.  Früh  sechs  Uhr  ist 
schon  der  Pfarrgottesdienst,  die  schöne,  geräumige  Kirche 
ist  vollständig  gefüllt,  an  jedem  Altar  wird  zelebriert;  am 
Hochaltar  hält  meistens  ein  höherer  kirchlicher  Würden- 
träger, oft  ein  Bischof,  das  hl.  Amt.  Vom  Chore  aus  schallen 
die  mächtigen  Klänge  einer  feierlichen  Messe.  Der  Kir- 
chenchor ist  gut  besetzt  und  die  Sänger  und  Instrumenta- 
listen  lassen  es  sich  trotz  der  ihnen  wartenden  stunden- 
langen Tagesarbeit  nicht  nehmen,  den  Gottesdienst  durch 
eine  gute,  würdige  Kirchenmusik  zu  verherrlichen,  die  in 
■der  farbenfrohen,  lichten  Rokokokirche  gar  nichts  dadurch 
verliert,  daß  sie  nicht  den  streng  cäcilianischen  Charakter 
festhält.  Nicht  selten  steht  der  neue  Pfarrherr  selbst  am 
Pulte   der   Erstviolonisten. 

Für  evangelischen  und  wenn  notwendig  anglikanischen 
•Gottesdienst  ist  wiederum,  wie  bei  früheren  Spielen,  Ge- 
legenheit gegeben.  Für  den  protestantischen  Gottesdienst 
steht  ein  schöner,  gotisch  getäfelter  Raum  neben  dem 
Museum  zur  Verfügung.  Und  daß  das  Leibliche  über  dem 
Oeistigen  nicht  vergessen  werde  und  die  Gäste  vor  dem 
Spiele  noch  ein  gutes,  ausgiebiges  Frühstück  erhalten,  dafür 
sorgen  bestens  die  Hausleute.  Bei  schlechter  Witterung,  im 
Frühjahr  und  Herbst  vergesse  man  nicht,  sich  mit  warm- 
haltenden Ueberkleidern  zu  versehen.  Wer  schwache  Augen 
hat,  nehme  Ferngläser  bezw.  gegen  das  zu  grelle  Sonnenlicht 
Schutzbrillen  oder  Lichtschirme  mit.  Gut  ist  es,  wenn  man 
das  Textbuch  oder  den  Text  erläuternden  Führer  mit  sich 
nimmt,  am  besten  alle  beide.  Sie  werden  auch  später  noch 
gerne  hervorgeholte  Andenken  bleiben. 

Halb  acht  Uhr.  Immer  dichter  drängen  die  erwar- 
tungsvollen Zuschauer  zum  Theater  hinaus,  immer  länger 
wird  die  Wagenzeile,  trapp,  trapp  eilen  die  letzten  Nach- 
zügler von  der  Bahn  daher.  Die  Tore  des  Theaters  haben 
sich  geöffnet,  der  ungeheure  Zuschauerraum  füllt  sich  all- 
mählich. Nur  nicht  nervös  werden,  ins  Theater  drängen 
und  umher  eilen!  Das  Theater  ist  mit  genügend  vielen 
Eingängen  versehen,  die  auf  Grund  des  Vergleiches  ihrer 
Numerierung  mit  dem  Billett  leicht  gefunden  werden  können 
und  direkt  zum  bestimmten  Platz  führen.  Die  „Einlasser'' 
geben  gerne  und  gefällig  Auskunft  und  werden  nur  unge- 

—  113  —  8 


duldig,  wenn  man  selbst  ungeduldig  wird.  Nicht  laut,  nur 
gedämpft  klingen  die  Reden  durcheinander  in  allen  Dialekten, 
in  allen  Sprachen.  Jetzt  ein  Kanonenschuß  vom  Osterbühel 
her,  der  in  vielfachem  Echo  weiterdonnert  den  ganzen  Son- 
nenberg zurück  bis  zum  Pürschling,  ein  zweites,  letztes 
Zeichen,  das  Spiel  beginnt.  Das  Orchester  spielt  die  ein- 
fache schlichte  Ouvertüre,  hinter  der  Bühne  beten  sie  das 
Vaterunser.  Jetzt  kommen  aus  den  Loggien  zu  beiden 
Seiten  die  Schutzgeister  geschritten,  allen  voran  der  Pro- 
logus  mit  Diadem  und  Stab.  Es  liegt  etwas  ungemein 
Feierliches,  beinahe  Rituelles  in  diesem  Aufmarsch.  Der 
Chorführer  beginnt. 

I.  Abteilung. 
(Beginn  8  Uhr.) 

Einleitungsrezitativ. 
(Aufforderung  zur  Demütigung,    Siehe  Kap.  1.) 
Lebendes   Bild:   Die  Vertreibung  Adams  und  Evas  aus 
dem  Paradies. 

Aus  der  Schuld  der  ersten  Menschen  entsprang  ja  das 
Elend  der  ganzen  Menschheit  und  die  Notwendigkeit  der 
Erlösungstat. 

„Doch  von  ferne,  von  Kalvariens  Höhen, 
Leuchtet  durch  die  Nacht  ein  Morgenglühn.^^ 
Ein    edles    musikalisches    Thema    intoniert    diese    trost- 
reiche   Verheißung,    dasselbe    kehrt    später    bei    der    Kreu- 
zigung wieder.    Die  Verheißung  der  Erbarmung  greift  der 
Chor  auf  und  jetzt  erst  folgt 

Begrüßung  durch  den  Prologus 
und   Aufforderung  zur  Mitfeier   des   örtlichen   Gelübdes   im 
Gebet. 

Lebendes  Bild:  Kreuzesanbetung. 
Eine  liebliche  Gruppe  vereinigt  sich  um  das  verheißene 
Erlösungszeichen.    Der  Chor  stimmt  in  das  Gebet  ein,  aber 
aus  der  Ferne  klingt  schon  das   Einzugslied  der  Israeliten,^ 
die  Jesus  in  die  Stadt  einführen: 

Heil  dir;  heil  dir,  o  Davidssohn! 
Heil  dir!   Heil  dir,  der  Väter  Thron 
Gebühret   dir. 
Dieser    kraftvolle    Volksmassengesang    schwillt    immer 
mehr   und    mehr  an,   wie   die   Volksmasse   selbst.     Er   wird 

—  114  -^ 


8* 


jedes  Jahr  auch  am   Palmsonntag  in  der  Oberammergauer 
Pfarrkirche  gesungen. 

1.  Vorstellung. 
(Straßen   von   Jerusalem.) 

1.  Jesus    hält   seinen   feierlichen    Einzug   in    Jerusalem. 

2.  Jesus   treibt  die   Händler   aus   dem   Tempel. 

3.  Der  Hohepriester  Nathanael  wiegelt  das  Volk  gegen 
Jesus  auf. 

4.  Die  Händler  führen  bei  Nathanael  Klage  gegen  Jesus. 

Zum  erstenmal  ist  die  ganze  volle  Spielerzahl  auf  der 
Bühne,  es  sind  über  500  Personen.  Es  ist  ein  Festzug,  der 
wohl  kaum  irgend  auf  einer  Bühne  seinesgleichen  hat,  dabei 
liegt  das  Gold  der  Morgensonne  auf  den  prächtigen  Ge- 
wändern. Das  Auge  ist  jetzt  schon  gefangen  von  dem 
Zauber  des  Passionsspieles,  es  ist  trunken  von  dieser  wahren 
Farbensymphonie.  Inmitten  der  Apostel  erscheint  auf  der 
Eselin  Jesus,  hoheits-  und  würdevoll.  Alles  lebt  und  wogt 
durcheinander  auf  der  Vorbühne.  Doch  noch  nicht  genug, 
jetzt  erst  hebt  sich  der  Hauptvorhang  und  das  Treiben  der 
Pharisäer  und  Händler  in  den  Hallen  des  Tempels  wird 
sichtb'ar.  Entrüstet  jagt  sie  Jesus  hinaus,  er  wirft  die  Stühle 
um,  die  Tauben  flattern  über  die  Häupter  der  Zuschauer. 
Jesus  schreitet  hinweg  und  nun  bricht  die  Zorneswut  der 
gestraften  Händler  los  und  eint  sich  mit  dem  Neid  und  Haß 
der  Pharisäer,  der  äußere  Konflikt  für  die  dramatische  Hand- 
lung ist  gegeben.  Langsam  leert  sich  die  Bühne.  Noch  tönt 
das  wilde  Gemurmel  aus  den  Tiefen  der  Straßen  Jerusalems, 
da  der  Chor  wieder  auftritt.  Ja,  der  Prolog  hat  recht,  wenn 
er  die  zweite  Vorstellung  einleitet  mit  den  Worten: 
Aus  der  Hölle  herauf  steigen  die  Geister  all, 
Die  vom  Anfang  der  Welt  trotzig  sich  aufgelehnt, 
Und  von  jeher  die  Zwietracht 
Säten  gegen  das  Göttliche. 

2.  Vorstellung. 

Vorbild. 
Die  Söhne  Jakobs  beschließen  den  Verkauf  ihres  Bru- 
ders  Joseph,    wie   die    Pharisäer   die   Gefangennahme   Jesu 
beschließen. 

-  116  — 


Handlung. 
Das   Synedrium.     (Hoher    Rat.) 

1.  Nathanael  bringt  die  Klage  vor  den  Hohen  Rat. 

2.  Kaiphas  fordert  die  Hohenpriester  auf,  das  Volk  für 
den  Hohen  Rat  zu  gewinnen. 

3.  Nathanael  kehrt  mit  den  Händlern  wieder.  Kaiphas 
schlägt  heimhche  Gefangennahme  Jesu  vor.  Ein 
Oberhändler  erbietet  sich,  einen  Verräter  abzufinden. 
Die   Gefangennahme   Jesu  wird   beschlossen. 

4.  Annas,  der  Schwiegervater  des  Kaiphas,  segnet  den 
Hohen  Rat. 

Da  sitzen  sie  beieinander,  Typen,  wie  sie  Tizian  im 
„Zinsgroschen^^  geschaffen,  und  beschließen  die  Verurtei- 
lung Jesu.  Nathanael  und  Rabbi  führen  gegen  ihn  das  große 
Wort.  Die  Hohenpriester  Annas  und  Kaiphas  stimmen  ihnen 
bei.    Es  ist  eine  lebhaft  bewegte  Gerichtsszene. 

3.    Vorstellung. 
Der  Prolog  weist  auf  die  Aehnlichkeit  des  Schmerzes 
des  scheidenden  Tobias  beim  Abschied  von  den  Eltern  mit 
dem  Jesu  beim  Abschied  von  seiner  Mutter  hin. 

Vorbild. 
Abschied  des  jungen  Tobias. 
Chor. 
Abschiedsgesang. 
Prolog 
weist  hin  auf  die  herriichen  Worte,  mit  denen  Salomon  im 
Hohenlied  den  Schmerz  der  Braut  über  den  hinweggegange- 
nen Bräutigam  ausdrückt. 

Vorbild. 
Die  Braut  im  Hohenlied,  die  den  Abschied  vom   Bräu- 
tigam beklagt  wie  die  Mutter  Jesu  den  Abschied  von  ihrem 
Sohne. 

Die  Worte  Salomos  selbst  sind  eingekleidet  in  das 

Sopransolo:   „Wo   ist  er  hin?^^ 
Hält  der   Einzug  das   Auge  gefangen,   so   dieses    Lied, 
wenn   es   so  schön  vorgetragen   wird,   wie  ich   es  oft   1900 
hörte,    das    Ohr,    der   Abschied   von    Bethanien   aber   selbst 
das  Herz. 


-  117 


Handlung. 

1.  Christus    verkündet    den    Aposteln,    daß    sich    seine 
Tage    nun    erfüllen   werden. 

2.  Simon,  Lazarus,  Martha  und  Magdalena  laden  Jesus 
und   die  Apostel  zur  Einkehr  ein. 

3.  Magdalena    salbt   Jesus   die   Füße;    Judas   empfindet 
den  Gebrauch  der  teuren  Salbe  als  Verschwendung. 

4.  Christus  nimmt  von  Martha  und  Magdalena  Abschied. 

5.  Die  Mutter  Jesu  kommt,  Jesus  nimmt  von  ihr  Ab- 
schied. 

Der  Abschied  von  Maria  gehört  mit  zu  den  ergreifend- 
sten Szenen  des  ganzen  Spiels.  In  der  Einfachheit  der 
Sprache,  in  dem  rein  menschlich  gefaßten  Erlebnis,  das  fast 
bei  jedem  Zuhörer  eine  schmerzliche  Erinnerung  auslöst, 
liegt  eine  unendliche  Kraft  der  Wirkung  auf  die  Herzen 
der  Zuhörer.  Dem  letzten  Spötter  erstirbt  der  Zynismus  auf 
den  Lippen,  durch  den  ganzen  weiten  Raum  der  Zuschauer- 
halle ertönt  nicht  mehr  zu  unterdrückendes  Schluchzen. 

4.    Vorstellung. 
Der  Zusammenhang  von  lebendem   Bild  und  Handlung 
wäre    schwer   zu   fassen,    wenn    nicht   der    P  r  o  l  o  g  u  s    er- 
klären würde: 

Der  Vasthi  Stolz  verschmäht  das  Königsmahl, 
Drob  schwer  erzürnt,  verweiset  der  König  sie 
Aus  seinen  Augen,  wählt  sich  eine 
Edlere   Seele  zur   Ehgenossin. 
So  wird  die  Synagoge  verstoßen  auch. 
Von  ihr  hinweggenommen  wird  Gottes   Reich, 
An   andere   Völker  hingegeben. 
Die  der  Gerechtigkeit  Früchte  bringen. 
Vorbild. 
Verstoßung  Vasthis. 

Ein  Bild,  das  durch  die  Gewänderpracht  des  königlichen 
Gefolges  und  den  herrlichen  Blumenschmuck  wie  ein  Ge- 
mälde von   Rubens  wirkt. 

Chor 
mahnt  wie  Jeremias  Jerusalem  zur  Bekehrung. 

Diese    Ermahnung   richtet   sich   auch    an   die    Zuhörer: 

—  119  — 


Ihr  Sünder,   höret  Gottes  Wort! 
Wollt  ihr  noch  Gnade  finden, 
So  schafft  aus  euren  Herzen  fort 
Den    Sauerteig   der   Sünden! 

Handlung. 

Gang    nach    Jerusalem. 

1.  Christus   befiehlt   Petrus   und   Johannes,    das   Oster- 
mahl  zu  bestellen. 

2.  Judas,  als  Säckelmeister,  macht  Jesu  Vorwürfe  über 
die   Geldverschwendung. 

3.  Judas  (allein)  sinnt  nach,  wie  er  nach  dem  Hinweg- 
gang Jesu  sich  weiterhin  Geld  verdienen  könne. 

4.  Der  Händler  Nathan  kommt  und  will  ihn  zum  Ver- 
rat  anwerben. 

5.  Mehrere  Händler  bekräftigen  die  Bestechung:  Judas 
willigt  ein. 

6.  Judas  (allein)  sucht  sein  eigenes  Gewissen  über  den 
Verrat  zu  beruhigen. 

Judas  tritt  mit  seinem  Verräterwerk  in  den  Vordergrund. 

5.    Vorstellung. 

Prolog 

verkündet    das    neue   Manna,    das    reine    Himmelsbrot,    das 
Jesu  im  Abendmahle  reicht. 

Vorbilder. 

1.  Das  Manna. 

2.  Die   Traube  von   Kanaan. 

Meisterwerke  der  Dramaplastik,  bei  denen  sich  die 
größte  Volksmasse  zu  einer  einzigen  unvergleichlichen  Kunst- 
wirkung  sammelt. 

Chor 
weist  auf  das  Nahen  der  Abendmahlstunde  hin;  er  vereinigt 
sich  in  dem  volkstümlichen  Chor,  der  fast  bei  allen  anderen 
Passionsspielen  textliche  wie  musikalische  Nachahmung  fand: 

„Gut  ist  der  Herr,  gut  ist  der  Herr! 

Im  neuen  Bunde  reichet  er 

Sein    Fleisch   und   Blut   im   Saale 

Zu  Salem  bei  dem  Mahle.^^ 


120 


Handlung-. 
Das  heiliire  Abendmahl   im  Cönaculum. 
.,   1.   Jesus  wäscht  den  Jüngern  die   Füße. 

2.  Reicht  den  Aposteln  das  Abendmahl. 

3.  Judas  eilt  hinweg. 

4.  Petrus  versichert  seine  Treue,   Jesus  warnt  ihn. 

5.  Jesus  spricht  das  Schlußgebet  und  nimmt  Abschied. 
Diese  Handlung  ist  nach  der  religiösen  Seite  wohl  neben 

der  Kreuzigung  das  Weihevollste  des  ganzen  Spieles.  Die 
Andacht  wird  noch  gehoben  durch  den  Chor  hinter  der 
Bühne,  erst  Frauen-  und  dann  gemischter  Chor  nach  einem 
Motiv,  das  auch  mit  einer  Liebesmahnung  am  Schlüsse  des 
Gesanges  zum  Golgathaopfer  (16.  Vorstellung)  a  capella 
ertönt.  Das  Abendmahl  ist  das  verkörperte  Bild  Leonardo 
da  Vincis.  ^ 

6.    Vorstellung. 
Der   Prolog 
t)eklagt  die  Geldgier,  wie  sie  sich  bei   Jakobs  Söhnen  und 
Judas  zeigt. 

„Wo  das  Herz  dem  Götzen  des  Geldes  huldigt, 
Da   ist   aller   edlere   Sinn   getötet, 
Ehre  wird  verkäuflich  und  Manneswort, 
Liebe   und    Freundschaft.^^ 
Der   Chor 
beklagt  mit  dem  Prolog  diese  Geldgier. 

Vorbild. 
Verkauf  des  Josephs  um  zwanzig  Silberlinge. 
Handlung. 
Der  hohe  Rat. 
L   Kaiphas    befiehlt,    Judas    herbeizuführen. 

2.  Judas,  von  Nathan  hereingeführt,  erhält  aus  der 
Hand  des  Hohenpriesters  Rabbi  die  dreißig  Silber- 
linge. 

3.  Die  Hohenpriester  beratschlagen  über  die  Strafe 
Jesu.  Nikodemus  und  Joseph  von  Arimathäa  nehmen 
Jesu  in  Schutz;  sie  fluchen  dem  Urteile  des  Syne- 
driums  und  gehen  hinweg. 

4.  Das  Synedrium  beschließt:  „Es  sterbe  der  Feind 
unseres  heiligen  Gesetzes.'* 

—  122  — 


Nicht  nur  die  Gefangennahme  Jesu,  sondern  sein  Tod 
wird  beschlossen.  Judas  gibt  sich  als  Werkzeug  dazu  her 
und  verkauft  den  Herrn  um  dreißig  Silberlinge.  Diese 
durchaus  ernste  Szene,  die  Uebergabe  des  Geldes,  löst,  wie 
ich  schon  1880  und  öfter  auch  1900  bemerkte,  sonderbar 
nicht  ungern  beim  einfachen  Volke  Heiterkeit  aus.  Der  all- 
gemeine Beschluß  über  Jesu,  der  sich  nach  dem  Gebot  des 
Kaiphas  in  dem  einmütigen  Schrei  „Er  sterbe!''  konzen- 
triert, ist  von  tragischer,  dramatischer  Größe. 

7.  Vorstellung. 
Der  Prolog 
empfindet  schwerer  und  schwerer  die  Last  der  Schuld,  die 
gleich  dem  Adam  den  Heiland  zur  Erde  beugt,  ebenso  der 
Chor.  Schaudernd  gedenkt  er  des  Verräterkusses  eines 
Joab,  der  mit  einem  Kusse  seinem,  ehemaligen  Freunde 
Amasa  den  Dolch  ins  Herz  stieß. 

Vorbilder. 

a)  Adam  und  seine  Familie  im  Schweiße  ihres  Ange- 
sichts auf  Erden  wandelnd. 

b)  Joab  gibt  dem  Amasa  den  Bruderkuß  und  erdolcht 
ihn. 

Handlung. 

Jesus   am    Oelberg. 

1.  Judas  schleicht  sich  mit  den  Häschern  in  den  Hinter- 
grund. 

2.  Jesus  geht  von  den  Jüngern  hinweg,  er  weckt  sie 
nochmals  vom  Schlafe  und  wird  von  Todesangst 
ergriffen. 

3.  Ein  Engel  stärkt  ihn. 

4.  Judas  verrät  Jesus  mit  einem  Kusse;  Gefangennahme 
Jesu;  Petrus  schlägt  Malchus  das  Ohr  ab;  Jesus 
heilt  ihn  wieder  und  wird  gefangen  hinweggeführt. 

Die  ergreifende  Darstellung  des  Seelenschmerzes  Christi 
ist  eine  der  schwersten  Partien  der  Christusrolle.  Noch 
einmal  zeigt  sich  die  Macht  Jesu,  indem  sein  Wort  die 
Schergen  zu  Boden  schmettert,  keine  unschöne  Wendung 
bei  ihrem  Falle  stört  die  Wirkung  dieser  Handlung.  Mit 
der  Abführung  Jesu  schUeßt  die  Handlung  des  Vormittags. 

—  123  — 


Die  Zuhörer  eilen  zu  Tisch,  die  meisten  jetzt  schon 
mit  ganz  anderen  Gefühlen,  als  wie  sie  nach  Oberammergau 
gekommen  sind.  Sie  merken,  daß  sie  keiner  Bauernkomödie 
gegenüberstehen,  mit  der  sie  sich  amüsieren  können,  sondern 
einer  Sache,  die  viel  mehr  ist  als  jegliches  Drama  sonst, 
die  ergreifendste  Mahnung  ans  eigene  Ich,  ans  eigene 
religiöse  Gefühl. 

Es  ist  eine  eigene  Stimmung  in  diesem  Mittagsmahl 
des  Passionstages.  Kein  Scherz,  kein  frivoles  Wort  fällt, 
alles  ist  eins  in  dem  Gedanken,  man  erlebt  mit  dem  Passions- 
spiel etwas  Großes,  Heiliges,  das  während  der  Ruhepause 
durch  kein  unnützes  Wort  gestört  werden  darf. 

II.  Abteilung. 
(Beginn    2    Uhr.) 
8.    Vorstellung. 
Der   Prolog 
verkündet  die  Gerichtsgänge  des  Heilands. 
„Sehet  den  Heiland  an! 

Von  Gericht  zu  Gericht  wird  er  geschleppt.^' 
In  diesem  tatsächlichen  Herumschleppen  Jesu  von  Ge- 
richt zu  Gericht,  das  längere  Zeit  in  Anspruch  nimmt,  liegt 
die  größte  Klippe  des  Spieles;  es  besteht  nur  zu  sehr  die 
Gefahr,  daß  die  vielen  Verhöre,  die  den  Gang  der  Verhand- 
lung aufhalten,  ermüdend  wirken.  Die  treffliche  Darstellung 
der  zwei  Hohenpriester,  die,  wie  an  anderer  Stelle  schon 
gesagt  ist,  in  besten  Händen  liegt,  dürfte  über  diese  Klippe 
hinweghelfen.  Der  historische  Vorgang  dieser  Szenen  läßt 
nicht  gut  ohne  Verstoß  an  der  Bibel  eine  Beschneidung,  die 
oft  genug  in  Erwägung  gezogen  wurde,  zu.  Es  werden 
sich  aber  bei  den  Proben  noch  Möglichkeiten  für  kleinere 
Zusammenziehungen   ergeben. 

Der   Chor 
beginnt  seinen  Gesang  mit  einer  ernsthaften   Mahnung  für 
den  Nachmittag. 

Begonnen  hat  der  Kampf  der  Schmerzen, 

Begonnen  in  Gethsemani. 

O  Sünder!     Nehmet  es  zu  Herzen, 

Vergesset  diese  Szene  nie! 

—  124  - 


Vorbild. 
Der   Prophet   Michäas    empfängt    einen     Backenstreich 
weil  er  dem  König  Achab  die  Wahrheit  sagt. 

Handlung. 

1.  Haus  rechts:  Annas  Haus.  Annas  in  großer  Auf- 
regung erwartet  die  Ankunft  Jesu. 

2.  Jesus,  vor  Annas  geführt,  gibt  diesem  über  seine 
Lehre  nicht  die  gewünschte  Auskunft  und  erhält 
den  Backenstreich. 

3.  Die  Rottenführer  Baibus  und  Selpha  führen  Jesus 
zu  Kaiphas. 

4.  Petrus  und  Johannes  suchen  Jesus;  sie  werden  den 
Hohenpriestern   verdächtig. 

9.    Vorstellung. 
Der   Prolog 
stellt  die  Ruhe  und  Geduld  des  Heilands  der  Wut  der  Pha- 
risäer und  rohen  Henkersknechte  gegenüber. 

Der   Chor 
erkennt  in  dem  Gerichte  eine  himmelschreiende  Ungerech- 
tigkeit,   der   nur   das    falsche    Gericht   über   Naboth    gleich- 
kommt, dem  durch  dasselbe  König  Achab  seinen  Weinberg 
entriß. 

1.  Vorbild. 

Naboth  wird  unschuldig  zum  Tode  verurteilt. 
Der   Chor 
richtet  an  die  Großen  dieser  Welt  die   ernste   Ermahnung: 
Ihr   mächtigen    Herrscher   dieser    Welt, 
Zum   Wohl   der   Menschheit   aufgestellt, 
Vergeßt  bei   Uebung  eurer   Pflicht 
Des  unsichtbaren   Richters  nicht! 
Darauf    stimmt    der    Chor    einen    tiefergreifenden    Ecce 
homo-Gesang   an;   immer  wiederkehrt   der   Klageruf:   „Ach, 
welch  ein  Mensch !^^ 

2.  Vorbild. 

Jobs  Leiden  und  Geduld.     Ein  Leidensbild  wie  Job  ist 
der  von  allen   Freunden  verlassene   Heiland. 

Handlung. 
L   Judas  wird  von  der  Reue  erfaßt. 
2.   Kaiphas  empfängt  die  Hohenpriester. 

—  125  - 


3.  Verhör  Jesu.  Fünf  Zeugen  sprechen  gegen  ihn, 
drei  Priester  lesen  die  übertretenen  Gesetze  vor. 
Christus  legt  vor  dem  Hohen  Rat  das  Zeugnis  seiner 
Gottheit  al3;  der  Hohe  Rat  erklärt  ihn  der  Gottes- 
lästerung und  darum  des  Todes  schuldig. 

4.  Judas  erscheint  vor  demselben  und  wirft  die  dreißig 
Silberlinge  ihm  zu  Füßen. 

5.  Das  Synedrium  beschließt  den  Ankauf  des  Fremden- 
begräbnisplatzes  und  den  Tod  Jesu.  Abgesandte 
gehen  zu  Pilatus. 

6.  Petrus  will  sich  am  Nachtfeuer  der  Soldatenrotte 
erwärmen,  verleugnet  vor  den  Mägden  Hagar  und 
Sarah  seinen  Meister,  der  Hahn  kräht  zweimal. 

7.  Petrus  geht,  von  tiefer  Reue  erfaßt,  ab,  der  herbei- 
kommende Johannes  eilt  ihm  nach,  ihn  und  die 
Mutter  Jesu  aufzusuchen. 

8.  Die   Kriegsrotte   schlägt  und  verspottet   Jesus. 

Noch  geht  geraume  Zeit  das  Verhör  fort;  einen  Ruhe- 
punkt dagegen  bildet  die  Verleugnung  des  Herrn  und  die 
Reue  des  Petrus,  dem  hier  beste  Gelegenheit  geboten  ist, 
sein    charakteristisches    Spiel   zur   Geltung   zu    bringen. 

10.   Vorstellung. 
Des  Judas  Verzweiflung. 

Der   Prolog 
fordert  vergeblich   Judas  auf,   gleich   Petri  durch   Reue  und 
Buße  seine  Tat  zu  sühnen. 

Der  Chor, 
dem   ein    Tenorsolo  vorangeht,   sieht  in  ihm   einen   zweiten 
Brudermörder  Kain. 

Vorbild. 
Kain  vor  der  Leiche  Abels  in  Verzweiflung. 

Handlung. 
Mittelbühne.      Waldgegend,    Judas    verzweifelt    und 
erhängt  sich. 

Das  einfache  Volk  nimmt  mit  Genugtuung  die  Ver- 
zweiflung  des   unglücklichen   Verräters   auf,   freut  sich,   daß 

-    12G    - 


er  in  wilder  Wut  die  Silberlinge  den  Pharisäern  vor  die 
Füße  schleudert,  daß  sie  khrren,  und  daß  er  im  Selbstmord 
den  Lohn  seiner  Missetat  findet,  der  Tieferfühlende  ist  er- 
schüttert von  der  Seelenqual  des  von  Menschheit  und  Gott- 
heit Verworfenen.  Die  Untat  des  Uebeltäters  findet  ihre 
dramatische   Sühne, 

11.   Vorstellung. 

Bei  dem  wiederholten  Auftreten  des  Chores  tritt  un- 
streitig etwas  Ueberdruß  und  Ermüdung  des  Publikums  ein. 
Aus  diesem  Grunde  ist  hier  der  bisherige  Chor  mit  dem 
Vorbild:  Anklage  Daniels  vor  König  Darius  ausgelassen 
und  die  Handlung  setzt  sich  gleich  fort. 

Handlung. 

1.  Die  Rotte,  begleitet  vom  Volk  und  Hohem  Rat, 
führen  Jesus  vor  das  Pilatushaus. 

2.  Die  von  Kaiphas,  Annas  und  dem  Rabbi  angesta- 
chelte Menge  verlangt  von  Pilatus  die  Hingabe  Jesu. 

3.  Pilatus  läßt  sich  Jesus  auf  die  Balustrade  kommen 
und  verhört  ihn  selbst. 

4.  Pilatus  empfängt  die  Nachricht  von  dem  Traume 
seiner  Gattin,  welche  ihn  vor  einem  ungerechten 
Urteil  warnt. 

5.  Die  Hofherren  des  Pilatus  schließen  sich  der  War- 
nung an. 

6.  Kaiphas  befiehlt,  daß  Jesus  zu  Herodes  gebracht 
werde. 

Das  Ungestüm  des  Judenvolkes  spiegelt  sich  im  Unge- 
stüm der  Zuschauermenge,  die  mehr  und  mehr  nach  dem 
Abschluß  der  Gerichtsverhandlungen  sich  sehnt.  Gerade 
aber  in  dem  verhaltenen  Fortgang  der  Handlung  für  die 
Zuschauer  einerseits,  in  dem  allmählichen  Anwachsen  der 
Volkswut  bei  den  Spielern  anderseits  liegt  die  naturgemäße 
Vorbereitung  auf  die  nun  bald  folgenden  Massenszenen, 
welche  das  Spiel  wieder  bis  zur  Wirkung  des  Vormittags- 
einzuges emporheben.  Ohne  diese  Zurückhaltung  würde 
zu  unvermittelt  und  unmotiviert  die  Kraft  und  Wucht  der 
vollen   Volksempörung  einsetzen. 

—  128  — 


12.  Vorstellung. 
Der  Prolog 

bereitet   die   Zuhörer   auf  die   neuen   Schandtaten   vor,   ver- 
kündigt aber  auch: 

„Doch  der  schwach  jetzt  erscheint,  wird  die  Stärke  zeigen; 

Der  erniedrigt  steht,  wird  in  Hoheit  glänzen, 

Lieber  den  nichtswürdigen  Spott  erhaben 
Thronet  die   Tugend." 

Der   Chor 
wendet  sich  gegen  das  Hohngericht  des  Herodes  und  Pilatus. 

Vorbild. 
Samson  stürzt  beim  Philisterfeste  die  Säulen  des  Saales. 

Handlung. 
(Saal  des  Königs  Herodes.) 

1.  Herodes    erwartet   wunderneugierig   Jesus. 

2.  Herodes   empfängt  mit  Spott  die   Hohenpriester. 

3.  Er  schickt  Jesus,  nachdem  er  vergebens  auf  dessen 
Wunder  gewartet,   wieder   zu    Pilatus   zurück. 

4.  Er  wendet  sich  enttäuscht  anderen  Unterhaltungen  zu. 

13.  Vorstellung. 
Geißelung  und   Dornenkrönung. 

1.  Kaiphas-Annas-Rabbi  beschließen,  alle  Hebel  in  Be- 
wegung zu  setzen,  um  den  Tod  Jesu  wegen  des 
Nahens    der   Ostersabbatruhe   zu    beschleunigen. 

2.  Auf  Drängen  des  Volkes  liefert  Pilatus  Jesus  zur 
Geißelung  aus. 

3.  Kaiphas  schickt  das  Volk  auseinander,  um  den  Auf- 
ruhr in  ganz  Jerusalem  zu  schüren. 

4.  Jesus  wird  gegeißelt  und  dann  gekrönt. 

Die  Geißelungsszene  ist  in  einer  Würde  gehalten,  daß 
das   ästhetische   Gefühl   durch   nichts   verletzt  wird. 

14.  Vorstellung. 
Jesus  wird  zum  Kreuzestode  verurteilt. 

Prolog 
stellt   den    Einzug   des   ägyptischen   Josephs   und   seine    Er- 
hebung in  wirksamen  Kontrast  zu  der  tiefsten  Erniedrigung 
des  Heilands. 

—  129  —  9 


Der   Chor 
erhebt  nochmal  den   Klageruf:   „Seht,   welch   ein   Mensch!", 
gibt  aber  dann   auch   in   der  gleichen   Kontrastwirkung  wie 
der  Prolog  in  einen  Jubelruf  auf  den  ägyptischen  Joseph  über. 

Vorbilder. 

a)  Triumph  des  ägyptischen  Joseph. 

b)  Das   Widderopfer  im   alten   Tempel. 

Chor  und  Volk  hinter  der  Bühne 
verfallen  in  ihrem   Wechselgesang  in  Widerstreit,   wer  frei- 
gegeben  werden   sollte,   Jesus  oder   Barabbas. 
DasVolksingt: 
Barabbas  sei  von  Banden  frei! 
Darauf  der  Chor: 
Nein,  Jesus  sei 
Von  Banden  frei. 
Damit  soll  das  Ungestüm  des  Volkes  ausgedrückt  wer- 
den, das  sich  hinter  der  Bühne  nicht  mehr  will  zurückhalten 
lassen. 

Ans  Kreuz  mit  ihm! 
Es  braust  und  bricht  der  Sturm  hervor. 
Volk:  Es  falle  (das  Blut)  über  uns  und  unsere  Kinder? 
Der    Chor    dagegen:    Es    komme    über   euch    und 
eure  Kinder! 

Nun  steigert  sich  das  gewaltigste  Drama  der  Mensch- 
heit, das  hier  seine  ihm  würdige  Wiedergabe  findet,  immer 
mehr  und  mehr.  Jetzt  gibt  es  keine  Unterbrechung  mehr  in 
der  atemlosen  Spannung.  Grauen  und  Mitleid  streiten  in 
den  Gemütern  der  Zuhörer,  wie  das  Volk  auf  der  Bühne 
um  Christus  und  Barabbas  streitet.  Nun  hebt  sie  an  die 
ganze  volle  Empörung  nicht  nur  des  Judenvolkes  gegen 
den  Römer,  sondern  der  Menschheit  gegen  die  Gottheit. 
Nunmehr  wirkt  nicht  mehr  die  tragische  Schuld  des  ein- 
zelnen, sondern  der  ganzen  Welt  gegen  ihren  Schöpfer,  und 
jeder  Zuschauer  erkennt  seinen  Anteil  daran. 

Handlung. 
1.    Empörung    gegen    Pilatus;     Nathanael    kommt    mit 
seiner  Gefolgschaft  durch  die  Annasstraße,   Ezechiel 
durch  die  Pilatusstraße,  Kaiphas  rechts  aus  der  mitt- 

—  130  — 


leren   Stadt,   Annas   links.     Das    Volk   droht   Pilatus 

mit   der   Klage   beim    Kaiser. 
2.   Pilatus   stellt  dem   Volke   die   Wahl   zwischen   Jesus 

und    Barabbas;    Barabbas    wird    freigelassen,    Jesus 

dem    Kreuztod   überliefert. 
(Hier  verzeichnet  das  Textbuch  III.  Abteilung,  es  wird 
aber  keine  Pause  mehr  gemacht.) 

15.   Vorstellung. 
Der   Kreuzweg. 
Der   Prolog 
bereitet  auf  den  schweren  Gang  des  Herrn  vor: 

„Der  erzwungene  Urteilsspruch  ist  gesprochen, 
Schon  hinaus  zum  Berge  der  Schädelstätte 
Sehn  wir  Jesum  wanken,  belastet  mit  dem 
Balken  des  Kreuzes.^* 

Der   Chor 
stimmt  einen  feierlichen  Choral  an. 

„Betet    an,    sagt    Dank!     Sagt    Dank! 
Der  den   Kelch   des   Leidens   trank. 
Geht  nun  in  den   Kreuzestod 
Und  versöhnt  die  Welt  mit  Gott.^' 

Dieser  Choral  ist  den  Oberammergauer  Sängern  viel 
mehr  als  der  Pflichtgesang  ihres  Passionsspiels,  sondern 
ein  Bestandteil  einer  der  feierlichsten  Momente  ihrer  ört- 
lichen Liturgie.  Wie  sonst  an  anderen  Orten  das  Agios  o 
Theos  wird  in  Oberammergau  jedesmal  am  Charfreitag  bei 
der  Kreuzküssung  dieser  Choral  gesungen.  Mit  diesem 
Choral  wächst  den  Sängern  ihr  Spielanteil  weit  über  das 
Profane  hinaus,  da  ist  ihnen  ihr  Passionsspiel  auch  ein 
Stück   heiligen,    ehrwürdigen   Gottesdienstes. 

Ernster  noch  wie  sonst  schreitet  der  Chor  hinweg,  doch 
schon  drängt  das  Volk  auf  der  „Annashausseite",  also  der 
Palmsonntagseinzugsseite  entgegengesetzt,  herein;  das  ist 
ein  ganz  anderer  Aufzug  als  am  Vormittag,  kein  Triumph- 
zug,  sondern  ein  Leidenszug;  vom  Triumphzug  sind,  von  der 
Pilatusseite  herkommend,  nur  wenig  Getreue  geblieben, 
Maria  allein  mit  den  ihrigen.  Da  greift  wieder  das  rein 
menschliche  Fühlen  des  Zuschauers  an  sein  Herz,  er  weiß, 

—  131  —  9* 


hier  müssen  sie  zusammentreffen,  Mutter  und  Sohn,  die 
Mater  dolorosa  muß  den  Leidensgang  mitmachen  bis  nach 
Golgatha. 

Handlung. 

1.  Auftreten  Mariens  mit  Johannes,  Joseph  von  Ari- 
mathäa,  Magdalena,  Kleopha  und  Salome,  die  von 
Bethanien  kommen. 

2.  Der   Kreuzzug  erscheint  in   der  Annasgasse   (links). 

3.  Simon  von  Cyrene  hilft  Jesus  das  Kreuz  tragen; 
Veronika  reicht  Jesus  das  Schweißtuch  dar.  Jesus 
begegnet  den  weinenden   Frauen. 

4.  Jesus  begegnet  seiner  weinenden  Mutter.  Sie  bricht 
nicht  in  verzweifelndem  Schmerz  zusammen,  sondern 
folgt  ihrem  hinauswankenden  Sohne,  stark  in  hei- 
liger Kraft. 

Im  Zuschauerraum  ist  es  stille  geworden,  das  letzte 
Wort  oberflächlicher  Neugierde  ist  erstorben.  Die  Herzen 
sind  bereitet,  das  Opfer  auf  Golgatha  mitzufeiern  in  tiefster 
Andacht  und  erhabendstem  Schmerze. 
16.  Vorstellung. 
Prologus  und  Chor  erscheinen  in  schwarzen  Kleidern. 
Trauer  senkt  sich  auf  alle  Gemüter.  Unter  melodramatischer 
Begleitung  spricht 

Der  Prolog 
die  Mahnung: 

Auf,  fromme  Seelen,  auf  und  gehet, 
Von  Reueschmerz  und  Dank  durchglüht. 
Mit  mir  nach  Golgatha  und  sehet, 
Was  hier  zu  eurem  Heil  geschieht. 
Dieser    Aufforderung    bedarf    es    jetzt    eigentlich    nicht 
mehr,  wer  wäre  jetzt  nicht  bereit,  weiter  mitzugehen  nach 
Golgatha? 

Der  Chor  singt  in  rein  vierstimmigem  Satz  den  Tonsatz, 
der  beim,  unblutigen  Opfer  des  Abendmahls  hinter  der  Bühne 
erklang: 

(Solo  des  Chorführers): 
Wer  kann  die  hohe  Liebe  fassen, 
Die  bis  zum  Tode  liebt, 
Und  statt  der  Mörder  Schar  zu  hassen. 
Noch   segnend   ihr  vergibt. 

—  133  - 


In  den  Gesang  dröhnen  schon  hinter  dem  Bühnenvor- 
hang die  Hammerschläge,  die  Christus  an  das  Kreuz  heften 
sollen.  Beim  Oeffnen  des  Vorhanges  liegt  er  noch  am 
Boden,  die  Kreuze  der  Schacher,  die  nur  angebunden  wer- 
den, sind  schon  aufgerichtet. 

Handlung. 

1.  Das  Kreuz  wird  erhoben. 

(Christus   hängt   18   Minuten  am   Kreuze.)  *) 

2.  Die  Pharisäer  äußern  ihre  Unzufriedenheit  mit  der 
Kreuzaufschrift  des   Pilatus. 

3.  Die   Henker  würfeln  um   die   Gewänder  Jesu. 

4.  Jesus  spricht  die  denkwürdigen  sieben  Worte,  neigt 
sein  Haupt  und  stirbt. 

5.  Erdbeben,   Schrecken   und   Flucht   des   Volkes. 

6.  Die  zwei  Schacher  werden  erschlagen. 

7.  Der  Leichnam  Jesu  wird  gegen  den  Willen  der 
Hohenpriester  Joseph  von  Arimathäa  und  Niko- 
demus  übergeben. 

8.  Der  Leichnam  Jesu  wird  von  Nikodemus  und  Joseph 
von  Arimathäa  vom  Kreuze  genommen  und  in  den 
Schoß  Marias  gelegt. 

Die  Zuschauermasse  folgt  in  atemloser  Spannung  den 
tiefernsten  Vorgängen,  jeder  Blick  hängt  an  dem  Kreuzbilde, 
oft  tönt  ein  Aufschrei  nicht  mehr  zurückdämmenden  Schmer- 
zes durch  die  Halle,  die  Tränen  werden  nicht  mehr  zurück- 
gehalten. Jedes  der  sieben  Worte  hallt  bis  in  den  letzten 
Winkel  der  Halle.  Ein  schmerzliches  Aufstöhnen  und  Auf- 
zucken geht  durch  die  Reihen  beim  Lanzenstich.  Und  dann 
folgt  die  unbeschreiblich   rührende  Kreuzabnahme. 

17.   Vorstellung. 
Der  Schmerz  atmet  erst  wieder  auf,  als  der 


*)  Christus  hängt  an  einem  Korsett  unter  dem  Trikot,  die  Arme  und  Beine 
haben  nur  schwache  Stützpunkte;  unter  den  Fußsohlen  befinden  sich  eiserne  Sohlen, 
die  Arme  sind  durch  Bänder  an  die  Querbalken  geheftet,  der  Nagel  wird  über  der 
Hand  zur  Mitte  derselben  eingebogen.  Die  Lage  des  Christus  ist  auch  so  noch  eine 
überaus  beschwerliche  und  fordert  die  höchste  Leistung  der  physischen  Kräfte.  Der 
Theaterarzt  ist  bei  dieser  Szene  jedesmal  im  Hause.  Die  Illusion  des  Lanzenstichs 
wird  durch  das  Zurückgehen   der  mit  Farbe   gefüllten   Lanzenspitze  hervorgerufen. 

—  134  — 


Die  Kreuzabnahme 


Prolog  spricht: 
Nun  ist  alles  vollbracht!    Friede  und  Freude  uns! 
Freiheit  hat  uns  sein  Kampf,  Leben  sein  Tod  gebrachtt 

Von  Dank  und  von  Liebe 

Glühe  das   Herz  der  Geretteten! 

D  e  r   C  h  o  r 
erhebt  seinen  Grabgesang: 

Christen,  senkt  am  Pilgerstabe 
Hin  das  Haupt  in  Ehrfurcht  still, 
Dessen,  der  statt  goldener  Gabe 
Nur  ein  Herz  voll  Einfalt  will. 
Schnell  schreitet  die  Handlung  zum  Schlüsse. 

Handlung. 
(Das   heilige   Grab.) 

1.  Jesus  steht  vom  Grabe  auf. 

2.  Der    Engel    verkijndet    den    weinenden    Frauen    die 
Auferstehung. 

Für  den  Christen  ist  mit  der  Auferstehung  noch  nicht 
das  vollständige  Glaubensdogma  erfüllt,  darum  kann  sie 
nicht  den   Beschluß  des  Opferdramas  bilden. 

18.   Vorstellung. 
Der   Prolog 
nimmt  Abschied  von  den  Zuschauern. 

Der   Chor 
stimmt  in  ein  helles  Hallelujah  ein,  während  des  Zwischen- 
sopransolos  erhebt  sich  der  Vorhang  zum 

Himmelfahrtsbild. 
Die  heiligen  Gestalten  des  Alten  und  Neuen  Testaments 
vereinigen    sich    um    den    auffahrenden    Weltbezwinger,    die 
Feinde  Christi  liegen  bezwungen  am  Boden. 
Mit  mächtigem   Fugensatz  schließt 
Der  Chor 
Preis,   Ruhm,   Anbetung,   Macht  und   Herrlichkeit 
Sei  dir  von   Ewigkeit  zu   Ewigkeit! 
Halleluja! 


~  136  - 


^"^^m 


ständige  Ausstellung 

von  l^^_V^^I         N , 

Kunst-  und  Gebrauchsporzellanen 


Madonna  von   Liebermann 


PORIEIXÄNNIEDERIÄGE 
MÜNC  HE  N 


fta^iasDiä^is 


9.  KAPITEL. 


Die  Fahrt  zum  Spiel. 


Im  Jahre  1910  bildete  die  orientalische  Ausstellung  auf  der 
Theresienhöhe  in  München  eine  gute  Vorbereitung  sozusagen  für 
das  „Milieu'*  des  Oberammergauer  Passionsspieles.  Auch  der  Sommer 
1922  wird  viele  Gäste  nach  oder  vor  dem  Passionsspiel  nach 
München  führen,  wo  ihnen  viel  umfassendere  und  bedeutendere 
Darbietungen  werden  als  1910  und  wo  sich  alles  zu  gemeinsamen 
großen  Werken  vereinigen  will,  die  zeigen  sollen  daß,  wenn  München 
trotz  den  Wirren  und  Kämpfen  in  der  Zwischenzeit,  der  Zeit  des 
allgemeinen  Taumels  heute  noch  die  Stadt  der  Kunst,  des  Gewerbes 
und  des  Kunstgewerbes  ist  und  bleibt.  Ueber  die  diesbezüglichen 
Vorbereitungen  berichteten  schon  anfangs  Juni  1921  die  Zeitungen 
und   entwarfen   folgendes   vielversprechendes    Bild. 

Den  Mittelpunkt  der  Darbietungen  im  Jahre  1922  soll  in  München 
die  Deutsche  Gewerbeschau  bilden.  (Auch  die  Schnitz- 
schule, der  Lukasverein  und  einzelne  Firmen  Oberammergaus  be- 
teiligen sich  an  derselben.)  Die  München  er  Festspiele  im 
Prinzregenten-Theater  werden  einen  Ueberblick  über  große  deutsche 
Kunst  der  Vergangenheit  und  der  Gegenwart  bieten,  und  auch  die 
großen  privaten  Musikvereinigungen  Münchens  werden  ihr  Interesse 
bekunden.  Wenn  den  Besucher  der  Weg  zu  den  Stätten  der  bilden- 
den Kunst  führt,  so  soll  er  im  altberühmten  Glaspalast  eine 
Ausstellung  von  ganz  besonderem  künstlerischem  Gepräge  finden. 
Die  Münchener  neue  Sezession  wird  ein  Gesamtbild  der 
ganzen  jungen  Kunst  der  Gegenwart  zu  bieten  suchen.  Die  Staats- 
isammlungen  werden  ebenso  wie  die  der  Stadt  und  die  Staats- 
bibliothek alles  aufbieten,  um  ihre  besonderen  Schätze  den  Besuchern 
zu  erschließen.  Der  Kunsthandel  verheißt  eine  Schau  guten  Mate- 
rials. Die  Anregung,  die  einschränkenden  Bestimmungen  im  Frem- 
denverkehr möglichst  zu  erleichtern,  soll  dahin  erweitert  werden, 
daß  auch  mit  den  Vertretern  des  Hotelgewerbes  Fühlung  genommen 
werden  wird,  um  die  Fremden  auch  unterzubringen  und  \or  Ucber- 
forderungen  zu  schützen.  Dem  durch  das  zeitliche  Zusammen- 
fallen der  Gewerbeschau  mit  dem  Oberammergauer  Passionsspiel 
sehr  zahlreichen  Fremdenstrom  wird  durch  diese  Veranstaltungen 
außerhalb  der  Ausstellung  ein  fesselndes  Bild  von  dem  wahren 
Wesen    Münchens    geboten    werden. 


137 


Auf  dem  Katholikentag  in  Frankfurt  im  Jahre  1921  wurde 
beschlossen,  den  Katholikentag  1922  in  München  zu  halten;  der- 
selbe findet  statt  vom  25.  bis  30.  August;  das  führt  natürlich 
wiederum   eine   große   Anzahl   Fremder  dorthin. 

Reiserouten. 

1 .    Direkte:    S  t  a  r  n  b  e  r  g  —  W  e  i  1  h  e  i  m  —  M  u  r  n  a  u. 

Der  für  die  Strecke  München— Oberammergau  oder  Parten- 
kirchen— Mittenwald  bestimmte  Bahnhof  ist  der  Bahnhof  für  den 
Vorortsverkehr,  der  sogenannte  Sommer-  oder  Starnberger-Bahnhof, 
nördlich  des  Hauptbahnhofes,  wenn  man  von  der  Stadt  kommt, 
rechts  desselben  zwischen  Hauptbahnhof  und  Arnultstraße.  Sein  Neu- 
bau fällt  angenehm  ins  Auge.  Durch  die  Verzögerung  der  Bau- 
tätigkeit im  Kriege  ist  er  erst  im  Jahre  1921  fertig  geworden. 
Eine  schöne  Säulenhalle  bildet  den  Vorraum. 

Bis  Tutzing  ist  im  Zuge  linke  Fensterseite,  von  Tutzing  aus 
rechte  vorzuziehen.  Beim  Einsteigen  fällt  rechts  ein  mächtiger  Bau 
auf,  das  Verkehrsministerium,  links  kennzeichnet  sich  München  mit 
dem  Hackerbräu-  und  Pschorrkeller  als  Bierstadt  und  herüber  ragen 
die  Türme  der  Paulskirche.  Von  der  Vorortsstation  Laim  bezw. 
Zentralwerkstätte  führen  die  Wege  rechts  hinüber  nach  Neuhausen 
und  Nymphenburg  mit  dem  prächtigen  Schloß,  Schloßpark  und  bo- 
tanischen Garten,  links  zum  Waldfriedhof.  Pasing  erhält  mehr  und 
mehr  das  Gepräge  einer  größeren  Stadt.  Die  schöne  romanische 
Pfarrkirche  hat  ein  großes  Presbyteriumsgemälde  und  eine  Kriegs- 
gedächtniskapelle erhalten.  Pasing  ist  Knotenpunkt  für  die  Bahnen 
Starnberg,  Herrsching,  Lindau  und  Augsburg.  Bei  der  Ausfahrt 
sehen  wir  die  großen  Bauten  des  Gymnasiums  und  der  Lehrer-Bil- 
dungsanstalt.  Villenkolonien  und  Turnspielplätze  begleiten  die  Bahn- 
straße bis  Planegg.  Rechts  grüßt  aus  dem  Walde  das  liebliche 
Wallfahrtskirchlein  Maria  Eich.  Links  werfen  wir  vor  der  Station 
Mühlthal  einen  leider  nur  zu  kurzen  Blick  hinab  in  das  liebliche 
Tal  der  Wurm,  nur  einen  kurzen  Augenblick  sehen  wir  tief  unten 
im  Tale  die  Reismühle,  wo  der  Sage  nach  Karls  des  Großen  Mutter 
Berta  als  Magd  gedient  und  er  selbst  das  Licht  der  Welt  erblickt 
habe.  Bei  Station  Mühlthal  ist  das  Dorf  Leutstetten,  wo  König  Lud- 
wig in.  von  Bayern  sein  landwirtschaftliches  Mustergut  eingerichtet 
hat  und  Prinzessin  Mathilde  begraben  liegt.  König  Ludwig  ist  fern 
von  der  Heimat  am  18.  Okt.  1921  in  Sarvar  in  Ungarn  gestorben 
und  wurde  mit  seiner  Gemahlin  Königin  Maria  Theresia  am  5.  Nov. 
in  der  Frauenkirche  in  München  beigesetzt.  Bald  sehen  wir  den 
Spiegel  des  Wurm-  oder  Starnbergersees,  der  sich  von  seinem  Nord- 
ende Starnberg  bis  zu  seinem  Südende  21  km  ausdehnt  und  dessen 
größte  Breite  SVk  km,  Gesamtflächenausdehnung  57  qkm  und  be- 
deutendste Tiefe  114  m  beträgt.  Es  lohnt  sich,  eine  Rundfahrt  auf 
demselben   auf  einem  seiner  Prachtdampfer  vorzunehmen. 

Der  Bahnweg  nach  Tutzing  führt  dem  Westufer  des  Sees  entlang 
und  sehen  wir  noch  lange  die  König  Ludwig-Gedächtniskirche  von 
Berg    und    auf    der    Rottmannshöhe    den    Bismarckturm. 

—  138  — 


In  Tutzing  zweigt  die  Route  Penzberg— Kocliel  ab,  die  uns 
an  den  herrlich  gelegenen  Kochelsee  bringen  würde.  Von  Koche! 
aus  führt  die  schönste  Bergstraße  Deutschlands,  deren  etwas  weitere 
Trace  gegenüber  der  alten,  aber  aussichtsentbehrenden  Straße 
jeder  Reisende,  auch  der  Fußgänger,  vorziehen  möge  (gleich  in 
Kochel  Fußweg  rechts  vom  Schulhaus  ab,  gut  markiert,  einschla- 
gen!), hinauf  zu  dem  Walchensee  und  weiter  von  Urfeld  links  in 
die  Jachenau,  rechts  Ort  Walchensee  nach  Wallgau,  Mittenwald  und 
(von  Klais  ab  wieder  rechts)  nach  Partenkirchen.  Die  Kessel- 
hergstrasse  darf  wohl  als  das  schönste  Tor  Deutschlands  zum 
Eintritt  in  das  Hochgebirge  bezeichnet  werden;  ihr  kommt  nur 
die    Ettaler    Straße    an    Schönheit    nahe. 

Das  herrliche  Walchenseegebiet  hat  durch  die  bedeutendste 
Wasserkraft  in  Deutschland  „das  Walchenseewerk"  einen  neuen 
Anziehungspunkt  erhalten. 

Die  Hauptbahn  über  Weilheim — Murnau  hat  von  Tutzing  aus 
ihre  schönsten  Punkte  an  der  rechten  Fensterseite.  Bei  Diemen- 
dorf grüßt  von  der  Höhe  „Hochschloß  Pähl",  dem  Grafen  Spreti 
gehörend.  Bei  Wilzhofen  öffnet  sich  das  Tal  der  Ammer  bis  zu 
ihrer  Mündung  in  den  Ammersee  bei  Diessen.  Schon  winkt  uns  von 
Süden  her  der  Peißenberg  mit  seiner  Kirche  auf  dem  Gipfel,  mit 
Recht  ob  seiner  Gebirg  wie  Vorland  beherrschenden  Aussicht  der 
,, bayerische  Rigi"  genannt.  Von  Weilheim  führt  die  Bahn  nach  Sulz 
zum  Fuß  des  Peißenberges  und  in  l'^-?  Stunden  auf  dessen  Gipfel. 
Eine  weitere  hübsche  Waldwanderung  würde  von  dort  über  das  mit 
wiederum  prächtiger  Aussicht  ausgestattete  Schönberg  oder  im  Tale 
über  das  ehemalige  Kloster  Rottenbuch  mit  seiner  ganz  hervorragend 
schönen  Barockkirche,  der  ehemaligen  Pfarrkirche  für  den  ganzen 
Ammergau,  den  Ort,  woher  Oberammergau  seine  Schnitzkunst 
empfing,  nach  Ba3'ersoyen,  und  weiter  noch  zur  Station  der  Murnau— 
Ammergauer  Bahn  Saulgrub  führen. 

Wir  aber  wollen  uns  noch  in  Weilheim  etwas  umsehen,  es  ist 
wahrlich  ein  Heim,  in  dem  sich  gut  weilen  läßt,  und  welches  uns 
wegen   der   Beziehungen    zum   Passionsspiel    doppelt    anzieht. 

Weilheim  hat  sich  glücklich  das  Bild  einer  behaglichen,  klein- 
bürgerlichen Biedermannstadt  erhalten.  Den  Hauptplatz  schmückt 
eine  von  dem  berühmten  Bildhauer  Ignaz  Degler  gefertigte  Marien- 
säule und  ein  echter  Barockbrunnen  aus  dem  Kloster  Steingaden. 
In  der  Pfarrkirche  finden  wir  eine  Kreuzabnahme,  die  17S6  von 
keinem  geringeren  gemalt  wurde,  als  dem  größten  Barockmaler 
seiner  Zeit,  dem  Maler  der  Ettaler  Meisterwerke  Martin  Knoller. 
Auch  das  Hochaltarbild  könnte  von  ihm  sein.  Hervorragende  Mei- 
sterwerke ihrer  Art  sind  auch  die  1698  entstandene  Monstranz  vom 
Anton  Kipfinger  und  das  Christoph  Angermayersche  Elfenbeinkäst- 
chen, das  sich  allerdings  im  verständnisvoll  arrangierten  Ortsmuseum 
nur  mehr  in  Kopie,  im  Original  aber  im  Nationalmuseum  in  München 
befindet.  Derartig  sind  die  „Weilheimer  Stücklein",  wirkliche  Meister- 
werke der  Kleinkunst  und  des  Kunstgewerbes,  durch  welche  seinerzeit 
Weilheim    berühmt   war,   und   nicht   in   angedichteten   Schelmen-   und 

—  139  — 


Narrenstreichen,  die  Weilheim  zu  einem  neuen  Abdera  oder  Schiida 
machen  wollten.  Weilheim,  das  auch  einmal  unter  den  Herzogen 
Wilhelm  IV.  und  Ludwig  (1521)  eine  Zeitlang  bayerische  Residenz 
war,  hat  von  Barbarossas  Zeiten  an  die  Passionsspiele  gepflegt  und 
verbreitet,  wie  schon  an  anderer  Stelle  bemerkt  ist.  Ein  köst- 
liches Kleinod  kunstgeschichtlicher  Art  birgt  es  in  seiner  Salvator- 
kapelle  am  sogenannten  Betberg,  erbaut  1449.  Mit  ihrem  robusten, 
ungemein  malerischen  Ziegeldach  nach  außen,  noch  )Tiehr  aber 
mit  ihrem  jetzt  einzigartigen  gotischen  Gewölbe  mit  Zentralsäule 
ist  sie  das  genaue  Bild  der  ersten  im  14.  Jahrhundert  entstandenen 
Ettaler  Kirche,  die  1740  niederbrannte;  nach  ihr  hat  auch  Mettenleiter 
das  Ettaler  Klosterbild  in  der  Oberammergauer  Spielhalle  retro-spek- 
tivisch  aufgenommen.  Wer  die  Baugeschichte  von  Ettal  studieren  will, 
muß  sich  diese  hochinteressante  Kirche  ansehen.  Leider  wurden 
die  Zwickelflächen  des  Gewölbes  überstrichen,  aber  durch  Maler 
Mangold  wieder  freigelegt.  Derselbe,  ein  hervorragender,  xielver- 
sprechender  Künstler,  selbst  Weilheimer  Kind,  begann  noch  die  Re- 
stauration derselben,  ist  aber  schnell  am  Schlagfluß  im  schönsten 
Mannesalter  gestorben.  Mit  ihm  ist  ein  Stolz  und  eine  HofI 
nung  Weilheims  ins  Grab  gegangen.  Auf  dem  Weg  zur  Sahator- 
kapelle  versäume  man  nicht,  einen  Blick  in  die  Angerkapelle  zu 
werfen;  dieselbe  birgt  eine  sehr  schöne  Pieta  von  Steinhart  und 
ein  Gemälde  der  Judith,  das  auch  von  Knoller,  eher  aber  noch  von 
Gindter  stammen  könnte.  Genug  also  des  Anziehenden  und  Sehens- 
werten, um  in  Weilheim  ein  paar  Stunden  zu  weilen.  Die  Bahn- 
hofrestauration  genießt   guten   alten   Ruf. 

Wenn  uns  die  Zeit  nicht  erlaubt,  den  schönsten  Aussichtspunkt 
der  Umgebung,  ,,das  Gögerl",  zu  besuchen,  begeben  wir  uns  wieder 
auf  die  Reise  und  gelangen  nach  Polling,  dem  ehemaligen  Auf- 
enthaltsort des  berühmten  Augustiner-Gelehrten  Eusebius  Amort. 
Auf  der  Fahrt  dorthin  begleitet  uns  stets  der  Anblick  rechts  des 
Peißenbergs  und  links  gegen  Süden  der  Höhenzug  der  Benedikten- 
wand und  des  Herzogstands  bis  herüber  zum  Ettaler  Mandl,  das 
immer  schärfer  im  Vordergrund  heraustritt.  Unten  im  Tale  zieht 
die  Ammer  einen  weiten  Bogen  nach  Südwesten.  Polling  war  ein 
uraltes  Kloster,  das  schon  zu  den  Zeiten  Thassilos  gegründet 
wurde.  Von  hier  an  befinden  wir  uns  schon  im  sogenannten 
,, Pfaffenwinkel";  überall  finden  wir  rings  ins  schöne  Land  der 
Vorberge  Klöster  eingestreut,  deren  Kirchen  um  den  Schönheitspreis 
streiten,  bis  hinein  tief  in  die  Berge  nach  Ettal  und  zur  Wies- 
kirche bei  Steingaden,  die  die  Gebrüder  Zimmermann  in  graziösestem 
Rokoko  erbaut  und  ausgestattet  haben,  hinüber  zum  Kochelsee 
mit  seinen  Klöstern  Benediktbeuern  und  Schlehdorf,  überall  unsterb- 
liche Denkmäler  der  hohen  Kultur,  die  im  Schatten  der  Kirche  gedieh, 
darbietend. 

Kurz  vor  Murnau  nach  längerer  Steigung  der  Bahn  tut  sich 
uns  die  ganze  Pracht  des  'Hochgebirges  auf.  Gleich  nach  der 
Station  Uffing  sehen  wir  den  Staffelsee  in  seiner  ganzen  Aus- 
dehnung vor  uns.  Freundlich  liegt  er  mit  seinen  Inseln  unter  uns. 
Darüberhin  entfaltet  sich  ein  großartiges  Gebirgspanorama,  anfangend 
von  den   östlichen    Bergen:  Zwiesel,  Geigerstein,   Propstwand,   Bene- 

-  140  — 


diktenvvand,  Rabenkopf,  Jochberg,  über  den  Kesselberg  iiinüber  zum 
Herzogstand,  Heimgarten,  Simmetsberg  bis  zum  Esterngebirge  mit 
dem  Krottenkopf,  Bischof  und  Fricken;  in  der  Mitte  öffnet  sich  das 
Loisachtal  mit  dem  ganzen  Wetterstein-,  Dreitor-  und  Zugspitzgebiet, 
an  deren  Fuß  Garmisch  und  Partenkirchen  hegen.  Hier  hinein  geht 
die  alte  Reiseroute  über  Oberau  an  den  hübsch  gelegenen  Ortschaften 
Ohlstadt  und  Eschenlohe  vorbei  mit  der  Abzweigung  Oberau— Ettal— 
Oberammergau.  —  Ueber  dem  Loisachtal  grüßt  mit  charakteristischer 
Spitze  das  Ettaler  Mandl  mit  dem  Laber,  überragt  von  der  Not,  daran 
schließen  sich  der  Aufacker,  die  drei  Kohlgruber  Hörnle,  gegen  das 
Flachland  hinaus  sieht  man  nunmehr  von  der  Rückseite  den  Peissen- 
berg.     Im  Westen  verlieren  sich  die  Trauchgauer   Berge. 

'Zwischen  dem  Staffelsee  und  dem  mit  dem  Ettaler  Mandl 
beginnenden  Rücken  des  Ammergebirges  zieht  sich  die  i  race  der 
neuen  Oberammergauer  Bahn  dahin. 

M  u  r  n  a  u,  ein  freundlicher,  als  Sommerfrische  sehr  gesuchter 
und  beliebter  Ort,  dem  die  künstlerische  Leitung  der  Fassaden- 
malereien durch  Emanuel  Seidl  einen  originellen  Straßenschmuck 
gegeben  hat,  Ausgangspunkt  für  sehr  hübsche  Gebirgstouren  zum 
Kochel-  und  Walchensee,  in  das  Zugspitzgebiet,  Ammertal,  zum 
Peissenberg  und  zu  Partien  gegen  das  Flachland,  ist  bekannt  durch 
die  vorzüglichen  Bäder  im  Staffelsee.  Dessen  Wasser  ist  außer- 
ordentlich mild,  -\-  17—21  o  R.,  sehr  moor-  und  eisen-,  aber  nicht 
kalkhaltig  und  darum  für  Krankei  vorzüglich  zu  empfehlen.  Im  Jahre 
werden  durchschnittlich  25  000  Bäder  genommen.  1920  wurde  durch 
den  Fremdenverkehrsverein  Murnau  ein  Strandbad  neu  errichtet, 
das  sich  großer  Beliebtheit  erfreut.  (50—60  Kabinen.)  Im  Orte  selbst 
ist  ein  altes  Schloß  (nunmehr  Schulhaus),  erbaut  1539;  eine  hübsche 
Kirche,  1899  kunstsinnig  renoviert,  mit  Kanzel  und  Beichtstühlen  in 
wunderbarem  Rokoko;  das  prächtige  Deckengemälde  „Das  jüngste 
Gericht"  wurde  1894/95  von  Professoi^  W.  Kolmsperger  im  Auftrage 
der  Kgl.  Staatsregierung  hergestellt;  die  neue  Orgel  stammt  von 
Steinmeyer  in  Oettingen.  Sehenswert  ist  auch  das  Denkmal  König 
Ludwigs  II.  von  Hautmann.  In  einer  Viertelstunde  gelangt  man 
durch  schattige  Anlagen  zum  Staffelsee  mit  seinen  sieben  Inseln; 
Schiffahrtgelegenheit  beim  Kurhotel.  Die  größte  Insel  „Wörth"  ist 
im  Besitz  des  Herrn  Edw.  Schmitt,  jedoch  in  entgegenkommendster 
Weise  dem  Publikum  eröffnet;  darinnen  eine  riesige  alte  Linde,  unter 
welcher  schon  Bonifazius  gepredigt  haben  soll.  Prächtige  Aus- 
sichtspunkte zwischen  Murnau  und  dem  See  sind  die  Ludwigs-,  Luit- 
pold-  und  Asamhöhe.  Am  Seej  (Kui'hotel)  ein'  neu  errichtetes  Strand- 
kaffee   mit   täglichem    Künstlerkonzert. 

Für  Unterhaltung  im  Ort  sorgt  das  „B  a  u  e  r  n  t  h  e  a  t  e  r",  das 
vorzugsweise    ländliche    Stücke    bietet. 

Um  die  Oberammergauer  Bahn  zu  benützen,  müssen  wir  in 
Murnau  den  Staatsbahnhof  verlassen  und  uns  zum  nächstgelegenen 
Bahnhof  der  Lokalbahn  Murnau— Oberammergau  begeben  oder  zur 
Haltestelle  Murnau-Markt.  Die  Bahn  überbrückt  ihre  Schwesterbahn 
Murnau— Garmisch-Partenkirchen  und  wandet  sich  gegen  Westen, 
um  bald  in  den  stillen  Bergwald  einzubiegen,  in  das  Jagdrevier  des 

—  141  - 


Fürsten  Quadt-Wvkradt-Isny.  Nach  der  früher  einsamen,  nunmehr 
aber  durch  Holzabiadeanlagen  und  Sägewerke  sehr  lebhaft  gewordenen 
Station  „zum  Berggeist"  kommt  Aschau,  bei  dem  Jagdgute  des 
genannten  Jagdherrn.  In  der  Nähe  davon  ist  der  Lindenhof,  eine 
Ferienkolonie  für  arme,  erholungsbedürftige  Kinder  protestantischer 
Konfession;  er  ist  eine  Musteranstalt  charitativen  Zweckes,  deren 
Unterstützung  warm  zu  empfehlen  ist.  Von  schmerzlichen  Gefühlen 
wird  jeder  bestürmt,  der  früher  ein  Gast  des  Kunstmalers  Lothar 
Meggendorfer  auf  Gut  Jägerhaus  war  und  in  dem  stattlichen  ehe- 
maligen Ettaler  Klosterrekonvaleszentenhaus  bei  unvergleichlicher 
Rund-  und  Fernsicht  unter  lieben  Menschen  unvergeßliche  Stunden 
der  Freude  erlebt  und  heute  nur  mehr  Brandruinen  zur  Höhe  starren 
sieht;  das  Gut  wurde  von  Baron  Busseck  gekauft,  das  Hauptgebäude 
selbst  brannte  ab  und  wurde  nicht  wieder  aufgebaut;  das  Wohn- 
haus steht  jetzt  im  Tal  bei  der  Bahnstation.  Von  Station  Jägerhaus 
steigt  die  Bahn  immerfort  an  zu  den  Stationen  Ort  Kohlgrub  und 
Bad  Kohlgrub.  Auf  dieser  Strecke  passierte  1900  am  Vorabend  der 
Hauptprobe  dem  Extrazug  der  Journalisten  das  Mißgeschick,  stecken 
zu  bleiben  und  drei  Stunden  nicht  mehr  vom  Flecke  zu  kommen, 
was  gar  manchem  Herrn  von  der  Feder  sehr  böse  Bemerkungen 
auf  die  Zunge  legte,  ja  zum  Teil  sogar  in  den  Festbericht  diktierte. 
Seitdem  ist  alles  glatt  abgegangen;  daß  gerade  die  Journalisten  das 
Glück  der  Stockung  hatten,  ist  auch  wieder  ein  Zeichen  von  der 
„Bosheit  der  leblosen  Dinge". 

Bad  Kohlgrub  in  wundervoller  Lage  (896  m),  die  einen 
Ausblick  nicht  nur  auf  die  bayerische  Hochebene  mit  ihren 
glitzernden  Seen  gestattet,  sondern  auf  die  ganze  Gebirgskette  vom 
Wendelstein  bis  zum  Grünten,  ist  kein  Luxusbad,  sondern  ein  echtes 
Heilbad,  welches  in  seiner  Art  einzig  in  Bayern  dastehen  dürfte, 
indem  es  drei  wichtige  Heilfaktoren  miteinander  verbindet:  das 
denkbar  reinste  erfrischendste  Höhenklima  mit  einer  ausgezeichneten 
Stahlquelle,  das  Kohlgruber  Höhenmoor,  ein  reines  Eisenmineralmoor; 
demnach  ist  für  Terrain-,  Trink-  und  Badekur  in  unübertrefflicher 
Weise  gesorgt.  In  den  Frühlings-  und  Herbstmonaten  ist  das  Bad 
besonders  zu  empfehlen  bei  Erkrankungen  des  Nerven-  und  Blut- 
systems, der  ganze  Organismus  erfährt  eine  w^ohltätige  Anregung, 
bei  schweren  Herzfehlern  sei  aber  vor  dem  Bade  gewarnt.  Von 
weitbekannter  Bedeutung  ist  das  Bad  für  Kinderkrankheiten,  Bron- 
chitis, Skrofulöse,  Blutarmut  und  Bleichsucht  und  für  Frauenkrank- 
heiten. 

Seit  Aufblühen  des  Rodelsports  hat  Kohlgrub  mit  seinen  treff- 
lichen Rodelbahnen  vom  Hörnle  herab  auch  im  Winter  großen  Zu- 
zug  und   ist   zu   einem   bayerischen   Sankt   Moritz   geworden. 

Das  Bad  ging  1885  durch  Kauf  in  die  Hände  der  Herren 
Faller  imd  Buchmüller  über,  die  ein  durchaus  vornehmes  und  aber 
keineswegs  in  den  Preisen  übertriebenes*  Haus  führen.  Die  jährliche 
^Zunahme  der  Frequenz  spricht  mehr  als  alles  andere  für  die  Güte  des 
Bades  und   der  Kuranstalt. 

In  neuester  Zeit  ergaben  Nachforschungen  am  Hörnle  das  Vor- 
handensein von   Kohle,  deren  Förderung  in  Betrieb  genommen  wird. 

—  142  - 


Bei  der  Station  Kohlgrub  schneidet  die  Bahn  die  Straße  nach 
Saulgrub,  Baiersoyen,  Rottenbuch,  Peiting,  Schongau.  Zwischen  Saul- 
grub  und  Baiersoyen  wird  der  höchste  Punkt  bayerischer  Staats- 
straßen erreicht;  die  Bahn  selbst  bleibt  seitwärts  etwas  davon  zurück, 
steigt  aber  doch  bis  zu  875  m,  um  nach  Oberammergau  wieder 
32  m  zu  fallen;  diese  Partie  ist  sehr  schön,  noch  schöner  aber  eine 
Fußwanderung  über  die  Bergsattelung,  von  welcher  im  Winter  die 
Bobsleighs  heruntersausen  nach  Scherenau  und  Unterammergau.  Auf 
dieser  Höhe  schweift  der  Blick  rückwärts  bis  zum  Staffelsee,  hinaus 
in  die  oberbayerische  Hochebene  bis  zum  Starnberger-  und  den  vom 
Kloster  Andechs  überragten  Ammersee^,  begrüßt  in  der  Nähe  den 
Peissenberg,  während  gegen  Westen  aus  dem  dunklen  Tann  das 
ehemalige  Kloster  Rottenbuch  herauslugt.  Im  Südwesten  verlieren 
sich  die  Trauchgauerberge  in  blauer  Ferne,  von  Westen  schaut  das 
einsame  Forsthaus  Nogg  herüber;  weiter  ginge  es  zur  „Wies"  der 
herrlichen  Barockkirche  und  nach  Steingaden,  hier  ist  noch  ein  Stück 
unverfälschten  Urwaldes,  der  romantische  „wilde  Jäger".  Unten  im 
Talgrunde  windet  sich  die  Ammer  dahin;  hinter  dem  freundlichen 
Dörfchen  Altenau  ist  an  der  Ammer  ein  Stauwerk  angebracht  und 
wird  das  Wasser  zum  großen  Teile  auf  hohem  Viadukt  weitergeleitet, 
und  zwar  bis  zu  der  Ammerbiegung:  ,,Scheibum".  Dort  befindet  sich 
das  Elektrizitätswerk,  welches  bis  1500  Pferdekräfte  entwickelt,  da 
außer  der  Passionszeit  der  Betrieb  der  Bahn  nur  elektrisch  ist.  Von 
Altenau  weg  wendet  sich  die  Bahn  wieder  dem  Südosten  zu,  und 
zwar  so  weit,  daß  Oberammergau  in  der  Luftlinie  von  Murnau 
eigentlich  nicht  mehr  als  I1/2  Stunden  entfernt  ist.  Nach  der 
Bahnstation  Altenau  liegt  das  ganze  Ammertal  vor  uns;  nach 
Nordost  vorgelagert  sind  die  Hörnle  und  der  Aufacker  nun- 
mehr in  umgekehrter  Reihenfolge,  am  äußersten  Ende  bemerken 
wir  wieder  den  schroffen  Felsen  des  Ettaler  Mandl;  das  Tal  wird 
abgeschlossen  durch  den  breiten  Rücken  des  Laber;  gegen  Südost 
steigt  das  mächtige  Massiv  der  Hohen  Not  empor,  vor  derselben 
fällt  uns  sofort  das  Wahrzeichen  von  Oberammergau  auf,  der 
Kofel,  eine  überaus  charakteristische  Bergfigur,  von  deren  Höhe 
weithin  im  Sonnenglanze  ein  Kreuz  erstrahlt.  Von  dort  kehrt  unser 
Blick  in  die  Nähe  zurück;  die  höchsten  Erhebungen  des  langgestreckten 
Höhenrückens  sind  der  Kofel,  der  Zahn,  der  Hennenkopt,  der 
Pürschling  und  der  Brunnenkopf.  An  dem  Waldberg  vor  dem  Pürsch- 
ling  bemerken  wir  einen  rötlich  schimmernden,  stark  abfallenden 
Felsenhang,  einen  mächtigen  Steinbruch.  Die  Wetzsteine,  welche 
dort  gebrochen  werden,  gelten  als;  die  besten  ihrer  Art  und  kommen 
bis  nach  Ungarn  hinab.  Sie  bilden  die  Haupteinnahmequelle  der 
Unterammergauer.  Auf  einem  Hügel  der  „Hörnle"abhänge  noch  vor 
Unterammergau  liegt  Kappel,  d.  i.  Kapelle,  die  älteste  Kirche  im 
Ammertal.  Als  die  Rottfuhren  auf  der  Handelsstraße  von  Italien 
her  nach  Augsburg  an  den  Samstagen  auf  dem  „Warbüchel"  in 
Oberammergau  Halt  machten,  fuhren  sie  Sonntags  bis  hieher  zur 
hl.  Messe.  Hier  befindet  sich  ein  Kelch,  in  dem  der  Sage  nach  einige 
Tropfen  Blutes  des  Herrn  aufbewahrt  geblieben  seien.  In  Hohen- 
schwangau  bezw.  Neuschwanstein  die  herrliche  Darstellung  der 
Gralssage,  in  Ettal  die  Gralsburg  mit  den  Gralsrittern,  den  Tempel- 

—  143  — 


eisen,  hier  in  der  Mitte  der  hl.  Gral  selbst.  Sollte  dadurch  Jiiclit 
Richard  Wagner  auf  seiner  Reise  nach  Oberammergau  zu  seinem 
Parsifal   angeregt  worden   sein? 

Unterammergau  war,  wie  das  ganze  Ammertal  seinerzeit  ein  Be- 
sitztum der  Weifen,  darauf  weist  auch  der  sogenannte  Weifenhof 
am  Eingang  des  Dorfes.  Unterammergau  hat  auch  verschiedene  Fres- 
ken von  Franz  Zwink,  „dem  Lüftlesmaler"  von  Oberammergau. 
(Hs.-No.  125,  96.)  Die  Pfarrkirche  hat  ein  gutes  Deckengemälde 
wahrscheinlich  von  Gindter.  Gute  Gasthäuser  sind  der  Schuhwirt, 
Franzwirt  (zur  Sonne),  Melber  und  zur  Forelle.  Der  letzte  Besitzer 
der  Schuhwirtschaft  Hölderich  hatte  früher  Reisen  gemacht  nach 
Afrika  und  von  dort  her  eine  gute,  sehenswerte  Sammlung  mit- 
gebracht. 

Auf  dem  Sandbüchel,  den  die  Bahn  durchschneidet,  soll  ein 
Weifenschloß  gestanden  sein.  Und  nun  liegt  das  ganze  schöne  Dorf 
Oberammergau  vor  uns  mit  dem  Hauptanziehungspunkt,  dem  Pas- 
siontstheater  im  Vordergrund  und  auf  der  Höhe  vor  dem  Kofel 
schimmert   Halbigs   Kreuzigungsgruppe. 

2.  Hauptroute:  M  ü  n  c  h  e  n— B  u  c  h  1  o  e— F  ü  s  s  e  n— 
Neuschwanstei  n— L  i  n  d  e  r  h  o  f— O  berammergau. 
Einzusteigen  ist  bei  Fahrt  mit  Postzügen  in  der  Haupthalle  des 
Zentralbahnhofes.  Bis  Fürstenfeldbruck  und  Grafrath  kann  jedoch 
auch  noch  vom  Starnbergerbahnhof  aus  mit  den  Vorortszügen  ge- 
fahren werden.  Bis  Pasing  gleicher  Weg  wie  1.  Puchheim  war 
Uebungsplatz  für  Aviatiker  und  während  des  Feldzuges  Gefangenen- 
lager. Fürstenfeldbruck  ist  ein  lieblicher  Marktflecken  an  der  Amper, 
deren  moorreiche,  überaus  milde  Bäder  (17 — 19«)  berühmt  sind  und 
besonders  von  Gichtleidenden  besucht  w^erden;  in  der  Nähe  ist  das 
ehemalige  Zisterzienserkloster  Fürstenfeld,  wo  der  erste  Kreuz- 
schulkompositeur  Püttrich  lebte,  mit  einer  der  schönsten  Barockkirche 
nicht  nur  Bayerns,  sondern  ganz  Deutschlands.  Nach  Norden  er- 
blickt man  das  idyllische  Kirchlein  von  Puch,  wo  Kaiser  Ludwig  der 
Bayer,  der  Stifter  von  Ettal,  auf  der  Bärenjagd  den  Tod  fand.  Schöne 
Spaziergänge  führen  an  der  Amper  entlang  zur  ehemaligen  Römer- 
station Schöngeising,  dem  Sommeraufenthaltsort  Orlando  di  Lassos, 
und  Grafrath  (Graf  Rassos  Wallfahrtskirche).  Die  Bahn  fährt  eben- 
falls nach  Grafrath.  Von  Station  Grafrath  aus  ist  nur  "/i  Stunde 
auf  schönem  Waldwege  zum  Dampfschiffsteg;  mit  Dampfschiffweiter- 
fahrt Stegen— Diessen— Eisenbahn  Weilheim. 

Die  Hauptbahn  bleibt  auf  der  Höhe  und  gestattet  (links)  ab- 
wechslungsreiche Fernblicke  ins  Ampertal  und  auf  den  Ammersee, 
überragt  von  dem  Kloster  Andechs  auf  stolzer  Waldhöhe;  im  Hmter- 
grunde  grüßen  schon  die  Oberammergauer  Berge,  Wetterstein  und 
'Zugspitze,  im  Vordergrund  der  Peißenberg.  Bei  Geltendorf  kreuzt  die 
Fahrt  die  Bahnstrecke  Augsburg — Weilheim  (siehe  dritte  Route), 
hier  erblickt  man  das  großartige  Benediktiner  Missionskloster 
St.  Ottilien  mit  lehrreicher  afrikanischer  Sammlung.  Bei  Kaufe- 
ring führt  eine  der  höchsten  Brücken  Bayerns  über  den  Lech.  Nach 
Norden  breitet  sich  das  Lechfcld,  Bayerns  ehemals  bedeutendster 
Militärübungsplatz,   aus,   im   Süden   (links)   sieht  man   in   einstündiger 

__  144  _ 


Entfernung  Landsberg,  das  sich,  hingelagert  an  das  steil  ansteigende 
Lechufer  und  bekrönt  von  der  prächtigen  Maltheserl<irche,  dem 
Bayertor  und  dem  neuen,  aber  'stilechten  Institutsgebäude,  wohl 
in  seiner  Lage  mit  dem  vielgerühmten  Rothenburg  o.  T.  messen 
kann.  Zu  erreichen  ist  es  in  I4  Stunde  Bahnfahrt  aut  der  Zweig- 
strecke Schongau.  Beim  Aussteigen  aus  dem  Zuge  erblickt  man 
in  den  Lechauen  „den  Mutterturm'*,  den  Hubert  Herkomer,  einer  der 
größten  Maler  unserer  Zeit,  zum  Gedächtnis  an  seine  in  Lands- 
berg gestorbene  Mutter  erbauen  ließ.  Herkomer  selbst  verweilte 
in  demselben  alle  Jahre  als  Sommergast  in  Landsberg;  im  Rat- 
haus befinden  sich  zwei  Bilder  von  ihm,  die  Magistratsräte  und 
das  Gemeindekollegium,  mit  der  ganzen  Meisterschaft  seiner 
Porträtkunst  gemalt,  außerdem  noch  Fresken  von  Ferdinand  von 
Piloty:  Stiftung  des  Spitals  in  Landsberg  und  Herzog  Ernsts  Be- 
such, und  Schwoiser:  Ludwig  der  Bayer  gibt  Landsberg  das  ,, Salz- 
recht"  und  Die  Schweden  in  Landsberg.  Herkomer  ist  in  dem 
zwei  Stunden  von  Landsberg  entfernten  und  durch  das  dortige 
zum  letztenmale  1921  gespielte  Passionsspiel  bekanntgewordenen 
Waal  geboren.  Die  Pfarrkirche  in  Landsberg  enthält  ein  groß- 
artiges Glasgemälde,  Albrecht  der  Großmütige,  eine  Madonna  von 
Peter  Candid  und  Kreuzabnahme  Rubens,  und  hinter  dem  Hoch- 
altar ein  kunstvolles  Grabdenkmal,  ,,den  Tod",  aus  Sandstein  ge- 
meißelt. Sehr  interessant  ist  auch  das  Innere  der  Maltheserkirche 
mit  mächtigen  Deckenfresken  und  ein  Umgang  um  die  Stadtmauern. 

Die  Lechstädte  sind  alle  wohl  der  Besichtigung  wert.  So 
ist  der  Endpunkt  der  Bahn,  Schongau,  ein  wenig  bekanntes  Städt- 
chen und  enthält  doch  auch  viel  des  Interessanten.  In  der  Pfarr- 
kirche befinden  sich  Bilder  von  Gindter,  von  dem  auch  die  Decken- 
gemälde der  Oberammergauer  und  die  Gemälde  in  der  sehr  schönen, 
mit  Wessobrunner  Stukkaturen  reich  ausgestatteten  Rottenbucher 
Kirche  stammen.  Eine  halbe  Stunde  von  Schongau  entfernt  ist 
das  ursprüngliche  Schongau,  jetzt  genannt  Altenstadt;  dort  steht 
heute  noch  die  Tempelherrenkirche,  die  bedeutendste  unter  allen  roma- 
nischen Bauten  Oberbayerns.  Von  Schongau  führt  die  Landstraße 
über  das  freundliche  "Dorf  Peiting,  Rottenbuch  (mit  prachtvoller 
Kirche)  nach  Bayersoien  zur  Station  Saulgrub  der  Oberammer- 
gauer Bahn. 

Ein  weiterer  Weg  führt  über  Steingaden  mit  ebenfalls  schöner 
Rokokokirche  und  sehenswertem  Schlosse  des  Grafen  Türkheim 
nach  Füssen  und  zu  den  Königsschlössern  Hohenschwangau  und 
Neuschwanstein.  Füssen,  die  dritte  alte  Stadt  des  oberen  Lechs, 
enthält  in  der  ehemaligen  Benediktinerklosterkirche  Sankt  Magnus 
eine  schöne  romanische  Krypta  und  in  der  Annenkapelle  einen 
nennenswerten  „Totentanz"  aus  dem  17.  Jahrhundert.  (Ueber 
Hohenschwangau    und    Neuschwanstein    siehe    Kapitel:    Heimreise.) 

Die  Hauptbahn  führt  von  Kaufering  über  Buchloe  und  Kempten, 
das  alte  römische  Campodunum,  mit  sehenswertem  Museum,  zuerst 
durch  das  hebliche  Illertal  und  dann  ins  Wertachtal  nach  Füssen. 
An  der  Grenze  bei  Schönbüchl  befindet  sich  die  Ruine  Falken- 
stein, wo  König  Ludwig  IL  eine  Burg  erbauen  woHte,  die  selbst 
Neuschwanstein     in    den    Schatten    gestellt    hätte;     das    Modell    ist 

—  145  —  10 


in  Neuschwanstein  aufbewahrt.  Von  Neuschwanstein  können  wir 
über  den  Jägersteig  nach  dem  Ammerwald  und  Linderhof,  über 
Plansee-Linderhof  oder  über  Steingaden-(Wies)-Nogg  nach  Ober- 
ammergau gelangen.  (Näheres  darüber  siehe  weiter  Kapitel: 
Heimreise.) 

3.    Hauptroute:      Augsburg  —  Ammersee  —  Weilheim. 

Augsburg,  das  stolze  Augusta  Vindeiicorum  der  Römer, 
wird  nur  zu  häufig  wegen  der  Schwesterstadt  München  überfahren, 
obwohl  es  kostbare  Schätze  der  Kunst  enthält  und  außerdem  ein 
außerordentlich  reges  Leben  entwickelt.  Firmen,  wie  Riedinger, 
Lotzbeck  etc.  sind  weltberühmt  und  ist  mit  erstgenannter  Firma 
die  Entwicklung  der  Luftschiffahrt  unserer  Tage  eng  verbunden. 
Der  Rathaussaal,  erbaut  von  Elias  Holl,  „goldener  Saal"  genannt, 
ist  einer  der  schönsten  Prunkräume,  die  Maximiliansstraße  mit  ihren 
kunstvollen  Brunnen  und  dem  mit  Fresken  reich  geschmückten 
F.uggerhaus  eine  der  schönsten  Straßen  Deutschlands.  Die  würdigen 
Abschlüsse  dieser  stolzen  Straße  bilden:  Die  Ulrichskirche  mit  dem 
englischen  Gruß  von  Rottenhammer  und  einer  Madonna  von  Peter 
Candid  und  der  Dom'  mit  seinen  fast  tausend  Jahre  alten  Bronzetür- 
flügeln, glanzvollen  Glasgemälden,  den  Grabdenkmälern  der  Bi- 
schöfe von  Augsburg,  kostbaren  Reliquienschreinen  und  einem  leider 
nicht  ganz  erhaltenen,  erhaben  wirkenden  alten  Christusbild,  endlich 
eine  neuere  ungemein  anmutige  Kindergruppe  um  den  hl.  Canisius 
von  Bildhauer  Busch.  Unzählige,  unvergleichliche  Kunstschätze  eines 
Hans  Holbein,  Lukas  Kranach,  Rugendas,  Dürer,  Nordemar,  Burgk- 
mair  befinden  sich  vielfach  ungesehen  und  tief  verborgen  und  treu 
gehütet  in  den  alten  Patrizierhäusern  der  Stadt.  Viele  davon  sind 
nun  in  dem  neuerrichteten  Maximiliansmuseum  untergebracht,  einige 
in    die     Pinakothek     nach     München     gebracht    worden. 

Eine  Fahrt  von  Augsburg  nach  Oberammergau  kann  sich  mit 
Kaufering  —  Landsberg  —  Schongau  oder  mit  Buchloe  —  Kempten  — 
Füsser  an  Route  2  anschließen;  die  nächste  Route  führt  über 
Geltendorf  nach  Weilheim.  Von  Geltendorf  weg  gelangt  man  nach 
dem  schon  in  Route  2  benannten  Sankt  Ottilien,  von  da  nach  Greifen- 
berg, dem  Heimatschlosse  der  beiden  Schriftsteller  von  Pertall. 
Bald  darauf  säumt  der  Schienenweg  das  Westufer  des  Ammersees 
und   bleibt   ihm  treu   bis   nach    Diessen. 

Vom  jenseitigen  Ufer  grüßt  von  hoher  Warte  das  Benediktiner- 
kloster Andechs  herüber;  die  Mutter  der  hl.  Elisabeth  war  eine  Gräfin 
von  Andechs. 

Diessen  ist  schön  an  einen  Bergrücken  liineingelagert.  Von 
den  Diessener  Höhen  hat  man  weite  umfassende  Ausblicke  an 
den    See    und   nach   Süden    bis   Weilheim   und   die    Hochgebirgskette. 

Von  Diessen  weg  begleitet  die  Bahn  die  von  Ammergau  kom- 
mende   Ammer   und   mündet   in   Weilheim   in    Wegroute   1    ein. 


—  U6 


10.  KAPITEL. 

Der  Ort. 


Oberammergau  liegt 
862  m  über  dem 
Meeresspiegel,  also  um 
162  m  höher  als  Gar- 
misch, da  wo  die  Am- 
mer, ein  Nebenfluß  der 
Isar,  mit  einer  scharfen 
Biegung  nach  Nord- 
westen aus  dem  Gras- 
wangtal heraustritt.  An- 
fangs scheint  die  Am- 
mer dem  Leche  zuzu- 
streben, wird  aber 
durch  die  Höhen  bei 
Scheibum  nach  Norden 
und  dann  durch  den 
Peißenberg  nach  Osten 
gedrängt.  Von  Weil- 
heim weg  dringt  sie 
immer  siegreich  nach 
Norden  vor  und  mün- 
det bei  Diessen  in  den 
Ammersee.  Schon  bei 
Weilheim  wird  der 
Fluß  volkssprachlich 
Amper  genannt,  geo- 
graphisch aber  erstnach 

seinem  Wiederaustritt  aus  dem  Ammersee.  Die  Amper  fließt 
an  Fürstenfeldbruck  und  Dachau  vorüber  und  erfreut  sich 
als  vortreffliches  Badewasser  besonders  gegen  Gichtleiden, 
da  sie  sehr  moorhaltig  und  weich  ist,  besten  Ruhmes.    Sie 


Alte  Ammergauer  Tracht 


—  147 


10" 


mündet  bei  Isareck  unterhalb  Moosburg  in  die  Isar,  mit  der 
sie  bereits  ein  Kanal  oberhalb  Moosburg  in  Verbindung 
bringt. 

Oberammergau  ist  tief  eingeschlossen  in  die  Berge  des 
Ammergebirges;  nach  Norden  sind  die  drei  Hörnle  und  der 
Aufacker  vorgelagert,  nach  Osten  der  Laber  mit  dem  Ettaler 
Mandl,  nach  Süden  die  Not  und  die  Berge  des  Graswang- 
tales, nach  Westen  und  Nordwesten  der  Höhenrücken  des 
Sonnenberges  bis  zum  Pürschling  und  den  Trauchgauer 
Bergen.  Dem  Anbeginn  dieses  Rückens  ist  der  Kofel  vor- 
gelagert, der  Oberammergau  beschattet  und  häufig  mit  dem 
Ettaler  Mandl  verwechselt  wird,  das  man  in  Oberammergau 
selbst  gar  nicht  sieht,  sondern  erst  außerhalb  Ettal.  Vom 
„Kofelweibl"  holt  man  aus  der  „Kofelküche^^  die  kleinen 
Kinder  zu  Tale.  (Kofel,  Kobel,  Kuppe,  Koppe  =  einzeln 
stehender  kleinerer  Vorberg.)  Nach  dem  Kofel  hatte  der  Ort 
schon  zu  Römerszeiten  den  Namen.  Am  Fuße  des  Kofels 
befand  sich  die  Reisestation  ad  Coveliacas  zwischen  Part- 
hanum,  dem  heutigen  Partenkirchen,  und  Abodiacium,  Epfach 
am  Lech,  auf  der  Römerheerstraße,  die  von  Verona  nach 
Augsburg  führte  und  später  zur  Handelsstraße  wurde,  zur 
sogenannten  Rottstraße.  Das  Tal  gehörte  zu  Vindelicien;  im 
Mittelalter  gehörte  der  Gau  den  Weifen  und  kam  1167  durch 
Kauf  an  Friedrich  Barbarossa.  Dessen  letzter  Nachkomme, 
der  unglückliche  Konradin,  vermachte  den  Ammergau  seinem 
mütterlichen  Oheim,  dem  Bayernherzog  Ludwig  dem 
Strengen,  dem  Vater  des  Stifters  von  Ettal,  Ludwig  des 
Bayern.  1632  kamen  die  Schweden  in  das  Tal  und  ermordeten 
in  Ettal  den  Pater  Joseph  Heß  und  den  Organisten.  Das 
Jahr  darauf  brach  die  Pest  aus,  welche  zu  dem  Passions- 
gelübde Veranlassung  gab.  Auch  in  dem  spanischen  Erb- 
folgekrieg und  in  den  Napoleonskriegen  hatte  Ammergau 
öfter  kriegerische  Durchzüge.  Am  12.  Juli  1800  wurde  der 
Ort  von  den  Franzosen  beschossen  (noch  hängen  Kugeln 
in  der  Pfarrkirche)  und  besetzt.  Ein  Franzose  bestieg  am 
22.  Sept.  den  Kofel  und  fand  durch  Absturz  seinen  Tod. 
Oefter  noch  mußte  man  schwere  Kriegskontributionen  über 
sich  ergehen  lassen.  1817  brachte  die  schwere  Brandkata- 
strophe, der  39  Anwesen  zum  Opfer  fielen,  1844  wurden 
24  Familien  durch  Brand  obdachlos.  Dazu  kommen  noch 
die    zahlreichen     Hochwasserkatastrophen    nicht    nur    durch 

—  148  - 


Ueberschwemmung  durch  die  Amper,  sondern  namentlich 
durch  den  sonst  so  harmlosen  Leinebach.  Zahlreiche  Häuser 
vom  oberen  Dorf  haben  heute  so  tiefliegende  erste  Stock- 
werke und  Hauseingänge,  weil  die  Bodenfläche  um  das  Haus 
durch  Ueberschwemmungen  bei  Hochwasserkatastrophen  auf- 
geschüttet  wurde. 


Anton  Lang  (Christusdarsteller)  bei  der  Arbeit  in  seiner  Töpfer-Werkstätte 

So  hat  es  in  Oberammergau  niemals  an  Heimsuchungen 
gefehlt  und  es  hat  immer  noch  gewußt,  wie  es  sein  über- 
schüssiges Geld  anlegen  soll.   (Siehe  Kapitel :  Die  Geldfrage.) 

Es  ist  lächerlich,  die  Einwohnerschaft  von  Oberammer- 
gau als  schlichte  Bauern  zu  bezeichnen;  es  hieße  das  gewiß 
für  sie  keine  Schande,  wenn  sie  es  in  der  Tat  wären,  aber, 
was  einmal  nicht  ist,  soll  man  nicht  gewaltsam  aufrecht 
halten  wollen.  Die  Bewohner  von  Oberammergau  waren 
von  Alters  her  nicht  ausschUeßhch  Bauern;  dazu  wären  ja 
schon  nicht  hinreichende,  zu  bebauende  Grundstücke  vor- 
handen, auch  nicht  Holzer,  dazu  war  in  früheren  Zeiten  der 


149 


Holzbedarf  zu  gering.  Der  Erlaß  des  Kaisers  Ludwig  des 
Bayern  von  1332,  der  den  Ammergauern  die  Warennieder- 
lage der  Rottfuhren,  die  von  Innsbruck  nach  Augsburg 
gingen,  genehmigte  und  schützte,  spricht  schon  nicht  allein 
von  der  „paurschaft^^,  sondern  setzt  ihnen  die  „Bürger" 
voraus.  Die  Einwohner  von  Oberammergau  waren  von  alters- 
her  Schnitzer  und  die  meisten  trieben  nur  nebenbei  Oeko- 
nomie;  wirkliche  Bauern  zählt  auch  heute  noch  der  Ort 
kaum  ein  halbes  Dutzend.  Wenn  mit  der  Zeit  sich  der  Orts- 
wohlstand so  gehoben  hat,  weniger  durch  das  Passionsspiel 
als  durch  die  Hausindustrie  und  Holzverwertung,  daß  heute 
die  Zahl  der  Kühebesitzer  jene  der  Ziegenhalter  überflügelt 
hat  und  täglich  früh  morgens  auf  den  Ruf  des  Alphorns 
hin  eine  stattliche  Herde  Großvieh  des  für  den  Bergweide- 
betrieb nur  brauchbaren  leichten  und  gedrungenen  Werden- 
felserschlags  zur  Dorfweide  hinauszieht,  so  kann  immer  noch 
nicht  von  Bauern  geredet  w^erden,  denn  die  meisten  Oeko- 
nomie  treibenden  Einw^ohner  besitzen  nur  ein  oder  zwei  Stück 
Vieh.  Es  ist  also  auch  keine  Rede  von  einer  üblichen  Bauern- 
tracht. Die  Schößenröcke  und  Hüte  der  Männer,  wie  die 
Pelzhauben  und  Ringelhauben  der  Frauen,  die  jetzt  aber  ganz 
abgekommen  sind,  sind  bürgerliche,  nicht  bäuerliche  Tracht. 
Die  Oberländertrachten  mit  kurzen  Hosen  der  Männer  und 
Miedern  der  Frauen  wurden  erst  in  der  letzten  Zeit  durch 
die  Volkstrachtenvereine  in  den  Ort  gebracht  und  sind  nicht 
bodenständig. 

Daß  die  Bewohner  von  Oberammergau  von  altersher 
schon  Schnitzer  waren,  läßt  sich  geschichtlich  vollständig 
nachweisen. 

Es  ist  erw^iesen,  daß  Abt  Ulrich  von  Rottenbuch  aus 
im  Jahre  1111  den  Chorherrn  Eberwein  nach  Berchtesgaden 
zur  Stiftung  eines  neuen  Klosters  entsandte  und  daß  dieser 
bereits  schon  zur  Fertigung  des  Hausrates  Schnitzer  von 
Oberammergau  mitbrachte;  demnach  ist  wohl  anzunehmen, 
daß  das  Kloster  Rottenbuch  selbst  die  Schnitzkunst  einge- 
führt hat.  Diese  wurde  vom  Kloster  Ettal  w^esentlich  geför- 
dert, indem  die  Wallfahrtsgegenstände,  Kreuzchen,  Madonnen, 
Bilderrahmen  u.  a.  dorthin  geliefert  wurden.  Zu  größerem 
Aufschwamg  kam  die  Schnitzkunst  erst  im  17.  Jahrhundert 
mit  den  Familien  Feistenmantel,  Eyrl,  Veit  und  Rutz,  welche 
letztere  zwei  Firmen  heute  noch  existieren.    Das  kurfürstlich 


150 


pfalzbayrische  Intelligenzblatt  vom  Jahre  1800  verzeichnet 
mehrere  im  Ausland  zu  hohen  Reichtümern  gekommene 
Oberammergauer.  Als  berühmteste  nennt  es  Georg  Echtler 
und  Martin  Echtler,  die  in  Gothenburg  in  Schweden  eine 
Spiegel-  und  Tabakfabrik  errichteten.  Joseph  Daser  in  Pe- 
tersburg erhielt  von  der  russischen  Kaiserin  das  Monopol  für 
den  Handel  mit  Galanterien  und  den  russischen  ReichsadeL 
Außerdem  waren  im  Besitz  von  Adelsbriefen  die  Widder, 
Ruez,  Feistenmantel  und  Hohenleitner.  Von  den  Ruetz  stam- 
men die  heutigen  Rutz  ab. 

Georg  Lang  gründete  sein  Geschäft  erst  1775,  wußte 
es  aber  durch  große  Energie  und  weite  Reisen,  die  er  nach 
damals  allgemeinem  Schnitzerbrauch  mit  der  „Kraxe^^  auf 
dem  Rücken  unternahm,  immer  weiter  auszubreiten.  Vorerst 
aber  waren  noch  die  Häuser  Rutz  und  Veit  die  handels- 
kräftigsten Firmen,  mit  Georg  Rutz  und  Hermann  Veit.  In 
den  Vierzigerjahren  führten  Mangold  die  Glasmalerei,  Georg 
Zwink  die  Furnierschneidekunst  und  Kunstschreinerei  ein. 
Die  Firma  Heinrich  Rambold  in  Murnau  bemüht  sich  bestens, 
dort  die  Ammergauer  Glasmalerei  wieder  aufleben  zu  lassen. 

Spielwaren  lieferten  besonders  Heinrich  Zwink,  Georg 
Bauhof  er,  Vinzenz  Veit.  Von  1850  an  hatte  Georg  Zwink, 
genannt  „zum  Bader'',  der  ins  Kgl.  Schloß  Hohenschwangau 
das  Hochzeitsgeschenk  der  Gemeinde  Oberammergau,  eine 
kunstvolle  Kassette  lieferte,  das  erste  Haus  am  Ort;  Haupt- 
abnehmer war  die  Firma  Stuffer  in  Baden-Baden,  die  nament- 
lich viel  Schnitzwaren  nach  Frankreich  lieferte.  Stuffer  trat 
mit  Lang  in  verwandtschaftHche  Verbindung.  Von  dieser  Zeit 
an  datiert  der  Aufschwung  dieser  Firma.  Johann  Evangelist 
Lang,  der  Vater  des  Bürgermeisters  Lang,  knüpfte  schon 
vorher  mit  großen  Handelshäusern  Geschäftsverbindungen 
an,  besuchte  die  Frankfurter  Messe  usw.  So  wuchs  das 
Geschäft  immer  mehr  und  gewann  den  meisten  örtlichen 
Einfluß.  Neben  der  Firma  „Lang  selige  Erben"  haben  aber 
noch  verschiedene  andere  „Verleger''  sich  als  angesehene 
Firmen  erhalten  und  neu  sich  zu  solchen  emporgeschwungen, 
z.  B.  Oskar  Zwink,  Ludwig  Veit,  Dominikus  Schilcher,  Joseph 
Reiser,  Eduard  Lang,  Seb.  Schauer,  Balthasar  Keller,  Rob. 
Steidle,  Johann  Bauer.  Hervorragend  sind  die  Abendmahls- 
darstellungen von  dem  verstorbenen  Sebastian  Lang,  Groß- 

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vater  des  Münchner  Bildhauers  Otto  Lang  und  des  ehemaligen 
Musikdirigenten  Eduard  Lang  (eine  solche  befindet  sich  in 
der  Residenz  zu  Stuttgart),  und  die  „Guten  Hirten^'  von 
Andreas  Bierling.  Nunmehr  werden  die  Abendmahle  und 
Guten  Hirten  besonders  von  Andreas  Lang  und  seinen  Söhnen 
ausgeführt.  Auch  Tiere  und  profane  Figuren  werden  von 
ihnen  in  sehr  guter  Ausführung  hergestellt.  Vater  Deschler 
schuf  früher  sehr  hübsche  Krippenfiguren;  Anton  Lechner, 
Zeichenlehrer  an  der  Schnitzschule  hat  besonders  humor- 
volle Gruppen  zeichnerisch  und  bildhauerisch  hergestellt. 
Einen  der  besten  Christuskorpusse  in  größten  Ausmaßen 
lieferte  der  verstorbene  Andreas  Braun,  sehr  gute  Statuen- 
fertiger sind  Joseph  Albrecht,  Emanuel  Lang  und  Guido 
Mayr.  Es  ist  nicht  möglich,  an  dieser  Stelle  jeden  einzelnen 
zu  nennen.  Von  der  jüngeren  Generation  seien  besonders 
genannt  Wilhelm  Lechner,  der  hochtalentierte  Sohn  des  Anton 
Lechner,  und  der  gegenwärtige  geniale  Spielleiter  Georg 
Lang.  Beide  wetteifern  in  Entwürfen  und  Ausführung  neuer 
eigenartiger  Schöpfungen  und  haben  sich  schon  öfter  beide 
bei  Konkurrenzen  L  und  2.  Preise  und  ehrenhafte  Erwäh- 
nungen errungen.  Wilhelm  Lechner  hat  die  Akademie  in 
München  besucht.  Seine  kleinen  kunstgewerblichen  Arbeiten 
haben  Aufsehen  erregt  und  fanden  in  verschiedenen  Zei- 
tungen ehrenvolle  Erwähnung;  wir  finden  solche  ausgestellt 
im  Hause  seines  Vaters  Hs.-No.  13.  Er  ist  aber  auch  in 
größeren  Arbeiten  tätig,  z.  B.  in  Fassademalereien.  —  die 
Malerei  an  der  Vereinsbank  ist  von  ihm,  —  in  Kirchenarbeiten 
und  in  der  Grabmalkunst.  Vorzüglich  sind  auch,  an  alte 
Holzschnitte  erinnernd,  seine  Entwürfe  zum  Ammergauer 
Notgeld,  sehr  gelungen  und  originell  auch  die  Georg  Längs. 
Seiner  Arbeiten  ist  schon  bei  seiner  Erwähnung  als  Spielleiter 
gedacht.  Aber  auch  bei  den  Jüngsten  finden  wir  schon 
treffliche  aufkeimende  Talente,  die  in  der  Schnitzschule  heran- 
gebildet und  vorzüglich  künstlerisch  gefördert  werden.  So 
hat  z.  B.  der  Schäfflerssohn  und  Schnitzschüler  Theodor 
Hohenleitner  unlängst  einen  Christuskorpus  geschnitzt,  der 
nicht  nur  die  Freude  seines  Lehrers,  sondern  die  Bewun- 
derung aller  Kenner  und  Kunstfreunde  erregte.  Es  ist  von 
jeher  ein  wesentliches  Verdienst  der  Schnitzschullehrer  ge- 
wesen, gute  Talente  aus  der  Schule  herauszubringen;  so 
entstammten    der   Ammergauer   Schnitzschule    Künstler    wie 

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Zeno  Diemer  und  Otto  Lang  und  auch  der  jetzige  Schnitz- 
schuldirektor  sieht  seine  schönste  Aufgabe  darin,  den  Ruhm 
der  Schule  zu  wahren,  das  notwendige  Handwerksmäßige 
zu  pflegen,  aber  auch  ferner  zu  wirkhch  originellen  und 
persönlichen   Kunstleistungen  anzuregen. 


Oberammergau,  Schnitzschule 

Die  Fachschule  Oberammergau  wurde  schon  1800  von 
Benefiziaten  Unhoch  für  Schnitzer,  Postamenten-  und  Rah- 
menmacher, Glas-  und  Faßmaler,  sowie  Wachspoussierer  ins 
Leben  gerufen  in  Form  eines  Zeichenkurses.  Durch  eine 
Zustiftung  des  Landrichters  Allioly  erfuhr  die  Schule  eine 
weitere  Förderung  und  wurde  1869  reorganisiert  und  in  drei 
Zeichen-  und  einen  Modellierkurs  eingeteilt.  Im  jähre  1878 
wurde  ein  Schnitzkurs  angefügt  und  die  Schule  so  zur  Tages- 
fachschule umgestaltet.  Die  Anstalt  ist  der  Regierung  von 
Oberbayern  untergeordnet  und  steht  unter  unmittelbarer  Auf- 


154 


sieht  des  Bezirksamtes  Garmisch.  Sie  hat  zunächst  den 
Zweck,  die  in  der  Gemeinde  seit  Jahrhunderten  heimische 
Schnitzindustrie  zu  fördern  und  bietet  außerdem  jungen 
Leuten  jedweden  gewerblichen  Berufes  Gelegenheit,  sich 
die  notwendigen  zeichnerischen  Fähigkeiten  anzueignen. 

Die  Teilnahme  am  Unterrichte  der  Fachschule  ist  zu- 
nächst den  Gemeindeangehörigen  gestattet  und  derselbe  un- 
entgeltlich, doch  finden  sich  auch  auswärtige  Hospitanten 
ein,  namentlich  in  den  Zeichenkursen. 

Die  Schule  wurde  im  letzten  Jahre  von  26  Schnitz- 
schülern und  9  Hospitanten  der  4  Schnitzkurse  besucht.  Die 
Modellierschule  besuchten  40  Schüler,  den  Faßmalunterricht  10, 
den  Zeichenunterricht  der  Volksschule  82,  der  gewerblichen 
Fortbildungsschule  47  und  die  Abendkurse  für  Gehilfen  und 
Lehrlinge  33,  im  ganzen  also  247  Schüler.  Den  Zwecken 
des  Unterrichtes  dient  eine  große  Sammlung  von  Modellen, 
graphischen  Werken  der  Kunst  und  des  Kunstgewerbes, 
sowie  auch  alte  Vorbilder  der  Ammergauer  Schnitzkunst. 
Im  Fachunterricht  für  andere  Gewerbe  stehen  eine  Reihe 
von  Spezialwerken  zur  Verfügung,  namentlich  Holzmodelle 
für  Schreiner  und   andere   Handwerker. 

Erster  Zeichen-  und  Schnitzlehrer  war  der  als  Christus- 
darsteller berühmt  gewordene  Tobias  Flunger,  doch  hatte 
damals  der  Unterricht  rein  lokalen  und  persönlichen  Cha- 
rakter und  nur  praktische  Einführung  in  die  Hausindustrie 
zum  Hauptziele.  Das  größte  Verdienst  für  Hebung  der  Schule 
zu  künstlerischer  Höhe  und  pädagogisch-methodischer  Plan- 
mäßigkeit hatte  sein  Nachfolger,  Schnitzschuldirektor  Ludwig 
Lang. 

Schnitzschuldirektor  Ludwig  Lang,  geborener  Ober- 
ammergauer,  besuchte  in  München  die  Akademie,  war  13 
Jahre  im  Atelier  von  Sickinger  und  Knabl;  er  führte  anfangs 
den  Titel:  „Zeichenlehrer'',  dann  „Vorstand"  und  schHeßlich 
„Direktor".  Die  meisten  von  den  Schnitzern  Oberammer- 
gaus und  manche  bedeutende  Künstler  außer  dem  Ort,  z.  B. 
Otto  Lang,  Zeno  Diemer,  verdanken  ihm  ihre  erste  Aus- 
bildung. Eine  starke  Energie  und  unerbittliche  Strenge  gegen 
sich  selbst  wie  gegen  seine  Zöglinge,  und  das  waren  nicht 
nur  seine  "Schnitzschüler,  sondern  auch  alle  Passionsspieler, 
zeichneten  seinen  Charakter  von  jeher  aus.   Der  Ruhm  Ober- 

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ammergaus  war  sein  einziges  Streben  nicht  nur  als  Leiter 
der  Spiele,  als  welcher  er  schon  an  anderen  Stellen  gewürdigt 
wurde,  sondern  auch  als  Schnitzschulvorstand.  In  uneigen- 
nützigster Weise  ging  er,  und  geht  auch  heute  noch  den 
Schnitzern  und  Verlegern  mit  Rat  und  Tat  an  die  Hand.  Sein 
Urteil  gilt  heute  noch  hoch.  Nach  vierzigjähriger  Tätigkeit 
wurde  Ludwig  Lang  1914  unter  Anerkennung  seiner  Ver- 
dienste und  Verleihung  des  Michaelordens  in  den  Ruhestand 
versetzt.  Sein  Andenken  bleibt  für  alle  Zeiten  mit  der  Schule 
und  seinen  Schülern  aufs  ehrenvollste  verknüpft. 

Nach  ihm  kam  Professor  Jakob  Bradl,  durch  und  durch 
eine  Künstlernatur,  die  im  engen  und  strengen  Rahmen  der 
Lehrtätigkeit  an  der  Schnitzschule  nicht  sich  ausleben  und 
Genüge  finden  konnte.  Eine  große  Zahl  hochkünstlerischer 
Werke  überdauern  ihn  außerhalb  Ammergau,  so  zum  Bei- 
spiel der  Entwurf  des  Wittelsbacher-Brunnens  in  Passau,  der 
hl.  Ulrich  in  Dillingen,  Jakobus  und  Martinus  in  Weißmain, 
der  Winthierbrunnen  in  Neuhausen,  das  Rathauseckrelief  in 
München  mit  der  Postkarosse,  seine  gelungenen  humorvollen 
und  charakteristischen  Marionettenköpfe  und  Entwürfe  für 
Glasgemälde,  Kalenderzeichnungen,  Neujahrskarten.  Seine 
bildende  Kunst,  die  von  einer  lebensvollen  Erneuerung  der 
Gotik  ausging,  hatte  keine  Grenzen;  dabei  war  er  ein  treff- 
licher Komiker,  Festarrangeur,  Marionettenspieler  und  dabei 
persönlich  ein  liebenswürdiger,  jovialer  Mensch  und  Cha- 
rakter. Er  war  Schüler  seines  Vaters  Jak.  Bradl  und  von 
Syrius  Eberle.  Sein  Bild  hat  Leo  Samberger  in  einem  meister- 
haften Porträt  festgehalten.  Bradl  erlag  in  Ettal  am  17.  Ok- 
tober 1919  einem  Schlaganfall  und  liegt  im  Moosacher  Fried- 
hof  in   München   begraben. 

Hatte  im  Leben  Bradls  der  ungezwungene  freischaffende 
Künstler  gegenüber  dem  strengen  Fachlehrer  das  Ueber- 
gewicht,  so  fand  er  in  Professor  Josef  Faßnacht  einen  Nach- 
folger, der  hochbedeutende  persönliche  Künstlerschaft  mit 
großem  Lehr-  und  Verwaltungsgeschick  verbindet;  mit  ihm 
kam  wieder  der  rechte  Mann  an  den   rechten  Ort. 

Professor  Joseph  Faßnacht,  der  in  keiner  Weise  mit  der 
herumziehenden  Passionsspielerfamilie  gleichen  Namens  ver- 
wandt ist,  ist  am  11.  Januar  1873  in  Mittelstein  in  Unter- 
franken  geboren  und  arbeitete  sich  aus  eigenen  Kräften  und 

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mit  eigenen  Ersparnissen  vom  Bildhauerlehrling  von  Würz- 
burg zu  einem  hervorragenden  Meister  empor.  An  der  Aka- 
demie in  München,  deren  vormittägiger  Besuch  ihm  nach- 
mittägige Lehrlingsarbeit  erringen  mußte,  erwarb  er  sich  die 
kleine  und  dreimal  die  große  silberne  Medaille  und  endlich 
für  die  wundervolle  Darstellung  einer  säugenden  Mutter  den 
Staatspreis  von  2400  Mk.,  der  ihm  einen  neunmonatlichen 
Studienaufenthalt  in  Italien  ermöglichte.  Zurückgekehrt  schuf 
er  in  dem  AteHer,  in  dem  schon  Pilotys  Wallenstein  erstand, 
zahlreiche  mit  ersten  Preisen  ausgestattete  Werke  z.  B.  die 
hl.  Barbara  als  Patronin  der  Artillerie  für  Prinzen  Leopold 
V.  Bayern,  einen  büßenden  Tannhäuser  für  Prinz  Georg  von 
Sachsen,  eine  Kreuzigungsgruppe  für  die  Elisabethenkirche 
in  Nürnberg,  eine  herrliche  Gruppe  „Mutterglück^^  für  die 
Schweiz,  und  zahlreiche  Büsten,  darunter  für  den  Prinz- 
regenten Luitpold  und  Prinz  Leopold  von  Bayern,  Denkmäler 
und  Kleinplastiken,  die  in  alle  Weltteile  zerstreut  sind.  Dem 
Passionsspiel  weihte  er  in  einer  „Ambronia^^  eine  v/eib- 
liche  Personifizierung  Oberammergaus  von  künstlerischer 
Schönheit  und  Vornehmheit.  Als  Mitglied  der  Münchener 
Sezession  und  Vorstandsmitglied  der  freien  Vereinigung 
Münchener  Künstler  erwarb  er  sich  große  Verdienste  für 
die  künstlerische  Ausgestaltung-  ihrer  Feste;  im  Künstlerunter- 
stützungsverein, im  Wirtschaftsverband  bildender  Künstler, 
im  Verein  der  deutschen  Künstler  im  Ausland,  arbeitete  er 
in  selbstlosester  Weise  mit.  So  vereinigte  er  die  idealen 
Eigenschaften  eines  Künstlers  mit  den  realen  eines  wirt- 
schafthchen  Organisators,  eines  vortrefflichen  Lehrers  und 
eines  strengen  gewissenhaften  Erziehers.  Ihm  stehen  zur 
Seite  als  tüchtige  Lehrer  Christian  Wittmann,  Fachlehrer  für 
Schnitzen  und  Modellieren,  Anton  Lechner,  Fachlehrer  für 
Freihand-  und  Fachzeichnen,  Schnitzen  und  Faßmalen, 
Ammersbach  Otto,  Offiziant  zur  Unterweisung  der  Schüler  in 
Schreinerarbeiten  und  im  Zurichten  der  Uebungsstücke. 
Bedeutende  Künstler  wenden  der  Schule  ihre  ständige  Auf- 
merksamkeit zu  wie  Dasio,  Wadere  usw.  Die  Fachschule 
soll  zu  einer  Schule  für  christliche  Kunst  ausgebaut  werden. 
Die  Schule  und  ihr  Betrieb  ist  eine  Sehenswürdigkeit;  sie 
wird  gerne  allen  Interessenten  gezeigt. 

Bis    1909    befand    sich    dieselbe    in    den    Räumen    der 
provisorischen  Volksschulabteilung  Hs.-No.  120  am  Eingang 

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zum  Dorf  auf  der  Ettaler  Landstraße;  sie  war  ein  Bau,  der 
in  seinem  Aeußeren  sich  nicht  über  eine  Werkstätte  erhobt 
im  Innern,  was  Licht  und  Geräumigkeit  betrifft,  aber  nicht 
mehr  genügte. 

Nachdem  am  3.  JuH  1908  gelegentlich  einer  Inspektion 
der  Schule  durch  den  damaligen  Referenten,  Herrn  Kgl. 
Ministerialrat  Dr.  Jul.  von  Blaul  und  den  Herrn  Kgl.  Re- 
gierungsrat Brinz  die  näheren  Bestimmungen  über  den  Neu- 
bau einer  Fachschule  festgestellt  waren,  wurde  den  Herren 
Architekten  Franz  Zell  und  Huf  in  München  die  Ausarbei- 
tung der  Pläne  übertragen  und  konnte  schon  Mitte  August 
der   Bau   begonnen   werden. 

Vollendet  und  eröffnet  wurde  dieselbe  am  31.  Okt.  1909. 
Dieselbe  kostete  über  100,000  Mark  und  ist  ein  Musterbau 
auch  in  fachtechnischer  Hinsicht.  Die  Lehrmittel  sind  eben- 
falls in  mustergültiger  Weise  beschaffen,  wie  der  Gemeinde 
auch  bezüglich  der  Volksschule  das  Zeugnis  ausgestellt  wer- 
den darf,  daß  sie  in  dieser  Hinsicht  kein  Opfer  scheute.  Zur 
Schule  haben  freilich  auch  Distrikt  und  Staat  reichlich  bei- 
gesteuert: der  Landtag  hatte  hiezu  80  000  Mk.  Staatsmittel 
bewilligt,  die  Gemeinde  leistete  40  000  Mk.  Beihilfe.  Außer- 
dem erhalten  begabte  Schüler  und  die  Schule  selbst  fort- 
laufend Zuwendungen  aus  der  Witteisbacher  Landesstiftung, 
einer  hochherzigen  Stiftung  König  Ludwigs  II.  zur  Hebung 
der  Kunst  und  des  Kunstgewerbes,  aus  Kreisfonds  und  einer 
Passionsstiftung  von  10.000  Mk.  Auch  Gönner  und  Freunde 
der  Schule  haben  mehrfach  Stiftungen  und  Geschenke  der 
Schule  zukommen  lassen.  Eine  reichhaltige  Bibliothek  ver- 
vollständigt den  Lehrmittelschatz  der  alles  Lob  verdienenden 
Schule. 

Eine  künstlerische  Fachschule  verdient  auch  künst- 
lerischen Schmuck,  der  sich  hier  an  der  Außenfassade  wie 
in  den  Innenräumen  ebenso  stimmungs-  und  wirkungsvoll 
als  stilvorbildlich  für  Ort  und  Zweck  erweist.  Den  Zweck 
dokumentieren  in  würdigster  Weise  schon  die  schöngeschnitz- 
ten Portale  und  noch  mehr  kennzeichnet  ihn  der  originelle 
Stiegenaufbau  im  Vestibül,  der  mit  geschnitzten  Fruchtkörben 
auf  seinen  Pfeilern  gekrönt  ist,  und  dessen  Füllungen  die 
verschiedenen  Zweige  der  Schnitzkunst  und  deren  jeweiligen 
weltlichen  wie  religiösen  Charakter  originell  veranschaulichen. 

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Am  Anfang  des  Stiegenhauses  fesselt  unseren  Blick  aber 
auch  ein  bedeutenderes  Kunstwerk,  die  wundervolle  Skulptur 
einer  säugenden  Mutter.  Schnitzschuldirektor  Faßnacht  hat 
das  Werk  in  den  Raum  gestellt  und  ihm  damit  eine  Zierde 
ersten  Ranges  gegeben,  mit  welchem  er  sich  seinerzeit  den 
Reifepreis  der  Akademie  erworben  hat. 

Im  Erdgeschoß  befinden  sich  die  Räume  zum  Model- 
lieren; darüber  sind  zu  ebener  Erde  die  Lehrsäle  für  den 
Modellier-  und  Schnitzkurs  und  die  Schnitz-  und  Schreiner- 
werkräume. Im  ersten  Stock  befinden  sich  die  Zeichensäle 
und  die  Lehrzimmer,  von  denen  namentlich  das  Zimmer  des 
Direktors  ein  überaus  trauliches,  reizendes  Interieur  darbietet. 
Von  allen  Räumen,  die  sehr  hoch  und  lichtvoll  sind,  genießt 
man  eine  köstliche  Aussicht  einerseits  auf  das  Unterammertal, 
anderseits  auf  den  Laber  und  das  mächtige  Massiv  der  Not. 
In  sehr  geschickter  Weise  ist  in  den  Dachraum  der  Ausstel- 
lungssaal eingefügt,  ohne  daß  man  das  geringste  Gefühl  hat, 
sich  auf  dem  Dachboden  zu  befinden.  Hier  sind  nun  die 
Gegenstände  der  permanenten  Ausstellung  untergebracht 
Vvie  das  früher  im  sogenannten  „alten  Zeichnungssaal^^  des 
Schulhauses  geschehen  war.  Die  ausgestellten  Gegenstände 
wirken  inmitten  der  überwältigenden  Ausblicke  auf  eine  große 
Bergnatur  dennoch  mit  hohem  künstlerischen  Ernst  und 
zeigen,  daß  die  Oberammergauer  Schnitzerei  weit  über 
dem  Bereich  des  rein  Handwerksmäßigen  steht.  Stili- 
stische Auffassung,  gutes  Aktstudium  zeigen  von  den  Grund- 
elementen einer  strengmethodischen  und  künstlerischen  Er- 
ziehung. Auch  die  verschiedenen  Stilperioden  und  Stilver- 
suche der  letzten  Jahrzehnte  können  in  dieser  Ausstellung 
verfolgt  w^erden. 

Den  besten  anschaulichen  Einblick  in  die  historische 
Entwickelung  der  Schnitzkunst  im  Orte  vom  Anfang  an 
gewinnt  man  aber  durch  den  Besuch  des  Schnitzerei- 
museums, mit  dessen  Gründung  sich  der  unlängst  verstor- 
bene Kommerzienrat  Guido  Lang  sein  schönstes  bleibendes 
Denkmal  gesetzt  hat. 

Um  die  künstlerische  Vergangenheit  Oberammergaus  im 
Rahmen  einer  Sammlung  festzuhalten,  zum  ehrenden  Gedächt- 
nis den  Vergangenen  und  zum  Vorbild  und  zum  Studium 
den    jungen   Schnitzern   von    heute,    unternahm    es    Verleger 

—  159  — 


Guido  Lang,  dieses  Museum  für  Oberammergauer  Schnitz- 
kunst zu  schaffen.  Die  MögHchkeit  hiefür  war  wohl  allein 
für  dieses  umfangreiche  Handelshaus  gegeben;  denn  in 
den  170  Jahren,  in  denen  sich  die  Familie  mit  der  Schnitzerei 
und  dem  Vertrieb  von  Oberammergauer  Erzeugnissen  be- 
faßte, hatte  sich  ein  Stock  von  unverkauft  gebliebenen  Arbei- 
ten aufgestapelt,  —  dem  sich  die  große  Reihe  auser- 
wählter Muster  und  Modelle  beigesellte  — ,  der  wohl  geeignet 


Oberammergau,  Museum 

war,  eine  geschlossene  Uebersicht  über  die  künstlerische 
Entwicklung  der  letzten  beiden  Jahrhunderte  zu  geben.  Ein 
großer  und  zielbewußter  Sammeleifer  ergänzte  das  Material 
bis  in  die  ersten  Zeiten  der  heimischen  Kunst.  Nun  aber 
galt  es,  auch  große  finanzielle  Opfer  zu  bringen:  der  Grund- 
erwerb und  der  Bau  erforderten  nicht  weniger  als  75  000  Mk. 
In  dem  Münchener  Architekten  Franz  Zell  fand  Guido 
Lang  wiederum  einen  verständigen  und  eifrigen  Mitarbeiter; 
nach  seinen  Plänen  erstand  der  Bau,  der  heute  dem  Orte  zum 
Schmucke  gereicht.  Der  Westfront  desselben  ist  eine  Säulen- 
halle vorgebaut;    vier  Säulen  aus   rotem  Sizüianer  Marmor, 


160 


die  König  Ludwig  II.  seinerzeit  für  11000  Mark  angekauft 
und  zum  Bau  eines  Jagdschlößchens  bestimmt  hatte,  tragen 
einen  Balkon,  dessen  Balustrade  vier  Nachbildungen  der 
„Vier  Jahreszeiten''  zeigen,  die  Georg  Lang  zu  Ende  des 
18.  Jahrhunderts  für  ein  Uhrgehäuse  geschnitzt  hatte.  Die 
Nordseite  des  Baus  ziert  ein  großes  Freskogemälde  von  Pro- 
fessor Wahle-München;  es  stellt  die  große  Zeit  Oberammer- 
gaus dar,  jene  Zeit  der  Rottstraße,  die  die  Reichtümer 
Venedigs  über  Oberammergau  nach  dem  Norden  schaffen 
ließ.  Das  reiche  Portal  der  sich  links  von  der  Freskowand 
anschließenden  Kirche  bildet  zugleich  den  Haupteingang  ins 
Museum. 

Wir  treten  in  die  Kapelle:  sie  birgt  hauptsächlich  größere 
kirchliche  Arbeiten;  als  Mittelstück  des  Altars  einen  Taber- 
nakel mit  Reliquienschreinen  und  eine  hübsche  Pieta-Gruppe, 
aus  der  jetzigen  Oberammergauer  Kirche  stammend  und 
von  den  Erben  des  verstorbenen  Bürgermeisters  Josef  Mayr 
dem  Museum  überlassen;  gleich  links  am  Eingang  ein 
kleines  „Heiliggrab"  von  dem  Lüftlesmaler  Franz  Zwink. 
Unter  den  übrigen  Figuren  zeichnet  sich  besonders  eine 
überlebensgroße  Maria  unterm  Kreuze  und  ein  Christus 
aus  der  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  durch  lebendige  Auf- 
fassung und  Schönheit  der  Formen  aus.  Auf  der  Galerie 
sehen  wir  eine  sitzende  Madonna  mit  Jesukind  aus  dem 
15.    Jahrhundert. 

Raum  1  umfaßt  eine  Sammlung  Christuskörper  und 
Kruzifixe  sowie  Reliquienkreuze  von  den  einfachsten  bis 
zu  den  besten  Arbeiten. 

Raum  2  kleine  Heiligen-Figuren,  sowie  eine  große 
Sammlung  von  Modellen  für  Wachsbossierarbeiten  mit 
einigen  fertigen  Abgüssen;  sehr  bemerkenswert  sind  sechs 
ReHefs  in  Birnbaum  aus  dem   16.  Jahrhundert. 

Raum  3  ist  eine  alte  Oberammergauer  Schnitzstube 
mit  großem  grünen  Kachelofen,  hinter  welchem  die  kleine 
Treppe  in  das  Schlafzimmer  führte.  Die  ganze  Stube  wurde 
aus  dem  bescheidenen  Häuschen  Thomas  Rendls,  eines  der 
trefflichsten  Passionsspieler,  entnommen. 

Raum  4  zeigt  uns  die  erloschene  Oberammergauer  In- 
dustrie: die  Malerei  auf  Glas;  ein  Bild  fesselt  als  Selbst- 
porträt des  Glasmalers  J.  Mangold,  das  von  seinem   Enkel 

—  161  --  11 


Otto  Mangold  dem  Museum  überlassen  wurde.  An  den 
Wänden  des  Treppenhauses,  welches  uns  in  das  zweite  Stock- 
werk führt,  findet  sich  eine  Sammlung-  alter  Stiche  und  Bilder 
aus  Oberammergau  und  Umgebung,  hauptsächlich  auch  von 
den  Passionsspielen,  dessen  Bühnen-  und  Kostümentwicklung 
sie  illustrieren,  dem  Kloster  Ettal,  und  aus  verschiedenen 
Hausfresken   am   Ort,   Unterammergau   und   Mittenwald. 

Raum  5  ist  ein  altes  Oberammergauer  Schlafzimmer  mit 
Himmelbett.  Wir  gelangen  nun  zu  einer  Sammlung  kleiner 
Oberammergauer  Krippen  mit  teils  geschnitzten,  teils  ge- 
kleideten Figürchen,  mit  Köpfen  aus  Wachs;  zwei  Krippen, 
wohl  die  seltensten  ihrer  Art,  zeigen  auf  Papier  gemalte 
Figuren,   die  von  dem  Lüftlesmaler   Franz  Zwink  stammen. 

In  Raum  7  sind  ein  alter  Oberammergauer  Ofen  und 
eine    eingelegte    Kommode    von    Unhoch    bemerkenswert. 

Raum  8  (I.  Stock)  zeigt  eine  behagliche  Oberammer- 
gauer Bürgerstube  aus  dem  Ende  des  18.  Jahrhunderts  mit 
originell  bemalten  Türen  (vier  Elemente)  und  Kasten  (vier 
Jahreszeiten). 

Raum  9.  In  der  Mitte  das  Münchener  Oktoberfest 
mit  dem  Festzuge  von  1835;  in  den  Kästen  rechts  eine  reiche 
Sammlung  weltlicher  Figürchen  aus  dem  Anfang  des  19.  Jahr- 
hunderts, links  Schnitzereien  aus  den  Jahren  1830  bis  1860, 
ferner  einige  kleine  Oberammergauer  Arbeiten  in  Alabaster, 
Elfenbein  und  Marmor;  an  der  gegenüber  liegenden  Wand 
eines  der  feinsten  Stücke  des  Museums:  die  alte  Oberammer- 
gauer Uhr  von  Georg  Lang  mit  den  reizenden  Figürchen  der 
vier  Jahreszeiten,  der  Elemente  und  der  Weltteile. 

Raum  10  enthält  zum  größten  Teil  Schnitzereien  aus 
der  Zeit  des  Rokoko  nebst  den  zahlreichen  allegorischen 
Figuren  dieser  Epoche;  auch  fällt  die  reiche  Sammlung  von 
Uhrgehäusen  auf;  interessant  ist  das  Modell  zum  (heutigen) 
Hochaltar  der  Ortskirche.  Ferner  sind  gute  Glasbemalungen 
zu  beachten  und  ein  Spinett-Flügel,  an  dem  auf  aufgelegtem 
Silbergrund  reiche  chinesische  Ornamente  mit  der  Nadel 
radiert  sind. 

Raum  11  zeigt  hauptsächlich  die  verschollene  Spiel- 
vvarenindustrie  und  Festungen,  die  aus  Anlaß  der  russisch- 
türkischen Feldzüge  angefertigt  wurden.  Für  die  Landes- 
geschichte   interessiert    die    Darstellung    der    Einnahme    der 

—  162  — 


Feste  Scharnitz  durch  die  Franzosen  (mit  Hunderten  beweg- 
lichen Figuren),  die  für  König  Max  geschnitzt  wurde.  Eine 
ähnliche  größere  Arbeit,  die  von  Napoleon  in  Auftrag  ge- 
geben war,  ging  in  den  Besitz  des  bayerischen  Königs- 
hauses über.  Raum  11  enthält  auch  eine  umfangreiche  Samm- 
lung von  Tierschnitzereien,  die  durch  die  außerordentlich 
gutgesehene  Bewegung  auffallen. 

Eine  treffliche  Ergänzung  für  das  Museum  bildet  endlich 
die  alte  Krippe  des  Mesners  Sebastian  Lang,  die  früher  in  der 


Sebastian  Lang  (Annas-Darsteller)  bei  seinen  Krippenfiguren 

Weihnachtszeit  in  der  Pfarrkirche  aufgerichtet  wurde  und 
jetzt  im  Mesnerhaus  (Hs.-No.  73)  eine  bleibende  kunst-  und 
zeitgerechte  Aufstellung  fand.  Ist  sie  doch  nicht  nur  ein 
Gegenstand  der  Erbauung,  sondern  zeigt  ein  getreues  Bild 
sowohl  der  Entwicklung  der  Schnitzkunst  in  Oberammer- 
gau, sondern  auch  der  Kostümkunst  des  Passionsspiels,  dem 
die  Gewänder  genau  nach  der  Entstehungszeit  der  Figuren 
und  der  damit  zusammenfallenden  Passionsspielzeit  angepaßt 
sind.    Es  finden  sich  Figuren  aus  den  Jahren  1770  bis  1835, 

—  163  —  11* 


von  Männern  wie  Rutz,  Waizmann,  Feistenmantel,  Burkhard, 
Maler  Andrä  Lang.  Die  Träger  von  Namen  aus  dem 
18.  Jahrhundert  haben  noch  mitgearbeitet;  der  „Lüft- 
lesmaler^'  Franz  Seraph  Zwink,  der  Farbenreiber  des 
Malers  Knoller  war  und  mit  großem  Talente  eine  Reihe 
von  Ortshäusern  mit  heute  noch  farbenstrahlenden  Fresken 
schmückte,  hat  als  Faßmaler  mitgewirkt;  die  Meister  der 
ersten  Passionsglanzzeit  Tobias  Flunger  und  Gregor  Lechner, 
dann  die  Gebrüder  Rainer,  Lang  und  Schauer  sind  mit 
Arbeiten  beteiligt,  und  schließlich  noch  die  Kostümmeisterin 
der  jetzigen  Spiele  Josepha  Lang.  Die  Krippe  ist  jetzt  im 
Besitz  des  Mesners  Sebastian  Lang;  sie  ist  sicher,  wie  der 
päpstliche  Nuntius  Frühwirth  sie  bezeichnete,  ein  Kleinod 
Oberammergaus.  Die  neben  der  Bethlehemkrippe  aufgestellte 
Vorstellung  der  Hochzeit  von  Kanaan  ist  neueren  Ursprungs 
(1861),  aber  schließt  sich  würdig  der  Oberammergauer  Alt- 
kunst an. 

Eine  Vergleichung  der  V^ergangenheit  mit  der  Gegen- 
wart gibt  ein  abschließendes  Bild  von  der  Entwicklung 
der  Schnitzkunst;  dieses  gewinnt  man  durch  Besuch  der 
Warenlager  und  Ausstellungen  der  Verleger,  in  denen  wir 
Kruzifixe,  Statuen,  Gruppen  und  Krippen  in  reichster  Fülle 
finden  z.  B.  bei  den  Verlegern  Lang  sei.  Erben,  Hans  Mayr, 
Schauer  u.  s.  w. 

Wer  sind  die  Verleger?  Die  Verleger  sind  es,  welche 
den  Schnitzern  ihre  Geschäftsaufträge  geben.  Man  hört 
manchmal,  daß  durch  das  Verlegerwesen  die  Löhne  gedrückt 
werden  und  sich  künstlerische  Individualitäten  nicht  aus- 
bilden könnten.  Das  ist  aber  nicht  richtig.  Früher  verdienten 
sich  gute  Arbeiter  pro  Tag  5 — 8  Mark,  einfache  Arbeiter, 
die  jahraus-jahrein  die  gleichen  Arbeiten:  Kreuze,  Rahmen, 
Krippengegenstände  u.  dgl.  machen,  2 — 3  Mk.  Qualitäts- 
arbeiten wurden  damals  schon  höher  und  nach  dem  Stücke 
bezahlt.  Heute  ist  aus  dem  Tag-  ein  Stundenlohn  geworden 
und  mancher  Lohnarbeiter  ist  nun  sein  eigener  Verleger. 
Wohl  mag  es  vorkommen,  daß  manch  ein  guter  Schnitzer 
nicht  das  verdient,  als  anderweitig  ein  „ungelernter  Arbeiter^^ 
das  liegt  aber  nicht  an  den  Verlegern,  sondern  an  den  Käufern 
und  Auftraggebern  des  Außenhandels,  die  meistens  heute 
noch  die  Kunst  geringer  einschätzen  in  ihrem  Verdienst,  als 

—  164  — 


die  einfachste  Taglohnsarbeit.  Zur  Zeit  ist  die  Nachfrage 
nach  Schnitzereien  gut,  wozu  in  vielen  Familien  eine  wieder 
wachgewordene  intensivere  Religiosität  beiträgt;  Kruzifixe 
und  Relieftafeln  finden  auch  häufig  als  Totenandenken  Ver- 
wertung. Es  hat  aber  von  jeher  Zeiten  gegeben  und  wird 
es  wieder  geben,  in  denen  politische  Ereignisse  oder  Kon- 
kurrenz einen  schlechten  Geschäftsgang  verursachen,  da  sind 
es  dann  noch  immer  die  Verleger  gewesen,  die,  obwohl 
selbst  ohne  Aufträge,  über  die  schweren  Zeiten  hinaus  Arbeit 
und  Verdienst  und  scliließHch,  wenn  gerade  Krankheit  oder 
sonstige  Not  an  die  Türe  pochte,  auch  einen  Vorschuß  gaben. 
Unzählige  Tränen  hat  z.  B.  in  dieser  Hinsicht  Kommerzienrat 
Guido  Lang  getrocknet.  Daß  unter  solchen  Umständen  die 
Verleger  sich  zu  den  tonangebenden  Persönlichkeiten  und 
ihre  Häuser  zu  den  ersten  des  Ortes  herausbildeten,  ist  selbst- 
verständlich. Wyl  nennt  die  FamiHen  Lang  und  Veit  die 
Pesanos  und  Faleni  Oberammergaus.  Heute  haben  sich 
neben  ihnen  auch  andere  Häuser  und  Geschäfte  empor- 
geschwungen, sich  einen  einheimischen  und  internationalen 
Kundenkreis  erworben;  es  sei  da  wiederum  an  die  Ver- 
legerhäuser Hans  Mayr,  Oskar  Zwink,  Sebastian  Schauer 
u.  s.  w,  erinnert. 

Schon  vor  56  Jahren  wurde  von  dem  damaligen  Verleger 
Georg  Zwink  ein  Verein,  der  Skt.  Lukasverein  ge- 
gründet mit  dem  Zweck  der  Zusammenschließung  der 
Schnitzer  zur  Sicherung  ihrer  materiellen  Existenz  und  För- 
derung der  einheimischen  Industrie.  Es  ist  dem  Vereine  nur 
zur  Ehre  anzurechnen,  daß  er  nicht  in  seinen  materiellen 
Zwecken  aufging.  Er  gründete  eine  Krankenunterstützungs- 
kasse, eröffnete  der  Industrie  neue  Abnahmequellen,  aber 
er  hob  auch  das  Niveau  der  Leistungen  und  das  Ansehen 
der  Schnitzkunst.  Ein  wesentliches  Verdienst  davon  hat  der 
frühere  Schnitzschuldirektor  Ludw.  Lang.  Der  Gesamtverein 
und  seine  Einzelmitglieder  beteiligten  sich  mit  Erfolg  an  Aus- 
stellungen: 1896  in  Nürnberg  und  an  der  Weltausstellung  in 
Brüssel,  1899  an  der  Sportausstellung  und  1912  an  der  Ge- 
werbeschau  in  München,  1914  an  der  Werkbundausstellung 
in  Köln.  Der  Verein  wird  sich  heuer  1922  nicht  nur  an  der 
Münchener  Gewerbeschau  beteiligen,  sondern  im  Orte  selbst, 
in  den  Räumen  der  Schnitzschule  eine  eigene  Aus- 
stellung veranstalten.    Mit  dieser  Ausstellung,   dem   Besuch 

—  165  — 


der  Schnitzschule,  des  Museums,  der  Krippen  und  Schnitz- 
warenverleger kann  ein  umfassendes  endgültiges  Urteil  über 
die  örtliche  Kunst-  und  Industriebetätigung  in  Vergangenheit 
und  Gegenwart  begründet  werden,  welches  sicher  dem  Ort 
zur  Ehre  gereicht. 

Alle  die  anempfohlenen  Besichtigungen  lassen  sich  gut 
mit  einem  Gang  durch  das  Dorf  vereinigen,  die  wir  beim 
Bahnhof  beginnen;  und  wobei  wir  dann  von  der  Amper- 
brücke  weg  den  Hausnummern  folgen.  Die  sehr  gute  Bahn- 
hofrestauration wird  von  Anton  Bierling  betrieben;  er  ent- 
stammt einer  alten  Ammergauer  Musikerfamilie.  Vor  etwa 
25  Jahren  war  außerhalb  der  Ammerbrücke  kein  einziges 
Haus.  Jetzt  zieht  sich  schon  Unterammergau  zu  eine  Villen- 
straße und  bis  zur  Ammer  herein  eine  solche  mit  mehreren 
Seitenstraßen  dem  Kofel  zu.  Rechterseits  führen  noch  an 
der  Amperbrücke  markierte  Wege  hinauf  zu  den  Halden,  die 
sich  zwischen  Oberammergau  und  Unterammergau,  zwischen 
Kofel  und  Pürschling  hinziehen.  Sie  bilden  zur  Winterszeit 
das  hochwillkommene  Ski-  und  Rodelgelände.  Links  sieht 
aus  der  Ammerniederung  das  Schlachthaus,  dessen  Betrieb 
unter  gewissenhafter  hygienischer  Kontrolle  steht.  In  der 
Bahnhofstraße  befindet  sich  auch  noch  eine  Autohalle  (1  h), 
und  eine  Weißbierbrauerei,  seitwärts  der  Straße  (1  gi/2)  die 
Holzwollefabrik  von  Otto  Mangold.  In  dem  Hause  der  Oeko- 
nomenswitwe  Krach  (1  b)  wohnten  im  Sommer  1910  die 
Angehörigen  des  russischen  Generals  Rennenkamp.  An  der 
Amper  liegt  die  Behausung  der  Magdalena,  Paula  Rendl  (181); 
deren  Vater  und  Besitzer  des  Hauses  ist,  wie  schon  ange- 
deutet, der  Schwiegersohn  des  Christus  Mayr,  Peter  Rendl. 
In  seiner  Pension  verweilten  namentlich  Amerikaner,  darunter 
der  Bischof  von  Washington,  Vanderbild  und  Rockefeiler. 
Unmittelbar  über  der  Brücke  ist  das  Haus  des  Faßmalers 
Ludwig  Wolf,  das  Geburtshaus  des  Christus-Lang.  Von  Hs.- 
No.  3  d,  worin  sich  ein  reichhaltiges  Schnitzereilager  von 
Gg.  Lang  sei.  Erben  befindet,  grüßt  die  Pelikangruppe  herab, 
welche  1870  die  Passionsbühne  krönte.  Wir  begeben  uns 
in  die  Gasse,  die  zum  Passionstheater  zurückführt  und 
kommen  an  dem  Theaterrestaurant  vorbei.  Unmittelbar  an- 
schließend hinter  dem  Restaurant  sind  die  Billettschalter  für 
das  Theater  und  Räume  für  die  Theaterwache.  Der  Theater- 
kasse  gegenüber   ragt   die   mächtige   Apsis   des    Zuschauer- 

—  166  — 


raumes  empor.  Der  Erbauer  des  Dachstuhles  desselben, 
Zimmermeister  Rupert  Breitsamter,  wohnt  nördlich  des- 
selben, Hs.-No.  5,  mit  seinem  Sohne,  dem  g-egenwär- 
tigen  Johannesdarsteller  Melchior  Breitsamter.  An  der  Süd- 
seite des  Theaters  sind 
die  Häuser  des  immer 
noch  rüstigen  Vater 
Zvvink  Sebastian  (2  c) 
und  des  tüchtigen  Faß- 
malers Roman  Gast 
(2  b).  Wir  kehren  ent- 
weder auf  dem  alten 
Wege  oder  einem  klei- 
nen Durchgangsweg 
zur  Hauptstraße  zu- 
rück. Neben  Lang  sei. 
Erben  hat  der  zwxite 
Bürgermeister,  Bild- 
hauer und  Ezechieldar- 
steller  Sebast.  Schauer 

sein  reichhaltiges, 
sehenswertes  Schnitz- 
warenlager (4).  Da- 
neben befindet  sich 
die  Buchhandlung  von 
Heinrich  Uhlschmied 
(11).  Aus  der  reichen 
Passionsliteratur,  die 
dort  zu  beschaffen  ist, 
sei  besonders  hinge- 
wiesen auf  die  im  Ver- 
lag von  Uhlschmied 
herausgebrachten  Neu- 
erscheinungen: Ferdin. 
Feldigls:  „Denkmäler 
der  Passionsliteratur^^,  eine  vollständige  Literaturgeschichte 
und  Bibliographie  des  Passionsspieles  mit  der  reichhaltigsten 
aller  existierenden  Qesamtliteratur-  und  Quellenangaben  und 
mit  dem  vollständigen,  bis  jetzt  nicht  bekannten  und  veröffent- 
lichten Text  von  1811,  dem  grundlegenden  Text  des  gegen- 
wärtigen Spiels,  dann  Bührlen  Biographie  des  Oberammer- 


Die  jüngsten  Kinder  des  Christus-Darstellers 
Anton  Lang  mit  ihrem  Großvater,  dem  Chor- 
führer   der   früheren    Spiele,  Jakob   Rutz   und 
dem  Passionsesel 


—  167  — 


gaiier  Freskenmalers  Franz  Zwink.  Die  Tageszeitungen 
liegen  dort  zum  Verkauf  auf  und  dort  wird  auch  die  Lokal- 
Zeitung  gedruckt  und  ausgegeben,  die  Ammergauer  Zeitung, 
das  Heimatblatt  für  die  Ortschaften  des  Ammergaus  und 
Amtsblatt  der  Gemeindeverwaltung  Oberammergau.  Ein 
Abonnement  auf  diese  Zeitung  lohnt  sich  besonders  im 
Passionsjahr,  da  sie  fortlaufend  von  nächster  und  zu- 
ständigster Seite  aus  über  die  Vorgänge  und  Verhältnisse 
im  Orte  berichtet.  Die  Fassade  des  nächsten  Hauses  (11) 
wurde  in  moderner,  origineller  Malerei  von  Wilhelm  Lechner 
angefertigt.  Hier  befindet  sich  das  Offizielle  Wohnungsbüro, 
welches  die  Bayerische  Vereinsbank  übernommen  hat  und 
damit  die  Garantie  eines  reellen  und  wohlorganisierten  Be- 
triebes bietet.  Das  nächste  Haus  (13),  das  Haus  des  Zeichen- 
lehrers Lechner  hat  seine  eigene,  ehrenvolle  Passions- 
geschichte. Sein  Vater  Gregor  Lechner  war  der  erste  welt- 
berühmtgewordene Judasdarsteller  und  in  erster  Ehe  mit  der 
Tochter  des  Passionskompositeurs  Rochus  Dedler  verheiratet. 
Lechner  selbst  ist  zum  zweitenmal  Prologsprecher.  Seine 
umfassende  Tätigkeit  als  Zeichenlehrer,  wie  Spieler  ist  schon 
anderweitig  besprochen.  In  seinem  Hause  wohnte  Eugen 
d'Albert,  schuf  Miß  Greaterox  ihre  Bilder  zum  Passionsspiel, 
die  in  den  Achtziger  Jahren  in  England  so  viel  Aufsehen  er- 
regten und  viele  Engländer  zum  Besuche  von  Oberammergau 
veranlaßten.  Dem  Lechnerhaus  gegenüber  ist  der  Kreuzbrun- 
nen und  das  Museum,  das  schon  an  anderer  Stelle  besprochen 
ist.  Im  Museum  ist  auch  der  evangelische  Betsaal.  Neben  dem 
Museum  hat  Schnitzschuldirektor  Ludwig  Lang  seine  Woh- 
nung, neben  Lechner  der  Photograph  Rex.  Rex  war  im 
Krieg  als  Photograph  in  den  Hauptquartieren  beschäftigt, 
er  war  bei  der  Aufnahme  des  bekannten  Bildes  Kaiser  Wil- 
helms mit  Hindenburg  beteiligt.  Auch  vom  Ort  hat  er 
viele  gute  Aufnahmen  der  landschaftlichen  Reize,  örtlichen 
Beschäftigungen  und  Gebräuche,  der  Sportpflege  gemacht. 
Von  ihm  sind  auch  die  ersten  Aufnahmen  der  Hauptdar- 
steller und  vieler  sonstigen  Mitspieler.  An  das  Photo- 
graphengeschäft von  Rex  reiht  sich  das  Sport-  und 
Kaufhaus  Hermann  Rutz.  Hier  ist  die  Hauptausgabestelle 
des  gegenwärtigen  Führers.  Alle  Sports-  und  Reiseartikel 
sind  in  reichster  Auswahl  zu  haben.  In  den  Auslagen  fallen 
besonders  angenehm  auf  die   Federzeichnungen  und   Radie- 

—  168  — 


nuigen  von  Professor  Ackermann-Paseg.  Derselbe  wohnt 
schon  seit  Jahren  in  Oberammergau  in  der  Villa  Ammerhof 
des  Dekorationsmalers  Hesse  (187  Unterammergauerstraße) 
und  hat  sich  dort  echt  gebirglerisch  häuslich  eingerichtet. 
In  seiner  Bauernstube  hat  er  alles  Bodenständige  und  Volks- 
tümliche zusammengetragen  und  damit  wirklich  eine  Sehens- 
würdigkeit aufgestellt,  die  jedermann  zugänglich  ist.  Mit 
Dr.  Lutz,  der  den  Text  hiezu  verfaßte,  schuf  er  das  Werk: 
„Mein  Skizzenbuch^^,  worin  beide  den  Leser  und  Beschauer 
von  Oberammergau  über  Ettal  nach  Garmisch  führen  und 
auf  die  Naturschönheiten  wie  volkstümliche  Eigenheiten  mit 
tiefem  Verständnis  für  das  spezifisch  Einheimische  und  die 
Volksseele  aufmerksam  machen.  (Verlag  Bischof  in  Mün- 
chen.) Mit  dem  Sohn  des  Schnitzschuldirektors  Lang,  Dr. 
Herbert  Lang,  schuf  er  einen  Führer  durch  die  Ammergauer 
Berge,  der  die  Gegend  vom  rein  alpinen  Standpunkte  aus 
betrachtet.  Von  Geburt  aus  ein  Voigtländer,  hat  er  Herz  und 
Auge  ebenso  warm  und  klar  für  das  bayerische  Oberland 
wie  seine  Heimat. 

Wenn  wir  hier  in  die  Straße,  die  wiederum  zum  Pas- 
sionstheater einbiegt,  ein  paar  Schritte  zurückgehen,  so 
gelangen  wir  zum  Heim  des  Christusdarstellers  Anton 
Lang  (19).  Wir  begrüßen  den  immer  herzlichen  und  trotz 
seiner  Rolle  stets  bescheidenen  und  schlichten  Mann,  sowie 
seine  Gattin  Mathilde,  Tochter  des  Chorführers  Rutz,  die 
1900  „das  Hohe  Lied'^  sang  und  heute  noch  über  eine  gute 
Stimme  verfügt,  im  trauten  Familienkreis,  der  von  '3  zu  6 
Kindern  aller  Altersstufen  angewachsen  ist.  Das  Haus  wurde 
erweitert,  der  Speisesaal  der  ständigen  Pension  vergrößert 
und  ins  Erdgeschoß  verlegt.  Auch  hat  Lang  sein  Töpfer- 
gewerbe zu  einer  keramischen  Kunstanstalt  ausgebaut,  in 
der  schönste  Kunstarbeiten  hergestellt  und  in  alle  Welt 
versandt  werden.  Hierin  ist  ihm  sein  ältester  Sohn,  eine 
hübsche  Johanneserscheinung,  der  aber  bei  den  Sängern 
notwendig  ist,  schon  eine  helfende  Hand  geworden;  er  ist 
auf  der  keramischen  Schule  in  Landshut  ausgebildet.  Der 
zweite  Sohn  besucht  das  Gymnasium  in  Ettal.  Die  kleinen 
Töchterlein  haben  besonders  das  musikahsche  Talent  der 
Mutter  geerbt.  Zahlreiche  Ausländer  sind  zur  Spielzeit  und 
auch  sonst  Gäste  dieses  Hauses  gewesen  und  gar  manches 
Wort   der   Versöhnung  wurde   zwischen   diesem   und   inter- 

—  169  — 


ANTON  KIEMERSCHMID 

MLENCHEN 


6«^ GEORG  LANG^^e/.dV^Jerv 


nationalen  Häusern  getauscht,  auch  manche  Gabe  der 
Freundschaft  und  des  Mitfühlens  ist  in  schweren  Zeiten 
den  Ammergauern  durch  dieses  Haus  vermittelt  worden. 
Aber  auch  einheimische  treue  Freunde  weilen  gerne  an 
dieser  Stätte,  z.  B.  die  Schriftstellerin  Anna  Mayer-Bergwald. 
Possart  ist  der  Familie  bis  zu  seinem  Lebensende  in  Freund- 


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Familie  des  Christusdarsteller  Anton  Lang 

Schaft  zugetan  gewesen.  Nicht  zu  Unrecht  hat  Anton  Lang 
sein  Haus  „Daheim^^  getauft;  man  fühlt  sich  auch  wirklich 
daheim. 

Neben  dem  Langhaus  ist  der  älteste  Gasthof  Oberammer- 
igaus,  die  „alte  Post"  (20).  Besitzer  ist  der  in  w^eiten  Kreisen 
bekannte  „Preisinger  Toni".  Die  Mutter  des  Dichters  Ludwig 
Thoma  war  als  Posthalterstochter  in  diesem  Hause  geboren. 
In  der  alten,  rauchgeschwängerten  Gaststube  erinnert  die 
originelle  Holzdecke  aus  dem  17.  Jahrhundert  mit  den  darein- 
geschnitzten  Wappen  der  Rotthandelsleute  an  die  gute  alte 
Zeit.   Hermann  Schmied  und  Freiherr  von  Dvhern  haben  sich 


171  — 


hier  Stoff  für  ihre  Dorfgeschichten  geholt;  alle  5  Könige 
Bayerns  nächtigten  in  diesem  Hause.  Der  große  Gasthof 
„ Witteisbacherhof ^'   (51)   wurde  im  vorigen  Jahre  von   dem 


Haus  des  Christusdarsteller  Anton  Lang 

Münchener  Hotelier  Kirchner  gekauft,  welcher  das  Hotel 
vollständig  umbauen  und  gediegen  einrichten  ließ.  Damit 
ist  das  Haus  ein  erstklassiges  Hotel  geworden,  das  dem  inter- 
nationalen   Publikum    den    bestmöglichsten    Komfort    bietet. 


172 


Das  Haus  des  Baders  Spegel  (163)  ist  abgebrannt  und 
wurde  neu  aufgebaut;  Otto  Spegel  hat  sich  als  Zahntech- 
niker ausgebildet  und  bewährt. 

Das  Haus  Lang  sei.  Erben  (160),  dessen  Nebengebäude 
ein  sehr  gutes  äußeres  Gewand  bekam,  repräsentiert  sich 
schon  nach  außen  als  ein  echtes  Patrizierhaus.  Im  Eingangs- 
korridor hängen  sehr  wertvolle  Kupferstiche.  In  diesem 
Hause  wohnten  die  Mitglieder  königlicher  Häuser  und  hohe 
Kirchenfürsten,  z.  B.  Kardinal  Manning,  Angehörige  der 
Finanzwelt  wie  Rothschild  und  der  Geistesaristokratie,  zahl- 
reiche Künstler  wie  Emil  Ritterhaus,  Förster,  Wohlmuth, 
Klara  Schumann  u.  s.  w.  In  demselben  ist  der  Dichter 
Ludwig  Thoma  geboren;  seine  Mutter  war  die  Schwester  der 
damaligen  Besitzersgattin.  Das  Haus  hat  in  neuester  Zeit 
seinen  schwersten  Verlust  erlitten  durch  das  plötzliche  Hin- 
scheiden seines  Chefs,  des  Kommerzienrats  Guido  Lang  am 
2.  Oktober  1921.  Das  Geschäft,  das  seine  Verbindungen  in 
allen  Weltteilen  hat,  wird  durch  Frau  Kommerzienrat  Lang 
und  Tochter  in  alter  Weise  fortgeführt.  Das  Haus  enthält 
große  Ateliers  und  Lagerräume  und  im  Erdgeschoß  ein 
überaus  reichhaltiges  Schnitzwarengeschäft.  Im  Verlag  dieser 
Firma  sind  folgende  Werke  erschienen,  auf.  die  besonders  auf- 
merksam gemacht  sei:  Lang-Queri:  ,,Der  älteste  Passionstext 
1662",  eine  sehr  wertvolle,  literaturgeschichtliche  Gabe, 
Queri:  „Der  Christus  -  Lang"  und  Text  und  Klavierauszug 
zu  Hecher-Müllers  Kreuzschule  von  1905.  Seitlich  vom 
Hotel  Wittelsbacher-Hof  befindet  sich  der  neuerbaute,  sehens- 
werte Kunstgewerbe-Kiosk  von  Ludwig  und  Hermann  Rutz, 
in  welchem  eine  außerordentlich  reichhaltige  und  gediegene 
Auswahl  von  kunstgewerblichen  Gegenständen  aller  Art, 
Holzschnitzereien  und  heimische  Antiquitäten  u.  dgl.  zum  Kauf 
geboten  werden.  Der  Kiosk  enthält  auch  eine  originell 
eingerichtete,  oberbayerische  Bauernstube,  zu  deren  freier 
Besichtigung  die  Besucher  der  Passionsspiele  eingeladen  sind. 

Dem.  Witteisbacherhof  gegenüber  liegt  das  Cafe  zur 
Alpenrose  (52  a);  sowie  die  Filiale  der  Bayer.  Hypothek- 
und  Wechselbank.  Wir  begeben  uns  in  die  Straße  neben  dem 
Cafe  der  Kirche  zu,  und  gelangen  zum  Landesprodukten- 
geschäft  Wilhelm  Rutz  (52) ;  der  Besitzer  ist  der  gegenwärtige 
1.   Bürgermeister.     In  nächster  Nähe  ist  das   Rathaus   (57). 

—  173  — 


In  demselben  wurden  die  unzähligen  Vorbereitungssitzungen 
und  Wahlen  für  das  Passionsspiel  abgehalten.  Im  geräu- 
migen Hauptsaal  befinden  sich  Abbildungen  der  1870  er  und 
der  jetzigen  Passionsbühne,  die  Bilder  der  Schöpfer  der 
Kreuzschule  Hecher  und  Müller  und  vier  Prachtstahlstiche, 
Nachbildungen  von  Bildern  Gustav  Dores,  eigenhändige  Ge- 
schenke des  Meisters.  In  der  Bürgermeisterkanzlei  sind  das 
Geschenk  König  Ludwig  IL,  das  Oelgemälde  „Kaiser  Lud- 
wig der  Bayer^^  die  Bildnisse  der  früheren  Bürgermeister 
und  Diemers  Bildnis  des  Lehrers  und  Passionskompositeurs 
Dedler. 

Im  eisernen  Geldschrank  sind  während  der  Zwischen- 
zeit die  kostbarsten  Kleinodien  Oberammergaus  aufbewahrt, 
die  Partituren  zur  Passionsmusik.  Englische  Freunde  Ober- 
ammergaus haben  für  den  Rathaussaal  einen  großen,  reich 
geschnitzten,  in  der  Schnitzschule  gefertigten  Schrank  ge- 
stiftet, der  die  Literatur  des  Passionsspiels  enthält.  Solche 
wurde  im  Ort  von  der  Gemeindebehörde  selbst  gesammelt 
und  derselben  eine  gegen  200  Nummern  enthaltende 
Literatursammlung  über  die  Passionsspiele  aus  dem  Nach- 
lasse des  verstorbenen  Münchener  Journalisten  Wetzstein, 
der  an  Oberammergau  regen  Anteil  nahm,  einverleibt.  Es 
dürfte  sich  jedoch  einmal  empfehlen,  diese  ganze  Literatur- 
sammlung ordnen  und  katalogisieren  zu  lassen.  Der  Ver- 
fasser dieses  Führers  schätzt  es  sich  zur  Ehre  zu  dieser 
Sammlung  die,  wie  er  wohl  sagen  darf,  kostbarsten  Literatur- 
schätze beigesteuert  zu  haben  durch  die  2  Originaltexte 
des  Pater  Othmar  Weis  von  1811  und  1815,  indem  es  ihm 
gelang,  dieselben  aufzufinden  und  für  die  Gemeinde  Ober- 
ammergau durch  das  Entgegenkommen  der  bisherigen  Be- 
sitzer zu  erwerben.     (Siehe  darüber  2.   Kapitel.) 

Den  Rathausplatz  schließt  nach  Süden  die  Turnhalle  und 
das  Uebungstheater  ab.  Das  Uebungstheater  wurde  1900 
als  Wohnungsbüro  benutzt,  dann  1902  zum  Theater  umge- 
baut und  mit  einem  Festspiel  von  mir  eröffnet;  1910  wurde 
es  wieder  als  Wohnungsbüro  benutzt  und  wird  auch  dieses- 
mal  gleiche  Verwendung  finden,  soweit  das  Geschäft  nicht 
im  Büro  der  Vereinsbank  und  im  amtlichen  Bayer.  Reisebüro 
Schenker  &  Co.  erledigt  werden  kann.  In  den  Zwischen- 
zeiten wurden  wohlgelungene  Uebungsspiele  aufgeführt;  seit 

—  174  — 


dem  letzten  Passionsspiel  sind  besonders  zu  nennen:  „Jephtas 
Tochter"  von  Ritter  von  Haag,  „Samson"  von  Alinda  Jakoby, 
von  früheren  Spielen  Grillparzers  Estherfragment,  Steigen- 
bergers  „Mardochäus  und  Esther",  Emilie  Ringseis'  ,, Seba- 
stian", beide  letzteren  Stücke  mit  Musik  von  mir,  Racins 
„Athalia"  mit  Mendelssohns  Musik  hiezu.  Dem  Rathause 
gegenüber  ist  das  Schulhaus  (57).  In  demselben  befinden  sich 
vier  Lehrzimmer  und  die  Lehrerwohnung;  die  Lehrsäle  sind 
unzureichend;  es  befindet  sich  auch  ein  Schulsaal  und  eine 
Lehrerwohnung  in  der  alten  Schnitzschule.  Eine  der  größten 
und  kostspieligsten  Aufgaben  der  Gemeinde  wird  nach  den 
Spielen  der  Neu-  oder  Umbau  der  Schule  sein,  womit  wohl  ein 
Hauptteil  der  zu  erhoffenden  Erübrigungen  seine  Verwen- 
dung findet.  Die  Gemeinde  war  aber  jederzeit  für  ihre  Schule 
opferwillig.  In  der  Lehrerwohnung,  welche  mit  dem  Glas- 
palast München  drahtlich  verbunden  war,  wurden  bei  der 
elektrischen  Ausstellung  18S2  die  ersten  telephonischen  Ver- 
suche in  Bayern  gemacht.  Zahlreiche  Gäste,  besonders 
Musiker  beherbergte  schon  dieses  Haus.  Einen  schönen  vor- 
bildlichen Schmuck  hat  das  Schulhaus  durch  Pflege  der 
Fensterblumen.  In  Blumenschmuck  und  Spalierbaumpflege 
hat  die  Einwohnerschaft  überhaupt  viel  getan,  um  dem 
Ort  einen  festlichen  Charakter  zu  geben.  Den  Schulplatz 
schließt  nach  Norden  das  gutbürgerliche  Gasthaus  zur  Rose 
ab.  Wir  statten  aber  noch  dem  ehemaligen  Judasdarsteller, 
Faßmaler  Zwink  einen  Besuch  ab,  dessen  Tochter  Ottilie 
im  Jahre  1910  die  Muttergottes  machte.  (56  hinter  dem  Rat- 
haus nach  Westen.)  Ein  enges  Gäßchen  führt  uns  zum 
„Bachfranzi",  einer  ebenfalls  gut  und  bürgerhch  gehaltenen 
Wirtschaft  (49)  des  Gastwirtes  Freiberger.  Daneben  wohnt 
die  Schnitzerswitwe  Reiser,  (27),  deren  Ehemann  ein  Enkel 
Dedlers  war.  Ein  freundhches  Vorgärtchen  ladet  zum  Ein- 
tritt in  das  Haus  des  Pilatusdarstellers  Hans  Mayr,  der  der 
Sohn  des  Christus  Mayr  ist  (31).  Dieses  Haus  hat  schon 
Gäste  der  ganzen  Welt  gesehen.  Der  australische  Bischof 
Cornish,  der  Erzdiakon  Ferrar  von  Westminster,  Admiral 
Carpenter,  die  Dichterin  Blanche  Howard  weilten  hier;  ein 
Stamm  getreuer  Freunde  sucht  das  Haus  immer  wieder  heim, 
so  tat  es  besonders  die  Fürstin  Altieri  —  aus  altem  italie- 
nischem Geschlechte,  das  der  Kirche  schon  mehrere  Päpste 
schenkte,  dann  der  greise  ehrwürdige  Reverend  Kirchpatrik, 

—  175  — 


der  die  jetzt  erwachsenen  Kinder  Mayrs  schon  auf  den  Armen 
trug.  Mayr  hat  auch  einen  gesuchten  Schnitzwarenverlag. 
Vater  Mayr,  der  frühere  Christusdarsteller,  ist  aber  nicht 
hier  geboren,  sondern  im  Hause  nebenan,  in  dem  er  früher 
auch  wohnte  (30),  der  heutigen  Apotheke.  (Apotheker 
Mewes.) 

Bei  unserer  weiteren  Wanderung  nach  Norden  gelangen 
wir  in  die  „Zwinkerei^^;  hübsche  Wohnhäuser  umgrenzen 
schöne  gärtnerische  Anlagen.  Bei  Georg  Zwink  (28)  wohnte 
Liszt,  bei  dem  immer  noch  eifrigen  Erstviolinisten  Tobias 
Zwink  (27)  wohnten  der  Volapükerfinder  Schleyer  und  — 
die  Anarchistin  Luise  Michel. 

Der  Name  Zwink  ist  neben  dem  Ruez  einer  der 
ältesten  Bürgersnamen  Oberammergaus.  Schon  im  15.  Jahr- 
hundert hatte  das  Benediktinerkloster  Ettal  einen  Abt 
namens  Benedikt  Zwink,  der  aus  der  Schweiz  stammte. 
Sebastian  Zwink  gründete  1865  seinen  Verlag,  der  auf  seinen 
Sohn  Sebastian  und  Enkel  Oskar  Zwink  überging,  dessen 
Haus  in  stolzem  Aufbau  den  Platz  abschHeßt  (28  a).  Dieses 
Haus  zählte  den  ehemaligen  Prinzen  of  Wales  und  jetzigen 
König  von  England,  dann  den  Prinzen  von  Orleans,  Adelina 
Patty,  den  Sultan  von  Johor,  den  Helden  von  Slivnitza, 
Fürst  Alexander  von  Battenberg,  Fritz  Mauthner  usw.  zu 
seinen  Gästen.  Aus  dem  reichhaltigen  und  renommierten 
Verlag  sind  hervorgegangen  z.  B.  die  Chorstühle  der  Abt- 
kapelle zu  Niederalteich;  ein  Altar  mit  lebensgroßer  Kreu- 
zigungsgruppe für  Denararä  (Südamerika).  Andere  Werke 
kamen  nach  Südrußland,  in  die  Missionsgebiete  von 
Afrika  usw.  Zwinks  Vetter  und  Nachbar  Hermann  Schilcher 
(27 1),  ein  sehr  eifriger  Erstviolinist,  ist  leider  viel  zu  früh 
gestorben.  Seine  Witwe  führt  den  Verlag  fort,  aus  dem 
kunstvolle  Krippen  im  Kloster  Kalksburg  in  Wien  und  im 
Münster  zu  Straß  bürg  stammen. 

Ein  freundlicher  Weg  mit  schattiger  Allee  führt  den 
Leinedamm  entlang  nach  St.  Gregor.  Seitwärts  desselben 
gegen  Westen,  wo  man  einen  hübschen  Anblick  zu  den  Vor- 
bergen („Reichen^'  und  „Hörnle^')  hat,  sind  seit  1900  eine 
Reihe  freundlicher  Landhäuschen  entstanden. 

Den  Leinedamm  abwärts  gegen  das  Passionstheater  zu, 
wohin    ein    schöner    Anlagenweg    führt,    ist    das    Haus    des 

—  176  — 


Nathanaeldarstellers  Alois  Lang,  299.  Wir  wollen  dann  nicht 
versäumen,  die  Nähe  der  Schnitzschule  zu  einem  Besuch 
derselben  zu  benützen.  Der  Weg  wendet  an  einer  kleinen, 
geschmackvoll  umgebauten  freundlichen  Villa  und  einem 
poetisch  wirkenden  Feldkreuz  vorüber  nach  Norden.  Die 
schön  gebaute  Villa  (Fauner  370)  zeigt,  was  Anpassung 
an  Land  und  Volk  Nettes  schaffen  kann.  In  dieser  Be- 
ziehung hat  Architekt  Zell,  der  Erbauer  des  Museums, 
schon  viel  Gutes  für  den  Ort  getan,  sein  Bestes  aber  mit 
der  Schnitzschule,  die  uns  in  vornehmer  Architektonik  ent- 
gegengrüßt.   (Nähere  Beschreibung  siehe  weiter  vorne.) 

In  der  Nähe  der  Schule  ist  das  Krankenhaus.  Noch  vor 
wenigen  Jahren  befanden  sich  hier  nur  grünende  Wiesen  und 
Matten,  jetzt  schon  steht  da  Villa  an  Villa  und  laden  zu 
längerem  Aufenthalt  in  friedlicher,  spielfreier  Zeit  ein.  Dasio 
hat  hier  sein  Tuskulum  aufgeschlagen  und  der  junge,  viel- 
versprechende Dichter  Joseph  Maria  Lutz  sein  Mysteriums- 
spiel „Die  Erlösung  Kains",  gedichtet. 

Wir  kehren  wieder  zum  Feldkreuz  zurück  gegen  den 
Ort  zu,  und  kommen  neben  der  Werkstätte  des  Verlegers 
Oskar  Zwink  zu  einem  malerisch  hinter  Obstbäumen  ge- 
legenen Haus,  dem  Heimathaus  des  Schnitzschuldirektors 
Lang  (36). 

Wir  gehen  weiter  nach  Südost  zu  und  gelangen  nun 
auf  breiter  Straße,  der  Daisenbergerstraße,  zum  Hause 
des  früheren  Nathanael  und  Kaiphas  und  jetzigem  Annas 
Sebastian  Lang  (73)  und  seines  Sohnes,  des  Spielleiters 
Georg  Lang.  In  diesem  Hause  hat  geistHcher  Rat  Daisen- 
berger  die  letzten  Jahre  seines  Lebens  verlebt  und  ist  auch 
darin  gestorben:  dessen  Biographie  ist  dort  zu  haben.  Wir 
wollen  aber  vor  allem  nicht  versäumen,  die  nun  dort  auf- 
gestellte alte  Kirchenkrippe,  die  schon  besprochen  wurde, 
zu  besichtigen.  Daneben  wohnte  die  Darstellerin  der  Mag- 
dalena 1910,  die  nach  Amerika  sich  verheiratet  hat  (72). 
Dieses  Haus  ist  das  Geburtshaus  Dedlers;  sein  Vater  war 
Metzger,  den  man  wegen  des  nahen  Brunnens  Brunnenmetzger 
hieß.  Er  nahm  den  Namen  mit  bei  Uebersiedlung  in  den 
Gasthof  zum  Weißen  Lamm.  Gegenüber  (84)  ist  das 
Benefiziatenhaus.  Bei  Kaufmann  Georg  Gastl  sind  wir 
zum    Kirchenweg    zurückgekommen    und    begeben    uns    zu 

—  177  —  12 


Schmied  Hugo  Rutz  (70),  dem  neuen  Kaiphasdarsteller,  bef 
dem  Vater  Jakob  Rutz,  der  altbewährte  Chorführer,  seinen 
Lebensabend  zubringt.  Durch  eine  Seitengasse  gelangen  wir 
nach  Süden  zum  üasthaus  zum  Stern  (66  Wecker),  der 
alten  Ammergauer  Musikerherberge,  von  welcher  aus  die 
Sternsänger  in  der  Sylvesternacht  durch  das  Dorf  zogen. 
Damit  sind  wir  wieder  am  Hauptplatz  angelangt  und  gehen 
wieder  vorerst  der  Post  zu.  Mit  Staunen  und  Bewunderung 
wird  jeder  Kenner  vor  dem  Hause  des  Schuhmachers 
Gerold  (146)  stehen  bleiben.  Er  findet  hier  Fresken  von  außer-- 
ordentlicher  Farbenfrische  und  künstlerischem  Schwünge.  Es 
sind  Gemälde  von  dem  mehrmals  schon  genannten  Lüftles- 
maler Franz  Seraph  Zwink,  der  mit  Ehren  neben  dem 
großen  Künstler  Knoller,  dem  er  als  Gehilfe  und  Farbenreiber 
diente,  genannt  werden  darf;  hat  er  ihm  doch  nicht  nur  den 
leichten,  graziösen  Barockschwung  seiner  Figuren  abgesehen, 
sondern  mit  dessen  Material  die  kaum  irgendwo  wiederzu- 
findende Leuchtkraft  der  Farben  bis  auf  heute  gesichert.  Auch 
auswärtige  Orte,  z.  B.  Unterammergau  (Kirche  Orgelempore)^ 
Garmisch  (Fresken  in  der  Klammstraße),  Partenkirchen,  Mit- 
tenwald, Kohlgrub  haben  von  ihm  wahre  Schätze  der  Fresko- 
klein- und  Volkskunst.  Er  war  übrigens  kein  gewöhnlicher 
Handwerksgeselle  Knollers,  sondern  Schüler  Gindters.  Fast 
alle  älteren  Freskobilder  in  Oberammergau  sind  von  ihm. 
Das  Geheimnis  der  Farbenchemie  Knollers,  das  diese  Bilder 
in  solcher  Farbenkraft  erhalten  haben  soll,  will  Zeichenlehrer 
Lechner  in  einem  Rezept  von  Knoller  selbst  aufbewahren, 
das  Dr.  Popp  in  seiner  Knoller-Monographie  abgedruckt  hat. 
Eine  eigentliche  Biographie  des  „Lüftlesmalers"  bringt  Bührlen 
in  einem  Büchlein,  Verl.  Uhlschmied-Oberammergau.  Wenn 
wir  aber  noch  schönere  Fresken  des  gleichen  Meisters  sehen 
wollen,  begeben  wir  uns  beim  Garten  des  Kommerzienrats 
Lang  zum  ehemaligen  Bürgermeisterhaus,  dem  Hause  des 
Dr.  Anton  Lang,  praktischen  Arztes,  Sohn  des  Bürgermeisters 
Johann  Lang  (151).  Schon  von  weitem  fällt  uns  die  prächtige 
Malerei  mit  plastisch  wirkender  Säulenarchitektur  auf.  Noch 
überraschter  wxTden  wir,  wenn  wir  die  Ostfront  des  Hauses 
betrachten.  Wir  sehen  hier  ein  ungemein  lebensvolles  Bild 
von  der  Verurteilung  Christi  in  genialer  Weise  zwischen  die 
Fenster  hineinkomponiert;  die  überaus  geschickte  Ausnützung 
der  Fenster-  und  Türzwischenräume  zu  einer  in  voller  Plastik 

—  178  — 


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Dr.  Lang  Haus 

hervortretenden  Säulenrotunde,  wie  wir  auf  der  Ostseite  am 
Bild  „Jesus  vor  Pilatus^'  sehen,  den  leichten  Schwung  der 
ganzen  Fensterrokokoverkleidung  auf  der  Nord-  und  West- 
seite, die  originelle  Personengruppierung,  die  lebendige, 
pompöse  Farben-  und  Linienführung  kann  kein  anderer  als 


179 


ein  wirklicher  Künstler  gemacht  haben,  und  dieser  Künstler 
ist  niemand  anderer  als  unser  Lüftlesmaler  Franz  Zwink.  Wyl 
vergleicht  dieses  wirkliche  Meisterwerk,  dessen  Abbild  jede 
größere  Sammlung  von  Volkskunstdenkmälern  enthält,  mit 
den  Fresken  von  Luca  Giordano.  Die  Gemälde  wurden  von 
Maler  Franz  Hartmann  1899  in  alter  getreuer  Farben  Wirkung 
renoviert  und  die  Architektonik  mit  geschickter  Hand  auch 
auf  der  Westseite  fortgesetzt. 

In  diesem  Hause  gingen  Könige  und  Kaiser  ein  und 
aus;  Prinzen  und  Prinzessinnen  wohnten  hier,  so  1873  und 
1880  der  spätere  Kaiser  Friedrich  Wilhelm  und  ebenfalls  1880 
dessen  hohe  Schwester,  die  Großherzogin  von  Baden,  1890 
Kronprinzessin  Stefanie  von  Oesterreich,  der  Großherzog  von 
Oldenburg,  die  Herzogin  von  Sachsen-Meiningen  und  Co- 
burg usw. 

Neben  dem  Hause  des  Dr.  Lang  ist  jenes  des  Tape- 
zierers Gabler  (158),  das  Lenbach  bewohnte;  1900  beher- 
bergte es  die  Getreuen  Richard  Wagners  von  Bayreuth, 
Wolzogen  usw.  Aus  dem  Garten  der  Langschen  Erben  schaut 
wieder  der  schon  bei  Kloster  Fürstenfeld  genannte  Ludwig 
der  Bayer  herüber,  der  auf  einen  Ettaler  Kirchturm  kommen 
sollte;  in  die  Grundmauern  des  Gartengeländers  sind  Rosetten 
eingemauert,  welche  ebenfalls  von  Ettal  stammen,  aber  bei 
der  Säkularisation  hieher  verkauft  wurden. 

Wir  wollen  aber  nicht  auf  den  alten  Weg,  son- 
dern ostwärts  über  die  Mühle  zur  Hauptstraße  zurück- 
kehren. Prächtige  Arbeiten  des  Lüftlesmalers  kommen  uns 
im  Gasthaus  zum  weißen  Rößl,  Besitzer  Leo  Rutz,  vor  die 
Augen  (199  a).  Das  Haus  Hohenleitner  (69)  hat  originelle 
Fensterumrahmungen,  daneben  ist  das  alte  Verlagshaus  Veit; 
hier  ist  die  gegenwärtige  Maria  zuhause;  hier  schrieb  Hans- 
lick  seinen  Brief  über  das  Oberammergauer  Spiel  an  Billroth; 
die  Musik  kam  allerdings  hiebei  schlecht  weg,  wie  das  bei 
zwei  solch  eingefleischten  Brahmsschwärmern  nicht  anders 
zu  erwarten  ist. 

Und  nun  besuchen  wir  den  Pfarrhof,  wo  Pfarrer  und 
geistlicher  Rat  Daisenberger  seine  segensreiche  Wirksamkeit 
entfaltete,  wo  Prälat  Schröder  nach  über  25jähriger  Tätig- 
keit die  Augen  schloß  und  wo  im  Oktober  1921  ein  neuer 
Pfarrherr,  Hochw.  H.  Pfarrer  Franz  P.  Heimbucher  einzog. 

—  180  — 


Hier  fanden  hohe  geistliche  Würdenträger  aller  Weltteile 
ihre  Aufnahme;  Kardinäle,  Bischöfe  und  Aebte.  Kardinal 
Nuntius  Frühwirt  weilte  öfters  hier.  Sehr  schöne  alte  Kreuz- 
wegstationen zieren  den  geräumigen  Korridor  des  Pfarrhofes. 
Wenn  wir  Musiker  sind,  wird  der  gegenwärtige  Pfarrherr 
alsbald  das  Klavier  öffnen,  seine  treffliche  Violine  hervorholen 
und  wir  werden  so  schnell  nicht  wieder  entlassen  werden. 
In  der  Nähe  des  Pfarrhofes,  über  dem  Mühlkanal,  wohnt  139  a 
der  neue  Judasdarsteller. 

Wenn  wir  um  den  Pfarrgarten  herumgehen,  gelangen 
wir  zum  Kirchplatz.  Das  Kirchbauernanwesen  (89)  beher- 
bergte einen  besonderen  Freund  Oberammergaus,  Professor 
Hoehl,  das  Bäckerhaus  (48)  1880  den  Nordpolarforscher 
Payer;  das  Funkhaus  (87  a)  war  das  ehemalige  Schulhaus, 
in  dem  Dedler  wirkte.  Beim  Eingange  in  den  Gottesacker 
waren  früher  die  Gedenktafeln  für  den  Kompositeur  Schäfer 
und  den  Dichter  Triftshäuser.  Die  Gemeinde  hat  sich  selbst 
geehrt  durch  das  Denkmal  beim  Kircheneingang  für  einen 
ihrer  besten  Freunde,  den  Passionskompositeur  Rochus  Ded- 
ler; ihm  gegenüber  ist  der  frische  Grabhügel  Monsignore 
Schröders  und  hinter  dem  Denkmal  jener  des  Kommerzien- 
rats  Lang.  In  dessen  Nähe  ruhen  Bürgermeister  Johann 
Lang  und  der  Vater  Zeno  Diemers,  Joseph  Diemer,  und 
dessen  Onkel,  der  unvergeßliche  Prologsänger  Johannes 
Diemer. 

Wir  betreten  nun  die  Kirche,  sie  ist  hell  und  geräumig, 
im  Zopfstil  gehalten,  der  Hochaltar  ist  sehr  reich  und  hat 
sehr  viele  Figuren,  die  Kommunionbank  mit  zwei  Kande- 
labern ist  neu  und  wurde  in  der  hiesigen  Schnitzschule  ge- 
fertigt, ebenso  wie  die  Reihe  der  Apostelleuchter.  Neu  sind 
auch  die  gemalten  Kirchenfenster,  die  ausgezeichnete  Orgel 
von  Steinmeyer  in  Oettingen  mit  der  prächtigen  l^rospekt- 
orgel  in  feinem  Rokoko  und  im  Turme  das  Geläute,  erst 
heuer  gegossen  in  der  Glockengießerei  von  Hamm  in  Augs- 
burg. Das  letzte  schöne  Geläute,  ebenfalls  von  Hamm,  fiel 
dem  Kriege  zum  Opfer.  Das  frühere  alte  Geläute  wurde 
umgegossen,  nur  eine  Glocke  kam  nach  Ettal.  Die  Decken- 
gemälde sind  hübsch;  das  vordere  stellt  dar  die  Stiftung 
des  heiligen  Rosenkranzes  mit  dem  Traumgesichte  der  Mut- 
ter des  heiligen  Dominikus,  das  Bild  im  Kirchenschiff  die 
Gefangennahme  von  Petrus  und  Paulus,  den  Kirchenpatronen, 

—  181  — 


Oberainmergau,    Inneres  der  Pfarrkirche 


das  hintere  Bild,  eine  Nachbildung  des  Altars  in  der  Petrus- 
kirche zu  Rom,  von  dem  Taufbecken  aus  gesehen  von  sehr 
guter  perspektivischer  Wirkung.  Die  Kuppelgemälde  sind 
von  Martin  Qindter,  das  schöne  Altarbild  des  hl.  Antonius 
ist  vom  Ettaler  Kirchenmaler  Jakob  Zeiller;  unter  demselben 
ist  ein  kostbares,  aus  Spanien  stammendes  Muttergottesbild 
mit  sehr  schönem  Rahmen,  einem  Meisterwerk  hiesiger 
Schnitzkunst.  Gindter  ist  1705  zu  Unterpeissenberg  geboren 
und  war  Schwager  des  Wessobrunner  Stukkateurs  Iblherr. 
Er  malte  gegen  30  Kirchen  der  Umgegend  aus,  wurde  Direk- 
tor der  Augsburger  Malschule  und  starb  auf  der  Haid  bei 
Wessobrunn.  Unter  dem  Heilig-Kreuz-Altar  befinden  sich 
die  Gebeine  des  hl.  Amandus,  welche  von  dem  Bildschnitzer 
Eyrl  in  Rom  erworben  wurden.  ,,Sein  Landsmann  Noder  trug 
die  heilige  Bürde  auf  dem  Rücken  heimwärts",  berichtet 
die  Chronik.  Beim  Choraufgang  sind  Kanonenkugeln  auf- 
gehängt, welche  vor  über  hundert  Jahren,  am  12.  Juli  1810 
von  den  Franzosen  ins  Dorf  hereingeschossen  wurden.  Wir 
verlassen  die  Kirche  durch  das  Südportal  und  gelangen  wieder 
zum  Gottesacker  zu  ehrwürdigen  Gräbern,  dem  Grab  des 
letzten  Abtes  von  Rottenbuch,  Herculan  Schwaiger,  und  des 
Passionsdichters  Geistlichen  Rates  Alois  Daisenberger  mit 
der  ungemein  lebenswahren  Büste  desselben  von  Bildhauer 
Otto  Lang.  Zwischen  diesen  beiden  Gräbern  fand  die  große 
Dichterin  und  Freundin  Oberammergaus,  Wilhelmine  von 
Hillern,  ihre  letzte  Ruhestätte.  Der  Grabstein  ist  ein  Werk 
des  Passionsleiters  Georg  Lang. 

W  ii  h  e  1  m  i  n  e  V o  n  H  i  11  e  r  n,  geb.  am  11.  März  1 836, 
die  Tochter  der  berühmten  Dramaturgin  Charlotte  Birch- 
Pfeiffer,  nimmt  in  der  Literaturgeschichte  eine  höchst  ehren- 
volle Stelle  ein  und  ihre  Romane  gehören  zu  den  gelesansten 
der  ganzen  Welt.  Ihr  Drama:  „Die  Geierwally",  ist  heute 
noch  Zugstück  aller  Bühnen. 

Nach  dem  Tode  ihres  Mannes  besuchte  sie  18S0  zum 
ersten  Male  das  Passionsspiel;  sie  wurde  davon  so  tief  er- 
griffen, daß  sie  sich  entschloß,  hier  zu  bleiben  und  sich  am 
Ende  des  Dorfes  gegen  Ettal  zu  eine  Villa  zu  bauen.  Aus 
dieser  Ergriffenheit  heraus  entstand  auch  der  vielfach  miß- 
verstandene und  mißdeutete  Roman  „Am  Kreuz".  Er  ist 
freie  Erfindung  und  beruht  nicht  auf  historischen  Tatsachen. 
Sie  lebte  zurückgezogen  in  ihrer  Villa,  die  die  Meisterhand 

—  183  — 


ihres  Schwiegersohns,  Professors  Zeno  Diemer,  mit  herr- 
Hchen  Gemälden  ausgestattet  hat,  nur  ihrer  Kunst  und 
Werken  der  christhchen  NächstenHebe,  die  sie  in  die  Häuser 
der  Armen  und  Kranken  des  Ortes  führte.  Nach  dem 
Spiele  1910  vertauschte  sie  ihre  Villa  mit  Häusern  in 
München,  zog  dorthin,  dann  nach  Tutzing  und  schließlich 
nach  Hohenaschau,  wo  sie  am  Weihnachtstag  1916  ver- 
starb. Obwohl  sie  dort  von  ihren  Getreuen,  besonders  von 
der  Güte  des  Barons  Cramer-Klett  und  seiner  Gattin  umhegt 
und  gepflegt  wurde,  verlor  sie  nicht  mehr  das  Heimweh 
nach  Ammergau  bis  zu  ihrem  Tode.  Sie  wurde  zuerst  im 
Gottesacker  von  Niederaschau  beerdigt,  1921  wurde  ihre 
Leiche  nach  Oberammergau  überführt.  Unweit  von  diesen 
Gräbern  hat  auch  Joseph  Mayr  seine  letzte  Ruhestätte,  dort 
befindet  sich  auch  das  Kriegerdenkmal,  das  7  Namen  vom 
Kriege  1870/71   und  68  vom  letzten  Weltkriege  trägt. 

Wenn  wir  durch  den  Südausgang  den  Gottesacker  ver- 
lassen, stehen  wir  vor  dem  stattlichen  Forstamtsgebäude  (91); 
seit  über  25  Jahren  ist  Chef  des  Forstamtes  Herr  Forstrat 
Alois  Gröbl,  ein  hochgeachteter  Beamter,  der  seinen  ältesten 
hoffnungsvollen  Sohn  am  5.  Juli  1908  auf  der  Kampenwand 
durch  Blitzschlag  verlor.  Zum  Forstamt  Oberammergau  ge- 
hören die  Förstereien  Linderhof,  Nogg  und  Unterammergau. 
Im  Forstamtsgebäude  hat  Wyl  seine  „Maitage"  geschrieben. 
Im  Jahre  1900  wohnten  dort  u.  a.  Herzog  Ludwig,  Kultus- 
minister Landmann,  Ganghofer.  Gegenüber  (127)  liegt  das 
Gasthaus  zum  „weißen  Lamm'',  ein  gutes,  altes,  während 
der  Zwischenzeit  von  den  hiesigen  getreuen  Sommergästen, 
namentlich  von  den  Lehrern,  gern  besuchtes  Gasthaus.  Maler 
Hartmann  hat  darüber  nach  Raphael  das  Bild  „Der  reiche 
Fischfang''  gemalt.  „Honny  soit,  qui  mal  y  pense".  Die 
gute  Dedler-Mutter,  eine  grundbrave  Frau  und  Wohltäterin 
der  Armen,  ist  1920  gestorben;  Vater  Dedler,  ein 
Großneffe  Rochus  Dedlers,  hat  sein  Haus  dem  Sohne 
übergeben,  der  das  alte  Geschäft  im  Geiste  seiner 
Eltern  fortführt.  Hier  logierte  1 871  R  i  c  h  a  r  d  W  a  g  n  e  r, 
hielten  gelegentlich  Hofkapellmeister  Levi  und  Altmeister 
'der  Orgel,  Herzog,  ihre  Einkehr.  Nicht  weit  davon 
gegen  die  innere  Hauptstraße  zu  ist  das  Gasthaus 
„zum  Turm",  in  welchem  seinerzeit  der  Fürst  Albert  von 
Monaco  und  der  Kronprinz  von  Rumänien  Aufenthalt  nahmen. 

—  184  — 


Das  Haus  neben  dem  „weißen  Lamm^^  (126)  zeigt  wiederum 
sehr  gute  Fresken,  ebenso  wie  ein  anderes  im  Hintergrund 
gelegenes  Nachbarhaus  (129);  neu  ist  das  Haus  des  Schuh- 
machers BierHng,  doch  pietätvoll  das  alte,  originelle  Ge- 
mälde (Uebertragung  des  Hauses  Loretto  und  Fischpredigt 
des  hl.  Franziskus),  das  im  unteren  Geschoß  des  alten 
Hauses  sich  befand  und  mit  diesem  fiel,  wieder  durch  Maler 
Hartmann  getreulich  erneuert;  von  eben  demselben  stammte 
die  Freskomalerei  im  Gasthaus  zur  „Ambronia^^  Das  dortige 
Bild  fiel  der  Witterung  zum  Opfer  und  wurde  durch  ein  nicht 
gerade  glückliches  neues  ersetzt.  Der  Name  Ambronia 
stammt  von  einer  ehemaligen  Studentenverbindung  gleichen 
Namens;  in  der  „Ambronia^^  wird  vortreffliches  Weißbier 
verzapft.  Die  Söhne  des  früheren  Wirtschaftsbesitzers  Wolf 
fielen  dem  Kriege  zum  Opfer. 

Neben  der  „Ambronia'^  führt  eine  Seitengasse  zurück 
zur  Villa  des  verstorbenen,  bekannten  Schriftstellers  Josef 
Ruederer.  Seit  1903  lebte  er  hier  und  verweilte  dort  bis 
zu  seiner  Todeskrankheit.  In  den  Kofelwänden  baute  er  sich 
ein  Blockhaus,  wo  er  nach  dem  Ausspruch  seiner  Gattin 
seine  glücklichsten  Schaffensstunden  verlebte.  Diese  hat  in 
pietätvoller  Weise  sein  Arbeitszimmer  im  Hause  (93)  unter 
getreuer  Mitarbeit  von  Dr.  Schnoor  zu  einem  Gedächtnis- 
raum umgeschaffen,  den  sie  gern  zur  Besichtigung  öffnet. 
Treue  Liebe,  feines  historisches  Verständnis,  die  Verbindung 
des  dichterischen  Schaffens  und  der  Hausgeschichte  Ruederers 
und  seiner  feinsinnigen  Gattin  mit  der  Geschichte  und 
Tradition  Münchens  haben  einen  Raum  von  köstlichen, 
kulturhistorischen  Reizen  erstehen  lassen,  ein  Schmuck- 
stübchen  der  Biedermeierzeit,  der  Ruederer  zum  großen 
Teil  seine  Münchener  Dichtungen  entnommen  hat.  Das 
Haus  hat  selbstverständlich  in  und  außer  dem  Passions- 
jahre viele  illustre  Gäste,  besonders  Schriftsteller  gesehen; 
von  den  1910  er  Gästen  seien  der  König  von  Schweden, 
Fürst  Hohenlohe-Langenburg,  Geheimrat  Schwenninger  ge- 
nannt. Im  Nebenhause  (93  a)  wohnte  viele  Jahre  der  greise 
Präsident  Dr.  Ritter  v.  Haag,  von  dem  die  Dichtung  des 
in  Ammergau  gegebenen  sehr  schönen  Dramas  „Jephtas 
Tochter^^  stammt. 

In  dem  benachbarten  Hause  des  Bildhauers  und  Holz- 
händlers Mangold  (98)  wohnte  1880  Feldmarschall  Moltke. 

—  185  — 


Sebastian  Bauer,  Bürgermeister  a.  D. 


Bei  dem  Schuhmacher  Sepp  (121)  wohnte  der  Erzbischof 
von  Milwaukee  und  der  Vorstand  der  helHgen  Synode  von 
Riga.  Eine  treue  Seele  unter  den  ständig  alle  Jahre  wieder- 
kehrenden Gästen  Oberammergaus  war  dort  der  nunmehr 
in  Innsbruck  verstorbene,  frühere  itahenische  Professor  Ben- 
dazzi.  120  ist  das  Haus  des  Altbürgermeisters  Sebastian 
Bauer,  der  selbst  den  Pilatus  und  dessen  Tochter  die  Veronika 
spielte;  seine  Tochter  Anna  ist  die  gegenwärtige  Martha. 
Sein  Sohn  Hans  hat  die  Mariadarstellerin  Ottilie  Zwink 
geheiratet.  Er  wohnt  in  der  Nähe  auf  dem  Weg  zum 
Osterbühel  (121b).  Ein  sehr  tüchtiger  Schnitzer,  der  leider 
in  seiner  Arbeit  durch  ein  schwer  rheumatisches  Leiden  be- 
hindert war  und  im  Januar  1922  verstorben  ist. 

Haus-No.  107  ist  das  Heimathaus  der  Maria  vom  Jahre 
1900,  Anna  Flunger,  Enkelin  von  Tobias  Flunger,  jetzt  an 
den  Postboten  Bierprügel  verheiratet;  hier  schrieb  1S90  Wyl 
seinen  „Christus  Mayr^^,  wohnten  Professor  Thiersch,  Hein- 
rich Vogel  und  Emil  Rohde  und  vor  allem  weilte  dort  am 
meisten  Devrient;  dort  mochte  er  unter  der  prächtigen  Linde 
manche  Stunde  mit  dem  alten  Christusdarsteller  gesessen 
haben.  Von  dem  Flungerhause  sind  nur  wenige  Schritte  zum 
Hause  des  Schnitzers  Philipp  Veit  (105).  Hier  befindet  sich 
ein  Relief  unserer  Gebirgsgegend  vom  Isartal  bis  zum  Lech 
mit  der  Zugspitze  als  plastischem  Mittelpunkt  und  den 
Stubaier-  und  Oetztaleralpen  als  gemaltem  Hintergrund,  in 
einer  Größe  von  17  qm,  einem  Flächenmaße  von  1:10,000 
und  Höhenmaße  von  1 :  3400,  hergestellt  von  dem  Münchener 
Hauptlehrer  Leo  Marxer,  der  sich  nunmehr  hieher,  wo  er 
über  25  Jahre  seine  Sommererholungszeit  zubrachte,  gänzlich 
in  den  Ruhestand  zurückgezogen  hat.  Als  Orientierungs- 
punkt für  alle  Touristen  ist  dieses  Relief  vorzüglich.  Zur 
Erhaltung  desselben  ist  eine  bescheidene  Eintrittsgebühr  zu 
zahlen.  Marxer  fertigte  auch  solche  Reliefs  für  Schulen. 
Von  ihm  ist  auch  das  großartige  Relief  der  Münchner  Wasser- 
versorgungsanlage. Hinter  diesem  Hause  wohnt  der  Zimmer- 
palier  Rochus  Dedler  (105  b),  ein  direkter  Abkömmling  des 
Bruders  seines  für  Oberammergau  so  bedeutungsvollen 
Namensvorfahren;  hier  führt  der  Weg  zur  Schießstätte,  vom 
Relief  weg  ein  hübscher  Fußweg  zurück  in  den  oberen  Orts- 
teil. Wir  kehren  zur  Hauptstraße  zurück.  Im  Hause  des 
Schneiders   Leiß    (106)   wohnte  jahrelang   Herr   Hauptlehrer 

—  187  — 


Schnabel,  als  Pflanzen-Bakteriologe  in  weitesten  Naturfor- 
scherkreisen hochgeachtet.  Nach  dessen  Ausspruch  gibt  die 
hiesige  Gegend  für  all€  Botaniker  eine  hervorragende  Aus- 
beute, sie  sei  eine  botanische  Fundgrube  ersten  Ranges.  Die 
Tochter  des  Hauses  ist  eine  der  Hauptsängerinnen  unter  den 
„Schutzgeistern^^  Das  nächste  Haus  gehört  dem  Distrikts- 
tierarzt (111  b).  Die  daneben  sich  befindliche  frühere  Schnitz- 
schule (110  c)  wurde  1886  erbaut  und  dient  nunmehr  als  Teil 
der  Volksschule.  Vor  der  Schnitzschule  hat  sich  der  als 
Zeichner  und  Bildhauer  gleich  geschickte  Sohn  des  ehe- 
maligen Passionskassiers  Gustav  Hohenleitner,  namens  Ferdi- 
nand, ein  hübsches  Heim  gebaut  (106  e). 

Neben  der  Schnitzschule  ist  das  Kriegerwaisenheim,  das 
aus  einer  Anregung  des  Kommerzienrates  Guido  Lang  aus 
freiwilligen  Beiträgen  hervorgegangen  und  dessen  Verwal- 
tung   nunmehr    an    die    Stadt    München    übergegangen    ist. 

Von  der  Schnitzschule  weg  führt  der  Hillernweg  zum 
Lerchenbühel  empor;  von  der  Höhe  schaut  die  hübsche 
Villa  herab,  die  Frau  von  Hillern  erbaut  hat  (108).  Die 
V^illa  ging  in  mehrere  Hände  über  und  ist  nun  im  Besitze 
des  Kommerzienrates  Arnold,  der  in  Pasing  eine  große  Tuch- 
färberei  besitzt.  Derselbe  nimmt  an  den  Geschicken  Ober- 
ammergaus warmen  Anteil  und  tut  viel  für  die  Hebung 
des  Ortes  und  Unterstützung  aller  gemeinnützigen  Unter- 
nehmen. In  diesem  Hause  entstanden  die  letzten  Romane 
der  Frau  von  Hillern:  „Ein  alter  Streit^^,  „Der  Gewaltigste'^ 
und  „Der  Sklave  der  Freiheit'^  Frau  von  Hillern  sammelte 
in  ihrem  Hause  naturgemäß  viele  ihr  kongeniale  Persönlich- 
keiten um  sich.  Hier  hielten  Einkehr  Fastenrath,  der  Dar- 
steller der  Oberammergauer  Passionsspiele  in  der  spanischen 
Sprache,  Alfred  Meißner,  der  große  Kunsthistoriker  Dr. 
Xaver  Kraus,  Julius  Rodenberg,  Felix  Dahn,  Paulina  Lucca^ 
Felix  Nabor,  Hansjakob,  die  Herrschaften  fürstlicher  Häuser^ 
besonders  des  badischen  und  russischen  Hofes,  Angehörige 
des  Hochadels  und  der  Finanz,  darunter  Vanderbildt;  —  wer 
zählt  die  Häupter,  zählt  die  Namen? 

Unter  der  Villa  Arnold  befindet  sich  in  die  Felsen  ein- 
gesprengt das  Haus,  worin  der  ehemalige  getreue  Kastellan 
der  Frau  von  Hillern,  Thomas  Rendl,  Vater  des  Peter  Rendl 
und   Großvater   der  jetzigen   Magdalena,   trefflicher   Pilatus- 

—  18S  — 


und  Petrus-Darsteller  wohnte.  Ganz  am  Ende  des  Dorfes 
wohnt  sein  Nachfolger  als  Petrus,  Andreas  Lang,  welcher 
das  Heimathaus  Zeno  Diemers  bewohnt  (110  b),  wohin  sich 
dessen  Vater  aus  der  Großstadt  in  die  Einsamkeit  zurück- 
gezogen hatte. 

Es  ist  ein  echtes  Künstlerheim;  alles  ist  in  demselben 
entweder  mit  bildender  Kunst  oder  mit  Pflege  der  Musik 
beschäftigt.  Die  Schwiegermutter  Längs  und  Mutter  Zeno 
Diemers  stammt  aus  dem  Geschlechte  der  Iblherr,  welche 
als  die  ehemaligen  weitbekannten  „Wessobrunner  Meister'' 
die  Kirchen  der  ganzen  Gegend  mit  künstlerisch  vollendeten 
Stukkaturen  ausschmückten.  Frau  Luzie  Lang  war  ehemals 
meine  beste  und  treueste  Chorsängerin,  die  Tochter  Luzie  ist 
Schutzgeist,  der  Sohn  Theodor  ebenfalls,  Faust  der  rechte 
Schacher. 

Luzie  ist  eine  sehr  talentierte  Malerin,  besonders  von 
Blumen.  Sie  Heferte  die  Illustrationen  zu  Miß  Milners  „Life 
in  Oberammergau  its  flowers  and  Legends''.  Ihre  Bilder 
erregten  bei  der  letzten  Münchener  Kunstausstellung  im 
Glaspalaste  Aufsehen  und  wurden  vom  König  von  Bulgarien 
und  einer  ägyptischen  Prinzessin  angekauft. 

Die  Hauptstraße  führt  hier  nach  Ettal  weiter,  rechts 
zweigt  die  Straße  nach  Linderhof  ab.  Auf  der  Ettalerstraße 
befindet  sich  während  der  Passionszeit  eine  große  Auto- 
garage, die  für  200  Autos  Raum  bietet. 

Hinter  dem  Hillernschlößchen  steigt  der  Reinebichl  mit 
sehr  schönem  Rundblick  in  die  Höhe,  auf  ihm  weilte  Frau 
von  Hillern  manche  Stunde;  hinter  demselben  ist  die  Schieß- 
stätte. Wenn  wir  über  die  Ammerbrücke  gehen,  so  führt 
uns  ein  Fußweg  links  der  Ammer  den  ganzen  Korrektions- 
bauten derselben  entlang  mit  ihren  interessanten  Ablässen 
und  Fischsteigen  und  an  dem  Turnplatz  vorüber  bis  zur 
Brücke  beim  Hotel  Osterbichl.  Nahe  dieser  Brücke  befindet 
sich  Pension  Pöld  (121);  Frau  Pöld  ist  die  Tochter  Sebastian 
Längs,  ihre  Schwiegermutter  eine  nahe  Verwandte  des  Kar- 
dinals und  Kirchenhistorikers  Hergenröther.  Ueber  der 
Brücke  ist  das  Hotel  Osterbichl,  früher  das  Besitztum  des 
Chorführers  Johannes  Diemer  (131).  Hier  vollendete  Frau 
von  Hillern  ihren  Roman  „Am  Kreuz''.  Das  Haus  wird 
gegenwärtig  von    Herrn   Dr.    Jäger   geführt   und   soll   nach 

—  189  — 


dem  Passionsspiel  in  ein  Sanatorium  umgewandelt  werden. 
In  den  Anlagen  hinter  dem  Hotel  ist  das  „marokkanische 
Haus'^  Dasselbe  stammt  tatsachlich  aus  Marokko  und  wurde 
von  dort  anläßlich  der  1875  er  Ausstellung  in  Paris  aus- 
gestellt und  von  dem  ehemaligen  Eisenbahnkönig  Strous- 
berg  angekauft.  Aus  dessen  Besitz  erwarb  es  König  Lud- 
wig II.  und  stand  es  jahrelang  an  einem  einsamen  Platze 
des  Ammerwaldes.  Nach  dem  Tode  des  Königs  kaufte  es 
Johannes  Diemer  und  stellte  es  hieher,  wo  es  mit  seinen  im 
maurischen  Stile  gehaltenen  Gelassen  noch  allgemeines  In- 
teresse erweckt. 

An  der  Straße  zur  Kreuzigungsgruppe  ist  eine  Villen- 
kolonie entstanden.  Die  schweren  zyklopischen  Bauten  auf 
den  Hügeln  wirken  drückend  auf  die  ganze  Landschaft,  be- 
sonders auf  die  von  der  Höhe  niederschauende  Kreuzigungs- 
fgruppe.  In  dem  neben  dem  Hotel  befindlichen  Weiher  gibt 
es  Badegelegenheit.  Das  Bad  ist  milder  als  das  Ammerbad 
und  hat  sehr  schwefelhaltiges  Wasser.  Im  Weiher  ist  auch 
Schiffahrtgelegenheit.  Der  Schlüssel  zum  Bad  ist  in  der 
nahen  Waffenschmiede  zu  holen  (132).  An  der  Ammer 
entlang  führt  ein  hübscher  Fußweg  neben  einer  Reihe  neu 
erstandener  Villen  zurück  immer  abwärts  bis  zu  unserem 
Ausgangspunkte  bei  Hs.-No.  1  und  damit  ist  unser  Rund- 
gang vollendet. 

Jedermann  wird  sich  durch  den  Rundgang  und  bei 
den  Besuchen  der  einzelnen  Häuser  davon  überzeugt  haben, 
daß  das  Interesse  der  Oberammergauer  nicht  einseitig  im 
Spiel  allein  aufgeht,  sondern  das  weite  Gebiet  aller  bürger- 
lichen Interessen,  besonders  aber  das  der  Kunst,  des  Kunst- 
Igewerbes,  der  Malerei,  Bildhauerei  und  Literatur  einbezieht. 
In  jedem  Hause  fast  wird  er  sprachkundige  Personen  treffen, 
ein  Klavier  oder  mindestens  ein  anderes  Musikinstrument, 
guten  Wandschmuck  und  eine  meist  gutausgewählte  Biblio- 
thek. Die  Häuser  sind  behaglich  für  die  Fremden  einge- 
richtet, diese  sind  herzlich  willkommen  und  es  läßt  sich 
überall  gut  verweilen.  Manch  ein  Besuch  in  einem  Ammer- 
gauer  Haus  hat  zu  alljährlicher  Wiederkehr  und  Lebens- 
freundschaften geführt.  So  war  es  von  jeher  und  wird  es 
auch  diesesmal  wieder  sein. 

—  190  — 


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11.  KAPITEL. 

Oberammergaus  Umgebung. 

Ein  von  dem  Oberammergauer  Fremden-  und  Verschö- 
nerungsverein seinerzeit  herausgegebener  Ortsprospekt  sagt 
mit  Recht: 

„In  den  seltensten  Fällen  werden  die  Tausende  Fremden, 
welche  Oberammergau  während  der  Passionsspielzeit  be- 
suchen, die  Naturschönheiten  unseres  Dorfes  gewahr.  Wie 
sollte  dies  auch  möglich  sein? 

Denn  nur  für  kurze  Stunden  kommen  die  Besucher 
hieher  und  vor  der  zwingenden  Macht,  welche  das  Spiel 
ausübt,  verschwinden  die  Nebensachen  und  der  Fremde  be- 
trachtet Ammergau  nur  als  Stätte,  auf  welcher  mit  erschüt- 
ternder Wirklichkeit  das  erhabenste  Drama  zur  Darstellung 
gelangt.  Und  doch  ist  es  wert,  das  Dörfchen  in  landschaft- 
licher  Beziehung  ins  Auge  zu  fassen. 

Allen  jenen,  welchen  die  Umstände  nicht  erlauben, 
während  der  Passionsspielzeit  längeren  Aufenthalt  in  Ammer- 
gau zu  nehmen,  aber  auch  sonst  unsern  lieben  Freunden  aus 
Nah  und  Fern  möchten  wir  den  Rat  erteilen,  auch  in  anderen 
Zeiten  uns  aufzusuchen.  Da  werden  sie  dann  finden,  daß 
Ammergau  nicht  nur  ein  berühmtes  Passionsdorf  ist,  sondern 
auch  einen  idyllischen  Landaufenthalt  darstellt.  Wir  Vvollen 
in  der  folgenden  Skizze  alle  jene  Gesichtspunkte  aufführen, 
welche  den  Charakter 

O  b  e  r  a  m  m  e  rga  u  s  a  Is  S  o  m  me  rf  r  is  ch  e 
rechtfertigen.^' 

Und  in  der  Tat  hat  sich  Oberammergau  seit  1900  wach- 
send als  gern  und  immer  wieder  besuchter  Sommerfrischort 
eingeführt.  Seit  Jahren  haben  sich  hier  eine  Münchener 
Lehrerkolonie    und    eine    Offizierskolonie    eingebürgert;    daß 


—  191 


die  Mitglieder  derselben  alle  Jahre  immer  wieder  den  Ort 
aufsuchen,  ist  der  beste  Beweis,  daß  hier  gut  zu  weilen  ist 
und  daß  Ort  und  Umgebung  auch  für  längeren  und  blei- 
benden Aufenthalt  Reize  und  Anregung  bietet. 

Von  dem  ersten  landschaftlichen  Eindruck  des  Ortes 
sagt  genannter  Prospekt: 

„Wenn  wir  mit  der  Bahn  von  Kohlgrub  her  auf  dem 
Hochplateau  bei  Saulgrub  den  höchsten  Punkt  „der  elek- 
trischen Lokalbahn^'  und  damit  auch  jenen  der  bayerischen 
Bahnen  überhaupt  erreicht  haben,  öffnet  sich  unseren  Blicken 
der  ,,Ammergau^^  Der  Eindruck  ist  lieblich  schön:  im  Hinter- 
grunde die  zackigen  Rücken  des  Brunn-  und  Ammergebirges, 
links  das  Ettaler  Mandl,  in  der  Mitte  der  steile  Kofel  als 
Wahrzeichen  Oberammergaus  und  rechts  der  prächtige  Fels- 
kegel Klammspitz.  Ueber  die  saftig  grünen  Matten  der 
Berghänge  liegt  glänzendes  Sonnenlicht  und  dazwischen 
schimmern  einzelne  Almen  und  Häuser,  manche  so  zierlich 
anzusehen,  als  wären  sie  aus  einer  Spielschachtel  genom- 
men und  auf  den  grünen  Plan  gesetzt.^' 

Jeder  Schritt  des  Ortes  bietet  uns  andere  Bilder,  ob 
wir  von  Osten  oder  von  Westen  kommen:  von  Westen  von 
der  Kreisleine  aus  im  Vordergrund  das  Passionstheater,  im 
Hintergrund  der  Laber,  welcher  oft  des  Abends  mit  dem 
vollen  leuchtenden  Zauber  des  Alpenglühens  Übergossen  ist 
und  mit  dem  Durchblick  bei  der  Ettaler  Paßstraße  zu  den 
Esterbergen  und  dem  gewaltigen  Bergstock  der  Not,  von 
Osten  aus  die  ehemalige  Hillernvilla  im  Vordergrund,  das 
Dorf  mit  seiner  langen  sauberen  „Außergaß"  friedlich  dahin 
gelagert,  das  Tal  bis  nach  Unterammergau  und  weiter  hinaus 
von  dem  Kofel,  dem  Sonnenberg,  Zahn  und  Pürschling  und 
rechts  von  den  lieblichen  Hängen  des  Aufacker,  der  drei 
Reichen  und  des  Kohlgruber  Hörnle  eingesäumt.  Und  wenn 
wir  im  Norden  von  dem  ehemaligen  Lieblingsplätzchen  des 
Hochw.  H.  Geistlichen  Rates  Daisenberger  den  Ort  be- 
schauen, überschattet  ihn  das  Wahrzeichen  von  Oberammer- 
gau, der  Kofel  mit  seinen  Schroffen  und  Wänden;  stehen 
wir  aber  im  Süden  am  Fuße  der  Kreuzigungsgruppe,  dann 
liegt  der  Ort  mit  seinen  sauberen  Straßen  und  der  sich 
lieblich  dahinschlängelnden  Ammer  in  der  Vogelperspektive 
vor   uns.    Auch   im    Orte   selbst   haben    wir   überall   wieder 

—  192  — 


andere  liebliche  Bilder,  z.  B.  vor  dem  Gasthaus  zur  Post, 
beim  „Brunnenmetzger^^  (Weißes  Lamm),  von  den  Veranden 
des  Witteisbacher  Hofes  oder  des  Kommerzienrat  Lang- 
Hauses  oder  von  der  Veranda  des  Osterbühels.  Ueberall 
verschieben  sich  wieder  die  Kulissen  der  herrlichen  Natur- 
bühne, überall  ergeben  sich  wieder  andere  Gruppierungen 
der  Berge,  die  von  allen  Seiten  über  die  Dächer  der  freund- 
lichen Häuser  hereinschauen.  Wie  schön  ist  der  Ort  im  ersten 
Blütenschmuck  des  Frühlings,  wie  schön  sind  dann  die  Wald- 
höhen, wenn  das  erste  frische  Grün  des  Buchenlaubes  nach 
und  nach  immer  höher  ins  Tannendunkel  der  Berghöhen 
hinaufsteigt!  Wie  behaglich  ist  es  auf  den  Berghalden  zu 
weilen,  wenn  der  Wind  so  frisch  und  erquickend  durch  den 
Wald  rauscht  und  hunderte  von  Wässerlein  überall  her\^or- 
sprudeln,  während  draußen  im  Flachland  auf  allem  sengend 
die  Sonne  brütet,  wie  schön,  wenn  das  helle  Buchenlaub 
zur  Herbstzeit  noch  einmal  seine  Lichter  in  das  Walddunkel 
wirft  und,  wenn  draußen  im  Flachland  zu  Allerheiligen  oder 
Lichtmeß  wochenlang  feuchtdüsterer  Nebel  auf  Natur  und 
Gemüt  lastet,  spannt  sich  da  herinnen  ein  tiefblauer  Himmel 
über  das  sonnenbeschimmerte  Tal.  Ich  habe  öfters  um  diese 
Zeit  und  auch  noch  später  in  Oberammergau  im  Freien  zu 
Mittag  gegessen.  Allerdings  darf  man  nicht  im  Schatten  des 
Kofels  wohnen,  denn  dort  geht  von  Maria  Empfängnis  bis 
Lichtmeß  die  Sonne  nicht  mehr  auf,  einige  Wochen  zuvor 
und  danach  haben  diese  Hausbewohner  zweimal  Sonnen- 
aufgang, zum  erstenmal  um  zehn  Uhr,  gegen  11  Uhr  geht 
die  Sonne  hinter  dem  Kofel  vorbei  und  zum  zweitenmal  um 
1  Uhr,  wo  sie  auf  der  Westseite  wieder  hinter  dem  Kofel 
hervorkommt.  Wie  wunderbar  schön  aber  ist  es  an  Winter- 
tagen, wenn  sich  überallhin  die  saubere,  blendendweiße 
Schneedecke  ausbreitet  und  der  Rauhreif  auf  Bäumen  und 
Zäunen  gUtzert  wie  das  Lichterspiel  Tausender  von  Dia- 
manten. Von  der  zauberhaften  Schönheit  einer  Winternacht 
haben  aber  die  wenigsten  eine  Ahnung.  Ich  bin  einmal  in 
einer  Sylvestermitternacht  bei  Vollmondschein  mutterseelen- 
allein über  den  Ettaler  Berg  hinaufgegangen,  aber  ich  glaube, 
es  hat  noch  keiner  je  um  diese  Stunde  mit  solcher  innerster 
Ergriffenheit  irgendwo  sein  Entzücken  hinausgejauchzt  wie 
ich.   Der  Wintersport  hat  die  Schönheit  und  Gesundheitskraft 

—  193  —  13 


des  Bergwinters  erkannt  und  gerade  Oberammergau  ist  ti:i 
Hauptort  für  denselben  geworden. 

Die  Broschüre  „Oberammergau  im  Winter",  kostenlos 
zu  beziehen  durch  den  Wintersportverein  Oberammergau, 
gibt  das  Nähere  über  Touren-  und  Sportverhältnisse  an. 
Die  Umgebung  hat  ein  ideales  Skigelände,  das  rings  um  das 
Dorf  bis  zu  den  Gipfeln  des  Laber,  Pürschling  und  Aufacker 
reicht.  Sprunghügel-,  Eis-  und  Rodelbahnen  finden  sich  in 
nächster  Nähe  des  Ortes.  Die  1920/21  errichtete  neue 
Sprungschanze  nahe  dem  Orte  zählt  zu  den  größten  Sprung- 
schanzen des  Reiches  und  läßt  Skisprünge  weit  über  40  m  zu. 
Der  Wintersportverein  veranstaltet  Skikurse,  Skiführungs- 
touren und  vergnügte  Abende  mit  Konzerten,  Theater,  Vor- 
trägen, Lichtspielen  und  Tanz.  Für  sportliche  Ausrüstung 
ist  in  den  Geschäften,  besonders  im  Kaufhaus  Hermann  Rutz 
und  Lang  sei.  Erben  gesorgt. 

Aber  auch  den  Passionsspielbesuchern  ist,  wie  schon 
im  Geldkapitel  bemerkt,  zu  raten,  nicht  unmittelbar  nach 
dem  Spiele,  womöglich  noch  vor  dem  letzten  Halleluja  den 
Ort  zu  verlassen,  sondern  noch  einen  Tag  oder  ein  paar  Tage 
zu  verweilen.  Man  ist  sicher  da  im  Ort  mindestens  gerade 
so  gut  aufgehoben  als  an  irgend  einem  Nachbarort,  wohin 
sich  der  Fremdenstrom  wälzt.  Die  Hausleute  sind  gerne 
bereit,  das  Zimmer  noch  für  w^eitere  Nächte  preiswert  zur 
Verfügung  zu  stellen,  stände  es  sonst  ja  doch  bis  zum 
nächsten  Spiel  leer.  Und  man  hat  nach  dem  Spiel  viel 
elier  Gelegenheit,  Ort  und  Leute  kennen  zu  lernen,  als  an 
den  Spiel-  und  Passionstagen;  die  Spieler  gehen  nach  glück- 
lichem Gelingen  des  jeweiligen  Spieles  gerne  aus  sich  heraus 
und  geben  interessante  volks-  und  spielkundliche  Aufschlüsse. 
Und  dann  bieten  die  näheren  und  weiteren  Spaziergänge 
und  Ausflüge  viel  des  Schönen  und  zur  Erholung. 

I.    Nächste    Spaziergänge. 

1.  Zur  K  r  e  u  z  i  g  LI  n  g  s  g  r  u  p  p  e.  Vier  Wege,  a)  Von  der 
untersten  Aminerbrücke  nächst  dem  Bahnhof  weg,  auf  dem  vom 
Verschönerungsverein  angelegten  Spazierweg  links  der  Ammer  bis 
zur  nächsten  Brücke,  von  dort  dann  rechts  zum  Fußweg,  hübsch, 
aber  bei  nassem  Wetter  nicht  zu  empfehlen,  b)  Von  der  mittleren 
Hauptstraße  ab  zum  durch  seine  Wandgemälde  (Christus-Pilatus) 
erkennbaren  Doktor  Lang-Haus,  von  dort  über  die  zweite  Ammer- 
brücke;   Anschhiß    an    Weg    a.      c)    Von    der    äußeren    Hauptstraße 

-  194  — 


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bei  Schuhmacher  Sepp  rechts  in  die  Seitenstraße;  über  die  Brücl<e 
am  Hotel  Osterbichl  vorüber  auf  1875  schön  angelegtem  Prome- 
nadeweg zur  Kreuzigungsgruppe,  d)  Am  weitesten,  aber  schön- 
sten, lieber  die  Linderhofer  Brücke  unter  dem  Hiilernschlößchen 
auf  der  Hauptstraße  bis  zum  Bergvorsprung,  dann  in  kurzem, 
leichtem  Anstieg  zur  Ethikoshöhe.  (Ethiko,  der  sagenhafte  erste 
Bewohner  des  Ethikotals,  Ettals.)  Von  hier  immerwährend  den 
Berghang  entlang  auf  schön  gepflegtem,  aussichtsreichen  Gang- 
steig zur  Kälberplatte,  über  den  Viehweideweg  hinüber,  auf  schat- 
tigem Fußweg  weiter  zur  Grotte,  immer  gleicher  Richtung  unter 
dem  Kofel,  wo  dann  der  Waldweg,  nunmehr  nach  dem  Dichter 
Maximilian  Schmidt,  Waldschmidtweg  genannt,  etwas  ansteigt  zum 
Malerstein  und  dann  in  sanfter  Aufwärtsbewegung  und  in  weitem 
Bogen   bis   zur   Kreuzigungsgruppe  hinüberführt. 

Die  Kreuzigungsgruppe  ist  das  größte,  künstlerisch  aus- 
geführte Steindenkmal  Deutschlands.  Die  Gesanithöhe  beträgt  rund 
nio  m,  das  Kruzifix  allein  9  m,  die  Seitenfiguren  5V2  m;  es  wurde 
aus  Kelheimer  Marmor  gefertigi:  von  Bildhauer  Johannes  Halbig 
von  München.  Derselbe  ist  geboren  am  13.  Juli  1814  zu  Donners- 
dorf (Unterfranken);  von  ihm  stammen  zahlreiche  Statuen  in  der 
Befreiungshalle  bei  Kelheim,  Büsten  der  neuen  Pinakothek  in  A\ün- 
chen,  die   Emanzipationsgruppe  in  New-York. 

Die  Kreuzigungsgruppe  ist  ein  wahrhaft  königliches  Geschenk 
und  zwar  von  Seiner  Majestät  König  Ludwig  II.  anläßlich  seines 
Besuches  des  Passionsspieles  am  24.  September  1871.  König 
Ludwig  II.  nahm  lebhaftes  Gefallen  an  den  Passionsspielen  und 
empfing  mehrmals  Beteiligte  in  Audienzen;  bei  den  Bauten  in 
Linderhof  wurde  den  Oberammergauern  viele  Arbeit  zugewendet. 
Se.  Majestät  besuchte  auch  das  Uebungsschauspiel:  „Die  Grün- 
dung des  Klosters  Ettal"  von  Pfarrer  Daisenberger  und  schenkte 
der  Gemeinde  hiefür  das  Glasgemälde  Ludwig  des  Bayern,  welches 
nunmehr  im  Rathause  angebracht  ist.  Alle  Jahre  am  Geburts- 
tage Seiner  erlauchten  Mutter  kam  er  des  Nachts  hieher  und 
betete  an  den  Stufen  des  Denkmals,  in  tiefste  Andacht  versunken. 
—  Am  Freitag,  den  15.  Oktober  1875  war  die  feierliche  Enthüllung: 
Generalkapitän  Freiherr  von  La  Roche  als  Vertreter  seiner  Majestät 
nahm   die   Enthüllung  und   Erzbischof  Scherr  die  Weihe  vor. 

Auf  dem  Wege  zur  Kreuzigungsgruppe  hat  Reverend  John 
Henrv  Mac  Crackan,  erster  Rektor  der  amerikanischen  Kirche  in 
München,  am  21.  Juli  1907  auf  Wunsch  seine  letzte  Ruhestätte 
gefunden;    ein    einfacher   Tuffsteinaufbau   ziert   das   Grab. 

2.  Zur  Lourdesgrotte.  (i^  Stunde  oder  auch  bei  Ic  an- 
gegebenem Weg  in  34  Stunden.)  Nächster  Weg  beim  Schuhmacher 
Sepp  in  die  Seitenstraße  einbiegen,  über  die  Brücke,  dann  Fuß- 
weg links  der  Ammer  entlang  aufwärts  am  Stauwehr  vorbei  bis 
zum  Kofel;  hier  beim  Brückchen  am  Walde  rechts  den  Weg  hmauf; 
hier  die  Grotte.  Dieselbe  wurde  von  der  Familie  Schilcher  errichtet 
und  ladet  zu  stiller  Andacht  ein. 

3.  Zum  Bärenloch.  Die  Ettaler  Straße  bis  zu  den  großen 
Felswänden,  welche  die  Straße  zum  Umbiegen  zwingen;    kurz  zuvor 

—  195  —  ly 


links  abzweigend  Fußweg  zur  Höhe  in  eine  Felsenhöhle,  genannt 
„Bärenloch".  Von  derselben  grüßt  auf  'die  Straße  eine  Statue 
des  auferstandenen  Heilands.  Aus  der  Höhle  einen  schönen  Blick 
zu  dem  Kofel  hinüber. 

4.  S  t.  Gregor.  Durch  die  schönen  Gärten  der  Zwinkkolonie 
zum  Leinedamm,  in  der  Nähe  das  Krankenhaus;  an  der  Leine 
oder  auf  dem  Wiesenwege  zum  Bade  St.  Gregor.  Erfrischende 
Quellbäder,  Schlüssel  in  der  Restauration,  dort  auch  warme  Bäder, 
Restaurationsgelegenheit,  hübscher  Garten.  Weiter  oben  Kapelle, 
geweiht  St.  Gregor  als  Patron  gegen  Wassergefahr;  in  derselben 
Bild  des  früheren  Passionsspieles.  Während  der  Passionszeit  auch 
Zelebriergelegenheit,  Anmeldung  im  Pfarrhof.  —  Ueber  einen  Steg 
der  Leine  hinüber  zu  einem  kleinen  Hügel,  Lieblingsplätzchen  des 
Passionserneuerers  geistlichen  Rates  Daisenberger.  Dort  wurde  ihm 
von  seinen  Freunden  und  Schülern  eine  Eremitage  erbaut.  In  deren 
Nähe  die  Kuranstalt  Waldheim,  neben  derselben  Pflanzgarten  des 
Obstbauvereins.  Von  St.  Gregor  weitere  Wege  zu  Aufacker  und 
Laber  und  Paßweg  zwischen  denselben  über  das  ,, Bärenloch"  nach 
Eschenlohe. 

5.  H  i  II  e  r  n  w  e  g.  Benannt  nach  der  Dichterin  Wilhelmine  von 
Hillern,  geht  von  der  äußeren  Ettalerstraße  links  bei  dem  Krieger- 
waisenheim ab,  hinter  der  ehemaligen  Hillernvilla  zum  Reinebühel, 
an  demselben  oder  hinter  dem  Reinebühel  über  die  Schießstätte  zum 
Lärchenbühel;  von  hier  aus  weiter  zur  Ludwigshöhe  oder  am  Fuße 
des  Labers  hinauf  nach  St.  Gregor. 

6.  Ammerweg.  Die  Ettalerstraße  hinaus  zum  Holzplatz  und 
Turnplatz,    von   da   an   der   Ammer   entlang   bis    zur   Bahnhofstraße. 

7.  Zu  den  Kasten,  Weg  nach  Unterammergau;  nach  einer 
leichten  halben  Stunde  abzweigender  blaumarkierter  Weg,  Blick  von 
den  Kasten,  vorstehender  Bergkuppen  auf  Unter-  und  Oberammergau, 
Kappel  und  das  Pulvermoos  sowie  auf  den  gegenüberliegenden 
Bergzug. 

8.  Zum  Leyrenhof,  hinter  den  Zwinkhäusern  beim  Beginn 
des  Leinedamms  nach  Nordwesten  dem  Aufacker  zu,  auf  dessen  an- 
steigender Halde  der  Hof  schön  gelegen  ist. 

II.    Weitere    Ausflüge. 

Für  weitere  Ausflüge  ist  eine  genaue  übersichtliche  Orien- 
tierungstafel am  Rathausemgang  angebracht.  Die  Wege  sind  in  der 
Farbe  der  wirklichen  Markierungen  eingezeichnet.  Dieser  Tafel  sind 
nachfolgende  Touren   entnommen: 

Oberammergau:    Ettaler   Mandl,    Laberalpe,   Schartenkopf,    Laberjoch 
4  Stunden. 

Ettaler  Mandl,  über  Bärenbad-Soile  23/4  Stunden. 
„  „        Abstieg   nach   Ettal   li/o  Stunden. 

Aufacker,  direkt  2io  Stunden. 

„  über  Bärenbad  4  Stunden. 

direkt  Hörndle  41/2  Stunden. 

„  „        Kohlgrub   6   Stunden. 

—  196  — 


Oberammergau:  direkt  Hörndle  Unterammergau  6  Stunden. 
„  Eschenlohe  über  Bärenbad. 

„  direkt  Kofel  II2  Stunden. 

Teufelstättkopf  und  Kolbenalpe,  Pürschling  33/4  Std. 
„  „  und   Kofel  41/2  Stunden. 

Pürschhng,  Abstieg  nach  Unterammergau  2  Stunden: 
„  „  „      Linderhof  2  Stunden. 

„  Sonnenspitz,  Graswang  334  Stunden. 

„  Notspitze  5   Stunden. 

Kreuzspitze,   Eimau,  Kuchelberg  6  Stunden. 
„  Hochplatte  6  Stunden. 

„  Klammspitze,  Linderhof,  Brunnenkopt  6  Stunden. 

„  „  PürschHng  61/2   Stunden. 

Höhenangabe  der  Berge. 
.Ort  selbst  841  m,  Kofel  1342  m,  Not  1889  m,  Zahn  1620  m,  Pürsch- 
ling   1566    m,    Ettaler   Mandl    1639    m,    Laberjoch   1683   m,    Scharten- 
kopf 1634  m. 
Besonders   lohnende   Partien   sind: 

9.  L  a  b  e  r.  Ettaler  Mandl.  Den  gleichen  Weg  (Nr.  4), 
aber  dann  nicht  im  Tal  bleiben,  sondern  an  dem  serpentinenartig 
laufenden  Weg  aufwärts;  längere  Zeit  dann  eben  weiter  bis  zu  einem 
Feldkreuz,  dann  abwärts  zu  den  Schwaigen  (Bauernhöfe)  und  nach 
Eschenlohe  oder  rechts  aufwärts  zum  Laber  und  noch  weiter  rechts 
zum  sogenannten  Soilesee.  —  Auf  den  Laber:  Zurück  zur  Laber- 
hütte, dann  Laberjoch  1683  m  oder  von  der  Laberhütte  weg  zur 
Laberscharte.  Blick  auf  Ettal,  Ober-  und  Unterammergau,  das  Gras- 
wangtal bis  Linderhof.  Das  Unterkunftshaus  in  der  Laberscharte  ist 
Eigentum  der  Alpenvereinssektion  Starnberg  und  wird  sehr  gut  be- 
wirtschaftet. .,  . 

Der  gleiche  Anfangsweg  für  das  Ettaler  Mandl;  jedoch  eben 
weiter  zum  (häufig  ausgetrockneten)  Soilesee,  von  da  weiter  zum 
Ettaler  Mandl;  letzte  Partie  nur  für  geübte  Bergsteiger. 

Kobell  hat  das  Ettaler  Mandl  besungen: 

„'s  Ettaler  Mandl   ist  groß   und  stark. 
Hat  in  die  Fuß  a  beinems  Mark, 
Kümmert  si'  not  um  Wetter  und  Wind, 
Is  a  wahrhaftigs  Felsenkind." 

10.  Aufacker.  Von  der  Zwinkkolonie  etwas  nach  links  über 
die  Wiesen,  anfangs  ziemlich  steil,  dann  aber  langsam  aufwärts.  An 
die  hnke  Bergführung  halten,  oben  aber  nach  rechts.  Schöner  Blick 
in  die  oberbayerische  Hochebene.  Ammer-,  Starnberger-,  Staffel-  und 
Riegsee,  Weilheim,  Murnau,  Benediktbeuern,  21/2  Stunden.  Das  gleiche 
Panorama  hat  man  von  den  drei  Hörnle,  den  sich  nach  Nordwest 
anschließenden  Bergausläufern,  welche  besser  von  Unterammer- 
gau oder  Kohlgrub  aus  bestiegen  werden. 

11.  Not.  Von  der  Ettaler  Mühle  aus  Jagdsteig.  Am  Schlüsse 
Vorsicht,  sich  nicht  in  den  Legföhren  vergehen;  zweiter  Weg  Linder- 
hofstraße links  zur  Dickelschwaige,  zur  sehr  hübschen  Gießenbach- 
klamm  auf  dem   Gießenbachsteig  weiter.    Aussicht  auf  das  Wetter- 

—  197  - 


stcingcbirge  und  ins  Flachland  bis  zum  Lechtal.    5  Stunden;  nur  für 
ausdauernde  Steiger. 

12.  Kofel,  Pürschling,  Brunnenkopf.  Vom  Ort  weg 
wie  Partie  2  beim  Schuhmacher  Sepp  in  die  Gasse  gegen  die  Ammer 
zu  einbiegend  über  die  Ammerbrücke,  links  Fußweg  weiter,  immer 
links  zur  „Kälberplatte'',  dann  rechts  zum  höchsten  Punkt  des 
Wiesenflecks,  Serpentinenweg,  oben  weiter  gerade  aus  zum  Pürsch- 
ling und  Brunnenkopf  auf  schönem  Weg,  oder  rechts  zur  „Kofel- 
küche" (woher  der  Sage  nach  das  ^, Kofelweib"  die  neugebornen 
Kinder  zu  Tal  bringt),  dann,  am  Rücken  des  Kofels  aufwärts,  Draht- 
seile benützen.  Kurze  Partie  (If  4  Stunde),  aber  am  letzten  Teile  nur  für 
Schwindelfreie.  Aussicht  unterwegs  und  oben  verhältnismäßig  gering, 
nur  ins  Ammertal;  Oberammergau  von  der  Vogelperspektive,  i^ürschling 
1560  m;  herrlicher  Blick  auf  Linderhof,  den  Kuchelberg,  die  rauhen 
Wände  und  Zugspitz.  Flachland  geringer  Ausblick.  Die  Unterkunfts- 
häuser  auf  dem  Pürschling  sind  Eigentum  der  A.-V.-S.  Bergland. 
Uebernachtungsgelegenheit  und  gewissenhafte,  durch  die  A.-V.-S, 
sorgsam  geregelte  und  überwachte  Verpflegung.  Das  Pürschlinghaus 
war  öfter  von  König  Ludwig  IL  besucht,  später  Jagdhaus  im  Revier 
des  Prinzregenten  Luitpold. 

Ein  Weg,  blau  markiert,  führt  südwestlich  hinab  nach  Linder- 
hof. Die  Grattour  wird  fortgesetzt  durch  Besteigung  des  Teufels- 
stättkopfes, 1753  Meter,  direkt  im  Westen  vom  Pürschling.  In 
gleicher  Richtung  dann  absteigend  und  einen  großen  Kessel  links 
umgehend,  erreicht  man  bald  auf  teils  grasigen,  teils  latschenbewach- 
senen Hängen  den  Hennenkopf  (Westgipfel  1768  Meter),  der  sich 
gerade  über  dem  Schlosse  Linderhof  erhebt.  Rechts  unten  aus- 
gedehnte Waldungen,  das  Gebiet  des  „Wilden  Jägers".  Links  ab- 
steigend, kommt  man  zum  Verbindungsweg,  der  vom  Pürschling- 
Jagdhaus  auf  der  Südseite  unterm  Kamme  zum  Brunnenkopf-Jagdhaus 
führt.  Diesen  Weg  wird  man  auch  benützen  müssen,  wenn  aus  jagd- 
lichen Gründen  der  Teufelsstättkopt  gesperrt  ist,  oder  falls  es  sich 
bewahrheitet,  daß  er  überhaupt  mit  Stacheldraht  vollständig  abge- 
sperrt ist.  Auch  das  Jagdhaus  am  Brunnenkopf  hat  eine  entzückende 
Lage  mit  Aussicht  zur  Kreuzspitze  und  den  Trauchgauerbergen.  Es 
wird  überragt  vom  schmalen,  grasigen  Hörnchen  des  Brunnen- 
k  o  p  f  e  s,  ca.  1700  Meter.  Vom  Jagdhaus  geht  es  um  das  Hörn 
links  herum  und  westlich  ins  Wintertal,  das  man  in  seinem  Schlüsse, 
einem  gemsenreichen  Kessel,  umgeht.  Steige  oder  besser  Steig- 
spuren führen  zum  Grat  —  aus  grasigen  Schroffen  bestehend 
—  und  auf  diesem  zum  Gipfel  der  Klammspitze,  1918  Meter, 
2  Std.  vom  Jagdhaus.  Abstieg  ins  Ammergries  südlich  nicht  zu 
empfehlen.  Er  ist  nicht  nur  schwierig  und  schwer  findbar,  er 
führt  auch  in  ein  zwar  noch  bayerisches,  aber  jenseits  der  Grenz- 
wache gelegenes  Gebiet,  was  besonders  paßlosen  Touristen  Unan- 
nehmlichkeiten -bereiten  könnte.  Also  lieber  zurück  zum  Brunnen- 
kopf-Jagdhaus. Hier  leitet  ein  gutgepflegter  Reitweg  hinab  in  den 
Schloßpark  von  Linderhof.  Vom  Forsthaus  gibt  es  Fahrgelegenheit 
nach  Oberammergau.  Eine  herrliche,  allerdings  stramme,  10—11  stün- 
dige Tour,  die  sich  nur  für  die  langen  Tage  des  Frühsommers  eignet. 

—  198  — 


13.  Unterammergau  —  Pürschling.  (Beschreibung  von 
Unterammergau  siehe  Kap.  Q  Fahrt  nach  Oberammergau.  Von 
Unterammergau  über  die  Schleifmühlen  (vom  Ptarrhot  Unterammer- 
gau weg  links)    schattiger  Reitweg  zum   Pürschh'ng. 

14.  Unterammergau,  Altenau  und  K  o  h  I  g  r  u  b.  An 
„Kappel"  vorbei,  Wurmannsau,  Hnks  seitwärts  Abzweigung  nach 
Altenau,  von  dort  nach  Nogg  oder  auf  dem  Fußweg  über  die 
Ammer  zur  Staatsfohlenanstalt  Acheleschwaig,  von  Acheleschwaig 
abwärts     I4     Stunde    zu    den     Elektrizitätswerken;     rechts     Fußweg 


(Zeiger  angeben)   über  Krackenau  direkt  zum  Bade  Kohlgrub, 
liehe  Ausblicke  auf  dem  ganzen  Weg. 


Herr- 


Die  Rahmbauern  (1  Stunde  von  Oberammergau) 


15.  Ob  e  r  amm  erg  au  —  Linde  r  h  of.  21/2  Stunden.  Hohen- 
schwangau  und  Neuschwanstein.  Staatsstraße  über  die  Kälber- 
platte (siehe  Kofelpartie),  jedoch  wieder  abwärts  zur  Staatsstraße, 
dann  neuerdings  Waldweg  rechts  über  Rahm  (Rahmbauern) 
oder  auf  der  Straße  weiter;  bei  der  Kreuzung  der  Staats- 
straße rechts.  (Links  später  Abzweigung  zur  Dickelschwaige 
(siehe  Notpartie  Nr.  7),  Graswang,  gutes  Gasthaus,  weiter 
nach  Linderhof.  Rechts  der  Sonnenberg  mit  Blick  auf  den 
Zahn  und  Pürschling  mit  dem  Königshaus;  links  Not,  Frieder, 
Kuchelberg.  Zwischen  letzteren  Durchblick  zur  Zugspitze,  vorge- 
lagert die  Rauhköpfe;  hier  durch  über  die  vordere  Elmau  nach 
Griesen.    Geradeaus  nach  Linderhof.    Forsthaus  (Restauration)  echtes 


199  — 


^ 


weidmännisches  Heim,  in  dem  der  Wildbraten  zum  Tiroler  Spezial 
vorzüglich  mundet.  Gute  Gelegenheit  zum  Uebcrnachten.  Auch 
im  Winter  lohnt  sich  ein  Ausflug  hieher  nicht  nur  wegen  dem 
imposanten  Bild  der  großen  Wintereinsamkeit  in  den  Bergen,  son- 
dern auch  wegen  der  in  der  Nähe  des  Forsthauses  stattfindenden 
Wildfütterung,  welche  oft  bis  zu  100  Stück  Hochwild  vertraulich 
zu  Tal  führt.  —  Fünf  Minuten  vom  Forsthaus  Brücke  über  das 
Lindergries,  dann  links  zum  Verwalterhaus,  rechts  zum  Schloß. 
Im  Verwalterhaus  ebenfalls  sehr  gute,  den  höchsten  Ansprüchen  ge- 


Schloß Linderhof 


nügende  Verpflegung  und  Unterkunft.  Postanstalt  und  Billetten- 
schalter. An  letzterem  erhält  man  die  Eintrittskarten,  3  Mk.,  für 
Besichtigung  des  Schlosses,  der  Grotte  (Beleuchtung  bei  Lösung 
von  wenigstens  zehn  Eintrittskarten)  und  des  Kioks.  Die  Wasser- 
werke springen  nur  (1/4  Stunde)  um  12  Uhr  und  abends  1/26  Uhr. 
Schönster  Anblick  beim  Gehen  der  Wasserwerke  von  der  vorderen 
Terrassenhöhe   aus. 

Das  Schloß  ist  eine  Nachahmung  von  Klein-Trianon  in  Ver- 
sailles, im  Rokokostil  1869—78  von  Dollmann  erbaut,  mit  schönen 
Gartenanlagen    von    Effner.      Der    Bau    läßt    erkennen    die    Vorliebe 


200 


König  Ludwigs  II.  für  die  künstlerischen  Schöpfungen  Ludwig  XIV. 
und  Ludwig  XV.;  die  Grotte  seine  Begeisterung  für  die  Romantik 
Richard  Wagnerscher  Muse.  Die  Hauptfassade  ist  mit  Statuen  ge- 
schmückt, am  vorspringenden  Mittelbau  sind  drei  vergoldete  Gitter- 
tore, darüber  eine  Viktoria,  dann  das  bayerische  Wappen,  zu  oberst 
Atlas  mit  der  Weltkugel.  "Die  Eintrittshalle  enthält  die  eherne 
Reiterstatue  Louis  XIV.;  an  dei^  Decke  eine  Sonne  mit  der  Inschrift 
„nee  pluribus  impar"';  im  prächtigen  Treppenhaus  steht  eine  von 
Napoleon  III.  geschenkte  blaue  Porzellanvase  mit  Malerei  (Esther) 
aus  Sevres.  Die  marmorne  Doppeltreppe  führt  in  den  1.  Stock. 
Vor  dem  Schlosse  ein  großes  Bassin  mit  Fontäne,  umstanden  von 
den  Statuen  der  Jahreszeiten,  in  seiner  Mitte  die  vergoldeten  Zink- 
istatuen  der  Flora  mit  Amoretten,  rechts  eine  prachtvolle  Linde, 
der  terrassierte  Hügel  ist  mit  Löwen  und  Nixenbrunnen  ausgestattet 
und  einer  Felsennische  mit  der  Büste  von  Marie  Antoinette;  hier 
befindet  sich  nun  die  Statue  Seiner  Majestät  König  Ludwigs  IL, 
von  Amalie  Ney  modelliert,  von  Frosch  in  Marmor  ausgeführt.  Diese 
Statue  ist  künstlerisch  hervorragend  gearbeitet,  zeigt  aber  den  König 
in  der  schmächtigen  hageren  Figur  seiner  ersten  Regierungszeit; 
dieselbe  läßt  die  imposante,  fast  riesenhafte  Gestalt  der  späteren 
Zeit  nicht  entfernt  ahnen;  oben  ein  Rundtempel  (Monopteros)  mit 
3  m  hoher  Marmorstatue  der  Venus  von   Hautmann. 

Hinter  dem  Schlosse  der  Neptunsbrunnen  und  Kaskade  mit 
breiten  Terrassenabsätzen.  Zehn  Minuten  vom  Schloßeingang  rech- 
ten Laubgang  hinauf,  die  Grotte  mit  kleinem  See,  auf  dem  ein  Lohen- 
grinkahn,  im  Hintergrunde  Gemälde  von  Heckel:  Tannhäuser  im 
Venusberg.  Maurischer  Kiosk,  Malachitvasen,  Pfauen,  deren  Schweife 
aus  Edelsteinen  und  Perlen.  Die  Pfauen  wurden  vor  einigen  Jahren 
gestohlen,  die  Diebe  aber  auf  der  Flucht  über  die  Tirolergrenze 
ertappt. 

Vor  man  an  das  Schloß  kommt,  ist  seitwärts  auf  dem  Wege 
zum  Verwalterhaus  das  Jagdhaus,  in.  welchem  Se.  Kgl.  Hoheit  Prinz- 
regent Luitpold  von  Bayern  und  hochdessen  Söhne  während  der 
Kgl.  Hofjagden  Aufenthalt  nahmen.  Prinzregent  Luitpold  bewohnte 
auf  seinen  häufigen  Jagdbesuchen  niemals  die  Prunkräume  des 
Schlosses. 

Von  Linderhof  führt  der  Weg  bald  in  den  stillen  Ammerwald, 
dessen  „Schweigen  des  Waldes"  auf  jedes  tiefe  Gemüt  einen  er- 
hebenden Eindruck  macht;  I1/2  Stunden  von  Linderhof  entfernt  unweit 
der  Straße  (durch  Zeiger  markiert)  ist  das  von  König  Ludwig  IL 
erbaute  und  oft  besuchte  Hundingshaus,  eine  altgermanische  Hütte, 
wie  eine  solche  der  aus  der  Walküre  bekannte  Hunding  mit  seiner 
Sieglinde  nach  der  Sage  bewohnt  haben  soll.  In  der  Nähe  liegt  die 
Eremitage,  der  Einsiedelei  des  Gralsritters  Gurnemanz  nachgebildet. 
In  der  Nähe  des  Hundingshauses  ist  die  Grenze  zwischen  Bayern 
und  Tirol.  Beim  Austritt  aus  dem  Walde  gelangen  wir  zu  dem 
Hotel  „Ammerwald"  sowie  zum  Plansee.  Lange  Zeit  hindurch 
wäre  diese  ganze,  an  Naturschönheiten  so  reich  ausgestattete  Gegend 
auf  der  Grenze  zwischen  Bayern  und  Tirol  unbekannt  geblieben, 
wenn    nicht    weiland    Se.    Majestät    König    Ludwig    IL    von    Bayern 

—  201  — 


den  ganzen  Reiz  derselben  mit  seiner  poetischen,  träumerischen 
Seele  erfaßt  und  durch  seine  Bauten  den  märchenhaften  Zauber 
vergangener  Zeiten  wieder  lebendig  gemacht  hätte.  Von  hier  führen 
zwei  Wege  weiter: 

a)  Plansee  mit  dem  gänzlich  renovierten  komfortablen  ,, Hotel 
Forelle"  ist  der  willkommenste  Rastplatz,  eine  günstige  Mittag-  und 
Nachtstation  zwischen  den  Königsschlössern  in  Linderhof  und  Neu- 
schwanstein (s.  Inserat);  dem  See  entlang  nach  Hotel  Seespitz,  links 
Fußsteig  zum  Haiterwangersee  und  nach  Haiterwang  li/i  Stunde 
oder  am  kleinen  Plansee  über  den  Archbach  zur  Kapelle,  rechts 
Fußsteig  zu  den  50  m  abstürzenden  Stuibenfällen,  von  den  Fällen 
nordwestlich  am  Archenbach  entlang  zur  Papiermühle,  dann  links,  in 
der  Nähe  rechts  der  kleine  Urisee,  nach  Mühl,  von  dort  nach  Reutte 
(1  Stunde)  oder  vom  unteren  Stuibenfall  auf  die  Landstraße,  an 
Bad  Kreckelmoos  vorüber  nach  Reutte  und  Breitenwang  lio  Stunden, 
dann   weiter  nach   Hohenschwangau,   —   oder   — : 

b)  von  der  Ammerwaldhütte  weg  über  den  Schützensteig  zur 
Pöllatschlucht  mit  der  Marienbrücke,  von  hier  aus  wundervoller 
Blick  auf  Neuschwanstein.  Dorthin  weiter  oder  zuerst  herab  nach 
Schloß  Hohenschwangau,  von  König  Max  II.  neu  erbaut. 
Hier  führte  König  Max  IL  den  russischen  Zaren,  nachdem  beide 
nachts  angekommen  waren,  auf  dert  Balkon,  um  von  dort  im  ersten 
Morgenglanze  das  herrliche  Panorama  mit  dem  Hopfen-,  Schwan- 
und  Bannwaldsee  auf  ihn  wirken  zu  lassen.  Der  Zar  aber  seufzte 
auf  und  sagte  nur:  „Diese  Berge  würden  mich  erdrücken."  Hier 
nahm  der  unglückliche  letzte  Hohenstaufe  Konradin  Abschied  von 
seiner  Mutter  vor  seinem  Todeszug  nach  Neapel.  Hier  verlebte 
Ludwig  IL  an  der  Seite  seines  Bruders  Otto  und  seiner  Mutter 
Maria  seine  Jugendtage;  inmitten  der  Lohengrinbilder  Chr.  Rubens, 
Rogers  und  Quaglios,  den  Fresken  Schwinds  aus  der  bayerischen 
Geschichte  und  den  Dichtungen  Tassos  etc.  ging  Ludwig  IL  zum 
erstenmal  die  ganze  Pracht  der  Ritterzeit  und  Minnesängerzeit, 
der  ganzen  deutschen  und  romantischen  Sage  auf.  Wer  Neu- 
schwanstein besucht,  möge  nicht  versäumen,  sich  auch  zuvor  das 
alte   Schloß   zu   besehen. 

N  e  u  s  ch  w  a  n  ;s  t  e  i  n,  zugänglich  vom  14.  Mai  bis  15.  Ok- 
tober, 9—12  und  2—6  Uhr,  Sonntags  nur  10—12;  13.  Juni  geschlossen; 
Eintrittskarte  3  Mk.  im  Torbau  des  Schlosses.  Das  romantische, 
imposante  Schloß  liegt  über  der  wilden  Pöllatschlucht  auf  jähem 
Felsvorsprung,  1008  m  ü.  M. 

Der  Bau  wurde  auf  den  Ruinen  der  alten  Burg  1869—86  nach 
den  Plänen  von  Dollmann,  Jank  und  Riedel  unter  Berücksichtigung 
der  Wünsche  Ludwig  IL  im  spätromanischen  Stil  ausgeführt  und 
bietet  von  allen  Seiten  einen  großartigen  Anblick.  Das  Material  ist 
Ziegel  mit  Marmorquadern  bekleidet  und  Sandstein  an  den  Fassaden. 
Eine  Zugbrücke  geleitet  in  den  von  zwei  Türmen  flankierten  Tor- 
bau zum  untern  Burghof  (ihm  gegenüber  die  Fundamente  des  Burg- 
friedens), Steinstufen  führen  in  den  obern  Burghof,  rechts  das  Ritter- 
haus, Hnks  die  Kemenate  (für  das  Hauswesen  und  die  fürstlichen 
Frauengemächer),  an  der  Frontseite  des  Pallas,  das  Herrenhaus 
(der  eigentliche  Burgsitz)  mit  den  Repräsentationssälen,  zwei  Seiten- 

—  203  — 


türmen  und  dem  63  m  hohen  Treppenturm.  Der  Pallas  ist  ein 
fünfgeschoßiger,  marmorbekleideter  Ziegelbau,  an  der  Front  des 
JII.  Stockwerkes  mit-  zwei  turmartigen  Erkern,  im  IV.  Stock  sind  an 
die   Seiten   des    Balkons   die   Schutzheiligen   der   Burg:   die   hl.    Maria 


Schloß  Neuschwanstein 

und  St.  Georg  gemalt,  den  First  des  Dachgiebels  krönt  der  (kupferne) 
bayerische  Löwe;  an  der  Rückseite  zeigt  der  II.  und  III.  Stock 
eine  vorspringende  Loggia  mit  vergoldetem  Dache.  Im  ifrdgeschoß 
befindet  sich  die  Küche.  Durch  den  Treppenturm  gelangt  man  zu 
den   Königsgemächern. 

—  204  — 


Von  Hohenschwangau  bezw.  Neuschwanstein  nach  Füssen  am 
Lech.  Bahn:  Füssen— Buchloe— München  oder  Augsburg,  oder  über 
Steingaden  (Wies)  nach  Oberammergau  zurück;  oder  auch  Wies, 
Rottenbuch,   Schongau    Landsberg   und   weiter. 

16.  Oberammergau  —  Ettal  —  Oberau  —  Parten- 
kirchen. Staatsstraße;  durch  die  sogenannte  Außergasse  (Ettaler- 
Straße)  hinaus  (nicht  versäumen,  das  Relief  der  hiesigen  Gebirgs- 
gegend zu  besichtigen);  auf  der  Straße  Ettal  bleiben,  sich  nicht 
durch  die  scheinbare  Abkürzung  durch  die  Linderhofstraße  verführen 
lassen;  am  Fuße  des  Labers  („Bärenhöhle")  vorbei;  großer  Stein- 
bruch an  der  Kapellenwand,  aus  welchem  der  Marmor  zum  Ausbau 
der  Ettaler  Kirche  gewonnen  wird.     Rechts  die  Ammer,  schöner  Blick 


Kloster  Ettalj 

ins  Graswangtal,  abschließend  die  Kreuzspitze  und  Klammspitze  (im 
Volksmunde  mittlere  Partie  ein  Sarkophag  mit  der  Leiche  Max  L), 
links  die  Not.  Bei  der  letzten  Umbiegung  wird  die  Kuppel  der 
Ettaler    Kirche    sichtbar. 

Ein  früherer  Besucher  Ettals  wird  überrascht  sein,  wenn  er 
auf  einmal  die  Klosterbauten  in  neu  erstandener,  jetzt  erst  voller 
Pracht  erblickt.  Wieviel  hat  sich  da  seit  1900  geändert  und  wieviel 
wiederum  seit  1910.  1900  lagen  noch,  seit  dem  Säkularisationsjahr 
1803,  da  man  drei  Tage  die  Bücher  der  Klosterbibliothek  auf  einem 
lichterhohen  Scheiterhaufen  verbrannte,  die  Kapitale  für  die  Fassade 
auf    dem    Boden;     heute    ist    die    Fassade    ausgebaut,    zwei    Türme 


205 


flankieren  sie  und  hinter  dem  neuen  versteckt  sich  der  alte  roma- 
nische Glockenturm  des  Kirchenurbaues  in  schüchterner  Verlegenheit. 

Die  Fassade  der  Kirche  war  allerdings  schon  durch  das  Ent- 
gegenkommen der  Landesregierung,  die  große  Mittel  bewilligte, 
nahezu  in  den  Jahren  1898-1900  fertiggestellt  worden.  Der  neue 
Turm  entstand  erst  1905;  indes  muß  gesagt  werden,  daß  auch  er 
nicht  die  Eleganz  und  Leichtigkeit  der  Laterne  der  Mittelkuppel 
erreicht,  wenn  er  auch  viel  stilvoller  gehalten  ist  als  der  Notbau  des 
älteren   Hauptturmes. 

Noch  mehr  wird  man  aber  staunen,  wenn  man  die  übrigen. 
Bauten  betrachtet  und  was  aus  diesen  seit  1900  geworden.  Ein 
Ostflügel  von  100  m  und  ein  Südflügel  von  80  m  Länge  wurden  an 
die  Flankenflügel  der  Kirche  angebaut.  Der  Südflügel  ist  der 
Prälatenbau,  der  dem  Kloster  nach  der  Landstraße  nach  Oberau 
hin  ein  ganz  neues  Ortsbild  gibt.  In  der  Mitte  dieses  Südflügels, 
neben  der  Abtei,  ist  die  Chorkapelle. 

1913  wurde  der  Neubau  des  Gymnasiums,  ein  dreistöckiger 
Prachtbau  aufgeführt  mit  praktisch  angelegtem  Turn-  und  Festsaal, 
neuzeitlichen  Räumen  für  Physik-  und  Chemieunterricht  und  einer 
heizbaren  Kapelle  in  frühchristlichem  Stil,  der  sich  hier  vom  um- 
gebenden Rokoko  als  angenehme  Unterbrechung  abhebt.  Das  alte 
Bräustübl  mußte,  nachdem  es  schon  vor  1910  an  die  Eingangsfront 
verlegt  worden  war,  neuerdings  den  Neubauten  weichen.  Es  bheb 
nunmehr  nur  der  schon  1619  erbaute  Klostergasthof  an  der  Haupt- 
straße  übrig   mit   großem   Saalanbau. 

Reichsrat  von  Cramer-KIett  hatte  1900  den  Bau  von  dem 
Grafen  Pappenheim  erworben  und  an  die  Benediktiner  wieder  ver- 
kauft. In  hochherziger  Weise  stand  er  denselben  zur  Wieder- 
einrichtung des  Klosters  bei,  und  so  war  es  möglich,  daß  das  Kloster 
gerade  hundert  Jahre  nach  Aufhebung  in  größerer  Pracht  denn  je 
wieder  aus  dem  Boden  gewachsen  war.  Bei  Wiedererrichtung  des 
Klosters  war  es  ein  Priorat  des  Klosters  Scheyern,  seit  7.  Juli  1907 
ist  es  wiederum  Abtei.  Die  Abteikirche  wurde  durch  päpstliches 
Breve  vom  24.  Febr.  1920  zur  päpstlichen  Basilika  erhoben;  sie 
kommt  im  Range  der  Heiligkreuzkirche  in  Rom,  den  Wallfahrts- 
kirchen von  Altötting,  Vierzehnheiligen,  Assisi  und  Lourdes  gleich. 
Durch  Veröffentlichung  der  Urkunde  in  der  „Aula  Apostolicae  Sedis" 
ist  Ettals  Ruf  durch  die  ganze  Welt  bekannt  worden;  die  feierliche 
Verkündung  am  Ort  am  Pfingstfeste  1920  geschah  in  Gegenwart 
des  H.  H.  Nuntius  Pacelli.  Der  gegenwärtige  H.  H.  Abt  Willibald, 
ein  edler,  liebenswürdiger  und  milder  Priester  *),  ist  der  Sohn  des 
1915  in  hohem  Alter  verstorbenen  Medizinalrates  Wolfsteiner,  und 
ist  geboren  1855  und  gehörte  seit  1876  dem  Orden  des  hl.  Bene- 
diktus  an.  Dier  Konvent  zählt  zur  Zeit  20  Patres,  9  Kleriker,  7  No- 
vizen  und   24   Laienbrüder. 

Im  ehemaligen  Seminarstock  wurde  1906  ein  staatlich  anerkanntes 
Gymnasium   errichtet;   die  ganze  Einrichtung  ist  in  hygienischer  wie 

*)  Der  hochw.  Herr  Abt  hat  mir  bei  der  Korrektur  diese  Charakterisierung 
gestrichen,  da  ich  aber  nicht  an  klösterlichen  Gehorsam  gebunden  bin.  habe  ich  .«sie 
wieder  hiehergesetzt. 

—  206  — 


pädagogischer  Hinsicht  eine  mustergültige.  Rektor  der  Studienanstalt 
P.  Johann  Pfättisch  starb  1922.  Besonders  vom  katholischen  Adel 
wird  das  Institut  besucht.  So  ist  auch  i  in  dieser  Beziehung  die 
Glanzzeit  Ettals,  das  von  1711 — 1748  Ritterakademie  war,  wieder 
zurückgekehrt. 

Die  wohl  zu  den  schönsten  Bauten  ihrer  Art,  nicht  bloß 
Deutschlands,  sondern,  man  darf  kühn  sagen,  der  Welt  gehörende 
Kirche  wurde  erbaut  auf  ein  Gelübde  des  Kaisers  Ludwig  des 
Bayern,  der  auf  seiner  Romreise  in  harter  Bedrängnis  war.  Am 
Eingang  wurde  das  alte  frühgotische  Portai  erst  im  Jahre  18Q7 
freigelegt,  dieses  und  der  Kreuzgang  beweisen  heute  noch  die 
anfänglich  gotische  Bauart.  Die  am  Anfang  des  14.  Jahrhunderts 
erbaute  gotische  Zwölfeckhallenanlage,  das  Vorbild  der  Gralstempel, 
ist  vorgebildet  in  der  noch  älteren  Peterskirche  zu  Wimpfen  am 
Neckar;  einen  gleichen  Grundriß  wies  Architekt  Jak,  Schmitt  an  der 
Kollegial-Stiftskirche  Notre  Dame  la  Ronde  in  Metz  nach;  nach 
diesem  Muster  w^urden  im  15.  Jahrhundert  erbaut  die  Himmeltahrts- 
kirche  in  Prag,  im  16.  Jahrhundert  die  Kirche  zur  schönen  Maria  in 
Regensburg.  Die  Ettaler  Urkirche  bestand  aus  einem  Zentral- 
bau von  25  m  Durchmesser,  der  eine  freistehende  Mittelsäule  hatte, 
die  mit  ihren  gotischen  Rippen  zu  einem  Sterngewölbe  auslief. 
Ein  verkleinertes  Abbild  dieser  früheren  Gestalt  ist  die  Salvator- 
Friedhofskapelle  in  Weilheim  (siehe  Weilheim).  Am  Peter-  und 
Paulstage  1744  zerstörte  ein  furchtbarer  Brand  das  ganze  eigen- 
artige Gebäude.  1752  wurde  es  wieder  neu  aufgebaut,  die  so 
merkwürdige  Rippensäule  im  Zentrum  wurde  entfernt,  die  Um- 
fassungsmauern mit  Stuckmasse  inkrustiert  und  eine  Kuppel  im 
Barockstil  von  Enrico  Zuccali  errichtet.  In  ihrer  jetzigen  Form 
finden  wir  sie  wieder  in  der  Ignatiuskirche  zu  Loyola.  Wenn  auch 
vom  architektonischen  Standpunkte  die  Entfernung  dieser  Mittelsäule 
zu  beklagen  ist,  so  ist  es  um  so  erfreulicher,  daß  der  neue  Schmuck 
der  Kirche  die  Bewunderung  der  Kunstkenner  aller  Welt  erregt. 
Mit  Erstaunen  sieht  man  in  die  überwältigende  Pracht  des 
Kuppelbaues,  auf  die  Herrlichkeit  der  Kuppelgemälde,  Dantes  Him- 
mel hat  hier  eine  Illustration  gefunden,  wie  wohi  kaum  noch  aut 
einem  Fleck  der  Erde.  Das  Aharbild  ist  von  dem  berühmten  Tiroler 
Maler  Knoller;  es  zeigt  die  zum  Himmel  auffahrende  Muttergottes, 
das  Deckengemälde  den  ganzen  himmlischen  Hof,  der  die  Heihgen 
empfängt,  auch  dieses  in  seiner  Farbenpracht  und  Faroenfrischc 
unerreicht  gebliebene  Gemälde  ist  von  Knoller.  Diesem  Bilde  sind 
ähnlich  die  Gemälde  des  gleichen  Meisters  in  Neresheim  (Württem- 
berg). Von  Knoller  stammt  auch  das  leider  Gottes  völlig  zerstörte 
Deckengemälde  im  Bürgersaal;  die  eigenhändige  Skizze  dazu  besitzt 
Pfarrer  Aumiller  von  Fürstenfeld  bei  Brück  in  seiner  prachtvollien 
Altertumssammlung. 

Knoller  ist  geboren  am  8.  November  1725  in  Steinach  am  Brenner 
und  starb  am  4.  Juli,  1804  zu  Mailand.  Meusel  nennt  ihn  „einen  der 
ersten  und  größten  Historienmaler  unter  der  ganzen  deutschen  Nation 
alter  und  neuer  Zeit'*. 

Der  Altar  wirkt  durch  vornehme  Einfachheit,  die  ihn  mit  dem 
Deckengemälde    verbindenden     architektonischen    Verzierungen    sind 

—  207  - 


nicht,  wie  man  glauben  möchte,  \viri<hche  Reliefs,  sondern  in  wunder- 
voller Plastik  ausgeführte  Malereien  ebenfalls  von  Knoller.  Zeigt  das 
Presbyterium  die  zum  Himmel  aufschwebende  Maria,  so  die  Vor- 
rotunde die  im  Onadenbilde  zur  Erde  wiederkehrende  Muttergottes; 
inmitten  der  ganzen  himmlischen  Herrlichkeit  empfängt  eine  ge- 
flügelte Priestergestalt  das  Gnadenbild;  dieses  Freskogemälde  stammt 
von  Pr.  Jak.  Zeiller,  ebenfalls  einem  Meister  der  Florentiner  Schule 
wie   Knoller.     Mensel  nennt  dieses  Bild  zwar  „ein  Monstrum",  aber 


Gnadenbild  in  der  Klosterkiche  Ettal 

gerade  in  der  ungeheuren  Fülle  der  Massen  liegt  etwas  Unendliches, 
etwas,  das  dieses  Bild,  wenn  auch  nicht  dem  Knollerschen  Pres- 
byteriumsfresko  ebenbürtig,  aber  immerhin  des  Raumes  und  des 
himmlischen  Ewigkeitsgedankens  würdig  macht.  Das  Bild  an  der 
Porta  magna  zum  Presbyterium  zeigt  die  Priestergestalt  des  Decken- 
gemäldes wiederum,  die  das  Onadenbild  dem  Kaiser  Ludwig  dem 
Bayer  überreicht.  Das  Gnadenbild  selbst  befindet  sich  aut  dem 
Hochaltar;  es  ist  25  Pfund  schwer;  das  Material  ist  übermalter  karra- 
rischer Marmor.  Zumbusch  hat  die  Gruppe  für  das  bayerische 
Nationalmuseum  abgegossen.  Nach  dem  Urteile  Dr.  Naglers  ist  sie 
ein   vortreffliches    Kunstwerk   aus   der  Schule   des   Bildhauers   Pisano 


-  208  — 


(t  1343),  der  unter  Giottos  unmittelbarem  Einfluß  stand.  Kaiser 
Ludwig  soll  das  Gnadenbild  selbst  aus  Italien  mitgebracht  und,  wo 
sein  Pferd  nicht  mehr  weiter  ging,  es  niedergesetzt  und  darüber  die 
Wallfahrtskirche  erbaut  haben.  Als  die  Truppe  des  Churfürsten  von 
Sachsen  1552  das  Kloster  teilweise  demolierte,  wurde  es  schwer 
beschädigt.,  Maria  Anna,  die  Tochter  Kaiser  Ferdinand  IL,  Ge- 
mahlin des  Churfürsten  Max  I.  von  Bayern,  stiftete  der  Madonna 
das  Halskrägelchen  und  dem  Kinde  das  Mäntelchen.  Wahrschem- 
lich  sind  sie  ihre  eigene  Handarbeit. 

Von  den  Gemälden  der  Seitenaltäre  sind  besonders  zu  nennen 
jenes  des  hl.  Sebastian  von  Knoller,  welches  in  Rom  seinerzeit  preis- 
gekrönt wurde,  und  die  ungemein  zarte  Geburt  Christi.  Welche 
herrliche  edle  Gestalt  des  hl.  Sebastian!  Welche  Muskulatur  des 
Pfeilwerfers!  Hinter  dem  gegenüberliegenden  Altar  wurde  1898 
ein  liebliches  altes  Freskobild,  Christi  Geburt,  aus  der  alten  Kirche 
entdeckt.  Sehenswert  sind  die  prächtigen  Chorstühle  und  besonders 
die  Orgel,  auch  vom  musikalischen  Standpunkt  aus  ein  hervorragen- 
des Werk.  —  Hinter  der  Kirche  befindet  sich  die  Sakristei  mit  herr- 
licher Rokokostukkatur  der  Decken,  die,  nachgedunkelten  Zaillerschen 
Fresken  wurden  renoviert.  Hier  wie  von  der  Orgel  nahm  der  be- 
rühmte Oelmaler  Scholz,  ein  feinerer  Grützner,  den  Hintergrund 
für  zwei  seiner  besten  Bilder.  In  diesem  Raum  fand  auch  der 
Uebertritt  der  Dichterin  Frau  von  Hillern  zur  katholischen  Kirche 
statt. 

Näheres  über  die  Kunstdenkmäler  und  die  interessante  Geschichte 
verzeichnet  die  Beschreibung  Ettals  von  Lehrer  Bührlen  (dortselbst 
in  seiner  Wohnung  zum  Preise  von  Mk.  2.—  nebst  Teuerungs- 
zuschlag zu  haben),  und  über  Knoller,  dessen  Biographie  von  Popp.. 
Eine  reizende  romantische  Dichtung  hat  Gräfin  von  Haugwitz, 
geborene  Komtesse  Pappenheim,  diesem  alten  Kaiserstift  abgelauscht: 
„Eines  Kaisers  Traum".  Knoller  gedenkt  auch  ehrend  Bischof 
Keppler  in  seinem  geistvollen  Werke  „Kunst  und  Leben".  Auch  das 
Kloster  hat  eine  Beschreibung  von  Ettal  herausgegeben.  Die  Werke 
sind  in  der  Handlung  von  Mayr,  sowie  an  der  Klosterpforte  zu 
kaufen,  ebenso  sind  dort  Devotionalien  (Rosenkränze,  Bilder  etc.) 
erhältlich. 

Wir  ziehen  auf  der  Hauptstraße  weiter,  links  der  Gottesacker 
und  Blick  auf  das  Ettaler  Mandl;  rechts  Not  und  Kienberg;  neue, 
schöne  Bergstraße  nach  Oberau,  der  alte  Weg  wird  zwar  manchmal 
noch  begangen,  aber  nicht  mehr  unterhalten;  die  Gemeinde  Oberau 
nimmt  für  etwaige  Unfälle  auf  der  alten  Ettalerstraße  keine  Haftung. 
Oben  an  der  alten  Straße  findet  sich  das  Denkmai  für  den  Stein- 
metzmeister Hauser  von  München  und  seinen  Lehrling  Kofelenz, 
welche  hier  beim  Transport  der  Johannesfigur  der  Kreuzigungs- 
gruppe tötlich  verunglückten.  Der  Transport  geschah  durch  eine 
Straßenlokomotive.  Dabei  stürzte  unglückseliger  Weise  die  Figur 
um.  Am  Ausgang  der  alten  Straße  liegt  die  renommierte  Papier- 
fabrik von  Kinzerle.  Von  der  neuen  Straße  schöner  Blick  aut  die 
vorderen  Gießenbachfälle,  später  hübscher  Fußsteig,  Gasthaus 
„Untermberg",  in  Oberau  Gasthaus  „zur  Post",  in  der  Veranda 
Kohlenzeichnungen     von     Anton    Lechner,    darunter    der    bekannte 

—  209  —  14 


Humorist  „Gemming  Gustl",  auf  der  Höhe  alte  Kapelle,  bei  welcher 
geistlicher  Rat  Daisenberger  sein  erstes  heiliges  Meßopfer  gehalten 
hat  (als  geborener  Oberauer),  mit  hübschen,  von  Maler  Hartmann 
restaurierten  Fresken.  Zur  alten  Kapelle  führt  ein  von  Andreas 
Lang  von  Oberammergau  nach  Schmalzl  geschnitzter  Kreuzweg 
hinauf. 

Wir  befinden  uns  hier  im  Loisachtale.  Versäume  es  nicht, 
lieber  Spielgast,  mit  einem  kleinen  Abstecher  dem  Zentraltal  des 
Werdenfelser  Landls  ein  paar  Tage  zu  widmen,  selbst  aut  die  Ge- 
fahr hin,  daß  es  mehrere  Tage  werden  sollten!  Richte  deinen  Blick 
nach  Süden,  und  dein  Auge  wird  gefesselt  durch  •  den  Hintergrund 
einer  gewaltigen  Hochgebirgsszenerie!  Du  hast  dich  entschlossen? 
—  Gut,  so  folge  mir! 

Wir  benützen  die  Eisenbahn  und  haben  in  ca.  20—25  .Minuten 
Garmisch-Partenkirchen,  die  Endstation,  erreicht.  An 
Stelle  des  alten,  kleinen  Bahnhofs  ist  ein  großer  Neubau  entstanden 
mit  Einsteigehalle.  Von  hier  aus  gehen  die  Bahnen  nach  Mittenwald— 
Zirl— Innsbruck  und  nach  Ehrwald— Lermoos—Reutte— Füssen  aus- 
einander. Wir  steigen  aus  und  unser  Auge  wird  entzückt  von  einer 
großartigen  Rundsicht.  Schon  vom  Talboden  aus  bietet  sich  dar, 
was  man  sonst  erst  von  bedeutender  Höhe  zu  genießen  gewohnt  ist. 
Eine  Talebene  von  fünf  Kilometer  Durchmesser  ist  von  riesigen 
Gebirgskörpern  der  verschiedensten  Gestaltungen  umschlossen.  Ge- 
rade vor  dir  entsteigt  dieser  Ebene  der  imponierende  Felswall  des 
Wettersteingebirges.  Im  Osten,  wo  die  Spitzen  des  Kar- 
wendels  herüberblicken,  umfaßt  es  harmonisch,  durch  königliche 
Gipfelbildungen  und  tief  eindringende  Hochtäler  gegliedert,  ein 
Drittel  der  Rundsicht,  um  im  Westen  mit  der  Zugspitze  schroff  ab- 
zubrechen. 

Dort  öffnet  sich  deinem  Blick  eine  Lücke,  in  welcher  sich  Tiroler 
Berge  mit  perspektivischer  Schönheit  kulissenförmig  hintereinander- 
schließen. 

Dann  treten  finstere,  von  oben  bis  unten  dunkelbewaldete  und 
von  schwärzlichen  Wänden  unheimlich  durchzogene  Berggestahen 
in  die  Reihe,  deren  Höhen  jedoch  lohnende  Aussichtspunkte  sind. 
Das  ganze  Tal  öffnet  sich  nach  drei  Seiten:  jener  Gasse,  durch 
die  wir  gekommen,  im  Osten  nach  Mittenwafd  und  Wal- 
c  h  e  n  s  e  e,  und  gegen  die  Tiroler  Berge  nach  Lermoos-Ehr- 
wald-Fernpaß    oder   Plansee-Reutte. 

Links  erblickst  du,  idyllisch  gegen  eine  Schlucht  gedrängt,  von 
der  Wallfahrtskirche  St.  Anton  und  reizenden  Landhäusern  auf  den 
umgebenden  Höhen  flankiert,  Partenkirchen  aut  historischer 
Stelle,  dem  ahen  Parthanum  der  Römer,  dem  Ort,  wo  Kaiser  Fried- 
rich Barbarossa  den  Bayernherzog  Heinrich  den  Löwen  um  seine 
Hilfe  anflehte,  die  spätere  Station  des  augsburgisch-venetianischen 
Handels;  rechts  dehnt  sich  Garmisch  am  Fuße  des  Kramer- 
berges zu  beiden  Ufern  der  Loisach  luftig  aus.  Wähle,  überall  bist 
du  gut   aufgehoben! 

Sodann  magst  du  dir  in  täglichen  Spaziergängen  das  herrliche 
Tal   näher   betrachten.      Ueberall  findest  du   reichen   Genuß   in   kratt- 

—  211    —  14* 


strotzendem  Weben  derber  Hochgebirgsnatur,  deren  jugendliche 
Wasser  laut  plaudernd  oder  rauschend  an  dir  vorübereilen.  Sei  es 
der  Felsenschlund  der  Partnachklamm  mit  ihren  Schrecken 
für  zage  Herzen,  der  Gegenstand  ewiger  Bewunderung  kühnerer 
Wanderer,  Forsthaus  Gras  eck  oder  die  Eck  a  im  mit  ihren 
lohnenden  Aussichten  auf  die  Dreitorspitze,  den  Schachen,  auf 
Karwendel-  und  Soierngruppe  oder  das  partnachdurchrauschte  Rain- 
tal, sei  es  der  Riessersee  mit  seinem  imposanten  Hintergrund 
der  Alpspitze,  des  Höllentals,  des  Waxensteins,  der  smaragdne 
Badersee  mit  seiner  lieblichen  Nixe  in  der  kristallklaren  Tiefe, 
darin  sich  die  Königin  Zugspitze  in  weißen  Schleiern  spiegelt,  oder 
der  in  wildromantischem  Bergkessel  direkt  am  Fuße  der  Zugspitze 
gelegene  E  i  b  s  e  e,  über  den  ihr  Gipfel  just  zwei  Kilometer  sich 
erhebt  und  ihre  Wände  ein  ivielfaches,  fernem  Donner  ähnliches 
Echo  spenden,  —  sei  es  ein  Besuch  bei  den  Sonnenbauern, 
Schlattan  und  Gschwandtnerbauer  mit  dem  reichgestal- 
tigen  Karwendelpanorama  —  oder  machst  du  eine  Wanderung  über 
Graseck  und  Elmau  an  Ferchensee  und  Lautersee  vorbei  nach  Mit- 
te n  w  a  1  d,  über  dem  die  charakteristische  Viererspitze  zu  schweben 
scheint  und  dein  Staunen  erregt,  wo  die  Leutaschklamm  dich  fesselt 
und  das  stille,  hochgelegene  Leutaschtal  dein  Entzücken  hervorruft; 
—  mögest  du  dich  auf  den  dunkeln  Wellen  des  Walchensees 
schaukeln  oder  den  königsseeähnlichen  Plansee  bewundern;  ob 
die  smaragdnen  Seen  des  Fernpasses  deine  stille  Freude  oder 
der  Talkessel  von  Lermoos  dein  Bedauern  erregen,  weil  statt 
des  Mooses  kein  See  mehr  die  gigantischen  Hochgebirgsmassen 
seiner  Umgebung  in  grüner  Flut  widerspiegelt,  —  oder  gelte  dein 
Besuch  der  wildromantischen  Höllentalklamm  von  wuchtiger 
Großartigkeit,  dem  lichtvollen  Schachen  mit  seinem  Königs- 
schlosse oder  endlich  den  Spitzen  der  Berge  und  kühnen  Fels- 
häuptern bis  hinauf  zum  Münchnerhaus  auf  dem  höchsten 
Punkte  des  Deutschen  Reiches:  —  überall  wirst  du  reichen  Genuß 
und  volle  Befriedigung  vom  Gesehenen,  —  wie  vom  Genossenen 
mit   dir   nehmen,   —  denn   überall    ist   hier  gut  sein! 

Freunden  der  Volkskunst  und  des  Kunstgewerbes  ist  ein  Besuch 
der  Schnitzfachschule  zu  empfehlen,  wobei  sie  sich  überzeugen 
werden,  daß  auf  anderem  Stoffgebiet  der  Schnitzkunst  hier  in  ihrer 
Art  ebenso   Gutes  geleistet  wird  als  in  Oberammergau. 

Lehrern  und  Architekten,  denen  es  um  Zusammenstimmung 
von  Gegend  und  Bauten  zu  tun  ist,  werden  in  dem  neuen  Schulhaus 
von  Partenkirchen  einen  Idealbau  erkennen.  Die  nach  dem  Brande 
1865,  der  fast  ganz  Partenkirchen  zerstörte,  neugebaute  Pfarrkirche 
enthält  an  der  linken  Seitenwand  die  herrliche  Assunta  des  Vene- 
zianers Maler  Litterini,  die  beim  Brande  gerettet  wurde.  Der  kost- 
barste Schatz  der  Wallfahrtskirche  St.  Anton  ist  das  wundervolle 
Deckengemälde  des  Tiroler  Malers  Hans  Holzer.  Außerdem  sind  in 
Partenkirchen  noch  eine  evangelische  und  eine  englische  Kirche.  Das 
Partenkirchner  Bauerntheater  findet  ein  meist  vollbesetztes  Haus; 
Hauptspezialität  desselben  ist  die  Pflege  von  guten  Volksstücken 
und  des  oberländischen  Nationaltanzes,  des  Schuhplattlers.    Besuchens- 

—  212  — 


wert  ist  auch  der  Witteisbacherpark  mit  schönen  Anlagen  beim 
Zusammenfluß    der   Partnach   und    Loisach. 

Die  Pfarrkirche  von  Garmisch,  1730  von  Schmuzer  erbaut,  ent- 
hält in  ihrem  Barockbau  schöne  Wessobrunner  Stukkaturen  und 
Fresken  von  Gindter,  eine  reichgeschnitzte  Kanzel  und  ebenso 
reichgehaltene  Chorstühle;  Professor  Menzel  machte  hier  viele  Stu- 
dien; Professor  Herkomer  nahm  aus  derselben  das  Milieu  für 
seinen  betenden  Invaliden.  Ein  altrenommiertes  Patrizierhaus  ist 
Dr.  Byschls  Apotheke  am  Marktplatz,  woselbst  der  weitberühmte 
Ettaler  Abt-Likör  zum  Versand  kommt. 

Das  oberbayerische  Kunstgewerbe  hat  eine  würdige  Repräsen- 
tation im  Kunstgewerbehaus  von  Ludwig  Rutz  am  Marktplatz,  wo- 
selbst kunstgewerbliche  Gegenstände  aller  Art,  Holzschnitzereien, 
bäuerliche  Antiquitäten  u.  dgl.  in  reicher  und  gediegener  Auswahl 
zu  haben  sind.  Die  Besichtigung  dieses  Kunstgewerbe-Hauses  steht 
jedem    Besucher   von    Garmisch   frei   und   ist   bestens   zu   empfehlen. 

Seit  dem  letzten  Passionsspiel  hat  Garmisch-Partenkirchen  zwei 
Bahnanschlüsse  bekommen,  die  viele  Reize  und  Schönheiten  ge- 
währen. I.  Die  Bahn  nach  Ehrwald  und  Reutte  und  IL  Die  Mitten- 
wald— Innsbrucker  Bahn. 

L  Die  Bahn  nac'h  Reutte -Füssen  wendet  sich  nach 
Westen  und  hat  ihre  erste  Haltestelle  am  Riessersee;  die  Weiterfahrt 
bietet  prächtige  Blicke  auf  die  Umwandung  des  Höllentals,  über- 
quert den  Hammersbach  und  kommt  zur  Haltestelle  Obergrainau, 
von  wo  aus  sich  die  unvergleichlichen  Ausflüge  nach  dem  Höllental, 
Eib-  und  Badersee  sowie  Cafe  Waldhütte  -unternehmen  lassen. 
Die  Bahn  führt  dann  auf  mächtiger  Brücke  über  die  Loisach  zjur 
Grenzstation  Griesen  und  bei  der  „Schanz"  durch  eii.^n  Engpaß  in 
das  schöne  Talbecken  von  Ehrwald  und  Reutte;  sie  steigt  dann 
zur  Wasserscheide  zwischen  Inn  und  Lech  empor.  Von  Heiterwang 
aus  gelangt  der  Wanderer  zum  Heiterwanqer-  und  zum  Plansee, 
von  wo  aus  der  Weg  wieder  über  Linderhof  nach  Oberammergait 
zurückführt;  die  Bahn  fährt  durch  das  500  m  lange  Klausental  und 
findet  ihr  Ende  in  der'  Station  Reutte,  wo  sie  sich  an  die  Lokalbahn 
Reutte— Schönbichl— Kempten  anschließt.  Von  Reutte  ist  Autoniobil- 
verbindung  nach  Füssen  und  Hohenschwangau.  Man  kann  auch 
von  Reutte  die  Bahn  bis  Ulrichsbrücke  benützen;  von  dort  führt  ein 
sehr  schöner  Weg  über  Schlux  zum  Alpsee  und  von  da  nach  Hohen- 
schwangau. 

IL  Die  M  i  1 1  e  n  w  a  I  d  e  r  Bahn  wendet  sich  nach  Osten 
und  führt  an  dem  Kainzenbad  vorüber;  vom  Gsteig  aus  genießt 
man  einen  sehr  schönen  Rückblick  zur  Zugspitze.  Rechts  winkt  von 
der  Höhe  das  Kirchlein  der  höchstgelegenen  Gemeinde  Deutschlands, 
Wamberg.  Von  der  Bahn  aus  hat  man  schöne  Tiefblicke  zum 
Kanker-Bache.  Von  Klais  gelangt  man  zu  Fuß  nordwärts  über 
Wallgau  an  das  Südwestende  des  Walchensees.  Die  Bahn  führt 
südwärts  zum  Karwendelgebirge,  an  dessen  Fuß  der  durch  die 
Geigenmacher  berühmte  Markt  Mittenwald  liegt.  Dann  weiter  zur 
Zollstation  Scharnitz.  Die  Bahn  eröffnet  bei  ihrem  Aufstieg  herrliche 
Blicke    zum    Karwendelgebirge   links   und    Wettersteingebirge    rechts 

—  213  — 


und  die  dazwischen  gelegene  historische  Schanze  der  Porta  Claudia, 
und  bei  ihrem  Abstiege  von  Seefeld  aus  zum  oberen  und  unteren 
Inntal  und  zum  Brennerpasse. 

Sie  führt  an  der  berühmten  Martinswand  hinab  nach  Zirl  und 
mündet  in  den  Innsbrucker  Hauptbahnhof  ein.  Innsbruck  mit  seiner 
herrlichen  Maria  Theresienstraße,  dem  goldenen  Dachel,  den  Grab- 
denkmälern Kaiser  Maximilians  und  Andreas  Hofer,  ladet  zu  längerem 
Verweilen  und  zu  herrlichen  Ausflügen  ein. 

Eine  Weiterfahrt  von  Innsbruck  innabwärts  führt  zum  schön 
gelegenen  Brixlegg,  das  auch  seit  Jahrzehnten  Passionsspiele  aufführt, 
dem  Lieblingsaufenthahsort  Steubs.  Die  letzten  Spiele  wurden  1913 
aufgeführt  und  werden  wahrscheinlich  1923  wiederholt.  Eine  Stunde 
unterhalb  Brixlegg  ist  das  romantisch  zwischen  Inn  und  Felswänden 
eingebaute  Rattenberg  mit  alter  Schloßruine,  dem  Schauplatz  von 
Hermann  Schmids  Geschichte  des  Kanzlers  von  Tirol.  Bei  Kufstein 
überschreitet  man  die  bayerische  Grenze.  Bei  Oberaudorf  möge 
man  es  nicht  versäumen,  nochmal  auf  Tiroler  Boden  hinüber  zu 
wandern,  lieber  die  Innbrücke  gelangt  man  zunächst  zum  Zollhaus, 
dem  Geburtsort  des  österreichischen  Volksdichters  Adolf  Pichler 
und  dann  innabwärts  nach  Erl,  wo  gleichzeitig  mit  Oberammergau 
Passionsspiele  aufgeführt  werden.  Gegenwärtiges  Buch  will  durchaus 
nicht  von  einem  Spielbesuch  in  Erl  abhalten  als  einem  Konkurrenz- 
unternehmen Oberammergaus,  sondern  vielmehr  den  Besuch  ange- 
legentlich empfehlen.  Nicht  kleinliche  Nörgel-  und  kritisch-selbstge- 
fällige Vergleichungssucht  soll  der  Beweggrund  des  Besuches  sein, 
man  lasse  sich  auch  durch  die  gegenüber  Oberammergau  kleineren  Ver- 
hältnisse der  Szenerie  vom  Besuche  nicht  abhalten.  Wenn  es  lediglich 
auf  die  Schauplatzgröße  ankäme,  müßten  die  Freiburger  Passionsspiele 
der  Gebrüder  Faßnacht  weitaus  die  besten  gewesen  sein.  Auch  Brix- 
legg und  Erl  haben  wie  Oberammergau,  Waal  in  Schwaben,  Höritz 
in  Böhmen  ihre  Reize;  der  Hauptreiz  liegt  in  der  Bodenständigkeit, 
der  lokalen  und  volkstümlichen  Eigenart,  der  gläubigen  Innerlichkeit 
und  schlichten  aufrichtigen  Herzlichkeit,  mit  der  auch  heute  noch 
dort  gespielt  wird.  Der  Erler  Passionsführer  von  Dörrer  gibt  darüber 
näheren  Aufschluß  und  ist  zugleich  ein  wertvoller  kultur-  und 
literaturgeschichtlicher  Beitrag  zur  Erforschung  der  Passionsspiele 
überhaupt.  Erl  und  Oberammergau  gehen  auf  den  gleichen  Urtext 
von  Sebastian  Wild  und  auf  die  sie  ablösenden  Texte  von  Rosner 
und  Othmar  Weis  zurück.  Zwischen  Erl  und  Oberammergau  war 
von  jeher  ein  gutes,  freundschaftliches  Verhältnis  wie  mit  den  anderen 
Passionsspielorten.  Es  wurde  nur  einmal  1912  durch  eine  unglückliche 
Vergleichsanspielung  etwas  getrübt,  durch  gegenseitiges  tntgegen- 
kommen  der  beteiligten  Autoren  wieder  hergestellt.  Oberammergau 
vergönnt  gerne  Erl  seinen  Besuch  und  wünscht  denselben,  er  wird 
nach  dem  Oberammergauer  Spiel  neue,  eigenartige  Eindrücke  hinter- 
lassen, während  anderseits  sicher  der  Besuch  von  Erl  die  Anregung 
zum  Besuch  von  Oberammergau,  eventuell  zur  sofortigen  Weiterreise 
über  Brixlegg,  Innsbruck,  Mittenwald  geben  dürfte.  Die  Bewohner 
und  Besucher  von  Erl  sjnd  auch  in  Oberammergau  herzlich  will- 
kommen! 

—  214  - 


Nicht  der  sinnliche  Genuß  einer  Theatervorstellung  sei,  wie 
schon  eingangs  erwähnt,  Zweck  und  Ende  der  Passionsbesuche  da  und 
dort,  sondern  die  geistige  und  religiöse  Erhebung  und  Erholung, 
das  Verstehenlernen  von  Land  und  Leuten,  Erneuerung  des  Glaubens 
an  die  alten,  religiösen  Wahrheiten,  an  ein  noch  existierendes  echtes 
und  wahres,  heimattreues  Volkstum,  neu  erwachende  Liebe  zu  Heimat, 
Vaterland,  Gottes  Natur  und  Gottes  Offenbarung.  In  diesem  Sinne 
hat  dieses  Buch  eingangs  die  Leser  begrüßt,  in  diesem  will  sie  die- 
selben wieder  entlassen,  in  der  Voraussetzung,  daß  sie  mittlerweile 
die  Lesung  dieses  Buches  zum  Besuch  der  Passionsspiele  angeregt 
hat,  mit  den  Abschiedsworten  des  Prologes  der  Ammergauer  Dar- 
stellung: 

Von   diesem   (d.  i.   des  Spieles)   Anblick  freudig   ermutigt 
Kehrt    heim,    o    Freunde    innigster    Liebe   voll 

Für    den,    der    bis    zum    Tod    euch    liebte 
Und    noch    im    Himmel    euch    ewig    liebet. 
Dort,    wo   ertönet   das   ewige   Siegeslied: 
„Lob    sei    dem    Lamme,    welches    getötet    warl" 
Um    unsern    Heiland   dort   vereinigt 
Wollen   wir   alle   uns   wiedersehen! 


Stammsitz  Berlin  (irt|"ijj     Gegründet  1851 


DiscontO''Ge$ell$chafi 

Filiale  /München,  Promenadeplatz  7 

Depositenkasse  Oberammergau,  Bahnhofstr.  1 

Bankmäßige  Geschäfte  aller  Art 

Kapital    und   Reserven 

650000000  M. 


215 


Jlfizielle  flussclireiliunr  der  Gemeinde  Olieraniiiieriiau: 

Tage  der  Aufführung: 

Mai:    14.,  21.,  25.,    28.  1     August:         2,     6,    9.,  13.,    15., 

Juni:     5.,  11.,  18.,    25.,    29.  |  20.,    23.,    27.,    30. 

Juli:      2.,     5.,     9.,    12,    16.,    19.,  September:    3.,  10.,  17.,  24. 

23.,  26.,  30. 
Die  Generalprobe  findet  am  9.  Mai  statt. 
Reicht  der  Zuschauerraum  am  Hauptspieltage  für  die  anwesen- 
den Gäste  nicht  aus,  so  wird  das  Spiel  am  nächsten  Tage  in  gleicher 
Weise  vollständig  wiederholt.  Diese  Wiederholungsspiele  werden 
in  der  Umgegend  und  in  München  durch  Plakate  rechtzeitig  bekannt- 
gegeben. Die  Spiele  und  Wiederholungsspiele  beginnen  stets  mor- 
gens 8  Uhr  und  dauern  bis  nachmittags  6  Uhr  (Mittagspause  2  Std.). 

Preise  der  Plätze: 

I.  Platz 100  Mark 

II.       „         70      „ 

III.      „         50      ., 

IV.  „     30    :, 

V.  „     10    ;, 

Alle  Plätze  sind  numeriert,  eine  Bestellung  auf  Plätze  innerhalb 
der  angegebenen  Preislage  wird  nach  Möglichkeit  berücksichtigt, 
eine  Bestellung  auf  bestimmte  Nummern  kann  dagegen  nicht  be- 
rücksichtigt werden. 

Zum  Schutze  der  Zuschauer  bei,  schlechtem  Wetter  ist  der  ganze 
2100  Quadratmeter  große  Zuschauerraum  überdeckt.  Die  Bühne 
selbst  ist  unter  freiem  Himmel  errichtet. 

Offizielles  Wohnungsbureau. 

Für  die  Dauer  der  Passionsspiele  im  Jahre  1922  wird  ein  offi- 
zielles Wohnungsbüro  in  Oberammergau  unter  der  Leitung  der 
bayerischen    Vereinsbank,    Zweigstelle    Oberammergau,    errichtet. 

Für  Auskunftserteilung  und  Vermittlung  von  Wohnungen  mit 
Eintrittskarten  für  Oberammergau  und  seine  Passionsspiele  1922 
sind   ausschließlich  bestimmt: 

1.  Das  offizielle,  gemeindliche  Wohnungsbüro,  unter  Leitung  der 
bayer.  Vereinsbank,  Zweigstelle  Oberammergau,  für  den  Ver- 
kehr im   In-  und  Auslande. 

2.  Das  amtliche  bayerische  Reisebüro  in  München,  für  Deutsch- 
land und  Oesterreich. 

3.  Die  Firma  Thos.  Cook  &  Son,  Ludgate  Circus,  London  E.  C, 
für  das   gesamte   Ausland. 

Bestellungen  auf  Billetten  mit  Wohnungen  werden  in  erster  Linie 
berücksichtigt.  Bestellungen  auf  Billetten  allein  (ohne  Wohnungen) 
kommen   erst  in  zweiter  Linie  in  Betracht. 

Für  Bestellungen  auf  Zimmer  mit  einem  Bett  übernimmt  das 
Büro  keine  Garantie. 

-  216  — 


Auf   alle   Anfragen   wird  ein   Bestellschein   zugesendet. 

Es  wird  ersucht,  die  Bestellungen  mittels  des  Bestellscheines 
zu  machen. 

Bestellungen  auf  Billette  und  Wohnung  übernimmt  das  Büro 
nur  dann,  wenn  der  richtig  ausgefüllte  Bestellschein  mit  dem  vollen 
Geldbetrag  einschließlich  der  Vormerkgebühr  und  Rückporto  min- 
destens 6  Tage  vor  dem  bestimmten  Spieltage  im  Einlauf  des 
Büros  sich  befindet.  Verspätete  Bestellungen  können  nicht  mehr 
berücksichtigt  werden,  ebensowenig  Teilzahlungen.  Abbestellungen 
können  nur  auf  früher  erteilte  Bestellungen  erfolgen  und  müssen 
wenigstens  14  Tage  vor  der  betreffenden  Aufführung  im  Büro 
eingelaufen  sein,  andernfalls  der  eingesendete  Geldbetrag  verfällt; 
das  Gleiche  gilt,  wenn  der  Besteller  seine  Eintrittskarte  und  seine 
Wohnung  nicht  benützt. 

Der  Bestellschein  kann  auf  eine  beliebige  Personenzahl  ausge- 
stellt werden;  die  Vormerkgebühr  beträgt  pro  Person  10  Mark,  aus- 
schließlich  der   anfallenden   Spesen    bezw.    Portoauslagen. 

Die  vorhandenen  Wohnungen  sind  in  vier  Klassen  eingeteilt  und 
beträgt   der  Preis  pro  Bett  und   Nacht  für  die   I.   Klasse   70   Mark, 

II.  Klasse   60    Mark,     III.    Klasse    50    Mark,     IV.    Klasse   40    Mark. 

Außer  in  den  Hotels  wird  auch  in  einer  größeren  Anzahl  von 
Privathäusern  Pension  gegeben  und  beträgt  der  Preis  pro  Person 
für  Zimmer  und  volle  Verpflegung,  beginnend  mit  dem  Abendessen 
am  Tage  vor  dem  Spiele  und  endigend  mit  dem  Frühstück  am  Tage 
nach  dem  Spiele  für  die   I.   Klasse   410  Mark,   II.   Klasse  350  Mark, 

III.  Klasse  310  Mark.  Die  Preise  für  eintägige  Pension,  bestehend 
aus  einem  Bett  für  eine  Nacht,  ein  Frühstück,  ein  Mittagessen,  ein 
Abendessen  in  der  I.  Klasse  225  Mark,  II.  Klasse  200  Mark,  III.  Klasse 
175  Mark.  « 

Eventuelle  Preisänderungen  infolge  Teuerungen  sind  jederzeit  vor- 
behalten und  hätte  eine  Preiserhöhung  auch  für  Bestellungen  Be- 
rechtigung, welche  vor  Einführung  der  Preiserhöhung  gemacht 
wurden. 

Die  Festsetzung  ev.  höherer  Preise  erfolgt  durch  das  Passions- 
spielkomitee. 

Bei  längerem  Aufenthalt  ist  der  Preis  für  Wohnung  und  Ver- 
pflegung nach  gegenseitigem  Uebereinkommen  zw'ischen  Mieter  und 
Vermieter   entsprechend   zu   regulieren. 

Sollte  Wohnung  oder  Pension  in  bestimmten  Häusern  gewünscht 
werden,  so  ist  dies  auf  dem  Bestellschein  genau  zu  bemerken;  das 
offizielle  Wohnungsbüro  wird  den  Wünschen  nach  Möglichkeit  zu 
entsprechen  bemüht  sein. 

Telegraphische  Beantwortung  gestellter  Fragen  ist  vorauszu- 
bezahlen. 

Möglicliste  Beschränkung  in  der  Korrespondenz  ist  erwünscht. 
Bei  Aenderungen  von  Bestellungen  ist  besonders  das  Datum  des 
Spieltages  genau  zu  bezeichnen. 

-  217  - 


Alle  Anfrag:en  wollen  ausschließlich  an  das  offizielle  Wohnungs- 
büro und  an  die  offiziellen  Vertreter  gerichtet  werden;  Rückporto 
ist  beizulegen. 

Verlorene  und  gefundene  Gegenstände  wollen  beim  Wohnungs- 
büro  angemeldet   werden. 

Allenfallsige,  jedoch  nur  begründete  Beschwerden  sind  beim 
offiziellen  Wohnungsbüro  vorzubringen.  Beschwerdebuch  liegt  im 
Wohnungsbüro  auf. 

Die  Besucher  der  Spiele  werden  darauf  aufmerksam  gemacht, 
daß  bei  Ankunft  mit  dem  letzten  Zuge  in  Oberammergau  sich  die 
Zuweisung  der  Wohnung  und  die  Erledigung  sonstiger  Wünsche 
sehr   verzögert. 

Das  offizielle  Wohnungsbüro  ist  von  8—12  und  von  2—7  Uhr 
geöffnet,  an  Spielvortagen  bis  nach  Eintreffen  des  letzten  Zuges, 
an  Spieltagen  selbst  von  6—9  Uhr  früh. 

Besonders  zu  beachten: 

Die  offiziellen  Vertreter:  das  amtliche  bayer.  Reisebüro  und  die 
Firma  Thos.  Cook  &  Son  sind  berechtigt,  eine  Vormerkgebühr  von 
10  Mark  pro  Person  und  etwa  anfallende  Spesen  zu  berechnen,  das 
offizielle  Wohnungsbüro  nur  für  Bestellungen  I.,  II.  und  III.  Klasse 
10  Mark  Vormerkgebühr  pro  Person  und  etwaige  Spesen,  für  IV. 
und  V.   Klasse  nut  6  Mark  pro  Person  und  anfallende  Spesen. 

Das   Passionsspielkomitee, 

Seitens  der  Gemeinde  Oberammer_gau  wird  das  neu  revidierte 
„Offizielle  Textbuch"  für  1922,  versehen  mit  dem  Gemeindesiegel, 
in  deutscher  und  englischer  Sprache  herausgegeben  und  ist  durch 
den  Verlag  dieses  offiziellen  Führers:  Ludwig  Rutz,  Oberammergau 
zu  beziehen.  Preis  für  die  deutsche  Ausgabe  10  Mark,  Preis  für 
die  englische  Ausgabe  20  Mark,  Porto  2  Mark,  Nachnahmegebühr 
3.50  Mark  pro   Textbuch. 


Graph.  Kunstanstalt  Jos.   C.   Huber,   Diessen  vor  A\ünchcn. 


Masstat    1:SaOmtr 

THEATERPLAN 


Amtliches  Bayerisches  Reise-Bureau 

G.  m.  b.  H. 

Telefon  24701  MUNOHtN    Telegr  iWeltrelsen 

Promenadeplatz  16  und  Hauptbahnhof 


Offizielle  Vertretung  für  die 

Passionsspiele  Oberammergau  1922 


Falirliart©!! 
und  zusammenstellbare 

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Banli-Abteiltjiig 

Geldwechsel   —   Kreditbriefe 

Zirkular-Noten 


tliTüclieimer  Festspiel©  1^22 

Bm^cerisct^e  Staat@°Ttiemt©r 

Prinzregententheater  Nationaltheater 

Residenztheater 

August  und  September  Fest-Aufführungen  aus  dem  Gesamt- 

Gebiete   der   deutschen  Oper,    insbesondere  WAGNER-   und 

MOZART-AuffUhrungen 


Auskünfte  durch  die  Generalvertretung 


Amtliches  Bayerisches  Reise-Bureau 

MÜNCHEN,  Promenadeplatz  16 
sowie    durch   die  Verwaltung   der  Bayerischen   Staatstheater 

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Leitung:  Bayerische  Vereiosbank,  Zweigstelle  Oberammergau 

Fernsprecher  Nr.  33    :-:    Postscheckkonto  München  Nr.  37527 


Bestellschein 

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umfassend  Bett  für  zwei  Nächte,  Abend- 
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Spieltag,  Frühstück  tags  darauf     .   .    . 

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und    Abendessen    am    Spieltag,    Früh- 
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Gleichzeitig   wird    durch  Bank,   auf  Postscheck- 
konto München  Nr.  37527  überwiesen  .... 

Ich  verpflichte  mich,  im  Falle  einer  Preiserhöhung  seitens  des 
Passionsspielkomitees  die  erforderlichen  Nachzahlungen  an  das  Ge- 
meindliche offizielle  Wohnungsbüro  Oberammergau  zu  leisten. 

Unterschrift  und  genaue  Adresse: 


den 


1922 


Bei  Sammelbestellungen   sämtliche  Namen   (Vor-  und  Zuname, 
Wohnort  und  genaue  Adresse)  aufführen. 


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Direktion:  Curt  Olfers        |  Direktion:  Philipp  Weichend   L 
Spielplan:  Operetten         1  Spielplan:  > 

Tageskasse  geöffnet  von  10  bis  1  und  |  "-Okai-  Und    Diaiektstücke        ^ 

4  bis  6  Uhr  |  Tageskasse  geöffnet  von  10  bis  1  und      ^ 

Telephonische  Bestellung:  |  4  bis  6  Uhr 

Rufnummer:  55517  E  Teleph.  Bestellung:  Rufnummer  20019 


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Direktion                                  1  Direktion: 

Otto  Falkenberg   und   Benno  Bing  f  »otrat  Otto  Beck  und   Ernst  Bach    ^ 

Snielnlfln-                                   =  Spielplan: 

Moderne  und  klassische  Literatur  |  Operettens^hwä^n^ke- Singspiele    ^ 

Tageskasse   geöffnet   von   10  bis  1   und  |  Tageskasse   geöffnet  von    10  bis   1   und 

4  bis  6  Uhr                            |  4  bis  6  Uhr 

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35  - 


Bad  Kissingen 


Bayern 


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bei  Erkrankungen  des  Magen 
und  Darmes,  der  Leber  und 
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torien und  Kurhäusern.  /  Wasserversand  des  Rakoczy  etc. 
durch  die  Verwaltung  der  Mineralbäder.  /  Werbeschriften 
/  und  Auskünfte  durch  den  Kurverein  / 


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Bayerischer  Hof 

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36 


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50  ITIinuten  Fahrzeit  Don  ITIünctjen  ::  2  Stunbcn  Fahrzeit  Don 

nürnberg  ::  Direkte  üerbinbung  über  Den  ibyliisdjen 

Rmmersee  nadi  unD  Don  Oberammergau 

Hltl)istorisct]e  SeliensiDürbigkeiten 

Baubenkmäler  unb  lierDorragenbe  Kunstsdiät^e  aus  alter  3eit 
•  .  ♦  •  erinnerungen  an  bie  Reformatlonszcit  .... 
Berüt)mte  StrasscnbilDer  •  6cmälbegalerie  alter  IUeister 
(HDlbein,  Burgkmair,  Kubens  etc.)  «  TnaximilianssIIIuseum 
.    .    .    Präd)tige  alte  Brunnen  ♦  PrunkDolle  Kirdien    •    •    • 

FrernÖen  =  Derketirs  =  UereJn 


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enfl)d(f  10  Don  ^ünfl(ert}anb  gegeid^nefe  :Sogen;  au£(gefd}niffen  unb 

öufgejTent  geben 
fie  ein  nafurge» 


CCZEiCHWCT« 
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PASSlONSSPlELE 


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unb  bilben  eine 
b(eibenbe(5rinne' 
rung  an  meüje* 
DoHe    6funben. 


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Oderammergau : 

Ludwifl  und  Hermann 
Rutz,  DüeraintiiBrflau 

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Ganzjähriger 
Kurbetrieb 


Baden-Baden 


herrlidi  im  Sdiwarzwald  gelegen 


Im  Jahre  1921 
85561  Kurgäste 


Der  uieltberiilinile  inlernationale  Bade-  u.  Sportplatz 

Kochsalzthermen  (ö9^).  *  Prachtvolle  Bade-  und  Kuranstalten 
Kurhaus  mit  Prachtsälen.    *    Ständiges  Theater.    *    Konzerte. 

Im  August  grolle  internationale  Pferderennen 

Mittelpunkt  schönster  Schwarzwald-Ausflüge. 
Auskunft  und  Badeschriften  durch  das   Städtische  Verkehrsamt 


Ha^o.1    ^i\z»nii^  früher  Englischer  Hof  an   der   Lichtentaler  Allee;  fließendes 

nuici  /^iidunc  Wasser  in  allen  Zimmern.   Bäder- Apartements  -  Hauskapelle. 


_-.,„„  Lichtentaler  Allee.    16000  Quadratmeter  eigener  Park. 

Hotel  Bellevue  %    ■,       o  o 

Besitzer  R.  Säur. 


Familienhaus.    Moderner  Komfort.    Nähe  Kurhaus,  Kurgarten 
Hotel  Drei  Könige  und  Anlagen. 

L.  Aug.  Hoffmann,  Besitzer. 


Hofgi  I.  Ranges,  gegenüber  Kurgarten.    Alle  Zimmer  mit  fließendem 

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buropaiscber  not    {„  allen  Zimmern.  F.  Ruppel. 


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hrankturter  not       schließendem  Bad  und  laufendem  Wasser. 


Holland  Hotel 


Das  erstklassige  Familienhotel. 


Hotel  Messmer 


Direkt  am  Kurhaus.    Altberühmtes  Familienhotel.    Durchaus 
erstklassig. 


Peter's  130     Zimmer,     wovon     viele     mit     anschließendem     Privat 

Hotel  zum  Hirsch    Thermalbad. 


Vornehmstes    Familienhotel.     In    allen    Zimmern    fließendes 
Hotel  Regina  warmes  und  kaltes  Wasser.    Privatbäder  W.  C. 

P.  Keppeler. 


Hotel  Modernes    Haus    I.   Ranges,    an    der    Hauptpromenade.     Das 

Russischer  Hof         ganze  Jahr  geöffnet. 


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bur^u. Quellenhof  Zimmer  fließendes  Wasser.    Vornehme  ruhige  Lage. 

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Hervorragende  Heilerfolge  bei  Herzkrankheiten,  be* 
ginnender  Arterienverkalkung,  Muskel-  und  Gelenkrheu- 
matismus, Gidit,  Rückenmark-,  Frauen-  u.  Nervenleiden. 
Sämtliche  neuzeiilidie  Kurmittel.  Gesunde,  kräftige  Luft. 
Herrlidie  Park-  und  Waldspaziergänge.  Vorzügliche 
Konzerte,  Theater,  Tennis,  Golf,  Krocket,  Wurftauben- 
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Man  fordere  die  neueste  Auskunftsschrift  D.  9  von  der 

Hessischen  Bad-  und  Kurverwaltung  Bad  Nauheim 


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Weltbekannter  Kur-  u.  Badeort 

Kochsalz-Thermen  65,  70  C. 
Unvergleichliche  Heilerfolge 
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Nervenkrankheiten ,  Stoff- 
wechselleiden und  Erkran- 
kungen der  Atmungsorgane 
Das  ganze  Jahr  voller  Kurbetrieb 
Prospekt  durch  das  Stadt.  Verkehrsbüro 


-  41    - 


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43  — 


Meran 


Süd- 
Tirol 

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Haus  I.  Ranges 

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spanischer  Meister  des  15.  bis  19-  Jahrhunderts  /  Ägyptische,  römische,  griechische 
und  ostgotisdie  Ausgrabungen;  Meisterwerke  der  mohammedanischen  Handwerks- 
kunst /  Italienische  Bronzen  des  15. —  1  7.  Jahrhunderts  /  Kunstgewerbe  des  1  5.  bis 
19.  Jahrhunderts  /  Kostbare  illustrierte  Handschriften  des  14. — 16.  Jahrhunderts 
Gobelins  des    15. —  1  7.  Jahrhunderts 

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mittel.  Erstklassige  Hotels,  Sanatorien^  Pensionen, 
Theater,     Konzerte,    Sport,    Auto  -  ßergstrassen, 
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Prospekte    durch   die    Kurvorstehung   MERAN 

Amtl.  bayer.  Reisebüro,  München. 
Oesterr.  Verkehrsbüro,    München. 


TV/T'pD  A  ]V[  the  langest  climatic  health-resort 
^^^-•-^-^^-^^-'^^  of  the  Southern  Tyrol  (Italy). 
Magnificent  Situation,  all  comfort,  all  modern  methods 
of  eure,  first-class  hoteis,  Sanatoriums,  boarding-houses. 
Theaters,  concerts,  sport,  mountain-roads,  passable  for 
autos,  mountain-railways. 

Prospectus  by  the  Kurvorstehung  of  Meran. 


1\/TTI7D  A  ]V[  la  plus  grande  Station  climaterique 
^^J-I-^J^^^^^^^  du  Tyrol  meridional  (Fltalie). 
Situation  magnifique,  tout  confort,  toutes  sortes  de 
traitements  modernes,  des  premiers  hoteis,  des  stations 
sanitaires,  des  pensions.  Des  theätres,  des  concerts, 
du  sport,  des  routes  alpestres  praticables  pour  des 
autos,  des  chemins  de  fer  de  montagnes. 

Prospectus  par  le  Kurvorstehung  de  Meran. 


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45 


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JHünchen  ] 

Vromenadepiatz  14  k 

Jeteßhan  26326  J 

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Canlectioneru-  and  ChocGßate-Tactoru  ^ 

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Re^reshments,  7ea,  Chacatate  etc 


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serulerung  /  Torten  /  Cis-  und  Cremespeisen 
Dessertbäckereien    in    geschmackualtei*    niisU'ihmng 


-16 


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:=^=::  Umwälzung  im  Grammophonbau  =^::=:: 
Kein  Aufziehen  —  stellt  elektrisch  von  selbst  ab 

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arr 

irr 

lergau. 

stand  des  Einwohners 

Hs.-No.     Name  und  Stand  des  Einwohners 

Schnitzer 

HC 

70 

Rutz  Jakob.   Privatier. 

HC 

lan,  Kaufmann 

HC 

71 

Gastl   Georg,   Kaufmann. 

HC 

r  Peter,   Holzarbeiter 

HC 

72 

Aigner   Hans,   Postinspektor, 

nc 

Ichnitzer 

IIB 

73 

Lang  Sebastian,   Schnitzer  u.  Meßner 

HC 

Ta{?löhner 

IIB 

73 

Lang   Georg,    Bildhauer. 

HC 

akob,    Gastwirt 

IIB 

74 

Kratz   Jakob,   Holzarbeiter. 

HC 

iderm.  u.  II.Getneindedi 

en.  II  B 

75 

Maderspacher  Johann,  Ökonom. 

HC 

Holzarbeiter 

IIB 

76 

Albrecht  Anton,  Taglöhner. 

HC 

.p,  Hotel  WitteUb. -Ho 

f  HIB 

76 

Albrecht  Wilhelm. 

HC 

i.   Bäckerm.  u.  I.  Bürgerin  III  B 

76^, 

Haser  Ludwig,  Zimmermann. 

IC 

1,   Cafe   „Alpenrosa" 

111  B 

76a 

Haag  Sebastian,   Ökonom. 

IC 

.thias.   Metzgermeister 

IIB 

76a 

Bayer    Michael,   Schuhmacher. 

IC 

l-  Joset,   Taglöhner 

IIB 

76b 

Krankenhaus 

HIC 

1,   Bäckerm.  u.  Biirgerm 

.      IIB 

76c 

Breitsamter   Gregor,   Privatier. 

IC 

wig.    Wasserbauarbeiter      II  B 

76d 

Mayer   Anton,   Schnitzer, 

IC 

,   Bäcker 

IIB 

77 

Gerold   Peter,   Ökonom. 

IC 

r  Maria.    Okonomenwitwe  U  B 

77^0 

Bauer  Siegfried,   Malermeister. 

IC 

1,   Malermeister 

11  BC 

77S 

Schneller  Theodor,   Gärtner. 

IC 

HC 

77a 

Linder  Anna,   Privatiere. 

IC 

Hemeindesekrelär 

HC 

77ai2 

Haser   Ferdinand,   Taglöhner. 

IC 

harina,  Witwe 

HC 

77aV3 

Hammel   Anton,   Fabrikdirektor. 

IC 

HC 

77a^3 

Wittmann   Christian,   Fachlehrer. 

IC 

üdwig,    Hauptlehrer 

HC 

77bi3 

Eder   Kaspar.   Postschaffner. 

IC 

ersehe  Kinder 

HC 

77bii 

Lang  Otto,  Zimmermeister. 

IC 

,   Schnitzer 

HC 

77b 

Gerum   Alois,   Holzarbeiter. 

IC 

reas,  Taglöhner 

HC 

77c 

Schwaiger   Franz,   Waldwärter. 

IC 

,   Kaufmann 

HC 

77d 

Wilkoszewska   Alice     Privatiere. 

IC 

ii.   Taglöhner 

HC 

77e 

Dietrich    Ernst,   Revierförster  a.  D. 

IC 

f.    Maler 

HC 

77f 

Dasio    Max,   Oberregierungsrat 

IC 

,   Schnitzersfrau 

HC 

78 

Renner   Simon,   Holzarbeiter. 

IC 

""urnhalle) 

II  Hl  C 

78a 

Mayr   Hans,   Sdinitzwarenverleger. 

IC 

Anton,   Taglöhner 

HHIC 

78a 

Lehmann,   Oberstleutnant  a.  D. 

IC 

sr 

li/III  C 

78b 

Hohenleiter  Peter,   Holzmeister. 

IC 

;,   Lehrerin 

II/HI  C 

78b 

Moderegger  Johann,   Revierförster. 

IC 

,   Schreiner 

III  C 

79 

Kirchmeyer  Franz. 

IC 

,  Bäckerm.  u   Bürgermstr.    III  C 

79 

Bierling   Alfred,   Elektrotechniker. 

IC 

,  Drog.  u.  ZigarrcDgesch 

.     IIIC 

79a 

Zwink  Therese,   Sdinitzerswitwe. 

HC 

),   Distriktstierarzt 

111  c 

79a 

Haag   Magdalena,   Witwe. 

II  c 

,   Schnitzwarenverleger 

nie 

79b 

Bauer   Josef    Postbote. 

ID 

sar,   Säger. 

11!  c 

79c 

Ruederer   Elisab  ,   Sdiriftstellerswe. 

HD 

,  Taglöhner. 

111  c 

79d 

Marxer  Leo.   Hauptlehrer  a.  D. 

ID 

;r  Kathi,   Näheria. 

111  c 

80 

Schallhammer   Georg,   Schnitzer. 

II  C 

{,   Schreiner. 

nie 

80a 

Zunterer   Mathilde,    Milchgeschäft. 

II  C 

Schnitzer. 

III  c 

80b 

Graf   .Michael,    Privatier. 

nc 

Therese,   Gastwirtin. 

nie 

81 

Gindhart   Rosina,   Privatiere. 

nc 

Gärtner. 

nie 

82 

Ponkratz   Sebastian,   Ökonom. 

nc 

on,   Restaurateur. 

nie 

83 

Niggl   Johann,   Ökonom. 

HC 

T  Leonhard,   Postsch. 

nie 

84 

Klucker  Benedikt,   Ökonom. 

nc 

olaus,   Sdinitzer. 

nie 

85 

Schmid    Franziska,   Witwe. 

II  c 

Goldsdimied  u.  Instal. 

nie 

86 

Lang   Emanuel,   Sdinitzer. 

HC 

',   Holzarbeiter. 

11  ni  c 

87 

Schilcher  Max,  Schnittwarenhandlung 

nc 

Kaufmann 

11  nie 

88 

Beer  Josef.   Bäckermeister. 

HC 

r  Gustav,   Schnitzer. 

HC 

88 

Dietmayer  Nik.,  Gendarmeriewachtm. 

nc 

1  Schmiedmeister. 

HC 

88 

Blaß  Josef,  Gendarmeriewachtmeister. 

HC 

Dorf- Plan  mit  Einwohner-Verzeichnis  von  Oberammergau. 


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I 


r  Rüprr.,  Sij.wc.k.b« 


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Sd>ild..r  Eli...  V.,l.,„. 
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Sckildur  A„„,,   Wilwc 
A„,..,.ll.,  Gg..  Ji,„ 
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7f  ,  Hilpold...!,,., 

71         D.i..nber<er 

r  Tob,..     Sd..il,.,. 


37<1       Eim  J0..I.  T.gl6l 

37.       R..I  M.ti,.,''zimm. 
37.       Ringw.M  Eli,.b.ih 


19  Wi.dem.nn   A.d,. 

10  M.ier  Joh.ni.  Rolii 

11  L.ni  G..,,,  Si,., 


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W.lh.li..  Bi.i.,„.  u.  I.  B. 
Wilb.l".  C.l.  „Alp.n.o.. 


60         W.gn.r  J0..I. 


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I  VI  ""usu 


3iand  des  Einwohners 

Hs.-No.    Name  und  Stand  des  Einwohners 

stian,   Metzger. 

III  c 

179 

Zigon  Oskar,  Sdineidermeister. 

HIB 

■hann,   Taglöhner. 

nie 

180 

Kirche. 

HIB 

n,   Maurer. 

III  c 

180a 

Haag   Marie,   Okonomenswitwe. 

HIB 

jnhard,   Taglöhner. 

111  c 

181 

Rendl   Peter.   Bildhauer. 

III  B 

.   Fuhrmann. 

111  c 

181a 

Dedler   Matthias,   Schnitzer. 

HIB 

Schlachthofhallenmeister      111  C 

I81a' 

-'  Rendl   Peter.    Bildhauer. 

HIB 

ca,   Wäscherin. 

III  c 

181a' 

2  Stahl   Mathilde     Privatiere. 

HIB 

^.fried,    Holzarbeiter. 

nie 

1-lb 

Hobach   Irene,   Privatiere. 

nie 

Holzarbeiter. 

nie 

I81b' 

2  Edel  Florian,  Zimmermeisler. 

IV  e 

Taglöhner. 

nie 

181c 

Uhl    Eduard,   Sdinitzer. 

IV  e 

inhard,   Landwirt. 

nie 

181c 

Gritscheneder,   Sattler. 

IV  e 

1,   Holzarbeiter. 

nie 

181cV 

i  Haser  Josef.  Bildhauer. 

IV  e 

;.   Witwe. 

III  ee 

löld 

Klucker   Jakob.   Holzarbeiter. 

IV  e 

holomäus. 

inse 

I8lf 

Stückl   Max,   Schreiner. 

IV  e 

'.elf,   Zimmermann. 

III  Be 

181g 

Spegel   Max,   Schreiner. 

IV  e 

Wasserbauarbeiter. 

III  Be 

181h 

Steinbrecher,   Privatier. 

IV  e 

Witwe. 

III  Be 

181h 

Krause   Margareta,   Privatiere. 

IV  e 

lomäus,  Holzarbeiter. 

niB,e 

181h 

Spegel  Wilhelm,   Schreiner. 

IV  e 

sei.    Erben. 

niBe 

181i 

König   Richard,   Professor. 

IV  e 

an,   Gärtner. 

111  Be 

181k 

Mayr   Klemens,    Holzarbeiter. 

IV  e 

sei.    Erben. 

HIB 

181k 

Müller  Edmund.   Forstarbeiter. 

IV  c 

Fachschuldirektor  a.  C 

).    HIB 

1811 

Hitzlberger  Xaver.   Privatier. 

IV  c 

sei.   Erben. 

IIB 

1811 

Mayr  Dominikus,   Flußmeister. 

IV  e 

Uhrmacher. 

HIB 

182 

Schmid   Eduard,    Maurermeister. 

IVB 

.   Okonomiebaumeister. 

HIB 

182^/0 

Bierling  Sebastian,  Schuhmachermstr. 

IVB 

Taglöhner. 

1!I  B 

18?!/; 

Knauer  August,  Metzger  u   Gastwirt 

IVB 

Zahntechniker. 

HIB 

1 821  _^ 

Deutsch  Emma.  Kolonialwarengescii. 

IVB 

Ig.    Buchhalter. 

HIB 

1821/', 

Bierling   Jakob,   Goldschmied. 

IVB 

Schnitz  warenverjeger. 

HIB 

182'  .^ 

Lang   Heinrich,   Schnitzer. 

IVB 

letzgermeister. 

HIB 

1821,4 

Burger  Jakob,   Kaufmann. 

IVB 

Schnitz  Warenverleger. 

HIB 

182a 

Bold   Ludwig.    Schnitzer. 

V  B 

sei.   Erben,   Museum. 

HIB 

182b 

Müller   Marie,   Maurerswitwe. 

VB 

Paul,   Schnitzer. 

HIB 

182c 

Piller  Peter,   Maurermeister. 

VB 

»minikus,   Taglöhner. 

HIB 

1^2c 

Zaratti  Josef,   Maurer. 

VB 

ae,   Hausbesitzerin. 

HIB 

182d 

Lang   Georg  sei.   Erben. 

VB 

-org,   Schuhmacher. 

HIB 

182d 

Haseidl   Nikolaus,   Lagermeister. 

VB 

sef,   Taglöhner. 

HIB 

182d 

Lang  Hugo.   Holzarbeiter. 

V  B 

IS,   Sdinitzer. 

HIB 

]82d 

Heinzeller   Hans   sen  ,   Schreiner. 

VB 

.rg,    Forstarbeiter. 

HIB 

182d 

Bauer   Adam.   Schreiner. 

VB 

ann,   Arbeiter. 

111  B 

182d 

Daffertshofer  Xaver.   Taglöhner. 

VB 

•en.,   S  raßenwärter. 

HIB 

182e 

Bold    Heinrich,   Dienstmann. 

VB 

r-,    Bildsdinitzer. 

111  B 

183 

Strauß   Monika.   Witwe. 

V  B 

>nne,   Schreinerswitwe. 

HIB 

183 

Mittermeyer  Josef,   Hafnermeister. 

VB 

f,   Eisenwarenhandlung 

.     HIB 

183a. 

Frießenegger  Johann,   Taglöhner. 

VB 

ann,   pens.   Postbote. 

HI  B 

184 

Funk   Otto,   Zimmermann. 

VB 

■r  Kathi,   Privatiere. 

Hl  B 

184a 

Funk   Ludwig,   Postschaffner. 

VB 

•ter,   Taglöhner. 

HIB 

185 

Lang   Georg   sei.   Erben. 

V  B 

o,   Schuhmacher. 

HIB 

185 

Wenig   Matthias,    Postschaffner. 

V  B 

;t,    Taglöhner. 

111  B 

185 

Gomeier   Georg,    Maschinist. 

V  B 

Holzarbeiter. 

HIB 

185 

Stoiber   Karl,    Maler. 

VB 

g,    Taglöhner. 

HIB 

186 

Merz   Ludwig,   Maler. 

VB 

n,   Taglöhner. 

HIB 

186a 

Fichtl   Georg,   Taglöhner. 

VB 

'g,   Waldwärter. 

HIB 

I86b 

Schmid   Adolf,   Zimmermann. 

VB 

Witwe. 

HIB 

187 

Hesse   Arno,    Malermeister. 

V  B 

;an,   Ökonom. 

111  B 

187 

Ackermann  Otto,  Kunstmaler,  Prof. 

VB 

irtin,  Straßenaufseher. 

HIB 

188 

Stadler   Konrad,   Ökonom. 

VB 

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