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den Städten Europas wieder finden dürfte
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ohne weiteres nachahmen lassen zu jenen Magazinen, die nur
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und sein Passionsspiel 1922
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kannter und genehmigter, nach amtlichen
Quellen und eigener Anschauung verfaßter
: FÜHRER :
durch Spiel, Ort und Umgegend
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FERDINAND FELDTGL
(1900 Passionsmusik- Dirigent in Oberammergau)
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Inhaltsverzeichnis.
Vorwort
1. Kapitel.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
Seite
Das Oberammergauer Passionsspiel, ein Ver-
söhnungswerk 9
Das Passionsspiel, ein Gelübde 19
Das Passionsspiel, ein Literaturdenkmal . . 32
Die Passionsmusik 47
Die Ausstattung des Spiels 61
Die Geldfrage 76
Die Spielkräfte 90
Die Handlung des Spieles 112
Die Fahrt zum Spiele 137
Der Ort 147
Oberammergaus Umgegend 191
Anhang.
a) Theaterplan.
b) Offizielle Ausschreibung.
c) Offizieller Wohnungs- und Billeten-Bestellschein.
d) Dorfplan und Einwohner-Verzeichnis.
e) Karte von Oberbayern.
6 farbige und ca. 60 schwarze Illustrationen.
Der „Offizielle Gesamt-Text der Passionsspiele 1922" kann durch den Verlag
dieses Führers (Ludwig Rutz, Oberammergau) zum Preise von Mk. 10. — (Porto
Mk. 2.— ; Nachnahmegebühr Mk. 3.5Ü) bezogen werden.
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2001057
1*
Kalender 1922
O^T' Die Oberammergauer
Festspieltage sind fettgedruckt.
Mai
Juni
Juli
August
September
1 ,\\ IMiil.ii.J.
2 D Athaiias
3 M Hl.tAutf,
4 D Monika J
5 h Pills
ö S Joh. V.I.Pf
1 D Kuno
2 t Erasmus J)
3 S tClothilde
7 S S.Jubil.
S ^\ Michael E
9 D Gregor N.
10 M Antonin
11 D Majolus :t;
12 F Pankraz
13 S Servaz
14S4.Cantate
15 M Sophie
IG D Joh. Nep.
17 M Paschalis
18 D Erich C
19 F Zölestin
20 S Bernh.
21 S 5. Rog.
22 i\\ lulia
23 D Euphrosin.
24 M Hildebert
25DChr.Himf.
26 F Philipp #
27 S Beda
4 S Hl. Pfingstf
5 M Pfingstm.
6 D Norbert
7 M t Quat.
8 U iWedard.
9 F t Prim. (f
]\) S Margar.
IISHi.Dreifalt.
12 M Joh. F.
13 D Ant. V. P.
14 M Basilius
15 D Fronleichn.
16 F Benno
17 S Adolf C
1 S Theob. J,
2 S4. Mar.Hs.
3 M Rumoid
4 D Ulrich
5 M Domitius
6 D Sexburg.
7 F Willibald
8 S Kilian
9 S S.Leono.®
10 M Amalia
11 D Pius
12 M Jöh.G.
13 D Eugen
14 F Bonavent
15 S Heinrich
D Petri K.
M Alf. V.L.
ü Steph. A.
F Domin.
S Mar. Seh.
1 F Aegidius
2 S Stephan
18 S 2. Emil
19 M Gervas
20 D Sylver.
21 M Aloysius
22 D Paulinus
23 F Edeltr.
24 S Joh. d. T.
16 S 6,Skp.-P,
17 M Alexius C
18 D Friedrich
19 M Vinz.v.P.
20 D Margar.
21 F Daniel
22 S Magdal.
6 S
9. Port.
7 M
Afra
8 1)
Cyriak. ®
9 M
August
10 D
Laurent.
11 K
Susanna
12 S
Klara
M S
10. Wigb.
14 M
tEuseb.
15 DMar.Hf.C
16 M
Rochus
17 D
Liberat.
18 F
Helena
19 S
Sebald
3S13.Sch.-F.
4 M Rosalia
5 D Laur.
6 M Magnus ®
7 D Regina
8 F Mar. Geb.
9 S Korbin.
10 S 14. M. N.
1 1 M Prot. u. H.
12 D Guido
13 M Notburga
14 D Hl.fErh.C
15 F Nikod
16 S Kornelius
28 S 6. Exaudi
29 M Judith
30 D Felix
31 M Angela
25 S 3. Wllh.®
26 M Rudolf
27 D Ladislaus
28 M 7 Leo II.
29 DPet.u.Paul
30 F Pauli G.
Som.-Anf. V2.Juni
23 S T.Libor.
24 M Christine®
25 D Jakob
26 M Anna
27 D Konstant.
28 F Viktor
29 S Martha
30 S 8, Urban
31 M Ign.v. L. D
S 11. Bernh.
M Frnzisk.Ch
D Svmphor.®
M Philipp
D Barthol.
F Ludwig
S Sephyrin
17S15.Kolum.
18 M Irene
19 D Januar.
20 M 7 Quart.
21 D Matth. #
22 F tEmmeran
23 S 7 Thekla
S 12. Cäsar
^\ Augustin
D Joh. E. 1)
M Rosa V. L.
D Raimund
24S16.Mar.M.
25 M Aurella
26 D Cyprian
27 M Kosmas 1)
28 D Wenzel
k9 F Michael
30 S Hieronym
Hbst.-Anf23.Sept.
Die Generalprobe findet am 9. Mai statt.
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Beginn des Spiels morgens 8 Uhr, Ende abends 6 Uhr. 12— 2 Uhr Mittagspause.
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VORWORT.
Zum drittenmale begrüße ich mit diesem Führer meine
mir treu gebhebenen und, wie ich hoffe, recht viele neue
Leser und Freunde von Oberammergau. In vierter Auflage
geht er hinaus in alle Welt. Zum erstenmale erschien er
1900 und seitdem in 2 deutschen Auflagen und einer eng-
lischen Ausgabe. 1900 stand ich noch selbst mitten im
Spiele als Lehrer des Ortes und musikalischer Dirigent der
Passionsspiele. Seit 1902 habe ich behufs Antritt einer
anderen Stelle den Ort verlassen, aber oft und oft bin ich
als Gast zurückgekehrt und ich fand jederzeit überall offene
Türen; ich bin dem Orte treu geblieben in Freud und Leid
wie er mir, mit Rat und Tat, bis zur Stunde und hoffe, es'
bleibt dabei bis an mein Lebensende. Gegenwärtiges Buch
möge das alte Freundschaftsband nicht lockern, sondern
nur noch fester knüpfen!
Beim Durchlesen dieses Führers werden die geneigten
Leser finden, daß er vollständig neu bearbeitet ist. Die
sozialen und politischen Verhältnisse haben eine ganz andere
Zeidage, eine ganz neue Unterlage für das Spiel geschaffen;
die wirtschaftlichen Verhältnisse, die Organisationen des
finanziellen Spielbetriebs sind anders geworden, die litera-
rische Forschung hat neue bedeutsame Resultate zutage
gefördert und ich schätze es mir zum schönsten, ehrenvoll-
sten Erfolg meiner dreißigjährigen literarischen Studien, daß
es mir gelungen ist, die zwei Passionstexte von 1811 und
1815 in den Originalen aufzufinden und für den Besitz der
Gemeinde Oberammergau zu sichern. Damit ist jetzt erst
die Passionstextgeschichte in allen Teilen klargelegt; auch
die Musikgeschichte ist um ein gutes Teil weiter gekommen.
Neue Männer sind ans Ruder gelangt mit neuen Plänen
und Ideen, alte, verdiente, bewährte Veteranen sind aus-
geschieden, lieber manchen hat sich das Grab geschlossen.
Viele Opfer hat der Weltkrieg gekostet und nur mit tiefster
Wehmut denke ich daran, daß die meisten der Gefallenen
einst meine Schüler waren. Mit Dank gedenke ich Aller,
welche mich in Neuschaffung des Führers unterstützt haben.
Vor allem des so schnell verstorbenen Kommerzienrates
Guido Lang, dann der lebenden Männer, die mir so bereit-
willig mit Aufklärung und Material entgegenkamen: der
Schnitzschuldirektoren Ludwig Lang und Faßnacht, des
gegenwärtigen Spielleiters Georg Lang, der Herren Haupt-
lehrer Wittmann, Professor M. Zeno Diemer, Universitäts-
professor Dr. Streck usw., meines Verlegers Herrn Ludwig
Rutz, der in schwerer Zeit keine Mühe und keine Opfer
scheute, so gut als möglich den Führer auszustatten. Vor
allem aber gilt mein Dank dem Passions-Komitee wie ins-
besondere dessen Vorsitzenden Bürgermeister Wilhelm Rutz.
Schon am 13. Mai 1921 erhielt ich nachstehenden Brief:
Hochwohlg. H. Hauptlehrer Feldigl!
Namens des Passionsspiel-Komitees habe ich den
Auftrag, Ihnen mitzuteilen, daß Sie alles, was Sie zur
Ausstattung Ihres Führers wünschen, verwenden können.
Wir schätzen uns glücklich in Ihnen einen so aufrichtigen
Verfechter unserer Passionsspiele zu haben und wünschen
Ihnen hiezu alles Glück!
Wilhelm Rutz, Bürgermeister.
Indem ich also mit wärmstem Dank hiemit diese offizielle
Anerkennung konstatiere und dieselbe mir zur besonderen
Ehre anrechne, fühle ich mich aber andererseits dennoch
verpflichtet, ausdrücklich zu erklären, daß mich weder die-
selbe noch irgend etwas anderes in meinem Urteil über
Oberammergau beeinflußt hat. Wohl stehe ich, wie schon
gesagt, seit mehr als 30 Jahren mit dem Ort in enger
Fühlung, es war mir aber selbstverständlich Literaten- und
Gewissenspflicht, mir in diesem Buche vollständig freies
und objektives Urteil zu bewahren und stehe ich persön-
lich meinem ehemaligen Berufsort heute vollständig frei
gegenüber. Wenn nun dennoch mein Urteil über Ort und
Spiel, Land und Leute ein durchaus günstiges und ehren-
volles wurde, so ist das, was ich schrieb, nach meiner persön-
lichen Ueberzeugung vollständig objektive Wahrheit, meine
eigene, unbeeinflußte Meinung und keinerlei vorbestellte
Reklamearbeit.
Und so übergebe ich dieses Buch meinen verehrten
Lesern in der Hoffnung, allen etwas damit zu bieten, und
zwar nicht nur einen Führer, den man nach der Reise
wieder weglegt, sondern ein Erinnerungs- und Gedächtnis-
buch, nach dem jeder noch öfter gerne greifen möge in
der Zwischenzeit bis zum nächsten Passionsspiel. Es
empfiehlt sich bei Besuch des Spieles neben diesem Führer
auch noch das von der Gemeinde ausgegebene Textbuch
ins Theater mit zu nehmen. Die Literaturfreunde und BibHo-
graphen seien zur Ergänzung ihrer literarischen Studien
auf das gleichzeitig erscheinende Werk hingewiesen: „Denk-
mäler der Passionsliteratur^^, Verlag von Uhlschmid Ober-
ammergau, welches Werk die vollständige ausführliche Text-
Geschichte des Oberammergauer und seiner verwandten
Spiele und außer sonstigen zahlreichen Textproben den
vollständigen neu aufgefundenen Text von 1811 enthält.
Meine eigenen Erlebnisse habe ich in dem demnächst erschei-
nenden Buch: „Theatererinnerungen eines ehemaligen Ober-
ammergauers'' (Volksfreund-Verlag München, Hiltensberger-
straße 15) niedergelegt. Mit diesen drei Werken möchte ich
Oberammergau mein literarisches Testament übergeben, denn
für einen, der schon sechs Jahrzehnte seines Lebens hinter
sich hat, wird es allmählich Zeit an das Abschiednehmen von
seinen Lesern zu denken. Wer weiß, ob wir uns beim
nächsten Passionsspiele wiedersehen! Also darum heute ein
umso herzlicherer Gruß und Händedruck!
Der Verfasser.
Uersäumen Sie nicht, bei Ihrem Jlufenthaä in Ober-
ammergau die sehensii^erte „Kanstgeii^erbäche Uus-
steitung" uon Eudmig u. Hermann Kutz am HauptfiEatz,
uis-ä-uis uom Holet Wittetsbacher-Hol, zu besuchen.
Treie Besichtigung lederzeit gestattet!
Jesus bei Simon
1. KAPITEL.
Das Oberammergauer Passionsspiel,
ein Versöhnungswerk.
Wirf zum heiligen Staunen Dich nieder von Gottes Fluch
gebeugtes Geschlecht !^^
Das sind die ersten, furchtbar ernsten Worte, mit denen
das Passionsspiel von Oberammergau beginnt, „das große
Versöhnungsopfer auf Golgatha", wie es nach den älteren
Textbüchern geheißen wird.
Wann je hätten sie kräftiger und erschütternder an alle
Herzen geschlagen als in der gegenwärtigen Zeit? Wann
hat die Welt, das gesamte Menschengeschlecht der Zorn
Gottes mehr heimgesucht, als in unseren Tagen?
Ja, die gesamte Menschheit, ob sie sich in ihren Völkern
siegreich nennt oder besiegt gilt, ist ein vom Fluche Gottes
gebeugtes Geschlecht.
Und ist der Fluch unverdient?
Aus den Rebgewinden der Lauben von Meran schaut
ein alter Spruch hervor und der alte Spruch ist so neu, so
wahr und treffend, daß er heute geschrieben sein könnte:
„Die Redlichkeit ist aus der Welt gereist, die Aufrichtigkeit
ist schlafen gegangen, die Frömmigkeit hat sich versteckt,
die Gerechtigkeit kann den Weg nimmer finden, der Helfer
ist nicht mehr zu Haus, die Liebe liegt krank, die Gut-
tätigkeit sitzt im Arrest, der Glaube ist erloschen. Künste
und Tugend gehen betteln, die Wahrheit ist begraben,
Schwüre werden gebrochen, und die Treue nicht mehr
geachtet, der Kredit ist närrisch geworden und das Gewissen
hängt an der Wand."
Und was könnte man heute noch alles dazu setzen?
Heute liegt die ganze Menschheit todkrank und tod-
müde darnieder, verwundet bis ins tiefste Herz hinein und
weiß nicht, ob sie sich je wieder zur alten Kraft erheben kann.
,,Doch von ferne, von Kalvariens Höhen
Leuchtet durch die Nacht ein Morgenglühn,
Aus des Kreuzesbaumes Zweigen wehen
Friedenslüfte durch die Welten hin.
Gott! Erbarmer! Sünder zu begnaden
Die verachtet frevelnd Dein Gebot,
Gibst Du, sie vom Fluche zu entladen,
Deinen Eingebornen in den Tod."
So tönt ein schlichter Sang aus den Bergen des baye-
rischen Hochlands, aus dem einfachen Dorfe Oberammergau,
und der Ruf, der von dort aus klingt, wird in der ganzen
Welt vernommen und Tausende und Tausende eilen herbei
um ihn nahe zu vernehmen und es geht ein neues Auf-
atmen, ein neues Hoffen durch die Welt.
Wieder geht von dem Bergdorf der Ruf an die Welt
und der tröstliche Gruß:
„Friede Dir! Aus Sions Gnade wieder!
Nicht ewig zürnet er.
Der Beleidigte. — Ist sein Zürnen auch gerecht,
Ich will, — so spricht der Herr —
Den Tod des Sünders nicht, — vergeben
Will ich ihm, — er soll leben,
Versöhnen wird — selbst meines Sohnes Blut versöhnet."
Laut tönet da von der Bühne des Passionstheaters von
Oberammergau herab das paulinische Wort und deutet allein
die Rettung.
„Versöhnet euch mit Gott!"
Noch ist es nicht zu spät. Noch ragen wie zu den
Zeiten, da der vorerwähnte Spruch unter die Meraner Lauben
geschrieben wurde, die Kirchen, Dome und Kathedralen
zum Himmel, noch lebt der alte Gott und die Sehnsucht nach
ihm läßt sich nirgends verbergen, sie ist größer denn je.
Nach den Oberammergauer Passionsspielen des Jahres
1910 hatten die Volksbühnen von Erl, Brixlegg und Waal
sich eröffnet und durch ihr würdiges Spiel von weit her
Gäste angezogen. Mitten in die Waaler Spiele des Jahres 1914
tönte aber der schauerliche Kriegsruf, der den Weltbrand
entzündete und so unendliche Menschenopfer und Opfer
— 10 —
an leiblichen und geistigen Gütern kostete. Noch waren
die Kämpfe und inneren Unruhen nicht zu einem allgemeinen
friedlichen Abschluß gekommen, als das Jahr 1920 sich
schon nahte und die Oberammergauer Gemeinde wieder
daran gemahnt wurde, alten Brauch und altes Gelübde aufs
neue zu erfüllen; noch waren die tiefen Wunden nicht
geheilt, die der Krieg geschlagen. Die Gedächtnistafel der
im Kriege Gefallenen im Gottesacker von Oberammergau
zählt 65 Namen geborener Oberammergauer, 80 in das Feld
Gezogene kehrten nicht mehr heim, darunter solche, auf die
der Ort für sein nächstes Spiel die besten Hoffnungen gesetzt
hatte; die Heimgekehrten waren krank und todmüde von
den Strapazen des Krieges, außer aller dramatischen Uebung,
unfähig, die Pflichten und Aufregungen auf sich zu nehmen,
die das Spiel auflegt. Es mußte vorerst mit Uebung und
Vorbereitung ganz von vorne angefangen werden mit vollstän-
diger Neuheranbildung von dramatischen und musikalischen
Kräften, mit kleineren Uebungsspielen, mit längerer ein-
gehender Prüfung bisher unbeschäftigter, vollständig neu
heranwachsender Kräfte. Dazu kam die Unsicherheit der
politischen Lage, die Unmöglichkeit der Verpflegung, und
noch gar manch anderes, das alles zusammenwirkte, um
die Wiederaufnahme des Spieles direkt unmöglich zu machen.
Zahllos waren die Anfragen, die an die Gemeindeverwaltung
und an Private in Oberammergau ergingen wegen des Zeit-
punktes des Spieles und auch an Schreiber dieses, der in den
schlimmen Tagen ebenso treu und eng mit dem Ort verbunden
blieb als in den guten, wurde täglich die Frage gerichtet,
ob und wann die Oberammergauer wieder spielen. Da dies
aber einfach unmöglich war, so taten sich andere Bühnen auf.
Auch die Kunstbühne bemächtigte sich der Passionsspiele
in der an sich durchaus löblichen Absicht, mit ihren geist-
lichen Spielen Fühlung zur Volksbühne zu erringen. Franz
Herwig ließ in Weimar den Jahresfestkreis in dramatischen
Bildern entstehen; München eröffnete gleich zwei Passions-
bühnen. Im Ausstellungstheater auf der Sendlingerhöhe
wurde das Mysterienspiel der Brüder Arnoul und Simon
Greban, aus dem Französischen des Jahres 1452 von Wil-
helm Schmidtbonn frei übertragen, im Herzogspark das Pas-
sionsspiel des Dr. Hermann Dimmler zur Aufführung ge-
bracht. Und seitdem hat sich weiter eine Reihe von Passions-
— 11 —
bühnen auf^ctan, private wie gesellschaftliche Unternehmen,
VOM denen einzelne soweit gingen, sich sogar für mehr oder
weniger „Oberammergauer Spiele^* auszugeben, samt und
sonders aber keine wirkliche Verbindung mit Oberammergau
hatten. Das gegenwärtige Buch hat nicht über die Qualitäten
und den Erfolg dieser Spiele zu befinden und will sich
darüber jedes Urteils enthalten. Die Oberammergauer selbst
haben fleißig die ihnen zunächst zugänglichen Münchener
Spiele besucht und, wie Schreiber dieses bestätigen kann,
neidlos und ohne Voreingenommenheit ihr durch jahrelange
Bühnenerfahrung gereiftes, objektives und meist sehr tref-
fendes Urteil gefällt. Die Gleichzeitigkeit hat den Münchener
Spielen gegenseitig Abbruch getan und verteilte sich damit
die Anzahl der Besucher auf zwei Unternehmen. Zusammen-
genommen wäre sie eine sehr erkleckliche und damit der
Beweis für das warme Interesse des Volkes am Spiele
gewesen. Das Zehnerjahr w^ar für viele Leute aus dem
Volk, das für sie einmal nach Brauch und alter Sitte mit
dem Besuch des Oberammergauer Passionsspieles verbun-
dene Jahr und, da sie dessen entbehren mußten, besuchten
sie dessen Ersatz. (Das Wort will nicht im modernschlimmen
Sinn angewendet sein.)
Die Sehnsucht nach Erlösung und Versöhnung trieb
sie damals und treibt sie neuerdings wieder in die Spiele,
da endlich Oberammergau selbst wiederum in der Lage
ist, seine Hallen aufzutun.
Sie suchen nach dem in unseren finsteren Tagen ver-
lorenen Gott, sie sind selig, wenn sie ihn wiedersehen und
wiederfinden und wäre es vorerst nur im Bilde. Aber das
Bild prägt sich tief in die Herzen, es bringt neues Leben
und Frieden hinein, es kommt über sie das „heilige Staunen^^
Gar mancher, der den Weg in die ehrwürdigen Hallen
unserer Kirchen verloren hat, findet in Oberammergau beim
r^assionsspiel wieder den Rückweg zu Gott, die Erinne-
rungen einer längst verlorenen Jugend werden wieder wach,
der verlorene Glaube lebt, die Seele atmet wieder auf —
das ist die Versöhnung und, wenn sie nur einem zu teil
wird, dann ist sie das Opfer wert, welche das Spiel für
Ortsbewohner und Besucher mit sich brinot.
12 —
Philipp Eduard Devrient sagt schon 1850 in den „Bei-
lagen zur Augsburger Allgemeinen Zeitung":
„Es ist ein wahrer Seelentrost inmitten des Zerset-
zungsprozesses, den der moderne Geist mit allem Alten und
Ueberkommenen vornimmt, umgeben von den haltungslosen
Trümmern des bisherigen Lebens, mit denen wir zugleich so
viel Angelebtes, Liebgewordenes und Volkstümliches zer-
bröckeln und vergehen sehen, daß die eine Erscheinung,
wie dieser Ueberrest der geistlichen Schauspiele des Mittel-
alters, so altdeutsch, kerngesund und jugendfrisch vor uns
steht, als wäre sie gestern erst entstanden, uns mit den
unbefangenen Kinderaugen fröhlich ansieht und zuzurufen
scheint: „Seid guten Mutes, der alte Hort des deutschen
Volksgeistes ist unvertilgbar und unerschöpflich; wenn ihr
nur den Glauben daran behaltet, macht er euch wieder
überreich! . . . /'
Und sechzig Jahre darauf (1910) sprach der damalige
päpstliche Nuntius und nunmehrige Kardinal Dr. Frühwirt:
„Wo in aller Welt ist eine stärker ans Herz greifende,
auf die Gemüter wirkende Predigt über die heiligsten Ge-
heimnisse unserer Religion möglich als hier, wo aufrichtiger
Glaube und selbstlose, künstlerische Hingabe sich vereinigen,
um dem Auge sichtbar, dem Gemüte fühlbar das darzustellen,
was schon unsere zarte Jugend in Wort und Schrift bewegt
und ergriffen hat. Nur alle zehn Jahre — aber dann, welch'
gewaltige Aufrüttelung der Gewissen, welch' lautes Zeugnis
für das Heilige, für das sorglos Unbeachtete, für das oft
boshaft Geleugnete. Gerade darin, daß diese Predigt nur
alle zehn Jahre sich an die Zeitgenossen wendet, liegt ihre
Bedeutung. Oberammergau wird so zum Mahner, zum ern-
sten Rufer für den Geist und die Wahrheit, für den Glauben
an den Erlöser, an seine Existenz und Göttlichkeit. Und
was erfreulich und wirksam ist: Oberammergau hält seine
Jahrzehntpredigt an den Zeitgeist in einer Form, die jeden
anzieht, der teilnimmt an den Gütern unserer Kultur. Sie
wendet sich an das künstlerische Empfinden des Menschen,
sie kommt seinem tief in ihm liegenden Bedürfnis nach wahrer
Schönheit, nach dem Großen und Reinen entgegen, sie sucht
und findet ihn auf einem Boden, der allen zugänglich ist,
auf dem der Kunst!"
— n —
So urteilt der Schauspieler, so der Kardinal, der eine
ist Protestant und der andere Katholik. Und beide finden
sich einig in ihrer Begeisterung", einig in der Gutheißung
und Empfehlung. Diese Einigkeit weist uns auf eine /.weite
Bedeutung Oberammergaus hin, die nicht minder Beachtung
verdient wie die erste.
Das Passionsspiel ist nicht nur eine Tat der Ver-
söhnung des einzelnen Menschen mit Gott, sondern auch
ein Versöhnungswerk im Streite der Bekennt-
nisse.
Keinerlei dogmatische Streitfrage ist im Text angedeutet.
Der Text ist entweder reines Bibelwort oder der biblische
Wortlaut in schlichte Volkssprache übersetzt; beide versteht
und würdigt der Katholik ebenso wie der Protestant, das
Austeilen von Brot und Wein ist so würdig dargestellt, daß
es Katholiken wie Protestanten gleich tief ergreift, ohne
deswegen für den einen zum wirklichen Meßopfer und für
den anderen zum liturgischen Abendmahl zu werden, keiner
kann darin eine Profanierung seines gottesdienstlichen Kultus
finden; die ergreifende Marienklage wird nicht zur spezifisch
katholischen Marienverehrung, macht aber auch den Prote-
stanten die Gestalt der Maria in ihrem erschütternden Mutter-
schmerz ehrwürdig und liebewert. Ja nicht einmal der Jude
kann sich vom Spiel verletzt fühlen, er w^rd vergeblich nach
einer tendenziös hervorgehobenen Verhöhnung und Ver-
zerrung des Judentums suchen.
Noch eine dritte Versöhnungsmission wäre dann noch
dem Oberammergauer Passionsspiele vorbehalten und man
dürfte sich glücklich schätzen, wenn ihm diese gelingen
würde, die Versöhnung der entzweiten, ver-
feindeten Weltnationen.
lieber hundert Jahre sind Ausländer Besucher des Ober-
ammergauer Passionsspieles. Während den Napoleons-
kriegen saßen Bayern und Tiroler friedlich mit Franzosen
vor der Passionsbühne beisammen.
In den Vierziger Jahren, bald nach den bekanntgewor-
denen deutschen Berichten eines Hofrat Oken und Obern-
berg erschienen in London die Berichte des Mr. Gray,
AAr. Queen und in Liverpool jene des Mr. Josef Brooks
Yates und machten das Ausland auf die Spiele in Ober-
— 14 —
ammergau aufmerksam. Und bald kamen die Engländer
und später die Amerikaner in Scharen nach Oberammergau,
befreundeten sich mit den Oberammergauern und wurden
zum Teil alljährliche Sommergäste; verschiedene Stiftungen,
darunter die Kirchenorgel, dann die Stiftung von 10 000 Mk.
der Miß Milner für ambulante Krankenpflege, verdankt Ober-
ammergau den Engländern. Als kurz vor dem 1900 er Spiel
der Burenkrieg ausgebrochen war, regte sich die Befürchtung,
daß die Engländer ausbleiben möchten, weil sich die Sym-
pathien vieler Deutscher und des deutschen Kaisers selbst
auf die Seite der Buren neigte, aber die Engländer blieben
den Oberammergauern treu und der Krieg überraschte 1914
gar manchen noch dort. Die Franzosen kamen um zehn
Jahre später als die Engländer; hier war Baron de Roisin
in den Pariser „Annales archeologiques^^ der Rufer. Der
Zustrom hielt anfangs mit England gleichen Schritt, besonders
waren die französischen Abbes Besucher von Oberammergau,
da kam aber das Jahr 1870 und schnitt von da an für Jahr-
zehnte lang jeden Besuch ab. Erst mit dem Jahre 1890 ent-
standen für Frankreich wieder Rufer zum Passionsspiel mit
Jongley Linge und Emil Paris und 1900 mit Guido Vogel-
sang, auch die Uebersetzung von Schachings: „Judas von
Oberammergau*^ ins Französische führte d^m Spiele Freunde
aus Frankreich zu. 1900 und 1910 waren die französischen
Abbes wieder typische Erscheinungen unter der Passions-
besucherwelt geworden. Die französische Tonkünstlerwelt,
die 1910 in München so enthusiastischer Aufnahme sich
erfreute, fand ebenfalls den Weg nach Oberammergau und
trug von dort die besten Eindrücke heim. Der Pfarrer von
Nancy nahm sich von Oberammergau mit seiner Begeisterung
auch Photographien und Textbücher mit und setzte nach
dem. Oberammergauer Passionsspiel in Nancy selbst ein
solches in Szene. Dasselbe feierte 1914 gerade seinen Anfang
und mehrere Oberammergauer wollten der freundlichst
erfolgten Einladung dorthin Folge geben, da brach der neue
unselige Krieg los und neuer Zwist und Haß legte sich
zwischen die Völker, der diesesmal auch die Engländer und
Amerikaner in seinen Bann zog.
Dieses Buch soll keinerlei politischer, philanthropischer
oder internationaler Propaganda dienen; der Verfasser weiß
sich fern von jeglicher Liebedienerei und unmännHcher An-
— 15 —
bicdcrci. Schon aber im Sinne des weltumspannenden
Christentums mag und muß ihm die Frage gestattet sein:
Soll der Haß der Völker immer bleiben? Sollte sich
nirgends mehr ein gegenseitiges Verzeihen finden? Sollte
nicht Oberammergau wieder eine Brücke schlagen können
zwischen den entzweiten, verbitterten Nationen? Religion und
Volkskunst haben hier einen neutralen Boden geschaffen,
auf dem man sich wieder verstehen, wieder die Hände
reichen könnte. Wäre es gar nicht möglich?
Sollten die ersten Worte, welche der Prologsprecher
an die Besucher des Passionsspiels richtet, für ganze Na-
tionen ungehört verhallen?
„Alle seien gegrüßt, vv eiche die Liebe hier
Um den Heiland vereint, trauernd ihm nachzugehn
Auf dem Wege des Leidens
Bis zur Stätte der Grabesruh.
Die von nahe und ferne heute gekommen sind,
Alle fühlen sich hier Eines in Brudersinn
Als die Jünger des Einen,
Der für alle gelitten ha t."
Wenn dieses Wort auf gutes Erdreich fiele, wenn dieser
Same Wurzeln schlagen würde, — welch ein Glück, welch ein
Segen?
Und so könnte wirklich das Oberammergauer Passions-
spiel auch in dieser Hinsicht ein Versöhnungswerk werden
für alle, welche guten Willens sind. Das Oberammergauer
Passionsspiel ist keine völkerbewegende Sache im Sinne der
Diplomatik und Politik, aber es ist ein Werk des Friedens und
oft sind schon kleine Ursachen der erste Anlaß gewesen,
entzweite Brüder wieder zusammen oder wenigstens sich
näher zu führen, ein solcher Anlaß wäre hier geboten, am
Weg sich einander entgegen zu kommen und wenn einmal
ein solcher Weg beschritten, dann kommt auch sicher der
Tag oder die Stunde, wo man zusammentrifft, und sich die
Hände reicht, vergebend, vergessend. Möge sich dies
erfüllen!
Möge sich der Wunsch erfüllen, in den Kardinal Frühwirt
die Summe seiner Oberammergauer Passionseindrücke zu-
sammenfaßt.: „daß Gott das Oberammergauer Passionsspiel
segnen und in allen Zeiten erhalten möge, sich zur Ehre,
den Gläubigen zur Befestigung, denen, die zweifelnd aber
— 16 —
guten Willens sind, zur Erbauung, denen, die nicht glauben,
zur Erweckung."
Und mögen sich die Worte erfüllen, die schon 191Q Pater
Pacificus in einem Ruf zum Oberammergauer Passionsspiel im
„Sammler" der Münchener Augsburger Abendzeitung schrieb:
„Alles was Christi Namen trägt, soll sich hier um die
Bühne einer Welt im Kleinen versammeln und einig sein in
dem großen Mysterium, der Erlösung der Welt durch den
Gottessohn, alles Trennende vergessen, von dem einen
großen Gedanken beseelt, daß der Menschheit Glück und Heil
nur ausgehen kann von der verzeihenden und opfernden
Liebe des Kreuzes, das als eigentlicher Sinn unseres Lebens,
als das Symbol des „Stirb und Werde!" bei allem Schaudern
und Widerstreben des sinnlichen Menschen unser besseres
Teil immer wieder anzieht und in seinen Bann nimmt —
das größte, tiefste Geheimnis der Anziehungskraft von
Oberammergau."
Möge sich also der dreifache Wunsch erfüllen, den auch
das offizielle Oberammergauer Gesamttextbuch so eindring-
lich zum Ausdruck bringt: Möge das Passionsspiel in Ober-
ammergau beitragen und sein Möglichstes tun und erfüllen
zur Versöhnung der einzelnen Person wie der ganzen Mensch-
heit mit Gott, der Konfessionen untereinander und endlich
zur Wiederherstellung des Wiederverstehens und wahren
Friedens unter den entzweiten Nationen!
Nicht „unter dem Zauber des Dionysischen soll sich
der Bund zwischen Mensch und Mensch wieder zusammen-
schließen", nicht „die entfremdete, feindliche oder unter-
jochte Natur wieder ihr Versöhnungsfest mit dem verlorenen
Sohne, dem Menschen feiern", wie Nietzsche sich die „Geburt
der Tragödie" denkt, nein, der Mensch soll den Zauber des
Dionysischen abstreifen, der doch mit nichts anderem enden
kann, als mit Ekel, er soll die sich aufbäumende, leider
schon zu sehr entfesselte Natur besiegen, der verlorene Sohn
soll zu seinem Vater heimkehren, zu dem, der allein wieder
ihm Vaterhaus und Heimat bieten kann, zu seinem Gott;
die Wiedergeburt der Tragödie des Gottmenschen im Glau-
ben an ihn ist allein die Wiedergeburt der Menschheit, ihre
Versöhnung, Rettung, Beseligung, — Erlösung.
- 17 — 2
2. KAPITEL.
Das Passionsspiel, ein Gelübde.
Tj aß theatralische Aufführungen, Volksfestlichkeiten u. dgl.
^-^ sich auf Gelöbnisse anläßlich örtlicher besonderer Be-
gebenheiten^ auf Heimsuchungen durch Krankheiten, Er-
lösung von Kriegsgefahren und ähnliche Veranlassungen
begründen, ist eine häufige Erscheinung. Dr. Sepp schreibt
in seinem Bericht vom Jahre 1850: „Das Spiel knüpft an
an die Pest im Jahre 1633 an. Die Italiener bringen den
Anfang ähnlicher Aufzüge mit der Pest 1365 zur Zeit
Boccaccios in Verbindung. Die Griechen schützten die letzte
Pest im peloponnesischen Krieg vor; das heidnische Rom
aber wußte genau, im Jahre der Stadt 391 seien auf Ver-
anlassung einer Pest die ersten öffentlichen Spiele aufge-
führt worden und zu diesem Zwecke die histriones aus den
priesterlichen Hetrurien eingetroffen.^^ Der Münchener
Schäfflertanz und Metzgersprung werden auch von Pest-
gelübden abgeleitet.
Geistlicher Rat Alois Daisenberger schreibt in seinem
ersten Bericht über das Spiel 1850:
„Wahrscheinlich ist schon vor dem Jahre 1600 die
Leidensgeschichte des Herrn gemäß dem im Mittelalter in
vielen größeren Gemeinden eingeführten Gebrauche, auch
zu Oberammergau öfters, etwa in der hl. Fastenzeit und in
der Kirche, als ein Akt religiöser Erbauung angestellt wor-
den. Mir wenigstens scheint es, daß das Gelübde der
Gemeinde vom Jahre 1633 nicht einen neuen, unbekannten
Gebrauch einführen, sondern vielmehr einen uralten, damals
aber hier wie anderwärts im Erlöschen begriffenen Gebrauch
durch das bestimmte Versprechen regelmäßiger Uebung für
alle Zeit festhalten wollte."
- 19
Das, was im Vorberichte zu dem Programme des Pas-
sionsspiels von 1850 über die Veranlassung jenes Gelübdes
der Passionsvorstellungen gesagt ist, ist einer in Ober-
ammergau vorfindlichen, handschriftlichen Chronik entnom-
men, deren Verfasser unbekannt ist/'
Dieser Vorbericht lautet:
„Im Jahre 1633 herrschte in den benachbarten Gegen-
den von Ammertal, vorzüglich zu Partenkirchen, Eschen-
lohe und Kohlgrub eine so ansteckende Krankheit, daß nur
wenige Menschen am Leben blieben. Obwohl das Ammertal
durch Berge von jenen Gegenden getrennt ist und alle Vor-
sichtsmaßregeln und Mittel angewendet wurden, sich vor
diesem fürchterlichen Uebel zu verwahren, so kam es doch
unvermutet auch hieher, indem ein hiesiger Taglöhner, um
mit den Seinigen das Kirchweihfest zu halten, von Eschen-
lohe, wo er im Sommer in Feldarbeit war, auf geheimen
Wegen über das Gebirge in sein Haus schlich und die Krank-
heit mit sich brachte. Schon am zweiten Tage war er eine
Leiche und innerhalb drei Wochen 84 Personen mit ihm.
In dieser allgemeinen Not suchte die hiesige Gemeinde bei
dem Allmächtigen Hilfe — mit einem feierlichen Gelübde,
alle zehn Jahre die Leidensgeschichte Jesu, des Weltheilandes,
zur dankbaren Verehrung und erbaulichen Betrachtung öffent-
lich anzustellen. Gelübde sind Verpflichtungen, die etwas
Besseres erzielen, als in dem Gegenteile oder in der Unter-
lassung des Verlobten liegt. So ein Besseres war die ver-
sprochene Darstellung der Leidensgeschichte des Heilandes;
denn es war ein heilsames Mittel, das Leiden und Sterben
des Erlösers allen kommenden Geschlechtern des Ammer-
tales tief einzuprägen, heilige Entschlüsse in ihnen zu er-
wecken und auf die Besserung ihres Lebens zu wirken.
Dieses Bessere erstrebten die frommen Ammertaler mit
ihrem Gelübde und vertrauten, daß Gott um dieses Besseren
willen, wodurch seine Ehre und das Heil der Menschen
l)ef()rdert würde, sie auch in der leiblichen Not gnädig heim-
suchen und von dem größten aller Uebel, eines schnellen,
unvorbereiteten Todes zu sterben, befreien würde. Dieses
gläubige Vertrauen ward nicht zu Schanden. Nicht eine
einzige Person mehr starb an dieser Krankheit, obschon noch
viele an derselben angesteckt darniederlagen. Im darauf-
- 20 —
folgenden Jahre 1634 wurde zur Erfüllung des Gelübdes
die Leidensgeschichte Jesu zum erstenmale aufgeführt, und
so tat die Gemeinde, dem Gelübde der Vorältern getreu,
jedes zehnte Jahr, ohne sich durch Schwierigkeiten und
Hindernisse abhalten zu lassen, und erhielt hiezu auf immer
die Allerhöchste Genehmigung."
Nach dem Oberammergauer Sterbebuch starben vom
Oktober 1632 bis Oktober 1633 achtzig Personen, darunter
zwei Pfarrer. Das Sterbebuch 1634 enthielt nur mehr 7 Ein-
träge, 1635 nur mehr einen, und das in einer Zeit, wo rings
noch die Pest furchtbar wütete. Die Oberammergauer
hatten demnach Grund genug, Gott für die wunderbare
Rettung von der schweren Pestheimsuchung zu danken. Sie
taten es seither, indem sie getreulich ihr Gelübde erfüllten.
Vom Jahre 1780 an wurden die Spiele auf die Zehner-
jahrzahlen verlegt und sie fanden mehr und mehr Beachtung.
Ihrer textlichen Entwickelung ist eingehend im 3. Kapitel
gedacht. An dieser Stelle fragt sich nur: „Ist allezeit der
Gelübdecharakter der Passionsspiele gewahrt geblieben ?''
Die Ausschreitungen der Teufelskomödien in allen Pas-
sionsspielen am Ende des 18. Jahrhunderts machten es in
der Zeit der „Aufklärung'' den „Illuminaten", „Josephinern''
und allen weiterhin antikirchlichen Kreisen nur zu leicht,
Gründe zu finden, den „überhand genommenen Unfug'' ab-
zustellen, mit dem Bade aber auch das Kind auszuschütten
imd die Passionsspiele gleich ganz und gar aufzuheben und
damit mit einigem allerdings überhand genommenen wirk-
lichen Unfug auch ein gutes, volkstümliches Stück und eine
reiche gern gesuchte Quelle religiöser Erbauung.
Von grobem Unfug ward leider von da und dort zu
berichten, auch München ist von diesem Vorwurf nicht
freizusprechen.
Die Münchener Passionsspiele, die sich bis zum Jahre
1650 zurückverfolgen lassen, wurden zuerst dort im alten Rat-
haussaal, dann in einem Salzstadel auf dem Anger, zuletzt
aber von den Münchener Stadtmusikanten von Schenke zu
Schenke gespielt. Die Laufener Chronik berichtet, daß der
Christus bei der Passionsprozession am Charfreitag 177Q
zu viel Wein getrunken habe und deswegen öfter in den
Kot gefallen sei, „so daß ihn der Passionsdirektor Bauer
- 21 —
mit derben Karbatschenstreichen habe zur Besinnung brin-
gen müssen.''
Unter solchen Umständen ist es nicht Wunder zu
nehmen, daß schHeßHch auch die geisthchen Behörden sich
gegen die Passionsspiele aussprechen mußten, was auf den
Laufener Vorfall hin besonders scharf 1779 durch den Fürst-
bischof von Salzburg geschah. Der churfürstliche Geistliche
Rat in München erklärte schon 1762, „daß das große Ge-
heimnis unserer heiligen Religion nicht auf die Schaubühne
gehöre. '^ Die Ordinariate stimmten zu und am 31. März
1770, also schon vor dem Laufener Skandal, erließ Churfürst
Karl Theodor von Bayern ein allgemeines Verbot der Pas-
sionstragödien.
Von diesem Verbot wurde 1780 das Oberammergauer
Spiel ausdrücklich ausgenommen und Oberammergau aus-
drücklich und allein das Privilegium erteilt, weiterzuspielen.
Am 13. März 1784 erging eine neue Verordnung, gemäß
welcher die Aufführung der Trauer- und geistlichen Spiele
anstatt der (schon verbotenen) Passionstragödie in der
Fastenzeit und Charwoche zu dem Ende verboten wurde,
„damit das Volk von der Arbeit, Gebet und anderen Ge-
schäften nicht abgehalten und zum Müßiggang verwöhnt
werde.''
Die churpfalzbayerische Oberlandes-Regierung klagt aber
in einem weiteren Erlaß vom 30. März 1791, „daß dieser
höchsten Verordnung in ein- so anderen nicht nachgelebt
werde, sohin selbe in Vergessenheit gekommen zu seyn,
das Ansehen hat; also wollen Wir solche Verordnung nicht
nur erneuern, sohin Euch hierauf ernstlich angewiesen,
sondern auch anbey anbefohlen haben, daß von nun an
den Bürgerssöhnen in Städten und Märkten, dem übrigen
Volke auf dem Lande die Aufführung sämmtlicher sowohl
geist- als weltlicher Trauer-Schau- und Singspiele (nur ehr-
bare und gutgeheißene Spiele der Schulkinder außer der
Fastenzeit ausgenommen) spezialiter gnädigst verbothen,
hingegen der Gemeinde Oberammergau per modum Privilegii,
welches derselben bereits 1780 erteilt worden, alle zehn
Jahre einmal lin den Pfingsfeyrtagen das Schauspiel, das
alte und neue Testament betitelt, ungehindert öffentlich
aufführen zu dürfen, nochmals gnädigst bewilligt haben."
1800 wurden die Darstellungen durch die Ereignisse
des napoleonischen Krieges unterbrochen und 1801 wieder
aufgenommen; auf ihr Privileg vertrauend gaben 1810 die
Ammergauer wieder um Spielerlaubnis ein; das Landgericht
Schongau befürwortete die Eingabe, aber das Ministerium
Montgelas in München erklärte im Einverständnis mit der
Kirchensektion, daß „die Aufführungen nicht mit der Würde
der Religion vereinbarlich^^ und „schon die Idee, auf der
die Passionsspiele beruhen, eine große Indezenz sei." Auf
diese unerwartete Abweisung hin begab sich eine Ober-
ammergauer Bürgerdeputation nach München, an deren
Spitze der Verleger Georg Lang; diese Deputation wurde
vom Oberkirchenrate kurz abgewiesen. Die Ammergauer,
so wurde ihnen bedeutet, sollen so bald als möglich heim-
gehen und sich von ihrem Pfarrer den Herrgott predigen
lassen und ihn nicht auf ihrem Theater herumschleppen.
Verleger und Posthalter Georg Lang hatte aber in München
verschiedene Verbindungen und suchte mit seiner Deputation
unter ihnen von Türe zu Türe Helfershelfer. Als man dies
wieder der Kirchenratskanzlei hinterbrachte, wurde die De-
putation mit Ausweisung bedroht. Diese hatte aber mittler-
weile schon den richtigen Fürbitter gefunden, den Geist-
lichen Rat Sambuga, Religionslehrer des späteren König
Ludwig I. und seiner Geschwister. Dieser führte die De-
putation zu König Max I., dem „Vater Max", mit dem sich
persönlich besser reden ließ als mit Ministern und auch
sonstigen hohen Herren. Die Deputation kehrte von ihm
zurück mit der Versicherung, daß die Spezialerlaubnis nach-
folgen würde. Nochmal wurde ein neuerdings den Ver-
hältnissen angepaßter und von allen Teufelsunfugen ge-
reinigter Text vorgelegt; dieser wurde gutgeheißen und das
Spiel neuerdings am 3. März 1811 genehmigt. Nach diesem
neuen Text wurde das Passionsspiel 1811 fünfmal aufgeführt.
Schon vier Jahre darnach wurde neuerdings gespielt
und zwar unter der Begründung, daß die Spiele während
der Kriegsjahre große Ausgaben verursacht hätten, die noch
nicht gedeckt seien. Darauf wurde das Spiel für 1815 wieder
genehmigt und Graf Montgelas kam selbst; er zeigte sich
-von dem Spiele wohl befriedigt.
Der Pfarrherr der damaligen Zeit hatte einen schweren
- 23 —
Standpunkt; einerseits wollte er die Wünsche seiner Pfarr-
kinder erfüllen und die Ausübung des althergekommeneii
Gelübdes sicher stellen, anderseits durfte er Staat und Kirche
nicht entgegentreten, auch konnten ihm Ausschreitungen,
die mit dem Passionsspiel am Orte verbunden waren, nicht
ganz gleichgültig sein. Schreibt ja noch Joh. Michael Diemer
in seinem reizenden Erinnerungsbüchlein, daß noch 1840
beim Tode des Judas die Teufel kamen, ihm den Bauch
aufschnitten und die Eingeweide aufzehrten. Die Einge-
weide bestanden aber früher aus Würsten und später aus
gebackenen langgezogenen Küchlein, sogenannten Strauben.
Oberammergau hatte aber später das Glück, für sein
Spiel Leiter und Führer zu finden, welche es wohl verstan-
den, Sinn für Volksbühne und Volksempfinden mit Ehr-
furcht vor dem Heiligen und Heiligsten zu vereinigen zu
gedeihlichem Werke, welches Gott und der Welt zur Ehre
gerechnet werden kann. Da sind vor allem die Benediktiner-
pater von Ettal, Othmar Weis und sein Schüler, der spätere
Geistliche Rat Daisenberger, Pfarrer von Oberammergau,
zu nennen, deren Verdienste um das Spiel in den weiteren
Ausführungen gegenwärtigen Buches noch eingehender ge-
würdigt werden. Othmar Weis war es, der zuerst dem Spiel
einen Inhalt gab, der den Einwendungen gegen seine Aus-
wüchse und Zutaten und den Vorwürfen aller Profanierung
des Heiligen Stand halten konnte, Daisenberger hat Jahr-
zehnte dann noch an seiner Veredlung in dieser Hinsicht
gearbeitet und ihm die endgültige Form gegeben. Treulich
wachte er bei den Aufführungen als jahrzehntelanger Spiel-
leiter darüber, daß das Spiel nicht verweltlicht und das Ge-
lübdemotiv beibehalten werde. Er gab dieser Tätigkeit den
schlichten Nachdruck durch die Ehrwürdigkeit seiner ganzen
Lebensführung und die Energie und Festigkeit, mit der er
den Charakter des Spieles wahrte und damit das ganze
Denken und Fühlen des Ortes als leitender Seelsorger in
Einklang zu bringen wußte. Seine Festpredigten, besonders
jene am Beginne einer Passionsspielzeit, waren jedesmal
begeisterte und begeisternde Hinweisungen auf die höhere
ideale Mission und auch seine Nachfolger haben sich die
gegebenen Momente für solche nicht entgehen lassen. Das
Geleitwort, das Geistlicher Rat Daisenberger seiner ,,Be^
- 24 —
Schreibung von Oberammergau^^ (Verlag von Sebastian Lang
in Oberammergau), seinem Vermächtnis an die Ammer-
gauer vom Jahre 1879 gab, ist eine väterliche Mahnung, dem
Heimatort und seinen Sitten treue Anhänglichkeit zu be-
wahren, alles abzuwehren, was demselben zum Schaden
oder zur Unehre gereicht, und alles zu pflegen, wodurch
Oberammergaus Wohlstand und guter Name befördert werde,
Eintracht und Gemeinsinn in der Einwohnerschaft aufrecht
zu erhalten, echt christliche Frömmigkeit und Sittlichkeit zu
innerer schönerer Blüte und Frucht zu entfalten. Diese
Mahnung erneuerte feierlich Bürgermeister Johann Lang bei
der Einweihung der neuen Spielhalle am Kirchweihmontag
1899, indem er Daisenbergers Worte zu den seinen machte.
Daran knüpfte er die Worte:
„Wenn wir wieder an die Erfüllung des Gelübdes
unserer Väter gehen, wer kann uns verübeln, daß wir auch
unserem Spiele den Stempel unserer großen Zeit aufzudrücken
bestrebt sind, soweit es sich mit den überkommenden Tra-
ditionen vereinbaren läßt?
Wenn wir aber noch so sehr geneigt sind, billigen
Wünschen des Publikums gerecht zu werden, so wollen wir
uns doch nicht verleiten lassen, durch den Beifall der Menge
dem Neuen alle Türen und Tore zu öffnen, sondern streng
festhalten an dem idealen Gedanken, welchem unser Passions-
spiel zugrundeliegt. Möge nie der Tag kommen, an welchem
Oberammergau die Treue bricht, vielmehr umschwebe und
beseele uns auch im neuen Hause der Geist unserer Väter!"
Während des Passionsspieles verstarb Bürgermeister
Lang und die ergreifenden Worte, die Bürgermeister Mayer
an seinem Grabe sprach, sind ein erneutes Angelöbnis an
das Passionsspiel und seinen Geist.
Alle früheren Bürgermeister von Oberammergau:
Michael Diemer, Jakob Rutz, Rupert Schauer, Johann Diemer,
Joh. Ev. Lang, Franz Steinbacher, Joh. Lang, Joseph Mayr,
Sebastian Bauer bis auf den heutigen, Wilhelm Rutz, sie
sind jederzeit Wächter und Wahrer des Passionsgeistes ge-
wesen; wohl hat es manchmal Kompetenzstreitigkeiten zwi-
schen Bürgermeister und Pfarrer gegeben, diese konnten aber
niemals so tief gehen, daß sie das Passionsspiel selbst
- 25 -
geschädigt und ihm seine Weihe genommen hätten. Ober-
ammergaiier sind leidenschaftHche Naturen, sie haben sehr
ausgeprägtes künstlerisches Empfinden, um nicht zu sagen
Empfindlichkeit, einen stark hervortretenden Ehrgeiz und da
ist es sehr leicht möglich, daß es zu heftigen, momen-
tanen Erhitzungen und
Entladungen kommt,
es fallen dann scharfe
Worte und ich habe
selbst manchen Sturm
erlebt, aber das nie-
mals, daß ein Streit
und Zank rohe Formen
angenommen hätte; die
Oberammergauer sind
schnell aufgeregt und
beleidigt, aber ebenso
schnell sind sie wieder
versöhnt, überall aber
wahren sie den per-
sönlichen Anstand und
eine gewisse Würde
und ideale Lebensan-
schauung hat sich in
allen Ammergauer
Häusern auf Kind und
Kindeskind fortvererbt.
Die alte Tradition lebt
Bürgermeister Johann Lang f heute nOCh.
Ludwig Thoma, selbst ein Oberammergauer Kind,
schrieb in seinen Lebenserinnerungen:
„Jene älteren Generationen von Aposteln und Jüngern
des Herrn richteten ihr Leben ein wenig nach dem Stile ihres
heiligen Spieles ein und zeichneten sich durch Wohlan-
ständigkeit aus. Sie handelten und redeten mit einiger Ge-
tragenheit und ließen sich von dem Bewußtsein leiten, daß
sie auf einem Podium stünden und von vielen beachtet
26
wurden. Im Glauben an den besonderen Beruf des Amnier-
gauers, der das Gefühl einer engen Zusammengehörigkeit
stärkte, war man glücklich und zufrieden/'
Thoma beklagt, daß diese Eigenheit später ,,im Groß-
betriebe^' mit den von auswärts bezogenen echten Deko-
rationen und Kostümen verloren hat. Was die echten Deko-
rationen betrifft, so wurde das, was technisch nicht am Orte
hergestellt werden konnte, auswärts angefertigt, aber immer
im engsten Einvernehmen und nach den Plänen der einhei-
mischen Leiter, vor allem des Schnitzschuldirektors Ludwig
Lang; die neuen Hintergründe sind von einem echten
Oberammergauer Kind, Zeno Diemer. Die Kostüme wurden
von jeher am Orte selbst gefertigt, größtenteils unter
der Leitung der Schwester des Schnitzschuldirektors Lang,
der „Klepper Sepha". (Klepper ist der Hausname.) Die
Eigenheit, eine gewisse patriarchalische Würde und ideale
Lebensauffassung ist noch nicht verloren gegangen. Noch
leben von den älteren Herren der Leiter des Spieles in
mehreren Jahrzehnten und Vervollkommner der unvergleich-
lichen lebenden Bilder, Schnitzschuldirektor Ludwig Lang,
der die glänzendsten Berufungen an andere Stellen ausge-
schlagen und Oberammergau und seiner Mission sein ganzes
Leben lang treu blieb, Jakob Rutz, der treffliche Prologsänger
seit 1870, Seb. Bauer, der ehem. Bürgermeister und Pilatus-
darsteller, Seb. Lang, der treffliche Nathanael-, Kaiphas- und
Annasdarsteller, der Neffe Daisenbergers, der treu und fest
für die Ehre seines Onkels eintritt. Von der mittleren Gene-
ration sind außer dem schon genannten Bürgermeister Wilh.
Rutz unter anderen zu nennen: Zeichenlehrer Lechner, Anton
Lang, seit 1900 Darsteller des Christus, Peter Rendl, der
frühere Johannes-Darsteller, Hans Mayr, der Sohn des
„Christus Mayr", Andreas Lang, der zweite Bürgermeister
Seb. Schauer, Dr. Anton Lang, der Sohn des früheren Bür-
germeisters, Oscar Zwink und mit ihnen die große Reihe der
Träger der Namen Lang, Zwink, Rutz, Schauer, Bierling,
Hohenleiter usw., die reiches gewerbliches und künstlerisches
Leben in den Ort gebracht haben. Aber auch bei den jüngeren
Generationen sehe ich neues Leben im alten Geiste auf-
sprießen. Mehrere junge Bildhauer haben sich bei Kon-
kurrenzen Preise erworben, so Willi Lechner und Georg Lang,
— 27 —
der Solin des Sebastian Lang, der nunmehr aus der Hand
Ludwig Längs das erste Amt, die Passionsleitung über-
nommen hat; der junge Friesenegger ist mit großem Eifer
und Fleiß an die Stelle des viel zu früh verstorbenen Harmonie-
musikmeisters Ferdinand Rutz getreten. Es ließen sich noch
gar manche Namen aus allen Altersstufen nennen, die Ober-
ammergau zur Ehre gereichen.
Wohl haben naturgemäß andere genossenschaftliche,
soziale und auch politische Bestrebungen im Orte ihren Platz
gefunden, jedermann wehrt sich heutzutage seiner Haut und
muß sich wehren und eine Bevölkerung von dem allgemeinen
Bildungsstandpunkt der Oberammergauer kann und wird sich
nie von neueren Erscheinungen im technischen Leben, in
Staats- und ortsökonomischen Fragen, in der Kunstentwick-
lung, in der Form der Erholung und Unterhaltung hermetisch
abschließen; es könnten auch Ausschreitungen vorkommen,
für die aber die Gemeinde als Gesamtheit nicht verantwort-
lich gemacht w^erden kann. Das Wort hat darum für die
Allgemeinheit keine Berechtigung, daß „die Hingabe der Ge-
meinde an die Passion, dem Ruhm der Heimat, nicht mehr
frei von ungesunden Spekulationen, von Hoffnungen auf un-
mäßigen und leichten Gewinn sei.^^ Diejenigen, die in Ober-
ammergau durch Spekulationen reich werden — (oder auch
nicht) — , sind meistens Leute, die unmittelbar vor dem
Passionsspiel nach Oberammergau kommen und sofort nach
der letzten Vorstellung es wieder verlassen.
Der Oberammergauer hängt heute noch wie vor Jahr-
zehnten mit Leib und Leben an seinem Passionsspiel. Für
dasselbe ist ihm kein persönliches und allgemeines Opfer zu
groß. Zahlreiche Ammergauer sind schon von Oberammergau
fortgezogen, um sich ausw^ärts Existenz und Brot zu suchen.
Im Passionsjahre kehrt jeder wieder in seine Heimat zurück,
und müßte er bis von den weitest entfernten Weltteilen
kommen. Er gibt seinen schwererrungenen Wohlstand auf,
kehrt heim und fängt nach dem Spiel den Kampf ums
Dasein von neuem an. Keine politische Konstellation, keine
Wahl kann den Oberammergauer auf die Länge aufregen
und stärker beunruhigen; so ist auch die Revolution ziemlich
still vorüber gegangen; aber die Wahl zu den Passions-
ämtern und -rollen wühlt und regt den ganzen Ort auf, vom
- 23 -
Passionsspiel hängt alles ab, Zukunft, Ehre und Ansehen,
Achtung in der Jugend und im Alter. Noch steckt ein positiv
religiöser Geist im Volke. Die Oberammergauer sind heiterer
Natur und lieben Spiel und Tanz, aber noch ist ihnen der
Besuch der schön und feierlich gehaltenen Gottesdienste mehr
als ein äußerer Firlefanz, mehr als Heuchelei; sie sind
ihnen rechtschaffene und ehrliche Gewissenssache. Dabei
weiß der Oberammergauer wohl, daß mit dem Tag, da das
Kreuz stürzt, auch die Halle seines Kreuzspiels und seine
ganze Kunst und Hausindustrie verfallen. Darum ist ihm
auch der religiöse Rahmen seines Spieles keine der Welt vor-
gespielte Komödie, keine heuchlerische, selbstgefällige Schau-
spielerpose, sondern die ängstlich gewahrte Formel für sein
Gelübde. Die Halle wurde feierlich geweiht und einge-
segnet, die Wahl zu den Rollen wird jedesmal mit Veni
sancte Spiritus und Gottesdienst eingeleitet und das Pas-
sionsspiel selbst mit Gottesdienst. Im Passionsjahr findet
kein Karneval statt. Diesesmal fand statt des Faschings eine
^ tägige „Mission" statt. Jedem einzelnen Spiel geht feier-
licher Gottesdienst voraus, und wenn die Ouvertüre beginnt,
sammeln sich auf der geschlossenen Bühne die Spieler und
beten ein andächtiges Vaterunser; der Bürgermeister betet
vor, die übrigen beten halblaut nach. Ebenso schließt jede
Vorstellung mit einem Vaterunser. An die Beendigung der
Gesamtspiele schloß sich in den letzten Jahrzehnten eine
Wallfahrt nach Ettal an. Die Einzelspieler der Haupt-
rollen vertiefen in der Regel ihr religiöses Leben, gehen
fleißig in die Kirche und zu den Sakramenten und machen
zum guten Gelingen der schweren übernommenen Aufgabe
häufig persönliche Gelöbnisse zum allgemeinen noch dazu,
z. B. Wallfahrten.
Die Nähe des aufgeblühten Wallfahrtsortes Ettal ist
für Oberammergau nicht ohne günstigen Einfluß gebheben;
die zahlreichen Verluste an Kriegern im großen Weltenkrieg,'
die Angst um die Existenz, die Gefährdung der Haus-
industrie und des Spieles selbst haben den reifen, denken-
den Teil der Bevölkerung ernst gestimmt und das religiöse
Leben eher gestärkt als geschwächt. Ist die Reaktion bei
dem sittlichen Zusammensturz nach dem unseligen Kriegs-
ende auch nicht ganz spurlos am Orte vorbeigegangen, so
hat doch der allgemein die Welt durchtobende Taumel
— 29 —
nach Genuß zur Einholung des während des Krieges in
dieser Hinsicht Entbehrten nicht jene Resonanz gefunden,
daß damit das Spiel seiner tieferen Bedeutung und seiner
ernsten Motivierung verlustig gegangen wäre. Noch betrach-
tet Oberammergau die Erfüllung seines Gelübdes als heilige
Schuld.
Warum, wird man aber dann fragen, wmrde das Spiel
nicht schon 1920 nach der herkömmlichen Regel abgehalten?
Die Gründe sind schon
im ersten Kapitel an-
gedeutet; über unmög-
lich zu besiegende Hin-
dernisse kommt auch
Oberammergau nicht
hinaus. Ohne heran-
gebildete Spieler ist
nicht gut spielen, die
alten Spieler fanden
aber größtenteils ihr
Grab im Feindesland.
Hätte Oberammergau
das Gelübde für sich
allein im heimischen
Kreis, im engeren Rah-
men erfüllen wollen,
so hätte sich dagegen
die nationale und in-
ternationale Welt ge-
sträubt. Das Ober-
ammergauer Spiel ist
einmal Sache der All-
gemeinheit gew^orden
und diese erhebt ihren
Es wäre auch 1920 nicht
das hätte aber bei den
Bürgermeister Wilhelm Rutz
zeitrechtlichen Anspruch darauf,
vom Spiele abzuhalten gewesen
Verkehrs- und Ernährungsverhältnissen zu den unange-
nehmsten Mißhelligkeiten geführt. Der Unmöglichkeit der
Durchführung mußte der Ort in seinem wie im Interesse der
30
Besucher auf die Aufführung verzichten. Das Volk will sein
Passionsspiel. Wäre es befriedigt gewesen, wenn es nur die
gegenwärtig Reichsten hätten besuchen können? Ober-
ammergau hat nicht nur für sich das Gelübde, sondern auch
fernerhin für das weiteste Publikum seine Mission zu er-
füllen. Darum die Verschiebung.
Oberammergau hat das Wann und Wie gar reiflich und
oft überlegt und suchte den Tausenden von Anfragen ge-
recht zu werden. Es übernimmt noch heute ein schweres
Risiko; ohne das Gefühl, moralisch verpflichtet zu sein,
einmal doch sein Gelöbnis einlösen zu müssen, würde es
sich auch heute noch nicht entschließen, die Aufführungen
zu beginnen; es steht damit viel, es steht alles auf dem
Spiel. „Noch niemals'' sagt das Vorwort des Textbuches,
„hat Oberammergau in schwereren Zeiten sein Spiel unter-
nommen", es würde diesesmal gerne die Hand davon lassen,
wenn es sich nicht durch sein Gelübde gebunden fühlte.
Werde es wie es wolle, Oberammergau hat das Wort
noch nicht vergessen trotz Revolution und Republik, wel-
ches weiland König Ludwig II. auf die von ihm dem Orte
gespendete Kreuzigungsgruppe geschrieben hat, für alle
Zeiten auf Marmelstein:
„Den Sitten der Väter getreu!''
n^an
31
B H
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es B9
3. KAPITEL.
Das Passionsspiel, ein Literaturdenkmal
Die in den letzten Jahren erschienenen größeren Werke und Füh-
rer zu den verschiedenen Passionsspielen in Oberammergau,
Höritz, Erl, Brixlegg, Selzach u. s. w. haben das Verdienst, daß
sie besonders der historischen Entwicklung der Passionstexte und
dem literaturgeschichtlichen Zusammenhang derselben ihr Augen-
merk zuwandten; es ist damit viel Licht und Einheit in die Text-
forschung gekommen. Ich habe mich bemüht, die Ergebnisse der-
selben, soweit es in engem Rahmen möglich, zusammenzufassen
mit der Herausgabe meines Buches: „Denkmäler der Passionslite-
ratur'' (Verl. V. Uhlschmid in Oberammergau). Dieses Buch enthält,
wie schon im Vorwort bemerkt, nicht nur eine Einführung in die
Gesamtliteratur des Oberammergauer Passionsspieles und über das-
selbe bis zur (Jegenwart, sondern auch eine Reihe von Proben aller
Ammergauer Texte des Passionsspieles und der dortigen „Kreuzes-
schule" vom Urtext an, sowie Proben anderweitiger verwandter
Spiele, vor allem aber den vollständigen Wortlaut des bisher noch
unveröffentlichten, weil unaufgefundenen echten Oberammergauer
Passionstextes von 1811 von Pater Othmar Weis und die Feststellung
des Wortlautes des 1815er Textes vom gleichen Verfasser, welcher
seinem Herausgeber Dr. Maußer nur durch eine nicht vollkommen
einwandfreie Kopie bekannt war, welcher aber auch nunmehr im
Original entdeckt wurde.
Die Lesung dieses Buches führt genauer und tiefer in die Ge-
samtliteratUi' des Passionsspieles und seiner bisher noch fehlenden
Glieder ein und sei nachdrücklichst auf dasselbe verwiesen.
Nachstehend folgt das Wichtigste über die Entwickelung der
geistlichen Spiele im Allgemeinen und die des Oberammergauer
Passionsspiels im besonderen.
Von jeher war die Einwohnerschaft des bayerischen Hochlandes
zum Theaterspielen geneigt und ist es heute noch. Nirgends wird
so viel geschauspielert als in den Bergen und es ist den Leuten
dort auch ein hervorragendes dramatisches Geschick Bluterbschaft
geworden. Die Endorfer, Oberaudorfer, Tegernseer, Schlierseer,
Flintsbacher, Oberammergauer haben sich alle Ruf und Namen er-
— 32 —
worben, und schließlich dürfen wir aus dem schwäbischen Alpen-
vorland noch die Thaininger und Waaler hinzurechnen.
Schon im Anfang des zwölften Jahrhunderts war im bayerischen
Oberlande das Schauspiel zu einer seltenen Vollkommenheit gediehen.
Davon legt Zeugnis ab das Tegernseer „Drama vom römischen
Kaisertum deutscher Nation und vom Antichrist'*, dessen Zuhörer
kein geringerer war als Kaiser Friedrich Barbarossa. Vielleicht sind,
wenn man dieses annimmt, schon vom Beginn des 11. Jahrhunderts
mit den Tegernseer Mönchen Dego, Gotisgen und Fridebold die ersten
Anfänge geistlicher Schauspiele nach dem damaligen neuen Benedik-
tinerstift St. Ulrich und Afra in Augsburg und nach Benedikt-
beuren gekommen.
Propst Gerho von Reichersberg, 1119—1124 Scholastiker an der
Ulrichsschule, berichtet, „daß die Priester die Kirchen mit mimischen
Darstellungen erfüllten und zu Schauspielhäuser herabwürdigten."
(Trautmann.) Derselbe, ein geborener Pollinger, führte später im
Kloster Raitenbuch, dem heutigen Rottenbuch, ein strenges, aske-
tisches Leben und klagte sich dabei selbst an, daß er „als Vor-
stand dieser Schule und Lehrer der Jugend theatralische Spiele
angewendet und überhaupt der Jugend einen großen Spielraum zu
Torheiten gelassen habe." Sicher ist Gerho in seiner Jugend auch
schon in Raitenbuch gewesen und hat von da bei seiner Theater-
begeisterung am Ende selbst die Uranfänge der Theaterspielerei
in das zur Seelsorge Raitenbuch gehörige Oberammergau getragen.
Ein eigentliches Passionsspiel war das Tegernseer Antichristspiel
nicht, das erste solche war das Benediktbeurer Osterspiel aus dem
13. Jahrhundert, das Ettmayer als den Wendepunkt des geistlichen
Schauspiels zum rein Volkstümlichen bezeichnet.
Auf das Benediktbeurer Spiel lassen sich alle größeren Passions-
spiele der nächsten Zeit zurückführen, das nach dem 13. Jahrhundert
angebörige Wiener Spiel, das Aargauer Spiel, von Kloster Muri und
das Sankt Gallener Spiel aus dem 14. Jahrhundert, das Donau-
eschinger, das Alsfelder, Redentiner, die große Frankfurter Passion
von 1407 und das Augsburger Spiel.
Die bayerische Staatsbibliothek enthält das Passionsspiel von
Sankt Ulrich und Afra aus dem 15. Jahrhundert, das jedenfalls dort,
wahrscheinlich von Priestern und Schülern aufgeführt wurde. Spä-
tere Entdeckungen in Oberammergau lassen annehmen, daß dieses
Spiel, wenn nicht ganz, das äheste Oberammergauer Spiel ist, jeden-
falls die Grundlage desselben gebildet hat.
Nicht nur die Handelsstraße, die von Partenkirchen über Ober-
ammergau, Schongau und Landsberg nach Augsburg führte, und
diese Stadt damit auch zum Hauptabsatz der Ammergauer Haus-
industrie, der Schnitzereien machte, sondern auch die geistliche,
seelsorgerische Verbindung Raitenbuchs mit Ammergau einerseits
und mit Sankt Ulrich und Afra in Augsburg anderseits, gaben eine
leicht annehmbare Erklärung dafür, daß dieses Spiel als erstes Pas-
sionsspiel nach Oberammergau gekommen ist. Der vollständige Text
dieses Spieles ist von Staatsbibliothekar Hartmann von München nach
der in der Staatsbibliothek befindlichen Handschrift bei Breitkopf und
— 33 — 3
Härtcl-Lcipzic: in Druck herausgegeben worden. (Textproben siehe
I\TSsionsdenkmäler.)
Die Handlung ist kurz zusammengefaßt und für kleine Raum-
verhältnisse bestimmt; sie ist schlicht und treuherzig volkstümlich.
Die Klage Mariens ist ziemlich breit behandelt mit großer Innigkeit.
Derbheiten kommen wenige vor, der Teufel nur beim Ende des
Judas und bei einem Nachspiel, das aber kein eigentlicher Bestand-
teil des Spieles mehr, aber sehr
originell ist. Es behandelt mit
vielem Pomp imter Einstreuung
von Gesängen, z. B. des Bene-
diktus und Regina coeli laetare
die Höllenfahrt und Auferste-
hung Jesu. Es scheint noch
älter als das Passionsspiel selbst
zu sein.
Einen ganz anderen Stand
nahmen die Passionsspiele
unter Einwirkung der
Meistersinger an.
Augsburg war neben Nürn-
berg die bedeutendste Stadt
der Meistersinger. Schon unter
der Regierung Kaiser Otto des
Großen 930 soll dort die erste
Singschule errichtet worden
sein; besonders blühte sie im
15. und 16. Jahrhundert. Die
Augsburger Sammlung von
Meistersingerliedern vom Jahre
1613 schreibt in der einleiten-
den Chronik:
„Anno 1534, ErstUch hat
man gesungen in der Barfüßer
Kirche ob dem Altar, darnach
in Barfüßer Pfründstuben, dar-
nach ist man zum Kreuz kom-
men. Vom Kreuz zu St. Stephan,
da haben ihrer sechs feinge-
sungen. Asam Linbrunner, Ul-
rich Schneider, Martin Schrot,
Michael Maurer, Hans Oefeli,
Bastian Wildt, Dichter u. s. w."
Das Verzeichnis der Meister-
singer von 1535 enthielt 262 Namen, darunter als 30: „Sebastian
Wild, Schneider, Dichter Krön (d. h. gekrönter Dichter).
Sebastian Wild hat 13 „Töne' erfunden, darunter den ,,Iangen
und überlang Ton", die Richard Wagner in der Tabulatur seiner
Meistersinger aufführt.
Der Meistersinger Sebastian Wild
nach dem Bild in seiner Kaiserchronik
34 —
Lehrer L. Greiff berichtet in seinen ,, Beiträgen zur Geschichte
der deutschen Schulen Augsburgs", daß die Meistersinger seit 1534
(d. Herausgeber Greiff setzt ein? hinzu) ,,die alten heidnischen Fa-
beln und Historien in ihren Aufführungen abgeschafft und dafür
biblische Darstellungen auf die Bahn gebracht hätten." Zu diesen
Meistersingern zählt er auch Sebastian Wild; am Schlüsse seines
Buches im Lehrerverzeichnis steht unter Nummer 40 bei denen, „die
Ao. 1551 noch Schule hielten", L. S. Wildens Hausfrau, nicht aber
er selbst.
Sebastian Wildens Hauptwerk war: „Schöner Comedien und
Tragedien zwölff. Auß heiliger Gottlicher schrifft und auch aus
etlichen Historien gezogen." Das erste Spiel geht auf das Frei-
Singer Weihnachtsspiel zurück. Das dritte davon ist: „Eine schöne
Tragedj, Um den Leyden und sterben auch die aufferstehung unseres
Herren Jesu Christi, in reihmen und Spilweiß gedichtet." *)
August Hartmann hat auch diesen Text in seinem Buch: ..Das
Oberammergauer Passionsspiel in seiner ältesten Gestalt" heraus-
gegeben.
Er weist Sebastian Wilds Passion auch in Erl nach. Ueber-
haupt ist das Erler Passionsspiel vollständig den Weg des Ober,-
ammergauers gegangen. **)
Auch der Sebastian Wildsche Meistersinger-Text hat wie der
Augsburge: Klostertext seinen Weg nach Oberammergau gefunden,
dort oder schon in Augsburg wurden die beiden Texte vereinigt und
so entstand, wie A. Hartmann a. a. O. genau nachweist, eine dritte
Passionsdichtung: „Von dem Leyden und Sterben auch Aufferstehung
vnseres Herrn Jesu Christi, Spilweiß in Reimen gebracht." Dieser
Text befindet sich handschriftlich im Besitze des Hauses Gg. Lang
sei. Erben in Oberammergau und trägt den ausdrücklichen Eintrag:
,Jst widerumben Renoviert, neu beschrieben worden, im Jahr nach
der Gnadenreichen Geburt Christi 1662." Diesen Text hat der am
21. Nov. 1919 gestorbene Münchener Schriftsteller Georg Queri mit
dem langjähr, verdienstvollen Chef des Hauses Gg. Lang sei. Erben,
Kommerzienrat Guido Lang, in sehr schöner Facsimileausgabe zum
erstenmale 1910 in Druck herausgegeben (Verl. v. Gg. Lang sei.
Erben, Oberammergau) mit einer sehr guten literarischen Einleitung.
Der Einband entspricht vollständig dem Original. Nach der Tra-
dition des Hauses Lang, sowie der Meinung aller Forscher unter-
liegt es keinem Zweifel mehr, daß nach diesem Texte gespielt
wurde. Am Schlüsse des Buches befindet sich der Vermerk: „Den
15. Mai 1674 am Erchtag (Dienstag) nach den Pfingstfeyertagen ist
der Passion wiederumb orehalten worden und ist alles gar glücklich
*) Siehe darüber auch „Passionsdenkmäler" und Radelkofer im Bayerland 1900.
**) Siehe darüber Dörrers Passionsführer für Erl.
- 35 - 3*
abgegangen." Es fragt sich nunmehr nur noch, wer die Ver-
schmelzung der beiden Texte vorgenommen hat. Dieser Nachweis
ist bis jetzt noch nicht gelungen.
16S0 wurden in die Ammergauer Handschrift aus dem Weil-
heimcr Text des Pfarrers und Predigers Johann Aelbl von Weilheim
Stellen eingeklebt. Der Weilhcimer Text wurde 1600 und 1615 in
Weilheim aufgeführt und wird nach einer Niederschrift aus dem
Kloster Polling in der Ordinariatsbibliothek München aufbewahrt.
Diese Handschrift enthielt die Bemerkung: ,,Aeltester Passionstext
von Oberammergau" und wurde bis zu den Aufklärungen Hartmanns
als solcher allgemein angesehen. Seitdem läßt sich die Meinung
nicht mehr aufrecht erhalten. Der Weilheimer Passionstext wurde
17-18 noch in Kohlgrub bei Oberammergau aufgeführt.
Zwischen den Jahren 1680 und 1750 liegt die entscheidende
Periode der Umgestaltung des mittelalterlich meistersingerlichen
Dramas in ein Stück nach Art der Jesuitendramen. Es ist des
Paters Ferdinand Rosner aus Ettal Passionsspiel vom
Jahre 1750 betitelt: ,, Bitteres Leyden, Obsiegender Todt und
Glorreiche Auferstehung des Eingefleischten Sohn Gottes Einer
Christlichen Versamblung Vorgestellet."
Eine Handschrift hievon findet sich in der Münchener Diözesan-
bibliothek, eine in Oberammergau (Bibliothek Guido Lang) und eine
in Donaueschingen. Stellen sind davon abgedruckt in den „Denk-
mälern" bei Trautmann und Queri.
Ich hatte Gelegenheit, das schön gebundene und tadellose Ma-
nuskript von Oberammergau einzusehen und bin dabei zur Ueber-
zeugung gekommen, daß der Rosnersche Text viel besser ist als
sein Ruf. Das Urteil oder besser die Verurteilung geschah zu
einer Zeit, wo alles Barock und Rokoko verpönt war. Rosners
Text hat Barockstil, aber dabei doch so viel wahrhaft Frommes
und Treuherziges, daß man der Ablehnung nicht beistimmen kann.
Wie schön sind doch die Worte, die der Hauptmann unter dem
Kreuze sagt:
„Den seh ich für einen Größern an,
Der leiden und verzeihen kann."
Ein neuer Text wurde von Pater Magnus Knipfel-
berger von Ettal verfaßt. Das Kohlgruber Passionsspiel und die
Oberammergauer Kreuzesschule 1785 stammen ebenso von ihm.
Gerade Knipfelbergers Art der Dramatik paßte nicht in das
Zeitalter der „Aufklärung". Sollte das Spiel über die Säkularisation
der religiös-literarischen Güter hinübergerettet werden, so mußte dieser
Text fallen und ein ganz anderer, auf vollständig neuer, biblischer
und apologetischer Grundlage der Zensur vorgelegt werden.
Diese vollständige Neugestaltung nahm der Ettaler
Benediktiner Pater Othmar Weis*) vor.
*) Der Name Othmar Weis kommt in verschiedenen Lesarten vor. Auf seiaer
Gedächtnistafel ist Weiß zu lesen, ebenso bei Dr. Maußer; er unterschrieb sich
selbst mit s.
- 36 -
Othmar Weis war am 24. April 1769 zu Bayersoyen, Hs.-No. 55
geboren. Bayersoyen liegt zwischen Saulgrub und Rottenbuch,
2V2 Stunden von Oberammergau. Das in gegenwärtiges Buch auf-
genommene Bild stammt von einem Oelgemälde im Besitze eines
Großneffen des Passionsdichters, namens Eduard Strauß von Bayer-
soyen. Das Bildnis befand sich eine Zeit lang in der Sakristei in
Oberammergau, wurde aber dann von seinen Verwandten wieder
reklamiert und befindet sich heute noch in deren Besitz. Pater
Pater Dr. Othmar Weis
Othmars Eltern waren Kleinhäuslersleute und er kam als Freistudent
und Ministrant nach Ettal. Er legte dort Profeß ab und wurde
vom Kloster als Pfarrvikar für Eschenlohe bestellt. Der im Ongmal-
manuskript mit großer Sorgsamkeit geschriebene Text von 1811
dürfte noch zur Wirkungszeit in der stillen Klosterzelle von Ettal
entstanden sein, als 1803 das Kloster aufgehoben, ihm aber mit
einigen älteren Patres der fernere Aufenthalt in Ettal gewährt \\"urde.
Zur Untätigkeit verurteilt, war ihm die Passionsdichtung wohl die
liebste Ablenkung von all dem Kummer, den die Säkularisation
— 37
über die Klosterherren brachte. Doch konnte solches Leben
ohne weiteren, scelsorgerischcn Wirkungskreis einen Mann wie
Othniar Weis nicht auf die Länge befriedigen. Im Jahre 1804
übernahm er die Schule Oberau, an den Sonntagen war er Prediger
in Ettal. Als sich die Gemeinde Oberammergau an ihn wandte, um
einen neuen Passionstext zu erhalten, der dem Geschmack der Zeit
und ihrer Machthaber ebenso wie dem religiösen Gedanken der Spieler
gerecht zu werden die Aussicht hatte, da mag Pater Weis der bitten-
den Gemeinde wahrscheinlich schon mit der fertigen Passionsdichtung
entgegengekommen sein, denn für eine rasche Gelegenheitsarbeit ist
der lext von 1811 viel zu ausgereift; dieser Text fand dann
von den hohen geistlichen und weltlichen Behörden Gnade und
v\urde nach demselben 1811 in Oberammergau wie-
der gespielt. Wie die ,,Missa papae Marcelli** die harmonische
Kirchenmusik gerettet haben soll, so der 1811 er Text des Pater
Othmar Weis das Ammergauer Passionsspiel.
Bisher galt das Manuskript als vollständig verschollen; es ist
mir aber durch einen überaus glücklichen Zufall gelungen, es unver-
sehrt in meine Hände zu bekommen. Bei einer Erkrankung brachte
mir Herr Pfarrer und Dekan Graßl von Fürstenfeldbruck einen sehr
schön geschriebenen vollständigen Passionstext und zu meiner größten
üeberraschung fand ich durch Vergleichung mit den in Ober-
ammergau bei Verleger Kommerzienrat Guido Lang noch vorhan-
denen Gesangstextbüchern und mit Handschriften des Paters Othmar
Weis, daß dieser Text kein anderer ist als der Originaltext des
Ammergauer Passionsspiels von 1811 und zwar in Originalschrift
des Verfassers. Dieser wurde von mir vollständig herausgegeben in
den öfter schon genannten „Denkmälern der Passionsliteratur" bei
Uhlschmid in Oberammergau. Das Originalmanuskript ging, wie ich
wohl sagen darf, durch meine persönliche eindringliche Befürwortung
und durch lobenswertes Entgegenkommen seitens des H. Herrn
Dekan Graßl von Fürstenfeldbruck mit Zustimmung des Hochw. H.
Kardinalerzbischofes von München Dr. Faulhaber, der dem Ober-
ammergauer Passionsspiel überaus gnädig gesinnt ist, 1921 an die
Gemeinde Oberammergau über, die hiefür an das Pfarramt Fürsten-
feldbruck eine Stiftung von 1000 Mk. machte.
Der Text beginnt noch nicht mit den ehrwürdigen Worten:
„Wirf zum heiligen Staunen dich nieder!" u. s. vv., sondern die An-
fangswortc lauten in nicht minder kräftiger und würdiger Weise:
„Hört ihr Sterbliche,
Staub vom Staube!
Laut ruft es der Glaube,
Was die Zunge nicht vermag zu stammeln.
Mit Dankgefühlen sollet ihr '
Um diese Trauerbühne euch versammeln;
Das große Opfer für die Welt
Wird euren Augen vorgestellt."
u. s. f.
Das Manuskript gibt von selbst die Erklärung, warum bald
wiederum, s c h o n f ü r das Spiel 1815 eine bedeutende
— 38 -
T e X t ä 11 d e r u n g vorgenommen wurde. Die Anreden des Prologs,
den wir hier zuerst in das Spiel eingeführt sehen, sind in Prosa ge-
Jialtcn, in gehobenem Predigtstil. Die Benediktinerexpatres Calmct
und Braun waren zum Vorbild genommen. Gerade diese Belehrungen
für das Volk sind formell sehr schön, haben aber alle einen etwas zu
großen Umfang angenommen, so daß das Spiel weit über die eigent-
lich verfügbare Zeit in die Länge gezogen wurde, und dadurch wohl
iiuch für das großenteils exegetisch ungeschulte Volk langweilig wirkte.
Das Volk wollte damals schon bei einem, wenn auch religiösen Drama,
mehr Handlung sehen, als Belehrung hören. Deshalb sah man sich
genötigt, vor allem den Prologtext abzukürzen, daseist dann auch
geschehen, aber man verfiel damit in den anderen Fehler: Durch die
Abkürzung verlor der Prologtext alle gehobene Form und wurde eine
lediglich trockene Erklärung und Aufzählung der nachfolgenden leben-
den Bilder. Man vergleiche nur a. a. O. die Her Prologe mit den
tSern und man wird mir sicher recht geben müssen, daß der Text
wohl an Kürze gewonnen, aber an sprachlicher Schönheit und lite-
rarischem Wert verloren hat.
Bei Othmar Weis setzt nun Dr. Ernst Maußer verdienstvoll mit
der Veröffentlichung des Werkes: ,,Oberammergauer Passionsspiel
1910, historisch-kritische Ausgabe", ein.
Dr. Maußer schreibt: „Danach kam das Autogramm aus Jesen-
wang nach dem erzürnten Oberammergau, wo es verschollen ist."
Das ist wieder nicht richtig, denn das Autogramm kam nicht nach
dem „erzürnten Oberammergau" und ist auch ebenso wenig ver-
schollen wie der Her Text, denn Herr Pfarrer Othmar Weis behielt
es bei sich bis zu seinem Tode. Aus seinem Nachlasse kam es durch
Ankauf bei Versteigerung desselben an den Tafernwirt Josef Walch
von Jesenwang und ich persönlich fand es dann im Besitze seines
gleichnamigen Sohnes, der erst 1922 als Gastwirt in Jesenwang
starb. Er stellte es mir in entgegenkommendster Weise zu Ver-
gleichungszwecken zur Verfügung. (Siehe „Pass:onsdenkmäler.")
Es ist außer allem Zweifel, daß der Thaininger Kopist das Ori-
ginal in Händen hatte, denn die Kopie ist im großen Ganzen damit
identisch, aber nach den Streichungen geschrieben, welche Othmar
Weis annahm, als das Theater 1830 in den geschlossenen Bühnenbau
vor dem Ort angelegt wurde und enthält auch die Einlage einer
xMarienklage, die nicht von Weis, sondern einem Kooperator Lintzpold
stammt. Sonach ist die Kopie in der Maußerschen Ausgabe eben
auch nicht in allen Teilen gleichlautend mit dem Original, namentlich
nicht in Hinsicht auf die Gesangstexte, die bei Maußer nicht in allem
mit dem Oberammergauer Originalgesangstextbuch vom Jahre 1815
übereinstimmen. Der genaue Originalwortlaut ist in meinen „Pas-
sionsdenkmälern" Seite für Seite nachkontrolliert und festgestellt.
Mit Benützung derselben und der damit sich ergebenden Berich-
tigungen erübrigt sich eine nochmalige Ausgabe des Passionstextes
1815 und genügt hiefür die sonst fleißige Arbeit Dr. Maußers, die
nach der philologischen Seite hin eine gute, zuverlässige Arbeit ist.
Zu bedauern ist außer dem Reklamehaften der Ausgabe, daß
Dr. Maußer so wenig Pietät für den letzten Passionstextumdichter,
— 39 —
den GeistI, Rat Daisenbeiger von Obcrammeri^au, hat und demselben
so viel als jedes Verdienst an der Textbearbaitung^ direkt abspricht.
Der 1815er Text enthält im Original leider nicht mehr den Pro-
loo, wohl aber im Gesangstextbuch:
„Wirf zum heiligen Staunen dich nieder."
Zum erstenmal finden wir ihn hier und damit jene herrliche Ein-
führung in das Spiel, die durch keine andere mehr übertroffen werden
kann. Es ist aber wahrscheinlich, daß der Prolog im Original ver-
loren gegangen ist, denn demselben, welcher leider sehr schlecht
nur erhalten ist, fehlen die Anfangs- und Endseiten. Außerdem hat
der 1815er Text zum erstenmal den Palmeinzug mit dem Oesangs-
chor: „Heil dir*'.
Bald nach den Aufführungen 1811 kam Pater Dr. Othmar Weiß
als Pfarrer nach Jesenwang, zwei Stunden von Fürstenfeldbruck
an der Landsberger Staatsstraße. Dort schuf er die abgekürzte Form
des Textes 1815 und überließ später das Manuskript zur Abschrift
den Thainingern. 1815 holten sich die Ammergauer ihren Passions-
leiter wieder zum Spiel, ebenso 1820. '1830 änderte er verschiedene
Stellen für die neue Bühneneinrichtung und finden sich die Abstriche,
Einfügungen und Regiebemerkungen im Original. Umsomehr ist es,
wie schon bemerkt, zu bedauern, daß später wohl die Handschrift
Opfer der Mäuse und Kinder wurde und mangels der betr. verloren
gegangenen Seiten gerade an den wichtigsten Stellen wie Anfang,
Kreuzweg und Schluß versagt.
Vater Joseph Walch hütete das Original in anerkennenswerter
Sorgfalt, ebenso wie es der Großvater getan. Rührend ist, daß
Vater Walch noch eine dritte Abschrift eigenhändig vornahm, um
das Buch bei dem Passionsspiel in Oberammergau 1870 als Textbuch
zu benützen und das Original nicht der Verlustgefahr auf der Reise
auszusetzen. Joseph Walch hat nun in hochherziger und uneigen-
nütziger Weise das Manuskript der Gemeinde Oberammergau über-
lassen und zwar als freie Schenkung vom 20. Juni 1921 mit der
einzigen Auflage, daß die direkten Angehörigen der Jesenwanger
Familie Walch in jedem Passionsjahr 5 Freikarten erhalten. Alle
Hochachtung vor diesem Zeugnis des Gemeinsinnes.
Pfarrer Othmar Weis starb als allgemein hochgeschätzter und
verehrter Priester und Distriktsschulinspektor an einem Schlaganfalf
am 26. Januar 1843 in Jesenwang. Sein Grabstein dortselbst wurde
aber später bei der neuen Gottesackerverteilung hinter die Kirche
verlegt. Die wirkliche Grabstätte ziert eine Erzplatte, welche die
Gemeinde Oberammergau besonders nach Anregung des H. Haupt-
lehrers Prielmaier von Jesenwang und meiner Befürwortung 1911
dortselbst errichten ließ. Sein Andenken ist ein gesegnetes.
Die Abschrift Walchs machte es mir persönlich möglich, die
fehlenden Teile des 1815er Manuskriptes zu ergänzen und sind diese
Ergänzungen in das Manuskript aufgenommen. Es wurde in der
Buchbinderei Woderer in Fürstenfeldbruck sehr geschmackvoll im
Biedermeierstil gebunden.
— 40 —
Der vollständige Oberammergauer Gesangstext mit wenigen Kor-
rekturen durch Geistlichen Rat Ettmayer ist heute nach Othmar
Weis-Text von 1815, ebenso der Gesangstext von Erl und der
größte Teil des gesprochenen Brixlegger Prologs ist aus dem Weis-
schen Gesangstext herübergenommen. Von Thaining bezog Rott
am Inn seinen Passionstext. Der Prolog: „Wirf zum heiligen Stau-
nen dich nieder", wurde von Oberammergau durch Erl, Brixiegg
und Selzach übernommen, von Dr. Sepp in seinem Passionstext
nachgebildet. Der Waaler Passionstext, erhalten in einem Manus-
kript von 1828, stammt sicher auch von Weis. Der Prolog von 1815,
der in das gegenwärtige Spiel von Waal eingesetzt ist, ist einer
Stelle des 1811er Othmar Weis-Textes nachgebildet.
Bildnisse, Passionsurkunden,
die an ihn erinnern, fand ich
bei meiner Nachschau in lesen-
wang nicht mehr. Ein Wand-
bild bei dem Bäcker in Jesen-
wang trägt einen Spruch, der
von Othmar Weis sein könnte, ~
und das Wandbild dürfte wahr- -
scheinlich von dem Lüftlesmaler ;
Franz Zwink stammen.
Bei seinem Aufenthalt in
Oberau erteilte Weis nicht nur
den Dorfkindern Volksschul-,
sondern auch Lateinschüler Vor-
bereitungsunterricht. Unter die-
sen befand sich auch ein Bauerns-
sohn Aon Oberau und der war
kein anderer als der spätere
Oberammergauer Pfarrer und
Geistliche Rat Jos. Alois
D a i s e n b e r g e r. Frühzeitig
zeigte sich seine Liebe zur Lite-
ratur, welche Othmar Weis in
weitherziger Weise nährte. So
gab er ihm Geliert und Kleist
zur Lektüre. Von Oberau kam
Institut und in das Lyzeum in
Professor Thiersch Literatur und Bayer allgemeine Geschichte.
Seine Studien vollendete er an der Universität Landshut. In Eich-
stätt empfing Daisenberger die Priesterweihe und am 21. Okt. 1821
hielt er in seinem Heimatdorf Oberau das erste hl. Meßopfer,
wobei Pater Othmar Weis die Festpredigt hielt und der Kirchenchor
von Oberammergau eine eigens hiezu von Lehrer Dedler von Ober-
ammergau komponierte und dirigierte Festmesse aufführte. Daisen-
berger funktionierte zuerst an den Orten Grassau, Schlehdorf und
Farchant und wurde 1831 Pfarrer in Uffing. 1839 wurde Ober-
ammergau frei und die Gemeinde Oberammergau, besonders aber
Bürgermeister Michael Diemer und Verleger Lang taten alles, daß
Geistlicher Rat Alois Daisenberger
Verfasser des Passions-Textes
Daisenberger in das Holländische
München. Dort hörte er unter
41
Daisenbcri^er die Pfarrei erhalte. Die Gemeinde wandte sich wieder
dircivt an den König und auch diesesmal mit Erfolg. Am U. juh 1845
hielt rXiiscnbcrger seinen Einzug "kls Pfarrer von Oberammergau
und verblieb, bis er im Gottesacker dortselbst neben dem letzten
Prior von Rottenbuch Herculan Schweiger sein Grab fand. Dasselbe
ziert heute ein würdiges Dankesdenkmal der Gemeinde Oberammergau
mit sprechend ähnlicher Büste, geschaffen von dem aus Ober-
ammergau stammenden Münchner Bildhauer Otto Lang. So haben
nun die drei Oberammergauer Passionsveteranen Othmar Weis,
Daisenberger und Rochus Dedler ihre, von der Gemeinde gestifteten,
wohlverdienten Denkmäler.
Im Jahre 1860 war dem Schüler des Paters Othmar Weis,
Alois Daisenberger, der mittlerweile Pfarrer von Ober-
ammergau geworden war, die Revision des Textes über-
tragen worden. Sie wurde, wie er selbst in seiner Chronik schreibt,
von ihm in pietätvoller Weise besorgt. Er selbst sagt in seiner
Bescheidenheit von sich: „Ich fürchte, daß Manches, was ich zu
bessern glaubte, durch meine Aenderung nicht besser geworden ist
und daß es mir etwa ergangen sei wie manchem Baumeister, der
einen alten Bau umzuformen unternimmt und nicht das rechte Ge-
schick dazu hat." Diese Befürchtung ist ein schönes Zeugnis für
die edle Bescheidenheit Daisenbergers, hat sich aber nicht erfüllt.
Die dramatische Handlung wurde nach der vorangegangenen,
kleineren Weis'schen Aenderung durch Daisenberger straffer und
einheitlicher gestaltet; beanstandete Naivitäten z. B. das „Brot-
messer" des hl. Petrus ausgemerzt. Die Pilatusszene arbeitete er
1860 eigens für den von der Christus- zur Pilatusdarstellung über-
gegangenen Tobias Flunger weiter aus. Er übergab ihm die Rolle
mit den Worten: „So, jetzt kannst z'frieden sein." Am Gesangstext
änderte er nichts, da er zu wenig Musiker war und die neuen
Gesangstexte auch eine neue Musik bedingt hätten. Sein Haupt-
verdienst lag aber wo anders und das kann ihm von keinem Dr.
Maußer, Strauch, Konverau und von keinen anderen Gegnern ge-
nommen werden. Es ist durch die Auffindung der beiden Original-
texte von 1811 und 1815 unleugbar erwiesen. Der 1815 er Text
des Prologs war wie schon angedeutet keine Verbesserung, sondern
die schon von Clarus besagte und beklagte Verwässerung. Die
schwungvolle Ansprache des Genius nach dem 1811 er Text war,
um ihre zu beträchtliche Länge zu beheben, größtenteils zu poesie-
losen Aufzählungen zusammengeschrumpft, die sich außerdem bei
den Aenderungen der eingefügten lebenden Bilder als deren Er-
klärungen mit diesen nicht mehr ganz deckten. Eine vollständige
Neuschaffung des gesprochenen Prologs war zur unabweislichen
Notwendigkeit geworden, oder man ließ ihn ganz fallen und damit
die lebenden Bilder, die ja doch dem Oberammergauer Spiel höchsten
Glanz und ihre Eigenart geben.
Geistlicher Rat Joseph Daisenberger ist es nun ge-
wesen, der die verwässerte Form des prosaischen durch
die klassizierende Form eines poetischen Prologes ersetzte,
der an Stelle der poesielosen, lediglich schulgemäßen Bild-
— 42 —
erklärungen, zu der die Prologe herabgesunken, seine sapphi-
schen Strophen setzte, der sittHch tiefreh'giösen Inhalt in
schöner, edler Fassung darbot, äußere Kürze mit inhaltlicher
Prägnanz vereinigte und damit Inhalt und Form zu gleich
guter Wirkung brachte. Das ist das ausschließliche, höchste
Verdienst Daisenbergers und dafür gebührt ihm mit Recht
der Ehrentitel eines Passionsreformers, der ihm von anderer
Seite so gerne abgesprochen werden will; dafür zollt ihm
Oberammergau heute noch heißen Dank und läßt sein An-
gedenken nicht antasten. Ohne die überaus glückliche Ein-
fügung der heutigen Prologe, die sich so geschickt dem
gesungenen und dramatischen Teil anfügen, hätte das Ober-
ammergauer Spiel nicht seine einheitlich- und geschlossen
wirkende Form und Eigenart erhalten und wäre wohl bis
auf heute der Gegenstand dichterischer Experimente ge-
blieben.
Die sonstige Tätigkeit Daisenbergers als Priester, Schulmann
und Dichter brachte nur Glück und Segen für die Gemeinde. Außer
einer trefflichen Ortsgeschichte schuf er eine Reihe von Dramen;
„Theodolinde**, ,,Drei folgenreiche Tage in Bayern*', ,,Otto von
Witteisbach", ,,Die Stiftung von Ettal", „Agatha, die Heldin von
Catania'S ,, Elisabeth von Thüringen", eine Uebersetzung der ,,Anti-
gone", vor allem aber die „Kreuzesschule" 1875.
Weni' auch die meisten Dichtungen ihrem Zwecke als schlichte
Gaben für einfache Volksbühnen angemessen waren, so brachten
sie doch für Daisenberger den Befähigungsnachweis für die V^or-
nahme der letzten ausschlaggebenden Aenderungen.
Im Jahre 1888 wurde Oberammergau von der Münc'iener Re-
gierung aus zu Textänderungen gedrängt. Geistlicher Rat Ettma3'er
änderte am Gesangstext herum und zwar nicht zu seinem Vorteil.
Ein Teil der Aenderungsvorschläge wurde angenommen, aber 1900
wieder ausgemerzt. Weitergehende Aenderungen des dramatischen
Textes wurden energisch abgelehnt, mochten sie kommen, von
welcher Seite aus. Ja sogar der Vater des neuen Spieles Geistlicher
Rat Daisenberger mußte 1880 das gleiche Schicksal erfahren, als
er noch einmal mit e'ner vollständigen Umdichtung des dramatischen
Teils dcb Spiels hervortrat, wonach die Reden Christi, seines Ge-
folges und des hohen Rates in Jamben, die Reden der Henker
u. dgl. in Knittelversen gebracht werden sollten. Das Freiburger
Passtonsspiel der Gebrüder Faßnacht, das auf der Grundlage des
.Ammergauer Urtextes aufgebaut sein wollte, hat von 2300 Verszeilen
2020 wortwörtlich aus diesem Text übernommen. Johannes Zwink
als Judas und der Neffe Daisenbergers als Kaiphas sprachen einige
Stellen nach diesem Text; sonst wurde nichts aus demselben au^
geführt.
Von da an unterblieben größere Te.xteinfügungen. Da aber die
Nachmittagsaufführung Stellen hat, die schon seit mehreren Passions-
— 43 —
dezennien als Längen und tote Punkte empfunden wurden, beriet
1921 das Passionskomitee öfter gewissenhaft über einige Aende-
rungen. Der greise ehemalige Passionsleiter Ludwig Lang, der
mit voller Seele auch bei den Vorbereitungen sich beteiligte, legte
einen Aenderungsentwurf vor, der allgemeinen Beifall und Annahme
fand. Die zwei ersten Monologe des Judas im Nachmittagsspiel
wurden zusammengezogen, ebenso die Beratung im Kaiphas Nacht-
zimmer mit dem sogenannten 3. Rat, dadurch konnten der Prolog
und das lebende Bild über Daniel gestrichen werden. Eine iVlin-
derung der Chöre wird nachmittags nur als Wohltat empfunden.
Wenn wir nun nochmal die Entwickelung des Passionstextes
zusammenfassen und die in Oberammergau aufgeführten Passions-
spiele feststellen wollen, dann ergibt sich nachstehende Reihenfolge:
1. Der nicht direkt nachweisbare, aber mutmaßlich erste Text,
der wahrscheinlich schon vor der Gelübdeab'.egung und in der Zeit
derselben aufgeführt wurde: das Leidenchristispiel von Sankt Ulrich
und Afra in Augsburg aus dem 15. Jahrhundert, herausgegeben von
August Hartmann im Werke: „Das Oberammergauer Passionsspiel
in seiner ältesten Gestalt", Verlag von Breitkopf und Härtel, 1880,
Leipzig.
2. Der mit dem Sankt Ulrich und Afraspiel vereinigte Meister-
singertext des Sebastian Wild, wonach nachweislich 1662 und 1674
in Oberammergau gespielt und der heute noch im Original vorhanden
ist bei Georg Lang sei. Erben, Oberammergau, herausgegeben von
Kommerzienrat Guido Lang mit Georg Queri 1910 in dem Faksimile-
werk: „Tragedi vom Leiden und Sterben Jesu Christi", Verlag von
Gg. Lang sei. Erben, Oberammergau.
3. Der Ettaler Klostertext von Pater i Ferdinand Rosner, im
Original bei Guido Lang in Oberammergau und in Abschriften in
der erzbischöflichen Bibliothek in München und in der fürstlichen
Bibliothek in Donauwörth. Textproben bei Trautmann, Queri und
Feldigl.
4. Der von P. Magnus Knipfelberger umgearbeitete Ettaler
Barocktext, in Abschrift vorhanden bei Guido Lang, Textproben
bei Trautmann, Queri, Feldigl.
5. Der erste vollständig neue Text des Ettaler Pater Othmar
Weis vom Spiele 1911, entdeckt von dem Verfasser dieses Führers,
F. Feldigl, in der Pfarrbibliothek Fürstenfeldbruck und als Schen-
kung der Kirchenverwaltung F.'Brucks 1921 an die Gemeinde Ober-
ammergau übergegangen. Im Wortlaut herausgegeben in F. Feldigls
„Denkmälern", Verlag von Uhlschmid in Oberammergau.
6. Der zweite, umgearbeitete Othmar Weis-Text vom Spiele 1815
im Original entdeckt 1919 von Ferd. Feldigl, und dessen Wortlaut
festgestellt in den „Passionsdenkmälern", nach Vergleich mit einer
(teilweise abweichenden) Kopie des Thassilo Stricker von Thaining,
herausgegeben von Dr. Maußer, Verlag von Huber in Diessen.
Das Original bisher im Besitze der Familie Walch in Jesenwang,
seit 20. Juni 1921 durch Schenkung an die Gemeinde Oberammergau
übergegangen.
— 44 —
7. Der von Daisenberger umgearbeitete, jetzt noch giltige Ge-
samt-Passionstext. Nach Daisenbergers bei der Gemeinde Ober-
ammergau hegendem Originalmanuskript, von dessen Großneffen
Sebastian Lang zum erstenmal 1900 veröffenthcht und von der Ge-
meinde als einzig genehmigte Gesamtausgabe jetzt aneri<annt und
herausgegeben. Verlag der Gemeinde Oberammergau. Neuauflagen'
1910 und 1922. —
Neben dem eigentlichen Passionsspiele ging noch zuerst in der
Kirche als Fastenandacht, darnach im Freien ein weiteres Spiel hervor,
dessen Erwähnung getan werden muß: ^,Die Kreuzesschule."
„Die Kreuzesschule", ursprünglich ein „umgekehrtes Passions-
spiel", d. h. eine Darstellung des Leidens Christi in lebenden Bildern
mit dramatischer Bearbeitung der Vorbilder und allegorischen
Zwischenhandlungen, ging aus dem Stück hervor, welches am
13. und 16. Brachmonat des Jahres 1785 aufgeführt wurde: „Der
Wanderer auf dem Wege des Kreuzes." Der 1905 erschienene Führer
zur Kreuzesschule bezeichnet den italienischen Dichter Metastasio als
Verfasser. (?) Das Spiel wurde schon 1765, 1775, 1778 aufgeführt. Das
Spiel um 1785 läßt in seinen Allegorien auf eine Bearbeitung von
P. Magnus Knipfelberger schließen; die Musik dürfte ron P. Plazidus
Wildt gestammt haben. Der Text von 1825 ist bearbeitet von
Pater Othmar Weis, die Musik von dem ehemaligen Zisterzienser-
pater Benedikt Pütrich (nicht Ulrich) von Fürstenfeldbruck. Die
Dichtung von 1875 stammt von Daisenberger, die Musik mit Ein-
lagen von Händel, Nägeli usw., von dem damaligen Hauptlehrer
Kirschenhofer, die Instrumentierung teilweise von Gärtner. Der
letzten Aufführung der Kreuzesschule lag wiederum eine vollständig
neue Arbeit zu Grunde. Ein auf meine Veranlassung durch den
Oberammergauer „Liederkranz" veranstaltetes, schön und edel ge-
haltenes Weihnachtsspiel von dem ehemaligen Stiftsprobst Joseph
Hecher: „Hirten und Könige" fand 1899 überaus großen Beifall
und lenkte die Aufmerksamkeit auf Hecher. Diesem wurde dann
die Bearbeitung der neuen Kreuzesschule übertragen. Hecher schuf
ein dichterisch hervorragend schönes Werk, dem in den drama-
tischen Vorbildern das Leben Davids zur Grundlage diente. Aus
der Volksdichtung war eine bedeutende Kunstdichtung geworden;
Stiftskanonikus Professor Wilhelm Müller schuf dazu eine der Dich-
tung kongeniale Musik. Das ganze Werk wuchs weit über den
Rahmen eines Volksspieles hinaus und fand durch die Daviddarsteller
Andreas und (dessen Sohn) Theodor Lang, sowie durch die hervor-
ragende Ausstattung und Regie seitens des Schnitzschul- und Spiel-
direktors Ludwig Lang eine Aufführung, welche geeignet gewesen
wäre, das Passionsspiel in den Schatten zu stellen. Das Publikum
zeigte sich aber in überraschender Weise zurückhaltend im Besuch;
es wollte sich den großen Eindruck des eigentlichen Passionsspieles
nicht durch ein, wenn auch noch so gutes Zwischen- und Konkurrenz-
spiel vertauschen lassen. Der Text ist erschienen bei Seyfried
u. Comp., München, der vollständige Klavierauszug bei Längs sei.
Erben in Oberammergau. Von der 1875 er .Kreuzesschule existiert
keine Druckausgabe. Proben der Kreuzesschultexte von 1785, 1825,
1875 und 1905 finden sich in den „Passionsdenkmälern". Stiftsprobst
— 45 —
Hcchcr starb 1918. Müller ist noch tätig als vorzüglicher Sänger
und Komponist. Besonders erfreuen sich seine Kinderlieder großer
Beliebtheit. Allerseelen 1921 erlebte ein von ihm komponiertes
schönes Requiem in Oberammergau seine Uraufführung.
Mit Recht konnte ich in meinem Führer 1900 sagen: „Das
Passionsspiel ist den ganzen Weg, den die Poesie gemacht, treulich
mitgegangen: von den mittelalterlichen Mysterien- zu den Meister-
singerspielcn, von da zu den Barock- und den Schäferspielen, dann
wieder aufwärts zum Neuklassizismus und zur Romantik, es ist ein
Stück der deutschen Literaturgeschichte und wahrlich nicht das
sei il echteste."
uj^m
— 46
m
4. KAPITEL.
Die Passionsmusik
So lange die geistlichen Spiele Bestandteile der kirchlichen Liturgie
bildeten, so lange bildete der kirchliche Choral von selbst
den musikalischen Teil der Darstellungen. Und als die Spiele für
sich als selbständige Gebilde in und außer der Kirche ihre Auf-
führung fanden, da war es vorerst auch der kirchliche Choral, der
die musikalische Belebung desselben übernahm. So finden wir das
„Pueri Hebraeorum'* und „Gloria laus et honor", das heute noch in
den katholischen Kirchen am Palmsonntag gesungen wird, schon
im Benediktbeurer Spiel; es scheint übrigens auch ein vermutlich
großer Teil des deutschen Textes dieses Spieles gesungen worden
zu sein; die zahlreich vorkommenden Kehrreime lassen bestimmt
darauf schließen. Die Reueklage der Magdalena hat die Bemer-
kung ,,cantando flendo" = unter Tränen gesungen. Auch die
Marienklagen wurden gesungen. „Tunc Maria umplexetur Johannen)
et cantet eum habens inter brachia." „Dann soll Maria den Johannes
umarmen und während sie ihn in ihre Arme geschlossen hat, singen:
„Et per horam quiescat sedendo et iterum surgat cantus* = „Und
eine Zeit lang ruhe sie sitzend und erhebe sich dann wieder singend."
„Tune iterum amplexetur Johannes et cantat." „Dann soll sie wieder
Johannes umarmen und singen" usw. Der Text unterscheidet streng
zwischen dicere und cantat = spricht und singt.
Das Greiffsche Osterspiel enthält das dreimalige gesungene
„Christus ist erstanden". Erst allmählich wurden die Zwischen-
pausen mit Musik ausgefüllt und größeren Aufzügen durch Tuben-
schall und Gesang erhöhte Feierlichkeit gegeben.
Im Augsburger Klosterspiel fordert beim Kreuz der erste
Scherge die Juden auf: „ir luden, allsampt singent Gymel!" Die
Regieangabe sagte weiter: „Jetz singend die luden vnder dem creitz
des luden gsang halb auß. Die weil hebt man das creitz auf . . ."
Gymel ist der dritte Buchstabe des hebräischen Alphabets; somil
dürfte der Judengesang die mit diesem Buchstaben bezeichneten
17—24 Verse des 128. Psalm Davids zum Inhalt gehabt haben.
Auch bei den kirchlichen Lamentationen der Chartage findet sich
diese Aufzählung. Der Gesang dürfte also die betr. Lamentations-
melodie haben. Am Grabe Jesu singt der Engel das „Exurge", worauf
47
Jesus bei der Auferstehung mit ,,Resurrexi" antwortet. Am Schlüsse
fordert der Prociamator die Zuschauer auf:
,,Und singend auch alle sambden
gar frölich „Christ ist erstanden."
Mehr musikalische Einlagen finden wir in der sich nicht organisch,
sondern nach Willkür anschließenden „hystori aus der vorhall".
Die Heiligen singen den Psalm: ,,Benedictus Dominus Deus Israel",
der Engel singt: „Tollite portas!" Lucifer „antwurt schreiend": ,,Qius
est iste rex gloria!" Der Engel singt: „Dominus fortis et potens m
prelio."
„Die Vätter singend Adventisti etc." und später knieend „Exurge".
„Der Engel tut den stain hinweg und sitzt darauf und sing!
zu dreymalen: Surrexit dominus de sepulchro." „Und die Vätter
antwurtend vnd singend: Qui pro nobis pependit in ligno." Der
Erzengel Gabriel singt das „Regina coeli laetare" und der Saluator,
das ist Christus selbst: „Salve sancta parens." Wir finden' in diesen
Gesängen lauter Bestandteile der noch heute im Gebrauch stehenden
Gesänge der verschiedenen Auferstehungsritualien, der Charsamstag-
vesper und Matutin.
Der alte Meistersingertext enthält gar keine musikalischen Ein-
lagen, eine ganz interessante finden wir aber im vereinigten Kloster-
und Meistersingertext. Dort ist nämlich Christus am Kreuz anheim-
gestellt, die Worte: „Eloi, Eloi lama sabachtani! Hie est Deus
meus, Deus meus, quid dereliquisti me?" zu sprechen oder zu
singen. Für den Gesang ist eine Melodie in Choralschrift angegeben,
ähnlich dem marianischen Ita missa est. (Siehe Queri Textaus-
gabe 1662.).
Anders wurde es mit der Musik zu Rosners Zeiten. Trautmann
schreibt: „In Rosners Passion spielte die Musik neben den lebenden
Bildern und den dekorativen Auszierungen eine hervorragende Rolle
im Gegensatz zum Meistersingertexte von 1662, in welchem noch keine
Rede davon war. Man darf eben nicht vergessen, daß Ettal wie die
meisten altbayerischen Klöster in jenen Tagen eine hervorragende
Pflegestätte der Musik gewesen und daß unter den Konventualen.
nicht nur Theaterdichter, sondern auch tüchtige Komponisten zu
finden waren." (Trautmann nennt besonders die Patres Augustin
Recher und Plazidus Wildt.) „Die vielgestaltige Verwendung der
Vokal- und Instrumentalmusik war im siebzehnten und achtzehnten
Jahrhundert eine Eigenart des Jesuitendramas in München geworden."
Bei den Spielen 1780—1800 fiel der Musik die wen'g beneidens-
werte Rolle zu, das Bündnis der Laster mit dem Teufel gegen den
Erlöser musikalisch zu illustrieren, Hoffart, Geiz, Neid und der Satan
mit seinem ganzen höllischen Anhange sangen Arien und Chöre, die
den musikalischen Teil des Spiels zu einer vollständigen Renaissance-
oper erweiterten. (Siehe Textbuch 1800 in meinen „Passionsdenk-
mälern".) Clarus schreibt, daß 1850 noch der Darsteller des Luziter
vom Jahre 1800 gelebt habe als schwacher, aber heiterer Greis und
manchmal den Gesellschaften um ihn seinen damaligen Höllengesang
zum besten gegeben habe.
— 48 —
Die Musik zu dem Magnus Knipfelbergerischen Text schut der
Lehrer von Oberammergau, Michael Reiichard, „der schon*', wie der
, Witwen- und Waisenfreund' schreibt, „damals durch zweckmäßigen
Unterricht in den Elementargegenständen und vorzüglich in der
Musik sich einen großen Ruhm erwarb, daß viele Kinder aus weit
entfernten Gegenden teils seinem Unterr.chte, teils seiner besonderen
Pflege anvertraut wurden." Sein Bildnis (Fresko) befindet s:ch auf
Rochus Dedler. Komponist der Passionsmusik
dem Kirchenchor in Oberammergau oberhalb der Orgel, wie er an
den Stufen eines Altars sitzt, neben sich ein Häflein mit der Autschrift
„Salute". Er nahm nämlich in kalten Winterszeiten sein warmes
Kaffeehäflein mit in die Kirche und klopfte schmunzelnd daran m.'t
den Worten: „Das ist meine Salute."
Nach seinem Tode 1S02 wurde die Lehrer- und Chorregentensteüe
einem geborenen Oberammergauer übertragen, dem Wirts- und
Metzgerssohn Rochus Dedler.
49
Rochus Dedler ist geboren am 15. Januar 1779. Sein Geburtshaus
ist 1S17 abgebrannt; an dessen Stelle befindet sich nun Haus No. 72.
Er erhielt seine Ausbildung als Singknabe und Student im Kloster
Rottenbuch und dann im Benediktinerseminar in München. ■) Hätte
er die Musikerlaufbahn betreten, so wäre er wohl zu emem be-
rühmten Namen gekommen, allein er wollte in Rottenbuch ins
Kloster eintreten. Als ihm aber die Lehrstelle in Oberammergau
von dort aus angeboten wurde, folgte er dem Ruf bciner Heinial
und dem Zug des Herzens, da ihm die Nachfolge Reichards ein
großes musikalisches Gebiet eröffnete. Auch hatte er auf seinen
Reisen nach München in Uffing das Töchterchen des Triftbeamten
und Hofkammersekretärs Andreas Sepp, Josepha, kennen gelernt
und trachtete, ihr ein Heim zu bieten. Fast zwanzig Jahre entfaltete
er als Lehrer wie als Chorregent und Passionsmusiker in Ober-
ammergau eine segensreiche Tätigkeit, bis er von der Lungensucht
befallen wurde und am 15. Oktober 1822 bei seinem Bruder, dem
Pfarrer von Föhring, wo er Erholung suchte, starb. Sem Sohn
Johann starb 1850 als hochgeachteter Lehrer ohne Le.beserben. Seine
Töchter waren vermählt mit dem ehemals bekannten Judas-Darsteller
Lechner und mit dem Schnitzer Reiser von Oberammergau. Frau
Lechner starb früh. Von Reiser sind noch mehrere Nachkommen in
Oberammergau. Von den Brüdern Dedlers war einer der ehemalige
Gastwirt Dedler zum „Weißen Lamm", dessen Nachkommen heute
noch auf der Wirtschaft sind, und von einem andern stammt die
Zimmermeistersfamilie Dedler. Ein Sohn derselben heißt Rochus.
Von den Gastwirtsleuten Dedler wurde wieder ein Sohn Lehrer
und starb als solcher hochgeachtet in Ebersberg. Dessen Sohn
heißt auch Rochus Dedler und ist ein guttalentierter, beste Hoff-
nungen erweckender Musiklehrer in Landshut, der sicher nochmal
den Namen Rochus Dedler musikalisch zu Ehren bringt.
Was Dedler besonders sympathisch machte, war seine tiefe
Religiosität. Wyl, der Verfasser der Maitage, hatte noch ehemalige
Schüler Dedlers kennen gelernt, welche nurRühmenswertes von ihm
berichteten. Andreas Bierling erzählte von ihm: ,, Jedes Kind hat
ihn geachtet, geliebt und gefürchtet. Alle Abend war Rosenkranz,
und da war er immer dabei. Nach seinem Schuldienst hat er
immer in der Kirche gebetet. Die Passionsmusik hat er anno 1814
zu komponieren angefangen am Dreifaltigkeitstag, und da hat er
gesagt: ,, Jetzt will ich anfangen." Und da haben seine Kinder
zuerst beten müssen. Dedler war ein Mann, den man hat lieben
können, gut und verständig, in der Art des Daisenberger." Ein
solcher Mann ist ob seines Charakters allein aller Ehre und des
besten Andenkens wert, mag man nun Stellung zu der Passions-
*) Anton Baumgartner schreibt im Nationalblatt 1820: „Der Komponist der
Musik ist Herr Rochus Dedler, Schullehrer in Oberammergau, Bruder des verdienten
Pfarrers in Oberföhring, welcher seiner Zeit für den 12. März 1799, wo unser geliebter
König Maximilian bey dem Regierungsantritte seinen ersten Einzug in München
durch das Karlstor gehalten hat, die Musik zu dem feyerlichen Empfange durch die
bayerischen Realämter komponierte." Aus diesem Satz geht nicht klar hervor,
welcher der beiden Brüder die betr. Musik komponiert hat. Nach anderer Lesung
soll Rochus für diese Feier eine Festmusik für das Benediktinerseminar komponiert
haben.
— 50 —
musik einnehmen, wie man will; diese muß aber denn doch für
seine Zeit und für alle Zeit ein nicht unbedeutendes, sondern wohl
einzuschätzendes Werk genannt werden.
Dedler sang selbst die Partie des Chorführers. Das National-
blatt 1820 schreibt: „Derselbe hatte zugleich einen sehr geschickten
Kollegen an seiner Seite, um an der Spitze des mit Kränzen ge-
schmückten Chores das Wort zu führen. Die Exekution der Musik
geschah durch die Musikfreunde der ganzen Nachbarschaft, Staats-
diener, Pfarrer, Schullehrer und andere Musiker und Honoratioren
in einer lobenswürdigen harmonischen Eintracht." Demnach scheint
damals die Ortszugehörigkeit nicht so strenge gewahrt worden
zu sein wie heute, wo kein Auswärtiger in irgend einer Rolle mit-
wirken darf.
Man braucht nicht gerade der enthusiastische Verehrer Dedlers
zu sein, wie Professor Diemer, der berühmte Kunstmaler, der
selbst einer Ammergauer FamiHe entstammt und dessen Großvater
Michael und Onkel Johannes den Prolog sangen, um doch der
objektiven Wahrheit Zeugnis zu geben, daß Dedler mehr, viel
mehr als ein zur Mußezeit sich auf dem musikalischen Pegasus
tummelnder, einfacher Dorfkirchenorganist war. Sicher hat Diemer
recht, wenn er sagt, daß wir von Dedler noch gar manches be-
deutende musikalische Werk zu erwarten gehabt hätten und er
gewiß zu den besseren, wenn nicht besten Meistern emporge-
schritten wäre, w^enn ihn nicht des Lebens harte und umfangreiche
Pflicht festgehalten und frühzeitig seine Kräfte aufgesogen hätte.
Mit dem Jahre 1814 hat er aber nicht erst von Anfang an mit
der Komposition seiner Passionsmusik begonnen, sondern schon
die Musik für den Passionstext vom Jahre 1811 des Paters Othmar
Weis geliefert. Der neue Text für das Spiel 1815 bedingte eme
neue Musik und diese begann er 1814, wie Bierling sagt. Aus der
11 er sind das „Brautlied" und der „Tobiaschor" auf die Musik
für 1815 übergegangen. Das Halleluja ist ebenfalls noch erhalten,
aber nicht in der gegenwärtigen Passionsmusik, sondern im Oster-
halleluja, das immer am Charsamstag in der Pfarrkirche bei der Auf-
erstehung aufgeführt wurde. Es befindet sich also unter den
Kirchenmusikalien.
Aber auch diese Musik sollte nicht Dedlers endgiltige Fassung
sein. Im Jahre 1817 hatte Dedler das furchtbare Unglück, daß bei
dem damaligen großen Dorfbrande die ganze Passionsmusik mitver-
brannte, und er mußte sie von neuem beginnen. 1820 war sie
zum dritten und letzten Male vollständig fertig und sie ist heute
noch im Wesentlichen dieselbe. Es sind verschiedene Versuche
gemacht worden, die Musik zu verbessern und von je nach Ge-
schmacksrichtungen als „Trivialitäten" bezeichneten Stellen zu reini-
gen. Diese Versuche gelangen nicht immer sehr glücklich. Schon
im Anfang der Siebzigerjahre „verböserte" Kapellmeister C. Hünn
die Musik. In den Zeiten des Cäcilianismus strengster Observanz
wendete sich besonders Witt gegen dieselbe und forderte eine neue
Musik oder gänzliche Umarbeitung. Cyrill Kistler schrieb eine
eigene Broschüre gegen dieselbe in seiner derb zu- und angreifenden
Art. Von Künstlerseite und von der Geistlichkeit wurde Ober-
— 51 — 4*
ammergau zu neuen Aenderungen an der Passionsmusik gedrängt,
die unter diesem allseitigen Druck von Lehrer Gruber und Musik-
meister Eduard Lang vorgenommen wurden. Zahlreiche Stellen
wurden gestrichen, was jedoch Cyrill Kistler nicht hinderte, seine
Broschüre mit den ahen nicht mehr zur Aufführung gelangenden
Notenbeispielen 1890 neu herauszugeben. 1890 wurde auch von
Max Zenger eine vollständig neue Nummer zwischen Kreuzigung
und Grablegung eingesetzt, die jedoch in reinstem Bachstil gehalten
zu der Zopfmusik Dedlers absolut nicht paßte. Für 1900 bemühte
ich mich, als damaliger Lehrer und Musikdirigent von Oberammer-
gau, im Allgemeinen den Grundcharakter der Dedlerschen Musik
wieder herzustellen und, wo ich den Zusammenhang zwischen dem
öfter geänderten Text mit der Musik nicht mehr gegeben hielt,
die Stellen durch andere aus Dedlers Werken zu ersetzen. So ent-
stand unter anderem für die eingeschobene Zengermusik eme neue
Musiknummer, hergenommen aus Motiven der Passionsmusik und
der Oelbergmusiken. Ich wendete mich auch in einer Broschüre
über die Passionsmusik (Verlag von Schnell-München) gegen deren
Gegner, worin ich neben der Zurückweisung Kistlers mir besonders
angelegen sein ließ, nachzuweisen, daß die Dedlersche jMusik weder
durch Bach, Wagner, noch eine cäcilianische ersetzt werden kann,
sondern den Grundcharakter ihrer Zeit beibehalten, als musik-
historisches Werk bewertet und als solches möglichst unangetastet
erhalten werden muß. Dr. Otto Maußer hätte sogar eine Liszt(!)-
musik dafür gewünscht. Professor Zeno Diemer bestreitet das
Recht, an historisch ehrwürdigen Kompositionen zu ändern, und
verlangt möglichst die volle Wiederherstellung der Musik Dedlers.
Bei aller Hochachtung für die warme und begeisterte Verehrung
Diemers für Dedler und dieselbe in weitgehendstem Maße teilend,
möchte ich dennoch bezweifeln, ob Dedlers Andenken damit e'.n
Dienst geleistet würde. Dedlers Musik hat Stellen, die, wenn man
sie ganz ohne Streichungen und Aenderungen wiedererwecken würde,
zu seiner Zeit ganz entschieden vollwertig waren als Kompositionen
und musikalische Themen; aber die Gegenwart, der nichts heilig
ist, hat gar manches Motiv alter Meister in schlimmem Sinne aus-
genützt, travestiert und trivialisiert, so daß das Werk heute in seiner
schlichten, naiven Natürlichkeit und Ursprünglichkeit nicht mehr
erkannt und nicht mehr die Wirkung ausüben w^ürde, die es zur
Zeit der Entstehung hatte, sondern eine gegenteilige. Die Pietät
verlangt aber, das Andenken eines Meisters, und zu denen wollen
und dürfen wir Rochus Dedler sicher rechnen, vor Mißverstehen
und Mißachtung zu bewahren. Das Passionspublikum ist nicht
so tiefklassisch musikalisch geschuh, um die historische Berech-
tigung alter Formen in allen ihren Auswirkungen auch aus ihrer
Zeit heraus zu nehmen und zu empfinden, und so würde eben die
Wirkung einzelner Stellen aus der Passionsmusik, die gestrichen
oder geändert würden, eine ganz andere auf die nur subjektiv
empfindende Allgemeinheit sein, als sich ein begeisterter Anhänger
der historischen Originalität verspricht. Das waren auch die Motive,
die den Schreiber dieses bei der letzten Bearbeitung der Passions-
musik leiteten.
52 —
Der gegenwärtige Musikdirigent von Oberammergau, Lehrer
Wittmann^ ein vorzüglicher Musiker, der Dedler in seiner Broschüre
über die Passionsmusik auch mit voller Sympathie behandelte, hat
in eben diesem Sinne an der Passionsmusik gearbeitet. Sein haupt-
sächlichstes Werk galt der Verstärkung der Instrumentierung, die
durch die Raumverhältnisse des Theaterbaues vordringlich wurde. Am
Grundcharakter der Musik hat er nichts geändert. Schre'ber dieses
kann in diesen Beziehungen seine Tätigkeit nur anerkennen, wenn
er sich auch nicht verhehlt, daß allerdings durch die stärkere In-
strumentierung und durch die von Herrn Wittmann teilweise, z. B.
bei der Ouvertüre, vorgenommenen langsameren Tempo manche
Stelle an dem stilgemäßen, leichtflüssigen Schwung verliert. Es fragt
sich aber, ob dieser Eindruck für den Nichtmusikhistoriker wirksam
und ausschlaggebend sein dürfte. Die Allgemeinheit hat sich ein-
mal daran gewöhnt, alles Tragische und Ernste in schwerem, lang-
samen Zeitmaß illustriert zu sehen. Das gibt auch der musikalischen
Interpretation Wittmanns ihre Berechtigung.
Es dürfte überhaupt schwer möglich sein, die P a s s i o n s -
m u s i k in ihrer vollen Ursprünglichkeit wieder herzu-
stellen, denn die Originalpartitur Dedlers ist leider in den siebziger
Jahren verloren gegangen. Man hat Verdacht, daß sie nach England
verhandelt worden sei; von wem, läßt sich nicht stichhaltig er-
weisen. Die verdienstvolle Kopie der Partitur von Lehrer Gutsiel
enthält schon die Aenderungen und die Abschrift des leider viel
zu früh gestorbenen Dirigenten der Ammergauer Harmoniemusik
Ferd. Rutz ebenso schon die gegenwärtige Lesung. Also ist das
Original nicht mehr zu einer Rekonstruierung heranzuziehen; damit
wird sie von selbst undurchführbar. Gegenwärtiges Buch möchte,
falls es dem jetzigen Besitzer oder Auffinder der Originalpartitur
in die Hände käme, an dessen Gerechtigkeitssinn und Hochherzigkeit
appellieren und ihn zur Rückgabe des verlorengegangenen Werkes
an die Gemeinde Oberammergau veranlassen, womit er sich dort
ein bleibendes Andenken verschaffen würde.
Professor Diemer hat unstreitig große Verdienste um das Ge-
dächtnis Dedlers. Mit großem Eifer hat er die drei Oelbergmusiken
Dedlers, die heute noch alle Jahre in Oberammergau m der Fasten-
zeit aufgeführt werden, ins Reine geschrieben. Von der Passions-
musik fand er bis jetzt nur eine Tenorstimme, welche zur Rekon-
struktion des Originals nicht ausreicht. Außerdem gelang es ihm,
mehrere andere Kompositionen Dedlers ausfindig zu machen, darunter
eine vollständige Symphonie und eine große Festmesse. Jedermann,
der noch Kompositionen Dedlers, geschrieben oder gedruckt, in Besitz
hat, würde dem Andenken Dedlers eine große Ehre erweisen,
wenn er sie entweder Herrn Professor D i e m e r - München, Leo-
poldstraße 141 oder an Schreiber dieses, Hauptlehrer Feldigl in
Fürstenfeldbruck, zur weiteren Bewertung senden würde.
Oberammergau wahrt seine Passionsmusik wie ein Kleinod.
Die Partituren Gutsiels, meine abgeänderten Partituren und die
neuen Abschriften Eduard Längs, bezw. von Ferd. Rutz und Witt-
mann sind fest verwahrt im eisernen Passionsschrank in Ober-
— 33 —
ammergau, ebenso die Stimmen und kommen nur heraus, soweit
sie für die Proben nötig sind.
Das Andenken Dedlers wird auch sonst hoch in Ehren gehalten;
Beweis hiefür ist das schöne Denkmal, das ihm Oberammergau im
Gottesacker setzte. Im Mai 1920 feierte Oberammergau das hundert-
jährige Bestehen der Passionsmusik in überaus würdiger Weise.
Der Vorstand des Männergesangvereins Steidle und Professor Diemer
hielten Ansprachen, ein Bildnis, von letzterem und eines von Georg
Lang gemalt, zierten die Bühne des Uebungstheaters. Alle musikalischen
Kräffe, Kirchenchor, Gesang- und Orchesterverein wirkten zusammen,
um das Fest möglichst würdig auszugestalten, und als die alten,
wohlbekannten Klänge des „Gut ist der Herr" und „des Aufer-
stehungschores" ertönten, da saßen unten im Zuhörerraum m An-
dacht und Erinnerungen versunken die Spielveteranen und -Vete-
raninnen und in manches Auge stahl sich eine Träne.
Das Schlußhalleluja wird alljährlich in der Pfarrkirche zur Aut-
führung gebracht, das noch ältere Halleluja von 1815 wird am
Charsamstag in der Pfarrkirche aufgeführt, der Chor „Heil dir,
Heil dir, o Davidssohn" am Palmsonntag. Das „Heil dir" und
„das Brautlied" wurden zuerst von Wyl in seinen „Maitagen" heraus-
gegeben und dann in Maußers Othmar Weiß-Buch und verschiedenen
Führern einfach nachgedruckt; der Palmeinzug findet sich auch in
der Sammlung „Frau Musika". Sonst ist nichts Zusammenhängendes
von der Musik vorgedruckt.
Die Passionsmusik dürfte den Umfang von fast zwei alten
Barockopern haben mit großen Chören und Solis. Wenn sie auch
nicht übermäßige Schwierigkeiten bietet, bedarf sie doch emer
eingehenden gewissenhaften Einstudierung. Diese war seit Dedlers
Zeiten Ehrenaufgabe des jeweiligen Lehrers; er hat überhaupt die
amtliche Pflicht, die Jugend musikalisch zu schulen. Mit Antritt
des Schuldienstes übernimmt er die amtliche Verpflichtung, den
musikalischen Unterricht an der Schule zu leiten und seine musikalische
Kraft voll und ganz für das gemeindliche Uebungstheater und für die
musikalische Vorbereitung des Passionsspieles zur Verfügung zu
stellen. Außerdem ist mit dem Schul- auch der Chordienst ver-
bünden, der den betreffenden Lehrer reichlich in Anspruch nimmt.
Bereits wird aber aus Passionsmitteln ein Fond angesammelt zur
Aufstellung eines eigenen Chorregenten. Bei feierlichen Gottes-
diensten zählt der Chor 40— QO Kräfte und stellt höhere Ansprüche
an den Dirigenten als manche Stadtchorleitung. Aus diesen Grün-
den kann in der Regel auch immer nur ein Lehrer angestellt werden,
der sich bei der staatlichen Anstellungsprüfung und in seinem frühe-
ren Wirkungskreis bereits als guter Musiker erwiesen hat. 1870
dirigierte Lehrer Gutsiel, dem die Partituren seiner Zeit in wunderbar
schön geschriebenen Duplikaten zu danken sind, 1871 und 1880
Kirschenhofer, der auch die Musik zur Kreuzesschule zusammenstellte
und in Schongau starb, 1890 Lehrer Gruber, der ein Jahr darauf tief
betrauert von der ganzen Gemeinde mit seiner Gattin an der Lungen-
schwindsucht dahingerafft wurde. Von 1891 bis 1902 wirkte ich als
Lehrer in Oberammergau, 1900 als erster, der Harmoniemusikmeister
Eduard Lang als zweiter Dirigent der Passionsmusik. Ich darf
— 54 —
heute noch einen großen Teil der Spieler und Musiker zu meinen
Schülern zählen. 1898 wurde mir von der Gemeinde der ehrenvolle
Auftrag zu teil, die Musik einheitlich zu bearbeiten und stammt die
Bearbeitung in ihrer gegenwärtigen schon besprochenen Form größ-
tenteils noch von mir. Ich lieferte auch für die Uebungsspiele „Esther
und Mardochäus" von Steigenberger und „Sebastian" von E. Rings-
eis die Musik, ebenso zum Wolframfestspiei Kraliks für Eschenbach
zum Passionsspiel in Waal u. a. zu mehreren kleineren Volksstücken.
Von einem Teil meiner Lieder darf ich wohl, ohne unbescheiden zu
sein, behaupten, daß sie zu Volksliedern geworden sind; dazu
glaube ich rechnen zu dürfen: „Das Lied von der Jachenau", „Laßt
mir die Heimat!" und das Burschenlied „Mein Reichtum".
Hauptlehrer Ludwig Wittmann, Passionsmusik-Dirigent.
Der rechte Mann am rechten Platz ist jetzt Herr Lehrer Ludwig
Witt mann, geb. 29. April 1875 in Ochsenfeld in Mittelfranken,
der heute noch als Lehrer, Chorregent und Dirigent des Passions-
spieles in Wirksamkeit ist. Er absolvierte das Lehrerseminar in
Eichstätt und besuchte dann die Akademie der Tonkunst in München;
seit 1. Oktober 1906 ist er in Oberammergau und dirigierte schon
1910 die Passionsmusik. Ein vorzüglicher Musiker, verfügt er über
große Technik im Orgelspiel und eine sehr sympathische Bariton-
stimme; er ist ein feinfühliger Dirigent, dabei aber auch unbeugsam
energisch und streng.
— 55
Ich habe mich bemüht, durch Vorträge über Leben uiitf
Werke klassischer und moderner Meister, sowie durch niusi-
kahsche Interpretationen und darauf aufgebauter instruktiver
Konzcrtveranstaitunoen den Sinn für Schönes und Großes zu
erweitern und zu befruchten und damit, wie ich mir wohl zugute
halten darf, den Boden vorbereitet, auf dem meine Nachfolger, be-
sonders Wittmann und die jüngeren Herren Lehrer weiter gebaut
haben. Jüngere Musikkräfte sind auch in die Welt hmausgekommen
zu den Bayreuther und Münchencr Festspielen, haben beun Militär
sich als Musiker weiter-
gebildet, im Orte selbst
wurden durch Lehrer
Wittmann, im Männerge-
sang- und Orchesterverein
mehr und mehr gute, ge-
wählte Musik gepflegt.
So hörte ich in Ober-
ammergau nicht nur Mo-
zartsche Streichquartette,
sondern ganze Sympho-
nien. Beim Dedlerjubi-
läum w^urde eine Schubert-
symphonie in Original-
besetzung aufgeführt, am
15. August 1921 mit über
ICOMitwirkenden die große
Krönungsmesse Mozarts;
dieselbe wurde bei der
Installation des neuen
Pfarrers Oktober 1921
wiederholt. Die Auffüh-
rungen der Musik zu
Athalia von Mendelssohn
und Samson von Händel
wirkten befruchtend, viel-
leicht auch nicht ganz er-
gebnislos meine Musik
zu Esther und Sebastian.
Und so hob sich das all-
gemeine musikalische Ni-
\eau wesentlich und wird
auch durch fleißige Pflege
der Hausmusik v.eiter ge-
fördert. Es ist fast kein
Musikinstrument, in den meisten
Das enge Zusammenwirken des
bei feierlichen
Jakob Rutz, Ehren-Chorfiihi
Haus in Oberammergau ohne
Häusern finden wir Klaviere. uas enge
Kirchenchors, Männergesang- und Orchesterxereins
Gelegenheiten hat in den letzten Jahren zu schönen Erfolgen geführt;
ja diese könnten noch gesteigert werden, wenn es noch fester ge-
staltet werden könnte, was nur zu wünschen wäre, wenn auch ander-
seits zugegeben sein soll, daß gerade in der Rivalität der Ansporn für
gehobene Leistungen liegt. Vereinte Kräfte erreichen aber doch das
56
Beste und das ist für Oberammergau gut genug, denn man hat sich
schon einmal daran gewöhnt, auch in dieser Hinsicht mit hochge-
schraubten Voraussetzungen nach Oberammergau zu kommen.
Ständige fleißige Uebungen und Produktionen kommen auch
dem Passionschor zu statten. Im Jahre 1890 zählte derselbe nur
25 Gesangskräfte, 1900 35, 1910 40, heute wiederum 40; eme weitere
Vermehrung ist wegen des Raumes der Theatervorbühne unmöglich.
Die Aufstelhuig ist: Sopran 12, Tenor 8, Prolog, Chorführer, Baß 7,
Alt 12.
Der Gesangschor
Von den Solokräften fehlt der treffliche Tenorist Paul Mayr,
welcher 1918 in einem Heimatlazarett an der Grippe starb. Die Tenor-
solopartie ist meistens die einzige aktuelle Rolle, die nicht von Orts-
eingeborenen bestritten wird; wenn die Tenöre so leicht vorkämen,
würde man sie nicht an Berufsbühnen mit Vermögen bezahlen, inso-
ferne waren aber doch auch von jeher die Ortstenorsolisten Em-
heimische, weil sie aus den jüngeren Ortslehrern ausgewählt werden
und solche eigens von der Regierung ob ihrer gesanglichen Ver-
wendbarkeit nach Oberammergau berufen werden. Einen Veteranen
des Sängerchores sehen wir noch auf der Bühne, Jakob Rutz, den
trefflichen Nachfolger von Johannes Diemer als Ehren-Chorführer;
schon 1870 stand er zum erstenmal im Sängerchor, 1880 alternierte
er mit Johannes Diemer als Chorführer, 1890 und 1900 sowie 1910
erwies er sich bleibend in dieser Stellung als erste Kraft und wenn
auch das Alter nicht spurlos an ihm vorübergegangen sein kann, so
verfügt er heute noch über ein in diesen Jahren selten gutes Organ.
Das Passionskomitee hat eine Ehrenpflicht erfüllt, indem es ihn
wieder in den Chor wählte. Seine Tochter Mathilde ist allen Be-
suchern des Passionsspieles 1900 in bleibender Erinnerung als Sängerin
des Brautliedes. Sie ist heute glückliche Gattin des Christusdarstellers
Anton Lang.
Als C h o r f ü h r e r wurde einstimmig Guido D i e m e r ge-
wählt. Eine glücklichere Lösung der Chorführerfrage konnte nicht
getroffen werden sowohl vom traditionellen als musikalischen Stand-
punkte. Vom traditionellen: Ist Guido Diemer doch ein Urenkel Michael
Diemers, des früheren Bürgermeisters von Oberammergau, der schon
1840 und 1850 in mustergültiger Weise den Prolog mit dem Chorführer
in sich vereinigte. Michael Diemers drei Kinder Johannes, Theodor
und Elisabeth sangen an seiner Seite als Schutzgeister mit. Dessen
Sohn Johannes dürfte noch älteren Passionsbesuchern von 1860 — 1880
her in bester Erinnerung sein als Chorsänger und Prologus von
prachtvoller Gestalt mit gottbegnadeter Stimme. Dessen jüngerer
Bruder Josef wendete sich dem Bauwesen zu, er war der Erbauer
mehrerer Münchener Straßen und zog sich m seinem Alter nach
Oberammergau zurück, wo er in dem Hause unter der ehemaligen
Hillernvilla verstarb. Aber auch er hatte eine musikalische una
dichterische Ader; von ihm stammen die ,,Ammergauer Gstanzln"
mit ihren humorvollen Alliterationen, die Dreher so oft zum Vortrag
brachte. Sein Sohn ist Professor Zeno Diemer, der seine ganze
Jugendzeit in Oberammergau zubrachte und mit Leib und Leben Ober-
ammergauer ist, der Verteidiger Dedlers, der hervorragende Alpen-
und Nordlandsmaler. Dessen dritter Sohn nun ist Guido Diemer, der
3. Chorführer aus dem Geschlechte der Diemer. Er ist geboren in
München im Jahre 1894 und studierte dort; seine Ferienzeiten brachte
er regelmäßig mit seinen Brüdern in Ammergau zu. Seine Mutter
ist Frau Hermine Diemer, die das bei Schnell erschienene Pracht-
werk über Oberammergau schrieb, einer Tochter der Dichterin
Frau von Hillern, welche nach dem Passionsspiel 1880 bis nach 1910
ihren Wohnsitz in Oberammergau nahm und dort begraben liegt.
Guido Diemer ist also mit Leib und Seele gute Oberammergauer
Art; er ist aber auch ein Sänger von besten Qualitäten. Er machte
vom Gymnasium weg den Weltkrieg mit und wurde wie sein ältester
Bruder Fliegeroffizier; nach dem Kriege aber wendete er sich
Gesangsstudien zu. Er hat eine tragfähige, volle Stimme, deutliche
Aussprache, dramatischen Vortrag, eine echte Diemerstimme, mit der
er sicher allgemein Aufsehen erregen wird. Mehrmals wirkte er
in Oberammergau auf dem Kirchenchore mit so z. B. als seine Groß-
mutter dort zu Grabe gebettet wurde, wohin ihre Leiche nach meh-
reren Jahren überführt wurde. Dadurch wurde man aut ihn auf-
merksam und man lud ihn ein zum Probesingen und er sang auf
der Uebungsbühne das erste Rezitativ aus der Passionsmusik. Das
Resultat war einstimmige Wahl zum Chorführer. Man kann Ober-
ammergau nur zu dieser Wahl gratulieren. Als Ersatz für ihn bei
allenfallsiger Heiserkeit kommt neben dem Ehrenchorführer Rutz
in Betracht der Schnitzer Josef Reiser, ein ehemaliger Schüler von
mir, geb. 1882. Seine Großmutter war eine Schwester von Lehrer
Dedler, seine Mutter 1890 Altsolistin. Lehrer Wittmann hat seine
spezielle stimmliche Ausbildung nach Möglichkeit durchgeführt. Als
— 58 —
Sängerinnen des hohen
Liedes kommen in Be-
tracht die Hauptlehrers-
tochter Hildegard Witt-
mann und die Schneider-
meisterstochter Josepha
Leiß, außerdem für Solls
als Altsängerinnen Lucie
Lang, Klara Lang und
MariaKratz, alsTenoristen
die Herren Lehrer Feld-
meier und Gottschaller,
als Bassisten die eben ge-
nannten Herren Diemer
und Reiser mit Vater Ja-
kob Rutz.
Die erste Vorbildung
für Gesang und im Violin-
unterricht geschieht durch
die von der Gemeinde
honorierten Musikunter-
richtsstunden, welche der
erste Lehrer hält. Die
Ausbildung in den Blas-
instrumenten geschieht
durch den Musikmeister
der Harmoniemusik. Be-
sonders verdient um die-
selbe hatte sich Musik-
meister Eduard Lang ge-
macht, 1900 2. Dirigent,
der auch die Blasinstru-
mente tür meine Abände-
rungen arrangierte und
die Stimmen und die Par-
titur hierfür neu schrieb. Eduard Lang starb im September 1910. Sein
Nachfolger wurde mein ehem. Schüler Ferd. Rutz, ebenfalls ein über-
aus tüchtiger Musiker und Arrangeur. Er unterstützte Lehrer Witt-
mann bei der vollen Instrumentierung der Passionsmusik für 1910 und
schrieb auf Grund derselben eine neue Partitur. Leider wurde er als
Kriegsteilnehmer lungenleidend und starb 1919 in seiner Heimat.
An seine Stelle trat der Bildschnitzer Wilhelm Friesenegger, geb. 1893,
ein Schüler Wittmanns. Weitere Ausbildung brachte ihm seine mih-
tärische Dienstzeit in Freising und Kempten.
Das gegenwärtige Passionsorchester wird sich voraussichtlich
folgendermaßen zusammensetzen: L Violine 7, II. Violine 11, Viola 5,
Cello 3, Kontrabaß 4, Flöte 2, Klarinett 3, Oboe 2. Fagott 1, Hörn 2,
Trompeten 2, Posaunen 3, Pauke 2. Auch in den Reihen der Musiker
hat der Tod Lücken gerissen. So fehlt der treffliche Erstviolinist
Hermann Schilcher, der Bläser Zwink. Vater Tobias Zwink sitzt noch
immer als Spielveteran am 1. Violinpult.
Wilhelm Friesenegger, A\usikmeister
59
Die Harmonicniusik setzt sich aus 33—40 Mann zusammen;
sie ist durch Fricscnegger gut geschult und macht den Eindruck einer
vollen Regimentsmusik. Beim Spiel 1910 konzertierte sie am Vorabend
beim Rathausc; diesesmal will sie wieder zu dem alten, viel populärer
gewesenen Brauch des „Zapfenstreiches" zurückkehren, der am Vor-
abend um die Zeit des Gebetläutens durch die Straßen zieht. Eme
groHe Bewegung ging dabei immer durch das Dorf; auf allen Stralk ii
standen die Leute oder winkten von den Fenstern herab, voran und
hintennach marschierten meistens ländliche Passionsgäste, Männlein
und Weiblein in ihrer Heimatstracht, die dann des öfteren Ausländer
verleitete, sie für die Ortstracht zu halten. Es ist nur ertreulich, wenn
dieser Ortsbrauch wieder aufsteht. Die Musiker tragen alle gleich-
mäßige graue Jägergewandung, die schon Steub und Görres 1840
besser gefallen hätte, als die Anzüge über die sie klagen; damals
trugen nämlich die Musiker schwarze Fräcke und weiße Hosen.
Alles in allem lassen auch die Vorbereitungen der Musik und der
Fleiß und das Können ihrer Leiter auf ein gutes Gelingen hoffen.
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Dorfmusik
60 —
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SCHIFFSPASSAGEN
EISEN BAHN FAHR KARTEN
RUNDREISEHEFTE
FAHRSCHEINHEFTE
SCHLAFWAGENPLÄTZE
AMTLICHE GEPÄCKBEFÖRDE-
RUNG UND ABFERTIGUNG
GEPÄCKVERSICHERUNG, FLUG-
UND UNFALLVERSICHERUNG
GELDWECHSEL
VERMIETUNG V.AUTOMOBILEN
RUND-, FERN-, REKLAMEFLUGE
AUSKÜNFTE UND DRUCKSACHEN DURCH DIE REISEBÜROS
UND VERTRETUNGEN DER
HAMBURG-AMERIKA LINIE
AN ALLEN GRÖSSEREN PLATZEN
IN MÜNCHEN: GESCHÄFTSSTELLE ARCiSSTR.9
IN BAYREUTH: F.ZEYSS, B ü R G ER R EUTHERSTR. 3
i
5. KAPITEL.
Die Ausstattung des Spiels.
Im Kapitel über die Passioiistexte ist dargelegt, daß die
erste Bühne für die geistlichen Spiele nichts anderes
war als der Altar. Die Gestalt des gotischen Altares zeigt
uns direkt seine Verwendung zu bildlichen Darstellungen
der Evangelien; wenn das betreffende Tagesevangelium ge-
lesen wurde, öffneten sich die Flügeltüren und zeigten im
Bild das, was die heilige Schrift im Wort verkündete. Aus
den bildlichen und rein evangelischen Darstellungen wur-
den liturgische und zum Schlüsse dramatische. Lange Zeit
blieb trotz aller Kirchenverbote die Kirche selbst die Weih-
nachts- und Osterbühne.
Das ganze Osterspiel von Sankt Ulrich hatte mit seiner
Einflechtung von lateinischen Kirchengesängen das Gepräge
einer kirchlichen Feier. Haupt- und Seitenaltäre, Kirchen-
stühle und Kanzel mögen auch beim eigentlichen Passions-
spiele bislange die Bühneneinrichtung ersetzt haben. Als
eine solche zur Anwendung kam, war es auch wahrscheinlich
noch keine Wechselbühne. Das Augsburger Klosterspiel
kennt keine Einteilung in Akte und die verschiedenen Auf-
tritte bei dem Abendmahle, im Hause Kaiphas, beim hohen
Rat, bei Pilatus usw. sind so ineinander geschachtelt und
folgen so unmittelbar auf einander, daß kein Nacheinander
der Darstellung, sondern nur ein Nebeneinander möglich
erscheint. So „stat Judas auf und lauft zu der judenrat, die
findt er versamelt in cayphas haws und spricht: . . ." Dann
geht das Abendmahl weiter. Später „gat Judas mit der
schar und dem rat . . . und, so er auf das halbteil kumpt, so
stat der Saluator (d. i. Christus, Salvator) am ölberg auf.^'
Es ist anzunehmen, daß also die Spieleinrichtung mehrere
61
Teile hatte; eine Vorbühne für die Vorgänge im Freien,
eine Hauptbühne für interne Szenen, dann eine eigene Seiten-
bühne für den Hohen Rat, das Kaiphas- und Pilatushaus,
im allgemeinen also schon die heutige Einrichtung. Das
Meistersingerspiel hat schon eine Einteilung in Akte, was
bereits ein literarisches Gesetz geworden war, aber auch
auf Bühnenveränderungen in den Zwischenpausen, also zum
erstenmal auf ein Nacheinander in der Bühneneinrichtung
schließen läßt. Die Spielanweisungen unterscheiden zwi-
schen „geht ein^^ und „geht ab''. Das „geht ein'' bedeutet,
sich auf die Bühne zu begeben; da es öfter auch auf schon
sprechende Personen angewendet wird, so werden sich diese
von der Vor- auf die Hauptbühne begeben haben; das „geht
ab" bedeutet Verlassen der Bühne. Pater Expedit Schmidt
berichtet in seinem preisgekrönten Werke: „Die Bühnen-
verhältnisse des deutschen Schuldramas" über die Bühnen-
anlagen des Mittelalters und die aufgeführten Stücke, daß
sie „mit großem Apparat und Zubereitung öffenÜich agiert
wurden." Ihm ist für die planmäßige Darlegung der Bühnen-
entwickelung im Mittelalter ein wesentliches Verdienst zu-
zuschreiben. In einer Besprechung des Ammergauer Pas-
sionsspiels in der Zeitschrift „lieber den Wassern" schreibt
Pater Expedit: „Eine ganz eigene Form hat die Bühne ge-
wonnen, die freilich im Laufe der Jahrhunderte manche
Veränderung erfuhr. Es ist viel hin und her gestritten
worden, worauf ihre Form in letzter Linie zurückgeht; Traut-
mann sucht ihre Wurzel in der Jesuitenbühne, die ihrerseits
italienischen Vorbildern nachgebildet ist, andere wie Hermine
Diemer und Feldigl weisen diesen Gedanken mit Recht ab
und gehen auf die mittelalterliche Passion zurück "
Die Bühne bestand aus einer „brück" und „vorbruck";
die „brück" war die Hauptbühne mit schließbarem Vorhang,
die „vorbruck" das Proszenium, auf dem die Szenen im
Freien gegeben wurden; zu den Seiten befanden sich Räum-
lichkeiten für Zwischenszenen, z. B. für den hohen Rat,
den Herodes- und Pilatushofstaat u. dgl., worin die dazu-
gehörigen Spieler meist durch das ganze Spiel verweilten.
Das allein machte den raschen Personenwechsel im Dialog
möglich. Bühnen mit drei oder mehreren Stockwerken
verweist Pater Expedit in das Bereich der Fabel.
— 62 —
Die Darstellung des alten Passionsspieles in der Spiel-
halle von Oberammergau ist nicht historisch beglaubigt,
sondern eine willkürliche Annahme des Theatermalers
Mettenleitner. Doch dürfte sie der Wirklichkeit ziem-
lich nahe kommen. Das St. Ulrich- und Afra-Spiel ist in
der Kirche aufgeführt worden, das Meistersingerspiel vor
derselben im und außer dem Gottesacker. Wo aber die
Heimat selbst eine solch vorzügliche Naturbühne schafft,
wie dies in Oberammergau der Fall, da bedurfte es keiner
künstlichen Bühnen, keiner Langschiffbühnen nach Art der
römischen Arenen, keiner Chorbühnen, die im Halbkreis
alle Schauplätze aufstellte und keiner Emporbühnen mit
übereinander gestellten Teilbühnen. Eine Bodenerhebung
beim Gottesacker bildete wohl den Oelberg, der Gottes-
acker selbst den Golgatha, die Altanen und von ihnen über-
dachten Hauseingänge waren die Schauplätze für Hohen-
ratsversammlungen, Abendmahl, Hof des Pilatus und Hero-
des. Dazu eignete sich die Umgebung der Pfarrkirche
gegen das Kirchbauernanwesen zu ganz vorzüglich.
Das Originalmanuskript vom Jahre 1815 enthält den
bemerkenswerten Eintrag:
„Selpha und Malchus gehen hinein; Johann und Peter
reden stille miteinander, die Gasse No. 68 herum zu 69, 56
bis 28, wo sie herauskommen.^' (Siehe „Passionsdenkmäler'^)
Die Nummernbezeichnungen lassen auf die Hausnum-
mern schließen und decken sich teilweise heute noch mit
den Hausnummern an der Hauptstraße beim Pfarrhofe.
Das könnte also ein Beweis dafür sein, daß sich das Spiel
nicht auf einen geschlossenen Bühnenraum beschränkte,
sondern die ganze Umgebung miteinbezog. Die SteFen des
1 5 er Textes, welche sich dem neuen, geschlossenen Theater-
raum nicht mehr einfügten, wurden in der Originalhandschrift
später gestrichen und durch andere Dialoge ersetzt.
Dieser Annahme spricht allerdings manches wieder
entgegen. Die früheren Originaltextbücher, besonders das
von 1811, enthalten keine Platzangaben, das mag sich aber
daraus erklären, daß sie nicht als Spiel- und Regiebücher
benützt wurden. Dagegen ist das Jahr 1815 das den zweiten
Othmar Weis-Text mit den angegebenen Regiebemerkungen
auf die Bühne brachte, gleichzeitig das Jahr der Erbauung
— 63 —
eines vollstäiidii^en Passionstheaters, das das Spiel im Freien
außerhalb desselben entbehrlich machte. Nach der Tradition
des Ortes und nach Aeußerungen von solchen, die selbst
noch oder deren Väter mitspielten, befand sich das Theater
im Gottesacker („Freithof^) unmittelbar an der Nordseite
der Kirche. Die Kirchenmauer zeigt heute noch Spuren,
wo das Baugerüst verankert war. Die Grabmäler bestanden
alle nur aus einfachen Steinsockeln mit schmiedeeisernen
Kreuzen darüber. Die Kreuze konnten abgenommen werden
und auf den Steinsockeln wurden dann die Bodengerüste
aufgebaut. Der Zuschauerraum erstreckte sich vom Pfarr-
hofweg bis zu dem mittleren Kircheingang beim Dedlerdenk-
mal. Der Friedhofweg blieb frei, der hintere Teil des Got-
tesackers bis zu dem heutigen Funkhause bildete Vorbühne
und Bühne. Das Funkhaus war damals das Schulhaus und
wurde als Garderobe und Spielerausgangsraum benützt. Vor-
bühne und Gottesackerweg waren der Schauplatz der Sze-
nerie im Freien, es war aber damit durchaus nicht ausge-
schlossen, daß sich dieselben bei den Massenszenen (wenig-
stens bei den älteren Texten und bis zum Bau der ersten
eigentlichen Bühne) auch bis außerhalb des Friedhofes, bis
herüber zum Kirchbauernanwesen mit seinen zwei seit-
lichen Zugängen ausdehnten. Die offene Tribüne gestattete
einen freien Blick über den ganzen Platz.
Ueber diese Bühne finden wir im „bayerischen National-
blatt^* 1820 eine Schilderung von Anton Baumgartner.
Baumgartner gibt eine genaue Beschreibung von den
Vorgängen auf der Bühne, diese läßt keine Verlegung des
Spieles auf den Platz vor das Theater als vorkommend
erscheinen. Auch der Umstand spricht wiederum gegen diese
Vermutung, daß die Bühne, welche von dem Benefiziaten
Unhoch von Oberammergau und seinen als Schreiner und
Möbelschreiner Hervorragendes leistenden Brüdern nicht zu-
frieden waren. Nicht als ob sie nicht die wirklich künstlerisch
in Versailler Gartenarchitektonik ausgeführten Prospekte rich-
tig anerkannten, dazu waren sie selbst künstlerisch genug
gebildet und schätzten die Tätigkeit Unhochs und seiner als
Schreinermeister und Möbelschnitzer Hervorragendes leisten-
den Brüder genug, aber sie sagten sich, daß durch diesen Bau
der Raum auf dem „Freithofplatz'^ noch mehr wie bisher
— 64 —
L Kielleuthner
Kgl.bayer. Hoflieferant
Hau.s der Herrenmoden
ersten Ranges
IVIÜNCHEN
>s^aximilianstrasse 43
Erstk:! assige
Herren=An^üge
nach. N/Tass
Auf Wunscti AnfertigLing in wenigen Tagen 1
m
Passions -Buhne
mit K
reuzigung
A
wm
yj.-.>,,iWiUUl^iai'^fl
Jxw SftGodisxjj^cJpaA//
m.
'^ämk-;:.
m^^>.
KOCH
//
eingeschränkt würde und damit die Bewegungsfähigkeit der
Mitspielenden bei den großen Volksszenen. Daß diese Be-
fürchtung vollständig berechtigt war, zeigte sich bei den
Spielen 1820. Wären sie eben zum Teil in den Volksmassen
auf den Vorplatz verlegt gewesen, so wäre dieses nicht der
Fall gewesen. 1830 wurde die Bühne von 1820 wieder nach
Plänen von Unhoch auf dem jetzigen Platz neu auf-
gebaut. Unhoch war ein sehr vielseitiger Mann und auch
als Bienenzüchter eine Berühmtheit. Lange vor Dzierzon
hat er schon die Lehre von der Parthenogenesis der Bienen
in seinem Lehrbuch verkündet und bewegliche Bienenkästen
konstruiert.
Auch das neue Theater behielt den Empirestil bei. Erst
später (1840), als Daisenberger den Chorus der Antigone
nachgebildet hatte und Michael Diemer energisch für die
künstlerische Ausgestaltung des Spiels eingetreten war, wurde
das Theater nach der griechischen Form umgewandelt, im
Jahre 1870 und wieder 1880 der Zuschauerraum vergrößert.
1890 wurden die beiden Häuser des Pilatus und Annas an
die Seitenabschlüsse verlegt und die Balkone derselben, weil
sie zu wenig Bewegungsmöglichkeiten gestatteten, in Balu-
straden umgewandelt; in dieser Form besteht bis heute noch
der korinthische Bühnenbau, der nun freilich eine Spielent-
faltung zuläßt wie sonst wohl keine Bühne mehr.
Für dieses Theater hätte nach Devrient Schiller seinen
ganzen Dreißigjährigen Krieg und Abfall der Niederlande
schreiben können, alle völkergeschichtlichen Aktionen könn-
ten darauf dargestellt werden. „Welch ein Gewinn für die
Nation!'^ ruft Devrient aus, „Die Geschichte, die wdr nur
aus den Büchern kennen, würde dem Volke, dem nichts klar
und lebendig wird, ehe es nicht Kunstwerk geworden ist,
zu einer sittHchen Erfahrung, zu einer erlebten Tatsache;
auch die Wunderwelt unserer Sagen, z. B. das Nibelungen-
lied würde auf dieser Bühne eher heimisch werden; sie würde
die gewaltigen und rohen Umrißformen und damit ihre
Eigentümlichkeit und ihren Wert viel eher bewahren können,
als bei einer Ausbildung für die Kunst unserer Theater.^' —
Die Mittelbühne war bis jetzt immer das Schmerzens-
kind von Oberammergau. Die dramatischen Szenen, die auf
derselben zur Darstellung kommen: Rast im Haus zu Betha-
— 65 — 5
nien, Verhandlungen des hohen Rates, Abendmahl, Oelberg,
Geißelung, Kreuzigung und Auferstehung sowie die lebenden
Bilder bedingen einen oftmaligen Szenenwechsel, und dieser
macht wiederum Prospekte, Kulissen und Soffiten notwen-
dig, die den Bühnenraum umgeben und überdecken; Soffiten
und Prospekte sind im Bühnendach aufgehängt, dadurch wird
aber der Zugang des Sonnenlichtes versperrt und so kam es,
daß bisher der Raum, der als Mittelpunkt des Spieles das
meiste Licht bedurfte, immer der dunkelste und am schlech-
testen beleuchtete war.
Zahlreiche Projekte bildeten schon des längeren Gegen-
stand der Verhandlungen und Beratungen im Orte, besonders
bei der Spielvorbereitung im Passionskomitee. Man ersetzte
das Ziegeldach durch Glasplatten ohne wesentlichen Erfolg,
man brachte schon 1910 eine Bogenlampe an und gedachte
die künstliche Beleuchtung diesesmal zu vermehren, aber
diese hat den Nachteil unnatürhch wirkender Schattenbildung.
Sehr nachdrücklich wurde das Projekt erwogen, den ganzen
Soffitenaufhang in die Tiefe zu verlegen, das bedarf aber eines
vollständigen Bühnenunterbaues und damit Bühnenneubaus
überhaupt. Was dieses unter den gegenwärtigen Lohn- und
Materialkosten ausmachen würde, kann sich ungefähr jeder
selbst ausrechnen; es würde in die Millionen gehen. Dabei
sind die Grundwasserverhältnisse zu berücksichtigen und es
ist eine Frage, ob sich mit allen Kosten für alle Fälle ein
wassersicherer Unterbau herstellen ließe.
Eine Vermehrung der Hallenbögen bis zur Hauptbühne
würde erst recht den Lichteinfall aufhalten, abgesehen da-
von, daß sie der ganzen Hausanlage ihren eigentümlichen
und so wirksamen Charakter als Freibühne vollständig
nehmen würde. Aus all diesem mag man ersehen, daß dieser
schweren Frage die Passionsleitung nicht gleichgültig gegen-
übersteht. Jedenfalls wird auf möglichste Einschränkung
des Prospekt- und Soffitenaufhangs und möglichste Ver-
mehrung des Lichteinfalls gesorgt werden. Was aber unter
gegenwärtigen Verhältnissen nicht restlos zu erreichen ist,
muß der billigen Beurteilung und Nachsicht der Zuschauer
überlassen bleiben.
Die Kulissen der Mittelbühne stehen im stumpfen Win-
kel, es sind sogenannte Kartenkulissen, welche sich wie
— 66 -
Bücherseiten umschlagen lassen, der Bühnenschluß ist eine
auf zwei Spulen sich auf- und abwickelnde Wandeldekoration,
welche die herrlichsten Bilder: den Oelberg, den Berg iWoria,
Straßenbilder von Jerusalem und den Weg dorthin, ägyptische
Landschaften, an den Augen vorüberziehen läßt; weniger tief
angebrachte Abschlüsse sind jene für das Cönaculum (Abend-
mahlsaal) und Synedrium (den Hohenpriestersaal) sowie die
Himmelfahrt, bei welcher Jesus am Schluß selbst befestigt
ist und mit demselben in die Höhe geht. Das Mitgehen der
ganzen Schlußwand hat wohl den Vorzug, die ganze Mecha-
nik der Auffahrt zu verhüllen, sie wird aber, wie schon an-
gedeutet, dadurch zum Nachteil der Wirkung verraten, daß
die schwere Belastung der Leinwand und Witterungs-
umstände das Faltenziehen an derselben veranlassen. Der
neue Spielleiter will die Himmelfahrt nur mehr als lebendes
Bild bestehen lassen.
Ein eigentümlicher Effekt €rgab sich in früheren Spielen
im Spätherbste, indem die untergehende Sonne die auf-
fahrende Gestalt mit einer magisch wirkenden Lichtflut über-
goß, so daß über diesen natürlich entstehenden Effekt
oft die Leute Rufe der Verwunderung hören ließen. Die
älteren Dekorationsmalereien sowie jene des Vorhangs und
Giebelbildes stammen von Maler Burghardt von Wien. Für
diesesmal hat Professor Zeno Diemer selbst die Malerei
mehrerer Szenerien übernommen, wobei ihm eigene Anschau-
ung im Heiligen Lande zugutekommt. Die Entwürfe zu den
Bildern sind von Georg Lang. Die technische Bühneneinrich-
tung stammt von dem Hoftheater-Maschinenmeister Lauten-
schläger und dem Ingenieur Max Schmucker. Diese Einrich-
tung erfuhr eine scharfe Kritik, weil man fürchtete, daß dadurch
der Eindruck des Spiels sich mehr dem Kunstbühneneffekt
nähere; das ist aber nicht der Fall, denn durch die tech-
nischen Aenderungen wird das Spiel nach außen absolut
nicht berührt; sie bestehen nur in einem komphzierten Schnür-
werk, das den Arbeitern erspart, mit Lebensgefahr von
schwindelnder Höhe aus die Soffiten umzulegen, und einem
sogenannten Bühnenwagen, der es gestattet, w^ährend des
Spiels auf der Mittelbühne im Hintergrunde die neue Deko-
ration vorzubereiten, welche dann nur vorgeschoben zu
werden braucht. Diese beiden Einrichtungen, die deswegen
noch lange nicht auf der Höhe der heutigen Bühnenbautechnik
— 67 — 5*
stehen, ergeben Sicherheit und Zeitersparnis; durch die Zeit-
ersparnis ist es auch möglich geworden, die manchmal etwas
überlangen Chorgesänge abzukürzen. Wie im allgemeinen
aber immer noch hinter der Bühne gearbeitet wird, während
vorne der Prologus spricht und der Chor singt, davon hat
man keine Ahnung. Die Telegraphen spielen, um zeitig
genug zu den neuen Auftritten und lebenden Bildern die
„Aktores'^ aus den Ankleide- und Erholungsräumen zu rufen.
Schon lauscht jeder Spieler an seinem Warteplatz auf das
Zeichen, der Vorhang fällt, jetzt ein Sprung aus den Kulissen
von allen Seiten her und schon stehen alle beisammen so
kunstvoll geordnet, so plastisch und so stumm und still wie
eine Marmorgruppe in der Loggia dei Lanzi in Florenz. Bis
der Spielleiter sein strenges Auge auf die Gruppe wirft, ist
alles fertig; nur ein Fingerzeig, ein Wink noch, da eine
Hebung des Hauptes, da ein kleines Seitwärtsrücken, um
die künstlerische Linie, die perspektivische Wirkung zu
heben, schon aber geht der Vorhang in die Höhe, und außen
fragt man sich: „Sind das da drinnen wirklich lebende
Menschen oder sind sie miteinander nur ein einziges Meister-
bild eines großen Malers?'^
Der Giebel der Mittelbühne zeigt das Bild des göttlichen
Kinderfreundes, der vordere Vorhang die bekannten Figuren
Michelangelos: Moses, Isaias und Jeremias, der obere Teil
des Vorhangs geht beim Oeffnen in die Höhe, der untere
bis zu Manneshöhe reichende Teil versenkt sich. Geschlos-
sen wird dieser Vorhang nur bei den Hauptabteilungen;
der zweite Vorhang ist ein gut gemalter Faltenwurf, der bei
der Oeffnung in schöner Drapierung nach oben gerafft wird.
Wenn sich während der Gesänge die Mittelbühne öffnet,
tritt der Chor zu beiden Seiten derselben zurück und bildet
so zu dem sich darbietenden lebenden Bild einen ebenso
schönen lebenden Rahmen. Manchmal hat aber schon
Hagelschlag die Chorsänger gezwungen, unter das Dach
der Mittelbühne zu flüchten. Ihr Platz ist sonst bei Sonnen-
brand und Regenschauer den ganzen Tag ungeschützt und
unbedeckten Hauptes im Freien auf dem Proszenium, auf
dessen vollständiger Breite sie sich aneinander reihen, den
Prologus und den Chorführer in der Mitte. Auf dieser Vor-
bühne spielen sich die großen Massenszenen des Palm-
sonntagseinzuges, der Empörung und Kreuztragung ab. Er
- 68 —
schließt zu beiden Seiten mit Kolonnaden ab, aus denen die
„Schutzgeister^^ (Sänger) hervortreten.
Gegen den Zuschauerraum zu ist das versenkte Orchester
für etwa 40—50 Mitwirkende bestimmt. Es kann bei schlech-
ter Witterung überdeckt werden, der Dirigent aber muß über
die Deckung hinaussehen können, um die Sänger im Auge
behalten zu können.
Die Ankleideräume und Garderoben befinden sich hinter
der Bühne, in dem ehemaligen Uebungstheater, um dessen
Auflassung es wahrlich kein Schaden ist, denn es hatte doch
gar zu viel Aehnlichkeit mit einem Stadel.
Der Christusdarsteller hat sein eigenes Zimmer und
einen Diener, der ihm Erfrischungen holt und alle sonstigen
Wünsche nach Möglichkeit erfüllt; auch der Regisseur hat
sein eigenes Kabinett. Je nach der Kategorie der Dar-
steller, für männliche und weibHche Schutzgeister, Apostel,
Hohepriester, römische Soldaten sind die anderen Räume
abgeteilt. Jeder Darsteller hat seinen eigenen Platz, über
dem die gesamte Ausrüstung auf einem Täfelchen ver-
zeichnet steht. Im Gange sind die Hellebarden und Streit-
kolben der Kriegsleute aufgestellt wie in einem Waffen-
arsenal, dann sehen wir dort die Federwedel für das lebende
Bild von Josephs Einzug, dann ein ganzes Aquarium von
Schlangen, welche zum Bild der ehernen Schlange gehören,
den hübschen, treuherzig dreinschauenden Spitz des Tobias
und endlich das Fleisch für das Abendmahl — leider von
Holz geschnitzt.
Die Kostüme sind alle echt und oft von seltener Schön-
heit. Es befinden sich unter den Gewändern der Frauen
echte orientalische Stoffe und Schleier, die das Entzücken
aller Kennerinnen sind. So konnte sich seinerzeit Pauline
Lucca mir gegenüber nicht rühmend genug darüber aus-
sprechen. Die Stoffe sind zum Teil von der Firma Bernheimer
in München direkt aus dem Orient geliefert. Selbst der
beste Kostümkenner würde keinen Anachronismus in den
Gewändern verzeichnen können. Sie wurden fast alle
unter Leitung des Schnitzschuldirektors Lang gefertigt und
jetzt werden sie unter Aufsicht des Spielleiters erneuert;
ganze Stöße von Kostümwerken befinden sich in Ludwig
Längs Privatbibliothek und kein Jahrzehnt verging bei ihm
— 69 —
ohne neue Studien. Sein ganzes Denken w^ar Schnitzschule
und Passionsspiel und ist es heute noch. Oft habe ich ihn
schon beobachtet, wie er still vor sich hinsinnierte, sicher
hatte er dann den Bleistift in der Hand und machte irgend
eine Skizze für das Passionsspiel. Seine Schwester Josepha,
die Direktorin der Kostümschneiderinnen, hatte durch viele
Jahrzehnte Beschäftigung mit dieser Arbeit für Faltenwurf,
Farbenwirkung u. a. das geschulte Auge ihres Bruders be-
kommen. Die Posamentierarbeiten lieferte die Firma Beck
in München.
Die lebenden Bilder und Spielgruppen wurden bei jeder
Spielsaison ganz neu gestellt. Man vergleiche nur die
Spiele der einzelnen Jahrzehnte.
Die Chorsänger, dann Kaiphas, Pilatus, Herodes, Annas,
Jesus mit den Aposteln bekamen jedesmal neue Kostüme
mit einem großen Kostenaufwand; die alten werden für
Regenstunden als zweite Garnitur benützt oder gehen an
„das Volk" über.
Neubeschaffungen in weiterem Umfange dürften infolge
der kolossalen Preise für nächstes Spiel ausgeschlossen sein.
Dieselben haben sich größtenteils, da sie nur aus besten,
echten Stoffen gefertigt wurden, sehr gut erhalten. Herr
Kommerzienrat Arnold hat den größten Teil der Kostüme
in seiner Färberei in Pasing kostenlos auffärben lassen und
zwar bis zu einem Kostenvoranschlag von 30 000 Mark.
Ludwig Lang hat für die diesmaligen Spiele einen Vor-
bereitungsplan entworfen. Darin sagt er: „daß trotz der
finanziellen Schwierigkeiten in der Beschaffung von Stoffen,
Nähfaden u. dgl. der Zustand der Garderobe für das kom-
mende Passionsspiel auf einen der Sache würdigen Zustand
gebracht werden muß, daß dieses wohl als selbstverständlich
gelte.
Im szenischen, wie auch im gesprochenen und musikali-
schen Teil darf trotz der durch den Krieg hervorgerufenen
Schwierigkeiten keine verminderte Leistungsfähigkeit zu er-
kennen sein, sollte nicht dasselbe in seiner Wirkung für das
neue Spieljahr und für die Zukunft Schaden leiden."
Ueber die Kostüme schreibt Görres in seinem Bericht
vom Jahre 1840, wenn sie sich auch nicht immer in den
symbolischen Farben, wie im Schnitte an die Ueberlieferung
— 70 —
der Kirche halten, so hat ihn doch der Anstand und Geschmack
der darin vorherrscht, überrascht. Er beanstandet nur die
abenteuerHche Gewandung des Chors, dessen MitgHeder „mit
ihrem bunten Federschmuck und ihren Sandalen wohl eher
für die Opera Fernan Cortez*) als für ein Passionsspiel
passen möchten/^ Auch von anderen Seiten, z. B. von Dr.
Holland, wurde über das indianische Aussehen der Schutz-
geister geklagt. Wahrscheinlich gab dieses Urteil auch
Veranlassung zur Umkleidung derselben, die dann in weiß
und blau erschienen, jetzt aber mit ihren edlen griechischen
^^
1
I^IL^ZZ
r
-^^-l^if^'"
Passions-Theater. Außenansicht
Gewändern in schönem Farbenspiel und ihren Diademen
einen liturgisch feierlichen Eindruck machen. Steub findet
die Händler ohne Bedenken den polnischen Juden ähnlich
gekleidet. Die naturalistischen Anwandlungen der Neuzeit
beanstanden das Trikot des Christus und wünschten dessen
nackten Akt, es wäre aber doch eine zu große Zumutung
an den Christusdarsteller, die Kreuzigung und den Lanzen-
stich am selbsteigenen Leib vornehmen zu lassen.
*) Oper von Spontini, die Entdeckung Amerikas behandelnd.
— 71
Ludwig- Lang zeigte sich jederzeit nicht nur als der er-
fahrene und routinierte Theaterregisseur, sondern als ein
feinfühliger Künstler, der er auch war. Er wußte wohl Ur-
sache und Wirkung, Mittel und Effekt in Betracht zu ziehen,
er glich die historische und ethnographische, möglichste
Echtheit mit künstlerischer, malerischer Gruppierung des
Ensembles wie individualisierender Charakterisierung der
Zuschauerraum von der Bühne aus gesehen
Einzelrollen aus. In dieser Beziehung wird Georg Lang in
seine Fußstapfen treten; seine plastischen Arbeiten wie seine
bisherigen kleineren Theaterregieresultate haben bewiesen,
daß er historische Gewissenhaftigkeit mit praktischem Blick
und künstlerischem Geschmack verbindet.
Ihr größtes pekuniäres Opfer brachte die Gemeinde
bisher für das Spiel 1900 mit dem Bau der Zuschauerhalle.
Dem Bauleiter war mit derselben die schwierige Aufgabe
gestellt, den Tausenden von Spielbesuchern soweit nur im-
mer möglich einen Schutz zu bieten und trotzdem für den
72 —
Spielraum selbst den ihn vor allen anderen Passionsspiel-
häusern auszeichnenden Charakter einer Freibühne zu be-
wahren. Und in der Tat ist dieses Problem durch den Hof-
theateringenieur Max Schmucker auf glänzende Weise
gelöst worden.
Durch die kolossale Höhe des Baues, durch die Mög-
lichkeit, daß das Tageslicht von allen Seiten in den Raum
strömen kann, ist der Eindruck des Spieles im Freien voll-
ständig gewahrt und ihm gar nichts genommen; im Gegen-
teil fällt von der Bühne der blendende Lichtreflex hinweg.
Auf derselben entwickelt sich noch alles mit Ausnahme der
bisherigen internen Szenen im Freien und der Himmel kann
mit seinem freundlichen Blau hinreichend durch die weite
Bogenöffnung hineinschauen; noch kann das Auge über die
Bühne hinwegschweifen über die grünen bewaldeten Vor-
berge des Ammertals. Im Gesamteindruck des Spiels wird
die Halle dem Beschauer gar nicht zum Bewußtsein kom-
men; dagegen hat er die Annehmlichkeit, daß er den ganzen
Tag gegen Regen und Sonne geschützt ist.
Einen Vorteil bringt die Halle ferner noch mit sich:
daß nunmehr die teuersten Plätze wirklich auch die besten
sind, nicht wie früher die vom Spielraum am weitesten ent-
fernten. Der V. Platz schützt in den ersten Reihen nicht
vor den Unbilden der Witterung, da die Deckung nur bis zur
Spielbühne reicht. (Siehe Plan.)
Die Zuschauerhalle faßt rund 4000 Sitzplätze. Sie ist
47,3 Meter lang und 47,6 Meter breit. Die eigentlich tra-
genden Teile sind sechs eiserne Bogenfachwerkträger von
20 Meter innerer Scheitelhöhe und 43 Meter Entfernung
der Fußgelenke. Diese Spannweite übertrifft die eines Bo-
gens der Halle des Zentralbahnhofes in München noch um
7 Meter. Eine besondere Besorgnis hatte man bei der
Akustik. Man befürchtete sehr, daß bei den gewaltigen
Dimensionen Ton und Wort echoartig zurückgeworfen wer-
den möchten. Diese Befürchtung hat sich glücklicherweise
nicht erfüllt. Jedes Wort ist ohne Nachhall im ganzen Raum
verständlich. Durch das Eisenrippenwerk der Spannbögen
sind alle glatten Flächen gebrochen, ebenso hat an der Tuch-
rückenwand der Schall keinen festen Anprall. 14 große,
zweiflügelige Tore führen, da Galerien nicht vorhanden sind,
— 73 —
über nur wenige Stufen durch breite Gänge zu den Plätzen,
von denen selbst die billigsten noch freie Uebersicht über
die ganze Bühne gestatten. Der Eisenbau wird noch durch
einen Holzbau überbaut, dem von außen dann ein monumen-
taler Charakter gegeben wurde, und der in seinen Formen
mit dem Mittelbau der Passionsbühne harmoniert. Die
Halle erhielt innen und außen reichen bildnerischen Schmuck
aus dem Atelier des Herrn Mettenleitner-München, innen
durch die Darstellungen der ersten Ettaler Kirche mit ihrer
gotischen Rotunde und des Passionsspieles beim und im
Gottesacker, äußerlich durch die über den 17 Eingangstoren
befindlichen Bilder nach Schnorr; an der dem Bahnhof zu
gelegenen Seite sind zu sehen:
1. Jesus, die Samariterin am Jakobsbrunnen.
2. Adam und Eva.
3. Jesus wird vom Satan versucht.
4. Josephs Erhöhung in Aegypten.
5. Isaaks Opfer.
6. Die Vertreibung der Händler aus dem Tempel.
Darunter sind die vier Evangelisten mit ihren apokalyp-
tischen Symbolen (vgl. Offenb. 4,6 ff.).
1. Markus mit dem» Löwen, weil er sein Evangelium
mit der „Stimme des Rufenden in der Wüste'^ be-
ginnt.
2. Matthäus; dieser sollte eigentHch einen Menschen,
nicht einen Engel als Symbol haben, da sein Evan-
gelium mit der menschlichen Abstammung anhebt.
An 3. Stelle finden wir keinen Evangelisten, sondern den
„Rufenden in der Wüste^^ selbst, der den Weg des
Herrn bereitet, Johannes Baptista.
4. Lukas mit einem Rinde als Opfertier, da sein Evan-
gelium mit dem Opfer des Zacharias eröffnet wird.
5. Johannes mit dem Adler; weil er wie der Adler
zum Lichte gleich mit seinen Anfangsworten in die
höchsten Höhen der Geheimnisse der Menschwer-
dung sich emporschwingt.
An der Nordostseite befinden sich die Bilder:
1. Moses am brennenden Dornbusch.
2. Zug des Moses durchs rote Meer.
3. Es werde Licht.
— 74 —
4. Verkündigung der Geburt Jesu.
5. Die Flucht nach Aegypten.
6. Der barmherzige Samariter.
Darunter Bildnisse von Aposteln, inmitten Jesus, lieber
dem äußeren Rundbogen zur Bühne befinden sich Glaube,
Hoffnung und Liebe in hübscher Gruppierung.
Noch um 6—8 Meter höher als der Eisenbau, welcher
von der Firma Kießling und Moradelli in München her-
gestellt w^urde, ragt der darüber gehende Holzbau, welcher
dem ganzen Gebäude nach außen den architektonischen
und mit der Bühne harmonierenden Charakter gibt. Der
Holzbau wurde von dem hiesigen Zimmermeister Rupert
Breitsamter hergestellt. Bauleiter war Herr Schmucker
selbst. Die Grundsteinfeier zum Bau wurde im Nov. 1899
abgehalten; bereits wölbten sich aber schon die Bögen über
demselben. Bürgermeister Lang sprach herzergreifende Worte
und erneuerte mit denselben das Passionsgelöbnis. Er tat
die Hammerschläge mit dem Wunsch: „Möge die Halle viele
Jahrhunderte ihre Bestimmung erfüllen^^ Ja, möge sie die-
selbe erfüllen und damit allezeit das Passionsspiel selbst!
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75 -
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6. KAPITEL.
Die Geldfrage.
Noch niemals hat Oberammergau unter solch schwierigen
Verhältnissen und mit solcher Besorgnis das Passions-
spiel bezw. die Vorbereitungen zu demselben begonnen als
diesesmal. Wohl war 1800 ringsherum Kriegsnot und
darum der Besuch ein sehr schwacher, aber die Ausgaben
waren so gering, daß sie in den das Jahr darauf wieder
aufgenommenen Spielen leicht gedeckt werden konnten.
1870 brach die eintreffende Kriegserklärung gerade, als das
Spiel sich rentabel zeigte, jäh dieses ab, aber das Jahr 1871
brachte den Ausfall reichlich wieder ein. Die gegenwärtige
allgemeine Teuerung stellt an Oberammergau Geldanforde-
rungen, wie sie in diesem Verhältnisse kein Spiel noch
beanspruchte, auch nicht das Jahr 1900 mit dem Hallen-
neubau und die politischen und wirtschaftlichen Verhält-
nisse sind zur Zeit derartig, daß bis zum letzten Augen-
blick nicht abzusehen ist, ob überhaupt gespielt werden
kann und ob das Spiel nicht mitten in der Zeit doch noch
eingestellt werden muß. Der Beschluß der Durchführung
wurde aber einmal gefaßt und nun müssen die Ausgaben
gemacht werden, geht die Sache gut oder schlimm hinaus.
Das betrifft sowohl die Gesamtheit mit dem Spiel selbst
als den Einzelnen mit den Vorbereitungen zur Aufnahme
der Gäste.
Wohl hat sich Oberammergau, das einmal mit den
Passionsspielen zur Aufnahme von Fremden sich einge-
richtet hatte, mit der Zeit zu einem gernbesuchten Sommer-
frischort ausgewachsen und alle, die hier Aufenthalt nahmen,
sind immer gerne hieher zurückgekehrt, ein Beweis, daß
es hier gut zu weilen ist, ja vielleicht besser, als an manchen
— 76 —
hochgepriesenen Saisonorten. Die Entwickelung des Win-
tersportes hat auch in der sonst toten Zeit der letzten Jahre
mehr und mehr Gäste herbeigeführt. Die Schnitzerei findet
wachsendes Verständnis. Zahlreich sind die Bestellungen,
besonders seit dem letzten Krieg auf Grabkreuze und Votiv-
tafeln; diese ganze Industrie und der regelmäßige Fremden-
besuch werden aber jedesmal aufs neue in Frage gestellt,
wenn das Passionsspiel ist. Die Getreuen unter den Be-
stellern von Waren wie unter den Alljahrsbesuchern bleiben
im Passionsjahr aus und suchen anderweitig, die einen neue
Geschäftsverbindung und die anderen Saisonunterkunft. Sie
werden natürlich, um sie vom Orte abwendig zu machen
und für sich selbst zu gewinnen, möglichst gut bedient und
so leidet jedesmal die re^gelmäßige, gute und sichere Orts-
«innahme eine wesentHche Stockung und Einbuße. Dieser
Ausfall wird aber durch die Mehreinnahme des Passions-
jahres und seines außerordentlichen Besuches für den Ein-
zelnen in der Regel nicht gedeckt; den Mehreinnahmen
stehen zu große Ausgaben für Erneuerung der Wäsche,
Gerätschaften, der Wohnungen innen und außen gegenüber,
und den meisten und größten Nutzen tragen die auswärtigen
Geschäfte mit ihren unzähligen hieher gesandten, vielver-
sprechenden Reisenden und weitgehenden Kreditgewährun-
gen mit fort. Die Oberammergauer sind leider nicht immer
gute Rechner und so bedeutet das Passionsspiel für viele
keine Bereicherung, für gar manchen aber eine Belastung.
Es mehren sich die Stimmen, die saigen, daß es für Ober-
ammergau besser wäre, wenn es keine Passionsspiele hätte,
sondern lediglich seine Industrie und die jährlich regel-
mäßige Fremdenbeherbergung und so ist es diesesmal bei
■der Abstimmung bezüglich Abhaltung des Spieles zum ersten
Male vorgekommen, daß einzelne dagegen stimmten. Das
Mißlingen des Spieles würde für den Ort zu der allgemeinen
Krisis, an der das ganze Volk schwer genug trägt, noch
rein lokale und persönliche Folgen hinzufügen.
Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Betrachte man
nur die Abrechnungen der einzelnen Spiele, so wird man
finden, daß gar häufig die Einnahmen nicht im Verhältnisse
zu den Ausgaben des Ortes stehen, daß der Ort aber durch
das Spiel und die dadurch verursachte Aufnahme einer
außergewöhnlich hohen Zahl von Gästen zu Ausgaben ge-
— 77 —
drängt wird, welche andere Orte nicht entfernt im
gleichen Verhältnisse auf sich zu nehmen haben.
Im Jahre 1800 war wegen des Krieges der Besuch sehr
schwach. Einnahmen 450 fl. 24 kr., Ausgaben 655 fl. 15 kr.
2 Pfg. ; das Defizit zu decken wurde 1801 wieder viermal
gespielt; Einnahmen 1015 fl. 24 kr., Ausgaben 672 fl. 4 kr.,
darunter 86 fl. 10 kr. für das Passionsmahl. Die meisten
Einnahmen verschlangen Hochwasserschäden und deren
Hintanhaltung. Besonders verursachte die Leine, ein Neben-
flüßchen der Ammer, welches zwischen Aufacker und Laber
hervorkommt und in trockenen Zeiten sehr harmlos scheint,
großen Schaden; aber auch die Ammer selbst hat schon oft
den ganzen Ort überflutet, so das letztemal in hohem Maße,
gerade mitten unter dem Passionsspiel im Juni 1910. Das
ganze Bahnhofviertel stand unter Wasser, beim Mühlbartl
stand es einen halben Meter hoch. Von der Einnahme des
Jahres 1860 mit 54 000 fl. mußten 6000 fl. auf Uferschutz-
bauten verwendet w^erden, 1876 — 79 ebensoviel, 1880 gleich-
falls. Die Korrektion der Ammer wurde vor 10 Jahren
durchgeführt. Oberammergau mußte den 6. Teil der Kosten
übernehmen mit fast 60 000 Mark und trug die Grund-
ablösungen und Brückenbauten mit 120 000 Mark selbst.
Bei normalem Hochstand des Wassers, auch Hochwassers,
genügte die kostspielige Korrektur. Das Hochwasser von
1910, bald nach Fertigstellung der Bauten, bewies aber,
daß sie doch außergewöhnliche Katastrophen nicht ab-
wehren kann, sondern nur umso schneller die Bergwasser
in Tal und Ort führen. Wohl hat man in den Zeitungen
„das arme Oberammergau^^ ironisch bedauert, da für das-
selbe zur Deckung des Hochwasserschadens in Amerika
und England Geld gesammelt wurde. Davon hat man aber
zumeist nicht Notiz genommen, daß Oberammergau die
Hilfe ablehnte und den ganzen schweren Schaden selbst trug.
1870 und 1871 zusammen Gesamteinnahme 117 000 fl.
Nach allen Ausgaben einschließlich Kriegerfürsorge verblieb
nur der 4. Teil zur Ausbezahlung. Höchsthonorar des
Christusdarstellers Joseph Mayr — 400 fl., die sonst bes-
seren Darsteller 140 fl.
Die Abrechnung vom Jahre 1880 lautet: Einnahmen
336 596,34 Mk., Ausgaben 119 774,68 Mk. Verteilt an die
— 78 -
700 Mitwirkenden des Passionsspieles 116 821,66 Mk. Das
größte Honorar erhielt Christus Mayr, und zwar 1000 Mk.
(wahrhaftig eine lächerlich kleine Summe im Vergleich zur
Leistung).
Die Abrechnung der Gemeindeverwaltung in der Pas-
sionskomitee-Sitzung vom 9. Dezember 1890 lautet: Ein-
nahmen 694 724,07 Mk., Ausgaben 694 164,54 Mk. Hono-
rare der Mitwirkenden: Christus, Joseph Mayr 2000 Mk, ;
Kaiphas, Joh. Lang, Bürgermeister und die übrigen Haupt-
mitwirkenden je 1300 Mk. Uebrige Honorare in Abstu-
fungen von 400 Mk. bis 40 Mk.
Der Abschluß vom Jahre 1900 lautet Einnahmen zu-
sammen 1 068 487,78 Mk., Ausgaben, wobei die Erbauung
der Theaterhalle allein 246 758,56 Mk. kostete, die Gar-
derobe 18 435,63 Mk., im Ganzen 453 024,34 Mk., Aktivrest
615 463,44 Mk. Hievon wurden verwendet: Zum Bau eines
Uebungstheaters 59 704,51 Mk., zum Bau einer Schnitz-
schule 35 000.— Mk., für gemeinnützige Zwecke (Schule,
Kirche, Landwirtschaft) 142 970,50 Mk., Reservefonds für
noch ausständige Posten 2 881,43 Mk., zusammen 240 556,44
Mark. Verblieben also zur Auszahlung von Honoraren
374 907.— Mk. Hievon erhielten die Mitwirkenden I. Klasse
je 1500 Mk. Die übrigen Honorare stuften sich wie 1890
ab bis zu 50 Mk. und 25 Mk. der jüngeren und jüngsten
Schulkinder. Die Gemeindearmen erhielten je 50 Mk. und
jeder Soldat, der bei der Garnison eingerückt, also am Mit-
spielen verhindert war, 50 Mk. ; auf jede Hausnummer
trafen noch 100 Mk. Hausgeld; Entschädigung für Zeit-
entgang bei den Proben wurde nicht eigens bezahlt.
Die offiziellen Resultate der Passionsspiele von 1910
wurden wie folgt offiziell bekanntgegeben:
Monat Hauptspiele Nachspiele Besucherzahl Eintrittsgeld
Mai :
Juni:
Juli:
August:
September
25,002
150,721
33,514
238,562
50,659
356,441
70,806
503,883
43,549
295,676
30 26 223,530 ' 1,545,283
Freikarten für die Presse und für die offiziellen Gäste
wurden 1812 Stück ausgegeben. Ferner wurden 4700 be-
— 79 —
urlaubte Soldaten, Bahnbedienstete und Bewohner der Nach-
barorte ohne Entgelt eingelassen, abgesehen von den 4200
Personen, die unentgeltlich die Kostümprobe besuchten.
Genau nach Pfennigensoll 1 545 287,50 Mk., Einnahmen
aus verkauften Festbüchern, Bildern, Karten 157 059,14 Mk.,
sonstige Einnahmen 2389,04 Mk., Summa der Einnahmen
1 704 735,68 Mk.
Die Ausgaben einschließlich der Honorierung der Mit-
wirkenden waren 1142 426,28 Mk., so daß sich ein Ueber-
schuß ergab von 562 308,86 Mk. Von diesen Mehreinnahmen
wurden 126 523,86 Mk. für gemeinnützige und wohltätige
Zwecke verwendet.
Für ein neues Schlachthaus allein wurden 120 000 Mk.
ausgegeben. Ehe nur das Spiel begonnen hatte, wurden
schon rund 300 000 Mk. ausgegeben.
Ausgaben für Theater, Garderobe, Straßen und All-
gemeines 246 229,33 Mk., für Herstellung der Photogra-
phien, Festbücher, Steuern und Umlägen, Verwaltung des
Abgabebüros, Entschädigung für Zeitversäumnisse 47 677,49
Mark, Vorschuß an das Wohnungsbüro 8400 Mk., auf Reserve
6000 Mk. Summa: 308 306,82 Mk.
Verbleiben noch zur Honorarauszahlung 834 120 Mk.
Die Mitwirkenden der I. Klasse: Christusdarsteller Lang,
Prolog Lechner, Spielleiter Ludwig Lang, Musikdirektor
Wittmann erhielten füi; sämtliche Spiele zusammen, einschließ-
lich aller Proiben je 2500 Mk., IL Klasse: Schutzgeister,
Maria, Petrus, Judas, Kaiphas, Pilatus etc. 2000 Mk., die
III. Klasse: Apostel, Ratsmitglieder 1800 Mk. Die weiteren
Abstufungen ähnlich wie 1900.
Gleichwohl wurden in den Zeitungen während der Spiel-
zeit und darnach die wahnwitzigsten Uebertreibungen ver-
breitet, von Millionengewinnen des einzelnen wie der Ge-
samtheit von Oberammergau gesprochen und von gemein-
sten Bewucherungen und Uebervorteilungen der Besucher.
Ich hatte selbst 1900 und 1910 am Ort und außer dem-
selben oft genug Gelegenheit, solche Reden zu hören, die
meisten wurden aber sehr kleinlaut und schweigsam, wenn
ich sie beim Wort faßte und nach Ort und Art frug und
sie dabei sofort einer Lüge oder mindestens Entstellung
— 80 —
oder Verschleierung der Umstände überführen konnte, am
stillsten, wenn ich sie aufforderte, mit mir zur Gemeinde-
verwaltung oder zu Gericht zu gehen, um die Tatsachen
festzustellen; meistens wurden dann Geschichten daraus,
die man nur — hat sagen hören, selber aber nicht gesagt
haben will. Es sind Ungehörigkeiten vorgekommen, ge-
wiß, zumeist aber nicht von Ammergauern, sondern von
solchen Auswärtigen, die die Ammer'gauer Erntezeit zu
einem Privatschnitt für sich selbst benützten, und die sich
kein Gewissen daraus machten, jemanden über das Ohr
zu hauen, Nichtammergauer oder die Ammergauer selbst.
Letztere könnten da manches Geschichtchen erzählen, wie
sie selbst hereingelegt wurden.
Die Post- und Verkehrsbilanz von Oberammergau be-
rechnet genau nach amtlicher Statistik: Postanweisungen
einbezahlt 1010 910 Mk., ausbezahlt 592 967 Mk. Es wur-
den also rund eine halbe Million mehr von Oberammergau
fort- als eingeschickt. Die halbe Million, die ausbezahlt
Vv'urde, geht auf Geldbedürfnisse der Besucher und auf
Zahlungen für Wohnungs- und Billettbestellungen. Die
wenigsten Besucher werden aber von Oberammergau aus
Geld wieder fortgeschickt haben; soweit wird wohl die
halbe Million von den Ammergauern selbst bezahlt worden
sein und zwar für Vorbereitungs- und Einrichtungsauslagen
und für Lebensmittel zur Verpflegung der Gäste. Die
Ammergauer bekamen aber auswärts nichts umsonst, son-
dern mußten mehr als irgend andere zahlen. „Die können's
ja^' hieß es und jedes Stück Vieh, das aus den Bezirken
rings um und aus Tirol zum Schlachten nach Oberammer-
gau kam, kostete um 30 — 50 Oo mehr als ein anderes.
Bis ein Gast nach Oberammergau kam, hatten die
Hoteliers der Hauptverkehrsorte und Sommertouristenplätze
von dem zu erwartenden Profit ein gutes Stück Fett ab-
geschöpft, daß für Oberammergau wenig mehr übrig blieb.
An den Einnahmen, die mit dem Oberammergauer
Passionsspiel zusammenhängen, nehmen weite Kreise außer-
halb des Ortes ihren namhaften Anteil. Es hat, wie wir
hörten, Zeiten gegeben, wo Oberammergau schwer um sein
Passionsspiel ringen mußte, heute ist die Gefahr nicht mehr
vorhanden, denn wenn heute der Ort erklären würde, nicht
— Sl — 6
mehr spielen zu wollen, würde eiligst der Herr Staatsminister
der Finanzen daherkommen und Oberammergau ersuchen,
doch wieder zu spielen. Denn das Passionsspiel ist eine
Sache geworden, mit der der Etat des Staatshaushaltes alle
zehn Jahre als einem willkommenen Einnahmeposten rechnet.
Die Einnahmen aus dem Verkehr auf dem rechtsrheinischen
bayerischen Eisenbahnnetz betrugen vom 1. Januar bis
30. September 1910 163 330 000 Mark, das ist ein Plus von
9 908 655 Mark gegen das Vorjahr. Die Bahn beförderte
von München nach Ammergau über eine halbe Million, das
Reisebüro Schenker allein 25 000 Personen. An Postwert-
zeichen nahm die Post 1910 in Oberammergau 874 676 Mk.
ein; schon 1900 stand Oberammergau mit seinem Briefpost-
verkehr an 3. Stelle der Welt, an erster Paris mit seiner
Weltausstellung, an zweiter Rom mit seinem Jahrhundert-
jubiläum. Der Motor-Postwagenverkehr ertrug 84 844 Mk.
Das neue Spiel verlangt horrende Ausgaben. Durch
die Hochherzigkeit des Herrn Kommerzienrats Arnold fällt
die Ausgabe von 30 000 Mark für Färben der Stoffe weg.
Das Anstreichen des Theaters kostet allein über 80 000 Mark.
Man glaubte mit 450 qm Rupfen zur Ausbesserung der
Wände, Kulissen u. a. durchzukommen; bis Ende Oktober
waren schon 1000 qm verbraucht. Man rechne die Arbeits-
und Fuhrlöhne dazu, den Holzpreis usw. Zum Glücke wur-
den dann noch im vergangenen Jahr die größeren Bau-
arbeiten vorgenommen. Mit welchen Ausgabeposten das
Unternehmen zu rechnen hat, geht aus folgender Aufstellung
hervor: Instandsetzung des Passionstheaters 157 085 Mark,
Bühnenmalerei 4000 Mk., Kostüme 60 000 Mk., Textbücher
290 000 Mk., Reklamematerial 30 320 Mk., Musikinstrumente
usw. 25 000 Mk., Versicherungen 9800 Mk., Heizung zu den
Proben 9300 Mk., Straßeninstandsetzung 128 400 Mk., Kir-
chenglocken 170 000 Mk., Wasserleitung 150 000 Mk. Bis
zum Beginne des Passionsspiels haben die Vorbereitungs-
kosten längstens schon 2 Millionen überschritten. Dazu kommt
noch, was der Private für sich noch verbraucht zur Herstellung
seiner Häuslichkeit bei den gegenwärtigen Löhnen und
Materialpreisen. Was kostet heutzutage ein Bett, nachdem
dessen Ueberzug allein schon über 1000 Mark kostet?
Und das soll das Spiel hereinbringen? Man spricht von
Oberammergaunern und Oberammergeiern; die harten Worte
— 82 —
sind leicht aus;gesprochen, aber was alles an den Ammer-
gauern saugt und nagt und von ihnen seinen Profit haben
will und wirklich auch hat, davon sagt man nichts. Schon
im Oktober 1921 wurden in ganz Oberbayern und Schwaben
die Eier, das Stück um 3 Mark zusammengehamstert, im
Januar 1922 verlangte man von Weilheim aus 8 Mark für
das Stück. Wenn nun die Zwischenhändler und Schieber
alle daran verdienen möchten, würde das Ei auf 6 bis
10 Mark kommen, bis es in Oberammergau im Eibecher
stünde und dann würde natürlich wieder über den Ober-
ammergauner losgezogen. Solchen Uebergriffen hat aber
der Ort dadurch vorgebeugt, daß er die ganze Beliefe-
rung von Oberammergau einer reellen auswärtigen Ge-
nossenschaft, der landwirtschaftlichen Zentrale in Regens-
burg, übergeben hat; dadurch ist der Ueberwucherung
Einhalt getan. Jetzt schimpfen aber natürlich alle
Händler und Spekulanten über die Ammergauer. In
Gegenden, wo gewisse Kreise auf einen Millionensegen
von Oberammergau her warteten und demgemäß alle Preise
schon im Sommer zuvor hinaufschraubten, wurden dann,
als Ammergau sich vor Ueberwucherung durch gemein-
same Einkäufe aus der Ferne sicherte, Resolutionen gefaßt
gegen das Spiel, weil es alles verteure. Nicht die Einheimi-
schen, sondern auswärtige Spekulanten sind es, die auf den
Profit im Orte in erster Linie ausgehen. Auswärtige Speku-
lanten sind es, die Milhonenaufkäufe von Hotels unter-
nehmen, Spekulanten, die 8—10 000 Mark für Auslagefenster
zahlen. Die Hotelkäufe haben ihre Berechtigung bei den
internationalen Ansprüchen des internationalen Publikums
an Luxus und Komfort, die schhchte bürgerliche Häuser
nicht erfüllen können, deren Bezahlung aber bei den jetzigen
Valutaverhältnissen ein leichtes wird. Ob aber die Hoff-
nungen aller auswärtigen Händler alle befriedigt werden,
ist eine große Frage und damit eine umso größere, ob die
Ammergauer selbst zu den versprochenen Pachtgeldern
kommen. In dieser Beziehung sind bei früheren Spielen
oft genug die Ammergauer selbst die Hineingefallenen ge-
wesen, die mit allen ihren Hoffnungen das Nachsehen hat-
ten. Tausende sind in dieser Beziehung schon von den
Ammergauern selbst verloren worden. Es ist gut und nur
eine Tat der Selbsterhaltung, daß verschiedene örtliche
— 83 — 6*
unternehmende Geschäfts- und Verlagshäuser vom Ort
Kioske und Filialen errichteten und so die auswärtige Kon-
kurrenz in mächtige Grenzen zurückdämmten. Dadurch
allein wurde die Reellität und die Preiswürdigkeit der ört-
lichen Angebote gesichert. Bürgermeister Wilhelm Rutz
erklärte mir, es wäre ihm am liebsten, wenn Christus aus
dem Tempel treten und mit seiner Peitsche alle Schacherer
aus dem Orte verjagen würde. Hunderte von Angeboten
kamen an die Gemeinde, z. B. zur Genehmigung von Mine-
ralwasserbuden, Konditoreien, Verkaufsbuden u. dgl. Die
Gemeinde hat aber einen starken Riegel vorgeschoben, daß
das Leben um das Theater nicht in einen Jahrmarktbetrieb
ausartet; 150 Meter im Umkreis des Passionstheaters darf
keinerlei Verkaufsgelegenheit eröffnet werden.
Wenn es um die Ehre des Ortes und Spieles geht,
bleibt der Oberammergauer unerbittlich und unzugänglich
gegen die glänzendsten Verlockungen. So wurde der Ge-
meinde für das Recht, das Passionsspiel abzufilmen, ein An-
gebot von Millionen von Mark gemacht. Dieses horrende
Angebot wurde aber abgelehnt und zwar nicht aus dem
Grunde, die Fremden könnten nicht mehr zum Spiel kom-
men, wenn sie den Film sehen. Die Einbuße wäre sicher
ausgeglichen worden durch die Reklame, welche der Film
dafür in aller Welt gemacht hätte. Aber die Ammergauer
gingen von der Erwägung aus, daß die Darstellung des
Leidens Christi nicht auf die Profanbühne gehöre. Alle
Bewegungen im Spiele gehen mit Ruhe und Würde vor sich,
sie würden durch die Filmwiedergabe, der keine Tages-
frist zur Verfügung steht, unnatürlich beschleunigt und da-
mit verzerrt und lächerlich gemacht.
Der Entschluß, der um Ehre und Würde des Ortes
und seines Spieles, ein Millionenangebot zurückweist, ist die
beste Widerlegung dafür, daß den Ammergauern das Spiel
heute nichts mehr ist als eine willkommene Spekulations-
gelegenheit. Und dieser Vorwurf wurd ihnen oft genug
gemacht. Kaum, daß der Beschluß gefaßt wurde, zu spielen,
setzten schon gehässigste Aufhetzung und Verleumdung ein.
Man sagte, daß das Passionsspiel eine allgemeine Lebens-
verteuerung mit sich bringe. Unter dieser Lebensverteue-
rung hat aber der Ammergauer selbst dann am meisten zu
— 84 —
leiden, denn es wird doch niemand glauben, daß ein Käufer
bei irgend einem Verkäufer irgend etwas unter dem all-
gem.einen Preis erhält, wenn er sagt, daß er Oberammer-
gauer ist. Man verlangte von der Staatsregierung direkt
die Nichtzulassung des Spieles, man drohte mit Boykott, ja
mit Niederbrennen. Man denkt aber nicht daran, daß Tau-
sende nicht bloß am Ort, sondern in der ganzen Welt durch
das Spiel Arbeit und Verdienst finden. Wenn schon im
Herbste 1921 in unschönster Weise Wuchertum und Schie-
berei unter dem Vorwand der Versorgung von Oberammer-
gau blühte, so hatte doch den Schaden davon nur Ammergau
selbst. Wenn sich jetzt durch die gutorganisierte Zentral-
versorgung Ammergaus alle Spekulanten getäuscht sehen,
so kann das für jeden rechtlich denkenden Menschen nur
eine Genugtuung sein.
Oberammergau wird alles aufwenden, um die billigen
Ansprüche ihrer Besucher nach Möglichkeit und in recht-
schaffener Weise zu erfüllen. Ein abschließendes Bild über
die Preise können bei der gegenwärtig täglich wechselnden
Lage des Weltmarktes und Geldwertes heute nicht, ja kaum
in der Zeit des Spieles gegeben werden. Das sei aber heute
schon gesagt, daß die Gemeinde alle ihre Besucher soviel
als möglich vor allen Ueberforderungen schützen und sicher-
stellen wird. Die Anordnungen und Preise für die Quar-
tiere werden streng festgesetzt und sowohl in den Privat-
quartieren als Gasthöfen und Pensionen von der Gemeinde
und den vorbestellenden Reisebüros überwacht werden. Es
werden auch diesesmal wie bei früheren Spielen Anord-
nungen getroffen und durch Anschläge in den Quartieren für
alle Besucher sichtlich gemacht, so daß sich jeder derselben
sofort darauf berufen und sich aller Uebergriffe erwehren
kann. Die Eintritts- und Quartierpreise sind aus den Pro-
spekten ersichtlich; sie wurden von verschiedenen Seiten
als zu hoch befunden. Die Eintrittspreise stufen sich auf von
10 — 100 Mark; die Preise des Privatpassionsspiels in Freiburg
im Sommer 1921 gingen von 5 — 120 Mark bezw. für Aus-
länder 150 Mark. Die Pensionspreise gingen in Freiburg
ohne Trinkgeld pro Tag von 82—150 Mark. Seitdem ist
aber wiederum eine Preissteigerung von 100 Po' eingetreten,
so daß die gegenwärtigen Ammergauer Passionspreise voll
gerechtfertigt sind. Man hält sich über die Preise auf,
— 85 —
denkt aber nicht, daß in die angegebenen Prospektpreise
nicht nur die Platzpreise einberechnet sind, sondern zvvei-
maUges Abendessen, zweimaliges Uebernachten und Früh-
stück und einmaliger Mittagstisch und zwar erstklassig, allen
Ansprüchen gerecht werdend. Man verlangt von Oberammer-
gau, daß es Zahlungsunterschiede macht zwischen Ein-
heimischen und Ausländern und nicht mit Unrecht. Billig
denkende Ausländer haben sich am Orte des öfteren dafür
ausgesprochen, anderseits ist schon im Herbste 1921 vom
Auslande ganz energisch Einsprache gegen eine zweifache
Einschätzung erhoben worden.
Um sich nun Plätze und Quartiere für die Hauptspiele
sicherzustellen, sende man den dem Führer beigelegenen
Bestellzettel an das gemeindliche Wohnungsbüro in Ober-
ammergau oder wer Reise- und Ortsaufenthalt in einem
regeln will, an das „Amtliche Bayerische Reisebüro^^ in
München, Promenadeplatz 16, Telephon 24 7 01, oder Haupt-
bahnhof München, Telegr. „Weltreisen^^ Am Ort selbst
ist im Hause Lang sei. Erben am Hauptplatze das amtliche
Reisebüro, das vom Passionsspielkomitee als offizielle Ver-
tretung für die Passionsspiele aufgestellt ist und neben der
Auskunfterteilung über die Passionsspiele, Bestellungen auf
Eintrittskarten, Unterkunft und Verpflegung entgegennimmt.
Zum ersten Male wird in diesem Büro eine amtliche
Fahrkartenausgabe eingerichtet, so daß die Spielbesucher
sich schon im Voraus ihre Fahrkarten für Rück- oder
Weiterreise von Oberammergau besorgen können. Auch
die bayerische Vereinsbank (Oberammergau, Bahnhofstraße)
vermittelt Plätze und Quartiere in allen ihren Filialen.
Vermietung von Wagen und Autos, Post- und Gesell-
schaftsautomobilen, eine besondere Bankabteilung für Um-
wechselung ausländischer Geldsorten, Inkasso von Zirkular-
noten und Auszahlungen auf Kreditbriefe bilden die notwen-
digen Ergänzungen zum internationalen Betrieb dieses Reise-
büros.
Weiteres siehe in der rückwärtigen offiziellen Aus-
schreibung und im Inseratenteil.
Ein besonderer Vorwurf wird den Oberammergauern
daraus gemacht, daß sie den Bezug der Eintrittskarten von
gleichzeitiger Bestellung von Quartieren abhängig machen.
— 86 —
Darauf ist wiederum wie beim letzten Passionsspiel zu
sagen: „Es existiert kein eigentlicher Wohnungszwang*^
d. h. es ist niemand direkt gezwungen, in Oberammergau
Wohnung zu nehmen. Dagegen wird eingeworfen: „Aber
die Billetten sind doch in den Händen der Oberammergauer
und die geben keines weg, außer man bleibt auch bei ihnen
über Nacht/' Das ist nun auch wieder nicht richtig. Der
Oberammergauer sagt sich nur: „Wer für den Ort das
größere Opfer bringt, der hat das Vorrecht des Billetts.
Wer also bei mir über Nacht bleibt, der bekommt also
vor dem ein Billett, welcher nicht bei mir über Nacht bleibt.
Meine Gäste gehen mir vor den sonstigen Passionsbe-
suchern.*' Und dieser Grundsatz kann dem Ammergauer
nicht verübelt werden. Bleiben dann noch Billette über,
dann bekommen diejenigen welche, die, ohne Wohnung zu
nehmen, das Passionsspiel besuchen wollen. Das ist nicht
anders als recht und billig gedacht. Einwurf: „Aber man
soll doch nicht von vornherein schon den Ammergauern
allein die Billette geben, man soll sie alle freihändig ver-
kaufen.'' Darauf sei denn doch die Gegenfrage gestattet:
„Ja, wer spielt denn eigentlich, wer nimmt alle Opfer der
Vorbereitung und alles Risiko, alle Mühe auf sich, die
Ammergauer oder auswärtige Spekulanten?" Doch wir wollen
einmal dem Einwurf recht geben; da sind wir aber sofort
wiedei gezwungen, eine weitere Frage zu stellen: „Gut.
Wie soll sich nun der freihändige Verkauf gestalten?" „Je
nun, wer zuerst kommt, malt zuerst."
Gut, dann ginge es diesesmal genau so, wie es im
Jahre 1910 gegangen wäre, wenn man der Entgegnung
nachgegeben hätte. Damals war ein bekanntes Reisebüro
schon Ende 1907 an das Passionskomitee gekommen mit
dem Anerbieten, dessen rechtliche Unanfechtbarkeit dabei
durchaus nicht t)ezweifelt werden soll, das Passionskomitee
möchte ihm alle Billette für alle Haupttage der Saison,
d. i. alle Spiele außer den Nachspielen, gegen sofortige
Barzahlung oder jede Garantie für Zahlung zu überlassen.
Oberammergau hätte damit jedes Spielrisiko weggehabt und
am Ende noch reichen Zins eingenommen zur sicheren
Barzahlung. Jeder Passionsbesucher wäre aber von den
Bedingungen des genannten ungenannten Reisebüros ab-
hängig gewesen. Oberammergau hat natürlich das ver-
— 87 —
lockende Angebot abgeschlagen. Welch ein Jagen und
Rennen nach den Billetten würde beim Freiverkauf der
Billetten beginnen; die Preise derselben würden sich stei-
gern; Großhoteliers dieselben zusammenkaufen, die Ober-
ammergauer wüßten dann selbst nicht mehr, mit wem sie
es an den Spieltagen zu tun hätten, und die Spielbesucher
würden dann gezwungen, statt in Oberammergau in irgend
einem Hotel Münchens oder einer anderen Großstadt über-
nachten zu müssen. Der Münchener Hotelier würde sagen:
„Die Billette habe ich; wer bei mir bleibt und niemand
anderer bekommt eines. '^
Für die Verbilligung des Spieles wäre also damit ab-
solut nichts geschehen, sondern nur das Gegenteil erreicht.
Der Passionsbesucher wäre aber nur gezwungen, am Tage
der Vorstellung früh erst vom Hotel der Großstadt abzu-
reisen und von der Reise abgehetzt ins Spiel zu kommen,
statt daß er sich am Ort ausgeruht hat und frisch, ohne
alle Abspannung, ins Theater kommt. Oberammergau hat
denn doch auch daran Interesse, seine Zuhörer möglichst
aufnahmsfähig vor sich zu finden. . ^
Der Zudrang zu den Passionsspielen wird auch diesesmal
wie in den früheren Spielen eine Reihe von Nachspielen
notwendig machen, doch kann die Notwendigkeit derselben
am Orte nicht bemessen werden, wenn man dort nicht
schon mindestens Sonntag früh genau weiß, ob so viel
Leute vorhanden sind, daß ein Nachspiel angezeigt ist.
Darum ist es auch für Nachspielbesucher notwendig, die
Billette für die Nachspiele rasch zu bestellen oder am
Vorabend am Ort sich zur Entgegennahme eines Billets
einzufinden. Letzteren Falles sind sie aber dann auch wieder
gezwungen, am Ort oder in der Umgebung Quartier zu
nehmen. Von München geht zu den Nachspielen frühzeitig
ein Extrazug ab. Um ihn am Ort oder von den Vororten
aus früh genug zu erreichen, um bei dem zu erwartenden
Massenandrang Platz zu finden, wird man sehr früh auf-
stehen müssen und kaum die Nacht zuvor gut schlafen.
Ob man dann noch aufnahmefähig ist, dem 71/2 stündigen
Spiele zu folgen, das ist eine Frage für sich. Man tut also
gut, auch als Nachspielbesucher den Abend zuvor in den
Ort zu kommen und wird auch dort verhältnismäßig nicht
— 8S —
■n
.^.^s^^^^^^i^.
^"^^^^^^
Export
nach allen Ländern der Welt
Akt.-Ges. iJk44A,/n^i4^^'M4^ München
500 Jahre bestehendes Brauhaus
zu teuer Quartier erhalten. Und ob man zum ruhigen
Gesamteindruck kommt, wenn man unmittelbar nach
Spielschluß oder, wie so häufig vorkommt, unter Ver-
zicht auf den Schluß sich sofort in den Kampf um die
Rückreisegelegenheit stürzt und dann todmüde gegen Mitter-
nacht nach Hause kommt, läßt sich sehr bezweifeln. Da
dürfte es denn doch auch wieder besser sein, nach dem
Spiel im Orte zu bleiben; ich beabsichtige damit durchaus
nicht, den Oberammergauern Hasen in die Küche zu jagen,
aber es ist doch leicht ersichtlich und sofort klar, daß bei
dem Drang, möglichst schnell vom Orte wegzukommen,
die Gefahr entsteht, daß die Nachbarquartiere in der Um-
gegend und speziell in München überfüllt und dementspre-
chend entweder weniger komfortabel und ruhig, aber noch
teurer als am Ort ausfallen. Wer am Ort bleibt, kann Quar-
tiere genug finden oder das seine schon belegte meist
behalten; es ist ihm freigestellt, mit dem Wohnungsbesitzer
zu unterhandeln und er wird in der Regel das größtmöglichste
Entgegenkommen finden; er wird noch einen interessanten
Abend mit den Oberammergauern erleben, die nach gut
gelungenem Spiele gerne mit den Fremden plaudern, und
nach den doch nicht geringen Anforderungen an die Ner-
ven nach achtstündiger Spielaufmerksamkeit im Orte viel
ruhiger schlafen und sich besser erholen, als wenn er sich
unmittelbar nach dem Spiel in neue Kämpfe um Fahrge-
legenheit, Nachtquartier stürzt oder noch stundenlange
Gewaltmärsche macht.
Das Passionsspiel soll doch einen Eindruck für das
Leben und eine bleibende Erinnerung zurücklassen. Wer
das Spiel mit Ruhe und Muße besichtigt und zuvor oder
darnach sich auch noch mit Land und Leuten angefreundet
hat, wird das ausgegebene Geld nicht bereuen; wer zu
keinem wirkhchen Genuß und zu keiner innerlichen Er-
hebung gekommen ist, für den ist auch das weniger aus-
gegebene Geld umsonst ausgegeben. Heutzutage klingt es
ja so hell und locker in der Tasche und es kann nur allen
Kreisen zum Nutzen gereichen, wenn mehr auf ideale Zwecke
verwendet würde als bisher.
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7, KAPITEL.
Die Spielkräfte,
enn wir von den Spielkräften
reden, so dürfte es auch für
;esmal Sache der Dankbarkeit und
Pietät sein, jener Männer
zu gedenken, welche in
früheren Passionsspielen
diesem zu Ruhm und Ehre
verhalfen. Es tauchen da
Namen auf, die für alle
Zeiten unvergänglich mit
der Geschichte des Spieles
verbunden sind. Ich nenne
da in erster Linie die Chri-
stusdarsteller Flunger und
Mayr. Tobias Flunger, der
1850 Christus und 1860
Pilatus war, hat Ober-
ammergau in erster Linie zu
danken, daß die Passions-
darstellungen auf den gewiß durch kritische Vergleichung
wählerisch und anspruchsvoll gewordenen Eduard Devrient
einen so bedeutenden Eindruck machten und er der Herold
der Passionsspiele für die große internationale Welt wurdcu
Wenn Devrient auch Flungers Sprache als etwas monoton
schildert, so fand er seine Erscheinung so vortrefflich, „daß
wir uns der künstlerischen Täuschung vollständig hingeben
können.'^ (f 1887.).
Tobias Flunger,
1850 Christusdarsteller
90
Und den unvergleichlichen und unvergeßlichen Christus-
darsteller der Jahre 1870, 1871, 1880 und 1890 und Prologus
des Jahres 1900 Joseph Mayr, wer kennt ihn nicht, wer
hat ihn nicht gesehen als Christus, wie er mit vollendeter
Majestät die Händler aus dem Tempel trieb, mit weihevoller
Hoheit vor dem hohen Rate stand, wie er mit heiliger
Würde vom Kreuze die
letzten Worte hinab zu
den Spielern und hinauf
zum Himmel rief? Wer
hat ihn nicht gesehen,
wie er als Prologus wie
ein Prophet, ein zweiter
Moses oder Elias mit
wahrhaft königlicher
Würde auf die Vorbühne
schritt? Er hat einen Ty-
pus geschaffen, den wir
seitdem in unzähligen
Christusdarstellungen
wieder finden. Er starb
im Jahre 1903.
Neben ihnen taucht
die markige, imponierende
Gestalt des Bürgermei-
sters Johann Lang auf,
der so überragend 1870
bis 1890 den Kaiphas
spielte und 1900 noch
sterbenskrank die Proben
leitete und dessen Name
mit der Entwickelungsgeschichte des Ortes und seines Spieles
unvergänglich verknüpft bleibt.
Wir erinnern an den ausgezeichneten Judas Gregor
Lechners, an die so charakteristische Petrusgestalt Hetts,
an die prachtvollen Chorführergestalten Michael und Johan-
nes Diemer, deren musikalisches Talent sich auf ihren Ur-
enkel und Großneffen vererbt hat. Guido Diemer, dem
Sohne Professor Zeno Diemers.
Aber auch die Zwischenzeit seit 1910 hat eine Reihe
von hervorragenden Kräften hinweggerafft. Es sei nur er-
Joseph Mayr
1870, 1880 und 1890 Christusdarsteller,
1900 Prologsprecher
91
innert an den ehemaligen Pilatus- und Petrusdarsteller
Thomas Rendl (f 6. Okt. 1916); seine letzte Rolle 1910
war der Simon von Bethanien. Ganghofer hatte seinerzeit
in ihm für seinen Herrgottsschnitzer den besten Darsteller
des Leandl gefunden. Er war der getreue Kastellan des
Hauses Hillern, ein Biedermann durch und durch wie sein
Freund Andreas Braun (f 19. Aug. 1920), dessen man als
josef von Arimathäa nicht vergessen wird, wenn man sich
der Worte erinnert, mit welchen er den vom Kreuz ge-
nommenen Christus in seine Arme nahm. Es war einer der
besten Herrgottsschnitzer, er schuf besonders Christuskor-
pusse in großen Ausmaßen für Kirchen- und Missionskreuze.
Von den „Aposteln^^ starben Andreas (Alois Gerold) und
Thaddäus (Joseph Kurz). Charakteristische Gestalten waren
auch Oppenrieder als Annas, der Händler Jos. Hochenleitner
Spegel, die beiden Wolf als Herodesbegleiter und Kain,
Andreas Stadler als Abendmahlsdiener und Schiestl Anton,
einer der Henkersknechte, Richard Lang als Lazarus; gedacht
sei noch des Schutzgeistes und trefflichen Tenorsolisten von
1910, Paul Mayr, gestorben in einem Lazarett 1918, und
des früheren Schutzgeistes (70 — 90) Korbinian Rutz, sowie
des Theater-Oberkontrolleurs Franz Rutz. Mit Wehmut denkt
man an die große Ernte des Todes, die er seit dem letzten
Spiele besonders w^ährend des Krieges hielt. Beim „Weißbier-
wirt^* (Ambronia) ist das ganze Haus ausgestorben, nur der
alte Vater ist übrig geblieben.
Einen ganz besonders schweren Verlust erlitt Ober-
ammergau im Vorjahre durch den plötzlichen Tod des Chefs
des Hauses Georg Lang sei. Erben, Kommerzienrat Guido
Lang. Im Passionsspiel trat er als Mitspieler weniger hervor,
er dürfte allen Besuchern des Spieles dennoch in Erinnerung
sein als Vorleser des Pilatusurteils. Sein Hauptverdienst
inbezug auf das Passionsspiel lag auf anderem Gebiet. Er
w^ar Jahrzehnte lang die Seele und der Leiter des kauf-
männischen Betriebes und der internationalen Organisation
der Spielvorbereitungen und ihrer Durchführung. Wie seine
Vorfahren wachte er strenge über den unbezahlbaren Schatz
der Manuskripte früherer Spiele; wo er aber sah, daß ernstes,
förderndes Forschen sich damit beschäftigen wollte, zeigte
er verständnisvolles Entgegenkommen. Er gab, wie schon
an anderer Stelle näher bemerkt, mit Queri den 1662 er Text
— 92 —
in prächtigem Faksimiledruck heraus und machte es mir
möghch, durch Vergleich mit seinen Spiel- und Gesangs-
textbüchern die Originale der 1811er und 1815 er Texte
festzustellen. Er wirkte unermüdlich als Gemeinde- und
Distriktsrat, der Krankenkasse, als Aufsichtsrat und Förderer
der Fachschule, Bibliothek und allen sonstigen gemein-
nützigen Organisationen und Veranstaltungen. Den Ruf
seines Hauses als Weltfirma hielt er nicht nur aufrecht,
sondern erweiterte ihn noch, indem er und seine Anver-
wandten im Auslande neue Geschäftsverbindungen anknüpften.
Zahlreichen Schnitzern gab er dauernd Beschäftigung und
ließ sie auch nicht im Stich, wenn ungünstige Zeiten Ge-
schäftsstockung brachten. Viele Tränen der Not hat er ge-
lindert, das Oberammergauer Museum ist sein Werk, ebenso
die Entstehung des Kriegerwaisenheims sein Verdienst. —
Kommerzienrat Lang machte im Herbste 1921 eine Reise;
er wurde am 2. Oktober in Weilheim von einer Herzschwäche
befallen und starb noch in selber Nacht im Krankenhaus zu
Weilheim. Mit ihm ist einer der Großen von Ammergau
dahingegangen, dessen Andenken fortlebt wie das z. B. eines
Daisenberger, Dedler, Johann Lang, Jos. Mayr. Seine Firma
wird von Gattin und Tochter in alter Weise fortgeführt.
Die Männerwelt scheidet in Oberammergau in der Regel
erst mit dem Tode von der Passionsbühne; anders ist es
mit der Frauenwelt. Nach altem Herkommen können ver-
heiratete Frauen zwar noch im „Volke^' aber nicht mehr in
führenden Stellen am Spiele mitwirken. Deswegen haben wir
an dieser Stelle einzelner derselben zu gedenken, auch wenn
sie noch am Leben sind.
Von den früheren Mariendarstellerinnen ist die vorzüg-
liche Maria des Jahres 1890, der Tochter des Bürgermeisters
Johann Lang, Rosa, Rote Kreuzschwester geworden; Anna
Flunger (Maria 1900), eine Enkelin des Christus-Flunger,
hat den Postboten Bierprügel von Oberammergau geheiratet,
eine Schwester ihres Vaters war ebenfalls (1870) Maria
und starb als Schreinermeistersgattin in Landshut; Ottilie
Zwink (Maria 1910) verheiratete sich mit dem Sohn des
ehemaligen Bürgermeisters Sebastian Bauer, dem Bildhauer
und Schnitzwarenverleger Johann Bauer. Die Magdalena-
darstellerin von 1910, Marie Mayr, hat sich nach Amerika
verheiratet. ^
Q3
Der diesmaligen Wahl zum Passionskomitee ging am
Palmsonntag, den 20. März 1921, eine Versammlung der Mit-
wirkenden früherer Passionsspiele sowie der sonstigen Ein-
wohner, soweit sie im Jahre 1910 das Bürgerrecht in Über-
ammergau besessen haben, voraus, die den Beschluß zu
fassen hatte, ob überhaupt gespielt werden soll oder nicht.
Gründe und Gegengründe wurden erwogen. Die bedenkliche
politische und finanzielle Lage ganz Deutschlands, die Er-
nährungsschwierigkeiten, hohen Verkehrspreise, Geldentwer-
tung, die Verstimmung der Ausländer, alles wurde in Be-
tracht gezogen. Anderseits sollte ein Aufwärtsstreben und
Wiederaufbau gefördert, Handel und Verkehr sollten wieder
ins Leben gerufen werden. München drängte dazu, woselbst
die Gewerbeschau, die Kunstausstellung und die Opern-
festspiele eines Zuzuges bedürfen und sich von der Gleich-
zeitigkeit der Passionsspiele einen solchen erhoffen. Den
Ausschlag gab dann der innere Antrieb und die Liebe zum
Spiel, die nie erkaltet, und die Sprache des Gewissens, das
sich von der Erfüllung des Gelübdes unter allen Umständen
nicht entbunden fühlte. So ergab die Abstimmung ein Für
von 262 und ein Dagegen von 57 Stimmen. Auf Grund dieses
Resultates erklärte der Gemeinderat in seiner Sitzung am
22. März 1921, daß die Passionsspiele 1922 stattzufinden
haben und sofort mit den Vorarbeiten zu beginnen sei. Das
erste mußte nach Ortsbrauch die Bildung des Passions-
komitees sein, welches durch Zuwahl weiterer 6 Mitglieder
zum Gemeinderat sich vollzieht. Diese Wahl geschah bisher
lediglich durch den Gemeinderat, diesesmal zum erstenmal
durch die Gesamtheit, welche die Urabstimmung gehalten
hatte. Aus derselben gingen die Herren hervor: Schnitz-
schuldirektor a. D. Ludwig Lang, Zeichenlehrer Lechner,
die Bildhauer Alois Schmied, Peter Rendl und Andreas
Lang (Hs.-No. 165), Bahnhofrestaurateur Anton Bierling als
Vertreter des Ortsmusikkorps, dem er schon seit Jahrzehnten
als verdientes Mitglied (Posaunist) ang-ehört. Zu Ehrenmit-
glieder des Passionskomitees wurden ernannt Geistlicher Rat
und Pfarrer Monsignore Joseph Schröder und Altbürger-
meister Sebastian Bauer, der seit 1900 Pilatusdarsteller und
seit dem Tode Mayrs bis 1918 Bürgermeister war. Diese
Herren bildeten nun mit den Gemeinderats-Mitgliedern (Seb.
Schauer, Hans Mayr, Jos. Leiß, Anton Haser, Bened. Klucker,
- 94 —
Ludwig Wolf, Leo Rutz, Guido Mayr, Wilh. Lang, Georg
Lang, Konr. Stadler, Joli. Niggl), an deren Spitze Bürger-
meister Wilhelm Rutz stellt, das Passionskomitee. Wilhelm
Rutz war beim Passionsspiel 1900 Nikodemus, 1910 Rabbi
Archelaus.
Die Vorbereitungen fordern eine Unsumme von Arbeit und
darum muß die Teilung derselben in weitem Umfange durch-
geführt werden. Aus
dem Hauptausschuß
wurden Unteraus-
schüsse gebildet: ein
Ausschuß für das
Kassawesen, für Bau-,
Straßen-, Verschöne-
rungs-, Licht-, Wasser-,
Preß- u. Propaganda-
angelegenheiten. Fach-
schuldirektor Ludwig
Lang, der nunmehr
78 Jahre alt ist, trat
von der Spielleitung
zurück, wird aber, das
ist bei ihm nur selbst-
verständlich, auch den
zukünftigen Spielleiter
mit Rat und Tat unter-
stützen. Er hat großen
Anteil an der Entwick-
lung der Ammergauer
Passionsspiele. Von
1880 an war er schon
die rechte Hand des
Spielleiters Bürgermei-
ster Lang und führte
die Regie der lebenden Bilder, deren Weltruf in erster
Linie ihm zu danken ist, und des Garderobewesens.
1900 übernahm er bei der Erkrankung und mit dem Tode
Bürgermeister Längs die Gesamtleitung. Sein ganzes Leben
gehörte außer der Schnitzkunst dem Spiele. Immerwährend
war er bestrebt, sie zu vervollkommnen und eine ganze Bib-
liothek von Theater- und Kostümwerken sammelte er sich
Ludwig Lang. Schnitzschuldirektor a. D.
95 —
hiefür. Die ehrendsten Angebote als Leiter verschiedener
anderweitiger Passions- und sonstiger anderer Theaterunter-
nehmungen der alten und neuen Welt schlug er aus und der
geborene Ammergauer blieb der Heimat treu bis heute. Er
^enießt aber auch im ganzen Orte das Ansehen und die
dankbare Verehrung wie seinerzeit der Geistliche Rat Daisen-
berger.
An seiner Stelle winde der Bildhauer Georg Johann
Lang als Spielleiter gewählt. Georg Lang ist schon, che er
in die Regisseurlaufbahn eintritt, „eine Qröße^^ Er mißt
Georg Lang, Spielleiter
nämlich 1,96 Meter und war seinerzeit in München der
größte Mann des Infanterie-Leibregiments und damit wohl
der bayerischen Armee überhaupt. Er hat sich als Bild-
hauer und zwar nicht nur nach Vorlagen, sondern als selbst-
schaffender Künstler einen Namen gemacht. Kreuzigungs-
gruppen von ihm und Grabmäler stehen in Berlin, Düssel-
dorf, München, in England. Ein prachtvoller Sebastian von
ihm erhielt in der Münchener Kunstausstellung die goldene
Medaille, er ging in den Besitz des Prinzen Georg von
Sachsen über. Bei mehreren Preiskonkurrenzen erhielt er
erste und zweite Preise. In dem Schlosse Linderhof stehen
C6
von ihm Figuren der Jahreszeiten; zahlreich sind die Krieger-
denkmäler, die er für die umliegenden Orte. sowohl als für
weiteste Entfernungen schuf. Das Grabmal der Frau von
Hillern in Oberammergau ist sein Werk. Auch als Leiter
von Vereinstheater- und Uebungsspielen hat er sich be-
währt. Der Vater Georgs ist der Mesner Sebastian Lang,
der frühere treffliche Nathanael-, Kaiphas- und Annasdar-
steller und Neffe des Geistl. Rat Daisenbergers.
Pfarrer Hausprälat Sr. Heil, des Papstes und Geistl.
Rat Joseph Schröder ist am 2. Juli 1921 nach langjährigem
schweren Leiden gestorben. Er war ein vorzüglicher Predi-
ger und 'Studien in Italien und Paris hatten ihm große Lebens-
gewandtheit und umfangreiche Sprachkenntnisse gegeben,
was ihm am Orte sehr zugute kam. Er war ein großer
Freund der Kinder und hat sich viel um die Verschönerung
der Kirche bemüht; dieselbe erhielt unter seiner 31jährigen
Tätigkeit gemalte Fenster, 1897 ein neues Geläute, das
aber dem Kriege zum Opfer fiel. Seine letzte Freude war,
daß die Versammlung der Holzrechtbesitzer einen Zuschuß
von 50 000 Mark zur Herstellung eines neuen Geläutes ge-
währte und daß ihm Bürgermeister Rutz die Versicherung
geben konnte, daß im Passionsjahr wieder feierlich ein
solches durch das Ammertal klingen wird. Er wurde unter
großer Teilnahme am 6. Juli an der Nordseite der Kirche
zur letzten Ruhe gebettet.
Als Nachfolger des H. Prälaten Schröder wurde er-
nannt Pfarrer Franz Heimbucher, ein Neffe des als
theologischer Schriftsteller und Historiker hochgeschätzten
Lyzealprofessors Dr. Max Heimbucher in Bamberg. Pfarrer
Heimbucher ist selbst ein vorzüglicher Baritonsänger und
Violinspieler und für alles Künstlerische hochbegeistert.
Seine früheren Wirkungsorte Fürstenfeldbruck und Oberau
ließen ihn ungern scheiden. Mit Freude und Begeisterung
trat er seine Wirksamkeit in Oberammergau an und wurde
ihm dortselbst ein feierlicher Empfang bereitet. Der Zu-
fall wollte es, daß seine Installation gerade hundert Jahre
nach der Primiz des H. H. Geistl. Rates Daisenberger
stattfand. Der Kirchenchor führte dabei Mozarts Krönungs-
messe auf. Er hat sich seitdem überall gut eingeführt und
genießt allgemeines Vertrauen. Da mit den örtlichen und
persönlichen Verhältnissen des Ortes nicht bekannt, nahm
— 97 — 7
er an der Personenwahl noch nicht teil und trat erst nach
derselben ins Komitee ein.
Die Personenwahl geschieht durch das Komitee und
dessen 21 Mitglieder und zwar in drei Wahlgängen. Zuerst
war eine freie Auswahl unter allen Gemeindeangehörigen,
die natürlich eine große Zersplitterung der Stimmen hervor-
rief. Lieber jeden einzelnen wurde in wochenlangen Abend-
sitzungen beraten und auf Grund dieser Besprechungen nach
der ersten Vorschlagsliste eine engere Wahl mittelst Wahl-
zettel vorgenommen, die immerhin noch zwei bis dre\ Kan-
didaten für manche Rollen nominierte. Wieder gab es lange
Besprechungen. Endlich wurde auf Montag den 7. Novem-
ber die Hauptwahl angesetzt. Zu dieser waren von aus-
wärts verschiedene Berichterstatter gekommen. Im Orte
erwartete man mit Spannung das Resultat. Innerhalb des
Komitees hatten sich die Unterredungen und Vorwahlen in
voller Ruhe und Harmonie abgewickelt und auch in der
Gesamtbevölkerung kam es nicht zu größeren Spaltungen.
Zwei Strömungen gab es allerdings, eine, die die alten, be-
währten Kräfte alle wieder auf die Bühne bringen wollte,
eine andere, die eine weitgehende Verjüngung des Per-
sonals anstrebte. Beide Richtungen hatten ihre Berech-
tigung.
Der Hauptwahl ging nach altem Herkommen ein feier-
licher Gottesdienst voraus und dann begann die Wahl, die
den ganzen Tag und mit den kleineren Rollen noch mehrere
Abende in Anspruch nahm. Die Hauptwahl geschah durch
Ballotage. lieber jeden der nach dem zweiten engeren
Wahlgang vorgeschlagenen Kandidaten wurde geheim mit
Kugeln abgestimmt. Das Resultat ist nachstehendes:
(00 und 10 bedeuten die vorangegangenen Spiele 1900
und 1910 und daneben ist die damalige Rolle der Haupt-
spieler angegeben. Wo eine Zahl fehlt, ist 1910 zu lesen,
wo solche Angabe ganz fehlt, behielt der Spieler seine alte
Rolle. Die nichteingeklammerten Ziffern bedeuten die Haus-
nummer zur Unterscheidung gleichlautender Namen.)
1. Spielleiter: Johann Georg- Lang
Miisikdiiigent: Ludwig Wittmann.
Prolog: Anton Lechner
Chorführer: Guido Diemer
Oberkontrolieur: Oskar Zwink
- 98 -
Christus
Petrus
Johannes
Judas
Kaiphas
Annas
Pilatus
Herodes
Nathanael
Rabbi Archelaus
Josef von Arimathäa
Nikodemus
Ezechiel
Josue
Sadok
Maria
Magdalena
Thomas
Jakobus maj.
Mathäus
Thaddäus
Philippus
Simon
Jakobus' min,
Andreas
Bartholomäus
Simon von Bethanien
Lazarus
Martha
Markus
Longinus, röm. Hauptm.
Selpha, Rottenführer
Simon von Cvrene
Lang Anton
Lang Andreas (00 Rabbi)
Breitsamter Melchior (Volk)
Mayr Guido (Sänger)
Rutz Hugo (Sänger)
Lang Sebastian (00 Kaiphas)
Mayr Hans (Herodes)
Breitsamter Greg. (10 Kaiph., 00 Nath.)
Lang Alois (Volk, ägypt. Josepii)
Mayr Josef 176 (Volk)
Rendl Peter (00 Johannes)
Lang Wilhelm (00 Surias)
Schauer Sebastian
Uhl Eduard (Volk)
Breitsamter R. sen. (00 Ezech., 10 Nath.)
Veit Martha (Volk)
Rendl Paula (Volk)
Mayr Anton
Albrecht Josef
Lang Andreas 165
Dedler Mathias
Klucker Benedikt
Hochenleitner Martin sen.
Bierling Andreas 16 a
Schmid Alois
Lang Eduard 138
Zwink Hans sen. 156 (90—10 Judas)
Maderspacher Leonhard
Bauer Anna
Lang Rochus (Vater d. Christus Lang,
früher Herodes)
Haser Anton
Nairz Peter jun.
Kratz Andreas
u. 10 Pilatus)
Ratsmitglieder:
Äser
Albl Andreas
Amiel
Bold Ludwig
Dariabas
Bauer Sebastian (0(
Rabinth
Haser Josef
Oziel
StückI Max
Josaphat
Lang Franz Nr. 27
Rabbi Jakob
Spegl Max
Mererie
Gindhart Klement
Samuel
Schallhammer Georg
Gason
Albrecht Andreas
Amon
Bold Andreas
Nathan
Bierling Josef 23 c
Salomon
Nairz Peter sen.
Ptolomäus
Samm Alois
Saras
Wiedemann Andreas
Balaan
Gebhard Heinrich
99
Gamalicl
Gerum Alois
Arne ran
Lämmer Josef
Dathan
Mayr Andreas
Esron
Bauer Siegfried
Ephraim
Allinger Karl
Albiron
Lang Emanuel
Kose
Lang Andreas 36
Moses
Guggemos Alois
Booz
Zeugen:
Lindele Andreas sen.
Nun
Albl Sebastian
Eliab
Bold Heinrich
Gaad
Daisenberger Michael
EHazar
Albl Anton
Raphim
Bierling Franz 27 m
Baruch,
Abendmahldiener
Hochenleitner Josef Nr
Hofherren bei
Herodes:
Nasses
Lang Franz Nr. 9
Manasses
; >
Bierling Roman
Zabulon,
Diener bei Herodes
Führer Josef jun.
Hofherren bei
Annas:
Sydrach
Schauer Max
Misael
Schwalb Tobias
Esdras, 1
Diener bei Annas
Stückl Josef sen.
Malchus,
Rott-Soldat
Stückl Josef jun.
Baibus, ]
Rott-Soldat
Verspotter:
Gstaiger Johann
Levi
Mayr Hubert
Panther
Samm Bartholomäus
Melchi
Gerold Alois
Abdias
Albl Josef
Arphaxad
Köpf Mathias
Dan
Henker:
Lang Georg jun. 41
Katihna
Mayr Hans jun. 40
Faustus
Hochenleitner Xaver
Nero
Lang Hugo
Agrippa
Madersspacher Mathias
Oberliktor
Lang Franz 86
Rechter
Schacher
Lang Franz 124
Linker Schacher
Bierling Rudolf
Tempeid
iener
Rutz rranz
100
Geißler:
Salbinus
Kaspius
Milo
Domitius
Grabwächter:
Rutz Benedikt
Zunterer Anton
Lang Josef
Klucker Johann
Titus
Kayus
Petius
Rufus
Pilatushofherren:
Albl Johann 176
Maderspacher Johann
Magold Martin
Bierling Georg jun. 23 c
Mehla
Sylva
Diener des Pilatus:
Gstaiger Josef
Schilcher Georg
Quintus
AureHus
Klaudius
IV. Diener
V. Diener
Barabbas
Ahasverus
Rutz Leo
Lechner Wilhelm
Rutz Hermann
Müller Arnulf
Nairz Josef
Rutz Otto
Daisenberger Josef
Albrecht Nikolaus
Freundinnen Christi
:
Kleopha
Salome
Johanna
Jakobe
Weinende Frauen:
Bierling Eva
Gindhart Maria
Kocher Johanna
Schmid Anna 1S2
Veronika
Rachel
Susanna
Rebekka
Judith
Sephora
Sieber Veronika
Rutz Kathi 105
Mayr Gabriele
Schauer Maria
Zvvink Edith
Wiedemann Therese
Mägde im Vorhofe
des Kaiphas:
Agar
Sara
Oelbergengel
Grabengel
Maderspacher Anna
Bierling Maria 23 c
Haag Anna
Dengg Julie
Alte Männer aus
dem Volke :
Klammer Dominikus
Kirchmeier Franz
Mangold Johann
Zwink Georg
StückI Benedikt
101 —
1. Souffle r
Praßler Otto
2. Soufleur
Dedler Otto
Hauptkassier:
Josef Raab
I
m Ganzen:
Sprecluollen:
121
[ inännl. Pirwaclisene:
Volk; weibl. Erwachsene:
[ Kinder:
150
70
250
Rotte:
25
Römer:
29
Kassiere:
10
Platzanweiser:
75
Dekorationsarbeiter :
30
Sanitätsleute:
14
Feuerwehr:
30
Musiker:
50
Schutzgeister-Chor :
44
Sonstige Beschäftigte:
4
Zusammen :
905 Personen
Bürgermeister Wilhelm Rutz übernahm keine Rolle
mehr; derselbe ist derart in Anspruch genommen, daß er
nicht noch zu seinem Ge-
meindevorstandsamt auch
eine Rolle übernehmen
kann. Es hat sich schon
bei früheren Spielen sehr
mißlich erwiesen, daß der
Bürgermeister so häufig
durch das Spiel am Amt
verhindert war. Das zu-
nehmende Alter hat zwei
hochverdiente Männer, die
beide schon über 70 Jahre
sind, in die bittere Lage
gebracht, auf ihre bis-
herigen so glänzend ge-
spielten Rollen Verzicht
leisten zu müssen, das ist
Johann Zwink, der bis-
herige Judas, und Alt-
bürgermeister Sebastian
Bauer, der bisherige Pi-
Johann Zwink, 1890, 1900 u. 1910 Judasdarsteiler latuS. Unvergeßlich wird
— 102
allen der Judas Johann Zwinks bleiben, er hat damit
einen Typus geschaffen, der vielen Darstellungen zum
Anton Lang als „Jesus am Oelberg"
Vorbilde diente. Sein Spiel war vorzüglich. Mit dem
sanften Lieblingsjünger Johannes beginnend findet seine
103
dramatische Lebensleistung, in deren Mitte der leidenschaft-
liche Verräter Judas stand, durch die Darstellung des Simon
von Bethanien einen alle Gemüter versöhnenden Abschluß.
Die Pilatusdarsteller waren von jeher vorzügliche Spieler.
Der bedeutende Christusdarsteller Flunger übernahm später
den Pilatus, Thomas Rendl war allgemein bekannt als des-
sen ausgezeichneter Nachfolger und als Dritter in ihrem
Bunde darf Sebastian Bauer genannt werden.
Der Kampf der konservativen und der die Verjüngung
anstrebenden Ortseingesessenen griff bis zur Rolle des
Christusdarstellers hinauf. Als Kandidat hiefür wurde der
Schnitzer Alois Lang, Sohn des Wilhelm Lang, dem bis-
herigen Christus Anton Lang gegenüber gestellt. Sicher
ist Alois Lang eine Erscheinung, die sich zu einem Christus
eignet; schwarzes, schönes Haar, feurige Augen, ein in den
Uebungsspielen vorteilhaft aufgefallenes Bühnenauftreten, das
alles hatte gute Voraussetzungen geschaffen. Anton Lang
ist naturgemäß in 22 Jahren, seit seinem ersten Auftreten
1900, nicht jünger geworden, er hat sich aber eine für
das Spiel immer noch sich vortrefflich eignende Erscheinung
bewahrt und seit Jahren sich nicht nur im Passionsspiel,
sondern auch in den Uebungsspielen, z. B. als Jephta, als
sehr guter Spieler bewährt. Es ist ungerecht ihm gegen-
über, wenn ein Blalt bei der Wahl schrieb, daß erst durch
Alois Lang wieder ein dem Joseph Mayr würdiger Christus
auf die Bühne gekommen wäre. Man hat im Uebereifer
eines solchen Urteils Alois Lang einen schlechten Dienst
erwiesen und es ist in ihn das Vertrauen zu setzen, daß er
selbst nicht dasselbe teilt; er wird gerne zugeben, was
jeder rechtlicii und objektiv Denkende sagen muß: Anton
Lang war und ist auch heute noch seines Vorgängers durch-
aus würdig. Er hat nach Mayr einen andern Christustyp
geschaffen, einen milderen, weicheren, aber wiederum eine
volle, vorbildliche Gestalt und Persönlichkeit, die dem Pas-
sionsspiel und seinem Ansehen nur zu neuer Ehre und
neuem Glänze gereichte. Und sein Auftreten wird auch
beim neuen Spiel die alte Wirkung nicht versagen. Alois
Lang aber wird mit dem Nathanael ein Feld finden, wo er
sich hinreichend entfalten kann, hat ja doch der heutige
Annas und frühere Kaiphas, Nachfolger des Johannes Lang^
Mesner Sebastian Lang seine so viel überragende Spielertätig-
— 104 -
keit damit begonnen und von Anfang an Aufsehen erregt.
Ist die Rolle auch wesenthch anders gestaltet als die Christus-
rolle, so gibt sie doch in ihrem stark leidenschaftlichen
Charakter als führende Rolle unter den Hohenpriestern Ge-
legenheit genug, ein schauspielerisches Talent und die hie-
für entsprechendeFigur
zur Geltung zu bringen.
Alle alten Freunde An-
ton Längs — und er
zählt Tausende im In-
und Auslande — freuen
sich, ihn wieder als
Christus zu sehen, nicht
minder aber auch gute
andere, jüngere Kräfte
in führenden Rollen be-
grüßen zu können. Eine
solch führende Rolle
und dafür eine das
beste versprechende
Spielerpersönlichkeit
bietet sich mit dem
neuen Spiel in dem
jungen Schmiedmeister
Hugo Rutz als Kai-
phas. Auch in ihm,
dem Sohne des altge-
treuen und altbewähr-
ten Chorführers Jakob
Rutz, finden sich nach
äußerer Erscheinung
und Spiel die Qualitäten Martha Velt, Maria
für einen Christus. Er
wird, so viel er nach seinem stets im hohen Grade interessanten
Auftreten in den Uebungsspielen beurteilt werden kann, mit
seinem Kaiphas eine ganz neue und eigenartige Auffassung
und Gestalt auf die Bühne bringen, die sicher alles fesseln wird.
Noch niemals
tionen aber schon
Mariadarstellerin M
hat die Bühne betreten, bei Deklama-
ein gutes Talent geoffenbart, die neue
a r t h a V e i t. Sie ist 24 Jahre alt, die
1Ü5 —
Tochter des Schnitzwarenverlegers Ludwig Veit aus einem
der ältesten und schon vor 200 Jahren hochangesehenen
VerlegerfamiHen; ihre Mutter ist die Schwester des un-
längst verstorbenen Chefs des Hauses Lang sei. Erben, des
Kommerzienrats Guido Lang. Etwas Patrizierstolz spricht
auch aus dem Wesen der Martha Veit, ihr ernster Gesichts-
ausdruck, die dunklen Haare und Augen, die an italienische
Madonnen erinnern, alles läßt sie für die Darstellerin der
Marienrolle prädestiniert erscheinen. Der Bezirksarzt von
Garmisch hat recht bekommen, der sie als kleines Kind
impfte; sie sah dabei den bösen Arzt mit bitterernstem
Blick an, worauf dieser zu ihr scherzend sagte: „Nun, nun,
wenn du immer so ernst dareinschaust, mußt du die schmerz-
hafte Muttergottes werden !^^ Sie empfing nach dem Eltern-
hause die weitere Erziehung im Institute der Benedik-
tinerinnen in Tutzing und wurde geprüfte Erzieherin. Als
solche wirkte sie in Herrsching am Ammersee, in Stettin
und Hamburg. Während des Krieges war sie freiwillige
Krankenpflegerin bei Maubeuge. Sie hat also den Ernst
des Lel)ens schon in weiter Welt kennen gelernt. Eine
Konkurrentin für ihre Rolle wäre ihr erwachsen in der
Lucie Lang, welche als ganz vorzügliche Schauspielerin be-
kannt ist und z. B. seinerzeit als Dalila direkt Bewunderung
erregte. Ihrer Wahl standen aber verschiedene Umstände
entgegen, besonders daß sie als Altsängerin notw^endig ist
und ihr Vater bereits schon eine Hauptrolle hatte. Nach
ausdrücklichem Gemeindebeschluß durften zwei Hauptrollen
nicht in einer Familie vereinigt werden. — Als Magdalena
wurde Paula Ren dl gewählt. Sie ist die Tochter des als
Johannes von 1890 und 1900, Joseph von Arimathäa
1910, bestbekannten und auch als Letzterer wieder auftreten-
den Peter Kendl; dessen Vater war der als Pilatus- und
Petrusdarsteller berühmte Thomas Rendl. Paulas Mutter
war 1900 noch Sängerin und selbst vorzügliche Schau-
spielerin. Ihre seinerzeitige Verkörperung der Geierwally
ist heute noch nicht vergessen; sie ist eine Tochter des
„Christus Mayr'^ Paula hat sich in mehreren Stücken,
besonders als Jephtas Tochter als sehr gute Spielerin er-
wiesen, die alles zu tiefster Ergriffenheit mit sich riß. Martha
wird die Tochter des Sebastian Bauer, Anna Bauer. Die
Rollen von den Gattiinien des Pilatus und des Herodes,
106
die so abfallend in den Gang der Handlung vieler Pas-
sionsspiele eingreifen, kennt glücklicherweise das Ammer-
gauer Passionsspiel nicht.
Von den früheren Hauptspielern treffen wir wieder,
wie schon angedeutet, Anton Lang als Christus, Anton
Lechner als Prolog, Andreas Lang als Petrus, Sebastian
Lang als Annas. Anton Lang hat seit dem letzten Passions-
spiel künstlerisch nicht gerastet und gerostet. Queri hat
verschiedene Episoden seines Lebens in einem anmutigen
Büchlein: „Der Christus Lang" (Sutter, München) heraus-
gegriffen. Lang lernte zu Hause bei seinem Vater, dem
Töpfer und ehemaligen Herodesdarsteller Rochus Lang, nun-
mehrigen Apostel Markus, in Wolfratshausen und in Stutt-
gart das Töpferhandwerk. Nach dem Passionsspiel 1900
unternahm er mehrere Reisen nach England und nach Italien,
wobei er vom Papst Leo XIIL in Privataudienz den Segen
gespendet erhielt, und nach dem Passionsspiel 1910 eine
Reise nach Palästina und Aegypten; auf der Rückreise
wurde er vom Papst Pius X. empfangen. Durch Reisen
und Lektüre stets bemüht, vereinigt er in seiner Pension
häufig einen gediegenen Gesellschaftskreis von Fremden
und Einheimischen, in dem Literatur und Musik mit Be-
geisterung gepflogen werden.
Während der Kriegszeit machte Anton Lang zuerst
Sanitätsdienste in der Heimat, wurde 1917 zu den Pionieren
einberufen, kam aber nicht ins Feld. Mehrere Längs fielen
im Weltkriege. Dadurch entstand das Gerücht, daß auch
er ein Kriegsopfer geworden sei. Zahlreiche herzliche Teil-
nahmsbezeugungen von nah und fern, selbst aus den gegne-
rischen Ländern, liefen bei Gemeinde und Familie ein.
Zeichenlehrer Anton L-e ebner trat 1900 als Prolog
die Nachfolge des Christus Mayr an; nicht ungern hätte er
die Rolle des Judas übernommen, die sein Vater vor Johannes
Zwink inne hatte und worin er es ebenfalls wie dieser zu
Weltberühmtheit brachte. „Judas-Lechners'' erste Frau war
eine Tochter Dedlers, des Passionsmusikkompositeurs.
Anton Lechner hat einen schönen, tiefdurchdachten Vor-
trag; daß er wieder für die Prologrolle gewählt wurde, die
nicht geringe Anforderungen an Gedächtnis und Vortrags-
kunst stellt, ist der beste Beweis seiner Eignung für die-
— 107 —
Anton Lechner, Prologsprecher
— 108 —
selbe. Lang Andreas, der Schwager des Professors Zeno
Diemer, wurde einstimmig wiederum zum Petrus gewählt,
Sebastian Lang wieder zum Annas. Das fortschreitende
Alter hat ihm in der Verkörperung seiner Rolle sicher
nicht geschadet, sondern wohl im Gegenteil sie sicher auch
noch nach der äußeren
Erscheinung wie im
Spiel vertieft, Rutzens
Kaiphas und Längs An-
nas, dann der schwarz-
bärtige feurige Natha-
nael und der rotbärtige
Rabbi, so werden an
der Spitze des hohen
Rates Gestalten stehen
von seltenem Reize
ihrer charakteristischen
Erscheinungen. Johan-
nes (Melch. Breit-
samt e r) ist der Sohn
des Zimmerpaliers Ru-
pert Breitsamter, der
als früherer Nathanael
ein sehr lebhaftes und
leidenschaftliches Spiel
entwickelte, nunmehr
aber wegen des Ein-
[chränkungsparagraphs
der Wahlen aus einer
Familie auf seine Rolle
zu Gunsten seines Soh-
nes verzichtete. Wenn
der Sohn das Talent
seines Vaters geerbt
hat, was nach den Uebungsspielen wohl anzunehmen ist, wird
er ein guter Johannes werden. Die Judasrolle bietet für
einen Schauspieler die größten Reize, durchläuft sie doch
alle Register menschHcher Leidenschaft: Heuchlerische Unter-
würfigkeit, Ehrgeiz, Habsucht, Zorn, Reue, Verzweiflung,
Wahnsinn, Selbstmord; sie hat die meisten Affekte, während
deren Abwechslung z. B. der Rolle der Maria gänzlich
Andreas Lansj, Petrus
109
fehlen. Die Maria tritt nur dreimal auf und zwar jedesmal
im gleichen Trennungsschmerz; diesen zu steigern und zu
nuancieren ist furchtbar schwer. Die Rolle des Judas bietet
fast zu viel der verschiedenen Affekte und hier ist es die
Aufgabe, diese alle wirksam zu machen, ohne sie ins Gro-
teske zu übertreiben. Das Publikum ist nur zu sehr geneigt,
die Rolle des Judas an
gewissen Stellen komisch
zu nehmen und ich habe
bei den vielen Passions-
spielen auch außerhalb
Oberammergau das Pub-
likum bei Judasauftritten
lachen hören. Nicht leicht
wird es Guido M a y r
sein, seinen Vorfahrer in
Erscheinung und wohl-
durchdachtem Spiel zu
erreichen. Er ist kleiner
wie Johann. Zwink, aber
hat einen guten Kopf mit
dem traditionellen roten
Bart und Haar. !n den
üebungsspielen war er
in mannigfaltigen Rollen
eine der brauchbarsten
jüngeren Kräfte. Erfreu-
lich ist, daß an der
Spitze der Händler wie-
der der treffliche und
spielgewandte Andreas
Maier steht. Mayr Hans,
der Sohn des Christus Mayr, hat die Rolle des Herodes mit
der des Pilatus vertauscht, was nur zu begrüßen sein dürfte;
Gestalt und Eigenart des Spieles kommen ihm hierin zugute.
Er ist zugleich zweiter Spielleiter, wozu ihm seine Umsicht,
Erfahrung vom letzten Spiel und Energie vorzüglich befähigen
dürften. Der Herodes ist in besten Händen mit Breitsamter
Gregor, dem Kaiphas des letzten Spieles und Prolog der
Kreuzesschule 1905. Es hieße weit den Umfang des Führers
überschreiten, alle Mitspielenden zu charakterisieren. Alles
Hugo Rutz, Kaiphas
110
Melchior Bieitsaniter, Johannes
in allem wird man mit
der diesmaligen Rol-
lenbesetzung wieder
vollauf befriedigt sein
können. Daß ein und
die andere Rolle nicht
erstklassig besetzt sein
und Mängel aufweisen
wird, das läßt sich nicht
vermeiden; besonders
nicht, daß der manch-
mal etwas harte Dialekt
mit seinen harten k und
ch und den Anklängen
an die Tiroler und
Lechgauer Mundart
durchdringt. Besser
aber ein echt boden-
ständiges, urwüchsiges
als ein gekünsteltes
Spiel. Als ersteres
wurde das Ammer-
gauer Spiel allzeit ein-
geschätzt und geachtet
und so soll es bleiben.
Guido A\a\T, Judas
11
8. KAPITEL.
Die Handlung des Spieles.
Schon der Vorabend des Spieles bietet seine Reize,
wenn die zahllosen Gäste von beiden Seiten anrücken, die
einen von der Ortsbahnstation, die anderen von Ettal kom-
mend. Das Bild wird noch anziehender und malerischer,
wenn sich Volkspilgerzüge mit noch erhaltenen Trachten
darein mischen und dem Dunkel des Menschenstromes
lebendige Farben geben. Abends zieht die Ortsmusik zum
abendlichen Zapfenstreich durch die Straßen, voran eine
große Volksmenge und besonders die liebe Jugend. Zu
beiden Seiten der Straßen wiederum Kopf an Kopf die
Gäste, sich gegenseitig zuwinkend und von den Balkons
und Veranden grüßen liebliche Frauen. Auf der Umfassung
des Dorfbrunnens saßen früher Misters und Ladys und
plumpsten dann und wann, wenn die Menge zu sehr nach-
drückte, in das Bassin hinein. Nach dem Zapfenstreich
senkte sich allmählich der Abend herab, den Laber noch
mit letztem Alpenglühn vergoldend, und dann läutet die
neue große Glocke Ave Maria. Ja, es liegt Stimmung in
einem solchen Abend, eine würdige Vorbereitung für das
Spiel, nicht daß, wie in Großstädten, erst der Zusammen-
hang des Einzelnen und der Masse mit der Sache beginnt,
wenn der Besucher unmittelbar vor Anfang das Tor des
Theaters durchschreitet. Hier tut Land und Volk, Um-
gebung und Haus, alles mit, alles ist auf einen Gedanken,
auf das Spiel eingestellt. Das gibt solch örtlichen Auf-
führungen ihren gehobenen, weihevollen Charakter. Nicht
selten vereinigen sich Korporationen oder Pilgerzüge in der
Kirche zu einer Andacht und viele gehen hier oder im
nahen Ettal zur heiligen Beichte, dann am Morgen des
112
Spieltages selbst zum Tisch des Herrn. Früh sechs Uhr ist
schon der Pfarrgottesdienst, die schöne, geräumige Kirche
ist vollständig gefüllt, an jedem Altar wird zelebriert; am
Hochaltar hält meistens ein höherer kirchlicher Würden-
träger, oft ein Bischof, das hl. Amt. Vom Chore aus schallen
die mächtigen Klänge einer feierlichen Messe. Der Kir-
chenchor ist gut besetzt und die Sänger und Instrumenta-
listen lassen es sich trotz der ihnen wartenden stunden-
langen Tagesarbeit nicht nehmen, den Gottesdienst durch
eine gute, würdige Kirchenmusik zu verherrlichen, die in
■der farbenfrohen, lichten Rokokokirche gar nichts dadurch
verliert, daß sie nicht den streng cäcilianischen Charakter
festhält. Nicht selten steht der neue Pfarrherr selbst am
Pulte der Erstviolonisten.
Für evangelischen und wenn notwendig anglikanischen
•Gottesdienst ist wiederum, wie bei früheren Spielen, Ge-
legenheit gegeben. Für den protestantischen Gottesdienst
steht ein schöner, gotisch getäfelter Raum neben dem
Museum zur Verfügung. Und daß das Leibliche über dem
Oeistigen nicht vergessen werde und die Gäste vor dem
Spiele noch ein gutes, ausgiebiges Frühstück erhalten, dafür
sorgen bestens die Hausleute. Bei schlechter Witterung, im
Frühjahr und Herbst vergesse man nicht, sich mit warm-
haltenden Ueberkleidern zu versehen. Wer schwache Augen
hat, nehme Ferngläser bezw. gegen das zu grelle Sonnenlicht
Schutzbrillen oder Lichtschirme mit. Gut ist es, wenn man
das Textbuch oder den Text erläuternden Führer mit sich
nimmt, am besten alle beide. Sie werden auch später noch
gerne hervorgeholte Andenken bleiben.
Halb acht Uhr. Immer dichter drängen die erwar-
tungsvollen Zuschauer zum Theater hinaus, immer länger
wird die Wagenzeile, trapp, trapp eilen die letzten Nach-
zügler von der Bahn daher. Die Tore des Theaters haben
sich geöffnet, der ungeheure Zuschauerraum füllt sich all-
mählich. Nur nicht nervös werden, ins Theater drängen
und umher eilen! Das Theater ist mit genügend vielen
Eingängen versehen, die auf Grund des Vergleiches ihrer
Numerierung mit dem Billett leicht gefunden werden können
und direkt zum bestimmten Platz führen. Die „Einlasser''
geben gerne und gefällig Auskunft und werden nur unge-
— 113 — 8
duldig, wenn man selbst ungeduldig wird. Nicht laut, nur
gedämpft klingen die Reden durcheinander in allen Dialekten,
in allen Sprachen. Jetzt ein Kanonenschuß vom Osterbühel
her, der in vielfachem Echo weiterdonnert den ganzen Son-
nenberg zurück bis zum Pürschling, ein zweites, letztes
Zeichen, das Spiel beginnt. Das Orchester spielt die ein-
fache schlichte Ouvertüre, hinter der Bühne beten sie das
Vaterunser. Jetzt kommen aus den Loggien zu beiden
Seiten die Schutzgeister geschritten, allen voran der Pro-
logus mit Diadem und Stab. Es liegt etwas ungemein
Feierliches, beinahe Rituelles in diesem Aufmarsch. Der
Chorführer beginnt.
I. Abteilung.
(Beginn 8 Uhr.)
Einleitungsrezitativ.
(Aufforderung zur Demütigung, Siehe Kap. 1.)
Lebendes Bild: Die Vertreibung Adams und Evas aus
dem Paradies.
Aus der Schuld der ersten Menschen entsprang ja das
Elend der ganzen Menschheit und die Notwendigkeit der
Erlösungstat.
„Doch von ferne, von Kalvariens Höhen,
Leuchtet durch die Nacht ein Morgenglühn.^^
Ein edles musikalisches Thema intoniert diese trost-
reiche Verheißung, dasselbe kehrt später bei der Kreu-
zigung wieder. Die Verheißung der Erbarmung greift der
Chor auf und jetzt erst folgt
Begrüßung durch den Prologus
und Aufforderung zur Mitfeier des örtlichen Gelübdes im
Gebet.
Lebendes Bild: Kreuzesanbetung.
Eine liebliche Gruppe vereinigt sich um das verheißene
Erlösungszeichen. Der Chor stimmt in das Gebet ein, aber
aus der Ferne klingt schon das Einzugslied der Israeliten,^
die Jesus in die Stadt einführen:
Heil dir; heil dir, o Davidssohn!
Heil dir! Heil dir, der Väter Thron
Gebühret dir.
Dieser kraftvolle Volksmassengesang schwillt immer
mehr und mehr an, wie die Volksmasse selbst. Er wird
— 114 -^
8*
jedes Jahr auch am Palmsonntag in der Oberammergauer
Pfarrkirche gesungen.
1. Vorstellung.
(Straßen von Jerusalem.)
1. Jesus hält seinen feierlichen Einzug in Jerusalem.
2. Jesus treibt die Händler aus dem Tempel.
3. Der Hohepriester Nathanael wiegelt das Volk gegen
Jesus auf.
4. Die Händler führen bei Nathanael Klage gegen Jesus.
Zum erstenmal ist die ganze volle Spielerzahl auf der
Bühne, es sind über 500 Personen. Es ist ein Festzug, der
wohl kaum irgend auf einer Bühne seinesgleichen hat, dabei
liegt das Gold der Morgensonne auf den prächtigen Ge-
wändern. Das Auge ist jetzt schon gefangen von dem
Zauber des Passionsspieles, es ist trunken von dieser wahren
Farbensymphonie. Inmitten der Apostel erscheint auf der
Eselin Jesus, hoheits- und würdevoll. Alles lebt und wogt
durcheinander auf der Vorbühne. Doch noch nicht genug,
jetzt erst hebt sich der Hauptvorhang und das Treiben der
Pharisäer und Händler in den Hallen des Tempels wird
sichtb'ar. Entrüstet jagt sie Jesus hinaus, er wirft die Stühle
um, die Tauben flattern über die Häupter der Zuschauer.
Jesus schreitet hinweg und nun bricht die Zorneswut der
gestraften Händler los und eint sich mit dem Neid und Haß
der Pharisäer, der äußere Konflikt für die dramatische Hand-
lung ist gegeben. Langsam leert sich die Bühne. Noch tönt
das wilde Gemurmel aus den Tiefen der Straßen Jerusalems,
da der Chor wieder auftritt. Ja, der Prolog hat recht, wenn
er die zweite Vorstellung einleitet mit den Worten:
Aus der Hölle herauf steigen die Geister all,
Die vom Anfang der Welt trotzig sich aufgelehnt,
Und von jeher die Zwietracht
Säten gegen das Göttliche.
2. Vorstellung.
Vorbild.
Die Söhne Jakobs beschließen den Verkauf ihres Bru-
ders Joseph, wie die Pharisäer die Gefangennahme Jesu
beschließen.
- 116 —
Handlung.
Das Synedrium. (Hoher Rat.)
1. Nathanael bringt die Klage vor den Hohen Rat.
2. Kaiphas fordert die Hohenpriester auf, das Volk für
den Hohen Rat zu gewinnen.
3. Nathanael kehrt mit den Händlern wieder. Kaiphas
schlägt heimhche Gefangennahme Jesu vor. Ein
Oberhändler erbietet sich, einen Verräter abzufinden.
Die Gefangennahme Jesu wird beschlossen.
4. Annas, der Schwiegervater des Kaiphas, segnet den
Hohen Rat.
Da sitzen sie beieinander, Typen, wie sie Tizian im
„Zinsgroschen^^ geschaffen, und beschließen die Verurtei-
lung Jesu. Nathanael und Rabbi führen gegen ihn das große
Wort. Die Hohenpriester Annas und Kaiphas stimmen ihnen
bei. Es ist eine lebhaft bewegte Gerichtsszene.
3. Vorstellung.
Der Prolog weist auf die Aehnlichkeit des Schmerzes
des scheidenden Tobias beim Abschied von den Eltern mit
dem Jesu beim Abschied von seiner Mutter hin.
Vorbild.
Abschied des jungen Tobias.
Chor.
Abschiedsgesang.
Prolog
weist hin auf die herriichen Worte, mit denen Salomon im
Hohenlied den Schmerz der Braut über den hinweggegange-
nen Bräutigam ausdrückt.
Vorbild.
Die Braut im Hohenlied, die den Abschied vom Bräu-
tigam beklagt wie die Mutter Jesu den Abschied von ihrem
Sohne.
Die Worte Salomos selbst sind eingekleidet in das
Sopransolo: „Wo ist er hin?^^
Hält der Einzug das Auge gefangen, so dieses Lied,
wenn es so schön vorgetragen wird, wie ich es oft 1900
hörte, das Ohr, der Abschied von Bethanien aber selbst
das Herz.
- 117
Handlung.
1. Christus verkündet den Aposteln, daß sich seine
Tage nun erfüllen werden.
2. Simon, Lazarus, Martha und Magdalena laden Jesus
und die Apostel zur Einkehr ein.
3. Magdalena salbt Jesus die Füße; Judas empfindet
den Gebrauch der teuren Salbe als Verschwendung.
4. Christus nimmt von Martha und Magdalena Abschied.
5. Die Mutter Jesu kommt, Jesus nimmt von ihr Ab-
schied.
Der Abschied von Maria gehört mit zu den ergreifend-
sten Szenen des ganzen Spiels. In der Einfachheit der
Sprache, in dem rein menschlich gefaßten Erlebnis, das fast
bei jedem Zuhörer eine schmerzliche Erinnerung auslöst,
liegt eine unendliche Kraft der Wirkung auf die Herzen
der Zuhörer. Dem letzten Spötter erstirbt der Zynismus auf
den Lippen, durch den ganzen weiten Raum der Zuschauer-
halle ertönt nicht mehr zu unterdrückendes Schluchzen.
4. Vorstellung.
Der Zusammenhang von lebendem Bild und Handlung
wäre schwer zu fassen, wenn nicht der P r o l o g u s er-
klären würde:
Der Vasthi Stolz verschmäht das Königsmahl,
Drob schwer erzürnt, verweiset der König sie
Aus seinen Augen, wählt sich eine
Edlere Seele zur Ehgenossin.
So wird die Synagoge verstoßen auch.
Von ihr hinweggenommen wird Gottes Reich,
An andere Völker hingegeben.
Die der Gerechtigkeit Früchte bringen.
Vorbild.
Verstoßung Vasthis.
Ein Bild, das durch die Gewänderpracht des königlichen
Gefolges und den herrlichen Blumenschmuck wie ein Ge-
mälde von Rubens wirkt.
Chor
mahnt wie Jeremias Jerusalem zur Bekehrung.
Diese Ermahnung richtet sich auch an die Zuhörer:
— 119 —
Ihr Sünder, höret Gottes Wort!
Wollt ihr noch Gnade finden,
So schafft aus euren Herzen fort
Den Sauerteig der Sünden!
Handlung.
Gang nach Jerusalem.
1. Christus befiehlt Petrus und Johannes, das Oster-
mahl zu bestellen.
2. Judas, als Säckelmeister, macht Jesu Vorwürfe über
die Geldverschwendung.
3. Judas (allein) sinnt nach, wie er nach dem Hinweg-
gang Jesu sich weiterhin Geld verdienen könne.
4. Der Händler Nathan kommt und will ihn zum Ver-
rat anwerben.
5. Mehrere Händler bekräftigen die Bestechung: Judas
willigt ein.
6. Judas (allein) sucht sein eigenes Gewissen über den
Verrat zu beruhigen.
Judas tritt mit seinem Verräterwerk in den Vordergrund.
5. Vorstellung.
Prolog
verkündet das neue Manna, das reine Himmelsbrot, das
Jesu im Abendmahle reicht.
Vorbilder.
1. Das Manna.
2. Die Traube von Kanaan.
Meisterwerke der Dramaplastik, bei denen sich die
größte Volksmasse zu einer einzigen unvergleichlichen Kunst-
wirkung sammelt.
Chor
weist auf das Nahen der Abendmahlstunde hin; er vereinigt
sich in dem volkstümlichen Chor, der fast bei allen anderen
Passionsspielen textliche wie musikalische Nachahmung fand:
„Gut ist der Herr, gut ist der Herr!
Im neuen Bunde reichet er
Sein Fleisch und Blut im Saale
Zu Salem bei dem Mahle.^^
120
Handlung-.
Das heiliire Abendmahl im Cönaculum.
., 1. Jesus wäscht den Jüngern die Füße.
2. Reicht den Aposteln das Abendmahl.
3. Judas eilt hinweg.
4. Petrus versichert seine Treue, Jesus warnt ihn.
5. Jesus spricht das Schlußgebet und nimmt Abschied.
Diese Handlung ist nach der religiösen Seite wohl neben
der Kreuzigung das Weihevollste des ganzen Spieles. Die
Andacht wird noch gehoben durch den Chor hinter der
Bühne, erst Frauen- und dann gemischter Chor nach einem
Motiv, das auch mit einer Liebesmahnung am Schlüsse des
Gesanges zum Golgathaopfer (16. Vorstellung) a capella
ertönt. Das Abendmahl ist das verkörperte Bild Leonardo
da Vincis. ^
6. Vorstellung.
Der Prolog
t)eklagt die Geldgier, wie sie sich bei Jakobs Söhnen und
Judas zeigt.
„Wo das Herz dem Götzen des Geldes huldigt,
Da ist aller edlere Sinn getötet,
Ehre wird verkäuflich und Manneswort,
Liebe und Freundschaft.^^
Der Chor
beklagt mit dem Prolog diese Geldgier.
Vorbild.
Verkauf des Josephs um zwanzig Silberlinge.
Handlung.
Der hohe Rat.
L Kaiphas befiehlt, Judas herbeizuführen.
2. Judas, von Nathan hereingeführt, erhält aus der
Hand des Hohenpriesters Rabbi die dreißig Silber-
linge.
3. Die Hohenpriester beratschlagen über die Strafe
Jesu. Nikodemus und Joseph von Arimathäa nehmen
Jesu in Schutz; sie fluchen dem Urteile des Syne-
driums und gehen hinweg.
4. Das Synedrium beschließt: „Es sterbe der Feind
unseres heiligen Gesetzes.'*
— 122 —
Nicht nur die Gefangennahme Jesu, sondern sein Tod
wird beschlossen. Judas gibt sich als Werkzeug dazu her
und verkauft den Herrn um dreißig Silberlinge. Diese
durchaus ernste Szene, die Uebergabe des Geldes, löst, wie
ich schon 1880 und öfter auch 1900 bemerkte, sonderbar
nicht ungern beim einfachen Volke Heiterkeit aus. Der all-
gemeine Beschluß über Jesu, der sich nach dem Gebot des
Kaiphas in dem einmütigen Schrei „Er sterbe!'' konzen-
triert, ist von tragischer, dramatischer Größe.
7. Vorstellung.
Der Prolog
empfindet schwerer und schwerer die Last der Schuld, die
gleich dem Adam den Heiland zur Erde beugt, ebenso der
Chor. Schaudernd gedenkt er des Verräterkusses eines
Joab, der mit einem Kusse seinem, ehemaligen Freunde
Amasa den Dolch ins Herz stieß.
Vorbilder.
a) Adam und seine Familie im Schweiße ihres Ange-
sichts auf Erden wandelnd.
b) Joab gibt dem Amasa den Bruderkuß und erdolcht
ihn.
Handlung.
Jesus am Oelberg.
1. Judas schleicht sich mit den Häschern in den Hinter-
grund.
2. Jesus geht von den Jüngern hinweg, er weckt sie
nochmals vom Schlafe und wird von Todesangst
ergriffen.
3. Ein Engel stärkt ihn.
4. Judas verrät Jesus mit einem Kusse; Gefangennahme
Jesu; Petrus schlägt Malchus das Ohr ab; Jesus
heilt ihn wieder und wird gefangen hinweggeführt.
Die ergreifende Darstellung des Seelenschmerzes Christi
ist eine der schwersten Partien der Christusrolle. Noch
einmal zeigt sich die Macht Jesu, indem sein Wort die
Schergen zu Boden schmettert, keine unschöne Wendung
bei ihrem Falle stört die Wirkung dieser Handlung. Mit
der Abführung Jesu schUeßt die Handlung des Vormittags.
— 123 —
Die Zuhörer eilen zu Tisch, die meisten jetzt schon
mit ganz anderen Gefühlen, als wie sie nach Oberammergau
gekommen sind. Sie merken, daß sie keiner Bauernkomödie
gegenüberstehen, mit der sie sich amüsieren können, sondern
einer Sache, die viel mehr ist als jegliches Drama sonst,
die ergreifendste Mahnung ans eigene Ich, ans eigene
religiöse Gefühl.
Es ist eine eigene Stimmung in diesem Mittagsmahl
des Passionstages. Kein Scherz, kein frivoles Wort fällt,
alles ist eins in dem Gedanken, man erlebt mit dem Passions-
spiel etwas Großes, Heiliges, das während der Ruhepause
durch kein unnützes Wort gestört werden darf.
II. Abteilung.
(Beginn 2 Uhr.)
8. Vorstellung.
Der Prolog
verkündet die Gerichtsgänge des Heilands.
„Sehet den Heiland an!
Von Gericht zu Gericht wird er geschleppt.^'
In diesem tatsächlichen Herumschleppen Jesu von Ge-
richt zu Gericht, das längere Zeit in Anspruch nimmt, liegt
die größte Klippe des Spieles; es besteht nur zu sehr die
Gefahr, daß die vielen Verhöre, die den Gang der Verhand-
lung aufhalten, ermüdend wirken. Die treffliche Darstellung
der zwei Hohenpriester, die, wie an anderer Stelle schon
gesagt ist, in besten Händen liegt, dürfte über diese Klippe
hinweghelfen. Der historische Vorgang dieser Szenen läßt
nicht gut ohne Verstoß an der Bibel eine Beschneidung, die
oft genug in Erwägung gezogen wurde, zu. Es werden
sich aber bei den Proben noch Möglichkeiten für kleinere
Zusammenziehungen ergeben.
Der Chor
beginnt seinen Gesang mit einer ernsthaften Mahnung für
den Nachmittag.
Begonnen hat der Kampf der Schmerzen,
Begonnen in Gethsemani.
O Sünder! Nehmet es zu Herzen,
Vergesset diese Szene nie!
— 124 -
Vorbild.
Der Prophet Michäas empfängt einen Backenstreich
weil er dem König Achab die Wahrheit sagt.
Handlung.
1. Haus rechts: Annas Haus. Annas in großer Auf-
regung erwartet die Ankunft Jesu.
2. Jesus, vor Annas geführt, gibt diesem über seine
Lehre nicht die gewünschte Auskunft und erhält
den Backenstreich.
3. Die Rottenführer Baibus und Selpha führen Jesus
zu Kaiphas.
4. Petrus und Johannes suchen Jesus; sie werden den
Hohenpriestern verdächtig.
9. Vorstellung.
Der Prolog
stellt die Ruhe und Geduld des Heilands der Wut der Pha-
risäer und rohen Henkersknechte gegenüber.
Der Chor
erkennt in dem Gerichte eine himmelschreiende Ungerech-
tigkeit, der nur das falsche Gericht über Naboth gleich-
kommt, dem durch dasselbe König Achab seinen Weinberg
entriß.
1. Vorbild.
Naboth wird unschuldig zum Tode verurteilt.
Der Chor
richtet an die Großen dieser Welt die ernste Ermahnung:
Ihr mächtigen Herrscher dieser Welt,
Zum Wohl der Menschheit aufgestellt,
Vergeßt bei Uebung eurer Pflicht
Des unsichtbaren Richters nicht!
Darauf stimmt der Chor einen tiefergreifenden Ecce
homo-Gesang an; immer wiederkehrt der Klageruf: „Ach,
welch ein Mensch !^^
2. Vorbild.
Jobs Leiden und Geduld. Ein Leidensbild wie Job ist
der von allen Freunden verlassene Heiland.
Handlung.
L Judas wird von der Reue erfaßt.
2. Kaiphas empfängt die Hohenpriester.
— 125 -
3. Verhör Jesu. Fünf Zeugen sprechen gegen ihn,
drei Priester lesen die übertretenen Gesetze vor.
Christus legt vor dem Hohen Rat das Zeugnis seiner
Gottheit al3; der Hohe Rat erklärt ihn der Gottes-
lästerung und darum des Todes schuldig.
4. Judas erscheint vor demselben und wirft die dreißig
Silberlinge ihm zu Füßen.
5. Das Synedrium beschließt den Ankauf des Fremden-
begräbnisplatzes und den Tod Jesu. Abgesandte
gehen zu Pilatus.
6. Petrus will sich am Nachtfeuer der Soldatenrotte
erwärmen, verleugnet vor den Mägden Hagar und
Sarah seinen Meister, der Hahn kräht zweimal.
7. Petrus geht, von tiefer Reue erfaßt, ab, der herbei-
kommende Johannes eilt ihm nach, ihn und die
Mutter Jesu aufzusuchen.
8. Die Kriegsrotte schlägt und verspottet Jesus.
Noch geht geraume Zeit das Verhör fort; einen Ruhe-
punkt dagegen bildet die Verleugnung des Herrn und die
Reue des Petrus, dem hier beste Gelegenheit geboten ist,
sein charakteristisches Spiel zur Geltung zu bringen.
10. Vorstellung.
Des Judas Verzweiflung.
Der Prolog
fordert vergeblich Judas auf, gleich Petri durch Reue und
Buße seine Tat zu sühnen.
Der Chor,
dem ein Tenorsolo vorangeht, sieht in ihm einen zweiten
Brudermörder Kain.
Vorbild.
Kain vor der Leiche Abels in Verzweiflung.
Handlung.
Mittelbühne. Waldgegend, Judas verzweifelt und
erhängt sich.
Das einfache Volk nimmt mit Genugtuung die Ver-
zweiflung des unglücklichen Verräters auf, freut sich, daß
- 12G -
er in wilder Wut die Silberlinge den Pharisäern vor die
Füße schleudert, daß sie khrren, und daß er im Selbstmord
den Lohn seiner Missetat findet, der Tieferfühlende ist er-
schüttert von der Seelenqual des von Menschheit und Gott-
heit Verworfenen. Die Untat des Uebeltäters findet ihre
dramatische Sühne,
11. Vorstellung.
Bei dem wiederholten Auftreten des Chores tritt un-
streitig etwas Ueberdruß und Ermüdung des Publikums ein.
Aus diesem Grunde ist hier der bisherige Chor mit dem
Vorbild: Anklage Daniels vor König Darius ausgelassen
und die Handlung setzt sich gleich fort.
Handlung.
1. Die Rotte, begleitet vom Volk und Hohem Rat,
führen Jesus vor das Pilatushaus.
2. Die von Kaiphas, Annas und dem Rabbi angesta-
chelte Menge verlangt von Pilatus die Hingabe Jesu.
3. Pilatus läßt sich Jesus auf die Balustrade kommen
und verhört ihn selbst.
4. Pilatus empfängt die Nachricht von dem Traume
seiner Gattin, welche ihn vor einem ungerechten
Urteil warnt.
5. Die Hofherren des Pilatus schließen sich der War-
nung an.
6. Kaiphas befiehlt, daß Jesus zu Herodes gebracht
werde.
Das Ungestüm des Judenvolkes spiegelt sich im Unge-
stüm der Zuschauermenge, die mehr und mehr nach dem
Abschluß der Gerichtsverhandlungen sich sehnt. Gerade
aber in dem verhaltenen Fortgang der Handlung für die
Zuschauer einerseits, in dem allmählichen Anwachsen der
Volkswut bei den Spielern anderseits liegt die naturgemäße
Vorbereitung auf die nun bald folgenden Massenszenen,
welche das Spiel wieder bis zur Wirkung des Vormittags-
einzuges emporheben. Ohne diese Zurückhaltung würde
zu unvermittelt und unmotiviert die Kraft und Wucht der
vollen Volksempörung einsetzen.
— 128 —
12. Vorstellung.
Der Prolog
bereitet die Zuhörer auf die neuen Schandtaten vor, ver-
kündigt aber auch:
„Doch der schwach jetzt erscheint, wird die Stärke zeigen;
Der erniedrigt steht, wird in Hoheit glänzen,
Lieber den nichtswürdigen Spott erhaben
Thronet die Tugend."
Der Chor
wendet sich gegen das Hohngericht des Herodes und Pilatus.
Vorbild.
Samson stürzt beim Philisterfeste die Säulen des Saales.
Handlung.
(Saal des Königs Herodes.)
1. Herodes erwartet wunderneugierig Jesus.
2. Herodes empfängt mit Spott die Hohenpriester.
3. Er schickt Jesus, nachdem er vergebens auf dessen
Wunder gewartet, wieder zu Pilatus zurück.
4. Er wendet sich enttäuscht anderen Unterhaltungen zu.
13. Vorstellung.
Geißelung und Dornenkrönung.
1. Kaiphas-Annas-Rabbi beschließen, alle Hebel in Be-
wegung zu setzen, um den Tod Jesu wegen des
Nahens der Ostersabbatruhe zu beschleunigen.
2. Auf Drängen des Volkes liefert Pilatus Jesus zur
Geißelung aus.
3. Kaiphas schickt das Volk auseinander, um den Auf-
ruhr in ganz Jerusalem zu schüren.
4. Jesus wird gegeißelt und dann gekrönt.
Die Geißelungsszene ist in einer Würde gehalten, daß
das ästhetische Gefühl durch nichts verletzt wird.
14. Vorstellung.
Jesus wird zum Kreuzestode verurteilt.
Prolog
stellt den Einzug des ägyptischen Josephs und seine Er-
hebung in wirksamen Kontrast zu der tiefsten Erniedrigung
des Heilands.
— 129 — 9
Der Chor
erhebt nochmal den Klageruf: „Seht, welch ein Mensch!",
gibt aber dann auch in der gleichen Kontrastwirkung wie
der Prolog in einen Jubelruf auf den ägyptischen Joseph über.
Vorbilder.
a) Triumph des ägyptischen Joseph.
b) Das Widderopfer im alten Tempel.
Chor und Volk hinter der Bühne
verfallen in ihrem Wechselgesang in Widerstreit, wer frei-
gegeben werden sollte, Jesus oder Barabbas.
DasVolksingt:
Barabbas sei von Banden frei!
Darauf der Chor:
Nein, Jesus sei
Von Banden frei.
Damit soll das Ungestüm des Volkes ausgedrückt wer-
den, das sich hinter der Bühne nicht mehr will zurückhalten
lassen.
Ans Kreuz mit ihm!
Es braust und bricht der Sturm hervor.
Volk: Es falle (das Blut) über uns und unsere Kinder?
Der Chor dagegen: Es komme über euch und
eure Kinder!
Nun steigert sich das gewaltigste Drama der Mensch-
heit, das hier seine ihm würdige Wiedergabe findet, immer
mehr und mehr. Jetzt gibt es keine Unterbrechung mehr in
der atemlosen Spannung. Grauen und Mitleid streiten in
den Gemütern der Zuhörer, wie das Volk auf der Bühne
um Christus und Barabbas streitet. Nun hebt sie an die
ganze volle Empörung nicht nur des Judenvolkes gegen
den Römer, sondern der Menschheit gegen die Gottheit.
Nunmehr wirkt nicht mehr die tragische Schuld des ein-
zelnen, sondern der ganzen Welt gegen ihren Schöpfer, und
jeder Zuschauer erkennt seinen Anteil daran.
Handlung.
1. Empörung gegen Pilatus; Nathanael kommt mit
seiner Gefolgschaft durch die Annasstraße, Ezechiel
durch die Pilatusstraße, Kaiphas rechts aus der mitt-
— 130 —
leren Stadt, Annas links. Das Volk droht Pilatus
mit der Klage beim Kaiser.
2. Pilatus stellt dem Volke die Wahl zwischen Jesus
und Barabbas; Barabbas wird freigelassen, Jesus
dem Kreuztod überliefert.
(Hier verzeichnet das Textbuch III. Abteilung, es wird
aber keine Pause mehr gemacht.)
15. Vorstellung.
Der Kreuzweg.
Der Prolog
bereitet auf den schweren Gang des Herrn vor:
„Der erzwungene Urteilsspruch ist gesprochen,
Schon hinaus zum Berge der Schädelstätte
Sehn wir Jesum wanken, belastet mit dem
Balken des Kreuzes.^*
Der Chor
stimmt einen feierlichen Choral an.
„Betet an, sagt Dank! Sagt Dank!
Der den Kelch des Leidens trank.
Geht nun in den Kreuzestod
Und versöhnt die Welt mit Gott.^'
Dieser Choral ist den Oberammergauer Sängern viel
mehr als der Pflichtgesang ihres Passionsspiels, sondern
ein Bestandteil einer der feierlichsten Momente ihrer ört-
lichen Liturgie. Wie sonst an anderen Orten das Agios o
Theos wird in Oberammergau jedesmal am Charfreitag bei
der Kreuzküssung dieser Choral gesungen. Mit diesem
Choral wächst den Sängern ihr Spielanteil weit über das
Profane hinaus, da ist ihnen ihr Passionsspiel auch ein
Stück heiligen, ehrwürdigen Gottesdienstes.
Ernster noch wie sonst schreitet der Chor hinweg, doch
schon drängt das Volk auf der „Annashausseite", also der
Palmsonntagseinzugsseite entgegengesetzt, herein; das ist
ein ganz anderer Aufzug als am Vormittag, kein Triumph-
zug, sondern ein Leidenszug; vom Triumphzug sind, von der
Pilatusseite herkommend, nur wenig Getreue geblieben,
Maria allein mit den ihrigen. Da greift wieder das rein
menschliche Fühlen des Zuschauers an sein Herz, er weiß,
— 131 — 9*
hier müssen sie zusammentreffen, Mutter und Sohn, die
Mater dolorosa muß den Leidensgang mitmachen bis nach
Golgatha.
Handlung.
1. Auftreten Mariens mit Johannes, Joseph von Ari-
mathäa, Magdalena, Kleopha und Salome, die von
Bethanien kommen.
2. Der Kreuzzug erscheint in der Annasgasse (links).
3. Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz tragen;
Veronika reicht Jesus das Schweißtuch dar. Jesus
begegnet den weinenden Frauen.
4. Jesus begegnet seiner weinenden Mutter. Sie bricht
nicht in verzweifelndem Schmerz zusammen, sondern
folgt ihrem hinauswankenden Sohne, stark in hei-
liger Kraft.
Im Zuschauerraum ist es stille geworden, das letzte
Wort oberflächlicher Neugierde ist erstorben. Die Herzen
sind bereitet, das Opfer auf Golgatha mitzufeiern in tiefster
Andacht und erhabendstem Schmerze.
16. Vorstellung.
Prologus und Chor erscheinen in schwarzen Kleidern.
Trauer senkt sich auf alle Gemüter. Unter melodramatischer
Begleitung spricht
Der Prolog
die Mahnung:
Auf, fromme Seelen, auf und gehet,
Von Reueschmerz und Dank durchglüht.
Mit mir nach Golgatha und sehet,
Was hier zu eurem Heil geschieht.
Dieser Aufforderung bedarf es jetzt eigentlich nicht
mehr, wer wäre jetzt nicht bereit, weiter mitzugehen nach
Golgatha?
Der Chor singt in rein vierstimmigem Satz den Tonsatz,
der beim, unblutigen Opfer des Abendmahls hinter der Bühne
erklang:
(Solo des Chorführers):
Wer kann die hohe Liebe fassen,
Die bis zum Tode liebt,
Und statt der Mörder Schar zu hassen.
Noch segnend ihr vergibt.
— 133 -
In den Gesang dröhnen schon hinter dem Bühnenvor-
hang die Hammerschläge, die Christus an das Kreuz heften
sollen. Beim Oeffnen des Vorhanges liegt er noch am
Boden, die Kreuze der Schacher, die nur angebunden wer-
den, sind schon aufgerichtet.
Handlung.
1. Das Kreuz wird erhoben.
(Christus hängt 18 Minuten am Kreuze.) *)
2. Die Pharisäer äußern ihre Unzufriedenheit mit der
Kreuzaufschrift des Pilatus.
3. Die Henker würfeln um die Gewänder Jesu.
4. Jesus spricht die denkwürdigen sieben Worte, neigt
sein Haupt und stirbt.
5. Erdbeben, Schrecken und Flucht des Volkes.
6. Die zwei Schacher werden erschlagen.
7. Der Leichnam Jesu wird gegen den Willen der
Hohenpriester Joseph von Arimathäa und Niko-
demus übergeben.
8. Der Leichnam Jesu wird von Nikodemus und Joseph
von Arimathäa vom Kreuze genommen und in den
Schoß Marias gelegt.
Die Zuschauermasse folgt in atemloser Spannung den
tiefernsten Vorgängen, jeder Blick hängt an dem Kreuzbilde,
oft tönt ein Aufschrei nicht mehr zurückdämmenden Schmer-
zes durch die Halle, die Tränen werden nicht mehr zurück-
gehalten. Jedes der sieben Worte hallt bis in den letzten
Winkel der Halle. Ein schmerzliches Aufstöhnen und Auf-
zucken geht durch die Reihen beim Lanzenstich. Und dann
folgt die unbeschreiblich rührende Kreuzabnahme.
17. Vorstellung.
Der Schmerz atmet erst wieder auf, als der
*) Christus hängt an einem Korsett unter dem Trikot, die Arme und Beine
haben nur schwache Stützpunkte; unter den Fußsohlen befinden sich eiserne Sohlen,
die Arme sind durch Bänder an die Querbalken geheftet, der Nagel wird über der
Hand zur Mitte derselben eingebogen. Die Lage des Christus ist auch so noch eine
überaus beschwerliche und fordert die höchste Leistung der physischen Kräfte. Der
Theaterarzt ist bei dieser Szene jedesmal im Hause. Die Illusion des Lanzenstichs
wird durch das Zurückgehen der mit Farbe gefüllten Lanzenspitze hervorgerufen.
— 134 —
Die Kreuzabnahme
Prolog spricht:
Nun ist alles vollbracht! Friede und Freude uns!
Freiheit hat uns sein Kampf, Leben sein Tod gebrachtt
Von Dank und von Liebe
Glühe das Herz der Geretteten!
D e r C h o r
erhebt seinen Grabgesang:
Christen, senkt am Pilgerstabe
Hin das Haupt in Ehrfurcht still,
Dessen, der statt goldener Gabe
Nur ein Herz voll Einfalt will.
Schnell schreitet die Handlung zum Schlüsse.
Handlung.
(Das heilige Grab.)
1. Jesus steht vom Grabe auf.
2. Der Engel verkijndet den weinenden Frauen die
Auferstehung.
Für den Christen ist mit der Auferstehung noch nicht
das vollständige Glaubensdogma erfüllt, darum kann sie
nicht den Beschluß des Opferdramas bilden.
18. Vorstellung.
Der Prolog
nimmt Abschied von den Zuschauern.
Der Chor
stimmt in ein helles Hallelujah ein, während des Zwischen-
sopransolos erhebt sich der Vorhang zum
Himmelfahrtsbild.
Die heiligen Gestalten des Alten und Neuen Testaments
vereinigen sich um den auffahrenden Weltbezwinger, die
Feinde Christi liegen bezwungen am Boden.
Mit mächtigem Fugensatz schließt
Der Chor
Preis, Ruhm, Anbetung, Macht und Herrlichkeit
Sei dir von Ewigkeit zu Ewigkeit!
Halleluja!
~ 136 -
^"^^m
ständige Ausstellung
von l^^_V^^I N ,
Kunst- und Gebrauchsporzellanen
Madonna von Liebermann
PORIEIXÄNNIEDERIÄGE
MÜNC HE N
fta^iasDiä^is
9. KAPITEL.
Die Fahrt zum Spiel.
Im Jahre 1910 bildete die orientalische Ausstellung auf der
Theresienhöhe in München eine gute Vorbereitung sozusagen für
das „Milieu'* des Oberammergauer Passionsspieles. Auch der Sommer
1922 wird viele Gäste nach oder vor dem Passionsspiel nach
München führen, wo ihnen viel umfassendere und bedeutendere
Darbietungen werden als 1910 und wo sich alles zu gemeinsamen
großen Werken vereinigen will, die zeigen sollen daß, wenn München
trotz den Wirren und Kämpfen in der Zwischenzeit, der Zeit des
allgemeinen Taumels heute noch die Stadt der Kunst, des Gewerbes
und des Kunstgewerbes ist und bleibt. Ueber die diesbezüglichen
Vorbereitungen berichteten schon anfangs Juni 1921 die Zeitungen
und entwarfen folgendes vielversprechendes Bild.
Den Mittelpunkt der Darbietungen im Jahre 1922 soll in München
die Deutsche Gewerbeschau bilden. (Auch die Schnitz-
schule, der Lukasverein und einzelne Firmen Oberammergaus be-
teiligen sich an derselben.) Die München er Festspiele im
Prinzregenten-Theater werden einen Ueberblick über große deutsche
Kunst der Vergangenheit und der Gegenwart bieten, und auch die
großen privaten Musikvereinigungen Münchens werden ihr Interesse
bekunden. Wenn den Besucher der Weg zu den Stätten der bilden-
den Kunst führt, so soll er im altberühmten Glaspalast eine
Ausstellung von ganz besonderem künstlerischem Gepräge finden.
Die Münchener neue Sezession wird ein Gesamtbild der
ganzen jungen Kunst der Gegenwart zu bieten suchen. Die Staats-
isammlungen werden ebenso wie die der Stadt und die Staats-
bibliothek alles aufbieten, um ihre besonderen Schätze den Besuchern
zu erschließen. Der Kunsthandel verheißt eine Schau guten Mate-
rials. Die Anregung, die einschränkenden Bestimmungen im Frem-
denverkehr möglichst zu erleichtern, soll dahin erweitert werden,
daß auch mit den Vertretern des Hotelgewerbes Fühlung genommen
werden wird, um die Fremden auch unterzubringen und \or Ucber-
forderungen zu schützen. Dem durch das zeitliche Zusammen-
fallen der Gewerbeschau mit dem Oberammergauer Passionsspiel
sehr zahlreichen Fremdenstrom wird durch diese Veranstaltungen
außerhalb der Ausstellung ein fesselndes Bild von dem wahren
Wesen Münchens geboten werden.
137
Auf dem Katholikentag in Frankfurt im Jahre 1921 wurde
beschlossen, den Katholikentag 1922 in München zu halten; der-
selbe findet statt vom 25. bis 30. August; das führt natürlich
wiederum eine große Anzahl Fremder dorthin.
Reiserouten.
1 . Direkte: S t a r n b e r g — W e i 1 h e i m — M u r n a u.
Der für die Strecke München— Oberammergau oder Parten-
kirchen— Mittenwald bestimmte Bahnhof ist der Bahnhof für den
Vorortsverkehr, der sogenannte Sommer- oder Starnberger-Bahnhof,
nördlich des Hauptbahnhofes, wenn man von der Stadt kommt,
rechts desselben zwischen Hauptbahnhof und Arnultstraße. Sein Neu-
bau fällt angenehm ins Auge. Durch die Verzögerung der Bau-
tätigkeit im Kriege ist er erst im Jahre 1921 fertig geworden.
Eine schöne Säulenhalle bildet den Vorraum.
Bis Tutzing ist im Zuge linke Fensterseite, von Tutzing aus
rechte vorzuziehen. Beim Einsteigen fällt rechts ein mächtiger Bau
auf, das Verkehrsministerium, links kennzeichnet sich München mit
dem Hackerbräu- und Pschorrkeller als Bierstadt und herüber ragen
die Türme der Paulskirche. Von der Vorortsstation Laim bezw.
Zentralwerkstätte führen die Wege rechts hinüber nach Neuhausen
und Nymphenburg mit dem prächtigen Schloß, Schloßpark und bo-
tanischen Garten, links zum Waldfriedhof. Pasing erhält mehr und
mehr das Gepräge einer größeren Stadt. Die schöne romanische
Pfarrkirche hat ein großes Presbyteriumsgemälde und eine Kriegs-
gedächtniskapelle erhalten. Pasing ist Knotenpunkt für die Bahnen
Starnberg, Herrsching, Lindau und Augsburg. Bei der Ausfahrt
sehen wir die großen Bauten des Gymnasiums und der Lehrer-Bil-
dungsanstalt. Villenkolonien und Turnspielplätze begleiten die Bahn-
straße bis Planegg. Rechts grüßt aus dem Walde das liebliche
Wallfahrtskirchlein Maria Eich. Links werfen wir vor der Station
Mühlthal einen leider nur zu kurzen Blick hinab in das liebliche
Tal der Wurm, nur einen kurzen Augenblick sehen wir tief unten
im Tale die Reismühle, wo der Sage nach Karls des Großen Mutter
Berta als Magd gedient und er selbst das Licht der Welt erblickt
habe. Bei Station Mühlthal ist das Dorf Leutstetten, wo König Lud-
wig in. von Bayern sein landwirtschaftliches Mustergut eingerichtet
hat und Prinzessin Mathilde begraben liegt. König Ludwig ist fern
von der Heimat am 18. Okt. 1921 in Sarvar in Ungarn gestorben
und wurde mit seiner Gemahlin Königin Maria Theresia am 5. Nov.
in der Frauenkirche in München beigesetzt. Bald sehen wir den
Spiegel des Wurm- oder Starnbergersees, der sich von seinem Nord-
ende Starnberg bis zu seinem Südende 21 km ausdehnt und dessen
größte Breite SVk km, Gesamtflächenausdehnung 57 qkm und be-
deutendste Tiefe 114 m beträgt. Es lohnt sich, eine Rundfahrt auf
demselben auf einem seiner Prachtdampfer vorzunehmen.
Der Bahnweg nach Tutzing führt dem Westufer des Sees entlang
und sehen wir noch lange die König Ludwig-Gedächtniskirche von
Berg und auf der Rottmannshöhe den Bismarckturm.
— 138 —
In Tutzing zweigt die Route Penzberg— Kocliel ab, die uns
an den herrlich gelegenen Kochelsee bringen würde. Von Koche!
aus führt die schönste Bergstraße Deutschlands, deren etwas weitere
Trace gegenüber der alten, aber aussichtsentbehrenden Straße
jeder Reisende, auch der Fußgänger, vorziehen möge (gleich in
Kochel Fußweg rechts vom Schulhaus ab, gut markiert, einschla-
gen!), hinauf zu dem Walchensee und weiter von Urfeld links in
die Jachenau, rechts Ort Walchensee nach Wallgau, Mittenwald und
(von Klais ab wieder rechts) nach Partenkirchen. Die Kessel-
hergstrasse darf wohl als das schönste Tor Deutschlands zum
Eintritt in das Hochgebirge bezeichnet werden; ihr kommt nur
die Ettaler Straße an Schönheit nahe.
Das herrliche Walchenseegebiet hat durch die bedeutendste
Wasserkraft in Deutschland „das Walchenseewerk" einen neuen
Anziehungspunkt erhalten.
Die Hauptbahn über Weilheim — Murnau hat von Tutzing aus
ihre schönsten Punkte an der rechten Fensterseite. Bei Diemen-
dorf grüßt von der Höhe „Hochschloß Pähl", dem Grafen Spreti
gehörend. Bei Wilzhofen öffnet sich das Tal der Ammer bis zu
ihrer Mündung in den Ammersee bei Diessen. Schon winkt uns von
Süden her der Peißenberg mit seiner Kirche auf dem Gipfel, mit
Recht ob seiner Gebirg wie Vorland beherrschenden Aussicht der
,, bayerische Rigi" genannt. Von Weilheim führt die Bahn nach Sulz
zum Fuß des Peißenberges und in l'^-? Stunden auf dessen Gipfel.
Eine weitere hübsche Waldwanderung würde von dort über das mit
wiederum prächtiger Aussicht ausgestattete Schönberg oder im Tale
über das ehemalige Kloster Rottenbuch mit seiner ganz hervorragend
schönen Barockkirche, der ehemaligen Pfarrkirche für den ganzen
Ammergau, den Ort, woher Oberammergau seine Schnitzkunst
empfing, nach Ba3'ersoyen, und weiter noch zur Station der Murnau—
Ammergauer Bahn Saulgrub führen.
Wir aber wollen uns noch in Weilheim etwas umsehen, es ist
wahrlich ein Heim, in dem sich gut weilen läßt, und welches uns
wegen der Beziehungen zum Passionsspiel doppelt anzieht.
Weilheim hat sich glücklich das Bild einer behaglichen, klein-
bürgerlichen Biedermannstadt erhalten. Den Hauptplatz schmückt
eine von dem berühmten Bildhauer Ignaz Degler gefertigte Marien-
säule und ein echter Barockbrunnen aus dem Kloster Steingaden.
In der Pfarrkirche finden wir eine Kreuzabnahme, die 17S6 von
keinem geringeren gemalt wurde, als dem größten Barockmaler
seiner Zeit, dem Maler der Ettaler Meisterwerke Martin Knoller.
Auch das Hochaltarbild könnte von ihm sein. Hervorragende Mei-
sterwerke ihrer Art sind auch die 1698 entstandene Monstranz vom
Anton Kipfinger und das Christoph Angermayersche Elfenbeinkäst-
chen, das sich allerdings im verständnisvoll arrangierten Ortsmuseum
nur mehr in Kopie, im Original aber im Nationalmuseum in München
befindet. Derartig sind die „Weilheimer Stücklein", wirkliche Meister-
werke der Kleinkunst und des Kunstgewerbes, durch welche seinerzeit
Weilheim berühmt war, und nicht in angedichteten Schelmen- und
— 139 —
Narrenstreichen, die Weilheim zu einem neuen Abdera oder Schiida
machen wollten. Weilheim, das auch einmal unter den Herzogen
Wilhelm IV. und Ludwig (1521) eine Zeitlang bayerische Residenz
war, hat von Barbarossas Zeiten an die Passionsspiele gepflegt und
verbreitet, wie schon an anderer Stelle bemerkt ist. Ein köst-
liches Kleinod kunstgeschichtlicher Art birgt es in seiner Salvator-
kapelle am sogenannten Betberg, erbaut 1449. Mit ihrem robusten,
ungemein malerischen Ziegeldach nach außen, noch )Tiehr aber
mit ihrem jetzt einzigartigen gotischen Gewölbe mit Zentralsäule
ist sie das genaue Bild der ersten im 14. Jahrhundert entstandenen
Ettaler Kirche, die 1740 niederbrannte; nach ihr hat auch Mettenleiter
das Ettaler Klosterbild in der Oberammergauer Spielhalle retro-spek-
tivisch aufgenommen. Wer die Baugeschichte von Ettal studieren will,
muß sich diese hochinteressante Kirche ansehen. Leider wurden
die Zwickelflächen des Gewölbes überstrichen, aber durch Maler
Mangold wieder freigelegt. Derselbe, ein hervorragender, xielver-
sprechender Künstler, selbst Weilheimer Kind, begann noch die Re-
stauration derselben, ist aber schnell am Schlagfluß im schönsten
Mannesalter gestorben. Mit ihm ist ein Stolz und eine HofI
nung Weilheims ins Grab gegangen. Auf dem Weg zur Sahator-
kapelle versäume man nicht, einen Blick in die Angerkapelle zu
werfen; dieselbe birgt eine sehr schöne Pieta von Steinhart und
ein Gemälde der Judith, das auch von Knoller, eher aber noch von
Gindter stammen könnte. Genug also des Anziehenden und Sehens-
werten, um in Weilheim ein paar Stunden zu weilen. Die Bahn-
hofrestauration genießt guten alten Ruf.
Wenn uns die Zeit nicht erlaubt, den schönsten Aussichtspunkt
der Umgebung, ,,das Gögerl", zu besuchen, begeben wir uns wieder
auf die Reise und gelangen nach Polling, dem ehemaligen Auf-
enthaltsort des berühmten Augustiner-Gelehrten Eusebius Amort.
Auf der Fahrt dorthin begleitet uns stets der Anblick rechts des
Peißenbergs und links gegen Süden der Höhenzug der Benedikten-
wand und des Herzogstands bis herüber zum Ettaler Mandl, das
immer schärfer im Vordergrund heraustritt. Unten im Tale zieht
die Ammer einen weiten Bogen nach Südwesten. Polling war ein
uraltes Kloster, das schon zu den Zeiten Thassilos gegründet
wurde. Von hier an befinden wir uns schon im sogenannten
,, Pfaffenwinkel"; überall finden wir rings ins schöne Land der
Vorberge Klöster eingestreut, deren Kirchen um den Schönheitspreis
streiten, bis hinein tief in die Berge nach Ettal und zur Wies-
kirche bei Steingaden, die die Gebrüder Zimmermann in graziösestem
Rokoko erbaut und ausgestattet haben, hinüber zum Kochelsee
mit seinen Klöstern Benediktbeuern und Schlehdorf, überall unsterb-
liche Denkmäler der hohen Kultur, die im Schatten der Kirche gedieh,
darbietend.
Kurz vor Murnau nach längerer Steigung der Bahn tut sich
uns die ganze Pracht des 'Hochgebirges auf. Gleich nach der
Station Uffing sehen wir den Staffelsee in seiner ganzen Aus-
dehnung vor uns. Freundlich liegt er mit seinen Inseln unter uns.
Darüberhin entfaltet sich ein großartiges Gebirgspanorama, anfangend
von den östlichen Bergen: Zwiesel, Geigerstein, Propstwand, Bene-
- 140 —
diktenvvand, Rabenkopf, Jochberg, über den Kesselberg iiinüber zum
Herzogstand, Heimgarten, Simmetsberg bis zum Esterngebirge mit
dem Krottenkopf, Bischof und Fricken; in der Mitte öffnet sich das
Loisachtal mit dem ganzen Wetterstein-, Dreitor- und Zugspitzgebiet,
an deren Fuß Garmisch und Partenkirchen hegen. Hier hinein geht
die alte Reiseroute über Oberau an den hübsch gelegenen Ortschaften
Ohlstadt und Eschenlohe vorbei mit der Abzweigung Oberau— Ettal—
Oberammergau. — Ueber dem Loisachtal grüßt mit charakteristischer
Spitze das Ettaler Mandl mit dem Laber, überragt von der Not, daran
schließen sich der Aufacker, die drei Kohlgruber Hörnle, gegen das
Flachland hinaus sieht man nunmehr von der Rückseite den Peissen-
berg. Im Westen verlieren sich die Trauchgauer Berge.
'Zwischen dem Staffelsee und dem mit dem Ettaler Mandl
beginnenden Rücken des Ammergebirges zieht sich die i race der
neuen Oberammergauer Bahn dahin.
M u r n a u, ein freundlicher, als Sommerfrische sehr gesuchter
und beliebter Ort, dem die künstlerische Leitung der Fassaden-
malereien durch Emanuel Seidl einen originellen Straßenschmuck
gegeben hat, Ausgangspunkt für sehr hübsche Gebirgstouren zum
Kochel- und Walchensee, in das Zugspitzgebiet, Ammertal, zum
Peissenberg und zu Partien gegen das Flachland, ist bekannt durch
die vorzüglichen Bäder im Staffelsee. Dessen Wasser ist außer-
ordentlich mild, -\- 17—21 o R., sehr moor- und eisen-, aber nicht
kalkhaltig und darum für Krankei vorzüglich zu empfehlen. Im Jahre
werden durchschnittlich 25 000 Bäder genommen. 1920 wurde durch
den Fremdenverkehrsverein Murnau ein Strandbad neu errichtet,
das sich großer Beliebtheit erfreut. (50—60 Kabinen.) Im Orte selbst
ist ein altes Schloß (nunmehr Schulhaus), erbaut 1539; eine hübsche
Kirche, 1899 kunstsinnig renoviert, mit Kanzel und Beichtstühlen in
wunderbarem Rokoko; das prächtige Deckengemälde „Das jüngste
Gericht" wurde 1894/95 von Professoi^ W. Kolmsperger im Auftrage
der Kgl. Staatsregierung hergestellt; die neue Orgel stammt von
Steinmeyer in Oettingen. Sehenswert ist auch das Denkmal König
Ludwigs II. von Hautmann. In einer Viertelstunde gelangt man
durch schattige Anlagen zum Staffelsee mit seinen sieben Inseln;
Schiffahrtgelegenheit beim Kurhotel. Die größte Insel „Wörth" ist
im Besitz des Herrn Edw. Schmitt, jedoch in entgegenkommendster
Weise dem Publikum eröffnet; darinnen eine riesige alte Linde, unter
welcher schon Bonifazius gepredigt haben soll. Prächtige Aus-
sichtspunkte zwischen Murnau und dem See sind die Ludwigs-, Luit-
pold- und Asamhöhe. Am Seej (Kui'hotel) ein' neu errichtetes Strand-
kaffee mit täglichem Künstlerkonzert.
Für Unterhaltung im Ort sorgt das „B a u e r n t h e a t e r", das
vorzugsweise ländliche Stücke bietet.
Um die Oberammergauer Bahn zu benützen, müssen wir in
Murnau den Staatsbahnhof verlassen und uns zum nächstgelegenen
Bahnhof der Lokalbahn Murnau— Oberammergau begeben oder zur
Haltestelle Murnau-Markt. Die Bahn überbrückt ihre Schwesterbahn
Murnau— Garmisch-Partenkirchen und wandet sich gegen Westen,
um bald in den stillen Bergwald einzubiegen, in das Jagdrevier des
— 141 -
Fürsten Quadt-Wvkradt-Isny. Nach der früher einsamen, nunmehr
aber durch Holzabiadeanlagen und Sägewerke sehr lebhaft gewordenen
Station „zum Berggeist" kommt Aschau, bei dem Jagdgute des
genannten Jagdherrn. In der Nähe davon ist der Lindenhof, eine
Ferienkolonie für arme, erholungsbedürftige Kinder protestantischer
Konfession; er ist eine Musteranstalt charitativen Zweckes, deren
Unterstützung warm zu empfehlen ist. Von schmerzlichen Gefühlen
wird jeder bestürmt, der früher ein Gast des Kunstmalers Lothar
Meggendorfer auf Gut Jägerhaus war und in dem stattlichen ehe-
maligen Ettaler Klosterrekonvaleszentenhaus bei unvergleichlicher
Rund- und Fernsicht unter lieben Menschen unvergeßliche Stunden
der Freude erlebt und heute nur mehr Brandruinen zur Höhe starren
sieht; das Gut wurde von Baron Busseck gekauft, das Hauptgebäude
selbst brannte ab und wurde nicht wieder aufgebaut; das Wohn-
haus steht jetzt im Tal bei der Bahnstation. Von Station Jägerhaus
steigt die Bahn immerfort an zu den Stationen Ort Kohlgrub und
Bad Kohlgrub. Auf dieser Strecke passierte 1900 am Vorabend der
Hauptprobe dem Extrazug der Journalisten das Mißgeschick, stecken
zu bleiben und drei Stunden nicht mehr vom Flecke zu kommen,
was gar manchem Herrn von der Feder sehr böse Bemerkungen
auf die Zunge legte, ja zum Teil sogar in den Festbericht diktierte.
Seitdem ist alles glatt abgegangen; daß gerade die Journalisten das
Glück der Stockung hatten, ist auch wieder ein Zeichen von der
„Bosheit der leblosen Dinge".
Bad Kohlgrub in wundervoller Lage (896 m), die einen
Ausblick nicht nur auf die bayerische Hochebene mit ihren
glitzernden Seen gestattet, sondern auf die ganze Gebirgskette vom
Wendelstein bis zum Grünten, ist kein Luxusbad, sondern ein echtes
Heilbad, welches in seiner Art einzig in Bayern dastehen dürfte,
indem es drei wichtige Heilfaktoren miteinander verbindet: das
denkbar reinste erfrischendste Höhenklima mit einer ausgezeichneten
Stahlquelle, das Kohlgruber Höhenmoor, ein reines Eisenmineralmoor;
demnach ist für Terrain-, Trink- und Badekur in unübertrefflicher
Weise gesorgt. In den Frühlings- und Herbstmonaten ist das Bad
besonders zu empfehlen bei Erkrankungen des Nerven- und Blut-
systems, der ganze Organismus erfährt eine w^ohltätige Anregung,
bei schweren Herzfehlern sei aber vor dem Bade gewarnt. Von
weitbekannter Bedeutung ist das Bad für Kinderkrankheiten, Bron-
chitis, Skrofulöse, Blutarmut und Bleichsucht und für Frauenkrank-
heiten.
Seit Aufblühen des Rodelsports hat Kohlgrub mit seinen treff-
lichen Rodelbahnen vom Hörnle herab auch im Winter großen Zu-
zug und ist zu einem bayerischen Sankt Moritz geworden.
Das Bad ging 1885 durch Kauf in die Hände der Herren
Faller imd Buchmüller über, die ein durchaus vornehmes und aber
keineswegs in den Preisen übertriebenes* Haus führen. Die jährliche
^Zunahme der Frequenz spricht mehr als alles andere für die Güte des
Bades und der Kuranstalt.
In neuester Zeit ergaben Nachforschungen am Hörnle das Vor-
handensein von Kohle, deren Förderung in Betrieb genommen wird.
— 142 -
Bei der Station Kohlgrub schneidet die Bahn die Straße nach
Saulgrub, Baiersoyen, Rottenbuch, Peiting, Schongau. Zwischen Saul-
grub und Baiersoyen wird der höchste Punkt bayerischer Staats-
straßen erreicht; die Bahn selbst bleibt seitwärts etwas davon zurück,
steigt aber doch bis zu 875 m, um nach Oberammergau wieder
32 m zu fallen; diese Partie ist sehr schön, noch schöner aber eine
Fußwanderung über die Bergsattelung, von welcher im Winter die
Bobsleighs heruntersausen nach Scherenau und Unterammergau. Auf
dieser Höhe schweift der Blick rückwärts bis zum Staffelsee, hinaus
in die oberbayerische Hochebene bis zum Starnberger- und den vom
Kloster Andechs überragten Ammersee^, begrüßt in der Nähe den
Peissenberg, während gegen Westen aus dem dunklen Tann das
ehemalige Kloster Rottenbuch herauslugt. Im Südwesten verlieren
sich die Trauchgauerberge in blauer Ferne, von Westen schaut das
einsame Forsthaus Nogg herüber; weiter ginge es zur „Wies" der
herrlichen Barockkirche und nach Steingaden, hier ist noch ein Stück
unverfälschten Urwaldes, der romantische „wilde Jäger". Unten im
Talgrunde windet sich die Ammer dahin; hinter dem freundlichen
Dörfchen Altenau ist an der Ammer ein Stauwerk angebracht und
wird das Wasser zum großen Teile auf hohem Viadukt weitergeleitet,
und zwar bis zu der Ammerbiegung: ,,Scheibum". Dort befindet sich
das Elektrizitätswerk, welches bis 1500 Pferdekräfte entwickelt, da
außer der Passionszeit der Betrieb der Bahn nur elektrisch ist. Von
Altenau weg wendet sich die Bahn wieder dem Südosten zu, und
zwar so weit, daß Oberammergau in der Luftlinie von Murnau
eigentlich nicht mehr als I1/2 Stunden entfernt ist. Nach der
Bahnstation Altenau liegt das ganze Ammertal vor uns; nach
Nordost vorgelagert sind die Hörnle und der Aufacker nun-
mehr in umgekehrter Reihenfolge, am äußersten Ende bemerken
wir wieder den schroffen Felsen des Ettaler Mandl; das Tal wird
abgeschlossen durch den breiten Rücken des Laber; gegen Südost
steigt das mächtige Massiv der Hohen Not empor, vor derselben
fällt uns sofort das Wahrzeichen von Oberammergau auf, der
Kofel, eine überaus charakteristische Bergfigur, von deren Höhe
weithin im Sonnenglanze ein Kreuz erstrahlt. Von dort kehrt unser
Blick in die Nähe zurück; die höchsten Erhebungen des langgestreckten
Höhenrückens sind der Kofel, der Zahn, der Hennenkopt, der
Pürschling und der Brunnenkopf. An dem Waldberg vor dem Pürsch-
ling bemerken wir einen rötlich schimmernden, stark abfallenden
Felsenhang, einen mächtigen Steinbruch. Die Wetzsteine, welche
dort gebrochen werden, gelten als; die besten ihrer Art und kommen
bis nach Ungarn hinab. Sie bilden die Haupteinnahmequelle der
Unterammergauer. Auf einem Hügel der „Hörnle"abhänge noch vor
Unterammergau liegt Kappel, d. i. Kapelle, die älteste Kirche im
Ammertal. Als die Rottfuhren auf der Handelsstraße von Italien
her nach Augsburg an den Samstagen auf dem „Warbüchel" in
Oberammergau Halt machten, fuhren sie Sonntags bis hieher zur
hl. Messe. Hier befindet sich ein Kelch, in dem der Sage nach einige
Tropfen Blutes des Herrn aufbewahrt geblieben seien. In Hohen-
schwangau bezw. Neuschwanstein die herrliche Darstellung der
Gralssage, in Ettal die Gralsburg mit den Gralsrittern, den Tempel-
— 143 —
eisen, hier in der Mitte der hl. Gral selbst. Sollte dadurch Jiiclit
Richard Wagner auf seiner Reise nach Oberammergau zu seinem
Parsifal angeregt worden sein?
Unterammergau war, wie das ganze Ammertal seinerzeit ein Be-
sitztum der Weifen, darauf weist auch der sogenannte Weifenhof
am Eingang des Dorfes. Unterammergau hat auch verschiedene Fres-
ken von Franz Zwink, „dem Lüftlesmaler" von Oberammergau.
(Hs.-No. 125, 96.) Die Pfarrkirche hat ein gutes Deckengemälde
wahrscheinlich von Gindter. Gute Gasthäuser sind der Schuhwirt,
Franzwirt (zur Sonne), Melber und zur Forelle. Der letzte Besitzer
der Schuhwirtschaft Hölderich hatte früher Reisen gemacht nach
Afrika und von dort her eine gute, sehenswerte Sammlung mit-
gebracht.
Auf dem Sandbüchel, den die Bahn durchschneidet, soll ein
Weifenschloß gestanden sein. Und nun liegt das ganze schöne Dorf
Oberammergau vor uns mit dem Hauptanziehungspunkt, dem Pas-
siontstheater im Vordergrund und auf der Höhe vor dem Kofel
schimmert Halbigs Kreuzigungsgruppe.
2. Hauptroute: M ü n c h e n— B u c h 1 o e— F ü s s e n—
Neuschwanstei n— L i n d e r h o f— O berammergau.
Einzusteigen ist bei Fahrt mit Postzügen in der Haupthalle des
Zentralbahnhofes. Bis Fürstenfeldbruck und Grafrath kann jedoch
auch noch vom Starnbergerbahnhof aus mit den Vorortszügen ge-
fahren werden. Bis Pasing gleicher Weg wie 1. Puchheim war
Uebungsplatz für Aviatiker und während des Feldzuges Gefangenen-
lager. Fürstenfeldbruck ist ein lieblicher Marktflecken an der Amper,
deren moorreiche, überaus milde Bäder (17 — 19«) berühmt sind und
besonders von Gichtleidenden besucht w^erden; in der Nähe ist das
ehemalige Zisterzienserkloster Fürstenfeld, wo der erste Kreuz-
schulkompositeur Püttrich lebte, mit einer der schönsten Barockkirche
nicht nur Bayerns, sondern ganz Deutschlands. Nach Norden er-
blickt man das idyllische Kirchlein von Puch, wo Kaiser Ludwig der
Bayer, der Stifter von Ettal, auf der Bärenjagd den Tod fand. Schöne
Spaziergänge führen an der Amper entlang zur ehemaligen Römer-
station Schöngeising, dem Sommeraufenthaltsort Orlando di Lassos,
und Grafrath (Graf Rassos Wallfahrtskirche). Die Bahn fährt eben-
falls nach Grafrath. Von Station Grafrath aus ist nur "/i Stunde
auf schönem Waldwege zum Dampfschiffsteg; mit Dampfschiffweiter-
fahrt Stegen— Diessen— Eisenbahn Weilheim.
Die Hauptbahn bleibt auf der Höhe und gestattet (links) ab-
wechslungsreiche Fernblicke ins Ampertal und auf den Ammersee,
überragt von dem Kloster Andechs auf stolzer Waldhöhe; im Hmter-
grunde grüßen schon die Oberammergauer Berge, Wetterstein und
'Zugspitze, im Vordergrund der Peißenberg. Bei Geltendorf kreuzt die
Fahrt die Bahnstrecke Augsburg — Weilheim (siehe dritte Route),
hier erblickt man das großartige Benediktiner Missionskloster
St. Ottilien mit lehrreicher afrikanischer Sammlung. Bei Kaufe-
ring führt eine der höchsten Brücken Bayerns über den Lech. Nach
Norden breitet sich das Lechfcld, Bayerns ehemals bedeutendster
Militärübungsplatz, aus, im Süden (links) sieht man in einstündiger
__ 144 _
Entfernung Landsberg, das sich, hingelagert an das steil ansteigende
Lechufer und bekrönt von der prächtigen Maltheserl<irche, dem
Bayertor und dem neuen, aber 'stilechten Institutsgebäude, wohl
in seiner Lage mit dem vielgerühmten Rothenburg o. T. messen
kann. Zu erreichen ist es in I4 Stunde Bahnfahrt aut der Zweig-
strecke Schongau. Beim Aussteigen aus dem Zuge erblickt man
in den Lechauen „den Mutterturm'*, den Hubert Herkomer, einer der
größten Maler unserer Zeit, zum Gedächtnis an seine in Lands-
berg gestorbene Mutter erbauen ließ. Herkomer selbst verweilte
in demselben alle Jahre als Sommergast in Landsberg; im Rat-
haus befinden sich zwei Bilder von ihm, die Magistratsräte und
das Gemeindekollegium, mit der ganzen Meisterschaft seiner
Porträtkunst gemalt, außerdem noch Fresken von Ferdinand von
Piloty: Stiftung des Spitals in Landsberg und Herzog Ernsts Be-
such, und Schwoiser: Ludwig der Bayer gibt Landsberg das ,, Salz-
recht" und Die Schweden in Landsberg. Herkomer ist in dem
zwei Stunden von Landsberg entfernten und durch das dortige
zum letztenmale 1921 gespielte Passionsspiel bekanntgewordenen
Waal geboren. Die Pfarrkirche in Landsberg enthält ein groß-
artiges Glasgemälde, Albrecht der Großmütige, eine Madonna von
Peter Candid und Kreuzabnahme Rubens, und hinter dem Hoch-
altar ein kunstvolles Grabdenkmal, ,,den Tod", aus Sandstein ge-
meißelt. Sehr interessant ist auch das Innere der Maltheserkirche
mit mächtigen Deckenfresken und ein Umgang um die Stadtmauern.
Die Lechstädte sind alle wohl der Besichtigung wert. So
ist der Endpunkt der Bahn, Schongau, ein wenig bekanntes Städt-
chen und enthält doch auch viel des Interessanten. In der Pfarr-
kirche befinden sich Bilder von Gindter, von dem auch die Decken-
gemälde der Oberammergauer und die Gemälde in der sehr schönen,
mit Wessobrunner Stukkaturen reich ausgestatteten Rottenbucher
Kirche stammen. Eine halbe Stunde von Schongau entfernt ist
das ursprüngliche Schongau, jetzt genannt Altenstadt; dort steht
heute noch die Tempelherrenkirche, die bedeutendste unter allen roma-
nischen Bauten Oberbayerns. Von Schongau führt die Landstraße
über das freundliche "Dorf Peiting, Rottenbuch (mit prachtvoller
Kirche) nach Bayersoien zur Station Saulgrub der Oberammer-
gauer Bahn.
Ein weiterer Weg führt über Steingaden mit ebenfalls schöner
Rokokokirche und sehenswertem Schlosse des Grafen Türkheim
nach Füssen und zu den Königsschlössern Hohenschwangau und
Neuschwanstein. Füssen, die dritte alte Stadt des oberen Lechs,
enthält in der ehemaligen Benediktinerklosterkirche Sankt Magnus
eine schöne romanische Krypta und in der Annenkapelle einen
nennenswerten „Totentanz" aus dem 17. Jahrhundert. (Ueber
Hohenschwangau und Neuschwanstein siehe Kapitel: Heimreise.)
Die Hauptbahn führt von Kaufering über Buchloe und Kempten,
das alte römische Campodunum, mit sehenswertem Museum, zuerst
durch das hebliche Illertal und dann ins Wertachtal nach Füssen.
An der Grenze bei Schönbüchl befindet sich die Ruine Falken-
stein, wo König Ludwig IL eine Burg erbauen woHte, die selbst
Neuschwanstein in den Schatten gestellt hätte; das Modell ist
— 145 — 10
in Neuschwanstein aufbewahrt. Von Neuschwanstein können wir
über den Jägersteig nach dem Ammerwald und Linderhof, über
Plansee-Linderhof oder über Steingaden-(Wies)-Nogg nach Ober-
ammergau gelangen. (Näheres darüber siehe weiter Kapitel:
Heimreise.)
3. Hauptroute: Augsburg — Ammersee — Weilheim.
Augsburg, das stolze Augusta Vindeiicorum der Römer,
wird nur zu häufig wegen der Schwesterstadt München überfahren,
obwohl es kostbare Schätze der Kunst enthält und außerdem ein
außerordentlich reges Leben entwickelt. Firmen, wie Riedinger,
Lotzbeck etc. sind weltberühmt und ist mit erstgenannter Firma
die Entwicklung der Luftschiffahrt unserer Tage eng verbunden.
Der Rathaussaal, erbaut von Elias Holl, „goldener Saal" genannt,
ist einer der schönsten Prunkräume, die Maximiliansstraße mit ihren
kunstvollen Brunnen und dem mit Fresken reich geschmückten
F.uggerhaus eine der schönsten Straßen Deutschlands. Die würdigen
Abschlüsse dieser stolzen Straße bilden: Die Ulrichskirche mit dem
englischen Gruß von Rottenhammer und einer Madonna von Peter
Candid und der Dom' mit seinen fast tausend Jahre alten Bronzetür-
flügeln, glanzvollen Glasgemälden, den Grabdenkmälern der Bi-
schöfe von Augsburg, kostbaren Reliquienschreinen und einem leider
nicht ganz erhaltenen, erhaben wirkenden alten Christusbild, endlich
eine neuere ungemein anmutige Kindergruppe um den hl. Canisius
von Bildhauer Busch. Unzählige, unvergleichliche Kunstschätze eines
Hans Holbein, Lukas Kranach, Rugendas, Dürer, Nordemar, Burgk-
mair befinden sich vielfach ungesehen und tief verborgen und treu
gehütet in den alten Patrizierhäusern der Stadt. Viele davon sind
nun in dem neuerrichteten Maximiliansmuseum untergebracht, einige
in die Pinakothek nach München gebracht worden.
Eine Fahrt von Augsburg nach Oberammergau kann sich mit
Kaufering — Landsberg — Schongau oder mit Buchloe — Kempten —
Füsser an Route 2 anschließen; die nächste Route führt über
Geltendorf nach Weilheim. Von Geltendorf weg gelangt man nach
dem schon in Route 2 benannten Sankt Ottilien, von da nach Greifen-
berg, dem Heimatschlosse der beiden Schriftsteller von Pertall.
Bald darauf säumt der Schienenweg das Westufer des Ammersees
und bleibt ihm treu bis nach Diessen.
Vom jenseitigen Ufer grüßt von hoher Warte das Benediktiner-
kloster Andechs herüber; die Mutter der hl. Elisabeth war eine Gräfin
von Andechs.
Diessen ist schön an einen Bergrücken liineingelagert. Von
den Diessener Höhen hat man weite umfassende Ausblicke an
den See und nach Süden bis Weilheim und die Hochgebirgskette.
Von Diessen weg begleitet die Bahn die von Ammergau kom-
mende Ammer und mündet in Weilheim in Wegroute 1 ein.
— U6
10. KAPITEL.
Der Ort.
Oberammergau liegt
862 m über dem
Meeresspiegel, also um
162 m höher als Gar-
misch, da wo die Am-
mer, ein Nebenfluß der
Isar, mit einer scharfen
Biegung nach Nord-
westen aus dem Gras-
wangtal heraustritt. An-
fangs scheint die Am-
mer dem Leche zuzu-
streben, wird aber
durch die Höhen bei
Scheibum nach Norden
und dann durch den
Peißenberg nach Osten
gedrängt. Von Weil-
heim weg dringt sie
immer siegreich nach
Norden vor und mün-
det bei Diessen in den
Ammersee. Schon bei
Weilheim wird der
Fluß volkssprachlich
Amper genannt, geo-
graphisch aber erstnach
seinem Wiederaustritt aus dem Ammersee. Die Amper fließt
an Fürstenfeldbruck und Dachau vorüber und erfreut sich
als vortreffliches Badewasser besonders gegen Gichtleiden,
da sie sehr moorhaltig und weich ist, besten Ruhmes. Sie
Alte Ammergauer Tracht
— 147
10"
mündet bei Isareck unterhalb Moosburg in die Isar, mit der
sie bereits ein Kanal oberhalb Moosburg in Verbindung
bringt.
Oberammergau ist tief eingeschlossen in die Berge des
Ammergebirges; nach Norden sind die drei Hörnle und der
Aufacker vorgelagert, nach Osten der Laber mit dem Ettaler
Mandl, nach Süden die Not und die Berge des Graswang-
tales, nach Westen und Nordwesten der Höhenrücken des
Sonnenberges bis zum Pürschling und den Trauchgauer
Bergen. Dem Anbeginn dieses Rückens ist der Kofel vor-
gelagert, der Oberammergau beschattet und häufig mit dem
Ettaler Mandl verwechselt wird, das man in Oberammergau
selbst gar nicht sieht, sondern erst außerhalb Ettal. Vom
„Kofelweibl" holt man aus der „Kofelküche^^ die kleinen
Kinder zu Tale. (Kofel, Kobel, Kuppe, Koppe = einzeln
stehender kleinerer Vorberg.) Nach dem Kofel hatte der Ort
schon zu Römerszeiten den Namen. Am Fuße des Kofels
befand sich die Reisestation ad Coveliacas zwischen Part-
hanum, dem heutigen Partenkirchen, und Abodiacium, Epfach
am Lech, auf der Römerheerstraße, die von Verona nach
Augsburg führte und später zur Handelsstraße wurde, zur
sogenannten Rottstraße. Das Tal gehörte zu Vindelicien; im
Mittelalter gehörte der Gau den Weifen und kam 1167 durch
Kauf an Friedrich Barbarossa. Dessen letzter Nachkomme,
der unglückliche Konradin, vermachte den Ammergau seinem
mütterlichen Oheim, dem Bayernherzog Ludwig dem
Strengen, dem Vater des Stifters von Ettal, Ludwig des
Bayern. 1632 kamen die Schweden in das Tal und ermordeten
in Ettal den Pater Joseph Heß und den Organisten. Das
Jahr darauf brach die Pest aus, welche zu dem Passions-
gelübde Veranlassung gab. Auch in dem spanischen Erb-
folgekrieg und in den Napoleonskriegen hatte Ammergau
öfter kriegerische Durchzüge. Am 12. Juli 1800 wurde der
Ort von den Franzosen beschossen (noch hängen Kugeln
in der Pfarrkirche) und besetzt. Ein Franzose bestieg am
22. Sept. den Kofel und fand durch Absturz seinen Tod.
Oefter noch mußte man schwere Kriegskontributionen über
sich ergehen lassen. 1817 brachte die schwere Brandkata-
strophe, der 39 Anwesen zum Opfer fielen, 1844 wurden
24 Familien durch Brand obdachlos. Dazu kommen noch
die zahlreichen Hochwasserkatastrophen nicht nur durch
— 148 -
Ueberschwemmung durch die Amper, sondern namentlich
durch den sonst so harmlosen Leinebach. Zahlreiche Häuser
vom oberen Dorf haben heute so tiefliegende erste Stock-
werke und Hauseingänge, weil die Bodenfläche um das Haus
durch Ueberschwemmungen bei Hochwasserkatastrophen auf-
geschüttet wurde.
Anton Lang (Christusdarsteller) bei der Arbeit in seiner Töpfer-Werkstätte
So hat es in Oberammergau niemals an Heimsuchungen
gefehlt und es hat immer noch gewußt, wie es sein über-
schüssiges Geld anlegen soll. (Siehe Kapitel : Die Geldfrage.)
Es ist lächerlich, die Einwohnerschaft von Oberammer-
gau als schlichte Bauern zu bezeichnen; es hieße das gewiß
für sie keine Schande, wenn sie es in der Tat wären, aber,
was einmal nicht ist, soll man nicht gewaltsam aufrecht
halten wollen. Die Bewohner von Oberammergau waren
von Alters her nicht ausschUeßhch Bauern; dazu wären ja
schon nicht hinreichende, zu bebauende Grundstücke vor-
handen, auch nicht Holzer, dazu war in früheren Zeiten der
149
Holzbedarf zu gering. Der Erlaß des Kaisers Ludwig des
Bayern von 1332, der den Ammergauern die Warennieder-
lage der Rottfuhren, die von Innsbruck nach Augsburg
gingen, genehmigte und schützte, spricht schon nicht allein
von der „paurschaft^^, sondern setzt ihnen die „Bürger"
voraus. Die Einwohner von Oberammergau waren von alters-
her Schnitzer und die meisten trieben nur nebenbei Oeko-
nomie; wirkliche Bauern zählt auch heute noch der Ort
kaum ein halbes Dutzend. Wenn mit der Zeit sich der Orts-
wohlstand so gehoben hat, weniger durch das Passionsspiel
als durch die Hausindustrie und Holzverwertung, daß heute
die Zahl der Kühebesitzer jene der Ziegenhalter überflügelt
hat und täglich früh morgens auf den Ruf des Alphorns
hin eine stattliche Herde Großvieh des für den Bergweide-
betrieb nur brauchbaren leichten und gedrungenen Werden-
felserschlags zur Dorfweide hinauszieht, so kann immer noch
nicht von Bauern geredet w^erden, denn die meisten Oeko-
nomie treibenden Einw^ohner besitzen nur ein oder zwei Stück
Vieh. Es ist also auch keine Rede von einer üblichen Bauern-
tracht. Die Schößenröcke und Hüte der Männer, wie die
Pelzhauben und Ringelhauben der Frauen, die jetzt aber ganz
abgekommen sind, sind bürgerliche, nicht bäuerliche Tracht.
Die Oberländertrachten mit kurzen Hosen der Männer und
Miedern der Frauen wurden erst in der letzten Zeit durch
die Volkstrachtenvereine in den Ort gebracht und sind nicht
bodenständig.
Daß die Bewohner von Oberammergau von altersher
schon Schnitzer waren, läßt sich geschichtlich vollständig
nachweisen.
Es ist erw^iesen, daß Abt Ulrich von Rottenbuch aus
im Jahre 1111 den Chorherrn Eberwein nach Berchtesgaden
zur Stiftung eines neuen Klosters entsandte und daß dieser
bereits schon zur Fertigung des Hausrates Schnitzer von
Oberammergau mitbrachte; demnach ist wohl anzunehmen,
daß das Kloster Rottenbuch selbst die Schnitzkunst einge-
führt hat. Diese wurde vom Kloster Ettal w^esentlich geför-
dert, indem die Wallfahrtsgegenstände, Kreuzchen, Madonnen,
Bilderrahmen u. a. dorthin geliefert wurden. Zu größerem
Aufschwamg kam die Schnitzkunst erst im 17. Jahrhundert
mit den Familien Feistenmantel, Eyrl, Veit und Rutz, welche
letztere zwei Firmen heute noch existieren. Das kurfürstlich
150
pfalzbayrische Intelligenzblatt vom Jahre 1800 verzeichnet
mehrere im Ausland zu hohen Reichtümern gekommene
Oberammergauer. Als berühmteste nennt es Georg Echtler
und Martin Echtler, die in Gothenburg in Schweden eine
Spiegel- und Tabakfabrik errichteten. Joseph Daser in Pe-
tersburg erhielt von der russischen Kaiserin das Monopol für
den Handel mit Galanterien und den russischen ReichsadeL
Außerdem waren im Besitz von Adelsbriefen die Widder,
Ruez, Feistenmantel und Hohenleitner. Von den Ruetz stam-
men die heutigen Rutz ab.
Georg Lang gründete sein Geschäft erst 1775, wußte
es aber durch große Energie und weite Reisen, die er nach
damals allgemeinem Schnitzerbrauch mit der „Kraxe^^ auf
dem Rücken unternahm, immer weiter auszubreiten. Vorerst
aber waren noch die Häuser Rutz und Veit die handels-
kräftigsten Firmen, mit Georg Rutz und Hermann Veit. In
den Vierzigerjahren führten Mangold die Glasmalerei, Georg
Zwink die Furnierschneidekunst und Kunstschreinerei ein.
Die Firma Heinrich Rambold in Murnau bemüht sich bestens,
dort die Ammergauer Glasmalerei wieder aufleben zu lassen.
Spielwaren lieferten besonders Heinrich Zwink, Georg
Bauhof er, Vinzenz Veit. Von 1850 an hatte Georg Zwink,
genannt „zum Bader'', der ins Kgl. Schloß Hohenschwangau
das Hochzeitsgeschenk der Gemeinde Oberammergau, eine
kunstvolle Kassette lieferte, das erste Haus am Ort; Haupt-
abnehmer war die Firma Stuffer in Baden-Baden, die nament-
lich viel Schnitzwaren nach Frankreich lieferte. Stuffer trat
mit Lang in verwandtschaftHche Verbindung. Von dieser Zeit
an datiert der Aufschwung dieser Firma. Johann Evangelist
Lang, der Vater des Bürgermeisters Lang, knüpfte schon
vorher mit großen Handelshäusern Geschäftsverbindungen
an, besuchte die Frankfurter Messe usw. So wuchs das
Geschäft immer mehr und gewann den meisten örtlichen
Einfluß. Neben der Firma „Lang selige Erben" haben aber
noch verschiedene andere „Verleger'' sich als angesehene
Firmen erhalten und neu sich zu solchen emporgeschwungen,
z. B. Oskar Zwink, Ludwig Veit, Dominikus Schilcher, Joseph
Reiser, Eduard Lang, Seb. Schauer, Balthasar Keller, Rob.
Steidle, Johann Bauer. Hervorragend sind die Abendmahls-
darstellungen von dem verstorbenen Sebastian Lang, Groß-
- 152 —
vater des Münchner Bildhauers Otto Lang und des ehemaligen
Musikdirigenten Eduard Lang (eine solche befindet sich in
der Residenz zu Stuttgart), und die „Guten Hirten^' von
Andreas Bierling. Nunmehr werden die Abendmahle und
Guten Hirten besonders von Andreas Lang und seinen Söhnen
ausgeführt. Auch Tiere und profane Figuren werden von
ihnen in sehr guter Ausführung hergestellt. Vater Deschler
schuf früher sehr hübsche Krippenfiguren; Anton Lechner,
Zeichenlehrer an der Schnitzschule hat besonders humor-
volle Gruppen zeichnerisch und bildhauerisch hergestellt.
Einen der besten Christuskorpusse in größten Ausmaßen
lieferte der verstorbene Andreas Braun, sehr gute Statuen-
fertiger sind Joseph Albrecht, Emanuel Lang und Guido
Mayr. Es ist nicht möglich, an dieser Stelle jeden einzelnen
zu nennen. Von der jüngeren Generation seien besonders
genannt Wilhelm Lechner, der hochtalentierte Sohn des Anton
Lechner, und der gegenwärtige geniale Spielleiter Georg
Lang. Beide wetteifern in Entwürfen und Ausführung neuer
eigenartiger Schöpfungen und haben sich schon öfter beide
bei Konkurrenzen L und 2. Preise und ehrenhafte Erwäh-
nungen errungen. Wilhelm Lechner hat die Akademie in
München besucht. Seine kleinen kunstgewerblichen Arbeiten
haben Aufsehen erregt und fanden in verschiedenen Zei-
tungen ehrenvolle Erwähnung; wir finden solche ausgestellt
im Hause seines Vaters Hs.-No. 13. Er ist aber auch in
größeren Arbeiten tätig, z. B. in Fassademalereien. — die
Malerei an der Vereinsbank ist von ihm, — in Kirchenarbeiten
und in der Grabmalkunst. Vorzüglich sind auch, an alte
Holzschnitte erinnernd, seine Entwürfe zum Ammergauer
Notgeld, sehr gelungen und originell auch die Georg Längs.
Seiner Arbeiten ist schon bei seiner Erwähnung als Spielleiter
gedacht. Aber auch bei den Jüngsten finden wir schon
treffliche aufkeimende Talente, die in der Schnitzschule heran-
gebildet und vorzüglich künstlerisch gefördert werden. So
hat z. B. der Schäfflerssohn und Schnitzschüler Theodor
Hohenleitner unlängst einen Christuskorpus geschnitzt, der
nicht nur die Freude seines Lehrers, sondern die Bewun-
derung aller Kenner und Kunstfreunde erregte. Es ist von
jeher ein wesentliches Verdienst der Schnitzschullehrer ge-
wesen, gute Talente aus der Schule herauszubringen; so
entstammten der Ammergauer Schnitzschule Künstler wie
- 153 —
Zeno Diemer und Otto Lang und auch der jetzige Schnitz-
schuldirektor sieht seine schönste Aufgabe darin, den Ruhm
der Schule zu wahren, das notwendige Handwerksmäßige
zu pflegen, aber auch ferner zu wirkhch originellen und
persönlichen Kunstleistungen anzuregen.
Oberammergau, Schnitzschule
Die Fachschule Oberammergau wurde schon 1800 von
Benefiziaten Unhoch für Schnitzer, Postamenten- und Rah-
menmacher, Glas- und Faßmaler, sowie Wachspoussierer ins
Leben gerufen in Form eines Zeichenkurses. Durch eine
Zustiftung des Landrichters Allioly erfuhr die Schule eine
weitere Förderung und wurde 1869 reorganisiert und in drei
Zeichen- und einen Modellierkurs eingeteilt. Im jähre 1878
wurde ein Schnitzkurs angefügt und die Schule so zur Tages-
fachschule umgestaltet. Die Anstalt ist der Regierung von
Oberbayern untergeordnet und steht unter unmittelbarer Auf-
154
sieht des Bezirksamtes Garmisch. Sie hat zunächst den
Zweck, die in der Gemeinde seit Jahrhunderten heimische
Schnitzindustrie zu fördern und bietet außerdem jungen
Leuten jedweden gewerblichen Berufes Gelegenheit, sich
die notwendigen zeichnerischen Fähigkeiten anzueignen.
Die Teilnahme am Unterrichte der Fachschule ist zu-
nächst den Gemeindeangehörigen gestattet und derselbe un-
entgeltlich, doch finden sich auch auswärtige Hospitanten
ein, namentlich in den Zeichenkursen.
Die Schule wurde im letzten Jahre von 26 Schnitz-
schülern und 9 Hospitanten der 4 Schnitzkurse besucht. Die
Modellierschule besuchten 40 Schüler, den Faßmalunterricht 10,
den Zeichenunterricht der Volksschule 82, der gewerblichen
Fortbildungsschule 47 und die Abendkurse für Gehilfen und
Lehrlinge 33, im ganzen also 247 Schüler. Den Zwecken
des Unterrichtes dient eine große Sammlung von Modellen,
graphischen Werken der Kunst und des Kunstgewerbes,
sowie auch alte Vorbilder der Ammergauer Schnitzkunst.
Im Fachunterricht für andere Gewerbe stehen eine Reihe
von Spezialwerken zur Verfügung, namentlich Holzmodelle
für Schreiner und andere Handwerker.
Erster Zeichen- und Schnitzlehrer war der als Christus-
darsteller berühmt gewordene Tobias Flunger, doch hatte
damals der Unterricht rein lokalen und persönlichen Cha-
rakter und nur praktische Einführung in die Hausindustrie
zum Hauptziele. Das größte Verdienst für Hebung der Schule
zu künstlerischer Höhe und pädagogisch-methodischer Plan-
mäßigkeit hatte sein Nachfolger, Schnitzschuldirektor Ludwig
Lang.
Schnitzschuldirektor Ludwig Lang, geborener Ober-
ammergauer, besuchte in München die Akademie, war 13
Jahre im Atelier von Sickinger und Knabl; er führte anfangs
den Titel: „Zeichenlehrer'', dann „Vorstand" und schHeßlich
„Direktor". Die meisten von den Schnitzern Oberammer-
gaus und manche bedeutende Künstler außer dem Ort, z. B.
Otto Lang, Zeno Diemer, verdanken ihm ihre erste Aus-
bildung. Eine starke Energie und unerbittliche Strenge gegen
sich selbst wie gegen seine Zöglinge, und das waren nicht
nur seine "Schnitzschüler, sondern auch alle Passionsspieler,
zeichneten seinen Charakter von jeher aus. Der Ruhm Ober-
— 155 —
ammergaus war sein einziges Streben nicht nur als Leiter
der Spiele, als welcher er schon an anderen Stellen gewürdigt
wurde, sondern auch als Schnitzschulvorstand. In uneigen-
nützigster Weise ging er, und geht auch heute noch den
Schnitzern und Verlegern mit Rat und Tat an die Hand. Sein
Urteil gilt heute noch hoch. Nach vierzigjähriger Tätigkeit
wurde Ludwig Lang 1914 unter Anerkennung seiner Ver-
dienste und Verleihung des Michaelordens in den Ruhestand
versetzt. Sein Andenken bleibt für alle Zeiten mit der Schule
und seinen Schülern aufs ehrenvollste verknüpft.
Nach ihm kam Professor Jakob Bradl, durch und durch
eine Künstlernatur, die im engen und strengen Rahmen der
Lehrtätigkeit an der Schnitzschule nicht sich ausleben und
Genüge finden konnte. Eine große Zahl hochkünstlerischer
Werke überdauern ihn außerhalb Ammergau, so zum Bei-
spiel der Entwurf des Wittelsbacher-Brunnens in Passau, der
hl. Ulrich in Dillingen, Jakobus und Martinus in Weißmain,
der Winthierbrunnen in Neuhausen, das Rathauseckrelief in
München mit der Postkarosse, seine gelungenen humorvollen
und charakteristischen Marionettenköpfe und Entwürfe für
Glasgemälde, Kalenderzeichnungen, Neujahrskarten. Seine
bildende Kunst, die von einer lebensvollen Erneuerung der
Gotik ausging, hatte keine Grenzen; dabei war er ein treff-
licher Komiker, Festarrangeur, Marionettenspieler und dabei
persönlich ein liebenswürdiger, jovialer Mensch und Cha-
rakter. Er war Schüler seines Vaters Jak. Bradl und von
Syrius Eberle. Sein Bild hat Leo Samberger in einem meister-
haften Porträt festgehalten. Bradl erlag in Ettal am 17. Ok-
tober 1919 einem Schlaganfall und liegt im Moosacher Fried-
hof in München begraben.
Hatte im Leben Bradls der ungezwungene freischaffende
Künstler gegenüber dem strengen Fachlehrer das Ueber-
gewicht, so fand er in Professor Josef Faßnacht einen Nach-
folger, der hochbedeutende persönliche Künstlerschaft mit
großem Lehr- und Verwaltungsgeschick verbindet; mit ihm
kam wieder der rechte Mann an den rechten Ort.
Professor Joseph Faßnacht, der in keiner Weise mit der
herumziehenden Passionsspielerfamilie gleichen Namens ver-
wandt ist, ist am 11. Januar 1873 in Mittelstein in Unter-
franken geboren und arbeitete sich aus eigenen Kräften und
— 156 —
mit eigenen Ersparnissen vom Bildhauerlehrling von Würz-
burg zu einem hervorragenden Meister empor. An der Aka-
demie in München, deren vormittägiger Besuch ihm nach-
mittägige Lehrlingsarbeit erringen mußte, erwarb er sich die
kleine und dreimal die große silberne Medaille und endlich
für die wundervolle Darstellung einer säugenden Mutter den
Staatspreis von 2400 Mk., der ihm einen neunmonatlichen
Studienaufenthalt in Italien ermöglichte. Zurückgekehrt schuf
er in dem AteHer, in dem schon Pilotys Wallenstein erstand,
zahlreiche mit ersten Preisen ausgestattete Werke z. B. die
hl. Barbara als Patronin der Artillerie für Prinzen Leopold
V. Bayern, einen büßenden Tannhäuser für Prinz Georg von
Sachsen, eine Kreuzigungsgruppe für die Elisabethenkirche
in Nürnberg, eine herrliche Gruppe „Mutterglück^^ für die
Schweiz, und zahlreiche Büsten, darunter für den Prinz-
regenten Luitpold und Prinz Leopold von Bayern, Denkmäler
und Kleinplastiken, die in alle Weltteile zerstreut sind. Dem
Passionsspiel weihte er in einer „Ambronia^^ eine v/eib-
liche Personifizierung Oberammergaus von künstlerischer
Schönheit und Vornehmheit. Als Mitglied der Münchener
Sezession und Vorstandsmitglied der freien Vereinigung
Münchener Künstler erwarb er sich große Verdienste für
die künstlerische Ausgestaltung- ihrer Feste; im Künstlerunter-
stützungsverein, im Wirtschaftsverband bildender Künstler,
im Verein der deutschen Künstler im Ausland, arbeitete er
in selbstlosester Weise mit. So vereinigte er die idealen
Eigenschaften eines Künstlers mit den realen eines wirt-
schafthchen Organisators, eines vortrefflichen Lehrers und
eines strengen gewissenhaften Erziehers. Ihm stehen zur
Seite als tüchtige Lehrer Christian Wittmann, Fachlehrer für
Schnitzen und Modellieren, Anton Lechner, Fachlehrer für
Freihand- und Fachzeichnen, Schnitzen und Faßmalen,
Ammersbach Otto, Offiziant zur Unterweisung der Schüler in
Schreinerarbeiten und im Zurichten der Uebungsstücke.
Bedeutende Künstler wenden der Schule ihre ständige Auf-
merksamkeit zu wie Dasio, Wadere usw. Die Fachschule
soll zu einer Schule für christliche Kunst ausgebaut werden.
Die Schule und ihr Betrieb ist eine Sehenswürdigkeit; sie
wird gerne allen Interessenten gezeigt.
Bis 1909 befand sich dieselbe in den Räumen der
provisorischen Volksschulabteilung Hs.-No. 120 am Eingang
- 157 —
zum Dorf auf der Ettaler Landstraße; sie war ein Bau, der
in seinem Aeußeren sich nicht über eine Werkstätte erhobt
im Innern, was Licht und Geräumigkeit betrifft, aber nicht
mehr genügte.
Nachdem am 3. JuH 1908 gelegentlich einer Inspektion
der Schule durch den damaligen Referenten, Herrn Kgl.
Ministerialrat Dr. Jul. von Blaul und den Herrn Kgl. Re-
gierungsrat Brinz die näheren Bestimmungen über den Neu-
bau einer Fachschule festgestellt waren, wurde den Herren
Architekten Franz Zell und Huf in München die Ausarbei-
tung der Pläne übertragen und konnte schon Mitte August
der Bau begonnen werden.
Vollendet und eröffnet wurde dieselbe am 31. Okt. 1909.
Dieselbe kostete über 100,000 Mark und ist ein Musterbau
auch in fachtechnischer Hinsicht. Die Lehrmittel sind eben-
falls in mustergültiger Weise beschaffen, wie der Gemeinde
auch bezüglich der Volksschule das Zeugnis ausgestellt wer-
den darf, daß sie in dieser Hinsicht kein Opfer scheute. Zur
Schule haben freilich auch Distrikt und Staat reichlich bei-
gesteuert: der Landtag hatte hiezu 80 000 Mk. Staatsmittel
bewilligt, die Gemeinde leistete 40 000 Mk. Beihilfe. Außer-
dem erhalten begabte Schüler und die Schule selbst fort-
laufend Zuwendungen aus der Witteisbacher Landesstiftung,
einer hochherzigen Stiftung König Ludwigs II. zur Hebung
der Kunst und des Kunstgewerbes, aus Kreisfonds und einer
Passionsstiftung von 10.000 Mk. Auch Gönner und Freunde
der Schule haben mehrfach Stiftungen und Geschenke der
Schule zukommen lassen. Eine reichhaltige Bibliothek ver-
vollständigt den Lehrmittelschatz der alles Lob verdienenden
Schule.
Eine künstlerische Fachschule verdient auch künst-
lerischen Schmuck, der sich hier an der Außenfassade wie
in den Innenräumen ebenso stimmungs- und wirkungsvoll
als stilvorbildlich für Ort und Zweck erweist. Den Zweck
dokumentieren in würdigster Weise schon die schöngeschnitz-
ten Portale und noch mehr kennzeichnet ihn der originelle
Stiegenaufbau im Vestibül, der mit geschnitzten Fruchtkörben
auf seinen Pfeilern gekrönt ist, und dessen Füllungen die
verschiedenen Zweige der Schnitzkunst und deren jeweiligen
weltlichen wie religiösen Charakter originell veranschaulichen.
— 158 —
Am Anfang des Stiegenhauses fesselt unseren Blick aber
auch ein bedeutenderes Kunstwerk, die wundervolle Skulptur
einer säugenden Mutter. Schnitzschuldirektor Faßnacht hat
das Werk in den Raum gestellt und ihm damit eine Zierde
ersten Ranges gegeben, mit welchem er sich seinerzeit den
Reifepreis der Akademie erworben hat.
Im Erdgeschoß befinden sich die Räume zum Model-
lieren; darüber sind zu ebener Erde die Lehrsäle für den
Modellier- und Schnitzkurs und die Schnitz- und Schreiner-
werkräume. Im ersten Stock befinden sich die Zeichensäle
und die Lehrzimmer, von denen namentlich das Zimmer des
Direktors ein überaus trauliches, reizendes Interieur darbietet.
Von allen Räumen, die sehr hoch und lichtvoll sind, genießt
man eine köstliche Aussicht einerseits auf das Unterammertal,
anderseits auf den Laber und das mächtige Massiv der Not.
In sehr geschickter Weise ist in den Dachraum der Ausstel-
lungssaal eingefügt, ohne daß man das geringste Gefühl hat,
sich auf dem Dachboden zu befinden. Hier sind nun die
Gegenstände der permanenten Ausstellung untergebracht
Vvie das früher im sogenannten „alten Zeichnungssaal^^ des
Schulhauses geschehen war. Die ausgestellten Gegenstände
wirken inmitten der überwältigenden Ausblicke auf eine große
Bergnatur dennoch mit hohem künstlerischen Ernst und
zeigen, daß die Oberammergauer Schnitzerei weit über
dem Bereich des rein Handwerksmäßigen steht. Stili-
stische Auffassung, gutes Aktstudium zeigen von den Grund-
elementen einer strengmethodischen und künstlerischen Er-
ziehung. Auch die verschiedenen Stilperioden und Stilver-
suche der letzten Jahrzehnte können in dieser Ausstellung
verfolgt w^erden.
Den besten anschaulichen Einblick in die historische
Entwickelung der Schnitzkunst im Orte vom Anfang an
gewinnt man aber durch den Besuch des Schnitzerei-
museums, mit dessen Gründung sich der unlängst verstor-
bene Kommerzienrat Guido Lang sein schönstes bleibendes
Denkmal gesetzt hat.
Um die künstlerische Vergangenheit Oberammergaus im
Rahmen einer Sammlung festzuhalten, zum ehrenden Gedächt-
nis den Vergangenen und zum Vorbild und zum Studium
den jungen Schnitzern von heute, unternahm es Verleger
— 159 —
Guido Lang, dieses Museum für Oberammergauer Schnitz-
kunst zu schaffen. Die MögHchkeit hiefür war wohl allein
für dieses umfangreiche Handelshaus gegeben; denn in
den 170 Jahren, in denen sich die Familie mit der Schnitzerei
und dem Vertrieb von Oberammergauer Erzeugnissen be-
faßte, hatte sich ein Stock von unverkauft gebliebenen Arbei-
ten aufgestapelt, — dem sich die große Reihe auser-
wählter Muster und Modelle beigesellte — , der wohl geeignet
Oberammergau, Museum
war, eine geschlossene Uebersicht über die künstlerische
Entwicklung der letzten beiden Jahrhunderte zu geben. Ein
großer und zielbewußter Sammeleifer ergänzte das Material
bis in die ersten Zeiten der heimischen Kunst. Nun aber
galt es, auch große finanzielle Opfer zu bringen: der Grund-
erwerb und der Bau erforderten nicht weniger als 75 000 Mk.
In dem Münchener Architekten Franz Zell fand Guido
Lang wiederum einen verständigen und eifrigen Mitarbeiter;
nach seinen Plänen erstand der Bau, der heute dem Orte zum
Schmucke gereicht. Der Westfront desselben ist eine Säulen-
halle vorgebaut; vier Säulen aus rotem Sizüianer Marmor,
160
die König Ludwig II. seinerzeit für 11000 Mark angekauft
und zum Bau eines Jagdschlößchens bestimmt hatte, tragen
einen Balkon, dessen Balustrade vier Nachbildungen der
„Vier Jahreszeiten'' zeigen, die Georg Lang zu Ende des
18. Jahrhunderts für ein Uhrgehäuse geschnitzt hatte. Die
Nordseite des Baus ziert ein großes Freskogemälde von Pro-
fessor Wahle-München; es stellt die große Zeit Oberammer-
gaus dar, jene Zeit der Rottstraße, die die Reichtümer
Venedigs über Oberammergau nach dem Norden schaffen
ließ. Das reiche Portal der sich links von der Freskowand
anschließenden Kirche bildet zugleich den Haupteingang ins
Museum.
Wir treten in die Kapelle: sie birgt hauptsächlich größere
kirchliche Arbeiten; als Mittelstück des Altars einen Taber-
nakel mit Reliquienschreinen und eine hübsche Pieta-Gruppe,
aus der jetzigen Oberammergauer Kirche stammend und
von den Erben des verstorbenen Bürgermeisters Josef Mayr
dem Museum überlassen; gleich links am Eingang ein
kleines „Heiliggrab" von dem Lüftlesmaler Franz Zwink.
Unter den übrigen Figuren zeichnet sich besonders eine
überlebensgroße Maria unterm Kreuze und ein Christus
aus der Mitte des 18. Jahrhunderts durch lebendige Auf-
fassung und Schönheit der Formen aus. Auf der Galerie
sehen wir eine sitzende Madonna mit Jesukind aus dem
15. Jahrhundert.
Raum 1 umfaßt eine Sammlung Christuskörper und
Kruzifixe sowie Reliquienkreuze von den einfachsten bis
zu den besten Arbeiten.
Raum 2 kleine Heiligen-Figuren, sowie eine große
Sammlung von Modellen für Wachsbossierarbeiten mit
einigen fertigen Abgüssen; sehr bemerkenswert sind sechs
ReHefs in Birnbaum aus dem 16. Jahrhundert.
Raum 3 ist eine alte Oberammergauer Schnitzstube
mit großem grünen Kachelofen, hinter welchem die kleine
Treppe in das Schlafzimmer führte. Die ganze Stube wurde
aus dem bescheidenen Häuschen Thomas Rendls, eines der
trefflichsten Passionsspieler, entnommen.
Raum 4 zeigt uns die erloschene Oberammergauer In-
dustrie: die Malerei auf Glas; ein Bild fesselt als Selbst-
porträt des Glasmalers J. Mangold, das von seinem Enkel
— 161 -- 11
Otto Mangold dem Museum überlassen wurde. An den
Wänden des Treppenhauses, welches uns in das zweite Stock-
werk führt, findet sich eine Sammlung- alter Stiche und Bilder
aus Oberammergau und Umgebung, hauptsächlich auch von
den Passionsspielen, dessen Bühnen- und Kostümentwicklung
sie illustrieren, dem Kloster Ettal, und aus verschiedenen
Hausfresken am Ort, Unterammergau und Mittenwald.
Raum 5 ist ein altes Oberammergauer Schlafzimmer mit
Himmelbett. Wir gelangen nun zu einer Sammlung kleiner
Oberammergauer Krippen mit teils geschnitzten, teils ge-
kleideten Figürchen, mit Köpfen aus Wachs; zwei Krippen,
wohl die seltensten ihrer Art, zeigen auf Papier gemalte
Figuren, die von dem Lüftlesmaler Franz Zwink stammen.
In Raum 7 sind ein alter Oberammergauer Ofen und
eine eingelegte Kommode von Unhoch bemerkenswert.
Raum 8 (I. Stock) zeigt eine behagliche Oberammer-
gauer Bürgerstube aus dem Ende des 18. Jahrhunderts mit
originell bemalten Türen (vier Elemente) und Kasten (vier
Jahreszeiten).
Raum 9. In der Mitte das Münchener Oktoberfest
mit dem Festzuge von 1835; in den Kästen rechts eine reiche
Sammlung weltlicher Figürchen aus dem Anfang des 19. Jahr-
hunderts, links Schnitzereien aus den Jahren 1830 bis 1860,
ferner einige kleine Oberammergauer Arbeiten in Alabaster,
Elfenbein und Marmor; an der gegenüber liegenden Wand
eines der feinsten Stücke des Museums: die alte Oberammer-
gauer Uhr von Georg Lang mit den reizenden Figürchen der
vier Jahreszeiten, der Elemente und der Weltteile.
Raum 10 enthält zum größten Teil Schnitzereien aus
der Zeit des Rokoko nebst den zahlreichen allegorischen
Figuren dieser Epoche; auch fällt die reiche Sammlung von
Uhrgehäusen auf; interessant ist das Modell zum (heutigen)
Hochaltar der Ortskirche. Ferner sind gute Glasbemalungen
zu beachten und ein Spinett-Flügel, an dem auf aufgelegtem
Silbergrund reiche chinesische Ornamente mit der Nadel
radiert sind.
Raum 11 zeigt hauptsächlich die verschollene Spiel-
vvarenindustrie und Festungen, die aus Anlaß der russisch-
türkischen Feldzüge angefertigt wurden. Für die Landes-
geschichte interessiert die Darstellung der Einnahme der
— 162 —
Feste Scharnitz durch die Franzosen (mit Hunderten beweg-
lichen Figuren), die für König Max geschnitzt wurde. Eine
ähnliche größere Arbeit, die von Napoleon in Auftrag ge-
geben war, ging in den Besitz des bayerischen Königs-
hauses über. Raum 11 enthält auch eine umfangreiche Samm-
lung von Tierschnitzereien, die durch die außerordentlich
gutgesehene Bewegung auffallen.
Eine treffliche Ergänzung für das Museum bildet endlich
die alte Krippe des Mesners Sebastian Lang, die früher in der
Sebastian Lang (Annas-Darsteller) bei seinen Krippenfiguren
Weihnachtszeit in der Pfarrkirche aufgerichtet wurde und
jetzt im Mesnerhaus (Hs.-No. 73) eine bleibende kunst- und
zeitgerechte Aufstellung fand. Ist sie doch nicht nur ein
Gegenstand der Erbauung, sondern zeigt ein getreues Bild
sowohl der Entwicklung der Schnitzkunst in Oberammer-
gau, sondern auch der Kostümkunst des Passionsspiels, dem
die Gewänder genau nach der Entstehungszeit der Figuren
und der damit zusammenfallenden Passionsspielzeit angepaßt
sind. Es finden sich Figuren aus den Jahren 1770 bis 1835,
— 163 — 11*
von Männern wie Rutz, Waizmann, Feistenmantel, Burkhard,
Maler Andrä Lang. Die Träger von Namen aus dem
18. Jahrhundert haben noch mitgearbeitet; der „Lüft-
lesmaler^' Franz Seraph Zwink, der Farbenreiber des
Malers Knoller war und mit großem Talente eine Reihe
von Ortshäusern mit heute noch farbenstrahlenden Fresken
schmückte, hat als Faßmaler mitgewirkt; die Meister der
ersten Passionsglanzzeit Tobias Flunger und Gregor Lechner,
dann die Gebrüder Rainer, Lang und Schauer sind mit
Arbeiten beteiligt, und schließlich noch die Kostümmeisterin
der jetzigen Spiele Josepha Lang. Die Krippe ist jetzt im
Besitz des Mesners Sebastian Lang; sie ist sicher, wie der
päpstliche Nuntius Frühwirth sie bezeichnete, ein Kleinod
Oberammergaus. Die neben der Bethlehemkrippe aufgestellte
Vorstellung der Hochzeit von Kanaan ist neueren Ursprungs
(1861), aber schließt sich würdig der Oberammergauer Alt-
kunst an.
Eine Vergleichung der V^ergangenheit mit der Gegen-
wart gibt ein abschließendes Bild von der Entwicklung
der Schnitzkunst; dieses gewinnt man durch Besuch der
Warenlager und Ausstellungen der Verleger, in denen wir
Kruzifixe, Statuen, Gruppen und Krippen in reichster Fülle
finden z. B. bei den Verlegern Lang sei. Erben, Hans Mayr,
Schauer u. s. w.
Wer sind die Verleger? Die Verleger sind es, welche
den Schnitzern ihre Geschäftsaufträge geben. Man hört
manchmal, daß durch das Verlegerwesen die Löhne gedrückt
werden und sich künstlerische Individualitäten nicht aus-
bilden könnten. Das ist aber nicht richtig. Früher verdienten
sich gute Arbeiter pro Tag 5 — 8 Mark, einfache Arbeiter,
die jahraus-jahrein die gleichen Arbeiten: Kreuze, Rahmen,
Krippengegenstände u. dgl. machen, 2 — 3 Mk. Qualitäts-
arbeiten wurden damals schon höher und nach dem Stücke
bezahlt. Heute ist aus dem Tag- ein Stundenlohn geworden
und mancher Lohnarbeiter ist nun sein eigener Verleger.
Wohl mag es vorkommen, daß manch ein guter Schnitzer
nicht das verdient, als anderweitig ein „ungelernter Arbeiter^^
das liegt aber nicht an den Verlegern, sondern an den Käufern
und Auftraggebern des Außenhandels, die meistens heute
noch die Kunst geringer einschätzen in ihrem Verdienst, als
— 164 —
die einfachste Taglohnsarbeit. Zur Zeit ist die Nachfrage
nach Schnitzereien gut, wozu in vielen Familien eine wieder
wachgewordene intensivere Religiosität beiträgt; Kruzifixe
und Relieftafeln finden auch häufig als Totenandenken Ver-
wertung. Es hat aber von jeher Zeiten gegeben und wird
es wieder geben, in denen politische Ereignisse oder Kon-
kurrenz einen schlechten Geschäftsgang verursachen, da sind
es dann noch immer die Verleger gewesen, die, obwohl
selbst ohne Aufträge, über die schweren Zeiten hinaus Arbeit
und Verdienst und scliließHch, wenn gerade Krankheit oder
sonstige Not an die Türe pochte, auch einen Vorschuß gaben.
Unzählige Tränen hat z. B. in dieser Hinsicht Kommerzienrat
Guido Lang getrocknet. Daß unter solchen Umständen die
Verleger sich zu den tonangebenden Persönlichkeiten und
ihre Häuser zu den ersten des Ortes herausbildeten, ist selbst-
verständlich. Wyl nennt die FamiHen Lang und Veit die
Pesanos und Faleni Oberammergaus. Heute haben sich
neben ihnen auch andere Häuser und Geschäfte empor-
geschwungen, sich einen einheimischen und internationalen
Kundenkreis erworben; es sei da wiederum an die Ver-
legerhäuser Hans Mayr, Oskar Zwink, Sebastian Schauer
u. s. w, erinnert.
Schon vor 56 Jahren wurde von dem damaligen Verleger
Georg Zwink ein Verein, der Skt. Lukasverein ge-
gründet mit dem Zweck der Zusammenschließung der
Schnitzer zur Sicherung ihrer materiellen Existenz und För-
derung der einheimischen Industrie. Es ist dem Vereine nur
zur Ehre anzurechnen, daß er nicht in seinen materiellen
Zwecken aufging. Er gründete eine Krankenunterstützungs-
kasse, eröffnete der Industrie neue Abnahmequellen, aber
er hob auch das Niveau der Leistungen und das Ansehen
der Schnitzkunst. Ein wesentliches Verdienst davon hat der
frühere Schnitzschuldirektor Ludw. Lang. Der Gesamtverein
und seine Einzelmitglieder beteiligten sich mit Erfolg an Aus-
stellungen: 1896 in Nürnberg und an der Weltausstellung in
Brüssel, 1899 an der Sportausstellung und 1912 an der Ge-
werbeschau in München, 1914 an der Werkbundausstellung
in Köln. Der Verein wird sich heuer 1922 nicht nur an der
Münchener Gewerbeschau beteiligen, sondern im Orte selbst,
in den Räumen der Schnitzschule eine eigene Aus-
stellung veranstalten. Mit dieser Ausstellung, dem Besuch
— 165 —
der Schnitzschule, des Museums, der Krippen und Schnitz-
warenverleger kann ein umfassendes endgültiges Urteil über
die örtliche Kunst- und Industriebetätigung in Vergangenheit
und Gegenwart begründet werden, welches sicher dem Ort
zur Ehre gereicht.
Alle die anempfohlenen Besichtigungen lassen sich gut
mit einem Gang durch das Dorf vereinigen, die wir beim
Bahnhof beginnen; und wobei wir dann von der Amper-
brücke weg den Hausnummern folgen. Die sehr gute Bahn-
hofrestauration wird von Anton Bierling betrieben; er ent-
stammt einer alten Ammergauer Musikerfamilie. Vor etwa
25 Jahren war außerhalb der Ammerbrücke kein einziges
Haus. Jetzt zieht sich schon Unterammergau zu eine Villen-
straße und bis zur Ammer herein eine solche mit mehreren
Seitenstraßen dem Kofel zu. Rechterseits führen noch an
der Amperbrücke markierte Wege hinauf zu den Halden, die
sich zwischen Oberammergau und Unterammergau, zwischen
Kofel und Pürschling hinziehen. Sie bilden zur Winterszeit
das hochwillkommene Ski- und Rodelgelände. Links sieht
aus der Ammerniederung das Schlachthaus, dessen Betrieb
unter gewissenhafter hygienischer Kontrolle steht. In der
Bahnhofstraße befindet sich auch noch eine Autohalle (1 h),
und eine Weißbierbrauerei, seitwärts der Straße (1 gi/2) die
Holzwollefabrik von Otto Mangold. In dem Hause der Oeko-
nomenswitwe Krach (1 b) wohnten im Sommer 1910 die
Angehörigen des russischen Generals Rennenkamp. An der
Amper liegt die Behausung der Magdalena, Paula Rendl (181);
deren Vater und Besitzer des Hauses ist, wie schon ange-
deutet, der Schwiegersohn des Christus Mayr, Peter Rendl.
In seiner Pension verweilten namentlich Amerikaner, darunter
der Bischof von Washington, Vanderbild und Rockefeiler.
Unmittelbar über der Brücke ist das Haus des Faßmalers
Ludwig Wolf, das Geburtshaus des Christus-Lang. Von Hs.-
No. 3 d, worin sich ein reichhaltiges Schnitzereilager von
Gg. Lang sei. Erben befindet, grüßt die Pelikangruppe herab,
welche 1870 die Passionsbühne krönte. Wir begeben uns
in die Gasse, die zum Passionstheater zurückführt und
kommen an dem Theaterrestaurant vorbei. Unmittelbar an-
schließend hinter dem Restaurant sind die Billettschalter für
das Theater und Räume für die Theaterwache. Der Theater-
kasse gegenüber ragt die mächtige Apsis des Zuschauer-
— 166 —
raumes empor. Der Erbauer des Dachstuhles desselben,
Zimmermeister Rupert Breitsamter, wohnt nördlich des-
selben, Hs.-No. 5, mit seinem Sohne, dem g-egenwär-
tigen Johannesdarsteller Melchior Breitsamter. An der Süd-
seite des Theaters sind
die Häuser des immer
noch rüstigen Vater
Zvvink Sebastian (2 c)
und des tüchtigen Faß-
malers Roman Gast
(2 b). Wir kehren ent-
weder auf dem alten
Wege oder einem klei-
nen Durchgangsweg
zur Hauptstraße zu-
rück. Neben Lang sei.
Erben hat der zwxite
Bürgermeister, Bild-
hauer und Ezechieldar-
steller Sebast. Schauer
sein reichhaltiges,
sehenswertes Schnitz-
warenlager (4). Da-
neben befindet sich
die Buchhandlung von
Heinrich Uhlschmied
(11). Aus der reichen
Passionsliteratur, die
dort zu beschaffen ist,
sei besonders hinge-
wiesen auf die im Ver-
lag von Uhlschmied
herausgebrachten Neu-
erscheinungen: Ferdin.
Feldigls: „Denkmäler
der Passionsliteratur^^, eine vollständige Literaturgeschichte
und Bibliographie des Passionsspieles mit der reichhaltigsten
aller existierenden Qesamtliteratur- und Quellenangaben und
mit dem vollständigen, bis jetzt nicht bekannten und veröffent-
lichten Text von 1811, dem grundlegenden Text des gegen-
wärtigen Spiels, dann Bührlen Biographie des Oberammer-
Die jüngsten Kinder des Christus-Darstellers
Anton Lang mit ihrem Großvater, dem Chor-
führer der früheren Spiele, Jakob Rutz und
dem Passionsesel
— 167 —
gaiier Freskenmalers Franz Zwink. Die Tageszeitungen
liegen dort zum Verkauf auf und dort wird auch die Lokal-
Zeitung gedruckt und ausgegeben, die Ammergauer Zeitung,
das Heimatblatt für die Ortschaften des Ammergaus und
Amtsblatt der Gemeindeverwaltung Oberammergau. Ein
Abonnement auf diese Zeitung lohnt sich besonders im
Passionsjahr, da sie fortlaufend von nächster und zu-
ständigster Seite aus über die Vorgänge und Verhältnisse
im Orte berichtet. Die Fassade des nächsten Hauses (11)
wurde in moderner, origineller Malerei von Wilhelm Lechner
angefertigt. Hier befindet sich das Offizielle Wohnungsbüro,
welches die Bayerische Vereinsbank übernommen hat und
damit die Garantie eines reellen und wohlorganisierten Be-
triebes bietet. Das nächste Haus (13), das Haus des Zeichen-
lehrers Lechner hat seine eigene, ehrenvolle Passions-
geschichte. Sein Vater Gregor Lechner war der erste welt-
berühmtgewordene Judasdarsteller und in erster Ehe mit der
Tochter des Passionskompositeurs Rochus Dedler verheiratet.
Lechner selbst ist zum zweitenmal Prologsprecher. Seine
umfassende Tätigkeit als Zeichenlehrer, wie Spieler ist schon
anderweitig besprochen. In seinem Hause wohnte Eugen
d'Albert, schuf Miß Greaterox ihre Bilder zum Passionsspiel,
die in den Achtziger Jahren in England so viel Aufsehen er-
regten und viele Engländer zum Besuche von Oberammergau
veranlaßten. Dem Lechnerhaus gegenüber ist der Kreuzbrun-
nen und das Museum, das schon an anderer Stelle besprochen
ist. Im Museum ist auch der evangelische Betsaal. Neben dem
Museum hat Schnitzschuldirektor Ludwig Lang seine Woh-
nung, neben Lechner der Photograph Rex. Rex war im
Krieg als Photograph in den Hauptquartieren beschäftigt,
er war bei der Aufnahme des bekannten Bildes Kaiser Wil-
helms mit Hindenburg beteiligt. Auch vom Ort hat er
viele gute Aufnahmen der landschaftlichen Reize, örtlichen
Beschäftigungen und Gebräuche, der Sportpflege gemacht.
Von ihm sind auch die ersten Aufnahmen der Hauptdar-
steller und vieler sonstigen Mitspieler. An das Photo-
graphengeschäft von Rex reiht sich das Sport- und
Kaufhaus Hermann Rutz. Hier ist die Hauptausgabestelle
des gegenwärtigen Führers. Alle Sports- und Reiseartikel
sind in reichster Auswahl zu haben. In den Auslagen fallen
besonders angenehm auf die Federzeichnungen und Radie-
— 168 —
nuigen von Professor Ackermann-Paseg. Derselbe wohnt
schon seit Jahren in Oberammergau in der Villa Ammerhof
des Dekorationsmalers Hesse (187 Unterammergauerstraße)
und hat sich dort echt gebirglerisch häuslich eingerichtet.
In seiner Bauernstube hat er alles Bodenständige und Volks-
tümliche zusammengetragen und damit wirklich eine Sehens-
würdigkeit aufgestellt, die jedermann zugänglich ist. Mit
Dr. Lutz, der den Text hiezu verfaßte, schuf er das Werk:
„Mein Skizzenbuch^^, worin beide den Leser und Beschauer
von Oberammergau über Ettal nach Garmisch führen und
auf die Naturschönheiten wie volkstümliche Eigenheiten mit
tiefem Verständnis für das spezifisch Einheimische und die
Volksseele aufmerksam machen. (Verlag Bischof in Mün-
chen.) Mit dem Sohn des Schnitzschuldirektors Lang, Dr.
Herbert Lang, schuf er einen Führer durch die Ammergauer
Berge, der die Gegend vom rein alpinen Standpunkte aus
betrachtet. Von Geburt aus ein Voigtländer, hat er Herz und
Auge ebenso warm und klar für das bayerische Oberland
wie seine Heimat.
Wenn wir hier in die Straße, die wiederum zum Pas-
sionstheater einbiegt, ein paar Schritte zurückgehen, so
gelangen wir zum Heim des Christusdarstellers Anton
Lang (19). Wir begrüßen den immer herzlichen und trotz
seiner Rolle stets bescheidenen und schlichten Mann, sowie
seine Gattin Mathilde, Tochter des Chorführers Rutz, die
1900 „das Hohe Lied'^ sang und heute noch über eine gute
Stimme verfügt, im trauten Familienkreis, der von '3 zu 6
Kindern aller Altersstufen angewachsen ist. Das Haus wurde
erweitert, der Speisesaal der ständigen Pension vergrößert
und ins Erdgeschoß verlegt. Auch hat Lang sein Töpfer-
gewerbe zu einer keramischen Kunstanstalt ausgebaut, in
der schönste Kunstarbeiten hergestellt und in alle Welt
versandt werden. Hierin ist ihm sein ältester Sohn, eine
hübsche Johanneserscheinung, der aber bei den Sängern
notwendig ist, schon eine helfende Hand geworden; er ist
auf der keramischen Schule in Landshut ausgebildet. Der
zweite Sohn besucht das Gymnasium in Ettal. Die kleinen
Töchterlein haben besonders das musikahsche Talent der
Mutter geerbt. Zahlreiche Ausländer sind zur Spielzeit und
auch sonst Gäste dieses Hauses gewesen und gar manches
Wort der Versöhnung wurde zwischen diesem und inter-
— 169 —
ANTON KIEMERSCHMID
MLENCHEN
6«^ GEORG LANG^^e/.dV^Jerv
nationalen Häusern getauscht, auch manche Gabe der
Freundschaft und des Mitfühlens ist in schweren Zeiten
den Ammergauern durch dieses Haus vermittelt worden.
Aber auch einheimische treue Freunde weilen gerne an
dieser Stätte, z. B. die Schriftstellerin Anna Mayer-Bergwald.
Possart ist der Familie bis zu seinem Lebensende in Freund-
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Familie des Christusdarsteller Anton Lang
Schaft zugetan gewesen. Nicht zu Unrecht hat Anton Lang
sein Haus „Daheim^^ getauft; man fühlt sich auch wirklich
daheim.
Neben dem Langhaus ist der älteste Gasthof Oberammer-
igaus, die „alte Post" (20). Besitzer ist der in w^eiten Kreisen
bekannte „Preisinger Toni". Die Mutter des Dichters Ludwig
Thoma war als Posthalterstochter in diesem Hause geboren.
In der alten, rauchgeschwängerten Gaststube erinnert die
originelle Holzdecke aus dem 17. Jahrhundert mit den darein-
geschnitzten Wappen der Rotthandelsleute an die gute alte
Zeit. Hermann Schmied und Freiherr von Dvhern haben sich
171 —
hier Stoff für ihre Dorfgeschichten geholt; alle 5 Könige
Bayerns nächtigten in diesem Hause. Der große Gasthof
„ Witteisbacherhof ^' (51) wurde im vorigen Jahre von dem
Haus des Christusdarsteller Anton Lang
Münchener Hotelier Kirchner gekauft, welcher das Hotel
vollständig umbauen und gediegen einrichten ließ. Damit
ist das Haus ein erstklassiges Hotel geworden, das dem inter-
nationalen Publikum den bestmöglichsten Komfort bietet.
172
Das Haus des Baders Spegel (163) ist abgebrannt und
wurde neu aufgebaut; Otto Spegel hat sich als Zahntech-
niker ausgebildet und bewährt.
Das Haus Lang sei. Erben (160), dessen Nebengebäude
ein sehr gutes äußeres Gewand bekam, repräsentiert sich
schon nach außen als ein echtes Patrizierhaus. Im Eingangs-
korridor hängen sehr wertvolle Kupferstiche. In diesem
Hause wohnten die Mitglieder königlicher Häuser und hohe
Kirchenfürsten, z. B. Kardinal Manning, Angehörige der
Finanzwelt wie Rothschild und der Geistesaristokratie, zahl-
reiche Künstler wie Emil Ritterhaus, Förster, Wohlmuth,
Klara Schumann u. s. w. In demselben ist der Dichter
Ludwig Thoma geboren; seine Mutter war die Schwester der
damaligen Besitzersgattin. Das Haus hat in neuester Zeit
seinen schwersten Verlust erlitten durch das plötzliche Hin-
scheiden seines Chefs, des Kommerzienrats Guido Lang am
2. Oktober 1921. Das Geschäft, das seine Verbindungen in
allen Weltteilen hat, wird durch Frau Kommerzienrat Lang
und Tochter in alter Weise fortgeführt. Das Haus enthält
große Ateliers und Lagerräume und im Erdgeschoß ein
überaus reichhaltiges Schnitzwarengeschäft. Im Verlag dieser
Firma sind folgende Werke erschienen, auf. die besonders auf-
merksam gemacht sei: Lang-Queri: ,,Der älteste Passionstext
1662", eine sehr wertvolle, literaturgeschichtliche Gabe,
Queri: „Der Christus - Lang" und Text und Klavierauszug
zu Hecher-Müllers Kreuzschule von 1905. Seitlich vom
Hotel Wittelsbacher-Hof befindet sich der neuerbaute, sehens-
werte Kunstgewerbe-Kiosk von Ludwig und Hermann Rutz,
in welchem eine außerordentlich reichhaltige und gediegene
Auswahl von kunstgewerblichen Gegenständen aller Art,
Holzschnitzereien und heimische Antiquitäten u. dgl. zum Kauf
geboten werden. Der Kiosk enthält auch eine originell
eingerichtete, oberbayerische Bauernstube, zu deren freier
Besichtigung die Besucher der Passionsspiele eingeladen sind.
Dem. Witteisbacherhof gegenüber liegt das Cafe zur
Alpenrose (52 a); sowie die Filiale der Bayer. Hypothek-
und Wechselbank. Wir begeben uns in die Straße neben dem
Cafe der Kirche zu, und gelangen zum Landesprodukten-
geschäft Wilhelm Rutz (52) ; der Besitzer ist der gegenwärtige
1. Bürgermeister. In nächster Nähe ist das Rathaus (57).
— 173 —
In demselben wurden die unzähligen Vorbereitungssitzungen
und Wahlen für das Passionsspiel abgehalten. Im geräu-
migen Hauptsaal befinden sich Abbildungen der 1870 er und
der jetzigen Passionsbühne, die Bilder der Schöpfer der
Kreuzschule Hecher und Müller und vier Prachtstahlstiche,
Nachbildungen von Bildern Gustav Dores, eigenhändige Ge-
schenke des Meisters. In der Bürgermeisterkanzlei sind das
Geschenk König Ludwig IL, das Oelgemälde „Kaiser Lud-
wig der Bayer^^ die Bildnisse der früheren Bürgermeister
und Diemers Bildnis des Lehrers und Passionskompositeurs
Dedler.
Im eisernen Geldschrank sind während der Zwischen-
zeit die kostbarsten Kleinodien Oberammergaus aufbewahrt,
die Partituren zur Passionsmusik. Englische Freunde Ober-
ammergaus haben für den Rathaussaal einen großen, reich
geschnitzten, in der Schnitzschule gefertigten Schrank ge-
stiftet, der die Literatur des Passionsspiels enthält. Solche
wurde im Ort von der Gemeindebehörde selbst gesammelt
und derselben eine gegen 200 Nummern enthaltende
Literatursammlung über die Passionsspiele aus dem Nach-
lasse des verstorbenen Münchener Journalisten Wetzstein,
der an Oberammergau regen Anteil nahm, einverleibt. Es
dürfte sich jedoch einmal empfehlen, diese ganze Literatur-
sammlung ordnen und katalogisieren zu lassen. Der Ver-
fasser dieses Führers schätzt es sich zur Ehre zu dieser
Sammlung die, wie er wohl sagen darf, kostbarsten Literatur-
schätze beigesteuert zu haben durch die 2 Originaltexte
des Pater Othmar Weis von 1811 und 1815, indem es ihm
gelang, dieselben aufzufinden und für die Gemeinde Ober-
ammergau durch das Entgegenkommen der bisherigen Be-
sitzer zu erwerben. (Siehe darüber 2. Kapitel.)
Den Rathausplatz schließt nach Süden die Turnhalle und
das Uebungstheater ab. Das Uebungstheater wurde 1900
als Wohnungsbüro benutzt, dann 1902 zum Theater umge-
baut und mit einem Festspiel von mir eröffnet; 1910 wurde
es wieder als Wohnungsbüro benutzt und wird auch dieses-
mal gleiche Verwendung finden, soweit das Geschäft nicht
im Büro der Vereinsbank und im amtlichen Bayer. Reisebüro
Schenker & Co. erledigt werden kann. In den Zwischen-
zeiten wurden wohlgelungene Uebungsspiele aufgeführt; seit
— 174 —
dem letzten Passionsspiel sind besonders zu nennen: „Jephtas
Tochter" von Ritter von Haag, „Samson" von Alinda Jakoby,
von früheren Spielen Grillparzers Estherfragment, Steigen-
bergers „Mardochäus und Esther", Emilie Ringseis' ,, Seba-
stian", beide letzteren Stücke mit Musik von mir, Racins
„Athalia" mit Mendelssohns Musik hiezu. Dem Rathause
gegenüber ist das Schulhaus (57). In demselben befinden sich
vier Lehrzimmer und die Lehrerwohnung; die Lehrsäle sind
unzureichend; es befindet sich auch ein Schulsaal und eine
Lehrerwohnung in der alten Schnitzschule. Eine der größten
und kostspieligsten Aufgaben der Gemeinde wird nach den
Spielen der Neu- oder Umbau der Schule sein, womit wohl ein
Hauptteil der zu erhoffenden Erübrigungen seine Verwen-
dung findet. Die Gemeinde war aber jederzeit für ihre Schule
opferwillig. In der Lehrerwohnung, welche mit dem Glas-
palast München drahtlich verbunden war, wurden bei der
elektrischen Ausstellung 18S2 die ersten telephonischen Ver-
suche in Bayern gemacht. Zahlreiche Gäste, besonders
Musiker beherbergte schon dieses Haus. Einen schönen vor-
bildlichen Schmuck hat das Schulhaus durch Pflege der
Fensterblumen. In Blumenschmuck und Spalierbaumpflege
hat die Einwohnerschaft überhaupt viel getan, um dem
Ort einen festlichen Charakter zu geben. Den Schulplatz
schließt nach Norden das gutbürgerliche Gasthaus zur Rose
ab. Wir statten aber noch dem ehemaligen Judasdarsteller,
Faßmaler Zwink einen Besuch ab, dessen Tochter Ottilie
im Jahre 1910 die Muttergottes machte. (56 hinter dem Rat-
haus nach Westen.) Ein enges Gäßchen führt uns zum
„Bachfranzi", einer ebenfalls gut und bürgerhch gehaltenen
Wirtschaft (49) des Gastwirtes Freiberger. Daneben wohnt
die Schnitzerswitwe Reiser, (27), deren Ehemann ein Enkel
Dedlers war. Ein freundhches Vorgärtchen ladet zum Ein-
tritt in das Haus des Pilatusdarstellers Hans Mayr, der der
Sohn des Christus Mayr ist (31). Dieses Haus hat schon
Gäste der ganzen Welt gesehen. Der australische Bischof
Cornish, der Erzdiakon Ferrar von Westminster, Admiral
Carpenter, die Dichterin Blanche Howard weilten hier; ein
Stamm getreuer Freunde sucht das Haus immer wieder heim,
so tat es besonders die Fürstin Altieri — aus altem italie-
nischem Geschlechte, das der Kirche schon mehrere Päpste
schenkte, dann der greise ehrwürdige Reverend Kirchpatrik,
— 175 —
der die jetzt erwachsenen Kinder Mayrs schon auf den Armen
trug. Mayr hat auch einen gesuchten Schnitzwarenverlag.
Vater Mayr, der frühere Christusdarsteller, ist aber nicht
hier geboren, sondern im Hause nebenan, in dem er früher
auch wohnte (30), der heutigen Apotheke. (Apotheker
Mewes.)
Bei unserer weiteren Wanderung nach Norden gelangen
wir in die „Zwinkerei^^; hübsche Wohnhäuser umgrenzen
schöne gärtnerische Anlagen. Bei Georg Zwink (28) wohnte
Liszt, bei dem immer noch eifrigen Erstviolinisten Tobias
Zwink (27) wohnten der Volapükerfinder Schleyer und —
die Anarchistin Luise Michel.
Der Name Zwink ist neben dem Ruez einer der
ältesten Bürgersnamen Oberammergaus. Schon im 15. Jahr-
hundert hatte das Benediktinerkloster Ettal einen Abt
namens Benedikt Zwink, der aus der Schweiz stammte.
Sebastian Zwink gründete 1865 seinen Verlag, der auf seinen
Sohn Sebastian und Enkel Oskar Zwink überging, dessen
Haus in stolzem Aufbau den Platz abschHeßt (28 a). Dieses
Haus zählte den ehemaligen Prinzen of Wales und jetzigen
König von England, dann den Prinzen von Orleans, Adelina
Patty, den Sultan von Johor, den Helden von Slivnitza,
Fürst Alexander von Battenberg, Fritz Mauthner usw. zu
seinen Gästen. Aus dem reichhaltigen und renommierten
Verlag sind hervorgegangen z. B. die Chorstühle der Abt-
kapelle zu Niederalteich; ein Altar mit lebensgroßer Kreu-
zigungsgruppe für Denararä (Südamerika). Andere Werke
kamen nach Südrußland, in die Missionsgebiete von
Afrika usw. Zwinks Vetter und Nachbar Hermann Schilcher
(27 1), ein sehr eifriger Erstviolinist, ist leider viel zu früh
gestorben. Seine Witwe führt den Verlag fort, aus dem
kunstvolle Krippen im Kloster Kalksburg in Wien und im
Münster zu Straß bürg stammen.
Ein freundlicher Weg mit schattiger Allee führt den
Leinedamm entlang nach St. Gregor. Seitwärts desselben
gegen Westen, wo man einen hübschen Anblick zu den Vor-
bergen („Reichen^' und „Hörnle^') hat, sind seit 1900 eine
Reihe freundlicher Landhäuschen entstanden.
Den Leinedamm abwärts gegen das Passionstheater zu,
wohin ein schöner Anlagenweg führt, ist das Haus des
— 176 —
Nathanaeldarstellers Alois Lang, 299. Wir wollen dann nicht
versäumen, die Nähe der Schnitzschule zu einem Besuch
derselben zu benützen. Der Weg wendet an einer kleinen,
geschmackvoll umgebauten freundlichen Villa und einem
poetisch wirkenden Feldkreuz vorüber nach Norden. Die
schön gebaute Villa (Fauner 370) zeigt, was Anpassung
an Land und Volk Nettes schaffen kann. In dieser Be-
ziehung hat Architekt Zell, der Erbauer des Museums,
schon viel Gutes für den Ort getan, sein Bestes aber mit
der Schnitzschule, die uns in vornehmer Architektonik ent-
gegengrüßt. (Nähere Beschreibung siehe weiter vorne.)
In der Nähe der Schule ist das Krankenhaus. Noch vor
wenigen Jahren befanden sich hier nur grünende Wiesen und
Matten, jetzt schon steht da Villa an Villa und laden zu
längerem Aufenthalt in friedlicher, spielfreier Zeit ein. Dasio
hat hier sein Tuskulum aufgeschlagen und der junge, viel-
versprechende Dichter Joseph Maria Lutz sein Mysteriums-
spiel „Die Erlösung Kains", gedichtet.
Wir kehren wieder zum Feldkreuz zurück gegen den
Ort zu, und kommen neben der Werkstätte des Verlegers
Oskar Zwink zu einem malerisch hinter Obstbäumen ge-
legenen Haus, dem Heimathaus des Schnitzschuldirektors
Lang (36).
Wir gehen weiter nach Südost zu und gelangen nun
auf breiter Straße, der Daisenbergerstraße, zum Hause
des früheren Nathanael und Kaiphas und jetzigem Annas
Sebastian Lang (73) und seines Sohnes, des Spielleiters
Georg Lang. In diesem Hause hat geistHcher Rat Daisen-
berger die letzten Jahre seines Lebens verlebt und ist auch
darin gestorben: dessen Biographie ist dort zu haben. Wir
wollen aber vor allem nicht versäumen, die nun dort auf-
gestellte alte Kirchenkrippe, die schon besprochen wurde,
zu besichtigen. Daneben wohnte die Darstellerin der Mag-
dalena 1910, die nach Amerika sich verheiratet hat (72).
Dieses Haus ist das Geburtshaus Dedlers; sein Vater war
Metzger, den man wegen des nahen Brunnens Brunnenmetzger
hieß. Er nahm den Namen mit bei Uebersiedlung in den
Gasthof zum Weißen Lamm. Gegenüber (84) ist das
Benefiziatenhaus. Bei Kaufmann Georg Gastl sind wir
zum Kirchenweg zurückgekommen und begeben uns zu
— 177 — 12
Schmied Hugo Rutz (70), dem neuen Kaiphasdarsteller, bef
dem Vater Jakob Rutz, der altbewährte Chorführer, seinen
Lebensabend zubringt. Durch eine Seitengasse gelangen wir
nach Süden zum üasthaus zum Stern (66 Wecker), der
alten Ammergauer Musikerherberge, von welcher aus die
Sternsänger in der Sylvesternacht durch das Dorf zogen.
Damit sind wir wieder am Hauptplatz angelangt und gehen
wieder vorerst der Post zu. Mit Staunen und Bewunderung
wird jeder Kenner vor dem Hause des Schuhmachers
Gerold (146) stehen bleiben. Er findet hier Fresken von außer--
ordentlicher Farbenfrische und künstlerischem Schwünge. Es
sind Gemälde von dem mehrmals schon genannten Lüftles-
maler Franz Seraph Zwink, der mit Ehren neben dem
großen Künstler Knoller, dem er als Gehilfe und Farbenreiber
diente, genannt werden darf; hat er ihm doch nicht nur den
leichten, graziösen Barockschwung seiner Figuren abgesehen,
sondern mit dessen Material die kaum irgendwo wiederzu-
findende Leuchtkraft der Farben bis auf heute gesichert. Auch
auswärtige Orte, z. B. Unterammergau (Kirche Orgelempore)^
Garmisch (Fresken in der Klammstraße), Partenkirchen, Mit-
tenwald, Kohlgrub haben von ihm wahre Schätze der Fresko-
klein- und Volkskunst. Er war übrigens kein gewöhnlicher
Handwerksgeselle Knollers, sondern Schüler Gindters. Fast
alle älteren Freskobilder in Oberammergau sind von ihm.
Das Geheimnis der Farbenchemie Knollers, das diese Bilder
in solcher Farbenkraft erhalten haben soll, will Zeichenlehrer
Lechner in einem Rezept von Knoller selbst aufbewahren,
das Dr. Popp in seiner Knoller-Monographie abgedruckt hat.
Eine eigentliche Biographie des „Lüftlesmalers" bringt Bührlen
in einem Büchlein, Verl. Uhlschmied-Oberammergau. Wenn
wir aber noch schönere Fresken des gleichen Meisters sehen
wollen, begeben wir uns beim Garten des Kommerzienrats
Lang zum ehemaligen Bürgermeisterhaus, dem Hause des
Dr. Anton Lang, praktischen Arztes, Sohn des Bürgermeisters
Johann Lang (151). Schon von weitem fällt uns die prächtige
Malerei mit plastisch wirkender Säulenarchitektur auf. Noch
überraschter wxTden wir, wenn wir die Ostfront des Hauses
betrachten. Wir sehen hier ein ungemein lebensvolles Bild
von der Verurteilung Christi in genialer Weise zwischen die
Fenster hineinkomponiert; die überaus geschickte Ausnützung
der Fenster- und Türzwischenräume zu einer in voller Plastik
— 178 —
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Dr. Lang Haus
hervortretenden Säulenrotunde, wie wir auf der Ostseite am
Bild „Jesus vor Pilatus^' sehen, den leichten Schwung der
ganzen Fensterrokokoverkleidung auf der Nord- und West-
seite, die originelle Personengruppierung, die lebendige,
pompöse Farben- und Linienführung kann kein anderer als
179
ein wirklicher Künstler gemacht haben, und dieser Künstler
ist niemand anderer als unser Lüftlesmaler Franz Zwink. Wyl
vergleicht dieses wirkliche Meisterwerk, dessen Abbild jede
größere Sammlung von Volkskunstdenkmälern enthält, mit
den Fresken von Luca Giordano. Die Gemälde wurden von
Maler Franz Hartmann 1899 in alter getreuer Farben Wirkung
renoviert und die Architektonik mit geschickter Hand auch
auf der Westseite fortgesetzt.
In diesem Hause gingen Könige und Kaiser ein und
aus; Prinzen und Prinzessinnen wohnten hier, so 1873 und
1880 der spätere Kaiser Friedrich Wilhelm und ebenfalls 1880
dessen hohe Schwester, die Großherzogin von Baden, 1890
Kronprinzessin Stefanie von Oesterreich, der Großherzog von
Oldenburg, die Herzogin von Sachsen-Meiningen und Co-
burg usw.
Neben dem Hause des Dr. Lang ist jenes des Tape-
zierers Gabler (158), das Lenbach bewohnte; 1900 beher-
bergte es die Getreuen Richard Wagners von Bayreuth,
Wolzogen usw. Aus dem Garten der Langschen Erben schaut
wieder der schon bei Kloster Fürstenfeld genannte Ludwig
der Bayer herüber, der auf einen Ettaler Kirchturm kommen
sollte; in die Grundmauern des Gartengeländers sind Rosetten
eingemauert, welche ebenfalls von Ettal stammen, aber bei
der Säkularisation hieher verkauft wurden.
Wir wollen aber nicht auf den alten Weg, son-
dern ostwärts über die Mühle zur Hauptstraße zurück-
kehren. Prächtige Arbeiten des Lüftlesmalers kommen uns
im Gasthaus zum weißen Rößl, Besitzer Leo Rutz, vor die
Augen (199 a). Das Haus Hohenleitner (69) hat originelle
Fensterumrahmungen, daneben ist das alte Verlagshaus Veit;
hier ist die gegenwärtige Maria zuhause; hier schrieb Hans-
lick seinen Brief über das Oberammergauer Spiel an Billroth;
die Musik kam allerdings hiebei schlecht weg, wie das bei
zwei solch eingefleischten Brahmsschwärmern nicht anders
zu erwarten ist.
Und nun besuchen wir den Pfarrhof, wo Pfarrer und
geistlicher Rat Daisenberger seine segensreiche Wirksamkeit
entfaltete, wo Prälat Schröder nach über 25jähriger Tätig-
keit die Augen schloß und wo im Oktober 1921 ein neuer
Pfarrherr, Hochw. H. Pfarrer Franz P. Heimbucher einzog.
— 180 —
Hier fanden hohe geistliche Würdenträger aller Weltteile
ihre Aufnahme; Kardinäle, Bischöfe und Aebte. Kardinal
Nuntius Frühwirt weilte öfters hier. Sehr schöne alte Kreuz-
wegstationen zieren den geräumigen Korridor des Pfarrhofes.
Wenn wir Musiker sind, wird der gegenwärtige Pfarrherr
alsbald das Klavier öffnen, seine treffliche Violine hervorholen
und wir werden so schnell nicht wieder entlassen werden.
In der Nähe des Pfarrhofes, über dem Mühlkanal, wohnt 139 a
der neue Judasdarsteller.
Wenn wir um den Pfarrgarten herumgehen, gelangen
wir zum Kirchplatz. Das Kirchbauernanwesen (89) beher-
bergte einen besonderen Freund Oberammergaus, Professor
Hoehl, das Bäckerhaus (48) 1880 den Nordpolarforscher
Payer; das Funkhaus (87 a) war das ehemalige Schulhaus,
in dem Dedler wirkte. Beim Eingange in den Gottesacker
waren früher die Gedenktafeln für den Kompositeur Schäfer
und den Dichter Triftshäuser. Die Gemeinde hat sich selbst
geehrt durch das Denkmal beim Kircheneingang für einen
ihrer besten Freunde, den Passionskompositeur Rochus Ded-
ler; ihm gegenüber ist der frische Grabhügel Monsignore
Schröders und hinter dem Denkmal jener des Kommerzien-
rats Lang. In dessen Nähe ruhen Bürgermeister Johann
Lang und der Vater Zeno Diemers, Joseph Diemer, und
dessen Onkel, der unvergeßliche Prologsänger Johannes
Diemer.
Wir betreten nun die Kirche, sie ist hell und geräumig,
im Zopfstil gehalten, der Hochaltar ist sehr reich und hat
sehr viele Figuren, die Kommunionbank mit zwei Kande-
labern ist neu und wurde in der hiesigen Schnitzschule ge-
fertigt, ebenso wie die Reihe der Apostelleuchter. Neu sind
auch die gemalten Kirchenfenster, die ausgezeichnete Orgel
von Steinmeyer in Oettingen mit der prächtigen l^rospekt-
orgel in feinem Rokoko und im Turme das Geläute, erst
heuer gegossen in der Glockengießerei von Hamm in Augs-
burg. Das letzte schöne Geläute, ebenfalls von Hamm, fiel
dem Kriege zum Opfer. Das frühere alte Geläute wurde
umgegossen, nur eine Glocke kam nach Ettal. Die Decken-
gemälde sind hübsch; das vordere stellt dar die Stiftung
des heiligen Rosenkranzes mit dem Traumgesichte der Mut-
ter des heiligen Dominikus, das Bild im Kirchenschiff die
Gefangennahme von Petrus und Paulus, den Kirchenpatronen,
— 181 —
Oberainmergau, Inneres der Pfarrkirche
das hintere Bild, eine Nachbildung des Altars in der Petrus-
kirche zu Rom, von dem Taufbecken aus gesehen von sehr
guter perspektivischer Wirkung. Die Kuppelgemälde sind
von Martin Qindter, das schöne Altarbild des hl. Antonius
ist vom Ettaler Kirchenmaler Jakob Zeiller; unter demselben
ist ein kostbares, aus Spanien stammendes Muttergottesbild
mit sehr schönem Rahmen, einem Meisterwerk hiesiger
Schnitzkunst. Gindter ist 1705 zu Unterpeissenberg geboren
und war Schwager des Wessobrunner Stukkateurs Iblherr.
Er malte gegen 30 Kirchen der Umgegend aus, wurde Direk-
tor der Augsburger Malschule und starb auf der Haid bei
Wessobrunn. Unter dem Heilig-Kreuz-Altar befinden sich
die Gebeine des hl. Amandus, welche von dem Bildschnitzer
Eyrl in Rom erworben wurden. ,,Sein Landsmann Noder trug
die heilige Bürde auf dem Rücken heimwärts", berichtet
die Chronik. Beim Choraufgang sind Kanonenkugeln auf-
gehängt, welche vor über hundert Jahren, am 12. Juli 1810
von den Franzosen ins Dorf hereingeschossen wurden. Wir
verlassen die Kirche durch das Südportal und gelangen wieder
zum Gottesacker zu ehrwürdigen Gräbern, dem Grab des
letzten Abtes von Rottenbuch, Herculan Schwaiger, und des
Passionsdichters Geistlichen Rates Alois Daisenberger mit
der ungemein lebenswahren Büste desselben von Bildhauer
Otto Lang. Zwischen diesen beiden Gräbern fand die große
Dichterin und Freundin Oberammergaus, Wilhelmine von
Hillern, ihre letzte Ruhestätte. Der Grabstein ist ein Werk
des Passionsleiters Georg Lang.
W ii h e 1 m i n e V o n H i 11 e r n, geb. am 11. März 1 836,
die Tochter der berühmten Dramaturgin Charlotte Birch-
Pfeiffer, nimmt in der Literaturgeschichte eine höchst ehren-
volle Stelle ein und ihre Romane gehören zu den gelesansten
der ganzen Welt. Ihr Drama: „Die Geierwally", ist heute
noch Zugstück aller Bühnen.
Nach dem Tode ihres Mannes besuchte sie 18S0 zum
ersten Male das Passionsspiel; sie wurde davon so tief er-
griffen, daß sie sich entschloß, hier zu bleiben und sich am
Ende des Dorfes gegen Ettal zu eine Villa zu bauen. Aus
dieser Ergriffenheit heraus entstand auch der vielfach miß-
verstandene und mißdeutete Roman „Am Kreuz". Er ist
freie Erfindung und beruht nicht auf historischen Tatsachen.
Sie lebte zurückgezogen in ihrer Villa, die die Meisterhand
— 183 —
ihres Schwiegersohns, Professors Zeno Diemer, mit herr-
Hchen Gemälden ausgestattet hat, nur ihrer Kunst und
Werken der christhchen NächstenHebe, die sie in die Häuser
der Armen und Kranken des Ortes führte. Nach dem
Spiele 1910 vertauschte sie ihre Villa mit Häusern in
München, zog dorthin, dann nach Tutzing und schließlich
nach Hohenaschau, wo sie am Weihnachtstag 1916 ver-
starb. Obwohl sie dort von ihren Getreuen, besonders von
der Güte des Barons Cramer-Klett und seiner Gattin umhegt
und gepflegt wurde, verlor sie nicht mehr das Heimweh
nach Ammergau bis zu ihrem Tode. Sie wurde zuerst im
Gottesacker von Niederaschau beerdigt, 1921 wurde ihre
Leiche nach Oberammergau überführt. Unweit von diesen
Gräbern hat auch Joseph Mayr seine letzte Ruhestätte, dort
befindet sich auch das Kriegerdenkmal, das 7 Namen vom
Kriege 1870/71 und 68 vom letzten Weltkriege trägt.
Wenn wir durch den Südausgang den Gottesacker ver-
lassen, stehen wir vor dem stattlichen Forstamtsgebäude (91);
seit über 25 Jahren ist Chef des Forstamtes Herr Forstrat
Alois Gröbl, ein hochgeachteter Beamter, der seinen ältesten
hoffnungsvollen Sohn am 5. Juli 1908 auf der Kampenwand
durch Blitzschlag verlor. Zum Forstamt Oberammergau ge-
hören die Förstereien Linderhof, Nogg und Unterammergau.
Im Forstamtsgebäude hat Wyl seine „Maitage" geschrieben.
Im Jahre 1900 wohnten dort u. a. Herzog Ludwig, Kultus-
minister Landmann, Ganghofer. Gegenüber (127) liegt das
Gasthaus zum „weißen Lamm'', ein gutes, altes, während
der Zwischenzeit von den hiesigen getreuen Sommergästen,
namentlich von den Lehrern, gern besuchtes Gasthaus. Maler
Hartmann hat darüber nach Raphael das Bild „Der reiche
Fischfang'' gemalt. „Honny soit, qui mal y pense". Die
gute Dedler-Mutter, eine grundbrave Frau und Wohltäterin
der Armen, ist 1920 gestorben; Vater Dedler, ein
Großneffe Rochus Dedlers, hat sein Haus dem Sohne
übergeben, der das alte Geschäft im Geiste seiner
Eltern fortführt. Hier logierte 1 871 R i c h a r d W a g n e r,
hielten gelegentlich Hofkapellmeister Levi und Altmeister
'der Orgel, Herzog, ihre Einkehr. Nicht weit davon
gegen die innere Hauptstraße zu ist das Gasthaus
„zum Turm", in welchem seinerzeit der Fürst Albert von
Monaco und der Kronprinz von Rumänien Aufenthalt nahmen.
— 184 —
Das Haus neben dem „weißen Lamm^^ (126) zeigt wiederum
sehr gute Fresken, ebenso wie ein anderes im Hintergrund
gelegenes Nachbarhaus (129); neu ist das Haus des Schuh-
machers BierHng, doch pietätvoll das alte, originelle Ge-
mälde (Uebertragung des Hauses Loretto und Fischpredigt
des hl. Franziskus), das im unteren Geschoß des alten
Hauses sich befand und mit diesem fiel, wieder durch Maler
Hartmann getreulich erneuert; von eben demselben stammte
die Freskomalerei im Gasthaus zur „Ambronia^^ Das dortige
Bild fiel der Witterung zum Opfer und wurde durch ein nicht
gerade glückliches neues ersetzt. Der Name Ambronia
stammt von einer ehemaligen Studentenverbindung gleichen
Namens; in der „Ambronia^^ wird vortreffliches Weißbier
verzapft. Die Söhne des früheren Wirtschaftsbesitzers Wolf
fielen dem Kriege zum Opfer.
Neben der „Ambronia'^ führt eine Seitengasse zurück
zur Villa des verstorbenen, bekannten Schriftstellers Josef
Ruederer. Seit 1903 lebte er hier und verweilte dort bis
zu seiner Todeskrankheit. In den Kofelwänden baute er sich
ein Blockhaus, wo er nach dem Ausspruch seiner Gattin
seine glücklichsten Schaffensstunden verlebte. Diese hat in
pietätvoller Weise sein Arbeitszimmer im Hause (93) unter
getreuer Mitarbeit von Dr. Schnoor zu einem Gedächtnis-
raum umgeschaffen, den sie gern zur Besichtigung öffnet.
Treue Liebe, feines historisches Verständnis, die Verbindung
des dichterischen Schaffens und der Hausgeschichte Ruederers
und seiner feinsinnigen Gattin mit der Geschichte und
Tradition Münchens haben einen Raum von köstlichen,
kulturhistorischen Reizen erstehen lassen, ein Schmuck-
stübchen der Biedermeierzeit, der Ruederer zum großen
Teil seine Münchener Dichtungen entnommen hat. Das
Haus hat selbstverständlich in und außer dem Passions-
jahre viele illustre Gäste, besonders Schriftsteller gesehen;
von den 1910 er Gästen seien der König von Schweden,
Fürst Hohenlohe-Langenburg, Geheimrat Schwenninger ge-
nannt. Im Nebenhause (93 a) wohnte viele Jahre der greise
Präsident Dr. Ritter v. Haag, von dem die Dichtung des
in Ammergau gegebenen sehr schönen Dramas „Jephtas
Tochter^^ stammt.
In dem benachbarten Hause des Bildhauers und Holz-
händlers Mangold (98) wohnte 1880 Feldmarschall Moltke.
— 185 —
Sebastian Bauer, Bürgermeister a. D.
Bei dem Schuhmacher Sepp (121) wohnte der Erzbischof
von Milwaukee und der Vorstand der helHgen Synode von
Riga. Eine treue Seele unter den ständig alle Jahre wieder-
kehrenden Gästen Oberammergaus war dort der nunmehr
in Innsbruck verstorbene, frühere itahenische Professor Ben-
dazzi. 120 ist das Haus des Altbürgermeisters Sebastian
Bauer, der selbst den Pilatus und dessen Tochter die Veronika
spielte; seine Tochter Anna ist die gegenwärtige Martha.
Sein Sohn Hans hat die Mariadarstellerin Ottilie Zwink
geheiratet. Er wohnt in der Nähe auf dem Weg zum
Osterbühel (121b). Ein sehr tüchtiger Schnitzer, der leider
in seiner Arbeit durch ein schwer rheumatisches Leiden be-
hindert war und im Januar 1922 verstorben ist.
Haus-No. 107 ist das Heimathaus der Maria vom Jahre
1900, Anna Flunger, Enkelin von Tobias Flunger, jetzt an
den Postboten Bierprügel verheiratet; hier schrieb 1S90 Wyl
seinen „Christus Mayr^^, wohnten Professor Thiersch, Hein-
rich Vogel und Emil Rohde und vor allem weilte dort am
meisten Devrient; dort mochte er unter der prächtigen Linde
manche Stunde mit dem alten Christusdarsteller gesessen
haben. Von dem Flungerhause sind nur wenige Schritte zum
Hause des Schnitzers Philipp Veit (105). Hier befindet sich
ein Relief unserer Gebirgsgegend vom Isartal bis zum Lech
mit der Zugspitze als plastischem Mittelpunkt und den
Stubaier- und Oetztaleralpen als gemaltem Hintergrund, in
einer Größe von 17 qm, einem Flächenmaße von 1:10,000
und Höhenmaße von 1 : 3400, hergestellt von dem Münchener
Hauptlehrer Leo Marxer, der sich nunmehr hieher, wo er
über 25 Jahre seine Sommererholungszeit zubrachte, gänzlich
in den Ruhestand zurückgezogen hat. Als Orientierungs-
punkt für alle Touristen ist dieses Relief vorzüglich. Zur
Erhaltung desselben ist eine bescheidene Eintrittsgebühr zu
zahlen. Marxer fertigte auch solche Reliefs für Schulen.
Von ihm ist auch das großartige Relief der Münchner Wasser-
versorgungsanlage. Hinter diesem Hause wohnt der Zimmer-
palier Rochus Dedler (105 b), ein direkter Abkömmling des
Bruders seines für Oberammergau so bedeutungsvollen
Namensvorfahren; hier führt der Weg zur Schießstätte, vom
Relief weg ein hübscher Fußweg zurück in den oberen Orts-
teil. Wir kehren zur Hauptstraße zurück. Im Hause des
Schneiders Leiß (106) wohnte jahrelang Herr Hauptlehrer
— 187 —
Schnabel, als Pflanzen-Bakteriologe in weitesten Naturfor-
scherkreisen hochgeachtet. Nach dessen Ausspruch gibt die
hiesige Gegend für all€ Botaniker eine hervorragende Aus-
beute, sie sei eine botanische Fundgrube ersten Ranges. Die
Tochter des Hauses ist eine der Hauptsängerinnen unter den
„Schutzgeistern^^ Das nächste Haus gehört dem Distrikts-
tierarzt (111 b). Die daneben sich befindliche frühere Schnitz-
schule (110 c) wurde 1886 erbaut und dient nunmehr als Teil
der Volksschule. Vor der Schnitzschule hat sich der als
Zeichner und Bildhauer gleich geschickte Sohn des ehe-
maligen Passionskassiers Gustav Hohenleitner, namens Ferdi-
nand, ein hübsches Heim gebaut (106 e).
Neben der Schnitzschule ist das Kriegerwaisenheim, das
aus einer Anregung des Kommerzienrates Guido Lang aus
freiwilligen Beiträgen hervorgegangen und dessen Verwal-
tung nunmehr an die Stadt München übergegangen ist.
Von der Schnitzschule weg führt der Hillernweg zum
Lerchenbühel empor; von der Höhe schaut die hübsche
Villa herab, die Frau von Hillern erbaut hat (108). Die
V^illa ging in mehrere Hände über und ist nun im Besitze
des Kommerzienrates Arnold, der in Pasing eine große Tuch-
färberei besitzt. Derselbe nimmt an den Geschicken Ober-
ammergaus warmen Anteil und tut viel für die Hebung
des Ortes und Unterstützung aller gemeinnützigen Unter-
nehmen. In diesem Hause entstanden die letzten Romane
der Frau von Hillern: „Ein alter Streit^^, „Der Gewaltigste'^
und „Der Sklave der Freiheit'^ Frau von Hillern sammelte
in ihrem Hause naturgemäß viele ihr kongeniale Persönlich-
keiten um sich. Hier hielten Einkehr Fastenrath, der Dar-
steller der Oberammergauer Passionsspiele in der spanischen
Sprache, Alfred Meißner, der große Kunsthistoriker Dr.
Xaver Kraus, Julius Rodenberg, Felix Dahn, Paulina Lucca^
Felix Nabor, Hansjakob, die Herrschaften fürstlicher Häuser^
besonders des badischen und russischen Hofes, Angehörige
des Hochadels und der Finanz, darunter Vanderbildt; — wer
zählt die Häupter, zählt die Namen?
Unter der Villa Arnold befindet sich in die Felsen ein-
gesprengt das Haus, worin der ehemalige getreue Kastellan
der Frau von Hillern, Thomas Rendl, Vater des Peter Rendl
und Großvater der jetzigen Magdalena, trefflicher Pilatus-
— 18S —
und Petrus-Darsteller wohnte. Ganz am Ende des Dorfes
wohnt sein Nachfolger als Petrus, Andreas Lang, welcher
das Heimathaus Zeno Diemers bewohnt (110 b), wohin sich
dessen Vater aus der Großstadt in die Einsamkeit zurück-
gezogen hatte.
Es ist ein echtes Künstlerheim; alles ist in demselben
entweder mit bildender Kunst oder mit Pflege der Musik
beschäftigt. Die Schwiegermutter Längs und Mutter Zeno
Diemers stammt aus dem Geschlechte der Iblherr, welche
als die ehemaligen weitbekannten „Wessobrunner Meister''
die Kirchen der ganzen Gegend mit künstlerisch vollendeten
Stukkaturen ausschmückten. Frau Luzie Lang war ehemals
meine beste und treueste Chorsängerin, die Tochter Luzie ist
Schutzgeist, der Sohn Theodor ebenfalls, Faust der rechte
Schacher.
Luzie ist eine sehr talentierte Malerin, besonders von
Blumen. Sie Heferte die Illustrationen zu Miß Milners „Life
in Oberammergau its flowers and Legends''. Ihre Bilder
erregten bei der letzten Münchener Kunstausstellung im
Glaspalaste Aufsehen und wurden vom König von Bulgarien
und einer ägyptischen Prinzessin angekauft.
Die Hauptstraße führt hier nach Ettal weiter, rechts
zweigt die Straße nach Linderhof ab. Auf der Ettalerstraße
befindet sich während der Passionszeit eine große Auto-
garage, die für 200 Autos Raum bietet.
Hinter dem Hillernschlößchen steigt der Reinebichl mit
sehr schönem Rundblick in die Höhe, auf ihm weilte Frau
von Hillern manche Stunde; hinter demselben ist die Schieß-
stätte. Wenn wir über die Ammerbrücke gehen, so führt
uns ein Fußweg links der Ammer den ganzen Korrektions-
bauten derselben entlang mit ihren interessanten Ablässen
und Fischsteigen und an dem Turnplatz vorüber bis zur
Brücke beim Hotel Osterbichl. Nahe dieser Brücke befindet
sich Pension Pöld (121); Frau Pöld ist die Tochter Sebastian
Längs, ihre Schwiegermutter eine nahe Verwandte des Kar-
dinals und Kirchenhistorikers Hergenröther. Ueber der
Brücke ist das Hotel Osterbichl, früher das Besitztum des
Chorführers Johannes Diemer (131). Hier vollendete Frau
von Hillern ihren Roman „Am Kreuz''. Das Haus wird
gegenwärtig von Herrn Dr. Jäger geführt und soll nach
— 189 —
dem Passionsspiel in ein Sanatorium umgewandelt werden.
In den Anlagen hinter dem Hotel ist das „marokkanische
Haus'^ Dasselbe stammt tatsachlich aus Marokko und wurde
von dort anläßlich der 1875 er Ausstellung in Paris aus-
gestellt und von dem ehemaligen Eisenbahnkönig Strous-
berg angekauft. Aus dessen Besitz erwarb es König Lud-
wig II. und stand es jahrelang an einem einsamen Platze
des Ammerwaldes. Nach dem Tode des Königs kaufte es
Johannes Diemer und stellte es hieher, wo es mit seinen im
maurischen Stile gehaltenen Gelassen noch allgemeines In-
teresse erweckt.
An der Straße zur Kreuzigungsgruppe ist eine Villen-
kolonie entstanden. Die schweren zyklopischen Bauten auf
den Hügeln wirken drückend auf die ganze Landschaft, be-
sonders auf die von der Höhe niederschauende Kreuzigungs-
fgruppe. In dem neben dem Hotel befindlichen Weiher gibt
es Badegelegenheit. Das Bad ist milder als das Ammerbad
und hat sehr schwefelhaltiges Wasser. Im Weiher ist auch
Schiffahrtgelegenheit. Der Schlüssel zum Bad ist in der
nahen Waffenschmiede zu holen (132). An der Ammer
entlang führt ein hübscher Fußweg neben einer Reihe neu
erstandener Villen zurück immer abwärts bis zu unserem
Ausgangspunkte bei Hs.-No. 1 und damit ist unser Rund-
gang vollendet.
Jedermann wird sich durch den Rundgang und bei
den Besuchen der einzelnen Häuser davon überzeugt haben,
daß das Interesse der Oberammergauer nicht einseitig im
Spiel allein aufgeht, sondern das weite Gebiet aller bürger-
lichen Interessen, besonders aber das der Kunst, des Kunst-
Igewerbes, der Malerei, Bildhauerei und Literatur einbezieht.
In jedem Hause fast wird er sprachkundige Personen treffen,
ein Klavier oder mindestens ein anderes Musikinstrument,
guten Wandschmuck und eine meist gutausgewählte Biblio-
thek. Die Häuser sind behaglich für die Fremden einge-
richtet, diese sind herzlich willkommen und es läßt sich
überall gut verweilen. Manch ein Besuch in einem Ammer-
gauer Haus hat zu alljährlicher Wiederkehr und Lebens-
freundschaften geführt. So war es von jeher und wird es
auch diesesmal wieder sein.
— 190 —
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11. KAPITEL.
Oberammergaus Umgebung.
Ein von dem Oberammergauer Fremden- und Verschö-
nerungsverein seinerzeit herausgegebener Ortsprospekt sagt
mit Recht:
„In den seltensten Fällen werden die Tausende Fremden,
welche Oberammergau während der Passionsspielzeit be-
suchen, die Naturschönheiten unseres Dorfes gewahr. Wie
sollte dies auch möglich sein?
Denn nur für kurze Stunden kommen die Besucher
hieher und vor der zwingenden Macht, welche das Spiel
ausübt, verschwinden die Nebensachen und der Fremde be-
trachtet Ammergau nur als Stätte, auf welcher mit erschüt-
ternder Wirklichkeit das erhabenste Drama zur Darstellung
gelangt. Und doch ist es wert, das Dörfchen in landschaft-
licher Beziehung ins Auge zu fassen.
Allen jenen, welchen die Umstände nicht erlauben,
während der Passionsspielzeit längeren Aufenthalt in Ammer-
gau zu nehmen, aber auch sonst unsern lieben Freunden aus
Nah und Fern möchten wir den Rat erteilen, auch in anderen
Zeiten uns aufzusuchen. Da werden sie dann finden, daß
Ammergau nicht nur ein berühmtes Passionsdorf ist, sondern
auch einen idyllischen Landaufenthalt darstellt. Wir Vvollen
in der folgenden Skizze alle jene Gesichtspunkte aufführen,
welche den Charakter
O b e r a m m e rga u s a Is S o m me rf r is ch e
rechtfertigen.^'
Und in der Tat hat sich Oberammergau seit 1900 wach-
send als gern und immer wieder besuchter Sommerfrischort
eingeführt. Seit Jahren haben sich hier eine Münchener
Lehrerkolonie und eine Offizierskolonie eingebürgert; daß
— 191
die Mitglieder derselben alle Jahre immer wieder den Ort
aufsuchen, ist der beste Beweis, daß hier gut zu weilen ist
und daß Ort und Umgebung auch für längeren und blei-
benden Aufenthalt Reize und Anregung bietet.
Von dem ersten landschaftlichen Eindruck des Ortes
sagt genannter Prospekt:
„Wenn wir mit der Bahn von Kohlgrub her auf dem
Hochplateau bei Saulgrub den höchsten Punkt „der elek-
trischen Lokalbahn^' und damit auch jenen der bayerischen
Bahnen überhaupt erreicht haben, öffnet sich unseren Blicken
der ,,Ammergau^^ Der Eindruck ist lieblich schön: im Hinter-
grunde die zackigen Rücken des Brunn- und Ammergebirges,
links das Ettaler Mandl, in der Mitte der steile Kofel als
Wahrzeichen Oberammergaus und rechts der prächtige Fels-
kegel Klammspitz. Ueber die saftig grünen Matten der
Berghänge liegt glänzendes Sonnenlicht und dazwischen
schimmern einzelne Almen und Häuser, manche so zierlich
anzusehen, als wären sie aus einer Spielschachtel genom-
men und auf den grünen Plan gesetzt.^'
Jeder Schritt des Ortes bietet uns andere Bilder, ob
wir von Osten oder von Westen kommen: von Westen von
der Kreisleine aus im Vordergrund das Passionstheater, im
Hintergrund der Laber, welcher oft des Abends mit dem
vollen leuchtenden Zauber des Alpenglühens Übergossen ist
und mit dem Durchblick bei der Ettaler Paßstraße zu den
Esterbergen und dem gewaltigen Bergstock der Not, von
Osten aus die ehemalige Hillernvilla im Vordergrund, das
Dorf mit seiner langen sauberen „Außergaß" friedlich dahin
gelagert, das Tal bis nach Unterammergau und weiter hinaus
von dem Kofel, dem Sonnenberg, Zahn und Pürschling und
rechts von den lieblichen Hängen des Aufacker, der drei
Reichen und des Kohlgruber Hörnle eingesäumt. Und wenn
wir im Norden von dem ehemaligen Lieblingsplätzchen des
Hochw. H. Geistlichen Rates Daisenberger den Ort be-
schauen, überschattet ihn das Wahrzeichen von Oberammer-
gau, der Kofel mit seinen Schroffen und Wänden; stehen
wir aber im Süden am Fuße der Kreuzigungsgruppe, dann
liegt der Ort mit seinen sauberen Straßen und der sich
lieblich dahinschlängelnden Ammer in der Vogelperspektive
vor uns. Auch im Orte selbst haben wir überall wieder
— 192 —
andere liebliche Bilder, z. B. vor dem Gasthaus zur Post,
beim „Brunnenmetzger^^ (Weißes Lamm), von den Veranden
des Witteisbacher Hofes oder des Kommerzienrat Lang-
Hauses oder von der Veranda des Osterbühels. Ueberall
verschieben sich wieder die Kulissen der herrlichen Natur-
bühne, überall ergeben sich wieder andere Gruppierungen
der Berge, die von allen Seiten über die Dächer der freund-
lichen Häuser hereinschauen. Wie schön ist der Ort im ersten
Blütenschmuck des Frühlings, wie schön sind dann die Wald-
höhen, wenn das erste frische Grün des Buchenlaubes nach
und nach immer höher ins Tannendunkel der Berghöhen
hinaufsteigt! Wie behaglich ist es auf den Berghalden zu
weilen, wenn der Wind so frisch und erquickend durch den
Wald rauscht und hunderte von Wässerlein überall her\^or-
sprudeln, während draußen im Flachland auf allem sengend
die Sonne brütet, wie schön, wenn das helle Buchenlaub
zur Herbstzeit noch einmal seine Lichter in das Walddunkel
wirft und, wenn draußen im Flachland zu Allerheiligen oder
Lichtmeß wochenlang feuchtdüsterer Nebel auf Natur und
Gemüt lastet, spannt sich da herinnen ein tiefblauer Himmel
über das sonnenbeschimmerte Tal. Ich habe öfters um diese
Zeit und auch noch später in Oberammergau im Freien zu
Mittag gegessen. Allerdings darf man nicht im Schatten des
Kofels wohnen, denn dort geht von Maria Empfängnis bis
Lichtmeß die Sonne nicht mehr auf, einige Wochen zuvor
und danach haben diese Hausbewohner zweimal Sonnen-
aufgang, zum erstenmal um zehn Uhr, gegen 11 Uhr geht
die Sonne hinter dem Kofel vorbei und zum zweitenmal um
1 Uhr, wo sie auf der Westseite wieder hinter dem Kofel
hervorkommt. Wie wunderbar schön aber ist es an Winter-
tagen, wenn sich überallhin die saubere, blendendweiße
Schneedecke ausbreitet und der Rauhreif auf Bäumen und
Zäunen gUtzert wie das Lichterspiel Tausender von Dia-
manten. Von der zauberhaften Schönheit einer Winternacht
haben aber die wenigsten eine Ahnung. Ich bin einmal in
einer Sylvestermitternacht bei Vollmondschein mutterseelen-
allein über den Ettaler Berg hinaufgegangen, aber ich glaube,
es hat noch keiner je um diese Stunde mit solcher innerster
Ergriffenheit irgendwo sein Entzücken hinausgejauchzt wie
ich. Der Wintersport hat die Schönheit und Gesundheitskraft
— 193 — 13
des Bergwinters erkannt und gerade Oberammergau ist ti:i
Hauptort für denselben geworden.
Die Broschüre „Oberammergau im Winter", kostenlos
zu beziehen durch den Wintersportverein Oberammergau,
gibt das Nähere über Touren- und Sportverhältnisse an.
Die Umgebung hat ein ideales Skigelände, das rings um das
Dorf bis zu den Gipfeln des Laber, Pürschling und Aufacker
reicht. Sprunghügel-, Eis- und Rodelbahnen finden sich in
nächster Nähe des Ortes. Die 1920/21 errichtete neue
Sprungschanze nahe dem Orte zählt zu den größten Sprung-
schanzen des Reiches und läßt Skisprünge weit über 40 m zu.
Der Wintersportverein veranstaltet Skikurse, Skiführungs-
touren und vergnügte Abende mit Konzerten, Theater, Vor-
trägen, Lichtspielen und Tanz. Für sportliche Ausrüstung
ist in den Geschäften, besonders im Kaufhaus Hermann Rutz
und Lang sei. Erben gesorgt.
Aber auch den Passionsspielbesuchern ist, wie schon
im Geldkapitel bemerkt, zu raten, nicht unmittelbar nach
dem Spiele, womöglich noch vor dem letzten Halleluja den
Ort zu verlassen, sondern noch einen Tag oder ein paar Tage
zu verweilen. Man ist sicher da im Ort mindestens gerade
so gut aufgehoben als an irgend einem Nachbarort, wohin
sich der Fremdenstrom wälzt. Die Hausleute sind gerne
bereit, das Zimmer noch für w^eitere Nächte preiswert zur
Verfügung zu stellen, stände es sonst ja doch bis zum
nächsten Spiel leer. Und man hat nach dem Spiel viel
elier Gelegenheit, Ort und Leute kennen zu lernen, als an
den Spiel- und Passionstagen; die Spieler gehen nach glück-
lichem Gelingen des jeweiligen Spieles gerne aus sich heraus
und geben interessante volks- und spielkundliche Aufschlüsse.
Und dann bieten die näheren und weiteren Spaziergänge
und Ausflüge viel des Schönen und zur Erholung.
I. Nächste Spaziergänge.
1. Zur K r e u z i g LI n g s g r u p p e. Vier Wege, a) Von der
untersten Aminerbrücke nächst dem Bahnhof weg, auf dem vom
Verschönerungsverein angelegten Spazierweg links der Ammer bis
zur nächsten Brücke, von dort dann rechts zum Fußweg, hübsch,
aber bei nassem Wetter nicht zu empfehlen, b) Von der mittleren
Hauptstraße ab zum durch seine Wandgemälde (Christus-Pilatus)
erkennbaren Doktor Lang-Haus, von dort über die zweite Ammer-
brücke; Anschhiß an Weg a. c) Von der äußeren Hauptstraße
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bei Schuhmacher Sepp rechts in die Seitenstraße; über die Brücl<e
am Hotel Osterbichl vorüber auf 1875 schön angelegtem Prome-
nadeweg zur Kreuzigungsgruppe, d) Am weitesten, aber schön-
sten, lieber die Linderhofer Brücke unter dem Hiilernschlößchen
auf der Hauptstraße bis zum Bergvorsprung, dann in kurzem,
leichtem Anstieg zur Ethikoshöhe. (Ethiko, der sagenhafte erste
Bewohner des Ethikotals, Ettals.) Von hier immerwährend den
Berghang entlang auf schön gepflegtem, aussichtsreichen Gang-
steig zur Kälberplatte, über den Viehweideweg hinüber, auf schat-
tigem Fußweg weiter zur Grotte, immer gleicher Richtung unter
dem Kofel, wo dann der Waldweg, nunmehr nach dem Dichter
Maximilian Schmidt, Waldschmidtweg genannt, etwas ansteigt zum
Malerstein und dann in sanfter Aufwärtsbewegung und in weitem
Bogen bis zur Kreuzigungsgruppe hinüberführt.
Die Kreuzigungsgruppe ist das größte, künstlerisch aus-
geführte Steindenkmal Deutschlands. Die Gesanithöhe beträgt rund
nio m, das Kruzifix allein 9 m, die Seitenfiguren 5V2 m; es wurde
aus Kelheimer Marmor gefertigi: von Bildhauer Johannes Halbig
von München. Derselbe ist geboren am 13. Juli 1814 zu Donners-
dorf (Unterfranken); von ihm stammen zahlreiche Statuen in der
Befreiungshalle bei Kelheim, Büsten der neuen Pinakothek in A\ün-
chen, die Emanzipationsgruppe in New-York.
Die Kreuzigungsgruppe ist ein wahrhaft königliches Geschenk
und zwar von Seiner Majestät König Ludwig II. anläßlich seines
Besuches des Passionsspieles am 24. September 1871. König
Ludwig II. nahm lebhaftes Gefallen an den Passionsspielen und
empfing mehrmals Beteiligte in Audienzen; bei den Bauten in
Linderhof wurde den Oberammergauern viele Arbeit zugewendet.
Se. Majestät besuchte auch das Uebungsschauspiel: „Die Grün-
dung des Klosters Ettal" von Pfarrer Daisenberger und schenkte
der Gemeinde hiefür das Glasgemälde Ludwig des Bayern, welches
nunmehr im Rathause angebracht ist. Alle Jahre am Geburts-
tage Seiner erlauchten Mutter kam er des Nachts hieher und
betete an den Stufen des Denkmals, in tiefste Andacht versunken.
— Am Freitag, den 15. Oktober 1875 war die feierliche Enthüllung:
Generalkapitän Freiherr von La Roche als Vertreter seiner Majestät
nahm die Enthüllung und Erzbischof Scherr die Weihe vor.
Auf dem Wege zur Kreuzigungsgruppe hat Reverend John
Henrv Mac Crackan, erster Rektor der amerikanischen Kirche in
München, am 21. Juli 1907 auf Wunsch seine letzte Ruhestätte
gefunden; ein einfacher Tuffsteinaufbau ziert das Grab.
2. Zur Lourdesgrotte. (i^ Stunde oder auch bei Ic an-
gegebenem Weg in 34 Stunden.) Nächster Weg beim Schuhmacher
Sepp in die Seitenstraße einbiegen, über die Brücke, dann Fuß-
weg links der Ammer entlang aufwärts am Stauwehr vorbei bis
zum Kofel; hier beim Brückchen am Walde rechts den Weg hmauf;
hier die Grotte. Dieselbe wurde von der Familie Schilcher errichtet
und ladet zu stiller Andacht ein.
3. Zum Bärenloch. Die Ettaler Straße bis zu den großen
Felswänden, welche die Straße zum Umbiegen zwingen; kurz zuvor
— 195 — ly
links abzweigend Fußweg zur Höhe in eine Felsenhöhle, genannt
„Bärenloch". Von derselben grüßt auf 'die Straße eine Statue
des auferstandenen Heilands. Aus der Höhle einen schönen Blick
zu dem Kofel hinüber.
4. S t. Gregor. Durch die schönen Gärten der Zwinkkolonie
zum Leinedamm, in der Nähe das Krankenhaus; an der Leine
oder auf dem Wiesenwege zum Bade St. Gregor. Erfrischende
Quellbäder, Schlüssel in der Restauration, dort auch warme Bäder,
Restaurationsgelegenheit, hübscher Garten. Weiter oben Kapelle,
geweiht St. Gregor als Patron gegen Wassergefahr; in derselben
Bild des früheren Passionsspieles. Während der Passionszeit auch
Zelebriergelegenheit, Anmeldung im Pfarrhof. — Ueber einen Steg
der Leine hinüber zu einem kleinen Hügel, Lieblingsplätzchen des
Passionserneuerers geistlichen Rates Daisenberger. Dort wurde ihm
von seinen Freunden und Schülern eine Eremitage erbaut. In deren
Nähe die Kuranstalt Waldheim, neben derselben Pflanzgarten des
Obstbauvereins. Von St. Gregor weitere Wege zu Aufacker und
Laber und Paßweg zwischen denselben über das ,, Bärenloch" nach
Eschenlohe.
5. H i II e r n w e g. Benannt nach der Dichterin Wilhelmine von
Hillern, geht von der äußeren Ettalerstraße links bei dem Krieger-
waisenheim ab, hinter der ehemaligen Hillernvilla zum Reinebühel,
an demselben oder hinter dem Reinebühel über die Schießstätte zum
Lärchenbühel; von hier aus weiter zur Ludwigshöhe oder am Fuße
des Labers hinauf nach St. Gregor.
6. Ammerweg. Die Ettalerstraße hinaus zum Holzplatz und
Turnplatz, von da an der Ammer entlang bis zur Bahnhofstraße.
7. Zu den Kasten, Weg nach Unterammergau; nach einer
leichten halben Stunde abzweigender blaumarkierter Weg, Blick von
den Kasten, vorstehender Bergkuppen auf Unter- und Oberammergau,
Kappel und das Pulvermoos sowie auf den gegenüberliegenden
Bergzug.
8. Zum Leyrenhof, hinter den Zwinkhäusern beim Beginn
des Leinedamms nach Nordwesten dem Aufacker zu, auf dessen an-
steigender Halde der Hof schön gelegen ist.
II. Weitere Ausflüge.
Für weitere Ausflüge ist eine genaue übersichtliche Orien-
tierungstafel am Rathausemgang angebracht. Die Wege sind in der
Farbe der wirklichen Markierungen eingezeichnet. Dieser Tafel sind
nachfolgende Touren entnommen:
Oberammergau: Ettaler Mandl, Laberalpe, Schartenkopf, Laberjoch
4 Stunden.
Ettaler Mandl, über Bärenbad-Soile 23/4 Stunden.
„ „ Abstieg nach Ettal li/o Stunden.
Aufacker, direkt 2io Stunden.
„ über Bärenbad 4 Stunden.
direkt Hörndle 41/2 Stunden.
„ „ Kohlgrub 6 Stunden.
— 196 —
Oberammergau: direkt Hörndle Unterammergau 6 Stunden.
„ Eschenlohe über Bärenbad.
„ direkt Kofel II2 Stunden.
Teufelstättkopf und Kolbenalpe, Pürschling 33/4 Std.
„ „ und Kofel 41/2 Stunden.
Pürschhng, Abstieg nach Unterammergau 2 Stunden:
„ „ „ Linderhof 2 Stunden.
„ Sonnenspitz, Graswang 334 Stunden.
„ Notspitze 5 Stunden.
Kreuzspitze, Eimau, Kuchelberg 6 Stunden.
„ Hochplatte 6 Stunden.
„ Klammspitze, Linderhof, Brunnenkopt 6 Stunden.
„ „ PürschHng 61/2 Stunden.
Höhenangabe der Berge.
.Ort selbst 841 m, Kofel 1342 m, Not 1889 m, Zahn 1620 m, Pürsch-
ling 1566 m, Ettaler Mandl 1639 m, Laberjoch 1683 m, Scharten-
kopf 1634 m.
Besonders lohnende Partien sind:
9. L a b e r. Ettaler Mandl. Den gleichen Weg (Nr. 4),
aber dann nicht im Tal bleiben, sondern an dem serpentinenartig
laufenden Weg aufwärts; längere Zeit dann eben weiter bis zu einem
Feldkreuz, dann abwärts zu den Schwaigen (Bauernhöfe) und nach
Eschenlohe oder rechts aufwärts zum Laber und noch weiter rechts
zum sogenannten Soilesee. — Auf den Laber: Zurück zur Laber-
hütte, dann Laberjoch 1683 m oder von der Laberhütte weg zur
Laberscharte. Blick auf Ettal, Ober- und Unterammergau, das Gras-
wangtal bis Linderhof. Das Unterkunftshaus in der Laberscharte ist
Eigentum der Alpenvereinssektion Starnberg und wird sehr gut be-
wirtschaftet. ., .
Der gleiche Anfangsweg für das Ettaler Mandl; jedoch eben
weiter zum (häufig ausgetrockneten) Soilesee, von da weiter zum
Ettaler Mandl; letzte Partie nur für geübte Bergsteiger.
Kobell hat das Ettaler Mandl besungen:
„'s Ettaler Mandl ist groß und stark.
Hat in die Fuß a beinems Mark,
Kümmert si' not um Wetter und Wind,
Is a wahrhaftigs Felsenkind."
10. Aufacker. Von der Zwinkkolonie etwas nach links über
die Wiesen, anfangs ziemlich steil, dann aber langsam aufwärts. An
die hnke Bergführung halten, oben aber nach rechts. Schöner Blick
in die oberbayerische Hochebene. Ammer-, Starnberger-, Staffel- und
Riegsee, Weilheim, Murnau, Benediktbeuern, 21/2 Stunden. Das gleiche
Panorama hat man von den drei Hörnle, den sich nach Nordwest
anschließenden Bergausläufern, welche besser von Unterammer-
gau oder Kohlgrub aus bestiegen werden.
11. Not. Von der Ettaler Mühle aus Jagdsteig. Am Schlüsse
Vorsicht, sich nicht in den Legföhren vergehen; zweiter Weg Linder-
hofstraße links zur Dickelschwaige, zur sehr hübschen Gießenbach-
klamm auf dem Gießenbachsteig weiter. Aussicht auf das Wetter-
— 197 -
stcingcbirge und ins Flachland bis zum Lechtal. 5 Stunden; nur für
ausdauernde Steiger.
12. Kofel, Pürschling, Brunnenkopf. Vom Ort weg
wie Partie 2 beim Schuhmacher Sepp in die Gasse gegen die Ammer
zu einbiegend über die Ammerbrücke, links Fußweg weiter, immer
links zur „Kälberplatte'', dann rechts zum höchsten Punkt des
Wiesenflecks, Serpentinenweg, oben weiter gerade aus zum Pürsch-
ling und Brunnenkopf auf schönem Weg, oder rechts zur „Kofel-
küche" (woher der Sage nach das ^, Kofelweib" die neugebornen
Kinder zu Tal bringt), dann, am Rücken des Kofels aufwärts, Draht-
seile benützen. Kurze Partie (If 4 Stunde), aber am letzten Teile nur für
Schwindelfreie. Aussicht unterwegs und oben verhältnismäßig gering,
nur ins Ammertal; Oberammergau von der Vogelperspektive, i^ürschling
1560 m; herrlicher Blick auf Linderhof, den Kuchelberg, die rauhen
Wände und Zugspitz. Flachland geringer Ausblick. Die Unterkunfts-
häuser auf dem Pürschling sind Eigentum der A.-V.-S. Bergland.
Uebernachtungsgelegenheit und gewissenhafte, durch die A.-V.-S,
sorgsam geregelte und überwachte Verpflegung. Das Pürschlinghaus
war öfter von König Ludwig IL besucht, später Jagdhaus im Revier
des Prinzregenten Luitpold.
Ein Weg, blau markiert, führt südwestlich hinab nach Linder-
hof. Die Grattour wird fortgesetzt durch Besteigung des Teufels-
stättkopfes, 1753 Meter, direkt im Westen vom Pürschling. In
gleicher Richtung dann absteigend und einen großen Kessel links
umgehend, erreicht man bald auf teils grasigen, teils latschenbewach-
senen Hängen den Hennenkopf (Westgipfel 1768 Meter), der sich
gerade über dem Schlosse Linderhof erhebt. Rechts unten aus-
gedehnte Waldungen, das Gebiet des „Wilden Jägers". Links ab-
steigend, kommt man zum Verbindungsweg, der vom Pürschling-
Jagdhaus auf der Südseite unterm Kamme zum Brunnenkopf-Jagdhaus
führt. Diesen Weg wird man auch benützen müssen, wenn aus jagd-
lichen Gründen der Teufelsstättkopt gesperrt ist, oder falls es sich
bewahrheitet, daß er überhaupt mit Stacheldraht vollständig abge-
sperrt ist. Auch das Jagdhaus am Brunnenkopf hat eine entzückende
Lage mit Aussicht zur Kreuzspitze und den Trauchgauerbergen. Es
wird überragt vom schmalen, grasigen Hörnchen des Brunnen-
k o p f e s, ca. 1700 Meter. Vom Jagdhaus geht es um das Hörn
links herum und westlich ins Wintertal, das man in seinem Schlüsse,
einem gemsenreichen Kessel, umgeht. Steige oder besser Steig-
spuren führen zum Grat — aus grasigen Schroffen bestehend
— und auf diesem zum Gipfel der Klammspitze, 1918 Meter,
2 Std. vom Jagdhaus. Abstieg ins Ammergries südlich nicht zu
empfehlen. Er ist nicht nur schwierig und schwer findbar, er
führt auch in ein zwar noch bayerisches, aber jenseits der Grenz-
wache gelegenes Gebiet, was besonders paßlosen Touristen Unan-
nehmlichkeiten -bereiten könnte. Also lieber zurück zum Brunnen-
kopf-Jagdhaus. Hier leitet ein gutgepflegter Reitweg hinab in den
Schloßpark von Linderhof. Vom Forsthaus gibt es Fahrgelegenheit
nach Oberammergau. Eine herrliche, allerdings stramme, 10—11 stün-
dige Tour, die sich nur für die langen Tage des Frühsommers eignet.
— 198 —
13. Unterammergau — Pürschling. (Beschreibung von
Unterammergau siehe Kap. Q Fahrt nach Oberammergau. Von
Unterammergau über die Schleifmühlen (vom Ptarrhot Unterammer-
gau weg links) schattiger Reitweg zum Pürschh'ng.
14. Unterammergau, Altenau und K o h I g r u b. An
„Kappel" vorbei, Wurmannsau, Hnks seitwärts Abzweigung nach
Altenau, von dort nach Nogg oder auf dem Fußweg über die
Ammer zur Staatsfohlenanstalt Acheleschwaig, von Acheleschwaig
abwärts I4 Stunde zu den Elektrizitätswerken; rechts Fußweg
(Zeiger angeben) über Krackenau direkt zum Bade Kohlgrub,
liehe Ausblicke auf dem ganzen Weg.
Herr-
Die Rahmbauern (1 Stunde von Oberammergau)
15. Ob e r amm erg au — Linde r h of. 21/2 Stunden. Hohen-
schwangau und Neuschwanstein. Staatsstraße über die Kälber-
platte (siehe Kofelpartie), jedoch wieder abwärts zur Staatsstraße,
dann neuerdings Waldweg rechts über Rahm (Rahmbauern)
oder auf der Straße weiter; bei der Kreuzung der Staats-
straße rechts. (Links später Abzweigung zur Dickelschwaige
(siehe Notpartie Nr. 7), Graswang, gutes Gasthaus, weiter
nach Linderhof. Rechts der Sonnenberg mit Blick auf den
Zahn und Pürschling mit dem Königshaus; links Not, Frieder,
Kuchelberg. Zwischen letzteren Durchblick zur Zugspitze, vorge-
lagert die Rauhköpfe; hier durch über die vordere Elmau nach
Griesen. Geradeaus nach Linderhof. Forsthaus (Restauration) echtes
199 —
^
weidmännisches Heim, in dem der Wildbraten zum Tiroler Spezial
vorzüglich mundet. Gute Gelegenheit zum Uebcrnachten. Auch
im Winter lohnt sich ein Ausflug hieher nicht nur wegen dem
imposanten Bild der großen Wintereinsamkeit in den Bergen, son-
dern auch wegen der in der Nähe des Forsthauses stattfindenden
Wildfütterung, welche oft bis zu 100 Stück Hochwild vertraulich
zu Tal führt. — Fünf Minuten vom Forsthaus Brücke über das
Lindergries, dann links zum Verwalterhaus, rechts zum Schloß.
Im Verwalterhaus ebenfalls sehr gute, den höchsten Ansprüchen ge-
Schloß Linderhof
nügende Verpflegung und Unterkunft. Postanstalt und Billetten-
schalter. An letzterem erhält man die Eintrittskarten, 3 Mk., für
Besichtigung des Schlosses, der Grotte (Beleuchtung bei Lösung
von wenigstens zehn Eintrittskarten) und des Kioks. Die Wasser-
werke springen nur (1/4 Stunde) um 12 Uhr und abends 1/26 Uhr.
Schönster Anblick beim Gehen der Wasserwerke von der vorderen
Terrassenhöhe aus.
Das Schloß ist eine Nachahmung von Klein-Trianon in Ver-
sailles, im Rokokostil 1869—78 von Dollmann erbaut, mit schönen
Gartenanlagen von Effner. Der Bau läßt erkennen die Vorliebe
200
König Ludwigs II. für die künstlerischen Schöpfungen Ludwig XIV.
und Ludwig XV.; die Grotte seine Begeisterung für die Romantik
Richard Wagnerscher Muse. Die Hauptfassade ist mit Statuen ge-
schmückt, am vorspringenden Mittelbau sind drei vergoldete Gitter-
tore, darüber eine Viktoria, dann das bayerische Wappen, zu oberst
Atlas mit der Weltkugel. "Die Eintrittshalle enthält die eherne
Reiterstatue Louis XIV.; an dei^ Decke eine Sonne mit der Inschrift
„nee pluribus impar"'; im prächtigen Treppenhaus steht eine von
Napoleon III. geschenkte blaue Porzellanvase mit Malerei (Esther)
aus Sevres. Die marmorne Doppeltreppe führt in den 1. Stock.
Vor dem Schlosse ein großes Bassin mit Fontäne, umstanden von
den Statuen der Jahreszeiten, in seiner Mitte die vergoldeten Zink-
istatuen der Flora mit Amoretten, rechts eine prachtvolle Linde,
der terrassierte Hügel ist mit Löwen und Nixenbrunnen ausgestattet
und einer Felsennische mit der Büste von Marie Antoinette; hier
befindet sich nun die Statue Seiner Majestät König Ludwigs IL,
von Amalie Ney modelliert, von Frosch in Marmor ausgeführt. Diese
Statue ist künstlerisch hervorragend gearbeitet, zeigt aber den König
in der schmächtigen hageren Figur seiner ersten Regierungszeit;
dieselbe läßt die imposante, fast riesenhafte Gestalt der späteren
Zeit nicht entfernt ahnen; oben ein Rundtempel (Monopteros) mit
3 m hoher Marmorstatue der Venus von Hautmann.
Hinter dem Schlosse der Neptunsbrunnen und Kaskade mit
breiten Terrassenabsätzen. Zehn Minuten vom Schloßeingang rech-
ten Laubgang hinauf, die Grotte mit kleinem See, auf dem ein Lohen-
grinkahn, im Hintergrunde Gemälde von Heckel: Tannhäuser im
Venusberg. Maurischer Kiosk, Malachitvasen, Pfauen, deren Schweife
aus Edelsteinen und Perlen. Die Pfauen wurden vor einigen Jahren
gestohlen, die Diebe aber auf der Flucht über die Tirolergrenze
ertappt.
Vor man an das Schloß kommt, ist seitwärts auf dem Wege
zum Verwalterhaus das Jagdhaus, in. welchem Se. Kgl. Hoheit Prinz-
regent Luitpold von Bayern und hochdessen Söhne während der
Kgl. Hofjagden Aufenthalt nahmen. Prinzregent Luitpold bewohnte
auf seinen häufigen Jagdbesuchen niemals die Prunkräume des
Schlosses.
Von Linderhof führt der Weg bald in den stillen Ammerwald,
dessen „Schweigen des Waldes" auf jedes tiefe Gemüt einen er-
hebenden Eindruck macht; I1/2 Stunden von Linderhof entfernt unweit
der Straße (durch Zeiger markiert) ist das von König Ludwig IL
erbaute und oft besuchte Hundingshaus, eine altgermanische Hütte,
wie eine solche der aus der Walküre bekannte Hunding mit seiner
Sieglinde nach der Sage bewohnt haben soll. In der Nähe liegt die
Eremitage, der Einsiedelei des Gralsritters Gurnemanz nachgebildet.
In der Nähe des Hundingshauses ist die Grenze zwischen Bayern
und Tirol. Beim Austritt aus dem Walde gelangen wir zu dem
Hotel „Ammerwald" sowie zum Plansee. Lange Zeit hindurch
wäre diese ganze, an Naturschönheiten so reich ausgestattete Gegend
auf der Grenze zwischen Bayern und Tirol unbekannt geblieben,
wenn nicht weiland Se. Majestät König Ludwig IL von Bayern
— 201 —
den ganzen Reiz derselben mit seiner poetischen, träumerischen
Seele erfaßt und durch seine Bauten den märchenhaften Zauber
vergangener Zeiten wieder lebendig gemacht hätte. Von hier führen
zwei Wege weiter:
a) Plansee mit dem gänzlich renovierten komfortablen ,, Hotel
Forelle" ist der willkommenste Rastplatz, eine günstige Mittag- und
Nachtstation zwischen den Königsschlössern in Linderhof und Neu-
schwanstein (s. Inserat); dem See entlang nach Hotel Seespitz, links
Fußsteig zum Haiterwangersee und nach Haiterwang li/i Stunde
oder am kleinen Plansee über den Archbach zur Kapelle, rechts
Fußsteig zu den 50 m abstürzenden Stuibenfällen, von den Fällen
nordwestlich am Archenbach entlang zur Papiermühle, dann links, in
der Nähe rechts der kleine Urisee, nach Mühl, von dort nach Reutte
(1 Stunde) oder vom unteren Stuibenfall auf die Landstraße, an
Bad Kreckelmoos vorüber nach Reutte und Breitenwang lio Stunden,
dann weiter nach Hohenschwangau, — oder — :
b) von der Ammerwaldhütte weg über den Schützensteig zur
Pöllatschlucht mit der Marienbrücke, von hier aus wundervoller
Blick auf Neuschwanstein. Dorthin weiter oder zuerst herab nach
Schloß Hohenschwangau, von König Max II. neu erbaut.
Hier führte König Max IL den russischen Zaren, nachdem beide
nachts angekommen waren, auf dert Balkon, um von dort im ersten
Morgenglanze das herrliche Panorama mit dem Hopfen-, Schwan-
und Bannwaldsee auf ihn wirken zu lassen. Der Zar aber seufzte
auf und sagte nur: „Diese Berge würden mich erdrücken." Hier
nahm der unglückliche letzte Hohenstaufe Konradin Abschied von
seiner Mutter vor seinem Todeszug nach Neapel. Hier verlebte
Ludwig IL an der Seite seines Bruders Otto und seiner Mutter
Maria seine Jugendtage; inmitten der Lohengrinbilder Chr. Rubens,
Rogers und Quaglios, den Fresken Schwinds aus der bayerischen
Geschichte und den Dichtungen Tassos etc. ging Ludwig IL zum
erstenmal die ganze Pracht der Ritterzeit und Minnesängerzeit,
der ganzen deutschen und romantischen Sage auf. Wer Neu-
schwanstein besucht, möge nicht versäumen, sich auch zuvor das
alte Schloß zu besehen.
N e u s ch w a n ;s t e i n, zugänglich vom 14. Mai bis 15. Ok-
tober, 9—12 und 2—6 Uhr, Sonntags nur 10—12; 13. Juni geschlossen;
Eintrittskarte 3 Mk. im Torbau des Schlosses. Das romantische,
imposante Schloß liegt über der wilden Pöllatschlucht auf jähem
Felsvorsprung, 1008 m ü. M.
Der Bau wurde auf den Ruinen der alten Burg 1869—86 nach
den Plänen von Dollmann, Jank und Riedel unter Berücksichtigung
der Wünsche Ludwig IL im spätromanischen Stil ausgeführt und
bietet von allen Seiten einen großartigen Anblick. Das Material ist
Ziegel mit Marmorquadern bekleidet und Sandstein an den Fassaden.
Eine Zugbrücke geleitet in den von zwei Türmen flankierten Tor-
bau zum untern Burghof (ihm gegenüber die Fundamente des Burg-
friedens), Steinstufen führen in den obern Burghof, rechts das Ritter-
haus, Hnks die Kemenate (für das Hauswesen und die fürstlichen
Frauengemächer), an der Frontseite des Pallas, das Herrenhaus
(der eigentliche Burgsitz) mit den Repräsentationssälen, zwei Seiten-
— 203 —
türmen und dem 63 m hohen Treppenturm. Der Pallas ist ein
fünfgeschoßiger, marmorbekleideter Ziegelbau, an der Front des
JII. Stockwerkes mit- zwei turmartigen Erkern, im IV. Stock sind an
die Seiten des Balkons die Schutzheiligen der Burg: die hl. Maria
Schloß Neuschwanstein
und St. Georg gemalt, den First des Dachgiebels krönt der (kupferne)
bayerische Löwe; an der Rückseite zeigt der II. und III. Stock
eine vorspringende Loggia mit vergoldetem Dache. Im ifrdgeschoß
befindet sich die Küche. Durch den Treppenturm gelangt man zu
den Königsgemächern.
— 204 —
Von Hohenschwangau bezw. Neuschwanstein nach Füssen am
Lech. Bahn: Füssen— Buchloe— München oder Augsburg, oder über
Steingaden (Wies) nach Oberammergau zurück; oder auch Wies,
Rottenbuch, Schongau Landsberg und weiter.
16. Oberammergau — Ettal — Oberau — Parten-
kirchen. Staatsstraße; durch die sogenannte Außergasse (Ettaler-
Straße) hinaus (nicht versäumen, das Relief der hiesigen Gebirgs-
gegend zu besichtigen); auf der Straße Ettal bleiben, sich nicht
durch die scheinbare Abkürzung durch die Linderhofstraße verführen
lassen; am Fuße des Labers („Bärenhöhle") vorbei; großer Stein-
bruch an der Kapellenwand, aus welchem der Marmor zum Ausbau
der Ettaler Kirche gewonnen wird. Rechts die Ammer, schöner Blick
Kloster Ettalj
ins Graswangtal, abschließend die Kreuzspitze und Klammspitze (im
Volksmunde mittlere Partie ein Sarkophag mit der Leiche Max L),
links die Not. Bei der letzten Umbiegung wird die Kuppel der
Ettaler Kirche sichtbar.
Ein früherer Besucher Ettals wird überrascht sein, wenn er
auf einmal die Klosterbauten in neu erstandener, jetzt erst voller
Pracht erblickt. Wieviel hat sich da seit 1900 geändert und wieviel
wiederum seit 1910. 1900 lagen noch, seit dem Säkularisationsjahr
1803, da man drei Tage die Bücher der Klosterbibliothek auf einem
lichterhohen Scheiterhaufen verbrannte, die Kapitale für die Fassade
auf dem Boden; heute ist die Fassade ausgebaut, zwei Türme
205
flankieren sie und hinter dem neuen versteckt sich der alte roma-
nische Glockenturm des Kirchenurbaues in schüchterner Verlegenheit.
Die Fassade der Kirche war allerdings schon durch das Ent-
gegenkommen der Landesregierung, die große Mittel bewilligte,
nahezu in den Jahren 1898-1900 fertiggestellt worden. Der neue
Turm entstand erst 1905; indes muß gesagt werden, daß auch er
nicht die Eleganz und Leichtigkeit der Laterne der Mittelkuppel
erreicht, wenn er auch viel stilvoller gehalten ist als der Notbau des
älteren Hauptturmes.
Noch mehr wird man aber staunen, wenn man die übrigen.
Bauten betrachtet und was aus diesen seit 1900 geworden. Ein
Ostflügel von 100 m und ein Südflügel von 80 m Länge wurden an
die Flankenflügel der Kirche angebaut. Der Südflügel ist der
Prälatenbau, der dem Kloster nach der Landstraße nach Oberau
hin ein ganz neues Ortsbild gibt. In der Mitte dieses Südflügels,
neben der Abtei, ist die Chorkapelle.
1913 wurde der Neubau des Gymnasiums, ein dreistöckiger
Prachtbau aufgeführt mit praktisch angelegtem Turn- und Festsaal,
neuzeitlichen Räumen für Physik- und Chemieunterricht und einer
heizbaren Kapelle in frühchristlichem Stil, der sich hier vom um-
gebenden Rokoko als angenehme Unterbrechung abhebt. Das alte
Bräustübl mußte, nachdem es schon vor 1910 an die Eingangsfront
verlegt worden war, neuerdings den Neubauten weichen. Es bheb
nunmehr nur der schon 1619 erbaute Klostergasthof an der Haupt-
straße übrig mit großem Saalanbau.
Reichsrat von Cramer-KIett hatte 1900 den Bau von dem
Grafen Pappenheim erworben und an die Benediktiner wieder ver-
kauft. In hochherziger Weise stand er denselben zur Wieder-
einrichtung des Klosters bei, und so war es möglich, daß das Kloster
gerade hundert Jahre nach Aufhebung in größerer Pracht denn je
wieder aus dem Boden gewachsen war. Bei Wiedererrichtung des
Klosters war es ein Priorat des Klosters Scheyern, seit 7. Juli 1907
ist es wiederum Abtei. Die Abteikirche wurde durch päpstliches
Breve vom 24. Febr. 1920 zur päpstlichen Basilika erhoben; sie
kommt im Range der Heiligkreuzkirche in Rom, den Wallfahrts-
kirchen von Altötting, Vierzehnheiligen, Assisi und Lourdes gleich.
Durch Veröffentlichung der Urkunde in der „Aula Apostolicae Sedis"
ist Ettals Ruf durch die ganze Welt bekannt worden; die feierliche
Verkündung am Ort am Pfingstfeste 1920 geschah in Gegenwart
des H. H. Nuntius Pacelli. Der gegenwärtige H. H. Abt Willibald,
ein edler, liebenswürdiger und milder Priester *), ist der Sohn des
1915 in hohem Alter verstorbenen Medizinalrates Wolfsteiner, und
ist geboren 1855 und gehörte seit 1876 dem Orden des hl. Bene-
diktus an. Dier Konvent zählt zur Zeit 20 Patres, 9 Kleriker, 7 No-
vizen und 24 Laienbrüder.
Im ehemaligen Seminarstock wurde 1906 ein staatlich anerkanntes
Gymnasium errichtet; die ganze Einrichtung ist in hygienischer wie
*) Der hochw. Herr Abt hat mir bei der Korrektur diese Charakterisierung
gestrichen, da ich aber nicht an klösterlichen Gehorsam gebunden bin. habe ich .«sie
wieder hiehergesetzt.
— 206 —
pädagogischer Hinsicht eine mustergültige. Rektor der Studienanstalt
P. Johann Pfättisch starb 1922. Besonders vom katholischen Adel
wird das Institut besucht. So ist auch i in dieser Beziehung die
Glanzzeit Ettals, das von 1711 — 1748 Ritterakademie war, wieder
zurückgekehrt.
Die wohl zu den schönsten Bauten ihrer Art, nicht bloß
Deutschlands, sondern, man darf kühn sagen, der Welt gehörende
Kirche wurde erbaut auf ein Gelübde des Kaisers Ludwig des
Bayern, der auf seiner Romreise in harter Bedrängnis war. Am
Eingang wurde das alte frühgotische Portai erst im Jahre 18Q7
freigelegt, dieses und der Kreuzgang beweisen heute noch die
anfänglich gotische Bauart. Die am Anfang des 14. Jahrhunderts
erbaute gotische Zwölfeckhallenanlage, das Vorbild der Gralstempel,
ist vorgebildet in der noch älteren Peterskirche zu Wimpfen am
Neckar; einen gleichen Grundriß wies Architekt Jak, Schmitt an der
Kollegial-Stiftskirche Notre Dame la Ronde in Metz nach; nach
diesem Muster w^urden im 15. Jahrhundert erbaut die Himmeltahrts-
kirche in Prag, im 16. Jahrhundert die Kirche zur schönen Maria in
Regensburg. Die Ettaler Urkirche bestand aus einem Zentral-
bau von 25 m Durchmesser, der eine freistehende Mittelsäule hatte,
die mit ihren gotischen Rippen zu einem Sterngewölbe auslief.
Ein verkleinertes Abbild dieser früheren Gestalt ist die Salvator-
Friedhofskapelle in Weilheim (siehe Weilheim). Am Peter- und
Paulstage 1744 zerstörte ein furchtbarer Brand das ganze eigen-
artige Gebäude. 1752 wurde es wieder neu aufgebaut, die so
merkwürdige Rippensäule im Zentrum wurde entfernt, die Um-
fassungsmauern mit Stuckmasse inkrustiert und eine Kuppel im
Barockstil von Enrico Zuccali errichtet. In ihrer jetzigen Form
finden wir sie wieder in der Ignatiuskirche zu Loyola. Wenn auch
vom architektonischen Standpunkte die Entfernung dieser Mittelsäule
zu beklagen ist, so ist es um so erfreulicher, daß der neue Schmuck
der Kirche die Bewunderung der Kunstkenner aller Welt erregt.
Mit Erstaunen sieht man in die überwältigende Pracht des
Kuppelbaues, auf die Herrlichkeit der Kuppelgemälde, Dantes Him-
mel hat hier eine Illustration gefunden, wie wohi kaum noch aut
einem Fleck der Erde. Das Aharbild ist von dem berühmten Tiroler
Maler Knoller; es zeigt die zum Himmel auffahrende Muttergottes,
das Deckengemälde den ganzen himmlischen Hof, der die Heihgen
empfängt, auch dieses in seiner Farbenpracht und Faroenfrischc
unerreicht gebliebene Gemälde ist von Knoller. Diesem Bilde sind
ähnlich die Gemälde des gleichen Meisters in Neresheim (Württem-
berg). Von Knoller stammt auch das leider Gottes völlig zerstörte
Deckengemälde im Bürgersaal; die eigenhändige Skizze dazu besitzt
Pfarrer Aumiller von Fürstenfeld bei Brück in seiner prachtvollien
Altertumssammlung.
Knoller ist geboren am 8. November 1725 in Steinach am Brenner
und starb am 4. Juli, 1804 zu Mailand. Meusel nennt ihn „einen der
ersten und größten Historienmaler unter der ganzen deutschen Nation
alter und neuer Zeit'*.
Der Altar wirkt durch vornehme Einfachheit, die ihn mit dem
Deckengemälde verbindenden architektonischen Verzierungen sind
— 207 -
nicht, wie man glauben möchte, \viri<hche Reliefs, sondern in wunder-
voller Plastik ausgeführte Malereien ebenfalls von Knoller. Zeigt das
Presbyterium die zum Himmel aufschwebende Maria, so die Vor-
rotunde die im Onadenbilde zur Erde wiederkehrende Muttergottes;
inmitten der ganzen himmlischen Herrlichkeit empfängt eine ge-
flügelte Priestergestalt das Gnadenbild; dieses Freskogemälde stammt
von Pr. Jak. Zeiller, ebenfalls einem Meister der Florentiner Schule
wie Knoller. Mensel nennt dieses Bild zwar „ein Monstrum", aber
Gnadenbild in der Klosterkiche Ettal
gerade in der ungeheuren Fülle der Massen liegt etwas Unendliches,
etwas, das dieses Bild, wenn auch nicht dem Knollerschen Pres-
byteriumsfresko ebenbürtig, aber immerhin des Raumes und des
himmlischen Ewigkeitsgedankens würdig macht. Das Bild an der
Porta magna zum Presbyterium zeigt die Priestergestalt des Decken-
gemäldes wiederum, die das Onadenbild dem Kaiser Ludwig dem
Bayer überreicht. Das Gnadenbild selbst befindet sich aut dem
Hochaltar; es ist 25 Pfund schwer; das Material ist übermalter karra-
rischer Marmor. Zumbusch hat die Gruppe für das bayerische
Nationalmuseum abgegossen. Nach dem Urteile Dr. Naglers ist sie
ein vortreffliches Kunstwerk aus der Schule des Bildhauers Pisano
- 208 —
(t 1343), der unter Giottos unmittelbarem Einfluß stand. Kaiser
Ludwig soll das Gnadenbild selbst aus Italien mitgebracht und, wo
sein Pferd nicht mehr weiter ging, es niedergesetzt und darüber die
Wallfahrtskirche erbaut haben. Als die Truppe des Churfürsten von
Sachsen 1552 das Kloster teilweise demolierte, wurde es schwer
beschädigt., Maria Anna, die Tochter Kaiser Ferdinand IL, Ge-
mahlin des Churfürsten Max I. von Bayern, stiftete der Madonna
das Halskrägelchen und dem Kinde das Mäntelchen. Wahrschem-
lich sind sie ihre eigene Handarbeit.
Von den Gemälden der Seitenaltäre sind besonders zu nennen
jenes des hl. Sebastian von Knoller, welches in Rom seinerzeit preis-
gekrönt wurde, und die ungemein zarte Geburt Christi. Welche
herrliche edle Gestalt des hl. Sebastian! Welche Muskulatur des
Pfeilwerfers! Hinter dem gegenüberliegenden Altar wurde 1898
ein liebliches altes Freskobild, Christi Geburt, aus der alten Kirche
entdeckt. Sehenswert sind die prächtigen Chorstühle und besonders
die Orgel, auch vom musikalischen Standpunkt aus ein hervorragen-
des Werk. — Hinter der Kirche befindet sich die Sakristei mit herr-
licher Rokokostukkatur der Decken, die, nachgedunkelten Zaillerschen
Fresken wurden renoviert. Hier wie von der Orgel nahm der be-
rühmte Oelmaler Scholz, ein feinerer Grützner, den Hintergrund
für zwei seiner besten Bilder. In diesem Raum fand auch der
Uebertritt der Dichterin Frau von Hillern zur katholischen Kirche
statt.
Näheres über die Kunstdenkmäler und die interessante Geschichte
verzeichnet die Beschreibung Ettals von Lehrer Bührlen (dortselbst
in seiner Wohnung zum Preise von Mk. 2.— nebst Teuerungs-
zuschlag zu haben), und über Knoller, dessen Biographie von Popp..
Eine reizende romantische Dichtung hat Gräfin von Haugwitz,
geborene Komtesse Pappenheim, diesem alten Kaiserstift abgelauscht:
„Eines Kaisers Traum". Knoller gedenkt auch ehrend Bischof
Keppler in seinem geistvollen Werke „Kunst und Leben". Auch das
Kloster hat eine Beschreibung von Ettal herausgegeben. Die Werke
sind in der Handlung von Mayr, sowie an der Klosterpforte zu
kaufen, ebenso sind dort Devotionalien (Rosenkränze, Bilder etc.)
erhältlich.
Wir ziehen auf der Hauptstraße weiter, links der Gottesacker
und Blick auf das Ettaler Mandl; rechts Not und Kienberg; neue,
schöne Bergstraße nach Oberau, der alte Weg wird zwar manchmal
noch begangen, aber nicht mehr unterhalten; die Gemeinde Oberau
nimmt für etwaige Unfälle auf der alten Ettalerstraße keine Haftung.
Oben an der alten Straße findet sich das Denkmai für den Stein-
metzmeister Hauser von München und seinen Lehrling Kofelenz,
welche hier beim Transport der Johannesfigur der Kreuzigungs-
gruppe tötlich verunglückten. Der Transport geschah durch eine
Straßenlokomotive. Dabei stürzte unglückseliger Weise die Figur
um. Am Ausgang der alten Straße liegt die renommierte Papier-
fabrik von Kinzerle. Von der neuen Straße schöner Blick aut die
vorderen Gießenbachfälle, später hübscher Fußsteig, Gasthaus
„Untermberg", in Oberau Gasthaus „zur Post", in der Veranda
Kohlenzeichnungen von Anton Lechner, darunter der bekannte
— 209 — 14
Humorist „Gemming Gustl", auf der Höhe alte Kapelle, bei welcher
geistlicher Rat Daisenberger sein erstes heiliges Meßopfer gehalten
hat (als geborener Oberauer), mit hübschen, von Maler Hartmann
restaurierten Fresken. Zur alten Kapelle führt ein von Andreas
Lang von Oberammergau nach Schmalzl geschnitzter Kreuzweg
hinauf.
Wir befinden uns hier im Loisachtale. Versäume es nicht,
lieber Spielgast, mit einem kleinen Abstecher dem Zentraltal des
Werdenfelser Landls ein paar Tage zu widmen, selbst aut die Ge-
fahr hin, daß es mehrere Tage werden sollten! Richte deinen Blick
nach Süden, und dein Auge wird gefesselt durch • den Hintergrund
einer gewaltigen Hochgebirgsszenerie! Du hast dich entschlossen?
— Gut, so folge mir!
Wir benützen die Eisenbahn und haben in ca. 20—25 .Minuten
Garmisch-Partenkirchen, die Endstation, erreicht. An
Stelle des alten, kleinen Bahnhofs ist ein großer Neubau entstanden
mit Einsteigehalle. Von hier aus gehen die Bahnen nach Mittenwald—
Zirl— Innsbruck und nach Ehrwald— Lermoos—Reutte— Füssen aus-
einander. Wir steigen aus und unser Auge wird entzückt von einer
großartigen Rundsicht. Schon vom Talboden aus bietet sich dar,
was man sonst erst von bedeutender Höhe zu genießen gewohnt ist.
Eine Talebene von fünf Kilometer Durchmesser ist von riesigen
Gebirgskörpern der verschiedensten Gestaltungen umschlossen. Ge-
rade vor dir entsteigt dieser Ebene der imponierende Felswall des
Wettersteingebirges. Im Osten, wo die Spitzen des Kar-
wendels herüberblicken, umfaßt es harmonisch, durch königliche
Gipfelbildungen und tief eindringende Hochtäler gegliedert, ein
Drittel der Rundsicht, um im Westen mit der Zugspitze schroff ab-
zubrechen.
Dort öffnet sich deinem Blick eine Lücke, in welcher sich Tiroler
Berge mit perspektivischer Schönheit kulissenförmig hintereinander-
schließen.
Dann treten finstere, von oben bis unten dunkelbewaldete und
von schwärzlichen Wänden unheimlich durchzogene Berggestahen
in die Reihe, deren Höhen jedoch lohnende Aussichtspunkte sind.
Das ganze Tal öffnet sich nach drei Seiten: jener Gasse, durch
die wir gekommen, im Osten nach Mittenwafd und Wal-
c h e n s e e, und gegen die Tiroler Berge nach Lermoos-Ehr-
wald-Fernpaß oder Plansee-Reutte.
Links erblickst du, idyllisch gegen eine Schlucht gedrängt, von
der Wallfahrtskirche St. Anton und reizenden Landhäusern auf den
umgebenden Höhen flankiert, Partenkirchen aut historischer
Stelle, dem ahen Parthanum der Römer, dem Ort, wo Kaiser Fried-
rich Barbarossa den Bayernherzog Heinrich den Löwen um seine
Hilfe anflehte, die spätere Station des augsburgisch-venetianischen
Handels; rechts dehnt sich Garmisch am Fuße des Kramer-
berges zu beiden Ufern der Loisach luftig aus. Wähle, überall bist
du gut aufgehoben!
Sodann magst du dir in täglichen Spaziergängen das herrliche
Tal näher betrachten. Ueberall findest du reichen Genuß in kratt-
— 211 — 14*
strotzendem Weben derber Hochgebirgsnatur, deren jugendliche
Wasser laut plaudernd oder rauschend an dir vorübereilen. Sei es
der Felsenschlund der Partnachklamm mit ihren Schrecken
für zage Herzen, der Gegenstand ewiger Bewunderung kühnerer
Wanderer, Forsthaus Gras eck oder die Eck a im mit ihren
lohnenden Aussichten auf die Dreitorspitze, den Schachen, auf
Karwendel- und Soierngruppe oder das partnachdurchrauschte Rain-
tal, sei es der Riessersee mit seinem imposanten Hintergrund
der Alpspitze, des Höllentals, des Waxensteins, der smaragdne
Badersee mit seiner lieblichen Nixe in der kristallklaren Tiefe,
darin sich die Königin Zugspitze in weißen Schleiern spiegelt, oder
der in wildromantischem Bergkessel direkt am Fuße der Zugspitze
gelegene E i b s e e, über den ihr Gipfel just zwei Kilometer sich
erhebt und ihre Wände ein ivielfaches, fernem Donner ähnliches
Echo spenden, — sei es ein Besuch bei den Sonnenbauern,
Schlattan und Gschwandtnerbauer mit dem reichgestal-
tigen Karwendelpanorama — oder machst du eine Wanderung über
Graseck und Elmau an Ferchensee und Lautersee vorbei nach Mit-
te n w a 1 d, über dem die charakteristische Viererspitze zu schweben
scheint und dein Staunen erregt, wo die Leutaschklamm dich fesselt
und das stille, hochgelegene Leutaschtal dein Entzücken hervorruft;
— mögest du dich auf den dunkeln Wellen des Walchensees
schaukeln oder den königsseeähnlichen Plansee bewundern; ob
die smaragdnen Seen des Fernpasses deine stille Freude oder
der Talkessel von Lermoos dein Bedauern erregen, weil statt
des Mooses kein See mehr die gigantischen Hochgebirgsmassen
seiner Umgebung in grüner Flut widerspiegelt, — oder gelte dein
Besuch der wildromantischen Höllentalklamm von wuchtiger
Großartigkeit, dem lichtvollen Schachen mit seinem Königs-
schlosse oder endlich den Spitzen der Berge und kühnen Fels-
häuptern bis hinauf zum Münchnerhaus auf dem höchsten
Punkte des Deutschen Reiches: — überall wirst du reichen Genuß
und volle Befriedigung vom Gesehenen, — wie vom Genossenen
mit dir nehmen, — denn überall ist hier gut sein!
Freunden der Volkskunst und des Kunstgewerbes ist ein Besuch
der Schnitzfachschule zu empfehlen, wobei sie sich überzeugen
werden, daß auf anderem Stoffgebiet der Schnitzkunst hier in ihrer
Art ebenso Gutes geleistet wird als in Oberammergau.
Lehrern und Architekten, denen es um Zusammenstimmung
von Gegend und Bauten zu tun ist, werden in dem neuen Schulhaus
von Partenkirchen einen Idealbau erkennen. Die nach dem Brande
1865, der fast ganz Partenkirchen zerstörte, neugebaute Pfarrkirche
enthält an der linken Seitenwand die herrliche Assunta des Vene-
zianers Maler Litterini, die beim Brande gerettet wurde. Der kost-
barste Schatz der Wallfahrtskirche St. Anton ist das wundervolle
Deckengemälde des Tiroler Malers Hans Holzer. Außerdem sind in
Partenkirchen noch eine evangelische und eine englische Kirche. Das
Partenkirchner Bauerntheater findet ein meist vollbesetztes Haus;
Hauptspezialität desselben ist die Pflege von guten Volksstücken
und des oberländischen Nationaltanzes, des Schuhplattlers. Besuchens-
— 212 —
wert ist auch der Witteisbacherpark mit schönen Anlagen beim
Zusammenfluß der Partnach und Loisach.
Die Pfarrkirche von Garmisch, 1730 von Schmuzer erbaut, ent-
hält in ihrem Barockbau schöne Wessobrunner Stukkaturen und
Fresken von Gindter, eine reichgeschnitzte Kanzel und ebenso
reichgehaltene Chorstühle; Professor Menzel machte hier viele Stu-
dien; Professor Herkomer nahm aus derselben das Milieu für
seinen betenden Invaliden. Ein altrenommiertes Patrizierhaus ist
Dr. Byschls Apotheke am Marktplatz, woselbst der weitberühmte
Ettaler Abt-Likör zum Versand kommt.
Das oberbayerische Kunstgewerbe hat eine würdige Repräsen-
tation im Kunstgewerbehaus von Ludwig Rutz am Marktplatz, wo-
selbst kunstgewerbliche Gegenstände aller Art, Holzschnitzereien,
bäuerliche Antiquitäten u. dgl. in reicher und gediegener Auswahl
zu haben sind. Die Besichtigung dieses Kunstgewerbe-Hauses steht
jedem Besucher von Garmisch frei und ist bestens zu empfehlen.
Seit dem letzten Passionsspiel hat Garmisch-Partenkirchen zwei
Bahnanschlüsse bekommen, die viele Reize und Schönheiten ge-
währen. I. Die Bahn nach Ehrwald und Reutte und IL Die Mitten-
wald— Innsbrucker Bahn.
L Die Bahn nac'h Reutte -Füssen wendet sich nach
Westen und hat ihre erste Haltestelle am Riessersee; die Weiterfahrt
bietet prächtige Blicke auf die Umwandung des Höllentals, über-
quert den Hammersbach und kommt zur Haltestelle Obergrainau,
von wo aus sich die unvergleichlichen Ausflüge nach dem Höllental,
Eib- und Badersee sowie Cafe Waldhütte -unternehmen lassen.
Die Bahn führt dann auf mächtiger Brücke über die Loisach zjur
Grenzstation Griesen und bei der „Schanz" durch eii.^n Engpaß in
das schöne Talbecken von Ehrwald und Reutte; sie steigt dann
zur Wasserscheide zwischen Inn und Lech empor. Von Heiterwang
aus gelangt der Wanderer zum Heiterwanqer- und zum Plansee,
von wo aus der Weg wieder über Linderhof nach Oberammergait
zurückführt; die Bahn fährt durch das 500 m lange Klausental und
findet ihr Ende in der' Station Reutte, wo sie sich an die Lokalbahn
Reutte— Schönbichl— Kempten anschließt. Von Reutte ist Autoniobil-
verbindung nach Füssen und Hohenschwangau. Man kann auch
von Reutte die Bahn bis Ulrichsbrücke benützen; von dort führt ein
sehr schöner Weg über Schlux zum Alpsee und von da nach Hohen-
schwangau.
IL Die M i 1 1 e n w a I d e r Bahn wendet sich nach Osten
und führt an dem Kainzenbad vorüber; vom Gsteig aus genießt
man einen sehr schönen Rückblick zur Zugspitze. Rechts winkt von
der Höhe das Kirchlein der höchstgelegenen Gemeinde Deutschlands,
Wamberg. Von der Bahn aus hat man schöne Tiefblicke zum
Kanker-Bache. Von Klais gelangt man zu Fuß nordwärts über
Wallgau an das Südwestende des Walchensees. Die Bahn führt
südwärts zum Karwendelgebirge, an dessen Fuß der durch die
Geigenmacher berühmte Markt Mittenwald liegt. Dann weiter zur
Zollstation Scharnitz. Die Bahn eröffnet bei ihrem Aufstieg herrliche
Blicke zum Karwendelgebirge links und Wettersteingebirge rechts
— 213 —
und die dazwischen gelegene historische Schanze der Porta Claudia,
und bei ihrem Abstiege von Seefeld aus zum oberen und unteren
Inntal und zum Brennerpasse.
Sie führt an der berühmten Martinswand hinab nach Zirl und
mündet in den Innsbrucker Hauptbahnhof ein. Innsbruck mit seiner
herrlichen Maria Theresienstraße, dem goldenen Dachel, den Grab-
denkmälern Kaiser Maximilians und Andreas Hofer, ladet zu längerem
Verweilen und zu herrlichen Ausflügen ein.
Eine Weiterfahrt von Innsbruck innabwärts führt zum schön
gelegenen Brixlegg, das auch seit Jahrzehnten Passionsspiele aufführt,
dem Lieblingsaufenthahsort Steubs. Die letzten Spiele wurden 1913
aufgeführt und werden wahrscheinlich 1923 wiederholt. Eine Stunde
unterhalb Brixlegg ist das romantisch zwischen Inn und Felswänden
eingebaute Rattenberg mit alter Schloßruine, dem Schauplatz von
Hermann Schmids Geschichte des Kanzlers von Tirol. Bei Kufstein
überschreitet man die bayerische Grenze. Bei Oberaudorf möge
man es nicht versäumen, nochmal auf Tiroler Boden hinüber zu
wandern, lieber die Innbrücke gelangt man zunächst zum Zollhaus,
dem Geburtsort des österreichischen Volksdichters Adolf Pichler
und dann innabwärts nach Erl, wo gleichzeitig mit Oberammergau
Passionsspiele aufgeführt werden. Gegenwärtiges Buch will durchaus
nicht von einem Spielbesuch in Erl abhalten als einem Konkurrenz-
unternehmen Oberammergaus, sondern vielmehr den Besuch ange-
legentlich empfehlen. Nicht kleinliche Nörgel- und kritisch-selbstge-
fällige Vergleichungssucht soll der Beweggrund des Besuches sein,
man lasse sich auch durch die gegenüber Oberammergau kleineren Ver-
hältnisse der Szenerie vom Besuche nicht abhalten. Wenn es lediglich
auf die Schauplatzgröße ankäme, müßten die Freiburger Passionsspiele
der Gebrüder Faßnacht weitaus die besten gewesen sein. Auch Brix-
legg und Erl haben wie Oberammergau, Waal in Schwaben, Höritz
in Böhmen ihre Reize; der Hauptreiz liegt in der Bodenständigkeit,
der lokalen und volkstümlichen Eigenart, der gläubigen Innerlichkeit
und schlichten aufrichtigen Herzlichkeit, mit der auch heute noch
dort gespielt wird. Der Erler Passionsführer von Dörrer gibt darüber
näheren Aufschluß und ist zugleich ein wertvoller kultur- und
literaturgeschichtlicher Beitrag zur Erforschung der Passionsspiele
überhaupt. Erl und Oberammergau gehen auf den gleichen Urtext
von Sebastian Wild und auf die sie ablösenden Texte von Rosner
und Othmar Weis zurück. Zwischen Erl und Oberammergau war
von jeher ein gutes, freundschaftliches Verhältnis wie mit den anderen
Passionsspielorten. Es wurde nur einmal 1912 durch eine unglückliche
Vergleichsanspielung etwas getrübt, durch gegenseitiges tntgegen-
kommen der beteiligten Autoren wieder hergestellt. Oberammergau
vergönnt gerne Erl seinen Besuch und wünscht denselben, er wird
nach dem Oberammergauer Spiel neue, eigenartige Eindrücke hinter-
lassen, während anderseits sicher der Besuch von Erl die Anregung
zum Besuch von Oberammergau, eventuell zur sofortigen Weiterreise
über Brixlegg, Innsbruck, Mittenwald geben dürfte. Die Bewohner
und Besucher von Erl sjnd auch in Oberammergau herzlich will-
kommen!
— 214 -
Nicht der sinnliche Genuß einer Theatervorstellung sei, wie
schon eingangs erwähnt, Zweck und Ende der Passionsbesuche da und
dort, sondern die geistige und religiöse Erhebung und Erholung,
das Verstehenlernen von Land und Leuten, Erneuerung des Glaubens
an die alten, religiösen Wahrheiten, an ein noch existierendes echtes
und wahres, heimattreues Volkstum, neu erwachende Liebe zu Heimat,
Vaterland, Gottes Natur und Gottes Offenbarung. In diesem Sinne
hat dieses Buch eingangs die Leser begrüßt, in diesem will sie die-
selben wieder entlassen, in der Voraussetzung, daß sie mittlerweile
die Lesung dieses Buches zum Besuch der Passionsspiele angeregt
hat, mit den Abschiedsworten des Prologes der Ammergauer Dar-
stellung:
Von diesem (d. i. des Spieles) Anblick freudig ermutigt
Kehrt heim, o Freunde innigster Liebe voll
Für den, der bis zum Tod euch liebte
Und noch im Himmel euch ewig liebet.
Dort, wo ertönet das ewige Siegeslied:
„Lob sei dem Lamme, welches getötet warl"
Um unsern Heiland dort vereinigt
Wollen wir alle uns wiedersehen!
Stammsitz Berlin (irt|"ijj Gegründet 1851
DiscontO''Ge$ell$chafi
Filiale /München, Promenadeplatz 7
Depositenkasse Oberammergau, Bahnhofstr. 1
Bankmäßige Geschäfte aller Art
Kapital und Reserven
650000000 M.
215
Jlfizielle flussclireiliunr der Gemeinde Olieraniiiieriiau:
Tage der Aufführung:
Mai: 14., 21., 25., 28. 1 August: 2, 6, 9., 13., 15.,
Juni: 5., 11., 18., 25., 29. | 20., 23., 27., 30.
Juli: 2., 5., 9., 12, 16., 19., September: 3., 10., 17., 24.
23., 26., 30.
Die Generalprobe findet am 9. Mai statt.
Reicht der Zuschauerraum am Hauptspieltage für die anwesen-
den Gäste nicht aus, so wird das Spiel am nächsten Tage in gleicher
Weise vollständig wiederholt. Diese Wiederholungsspiele werden
in der Umgegend und in München durch Plakate rechtzeitig bekannt-
gegeben. Die Spiele und Wiederholungsspiele beginnen stets mor-
gens 8 Uhr und dauern bis nachmittags 6 Uhr (Mittagspause 2 Std.).
Preise der Plätze:
I. Platz 100 Mark
II. „ 70 „
III. „ 50 .,
IV. „ 30 :,
V. „ 10 ;,
Alle Plätze sind numeriert, eine Bestellung auf Plätze innerhalb
der angegebenen Preislage wird nach Möglichkeit berücksichtigt,
eine Bestellung auf bestimmte Nummern kann dagegen nicht be-
rücksichtigt werden.
Zum Schutze der Zuschauer bei, schlechtem Wetter ist der ganze
2100 Quadratmeter große Zuschauerraum überdeckt. Die Bühne
selbst ist unter freiem Himmel errichtet.
Offizielles Wohnungsbureau.
Für die Dauer der Passionsspiele im Jahre 1922 wird ein offi-
zielles Wohnungsbüro in Oberammergau unter der Leitung der
bayerischen Vereinsbank, Zweigstelle Oberammergau, errichtet.
Für Auskunftserteilung und Vermittlung von Wohnungen mit
Eintrittskarten für Oberammergau und seine Passionsspiele 1922
sind ausschließlich bestimmt:
1. Das offizielle, gemeindliche Wohnungsbüro, unter Leitung der
bayer. Vereinsbank, Zweigstelle Oberammergau, für den Ver-
kehr im In- und Auslande.
2. Das amtliche bayerische Reisebüro in München, für Deutsch-
land und Oesterreich.
3. Die Firma Thos. Cook & Son, Ludgate Circus, London E. C,
für das gesamte Ausland.
Bestellungen auf Billetten mit Wohnungen werden in erster Linie
berücksichtigt. Bestellungen auf Billetten allein (ohne Wohnungen)
kommen erst in zweiter Linie in Betracht.
Für Bestellungen auf Zimmer mit einem Bett übernimmt das
Büro keine Garantie.
- 216 —
Auf alle Anfragen wird ein Bestellschein zugesendet.
Es wird ersucht, die Bestellungen mittels des Bestellscheines
zu machen.
Bestellungen auf Billette und Wohnung übernimmt das Büro
nur dann, wenn der richtig ausgefüllte Bestellschein mit dem vollen
Geldbetrag einschließlich der Vormerkgebühr und Rückporto min-
destens 6 Tage vor dem bestimmten Spieltage im Einlauf des
Büros sich befindet. Verspätete Bestellungen können nicht mehr
berücksichtigt werden, ebensowenig Teilzahlungen. Abbestellungen
können nur auf früher erteilte Bestellungen erfolgen und müssen
wenigstens 14 Tage vor der betreffenden Aufführung im Büro
eingelaufen sein, andernfalls der eingesendete Geldbetrag verfällt;
das Gleiche gilt, wenn der Besteller seine Eintrittskarte und seine
Wohnung nicht benützt.
Der Bestellschein kann auf eine beliebige Personenzahl ausge-
stellt werden; die Vormerkgebühr beträgt pro Person 10 Mark, aus-
schließlich der anfallenden Spesen bezw. Portoauslagen.
Die vorhandenen Wohnungen sind in vier Klassen eingeteilt und
beträgt der Preis pro Bett und Nacht für die I. Klasse 70 Mark,
II. Klasse 60 Mark, III. Klasse 50 Mark, IV. Klasse 40 Mark.
Außer in den Hotels wird auch in einer größeren Anzahl von
Privathäusern Pension gegeben und beträgt der Preis pro Person
für Zimmer und volle Verpflegung, beginnend mit dem Abendessen
am Tage vor dem Spiele und endigend mit dem Frühstück am Tage
nach dem Spiele für die I. Klasse 410 Mark, II. Klasse 350 Mark,
III. Klasse 310 Mark. Die Preise für eintägige Pension, bestehend
aus einem Bett für eine Nacht, ein Frühstück, ein Mittagessen, ein
Abendessen in der I. Klasse 225 Mark, II. Klasse 200 Mark, III. Klasse
175 Mark. «
Eventuelle Preisänderungen infolge Teuerungen sind jederzeit vor-
behalten und hätte eine Preiserhöhung auch für Bestellungen Be-
rechtigung, welche vor Einführung der Preiserhöhung gemacht
wurden.
Die Festsetzung ev. höherer Preise erfolgt durch das Passions-
spielkomitee.
Bei längerem Aufenthalt ist der Preis für Wohnung und Ver-
pflegung nach gegenseitigem Uebereinkommen zw'ischen Mieter und
Vermieter entsprechend zu regulieren.
Sollte Wohnung oder Pension in bestimmten Häusern gewünscht
werden, so ist dies auf dem Bestellschein genau zu bemerken; das
offizielle Wohnungsbüro wird den Wünschen nach Möglichkeit zu
entsprechen bemüht sein.
Telegraphische Beantwortung gestellter Fragen ist vorauszu-
bezahlen.
Möglicliste Beschränkung in der Korrespondenz ist erwünscht.
Bei Aenderungen von Bestellungen ist besonders das Datum des
Spieltages genau zu bezeichnen.
- 217 -
Alle Anfrag:en wollen ausschließlich an das offizielle Wohnungs-
büro und an die offiziellen Vertreter gerichtet werden; Rückporto
ist beizulegen.
Verlorene und gefundene Gegenstände wollen beim Wohnungs-
büro angemeldet werden.
Allenfallsige, jedoch nur begründete Beschwerden sind beim
offiziellen Wohnungsbüro vorzubringen. Beschwerdebuch liegt im
Wohnungsbüro auf.
Die Besucher der Spiele werden darauf aufmerksam gemacht,
daß bei Ankunft mit dem letzten Zuge in Oberammergau sich die
Zuweisung der Wohnung und die Erledigung sonstiger Wünsche
sehr verzögert.
Das offizielle Wohnungsbüro ist von 8—12 und von 2—7 Uhr
geöffnet, an Spielvortagen bis nach Eintreffen des letzten Zuges,
an Spieltagen selbst von 6—9 Uhr früh.
Besonders zu beachten:
Die offiziellen Vertreter: das amtliche bayer. Reisebüro und die
Firma Thos. Cook & Son sind berechtigt, eine Vormerkgebühr von
10 Mark pro Person und etwa anfallende Spesen zu berechnen, das
offizielle Wohnungsbüro nur für Bestellungen I., II. und III. Klasse
10 Mark Vormerkgebühr pro Person und etwaige Spesen, für IV.
und V. Klasse nut 6 Mark pro Person und anfallende Spesen.
Das Passionsspielkomitee,
Seitens der Gemeinde Oberammer_gau wird das neu revidierte
„Offizielle Textbuch" für 1922, versehen mit dem Gemeindesiegel,
in deutscher und englischer Sprache herausgegeben und ist durch
den Verlag dieses offiziellen Führers: Ludwig Rutz, Oberammergau
zu beziehen. Preis für die deutsche Ausgabe 10 Mark, Preis für
die englische Ausgabe 20 Mark, Porto 2 Mark, Nachnahmegebühr
3.50 Mark pro Textbuch.
Graph. Kunstanstalt Jos. C. Huber, Diessen vor A\ünchcn.
Masstat 1:SaOmtr
THEATERPLAN
Amtliches Bayerisches Reise-Bureau
G. m. b. H.
Telefon 24701 MUNOHtN Telegr iWeltrelsen
Promenadeplatz 16 und Hauptbahnhof
Offizielle Vertretung für die
Passionsspiele Oberammergau 1922
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und zusammenstellbare
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für Schlafwagen, D- und Luxuszüge
Ohne Preisaufschlag
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Geldwechsel — Kreditbriefe
Zirkular-Noten
tliTüclieimer Festspiel© 1^22
Bm^cerisct^e Staat@°Ttiemt©r
Prinzregententheater Nationaltheater
Residenztheater
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Gebiete der deutschen Oper, insbesondere WAGNER- und
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sowie durch die Verwaltung der Bayerischen Staatstheater
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Lang Georg, Bildhauer.
HC
akob, Gastwirt
IIB
74
Kratz Jakob, Holzarbeiter.
HC
iderm. u. II.Getneindedi
en. II B
75
Maderspacher Johann, Ökonom.
HC
Holzarbeiter
IIB
76
Albrecht Anton, Taglöhner.
HC
.p, Hotel WitteUb. -Ho
f HIB
76
Albrecht Wilhelm.
HC
i. Bäckerm. u. I. Bürgerin III B
76^,
Haser Ludwig, Zimmermann.
IC
1, Cafe „Alpenrosa"
111 B
76a
Haag Sebastian, Ökonom.
IC
.thias. Metzgermeister
IIB
76a
Bayer Michael, Schuhmacher.
IC
l- Joset, Taglöhner
IIB
76b
Krankenhaus
HIC
1, Bäckerm. u. Biirgerm
. IIB
76c
Breitsamter Gregor, Privatier.
IC
wig. Wasserbauarbeiter II B
76d
Mayer Anton, Schnitzer,
IC
, Bäcker
IIB
77
Gerold Peter, Ökonom.
IC
r Maria. Okonomenwitwe U B
77^0
Bauer Siegfried, Malermeister.
IC
1, Malermeister
11 BC
77S
Schneller Theodor, Gärtner.
IC
HC
77a
Linder Anna, Privatiere.
IC
Hemeindesekrelär
HC
77ai2
Haser Ferdinand, Taglöhner.
IC
harina, Witwe
HC
77aV3
Hammel Anton, Fabrikdirektor.
IC
HC
77a^3
Wittmann Christian, Fachlehrer.
IC
üdwig, Hauptlehrer
HC
77bi3
Eder Kaspar. Postschaffner.
IC
ersehe Kinder
HC
77bii
Lang Otto, Zimmermeister.
IC
, Schnitzer
HC
77b
Gerum Alois, Holzarbeiter.
IC
reas, Taglöhner
HC
77c
Schwaiger Franz, Waldwärter.
IC
, Kaufmann
HC
77d
Wilkoszewska Alice Privatiere.
IC
ii. Taglöhner
HC
77e
Dietrich Ernst, Revierförster a. D.
IC
f. Maler
HC
77f
Dasio Max, Oberregierungsrat
IC
, Schnitzersfrau
HC
78
Renner Simon, Holzarbeiter.
IC
""urnhalle)
II Hl C
78a
Mayr Hans, Sdinitzwarenverleger.
IC
Anton, Taglöhner
HHIC
78a
Lehmann, Oberstleutnant a. D.
IC
sr
li/III C
78b
Hohenleiter Peter, Holzmeister.
IC
;, Lehrerin
II/HI C
78b
Moderegger Johann, Revierförster.
IC
, Schreiner
III C
79
Kirchmeyer Franz.
IC
, Bäckerm. u Bürgermstr. III C
79
Bierling Alfred, Elektrotechniker.
IC
, Drog. u. ZigarrcDgesch
. IIIC
79a
Zwink Therese, Sdinitzerswitwe.
HC
), Distriktstierarzt
111 c
79a
Haag Magdalena, Witwe.
II c
, Schnitzwarenverleger
nie
79b
Bauer Josef Postbote.
ID
sar, Säger.
11! c
79c
Ruederer Elisab , Sdiriftstellerswe.
HD
, Taglöhner.
111 c
79d
Marxer Leo. Hauptlehrer a. D.
ID
;r Kathi, Näheria.
111 c
80
Schallhammer Georg, Schnitzer.
II C
{, Schreiner.
nie
80a
Zunterer Mathilde, Milchgeschäft.
II C
Schnitzer.
III c
80b
Graf .Michael, Privatier.
nc
Therese, Gastwirtin.
nie
81
Gindhart Rosina, Privatiere.
nc
Gärtner.
nie
82
Ponkratz Sebastian, Ökonom.
nc
on, Restaurateur.
nie
83
Niggl Johann, Ökonom.
HC
T Leonhard, Postsch.
nie
84
Klucker Benedikt, Ökonom.
nc
olaus, Sdinitzer.
nie
85
Schmid Franziska, Witwe.
II c
Goldsdimied u. Instal.
nie
86
Lang Emanuel, Sdinitzer.
HC
', Holzarbeiter.
11 ni c
87
Schilcher Max, Schnittwarenhandlung
nc
Kaufmann
11 nie
88
Beer Josef. Bäckermeister.
HC
r Gustav, Schnitzer.
HC
88
Dietmayer Nik., Gendarmeriewachtm.
nc
1 Schmiedmeister.
HC
88
Blaß Josef, Gendarmeriewachtmeister.
HC
Dorf- Plan mit Einwohner-Verzeichnis von Oberammergau.
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r Rüprr., Sij.wc.k.b«
Rci..r Joh.nn. Sdiniuei
O.H.r H.H.. T.glil,„r
Gcbh.rd Hiisiich, SA:\,
Sd>ild..r Eli... V.,l.,„.
Zwink H.... Sd..{l»,
Zwink Dom.n.kui. S<J.ml.
Sckildur A„„,, Wilwc
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B.rcblold Aloi.. T.iBb..
Eli.nhubn Fn.i, Siiiicii
Bierlinv Geotu. Giluteix
Sd.».li, TM,.. SAmt,,
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71 D.i..nber<er
r Tob,.. Sd..il,.,.
37<1 Eim J0..I. T.gl6l
37. R..I M.ti,.,''zimm.
37. Ringw.M Eli,.b.ih
19 Wi.dem.nn A.d,.
10 M.ier Joh.ni. Rolii
11 L.ni G..,,, Si,.,
irPblllcp.Hol.lWiil.lib.
W.lh.li.. Bi.i.,„. u. I. B.
Wilb.l". C.l. „Alp.n.o..
60 W.gn.r J0..I.
lA. T.glil
l.f. M.l.r
(T.mh.'il.'l
Ruii Wilh.lni. Bid.m'.'u
Pech Ko.od. O.og. u Z<|
K.lle, B.lih.'..,. Sil."."
Fi.d..r Jo..t T.gl6h..,
Hochenleintr K.lhl, N.
Weies C»rg. Sd».li,.,.
M>mn>hote'r TI1....V C
Rödl Georg, C.rl.er
l>«r Joh.... Oko.
>.n>o<>. T.gl6ho.T.
wig. Zimm.n>,..n.
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3iand des Einwohners
Hs.-No. Name und Stand des Einwohners
stian, Metzger.
III c
179
Zigon Oskar, Sdineidermeister.
HIB
■hann, Taglöhner.
nie
180
Kirche.
HIB
n, Maurer.
III c
180a
Haag Marie, Okonomenswitwe.
HIB
jnhard, Taglöhner.
111 c
181
Rendl Peter. Bildhauer.
III B
. Fuhrmann.
111 c
181a
Dedler Matthias, Schnitzer.
HIB
Schlachthofhallenmeister 111 C
I81a'
-' Rendl Peter. Bildhauer.
HIB
ca, Wäscherin.
III c
181a'
2 Stahl Mathilde Privatiere.
HIB
^.fried, Holzarbeiter.
nie
1-lb
Hobach Irene, Privatiere.
nie
Holzarbeiter.
nie
I81b'
2 Edel Florian, Zimmermeisler.
IV e
Taglöhner.
nie
181c
Uhl Eduard, Sdinitzer.
IV e
inhard, Landwirt.
nie
181c
Gritscheneder, Sattler.
IV e
1, Holzarbeiter.
nie
181cV
i Haser Josef. Bildhauer.
IV e
;. Witwe.
III ee
löld
Klucker Jakob. Holzarbeiter.
IV e
holomäus.
inse
I8lf
Stückl Max, Schreiner.
IV e
'.elf, Zimmermann.
III Be
181g
Spegel Max, Schreiner.
IV e
Wasserbauarbeiter.
III Be
181h
Steinbrecher, Privatier.
IV e
Witwe.
III Be
181h
Krause Margareta, Privatiere.
IV e
lomäus, Holzarbeiter.
niB,e
181h
Spegel Wilhelm, Schreiner.
IV e
sei. Erben.
niBe
181i
König Richard, Professor.
IV e
an, Gärtner.
111 Be
181k
Mayr Klemens, Holzarbeiter.
IV e
sei. Erben.
HIB
181k
Müller Edmund. Forstarbeiter.
IV c
Fachschuldirektor a. C
). HIB
1811
Hitzlberger Xaver. Privatier.
IV c
sei. Erben.
IIB
1811
Mayr Dominikus, Flußmeister.
IV e
Uhrmacher.
HIB
182
Schmid Eduard, Maurermeister.
IVB
. Okonomiebaumeister.
HIB
182^/0
Bierling Sebastian, Schuhmachermstr.
IVB
Taglöhner.
1!I B
18?!/;
Knauer August, Metzger u Gastwirt
IVB
Zahntechniker.
HIB
1 821 _^
Deutsch Emma. Kolonialwarengescii.
IVB
Ig. Buchhalter.
HIB
1821/',
Bierling Jakob, Goldschmied.
IVB
Schnitz warenverjeger.
HIB
182' .^
Lang Heinrich, Schnitzer.
IVB
letzgermeister.
HIB
1821,4
Burger Jakob, Kaufmann.
IVB
Schnitz Warenverleger.
HIB
182a
Bold Ludwig. Schnitzer.
V B
sei. Erben, Museum.
HIB
182b
Müller Marie, Maurerswitwe.
VB
Paul, Schnitzer.
HIB
182c
Piller Peter, Maurermeister.
VB
»minikus, Taglöhner.
HIB
1^2c
Zaratti Josef, Maurer.
VB
ae, Hausbesitzerin.
HIB
182d
Lang Georg sei. Erben.
VB
-org, Schuhmacher.
HIB
182d
Haseidl Nikolaus, Lagermeister.
VB
sef, Taglöhner.
HIB
182d
Lang Hugo. Holzarbeiter.
V B
IS, Sdinitzer.
HIB
]82d
Heinzeller Hans sen , Schreiner.
VB
.rg, Forstarbeiter.
HIB
182d
Bauer Adam. Schreiner.
VB
ann, Arbeiter.
111 B
182d
Daffertshofer Xaver. Taglöhner.
VB
•en., S raßenwärter.
HIB
182e
Bold Heinrich, Dienstmann.
VB
r-, Bildsdinitzer.
111 B
183
Strauß Monika. Witwe.
V B
>nne, Schreinerswitwe.
HIB
183
Mittermeyer Josef, Hafnermeister.
VB
f, Eisenwarenhandlung
. HIB
183a.
Frießenegger Johann, Taglöhner.
VB
ann, pens. Postbote.
HI B
184
Funk Otto, Zimmermann.
VB
■r Kathi, Privatiere.
Hl B
184a
Funk Ludwig, Postschaffner.
VB
•ter, Taglöhner.
HIB
185
Lang Georg sei. Erben.
V B
o, Schuhmacher.
HIB
185
Wenig Matthias, Postschaffner.
V B
;t, Taglöhner.
111 B
185
Gomeier Georg, Maschinist.
V B
Holzarbeiter.
HIB
185
Stoiber Karl, Maler.
VB
g, Taglöhner.
HIB
186
Merz Ludwig, Maler.
VB
n, Taglöhner.
HIB
186a
Fichtl Georg, Taglöhner.
VB
'g, Waldwärter.
HIB
I86b
Schmid Adolf, Zimmermann.
VB
Witwe.
HIB
187
Hesse Arno, Malermeister.
V B
;an, Ökonom.
111 B
187
Ackermann Otto, Kunstmaler, Prof.
VB
irtin, Straßenaufseher.
HIB
188
Stadler Konrad, Ökonom.
VB
Der
elegante
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Ausrüstung und Bekleidung
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Bergsport und Reise
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