ee,
Kak.fe-
Dr. DB. on! man ls Tuplgegner
nor den Pafizeigericht:
Deshalb ic) meine Skinder nicht habe
impfen laffen.
ren m ae nennen eng Benin ae eh
Eine Yertheidigungsfhrift.
J Meine Antwort
“ Yalg Arzt und Bater auf eine gerichtliche Vorladung und auf
Ei eine gleichzeitige Landräthliche Verfügung betr, Fmpfiveigerung.
Bon
Dr. 8. Didtmann,
;. Nitter de8 Mothen Woler-Drdens, Inhaber des Eifernen Kreuzes, Ehren-Mitglieb dız
{ med, = ätiol, Vereins in Berlin, Arzt in Yinni, Reg.-Ber. Aachen. ö
Düffelborf,
Drudvon % Bitter.
Rüdfjeite Iefen.
Motto: „Die freie Willenihaft im modernen Staat,”
Titel von Virow’s Nede auf der Verfamm, deutfcher
Naturforfer und Aerzte zu Münden 1877,
Am 22. October 1877 wird Dr. 9. Didimann vor dem
Polizeigericht verurtheilt, weil er gegen feine wiifens
« \ IHaftliche und Gewiffengüberzeugung feine Kinder
night Hat impjen Yaffen.
„&8 jheint, daß dort, wo man wicht impft, die (Poden-) Seuche
nicht fo gefährlich ift, al3 da, wo man impft.*
Zirhow, ftenogr. Bericht, Abgeordnetenhaus » Sikung
dom 4. Juni 1875.
‚Mein Fall ift wohl der erfte, daß ein Arzt, und dazu
ein Impfarzt, welcher über die Orenel de3 Impfwahnes, tie
einft dev Jefuit Graf Spee über die Grenel der Herenverfolgung,
perfönliche Erfahrungen gefammelt und Enthüllungen zu maden.
hat, vor die Schranken des Gerichte gezogen wurde, um fi
wegen feines palfiven Widerftandes gegen das Neichsimpfgefe,
welches ohnehin fchon am Wanten if, verurtheilen zu hören,
Gleichzeitig mit mir flandennoch vierumdzwangig Väter
vefp. Mütter aus ber Heinen Stadt Uni und zwar aus |
allen Bolfsklaffen wegen ihres paffiven Widerftandes gegen das
gefürchtete Jmpfzwangsgefeg vor dem Polizeigerichte, um Zeugniß
dafür abzulegen, daß fie nod) Herz für ihre Säuglinge haben
und entjchloffen find, ihre vom Gefeg verfolgten Kleinen um
‚jeden Preis vor dem Schiefale zu bewahren, vor welchem bie
neue Deutfhe BVichfenchenordnung, welche das Impfen des
Viehes gang verbieten wird, die ju gen Länmer fchügen zu
mäüffen glaubt. Unbeeinflußt Teiften fie. dem herrfchenden Yınpfs
aberglauben aus Weberzeugung freimüthig Wiberftand.
ann zum 21-22 us 4 EHE
Herrn
AAO. Avenarins, Sbochwohlgeboren,
Kinnid.
Rinnid, 20. Dftober. 1877.
Aut Ewr. Hodwohlgeboren Schreiben vom 12. d. Ms.,
wonach) ich auf Tandräthliche Verfügung vom 11. d. Mts, mid)
darüber äußern fol, weßhalb ich meine Kinder Glementine und
Anton Edmund nicht habe impfen Iaffen refp. nicht geimpft:
habe, erwiebere ich Bolgendes:
Seit 8 Jahren habe ich, wie vielleicht Fein zweiter Arzt in
Deutfhland, mid) in das culturgefchichtliche und ftatiftifche Stu-
dium des alten homogenen und des neueren heterogenen Int=
pfens, d. 5. des alten, mörderifhen Menfhenblatter
- impfens und de neueren „senner’ihen Kuhpodenimpfens ..
“ pertieft und bin zu dev umerjätterlichen Ueberzeugung ge=
fommen, daß, wie Virchow im preuß. Abgeordnetenha ufe
(Situng dv. 4. Yuni 1875) bezüglich, der Podenimpfung der
Schafe fi ausdrüdt:
0 „baß Impfen eine an fi) Schäbfiche, voltswiethfgaftlich
unzuläffige Deaßregel if.”
Diefer unferer Meberzengung fchliegen fid) in jüngfter
Zeit, naddem die hiftorifche und topographifche amtliche Statiftif
des Bodenfterbens, auf weldhe allein das Jnpfgejeb fich ftükt,
nicht allein durdy E. Löhnert und dur) mich, fondern aud)
Durch Statiftifer erften Ranges (vergl. Kolb „Zur Impfe
frage 1877”) als Trugftatiftit erwiefen worden ift, alle felbft-
dentenden Aerzte und Statiftifer, welche der Podenftatiftif auf
den Grund gefchaut, entfchieden an, Der blinde Glaube
an einen Impffchug — denn eine wiffenfähaftliche Unterlage
hat befanntli) die Impferei nie gehabt —, Hat aufgehört
..1#
4
die Gebildeten im DBolf zu bethören, er ift in jüngiter Zeit
endliid auh mathematifc als ein überlieferter Aberglaube
erfannt worden, die Aufhebung des Reichsimipfgefeßes ift dem=-
nad für Schaf und Menfh nur noch eine Etiquettenfrage,
alfo nur nod eine Frage der Zeit. —
Die Motive des Neihsimpfgejeges beruhen auf Hiftori=
chen Unmahrheiten, auf Irrthümern, auf Cardinalfehlern in
den ftatiftischen Aufnahmen und im VBerrecdhjnen der Poden-
zahlen. Ich bleibe für diefe meine Behauptung den Hiftorifchen,
mathematifchen und ftatiftischen Beweis nicht fehuldig.
Esiftnämlih eritens nicht wahr, daß, wie die Impf-
gefegmotive behaupten, unferem Zeitalter des heterogenen
Kuhpodenimpfens ein Zeitalter des Nichtimpfens voraufge-
„gangen fei, daß das Jahr 1809—10 eine Scheidegrenze ziwi-
chen einer alten Periode des Nichtimpfens und einer neueren
Periode des Impfen bilde,
vielmehr daS conträre Öegentheil ift wahr;
dem Sahre 1809 geht, von 1725 beginnend, unmittelbar
eine Schauderperiode ärztlihen homogenen Impfens, des
Impfens der Menfchen mit Menfchenblattergift und der Schafe
mit echtem Schafblattergift vorauf — ein Wahr, welcher im
Gehirne der damaligen Werzte nur aus der Annahme ges
Ipenfterifcher Krankheits-„Genien“ entjpringen Fonnte, (Bergl.
m. „NRüdzug der Impfgläubigen“.)
Senes gemeine homogene Jmpfen — „gemein“
durfte man vor 8O Jahren diefe Jmpfart noch nicht nennen,
ohne dom allen Aerzten und Regierungen, gerade fo wie
hente wegen VBerabfchenung des heterogenen Impfens, ber-
fegert zu werden — entiprad) alfo vor 1809 dem perina=
nenten Hochitande der Podenepidemieen. —
Beläge Hierfür find beif- „Hufeland” ©, 82 und
Schröter und das VBerzeichniß von Schriften aus dem vorigen
‚sahrhundert, in welchen das mörberifche homogene Impfen
von Damals, von bor 1809, mie heute das heterogene
Impfen, vertheidigt und in den Himmel erhoben wird. —
Die ganze homogene Impferei, und zwardas hHomo-
gene Impfen von damal8 bei Menfhen und bei Schafen
und dad Homogene Impfen der Schafe von heute ift ftets von
allen Autoritäten ohne Ausnahme, als eine verläßliche Methode
fünftlih rafh echte Podenfeuchen unter den Menfchen. und
im Schafftalle zu erzeugen erfannt und gerade al& felche, als
ein ficheres Durdjfeuhungsmittel bald (von Hufeland
und feinen Zeitgenoffen) verherrlicht, bald nachträglich
5
bon der Gejebgebung aller Länder, Preußen 1835, einftim-
nig don dem deutjchen Veterinärratt; noch Fürzlih verdammt
und verlaffen worden, Daß der gefchichtliche Hocltand der
Podenfeuche grade in diefe Periode des Höchften Impffanatis-
mus fällt, tft durch die neuere Gefhihtsforfhung außer Ziwei-
fel geftellt worden. — Mit der Abfchaffung des Homoges
nen DMenjchenimpfens mußte daher das allgemeine Niveau
de3 Vodenerfrantens und des Podenfterbens genau fo finfen,
wie im Schafltalle diefer PBaralleliamus zwilhen Impfent-
lagung und Podentilgung wit der Beweiskraft eines natur-
wifjenfchaftl. Exrperimentes noch heute zu Tage tritt; denn
cessante causa cessat effeectus. — Eine folde Abihaffung
de Homogenen Maffenimpfens gejchah aber, nachdem das-
jelbe 90 Iahre die Menjchheit bethört und vermüftet, erft um
die Zeit von 1806—1810; allerdings vollzog fi) diefe Be-
feitigung de3 homogenen Impfens nicht aus DVernunftgrün-
‚den, jondern nur in dem Maße, wie die Ienner’fche Hetero
gene Impfipielerei, das Kuh podenimpfen die noch immer
vor Podenangft zitternde Menjchheit duch nichtsjagende abers
gläubifche Verfprehungen aus dem Banne des homogenen
Ssmpfens erlöfte — pädagogijcher Uebergang vom alten zum
neuen Sinpfen.
E8 ift alfo zweitens nicht wahr:
daß, wie die Impfgefegmotive behaupten, die Einführung
der Kuhpodenimpfung um das Jahr 1809—10 die Urfadhe
jei, daß um die nämliche Zeit das Niveau der Seuche fank;
nad allen Kegeln der inductiven Rogik ift vielmehr auch)
hier wieder das conträre Gegentheil wahr ;
Die allgemeine Abichaffung des Homogenen Jmpfens
um das Yahr 1809, in Gemeinfhaft mit den gleich zu er-
mähnenden großen culturhhgienifchen Neformen war, wie im
Schafftalle, fo auch) bei den Menfchen tro& der ‚gleichzeitigen
Jenner’fchen Kuhpodenfpielerei eine der Haupt-Urfachen, daß
um die nämlihe Zeit das Niveau der Modenepidemieen jäh
finfen mußte und wirklich anf. |
Es ift drittens nicht Mahr, daß, wie die Guttitadt-
Ihen Zahlengruppivungen der Jmpfgefegmotive den Gejeß-
gebern glauben machten, das Sinfen der Pocdlenepidemieen
gleihfam mit der Negelmäßigfeit einer Mondfinfternig am
Sülvefterabend des Jahres 1809 auf der ganzen Linie erfolgte,
— Die Seuchendronilen der verfchiedenen Städte, Provinzen
and Länder — von einer Boden ftatiftif aus jener Zeit
Tann ja, wie auch Kolb richtig bemerkt, Feine Hede. fein —
6
beweifen vielmehr mit unwiderleglichen Zahlen wieder das
gerade Gegentheil. Ich Habe die bezüglichen Hiftorifchen und
topographifchen Zahlendofumente der-Ortschronifen über Boden
in Händen und werde ihre Grundzahlen nah und nad in
Drud geben. Diefe Grundzahlen beweifen mathematisch, daß
da3 Fahr 1809 nur Hellenweife und zwar nur da, to vor:
her homogene Maffenimpfungen dez Menfhen und unferes
Wolllieferanten, des Schafes im Schwunge gewejen
waren, und imo man 1809 ziemlich plöglih diefem Wahne bei
Menid und Schaf entjagt hatte, zu einem Scheidejahre zwi-
Ichen früherem Hochftande und nun folgendem Tiefftande der
Polen bei Menfh und Schaf und — twohlgemerft — bei
-. ber Schaftwolle wurde. Ich berweile hier nur auf die Seu-
Hencdronik unferer Bezirksftadt Aachen. Hier hatte dor dem
berühmten Jahre 1809 der lud des Homogenen Impfeng
. no nicht, wie in Norddentfchland, auf der Bevölkerung ge-
laftet, in Aachen gab ces 1809 fein homogenes Impfen.
abzufhaffen und fein Heterogenes (Kuhpoden-) Impfen einzu-
führen: wir fehen daher ben Podenfrankgeits- Genius“ hier
nicht tie anderwärts erft vor dem Jahre deg Heiles 1809—
10 Kehrt maden; im Gegenteil, fon 1805 Hatte Aachen
nur 25 Podentodte, 1806 nur 3, 1807 nur 1, 1808 feine,
dagegen 1809 fchon 46 Podentodesfälle, und das Jahr 1850
in welden man fchon flott heterogen impfte, paradirt
mit 296, das Sabre 1867 mit IOL und das Yahr
1871 bet circa 93 Prozent heterogen geimpften Einwohnern
mit 87 Bodentodten. Ein Zahlen-Barallelismus zwifchen
Nichtgeimpftfein und PVodenfterben ift hier, wie überall die
reinste Ausgeburt einer ängftlichen Rhantafie, das gefteht heute
jeder Statiftifer von Bach zu, welcher fih die rohen Grund-
zahlen der alten Podenepiventieen in den Urpodenliften der
Aernter genau angefchaut hat. Ä
Viertens ift es nicht Wahr, daf gemäß der Gtatiftik :
in den verfhiedenen Lebensaltern dag Podenfterben der Ger
impfterfranften ein geringeres, als das der Ungeimpfterfranf:
ten, und das der erkrankten Nevaceinirten ein geringeres,
als daS der nur einmal Geimpft-Erkranften je. Aud) hier
ift in der Negel das gerade Gegentheil von dem wahr,
was die Motive des Impfgefeßes über die Schugfraft der
‚smpfung ausfagen. Die ftatiftifhe Curve des Bodenfterbens
biegt fid), wie die des Mafern-, Keuchhuften- und Bredurchfall-
Zodes, murnad Altersflaffen, entiprechend den Gefegen der ALT-
gemeinfterblichfeit. Alle neueren Statiftifer erfennen überein-
7
ftimmend diefe Yichtjehnur al& die einzig zuläffige für die Sta-
tiftit des Podenfterbeng an. Der Modus aber, welcher allen
amtlichen Erhebungen von 1872 und von früher zu Grunde
gelegen, jelbft die amtliche Frageftellung von damals it
durchaus Falfch; er Hat, wie auch) Kolb uns Snpfgegnern bei-
pflihtet (Bol. ©. Br. Kolb- „Zur Impffrager ©. 34
unten) die mathematifchen TIhatfahen des Podenfterbens Ge-
impfter und Ungeimpfter auf den Kopf geftellt und in den
Schlußfolgerungen für die Motive deg Smpfgejeges nur Srr-
thum auf Irrtum gehäuft, |
Beläge hierzu die beif. ftatiftifchen Tabellen und Hluge
IHriften: ©. Löhnert’3 ftatiftische Arbeiten, dann „Eiberfeld#, ©
„Dr. Keller,“ „Neih”, nLorinfer« „Dxts-Medicinalftatis
ftif”, u. Sf. w.
Diefen mathematischen Gegenbeweifen gegenüber erjcheint
jede Zumuthung, auf Grund der Statiftif an einen SImpffegen
zu glauben, gejchweige bdiefem Wahne feine Sfinder din
zugeben, geradezu als eine Vergewaltigung des gefunden Nen-
Ihenverftandes, für den Arzt al® ein sacrifizio dell’ in-
telletto! |
Sünftens find, tie auch Kolb betont, fehon die
Grundzahlen der über 1872 hinaufreichenden vergleichenden
„Statiftife der geimpft und ungeimpft Geftorbenen faljch, fie
Sind nichts als Flunfere. Auf Grund meiner 2jährigen Ur=
fundenforfungen in Bürgermeifterei - Akten der Nheinlande
jeßge ic) hiermit eine Prämie von 5000 Mark zu Gunften
dev Hufelandftiftung aus für den Nachweis, daß die Bürger-
meifterei-Acten im beuffchen Neic) au nur im Entfernteiten _
ein Material enthalten, aus welchem eine vergleichende Statiftif
der Podenerfranfungsfälle Geimpfter und Ungeimpfter
jowie der Bodenfterbefälle Geimpfter und Ungeimpfter von
bor 1871 überhaupt, ich will nicht einmal jagen eine Klafit-
fifation derfelben nad) Lebensalter — melde tod allein
Werth hätte — fi) aufbauen Ticke,
SH habe perfönfich jo viele alte und neue Aktenftöße
‚ftädtifcher Polizeiinfpeftionen auf Podenmotizen dirchftöbert,
daß ich die Behauptung aufftelle: weder in Deutfchland no
in irgend einem anderen Lande find vor 187] irgendtvie
berwerthbare Aufzeichnungen über das Podenerkranfen und
Podenfterben gemacht worden. Menn Kolb in feiner
Sırift „Zur Impffrage” (S. 23) unten) auf Grund ähn-
licher Zahlenftudien feine Ueberzeugung ausfpricht, „beider
entjgeidenden Wichtigkeit der Zahlenangaben müfje die ganze
8
Impfitatiftit auf befferer Grundlage und zwar durd) unde=
theiligte Statiftifer vollftändig neu hergeftellt werden”, fo
jagt er nur denjenigen etwas Neues, welche das Dogma vom
Impfihug von vornherein al3 einen Ausfluß der Unfehlbarz
feit einfeitiger ärztlicher „Autoritäten“ gläubig und ohne Prüfung
entgegengenommen haben. Da aber vorausfichtli chen in
Bälde eine eigeneReich8-Boden-Commiffton wird ernannt wers
den, weldhe die eingeftandenenMeberftürgungen der Reichs-
Impfgefes-Commiffion von 1874 unfhädlid machen foll, fo
wird diejelbe in die Lage foınmen, den groben Unfug aufzus
deden, welchen die Schöpfer des Inpfäwanges mit aus derXuft
gegriffenen Zahlen und dazu noch jo ungefchidt getrieben
haben. — Aud mit diefer fcharfen Verurtheilung dev officiellen
impfitatiftiihen Zahlenhexerei ftehe ich fchon Heute nicht mehr,
wie vor 3 Jahren nod, mit ©. Löhnert Keller, Germann,
Zorinfer, Hermann, Net in St. Petersburg als ver-
hafter ärztlicher Impffeger allein; ©. Fr. Kolb an der
Spige find die Männer der Zahlen, die erften Statiftifer von
Zah auf unfere Seite getreten und verlangen heute — nad):
dent leider das Impfgefeg auf jene in der Luft fehwebenden
Zahlen aufgerichtet worden it — neine unbefangene
und gründliche neue Prüfung der ganzen Impf-
frage”, und unterdeffen „Aufhebung des Impfzwan-
ges” (Kolb ©. 78).
Bon allen diefen Vorgängen, welche fi mit dem Exnite
und dem Drange einer auf Wahrheit beruhenden culturges
Ihihtlihen Reform wnaufhaltfam vollziehen, wiffen aller-
dings die Laufenden umd abermals Taufenden Aerzte Deutjc-
lands und der Nachbarjtaaten Jeiver nicht® ab. Der größte
Theil ihrer Fachpreife, Leider jeit Jahren folidarifch für den
Smpfzauber einmal einftehend, verfchließt ihren impfgläubigen
Lefern beharrlich jeden Einblid in unjere unbequemen Zahlen-
Enthüllungen über das Impfmärchen und glaubt alle impfgeg-
neriichen Stimmen einfach todtfchweigen zur Fönnen. Anderen-
fall8 wäre das Neichsimpfgefeg Schon Heute geftürzt, Für
die meilten Aerzte eriftirt eine wachlende Impfoppofition gar
nicht, oder fie tft doch in ihren Augen längft abgethan.
Kolb Hat jedenfalls Necht, daß er Schon die Grundzahlen
jener leichtfertigen Zrug-Statiftif derimpfer, um fo viel mehr
die Falihe Gruppirung ihrer Vhantafiepodenzahlen als eine
müßige Zahlenfpielerei veriirft.
Sehstens weile ih aus ben Bürgermeiftereiaften
bündig nad), daß laut den Namensverzeichniffen der Poden-
4,
9
Sournale nicht die Ungeimpften fondern faft immer Ge-
impfte und Nevaccinirte e8 waren, welde in den Ortfchaften
wie in den einzelnen Familien zuerft erfranften und zuerft
ftarben; Geimpfte und Revaccinirte alfo waren e3, melche in
der Kegel den Ungeimpften die Boden zutrugen, das Poden-
gift in die Bevölkerung einfchleppten und weiter. verbreiteten;
die Ungeimpften, die Kindehen des erften Lebensjahres, blieben
meift am Xängften verfchont, erkrankten ext in dritter, vierter
Linie und zwar meiftens trog amtlich feftgeftellter großer
„Anhäufung ungeimpfter Individuen.“ Wie in folhen Fällen
(vergl. Drtsftatiftif Elberfeld, Köln 20.) das Ungeimpftjein
von über 3000 Kindchen die Urfadhe Hat fein können, daß
nicht diefe vielverfolgten unfchuldigen Kindchen, fondern merf-
- würdiger Weije die geimpften und revaccinixten Einwohner
zu bielen Hunderten zuerjt die Poden befamen und an ben
Boden ftarben, da8 begreife ein Anderer, — id) firenge
mein Denfvermögen vergebens an, diefen Zufammenhang zu
fafjen.
z Diefe Priorität der Geimpften in der Reihenfolge des
Erfranfens, wie fie fich durch die Ortäftatiftif, foweit ich fie
di3 jet an den Urquellen, in den Podenregiftern der Bür-
germeiftereisYleinter durchforfcht Habe, Hindurchzieht, macht
allein fchon alle Schlußfolgerungen, welche zu Gunften der
Impftheorie aus den verfehrt gruppirten Grundzahlen gezogen
worden find, zu Nichte und berjegt das Märchen vom Jmpfs
jegen, dieje AUchillesferfe unferes aufgeflärt fein mwollenden
- Yahrhundertz, ebenbürtig an die Seite der Babel von Wolf,
- dem das Lamm das Waffer getrübt haben folt.
Aus der faft regelmäßigen Briorität der Geimpften
im Erfranfen ließe fi) nach dem impffreundfihen Trugfchluffe
deö post hoc ergo propter hoc, wenn ich überhaupt an einen
Zufammenhang zwifchen Jinpfung und Boden glaube, Höchftens
das folgern, daß ich durch das Impfen meine Kinder, anftatt fie
naturwidrig vor den Boden zu fhügen, in die Kategorie der»
jenigen Individuen herabdrüden würde, welche gemäß ver
Dritspodenftatiftif die Anwartichaft Haben zu allererft an den
Poden zu erfranfen und an den Poden zu fterben — eine
. Erfahrung, welche allerdings mit allen Erfahrungen der
Smpfthierärzte im Schafftalle vollfommen übereinftinmen
würde — umd ich werde mich wohl hüten, einem herr
Ichenden Srrthum zu Liebe meinen eigenen Kindern bieje
traurige Anwartichaft, diefe offenbare Prädispofition zu den
Poden auch noch einzuimpfen. —
10
Siebentens ift 8 unmwahr, daß, wie die Motive
deö Neichsimpfgefeges behaupten, ein ‚gefchichtlicher und ein
geographijch-nationaler Parallelismus zmifchen Nichtgeimpftein
eines Kleinen Bruchtheils einer Bevölferung und dem Aus-
bruche von Pordenepidemieen in derjelben beftehe; auch das
ift eine völlig aus der Kuft geäriffene Behauptung, deren ge=
IHihtlihe Seite fchon- oben unter „Erftend“ widerlegt
worden ift. ee
Auch beftcht Yeine Spur von Zahlenparallelismus zwifchen
Ein- refp. Durchführung der Nevaceination der Nekruten und
dem MWegbleiben der Poden von den Cajernen.
Wohl aber beftcht ein großartiger geihichtlicher und
topographiicher Parallelismus
a. zioifhen homogenem Maffenimpfen (1725—1808)
und — Höchftftand der Poden bei Menfch umd Schaf;
b. zwifchen homogenem und heterogenen Maffenimpfen.
ber Schafe (bis 1877) in Pommern, Medlenburg ıc.
und — drtlich begrenztem Hochftande und Stationär-
erden der Poden im Stalle (vergl. alfe thierärztlichen
Ssahresberichte ohne Ausnahme) und Podendurcfeuch-
ung der Handelswolle in diefen Ländern; =
©. zwifchen Ablaffen von dem homogenen Impfen der Men-
Ihen und Schafe und von dem heterogenen Snpfen der
Iegteren und — fofortigem Sinfen der Podenhöhe
bei Menfch und Vieh und Abnahme der Durdgiftung
‚der Handelswolle; “
dd. zwifchen Verwildernng der Schafzucht, der Schaffeuchen -
amd der Wollinduftrien vor 1806 (vor Erlaß der
‚Königl. Verordnung, welche eine Itrenge Schaf» und
Wollpodenpofizei einführt) und — Hocdftand der Bodens
jeuche beim Mtenfchen, variola nostras vor 1807 ;. :
e, zwijchen dem Beginn einer gleichmäßigen gejeglichen -
Regelung der Schaf- und Wollpodenfperre gegen 1807
mit gleichzeitiger Vervollfommmung der MWollentjchwei- 2
Bung und — Beginn des großartigen natürliden
Sintens der Menfchenpodenfeuchen ; Ne
. zwilchen Mafjeneinführung podenverdähtiger Schweiß-
wolle aus den Golonieen, aus verfeucdhten Schafweiden
Anftraliens zu Millionen Ballen nad) Europa 1870,
und — dem plöglicen MWiederauflodern ver alten -
- jhafe und wollderwandten Menjchenpodenfeuche in
- Europa, den Zügen des Mollmarktes von Havre, Konz _
-r
11
don, Antwerpen zeitlich umd geographifch folgend (variola
colonialis, Invafionspoden von 1870 im Gegenfaß zu
der variola nostras vor 1807 vergl. d.);
‚ ziwifchen demBeginne der nad) Millionen Centnern iwie-
genden Bewegung und ftändigen Abfuhr alter Lumpen
für die Padpapierfabrifation (1807) und — dem Be:
ginne de3 allgemeinen Sinfenz der Hantichmusfenche,
der Pocen gegen 1809;
. zroifchen der Verdrängung ber. podenjhmweißigen Schaf
wolle von der Menfchenhaut durch Keinen und .Baunt-
wolle in der Befleivunggfitte, der allgemeinen Ein-
führung des periodifdhen Wälhewechfels auf
Haut und Bett (Rafen- und Kunftbleihe, Seifencon-
jum) gegen 1807 und — dem Yurüdweidhen der Haut-
Ihmugfeuche, der Boden um die nämliche Zeit;
1. zwifchen dem Aufftauen von Handelslumpen (alten
Kleidern), Vernadhläffigung der Hautpflege und des
» Wäfchewechfels in einzelnen Ländern 3. B. in Polen
und — dem Stationärbleiben ber Boden zu jonft poden=
freien Zeiten in folchen Begenden;
. zwifchen dem Belanntwerden der Xehre von dem Uths
men al® dem Hauptanftelungs-Medhanisinug für bie
Podenfeuche, dem Aufgeben der alten wahnfinnigen Luft-
jperre im zweiten Decennium diefes Sahrhunderts und
. — ben auffalfenden Zurüdweihen und Milderiwerden
der Podenepidemieen um diefelbe Zeit;
. zifchen der allgemeinen Einführung einer veriodifchen -
Sanirung der Militäcmonturen, der Anschaffung mwafc-
barer leinener Hautdunftfilter in den Sajernen,, der
DBervolllommmung der Sfolirpflege in den Lazarethen
Anfangs der 30er Jahre und — dem Wegbleiben der
Polen aus den Cafernen, ebenfalls in den dreißiger
Yahren, aber. entjhieden no vor Einführung der
Rekruten-Impfung; —
’. Em auffallender Parallelismus befteht aber au —
und das ift ein fehr düfterer Punkt, welcher troß feiner
Toloffalen Zragmeite leider bisher noch nirgend betont
worden tft; —
. zwifdien dem Impfen der Mutterfdjafe in Schafftällen
und _ dem Berfiegen der Muttermildjquellen , den
- Schmwund der Milhdrüfen und Mil gänge bei den in
den Pünmerjahren durdjimpften Alu terthieren.
12
”
HE 8 aber bom efihtspunfte der Voltswirkhfaft
nicht eine fchauerliche Wahrnehmung, daß ein ganz ähnlicher -
PBarallelismus wie in durchimpften Schafjtälfen fo auch zwifchen
- der Derimpfung der fleinen Mädchen und der fpäteren Mild)-
armuth unferer jungen Mütter befteht? Die entjetliche allge-
meine Milchnoth, wie fie jeit AO Jahren unter den Mienfchen-
müttern herrjcht und von Jahr zu Yahr zuzunehmen droht,‘
und welcher jährlih Zanfende arıne Kleinen, aus Mangel
an Muttermilch, des unerfannten geaufamen Hungertodes
zum Opfer fallen, follte fie al8 gleihe Wirkung nicht aud
gleiche Urfache wie bei der Schafmutter Haben? Schredlich
wäre das, aber follte e8 darum etwa weniger wahı fein? Wie
aber wenn es wahr wäre, wenn wirflih der Milchjammer,
welcher unzählige Kindchen tödtet, eine bon den teuf:
- Ljchen Folgen des Yumpffluches wärel Die Unalogte de
Scafftalles |pricht fehr ftarf dafür; und Virchom behauptet
„Zwwifchen Thier- und Menfchenheilfunde befteht Feine Scheide:
grenze, nur die Objecte”r — alfo Hier Schafmutter und -
Menichenmutter — „find verfhieden.* Die traurige Ber-
ödung der menschlichen Milchdrüfengänge in unferen Zagen-
datirt wirklich von derjenigen Müttergeneration, in deren Kind-
heit noch die allgemeine Einführung der Impfung fällt. Wenn
nicht ein Ähnliches, fchreiendes Milchelend, wie c8 bei unferem
geimpften Gejchlecht fih eingefchlichen, aud) grade nur in denjeni-
gen Schafftällen,, in welden das Lämmerimpfen Sitte ift, im
Gegenfage zu der Milchfülle der nicht durchimpften fchlefifchen
und rheinischen Schafheerden beftände, ich würde faum es
wagen, hier warnend auf das verdäcdtige Zufammenfallen
unferer allgemeinen Säuglingsverwaifung mit dem Maffenimpfen
der Heinen Mädchen Hinzumeifen. Und ic) follte, bei meinem
Einblid in das Milchelend durchimpfter Schafheerden, bloß
einer Profefforentheorie zu Liebe und aus Gehorfam gegen ein E
‚ ephemeres Zivangsgejeg mein Töhhterchen impfen? Das ver-
‚bietet mir, mac gewonnener befferen Erfenntniß, mein Ger
‚wien jchon von dem Gefihtspunfte der Drüfenverwüftung.
Andere Meütter mögen, wenn fie e8 mit ihrem Gewiffen ver-
‚einbaren können, ihren Hausärzten zu Gefallen ihre Töchter-
hen zum Impfen ftellen, ich werde das meinige nie impfen.
MWünjchen meine Herren Fragefteller nocd weitere Gründe
zu hören, „weßhalb ich meine Kinder nicht geimpft habe“ ?
Ich werde deren fpäter noc; mehr bringen. — DVorläufig
...nod) einige Worte über den Parellelismus von Impfung und
- Schwund der Milddrüfen! De
13
MUS ich in meiner Einderärztlichen Praxis felbft unter den
jungen Müttern fo erftaunlich viele Milhblender und Mild-
- halbblender fand, da jammerte mich manchmal der armen
. Säuglinge, daß man fie wie die Lämmehen des Impfftalles
bei der Kuh muß „milchdieben“ Yaffen. Ich entfann mid)
aus meiner thierärztlichen Lektüre der verwandten Noth der
smpfihafe. Bon da ab fiel mirs nicht mehr auf, wenn
Mütter, deren Brüfte nur noch rudimentäreDrgane mit berödeten,
>. trodenen Milchgängen waren, auf dem Arme recht derbe,
frahlige Impfnarben aus ihrer Kindheit — traurige Denk
zeichen früherer Entziindung der Lymphgefäßfyftene — zeigten.
Am wenigften dürfen die Anhänger der Ssmpfung mir
die Annahme beftreiten, daß zwifchen Zahl und Umfang der
‚mpfnarben bei. Müttern und der Verödung der Milchs
‚brüfengänge ein fchuldverdächtiger Zufanmmenhang beftehe.
Sobad ih mit den Impfern im Prinzip zugebe,
daß das. Jmpfen den ganzen menfchlichen Körper für die
‚ Dauer vieler Jahre fo gründlich ‚verändere, da jogar bie
Ahmungsmwege eines eimpften das Podengift zurüditoßen und
. mit mehr Siftfang find, oder daß die Blutcapillaren nicht
mehr entzündlich auf das Gift reagiren, dann muß ih auf
an die Möglichkeit entjprehender Veränderungen in allen Gefäß-
Ioftemen, namentlich in den den Impfftellen des Oberarmes jo
nahe liegenden, Enäueligen Milchgängen glauben. Wer weiß, wie
große Streden Milhadern in den zartangelegten Milhdrüfen der
weiblichen Kindchen dur die Impfung für immer vernichtet
und für die fpätere Aufgabe des „Stilfeng« unbrauchbar ge-
macht werden? Die brettartige Härte de8 Oberarmes am
.6.—10. Tage nad. der Impfung in der Umgebung der
Smpfpufteln md die dunfele Nöthe der heißen Arınhant
‚im Impffieber Iaffen fchon ahnen, daß, wenn überhaupt eine
bleibende Gewebsveränderung im Organismus — wie die
‚ ‚Smpftheorie diefes doch annimmt — vorgehen fol, dies feine
jHügende, den Boden vorbeugende, fondern zunächt nur eine
jolhe fein Fann, welche die drüfigen Gebilbe, folglich in erfter
Kteihe tie beiden Schafen, die Milhdrüfen hmäcdht und zum
großen. Theil verwüftel. Die Section der Gadaver jolder
. Schafe, melde in Folge der Impfung frepict find, gewährt
„einen abjchredenden Einblid in die Gemwebsverwüftungen, welche
dur) die Impfung. im Schafförper bewirkt werden. Alle
edleren Organe erjheinen - entartet und bon Zerfallftoffen
durchfegt. Hätten die Herren, welde in Berlin die Gelege
mahen, nur ein einziges Mal Gelegenheit gehabt, der Caba- ie
274
verjeftion eines impffiechen Scafes beizumohnen, ich bin
überzeugt, daß fie fich beeilen würden, ein Eefeb wieder aus
der Melt zu jchaffen,, welches, wie das Keichsimpfgefeg,
jolche Verwüftungen in einen gefunden Körper zu feen ver-
mag! Und bon den anerfannten Verwüftungen des Schaf-
Erpers in Folge des Kuhpodenimpfens unterfcheiden fich die
DBerwüftungen des Menfchenförpers nad) der Impfung, wenn
fie audy „ärztlich nicht conftatirt” find, nur dem Grade nad.
Die Beipredung des Paralfelismus, welcher zwifchen
dem Impfen der Heinen Mädchen und dem unerfannten Auf-
treten bleibender Veränderungen in den Milhdrüfen befteht,
führt mi) auf ein berwandtes Gebiet von Impffchädigungen,
auf die neuefte wifjenfchaftliche Idee der Impfer, nämlich auf
das Impfen der fehimangeren FSraneı,
das Impfen der Kinder im Mutterleibe.
as wir Impfgegner mand;mal, wenn wir den Impfern.
recht Fomifche Confequenzen. aus ihrer Podenfurdt und Impfe
theorie ziehen wollten, fcherzteeife anriethen, die Minder wos
möglich jchon im Mutterleibe impfen zu Iaffen, damit do.
ja Tein Kindchen ftantsgefährlich d. h. ungeimpft auf die Wert
Täme, Diefer chimärenhafte Vorfchlag hat in jüngfter Zeit-in
dem nie raftenden Impfeifer der Aerzte in allem Ernfte einen
‚ fruchtbaren Boden gefunden. Zwar noch Projekt, fteht die
„Snpfung der Schwangeren“ doch bereits auf der erften
Stufe zu einem Ztoangsgefeg. Die „Wiener Algen, imebdic,
Zeitung" bringt in einer ihrer legten Nummern einen Bor: ..
trag des Herin Profeffor Bollinger in Minen, in melden .
der Borichlag, fon den Fötus im Mutterleibe zu durde
giften, in feinen technifchen Einzelheiten durchgefprochen wird.
Ein weiterer Schritt, nämlich die Ammenbrüfte mittels Im:
pfung podenkrant für den Säugling zu machen, fol in Bor-
bereitung fein. Die Laienwelt fann e8 gar nicht glauben,
r welche Abgejchmadtheiten uns von Seiten der Impfenthufiaften
noch bevorftehen, wenn der gefunde Sinn des Volkes fid)
nit bald gegen die Thorheiten der Impferei empört, und
die Mütter nicht — wie hier in Linnic) gefchehen — der
‚smpferei den Rücken ehren. Das fommt aber davon, daß
der Impfwwahn bisher nirgend bei den Gefeßgebern und im
Volke beherzten Widerftand gefunden. Wie alle Thorheiten,
jo fcheint e&, muß aud) die des Impferthums fich gründlich)
k le fie Tann nur dur Selbftzerfegung unter-
gehen. Re
15
-Alfo immer noch fürchten die gelehrten Herren Medi-
‘ ‚ einer die ungeimpften neugeborenen Kinpdhen als die geheims.
nißvollen Träger eines noch geheimnifvolleren, berftedten
Podengiftes, jonft wäre ja der Vorfchlag, das Kind im Mut-
terleibe Fünftlich zu durchgiften, Schon in feinen Motiven ein
barer Unfinn, f
. Gegenüber dem ‚uns bedrohenden neuen Impfattentat
auf die jÄhwangeren Frauen Tann ich nicht oft umd nicht
dringend genug auf die fehreiende Thatfache aufmerkfam machen,
daß Kant übereinftimmenden Ausfagen aller Ortserfranfungs-
iiten
es gar nit wahr tft, daß zu Podenzeiten und an
Bocdenorten die ungeimpften Kindcdhen auch nur mit zu den
erjten gehören, welche erfranfen. Ich habe die Original-Er- _
Tranfungstiften vieler großen Städte, fo die von Köln, Düfe
jeldorf, Trier, Elberfeld, Barmen, Gladbah, Wefel u. f..w.
u. U auch von diefem Gefihtspunfte durchftudirt und will
dur) die Erfranfungs-Statiftif nadhweifen, daß am aller-
wenigjten bon Seiten. der Eleinen Ungeimpften dem Neid) eine
Pocengefahr droht. Wie fommen die Aerzte doch nur auf
eine jo berrüdte Annahme, welche allen Thatjachen hohnfpricht?
In der Regel erfranfen ja die Säuglinge erft im Defreg-
cendo-Stadium ber Epidemieen und auch dann nod im DBerz
hältniß zu den Erwachjenen m fehr vereinzelt und — wohl
gemerit — (vergl. Anhang Tubelle „Eiberfeld") ohne Unter:
Ihied zwilhen Geimpften und Ungeimpften:
Wenn doc die Herren Impftändeler, anftatt vom
Studirtifhe aus fi immer neue, verftedte Podentenfel in _
Geftalt von unfchuldigen ungeimpften Säuglingen mit. einer
Art Herodesphantafie an die Wand zu malen, einfach fich auf.
die eine und die andere Polizeiinfpeftion verfügen wollten and
dafelbft fi die Acta specialia der Ortspodfenepidemicen bor=
legen ließen, wie wir e3 bereits in vielen Städten nad) dem
Schema „Elberfeld“ und dem bald nachfolgenden Stüd
Podenverzeichniß aus den Polizeiaften „Trier“, „ejel" u. |,w.
gethan Haben! Dann würden fie alsbald nicht allein fi) bon
der abjoluten Harmlofigfeit eines ungeimpften Säugling
überzeugen, fondern überhaupt über den ganzen Ympfkram
mit Einem Male entnüchtert werden; fie würden , von den
‚trodenen Polizeiaften Heraus, fi fchämen, jo lange Gefpenfter
gejehen und ihre Vernunft vor dem Glauben an die Poden-
gejpenfter ungetimpfter Kindchen gebeugt zu haben. —
Daß Überhaupt die Heinen Kinvehen, daß die Säuglinge
16
die Poden bringen follen, das ift ein überlieferteg VBorıntheil,
aus jener alten Zeit, als die Leute noch unbewußt die Selle
podenverdächtiger Schafscadaver als wafjerdichte Zeuge den
Kindchen in die Wiege Iegten und fo aus diefen podengiftigen:
Shhafsfellen heraus die Podenkeime ausbrüten ließen, während.
ihre Werzte nad) dem böfen „Podengenius“ in der „Rufte
- Gonftitution® und den „Losmifch = tellurifchen Verhältniffen“.
fahndeten. Damals, vor 1806, als bie Schafe noch zu
Yumbderttaufenden an Boden Erepirten und ihre Rohmwolle, -
Mollgejpinnft und Felle zumeift für die Kinderwelt abgaben,
da waren e& aus diefen natürlichen Urfechen allerdings die
Kindchen, welche, aber wahrlich nicht dadurd, daß fie nicht
geimpft waren, von den Schafabfällen herüber zuerft die
Poden befamen, die Boden waren damals Freilich vorwaltend
eine Krankheit der Rindchen, aber nur weil die Kindhen in -
podenverdächtige Schafsfellchen eingewidelt wurden. (Bergl.
meine Gulturgefhichte der Seuchen und ihrer natürlichen Ur-
jachen.) ne Ä |
Die heutige Furcht der Smpfer vor den ungeimpften
Säuglingen ift alfo doch nicht geradezu aus der Luft gegriffen,
fie dat, von der Großmutter auf die Enkel vererbt, wie wir
gejehen, eine verfchwommene hiftorifch-empirifche Unterlage, nur
daß die jegige Aerztegeneration fi den Zufommenhang ganz
faljch deutet und namentlich fich nicht davon Überzeugen will,
daß heute die Verhältniffe im Befallenwerden der Kinder bon
den Poden gerade umgekehrt bon damals Liegen, und daf
‚namentlich Impfen oder Nichtimpfen mit dem Schuß ber
Kinder vor Boden nichts zu jhaffen Hat. (Vergl, Anhang
„Elberfeld“. | .
Da die Herren Werzte bisher zu bequem waren, über.
den Verlauf einer Ortsfeuche aucd nur die oberflächlichiten . a
ütiologifchen Studien an den Quellen, d. h. in den Kranken
Zournalen felbft zu machen, und da fidh’s beffer vom grünen
Ziich herab gegen die Impfgegner fchimpfen, als bucd) jaure
Hahlenftudien fi eines DVefferen belehren läßt, jo erlaube ich
mir in einem Ausfchnitte aus der Podenlifte der Stadt Trier .
den Herten einen Spiegel vor Augen zu halten, damit fie
endlich einfehen, wie gewaltig fie irren, wenn fie nod immer
die ungempften Kindchen für die Anftifter der Podenfeiche
halten und auf diefen groben Jrethume fhon Pläne zu einer
demmächftigen Yötnsimpfung, zu einer Impfung des Kindes a
im Mutterleibe fchmieden. a
17
„Lit. XI. Acta der Poligeiverwaltung der Stadt Trier,
beir. Bournal für Yorkenerkrankungen, Tad) 49,
Unter diefer Meberfchrift Habe id) 3 Blätter aus einem
jener Urpodenjournale, auf welche ich immer wieder zurüd-
fommen werde, photographiren Laffen, und empfehle ic) die
Anihaffung diefer pHotographifchen Tabellen allen denjenigen,
welche fich bisher mit dem Onellenftudium der Podenftatiftik,
noch nicht befaßt Haben und doch in der Impffrage überall
mitjprechen wollen.) Die Poren Journale der Polizei-
“ Infpeftionen find allerorts in mehrfacher Beziehung fo harak-
teriftiih — auch was die berüchtigten nachträglichen „‚Correfz -
turen” über Geimpft- und Nichtgeimpftfein anbelangt, daf
man das Driginelle derjelden unmöglich in Buchdrud, fondern
nur photographifch wiedergeben Fan. Ach hoffe dem hohen
Reihstage und dem Saiferlichen Neichägefumdheitsamte fpäter
mit einem bollfftändigen Album folcher photogr. Urkundenauf-
nahmen dienen zu Tönnen, damit die Herren Gefeßgeber, ohne
perfönlich den Amtsakten nachgehen zu müffen, recht bequem
endlich zu einem fachlichen Urtheile über die „Grundzahlen“
der viel mißbrauchten Pocenftatiftik Formen. —
Was ung hier an dem Trievichen Pocenregifter, und ähnlich
an den Podenregiftern aller Städte, vorläufig intereffirt, das
it die Ihatfache, daß die Hunderte von Erfranfungsfälfen
‚bon 1868 bis 1874, mit Ausnahme dreier Säuglinge,
‚welche ihren erjterkranfkten Möüttern folgten, nur Erwachfene
und umter diefen mit ganz wenigen Ausnahmen nur
Geimpfte und Nedaccinirte waren, und daß gerade „da wo
man nit impft“, wie Virchow fehr richtig bemerkt, d. 5.
. Im erften Lebensjahre „die Pocden fast nicht auftreten‘. —
. Die anderen intereffanten Seiten der Trier’fchen und anderer
. Driginalpoedenliften follen in einer anderen Slugfchrift be=
jonders befprochen werden.
Mögen meine Herren Fragefteller und ihre Hintermäns |
‚ner vorerft, tie ich das gethan, mühfem einige. Jahre die
Poltzeiakten über das Pocenfterben im Original ftudiren, dann
werben fie ficherlich zum zweiten Male mich nicht gerichtlich
zur Verantwortung darüber ziehen,
‚weshalb ich meine Kinder nicht habe impfen Laffen.‘
Angefihts der fehreienden Thatfache, daß laut den Poli
.*) Diese Pöotographien find zum SHerftelungspreife in meinen
Verlag zu Baben fir 1 Mark, x i
2
18
zeipodenliften jtetS und allerorts das Lebensalter der unge
impften Säuglinge dasjenige ift, mweldes von den Poden
berichont bleibt, and) ohne daß die Mütter der verfchonten Find:
hen in ihrer Schwangerfchaft geimpft wären — genau tie
im Schafftalle nur die ungeimpften und nicht die geimpften
‚Heerden verfchont bleiben — dürften die Sinpfer in ihrer
befannten Schlaufeit mir zu Teiht auf den fublimen
Gedanken fommen, an diefem offenbaren Berfehontbleiben der.
ungeimpften Seinen könnte nur der Umftand Schuld. fein,
daß die Mütter derfelben in ihrer Hinvheit geimpft worden
waren. Die Dialektif der npfer fchrict ja Schon ange
nicht. mehr dor folhen Ungehenerlichkeiten des Schlußfolgerng,
um den Jmpfjegen zu beweijen, zurüd,
Die merkwürdige und doch ganz natürliche Thatfache,
daß, den rein willfürlichen Behauptungen der Impfenthufiaften
entgegen, die ungeimpften Sindcehen alfenthalben am Meiften
bor dem Erlranfen an Boden gefichert find, hat aber aud)
für die Zufunftsftatiftif ihre ehr ernfte, bedenkliche Seite. -
Gelingt e8 nämlid, den Impftändelern, — und für melde
Thorheit wäre das deutjche Volf nach der ftarfen Glaubens
probe des Impfzwanges nicht empfänglich zu machen? — eine
Zmwangsimpfung des Kindes im Mlutterleibe durch fubentane
Kuhpoden-Injektion der Schwangeren Mutter, im Neichstage |
durchzufegen, dann werden zu Podenzeiten und an Poden-
orten, wie dies bisher immer, auch ohne boraufgehende Im-
pfung der fhwangeren Mütter der Fall geweien, die Süug- 2
linge nad) wie vor die meiftgefehonten Indiviouen fein. Die
Smpfer werden alsdann. auf ihr Kunftftüdhen der Schwan«
gernimpfung hinweifen und unter Berufung auf die. Kinder-
> Shonungsftatiftilfagen: jeht, das hat unfere Fötalimpfung jchon
zu Stande gebradit! :
Um foldem Treiben im Voraus die Spite abzubrechen,
» erfläre ich heute auf Grund meiner Spezialforfhungen in den
- Bolizeipodenliften, mit allem Nahdrud: =
zu Pocenzeiten und an Pocenorten war in allen biS-
herigen Epidemieen in der Regel das Lebensalter der nicht-
geimpften Säuglinge, felbft bei größten Vorrath an folchen, °
dasjenige, welches in den Boden Erkranfungsliften am aller-
ihwädhlten vertreten ift!!! das bezeugt jede Ortsftatiftik.
Möge diefer mein Warnungsruf dem drohenden Unheil
borbeugen, daß man fogar fhwangeren Frauen das Poden-
gift dur) die Adern muß jagen Laffen! Sonft werden. wir
e3 noch erleben, daß der biedere deutiche Ehemann, ehe ihm
19
fett Neigeborenes in das Givilftanderegifter eingetragen wird,
vor dem Gericht erfheinen muß, auf daß er Nede und Ant:
wort ftehe, weshalb er jeine Chehälfte, als fie in Hoffnung
war, nicht habe durchimpfen Laffen. Schöne Zuftände das.
Sole müßigen Einfälle unferer fpikfindigen Gelehrten fordern
nur den chnifchen Spott der Spaßmacer heraus; und id)
wüßte in der That nicht, warum neben der Impfung ber
fünftigen Mutter nicht auch eine analoge Iofale Praecautiong-
Impfung des männlichen Erzeugers ad hoe— nad Analogie
der Syphilidologie — am Plage fein follte..
sch komme nohmals auf die Zrieriche Podenkranfen:
Tifte zurück, Ich frage:
berechtigt diejes Sranfenverzeihniß au nur entfernt zu
2 der Annahme, daß das Nichtgeimpftfein der vielen Kleinen
Nichterkrankten in Trier, welche doch mit den geimpften Er=
Trankten zufammengelebt Hatten, irgendwie Schuld fünnte ge-
>“ wefen fein, daß die Geimpften die Boden befamen? Nunfo
zeige man mir doch in der Trierfchen Lifte die Namen jener
böjen Kindchen, welche durdh ihr Ungeimpftfein die Boden in
die ftädtifche Benölferung gebracht haben follen! Man findet
feine und wird daher bejehäimt fich geftehen müffen, daß die
bisherige allgemeine Angft dor ungeimpften Säuglingen ein
Köhlerglaube vom reinften Waffer ift; man wird aus den
abfofuten Zahlen aller Podenliften überhaupt fih der Er- .
.. Tenntniß nicht derfchließen Zönnen, daß auc, anderwärts die
Boden am fchonendften an die Ungeimpften borbeigehen und
>. mit Vorliebe die Geimpften ergreifen. Was in Bezug auf
Gr die Schafpoden die Thierärzte Längft herausgefunden Haben, ..
und was, wie fchon vorhin bemerkt, Prof. Virchow in dem -
einfachen Sage ausprüdt: „E8 fcheint, daß dort, wo man
die Schugimpfung nicht übt, die Poden faft gänzlich aufge-
‘ hört haben“ (Situng des Abgeordnetenhaufes vom 4. Funi
1875) — bdiefe nämliche Wahrheit Ieitchtet aus dem Trierer.
Namensverzeihniß der Podenfranken heraus; man muß fi)
Im Sinne VBirhows jagen: „Es feheint, daß (in derjenigen
Altersflaffe,) wo man die Schugimpfung nit übt (im
Säuglingsalter), die Poden faft gänzlich aufgehört haben.“
Dieje Veberzeugung ift auch einer von den Beweggründen,
„weshalb ich meine Kinder troß gejeglicher Aufforderung
nicht geimpft habe und — niemals impfen werde,“
Statiftiider Nadweis,
da die verfolgten ungeimpften Rindden unfdul-
dig an dem Porkenelend der Ermwadjfenen find.
| (Beweis, dab 2 > 4 nicht 9 il)
Die Ehrenrettung der ungeimpften Neugeborenen vor
der Beihuldigung, als ob fie das Podengift Iatent als eine Art
janitätlicher Erbfünde mit auf die Welt brächten, ift für den
Austrag des Zmpflampfes jo wichtig, daß ic) ihon hier mit
einigen Zahlenbelägen aufwarten möchte, mir vorbehaltend,
in einer befonderen Ylugichrift gehäufte oewessjilde für Die
Unfchuld der armen Seinen nachzutragen.
=, Ih bin gewohnt — wenngleih meine anonymen Gegner
mic) des unparlamentarifchen Phrafenmacens bejjuldigen —
dad, was ich behaupte, möglichft mit Zahlen zu belegen. ©o
jet mird geftattel, auch für meine Behauptung, daß die Alterz-
Eaffe des Ungeimpft jeins die meist gefchonte in den DrtZepi-
demien ift, an einem Beilpiele von Ortsftatiftit aus dem
Podenjournal der Stadt Barmen vom Jahre 1871, einen.
„‚onchudenten‘‘ BZahlenbeweis zu erbringen.
Um 2. Februar wurde hier der erfte Exrkranfungsfall ge
meldet, wie immer natürlich ein Geimpfter, Objehon in den
6 Monaten vom 2. Februar bis Ende Juli unter 165 an-
gemeldeten Erfranfungsfällen 160, meiftens geimpfte, Er-
wachjene md nur 3 ungeimpfte Säuglinge aus den 2 erften
Rebensjahren waren, und aud) diefe 3 Fälle erft in die fpä=
teren Monate Juni und Juli fielen, objchon feineswegs diefe
‚Seinen, wie überhaupt auch jhäter teines bon den unge-
21
impften erkrankten Säuglingen zu der Kategorie der „Erft-
erkrankten im Haufe“ gehörte,
war doch Schon am 28. Febr. die überlieferte und künft-
fh genährte Volfsfurht dor dem Ungeimpftfein zu einer
wahren Banik ausgeartet; die Angft vor dem Gejpenft des
Ungeimpftfeins war in der That wie überall fo auch in Bar-
men ärger noch als die Angft vor den Poden jelbft und vor
den natürlichen, pofitiven Urfachen der Voden. Bei ruhiger,
nüchterner Ueberlegung Hätte man es Höcdhft merkwürdig fin-
den müffen, daß bei einem Vorrathe von mehr als 3900
(vgl. Impfberichte von 1870 u. 75 und Givilftandsregifter)
ungeimpften Kindchen in Barnıen und Wupperfeld von diefen
Ungeimpften in den erften 4 Monaten fein einziges den Im
pfern den Oefallen erzeigen wollte, podenfrant zu merben,
oder denn Doch zu den zuerft erkrankten Sudipionen eines
Haushaltes zu gehören.
Muß man nicht bon einer blinden Vaccinomanie befeffen
fein, um Ungefihts einer fo laut widerfprechenden Ihatfache
dennoch fofort dem Ungeimpftfein der Neugeborenen — reip.
dem Nichtgeimpftfein der Schwangeren — alle Schuld an
dem Bodenelend, an der Einfchleppung und Weiterverbreitung
der Boden beizumefjen? In der That fchon am 28. Febr.
‚eriheint in allen 2ofalblättern eine polizeil. Bekanntmachung,
wonad jofort mit aller Strenge gegen die ungeimpften Kind-
. em vorgegangen und gegen die fänmigen und renitenten EI-
tern derjelben „unnachfichtig das gerichtliche Verfahren“ ange-
wendet werden fol!! — Troß der allgemeinen Laxheit im
Auffuchen ver natürlichen, der pofitiven Urfadhen der An-
fteung, hätte man aus den Sranfenanzeigen doch Schon jetzt
jo viel feitjtellen können, daß die erften Erfranfungett durch
nichts weniger alS ducch ein Ungeimpftjein der Kindchen, Sondern
einfach durd) Einfchleppung aus Hamm, Düffeldorf, Erefeld, von
Geimpften entitanden waren. Aber das Vorurtheil gegen das
Ungeimpftfein als den Sindenbod der Boden Hatte die Gemüther
und den DBerftand Aller jo ausschließlich gefangen genommen,
daß man über die Impffrage den Kampf gegen die natür-
lihen Urfahen der Boden ganz außer Acht ließ. Daß unter
den Erjterkrankten fogar einer war (am. 18. März), welcher
fi erft vor A Wochen Hatte reacchniren Taffen, das Fonnte
auch nichts helfen; vom 20.—27. April wurden in 3 Schul-
gebäuden Öffentliche Impfungen ausgefchrieben, die Impferei
hörte nun faft gar nicht mehr auf. Unter dem 15. Mai
Re
erfchien in affen Blättern eine amtliche Bolfsbelefrung, worin
zum Yeugniß, daß das Impfen das bemwährtefte Mittel gegen
„die Boden fei, an Stelle der fehlenden Zahlenbeweife in ges
wohnter. Art nur die „Autorität“ der Wiffenfhaft vorgeführt
und ein „Öutachten der Leipziger Univerfität“ mit den Unter-
Ihriften der gläubigen Profefforen, des Defang Goccius und
der HH. Dr. Weber, Rodius, Wunderlich, Crede, Magner;
Ludivig, Thierfch, zum Bemeife(!) des Impffegens in entenso
abgedrudt wird, — Die Razzia auf ungeimpfte Rinder hatte:
in Barmen und Rittershaufen ihren Höhepunkt im Juli, fo
daß, Dank einer heraufbefhtworenen Zmwangs =» Jnpfung, am
1. Auguft die Altersklaffe der Ungeimpften, d.h. der erften zwei
Lebensjahre, zu einer Altersflaffe der Brilchgeimpften um
geichaffen war. Nun foll man glauben, daß mindeftens das _
bisherige günftige Erfrankungsverhältniß bei den Meinen ge=
blieben wäre. Aber was mar die unmittelbare Volge der
Maffenimpferei? Genau die nämliche tie im Scafftalle:
tährend in den 4 erften Monaten der Epidemie, als 3900
Kindchen ungeimpft waren, fein einziges, darauf von Zuni big
Ende Anguft duchfchnittlih im Monat nur 3 Kinder er-
franft waren, fehen wir, foweit das lüdenhafte Materiat
erkennen läßt, nad der Durdhimpfung von 3424 Kindern
im September, troßdem mit dem Impfen eine gejchärftere
Wadfamkeit gegen die Anftelungsgefahren Hand in Hand
ging, jchon 6, im Oktober 10, im November 26, im Dezem=:
ber 34 Stinder, geimpfte mehr als ungeimpfte, den Poden erlagen.
In Barmen, wie überall, ergreift alfo die Seuche die
Kinderwelt nicht in dem Verhältnik ivie man fich. des Im=
pfens enthalten Hat, fondern umgekehrt in dem Berhältniß
wie man das Impfen erzwang; die Seuche folgte, wie im
Schafftalle, dem Impfen auf dem Fuße in den Altergsflaffen,
in welchen geimpft wurde. Und für biefe Thatfache, welche
ih in allen Ortsftatiftifen aus dem Namensverzeichniß der Er-
franften twiederfehren finde, haben unfere Aerzte und unfere
Statiftiler merfwürdiger Weife bi jebt Feine Augen, allerdings
auch nicht da8 Studienmaterial gehabt! Drum joliten fie aber
in der Impffrage auch nicht fo vorlaut gegen uns xImpf-
gegner fein, und erft Quellenftudien machen! -
Während der Barmer Halbiahrsbericht vom 1. Auguft -
1871 bei den Sterbeprogenten der Bodenfranfen noch die Zahl
der Geimpften und der Ungeimpften (meift Kindchen) getrennt
hält, und angibt, daß im erften Halbjahre der Epidemie von
113 geimpft Erkrankten (Erwachlenen) 23, voit 21 ungeimpft
23
Erkrankten (Säuglingen) 8 geftorben feien, läßt der Yahres-
Bericht vom 18. Januar 1872 für das zweite Halbjahr, als
bie Kinderimpfung bis auf 150 allgemein durchgeführt war,
.. wohlmeislich die Unterfeheidung ztwifchen geimpft und ungeimpft
. Geftorbenen weg. €8 heißt da einfah: „Bon Anfang Yeb-
‚eo vzuar bi8 Ende Dezember 1871 erkvanften 829 Perfonen, fo
. biele find wenigftens angegeben, doch läßt fich annehmen, daf
bis 150 Perfonen mehr erkrankt find. Bon diefen find ges
nejen 504, gejtorben 185. Wer von den Erfranften geimpft.
veip. rebaccinirt gemwefen ift, ift von den behandelnden Nerzten
nicht immer angegeben!!!" Ein Bi in die DOriginalliften,
— telche übrigens für Aufftellung einer brauchbaren Statiftif
viel zu Lüdenhaft find —, zeigt aber jofort, daß die feit Auguft
an den Boden geftorbenen Hinder aus den 6 ‚eriten Lebens-
Monaten allerdings meift ungeimpfte, darüber hinaus aber
EN meift geimpfte waren, und daß hier eben jo wohl geimpft Er-
trankte ftarben, wie ungeimpft Erfrantte genafen (vgl. Anhang
Borenftatiftif Elberfeld). |
„Ich bitte mit diefen Thatfachen, mitdi jem offenbaren Fiasto
... ber dimpfung den ftädtifchen Medicinalbericht vom 18. Jan.1872;
© „Ueber das Impfgefhäft in Barmen 1871” zu reimen:
re. nDie Stimmung des Volkes it noch immer
eine getheilte, ein Theil deffelben vertraut willig“ — mohl
aus Surcht bor den Polizeiftrafen! — „ber Impfung und
bringt die Kinder willig zum Termin, ein anderer hält nichts.
auf diejelbe, fürchtet fie vielmehr wegen der möglichen Ueber-
traging bon anderen Krankheiten.“
„Sb glaube, fährt der Berichterftatter fort, e8 ift dem
vegen Eifer am Jmpfgefchäft hanptfächlich zuzuschreiben, daß
die Podenfranfheit, welche bei vielen ungeimpften Rindern
und nicht vevaccinivten Perfonen fo ungemein günftige Bedin- -
gung“ (worin befteht denn diefe? umd tie offenbart fie fi?)
zur Weiterberbreitung fand, eine verhältnißmäßig fo geringe
Ausbreitung gefunden hat! Eine jehr bezeichnende Jluftra-
fon zu diefer mehr als Tühnen Behauptung ift das gleich=
‚zeitige Gingeftändniß: „Wer von den Erkrankten und Ge:
florbenen geimpft, vefp. revaceinirt gewejen, ift von den.
behandelnden Xerzten nicht immer angegeben.“
. Eher fönnte man, wie die Aerzteim Mittelalter, die Stellung
des Saturn am Himmel, als das Ungeimpftfein der Sindchen be-
[Huldigen, in Baruten wie überhaupt auch, fonft in der Melt
die Polen erzeugt und auf die geimpften Crwachjenen lüber-
tragen und im Lande weiter verbreitet zu haben. —
24
Freilich in Barmen war da Volk auf die Jmpfzauberei
Ihon frühzeitig in den öffentlichen Blättern vorbereitet wor=
den. Sch werde auf diefe „Belehrungen de Volkes” an anderer
Stelle zurüdfommen. Hier wollte id aus dem Barmer Ber:
zeichniß der Podenkranten vorläufig weiter nichts, als das
Nichtbetheiligtfein der umngeimpften Säuglinge an dem Zu-
Ttandefonimen der Poden-Epidemien nachmeifen. —— 35
Die Pocenliften von Köln, Elberfeld, Wejel, Trier
u. f. w., von Monat zu Monat mit Rüdficht auf das Lebens-
alter der Erkrankten verfolgt, beweifen für den, welcher auf
den Gebrauch feiner Augen und feiner Vernunft in der ympf-
frage no) nicht verzichtet Hat, übereinftimmend das näntliche :
daß die ungeimpften Kindehen, gegen welche doc die Spike
des Neichsimpfgejeßes gerichtet it, unfchuldig jomohl an dem
Zuftandefommen wie an der Weiterverbreitung der Poden
find. Wehhalb alfo follte ich meine Kinder impfen Lafjen?!
Impfglaube geht zur Weige,
mit Hinwei3 auf den Petitionsbericht des Heren Dr. Thilenius über
die Impffrage in der diesjährigen Sigung des Neichstages Neo. 176
3. Zegislaturperiode 1877, VII. a
SH glaube in obigen alirsethaikerjektinger einen leber=
blid über den Stand der Impffrage gegeben zu haben und
den Sturz des Impfaberglaubens mit dem nämlichen Glüd,
mie ic 1874 den jet eingetroffenen Sturz der Schaf:
impfung prophezeite, als nahe bevorftehend borherfagen
30 Eonnen. Dis im dorigen Yahre noch war mein größter
:- Fehler der, daß ic als impfproteftantifcher Arzt in- ganz
Deutichland mit vier. bis jechs Collegen von meiner Gefin: .
nung allein, aljo ifolixt ftand. Das genügte aber unferen
Merzten jchon, die Stellung und Anfhhauungen eines Collegen
‚ohne Rang und Zitel a priori zu verurtheilen. Man Tieht
"ja den „Autor“ nicht, und wenn feine Schriften Goldförner
. Mahrheit enthielten, welcher nicht bei Hirihwald oder Ende
druden läßt; daher blieben die Xerzte Fahre lang ununterrichtet
über unfere impfgegnerifchen Bahlenaufdedungen. Konnte doc)
no) in der vorleßten Sejjion des Neichstages ein Mitglied
des Hohen Haufes geringfchägend jagen, nur einige ‘wenige
Collegen umd zwar nur jolde von zweifelhaften Gemicht
Hätten fih der impfgegnerischen Wgitation der Weber,
der Litho- und Photographen u. dgl. angefchloffen. — Auch
diefe Seite des Kampfes ift unterdeß gewaltig zur unferem.
Gunften umgefchlagen, die Schreier auf der anderen Seite
find fpurlos in der Prejje verftummt vor der Ummtderftch-
lichfeit des von uns Impfgegnern beigeholten ftatijtijchen
Beweismateriales. Schon in der legten Neichstagsfigung machte
der Referent der Petitionsfommijjion, der impfeiferige Dr.
Thilenius in feinem Commiffionsbericht daS bezeichnende Ge-
3
26
| ftändniß: „Durch das Impfen erde eine entfpredjende ratio
nelle Behandlung der Poden nicht überflüffig gemacht. Ueb-
>. rigens fei er weit davon entfernt, die Agitation gegen das
n Impfgefeß gering zu achten. Er halte im Gegentheil dafür,
‚man müffe mit allen Mitteln der Wiffenfhaft (I) ihr ent-
gegentreten, da fie jchon jet nur zu viel Unruhe in gewiffen
Kreifen der Bevölkerung hervorgerufen habe. Der Agitation n
müffe auf da8 Entjchiedenfte durch entfprechende Belehrung(!!)
und vor allen Dingen durch praftiihe Gegenbeweife (wo find
diefe ? die Welt wartet noch immer darauf !) entgegengetreten
werden." Dr. Th., der Vertrauensmann des Hohen Haufes
in der Impffrage, empfiehlt fodann als „ein jehr praftiiches
Mittel in diefer Richtung‘, dierdeutfchen Uerzte möchten jene
berüchtigte, dur) Prof. Dr. Vogt in Bern unlängft ausge
geißelte Komödie der ärztlihen Glaubensabftimmung nah
Stimmzetteln, wodurch der Schweizer Aerzteverein fich fchon
unfterblih blamirt hat, in Deutfchland nahmaden. Alfo
ein suffrage universel, eine Art ärztlichen Concilsbefchluffes
„mittels Post - Abftinumungs- Karten“ über Werth oder Un-
werth der Impfung und Wiederimpfung — eine mwiürbige
Ergänzung zur heutigen polizeilichen Berfolgüng der Impfe
proteftanten! Was in unferem culturhygienifchen Zeit-
alter über Ddiefen umwifjenschaftlihen Modus zur nt»
fheidung von Macdhtfragen in der Wiffenfchaft zu Halten ift,
das tmwerde ich jogleich näher erörtern. Soweit alfo ift denn
do die Erfenntniß der Haltlofigfeit der Impftheorie im
Reichstage Schon bvorgejähritten, daß Dr. Thilenius, ein Vor-
fämpfer für Impfzwang, zur Nettung des bedrohten Jmpf-
dogmas Händeringend eine namentliheAbftimmung aller dent
fchen Aerzte über ihren Impfglauben mittel8 Stimrizettel,
Ia oder Nein, verlangt — die erfte Brüde zum Nüdzuge.
Die zwanzig Zahlentabellen, meift Meufterarbeiten des
Herin 8. Löhnert in Chemnit, und meine Culturgefchichte der
Seuchen, welche ich damal3 dem Neichtage vorgelegt und bon
welchen Thilenius jelbft jagt, daß. fie mit anerfennenswerthen
-Fleiße gearbeitet jeien, fcheinen alfo doch die Herren: Kommil:
fionsmitglieder auf andere Gedanken gebracht zu Haben; denn
Dr. TH. erklärt e8 zugleich für wünjchenswerth, „daß die von
Dr. Didimann aufgeftellten ftatitifchen Tabellen zur Prüfung
de5 Neichsgejundheitsamtes Fämen.“ „Einen Antrag. wolle ev
in diefer Beziehung nicht ftellen, da e8 dem Betenten über-
tajjen bleiben müffe, diefe technifche Prüfung geeigneten Ortes
(beim Reichsgejundheitsamte) zu veranlafjen.“ So brüdte
fh ber Hohe Neichetag, — wie f. 3. der Düffeldorfer Aerztes
. Dereinstag —, an die Prüfung unferes mathemathifchen Ber .
. weißmaterial® vorbei; diefe Zahlentabellen fingen an, den
Herren, welche fich fürs Impfen bereits zu tief engagirt hat-
ten, unbequem zu werden, und daher wurden unfere Arbeiten von
Herodes an Pilatus verwiefen, bis endlich — erft in diefem
— Sahre — einer unferer erften Statiftifer, ©. Fr. Kolb, Mit:
... glied des Statiftiichen Bureaus in München, €. Löhnerte Ta
bellen und meine Arbeiten ans Licht zog und in feiner Schrift
> nur Impffrage“ unferen Zahlenbeweifen das Zeugniß gab,
daß fie der biß dahin beliebten, oberflächlichen Art, Poden-
or ftatiftit zu treiben, mit Erfolg entgegenarbeiten.
— Der ganze The Commiffionsbericht verräth uns, daf
die Anhänger der Impfung allen wiffensaftlihen Boden un:
ter ihren Füßen und den Kopf verloren haben, und daß die
Reihen ihrer Kämpfer in voller Auflöfung begriffen find.
..Sonft hätte ihr Wortführer Dr. Thilenius fi nicht zu dem
. - Geftändniß berfteigen können (S. 4 de Comm.-Berichtes) :
„man mäffe fih vor einer Meberfhägung der Statiftif hüten,
== fie, die Statiftif fönne niemals medizinifche Fragen allein ente
Iheiden,“ „eine völlig brauchbare und Foncludente Statiftif
‚würden wir erft durch die mittels des Zwangsgejeßes gefchaf-
‚fene Organifation des Impfwejens erhalten fönnen.“ Mit
... biefem Ermüdungs-Geftändniß, welches dem Dr. Thilenius
in feiner Nathlofigfeit in dem Commiffionsberichte entjchlüpft
Mt, hauen die Impfer unbewußt den At ab, auf welchem fie
Äigen,; denn nur auf Statiftit Hatten fie ja das Impf-
"zwangögefeg gegründet, und jetst, nachdem das Zivangsgefeh
fertig ift, erlären die eigenen Gründer deijelben unverfroren
diefe ihre nämliche Statiftif für unbrauhbar. Hiermit wird
ja, leider nad) vorherigem Mifbrauh der Statiftif für bie
Gejeesfchmiede, unummwunden Alles das zugeftanden, was mir
den Smpfern immer abverlangten. Alfo zueuft Schafft -
man durch Statiftif und auf Statiftit ein Ziwangsgefeß, um
durch dafjelbe exit eine foncludente Statiftit zur Begründung
diejed Gejehes a tergo zu fhaffen? Diefe Widerfprüche
unjerer Gegner im Neichstage gehören in das Gebiet von der
Lehre über die Quadratur des Cirfels und fönnten als wahre
- Mufterbeifpiele vom Kreisichluß, don der petitio prineipii
aufgeftellt werden. Dr. Th. durfte fih und feiner Impf-
partei dieje Blöße nicht geben; denn dieStatiftif foll ja, tie
die Jmpfer bisher ftelS behaupteten, die einzige ftarfe Seite
der Smpftheorie fein. nn. n
3*+
28.
Herr Dr. Thilenius, feit Virchow über die snpffrage fich
ausihweigt, für uns Impfgegner der Neichstagsvertreter
der Impffreunde, Hat überhaupt mit feinen Weußerungen
im preußifchen Abgeordnetenhaufe wie im deutjchen Reichstage
Unglüd. Im der Gitung des Abgeordnetenhaufes vom
‚20. Februar 1877 entfiel ihm der gelungene Sag: „Hat
man mittel® einer Seuchenordnung für das Liebe Vieh gejorgt,
jo fei e8 Zeit, daß man aud) einmal gehörig für die Men-
Shen forge.” Gut, Hear Dr. Th., wir halten Sie beim
Wort, — die Negierungsvorlage der Biehfeuchenordnung till
das Kuhpodenimpfen des „lieben Viehes‘ bei Strafe
berboten willen, — follte e3 da nicht „Zeit” jein, ein gleiches >
DBerbot des Impfens auch, für die Menfchen zu fehaffen? -
Ich fagte oben, der rohe Impfaberglaube unferes Zeit-
geiftes Tafle fih nur auf den übererbten Kreislauf falfcher Auto-
ritätsgutachten zuräcführen. Virchow jtügt feinen Impf-
glauben auf die Autorität Dr. Guttftadt’s, weil diefer num
einmal der Medizinalftatiftifer für Preußen und Deutfch-
land ift; XThilenius beruft fich wieder auf Birdom, bon
welchem er in dem angezogenem Commiffionsberigt (S. 3)
pietätvoll jagt: „Ofüdlicherweife fteht Birchow, gegen welchen
Dr. Didtmann’8 Schrift einen Angriff der Ihlimmften Art
enthält, jo Hoch, daß jedes Wort zu feiner Vertheidigung
überflüffig ft.“ Ich meine aber, Virhow’s Autorität fan
nie jo hoc) ftchen, daß er auf dem Spezialgebiete der Poden- -
amd Sinpfgefchichte, auf welchem er’wenigftens 1875 nod) nicht
zu Haufe war, — fonft hätte er (vergl. m. Slugirift Vir-
How umd die Impffrage) wiffen müfjen, daß der preuifche
Veterinärrath damals das heterogene mit dem homogenen
Schafimpfen über Bord geworfen Hatte — für unfehlbar
gelten follte und uns Impfgegnern vorwerfen durfte, wir be-
‚ trieben nur eine unfinnige Agitation und bethörten die Menge.
Die Autoritäten immer in Watte zu wideln, wenn fie
irren, ift hier eben fo mißlih, wie in der Scäladt die
Garde zu fhonen. Auch Hufeland war |. 3. ein großes
lumen, ein geiftigea Weichenjteller wie heute Virchow, und
jeine zeitgenöffiichen Collegen Tießen aucd) auf ihm nichts Tom»
men; drum al8 er in der trage des muthwilfigen PBoden-
belzens und fünftlichen Podenlodens die Weiche faljch ftelfte, -
braufte der ganze Zug feiner ärztlichen Anbeter in das falihe
©eleife hinein, und fie befuhren es fo lange, biß die Stantsan-
„ mwaltjhaft in dem Verbote der Inokulation dem Unfuge des
‚10 body” ftehenden Mannes post mortem ein Gnde SR
29
machte. _Diefer Hochitehende Hufeland würde Heute für fein
bewußtes Fünftliches Heranloden der echten Menfchenpoden
>. gegen den drohenden Poden-,‚Genius‘ wegen fahrläffiger
Maffentödfung entweder in’3 Zuchthaus oder bei Annahme
bon Unzurechnungsfähigfeit in’8 Srrenhaus wandern. Mit
dem einfachen, trägen Anlehnen an Autoritäten, welche. noch
dazu auf diefen Velde nicht einmal Autoritäten find, wird in
wiffenfchaftlihen Streitfragen nie etwas ‚ ausgerichtet.
Sch frage die gebildete Menfchheit: Welche Unverfrorenheit
unten) den Vorwurf zu machen: „Mit befonderer Energie
führen die Jnpfgegner die Statiftif in’3 Feld?‘ Meiß TH.
denn nicht mehr, welche Dienfte grade und nur die Dr Gutt-
fabtfche Stetiftil den Gejegmadern für das Ausflügeln des
... „ampfgefeßes hat leiten müfjen? Sollen das vielleiht nur
„&Scheindienfte gemwejen fein? Nur durch) einen unerhörten Miß-
„brauch der. Statiftif .ift. der Inpfzwang in die Gefehgebung
- hineingeföhmuggelt worden, und nun wird’8 ung Impfgegnern
berargt, daß wir gegen diefen völferredhtswidrigen Mißbrauch
der GStatiftif eine Hare, nlichterne Gegen-Statiftif in’s Feld
„führen! Soll man gegen den Feind, welcher uns mit Ge-
‚. jcholfen bewirft, etwa Schneeballenbatterien in’s Feld führen?
Dr. Th. wird im Neichstage naiv, man fieht, daß er dafelbft
freie Hand hat, und daß Fein Gtatiftifer ihm gegenüber
steht. Was mag Th. heute jagen, wo er nicht nur die Sta-
„tft, fondern aud) die Statiftifer auf unferer Seite fieht?
2 Mit Berlaub werden wir (vergl. Anhang diefer Flugichrift),
-:.,jo lange fortfahren, Statiftif und wieder Statiftit gegen die .
„amtliche Pjendoftatiftif ‚in’8 Feld zu führen‘, bis diefe, die
erste und legte Stüse des Yınpfgefeges, gebrochen ift.
5. Aber auf welche Karre gedenkt Dr. Thilenius als Negiffeur
der Impf-Differtationen im Neichstage Fünftig das Neichs-
5 mpfgejeg zu Iaden, wenn von nun an die ganze Statiftif
„nichts mehr wert, nicht mehr „‚conchudent” fein und ferner
au dem Spiele bleiben fol? Th. ift in der That nicht
„verlegen um einen neuen Nothpfeiler für das wanfende Sh-
. . Jtem — aber es fommtt alles darauf hinaus, wie ich gejagt
‚habe: er ftellt auf Seite 3 feines Neichstags-Commiffions-
Berichtes — man höre und ftaune | die folgende Fühne Be-
hanptung auf:
Dad Hauptmotid für das (Impf-) Gefeß fei aber
allerdings (im Gegenja zu der ausgeprekten Statiftif, die er
. verwirft) die Forderung des Inpfzwanges durd) die Auto-
gehört Seitens der Petitions-Commiffion dazu, uns (©. 3 |
30
rität der medicinifhen Wiffenfhaft (Mene tekel
HYufeland’3 Schiefal!) und die ganz überwiegende
Majorität der praftifhen Aerzte gewejen!!i“ Hat
die. Melt je eine fo unverhohlene Entftellung der. Thatfahen -
gejehen? Was Heißt Autorität der Wiffenfchaft? was Majo-
tität der praftifhen Aerzte, wenn ihren. „Dogmen“ jedwede
ftatiftifche Studien-Unterlage abgeht, ja fogar die Statiftit
Ihnurftrads gegen fie fpricht?! Ych werde das in dem mächften.
Abichnitte etwas näher beleuchten. 3
Die jchwahe Berufung auf den Autoritätsglauben.
zieht ich an Stelfe der Zahlenbeweife durch den Dr, Th.-
Ihen Neihstagsbericht hindurch. Auf ©. 7 unten Heift &8:.
„&3 ift fehwer erflärlih, daß man nach den überaus zahl-.
reichen Beweifen (wo find denn diefe? die Statiftit fol ja .
‚nicht conelndent fein!), welche die Literatur (!) darbietet,
die Schugkraft der Kuhpodenimpfung gegen die Blattern= .
franfdeit noch in Frage ftellen kann!" (Bat. hiergegen Au-
hang Statiftif „Elberfeld“ und m. Flugfchriften über Orts-
ftatiftil.) Alfo offenbar ein Nüczug bon der 1875 ange=
zufenen Statiftif, weil diefe die Inpfer fchnöde im Stide::
läßt, auf die „Riteratur”. Mir Haben bei diefer Rüd:-
wärtsconeentrirung der Impfer zwei Hauptverfechter des ber
blaffenden Impfzaubers vor uns, welde unbewußt einander : 4
jelbft befehden.. Mährend Dr. Thilenius im Reichstage lagt: -
Mit der Statiftik is faul, aber die (in der Luft hängende) -
„Autorität der Wijfenfhaft” und — die „Literatur erklären
ung die ympfwunder, — behauptet Dr. St. in der Frank.
furter Zeitung das gerade Gegentheil; er fagt mit anderen
Worten: „Mit den wiffenfhaftlihen Beweifen fir die
Impfmunder war e8 nie etwas und ift e8 auch heute nichts, _
wir müffen ung daher um jeden Preis an die Statiftif an-
. Hammern, aber nur nicht an die durchlichtige Ortsftatiftif von
heute — denn die fehlägt uns auf allen Punkten, — fon .
dern müfjen die dunfele „Statijtif” der alten „Literatur“ und
die von Japan oder Montevideo hervorfuchen.“ ,
Wir müffen — fo etwa fagen die Impfer — Beweife
berlangen, daß 2 > 4 nidt 9, md 2 5 nit 11
it; und wenn die läftigen Impfgegner auf diefe umfere
Spiegelfechterei eingehen, dann verlangen wir von ihnen
den weiteren Beweis, da 2 X 5 au nidt 12 und
daß 3 >< 8 nicht 27 fei und fo weiter, bis unter des hohen
Neihstages Schug und Trug für den Impfzauber, die Impf- |
‚gegner, welche in ihrem gar zu Haren Diaterialfeider alle Trümpfe . \
31
gegen unferen Irrtum in Händen Haben, diefe unjere Zah =
Ienvexirereien fatt befommen und uns in Ruhe Lafeı.
a In der That die Flägliche, meift anonyme Zahlen
fophiftif der ‚Leinen Arrieregarde der retirirenden Impfer,
wie fie in ihrer DBerlegenheit die Waffe der GStatiftif in’s
Korn wirft und Hinter die „Literatur der Alten fi vers
©, Sehanzt, madht den Eindrud, den ich fo eben an einem fin:
* girten Beifpiele von Spiegelfechterei der Breffe gefchildert Habe.
ae Zur rechten Zeit fuhr aber ein neuer Kampfgenofje der -
. Dmpfgegner, der Statiftifer Fr. ©. Kolb mit vernichtender
Kritif in das anonyme Nüczugsgeplänfel der Männer der
= Wiffenfchaft Hinein und verwies daffelbe aus der Arena der
Statiftif al8 aus einem Gebiete, welchem die Mediciner nicht
| ‚.gewachlen find und in weldyem fie nur Verwirrung anftiften,
hinaus. Daß aber unfere Reichmedicinalverwaltung diefem
"- ernften Mahnrufe eines der erjten Statiftifer Deutjchlands
noch jo wenig Gehör fchenft, und daß die impffreundliche
ärztliche Fachprefie eine jo wichtige literarifche Erfcheinung wie
die Schrift Kolb’ todtjchweigt, das läßt uns erfennen, welcher
Aufwand an geiftiger Arbeit Heutzutage nocd) dazu gehört,
9 eine gemeinfchädliche Irrlehre, wenn fie einmal in den Köpfen
- ber „Autoritäten Wurzel gejchlagen,, wieder aus der Welt
au foaffen. Mi |
Wenn aber, wie wir oben aus dem Commiffionsberichte
de8 Neichstages erjehen haben, die Schöpfer des Sınpfgefetes
jelbft, Schon durch ihre offene Verleugnung der Statiftif den
... Grumdpfeiler diejes ihres Gejebes abbrechen, dann bedarf es
doch fierlih für mid, der id) dem Nücdzuge der Kämpfer
‚anf der Zerje folge, nicht mehr einer bejonderen Antwort auf
die Trage:
„weßhald ich meine Kinder nicht impfen Lafje.“
Die Abftimmung der Aerzte
über ihren En
Jlauben an den Impffegen,
| oder: et
Was wiffen die Aerzte von der Impf-
= Theorie ? Ä
(Mit Hinweis auf den Commiffionsbericht des Hera Referenten
Dr. Thilenius im Reichstage 1877.)
Mar glaubt fich in’s Mittelalter verjegt, wenn man
tieft, wie aus dem Schooße des Neihstages im Exnfte der
Borfchlag gemadt wurde, das Neicy möge uns umbequente
Impfgegner, anftatt unfere Zahlenbeweife anzuhören und ab=.
zumwägen, einfach durch die Uerzte Deutjhlande mitteld Stimme
zetteln niederjtimmen laffen,. Das ift meines Erachtens das
Höchfte, was die Inpfer in dem ungleihen Culturfampfe
de8 Impfzwanges im gewaltfamen Majorifiren. wiffenihaft-
. Hicher Thatfachen bisher geleiftet Haben —- ein geiftiges Ar-
mutdszeugniß für die Beweisftüde des Impfzwanges,
Haben aber unfere Aerzte, die Profefjoren mit einder
griffen, von Univerfitätswegen wirklich das Zeug in fich, einen
nicht beftehenden Zufanmmenhang zwifchen Nichtgeimpftfein und
Podenerfranfung durd) Sophiftit zu erfünftelen? oder beruht
nicht — die Hand auf’8 Herz gelegt — das ganze Urtheil der
meiften Aerzte über die Impffrage auf einem bloßen
Glauben ohne Willen, aufAutoritätsglauben? ch befitte aus
meiner Privateorrefpondenz Geftändniffe von Autoritäten der
ärztlichen Wiffenfchaft, welche, wie fidy’8 gebührt, befennen,
daß fie an einen Jmpfihug nur defiwegen glauben, meil
bisher feine namhafte Autorität ihn bezweifelt habe, fie jelbit
. B
33
Hütten fid) aber mit diefer Speciafität niemals befhäftigt, und
. nähmen fic daher Fein eigenes Urtheil in der Sache heraus.
Und doc) wollen und follen die prafticirenden Aerzte, twelche
wo möglich nocd) weniger als diefe Hochftehenden Gewährs-
männer, in Boden gethan Haben, — wenn’ nad Thilenius’
Borschlag ginge —, über die Nothwendigfeit des ftaatlichen
Fmpfzwanges —, wie Goneilsväter über Glaubensartifel, eine.
fach abftimmen!! Durch) folhe Gewaltmittel foll einem wars=
fenden Ziwangsgefeß, welches, wie der Strafjenat de Ober- E
tribunals fi) ausdrüdt, tief in die perfünliche Freiheit der
Eltern eingreift, fein unverdientes Dafein, der Vernunft zum
Zrog, no einmal fünftlich gefriftet werden! i
Das ganze Vertrauen des Bolfes auf die Impfung —
Soweit von einem jolchen Vertrauen neben der Furcht vor den
- Polizeiftrafen no) die Mede fein kann — fußt auf der nahe
liegenden Annahme, als ob die Aerzte in der DBeurtheilung
der Impftgeorie etwas vor den Laien voraus hätten, und als
ob eine „überwiegende Majorität” von Xerzten beijer, alz
einzelne ärztliche Sonderlinge über die Impffrage unterrichtet
fein müßte. Jeder Nichtarzt fagt fih, das Urtheil von vielen
Taufend Aerzten und Profefforen muß doc) unbedingt ein -
- riehtigeres fein, als das eines mit feinen Beweisftüden ziem
lic) allein ftehenden Dorfarztes. Den Laien allerdings, welche
feinen Einblid in die Gefchihte der. zahllojen Frrthümer der
- Heilwilfenichaft Haben, ift ein folches Borurtheil zu Gunften
des ärztlich) dogmatifirten Jmpfglaubens zu verzeihen. Aber
. Xerzte, welche wiffen follten, daß gerade in der Gejchichte ver
- Heilkunde das feite Anfchließen einer ganzen Aerzte- Generation
san den Srrthum ftet8 des Irrthums Probe und des YVrr-
thums beiter Mapftab war — id) erinnere nur an den
Aderlaffanatismus und an die Blatterninokulation des vorigen
Jahrhunderts — fie wenigftens follten einem gerechten Zweifel
in der Wilfenfhaft Raum geben und die unüberlegte Accla-
-. mation unferer zeitgenöffifchen Collegen für’s Impfen nicht ohne
: "Weiteres für einen Beweis der Wahrheit hinnehmen, fie follten
auf einen Autoritätsglauben Hin das Gebiet der wiljenjchaft
Hichen Forschung nicht muthwillig zu einem Gebiete der gefeb-
er lihen und polizeilichen Bergewaltigung machen. —
i Was miffen. denn im Allgemeinen die Aerzte, welche nad)
>, dem Borjchlage des Herrn Dr. Thilenius die Jmpffrage durch
- Abftimmung entjcheiden follen, dur) eigenes Studium über
die Beziehungen der Boden zur Impfung? Durchfchnittlich To
“.biel wie gar nichts. Wo follten fie e8 gelernt Haben ? Etwa
34
in der Mint? Dort gibt e8 in gewöhnlichen Zeitläufen ber
Tanntlich Feine Pocenkranfen, e8 fehlt aljo überhaupt jede
Gelegenheit zum Beobachten. Aus der ärztlichen Badpreffe?
- Die theilt ihren Lejern nur Glaubensthefen über’s Smpfen
und hier und da einige Schnurren über das DVerfchontbleiden
Geimpfter von den Pocen und über da3 Erfranfen Unge
‚ impfter an Boden mit. Für eine vergleichende rationelle
Statiftif, wie 3. B. der „Anhang” diefer Schrift fie bietet,
hat die Ärztliche Fachprefje niemal® Raum, __ jeder Inpfz
polemik weicht fie aus, — und fo läßt fie die Aerzte über
die Streitpunfte de3 Jnpflanıpfes erft vecht im Dunkeln,
9 deutete vorhin an, daß der Arzt bei feinem Abgange
von der Univerfität von der Jmpftheorie jelbft nichts wife,
und, don einigen Schlagwörtern abgefehen,. weder fid). noch
Anderen Nechenichaft über die Impfwunder geben könne,
In der That auf den Univerfttäten gibt e3 feinen Brofeflor .
— wenigften® zu meiner Zeit war e8 jo — welder Pocen-
ftatiftif und Impfltatifti docirte, Feiner Spricht über Gefchichte
der Boden und ihre Fulturhygienifchen Geleitvorgänge und über
Gedichte und Technik des Impfens; an eine. vergleichende
Sefchichte der Schaf und Woll- und Menfchenpoden, oder
gar an eine Fritiiche Befprechung der natürlichen, urfächlichen
Beziehungen der Schafzucht, de8 Wollhandels , des Rumpen-
Confums u. f. w. zu den Schwankungen der Podenepidemieen
wird gar nicht gedacht. Woher alfo follten wir Uerzte ver=
möge unferer akademifchen Bildung über diefe Dinge mehr
wiffen, durd) was follten tiv zu einem vichtigeren Urtheile bes
fähigt fein, al& die Laien? Das Poden- und Impfthema galt
ja in der medicinif—hen Fakultät don je her, befonders nad
einer 5Ojährigen Bordenfriedengzeit, als ein fo untergeordneter
° Lehrgegenftand, daß weder im Hörfanle nod) im Operationg-
Kurjus ein professor ordinarius fi) zu einer Borlefung
über Boden herabgelafjen hätte. Die hochfteheniden Herren der -
Lehrjtühle, die „Autoritäten“, überlaffen das undanfbare
Pocdenthema den diis minoribus, fehon weil die trodene
Statiftif des Podenfterbens feine Arbeit für fo große Geifter -
üt, und fi beffer für den DBienenfleiß . der “befiheideneren
Zalente jhift So kam e8, daß grade die größten Auto=
vitäten der medicinifchen. Wilfenfhaft in der Poden- und
Smpffrage ununterrichtet blieben, ader denn doch über die
einfhlägigen Thatfahen nur ehr verfhwommene -Vor-
ftellungen haben, und fi) tote andere Leute, aber mit dem
ganzen ©ewichte ihres wilfenschaftlichen Namens, auf den
35 Ä 5
Ölauben an den Impffchug befchränfen. Aus diefer Ge-
tingihägung des Studiums der Polen auf der Univerfität
. entwidelte ih) allmähiig unfer heutiger, allgemeiner Kreislauf
des Autoritätsimpfglaubens der Aerzte. i
Was mußte 3. DB. Virchow, bevor er durch den deutfchen
Landwirthfchaftsrath im Abgeoronetenhaufe in den Impfftreit
hineingezogen wurde, über die Schafimpfung und über den
Einfluß der unentjhweißten Handelswolle auf die Bermegung
der Podenepiveınieen? Us er in der Sikung vom 4. Juni
1874 beiBerathung eines Viehfeuchengefeges aus einer Schrift
de8 Landwirthfchaftsrathes den Sak ”
u „008 einzige Mittel zur Abwendung der volfswirth-
0 Shaftlichen Schäden, welche die Bodenfranfheit im Ge-
er folge hat, ift da8 Verbot jeglider Schugimpfung”
borgelefen hatte, empfahl er diefes Verbot zur Befchlukfaffung
einzig under Hinweis auf die landwirthfchaftlichen Autoritäten,
ein Zeichen, daß er felbjt damal3 fchwerlich fi) fon aus
eigener Anfchauung ein Hares Urtheil über Zuläffigkeit und -
Unzuläffigfeit des Jmpfens gebildet hatte.
Mag fein, daß unterdeß nad) den Podenzügen von.
1870/72 und unter dem Drude der literarifchen und parla-
mentarishen Jmpflämpfe von 1875 endlich auch die Herren
vom Gatheder fi des Studiums der Boden und der Impfung
angenommen und demjelben jene intereilanten cultirgefchicht-
Tichen und ftatiftischen Seiten, welche ihn wirklich innewohnen,
abgewonnen haben — die Schrift des PBrofeffors Ad. Vogt
im Bern gegen die Pfeudoftatiftif der JImpfer gibt Zeugniß
davon —, immerhin ift da8 Gros der ausgebildeten Aerzte,
welche über die Aufredhterhaltung de8 Impfzwanges abftimmen
jollen, noch heute nicht befähigt, fi) ein wilfenfchaftliches, un-
befangenes Urtheil über Werth, Unwerth und Schävlichfeit
des Impfens zu bilden, dafür find die aufflärenden impf-
gegnerischen Zahlenbeweife noch nicht tief genug in die Sreife
‚ber abwehrenden Merzte eingedrungen, und haften die
alten Borurtheile noch zu fell. — 3
Wenn zu meiner Zeit ein Profeffor der Medizin. aus-
nahmsweife doch einmal den Einfall hatte, uns angehenden
Medizinern nebenbei über die Impfung etwas vorzutragen,
dann waren das höchftens immer die nämlichen, aufgefrifchten
Legenden von „dem twaderen Schullehter Plett in Holftein, a
- welcher 1791 gefehen Hatte, daß Müägde, auf deren Hände
‚ ein blatterartiger Ausihlag vom Euter einer Kuh übertragen
war, bon den Poden verjchont blieben,“ oder die Hiftorie =
36
von dem Duadfalber Ienner, welcher 1798 ala Chirurgen-
Lehrling Aehrliches beobachtet haben wollte, aber erft 1798
bei dem geiftesichwachen Könige Georg IIL -und feinem feilen
Parlamente Gehör und eine Nationalbelohnung für feinen be= -
rüchtigten Impfichwindel fand. — Ueber diefe fpärlichen Broden |
von Impfwilfenfchaft, oder vielmehr von Impffabeln gehen
die Durhfchnittsfenntniffe der Brofefforen und Nerzte wejent-
Mid nicht hinaus; über das ältere Podenbelzen der Menfchen
and Schafe und über die jchlimmen Folgen desfelben wifjen
fie in der Regel noch heute nicht viel. Man Sollte mun
glauben, die Herren Brofefforen hätten das Märchen des
alten Ligners Iermer von dem müftifchen Impfzauber mwenig-
jtens eine Zeit lang bezmeifelt, und Gegenproben darüber an-
geftellt.- Aber nein, nichts von alledem; — mas nur Arzt heißt,
glaubt, an das überlieferte Märchen vom Impffegen, fo wider-
natürlich und. wenig glaubwürdig daffelbe ihm auch erjcheinen
muß, glauben zu müfjen, und er zürnt jedem, welder auf
Grund nüchterner Beobachtungen und ftatiftifcher Quellen-
. Studien fein Impfdogma auch nur anzuzweifeln Miene macht.
"Ih aber hatte in meiner impfärztlihen Praxis wiederholt
und zwar, wie borauszufehen war, mit abjprechendem Erfolge -
die Gegenprobe auf das Yenner’fche Pokenfhubmärden ge
macht, aber ich war den Herren Gollegen nicht Autorität”
genug, als daß fie in dem großen Bemweispacuum ihrer
bergötterten Smpftheorie meinen experimentellen und ftati- -_
ftifchen Gegenbeweifen Beachtung gejchentt hätten. —
Wenn e3 alfo von jeher Sitte war, daß dem Mediziner
bon der Univerfität aus über die Wiffenfchaft von den Poden
nichts Pofitives, d. H. weder eine vernünftige Gejchichte, nod)
eine inductive Aetiologie, noch eine Statiftif, ja felbft nicht
einmal da3 Hinische Krankheitsbild der Poden in die Praxis
mitgegeben wurde, dann möchte ich willen, durch was wir
- Merzte mehr als die gebildeten Nichtärzte befähigt und warıım
wir berechtigt fein follten, den Immpfzwang als eine innere
Grage de3 ärztlichen Standes unter uns abzuhandeln und jede
bon außen fommende Einiprache als umberechtigt zurücdzus
weiten. Mir fcheint im Gegentheil der ärztliche Stand,
mweil er neben dem Mangel griindlichen Wiflens in der Impf-
frage eine folidarifche Voreingenommmenheit fir’s Impfen hegt,
bon allen Ständen grade derjenige zu fein, welchem nad) all den
Veberftürzungen im Dogmatifiren der Impflehre die Ente
Sceidung über Jmpfzwang oder Impfverbot fowie die Belt»
ftelung einer Podenhygiene am Allerwenigften anvertraut
37.
terden darf. — Ich Habe eine große Menge Ortspoden- |
jowrnale aus den Seuchenjahren 1870,72 durdiftudirt. Alle
. omtlidhen Eintragungen indie Erfrankungsliften beftätigen meine
Behauptung, daß die Aerzte fajt ausnahmslos an der Uni-
verjität niemals etwas Xetiologisches über die Boden zu hören
und zu lefen befommen haben; denn diejenige Iournalfolonne,
i welche für die Erfrankungsfälle Angaben über die muth-
maßlihe Veranlaflung des SKrankwerdens verlangt, ift allent-
halben leer gelaflen; die meldenden Aerzte, weil fie al3 bie
Haupturfache der Poden ftilljehtweigend das Nichtgeimpftfein
‚anzunehmen gewohnt find, verrathen in allen ihren Kranfen-
meldungen für den allerwichtigften Gefichtspunft der Poden-
frage, nämlich für die Aufdelung der vermeidbaren Zwifchen-
träger der Seuche, weder ein wiffenichaftliches Verftändnik no
die geringfte Neugierde; im einer Reihe von mehreren Taufend
Eintragungen jteht nämlich in der bezüglichen Goloune betreff3
der jedesmaligen Verurfahung de3 Yalles nur das MWörtchen
„unbefannt‘, gefolgt von „dto” „Dto“, allenfalls noch ab-
mwechfelnd mit „Kuftconftttution“, oder „Erkältung“ (!) u. dgl.
ale muthmaßlihe Bodenurfachen. Ih follte meinen, eine
- - Xerztegeneration, welche, inmitten einer fo großartigen und |
Ichrreichen Podenfeuche wie die von 1870/72, jo ganz und
gar fein Gefchid zu einem irgend bermerthbaren, exakt ätiolo-
< giihen Maflen-Beobachten der jchuldverdäcdhtigen Erkranfungs-
. antecedentien gezeigt hat und höchitens nur über ein Geimpft-
- fein oder Nichtgeimpftfein einiger Todten vage Bemerkungen zu
‚machen mußte, Habe fich fehr fchleht für ein Abftimmungs-
becernat in der Impfzwangfrage empfohlen. Wer da weiß,
‚wie in Kleinen und großen GSeuchenherden der urfächliche
Taden des Podenganges fih von Zall zu Fall, von Haus
zu Haus, von Strafe zu Straße, von Drt zu Ort an den
leblofen Zimifchenträgern fcharf verfolgen und bei richtiger,
u. ätiologifcher Seuchenwart in jedem Stadiune der . Epidemie
aud) abbrechen läßt, der findet feinen Ausdrud für die Gleih-
‚gültigfeit und Oberflächlichfeit, mit welcher gemäß den amt-
lien Podenverzeihnifien in den Podenjahren 1870/73 die
»Werzte alfenthalben vor lauter Impfgejchäftigfeit an dem
-eigentlihen Warum und Weil der Podenerfranfungen vorbei
- jahen. Bei dem allgemeinen Vorurtheil der Aerzte, welches
die Urfache alles Podenerfranfens nur in der ,‚Anhäufung un=
geimpfter Individuen‘ erblidt, würden die Gefeßgeber durch
ein weiteres Eingehen auf die trügerifchen ärztlichen Jmpf-
Schußversprechungen bei künftigen Epidemieen ein noch leicht
38
finnigeres Außerachtlaffen der wirklich zu fürdhtenden, natürz
Lichen Podenurfahen von Seiten der impfeifrigen Aerzte vis-
tiven; denn die nächfte Confequenz der ftaatlichen Snpfpro-
teftion und des blinden Impfaberglaubens im Wolf ift ja jener
faljche Berlaß auf die Impftändelei, welcher aus allen Poden-
berichten von 1870/72 herausfchaut und an dem Umfichgreifen
der Eeuche ftets die größte Schuld trug, —. eine Confequenz,
welche Dr. Sohn Morifon mit den Worten ausdrüdt: „Wenn
die Baccination richtig ift, fo müffen wir alle Lehren der
Hügiene al3 grundlos aufgeben.“ we
Mitunter begegne ich in den Polizeis und Bürgermeifte-
vei-Aften über die Podenfeuche, im Örgenfate zu dem Wufte
der ärztlichen Impflamentationen, einem recht bejonnenen.
Latenurtheile, welches die Spielerei des ‚mpfens in fo ernften
geiten bei Seite jchiebt und pofitive Maafregeln gegen die
Seuche fordert. Sp 5. B. fagt der Bolizei-Coimmiffar von
Wejel in einem Berichte über die Bocenepideinie von 1870/71
u U:.... „Prüft man die gezogenen Nefultate der Ge-
jammtüberfiht, dann findet ınan, daf die Krankheit in allen
Altersklafjen aufgetreten ift, und die Nihtgeimpften fo-
= ‚wie die einmal und felbft ein und zweimal Nad-
geimpften ergriffen hat. Es foheint mir biernad), da &
„die Impfung fowie die Revaccination nicht die
‚ Hanptmittel jind, um eine Borfenepidernie abzuteijen,
zu deherrfchen reip. in gemiffen Grenzen zu halten, daß viel- _
mehr eine die Jolirung der Kranken, die Neinigung und
Desinficrung der Wohnungen und fonftiger egenftände,
‚ womit die Kranken in Berührung gefommen find, als die
geeignetjten Mlanßregeln angefehen werden müffen, wodurd
das Umfichgreifen verhindert wird.” Hat man wohl je von -
einem Arzte in feinem Impfglauben einen ähnlich gefcheidten Ge-
danfen über die Bocenlöfhung aussprechen gehört? Vreilic)
waren in Mefel unter 469 Borfenfranfen nr 8 Ungeimpfte
und zwar meiftens Säuglinge. Und wenn aud) von diejen
8 Ungeimpften 7 ftarben, fo hatte das Laienurtheil doch richtig er=
wogen, daß e3 das 2008 des Säuglings ift, ungeimpft zu fein
und bon den Boden weggerafft zu werden. Der Staat
würde Fünftig gut daran thun, ftatt den Impfärzten, folden
Polizei-Conmiffaren, welche fih an dem Ssinpfen nicht aufs
“halten, fondern direft und energifch den Zwifchenträgern der
Krankheit jelbft zu Leibe gehen,*die Bewältigung der Seuche an-
züverfrauen. Ein Stand, welher, wie der ärztliche, zur Be-
fümpfung der natürlichen Seudenurfachen im 19. Sahrhuns
39°
dert no die Impfzauberei zu Hilfe rufen muß, zeigt Schon
durch diefen Hilferuf, daß er den Aufgaben, welche der Stant
ihm im Kampfe gegen die Seuche übertragen hat, nicht ent=
fernt gewachjen ft Er am Wenigften follte mit feinem
Smpfiput, mit welhen er nach der vergleichenden Statiftif
fo Schmählih Tiasfo gemadt, in die Gefeßgebung fi) ein-
drängen! — und nun gar Über ein Ztwangsgeje intra muros
einfach) mittel® Stimmzetteln abftimmen wollen!
Hier, wo id) den Xerzten und ihrer Bachpreffe Ut-
befangenheit und Sadjlichkeit des Urtheils in der Impf- und.
Podenfrage jchon von Univerfitätsmwegen abfpreche, dürfte der
Plab fein, die Flut von Schmähungen und Drohungen zu
erwähnen, welche in anonymen Briefen und BPojtkarten, in
Berfammlungen und in der Preffe gegen mich wegen meiner
Smpfgegnerfchaft losgelaffen werden. Der gelindefte Borwurf,
den man mir al8 Impfgegner macht, ift der, ich beleidige
durch) meine Oppofition den ärztlichen Stand, da diefer fich
. entjehieden. für den Impfzwang ausgejprochen habe.
2 Mein Benehmen wäre ein taftlofes, wenn ich, mit gleichen
: Waffen dienend, gegen Collegen perfönlich gehäfjtg geworden wäre ;
- aud wäre e8 ein grober Berftoß gegen die Regeln der Eolle-
° gialität, wenn ich die anerkannte Berftodtheit der Aerzte gegen
jediwede impfgegnerifche Beweisführung fo ohne Weiteres vor
allem Volke an’s Licht gezogen und gegeißelt hätte. Möge
doch jeder College e3 bei fich verantworten, wenn er, der
Zeitftrömung folgend, feine individuelle Meinung über das
Smpfen, und märe fie noch fo verichwommen, in die be=
fannten „Refolutionen’’ der Werzte- Vereine aufgehen Yäßt!
. mag den Xerzten auch in den Podenfragen. wieder einntal,
wer weiß, zum wiebielfundertften Male in der Gefchichte der
...„Heilfunde, der Geift unmachtet fein, e8 würde jelbft dann
noch mir als einzelnem Yrzte nicht anftehen, wollte ich diefe
Begriffsperwirrung innerhalb des ärztlichen Standes, fo ange
nicht Gefahr im Berzuge ift, in Wort ud Schrift be-
friteln, Erft, al8 die Selbitüberhebung der irvegeleiteten
Herzte oder meinetwegen des ärztlichen Standes fo weit ging,
daß man unter vornehimer Zurücdweilung aller gegeniprecdhen-
den Zahlenbeweife und nur auf Scheinbeweile und ftatiftifche
- Zahlenvifionen fi ftüend, dem Volke den Glauben an die
Impfwunder und die Bethätigung diefes Glaubens, durd) Ge-
je und Polizei vüdfihtslos aufzwingen ließ — ein
Borgehen, weldes jeit den Tagen des Hexenwahnes in
-Deutjehland unerhört war — da erft glaubte ich) unter Bei«
40
feitefeßung der collegialen Rüdfichten diefem Attentate auf die
Breiheit der Wiffenfchaft und auf meine und aller Eltern
perfönliche Freiheit mit ftatiftifchen Zahlen entgegentreten
zu dürfen und zu mülfen. Ich weiß, es verftößt gegen die
Traditionen und Standesregeln der Aerzte, daß große ge:
Thichtliche Berirrungen der ärztlichen Wiffenfchaft anders,
als durch Die nächftfolgende Aerztegeneration gerichtet werden;
und wer immer noch al® Arzt fi) unterfangen hat, zeitge
nöffiiche dogmatifch-medizinifche Irrlehren fehon bei Lebzeiten
der irrenden Xerztegeneration zu rügen und zu befämpfen,
der Hate noch immer fehwer büßen müffer. Ich erinnere
nur an Harbey, tmelcher fich bitter darüber beflagt, daß die
ärztliche Orthodorie feiner Zeit ihn tegen feiner Neuerungen
überall verlacht, in die Acht gethan und verfolgt habe. So
war denn auchid) daranf gefaßt, daß, nad) den ungejchriebenen -
Sabungen, unjere Merztehierarchie bei. ihrer großen Leber-
macht jowohl in der Verwaltung wie in der Preffe mich den
Zorn ihrer verlegten Unfehlbarkeit* fchwer fühlen Taffen würde,
weil ich mir unterfangen, aus den vergrabenen PBodenarchiven
eine Menge todt geglaubter ftatiftifcher Zahlen zum Schred
und Verdruß der orthodoren Ynpfgläubigen an’3 Tageslicht
zu ziehen. Dieje Arbeit hätte ich, wie's von jeher Sitte var,
der nächitfolgenden, für's Impfen noch nicht engagirten Werzte-
generation überlaffen jollen; die irrende Gegenwart mußte ich
unter allen Umftänden, felbjt wenn meine Ueberführungs-
dofumente auf flacher Hand Liegen, fchonen, fo fordert e8 Leider
die „Sollegialität”.
Aber die Zeit wird fommen, wenn dereinft der Impf-
zwang wie der alte indirekte Aderlaßzwang und die Hlattern-
inofulation von 1725 längft wird bergefjen fein, dann werden
mir und den fechs Collegen, welche mit mir halten, aufge
Härtere Collegen nachträglich Dank willen, daß ich die heutigen
Schmähungen der ärztlichen Mitwelt habe über mich ergehen
. Iafjen, und daß ich dafür ‘geforgt, daß die, welche dei
Impfaberglauben ftürzten, nicht ausschließlich Laien, jondern
daß wenigftens auch einige Aerzte unter ihnen waren. Das
‘non possumus der Smpfgejfeßmadher muß und wird ja brechen
bor der Statijtif, weldde wir Impfgegner ihnen auftischen,
und e& wird dann fich beifer anhören: Werzte haben die
Impferei mit ausgerottet, al$ wenn e3 heißt: die Aerzte des
19. Sahrhunderts mußten fih wider ihren Willen die Bes
feitigung des Impfaberglaubens durd) Laien gefallen Laffen. —
Nicht genug, daß die Univerfität die Werzte ummwiffend
älr,
in der Impf» und Podenwiffenichaft entläßt, au in der
jpäteren Zeit der Praxis verjchließen fie abfichtlich ihre Augen
vor der Evidenz der Thatfachen und der Zahlen, welche gegen
das Impfen zeugen. So lefe ich noch im Septemberheft des dies-
jährigen Correfpondenzblattes des N. Vereins für öffentliche
Gejundheitspflege auf S. 162 eine Abhandlung über die Ein-
führung von Kälber - Stammimpflingen für die Menfchen-
.. impferei. Sn derjelben heißt e8: „Das Streben der Aerzte,
die Lymphe nicht mehr vom Menfchen, fondern bon der Kuh
zu entnehmen, ift fchon defhalb anzuerkennen, weil bei allge
meiner Anwendung der Kuhlymphe” —, weldhe die Furcht
dor möglicher Syphilisüberimpfung bejeitigen foll — „die
Smpfgegner endlich mundtodt gemacht werden.” Der Schlußfag
muß aufden, welcher den großen culturhygienifchen und ftatiftifchen
Ssmpflampf der neeften Zeit mit verfolgt Hat, einen ähnlichen
Eindrud machen, wie wenn ich jagen wollte: fobald garantirt
wird, daß da8 Marpinger Wafler feine Verunreinigungen
enthält, werden die Widerfaher der. Marpinger Wunder
mundtodt gemacht fein, und Proteftanten und ‚Juden werden
alsdann feinen Grund mehr Haben, die Heilwirfungen der
Marpinger Quelle zu bezweifeln. — Man fieht aus dem
Berfuch, uns „mundtodt‘ zu machen, Kar, daß felbt diejenigen
Herzte, welche fich fpeziell mit der Impfereitechnik befaffen, von
dem ftreng twiffenschaftlichen Jinpfzahlenfampfe unferer Zeit feine
Ahnung haben. Aljo wierer ein Beweis, daß der ärztliche
Stand, weil er fich einfeitig in die animale und „humane“ Yıtt-
pferei verbohrt Hat, und fi um die höheren Gefichtspunfte
der Sunpffrage nicht Fümmert, weniger al3 jeder andere Stand
die nöthige Neife.befikt, um nad) dem Vorjchlage der Herrn
Dr. Thilenius mittels Poftkfarten über Segen oder Tlud) des
smpfens abzuftimmen. Die gebildete Welt muß alfo fehon
den DBerfucdh, die ärztliche Inpfabftimmungsfomödie der Schweiz
in Deutfchland nachzuahmen, gründlich) abweifen, weil gerade
die Aerzte gezeigt haben, daß fie über die Bedeutung deg
‚Smpfens zu urtheilen nicht competent find. ‘Diejes mein
Urtheil über den ärztlichen Stand ift herb, darum aber nicht
“weniger begründet __ amicus Plato, amicus Socrates, sed
“magis amica veritas! Man beweife mir, daß ich unrecht ge=
redet! „Habe ich aber recht gerichtet, warum jchlägft du
mid?” jagt Chriftus.
IR — —
Eine von den moralifhen Quellen des
allgemeinen äuztlihen Irrens in der
Impffrage,
Ein Wort an die Herren Collegen.
D.. Dr. Thilenius’sche Vorjhlag, den Impfziwang
einfad) durch eine Uxabftimmung aller Aerzte beftätigen
zu laffen, fordert ung Impfgegner zur offenen Beiprechung.
eines Tigeligen Punktes heraus, deffen bloße Erwähnung bis-
her fchon für eine Befhimpfung des ärztlichen Standes ange-
jehen wurde, ich meine den Anthell, den die impfärztlichen Spor-
teln an der Beibehaltung "des Impfgefchäftes Haben. Man muß,
wie ich, jelbft 15 Jahre Impfarzt gewefen fein, muß als
Bertrauter umd angerufener Schiedsrichter zwifchen Gollegen
das Gezänfe um impfärztliche Gebühren mit angehört, muß
den Neid und das Mettrennen von Collegen um eine neu
ausgejhriebene Impfarztitelle, das Auf» und Abfchrauben der
Impftaren perjönlich beobachtet Haben, um Efel zu empfinden
amd zugleich den mächtigen Einfluß zu verfiehen, den ceteris
paribus die geficherten Geldeinnahmen einer guten Impf-
praxis auf die Impf- Glaubensftärfe der Aerzte und auf
ihr Beithalten am Ympfzwange ausüben. Wenn ich die
Entrüftungsrefolntionen mancher Aerzteverfammlung über den
angedeuteten Borwurf der Jmpfiportelintereffen Iefe, dann
denfe ich bei mir — und viele Gollegen werden heimlich mir
beipflichten — : ich weiß das beffer, jene puritanifchen Er-
eiferungen find nur Deflamationen vom grünen ZTijche. Wie
mancher mir befreundete College hat Halb Scherz halb Ernft,
mir bereits offen eingeftanden, daß, wenn mir Werzte die
43
‚mpflaften unentgeldlih zu tragen verpflichtet würden,
die Gründe gegen das Impfen, die Beweife für die Schäb-
Tipfeit des Jnpfens alsbald wie Pilze aus der Erde wachfen, und.
‚ bie Impfung rafch abgefchafft fein würde! Wenn Bürger-
meifter, welche in den Zeitungen offene „Arzt-Stellen‘ aug-
Ihreiben, neben dem Firum der Armenpraris ungenirt auch
die Höhe der Impffporteln al® begehrensmwerthe Lodffpeife an-
geben dürfen, ohne dadurch den ärztlichen Stand zu beleidigen,
dann ift auch das öffentliche Geheimmiß, weldhes vertraute -
‚Eollegen einander umd borurtheilsfreien Laten gegenüber frifch
heraus jagen, daß nämlich die gute DPotirung des „Smpf-
Seichäftes“ (durchichnittlih 1 Mark pro Impfling) fir Viele
ein feiter Kitt für den Impfglauben fei, Fein ungerechtfertigter
Bormurf. Der Menfch Hört dadurd, dag er Arzt geworden,
nicht auf Menfch zu fein, Geldeinnahmen, wenn fie auch hier
„Yonorar’ genannt werden, find ihm. ebenfowenig wie dem
Kaufmanne gleichgültig, und wenn ein College ohne zu lachen
‚mir jagt, er impfe nicht um’s Geld, fondern nur au
Yumanitat und um im Ernfte durch das Impfen die Boden-
jeuche aus feiner Drtjchaft fern zu bannen, fo glaube ich
ihm, geradeaus gejagt, weder da® eine noch das andere,
und ich weiß, daß amdereLeute es ihm eben fo wenig glauben.
Wüßten doc) die Impfärzte nur den Hunvdertften Theil von
dem, was hinter ihrem Nüden die Aufgeflärten unter den
Laien über die eigentlichen Motive des ärztlichen Im, feifers
gloffiren! ch bin nicht indisfret genug, um Selbiigeftänd-
niffe offenherziger Kollegen über diefen Punkt und Brodneid-
Tandale über Impfhonorare hier befannt zu geben. Ein
‚ernfted Wort aber möchte ich dem doc) in diefer Denkfchrift
über diejenigen ausfprechen, welche nicht müde werden, unter dem
Dedmantel, als ob fie für die gefränfte Standesehre ein-
‚treten müßten, meinen Namen ob meiner uneigennügigen
Smpfgegnerfchaft in den Koth ziehen, und fich felbft dabei als
Ydeale von Tugendhelden aufipielen: Die Impfung ift und
bleibt für die Aerzte eine Gelveinnahmequelle, welche allein
für Dentjchland viel mehr als eine Million Mark jährlic)
‚abwirft. Mit der Ausrottung des Impfglanbens im Volke
wird diefe Duelle troden gelegt. Welh ein phnfiicher
Zeugnißzwang läge dengemäß in dem Vorjchlage , dap
„bie ImpfrXerzte — ih febe natürlich voraus, daß fie der
Mehrzahl nad im guten Glauben Handeln und im Jmpf-
‚glauben Imbdifferentiften. find __ als Partei in eigener
-Sade darüber abftimmen follen, ob fie fi) diefe fchöne Ein-
44:
nahmequelle erhalten, oder fie durch Aufhebung des -Impfz
‚‚swanges abgraben follen. Das Bolf würde bei der Auffüh-
rung folder Komödie jede ärztlihe Stimmabgabe, wenn fie
impffreundlich ausfiele, mit den Impffporteln in Verbin-
dung bringen. — Was den Willensprud angeht, welden das
Impfjportelintereffe _., man mag ärztlicherfeit3 nod) fehr gegen
meinen Borwurf proteftiren —, bei den meiften Aerzten gegen
‚eine ernftliche Prüfung der impfgegnerifhen Gründe ausübt, -
jo bin ich weit entfernt, auch nur bei menigen Collegen eine
direfte Willensbeftehung durch die Impfhonorare, mit an-
deren Worten eine ärztliche Heuchelei anzunehmen. Wohl
aber findet eine entjchiedene DBeftehung der Bernunft Statt.
sh umnterfcheide alfo ftrenge zwifchen abfichtlicher ZTäufhung
(Betrug) und Jrrtfum. Der Geldpunkt wirkt in der Jmpf-
frage bei den Aerzten, wie Mill in feiner Logik des Irrthums
treffend jagt, nicht al8 erregende, intellektuelle, fondern nur als
mittelbare, prädisponirende Quelle falfcher Anfihten. Das
perfönliche Geldintereffe für die Aufrehterhaltung des Impf-
zwanges, berbunden mit der verlegten Standeseitelfeit, erzeugt
eine berzeihliche Gleichgültigfeit gegen die Erforfchung der
Öegengründe, Aber diefe Gleichgültigleit gegen die Wahrheit .
fonn nicht an umd für fi fehon den Brrtfum bewirken, fie.
verhindert nach allen Gefegen menschlichen Denkens und Be-
gehrens beim Arzte zunächit nur, wie wir Smpfgegner das
ja täglich fehen, den Geift, die Bemeife für den Impfihug
dur) eine ftrenge und richtige Erfahrungsiogif zu prüfen;
der Geift wird fchuglos dem Einfluffe der willfommenen Schein=
beweife für’3 Impfen ausgejeßt, die fi) ihm von felbft auf:
‚drängen, oder melde aus jenen oberflächlicheren Studien und
Beobachtungen über die Impffolgen hervorgehen, denen er fich -
vielleicht willig unterzieht. Selbft die Heftigfte Neigung die
Lehre vom Impfichus, fo abfurd fiedem unverdorbenen Men-
jhenverftande e fcheint, wahr zu finden, wird auch den
Ihmächften Menfchen noch nicht fähig machen, diefe Lehre fofort
ohne alle Spur don Beweis, und wenn’8 au nur ein Scheine
barer märe, zu glauben; der Arzt Fan die Behauptung der
„Autoritäten“, die Impfung füge, unmöglih darum jchon
glauben, weil er ein perjönliches Gelvintereffe Hat, fie zu
glauben. Diefes perfönliche Intereffe Fann nur indireft wir-
fen, indem e3 dem Arzte die geiftigen Gründe de3 Impf-
glaubens, Gejhichte, Statiftif u, |. m. in einer unvollftändigen
oder derdrehten Gejtalt vor fein Ange bringt, e3 macht, daß
er vor der mühjamen Arbeit einer ftrengen, inductiven, ftati-
ee Kia 1
u fifchen Sorfehung zuetihfhredt indem. er. die, , Beforgnif hegt,
" das Ergebniß diefer Forfchung fönne ihn unangenehm über»
raschen; der Geldpunft verurfadht beim Arzte in einer Prüfung
der Impffrage, wenn er überhaupt fich zu einer folchen ver-
ee fteht, daß er feine Aufmerffamfeit, aljo dag, ‚worüber er bis
zu einem gewiffen Grade willkürlich) verfügen an auf uns
geeignete MWeife, parteiich gebraucht, daß er 3. B: fi nur
jolhe Bücher anfdafft und durhftudirt, deren Juhalt ihn im _
Srerthume beftärkt, feinen Jutereffen und Neigungen jchmei-
elt, diejenigen Bücher dagegen, von denen er fürchtet, daß
fie, wie gegenwärtige Schrift, ihn eined amderen belehren
fönnten, wicht Fauft und nicht lefen will, ja fie ungelefen ber-
fegert ; der Eigennuß bewirkt mit anderen Worten — daß
der Arzt ftetS einen größeren Theil der Aufmerkfamfeit auf
dasjenige Beweismaterial richtet, welches dem gewünschten
Schluß günftig, einen geringeren Theil auf dasjenige, weldes
ihm ungünftig fcheint. Das Impfhonorar it ohne Frage eine
bon denjenigen ‚rethumsquellen des Gemüthes, welche machen,
daß der Berftand eifriger nach Gründen oder fcheinbaren
Gründen fucht, um damit Meinungen zu fügen, die mit
feinen Syntereffen, feinem Glauben und feinen Gefühlen über-
einftimmen, oder um folhe Meinungen, die d’-fen widerfirei=
ten, zu widerftehen.
Wenn vollends, wie in der Impffrage, die Geldintereffen
und Stande3-Neigungen bei einer großen Anzahl ein-
flußreiher Meenfchen, bei einer ganzen Werztegeneration ge-
meinfam find, jo werden mandmal Gründe von ihnen an-
genommen und in Umlauf gejeßt, welden man jonft Teinen
Augenblid Glauben fchenfen würde, e8 fei denn, daß für die
. Schlüffe, welche man aus ihnen zieht, nod) fonft etivas Mäd)-
... figered und Stichhaltigeres, als diefe Gründe fpräche, Die
.natärliden. und die erworbenen Barteilichfeiten der Aerzte
haben noch) zu allen Zeiten die leichtfertigften Theorien, Sta-
tiftifen (. B. die Dr. Guttftadt’jhe Statiftit des Poden-
fterbeng) u. |, mw. entjtehen Taffen, deren ganze Empfehlung
nur darin bejteht, daß fie werthgehaltene ärztlihe Dogmen
‚wie den Ampfaberglauben um jeden Preis beieifen oder Lieb»
lingsideen einer ärztlichen Schule oder de8 ganzen Standes,
: Meberftürzungen einzelner Profefjoren und „Autoritäten der
. Wilfenjchaft‘ rechtfertigen jollen., Wenn dann eine diejer
Stüten, 3. B. für das Impfdogma die amtlihe Statiftil des
Bodenfterbens, fo jehr in Mißkredit gerathen ift, daß fie dem
Zwede, die Impfichuttheorie zu beweifen und den Impfziwang
46
zu rechtfertigen, nicht mehr dienen Kann, fo ift ftet3 eine ans
dere, hier die Berufung auf die „Autorität der Wiffenfchaft
(vergl, oben Dr. Thileninus Commiffionsberiht des Neiche-
tages), bereit ihren Pla einzunehmen. Wenn eine vorge
faßte ärztliche Neigung zu Gunften einer allgemein herrfchen-
den Theorie wie der des Glaubens an den Jmpfihuß aus-
geübt wird, jo hmüct fie fi Häufig mit fchmeichelhaften
‚blendenden Beiwörtern (einftimmiges Urtheil aller Autori-.
täten, eminente Thatfachen der Literatur u. dgl), wogegen
bie einzig richtige Denfgewwohnheit, die Gewohnheit, ein Urtheil |
tiber einen Gegenftand ftets, wie fich’8 ziemt, in vollftändiger
Unterwürfigfeit unter dem Beweismaterial (Statiftif), zu
halten, von den Jmpfentgufiaften mit verfchiedenen harten
Namen gebranntmarkt wird, wie Skepticismus, Starrföpfig- ,
feit, Querföpfigfeit der Jmpfgegner, unfinnige Agitation, und
. Ähnlie Ausdrüde. Aber obgleich gerade die ärztlichen Dog-
men, wie die vom Aderlag und vom Impfen und viele anderen,
- jofern fie nicht fchon don der bloßen Gewohnheit” eingeprägt
find, im Allgemeinen mehr in vorgefaßten Neigungen als in
der Intelligenz twurzeln, und mehr durch Gefühlsintereffen,
als durch BVerftandeshewveife aufrecht erhalten werden, fo würde
dennoch) Die borgefaßte Meinung an fih nie ein irriges
Dogma zit Stande bringen können, wenn fie nicht vorerft
auc den DVerftand, wie oben gezeigt, berücdte und vermirrte;
Der Impfaberglaube, wie überhaupt jeder Irrthunt, verlangt
zu jenem Zuftandefommen, tiewohl er aus moralifchen
‚Quellen, aus Gleichgüftigfeit gegen die Wahrheit oder vor-
gefaßter Neigung entjpringt, außerdem auch noc eine Ber-
ftandesoperation, welche darin befteht, daß der vom Genrüth
beftricte Berftand unzureichende Beweile (mangelhafte und
faliche Statiftif, Ienner’fhe Jınpfmärcden aus der alten Kite-
- ratur) nach oberflächlihiter Prüfung als zureichende zuläßt.
Wären die Werzte und die Gefeßgeber bei Berathung der
snpffrage gegen alle Arten von ungültigen Beweijen, (Pjeudo-
Statifti) welche für gültige genommen werden konnten, auf
der Hut gewefen, fie wären felbft dur die ftärkfte WVorein-
genommenheit für die Jınpfung nicht zu dem Irrthume, daß
das „impfen die Pocenjeuche abhalte, verleitet worden. Es
gibt jelbjt unter den ärztlichen Autoritäten erften Ranges (als
abfchredendes Beifpiel diene Hufeland mit feiner Vergötterung -
de8 Podenbelzens) nur ehr wenige Geifter, deren Intelligenz
jo Hark ift daß fie fic) dem Lichte der Wahrheit felbft dann
nicht dverfchließen könnten, wenn fie es, wie die Aerzte in der
4 &-
Rehre vom Impfzauber, auch noch fo jehr wünfchten. Solche
- Geifter fünnten mit aller vorgefaßten Meinung und troß aller
perjönlichen Antereffen fchlehte Beweismaterialien, in der
Impffrage faljche Statiftik, unhaltbare „Autoritätsausfprüche*
niemals für gute Beweisftüde über fich ergehen Laffen. Wenn
bei den orthodoren Impfgläubigen erft die Sophifterei des
Berftandes unmöglich gemacht werden fönnte, fo mürde die '
leidige Sophifterei der Gefühle, die des Cigennuges, der
Eitelfeit, der vorgefakten Meinung und der Gteichgüiftigteit
gegen die Wahrheit, da fie dann fein Werkeug im Berftande
mehr bejäße. machtlos fein.
Wer nicht zugeben will, daß ber herrjchende Smpfaber-
. glaube zu der großen Kaffe der Gemwohnheitsirrthüimer ge-
Hört, die einem befjeren Willen entgegen begangen werden,
der muß ihn zu denjenigen Irrthümern zählen, welche aus
fogenannten moralifhen Urfachen, aus Gefühlsfhwäche, bei
. dem Einen aus Eigennub, aus Geldintereffe, bei dem Anderen
aus vorgefaßter Neigung u. f. m. entjpringen und auf Dinge
fi) ftügen, melche ohne DBeweije zu fein, wie z.B. die falfche
Podenjtatiftif, dem Derftande al3 Beweije erfheinen. —
Die ganze amtliche Podenftatiftif, auf welcher das Neichz-
impfgejeß ruht, ift, fofern fie die Normalfterblichkeit der ein-
zelnen Alterskfaffen unberüdfichtigt ließ, ein wahrhaft gigan-
tifches Beifpiel von fcheinbar bündigen Zahlenbeweifen, welche
ih in Wahrheit nicht zu einer Schlußgültigfeit erheben Fonn-
ten, Aus diefem Grunde verdienen fie als falfche Prämiffen
des Impfglaubens mit diefem ohne Weiteres verworfen zu
werden. ‘Die, berüchtigte Pjendojtatiftif der Immpfgejeßmotive
hat, wenngleich fie fein Beweis für die Nothwendigfeit des
Sınpfzwanges, für diefen aljo nur etwas Negatives ift, doch
auch eine pofitide Eigenfchaft, nämlich die, daß fie ein DBe-
weis für die Impfung zu fein jcheint, ein Beweis zu fein
Th anmaßt. Zu den moralifchen Urfachen aber, welche jene
falfche PVodenftatiftit den impffreundlihen ersten — mit
Ausnahme des befehrten Dr. Thilenius — aud Heute noch,
trogdem diefe ganze Statiftif von exafteren Rechnern längft
überholt ijt, al8 „conchudenten” Beweis erjcheinen läßt, gehört,
Die Hand aufs Herz gelegt, bei jehr vielen Acrzten das
- materielle Interefje am Impf-,Gefchäft". Zu dem materiellen
Sntereffe rechne ich übrigens nicht nur die Impfiporteln, fon-
dern auch die Fleinliche Befürdtung vieler Aerzte, mit dem
Glauben an den Nimbus des Impffchuges beim Volke au
ein großes Stüd des eiferjüchtig gehüteten Heilpreftige ein-
48
zubüßen. Die Motive mögen übrigens fein, welche fie wollen,
die Aerzte find in der Impffrage, wie die Chauffeewirthe in
der Eifenbahnbaufrage, Partei, und dürfen jchon von diefem
Gefihtspunfte nit zu einem entjcheidenden Smpfglaubens-
befenntniß, wie Thifenius e8 verlangt, zugelaffen werden.
Aus dem Gejagten erhellt zur Genüge, daß aud die
„überwiegende Meajorität der Merzte” mit ihrem blinden
"Ölauben an einen Impffegen meine Gründe, „weßhalb ih
meine Kinder nichf impfen laffe‘, nicht entkräften kann. —
| Aber, wird ınan vielerorts jagen und hat e8 bereit gejagt,
Sie find doc felbft Impfarztz; — wie können Sie als fol-
der die Impfung verabfcheuen und doc von Greueln des
Impfens reden? ch Fönnte Hierauf antworten: der Offizier
führt Krieg und darf gleihwohl als Humanift den Krieg und .
die Greuel des Krieges im. Prinzip verabfcheuen, Wie der
Krieg fo ift jeit Einführung des Snpfzwanges aud das
Sinpfen leider ein „nothivendiges Mebel» geworden. — Uber
‚mein Beibehalten der Impfpraris hat, wie ich in dem nächlten
-Abfchnitte zeigen werde, noch ganz befondere, triftige Gründe,
- Mein impf-ätztlihes Gewiffen.
User die Frageftellung des Herrn Landrathes hinaus
gehend, erlaube ich mir noch einen nahe Tiegenden Punkt zu
berühren, nämlic) die Beziehungen meiner impfgegnerifchen
- Grundfäge zu meiner Stellung ald Impfarzt der Stadt
Rinnid).. Viele Halten meine fortgefette TIhätigfeit als Impf-
arzt für unvereinbar mit meiner npfoppofition und machen
mir meine Fortführung der Impfpraxis zum Vorwurf. Ich
aber finde im Gegentb“'* daß gerade meine Ueberzengung
von der Nutlofigfett und Schäpdlichfeit des Impfens mic
wiffenihaftlih und im Gemiljen verpflichtet, meinen PBoften
als Impfarzt freiwillig nicht. zu verlaffen, ja fogar meine
.. Impfthätigfeit womöglid) noch weiter auszudehnen. War ich
doch in diefem Iahre jchon einmal nahe daran, einer Aufs
forderung der hamburger Impfgegner folgend, nad Hamburg
zu reifen und dafelbft den bon dem Smpfgefeg verfolgten
Eltern bie Findchen zu impfen.
Mas ich impfe, find ja nur folhe Kinder, welche, auch
wenn ic) nicht mehr impfen wollte, doch nicht ungeimpft
bleiben würden, melde alfo teils aus Unfenntniß der Eltern
theils aus Furcht derfelben vor polizeilichen DVerfolgungen,
der Impflanzette unter feinen Umftänden entrinnen milrden.
Wenn die hiefigen Aerzte nur Miene machten, die ympfpraris
in einer Orxrtjchaft ihres Bezirkes niederzulegen, dann fände
ih — der Fall liegt faktiich vor — alsbald ein College aus
einem fernen Kreife, welcher für Geld und gute Worte das
Impfen bereitwilligft übernähme und die Kindchen — rerht
ftramm impfte. — Jh habe aber in meiner L5jährigen Jnpfz
praxis jattfam erfahren, daß, was Gefundheitsgefährdung der
Kindchen durd’s Impfen anbelangt, ein großer Lnterjchied
4
zwifchen Impfen und Impfen befteht. Den willenlofen Rind-
chen gegenüber ift dem Jmpfarzte je nach feinem Impfglaus
bensftandpumfte im Rahmen des Impfgefees ein unglaublich
großer Spielraum gelaffen; er wird felbit, werm er, wie ges
wöhnlich, Jnodifferentift im Jmpfvogma ift, den zarten Kin-
desförper nach Raute bald fähter, bald mäßig mit der Impf-
lanzette ducchgiften. 8 Tiegt nahe, daß einerfeit3 der Impf-
‚enthufiaft aus Webereifer die ihm anvertrauten Kindchen durch)
große Zahl und Länge der Impffchnitte möglichft ftark zu
durchfeuchen fucht, während amdererjeits ein impffeberifcher
Arzt oder ein Zweifeler möglichjt jchonend impfen mird.
Ausfchreitungen Tommen bei einiger Impfroutine jehr häufig
vor, dariiber willen die Eltern don den öffentlichen Impfungen
her zu erzählen. Aus Humanität impfe ich daher aud) in nad)=
- barlichen Impfdezirken unentgelvlich überall da, wo die Eltern
mich angehen, die Kindchen zu impfen. 3. 8. in der Bür-
germeifterei &., deren bezahlte Impfarztftelle ich feit 2 Iahren’
niedergelegt, impfe ich in den 5 Dörfern diefes Bezirkes ‚wie
in früheren Jahren alle Kindchen der an mich ald Impfarzt
gewöhnten Eltern. a
Dei meiner impfgegnerifchen Meberzeugung muß. ich an-
nehmen, daß andere Impfärzte, weldhe meine Anfehanungen
über die DVerwerflichkeit jeglichen Impfens noch nicht theilen,
der gar noch in dem &lauben an den Segen des Impfens.
befangen find, unmöglich jo glimpflich, jo Human impfen wer-
den, wie ich. Die Leute fühlen das auch bald Heraus und
Iprechen mich mit Vorliebe fürs Impfen an. Soll id) fie,
welche mehr die Polizeidiener al8 die Poden und die böfen
Smpffolgen fürchten, abweifen und fie mit ihren Kindchen in
die Arme impfgläubiger Aerzte treiben? Das wäre nur eine
unfruchtbare und unmenschliche BPrinzipienreiterei, für mid)
bequem, aber für unfere Sache — wie wir gleich fehen werben
.— finnlo® —, ©o wird fi denn aud fchon aus diefern
Beweggrunde mein impfärzliches Contractverhältniß zu der
Stadt nicht Löfen, e8 feidenn, daß höhere Behörbendafjelbe für
underträglih mit meinen impfgegneriihen Anfchauungen
Halten und mich als Iınpfarzt abfegen. — n
Uber noch) aus einem anderen Beiveggrunde, als dem
der Humanität impfe ih, Wenn denn do einmal geimpft
fein muß, und wenn die Folgen der Impfung nur an
geimpften SKindehen zu ftudiren find, dann Tönnen,
nächlt den Eltern, nur die Impfärzte, wie tm Schafftalle
die impfenden Thierärzte, fofern fie ihre Impflinge wie
51
die von einem wuthberdäähtigen Hunde Gebiffenen, nad) dem
. ‚mpfen nod) einige Monate im Ange behalten, fi ein
fachliches Urtheil über die Holgen der Impfung bilden. — .
Sehen wir bon der Thatjache ab, dab, genau wie im Läm-
.. meritalle, der Höchftftand der Süäuglingsfterblicfeit in. der
Stadt wie auf dein Lande in diejenigen Monate fällt, welche
auf die Öffentlichen Impftermine folgen. Die Thierärzte find
offen genug, diefes Höchfte Länmerfterben überall auf das
. boraufgehende Impfgefhäft in den Schafftällen zurüdzuführen;
> die Menfchenärzte dagegen find noch nicht fo weit, fie ver
leugnen hier wie in fo vielen anderen Punkten, die ihren
Theorien unbequem find, ihr post hoc ergo propter hoc
und bejehuldigen die mitconcurrivenden anderen Umftände, die
„sahreszeit u. |. to. al3 die ausschließliche Urfache des aner=
fannten poftvaccinalen Steigens der Kinderfterblichfeit. Nır
. dem Impfarzte gegenüber läßt fih ein Steigen der Prän-
telungsfälle nad) den jedesmaligen Impfterminen nicht in
Abrede ftellen, und eine urfächliche Beziehung beftimmter Krän-
telungeformen zu dem boraufgehenden Impfen drängt fich
dem Arzte nur dann auf, wenn er zugleich Smpfarzt ift und
jeine Impflinge in den erften Monaten nad der Impfung
nicht aus den Augen Täßt. 2
Sür_meinen Wirkungsfreis war aber gerade meine impf-
Ärztliche Thätigfeit eine Hauptgelegenheit, Beobachtungen über
‚smpfihädigungen zur fammeln. Gerade die Eindrüce, welde
ic) meiner Impfpraris verdanfe, haben mir wie bielen an-
deren Xerzten und Thierärzten den erften Anftoß zum Zwei«
feln an die Nichtigkeit der Impftraditionen gegeben und herz
nach mich zu ftatiftifchen und culturgefchichtlichen Forfehungen
über Boden und Impfung veranlafßt. — Ih wäre nicht in
der Lage, dem Wolizeirichter Lebendige Zeugen gegen das
Impfen vorzuführen, wenn ich nicht fo Lange Impfarzt ge-
wefen wäre, 68 ergeht mir wie dem Dr. Gregory in Lone |
don, welcher gerade dadurch, daß er 50 Sahre. Yang
Direftor des Podenhaufes von London mar, zu der leber-
zengung Tam: „Die Idee, die Blattern mit Hilfe der Impfung
zu zerjtören, ift eben jo abfurd wie chimärisch, ebenfo ver=
nunftroidrig wie anmaaßend;“ — und viele Impfärzte denken
im Stillen das Nämlihe, mas ih ımd Dr. Gregory und
Prof. Germann in Leipzig ausfpreden, nur mwünfchen fie
‚bielleicht, daß ich, wie fie, darüber den Mund halten möchte.
Eee
4*
sd Ir ß.
Hodmwohlgeboren
Herr KBürgermeifter!
f
Unter ergebenjtem Hinweis auf den Inhalt diefer
meiner Bertheidigungsfchrift und auf die Bündel und Rollen
Beweismaterial (28 ftatiftische Tabellen, alte und neue Lite
ratur), welche ich mit biefem meinem Nechtfertigungsberichte
Emwr. Hodhtmwohlgeboren zur gefälligen Weiterbeförderung vor=
lege, komme ich auf die urfprüngliche Brageftellung de3 Herrn
Zandrathes zurüd, Diefelbe lautet:
„Webhalb haben Sie ihre Kinder EC, und Cl, nicht
impfen laffen vefp. nicht geimpft?“
Unter dem Eindrude meiner 1djährigen Erfahrungen
als Impfarzt der Stadt Linnich und eines großen Theiles
der Uingegend, unter dem Eindrude der vernichtenden ges
Ihichtlichen und ftatiftifchen Beweife gegen den SImpfaber:
glauben, welche ich Heute meineit Behörden vorzulegen die
Ehre Habe, beantworte ich die mir zugefchobene Frage in fol
genden Süßen; i |
Wenn die Hohen Fragefteller, ebenfal3 unter dem Ein
drude meiner beifolgenden Beweisftüce fi) gemeigteft borerft
die Fragen beantworten wollen:
1. ob und wie Sie einen Impffegen mit den großen
Zahlen der beifolgenden Drtspodenftatiftifen (Elberfeld, Köln
u. |. w.) folglih mit dem mathematischen Denten ber-
einbar finden; — 2. ob und weRhalb Sie eventuell von Shrem
Standpunkte aus fih nicht witrden zwingen laffen, Ihren
53
- Kindern als ftatiftifch erwiefenes Pröfervativ gegen die ger
: meinfhhädliche Hundswuth Marpinger oder Lourdes -Wafjer
.. einzugeben, — ein „Schuß. Mittel, welches doch menigftens
noch unfhuldig wäre; — und 8. ob und weßhalb Sie Sich
nit würden zwingen laffen, aud) nur ihre Sagdhunde mit
den St. Hubertusihlüffel, diefem ftatiftifh bewährteften
„Schutmittel» der Aheinländer gegen die Hundswuth, auf den
Kopf brennen- zu laffen, oder ihre Schafe und Schweine mit
-Kuhpodengift, diefem bewährten „Schutmittel“ gegen die
Schaf und Schweinepoden impfen zu Lafen. —
Dann erft, wenn die Herren felbit fühlen, daß derartige
. Brageltelungen an fi) jhon eine eigenthümlihe Zumuthung
‚an den Menfchenverftand find, werden fie aud) verstehen
“ umd mitenpfinden, was e8 heißt, wenn man in unferer viel-
' gepriefenen Zeit der freien Forfhung fi) vor Gericht darüber
» verantworten muß: weßhalb man als erfahrener Jmpfarzt es
nicht Über’8 Herz bringen Tann, feine. Vernunft zu beugen
und zu berleugiten vor einem zum Dogma erhobenen Stüd
Aberglauben, welchem der Blödfinn und die Gemeinheit an
ber Stirne gefchrieben ftehen, und deffen Motiven man die
plumnpfte Geihihtsfälfchung und zahllofe Urkunden- und Zahlen-
irrthümer jchwarz auf weiß nachgewiefen hat und nod) täglich
- nachweilt. Verantworten muß ich mich alfo darüber, tweRbalb
ih an das Ungeheuerliche nicht glauben mag, daß, allen
Hatiftifchen Erfahrungen zum ZTrog (!), allen wifjenschaft-
- Liden Analogien, allen Gejegen der induftiven Logik zum
Spott (!), die Reinhaltung der Menfchheit von einer Seuche
nur bon einem DBorrath eiterfranfer Kühe, Kälber oder
meinetwegen auch DOchjen und von dem an fehmusigen Kuh-
eiter gefnüpften Herenzauber abhängig geftellt feiz ich muß
endlich mic) verantworten, weßhalb ich nicht in meinen Ritnz-
bern Zeugniß ablegen will für die confequente MWahnvor-
ftellung, daß die Welt unfeglbar an Boden zn Grumde gehen
müffe, jobald es einmal feine podentranfe Kuh mehr gäbe
— ein Dogma, welches noch himmelhoch über die Prad*fche
- Theorie der Sonnenbewegung hinausgeht. —
Die Hohe Behörde Hat, falls fie uns Impfrenitenten
zur Verantwortung über unfere Impffeßerei vor Gericht 30g,
gewiß nicht bedacht, daß dDiefe Gerichtsfcenen die fchreiendite
SlUuftration zu dem ftolzen Wort bon der „freien Willenfchaft
im modernen Staat” bilden, und daß nah zwanzig Jahren,
- werm das culturgefchichtliche Curiofum des Impfzwanges
sn
abgeschafft und das Impfen fogar verboten fein wird,
unfere Kinder vielleicht einmal gebrudt zu lejen befommen:
Unter dem Minifterium Falk wurde im Jahre des Heiles
1877 in dem Städtchen Linnich ein Dorfarzt, weil vr un ;
das Märchen vom Impfzauber nicht glauben und die jelbfter-
.fahrenen fchlimmen Impffolgen vor fich jelbft nicht ableugnen -'
wollte, als das legte Opfer des traurigen Herenwahnes der
Impfung — fat hätte ich gefagt, verbramt — vom Gerichte
‚berurtheilt!?
Sch foll alfo mich darüber äußern: . „weßhalb ich meine
Kinder nicht will impfen Laffen“ ?!
Wiffenfhaftlih fällt zwar, wo „Meßhalb” und
„Weil“ gefragt wird, da3 onus probandi, die Beweispflicht,
nad allen Negeln der Logik demjenigen zur Laft, „qui affir-
mat“, welcher etwas behauptet, nicht dem, „qui negat«, d.h.
nicht Dem, welcher Teugnet,
Wohl weiß ich, daß eine Kritit des Impfgefeges mir
nicht ziemt; aber jo lange zwei Süße, welde von jeder -Rogif
Ihon a priori als ein Verftoß gegem die Dentgefete, als ein
nadter Unfinn verurtheilt werden, nämlich
daß ein 1tegatided Antecedens (das Nichtgeimpftfein)
die Urfache einer pofitiven Gonjequens (einer Pocenerfranfung)
fein Fönne); und
daß Diefes negative Antecedens, das Nichtgeimpftfein
von, U. fogar die politive Urfade von dem Erfranfen des
geimpften B, werden Fünne,
jo lange ein folcher Nonsens die Unterlage der Motive
des ympfgefeges bildet, jolten wenigitens gebildete Männer,
ingbefondere Aerzte, welche Hinter die Gouliffen der Gefek-
gebungs-Sommiffion gejchaut Haben, nicht nad dem „Weß-
halb« und „Weil» ihrer Ampfrenitenz gefragt werden; man
joffte fie Lieber unverhört verurtheilen — da3 würde die ge-
priefene „freie Wifjenfchaft” im modernen Staat weniger
= bloßftellen,; denn in Sachen de8 Glaubens fchweigen die
Gründe und gilt fein „Wehßhalb”" und „Weil“. Yedes Blatt
diefer Schrift und der beigelegten Slugfehriften und Tabellen
reicht für fih allein jchon Hin, mich vor der Welt und vor
meinem Gewiffen zu vechtfertigen, weßhalb ic) . meine
Kinder nicht geimpft habe, und ebenfo mid) vor aller Welt
und Moral und fogar dor meinen -Behörden zu verurtheilen,
wenn id von meinem Standpunkte gegen meine wiffenjchaft-
‚ Tiche ‚Ueberzeugung meine Kinder würde geimpft haben.
Meine Beweggründe, warum id) meine Kinder nicht
55
; impfen laffe, unterfeheiben fich daher tmefentlich von den Yeweg-
genden der meiften Impfgegner:
0. nit weil das Impfen die Gefundheit fchädigt,
i nit weil man Gefahr läuft, Syphilis mit überimpfen
zu laffen,
‚nicht weil die Impfipielerei feinen Schu dor den
Poden gewährt, ö
auch nicht weil der Junpfzwang „ein tiefer Eingriff in
die perfönliche Freiheit der Eltern“ ift, 7
' mweigere ich mich meine Kinder impfen zu Taffen. fondern Ichon
weil der zwangsgefeßliche Glaube an einen Impf-
zauber der gröbfte DVerftoß gegen den gefunden
Menjchenverftand ift, und weil jedes erzwungenes Bes
Tenntniß diefes Glaubens die „freie Wiffenfhaft
RE im modernen Staat” beleidigen würde,
das ift für mich der zuveichende Grund, marım ich mic)
Weigere meine Kinder impfen zu Iaffen.
u IH Laffe nunmehr einige Beifpiele impffekerifcher Poden-
Matittf und eine Aufzählung der Beweisftüce folgen, welche
16) meinen Behörden als bie miffenschaftliche Unterlage meiner
> Smpfgefeboppofition heute vorgelegt Habe.
Anbang
A. Ein Beifpiel von Ortsfiatifit:
| Das Porkenfterben
in der Stadt Elberfeld,
nad) gebensulte geordnet.
In diefer Lifte Taffen die fetten Zahlen (Sterbeprozente
der Podenfranfen) der einzelnen Reihen, verglichen mit den
fetten Zahlen (Sterbeprozenten) des „Total“ unter dem
Strich, den groben Grundfehler erkennen, welcher fih tie
ein vother Faden durch die ganze Pjeudoftatiftit der Anhänger
i der Impfung Hindurchzieht — nämlich die Nichtberückfichtie
or gung der Lebensalter md der großen, ihnen als folden
zufommenben Sterblichfeitsunterfchiede
Statiftif
über bie
Efiberfeder Pocken - Epidemieen
der 60er und 70er Jahre,
von Dr, 0% D.*)
Die Majorität der Merzte fomwohl wie der Laien glaubt, — und
‚ wähnt die durch) ftatiftiiche Zahlen bemweifen zu können, — doß geimpfte
sndividuen weniger zahlreid von den Blattern dahingerafft würden , als
- mit geimpfte. Died ift ein großer, unbeilvoler Serthum! Sie Sade
verhält fi) gerade umgekehrt! Yh behaupte, -— und werde bied fogleich
„ bemweifen, — daß in der Hegel diejenigen Individuen geimpft Werben,
.. welde überhaupt weniger zahlreih den Blattern erliegen, und daß dies
- Jenigen nit geimpft werden, welde überhaupt zahlreicher an den Boden
. fterben, Säuglinge nämlich bi3 zu 6 Dionaten, die vermöge- ihres garten
Drganismusd allen Krankheiten, alfo auch ben Poden, nur wenig Wider-
. ftand leiften können, werden bekanntlich nirgends geimpft; nad 6 bi8 aut
9 Monaten unterzieht man nur in gang vereinzelten Fällen, von 9 bie zu
12 Monaten auch noch fehr felten die Kinder der Impfung. Wollendg
berihont man damit in den erften Lebendjahren diejenigen Kinder, welde
Ihwad und Eränklich find, alfo erft veht eines Schuges gegen Blattern
. biel mehr bebürften, old die ftärkeren Wlterögenoflen. Der gefeßliche
“ Ampfzwang tritt erft nah Ablauf des auf das Geburtsjahr folgenden
: Kalenderjahres in Kraft. Kurz, wir finden um fo mehr ungeimpfte Ins
‚ bividuen, je mehr wir und dem überhaupt fhmwadhen, wenig wiberftande«
- fähigen Säuglingsalter nähern, und wir finden um fo mehr geimpfte
' Sindividuen, je mehr wir und von diefem Alter entfernen, je mehr wir
mit den, vorgerüdteren , fTräftigeren Wlteröklaffen zu ihun haben.
. Bon gleichalterigen Amdividuen, namentlih Kindern, bleiben zudem
: wie gejagt die fhwädlichen ungeimpft. Geimpft werden alfo mit
anderen Worten vorwiegend die, welde — abgefehen von dem Schube
ber Smpfung, — weniger leicht von den Boden dahingerafft werben,
nicht geimpft werben vorwiegend die, welde ohnehin den Poden leichter
zum Opfer fallen.
| Diefes pernicidfe Verhältniß wird in no verberbligerem Maße fi
neltend machen, wenn nach einer Reihe von Aahren die ganze derzeitige
. ©eneration in den Bereich des Smpfgefeges gezogen fein wird. Alddann
‚. werden nicht geimpft fein nur Säuglinge und derrepive Andividuen, alle
‚ Übrigen, namentlid alle erwachfenen, werden geimpft fein. Vergleichende
*) Diefe Statiftif au „Elberfeld“ ift den ungebrudten ftatiftifchen Urs
j beiten meined DBerwandten Dr. Zof. D. entliehen.
ii.
58
ftatiftiie Studien über dad Verhalten der Geimpften nnd der Nictges |
impiten bei Boden-Epidemien werden alddann gar nidt mehr ftatthaft
fein. Denn e8 ift — auch ohne Impfung — begreiflih, baß bei einer :!
Podenfeude von ben (nicht geimpften) Säuglingen und Schmädlingen y
ca. 60—70 Proz., von den (geimpften) an fi fräftigen und größtentheils 4
den Srwadfenen angehörenden Individuen nur etwa 10-15 Proz. der
Erkrankten zu Orunde gehen werden. Heutzutage find diefe Prozent«
differenzen noch nicht fo groß, (weil fib auh in den kräftigen Alters-
perioden noch ein gewilfer Bruchtheil Ungeimpfter mit geringer Morta-
lität findet,) immerhin aber groß genug-um auf den erften Blid, d. 5. |
- Iheinbar den Glauben an den Nuten der Impfung zu redhifertigen. ;
Summit man nämlih die große Zahl ungeimpfter Säuglinge und |
Schwählinge mit hoher Mortalität zu ber Heinen Zahl ungeimpfter |
Ermwachfener mit niedriger Mortalität, fo erhält man in toto für alle
Ungeimpften annähernd dag hohe Mortalitätd-Brozent der erften Gruppe; e
abdirt man dagegen die verjchwindend Eleine Zabl geimpfter Säuglinge
mit hoher Mortalität zu der erdrüdend großen Zahl geimpfter Cr«
wadjener mit niedriger Mortalität, fo refultirt für alle Geimpften an« ä
näbhernd das niedrige Mortalitätd-Prozent der Erwahfenen. Auf diefer |
Thatlade und den daran gezogenen Trugiclüffen bafirtt der Glaube an 4
die Schußkraft der Ympfung und das Impizwangägejegl
Aus der vorftehenden Betradhtung erhellt, daß die Impfgegner Net
haben, wenn fie alle bißherigen Statiftifen al ungültig verwerfen und
verlangen , daß man die Geimpften nnd Ungeimpften nah einzelnen i
Lebendaltern gefondert vergleiche, d. d. unter fonjt möglichft gleihen Ber
bingungen. I will zunädft an einigen fingixten Betipielen darthun,
wie jeibft, wenn fattijch verhältnigmäßig mehr geimpfte Podentrante .
Bene als ungeimpfte, dennod fheinbar (d. d. wenn man feine \
üdfiht auf die verfchiedenen Lebenealter nimmt,) ein ganz entgegenge»
feßgted, trügerifched, der Impfung günftiges Nefultat gewonnen wird.
; Ungeimpfte _ | Beimpfte
Alter
| erkrankt |oeftorben] % [ertrantt Igeftorben| %
a 0—1| 200 100 50 10° 6 60
1—x | 100. 9 9 1000 100 10
_ Summe | 300 | 109 | 36,8 | 100 | 106 | 105
b. 0—1 200 100 50 8 6 75:
1-2 40 6 15 200 40 20
2-10 100 18 18 500 100 20
10— x 60 5 83 SO 100 | 125
Summa | 400 129 | 32,2 | 1508 | 246 | 16,3
EEE EEE EEE nn
c L 0-1| 500 | 200 40 10 5 | 80
I 1-5 | 50 10 20 | 0 | 50 | 28
IT, 5-10) 9 4 20 | 160 40 | 3
Iv.10-15 | 2 2 s | 100 10 10 :
v. 15-20 | 20 2 0 | ı 8ı 8.
‚%-9%| 0 | 2 20 50 2 | 4
VIL 30-40 3 0 0 10 11 10
VII, 40--x 0 0 5 1 120
mm mm ln m RU
IK Summe | 630 | 220 ]346 | 685 | 17 | 20°
hf
a
a
"Mir fehen an vorftehender Tabelle, daß in jeber ‚einzelnen Wltere-
Hoffe das MlortalitätSprocent bei den Ungeimpften niedriger ift, ald bei
ben Geimpften, und doc erhalten wir, wenn wir alle Grkranfungs- und
Sterbefälle ohne Rüdfiht auf die Altersklaffen zujammennehmen, — obne
Nehenfebler — für die Ungeimpften bei a. eine 3Y/,fah, bei b. eine
2fadh und bei c. eine 1%, fach höhere Sterblichkeit, ald für bie Geimpiten.
Wohl ift e8 dem Laien, dem man fat! „von 630 ungeimpften Bodens
“ Ivanten find 220, alfo 34,9%,, von 685 geimpften dagegen nur 137, alfo
“nur 20%, geftorben!” — zu verzeihen, wenn er die Nüglicpleit der Ym«
pfung für ermwiefen betrachtet und möglidherweife fi nod mitleidig wuns
‚bert über die Hartlöpfigkeit impfgegnerifcher Aerzte! Bräfentirt man bema
jelben dagegen eine im vorftehender Weile nah Lebensalter angeorbnete
"Tabelle, hält man ihm die eigentlich maßgebenden Zahlen — 3.8. bei c,
" inte I-VII — vor und demonftrirt idm das Trügerifche der Totale
‚zahlen — c. Linie IX —: fo ift zu hoffen, daß er fid endgültig — und
mit Rehtl — über andere Leute wundert!
Durd) die Freundlichkeit de3 Herrn Oberbürgermeifterd von Elberfeld
"war id in ber Yage, aus ben mit großer Sorgfalt und vielem Fleiße ans
-. gefertigten Alten der Gemeinde Elberfeld über die Poden » Erkrankungen
»auß ben 60er und 70er Jahren in der erwähnten Weile eine fehr infiruf«
..tive Tabelle zufammenzuftellen, die ich dem in ber SImpfftage fo ‚lebe ine
tereffirten Bublitum und fpeziell_ dem von den Eiberfelder Epidemien zum
“großen Theile direlt oder indirekt perfönlich betroffenen Referkreifeinicht vor»
enthalten will, Sine nicht ganz unmwichtige Bemerking mödte ic) hier vorauds
" Iiden. Durd) das unter ersten und Laien berrfcende BVorurtheil für den
Nugen der Impfung tommen in den Statiftifen einerjeita leicht Jrrthüimer zu
Gunften der Impfung zu Stande, ohne als folde Berdadt zu erregen und
‚entdedt zut werben; amdererfeitd werden überall da, mo ein Kranfbeitd-
> vefp, Sterbefall gegen die Impflehre Spricht, fofort Jerthümer vermutbet,
Nahforigungen angeftellt und eventuell erftere entweder von vorne herein
vermieden oder nachträglich corrigirt. Wenn beilpieldweife ein leıht Ex»
Trantter angibt, er glaube erfolgreich geimpft zu fein, jo nimmt Arzt
. und Stotiftiler feinen Anftand, diefen Kranken als geimpft zu vegifteiven,
und Niemand wird diefe Notiz als unwahrfgeinlic bezweifeln; dagegen
. Wird von einem an den Poden Geftorbenen auf die bloße Ungabe oder
Bermuthung eines Angehörigen bin gewöhnlich nict unbedenklich geglaubt
und regiftrirt, er fei legal geimpft gewelen; diefe Notiz wird erft auf
pofitive Befunde oder Attefte bin gemacht. So findet ih in einem Alten
beit der Gemeinde Elberfeld eine umfangreiche Eorrefpondenz, die lange
Beit bin und ber geführt wurde und nichtd Anderes bezwedte, alö feftzu«
fellen, ob nicht ein kürzlid revaccinirter an den Poden Geftorbener viels
leicht docd nicht oder ohne Erfolg revaccinirt geweien fei! Ginen
Tlagenden Beweis für dad Gefagte liefern ferner die vielen Correlturen
‚in dem Bodenkranten-Verzeihniß. Diefe Correlturen, weit über 100 an
der Zahl, betreffen, jomweit fie nicht indifferenter Natur find, die Notizen,
ob geimpft, oder nicht, ob genefen ober geftorben ; und zwar ift in taft
allen Fällen entweder bei Geftorbenen dag „geimpft“ nadträglidy in „nicht
geimpft“ oder bei Genefenen das „nicht geimpft“ in „neimpft" oder gar
das „genejen, geimpft“ in, geftorben, nicht geimpft” umgeänbert.*) Jh bin
:: *) Uehnliche unglaubliche „Sorretturen” finde ih in den meiften Urpodenliften, welche
mir zu Gefichte gefommen find. Yd) werde einige Blätter aus ftädtifchen Podenliiten, weil .
die „Gorrefturen, fi) gar zu [hön ausnehmen, photographiren laffen und die Abdriide alz
Sluftrationen in meine nächte Flugichrift aufnehmen. Man hat 1871 wohl nicht geahnt,
daß diefe Schriftftücte vor ihrem Einjtampfen no einmal an’3 Tagegliht würben gezogen
werden, jonft wären die Dellaranten denn Doch wohl etwas vorfichtiger san a
w2oD
60
weit entfernt, im Geringften die Kichtigfeit der nadträgliden Angaben
zu bezweifeln. Die vielen Gorrekturen geveihen dem Berfaller ded Der-
zeichnijjeö Teinegwegd zum Vorwurf, fie belunden vielmehr feinen großen
yleiß. Das bier Har zu Tage tretende Vorurtheil zu Gunften der Impfung,
die dee, ald feien „geimpft und genefen“ und „nicht geinpft und ge»
ftorben” gewillermaßen unzertrennlige Begriffe, if freilich, wie gejagt,
fhuld daran, daß von den vielen in einer jo großen und fo mühbevollen
ftatiftiichen Arbeit unvermeidlihen Srrthümern faft audfchlieflich nur die-
jenigen nadträglich entdedit wurden, weldhe der Impflehre nactbeilig er-
Idienen, die ihr günftigen dagegen umcorrigirt_barin verblieben. Allein
wir wollen diejed DBorurtheil dennicht ärztlihen Statiftilern nicht verargen,
fo lange die meiften Xerzte derjelbe Vorwurf trifft. RACE
-,. An der nachfolgenden Tabelle find der größeren Weberfihtlickeit wegen
die 81 Nevaccinirten — fänmtlih Erwadlene — mit 14,6 p6t, die 6
fon fruber Geblatterten mit 83,3 p&t. und die 26 Unbeftimmten — aus
allen Alterdllafen — mit 23 pCt, Mortalität außer Betradt gelaffen.
Daß in den einzelnen Lebendaltern dad Mortalitätsprocent der Nichiges
impftennigt immer, wiein obigenfingirten Tabellen niedriger ift, ja eigent»
li durdgängig etwas höher fein follte,ald das der Geimpften, daß dagegen, -
wenn niedriger und höhere Alteröperioden zufammengeworfen, werden, bie
Gejammtmortalität dererftern höher fein muß, al$ die ber Ießtern, ift nad
dem ingangd Gefagten leicht verftändlid.
Eined Commentard zur richtigen Würdigung nahftehender Tabelle wird _
<8 laum bevürfen.
Aus den Totalzahlen erjehen wir zunädft, daß die Bodenfterblichteit
in den 6Ver Zabren, in denen größere Epidemien nicht auftraten, eine
3—4fadh geringere ift, ald in den 70er Sahren, in denen die heftige Epi-
demie von 70/72 mwüthete, Da belanntlih in den 70er Iahren weit mehr
- geimpft wurde, al3 in den 60er Zahren, fo kommt die geringere Morta»
lität in ben 60er Jahren feinegwegd auf Nechnung der Impfung, fondern
«8 ift die größere Mortalität in den /Oer Jahren bedingt durch die an
ih größere Zödtlihleit intenfiver Epidemien (oder etwa gar durch die
Ampfung?); jedenfall3 aber ift die große Ausichreitung der Poden mitbes
dingt dur& die Entblöfung des Landes von Nerzten, befonderd von den
bygienify auf Bentilation gefhulten jüngeren Aerzten in Folge des frana
zöfifhen Srieged, Hätte dad Land feine wachlamen jungen Werzte alle
daheim gehabt, die Seuce hätte troß der Anvafion em masse aud) 1871
ide Haupt nicht erheben fönnen. s
Was nun das Berhalten der Geimpften und der Niätgeimpften an«
Tangt, jo haben für bie Beurtheilung diefer Frage, die auß den Totalzahlen
gewonnenen Mortalitätöprocente, wie nachftehend gezeigt wird, nicht dem.
allermindeften Werth. Wergleichen mir dagegen, wie einzig richtig, die
Mortalitätsprocente beider Gruppen in den einzelnen Alter&perioden, fo
finden wir gerade in dem Alter, in dem die Impfung friih und voll
zur Wirkung fommen follte, nämlich in den erften Lebensjahren, entweder
eine Differenz zu Ounften der Nichtgeimpften, oder in einzelnen wenigen
Fällen eine nidtäfagende Differenz zu Gunften der Geimpften. SLeßtered
ift nun vorwiegend in den Wlteröperioden nad dem 15. Xebentjahre der
Tal. Tag died indefen feineswegs der Impfung zu verdanten fein kann,
ut fonnentlar, weil man fonft zu der fonderbaren Annahme gezwungen
wäre, daß der Schuß der Impfung erft nah Ablauf von I2—14 Jahren
zur Wirkung fäme!
Dan mag die Zahlen der nahftehenden Tabelle nah den Regeln ber
Statiftit drehen und gruppivren wie man will, auß jeder Zahl leuchtet mit
Ar
61
‚mathematiiher Beweistraft die Wahrheit hervor, daß die ganze SImpferei
nus auf Irrthum beruht, und die Sage vom bewährten Impfihuß ein
Ammenmärden ift.
Berfolgen wir in ben Driginalliften die Reihenfolge der Erkrankungs«
fälle, jo fällt ferner auf, daß in Elberfeld wie in Barmen und vielen ans
dern Orten nur Geimpfte und Wiedergeimpfte diejenigen waren, welde
zuerfi erkrankten, erft in zweiter und dritter Linie, nahdem die Geimpften
a en längft in’ Haus gebracht, erkrankten bier und da aud einige
"Ungeimpften, Pe:
: MBemerlendmwerth ift in diefer Beriehung auch die Anzeige, welche ber
Here Bürgermeifter am 10. Februar 1871 über den Ausbruh der Poden
in Elberfeld an die Föniglihe Regierung zu Düffelvorf madte. E83
werden in diejem Berichte die 2erfien Erkranfungsfälle an Menihenpoden
gemeldet. „Ber erite Fall betrifft ein I1/, Sabre altes Kind, wel«
:He8 furz vor feiner Erkrankung geimpft wurde, und bei
weldem biernadh die ähten Boden ausgebroden find.“ Alfo
die Kubpodenimpfung bat in Elberfeld eher die Seuche gebracht, als fie
verhindert, — genau wie bied im Schafftalle, was alle Thierärzte, nur
leider die Menfchenärzte noh nicht wifjen — die Hegel ift. —
‚sm Rten Falle ift die Krankheit eingefchleppt. Der Erkrankte, 17
Sabre alt, geimpft und vor 3 Jahren vevaccinirt, ift vor 14
Zagen aus Weiel, wo feine Mutter an den Woden geftorben, bier anges
tommen.’— (Acta specialia der Bolizeiinipektion über anftedende Krankheiten.)
Üngefihts diefer Ihatjahen und im Hinblid auf obige Bahlentabelle
macht ed auf ben jhlihten Menfhenverftand einen jpaßhaften Eindrud,
daß am 6. und 9. Dezember 1871 die Sanitätzlommiffion zufammentrat
und „zur Einihräntung der Seuche” im Ginfte u. W, „5 Impfung,
Dedinficirung und folirung der Kranlen ald die wirtfamften Mittel” an«
befahl, — Allerdings gelang ed nunmehr dur energifhe Walchungen,
« Bentilirung, Desinficirung und durd Sfolirung der Kranken, alfo durch
‘die Befeitigung der natürlichen Urfaden der Boden, die Epivemiezu Löfchen,
dem gläubigen Bubliltum aber wurde vorgelagt, dad babe die Impfung,
welde hintenad gehinft fam, bewirkt, Diefer Wit konnte um fo eher ge«
lingen,-da in der That, laut den Impfberichten, um die Zeit bed allge
meinen Desinficirend und lolivend gerade die Berfchontgebliebenen fig
beeilten, fih impfen und wieberimpfen zu laffen. Während e8 nun Heißen
müßte: von den Berichontgebliebenen wurde nur ein Heiner Neft ungeimpft
gelafjen, dreht vielleicht die Volldmeinung den Sachverhalt um und fagt
ih: von den frifh geimpften Einwohnern find viele von dem Erfranten
an den Boden, wenn au uicht vom Sterben, verihont geblieben.
62°
Zufamment= ;
derin den 60er u. 70er Jahren inder Oberbitrgermeifterei Elberfeld vorgelommenen &
— nennen
en 60:8 Jahre 70er Zahre
Sahren| Umgeimpfte Senpfte Ungeinpfte Sermyite
Bon bis etz Ber 4 i et« 8° ers
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2
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241 10| 41,6 | 27 12] 44
ss1l138| 57,5 | 93] 50| 54
2al 1a 63] 2a 9| 38
253l147]) 88 | 117] 50| 50,4
15| 4126,86 | 24 9| 37,5
2681151) 56,3 | 141] 68| 48,2
16| 8| 50| 45l 11] 244
2841159) 56 | 186| 79| 42,4
| 5| 26 | 59| 22| 37,3
84 | 15] 5| 33,3
0—4 | 79) 17) 215 | 2
4—5 | 283) 5| 22| 9
0—5 | 102] 22| 21,6 | 31
5—7| 36) 51 13,9 | 15
0—7 | 138| 27) 19,4 | 46
7—10| 30) 1| 33
0—10| 168] 28] 16,6 | 61
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12—-15| 24 1) 411 2 o| ı2l 2] 166 | 661 6) . 9
0—15| 209| 29| 13,8 | 101] 15) 14,8 | 315|166| 52,7 | 311/107| 34,4
15—20| 22] 2
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Total | 246| a 13,4 | 708] «7] s61|ıs7| 51,8 |2070|392| 18,9 |
63
ftellung
Boken-Ertrantungese und Sterbefälle, gefondert nad) einzelnen Altersperioden
u
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De
ben
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0—1,,| 116] 64| 55 | 16) 181 82
7,—1| 62] 31| 50 | 2i| 14] 66,6
0—1 | 1738| 95| 54 | s7| a7) 74
1-2 | 61129] A8s| 27 ıı) AM
0—2 | 239]124) 51,4 | 64| 38| 50.3
2-3 | 2lııl 34 | 17) Sl 47
0—3 | 271135] 49,9 | 81! 46| 56,8
83—4 | 891 15] 838 | 34] 1a] 411
0—4 | s10lisu] 48,3 | 115| 6o| 521:
4—5 | 45| 19) 42,2 | 33 10] 30,8
0—5 | 355169] 47,6 | 148| 70) 47,3
5-7 | 51| 9| 17,6 | 539] 12] 30,7
23 0-7 | 4061178] 441 | 187| 82] 43,8
u, 7—10| 46| 9| 19,5 | sol 12] 20
“. 0—10| 452]187| 41,3 | 247| 94| 38
10—12| 36] 5] 13,8 | 70! 22] 31,4
0—12| 488|192| 39,3 | sırlııe| 36,6
12—15| 36| 83 83| 9| 6) 63
0-15] 5241195] 87,2 | 412]122] 29,6
15- 20) 837| 11] 29,7 | 863] 24] 6,6
0—20| 561|206| 36,7 | 7151146] 18
20--25| 20] 6| 30 | 615] a0| 65
0—25| 581|212| 36,4 |ı890l186| 13/3
25—80| 13] 4| 30,7 | 446] 54] 121
0—30| 594|216| 86,3 1183612401 13
.30—4U 8 2) 25 | 544| 96) 16
0—40| 602]218| 86,3 [2380|336| 14,1
40-501: 4) 11 %5 |-228l 59| 25
50-601 — | -| — | ııs] 28| 23,7
60—X 1] 1} 100 | a7) 16| 34
Total | 607ja2o] 36,4 |e773]ass| 15,8
2|
E 2
64
Sp viel vorläufig über die vermeintlihe Schußtraft der Impfung;
die Schäblichkeit derjelben und die mit ihr verknüpften Gefahren gedente
ich bei einer fpäteın Gelegenheit zu beiprechen und mit zahlreichen traue
tigen Beilpielen zu belegen.
Shließlid richte ih an alle diejenigen, denen Material über andere
‚Boden-Epidemien zur Verfügung fteht, die dringende Bitte, dafjelbe in der
bier angegebenen Weile zu bearbeiten ober zu diefem Behufe an mid) ge«
langen zu laffen, aufdaß endlich jeder Zweifel Shwinde, denn nicht Stim«
menmebrheit ift des Nechtes Probe!” i
Bemerkungen zu Dr. Jol. O’—8 „Statiftitüber die Elberfelder Boden.”
Mer ald Verehrer der Impfung mit ftatiftiihen Zahlen umzugehen
nicht gewohnt ift, den bitte ich recht dringend, feine Augen nicht darum,
weil obige Zahlen ihm und feinem ererbten Glauben unbequem find, vor f
denjelben zu verjchließen; er möge im Gegentheil die. Colonnen zwei oder
drei Mal nahrehnen und bem Berfaffer einen Hexhenfehler oder einen
Gruppirungsfebler nachweisen. Dad wird ihm nit gelingen, und für
die Nichtigkeit der Zablenauszüge bürgen die Driginalliften auf der Polizeis
ssnipeltion, — So aber wird er, wenn er in etwa Zablenfinn befikt }
und feine mathematifhen Kenntniffe von ber Zertia nicht vergefien bat, |
vor. einem Zahlen Dilemma ftehen. Gntweder ift das Auswerfen der }
Sterbeprocente in Summa, ohne Rüdfigt auf die Normalfterbliceit ber }
Lebensalter, a8 richtige — dann theilt das Sterben an Brehdurchfall |
und — allerdingd aud da8 Bettnäffen mit dem Podenfterben das Bor« |
recht, mit Vorliebe die Aitersflafje des allgemeinen Ungeimpftfeind, das |
Säuglingdalter mit zu treffen; — oder aber nur die Verrechnung der |
Sterbezahlen nad) den einzelnen Alterstlaffen ift die richtige, dann ift die |}
Jmpferei durch Bablenberseis gerichtet und verurtheilt. " 4
Wenn Jemand, mit obiger Tabelle in der Hand, vor uns träte und f
auf Grund derjelben und zum Glauben an den Impifegen belehren wollte, |
dann würden wir einen folgen WVerfuch* doh nur für einen tcledten |}
Scherz oder aber für ein Attentat auf unferen gefunden Menichenverftand |
halten. Wenn wir aber vollends einem folden Spaßmader die ftatifti= |
Ihen Bablenaudzüge aus no 10 und 20 und 50 und 100 anderen Städ= |
ten und Dörfern und Kreifen mit nahezu übereinfiimmenden Ergebniffen }
vorhielten, und derjelbe wendet dennoy — mie mird begegnet — fein }
Gefiht von den Zahlen ab und fpriät: „Sparen Sie fi dod die Dlübe, |
Herr Collega! Sie werden mid ja doch nie überzeugen” — dann aller }
dings hört eben Alles auf, da läßt fich, angefihts des colofjalen Simpf- '
unfuged und der Bollätoleranz gegen benfelben vorläufig nur jagen; }
„Aifficile est satiram non scribere”, oder mit 8. Gußlow: a
„Adhte der Begenwart nicht, fie wird dich nimmer. verftehen,
Lege zukünftiger Beit hoffend dein Haupt in den Schoof.“
Dir Jmpileger haben mitten in diefer europäiihen Aberglaubenepi«
- demie einen fhweren Stand. Solange die nämliche Vollepreffe, welche fanas |
tisch gegen die Wunder von Marpingen die Feder zieht, den Impfaber |
glauben unangetaftet läßt, ja ihn noch in Schuß nimmt, wird in dem
Zeitalter der Bildungsvereine das möglich bleiben, wad felbft dad Mittelalter |
nit gelannt bat, nämlih daß ein im Rolle feftgewurzelter Aberglaube, |
wie der an dad Impfwunder, fogar den mathematiihen, den HZahlenbe» |
weilen eine Zeit lang Troß bietet und — ein Hohn auf die vielgerüßmte |
ezatte Wiffenfhaft — im Volke fortwugert. So lange die Vollöpreffe zu |
dem Jmpibumbug fchweigt, werden die Schöpfer des Ampfzmanged bei .
fih denken: sit pro ratione voluntas) der Smpfawang bleibt be=
ftehen troß Bahlenbeweis! car tel est notre plaisir, Und wer nidt an |
65
‚dag Märchen glaubt, und feine Kinder nicht impfen Läßt, dev wird, wie
ih am 22. Dftober d. 3. vor’3 Bolizeigericht geholt und veritrtheilt. Mir
:[hwindelt vor diefer unübertroffenen Aera der Denl- und Gewiljensfreis
heit ded deutihen Volles!
- Gefeßt in den Eiberfelder Podentterbezahlen wäre dad Berhältniß der
sGeimpften zu den Ungeimpften zufälig da umgelehrte — was ja
‚unbefchadet der Beweidfraft der Lifte immerhin ber Fall fein könnte;
„bern dad Nichtimpfen fhüst ja fiaft eben fo wenig, wie dad Jmpfen vor
» Boden — dann würde e8 mir nur einen Federzug foften, und hundert
Beitungen, befonder3 die ärztlihen Facreitungen und bie vornehme große
"Zagesprejle würden Biclen BZahlenaufftellungen, weil fie einen liebges
wonnenen Bolldaberglauben zu verherrlihen jchienen, ihre Spalten Öffnen,
‚man würde mir mit Dank für diefen werthvollen Beitrag zu unferer -
„Scheincultur fogar Schriftftellerhonorar bieten. So aber, da dem NAber«
glauben, um den ed hier fi) handelt, leider nichts Katholiih » Gonfefjio-
»nelle® anklebt, und da obige Zahlen diefem Impfaberglauben nicht fchmei-
deln, mußte ih mit diejen fchneidigen Bahlenwaffen gegen den Ampf-
wahn — deren wir, nebenbei bemerkt, nody ein ganzes Arjenal voll bejigen,
ie bei den großen Blättern der Provinz, bei den Organen der Bolldauf-
„Uärung von Redaktion zu Redaktion betteln gehen und wurbe abgemielen,
weil man „in der Impffrage fih weder für bie eine no für die
andere Seite engagiren will,” So weit reicht die verhängnißvolle Macht
der Nebaktiond » Vertrauendärzte im Unterdrüden der Wahrheit, wenn
biefe einem augenblicdlich berrichenden ärztliden Dogma unbequem zu
werden drodt. Diele Aerzte lefen nämlich, wenn fie fih Aberhaupt bie
Diühe geben, daS herbe Urtheil, daß das Impfen nur ein finnlofer fyrevel
ift , jonnenllar aus den ftatiftiiben Zahlen heraus; aber da man
fühlt, daß diefe Zahlen das alte Kieblingsdogma vom Segen der Smpfung
endlih au für den Menfchen ftürzen wird, wie ed für die Schafe bereitd
geftärzt ift, fo muß eben Alles aufgeboten werden, diefe Zahlen für -
die Zaged= und Fachpreffe mundtodt zu maden. Ein Glüd, daß e8
bier und da tod eine Zeitung gibt, welde von bdiefem Krebgübel
der Zagedprefie frei und felbftftändig genug ift, den Aberglauben überall
au da anzugreifen, wo er mit dem Mantel der Wiffenichaft, der Auto-
rität und der Statiftit feine Blößen zu deden fucht. Ya handelte fich8
» um ein unfhuldiges „Wunder“ aus Marpingen, dann würden alle Blätter
‚„Jolort zugreifen, fie würden fein Bebenten tragen, fi gegen einen Aber-
:» glauben auf diefem Gebiete au „engagiren”. Das übertriebene, einfeitige
:: Bartgefühl der politiichen Preffe gegen einen mathematifh überführten Aber«
glauben auf nicht confeflionellem Gebiete geftattet nebenbei den Schluß,
"daß die moderne Erhigung der liberalen Köpfe gegen Aberglauben bei den
. Deeiften weniger in einer vorurthetläfreien Entrüftung über den Hberglaus
ben an fi mwurzelt, ald vielmehr häufig nur eine erfünftelte Bejhönigung
+ confeflionellen Hafjes ift. Anderenfall3 müßten ja die tonangebenden Bläts
ter den Volldaberglauben fiberall aud) da faffen und energifch befämpfen, wo
‚er in feiner Frafjen Nadtbeit, wie bier bei dem Glauben an dag Impfmun«
ber, auf der Oberfläye liegt, wo er „einen tiefen Eingriff in die perjön«
liche Freiheit der Eltern“ darftellt und — was die Hauptfade ift — fo
‚„entjeglich viel Unheil ftiftet. |
Die Vodenftatiftit Elberfeld8 ift hiermit abgethan. Wir find inzwifchen
im Smpflampfe nit müßig gewefen. Nunmehr werden nad der Reihe
‚große und Heine Städte, Kreife und Regierungsbezirfe an die Reihe Lom«
“men, Hand in Dand mit dem Statiftiler Fr. ©. Kolb, werden wir
- denjenigen Herren, welche fi nicht fheuten, für den parlamentarifhen
Staatsftreih einer ärztlichen Vergewaltigung die Statiftif zu mißbrauden,
fo Tange Zahlen und immer wieder BZablen vorführen, big dad Seipenft |
de8 Sınpfaberglaubend vom beutfchen Boden wmeggefegt if. Dann, -
wenn’ an die Verfolgung bes gefäfagenen Feindes geht, wird enblich =
au ber Landfturm der deutfchen Großpreflfe in bie umfchlagende ZBeite \
ftrömung mit vollen Segeln mit einfahren. Borläufig laffen diefe vor» ;
nehmen Blätter mic in meinem fiebenjährigen Ringen gegen die Leber- 4
. madt der Jmpfvertheidiger im Etid), in, fie leihen den Parteigängern
de3 Uberglaubend durch bevorzugten Abdrud ihrer Sophiflil ihre
Spalten (Birdomw’3 Sceinftoß gegen die „bethörte Dienge« der Zimpfe .
.gegner in der Voff. Big.) um ja dem fonnenllaren Lichte der Statiftik
ben Sieg über die Serlichter zu erfhmweren. — Aber Zahlen find im '
Kampfe gegen pfeudoriffenihaftlichen Überglauben noch immer unmider« Ä
fteblih_gewefen, aud bier werben fie fchlieglich fiegen. 2
& glaube niht nur den baldigen Ausgang bed Impfftxeited fondern ©
aud) die Art diefes Ausganges voraußzufehen. Eines Tages wird irgend
eine oifizielle Verfönlichfeit auftreten und dem Bolle borerzählen, wie wir
die derzeitige Bodenrubhe nur dem Impfzwange zu verdanken hätten. Man
wird dem leichtgläubigen Volke vorfagen: Seht, wenn wir den Ampfs
wong nidt eingeführt hätten, dann würdet Ihr umd Eure Kinder von den 3
böjen Boden heute decimirt fein; die Impfung hat wirtlih Wunder ges
wirkt im Abhalten der Bodenfeuhe. Sie hat nicht allein die Poden ver-
Iheudt, fonderr wird wahrideinlid auch von fo außerordentlider Nach
wirkung auf die „tosmifch telurifche Luftconftitution” fein, daß wir, in
Unbetradt der übrigen Sendentilgungsmaßregeln, e3 einmal wagen
dürfen, den Impfzwang verfuchäweile aufzuheben. — In ähnlicher gleid=
nerifhen Weiie hat die unfehlbare Heilwiffenihaft ja audh dad Guftem .
deö mörberifhen Blutzapfeng von ehemald feige zurlidgezogen. Statt :
aufrichtig au befennen, wir haben uns zum Unheil für die Menjchbeit
Ihwer geirrt, fagte man damals, die Krantheitd- „Benien“ hätten nidt |
mehr den "ocentzündlichen Charakter von ehemald, und darum allein {
lönnte man e8 wagen, die Theorie vom Blutzapfen fallen zu laffen, fie
fei entbehrlih geworden. Mit ähnliher Scheinheiligfeit wird unfere |
„Wiflenfsaft” aud in der Inpfawangfrage fih aus der Schlinge zu ziehen .
uhen. Das aber verhüte Gott! Denn wehe, wenn dann wieder einmal, 1
in Folge culturbygienifcher Nißftände, eine Epidemie fi einftellte, —
fofort wird man dann den alten Impfzauber wieder au& der Rüftlammer -
bervorholen, und die lTetten Dinge werden dann weit fhlimmer als bie
-erften fein: das Volk wird dann vor ben Smpfern zu Streuz riechen und |
in feinem Wahnfinn um neue und verihärfte Einführung ded Ympfe |
...3Wwanges bitten, — Br
_ Beifpiele
aus
Yorenliften (Köln, MWefel),
welde untiderleglich bemeifen, daf die vom Impf-Geie
verfolgten angeimpften Kindchen unschuldig an der Er-
‚zengung und Fortpflanzung der Bodenepidemieen find.
ei ©. 15 diefer Schrift.)
(Diefe Journal-Auszüge mögen für alle diejenigen im
‚deutfchen Neich, welche noch) ein Herz für die vom Gejeg un-
‚autbig verfolgten armen Seinen haben, zugleicd) al$ Schema
dienen, ähnliche Aufftellungen aus den PBodenjournalen ihrer
' Bürgermeifterei zu machen, fofern fie fi BaNe zugäng=-
‚ld machen können.)
Bablenauszng
auß ben
Hamentlichen amtlihenr BRRCHINEN
der
Poliyei-Imfpehtion öl.
u. Diese e Zufammenftellung der Bodenerfcanfungsfälle,
wie die a An anderen Städten und Dörfern, wo nur
halbwegs ehrlich eingetragen worden ift, beweift, daß die un-
» . geimpften Kleinen Kindchen unschuldig an den Pocenepidemieen
Jind, daß dagegen, wie im Schafftalle die geimpften „Häupter“
». die Podenepidemieen vermitteln, jo beim Menfchen grade
die geimpften und die zwei und x mal geimpften Indivis
diten e8 find, welche wie dor Hundert Jahren fo auch Heute
no die Podenepidemien erzeugen und unterhalten. Prim
Ichonet die Säuglinge vor dem Impfgift!
A GB
S
I.
- Erhebungen aus denjenigen Iahrgängen, in welchen die
Aerzte und PVolizeibehörden bei ihren Eintragungen in die
Kegifter noch nicht zwifchen geimpft Erkrankten und ungeimpft
Erfranften unterschieden, alfo von einer annähernd „conclu=
denten‘‘ Impf» und Bocenftatiftif noch nirgend die Nede fein
fann (in Köln von 1849 bis 18711) Aus diefer Periode ift
durd Einblid in die namentlichen Impfliften zu erfahren,
daß das erfte Lebensjahr diejenige Alteräffaffe war, welche
bei Weiten den größten Vorrath an ungeimpften Individuen
defaß. Wir erfehen nun aus der nachfolgenden Tabelle, daß
diefe pocenverrufene UltersKlaffe, gegen welche die Gejelggebung
zwangsmäßig und ohne jedwedes Motin mit der ympf-
lanzette angeht, ftatt die meift gefährdete, die meift. Ä
gejhüite der ganzen Bevölkerung ift.
FE
Bad Bode
pden oden ne
Erkrantt. 0-1 dahr.| Geftorben. 0—1 Jahr. ()
Summa Summa
1849 14 1 0 0:
1850 140 - 1 6 0
1851 54 2 1 0
1852 73 2 2 = N
1853 9 0 1 0
1854 . 5 0 0 0
1855 82 0 4 0
1856 591 10 37 6
1857 201 4 7: 2
1858 91 ı 4 0
1859 425 9 21 3
1860 0 1 an
1861 2 0 nicht angeg. | nicht angeg.
1862 7 0 5 n # en;
1863 9 0 " . ee
1864 0 r ä nr
1865 57 0 u 5 r u
1866 223 1 " ” ” ”
1867 127 1 r n ” .
1868 2 " " ” „
1869 0 0 . 5 ü u
San, 1870 bi3
21. Nov. 1870 49 4
Be
69
2 0
| | Beibenfolge
des Erfranfend und Sterbeng geimpfter md
ungeimpfter Säuglinge
vom 21, November 1870 ab bis 1872.
Unzahl der
gaufende
wi r . e f . =
ON bes a Alter 48 & =
; 3 Id e 3 = >
Sournals = aualtupen de3 3 = »
er eriran ten 5 = 8 2
nen in Säng- Q So =
ö . er geimpften ing8, 8
- kungsfälle| Imdipidien. Kings
174 173 sm | y—1l rein | — ja!)
201 26 sm | 0—1% | nein — ja
207 5 2. 0—1, | nein | — ja
213 5 »5M. | 0-1, | min| — ja
218 "4 4 „ 0—!/, I nein | — ja
.253 84 5, 0-4, Iniın| — ja
255 1 3, 0—1/, | nein | ja _
259 4 Pu 0—1/, | nein | ja _
269 9 4 „ 0—l/; | nein | ja _
329 59 rn 0—!/, | nein ja I —
330 0 10 „ a—1 nein | — ie) 2)
331 0 ag 0—1, I nin | — ja
‘335 8 8. Il ja _ ja
402 66 6„ | nein | — ja
440 37 1%. 0—1/, I nein | — ja ..*
476 _ 35 3M. 0—!/, | nein ja _
480 8 0—Y, | nein _ ja
575 94 4 „ 0—!/ ja — _
683 107 8 „ 0-1, | nein ja 2
715 3a 4 „ 0—1, Inin]| — ja’
122 6 14 & 0—,% | nein | — -ja
734 11 2M, 0—4 nein —_ ja
758 23 AM 0-1 ja _ ja
718 19 4M. | 0-1, ja _ ja
904 125 12 „ | 1 ja —_ ja
963 58 0 ,1]%,— ja ja —
972 8 3, 0--1/, nein ja —
1010 36 10, [1-1 nein | — ja
1143 32 I. 0—!% | nein — ja
- 1156 12 2, 'y—1 ja _ ja
..h) Ueberall finden tie die Erkrankung von mindefteng Ginem
geimpiten Yamilienmitgliede boraufgehen , ehe ein ungeimpfte3 oder
geimpfted Kind erfrantte,
2) 3 Öefchivifter erkrankten, nachdem beide geimpfle Eltern Nr. 397
und 328 vorher erkrankt waren,
70
2 Anzahl der
Kaufende wor reip, 4 5 Ss
Nr. des zwiichen den Alterg- en, 2 =
Yournala Säuglingen en
der . | erkrankten Re -& 2
Erfran, |, lleren und etaffe. 2 z Sr
| N per geimpften| a Ie|o
Fungsfälle.| Sudivinuen. ie mi
1185 28 LM | 0—Y, | nein ja | —
1186 0 6, I Y-l nein ja| —
1306 19 4 „10-1 I da I: ja
-1354 47 2m 0-4, | nein ja —
1497 42 10 ®, 0—!/, ja .— ja -
1515 17 12 M, | Y—1 ja — ja
1529 13 2. | 0a — Ta
1743 213 1 0—!/s | nein —_. ja
1750 6 3 „ 0—Y, ja — ja
1771 20 10%, 0—1, I nein ]| — ja!)
1906 134 8, 0-1, I nein | — ja
1928 21 AM, | 0—Y, | nem ja —2)
1934 5 3m. | 0-1, | al jl —
1953 18 8% | 0-% Imin | — ja
2012 58 ,—w | 0—, ja ja _
2126 113 5M. | 0—1 ja _ ja
. 1872:
2244 | 117 10 8. 0-4, Ija,nen — |. ja?)
. 2335 90 10 „ 0-1, | nein _ ja”
2342 7 1m | 0-1 | nen | ja _
1) Hier ift, während fonft bei den Nicht:Geimpften, welche ren
nur ein einfaches „n. v." (nicht vaccinirt), fleht, offenbar mit Ab icht
ausgejhrieben „nicht geimpft, Bariola”, alg ob bier das Nichte
geimpftjein die Echuld des tödtlichen Exfrankıng, und als ob alle anderen
tödtlichen Erkrankungen nicht DBariola, fondern nur Bariolois gewefen
wären.
2) Gleihfam zur Entjcäuldigung, als ob ein nichrgeimpftes Kindchen
nit von den ächten Poren genejen dürfte, fteht Hier bie überflüffige
Bemerkung „Waflerpoden.”
°) Hier findet fi nad) dem Todesvermerf, ähnlich iole das in den
Liften von Elberfeld, Barmen, Trier ac, häufig vorlommt, das urs
Tprüngliche „v.” ausgeftrihen und dafür „n. v.“ bingefchrieben, Diefeg
Kind erkrankte, wie Dies gewöhnlich der Fall war, nadhdem vborerft
Dater und Mutter erkrankt nnd Iehtere (3 Tage vor dem Tode ihres
Kindes) an den Poden geftorben war.
=
a tn
| a
: Ortspoken-Htakiffik der Stadt Köln.
, vom 16. November 1871 bis 1873; .
Tür bie ungeimpften u. bie geimpften Kindepen des 1. Lebensjahres.
Ungeimpfte Geimpfte,
ae er« ges of der. er= ge= fo ber
en frantt. |ftorben, en trantt. Iftorben. en
0-1 1:29 18 62 10 8 80
y-1 5| 4 so 5 4 so
0-1 | 3 | 22 | 68 5 |ı2 | so
Gemäß den Akten der Polizeiinfpektion waren in Köln vom 21.
November 1870 bis 1873 an den Boden
erfranft.
vom 21. Rovember big
1. Januar 1870 119 26 21,
| 1871 2198 347 15,
1872 145 | 23 16
1873 23 2.4 14,;
Total | 20 | #0 | 16%
Unter den 2400 Podenerfranfungen in Pöln waren nur
49, alfo noch nicht ganz 2 Prozent aus derjenigen Alterg-
Haffe, (O—1 Jahr) in welder e3 den Eoloffalen Vorrat un
geimpfter Kindchen gibt; und unter den 400 Pocdkentodten
nur 34 Kindchen des eriten Lebensjahres. — Daß das Sterbe-
prozent der von den Poden einmal erfaßten Säuglinge ftellen-
. weile 5 mal fo groß war, wie das der erfrantten Ermwachjenen,
> bedarf jo wenig einer Erklärung, wie das große Sterben an
. Brehdurdhfall, Mafern u. f. w. im Säuglingsalter, Daf
aber auf biefes Säuglingsfterben an Poren das Ungeimpftfein
‚der meiften Kleinen feinen Einfluß hatte, das geht deutlich
daraus hervor, daß im erften Lebensjahre bei den geimpften
Säuglingen das Sterbeprogent 80, bei den ungeimpften
dagegen nur 66 betrug, wiewohl man bei demlmftande, daf
die geimpft erkrankten Kindchen mehr den befferen Ständen
angehörten, dagegen zu den ungeimpft Erkranfien das große
Contingent der Hugienifch fchlechtgeftellten Proletarier gehörte,
eher das Gegentheil hätte vermuthen jollen. — a
72
Aus diefer Zufammenftellung der Poden - Erfranfungen
nad ihrer Reihenfolge ergeben fih imancherlei intereffante
ZThatjachen :
Erjtens: E3 waren in Köln bereits 173 geimpfte Er-
wachjene erkrankt, die Stadt alfo durch Geimpfte ziemlich
ftark durchjeucht, als die ungeimpften Kindehen noch alle. ver-
Ichont waren, und die Bodenfeuche endlich anfing, auch diejenige
‚Atersklaffe (O—1 Yahr) zu befallen, in welcher der nah
ZTaujenden zählende Vorrath ungeimpfter Menfchen ftedte.
Was Hatte alfo in Köln das Ungeimpftfein der Kindehen, -
‚welche doc fo fanatiih dom Ynpfzwang verfolgt werden,
mit dem Auftreten der Seuche zu fhaffen? Gar nichts!! 5
gweitens: Das Namens-Verzeihniß der Bodenfranfen
‚zeigt, daß überall da, wo doch einmal ein Säugling an den
Pocden erkrankte, vorher ein oder mehrere geimpfte Individuen
der nämlichen Yamilie — alfo wieder wie in Elberfeld, Bar-
men, Trier u. |. m. — erfranft oder gar geftorben waren,
die Anftedung ging alfo niemals bon den um- geimpften .
Säuglingen, fondern ftetS nur bon den geimpften Er-
wacjenen aus. 3 ift fogar wunderbar, daß bei der jtarfen
Durhfeuhung der Stadt gerade von den Säuglingen, troß
ihrem Ungeimpftfein und trogdem fie an die Stuben- und
jogar an die Leibzonen der erkrankten Großen gebunden find,
jo auffallend wenige erfrantten. Daß die (ungeimpften und
geimpften Stleinen), wenn fie überhaupt einmal erkrankt waren,
mehr ald die Großen (Geimpften!)- den Boden erlagen, das
it jo felbftverjtändfich, daß fein Vernünftiger dafür das Un-
geimpftjein beichuldigen würde, felbft wenn das Sterbeprozent
der ungeimpft erkrankten SKindchen, ftatt ein Hleineres, fogar
ein größeres, ald das der geimpft erkrankten wäre. - -
Um für die Thatfache, daß die Altersffaffe des privile-
girten Ungeimpftjeins, O—1 Lebensjahr, trog ftärkiter Feft-
bannımg in die Vodenftubenzonen, am Meiften von den Boden
verichont bleiben, noch ein zweites Beifpiel aus den vielen
DOrtspodenjournalen borzuführen, welche mir vorliegen, bringe
ih in Nachfolgendem no) eine Ueberficht der Reihenfolge des
Podenerkranfens der Kindihen aus der Stadt Wefel: fie
zeigt ebenfalls fchlagend durch Zahlen, daß die ungeimpften _
ormen Kleinen an dem Pocdenunglüd der Epidemieen von
1870/75 wahrhaftig nicht die geringfte Schuld Hatten.
u 13
73
nm Stadt Wefel.
Rinder bis 5 Jahre alt in der Reihenfolge des Poden-
Ele wm erfranfens 1870 — 77. “ »
Anzahl der vorher
=
=
2
; Datum | 3 Joder zioiicgen-erkrante| Alter der | Witers. Ob
u a ten ältıren Kinder, |. Klafie, geimpft,
de Erfranten®, Igeimpften Individuen.
24111 70. | 1.
1 71.154 EM —1 ja!)
221 71. | 93 5% 1-5 ja
212 72. [196, 195 Fälle TmM. 0—Yg | „ja” 13}
nad 2 Monaten, „nein“
71. 1292. 96 Fälle 115 %. 1-5 nein?)
sad 1 Monat,
71. 313. 20 9 M, Y—l nein?)
nad 10 Tagen, wen:
. 71, 1326 3% 1-5 ja)
354. ade | 1 | 1-5 nein6) .
I nad 2 Wochen,
356. 1 Fall 11, 1-5 nein?)
362. 5 14 8, 0—1/, | nein?)
374, 2% 1-5 ja?)
383, 20 EM. 0-—!/, | ein!e)
387. 3 21,—3 1-5 | nein).
390 |- 53 1-5 ia j
391 ) 1-5) ) . | 12)
392. Ei Aal ja
-. 5 War mit Erfolg geimpft. Die geimpften Eltern waren beide
dorher podenfrank,
23) Nahdem (Mr. 34) der geimpfte DBater Schon am 82.
erfrantt war,
Wr ) Nachdem Nr. 228 am 5/3 in dem nämlicen Haufe (Begin
:: fixaße 541) erfranft war.
+) Rahdem in dem nämlichen Haufe (Magermanftr, Nr, 1029)
am 9/2 eine geimpfte 37jährige Perfon erkrankt tvar.
ns 5) Geimpft! Nasdem in derjelben Wohnung Nr, 81 und 297
(Seimpft) exit erkrankt waren.
6) Nachdem in der nämlichen Wohnung Geimpfte erkrankt waren.
i ?) Nasdem in der nämlichen Wohnung (Begintr, 583) Nr. 284.
- geimpft am 23/3, erfranft war.
009) Nachdem am 11/4 die Mutter (Nr. 334) Cath, Goeßen (geimpft)
erkrankt war, (Lifte fagt: „Duck die Mutter angeftedit”,)
9 „Ungeltedt durch die Mutter” Nr. 335 Neuhaus Zohanna,
geimpft, erfvanft 11/4.
0) Nachdem vorher in verfdiedenen Nadhbarhänfern Erkrankungen
Geimpfter vorgelommen.
U) „Ungeftedt durch ihre Schivefter" (383.)
.) „Durch dengeimpften Vater aufihrem Schiffim Nhein angeftedt,“
5
74
& | nzahl der vorher
‚ Datum |75 |oder zwifchen-erfrant-| Alter der | Alters» Ob
& ten älteren Kinder, | Kaffe. | geimpft,
des Erfrankens. |geimpften Sndividiten.
185. 1398| jeßt erkrankten nur 5 1—5 jal®)
805. |406.| geimpfte Sindechen, I, 0—!/, ja!)
1118, |426.| weil e8 gegen bas 3 1-5 ja15)
9112. |[462.| Ende der Epidemie 3 1-5 ja!°)
9112. j464.| mehr geimpfte gab. 9 1—5 - jal”)
Erft nachdem die Polen 2 Monate, vom 24. December
1870 bis 21. ebruar 1871, geherricht und bereit8 195 Er-
wachlene, Geimpfte ergriffen Hatte, erkrankte endlich auch ein
ungeimpfter Säugling, und zwar erjt. nachdem der geimpfte
Vater bereit$ 14 Zage podenkranf war, Von 1870—1877
waren unter 542 angemeldeten Podenerfranfungen nur 8
ungeimpfte Kinddhen unter 5 Jahren, nur 4 aus dem
1. Lebensjahre, in welchem doc befanntlih der Vorrath
ungeimpfter Kindchen fehr groß ift. Daneben waren aber au
10 geimpfte Kinder erkrankt, und zwar 3 ebenfalls aus dem
1. Lebensjahre, wiewohl c8 in diefem Alter nur fehr wenig
geimpfte Kindehen gibt. In dem fpäteren Verlauf der Epi-
demie, als man mittlerweile fleißig geimpft Hatte, und «8
nicht viele Ungeimpfte mehr gab, da ergriff die Seuche, mit
Nro. 390 am 9. Mai 1871 beginnend, nur noch geimpfte
Kinder und gar feine ungeimpfte,
Alf an dem Kranfwerden war die AUltersflaffe, welche
faft nur aus ungeimpften Individuen befteht, in den evften.
Stadinm der Epidenie gar nicht, überhaupt aber nur mit
3,7 pro Mille der Gefammterfranfungen betheiligt. Und doch
muß id) nich noch dor Geriht und Landrat rechtfertigen,
weßhalb ih meine Kinder nidht will impfen -
Laffen!
2) Nahdem am 11/4 Nr. 330 Frau Brinkmann in bemfelben
Haufe Feldftrage 1080 und verjchiedene Nachbarn erkrankt waren.
19) Angefteett durch geimpfte Driefagt, Nr. 894, 13/5 erkrankt, bei
der das Kind untergebracht gemejen.
15) Nachdem Nr. 339 und 400 in der Nachbarfchaft erkrankt.
16) I Schiff im Rhein, wo vorher Geimpfte erfranlt waren.
1) Im Schiff im Rhein, wo vorher Geimpfte erfranft waren,
\
75
| Die amtliche Generalüberficht der PBodenepidemie von
‘ 1870/71 in Wefel gibt folgende Zahlen: ne
Erfrantt: | Seftorben:
Beimpfte | Summa Seine Seimofte | Summe
461 Ä 8 | 469
80 Ä 6 ) 86
8 Die acht ungeimpft Erkrankten und die jehs ungeimpft
Geftorbenen. (75 Prozent! aller ungeimpft Erkrankten) waren
ausichlieglich Kleine Kinder, die Geftorbener gehörten jogar
nur den erjten Lebensmonaten an. Alfo auch hier war, wie
‚ ‚Überall, nit das Ungeimpftfein, fondern das zarte Lebens»
alter der Ergriffenen die Urfache des tödtlichen Ausganges,
wie denn auch aus der nämlichen Altersflaffe (6—9 Monate)
; eimumd das nämliche Sterbeprogent (100 Prozent!) die ge-
impften toie die ungeimpften Pindchen gleihmäßig traf. —
| Das Volk wird nicht begreifen Tönnen, wie e8 möglich
war, daß fo viele Gelehrten, fo viele Autoritäten der Heil:
. willenfchaft in einen fo groben Irrthum, in eine fo arge und
Dazu noch durch gar nichts motivirte, wahrhaft bethlehemitifche
- Ang vor den ungeimpften Kindehen verfiel. Das Kommt
einfach daher, weil man die Nafe nicht in die Urpodenjours
nale fteden, Feine Duellenftudien über die Podfenepidemieen
.. maden wollte, und man einfeitig nur das eben erwähnte hohe
Sterbeprozent des Heinen Häufleins erfranfter Säuglinge,
und nicht ihr Erfranfungsprogent in Nedhnung z0g- und
: dabei vergaß, daß am Sterben nur das zarte Alter und
nicht das Ungeimpftfein der Kleinen fehuld war. & |
. Sur alle Ortsftatiftifen des Podenfterbens, die ich ver-
Öffentliche, bitte ich feftzupalten: uns Impfgegnern fällt e3
entfernt nicht ein, aus der vergleichenden Bezifferung der ges -
impften und der ungeimpften Podentodten irgend etwas fiber
die Impfung beweifen zu wollen. Wir wollen aus biefen
‘©. Zahlen nur. beweifen, daß fi) aus ihnen eben gar nichts über
-da8 Ympfen beweifen läßt, eben jo wenig tie fi) aus der
vergleichenden Bezifferung der pocenfranfen oder podentodten
ı Ratholifen und der podentodten Proteftanten in Magdeburg
etwas zu Gunften des Podenfhuges des Katholicismus, und
; 2 en 5*
76.
in Aachen zu Gunjten des Podkenfchubes des. Proteftantis-
mus ausfagen läßt. Man follt überhaupt in der Jmpf-
frage jich hüten, die Sterbeftatiftif als Beweis für irgend
welchen Impffhub anzurufen! Sie hat mit dein Impfen
garnichts, wohl aber viel mit den Altersklaffen zu Schaffen. __
Denn es ftatiftifch feftfteht, daß alle todigeborenen Dien-
| hen ungeimpfte waren, fo wird e& doch feinem Bernünfs
tigen einfallen, zu behaupten, daß, menn die Kindchen ge
. Ampft gemejen wären, fie lebend zur Welt gefommen wären,
Aus der Urpoeenlifte der Polizei-Infpektion Trier habe =
ih in meine Slugfchrift , Auf der Anklagebanf," welche gleich .
zeitig mit diefer Brodiire erfchienen ift, photographifche
Eopieen einzelner harakteriftiicher Blätter aufgenommen, —
er
En | Meine |
Beweisftühe gegen das Impfen,
. Größtentheils flatiflifche Originalarbeiten de3 berbienftbollen Impfe
gegner? EC. Söhnert in Chemmik, |
wuninannrnnnn
ee Dieses DBeweismaterial befteht aus achtundzmwanzig
Wandtafeln graphifcher Podenftatiftif, einer Chronolo-
gte von Poden- und Ampfdaten der ulturgefchichte und
einer Anzahl ältefter und neuefter Werfe über altes
Menjchenpodenbelzen und neueres Kuhpodenimpfen:
A Wandiafeln.
> I. Tafel, bon e Löhnert in Chemnik, . veranichauficht
:.. graphifch die Thatfache, daß jenfeit8 1809 (als man nod) die
Poden „belste“ und als der Schweiß podenfranfer Schafe noch
im ber Yandelswolle blieb), die Zahlen-Curve de8 Poden-
fterbens ftelfenweife in Deutichland und Schweden fehr hoc)
Stand, daß dagegen biesfeit8 1809 (al8 man das Podkenbelzen
n drangegeben, umd als die Podenmolle und Bodenfelle nur :
e noch entfchweißt auf den Markt famen), die Zahlen-Gurve des Ss
Podenfterbens alfmälig fant. Ä
Auf diefer Tafel ift zwiihen geimpft Geftorbenen und ungeimpft
; = Beftorbenen no fein Unterfhied gemadt,, weil man vor 1871 auf
dad Geimpftfein und Nictgeimpftfein der PBodentodten no nicht
adtete. (DBergl. hierzu „Ein Nuten der Kuhpoden-Impfung“ von
Dr. H. Didtmann.)
> I. Tafel, von G. Löhnert in Chemnik, vergleicht da3
Podenfterben der geimpft Erkrankten mit dem Podenfterben
78
ber ungeimpft Erkvanften in deutfchen Städten, aber wohle
gemerlt nad) Altersflaffen.
Die amtlide Gtatifiit ded Podenfterbens pflegt bie fpätrs
lihen geimpften Podentranten ded erften Lebendjahres, weldes
befanntlih eine kolofiale Sterblichkeit hat, zu den zahlreichen geimpften
Podentodten der übrigen Alteröllaffen, melde eine geringe Sterblich«
teit haben, binzuzzäblen. Aus diefem „Total“ muß fi unter allen .
Umftänben ein günftiged Ducfenitt3-Sterbeprozent für bie „ge:
impfterkrantten Individuen“ aller Alteröllafien berausrechnen. Gin
erichredender Bahlengegenfaß zu diefem günftigen Sterbedurhiänitt
aller „Seimpfterfrantten“ mußte fi berauöftellen, wenn nah dem
nämlidhen, grundfalihen Verfahren, der Heine Borrath nicht ge=
impfter, erfranlter Erwagfenen mit ihrem niedrigen Sterbeprogent
zu dem großen VBorrvath ungeimpfter, hochfterblicher Unterjäbr-
linge gezählt, und von biefem „Total“ das Durdfänittd-
Sterbeprozent berechnet wurde. Lebtered mußte unter allen Umftänden
ür die „ungeimpft erfrantten Individuen“ Außerft ungünftig aus«
allen. Diejed unbewußte Fälfchen ftatiftiicher Thatfahen durch vie
amtlihe Statiftil, welde die Sterbezahlen aller Tebensalter in Einen
Zopf warf, hatte nur unrichtige, verdrebte Babhlen-Brämiffen für die
Beurtheilung der Impffrage gefchaffen. Auf diefen aber ruht unfer
Reihöimpfgefeß. — Die Köhnertihe Tabelle IL, wirft biejen groben
Nerhenfehler um; fie zeigt unmwiderlegli, daß, nah Alterstlaffen ver-
gliden, dad Sterbeprozent der ungeimpft Erkrankten kein größeres
‚ ald ba8 der geimpft Erkrantten ift, — Wir Impfgegner miüffen
alfo, um den Jmpfglauben zu ftürzen,, fogar ftatiftiich . einen nega«
tiven Beweiß, ben Beweis erbringen, daB da8 Unterlafien des
SImpfend leine Gpidemieen erzeugt --- eine unerbörte Zumuthung!.
II. Zafel, die befannten ftatiftifchen Tabellen bes
Dr. Keller, Chefarzt der 8. 8. öfterr, Staatseifenbahnen.
Hier werden 3385 Vodenfälle von 1872—74 nach) Kebens-
alter auf das Sterbeprogent der Geimpften und der Unge=
impften verglichen, wobei das 1. Lebensjahr, als das bez
einfeitigen Ungeimpftfeins und gleichzeitigen Maffenfterbeng,
noch befonders nad) Quartalen unterabgetheilt und für fi)
verrechnet ift.
Die Totalfterbezahlen der Geimpften und. Ungeimpften,
ohne Trennung nad) Lebensalter, zeigen aud auf Keller’s
Zabellen — wie das ja nirgend ausbleiben kann — einen
Heinen, aber täufchenden Ausfall zu Gunften der Seimpften:
während von allen geimpften Erkrankten zufammen nur
15,92 Prozent ftarben, erlagen von. allen ungeimpften
Erkrankten zufammen 24,74 Prozent ; fonit ergäbe fich
bier zu Gunften der Geimpften eine Sterbediffereng von
8,82 Prozent. — Diefes ift das gewöhnliche täufıhende Er-
gebniß der bisherigen amtlichen ftatiftifchen Zufammenftellungen
29
: im Lande, fofern die ltersklaffen, bejonders das erfte Xebens-
‚jahre nicht getrennt, nicht jedes für fich verrechnet find. -
- Diefes primitive Verfahren, die Lebensalter zufammen-
= zuwerfen, Hat überall den Vertheidigern der Vaccination die - |
boreilige Zahlenausbeute gebracht, al8 ob das conftante geringere
Sterben der „Geimpften“ dem günftigen Einfluffe des Ins
pfens zu verdanken fe. Daß diefer Schluß grumdverfehrt ift,
zeigt ein Blid auf die Keller’fchen Tabellen. Wir finden näm-
tie hier, daß bis zum 10. Lebensjahre in den einzelnen
AUltersflaffen die Sterblichfeit der Geimpften durd)-
wegs fogar größer als die der Ungeimpften ift; fomit konnte
für das günftige Sterblichfeit3-Berhältniß der Summe aller
Geimpften da8 Geimpftfein nicht die Urfache fein. Die Ur-
jache de8 allgemeinen Sterbeausfalles zu Ungunften der
Ungeimpften liegt vielmehr offenbar in den nämlichen Um-
ftänden, welche wir bei Tafel II. erwähnt haben. Es Tann
in den Keller’fchen Tafeln nicht auffallen, daß von den 350
- Rindern, welde in den beiden erften Lebensjahren an Blats
tern erfranften, nurl30 geimpft, aber 400 ungeimpft waren;
.e3 erxiltirten einfach bedeutend mehr ungeimpfte, al8 geimpfte
Kindchen. Aber obwohl von den 130 geimpften Kindchen
62, d. i. 47,7 Prozent ftarben, bon den 400 ungeimpften
Kindchen aber 178, alfo nur 44,5 Prozent, obwohl alfo jelbft
in diefer Altersklaffe die Sterblicjfeit der Ungeimpften eine
noch geringere al8 die der Geimpften war, jo ift doc) die Menge
der ungeimpften Sindehen in diefem Lebensalter fo groß, daß,
wenn man fie den wenigen Ungeimpften der übrigen Alters-
Hoffen beizählt, da8 Sterblichfeitsverhältniß der Ungeimpften
: . überhaupt ungemein verfchlechtert werden muß, — eine Redhen-
teife, durch welche bei den Anhängern der Impfung eine eben
jo plumpe wie verhängnißbolle Selbfttäufhung bewirkt wurde.
ne Laffen wir — wie fidh’8 gebührt — die zmei erften
‚Xebensjahre, in welchen in Defterreich die meiften Kinder noch)
> angeimpft find, außer Nechnung, fo ergibt ich für die erfranften
. . Öeimpften eine Sterblichkeit von 13,15 Vrogent, für die er-
Trankten Ungeimpften eine Sterblichkeit von 13,38 Prozent ;
.. jomit ift dann die Sterblichkeit bei Geimpften und Unger
.. ‚Impften faft gleich. ;
Daß bie Smpfung nicht nur nicht bor dem Sterben,
jondern auch nicht vor dem Erfranfen an Blattern fchüßen
ITonnte, das dürfte aus dem Umftande, daß unter 3385 Er-
80
franften fich alfein 2069 Geimpfte befanden, deutlich ges _
nug hervorgehen.
Die Ortsftatiftifen, welde ic) in der Schrift „Auf der
- Anflagebanf‘‘ vorführe, find nad) dem Mufter der Dr. Keller
hen Tabellen durchgeführt, - :
Dag ftatiftifhe Material, welhes den Dr. Keller’icden Tabellen:
zu Grunde liegt, ift ein vollftändig und forgfältig gelammeltes, mit -
der größten Umpartheilichleit von 80 Aerzten zulammengeftellt und
vom Chefarzt felbft auf da Gewiflenhaftefte geordnet; es umfaßt. -
Jämmtlihe Ulterätlaffen der Grfvankten und ein weit verbreitetes Ger
biet der öfterreichiihen Monarchie. — Diefe Dr. Keller’fhen Tabellen
zeigen unmiderleglid, daß dad VBacciniren weder vor dem Greftanten
‚an Blattern fhüßt, noch bei erfolgter Erkrankung die Heftigfeit und
Gefährlichkeit der Krankheit zu vermindern vermag. E8 folgt daraus,
wie Dr. Keller fi außdrüdt, daß die Snpfung ale Schyugwittel gar
teinen Werth hat, und daß die Bortheile, die man fid biäher don
berfelben verfproden, auf einer argen Täufhung beruhen. Rs
IV. Tafel (von €. Löhnert), zerlegt die offizieffe Sta-
HHE der Berliner Podenfterblichkeit, wie fih's gebührt, in
Lebensjahr-Colonnen. Hier treten ung folgende überrafchende
Zhatjachen entgegen: = en
Auf 536 Vocentodte des erften Lebensjahres kommen
437 ungeimpfte und nur 99 geimpfte, aljo 82 Prozent une ..
geimpfte, 18 Prozent geimpfte Kindehen. | | |
Da8 ift aber eben fo natürlich, wie Wenn in der Stadt Wachen,
‚wo die Vollöfhighten, in welden die meiften Meniben fterben, faft nur
aus Katholiten betehen, bei einer Podenfeuhe 82 Prozent Katholiten
und nur 18 Brogent Nichtkatholiten ftürben. Mer wollte au einer
folden confeffionellen Scheidung der Podenfterblicpkeit folgern, daß
da Katholifofein fhuld an dem Podenjterben fei?- Ebenjomwenig -
folgern wir au8 dem großen Podeniterben Ungeimpfter im erften
Lebensjahre, daß hieran das Ungeimpftiein, fchuld feis Denn wo e3
nur wenige Beimpfte gibt, da fönnen nit viele Geimpfte fterben, \
sm zweiten Lebensjahre, in melden der Borrath a
. ©eimpften bereits ein größerer ift, geftaltet da3 DVerhältniß
An der Berliner Bevölkerung fich jhon anders. Hier fommen
bereit8 auf 100 Bodentodte nur nodh 56 Ungeimpfte und
Ihon 44 Geimpfte, ge
, ‚In den Altersffaffen von.10—70 Iahren, in melden
fich jelbftverftändfich die meiften Geimpften befinden, ftarben
aber fogar bis 20 Mal foviel Geimpfte als Unger
impfte an den Pocen. ud) das ift ganz natürlich.
: &8 bleibt eines der größten Räthjel der modernen „exakten
2. gg
Sorfhung‘, daß die Gelehrten bei Beurteilung des Werthes
der Jnpfung diefe ganz einfachen und natürlihen Zahlen-
berhältniffe hatten überfehen fünnen. C8 fteht demzufolge der
Medizinalftatiftif und ihren Zrugfchlüffen über die Impffrage,
. mögen die jhuldtragenden Aerzte no fo fehr durch Hode
trabende Nefolutionen gegen ung ‚Impfgegner fi wehren,
‚eine große Niederlage bevor. re
... V. Tafel (C. Löhnert) zeigt, daß die Bebölferung
Europa’s in den Seuchenjahren 1870/71 fehr ftarf von vacci-
‚nirten Individuen durchfeßt war. — Das Verhältniß der Ges
impften zu den Ungeimpften betrug 900 zu 1000. E& gab alfo
1870 unter 1000 Menfchen mir ca. 100 Ungeimpfte, ein
Zahlenverhältniß, welches nahezu auch dann nod) borhanden
jein wird, wenn die Zwangsimpfung, welche das erfte Lebens-
jahr und die zahlungsfähigen Nenitenten ausschließt, ibeell
durchgeführt ift. Zroß diefem großen Borrathe „Geihlitter«
und dem Heinen Häuflein „Ungefchüigter“ traten die Boden:
in den Jahren 1870—1874 mit einer Heftigfeit auf, mie.
no. nie in diefem Jahrhundert, und richteten größere Ber-
heerungen an, al im vorigen „Jahrhundert, al8 das Ber:
-hältniß der Unvaceinivten zu den Baccinirten ein Umgefehrtes
war. Freilich gab e8 damals nod) viele „hontogen Gebelzte",
d. h. mit Blatterngift Geimpfte In Berlin erkrankten
‚1870/71 nicht weniger al8 14278 geimpfte ‚Berfonen und
‚nur 2733 ungeimpfte, die privilegirt ungeimpftbleibenden des
1. Lebensjahres mitgerechnet. Auch war dag Sterbeprogent
der Erkrankten 1870/71 bedeutend größer als im vorigen
Jahrhundert, als e8 noch feine Vaceination gab. „Wie er=.
» Hören die Bertheidiger der- smpfung diefen. Ziwieipalt der
> Natur ?” fragt Löhnert.
Tafel (nad) C. Löhnert) gibt folgende Höchft wichtige
‚ enlturgefchichtliche Ueberficht über das allmälige Zurücdweichen
der alten Blatterninoculation um die Zeit von 1801—1810.
N Dor 1801 war in Europa bei einer vollftändigen Ver
.. wahrlofung der Haut» und Kleiderpflege die Bevölkerung
Hark duchhfeßt von inoenlirten Menfhen, d. h. von fols
.. Gen, welche fi den Eiter und die giftigen Dunftzonen pocen-
Eranfer Menschen übertragen Tießen und fo als „Abimpflingen
‚amd wandernde- Giftftvahler in ihren ungewafchenen Kleidern
005 Podengift überall unter die Gefunden rundtrugen.
Mo ein Hauptfactor des damaligen permanenten Hof:
rue
ftandes der Vodenfeuhen war — nicht, wie bie Smpfer be=
haupten, ‚die Anhänfung nicht geimpfter Individuen,‘ —, fon
dern im Gegentheil die große Anhäufung inoculirter d. h.
homogen geimpfter Abimpflinge. Baccinirte, d.h. von Kühen
oder „heterogen“ geimpfte Individuen gab e& allerdings
damals noch fo gut wie gar feine, en
Um das Jahr 1801 begann das Blatt fih zu menden. 4
Die Wandtafel V. zeigt uns in rothen Duadern, daß und
in welhem BZahlenverhältniß das alte Inoculiren (Blatterne
belzen, homogenes Iınpfen)fih vor der neu erfundenen SJenner= -
Ihen Kuhpodenimpfung (Vaccination) zurüdzog und die Men«
ihen vom „moculiven zum VBacciniren befehrt wurden:
1800 waren nämlich in England, welches damals 960000
theil3 nicht geimpfter theils homogen geimpfter Ein:
wohner hatte, ungefähr jchon 20000 Denfchen,
welche fonft nach) damaliger Sitte fich gewiß hätten
homogen impfen (inoeuliven) Taffen, nach der’ neuen
Methode, Heterogen geimpft (vaceinirt) alfo dem
homogenen Impfen entzogen.
‚1801 waren in ganz Europa jchon 1,000,000 Menfche
ar ua) der neuen Methode Heterogen geimpft, ‚alfo
ebenfalls fchon eine Million dem alten Homogenen \
Snpfen entzogen.
u. j. w
1812 waren in Franfreich (ca. 20,000,000 Ginvohner)
bereits 2,500,000 Menjchen Jennerifch geimpft, d.h.
dem homogenen Impfen entzogen. — he
Run war aher erfahrungsgemäß ein einziger Abimpfling bes
homogenen AImpfend ald Seuchenträger viel gefährlicher ald hun«
derte Ablmpflinge bed heterogenen Ampfens, weil beim Homos
4
i
.
genen Abimpfen au no die Kleiberdunft- und Athmungszonen 5
der Podentranten die Gefunden innig berührten und die der erfteren
die leßteren anftedten, waß beim heterogenen (Kuhpoden-) Impfen
nit der Fall if. —
C3 ging alfo mit ganz matürlihen Dingen zu, baß in bem
Maake, wie — gemäß der MWandtafel V. — um das Jahr 1810
- dad homogene Maffenimpfen duch da8 heterogene u
. impfen aus der Melt verdrängt worden war, dad Niveau der Poden=
feuche fank; und wir Jmpfgegner wundern und nur, daß dieles
Sinten nicht ein noch größered und rajchered war. — Wie aber
. Semand auf den müßigen Gedanken fonımen Tonnte, in jener Zeit
des wetteifernden Podenbelzend mit ber Diogenedlaterne eine „An«
häufung ungeimpfter Individuen” zu fuchen, und wie Gefeßgeber -
auf Grund einer fingirten „Unbäufung ungeimpfter Individuen“
ein Gejeg machen konnten, weldhes da% „Anhänfen ungeimpfter Inbis
viduen“ zu verhüten und fo die Seuchen augzurotten wähnt, das will und
83
wenn: wir die Tafel V, Hetradhten, nicht in ben Kopf. Der Tiefftand:
der Seuche bleibt biß zum Jahre 1870/71, fo lange nämlich, bi8 an«
dere Hauptfactoren der Podenerzeugung — die Diafjeneinführung poden«
fhweißiger Colonialwollen und das Hervorholen alter abgelagerter
Molkleider mit ihrem Hautunrath bein Einkleiden ber franzötiichen
Armee — faft eine halbe Wtilion originärer Seuchenzunder anfachten
‚ und mit ben Kriegern in die Melt fhidten. — Die bobe Seuden-
curve von 1870 war zum Theil dad Merk jener frangöfifchen Mobil«
mahung, welhe in den Monturfammern gleihfam aufgetrodnete
- Hautlatrinen öffnete und auf bex Ihwißenden Haut der Soldaten bie
- podenkranfer auftralifher Schafwolle für Anfertigung der Soldaten«
melde in Deutihland die Seuche id vielfad
getragen hat, ba3 entzieht fich jeder nadträglihen ftatiftiihen Bew
rehnung. Genug, wir fehen aus diefer Tabelle V., daß 1801—1809:
daB heterogene (Senner’jche) Sapfen, ald pädagogiihed Mittel die
‚ Seude nur dabuch dämpfte, daß e3 unbewußt die Menfchen fber-
redete, daS unfelige homogene Impfen, biefe Hauptpodenquelle
fallen zu laflen und bagegen die Kubpoden einzutauscen.
Mir willen demnach), daß nur bis zum “jahre 1810, d. b. nur
fo lange, al die Ablöjung d:5 homogenen Impfend duch dag beten
togene Impfen dauerte, dem heterogenen Impfen ein Sinten ber
Seude auf dem Fuße folgte, daß dagegen 1870/71, — als nidt
mehr, wie vor 1810, daß alte domogene Impfen, fondern ganz
‚ andere Momente, Schuld an ber Seude waren, und e8 überhaupt,
fein bomogened Impfen mebr abzulöien gab, nun aud die ge=
priejene Anbäufung beterogen geimpiter Menihen (90 PBrogent der
Bevölterung) keinen Einfluß auf den Seudengang und bie Podens
- Sterblichkeit äußerte; und wenn 1870 feldft alle Mienfhen bis zum
Vebtgeborenen heterogen geimpft geweien wären, die Seuche hätte, fo
lange man nicht die leblofen Seudenlager, die Schweißiwolle und die
Idmußigen Sumpen auf’d Korn nahm und ihr Inftciren verhütete,
: unabändetfi ihren Gang verfolgt.
Ein wohltyätiger Einfluß der Baccination fonnte nur dba und
dann zu Tage treten, wo und fo lange fie dazu diente, die peftartig
-wirlende alle Ynoculation von dem Xoben der civilifirten Wölter
megzufegen. Das hat die Jenner’sche Smpfung vor 1810 redlic) ge=
than, Nachdem die Baccination diefe ihre Million erfüllt, hätte man
fie, wie alle nothivendigen Uebel, aus dem Apparate ber Seuden-
löihung entfernen müfjen. Daß man das nit gethan, dag gereicht
„unferer oberfläßjlihen modernen Gelundheitöwirthihaft, die dad Heil
Immer nod in widernatürlihen Geheimmittelgen jucht, zum Vorwurf.
VI graphifche Tafel (von C, Löhnert) ftellt die Bodkens
; ferblihfeit aus Seuchenjahren 1) in der Stadt Baris,
2) in dem Königreich Preußen, 3) -in der preußifchen 2
‚Probinz Bofen vergleihend nebeneinander. Die Boden traten in
der - durdhimpften Provinz Pojen fortwährend und mit-
‚unter aud) in.ganz Preußen bedeutend heftiger auf, als in
Paris und in ganz Sranfreih, - Während die Seuche 1863
. im Baris auf 10,000 Menfchen nur 2 Opfer forderte, .er-
zur Unblafung und Ausbreitung ber Voden beis
84
lagen ihr in demfelben Jahre in der Provinz Pofen auf 10,000
Einwohner 8,6 und im Jahre 1871 fogar 45,5 auf 10,000.
Defjenungeachtet follen 1870 die „Schlechter geimpften« Fran-
zojen durch ihre ungeimpften LZeiber den Bewohnern Deutfch- a
lands, troßdem hier 90 Prozent der Menfchen geimpft waren, _-
die Boden angehert und ihr Ungeimpftfein das große Poden-
fterben verfchuldet haben! !
Die nämliche Tabelle läßt uns erkennen, daß 1871 in
spielen preußifchen Städten die Gipilbewölferung, von der
doch mindefteng 3]. geimpft war, ftarf dur die Porden ge-
litten hat, während von den in diefen Städten internirten
- Vrangofen theils Feiner an den Boden ftarb, — theils jogar
Fein einziger Überhaupt podenfranf wurde. — Die Behaup-
tung, daß das Ungeimpftfein oder Schlechtgeimpftfein der
franzöfifchen Soldaten die große PBodenfeuche von 1870/71
verfähuldet Habe, ergibt fich nad) den Details der Tabelle als
ein Mörden. — Daß übrigens die Franzofen, ob E
geimpft oder ungeimpft, in ihren Monturen und nament- .
‚ld in ihren berüchtigten MWolldeden, welche alten, vertvefenden .
menfählichen Hautfpweiß oder gar den Wollichweiß poden- :
franfer Schafe in fi bargen, das Podengift als Seuchen: "
zunder Durch’ Land trugen, das findet fi in eier
meiner neuen Geleitbroduren „Das Kommen und Gehen
. der Boden“ betitelt, nachgewiefen. — Die Anhäufung un=
geimpfter Menfhen erzeugt und begünftigt eben fo wenig :
die Bodenjendhe, mie die Anhäufung folcher Kinder, die
feinen Xeberthran trinken, die Ausbreitung der Scrophus
fofiß begünftigt. — - Re en
Eine VII. Gruppe von Tabellen vergleiht die Poden-
sterblichfeit verschiedener Zeiten und verjchiedener Drte mit-
einander an dem Manßftabe des Geimpftfeins. Wir jehen
elf aufeinander folgende Seuchenjahre Schwedens aus dem
vorigen Jahrhundert (Zeit und Land des alten Podenocu-
liren3) neben elf anderen Seuchenjahren der preußifchen
Probinz Pofen aus diefem Yahrhundert (Zeit und Land
de8 Baccinirend) ftehen:. Die Durchichnittliche jährliche
Bodenfterblichfeit in Pofen erfcheint auf Diefer Tabelle troß
DVaccination bedeutend größer al3 die in Schweden unter der
Inoeulation. Diefe eine Tabelle zeigt offenbar: erftens, daß
wohl ein Parallelismus zwifchen der alten Snoculation und
‚der alten Seuchenhöhe, nicht aber ein Parallelismus zwifchen
‚85
Paceination und Seuchenlöfhung befteht, zweitens, daß «8
ganz andere, culturöfonomifche Verhältniffe geben muß, welche,
unabhängig von der Baccination, den Gang der Bodenfeudhen
beeinfluffen. Auch diefe Tabellen find von E. Köhnert, —
2. Die VIH. Wandtafel (von E. LXöhnert) Hält eine ver-
gleichende Podenfhau über Franfreih von 1812 mit nur .
8 Prozent Geimpften und 92 Prozent Ungeimpften, und über
Bayern von 1870/71 mit 96,3 Prozent Geimpften und nur
8,7 Prozent Ungeimpften. — Nach den Anfhanungen ber
-Impffreunde joll einerfeit8 damals in Frankreich der winzige.
- BruchtHeil (8 Prozent) Geimpfter die 92 Prozent Ungeimpfter
mit gefchütt und Jahre lang das ganze Yand vor Seuchen
bewahrt haben, andererfeits follen in- Bayern die 96,3 Proz.
Geimpfter das Volk nicht Haben fehügen Tönnen, im Öegen-
theif fol die Handvolf (31/, Prozent) Ungeimpfter (einfchließ=
Hd) der privilegirten des 1. Lebensjahres) dur) ihr bloßes
= Dafein die große Seuche mit 4784 Podentodten verfchtildet
Haben!!! Diefe graphifche Tafel, wie alle übrigen, nur amt-
Tide Zahlen vorführend, ift fehr überzeugend; fie jtellt den
Smpfaberglauben in feiner ganzen Erbärmlichfeit_ bloß; fie
zeigt, zur welden Abgefehmadtheiten der erite Schritt Des
Aberglanbens führt.
„Wenn, wie died aus ber Belradtung Bayerns bervorgebt, ein -
nicptgeimpfter winziger Bruchtheil der Beröllerung für ale übrigen
Mitmenicen des Landes eine fo große Gefahr ilt, daß die Befigen
impften duch da3 Zufammenleben mit ben wenigen Ungeimpiten
ihrea Impfihußes beraubt werben Tönnen, jo dürften aud) die firengften
Ampfmaßregeln niht ‚ausreichen, und vor Vodenepidemieen zu
fhüßen; denn dann fann die Gefahr, welde und nad Anfict der
Ampffreunde allein fhon von ben gefeglid Nihtimpfbaren
des 1. Lebensjahres droßt, aud nicht dur dad eifernfte Gefek
. befeitigt werden, ee
E8 dürfte dann, nahbem alfo u. U un in Bayern wie
überall der geträumte Smpfihuß, fih jo erbärmlih fdlecht bewährt
hat, nur ein Mittel geben, um Podenepidemieen im Keime zu er-
- ftiden, nämlich daffelbe, welded ein Spaßvogel auf dem beutfchen
= Reichdtuge gegen die Cholera vorihlug: „I weiß nit, ob ed nicht
-.. ein fihered Schußmittel wäre, wenn man den eriten Choleratranten
todt fohlüge.” (EC. Löhnert.)
Tafel IX. (von ©. Vhnerd): Bergleichung der Poden-
“ verhältniffe zwiichen dem Fönigreihe Bayern und der Stadt
"Berlin in den Seuchenjahren 1870/71. — Wie überhaupt
in der Statiftif der Pocdenfterhlichkeit die gröbften Irethimer
fi um die einfeitige Hereinziehung des eriten Lebensjahres
drehen, welches dod) — wie wir oben gejehen Haben — uns
86
bedingt für fich allein berechnet ‚werden muß, fo zeigt auch
diefe Tafel den durchichlagenden Einfluß, den die Herein-
ziehung des 1. Lebensjahres auf die Bewegung der ftatiftifchen
Podenzahlen Hat. In Bayern, two im Gegegenfag zu Berlin
jeit vielen Decennien direkter snpfzmang befteht, und das “
Impfen fhon vor Ablauf des 1. Lebensjahres maffenhaft ges
Ihieht, ift der Prozentfat der Ungeimpften zur Bevölferung
viel Heiner al8 in Berlin, wo man die Kinder häufig erft
im 2. oder 3, Lebensjahre oder erft bei Eintritt der Schulpflihe
tigkeit impfen läßt, — Die Ungeimpften gehören in Bayern,
weil da fchon die ganz Fleinen Minder geimpft werden, meift
ar den erjten Xebensmonaten an, einer Altersklaffe, welche,
wie wir oben gefehen, bie allerungünftigften Erfranfunge-
und Sterblichkeitsausfichten Hat. Dementfprechend fehen wir
in der That in Bayern 60 Prozent, dagegen in Berlin nur
41 Prozent der ungeimpften Erkrankten jterben. — So zeigt
auch diefe Tabelle recht jchlagend, daß. die Pocenfterblichfeit
ganz anderen, großartigeren Gefegen, und nicht der Smpfipielerei,
nämlic) den Gefeten der allgemeinen Altersfterblichkeit der
Stinder folgt. Die Nichtbeachtung diefer Thatfache hat den
. meijten Wirrwärr in die Podenftatiftif und das ganze ynıpfr
unheil in die Welt gebradt. — a
Eine X. Tabellengeuppe (von €. Köhnert), bereinet
aus einem Zahlenmaterial, welches direkt aus dem ftatiftiichen
Centralburean zu Stodholm bezogen worden:
1) daß in Schweden dor 1810, als e8 dafelbft Schon
„eine Anhäufung homogen geimpfter (inoeulirter) Indivis
dien“ gab, die Podenfeuche permanent war und in einem
Sahre Schon bis über 50 von 10,000 Einwohnern wegraffte.
2) daß zwifchen 1804 und 1810, jo lange die Kup
podenimpfung in Schweden noch nicht durchgedrungen , und
die „Anhäufung homogen geimpfter Menschen“ noch eine viel
größere als die „Anhäufung heterogen geimpfter Menfchen“
war, die Seuche noch nicht merklich fanf, Damals wurden
durhichnittlich kaum 9 Prozent Menschen heterogen geimpft,
jodaß 1810 auf 1 Million Einwohner erft 6000 geimpfte
‚Kinder famen. Wie viele Menfcheit aber damals noc) unter
dem Banne des gräßlichen homogenen Jinpfens ftanden, it
nicht in Zahlen verzeichnet.
3) daß nad) 1810, alg nad Einführung der neuen
Kuhpoden- und nad DBerwerfung der homogenen Mens
Ihenpodenimpfungeine „Anhäufung homogen geimpfter Men-
87
chen" in Schweden nicht mehr beftand, dagegen eine Fleine
Anhäufung heterogen Geimpfter an die Stelle getreten mar,
das Seucheniveau entfprechend jank, Diefer Tiefitand der
Seuche dauerte aber nur jo lange, ald auc, die „Unhäufung
hHeterogen geimpfter Menfchen” an Stelle der homogen
- -Geimpften feine gar zu große wurde. — 1810—1820, als
jährlich durchfchnittlih nur 18,7%9, geimpft wurden, fo daß
im Jahre 1820 auf 1 Million Einwohner nicht mehr als
ca. 23,000 heterogen geimpfte, dagegen wohl feine homogen
>. geimpfte Menfchen mehr Tamen, verhartte die Seuche auf dem
- nievrigften Stande: offenbar eine Bolge davon, daß der Aus-
.. taufch des alten heterogenen Impfens gegen das neuere hetes
vogene Impfen bereits vollzogen war, und das Dolf jenes
schon gänzlich abgelegt hatte,
4) daß, nachdem umgekehrt die „Anhäufung Heterogen
geimpfter Menfchen« eine bedrohliche Größe angenommen, in
den jechszigern und fiebenzigern Yahren, die PBodenjeuche ihr
. Haupt wieder erhob, wie zu der Zeit, ald noch eine Anhäu-
fung homogen Geimpfter beitand. — m Vahre 1874, als
in Schweden 0,9 pro Mille Menjhen an den Blattern ftarben,
befand fic) in diefem Lande eine folofjale „Anhäufung Hete-
zogen Geimpfter",e8 waren nämlich von 100,000 Einwohner
93,700. (!) geimpft. —
- Angefichts folder Zahlen fpricht der Schöpfer deg Reich8-
impfgefeges, Herr Dr. Guttftadt, in feiner Vorlage an unfere
Neihshoten das große Wort gelaffen aus: Nur die „Anz
Häufung ungeimpfter Individuen“ fei die Urfache
der Pocenfeuche! Und alle Welt glaubt folhen — fchreienden
MWiderfprud gegen.die Thatjadhen, weil er — offiziell if. !
$ XI. die befannte Löhnert’fche Tabelle, welche nachmeilt,
daß im Jahre 1871, dem Sahre der „Anhäufung” (Heterogen) .
„geimpfter Individuen” (%/,, der Bevölkerung war, geimpft)
in den Städten Bochum 52,9, inHörde und Duisburg 170%/go,
in vielen anderen Städten 10%. der Bevölkerung an den
Poden ftarben, während vor 1810 unter der Anhäufung
Yomogen geimpfter Individuen hHöchftens 9 pro Mille,
durfchnittlih nur 7,4 pro Mille, der DBevölferung _ bon
den Boden weggerafft wurde.
- Aus diefer Tabelle Tieße fich jchlieken, daß die befohlene
Anhäufung Heterogen geimpfter yndividuen, ftatt vor
Podenepivemieen zu jhügen, in Hygienifch _verwahrloften
88
Vahren, genau wie im Schafftalfe, nahezu eben fo gefährlih
werden Fan, wie in früheren Zeiten die jet verbotene An :
häufung homogen geimpfter Individuen e8 war. — Und doch‘
joll, wie man unferen Gefetsgebern "vorgefagt hat, grade die
„Anhäufung ungeimpfter Individuen” an all dem Unglüt
ber Podenfeuchen fculd fein! u
... Eine XII. Gruppe ftatiftifcher Tabellen (von &. Röhnert)..
vergleicht in verfchiedenen Ländern die Bodenfterblichfeit mit .
der allgemeinen Sterblichkeit. — Wir jehen hier die über-
tajchende Thatfache, da die Podenfterblichkeit in Seuchenjahren -
die Höhe der durchichnittlichen Normalfterbfichkeit eines Wolkes - :
nicht wefentlich beeinflußt. Die Prozentfüge des Gefammt-
ferbens find in schweren Dlatternjahren ftelfenweife fogar
auffallend niedrig im Bergfeich mit der Sefammtfterblichfeit :
anderer Sabre, in welchen feine Blatternepidemieen vorfamen.
— Dieje ftatiftiiche Ihatfache beweift far, daß die Boden
nit die Ungeimpften, fondern mit Vorliebe diejenigen Ste
dipiduen . wegraffen, telche, entweder zu jung oder zu alt,
oder jonft zu Schlecht geftellt, um den Krankheiten überhaupt
zu widerftehen, auch jonft geftorben jein würden.
An diefe Tabelle fehlieht fich, ebenfall8 don €. Löhnert,
XIII. eine graphifche Zafel an, welche aus drei Sahrespertoden
die allgemeine Sterblichkeit in Chemnitz mit der PBoden-
fterblichteit dajelbft vergleicht. — Zur "dem Yeitabfchnitt A 1780
bis 1806, al® man nod) homogen impfte, Kanten auf
10,000 überhaupt Geftorbene 207 Podentodte, in dein Ab-
jöhjnitte B 1807—1819 nur 34, dagegen in den Sahren C,
1870-1873, als die DBevölferung heterogen durchimpft war,
jogar 778 VBodentodte — lg
In Periode A., in welcher e3 zwar od) biele nicht ger
‚ impfte, aber auch) fchon viele homogen geimpfte Menfhengab,
Sarben Gmal mehr Menfchen an den Poden, als in der Be
‚ Periode B, in weldher e8 ungeimpfte, außerdem fchon viele
heterogen geimpfte, aber, — was die Hauptjache ift —, feine
homogen geimpfte Menschen mehr gab. — Nun Ichließen =
die Snpfer, diefer auffallende Abjtand Fäme daher, daß unfere
Dorfahren in der Periode A (vor 1806) den Segen der
heterogenen Impfung noch nicht hatten. Wir aber jagen: ..::-
da8 Sinfen des Podenfterbens in den Sahren 1807—1819 2
rührte großentheils daher, daß die Menfchen Diefer Beriode B
(1807—1819) dem unheifvollen homogenen, dem Menfchen-
9
podenimpfen Schon gänzlich entfagt Hatten. — Gefebt, Sene
hätten Net, melde das große Sinfen des Bodenfterbeng
aus dem Tpärlichen Kuhpodenimpfen erklären wollen, — wie
wäre e8 dann zu erflären,. daß in der Periode C (1870 bis
1873), al® fchon beinahe 90 Prozent der Menfchen
heterogen geimpft waren, das Podenfterben riefig ftieg, fo
daß 778 von 10,000 Todesfällen Pocdentodte waren, alfo
faft viermal fo viel, al3 in der Periode 1730 — 1806, in
welcher doc die „Anhäufung nicht heterogen geimipfter Indi-
biduen“ eine viel größere al® vor diefer Zeit war? —
0. 8Ar eine Xöfung diefes Näthjels, fagt Löhnert, würden
wir den jämmtlihen Herren Impfftatiftifern jehr dankbar
feine — Das Näthfel Löft fi, fobald wir mit folgenden
; Thatjachen rechnen:
ran A 1730—1806, — Große Anhäufung homogen
geimpfter Menfhen und Schafe
und Wolle, — 207 Bodentodte- 5
3 | auf 10,000 Sterbefälle;
“„... B 1807—1819, — feine homogen geimpfte Men-
schen und Wolle mehr in der DBe-
völferung — nur 34 Bodentodte
| auf 10,000 Sterbefälle;
„ 6,1870—1872 — Unhäufung heterogen ge-
a . impfter Menfchen — und [chweißige
podenverdädhtige olonialwolle - |
im Berfehr — TIE Bodentodte
auf 10,000 Sterbefälle — ähn-
liche Berhältuiffe wie im Schaf:
ftalle. —
"Eine XIV. nt XV. Tabellengruppe (bon 6. en
iltuftriet den bekannten Ausiprud) Dr. Guttjtadt’s: .
„Die Unhäufung ungeimpfter Individuen“ fei Schul
$ an der Bodenfeuche, in einer durchfchlagenden Weife, und
| berwandelt den Sinn des Guttftadt’fchen Sabes ähnlich, nur
j nod handgreiflicher, als wir e3 von Schweden gezeigt haben,
| im fein Gegentheil.
4 Eine Tabelle zeigt uns in rothen Feldern die von 1810
4. bis 1874 abnehmende „Anhäufung ungeimpfter Indivi-
} Duen“, während eine andere Tabelle bis zum Yahre 1872
die zunehmende Unhäufung der Podentovesfälle anjhau=
fih madt! „Risum teneatis, amici!“
90
In Preußen waren:
; bei einer „Anhäufung“ von Podentodesfälle
im Sabre | (auf 100,100 Einwohner) | auf 100,000 Cinw.
1820 68,000 Ungeimpiten 10
1831 48,000 1 12
1841 33,000 5 14
1850 - 22,000 n 16
.. 1860 15,000 . = 19
1871 | 12,000 = 243
187 5; 260
Wir jehen fon aus diefer Zufammenftellung, und wür-
ven e3 aus den Löhnert’fchen Original-Tafeln*) mod deut-
licher wahrnehmen: daß die von den ‚mpfern jo jehr ge
fürdtete „Anhäufung ungeimpfter Individuen“ von 10 zu
‚10 Sahren bedeutend abnimmt, dagegen die Podenfterblichkeit
in Seuchenjahren entfprechend mafjenhaft zunimmt, — Wenn
1820 dur) einen Vorrath von 6800/,, Ungeimpfter im Dolfe
eine Podenfterblichkeit von 0,1°/,, erzeugt wurde, wie fann
dann z. DB. in den Jahren 1843 und 44 nad einem Siufen .
. jenes DVorrathes Ungeimpfter, d. 5. „AUngefhügter”, auf
3390/90 alfo fat bis auf die Hälfte vom Beftande des Yahres
1820, die Seuche 0,28 und 0,27%, alfo faft. die dreifache
Anzahl Menfchen wegraffen? Wie Kann die Seuhe 1853
und 1854, als die „Anhäufung Ungeimpfter” faum noch
190%. alfo nicht einmal mehr 1/, des Borrathes von 1820°
betrug, 0,39 und 0,4499, alfo vier mal jo viel Menfchen,
als im Jahre 1820 tödten? In den Seuchenjahren 1864 -
trat die Seuche mit 0,460/,,, 1862 mit 0.62%, und 1871-
mit 2,43%, PVodenfterblichkeit auf, troßdem das gefürchtete
Hänflein ungeimpfter Individuen auf 1200/g, auf ein Fünftel
des Deftaudes von 1820, zufammengefcjmolzen war.
Ungefiht3 folder Ichlagenden Thatfaden wundert e8 mid nidt, x
daß biejenigen Herren Gollegen , welde einen Ginblid in biefe
Zabellen genommen, Dr. Tbileniug im Neihetage an der Spibe,
‚bon den grofen ftatiftifhen Zahlen des Bodenfterbeng nicht mehr wiflen
wollen und fi nur noch auf ihre eigenen perjönlichen Brarisd-Erfahs
rungen, bie fie aber mit den Schaulfappen des ftärtften SImpfglaubeng
aejammelt haben, berufen, — Dr. Guttftadt aber und Zhileniud und
*) ABC Bug für Impffreunde von ©, Löhnert, mit farbigen
Zafeln, Big. v. Otto Krüger in Chemniß, in
Genofien fagen jet: Aber die Anhäufung. folder nbivibuen, bie”;
nur einmal geimpft, die nicht revaccinirt find, ift eben fo gefährlich, ie
wie die ber Nichtgeimpften. Haben denn die Herren die jämmerliche
Spiegelfechterei mit ihrer „Anbäufung üngeimpfer Individuen“ nod
immer nicht fatt? Was aber jagt daS „bethörte Voll" (Worte Bir-'
Kom’3) zu diefer Sorte exakter Wifenfhalt? und zu der Zwangd-
geleßfabrifation, die fih auf foldhe „Thatfahen” fügt? Dreikig
Zaufend hatten voriges Zabr um Abjhaffung des wadelig gebauten
Smpfgefeßes petitionirt; aber man hat ihre Anwälte, die Männer
des Gentrumd einfach niedergeftimmt und die Petitionen der „Ar«
beiter” und „Utramontanen“ unter den Tiih de3 Haufed geichoben.
Und bie nennen fi Liberale! >
Eine XVI Wandtafel (C. Löhnert) verzeichnet die Zah-
lencurven, in welcher die Monatsfterblichkeit in den ver .
jehiedenen Zeiträumen bor und nad Einführung beftimmter
Ampfmonatsterinine fich) bewegt. Diefe Sterblichfeitscurven
. erfireden fich Über die Bevölkerung von Leipzig und Chemnig.
1833—1870.
Die alljährlihen Maflenim-
pfungen werden nur inden’Monas :
ten April und Mai abgehalten.
17261765,
0.88 gibt nod feine Frühlahrd«
.. Impf-Dlonate, die Maffen-Bacci«
nation ift noch nicht eingeführt,
... man-veulirt nur homogen, aber
. da8 ganze Jahı hindurch!
Lie Kinderfterblichkeit it in
den Monaten Juni, Juli,
Anguft die niedrigfte de
ganzen Nahred. Die größte
Kinderfterblichleit fällt in Die
An den Monaten uni, Juli,
Auguft, denen die Monate dc8
Mafjenimpfens unmittelbar vor»
aufgegangen find, und in denen
ed eine „Anhäufung frifh ge«
impfter Kinder gibt, ift die
Mintermonate,
Kinderfterbligleit die größte
des ganzen Sabre. — In die a
Mintermonate fällt jet Die
Heinfte Kinderfterblichkeit.
Vergl. dad Lämmerfterben.
en, Seit der Beit, daß wir eine Frühjiahrd-Maffenimpfung Haben,
ift der Höhepunkt der durdfchnittlihen Monatäfterblichleit verfehoben,
er ift in diejenigen Monate gerüdt, in welchen früher, als es nod
.. keine nad) Monaten begrenzte Impftermine für die Kinder gab , der
xiefpunlt der Kinberfterblichleit Ing, Mit anderen Morten: die -
Impftermimne find eined von den fAuldverdädtigen Antecedentien
einer früher nicht gelannten fommerlichen Höhe des Kinderfterbeng ;
oder die hödfte Monatsfterblichkeit der Kinder folgt conftant auf die
Srübjahrd » Impftermine. Auch diefe Tabelle gibt namentlich ben
Müttern viel zu denten! —
92
XV. Tafel: Die allgemeine Sterblichkeit (ohne
Pocden) in Sadfen, nad Altersflaffen verglichen (von €.
Löhnert). ea
Auf diefe Tabelle überwiegt bedeutend das Sterben der
Kinder im erften Lebensjahre, d. 5. in demjenigen Alter,
in welchen noch jehr wenige geimpft find.
In dem fächlischen Medizinalbericht für 1874, aljo für
ein Jahr, welches feine Podenfeuche hatte, kommen von je :
‚100 Sterbefällen an Krankgeiten überhaupt nicht weniger al8
- 42,5 auf das erfte Lebensjahr, auf die Altersflaffe der Uns
geimpften; dagegen auf das Alter von 16 Jahren, wo
aljo die meijten Kinder geimpft find, füllt nur 12,7 Prozent
der Sterblichleit; das Alter von 6—10 Jahren, welches nur
noch jehr wenige Ungeimpfte zählt, Tiefert nur 2,1 Brozent;
dasjenige Lebensalter, in welchem die Meiften bereits zweimal
geimpft (tevaccinirt) find, und es feine „Unhäufung unges
impfter Individuen“, wohl aber fon eine „Anhäufung
Ntevaccinirter« gibt, das Alter von 10—14 Sabren Hat nur
0,8 Prozent der Gefammtfterbfichfeit der Bevölkerung, —
Wird e8 aus diefen Zahlen nicht offenbar , doß nad der
jeltfanen Logik der Impfgegner das Ungeimpftjein der Men-
hen, in Sadfen wie überhaupt überall, die Urfadhe fein
muß, daß jo außerordentlich viele Rinder im erften KXebeng-
jahr an Darmfatarıh, Luftrörenentzündung und tie die
Kinderkrankheiten alle heißen mögen , fterben, und daß das
Geimpft- und gar das Revaccinirtfein e3 fei, was die Men-
Ichen in dem DVerhältniß, wie fie älter werben, in der auf-
fallendften Weife nicht nur vor dem Impftode, fondern in podens
freien Zeiten vor dem Sterben überhaupt hist? Das muß Iedem,
der überhaupt anirgend einen Impffegen glaubt, einleuchten,
Aber meine Herren Collegen haben aus all dem Mate-
vial, welches wir Impfgegner im diefer Richtung bereits
veröffentlicht Haben , und was ich 1876 auf dem Delegirtentage
und auf dem Brüffeler Hhgienifer-Gongreß ausgeftellt Hatte,
weiter nichts erfehen, als daß „Dr. Didtmanı“, wie . 3.
den beutfchen Aerztevereinstag, fo auch den internationalen
Hhgienifer-Congreß „mit graphifchen Darftellungen zu traf
tiven, mit folorirter Statiftif zu vegaliren verfucht Habel” -
Hätten damals Die Herren Collegen in ihrem Ympf-
‚EntHufiasmus etwas meniger vornehm und geringjchägend
auf jene Tabellen Herabgefehen, umd fich vielmehr auf ein
- Vergleichen der allgemeinen Sterbezahlen der verjchiedenen
Altersflaffen und namentlich der der Impflingsklaffen einges
95
faffen: dann würden fie fehnell aus diefen Zahlen erkannt
haben, daß fie mit der Anrufung der Gefebe der allgemeinen
Impflingsfterblichkeit für den geträumten Beweis des Impf=
fegens viel zu viel, wenigftens mehr bemweifen, als fie zu Der
weifen wünjchen. Legen wir nämlich das allgemeine Kinder:
fterblichkeitsgefeg an jede beliebige andere Kinderfranfheit. an,
jo werden wir zu der Schlußfolgerung getrieben, daß das
; Niht-Geimpftfein entiweder mit Boden überhaupt nichts zu
Schaffen Hat, oder daß die Sterblichfeitsijchwanfungen aller
übrigen Kinderfrankheiten nicht minder, als die der Boden,
ja, daß fogar das Bettnäffen, das Sprechenlernen u. |. w.
vom Geimpft- oder Nichtgeimpftfein beeinflußt werden —-
denn die Zahl derjenigen Kindchen, melde, ohne geimpft zu
fein, da8 Sprechen und Gehen Iernen, das Bettnäffen ih
abgewöhnen, ift ftatiftifch fehr gering. Die Annahme aber, daß
alle Phafen der Kinderentwidlung, alles. Kinderfterben von
der Ampferei beeinflußt würde, dürfte felbft dem eifrigften
BertHeidiger des. Ympffegens als die größte Ungereimtheit er-
Tcheinen. ee
hen XVII. Tafel zeigt die nämlichen Zahlen » Parallelen
zwifchen Podenfterben, Darmentzündungstod, Tod an Con-
vulfionen, an Luftröhrenentzündung, an Majern u, f. w. in
allen Altersflaffen, aus der Medizinafftatiftit des befannten
Statiftifers Dr. Ianffens in Brüffel zufammengeftellt. Sie
zwingt die SJınpfer zu der Confequenz ihrer Theorie, daß das
große Sterben an Brehdurhfall, an Mafern u. f. w. im
erften Lebensjahre daher kommt, daß im diefem Alter die
Kindehen noch nicht geimpft find.
Die XIX. Tafel (von EC. Löhnert) vertheilt ‚die all-
gemeine Jahresfterblichkeit der Stadt Berlin und ebenfo
das Bocdenfterben diefer Stadt auf die verjchiedenen Lebens»
alter und vergleicht die Sterbezahlen Hierbei ftellt fi Die
1 Thatfache hevanz, daß in dem exften Xebenziahte, alfo in der» -
jenigen Alterskaffe, in welcher das Impfen noch nicht allge
mein tft, das Pocdenfterben Heiner, als die allgemeine
Sterblichkeit diefer Altersflaffe ift, daß dagegen bon da ab,
dap die Menfhen in Mafjen geimpft werden, bom zweiten
Lebensjahre an, umgekehrt das VBodenfterben größer ift, al8
die allgemeine Sterblichfeit. Die Linie des Poden-
fterbens Tiegt in dem erften Lebensjahre, alfo in dem Alter
-de3 Ungeimpftfeins, unter der Linie de8 allgemeinen
EL
Sterbens. Mit derjenigen Altersklaffe aber, in welder.
flott geimpft wird, fteigt fofort die Linie des Poden-
Iterbens, Freuzt dann in dem Alter von 1—5 Sahren die
Linie der allgemeinen Sterblichkeit, erhebt fi über diefe und
Hält fih nun -in den Lebensaltern des Impfens und Revacci:
nirens bis zu dem Altersdecennium 60_x, ftets über der |
-Rinie des allgemeinen Sterbend. Erft gegen das Ende
der Ultersflaffe 60—70, in welcher e8 fait nur folche Leute
“gibt, welde in ihrer Jugend nicht geimpft worden find, taucht
die Linie des Bocdenfterbeng wiederum, wie im 1. Lebens -
jahre, in welcher «8 ebenfalls Geimpfte nur ausnahmsweife
‚gibt, unter die Linie des allgemeinen Sterbens hinab, — |
Dian lefe dad Nähere über diefe und andere bödjft intereffante
Zabellen in E. Löhnert’8 „Graphiihes ABC-Buh* und „Bureau -
tratenftatiftil und Impfamang“, Chemnig bei D, Krüger. — 8, fagt
u. U: „Die Bodenfterblichleit der Altersklaffe O-1 Jahr, in ber
Fa foft nur Ungeimpfte befinden, ift allerdings groß; denn von
1000 Bodertodten kommen allein 204 (geimpfte und ungeimpfte)
auf das eine erfte Lebengjahr; dagegen auf die vier Lebensjahre ber
AUlterötlaffe 1-5 Jahr bloß 234 und auf die fünf Lebensjahre der
Alterdtioile 5—10 Jahre jogar nur 48. In Folge defien muß ein
mit der Mortalitätsftatiftift gänzlih unbelannter Arzt oder Laie
glauben, e3 jeien in der Wlteräflafe 5-10 Jahr nur deshalb fo
wenig Menihen an den Poden geftorben, weil in Ddiefer Alter:
‚Hoffe faft alle geimpft find. Wan fieht aber aus obiger Zabelle,
daB (gu podenfreien Zeiten) von 1000 überhaupt Geftorbenen
auf die Alteröflaffe O—1 nicht weniger als 366
Ban n 1—5 dagegen uur 197
„nn ” 5—10 fogar nur 33
fommen. Wenn aljo die Impfung gar feinen Einfluß auf Leben und |
Gefundheit hätte, wenn fie weder Ihäblih no nüßlih wäre, fo
dürften au von 1000 an den Boden Geftorbenen
auf bie Alteretlaffe 1-5 Sabre nur 197 und nidt 234. .
” 5—10 ” ” 33 " ” 48
” ”
fommen u. |. w.
„Da aber, fährt C. Löhnert fort, bie Bodenfterbliäteit in den
Alterällaffen I—60, in denen fi do fatt nur Geimpite befinden,
‚ ‚überall verhältnigmäßig größer ift, al3 die allgemeine Sterbs
lichkeit, und da nur in den Alteröklaffen O—1 und über 60 Sahr,
— denen fi) außerordentlich wenig Geimpfte befinden, die Boden-
fterbligleit verhältnigmäßig geringer ilt, ald die allgemeine
Sterblichleit, fo müflen die Opfer der Impfung jedes Jahr in ganz
Deutihland nad vielen Taujenden zählen.” —
. „Diele Zafel beweift alfo nicht nur, daß die größere oder ge«
tingere Bodenfterblicteit hauplfähli vom Lebensalter abhängt
- amd in einem gemwiflen Berhältnig fteht zur allgemeinen Gterbs-
‘05
ißfeit, fondern aud, daß die Impfung außerorbentlid fhädfih fein-
muß, da die Bodenfterblickeit in den Alteröklaffen, in denen fih
die wenigfte Geimptten befinden, verhältnigmäßig geringer ift, al8
die allgemeine Sterblicteit.“ —
XX. Tafel, Die große Pocdenfterblichfeit der ganzen
Stadt Bochum 1870/72 wird verglichen nıit der auffallenden
Podenfhonung in einer Arbeiterfaferne diefer Stadt. __
Diefed Tabellenbeifpiel veranschaulicht - fo recht das Verhälte
niß des geringen Podenfterbens des kajerniten Militärs zu =
‚dem bedeutenden Podenfterben der nicht Tafernirten Civilbe-
‘ bölferung eines Landes — ein Verhältniß, auf melcdhes die
Anhänger der Impfung fi immer fo gerne berufen.
a Um die merkwürdigen BPodenverhältiiffe der Stadt
Bohun zu fudiren,, welche befanntli) 1871 die größte.
fädtifche Podenjterblichkeit. Hatte, und zwar eine fo hohe, daß
fie die Höchite des vorigen Jahrhunderts in Europa überftieg,
reifte ich jelbft nach Bodum. ch fand dafelbft unter einem
fafernirten, aber nicht revaccinirten Theile der. Bevölkerung
eine Dafe der Podenjhonung, wie fie jchöner in Militär:
- fafernen nicht gedacht werden Tann, Nämlich in der Arbeiter-
- taferne der Gußftahlfabril, von 670 Erwacjenen bewohnt,
welche fi) dem Volfsverfehr der durchjeuchten Stadt durd-
aus nicht entzogen, Fonnten die Boden nicht auffonmen.
- Drer bon außen eingefchleppte Fälle genafen und — was bie
:. Hanptfache ift — ftedten nicht weiter an; und doc, waren
Teinerlet außergewöhnlichen janitätspolizeiliche Mafßregeln er=
griffen morden. Die natürliche Sanitätz- und .Seuchen-
> polizei lag hier, wie bei allen Militärkafernen in Deutfchland,
in dem einfachen Kleider- und Bettwäfcheregime des Rafernens
° Iebens. Der Umftand, daß die Arbeiter diefer Fabrik ftets
vom Staub und Rau der Fabrik befhmußt nach Haufe
fommen und die Betten fhwarz machen, hatte eine firengere
‚und häufigere Maffenwäfhe aller Zeuge nothwendig: gemacht.
. Eine eigene Wafchanftalt- bejorgte aljo unabfichtlih) mit der
Entfernung de3 Babrifsfchmußes zugleich die desinficirende
. Auswaihung aller Seuchenfeime, — Wir ehe, daß jedes
> Kafernenleben, wenn e8 wie das der deutfchen Militär- und
. Ürbeterfaofernen ein geordnete ift, vor den Poden jchügen
muß, daß aber die Impffpielerei der Nekruten nicht das Ge-
.. tingfte mit diefer Seuchenfchonung zu Schaffen haben Fann.
In Srankeih ift e8 freilich) mit der Kafernenhygiene fehr
schlecht beftellt. Noch in der Dftobernummer des „Journal
. @’Hygiene“ von 1877 wird über die Kafernenverhältniffe in
S
ge
Srankreih, tele noch die Mängel des Syftems Bauban
haben, arg geffagt — fein Wunder, daß fhon von diefem
Gefihtspunfte zu Pocenzeiten die Seudenlöfhung in fran=
zöftfchen Kafernen durchfchnittlich nicht immer fo vollfommen
gelang, wie in den deutfchen. — Wenn eiıte Raferne, ob
ihre Sufaffen geimpft oder ungeimpft find, Poden epidemifc)
auffommen Fäßt, dann muß die Wirthfehaft in derfelben Icon :
2. eine ungemein Tiederliche fein.
0, ,, Die alfo die Impfer fich auf den Gegenfaß der Podlen- -
‚ Sterblichkeit zmoifchen der Fafernirten und „rebaccinirten“ Sol«
baten und der „weniger revaccinirten“ Givilbevölferung bes
rufen Können, ift unerfindlih. — Wer, wie ich, Militärarzt
war, und das „Mafjern-Bacciniren‘' der Nekruten mitgemacht
hat, der weiß bon diefem „faulen Zauber‘ ein Lied mitzu=
fingen. Laffen wir diefe Schein-Vaceination borläufig auf
fi beruhen. Wir nehmen an, jeder Rekrut werde wirklich
„mit Erfolg” geimpft, und die Lymphe werde nicht dielmehr
„mit Erfolg“ vom Arme abgewiicht, fo daß alfo die Meiften
. wirflih Bodenpufteln befämen.
Sobald wir von der alten Theorie ablaffen und ben
\ . Grundgedanken annehmen, daf im Perfonenverfehr mit Boden-
reconbalescenten und fonft Podenverdächtigen nicht die drei
Quadratfuß bloßliegende Hautfläche eines Menschen, jondern
die vom Bocdendunft durchficerten Wollfleiver die Zräger und
Berbreiter der Podenfeuche find, befommen wir von dem jani-
tären Gegenfag der „Eafernirten“ Mannfchaften zu der Gipil-
I bevölferung einen ganz anderen Begriff.
Ieder Pocenfall, welcher in Kafernen, feien e8 Arbeiter-
oder Meilitärfafernen, auftritt, gleicht einem Funken, welcher
jofort ausgetreten wird. Der zuerft Erfranfende wird, nod
ehe eine Blatter reif geworden, alfo Kleider und Stubentuft
; Anfict worden find, weggefhafft und in’s Lazareih auf die
Bodenftation gelegt. Diejes Verfahren wird bei jedem neuen
Valle wiederholt, ähnlich wie die vor Anftefung fchüßende
Auslefe fauler Uepfel aus einem Obftfeller, Der podenrecon-
: balescente Soldat, welcher aus dem Lazareth dem Safernens
‚verkehr zurücdgegeben wird, trägt nur frifchgewafchene Drilf-
Heider ; alles Wollzeug ift durch und durch gewaschen und desinficirt.
Bon den Wolldeken der Betten wird nichts unter die ath-
mende Nafe Gefunder gebracht. — In jeder Raferne ift das
periodische regelmäßige Kleider: und Bettdedenwafchen-Syften,
Ausnahmen fommen nicht vor... Man bejehe fi) nur die
Rafenbleihen einer Kaferne! Wie Kann da eine Podenjeuche
97
.. auflommen? Umgekehrt verhält fi’ nebenbei bemerft mit den
-Darmjenden in. den - Kafernen.. Hier find. befanntlich
gerade die Kafernen die Hauptjeuchenherde, Typhus, Ruhr 2c.
gelangen hier mehr zur Herrfäaft, weil mur die frische Ab-
| . fuhr der Hautererete in den Kleidern, und nicht auch die
der Darmerfrete jyftematifc) betrieben wird. _
Sobald wir die Podenfeuche für eine Woll-, Lumpen-
and Schweihfeuche erklären und in den ungewafeenen Roh
‚wollen die Erzeuger, in den ungewafchenen Wollzeugen die
Derbreiter diefer Seuche erbliden, muß e8 al3 eine naturnoth-
‚ wendige olge des firengen Stleiderregimes erjcheinen, daß in
Barmen, eine Bodenjeuche nicht auffommen Tann,
» XXI Tafel (von ©. Löhnert) zeigt an der Stadt Leipzig
„ben Verfolg der allgemeinen Kinderfterbligjfeit
A. für Kinder von O—10 Yahren,
B. u " „ u
Oel
1. Periode, iftunter der Geifel der Blattern-
"=. inofulation die Zeit der poden-
franfen Schafsfelle für Kinderbettchen,
der Zumpenftauung u. f. w. 1751 bis =
1800 für Sinpchen von 0—1 Jahr, Hocfand der Säugs: -
ASTEINATE
. Periode, Steigerung der DBlatterninofus
lation bei Kindern (vergl. Hufeland)
und bei Lämnmern, fteigende Infici=
. rung mit Podengift direkt und indirekt
» dur die Hausmacherwolle und elle
008 durhimpften Schafsheerden 1781
biz 18000 — — — — —_ — Hödftftand ber
a,
. Periode, Uebergang von der Blattern-
& Impfung zu der weniger fchädlichen
- .. Kuhpodenimpfung 1801—1811 — Sinten ber Säng:
Uingsfterblichfeit.
. PVeriode, podendurchfeuchte Schafsmwol- i
len und Felle fonmen feit 1806 nicht
mehr in den Verkehr; man benüßt.
nur noch entjchweißte Wolle; Bau
wolle und Leinen haben die Wolle
;. „bon dem „‚Kindskorb‘ abgedrängt; die
98.
Wechjelwäfche mit Seife ift. eingeführt;
die Dlatterninokulation hat aufgehört;
die Jmpfipielerei wird nur noch
mit Kuhlymphe getrieben, nicht
mehr mit Meenfchenblatterngift; die
Mütter Fönnen der Mehrzahl nad
ihre Säuglinge no) felbft „Ichänfen“,
e8 gilt noch nicht für unanftändig, 4
wenn eine Hausfrau ihrem Säugling ee
die Bruft reicht (1820—50) — — noch ftärkeres vafches 4
Sinfen ber i
at Säuglingsfterbfichteit. |
5. Periode. Gfeichivie in Veriode 2) das. nu
Impfen der Kindchen mit Menfchen-
blatterngift, fo Hat in der 5. Periode
dad Impfen mit Kuhpodengift über-
handgenommen durch „den indirekten
Impfzwang; die Mutterbrütfte find der
Mehrzapl nad nicht mehr milcher-
giebig, die Säuglinge werden mit
- Surrogaten ernährt; was die Franfe
Kuh, durch Hergabe ihres Bodengiftes
für den Impfunfug. direft und (durch
Einfluß auf die jugendlichen Mild-
prüfen der Mädchen) indireft an den
Säuglingen verbroden, da8 muß die
moderne gefunde Kuh duch Hergabe
ihrer Wild zur Rettung der Mens
jhenfäuglinge (Schweizermildh x. 2c.)
jühnen; diefe Aushülfe erfeist das une
natürlihe Säuglingselend nur zum
xheil. Süäuernde Gummifauger an-
ffatt der natürlichen Bruftwarzen, die
Waffertaufe der Kuhmild wird alfge-
mein; ‚der ntbehrungstod durch
Mangel an Muttermild) Hilft die =
Säuglinge decimiven 1850 bis jeßt — die Gäugfingsfterb-
Lichteit ift wieder _
auf eine erjchredliche
Höhe geftirgen.
Die Sterbecurven von A. (0-10 Sahree) und O.
(1—10 Yahre) auf der nämlichen Tafel zeigen, im Gegenfak :
zu B. (0—1 Yahr), von 1751 bis 1850 mehr ein fietiges
Sinfen der Iahresfterhlichkeit, ein . Zeichen, daß diejenige
99:
Mtersflaffe (O—1), welche man heute wegen ihres Ungeimpft-
jeins in Lächerlicfter Weife als Sündenbod der Bodengefahren
. betrachtet, alle Zeit- für Sterblichkeitsfchwanfungen jehr em-
. pfindlih war, und daß das Geimpftjein nicht nur feinen
' hemmenden, fondern fogar einen fürdernden Einfluß auf das
‚Sterben der Kindehen ausübt.
XXI. Tafel (C. Löhnert): Im den Iahren 186269
.. war das Vocenfterben in 11 preußifhen Negierungsbezirken
bedeutend größer, als zur felben Zeit in Paris; und do ..
eriitirten in Preußen gefegliche Impfbeftinnmungen und wurden
diefelben (8 54 de8 preuß. Negulativs vom 8. Anguft 1835)
ftrenge gehandhabt. Eva S
XXIU. Tafel (E. Löhnert:: Detaillirte Ansrehnung,
nad Driginalmittheilungen des Königl, Schwed. ftatiftifchen
Büreaus in Stocdholm, welche folgende Thatfahen ergeben:
„sn Schweden, — auf deffen Bodenftatiftif die Anhänger
der Impfung fih immer fo gern berufen, — wurde feit 1870.
aus Furcht vor der in anderen Ländern grafjirenden Seuche,
ungemein eifrig geimpft, und zwar in runden Summen:
1860 82,000 Rindehen, oder 710/, der imVorjahr Geborenen
1870 80,000 n
1871 94,000
1372 95,000
1873 105,000
n.-
u"
Im Sahre 1873 wurden. alfo 10,000 Kinder mehr ge-
. impft, al® 1872, was nur dadurch) möglih war, daß man
008 Angft dor dem Ungeimpftfein außer denjenigen Hindern,
welche über ein Jahr alt waren, aud fehon viele von Jen
u Kindchen [hugimpfen Tieß, welche das erjte Lebensjahr no
nicht vollendet hatten. Diefes intenfive Durchimpfen der Ber
völferung von 1873 Hat aber Schweden dennod) nicht ge=
nüßt, dem Schon im Jahre i
- 1873 ftarben 1122 Menfchen und
1874. , 4063. Menjchen an den Boden,
aljo bedeutend mehr noch als. jemals in einem Yahre jeit
1809 und auh mehr als jelbft im den meiften derjenigen
Sahre, in denen man no) die Menjchenblattern inokulirte
(17851798). Wenn nad einer jolden Impfdurd-
jeuchung, wie fie in Schweden in den Jahren 186973
100
ftattgefunden, berjaupt noch Boden-Epibemieen möglih
Jind, ift es do mehr als läherlich, nodh immer von
einem Jmpffhuß zu fpreden - Wir Haben aber in
Schweden nad) einer 4 Jahre lang mit ganz befonderem
Eifer Fortgefegten BVolksimpfung eine Podenfterblichkeit, fo
groß wie fie feit 60 Sahren in Schweden nicht borge-
fommen mar. >
XXI. a zeigt an der Säuglingsfterblichfeit von Stot-
Holm, daß in dem Verhältnig, wie man in Schweden fett
1870 mit dem Impfen in das erite Lebensjahr Hinüberge-
griffen, das Sterben der Kindehen im erften Lebensjahre zus
genommen Hat. In Stodholm ftarben von 3000 Tebend
GSeborenen .
1871 1872 -1873 1974
28 293 324 33%
bor bollendetem eriten Lebensjahre ”
„Sogar die allgemeine Sterblichkeit ift nad) der mehr-
jährigen ungewöhnlich ftarfen Impfdurdfeuhung im Sahre
1874 um ca. 18 Prozent höher, als die durchfchnittliche der
‚4 vorhergehenden Jahre. Alfo die allgemeine Sterblichkeit
nimmt, wie wir Jmpfgegner immer behauptet, mit der
Sinpfung merklih zu, und nit, wie die Impffreunde
‚glauben, ab.“
XXIV. Gruppe don Zahlentabellen {E. Löhnert), melde.
aus der Statiftif de8 Podenjterbens nadhweifen: =
daß ‚„‚jeit Einführung der Jmpfung die Gefahr an Boden
zu Sterben, für Erwadfene immer mehr zunimmt, je mehr
I ©eimpfte unter der Bevölkerung befinden —. wieder
. ein Beweis, daß die Impfung, weit entfernt vor den Boden ee
zu Schügen, im Gegentheil die Weiterverbreitung der Seuche ya
befördert.‘ av
XXV. 5i8 XXVII. Tabellen von Ortsftatiftit und
Drtsjournalen über Podenerfranfen und Podenfterben, in
welchen gezeigt wird, wie lächerlich die Annahme ift, eine
jebesmafige „Anhäufung ungeimpfter Individuen“ im Volke
jet fchuld, daß geimpfte und ungeimpfte Menfchen an Poren
erfranfen und an Poden fterben. (Vergl. Schrift „Auf, der
Unklagebanf“.) u. a
&
En
101
B. Die Bücher, welche ich mit diefer: meiner Denkfehrift
und den Tabellen an Behörden vorgelegt, find:
| Erftens Hufeland und andere alte Bücher und Ber-
zeichniß von Merken aus dem vorigen Sahrhundert, in wel-
Gen deutlich zur Tefer fteht, daß um die Zeit, al8 man auf
da8 Kuhpodenimpfen verfiel, die MenfchHeit tief in den Wahn
bed Jmipfens mit Menfchenblatterngift verfunfen war, und
daß diejes Impfen damals die meiften Podfenepidemieen er-
zeugte; ferner daß das GSinfen der Boden im Anfange ‚diefes
Jahrhundrets damit zufammenhing, daß die Menfchheit fich
vom Menjhenpodenimpfen zum Kuhpodenimpfen befehrte,
gmeitens thierärztliche Literatur, welche die Kuhpoden=
; Smpfung der Thiere als einen gänzlich überwundenen Stand»
punkt. erfcheinen läßt. a
Drittens die neueften Schriften der Jmpfgegner, welche
dem „Ölauben‘ der Xerzte an den SJmpfihut, „‚fonclus
bente‘” Beweife gegen den Ympffchub entgegenhalten; in erfter
‚ Reihe die ftatiftiichen Arbeiten von C, Xöhnert: „Bureau:
fratenftatiftif" und „„Impfzwang“, „Graphiihes ABE- Buch
für Impffreumde”, ‚Na Canoffa.” E
„Anathema sit!“
Der größte Theil der hier verzeichteten Tabellen und
Bücher hat 1877 der Petitions-Commiflion des Meichstages
borgelegen. Herr Dr. Thilenius, Neferent der Commiffion,
gibt in feinem Berichte auf Seite 4 über diefes mein Material
folgendes ausweichende Referat: „er. enthalte fich über die
. zahlreichen Tabellen, welche mit -Höchft anerfennenswerthem
Bleiße« (diefes Lob gebührt dem Herrn E, Löhnert in Chem-
ni) „gearbeitet feien, jedes Urtheils (!), weil er, wie
. Her Didtmann felbft zugeben werde, nicht in der Lage fei,
aus jo umfangreichem Deateriale den Nachweis zu liefern,
‚ baß-es in feiner MWeife geeignet fei, den Glauben“ (gut
‚gewählter Ausdrud; denn auf Wiffen ftüst der Impfzwang
> N.nidhtl) „an den Nußen der Impfung und an die Noth- |
» . wendigkeit der Zmwangsimpfung zu erfehüttern,‘
. Diefes Abprallen der Impfer von unferen Beweisftücfen
‚ hundert mich längft nicht mehr. Denn in Brüffel auf dem
internationalen Gongreß der Hhgienifer waren. diefe Löhnett- |
10%
Ihen Wandtafeln ausgehängt, fie bededten eine große Wand:
fläche, und doc) Hat fein einziger Berigpterftatter jie au) nur
mit einem Wort erwähnt — ein Zeilfen, dag man auch hier .
für die Bedeutung diefer Tafeln noch Tein Verftändniß hatte.
Steihmohl Hingen diefe Tafeln in Drüffel nit „umfonft”,
denn nad Beendigung der Austellung mußte ich für die
Ehre nicht” weniger als 240 Mar — Plagimiethe be-
zahlen — das war der ganze Erfolg! .
. „Auch auf dem Delegivtentage der Aerztevereine zu Düffel-
dorf 1876 Hatte ich die erwähnten ftatiftischen Tabellen , diefe
von den erzten fo fehr gefürchteten Zahlenbeläge aufgelegt,
in der Hoffnung, e8 würde zum Wenigften Einer der Herren
die eine oder andere diefer Arbeiten beurtheilen, angreifen.
Statt deffen wurde die Jınpftheorie in gewohnter Weije dureh
Aklamation zu einem undiskutirbären ärztlichen Lehrfak pro-
Hamirt und die ftatiftifhen Tabellen wurden unbejehen unter _
Öefpötte und Gelächter „abgefertigt“. U. U. mwißelte der
Vereinsdelegirte Herr Dr. med. Sch... über die zahlreichen
farbigen Tafeln, welche er wahrfcheinlich für Ihlecht gelungene -
Dilderbogen angefehen, in folgender unziemender Weife:
„Meine Herren! Wir find Heute Hier mit Folorirter
Statiftif”) vegalivt worden, weldhe anfcheinend dazu beftimmt
üb, recht Har und farf in die Augen zu fpringen. Meine
‚ Herren! Die Statiftif ift kurz dor Beginn der ‚Verhandlung
vorgelegt worden, vielleicht in der Vorausfegung, daß danır -
die Meiften von uns nicht die genügende Zeit haben würden,
nm die gemalte Statiftif genau zu prüfen.
Der Vorfitende der Verfammlung, Hr. Dr. Gr., verftieg
fi in eben derjelben Sikung der Vereins-Delegirten zu der
Ihwachen Schlußbemerfung: **)
_ Herr Didtmann verfucht uns heute mit graphifchen
Darftellungen zu traftiren, er hat e8 abgelehnt, (9) diefe
graphifchen Darftellungen vorher der Commiffion zu übers
reichen, und da ift das Eine Har: er hat ein genaues Ein-
gehen auf diefelben nicht gewollt. Das fpricht doch deutlich
genug." a, diefe Worte des Vorfibenden des Delegirten=
DBereinstages der deutfchen Aerzte fprechen in der That deut-
- fi genug, Die Herren Xerzte wagten damals nicht und
wagten auf dem Congreffe der Hygienifer in Brüffel nicht au
- *) Bergl. Uerztl. Vereinsblatt für Deutichland, Organ de8 beut- f
[ehe Merztevereingbundes 1871, Nr, 51 Iuli, ©. 121, unten linfs,
**) Bergl, ebenbafelbit ©, 122, zeigte, -
103
und twagten im Neichtage nicht und wagen es Heute nicht,
an diefe Tabellen mit einer Kritik. heranzugehen. u!
. Der mebizinijch-ätiolog. DVerein in Berlin, in deffen Auf-
trag id) in der Delegirten-Berfammlung zu Düffeldorf gegen
da8 Impfen prah und jtimmte, war bon allen Aerzte
Bereinen Deutichlands der einzige, welcher an die Stelle des - .
Impfglaubens die exakte Wiffenihaft ‚von den pofitiven Ur:
“ fachen der Poden gejeßt Haben wollte. — Die Delegirten- \
- Zerfammlung ließ aber unfere Zahlentabellen unbefehen liegen
-. amd ging mittel® Abftimmung zu folgender Hiftorisch denf-
würdigen Beichlußfaffung über: „Der deutfche Aerztetag Hält
die gegen das Neichsgefeg in einzelnen deutjchen Ländern
anfgetauchte Agitation für nicht berechtigt und erklärt fich für --
die Aufrecdthaltung des Neichsimpfgefeges.“ So gefchehen
im Jahre des Heil 1877 von der Elite deutfcher Aerzte |
sn weldhem Baffenjungen» Tone nunmehr, nad) diefem
Ärztlichen Concilsbefchluß, die ärztliche Fachprefie über mih
> verlaffenen Impffeger herfiel, möge die gebildete Welt aus
dem. nachfolgenden Pröbchen fahmännifcher Referate über jene
merkwürdige Delegirten-Sigung von Düffeldorf bemeffen::
„Correspondenzblatt der ärztl. und pharmaz. Vereine
Nr. 5, 22. Auguft 1876.
... Ueber PBunft II. der Tagesordnung (Agitation
gegen das Neihsimpfgefeb) erftattete Dr. Braufer ein fehr
intereffantes 2c, Aeferat, über weldhes eine Diskuffion mahr-
jheinlich überhaupt nicht ftattgefunden Hätte, wenn nicht ein
„keramifcher Snduftrieller”, vulgo Tüpfermeifter (1!) (der
. aber gleichzeitig Dr. med, und Ympfgegner ift), ein Herr
Didtmann aus Linnich, den der Berliner med. ätiol, Verein
mit Mandat verfehen hatte, e8 unternommen hätte, die DVer-
‚ jammlung mit den abgedrofhenen Bhrafen ımter Hin-
‚weiß auf eine von ihm aufgeftellte Antiunpfftatiftif zu Lange
& ‚weilen. Bon den Herren Yränfel, Börner, Reclam wurde
.. berfelbe gebührend abgefertigt c.«
Die nächte Zukunft fon wird vorausfihtlid, durch Auf-
Hebung des Impfgefeges obiges Beweisftüd ärztlicher Ver: .
toctheit und Undbuldfamfeit al3 das brandmarfen, was e8
Mt, al8 ein Zeugnik eigener geiftiger Beichränftheit. Denn
‚ daß meine Auseinanderfegungen auf dem Delegirtentage feine
„„abgedrojchene. Bhrafen‘‘ waren, daß die vorgelegte „Antis
impfftatiftil”” andere Leute, welche von Statiftit etwas ver-
..ftehen, nichts weniger als „gelangweilt“ haben — dafür fpricht
©. ber Umftand, daß einer unferer erften Statiftifer, ©. Fr.
.104
Kolb, diefe „‚abgedrofchenen Phrafen,“ aufgegriffen ud ge-
würdigt und meine Anfchauungen. zu den jeinigen _ ge-
mat hat; und ich bin überzeugt, daf Seder, welcher biefe
und meine ziwei anderen neuen Slugjchriften borurtheilsfrei
durchgelefen, dem ‚„‚Töpfermeifter Oidtmanı aus Linnich
mehr Gerechtigkeit wird widerfahren faffen, al8 meine Tieb-
Iojen Coflegen in ihrem blinden Haß gegen meine Reform
arbeiten e8 gethan haben. Die zelotifche Ungezogenheit Einige
ging aber nod) viel weiter: auf einer Volfeverfanmflung zu.
. Vranffurt a. M. wußte fürzlich ein Dr. dl. in einer Impf-
disfuffion bei Nennung meines Namens fich nicht anders zu
helfen, ala daß er mid) als „fo verächtlich” darftellte, „daß
die Collegen mit meiner Berührung ih die Finger nicht bee _
[hmugen wollten!“ Diefe feige Niederträchtigkeit kann nicht
leicht mehr überboten werden; mir fehlt es gfücklicher-
teile an Zeit und Luft, Strafanträge gegen bie zu ftellen,
die, ftatt mich zu twiberlegen, mich nur pöbelhaft verleumden -
und bejchimpfen; aber folhe Gemeinheiten richten fich feldft,
drum ftelle ich fie Hier vor dem Volke an den Pranger als
gehen, daß in vielen Merzten noch jener mittelalterliche
Hohmuth fteckt, welcher in dem diftorifchen Sage fich au8-
‘ fprict: „malo cum Galeno errare, quam Harvey veritatem
amplecti.“ Die hier erwähnten Wahrnehmungen veranlaffen
mic Übrigens zu einigen
Verfönlihen Bemerkungen:
sn anonymen Poftfarten haben „Sollegen‘’ fpöttelnd
mich gefragt, ob auch „Titel und Orden“ in der Budhänd-
feranzeige diefer meiner Flugfchrift mit der Supffrage etwas
zu jchaffen Hätten. An diefe Herren, welche an der buch
händlerifchen Toilette des Titelblattes meiner Schrift Anftoß
| . genommen, muß ich noch einige Worte verschwenden. —
WDiewohl die Art, fi unter Berufung auf die Mit
gliedfhaft „‚gelehrter Gefellfchaften“ u. dergl. - bein Xefee
publitum einzuführen, grade bei ärztlich = literarifchen ‚Autos
ritäten” feine ungewöhnliche ift, und wiewohl e8 fonft nicht
meine Gewohnheit ift, in Leben und Schrift mit Aenperlich-
Teit zu prunfen, fo hielt ich doch, bei dem unmwürdigen Ge-
bahren ftandesgenöffiicher Corporationen in dem Ssnpfitveite,
den Zeitpunkt für gefommen, — tie der Kaufmann jagen
würde, wenn ihm böstwilliger MWeife durch Berläumdung der
Eredit untergraben worden ift — Referenzen‘, aufzugeben.
2 r%
105
Die Medizinalverwaltung, alfo der Stant ftößt mich ab,
Militärverdienften ziveier Feldzüge — von dem fubalternften,
gänzlich coneurrenzlofen Dorfpoften der Medizinalverwaltung
‚jeßt [chen zum Sten Male zurücgewiefen worden, weil, wie
man mir in Berlin im Minifterium fagte, — ich Impfgegner
jei! Mein unentwegterampf gegen die gemeinfte Sorte Aber-
. glauben hat mich alfo für den Staatsdienft unmöglid ge
mad. Das ift das „liberale“ Syftem der „freien Wilfen-
haft im modernen Staat“, (Virchow) welches da jagt: Lieber:
feine Dorfphyfici, als folche, die nicht an den ‚smpffegen
glauben! Diefes Beifpiel vom Hochhängen des Brodforbes
In der Medizinalverwaltung gegen die, welche ‚der herrfchenden -
Strömung der Wiffenfchaft nicht pariren, fondern freimüthig
gegen eine parlamentarische Vergewaltigung der willenfchaftlichen
Sorfhung angehen, will ich der Nachwelt erhalten! Wenn
ih meinem Namen auf dem Zitelblatte „Titel und Orden“
beifege, jo will ich vor meinen Lefern ale freier Mann
dem Medizinalbrodforbgefeg meine frühere ftaatliche Anerz '
femung al8 Gegengewicht gegenüber hängen, damit, nad
ben baldigen Sturze des Zmpfziwanges, das Volk aus diejem
, Öegenfage erkenne, wie der Staat den aufopferndften Leher-
zeugungsfampf gegen einen befeftigten Aberglauben demjenigen,
dem er früher Berdienfte und Auszeichnungen zugejprochen,
I geiten der Verfolgung der Wiffenfchaft mit Undanf
lohnt! — 5 zul
. Einflugreihe Sanitätsräthe haben über mich wie über
einen Standezabtrünnigen eine Art Interdift berbängt, Huben
answäÄrtigen alten Freunden und Collegen den Umgang und
. Briefwechjel mit mic als eine Sache der Standesehre zu ders
bieten verfucdht (find aber gebührend „abgefertigt”” worden!).
su Ermangelung wiffenfchaftliher Waffen gegen mich hat man
fh nicht gefjäint, in der Fachprefje und in öffentlichen Ber-
. jemmlungen bei jeder Gelegenheit, tie oben gezeigt, diefe un
; enllegiale Berfehmung meiner Berfon dem Rolfe fundzuthun.
Weil ih zum Wohle des Volkes c8 gewagt. das don „‚Auto-
‚ritäten“ geheiligte Privileg de8 Impfens etwas unjanft
anzıttaften, drum joll und muß id bei den Collegen
und beim Bolfe um jeden Preis fo Schlecht tote mög-
{id _ gemacht, als ein Hergelaufener Standesabtrümiger,
als Ouerulant gejchildert werden. Ad majorem vaceina-
‚ tionis gloriam jchredte man, in dem befchämenden Gefühle
‚eigener wifjenfchaftliher Beweisarmuth, jogar vor einem.
id bin —'troß. beiten Qualififationszeugniffen und troß den
106
öffentlichen Befihimpfen und Verläumden nicht zurüd. — Als
id) 1876 al8 Delegirter des medizinifch-ätiologischen Vereins
zu Berlin meine Xegitimationspapiere dem Ausfhuffe der
Delegirten =» Berfammlung eingereicht hatte, da fihienen
einige Zionswäcter meine Wahl als Impffeber in ein ärzt-
liches Koncil für ein Berjehen zu Halten; denn der
Vorftand des Werztevereinstages jah fi) vermüßigt, meine
.. Zulaffung jo lange zu beanftanden, bis er dem medizinifch-
Ätiologifchen Vereine in Berlin” verbliimt jeine Mißbilligung
über meine Wahl ausgebrüdt und gegen allen Brauch meine
bezweifelte Legitimation noch befonders Hatte beftätigen Laffen.
Soldem unmwürdigen Gebahren gegenüber in einem fo ernjten
und leider jo umngleichen voiffenfchaftlichem Kampfe war eg
nur Sampfestaftif von mir, daß ih durch Berufung auf
meine Ehrenmitgliedfchaft (vergl. Titelblatt) die. Nod-
jhöße des medizin.-ätiol. Vereins nicht Ioslies, eines Vereines,
welcher noch) biS heute e8 nicht bereut Hat, mich zu feinen
Chrenmitgliede ernannt und mic im Sabre 1876 mit der
Vollmacht; gegen den Impfzwang zu proteftiven, zum Dele-
girtentage der Aerzte entjandt zu haben. —
>.,3% fann mid) übrigens tröften — die Gefhhichte der
Heilkunde ift ja überreich an Beifpielen ärztlicher Verketgerung u
derjenigen, die Über ärztliche Dogmen, fo hinfällig diefe au -
waren, anders dachten, al3 der Troß der Aerzte lehrtel Im
dem jedeönaligen Kampfe um’3 Dafein folcher Dogmen hat
Einer ftets nod; Verfolgung erleiden, Mancher auch, ehe beffere
Erleuchtung über die ärztlichen Dogmatifer am, der Ueber:
macht unterliegen müffen. Vor dem Ietteren Schidfale bes
wahrt uns im Impffampf die Klarheit unferer mathematifchen
Deweife gegen das Impfen! unterliegen werden wir Jmpfe
geguer jo wenig wie weiland die Gegner des Aderlafdampy-
rismus; die Frage ift ur: wann wir fiegen! Re
_ Gegenüber dem fanatifchen Beftreben der Gegner, das
Bild meiner Berfon und BerufstHätigkeit bi3 zur Unfennt- :
lichkeit („„Zöpfermeifter‘‘ nenne mich die Collegen) in Wort
und Schrift zu verunftalten, it mein „WUufgeben von:
Referenzen‘ bei meinem Namen auf dem Titelblatte aller-
dings hier mehr als fonft gerechtfertigt. ES& follen nämlich
diejenigen Lefer, welche mic) nicht perjönlich Fennen, aus ver
fäßlicher Leute Uxtheil und aus der ftaatlichen Anerkennung
don früher gewahr werden, daß der Verfaffer diefer Schrift
dem doc der Vagabund nicht ift, als melchen einige blind-
impf>gläubige Zeloten ihn dem Bolfe darzuftellen verfucht Habe.
Gegenwärtiger Stand meines
Impfkampfes,
Hr ee Antwort auf Sife meine Kechtfertigungsichrift
erfolgte — vie id) vorausgefehen — bon Seiten der Behörde
jofort meine unmofinirte Amtsentfegßung al8 SImpfarzt
der Stadt Linnihd — aljo fchon die zweite Anwendung -
eines Brodforbgefeges gegen mich .Smpfleger. Es fehlt noch,
. daß mir wegen meiner Hartnädigen Lengnung des Impf-
- Schußes audh die Ortsarınenarztftellen hier und in den
. Nahbardörfern entzogen werden. Wenn das „freie Wiffen-
Ichaft im modernen (liberalen) Staate“ Birdow) it, dann
möchte ich wiljen, wie die unfreie Wifenihaft im modernen
Staate ausfieht. Schade für meine Gegner, daß fie Fein
. Mittel Defizen, mid) Impfichußleugner aus dem ärztlichen
. Stande hinaus zu excommuniziven, mirdas Doftorat abzuer-
fennen! — wer weiß, das mag vielleicht auch noch Tommen !
ber das Maaß der Anfeindungen gegen mih, — der
ib do nur den vom Gefet angetafteten Ruf der un-
chuldigen Säuglinge retten will — war no nicht boll. Ein
‚zweiter. Schadhzug ‚folgte: Ein Yerthumsfall, ein leichtes
"DBerjehen, wie es in der Impfpraxis alltäglich vorkommt,
„wurde von den Behörden aufgegriffen und gegen mid) als
‚Handhabe benußt, mic) unter den Berdacht des Betruges zu
‚stellen und eine Unterfuchung gegen mid) einzuleiten, welche
eventuell mir die Ausficht bietet, auf zwei Jahre in’8 Gefäng-
ni ‚zu wandern.
Be 3 meiner diesjährigen eifte der Impflinge ftehen näm=
is; fich zivei Kindehen gleichen. VBor- und Zunamens P. U., das
eine war don ntir geimpft worden, fein Doppelgänger dagegen
108
nit, der Name des eriteren war als ‚geimpft in die Lifte "
eingetragen, der gleichlautende Name des letteren nicht. Zwei
Monate nad) dem Impftermine fchiete ih, — Über meine
Verpflihtung al3 Impfarzt Hinausgehend, — meinen Lauf-
birihen zu den Eitern der Junpfreftanten, — unter welchen
auch der erwähnte ungeimpfte Doppelgänger desB. U. war,
— mit “einer lebten Aufforderung zum Jmpfen. Der
Burjche vertvechfelte aber die Elternuamen, und ich erfah in
‚ der That aus meinen Notizen, daß die Antwort, das Kind
P. U. fei längft von mir geimpft mworden, zutreff.e Im
meiner ivrthümlichen Annahme, ich, hätte den Namen in die
Lifte einzutragen vergefjen, konnte ih nicht anders als beit :
Namen des geimpften P. U. nahträglich noch einmal als
„geimpft bei dem Doppelgänger eintragen umd den Eltern
den. Impfihein ausftellen. Diefer Schein gelangte aber
an die umrichtige Adreffe, an den Vater des ungeimpften
Kindes PB. U. Diefer, welcher fein Hind nicht geimpft
wiffen toollte, Lieferte den bermwechfelten Impfichein an die
Polizei zurüc, welche denfelben, weil auf Srrthum be-
ruhend, der bereit3 eingelieferten Impflifte Behufs Corri-
girung nachfandte. Ir allen derartigen Fällen ift es fonft
allenthalben Brauch und verlangt dies auch fchon die
Ahtung vor dem ÄrTztlihen Stande und feinen
Zrägern, daß an den Ausfteller der Jnpfliften um Auf
. Härung über den Sachverhalt zurüdgefragt wird. In meinem
Valle aber übergab die Königl. Negierung die bezüglihen
Papiere ohne Weiteres dem Oberprofurator mit dem Auftrage,
gegen mich und die intereffirten Eltern des PB. U. die Unter
Tuchung einzuleiten, ob meinerfeits nicht ein Ber-
gehen gegen$ 278 de8 Strafgefeßesporliegel!! Zuerft
wurde, ohne mein Vorwiljen, der Vater des betr. Säuglings
verhört, und dann erft wurde ich zu Protokoll vernommen!
Der $ 278 de3 Strafgefegbuches lautet: ie
„erzte . . ., welche ein unrichtiges Zengniß über den
Gefundheitszuftand eines Menjchen zum Gebrauche bei einer
Behörde... . wider befferes Willen ausftellen, werden
mit Gefängniß bomeinem Monat bis zu zwei Iahren
beftraft.” « Bea:
Wem ich alfo nicht in’s Gefängniß wandere, fo habe -
ic mich dafür bei unferer Medizinalbehörde nicht zu bedanken;
nur mein mafellofer Nuf als Impfarzt wird den wohlge
‚ zielten Anfchlag gegen mich vereiteln, Die beifpiellofe .
Unterfuhung wird aud) den Leifeften Verdacht. des Betruges er
| 109°
befeitigen, dagegen wird da8 odium de3 ohnmächtigen DVer-
juhes, mich als Zmpfleger auf diefem Wege unjchädlich zu
machen und mir meine bürgerlichen Rechte zu nehmen, auf
meinen Gegnern für immer haften bleiben.
Aber ich jollte meinen, diefe Art, einen unbeichoftenen
‚impfenden Arzt wie einen Preußen 2ter Klaffe unter Polizei-
‚ Aufjicht zu halten, märe bejchämend für die .gepriefene
Birhow’fche „Freiheit der Wiffenfchaft im modernen Staat“.
Das Anrufen des Staatsanwaltes gegen mid, wo cs nicht
am Plage ift, muß den Nerzten, welde Verjtand und Herz
auf dem rechten Sled haben, zu denfen geben. Wenn jedem Arzte,
welcher impft, bei feinem färglichen Impfjolde, auch noch für
die, alltäglichen Meißverftändniffe das Damoflesichwert des
. Betrugverdachtes über dem Haupte hängt, dann find die -
Härten des Impfgefetes, welche in der Verantwortung des
„2 Smpfarztes gegen das Publikum liegen, die ‚aliamılen, die
„‚gehäffigften noch) lange nicht.
As im vorigen Jahre eine Oberpoftdireftion in einer
Verfügung die Beınerfung fallen Tieß, die Poftbeamten fünnten -
‚Tich don Werzten leicht Atteite derfchaffen, da verjehworen
‚einer jolchen zweidentigen Unterftellung gegenüber die Aerzte
fi) in pleno den Boftbeamten feine Utejte mehr auszu=
ftellen; und doch war jene Unterftellung, im Vergleich zu dem
Unterfuhungsverfahren, weldes gegen mich auf $ 278 des-
‚Strafgejeßes eingeleitet ift, nur eine harmlofe Bemerkung.
‚Sur die Art, wie man in mir den Impfarzt und feine
- Standesehre unter -die Süße tritt, werden die Collegen -—,
‚da der Schlag ja nur einen impfungläubigen Collegen trifft,
. — fein Wort der Entrüftung haben; fie impfen ruhig weiter,
‚wohl wilfend,. daß gegen fie, wenn fie noch jo viele Berz
- jehen in ihre Liften haben, der Oberprofurator nicht aufges
‚boten wird. — Na zwanzig Jahren wird. über . diefen
meinen Yal das Urxtheil der Aerzte ein ungetheiltes fein;
heute dagegegen fieht man in mic no) mehr den Reber, als
den Collegen und? — man gönnt mir bon Herzen dieje'
Derfolgungen!
Ale Die meiner Perjon beftätigen übrigens
nur den Ausspruch des Herin Profeffors Dr. Ad. Vogt aus
Bern über das „Fortfchleppen hergebradjter Irrthümer in der
Heilkunde‘: ‚Wie jede vorgefaßte Meinung, wenn fie im
KRampfe den foliden Grund der Logik unter fi) wanfen fühlt;
den Zräger unwillfürlic zum Banatismus und zur Ver-
: gewaltigung des Gegners drängt, fo Hat aud) .gegen-
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wärtig die AImpffrage diefen bedauerlichen Charakter ange-
nommen, Schon der Zweifel an der herrjchenden Anficht,
daß der Nuten der Sınpfung umiderleglich bargethan fei,
genügt, den Zweifler als unruhigen Kopf oder
Rrahfehler anzufehen.”
Sch glaube die Lejer Haben genug, um einzufehen, daß
der Kampf, den ich gegen einen Tegitimirten Aberglauben
führe, bei der Hebermacht meiner Gegner und bei der Wahl
ihrer Kampfmittel ein Kampf auf Leben und Tod, ein Kampf
um meine perjönliche Ehre und um die wahre Ehre unferes |
Standes geworden it. Der Staat und die „Wiffenfhaft,”
tief für die Sirlehre engagirt, wollen nicht nachgeben, °
ich, der ich die Statiftit für mich habe, ich willund fann nicht
nachgeben, e8 jei denn, daß man Einem, der einen Dfen fhwarz
fieht, zwingen fünnte zu glauben, der Ofen fei nicht fchwarz, :
jondern weiß, Das rüdfichtslofe Vorgehen der Regierung
und der „Wiffenichaft” gegen mic Hat alle Brücken abge-
brochen, welche noch zu. einer wiffenfchaftlihen BVerftän-
Ye, may I tg ae
impfgegnerifche Argumente Aug umd Ohr verfchließen. Die
smpffrage ift aus einer ftatiftifch twilfenchaftlichen Frage eine
plumpe Macht-Frage geworden. — E8 würde mic; nit ..
wundern, wenn demnächlt im „intereffe der „‚Wiffenichaft
alle Polizei-Infpektionen und Bürgermeiftereiämter angewiefen
würden, mir feinen Einblid mehr in die lirpodenliften zu ge»
Ttatten; denn jede neue Enthüllung einer Ortspodfenftatiftil wird
für mid zu einer neuen mathematischen Waffe, welche meine
Gegner im Impflampfe jchlägt. So Fann id) inmitten der
fanatifchen Berfolgungen, die ich mir durch mein Anfämpfen -
gegen den Impfwahn zugezogen, nit Du Bois-Reymond fagen:
„Während ich oft meiner ganzen Willensftärfe bedurfte,
um froß der Ermüdung, die aus der Einförmigfeit meiner -
u Arbeit entjprang, bei der Stange zu bleiben, fchalten mid) 4
ver
Leute einfeitig, welche von Höhe und Umfang und den aller»
- märts fi) verzweigenden Beziehungen meiner Aufgabe feine
Ahnung hatten,“
- (Du Bois-Neymond gefammelte Abhand-
lungen zir Musfel- undNtervenphufil.)
Uber, jagt PB. Cornelius,
„Ungefiraft blieb nie ein Deutjcher, ber nad männlich Hohem ringe .
Und da8 große Heer der Grauen aud dem Ejelötrabe bringt.“
Fährt der Staat fort, mir den Brodforb noch Höher zu
hängen, dann tröfteich mich mit Lichtenberg: , BomWahrfagen +
Läßt fich wohl leben in der Welt, aber nicht vom Wahrdeitjagen.“ es
Wegen Sälfhung als Impfarzt |
! in Derdadt gehalten.
; MWagrend des Drudes diefer Schrift wird die Unter»
judhung, ob ich vielleicht gegen 8 278 des Strafgejebes ge-
jrevelt, mit dem ganzen gerichtlichen SInquifitionsapparat
gegen mich fortgefegt. Xrogdem in diejfer aufgebaufchten
Bagatellfadhe durch die Vorunterfuhung, dur meine und der
. betheiligten. Jmpflingseltern VBernehfmung nicht allein nit -
feftzuftellen war, daß ich gegen befferes Willen einen Jmpfz -
Ichein ausgeftellt, vielmehr feftgeitellt worden ift, daß bei
meinem Ympficheindupfifat Schon die Unterftellung eines Be=
‚trges eine unberechtigte war, ruht die gerichtliche Inquifition
jo mafellos daftehe, weil ich einmal der Träger der Impf-
oppofition bin, um jeden Preis zu einem jchlechten Menfchen -
gefteınpelt werben.
g Um 5. Dezember d. %. wird mir das nachfolgende
nr: u. zur HL zugeftellt:
. „Aldenhoven, den 5. Dezember 1877.
Herr DBürgermeifter Anenarius in Linnid).
5 Hm der bon Ihnen zufolge Auftrages des Königl. Herrn
Oberprofurators Stattgehabten Vernehmung des Dr. Didtmann
.. reip. Protokoll vom 26. Nov. cur. hat derjelbe ‚angegeben,
daß er einen Boten mit der Rejtantenlifte der noch zu impfen -
den Rinder gejchiet habe, um die betr. Eltern anfzufordern,
gegen mich nicht; ich muß, wie e8 feheint, und wenn ih noh
ihre Kinder impfen zu laffen. Der betr. Bote ift nicht nam»
haft gemadt. Ich erfuche venfelben zu ermitteln und jodann
» 1. den ermittelten Boten, i
2. Sofeph Ubaghs, Wirth,
3. Beter Ubaghe, Aderer zu Linnich,
112
3 ihrer Vernehmung auf Dienstag den 11., Vormittags 11
Uhr, auf das Nathhaus dafelbft gefälligft beorden zu faffen.
Sriedensrihter Emg."
“ Hufruf. e
Collegen amd Arrztevereine! -
3, der ich 14 Zahre Lang in 6 Ortfhaften mit der
peinlihften Gewiffenhaftigfeit Impfarzt war, auch der bür-
‚gerlichen Nechte noch nicht verluftigt erklärt bin, ich, der ih
‚ aus meinen ftatiftiichen Forfehungen in ‚den Urpodenfiften
einen Einblid genommen in zahllofe wirkliche, grobe ärzt-
lichen Irrthümer im Eintragen, — id) werde Heute wegen
eines harınlofen Mißverftändniffes in Ausfertigung eines
supfieinduplifates in der Heinlichften Weife wie ein ehr-
fojes Yubividuum unter Vetrugsverdacht geftellt, wohl
nur weil ich mit fiegreichen Waffen den Impfaberglauben
‚befümpfe, Diejes Attentat auf die Ehre des ürzt-
lihen Standes fteht in der- Gefhihte der Hei
tunde unübertroffen da! ch, der ich mich eher beftrafen.
gelaffen, daß ich meine eigenen Kinder durch ein Atteft vom -
abe Eh En En a SE a En a Rn ie EN,
Sinpfswang zu befreien verfucht Hätte, der ich als Impfarzt
; die Smpffäumigen von Haus zu Haus auffuchte, auf daß fie -
dem Gefege nadfommen follten, ic) Hätte dem Säuglinge
einer Yamilie, mit welcher ic) nie verfehrt, deren Wohnung
‚ich nie beiveten, die ich nur dem Namen nach gefannt, ganz
finn- und planlos einen falfchen Schein ausgefteltt! Wäre
Ah eines folden mehr dummen, als fchlechten Streiches fähig,
daß ich einen mir fremden Mann, der nichts Eiligeres zu
tun hatte, als meinen Schein dem Herin Bürgermeifter
. zurüdzugeben, einen falfhen Schein zu Schreiben, dann möge
man mid fürs Irrenhaus, aber nicht fir’s Strafgefetbud),
nicht für's Gefängniß veif erlären! |
Geehrte HH. Eollegen! Meinem am 26. November im.
Berhör abgegebenen Wort als vereideter Arztift fein Glauben
gejchenkt worden, Man will gegen mic) aud) noch meinen
eigenen Laufburfchen verhören. Wenn diefes präcedenslofe
Disciplinarverfahren gegen mich nicht bloß ein. Ansdrud des
‚ „modernen ärztlichen Stegerhaffes fein foll — dann Fanıı jedem
113
= bon Shnen, wenn .er fich in Ausübung der undanfbaren Details :
des Jınpfgefchäftes nicht ganz unfehlbar fühlt, die nämlide -
- Shmad bevorftehen! Denn tie felten läuft ein Impfbericht
ohne „Monita“ ab. Was aber bei anderen Jmpfärzten EN
.ftet3 durch „Monita“ erledigt wird, das ift bet mir zu...
einer Sfandalanklage auf Fälfchung aufgebaufcht worden.
Öelänge e8 der gerichtlichen Unterfudung, welde im vollen. '
° Schmwange ift, und. deren Gang zu. beeinfluffen ih unter.
„meiner Würde Halte, duch negativen Zeugenbeweis in.
meine Handlungsweife eine bewußte Zeugnißfälihung hinein»
zutragen und mic ale Impffeger unfchuldig auf 2 Jahre in’s
Gefängniß zur werfen, dann Tefen Sie die Gerichtäverhandlung
und fällen als Collegen Ihr Urtheil über mich!
Hiermit im Voraus mein Chrenwort al8 Collega, ich
u habe in gutem Glauben nur ein geimpftes Kindden PU.
und fein ungeimpftes Kindchen P. U., und zwar ohne e8 zu
wifje, allerdings zwei Mal in die Lifte eingetragen — ein
Verjehen, welches bei diefer Sachlage jedem von Ihnen bes
gegnet wäre, ohne daß ein Hahn danach gefräht Hätte. Wie
‚ aber die Namensperwechjelung des Vaters des Doppelgängers
in berifte möglich geworben, wie der mir unbefannte Vater
des nichtgeimpften Kindes in Belt des Impffcheines gefommen,
dabon habe ih — der ich neben meinen ernjteren wiffen-
- Ichaftlichen Arbeiten derlei Kleinigkeiten nie beachte — Teine
Ahnung, Genug, mein Ehrenmwort als Arzt, als
Impfarzt vor aller Welt: Ich fenne mich frei und er»
Häre jedwede Unterftellung, ich Fünnte die Iınpflifte gefätfcht
haben, Angefiht3 der offenliegenden Thatfachen für einen
brutalen Alt der Verfolgungsfucdht meiner Widerfacher, für
‚das unedelfte Geftändnig ihrer Ohnmadit iin Impflampfe.
"Werde ih von dem Verdacht auf Fälfdyung freigefprochen,
— ter entjhädigt mi für die maaßlofen Verfolgungen,
welche gegen mich angezettelt werden?! '
Geehrte Herren Gollegen! Ich weiß, daß Sie in dem
Sulturfampfe gegen die Impfung, deffen Wogen heute höher ; Br
gehen, alö je zubor, zum größten Theile nicht auf meiner
Seite, vielmehr mir al3 Gegner gegenüber ftehen!. Aber allein
fiehe ich heute Schon auch nicht mehr; die Schaar der Xerzte,.
die auf meine Seite treten, und Impfgegner werden, wählt
bon Woche zu Wohe;-und mern Heute eine der erften Aufo= a
‚ ritäten der Statiftif, Fr. ©. Kolb, die Podenftatiftifen der
-. smpfgejegmotive jammt und fondees für nichtig erklärt, wenn
\ ber Reichstag jelbft (vergl, Commiffionsberiht Nr. 176 von
114
1877). feine eigene Statiftif über Bord geworfen hat, danı
muß der Mediziner, ohne darum von Staat und Collegen :
als ein Verfehinter traftirt und verfolgt zu werden, das
-Dogma vom Impfzauber doc wenigftens öffentlich bezweifeln
und gegen daffelbe jchreiben dürfen. ee
Sch proteftire Hiermit im Namen der „freien Wilfen-
Ihaft im modernen Staat” und im Namen der ärztlichen
Standesehre gegen den über mich mit den Haaren herbeiger
zogenen, gegen alle pfychologifchen Begründung eingeleiteten
Verdacht auf Fälfhung! Das fehlte noch, dakich die Nach-
richt don dem beborftchenden Sturz des LInpfgefeßes im
Kerker vernehmen müßte!
Die Ausficht auf die gegen mich erhobene fchwere An-
tage auf Zeugnißfälfchung war die Urfahe, daß diefe
Schrift jpäter erjcheint, als angekündigt war. _
At den Leier:
Mer gegen Boftnahnahme der Koften zum Beften der Agitation
gegen den Smpfzwang die nun zunäcft folgende Flugichrift zu er-
halten wünfcht, möge diejelbe fchon im Voraus beitellen, damit nad
den einlaufenden Aufträgen die Größe der Auflage für den Drud
- bemefjen werde. BR
Am