Skip to main content

Full text of "Organisation, systematik und geographisches verhältniss der infusionsthierchen. Zwei vorträge, in der Akademie der wissenschaften zu Berlin gehalten in den jahren 1828 und 1830"

See other formats


r3G ' 


4-p  ^   $■ 


* 

> 


^^^5^ 

m^^m^ 

^^^^S 

^^^^^ 

□ 

^= 

o 

ÜJ 

^^^^g 

□ 

g 

kr1 

CD 

□ 

-_— .g 

O 

-C 

HOl 

1 

^J 

Ln 

Lü 

*^^^^ 

0= 

— — — 

□ 

■    ^^MM 

^^S^ 

' 

^^^^ 

^^^S 

fit; 


Organisation, 

Systematik  und  geographisches  Verhältnifs 

der 

Infusionsthiercheru 


Zwei  Vorträge, 
in  der  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin  gehalten  in  den   Jahren  1828  und   1830 


€.  G.  EHREXßERK. 


Mit  8  Kupfertafeln  in  Folio. 


Non  fumum  ex  fulgore  sed  ex  fumo  dare  lucem! 


Berlin. 


Gedruckt  in  der  Druckerei  der  Königlichen  Akademie 
der  Wissenfchaften. 


1830. 


In  Commitsion  bei  F.  Dümmler. 


Die 

geographische  Verbreitung  der  Infusionsthierchen   in 

Nord -Afrika  und  West -Asien,    beobachtet  auf 

Hemprich  und  Ehrenbergs  Reisen, 

mitgetheilt 


C.  G.   EHRENBERG. 


/VWV  WA  W*  V\/»V\» 


[Gelesen  in  der  Akademie  der  Wissenschaften  am  10.  Januar  1823.] 


u. 


nter  die  wissenschaftlichen  Aufgaben,  welche  ich  mir  bei  meinen,  auf 
Veranlassung  und  durch  Unterstützung  dieser  Akademie  mit  Dr.  Hemprich 
gemachten  Reisen  in  Afrika  und  Arabien  zu  lösen  vorgenommen  hatte,  ge- 
hört auch  die  der  geographischen  Verbreitung  jener  kleinsten  Organismen, 
welche  unter  dem  Namen  der  Infusionsthierchen  bekannt  sind,  und  ich 
wähle  diese  erste,  bisher  nie  in  andern  Welttheilen  aufmerksam  beachtete 
Stufe  der  organischen  Bildungen  zum  ersten  zoologischen  Gegenstande  mei- 
ner Mitlheilungen.  Im  gewöhnlichen  Leben  hat  man  freilich  für  diese 
Thierchen,  die  man  mit  blofsem  Auge  nie,  oder  doch  nie  deutlich  sieht, 
wenig  Interesse,  allein  dies  ist  nur  eine  Folge  der  Unbekanntschaft  mit  den- 
selben. Das  Interesse  für  sie  wächst  immer  mehr,  je  specieller  man  ihre 
Existenz  und  Eigenthümlichkeiten  ins  Auge  fafst.  Schon  Leuwenhoek 
berechnete,  dafs  in  der  männlichen  Milch  eines  einzigen  Fisches,  in  der 
niedrigst  zu  stellenden  Zahl,  sich  mehr  Lebendiges  finde,  als  die'Gesammt- 
zahl  der  Menschen  auf  der  Erde  dreifsig  mal  genommen  beträgt.  Ich  selbst 
erkenne  Monaden,  welche  ein  -j^ö  bis  "^o  einer  Linie  im  Durchmesser  ha- 
ben, und  so  dicht  gedrängt  bei  einander  leben,  dafs  ihre  Zwischenräume 
kaum  gröfser  sind  als  ihre  Durchmesser.  Es  läfst  sich  leicht  berechnen,  wie 
viel  ein  einziges  2  Fufs  tiefes  Wassergefäfs  mit  längere  Zeit  ruhig  stehen- 
dem Wasser,  wie  wir  z.  B.  dergleichen  zum  Feuerlöschen  bei  den  Woh- 
nungen sehen,  deren  unter  den  nöthigen  Bedingungen  enthalten  müsse.  Jede 

A 


3  9 


2  Ehrenberg  :  die  geographische  f^erbreitung 

Cubiklinie  wird,  nimmt  man  sie  auch  nur  zu  ^  ihres  Raumes,  mit  Thierchen 
erfüllt,  500  Millionen,  jeder  Cubikzoll  aber  über  800,000  Millionen  Thier- 
chen enthalten.  Sind  in  jenen  Wassergefäfsen  6  Cubikfufs  Wasser,  so  be- 
stehen diese  aus  1036S  Cubikzollen,  oder  fast  18  Millionen  Cubiklinien,  und 
da  in  jeder  einzelnen  derselben  500  Millionen  Thierchen  leben,  so  enthält 
jener  Raum  9000  Billionen  lebendiger  Wesen,  und  ein  einziger  davon  unter 
das  Microscop  gebrachter,  eine  Cubiklinie  grofser  Tropfen  enthält  deren  500 
Millionen,  gerade  soviel  als  es  den  nicht  überschätzenden  Berechnungen  zu- 
folge, Menschen  auf  der  ganzen  Erde  giebt.  Man  denkt  sich  nun  die  Zahlen 
der  lebendigen  Körper  eines  stagnirenden  Grabens,  man  denkt  sich  mit  die- 
sem Leben  im  Sommer  dicht  erfüllte  Teiche  und  Seen,  und  endlich  beachtet 
man,  dafs  zwei  Drittheile  der  Oberfläche  unseres  Erdkörpers  von  Wasser 
bedeckt  wird,  welches,  wie  in  der  neuern  Zeit  die  Beobachtungen  des  Capi- 
tains  Scoresby  wieder  bestätigen,  selbst  als  Ocean  häufig  fähig  ist,  die  Ent- 
wicklung ähnlicher  Organisationen  zu  begünstigen,  so  erhält  man,  auch  bei 
höher  angenommenen  Gröfsen  und  Zwischenräumen  dieser  Thiere,  ein  Re- 
sultat, welches  die  Masse  des  organischen  Lebens  als  unermcfshch  und  für 
den  Ausdruck  unerreichbar  fühlen  läfst,  aber  jenes  unscheinbare,  nur  dem 
bewaffneten  Auge  des  Naturforschers  sichtbare,  in  zahlloser  Menge  ver- 
streute Leben  erhält  auch  die  Bedeutung,  welche  sie  zu  einem  besonders 
würdigen  Gegenstande  einer  wissenschaftlichen  Forschung  erhebt. 

Die  Wichtigkeit  der  Erforschung  und  fortdauernden  Beachtung  der 
Formen  una  Bedingungen  dieser  zahllosen  Menge  unserm  gewöhnlichen  Ge- 
sichtskreise unerreichbarer  lebendiger  Wesen,  welche  die  Zahl  der  sichtbaren 
so  unendlich  übersteigt,  wie  die  Sternenzahl  der  Milchstrafse  des  Himmels 
die  dem  gewöhnlichen  Auge  offen  liegenden  Sterne  ins  Unzählbare  übertrifft, 
und  deren  Existenz  für  die  Öconomie  der  Natur  vom  entschiedendsten  und 
gröfsten  Einflufs  sein  mufs,  ist  auch  seit  den  ersten  Zeiten  der  Entdeckung 
des  Microscops  eingesehen  worden.  Denkende  Gelehrte,  denen  die  Erklä- 
rung der  Lebenserscheinungen,  die  Auffindung  ihrer  Bedingungen  und  die 
Feststellung  des  Begriffs  des  Lebens  am  Herzen  lag,  haben  sich  schon  früh 
bemüht,  das  unter  dem  Schleier  der  Kleinheit  verborgen  wirkende  riesen- 
hafte Leben  ans  Licht  zu  ziehen  und  genau  zu  beachten.  In  der  neuesten 
Zeit  ist  man  sogar  vielseitig  auf  das  Resultat  gekommen,  dafs  hier  wirklich 
die  Werkstätte  der  bildenden  Natur,    der  Anfang  und  das  Ende  aller  Orga- 


\ 


der  Infusionsthierchen  in  Nord- Afrika  und  West- Asien.  3 

nismen  sei.  Alles  Organische  soll  in  diese  Monaden  wieder  zerfallen,  ohne 
je  zu  sterben,  und  aus  diesen  unsichtbaren  und  unscheinbaren  Infusorien  soll 
sich  durch  Verschmelzen  mehrerer  zu  gröfseren  Formen  allmälig  alles  Orga- 
nische bilden,  selbst  der  Leib  des  Menschen  soll  ein  Haufe  solcher  Mona- 
den sein. 

Ohne  mich  dieser,  nicht  der  Beobachtung,  sondern  der  vorgreiffenden 
speculativen  Philosophie  angehörigen  Meinung  anzuschliefsen,  habe  ich  mit 
dieser  Einleitung  und  Erinnerung  an  bekannte  Meinungen  und  Verhältnisse 
nur  den  Gesichtspunkt  bezeichnen  wollen,  aus  welchem,  was  ich  vorzutragen 
gedenke,  hervorgegangen,  und  es  ergiebt  sich  aus  derselben  neben  der  all- 
gemeinen physiologischen  Wichtigkeit  des  Gegenstandes,  noch  die  besondre 
Wichtigkeit  der  Beantwortung  der  Frage: 

,,Ob  die  Formen  der  Infusionsthierchen,  welche  bei  uns  die  Gewässer 
, ,  ins  Zahllose  erfüllen,  und  demgemäfs  den  Urstoff  der  organischen 
„Schöpfungen  bilden  sollen,  in  allen  Welttheilen  dieselben  sind,  oder 
,,ob  mit  der  Verschiedenheit  der  grüfsern  Naturkörper  nach  den  Cli- 
,,maten,  auch  eine  Verschiedenheit  der  kleineren  Lebensformen  beob- 
achtet werde,  welche  letztere  denn  einen  Zusammenhang  mit  den 
,,ersteren  haben  könnten." 

Je  angelegentlicher  ich  mich  demgemäfs  mit  dem  angegebenen  Gegen- 
stande beschäftigt  habe,   desto  gröfser  fand  ich  aber  die  Schwierigkeiten,   zu 
befriedigenden  Resultaten  zu  gelangen,    welche  besonders  darin  lagen,    dafs 
ich  immer  mehr  einsah,   dafs  die  bisherigen  systematischen  Formbestimmun- 
gen der  Infusorien  viel  zu  wenig  auf  richtigen  festen  Grundsätzen  beruhten. 
Dessenungeachtet  habe  ich  die  Beobachtungen  fortgesetzt,  und  sie  besonders 
auf  zwei  Gesichtspunkte  gelenkt,  indem  ich  auszumitteln  strebte,  erstlich: 
,,  Ob  es  in  den  heifsen  Zonen  Infusorien  gebe,  welche  aller  Widersprüche 
,, einer   scharfen   Kritik  ungeachtet,    sich   als   besondere,     nur  diesen 
„Zonen  angehörige  Formen  betrachten  liefsen,  und  ob  es  ebenda Infuso- 
,,  rienformen  gebe,  welche  allen  Anforderungen  einer  strengen  Kritik  gnü- 
,,  gend,  sich  als  den  europäischen  ganz  gleich  erweisen  liefsen ;  zweitens : 
,,Ob  in  dem  Thauwasser  der  afrikanischen  Länder  und  Wüsten  Infuso- 
„rien  vorkämen,  welche  mit  mehr  Bestimmtheit  als  die  unsrigen,  einer- 
, ,  seits  für  eine  plötzliche  Entstehung  aus  Urstoffen,   und  andrerseits  für 
„ein  meteorisches  Verhalten  derselben  sprächen. 

A2 


4  Ehrenberg  :  die  geographische  Verbreitung 

Um  Genauigkeit  zu  erreichen,  hatte  ich  mich  neben  einem  zusammen- 
gesetzten Microscop  mit  einem  Glasmicrometer  versehen,  und  habe  alle 
beobachtete  Formen  sogleich  unter  dem  Microscop  gezeichnet  und  ihre  wirk- 
liche Gröfse  dabei  angemerkt.  Waren  sie  farbig,  so  habe  ich  sie  sogleich 
in  derselben  Farbe  colorirt. 

Bevor  ich  nun  zu  den  gewonnenen  Resultaten  übergehe,  will  ich  zuerst 
auf  einige  Nachrichten  aufmerksam  machen,  welche  Gmelin  und  franzö- 
sische Gelehrte  über  das  Verhalten  der  Infusorien  in  andern  Welttheilen 
schon  gegeben  haben,  die  jedoch,  wie  sich  erweisen  wird,  in  unsicheren 
Thatsachen  oder  allgemeinen  Ausdrücken  bestehen  und  das  wissenschaftliche 
Bedürfnifs  nicht  befriedigen. 

Gmelin  beschreibt  im  Systema  Natura e  zwei  aufsereuropäische  Infu- 
sorien, deren  eine  dem  indischen,  die  andere  dem  atlantischen  Ocean  ange- 
höre. Diese  beiden,  der  Gattung  Vorticella  zugeschriebenen  Körper  sind 
zwar  schwerlich  je  zu  entziffern,  aber  gewifs  ist,  dafs  sie  weder  Vorticellen 
noch  Infusorien  sind. 

Riche,  ein  junger  thätiger  Naturforscher,  welcher  mit  d'Entreca- 
steau  1791  zur  Aufsuchung  Lapeyrouses  in  See  ging  und  dann  bald  starb, 
theilte  nach  einer  Bemerkung  in  Schweigger's  Handbuche  der  Naturgesch. 
der  skeletlosen  Thiere  p.  261.  mit,  dafs  die  Infusorien  des  Südoceans  denen 
von  Europa  gleich  wären,  allein  er  scheint  sie  nicht  so  speciell  beachtet  zu 
haben,  dafs  er  den  Formen  hätte  systematische  Namen  beilegen  können,  we- 
nigstens sind  diese  nicht  bekannt  geworden,  und  somit  sind  seine  Beobach- 
tungen nicht  geeignet,  etwas  mehr  festzustellen,  als  dafs  es  im  Siklocean 
ebenfalls  Infusorien  gebe.  Herrn  Georg  v.  Cuviers  sehr  ehrenvolle  Eloge 
des  geistreichen  und  eifrigen  jungen  Naturforschers,  findet  sich  im  ersten 
Bande  der  Rapports  des  travaux  de  la  sociale  philomalique .  Er  war  vor  Antritt 
seiner  Reise  in  Paris  einer  der  Gründer  und  Secretair  dieser  gelehrten  Ge- 
sellschaft gewesen,  und  hatte  sich  auch  mit  Infusorienbeobachtungen  in  Paris 
beschäftigt,  die  er  der  Gesellschaft  vorgetragen  hat,  von  denen  aber  nichts 
gedruckt  ist. 

Andere  Nachrichten  gleicher  Art  theilte  B  ose  über  seine  in  Nord-Ame- 
rika angestellten  Beobachtungen  im  Jahre  1802  mit.  Sie  finden  sich  im 
Dictionnaire  d'histoire  naturelle  par  Deterville,  und  wurden  in  Carolina  ge- 
macht.    Der  Verfasser  dieser  Nachricht  spricht  ebenfalls  von  den  Infusorien 


der  I nfusionslhierchen  in  Nord- Afrika  und  West -Asien.  5 

im  Allgemeinen,  nennt  aber  mir  drei  beobachtete  Formen,  und  bei  einer 
genaueren  Kritik  ergiebt  sich,  dafs  eine  derselben  vielleicht  (wie  Bory  de 
St.  Vincent  im  Dict.  Classicjiie  arlicle  Siliwella  wohl  richtig  erkannt  haben 
mag)  eine  flüchtig  mit  der  Feder  gezeichnete  Larve  eines  Enlomostraci  ist. 
Bosc  nannte  diese  Form  Cercaria  cornuta,  und  Bory  de  St.  Vincent  hatte 
sie  früher  als  eigene  Infusorien -Gattung  Silurella  Boscii  genannt  und  einen 
ähnlichen  Irrthum  begangen.  Eine  zweite  amerikanische  Form  ist  Vorti- 
cella  doliolum  Bosc.  Auch  die  Charactere  dieser  Form  lassen  sich  nicht  an- 
geben. Die  Figur  ist,  wie  die  erste,  sehr  flüchtig  entworfen,  und  gar  nicht 
geeignet,  auf  eine  Schärfe  der  Beobachtungen  hinzudeuten,  wie  sie  jetzt  nö- 
thig  erscheint.  Die  dritte  Form  ist  nicht  gezeichnet,  nur  genannt  als  Roti- 
jere,  und  kann  mithin  eine  Art  der  Gattung  Rotifer,  aber  auch  eine  andere 
Gattung  der  Bäderthiere  gewesen  sein.  Aus  diesen  wenig  bestimmten  und 
einigen  noch  unbestimmteren  Beobachtungen  zieht  Herr  Bosc  pag.  186.  jenes 
Buches  das  Bcsultat,  dafs  die  kleinen  Infusorien  überall  dieselben  sein  müs- 
sen, dafs  aber  die  gröfseren  in  heifsen  Erdstrichen  ohne  Zweifel  oft  ver- 
schieden sein  mögen,  wobei  er  sich  auf  seine  Erfahrungen  bezieht. 

Auf  ähnliche  Weise  spricht  sich,  ohne  auf  seine  Vorgänger  Bücksicht 
zu  nehmen,  Bory  de  St.  Vincent  im  Dict,  Classique  ai'ticle  Geographie 
pag.  254.  aus.  Er  behauptet  dieselben  Navicula-,  Cercaria-  und  Volvox- 
Arten  während  des  französischen  Feldzuges  in  Bufsland  im  Wasser  des  Nie- 
men  und  auf  seinen  Beisen  in  He  de  France  gesehen  zu  haben,  ohne  jedoch 
eine  dieser  Formen  mit  systematischen  Namen  zu  bezeichnen.  Die  Unzu- 
länglichkeit der  Beisebeobachtungen  scheint  der  Verfasser  dieser  Nachrichten 
durch  Infusionsversuch«  mit  organischen  Substanzen  aus  verschiedenen  ent- 
fernten Landstrichen,  die  er  in  Paris  angestellt  hat,  haben  ergänzen  zu  wol- 
len. Es  war  aber  von  diesen  nicht  zu  erwarten,  dafs  sie  ein  anderes  Besultat, 
als  die  bekannten  Pfeffer-  und  Zimmetaufgüsse  u.  s.  w.  schön  ergeben  hatten, 
liefern  würden.  Jedoch  versichert  Herr  Bory,  in  jedem  verschiedenen  Auf- 
gusse eine  Mehrzahl  {un  petit  nombre)  eigenthümlicher  Thierarten  entdeckt  zu 
haben.  Die  Mittheilung  der  speciellen  Ergebnisse  ist  bis  jetzt  noch  nicht 
erfolgt,  und  jenes  widerspricht  meinen  Erfahrungen  über  Infusorien  ganz. 

Es  ist  noch  eine  auf  geographische  Vertheilung  der  Infusorien  Bezug 
habende  Beobachtung  zu  erwähnen  übrig,  welche  Chamisso  auf  Kotze- 
bue's  Weltumseglung  (1815)  im  hohen  Meere  in  der  Nähe  der  brasiliani- 


6  Ehrenberg:  die  geographische  Verbreitung 

sehen  Küste  machte.  Eysenhardt  und  Chamisso  beschreiben  (1820)  das 
damals  erkannte,  das  Meer  grün  färbende  Thier  als  Paramaeciüm  oceanicum. 
Die  Form  dieses  Thieres  pafst  nicht  übel  zur  Form  der  Cetraria  viridis,  in 
deren  Nähe  es  wohl  gehören  mag.  Die  Gattung  Paramaeciüm  ist  anders  zu 
umschreiben,  als  es  Müller  that,  und  dann  umfafst  sie  bestimmtere  Formen, 
wozu  diese  nicht  leicht  gehören  kann.  Der  gespaltene  Hintertheil  der  Cerca- 
ria viridis  bei  Müller  beruht  auf  optischer  Täuschung,  wie  auch  beim  Bra- 
chionus  uncinaliis,  und  stört  daher  die  Vergleichung  nicht.  JV-  -d.  JVat.  C.  X. 

Ich  gehe  nun  zu  den  eigenen  Erfahrungen  über. 

Infusorienbeobachtungen  wurden  von  mir  zuerst  in  der  libyschen 
Wüste  an  allen  den  Orten  wiederholt,  wo  wir  Ruhetage  machten  •  zuerst  in 
Dscheil  el  achterie  bei  Alexandrien.  Diese  ersten  Beobachtungen,  wovon 
ich  nur  Zeichnungen  gemacht,  und  dabei  die  Maafse  angegeben  hatte,  sind 
verloren  gegangen,  doch  glaube  ich,  alle  damals  beobachtete  Formen  in 
Siwa  wiedergefunden  zu  haben.  In  den  Brunnen  bei  Abusir,  in  Schmeime, 
in  Medsched,  bei  Kasr  eschdaebie,  in  Wadi  dachan  und  in  Bir  Audscherin 
fand  ich  in  dem  Wasser,  welches  wir  tranken,  zuweilen  Monas  atomus  Müll. 
und  Monas  glaueoma,  eine  bisher  nicht  beschriebene  Art.  Aufser  diesen, 
durch  Verlust  der  Papiere  unvollständigen,  aber  nicht  gerade  besonders  ein- 
flufsvollen  Beobachtungen,  habe  ich  noch  an  einem  Orte  des  adriatischen 
Meeres,  und  überdiefs  an  zehn  andern,  theils  afrikanischen,  theils  arabi- 
schen Orten  Beobachtungen  angestellt,  und  davon  Zeichnungen  und  schrift- 
liche Bemerkungen  glücklich  mitgebracht. 

Wir  beobachteten  nämlich: 

1 .  Bei  Cattaro  im  adriatischen  Meere 1  Form. 

2.  Bei  Alexandrien  im  Mittelmeere  der  libyschen  Küste    3  Formen. 

3.  Bei  Siwa  in  der  Oase  des  Jupiter  Ammon S  

4.  In  Bulak  bei  Cahira  in  Ägypten  in  sumpfigem  Nil- 

wasser      6  

5.  In  Sues  am  rothen  Meere  im  Seewasser 2  

6.  In  Tor  am  rothen  Meere  im  Seewasser,  in  Brunnen- 

wasser und  in  Aufgüssen 10  : 

7.  In  Conferven,  welche  ich  vom  Sinai- Gebirge  aus  dem 

Bache  des  Thaies  Wadi  Esle  frisch  nach  Tor  mit- 
nahm   18  


der  Infusionsthierchen  in  Nord -Afrika  und  West- Asien.  7 

8.  In  Suckot  in  Nubien  im  stagnirenden  Nilwasser 2  Formen. 

9 .  Auf  der  Nilinsel  Argo  in  Dongala 3  

10.  In  der  Festung  Dongala  gedid  (Neu-Dongala,  dersel- 

ben, zu  deren  Anlegung  ich  dem  türkischen  Gou- 
verneur den  Plan  entwerfen  und  zeichnen  mufste) 
im  Nilwasser 10  

1 1 .  Auf  der  Insel  Massaua  bei  Habessinien  im  Meerwasser    1  Form. 

64  Formen. 
Diese  64  beobachteten  Formen  reduciren  sich  systematisch  auf  57  ver- 
schiedene Arten,  welche,  die  einzige  bei  Cattaro  ausgenommen,  sämmtlich 
theils  subtropischen,  theils  tropischen  Gegenden  angehören.     Die  4  letzten 
Beobachtungspunkte,  von  Suckot  an,  gehören  Erdstrichen  jenseit  des  nörd- 
lichen Wendekreises  gegen  den  Äquator  hin  an,  und  da  die  28  in  Tor  am  Sinai 
beobachteten  Formen  auch  dem  Wendekreise  sehr  nahe  stehen,   so  gehören 
bei  weitem  die  Mehrzahl,  nämlich  ^,  mehr  den  tropischen  Gegenden  an. 
Der  wissenschaftliche  Werth  dieser  57  Thierchen  ist  folgender: 
Ein  Theil  derselben  sind  bereits  bekannte  europäische  Formen,  über 
deren  Identität  ich  nach  wiederholter  Vergleichung  der  Maafse,  Zeichnungen 
und  Beschreibungen  mit  den  bei  Berlin  lebenden  Thieren  weiter  keinen 
Zweifel  haben  kann.     Solcher  Formen  sind  10,  nämlich: 

Anguillula  fluviatilis. 

{Vibrio  fluviatilis  Müll.) 

i 

Closterium  liinula  Nitzsch. 
Kolpoda  cucullus  Müller. 
Monas  atomns  Müller. 

termo  Müller. 

Paramaecium  chrjsalis  Müller. 
Rotifer  vulgaris  Schrank. 
Tracüelius  lamella. 

{Kolpoda  lamella  Müller.') 

Vibrio  rugula  Müller. 
Vorticella  corwallaria  Müller. 

Ein  anderer  Theil  der  Formen  sind  solche,  welche  zwar  als  europäi- 
sche Thierarten  noch  nicht  bekannt  sind,  die  ich  aber  selbst,  theils  bei  mei- 


8  Ehrenberg  :  die  geographische  Verbreitung 

nen  früheren  Beobachtungen  in  Leipzig  und  Berlin,   theils  jetzt  später  wie- 
der in  Berlin  ebenfalls  vorgefunden  habe.   Solcher  Formen  sind  4,  nämlich: 

Anguillula  inflexa.  nov.  spec. 
Cocconema  cistula.  nov.  Gen. 
Motjura  adriatica.  n.  G. 
Navicula  Jusiformis.  n.  sp. 

Endlich  giebt  es  eine  Anzahl  von  Formen,  welche  schon  beschrie- 
benen, oder  mir  bekannten  europäischen  Thierarten  zwar  nicht  ganz  gleich 
erscheinen,  aber  doch  entweder  ihnen  nicht  so  entfernt  stehen,  oder  von 
mir  nicht  so  genügend  beobachtet  werden  konnten,  dafs  ich  für  rathsam 
hielte,  ihnen  eigene,  von  jenen  festgestellten  verschiedene  Namen  zu  geben. 
Ich  ziehe  vor,  diese  als  europäische  Formen,  obwohl  mit  Vorbehalt  des 
Wunsches  der  gelegentlich  von  Reisenden  zu  wiederholenden  Vergleichung, 
anzuerkennen,  und  ihre  Namen  nur  mit  einem  Fragezeichen  zu  versehen. 
Solcher  Formen  sind  8,  nämlich: 

Amblyura  serpcntidus? 

(Vibrio  serpenlulus  Müller.) 

Cycloglena  elegans.  n.  G.  ? 
Diglena  catellinai 

(Ccrcaria  catellina  Müller.) 

aurita.  n.  sp.? 

Enchelys  pupa  Müller.  ?         • 

ICHTHYDIUM  podlim  ? 

{Cercaria  podura  Müller.) 
Monocerca  Ball  US? 

(Trichoda  Ratlus  Müller.) 

Trichoda  pjrum  ? 

(Kolpoda  pjrum  Müller.) 

Diesen  übersichtlichen  Zusammenstellungen  zufolge  sind  unter  den 
57  beobachteten  Thierarten  22  europäische  und  35  afrikanische,  oder  un- 
gefähr nur  L  der  von  mir  in  tropischen  Gegenden  beobachteten  Infusorien- 
formen sind  dieselben,  welche  wir  in  Europa,  namentlich  bei  Berlin  auch 
finden,  dagegen  aber  sind  2j,  wenn  nicht  jenen  Gegenden  ganz  eigenthüm- 
bch,   doch  bis  jetzt  in  Europa  noch  nicht  aufgefunden  worden. 


der  Infusionsthierchen  in  Nord -Afrika  und  JVesl- Asien.  9 

Es  ist  im  Übrigen  bemerkenswert^  dafs  unter  den  57  Arten  dieser 
Tbiere  nur  7  Formen  sind,  welche  aufsereuropäischen  Gattungen  angehö- 
ren, dafs  sämmtlicbe  7  einzeln  in  eben  so  viel  besondere  Gattungen  zu  stel- 
len sind,  und  dafs  ich  auch  von  keiner  derselben  anderswo  mehrere  Arten 
beobachtet  habe.  Alle  übrigen  Formen  lassen  sich  zu  bekannten  oder  von 
mir  vorgeschlagenen  europäischen  Gattungen  bringen.  Die  7  neuen  afrika- 
nischen Gattungen  habe  ich  mit  den  Namen 

DISTIGMA, 

DISOMA, 

DISCOCEPHALUS, 

HYDRIAS, 

TYPHLINA, 

ZOOBOTRYON  und 

ZOOCLADIUM  bezeichnet. 

Wenn  besonders  solche  Gattungen  der  Naturkörper  die  Länder  cha- 
rakterisiren,  welche  viele  Arten  in  ihnen  zählen,  so  ist  es  merkwürdig,  dafs 
ich  an  keinem  der  einzelnen  Beobachtungspunkte  von  irgend  einer  Gattung 
mehr  als  zwei  Arten  finden  konnte,  und  dafs  bei  Übersicht  der  Gesammt- 
heit  der  Beobachtungen  nur  die  Gattungen  Trichoda  und  Cyclidium,  jede 
vier  Arten;  alle  übrigen  aber  weniger,  die  meisten  nur  eine  Art  lieferten, 
und  wenn  auch  zum  Theil  der  Grund  dieses  Verhaltens  darin  liegt,  dafs  ich, 
um  die  Schärfe  der  Beobachtungen  zu  befördern,  geneigter  bin  die  Formen 
zu  trennen  als  zu  vereinen,  so  bin  ich  doch  eben  so  entfernt,  die  erkannten 
kleinen  individuellen  Abweichungen  der  Naturkörper  von  gewissen  Haupt- 
formen, welche  wir  Arten  nennen,  als  selbstständige  Formen  zu  betrachten, 
und  habe  mir  nur  durch  lang  fortgesetzte  Beobachtungen  die  mit  Thatsachen 
zu  belegende  Überzeugung  erworben,  dafs  die  Formenzahl  der  existirenden 
Infusorien,  selbst  bei  uns,  noch  bei  weitem  nicht  erschöpft  sei,  dafs  es  viel- 
mehr nur  noch  an  einer  festen  Basis  zu  ihrer  Systematik  fehle. 

Ferner  unterlasse  ich  nicht  zu  bemerken,  dafs  an  keinem  der  als  Be- 
obachtungspunkte angeführten  Orte  die  angegebene  Zahl  der  Infusorien  den 
wahren  Bestand  der  Formen  in  jenen  Gegenden  anzuzeigen  geeignet  sei.  Oft 
konnte  das  Microscop  nur  ganz  verstohlen  aufgestellt  werden,  weil  es  die 
Aufmerksamkeit  der  Araber  zu  sehr  auf  sich  zog,    und  wenn  auch  astrono- 

B 


i  0  Ehrenberg  :  die  geographische  Verbreitung 

mische  und  geographische  Beobachtungen  durch  dieselbe  Neigung  der  cultur- 
losen  Völker,  die  messingenen  Instrumente,  welche  zu  berühren  und  zu  wie- 
gen ihnen  verweigert  wird,  für  Gold  zu  halten,  gefährdet  werden,  so  pflegt 
doch  deren  Zweck  bei  der  Anwendung  ihnen  anschaulicher  zu  werden,  als 
der  des  Microscopes  es  ist.  Der  Gedanke  an  Zauberei  blieb  allemal  zurück, 
wo  wir  den  Afrikanern  die  Wirkung  des  Instrumentes  zeigten,  und  wir  hat- 
ten oft  Grund  zur  Vorsicht  beim  ernsten  Gebrauch.  An  Orten,  wo  in 
dieser  Hinsickt  keine  Störungen  zu  befürchten  waren,  gaben  Mangel  an  Ob- 
dach bei  starkem  Winde  ,  Reiseunruhe ,  Augenbeschwerden ,  anderweitige 
nicht  zurückzustellende  Beschäftigungen,  ernstere  Krankheiten,  u.  s.  w.  die 
Ursachen  zur  Abbrechung  und  Unterlassung  solcher  eine  innere  und  äufsere 
Ruhe  erfordernden  Beobachtungen,  so  dafs  ich  überall  die  Überzeugung  be- 
hielt, dafs  länger  fortgesetzte  Beobachtungen  bei  gehöriger  Ruhe  eine  noch 
weit  gröfsere  Zahl  von  Formen  ergeben  haben  würden. 

Wenn  ich  noch  wagen  darf,  aus  der  verhältnifsmäfsig  nicht  ganz  dazu 
geeigneten  Zahl  der  Beobachtungen  weitere  Resultate  zu  ziehen,  so  wäre 
vielleicht  deren  eines,  die  Formen  zu  bezeichnen,  welche  die  gröfste  geo- 
graphische Verbreitung  rücksichtlich  der  nördlichen  Breitengrade  hatten. 
Unter  diesen  zeichnen  vier  sich  aus,  nämlich : 

Anguillula  ßmnatilis. 

(Vibrio  fluviatilis  Maller.') 

Monas  termo  Müller. 
Monas  glaucoma.  n.  sp. 
Paramaecium  chrysalis  Müller. 

Anguiilula  fluvialilis  fand  sich  in  der  Oase  des  Jupiter  Ammon  und  am 
Sinai  •,  Monas  termo  in  der  Oase  des  Jupiter  Ammon  und  in  Tor  am  rothen 
Meere,  wo  ich  sie  sowohl  im  stagnirenden  Seewasser  als  izn  Quellwasser  des 
Sinaigebirges  beobachtete.  Monas  glaucoma  fand  ich  in  der  Oase  des  Jupiter 
Ammon  und  in  Dongala.  Paramaecium  chrysalis  fand  sich  in  Bulak  bei 
Cahira,  auf  der  Insel  Argo  in  Dongala  und  in  der  Festung  Neu -Dongala.  Es 
tritt  hierbei  besonders  hervor,  dafs  die  Mehrzahl  dieser  Formen,  nämlich 
drei,  auch  in  Europa  allgemein  verbreitet  sind,  während  die  vierte  vielleicht 
nicht  einmal  durch  recht  wesentliche  Charaktere  von  mir  isolirt  wird,  was 
spätere  Beobachtungen  entscheiden  müssen. 


der  Infitsionsthierchen  in  Nord- Afrika  und  TV  est -Asien.  1 1 

Eins  der  von  mir  verzeichneten  Infusorien,  welches  sich  im  Mittel- 
meer  bei  Alexandrien  seltner,  aber  im  rothen  Meer  bei  Sues  häufig  fand,  ist 
durch  seine  Gröfse  merkwürdig.  Es  gleicht  einem  Fuciis,  und  ist  nicht  sel- 
ten über  ein  Schuh  grofs.  Diese  Gröfse  gehört  aber  nicht  eigentlich  dem 
einzelnen  Thiere,  sondern  der  Verbindung  mehrerer  Tausend  solcher  Thiere, 
die  an  gallertartigen  netzförmig  verbundenen  forlwachsenden  Stielen  sitzen. 
Die  kleinen  Thierchen,  welche  man  leicht  übersieht,  sitzen  in  Trauben  an 
den  Spitzen  der  Zweige,  und  ihre  Körper  sind  microscopisch  wie  die  aller 
übrigen.  Das  Thierchen  ist  aus  der  Gruppe  der  Vorticellen,  und  ich  habe 
es  mit  dem  Namen  Zoobotryon  bezeichnet. 

Hieran  schliefse  ich  nun  eine  Beobachtung  über  das  Verhalten  der  In- 
fusionen, die  ich  in  Tor  am  Sinaigebirge  machte.  Obwohl  es  in  unserem 
Plane  lag,  eine  Reihe  von  Versuchen  dieser  Art  in  Afrika  mit  gröfserer  Sorg- 
samkeit und  im  Zusammenhange  anzustellen,  so  waren  doch  an  Orten  wo 
wir  uns  längere  Zeit  aufhielten,  die  Umstände  nie  so  günstig,  dafs  wir  es 
hätten  planmäfsig  ausführen  können.  Das  Sammeln,  Beobachten  und  Be- 
schreiben der  gröfseren  Naturkörper  der  Umgegend,  was  nicht  der  Infusorien 
halber  vernachläfsigt  werden  konnte,  sammt  Kränklichkeiten  und  Krankhei- 
ten verhinderten  überall  die  Ausführung  des  Entschlusses,  obwohl  ich  zu- 
weilen schon  die  Gefäfse  aufgestellt  hatte.  Nur  einmal  gelang  es  mir,  aber 
ebenfalls  mit  Unterbrechung,  eine  Reihe  von  Versuchen  zur  Ausführung  zu 
bringen,  es  war  während  meines  Aufenthaltes  in  Tor  am  Sinai,  wo  ich  auf 
meines  Freundes  Dr.  Hempri  ch's  Rückkehr  von  Alexandrien  zur  Reise  nach 
Habessinien  vergeblich  wartete,  und  volle  Beschäftigung  an  Beobachtung  der 
herrlichen  Formen  der  Corallenthiere  fand.  Gegen  das  Ende  Octobers  hatte 
ich  vier  Gläser  an  einem  abgesonderten  Orte  im  Corallenhause  des  Griechen 
Nicola  Barmili  aufgestellt,  sie  enthielten  Brunnenwasser,  Seewasser,  kalten 
schwarzen  Pfefferaufgufs  und  kalten  Zimmtaufgufs.  An  den  ersten  zwei  Ta- 
gen konnte  ich  bei  Untersuchung  mehrerer  Tropfen  nichts  Lebendiges  in 
denselben  finden.  Am  zweiten  Tage  war  die  Oberfläche  aller  Wässer  etwas 
staubig.  Am  dritten  Tage  zeigten  sich  bei  zwei  Wässern  unter  dem  Staube 
der  Oberfläche  Monas  termo  und  Cjclidium  g/aueoma? ,  es  war  im  Brunnen - 
und  Seewasser.  Im  Pfefferaufgufs  waren  dieselben  Thiere,  und  überdies 
einzelne  Kolpoda  cucidlus.  Im  Zimmtaufgufs  war  nichts  zu  entdecken,  und 
ich  bemerke  sogleich,  dafs  ich  binnen  den  1 1  Tagen,  wo  ich  die  Beobach- 

B2 


12  Eiip.enberg-:  die  geographische  l Verbreitung 

Hingen  ununterbrochen  fortsetzen  konnte,  im  Zimrataufgufs  nie  Lebendiges 
beobachtet  habe,  doch  bildeten  sich  Schimmelfäden  an  der  staubigen 
Oberfläche. 

Von  den  übrigen  drei  Gläsern  gaben  das  Brunnenwasser  und  der 
Pfefferaufgufs  ebenfalls  in  den  1 1  Tagen  keine  weiteren,  als  die  bereits  an- 
gegebenen Resultate,  nur  wurden  im  letzteren  die  Kolpoden  immer  häufiger, 
und  die  Monaden  schienen  abzunehmen. 

Weit  productiver  als  die  zwei  genannten  war  das  Seewasser.  Am  vier- 
ten Tage  erschien,  aufser  den  Monaden  und  Cyclidien,  Vibrio  rugula ;  am 
achten  Tage  kamen  dazu :  Slylonjchia  cimex,  Tracheluis  lamella  und  Disorna 
vacillans.  Eine  Reise  auf  das  Sinaigebirge,  welche  12  Tage  dauerte,  unter- 
brach nun  die  Beobachtungen,  und  nach  der  Rückkehr,  am  22ste"  November, 
fand  ich  alle  Gläser  ausgetrocknet,  bis  auf  das  gröfsere  des  Seewassers,  in 
welchem  die  Stjionjchia  sich  noch  munter  bewegte.  Länger  fortgesetzte 
Beobachtungen  dieses  Wassers  zeigten  keine  neuen  Formen,  obwohl  sein 
Verdunsten  fast  2  Monate  nöthig  hatte. 

Das  Resultat  dieser  Beobachtungen  ist,  dafs  in  stagnirendem  Brunnen- 
wasser und  Pfefferaufgufs  sich  nur  europäische  Infusorienformen  zeigten, 
im  stagnirenden  Seewasser  aber  auch  eigenthümliche.  Ferner:  dafs,  wie 
in  Europa,  so  auch  in  Arabien,  Monaden  im  stehenden  Wasser  zuerst  er- 
scheinen. 

Weitere  Resultate  wage  ich  aus  meinen  Beobachtungen  nicht  zu  ziehen. 

Die  specielle  Beschreibung  der  sämmtlichen  systematisch  geordneten 
Formen,  welche  ich  beobachtete,  behalte  ich  mir  für  die  Sjmbolas  physicas 
von  mehien  mit  Dr.  Hemprich  gemachten  Reisen  vor  und  übergebe  der 
Akademie  nur  das  übersichtliche  Verzeichnifs  derselben. 

Da  durch  Spallanzani's  bekannte  Versuche  die  Idee  der  Pansper- 
mie,  oder  doch  des  Schwebens  der  Infusorien  in  der  Atmosphäre  begünstigt 
erschien,  und  auch  Gleichens  Beobachtungen  von  lebenden  Infusorien  im 
Schnee,  der  in  der  Stube  schmolz,  auf  ein  wirkliches  Vorhandensein  dieser 
Thierkörper  in  der  Atmosphäre  schliefsen  lassen  konnten,  da  ferner  durch 
Herrn  Alexander  von  Humboldt's  eben  so  geistreiche  als  gelehrte  Zu- 
sammenstellungen noch  eine  ähnliche,  aber  neue  Ansicht  dadurch  eröffnet 
wurde,  dafs  die  Aufmerksamkeit  auf  die  senkrecht  aufsteigenden  Strömungen 
der  Atmosphäre  hingeleitet  wurde,  durch  welche  zarte  Naturkörper,  theils 


der  Infiisionsthierchen  in  J\ 7ord- Afrika  und  JVest- Asien.  13  /\ 

lebend,  theils  todt  aus  den  Ebenen,  Sümpfen  und  Meeren  bis  zu  einer  Höhe 
von  18000  Fufs  uQwillkührlich  emporgetragen,  und  zum  Theil  auf  den  hnch- 
sten  Spitzen  der  Gebilde  abgesetzt  werden,  zum  Theil  wieder  in  entfernte 
Ebenen  herabsinken,  so  ergiebt  sich  dadurch  das  Interesse  jener  anderen 
Reihe  meiner  Versuche,  von  der  ich  schon  in  der  Einleitung  gesprochen 
habe,  und  deren  speciellere  Resultate  ich  nun  mittheilen  will ;  es  sind  die 
Untersuchungen  über  das  Verhalten  der  Infusorien  im  frisch  gefallenen  Thau, 
welche  ich  mir  um  so  mehr  zur  Pflicht  gemacht  hatte,  da  die  Akademie  die- 
selben uns  speciell  aufgetragen  hatte. 

Je  mehr  in  unseren  Gegenden  allerlei  Vorsichtsmafsregeln  angewendet 
werden  müssen,  um  nicht  Feuchtigkeit  und  Infusorien,  welche  aus  der  näch- 
sten, überall  mit  Leben  erfüllten,  Umgebung  stammen,  als  aus  der  Atmosphäre 
kommend  anzusehen,  und  mithin  falsche  Resultate  zu  erhalten,  desto  ge- 
eigneter erschien  uns  die  libysche  Wüste  zu  Untersuchungen  dieser  Art.  Der 
am  Mittag  durchglühte,  alles  Leben  ertödtende  Felsboden  zeigte  sich  uns  bei 
der  Morgendämmerung,  nicht  selten  dicht  mit  Thauperlen  besät,  und  gab 
uns  mit  unseren  ebenfalls  bethauten  Effecten  von  Holz,  das  Material  und  die 
Bedingungen  zu  scharfer  Beobachtung  im  besten  Verhältnifs. 

Im  Ganzen  habe  ich  in  der  grofsen  libyschen  Wüste  die  Beobachtun- 
gen des  Thaues  an  den  Ruhepunkten  sechsmal  angestellt,  und  überdies  noch 
dreimal  in  Dscheil  el  achterie  bei  Alexandrien.  Ich  untersuchte  jedesmal  15 
bis  20  Thautropfen,  zuweilen  mehr,  ich  zählte  aber  gewöhnlich  nur  bis  15. 
Nach  dieser  Zahl  des  Minimi,  beträgt  die  Summe  der  von  mir  in  Libyen  be- 
obachteten Thautropfen  135,  deren  Resultat  war,  dafs  ich  nie  ein  einziges 
Infusorium  erblickte. 

Überdies  habe  ich  während  meines  sechsjährigen  Aufenthaltes  am  Nil 
und  in  Arabien  noch  mehrmals  die  Versuche  wiederholt,  und  den  Thau  unter 
sehr  verschiedenartigen  Umgebungen  beachtet.  Während  unserer  Reise  nach 
Dongala,  stellte  ich  im  Nil  auf  der  Barke  vor  Theben  mehrere  Beobachtun- 
gen an.  Von  Theben  südlich  gab  es  scheinbar  keinen  Thau  aus  der  Atmo- 
sphäre mehr,  und  obwohl  ich  in  Dongala  Infusorienbeobachtungen  mit  Nil- 
wasser öfter  anstellte,  so  war  doch  jener  Zweck  nicht  weiter  zu  verfolgen. 
Thautropfen,  die  sich  an  der  Unterseite  der  Pflanzenblätter  fanden,  und 
welche  vom  Boden  aufsteigende  Wasserdämpfe  anzeigten ,  beobachtete  ich 
in  Dongala  am  Nil  wohl,  hielt  aber  diese  nicht  für  geeignet,  das  gewünschte 


1 4  Ehrenbero  :   die  geographische  Verbreitung 

Resultat  zu  geben.  Später  habe  ich  wiederholt  Thau  am  rothen  Meer  durch 
das  Mieroscop  beobachtet,  besonders  in  Dscherm  el  moie  bei  Ras  Muham- 
med,  auf  unserer  Reise  von  Sues  nach  Moileh.  Eine  sichere  Bucht  schützte 
daselbst  vor  dem  Schaukeln  der  Meereswellen,  und  auf  dem  Schiffsholze 
bildete  der  Thau  kleine  Strömungen  am  Morgen.  Dieselbe  Beobachtungen 
wiederholte  ich  in  Tor,  wo  wir  uns  am  Lande  ansiedelten.  Nirgends  habe 
ich  auch  hier  weniger  als  15,  an  manchen  Orten  viel  mehr  Tropfen  beobach- 
tet, so  dafs  ich  nicht  zuviel  zu  sagen  glaube,  wenn  ich  die  Zahl  der  Beob- 
achtungen auf  300  stelle.  In  all  diesen  Fällen  aber  habe  ich  niemals 
auch  nur  ein  einziges  lebendes  Wesen  gesehen. 

Über  die  in  der  libyschen  Wüste  gemachten  Beobachtungen  hatten 
wir  die  Ehre,  bereits  im  ersten  unserer  Berichte  aus  Afrika,  der  Akademie 
das  allgemeine  Resultat  von  Alexandrien  aus  mitzutheilen. 

So  wäre  denn  das  Ergebnifs  unserer  Beobachtungen  und  dieses 
Vortrags : 

1.  Dafs  weder  in  Afrika,  noch  in  Arabien  im  atmosphärischen  Thau  Infu- 
sorien zu  finden  waren ; 

2.  dafs  es  in  aufsereuropäischen  Erdstrichen,  namentlich  in  Afrika  und 
Arabien,  Infusorien  giebt,  welche  den  europäischen  ganz  ähnlich  sind, 
dafs  diese  aber  von  den  daselbst  vorkommenden  Formen  nur  ij  an  Zahl 
bilden,  während  \  den  Gegenden  eigenthümlich  sind ; 

3.  endlich  ergiebt  sich,  dafs  die  Formen -Eigenthümlichkeit  der  Infuso- 
rien nicht  in  eben  dem  Maafse  gegen  den  Äquator  hin  zunimmt ,  wie 
die  der  gröfseren  Organismen,  sondern,  dafs  sich  dieselben  den  cry- 
ptogamischen  Pflanzenformen  anschliefsen,  ohne  mit  gewissen  gröfseren 
organischen  Körpern  in  einem  bestimmten  Verhältnifs  zu  stehen. 


Anmerkung.  Die  Synonyme  der  folgenden  Tabelle,  welche  mit  Symb.  bezeichnet  sind,  be- 
ziehen sich  auf  die  Symbolas  physicas.  Die  Namen  mit  grüfserer  und  durchschossener 
Schrift  bezeichnen  neue  Gattungen  und  Arten. 


der  Infusionsthierchen  in  Nord -  Afrika  und  Wfst~  Asien.  15 


Tabelle  I. 

Verzeichnifs  der  in  Nord -Afrika  und  West -Asien  in  den  Jahren 

1820  bis  1826  auf  meiner  mit  Dr.  Hemprich   unternommenen 

Reise  beobachteten  Infusorien. 

CirÖfse  nach 
Pariser   Lintrn. 


1.  AMBLYURA  serpenlulus?  ")  0.     .  __,   ,.  _  .  . 

r  \  Sinai  ( Wadi  Este) 

(Vibrio  serpenlulus  Symb.)  J 

2.  ANGUILLULA  ßuviatilis.  \  f  Oase  des  Jupiter  Ammon  (Siwa)    ^ 

(Vibr.  fluviat.  ijbic.  ^/mi.)J\Sinai  (Wadi  Esle) -|g' 

3 


i  in 

"80 


III 


i  in 
4 


(Enchelys    micros.    Symb.)  J  ^°" 


inflexa.  nov.spec.  1  _  , 

r        \  Dongala 

(Vibrio  fluv.  nilotie.  Symb.)  )  ° 

4. dongalann.  n.  sp.     Dongala V" 

5.  Bacillaiua  Cleopatrae.  n.  sp.      Mittelmeer  bei  Alexandrien ig'" 

6.   Ptolemaei.  n.  sp.        Mittelmeer  bei  Alexandrien -j^'" 

7.  BACTERIUM  simplex.  n.  sp.      Ägypten  (Bulak) ^ 

8.  triloculare.  n.  sp.     Oase  des  Jupiter  Ammon  (Siwa)^'" 

9. scintillans.  n.  sp.  "J  „.     .  /TTT   ,;  _  .  . 

1    >  bmai  (Wadi  Esle) 

fte/fj    rnicros.    Symb.)  J 

10.  Closterium  lunula  Nitzsch.  Sinai  (Wadi  Esle) 4s" 

M ?.*^W  n"  SP- 1  Sinai  (Wadi  Esle) tf 

(Bacillar.  multistr.  Symb.)  J  v  '  >' 

12.  COCCONEMA  c««i*/a.  1_.    .,„,,.„,,  ,      '.„ 

>  Sinai  (Wadi  Esle) 4=  -  4/ 

(Bacillaria  cistula  Symb.)  J  V  '  32      ^4 

13.  Cyclidium?  inane.  n.  sp.  Oase  des  Jupiter  Ammon -4^"' 

14.  glaueoma?  "1  f Sinai  (Wadi  Esle) jig'" 

(Bursaria  Ovulum  Symb.)  /  (Tor   am  Sinai   (in  Pfefferaufgufs)  jjg'" 

15.  lendiforme.  n.  sp.        Dongala ^'" 

16. planum,  n.  sp.  Dongala -4='" 

1 7.  CYCLOGLENA  elesans.  n.  sp.?  1  _  "  „, 

°  r     >  Dongala X-l" 

(Typhlina/urca  Symb.  n.  1 .)  J  n  * 6 


1 6  Ehrenberg  :  die  geographische  Verbreitung 


IS.  DIGLENA  catellina? 


iSymb.n.2.3.    >  Dongi 
na  Müller'?)       J 


Gräfte  Dach 
Pariser   Linien. 


(Typhi.  furcaSymb.  n.  2.3.    ]■  Dongala -J/" 


IG 

Cerc.  catellin 

19.  _  .aurita.  n.  sp.?  |Dongala 

(Typhlina  canicula  Symb.) )  °  16 

20.  DISTIGMA  Planaria.  nov.Gen.     Suckot  in  Nubien -^'" 

21.  DISOMA  vacillans.  n.  G.  Rothes  Meer ^  -  ^'" 

22.  DISCOCEPHALUS  rotatorius. 

n.  G.  Rothes  Meer ■£"' 

1  w 
2 


23.  Echinella  splendida.  n.  sp.  Rothes  Meer ganz 

24.  Enchelys  pupa? 

(Ench.  fareimen  Müller?) 
(Condylost.    afrum    Symb.) 


1  ni 

24 


■  Oase  des  Jupiter  Amnion  (Siwa) 

25.  Fragilaria  bipunetata.  n.  sp.    1  g.     .  j.  £        ^  ^  _  ^m 

(Bacillaria  bip.  Symb.)  J  ^  '  '  *  32      24 

26.  m~ultipunctata.YL.sr>.}  _.     .  ,,TT   ,.'x^",  ,  ,"„, 

\  f  Sinai  (Wadi  Esle) J-'" 

(Bacillaria  multip.  Symb.)  J  u 

27. diophthalma.   n.  sp.  "|  _     ,          "  .  „, 

1                           \  >  Rothes  Meer 4J" 

(Bacillaria  dlophl.    Symb.)  )  öu 


28.  HYDRIAS  cornigera.  n.  G.  Oase  des  Jupiter  Ammon  (Siwa)  -fa'" 

29.  ICHTHYDIUM  Podural  1  _ 

,  }■  Doneala -A  ' 

(Dlurella  Pod.  [Bor/\  Symb.)  J  °  24 

30.  Kolpoda  cucidlus  Müller.  Tor  am  Sinai  (in  Pfefferaufgufs)  -£%" 

31.  Lepadella  emargina  ta.  n.  sp.       Sinai  (Wadi  Esle) 4/'* 

32.  Monas  alomus  Müller. 


(Monas  lens  Symb.) 


\  Ägypten  (Bulak  bei  Cahira) ....  ^" 


33.  glaucoma.  n.  sp.  1  fDongala 


l.iO 

(Volvox.  glaucoma  Symb.))  (.Oase  des  Jupiter  Ammon  (Siwa)  -g^" 

r/r 


KDonga 
Oase  ( 


34.  termo  Müller. 


35.  Monocerca  Battus? 

(Trichoda   Ratlus   Müller. 
Ratlulus  sinaiticus  Symb.) 


Oase  des  Jupiter  Ammon  (Siwa)  j^" 
Tor  am  Sinai  (in  Pfefferaufgufs)  ^4"' 
Sinai  (Wadi  Esle) ^" 


Sinai  (Wadi  Esle) . 


\  rn 
16 


der  Infusionsthierchen  in  Nord- Afrika  und  ltresl- Asien.  17 

Grüfte   nach 
Pariser   Linieo. 

36.  MONURA  Colurus.  n.  G. 


}  Adriatisch.es  Meer  bei  Cattaro . .    4i " 


(Colureila  adriatica  Sjmb.) 

L." 


38 inierrup«*.    u.  *?.  .  g^.  ^j.  ^ ,        ,  ,„ 

(Bu  " 

Ägypten |g 

Dongala  (in  der  Festung  "j  t  „, 


37.  Navicula  fustformis.  n.  sp.       1  ginai  (Wadi  Esl* , , 

(Baciliar.fusiform.Symb.))  v  '  " 

ifemy,/*.  n.  sp.  j  ^ 

Bacillaria  mterr.  Sjmb.)      ) 

39.  Paramaecium  Chrysalis  Müller. 

(Burjar.  Chrjs.  [Borj]  Sjmb.\  -J  Dongala  (in  der  Festung  "* 
et  Perilricha  vacillans  Sjmb.J       Dongala  (Insel  ArgO  J 

40.  ?  sinaiticum.  n.  sp.       Sinai  (Wadi  Esle) %{" 

41.  Pandorina  hralina.  n.  sp.  1  ~.  ,  »  m 

r  \  Dongala ^ 

(Volvox  globator  Sjrnb.)        J 

42.  Rotifer  vulgaris  Schrank?  1  o     i    *  •     tv  i  •  l  « 

°  \  Suckot  in  INubien -jg 

(Rotifer  brachjurus  Sjmb.)  ) 

43 erythraeus.  n.  sp.         j  g.^.  j.  ^ ^, 

(an  R.  macrurus  juvenu  ?)  J 

44.  STYLONYCHIA?  eimex.  n.  sp.  "| 

Vr-  Trichoda  dmex  MüiierV\  \  Tor  im  Rothen  Meere -^  -  -£4"' 

Coccudina  eimex  Sjmb.  J  J 

hehus  fcnrib?  1  Rothes  Meer <„, 


G 


(Kolpoda  platjura   Sjmb. 


TL 


46.  Trichoda  a«i«fica.  n.  sp.  |  g^  ^^  ^ 

(Condjiostoma   as.    Sjmb.)  J 

47 iVWm0«u™.   n.  sp.  j  ^  ^  Jupiter  Ammon  ^^  f;„ 

(Condjiostoma  Nas.  Sjmb.)  J 

48.  aethiopica.  n.  sp.  Dongala \-q" 

ovata.   n.  sp.                   )  ■:                /u   1  1  \  1  m 

s  f  AgJPten  (Bulak) -£5 

(Condjlost.  ovatum  Sjmb.)  J        "* 

pyruml 

(Kolpoda  pjrum  Sjmb.) 


49. 


_  pjrrum?  j  ginai  (Wadi  Esle>  p ^ 

(Kolpoda  pjrum  Sjmb.)         ) 

X-'" 

60 

w 

80 


51.  TYPHLINA  viridis,  n.  G.  Ägypten 

52.  Vibrio  /■«#«/«  Müller.  Tor  am  Sinai  in  Seewasser \ 

53.  Vorticella  ConvalUria  Müller.  1  jÄgypten Tganz ^ 

Sr.cothumataet  brevip.  f"*-V]Dongala U«»  &  -  Ja  "  T& 

V^/  Urceolarialsraelitar.  Sjmb.J)  \  °  64      7i     "° 

c 


1 8  Ehrenberg  :  die  geographische  Verbreitung 


54.  Vorticella  arabica.  n.  sp.  Rothes  Meer 

55. parasilica.  n.  sp.  Rothes  Meer %]," 

56.  ZOOBOTRYON  pellucidiis.  n.  G.     Rothes  Meer  bei  Sues  und  Mittel- 

meer bei  Alexandrien.  ganz  i'  -  6"  - '" 

Leib V" 

57.  ZOOCLADIUM  niveum.  n.G.     Massaua  (Insel  bei  Habessinien) 

ganz ...  5    -  3 


derlnfiisionsthiercken  in  JS ord -  Afrika  und  West-  Asien. 


19 


Tabelle  II. 

Yerzeichnifs  der  afrikanisch -arabischen  Infusorien 
nach  den  XI  Beobachtungspunkten. 


Adrialisches  Meer  bei  Cattaro. 
Monura  Colurus.  n.  sp. 

n. 

Mittelländisches  Meer  bei  Alexandrien. 
Bacillaria  Cleopatrae.  n.  sp. 

Ptolemaei.  n.  sp. 

Zoobotryon  pellucidus.  n.  G. 

m. 

Oase  des  Jupiter  Ammon  bei  Siwa. 
Anguxllula  fluviatilis. 

{Vibrio  ßuvialilis  Müller.) 
Bacterium  triloculare.   n.  sp. 
Cyclidium  inane.  n.  sp. 
Enchel ys  p'upa?  Müller. 
Hydrias  cornigera.  n.  G. 
Monas  glaucoma.  n.  sp. 

termo  Müller. 

Trichoda  Nasamonum.  n.  sp. 

IV. 

Bulak  bei  Cahira  in  Ägypten. 
Bacterium  simplex.  n.  sp. 
Monas  atomus  Müller. 
Paramaecium  Chrysalis  Müller. 
Trichoda  ovata.  n.  sp. 


Typhlina  viridis,  n.  G. 
Vorticella  Convallaria  Müller. 

V. 

Sues  am  rothen  Meere. 
Vorticella  parasitica..  n.  sp. 
Zoobotryon  pellucidus.  n.  G. 

VI. 

Tor  am  rotlien  Meere. 
Cycliditjm  glaucoma  Müller. 
Disoma  vacillans.  n.  G. 
Discocephalus  rotatorius.  n.  G. 
Echinella  splendida.  n.  sp. 
Fragilaria  diophthalma.  n.  sp. 
Kolpoda  cucullus  Müller. 
Monas  termo  Müller. 
Stylonychia  cimex.  n.  G. 
Tracheliüs  lamella. 

{Kolpoda  lamella  Müller.) 

Vibrio  rugula  Müller. 
Vorticella  arabica.  n.  sp. 

vn. 

Wadi  Esle  im  Sinaigebirge. 

(In  Tor  beobachtet  im  Wasser  von  aus  Wadi 

Esle  mitgenommenen  Conferven.) 

Amblyura  serpentulus. 

{Vibrio  serp.  Müller). 

C2 


20 


Ehrenberg:  die  geographische  Verbreitung  u.s.w. 


AxGmt.i.VLxJIiwiatiüs. 

(Vibrio  fluv.  Müller.) 

Bacterium  scintillans.  n.  sp. 
Closterium  lunula  Nitzsch. 

multistrialum.  n.  sp. 

Cocconema  cistula.  n.  sp. 
Cyclidium  glaucoma  Müller. 
Fragilaria  lipunclata.  n.  sp. 

multipunc tatet,  n.  sp. 

Lepadella  emarginata.  n.  sp. 
Monas  termo  Müller. 
Monocerca  Rattus? 

(Trichoda  Müller.) 

N avicula  fusiformis .  n.  sp. 

inlemipta.  n.  sp. 

Paramaeciüm  sinailicum.  n.  sp. 
Rotifer  erjthraeus.  n.  sp. 
Trichoda  asialica.  n.  sp. 
pyruml 

(Kolpoda  pyrum  Müller.) 


IX. 

Insel  Argo  in  Dar  Dongala  in  Nubien. 
Cyclidium  lendiforme.  n.  sp. 
Paramaeciüm  Chrysalis  Müller. 
TRicnoDA  aethiopica.  n.  sp. 

X. 

Kasr  Dongala,  Festung  in  Dar  Dongala. 
Anguillula  inflexa.  n.  sp. 

dongalana.  n.  sp. 

Cyclidium  planum,  n.  sp. 
Cycloglena  elegansl  n.  G. 
Diglena  catellinal 

(Cercaria  catellina  Müller.) 

aurita.   n.  sp. 

Ichthydium  Podura. 

{Cercaria  Podura  Müller.) 

Monas  glaucoma.  n.  sp. 
Paramaeciüm  Chrysalis  Müller. 
Pandorina  hyalina,  n.  sp. 


vm. 

Sucliot  in  Nubien. 
Distigma  planaria.  n.  G. 
Rotifer  vulgaris  Schrank. 


XI. 

Insel  Massaua  im  rothen  Meere 
bei  Habessinien. 
Zoocladiüm  niveum.  n.  sp. 


■'•eiittiH—*— 


Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation  der  Infusorien 

und  ihrer  geographischen  Verbreitung, 

besonders  in  Sibirien. 

Von 

C.  G.    EHRENBERG. 


'WV*.VWW*V*W%'» 


[Gelesen  in  der  Akademie  der  Wissenschaften  am  4.  und  18.  März  1830, 
mit  Zusätzen  gedruckt  am  13.  August.] 


M, 


.an  ist  in  der  neuesten  Zeit  geneigt  gewesen,  eine  Grenze  für  die  klein- 
sten materiellen  Tkeilchen  aller  organischen  und  anorganischen  Körper, 
welche  die  alten  Philosophen  Atomen  nannten,  innerhalb  unsers,  durch 
optische  Instrumente  vergröfserten  Gesichtskreises  festzustellen.  Die  zoolo- 
gischen Monaden,  welche  in  absteigendem  Vcrhältnifs  ohngefähr  bis  zur 
Gröfse  von  einem  ^^  Zoll,  oder  ^  bis  ^  Linie  bekannt  waren,  sind 
zuerst,  ohne  Einschränkung,  das  einfache  Material  des  Thierreichs  genannt 
worden,  aus  dessen  Aneinanderfügen  jedes  Wachsen  und  Zeugen  bestehe. 
Andere  haben  dieselbe  Idee  auf  das  Pflanzenreich  ausgedehnt,  und  den 
neuesten  Beobachtungen  zufolge  gab  es  freiwillig  bewegte,  aber  von  den 
zoologischen  Monaden  verschiedene,  Atome  oder  Molecülen  von  der  Gröfse 
eines  j^-Q  Zolles  oder  einer  .^  Linie,  welche  bei  sämmtlichen  organischen 
und  anorganischen  Naturkörpern  gleichartig  zu  finden  seien.  Die  glücklich 
erläuternde  Darstellungsweise  der  Chemiker  nach  Berzelius  mag  an  diesem 
neuesten  Streben  grofsen  Antheil  haben.  Robert  Brown's,  des  verdienst- 
vollen englischen  Botanikers  letzte,  darauf  Bezug  habende,  von  vielen  an- 
gefochtene Beobachtungen  sind  bekannt,  und  werden  schon  durch  ihre  An- 
regung zur  widerlegenden  Beobachtung,  wie  der  bekannte  Schatz  im  Wein- 
berge, ihren  Nutzen  nicht  verfehlen.  Ich  übergebe  hiermit  andere  Beob- 
achtungen, welche  jene,  durch  Robert  Brown  bei  manchem  vielleicht 
doch  genäherte  Idee  wieder  so  weit  in  entgegengesetzter  Richtung  in  die  Ferne 
leiten,  als  sie  sich  zu  nähern  irgend  geschienen.     Seitdem  ich  nämlich  im 


22  Ehrenberg:  Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

Jahre  1820  durch  direkte  Beobachtungen  zuerst  deutlich  nachwies,  dafs  die 
Pilze  und  Schimmel,  deren  Entstehung  bis  dahin  dem  Walten  der  gene ratio 
aequivoca  oder  primitiva  ganz  Preis  gegeben  war,  wirklich  keimende  Saamen 
tragen  ('),  was  zu  erweisen  weder  die  hypothesischen  Bestimmungen  nam- 
hafter Botaniker,  noch  Micheli's  bekannte  Versuche  hinreichend  waren, 
habe  ich  mich  noch  vielfach  mit  Betrachtung  dieser  und  ähnlicher  kleiner 
Organismen  beschäftigt,  und  ich  habe  sogar  auf  meinen  Beisen  mich  sehr 
angelegentlich  bemüht,  ihr  Verhältnifs  zur  Gesammtmasse  der  Organismen 
in  3  Welttheilen  auszumitteln,  und  in  einer  früheren  Vorlesung  hatte  ich 
bereits  die  Ehre,  der  Akademie  die  Besultate  der  mit  Dr.  Hemprich  in 
Afrika  und  Arabien  gemachten,  hierauf  Bezug  habenden  Beobachtungen 
vorzulegen.  Obwohl  ich  die  Schwierigkeiten  einer  scharfen  Beobachtung 
und  systematischen  Bestimmung  dieser,  durch  Müller 's  vortreffliche  Vor- 
arbeiten bei  weitem  nicht  erschöpften,  durch  die  neueren  zahlreichen  Zu- 
sätze und  systematischen  Umänderungen  aber  mehr  verworrenen  als  aufge- 
klärten Formen  sehr  grofs  fand,  so  war  mir  doch  die  Basis  aller  organischen 
Bildungen,  und  selbst  des  Menschen,  auf  der  die  schaffende  Natur  noch 
immerfort  ihre  Werkstätte  der  materiellen  Form -Entwicklung  aufgeschlagen 
zu  haben  schien,  und  die  sie,  manchem  Denker  und  Beobachter  zufolge, 
selbst  als  lebendiges  Material  zur  Zusammensetzung  höherer  Lebensformen 
zu  benutzen  schien,  gar  zu  wichtig,  als  dafs  ich  es  nicht  für  eine  der  Zeit 
und  Mühe  werthe  Sache  hätte  halten  sollen,  die  Geheimnisse  des  Lebens  in 
diesen  einfachsten  Formen  mit  Aufopferung  jener  zu  belauschen.  Die  Be- 
sultate meiner  Beobachtungen  sind  glücklich  und  zahlreich.  Herrn  Baron 
Alexander  von  Humboldt's  Beise  nach  den  rassischen  Provinzen  bis  an 
die  chinesische  Dzungarei,  an  welcher  Theil  zu  nehmen  ich  die  ehrenvolle 
und  freundliche  Aufforderung  erhielt,  und  die  mitten  in  einem  verhängnifs- 
vollen  Kriege  von  Sr.  Majestät  dem  Kaiser  von  Pvufsland  auf  das  liberalste 
begünstigt  und  von  allen  berührten  russischen  Behörden  auf  das  thätigste 
unterstützt  wurde ,  gab  mir  Gelegenheit ,  wieder  einen  sehr  bedeutenden 
Theil  der  Erdoberfläche  kennen  zu  lernen,  und  ich  habe  dabei  nicht  unter- 
lassen, auch  auf  die  geographischen  Verhältnisse  der  kleinsten  Formen  des 
organischen  Lebens  in  jenen  grofsen  Länderstrecken  meine  Aufmerksamkeit 

(')    Nova  Acta  Acad.  Leopold.  Carol.  X.  Pars  I.  p.  157.  1820.  De  mycetogenesi epislola. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  23 

unausgesetzt  zu  verwenden.  Diese  neuen  zahlreichen  Beobachtungen  aber 
hatten  nicht  nur  den  Erfolg,  dafs  ich  eine  ansehnliche  Menge  noch  unbe- 
kannter Formen  entdeckte  und  eine  Übersicht  der  gesuchten  geographischen 
Verhältnisse  wirklich  erhielt,  sondern  sie  hatten  den  noch  weit  einflufsreiche- 
ren  Erfolg,  dafs  sie  mich  durch  Vergleichung  meiner  früher  in  Afrika  und 
Europa  gemachten  Beobachtungen  auf  die  Spur  des  Formenwechsels  dieser 
Körper  leiteten.  Das  regelmäfsige  Zusammenleben  gewisser,  bisher  als  ver- 
schiedene Gattungen  ganz  getrennter,  Formen  in  den  verschiedenartigsten 
geographischen  Verhältnissen  erweckte  in  mir  die  Idee  des  Formenwechsels 
eines  und  desselben  Thieres,  und  meine  auf  diesen  Gesichtspunkt  hinge- 
lenkte Beobachtung  bestätigte  bald  die  gewonnene  Ansicht.  In  der  ver- 
trauensvollen Aussicht,  bestimmte  wichtige  Resultate  auf  diesem  Wege  zu 
erlangen,  beschäftigte  ich  mich  nach  meiner  Rückkehr  nach  Berlin  von 
Neuem  mit  Beobachtung  der  bisher,  wohl  auch  der  Feinheit  und  Schwie- 
rigkeit der  Untei-suchungen  halber,  fast  ganz  unberücksichtigten  allmähligen 
Entwicklung  dieser  kleinen  Organismen,  und  nahm  auch  einen  schon  oft 
vergeblich  geprüften  Versuch  wieder  auf,  durch  gefärbte  Nahrungsstoffe 
den  innern  Bau  derselben  anschaulich  zu  machen.  Diese  Untersuchungen 
waren  im  nächsten  Zusammenhange  mit  meinen  übrigen  Arbeiten,  und 
so  begann  ich  denn  eine  Revision  sämmtlicher  bei  Beriin  lebender  Infu- 
sorien, die  mich  zu  den  festen  Gesetzen  ihrer  kaum  geahneten  organischen 
Ausbildung  und  Form  -  Entwicklung  leitete,  welche  es  möglich  machen, 
diese  Formen  künftig  mit  weit  mehr  Schärfe  zu  bezeichnen,  und  die,  wie  ich 
hoffe,  eine  Dunkelheit  aufhellen  helfen,  welche  bisher  zu  um  so  gröfseren 
Irrthümern  führte,  je  mehr  man  geneigt  war,  in  sie  die  Basis  der  physiolo- 
gischen Systeme  zu  legen. 

Da  die  Resultate  meiner  Beobachtungen  mich  nöthigen,  einen  ganz 
neuen  Weg  für  die  Systematik  der  Formen  einzuschlagen,  an  deren  Namen 
sich  dieselben  knüpfen,  so  würde  ich  unverständlich  werden,  wenn  ich  nicht 
die  Hauptpunkte  der  früheren  schon  bekannten  Systematik  zuvor  übersicht- 
lich und  in  Kürze  beurtheilend  anführen  wollte.  Ich  gehe  demnach  zu 
einer  geschichtlichen  Einleitung  über. 

Das  Studium  der  Infusionsthiere  zerfällt  in  zwei  sehr  bestimmt  ge- 
schiedene Perioden.  Die  erste  war  die  vorbereitende  Periode  der  reinen 
gemüthlichen  Anschauung,  und  währte  von  der  Entdeckung  des  Microscops 


24  Ehuenbero:   Beiträge  zur  Kenn tnifs  der  Organisation 

bis  zum  Erscheinen  der  Systematik  von  Otto  Friedrich  Müller.  Die 
Schriften  dieser  Periode  führen  zuweilen  im  Titel  die  Ausdrücke  „Belusti- 
gungen" und  „Ergötzungen,"  oder  sie  bewundern  und  rühmen  die  Kraft  des 
Microscops,  die  künstliche  Zusammensetzung  unglaublich  kleiner  Naturkör- 
per und  die  Gröfse  Gottes  in  diesen  Erscheinungen,  während  die  Gegen- 
stände der  Beobachtung  diesen  Zwecken  gewöhnlich  untergeordnet  sind.  Die 
zweite  Periode  ist  die  systematisirende,  welche  mit  Müller  begann,  und 
einen  directen  Gegensatz  gegen  die  erstere  bildet.  Obwohl  die  Microscope 
seit  langer  Zeit  sehr  verbessert  und  noch  mehr  verbreitet  sind,  so  ist  doch 
in  der  letzteren  Periode  bis  zum  heutigen  Tage  unverhältnifsmäfsig  wenig 
wissenschaftlich  beobachtet,  und  noch  weniger  genaues  Material  dem  über- 
nommenen zugefügt  worden,  aber  desto  mehr  sind  Speculationenund  systema- 
tische Versuche  auf  die  älteren  Beobachtungen  gegründet  worden.  Nitzsch 
ist  der  einzige  neuere  physiologische  Beobachter  der  Infusorien  unter  den 
Deutschen  geblieben,  und  seine  von  den  Ausländern  übersehenen  scharf- 
sichtigen Untersuchungen  über  den  Darmkanal  und  die  Augen  der  Cercarien, 
und  über  den  Formenwechsel  der  prismatischen  Bacillarien,  wurden  zum 
Theil  durch  v.Baer  bestätigt,  welcher  auch  den,  von  Müller  (p.  SS.),  schon 
cA&papilla  lijalina  und  weiblichen  Geschlechtstheil  angegebenen,  Mund  desPa- 
ramaeciums  als  Saugnapf  wieder  erkannte.  In  Frankreich  hat  Dutrochet  nur 
eine  Form  der  Räderthierchen,  aber  nicht  glücklich  zu  erläuteren  versucht, 
Prevost  und  Dumas  haben  sich  um  die  Kenntnifs  der  Verhältnisse,  nicht 
aber  um  die  Structur  der  Saamenthierchen  verdient  gemacht,  und  Duges  hat 
nur  die  schon  längst  detaillirt  beschriebene  Organisation  der  Alchen -Vibrio- 
nen, durch  gute  Zeichnungen  und  Anatomieen  vor  Augen  gelegt  und  bestä- 
tigt. In  England  beschränkten  sich  die  physiologischen  Infusorienbeobach- 
tungen ebenfalls  auf  die  Structur  der  Alchen  im  Weitzen,  welche  Bauer 
und  Home  erläuterten. 

Da  die  Beobachter  vor  0.  F.  Müller  keine  feste  Grenze  für  den  Be- 
griff der  Infusionsthierchen  hatten,  und  zum  Theil  Larven  höherer  zweiflüg- 
licher,  oder  netzflüglicher  Insecten  und  krebsartige  Schaalthiere  mit  unter 
denselben  beschrieben  und  abbildeten,  so  war  es  nicht  befremdend,  dafs  sie 
im  Allgemeinen  von  einem  Darmkanal,  Mund  nnd  Eierstock  dieser  Formen 
sprachen ,  und  der  erste  Eindruck  der  microscopischen  Erscheinungen, 
welcher  einen  Microcosmus,  im  Gegensatz  der  mit  blofsen  Augen  sichtbaren 


r-  •  r 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  /Verbreitung.  25 

Welt  festsetzte,  beflügelte  langezeit  die  erhitzte  Phantasie  einseitiger  Beob- 
achter, und  man  bewunderte  die  Gefräßigkeit,  List  und  Schärfe  der  Sinne 
der  Infusionsthierchen  mit  vielen  Einzelheiten  ihrer  Eingeweide,  deren  An- 
Wesenheit  man  später  in  Zweifel  zog  und  gänzlich  läugnete. 

Buffon  hielt  die  Saamenthierchen  und  Infusorien  für  struclurlose, 
blofs  belebte  Materie,  und  der  umsichtige  Linne  verschmähte,  weil  er  nicht 
im  Besitz  eines  guten  Microscops  war,  und  wahrscheinlich  auch,  weil  er  die 
groben  Mifsgriffe  der  Beobachter  sah,  fast  alle  Resultate  des  Microscops. 

Otto  Friedrich  Müller,  welcher  gegen  das  Ende  des  18"*  Jahr- 
hunderts und  das  seines  Lebens,  vor  nun  50  Jahren,  zuerst  eine  systema- 
tische wissenschaftliche  Betrachtung  der  Infusorien  versuchte,  schied  zu- 
nächst alles  Fremdartige  von  den  Formen,  welche  ihm  wirklich  eine  eigen- 
tümliche, bisher  nicht  geschiedene  Gruppe  der  thierischen  Wesen  zu  bilden 
schienen,  jedoch  war  es  ihm  selbst  unmöglich,  eine  festere  Grenze  für  die- 
selbe festzustellen,  als  dafs  er  in  der  Vorrede  zu  seinem  classischen  Werke : 
Animalcula  infusoria  cet.  p.  II.  erklärte,  dafs  er  mit  diesem  Namen  alle  solche 
Wasserthiere  verstehe,  die  er  in  den  übrigen  Ordnungen,  besonders  der  6"" 
Linneischen  Thierklasse,  welche  die  Würmer  umfafste,  nicht  unterbringen 
könne,  und  hieran  schlofs  er  die  wirklichen  wenigen  Aufgufsthierchen,  denen 
er  keine  Organisation  zugesteht,  deren  lebendige  Beweglichkeit  sich  aber  zu 
der  der  Thiere  gesellte.  Eine  strengere  Bestimmung  des  Begriffs  der  Infu- 
sionsthiere  hat  Müller  nicht  gegeben.  Dabei  geht  aus  seiner  sehr  fleifsigen 
und  wahrhaften  Arbeit  hervor,  dafs  es  ihm  im  Kleinen,  wie  Linne  im 
Grofsen  erging,  dafs  er  nämlich  die  Vorzüge  des  allseitig  entwickelnden  na- 
türlichen Systems  erkannte,  ohne  in  sich  die  Kraft  zu  dessen  Ausführung  zu 
fühlen.  Müller  sah  die  Wichtigkeit  der  Beachtung  der  inneren  Structur 
der  Infusorien  und  ihrer  oft  deutlichen  grofsen  Ausbildung  ein,  konnte  es 
aber  nicht  über  sich  gewinnen,  dieselbe  zum  Grunde  einer  systematischen 
Abtheilung  und  Übersicht  zu  benutzen.  Mit  Recht  wundert  man  sich,  wenn 
man  in  Müller's  Werke  liest,  dafs  er  Thiere,  deren  Mundöffnung,  Ver- 
dauungs-  und  Fortpflanzungsorgane,  deren  Augen  sogar  er  umständlich  be- 
schreibt, doch  mit  anderen  in  eine  und  dieselbe  Gattung  stellt,  von  denen 
er  selbst  sagt,  dafs  sie  weder  einen  Darmkanal,  noch  die  weitere  höhere  Aus- 
bildung des  Körpers  besitzen.  Diese  wichtigen  Charaktere  erzählt  er  nur 
nebenbei  in  der  ausführlichen  Beschreibung  des  Thieres.    So  stehen  z.  B. 

D 


26  Ehrenberg:  Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

die  so  hoch  ausgebildeten  Formen  der  Furcularien  und  Räderthiere  mit  den 
weit  einfacheren  Vorticellen ,  die  auf  spiralförmig  zusammenschnellenden 
Fäden  sitzen,  in  einer  und  derselben  Gattung  Vorlicella.  Die  Essig-  und 
Flufs-Alchen,  deren  Darm  und  Lebendig- Gebähren  er  beschreibt,  stehen 
mit  den  einfachsten  Stabthierchen,  an  welchen  er  keine  Spur  von  Organen 
und  kaum  eine  Spur  des  Lebens  erkannte,  in  derselben  Gattung  Vibrio,  was 
noch  widernatürlicher  ist,  als  wenn  man  die  Frösche,  wegen  gewisser  un- 
läugbarer  äufserer  Formähnlichkeit,  zu  den  Affen  und  Menschen  gesellte. 
Ähnliche  Beispiele  geben  die  Gattungen  Paramaecium,  Kölpoda,  Cercaria, 
aus  deren  letzteren  allein  der  verdienstvolle  Nitzsch  schon  im  Jahre  1816, 
zwölf  besondere  Thiergattungen  bildete,  die  der  französische  Gelehrte  Bory 
de  St.  Vincent  1S22,  ohne  jene  deutsche  Arbeit  zu  kennen,  ziemlich 
ebenso  absonderte  und  noch  vermehrte.  Auf  gleiche  Weise  verhält  es  sich 
mit  der  Gattung  Trichoda  und  fast  allen  übrigen.  Müller  trennte  zwar  in 
der  Vorrede  zu  seinem  lateinischen  Werke  p.  VII.  die  Infusorien,  ohne 
äussere  noch  innere  Organisation,  von  denen  mit  einer  weiteren  Avisbildung 
bestimmt  ab,  und  nannte  die  zusammengesetzten  Bullaria  (wahrscheinlich 
der  blasenartigen  inneren  Structur  halber) ,  während  die  einfacheren  den 
Namen  Infusoria  behalten  sollten,  allein  er  selbst  hatte  keine  deutliche  Vor- 
stellung von  der  Structur  irgend  einer  dieser  Formen,  und  spricht  sich  in 
der  Vorrede  p.  XII.  deutlich  dahin  aus,  dafs  er  glaube,  die  Infusorien  nähren 
sich  nur  vom  Wasser,  und  dafs  alle  Beobachtungen,  welche  sich  auf  ein  Ver- 
schlingen von  Nahrung  beziehen,  obwohl  er  deren  selbst  gemacht  habe,  nur 
aus  der  strudelnden,  durch  die  Wimpern  der  Vorticellen  erzeugten,  Wasser- 
bewegung,  und  aus  einer  Neigung  zum  Tasten  und  scheinbaren  Nagen  der 
Trichoden  entstanden  und  auf  Täuschung  beruhe,  dafs  alle  in  den  Strudel 
gezogenen  Körperchen  aus  demselben  wieder  herausgeworfen  werden,  und 
er  nie  das  wirkliche  Verschlingen  eines  noch  so  kleinen  Thiferchens  oder  Kör- 
perchens beobachtet  habe.  Aus  diesem  Grunde  hielt  Müller  nicht  für  rath- 
sam,  Beobachtungen  von  inneren  Organen  zur  Basis  für.seine  Systematik  zu 
benutzen,  sondern  er  bediente  sich  nur  der  Verschiedenheiten  des  Äufseren 
zu  Abtheilungen.  Auch  haben  die  späteren  Schriftsteller  den  Namen  Bulla- 
ria, gleich  dem  Autor  desselben,  gar  nicht  berücksichtigt,  obwohl  man  die' 
beiden  von  Müller  vorgezeichneten  Abtheilungen  mit  anderen  Grenzen 
umschrieben  und  anders  benannt,    wirklich  eingeführt  hat.     So  überliefs 


der  Infusorien  und  ihrer  geographiscfien  Verbreitung.  27 

O.  F.  Müller,  indem  er  378  Arten  von  Infusorien  feststellte,  und  diese 
nach  dem  Mangel  oder  dem  Dasein  äufserer  Organe,  und  nach  der  Kör- 
perform in  2  gröfsere  Gruppen  (Familien)  und  in  1 7  Gattungen  vertheilte, 
hei  seinem  Tode  im  Jahre  1785  diefs  Feld  der  Wissenschaft  den  späteren 
Forschern. 

Als  Systematiker  benutzten  hierauf  Gmelin,  Lamarck  und  Cuvier 
das  gegebene  Material  ohne  eigene  Beobachtungen,  pafsten  es,  der  erstere 
seinen  litterarischen  Sammlungen,  die  letzteren  den  ihren  Systemen  zum 
Grunde  liegenden  Ideen  an,  und  trugen  zur  Befestigung  und  Verbreitung  der 
neuen  von  L  i  n  n  e  verschmähten  Lehre  mehr,  als  zu  deren  weiterer  Aus- 
bildung bei. 

Einige  wenige  zweifelhaft  neue  Formen  fügten  im  Jahre  1S02  die 
französischen  Gelehrten  Girod  Chantran  und  Bosc  hinzu,  aber  einen 
neuen  lebendigen  Anstofs  erhielt  die  junge  Wissenschaft  erst  durch  den  ehr- 
würdigen Baier  von  Paula  Schrank,  welcher  im  Jahre  1S03  im  dritten 
Theile  der  Fauna  boica  6S  neue  Infusorienarten  beschrieb,  und  die  bekann- 
ten in  4  Gattungen  mehr  zertheilte,  wie  er  es  schon  durch  frühere  Abhand- 
lungen vorbereitet  hatte.  Nicht  in  gleichem  Maafse  ward  aber  durch  Schrank 
die  anatomisch -physiologische  Kenntnifs  dieser  Thierformen  befördert,  son- 
dern es  leiteten  ihn  dieselben  Principien,  welche  Müller  befolgte,  und  die 
äufsere  Form  bildete  überall  den  Hauptcharakter  der  Thiere,  deren  Structur 
und  Entwicklungskreise  ihm  unbekannt  blieben. 

Treviranus  Biologie  2.  Th.  nahm  1803  den  Kampf  der  Partheieu 
über  die  generalio  spontanea,  welcher  der  scharfsichtige  Müller  anfangs  ab- 
hold war,  dann  aber  seine  Stimme  auch  zuertheilte  (Anim.  infus.  Praefatio 
adjinem.),  lebhaft  wieder  auf,  und  entschied  sich  dafür,  dafs  besonders  die 
Infusorien  den  Beweis  liefern,  dafs  es  Organismen  gebe,  welche  nicht  aus 
Eiern  oder  Keimen  entstehen ,  und  dafs  jedes  Individium  der  organischen 
lebenden  Körper  nach  dem  Tode  in  andere  und  namentlich  diese  infuso- 
rischen  Lebensformen  übergehe,  dafs  hingegen  aus  anorganischen  Stoffen 
nie  lebende  Organismen  hervorgingen.  —  Dafs  es  im  Allgemeinen  eine  un- 
zerstörbare lebensfähige  Materie  und  Lebenskraft  gehe,  welche  erstere,  an 
sich  formlos,  auf  äufsere  Einflüsse  unaufhörlich  sich  in  wechselnde  Formen 
gestalte.  —  Diese  mit  eigenen  Beobachtungen  vermehrte  Zusammenstellung 
der  bisherigen  Erfahrungen  und  Meinungen,    mag  wohl  mit  erweckend  auf 

D  2 


28  Ehrenberg:  Beiträge  zur  Kenntnijs  der  Organisation 

die  Ideen  gewirkt  haben,  welche  2  Jahre  später  Oken  in  seinem  Buche  von 
der  Zeugung  weit  bestimmter  aussprach. 

Oken  erklärte  im  Jahre  1805,  wie  es  schon  Buffon  that,  die  Infu- 
sorien geradehin  für  das  Material  aller  organischen  Körper,  hielt  sie  aber 
nicht,  wie  Buffon,  für  blofse  structurlos  belebte  Materie,  sondern  für 
wirkliche  höchst  einfache  Thiere,  und  unterscheidet  sich  von  Treviranus 
besonders  darin,  dafs  er  nicht  die  Infusorien  als  erste  animalische  Ent- 
wicklungsstufe der  belebten  formlosen  Materie  ansieht  und  dieser  in  den 
Schimmelformen  eine  erste  vegetative  Entwicklungsstufe  zur  Seite  stellt, 
sondern  er  hält  sie  für  die  Materie  aller  organischen,  sowohl  animalischen 
als  vegetaiblischen  Körper  selbst,  welcher  in  ihrer  Einfachheit  die  Form  und 
Natur  des  Infusoriums  zukomme,  und  so  erklärt  er  denn  alles  Wachsen  für 
einen  Zusatz,  alles  Abnehmen  für  ein  Entweichen  von  Infusorien.  Diese 
Ansicht  ist  besonders  deshalb  nicht  haltbar,  weil  der  Grundsatz,  dafs  die 
Infusorien  durch  Vereinigung  mehrerer  Individuen  neue  Körper  bildeten, 
von  der  Erfahrung  nicht  bestätigt  wird.  Zwar  bilden  sich  durch  willkühr- 
liche  Vereinigung  mehrerer  Individuen  zuweilen  Haufen,  aber  diese  Haufen 
lösen  sich  auch  wieder  in  Individuen  auf,  und  verschmelzen  nicht  weiter  zu 
gröfseren  Formen. 

Im  Jahre  1812  wurden  Dutrochet's  Beobachtungen  über  die  Stru- 
ctur  der  Bäderthierchen  in  die  Annales  du  Museum  zu  Paris,  in  den  XTX.  Band 
aufgenommen,  und  sie  bildeten  eine  Zeit  lang  die  Basis  für  die  Systematik 
dieser  Formen,  obwohl  sie  mehr  ideal  als  naturgemäfs  sind,  und  Schaeffer's 
und  Müller's  Beobachtungen  über  mehrere  Formen  derselben  nicht  errei- 
chen. Sowohl  Lamarck  als  Savigny,  Cuvier  und  Schweigger  schenkten 
ihnen  Vertrauen.  Nur  wiesen  die  Systematiker  die  beabsichtigte  Stellung  zu 
den  Mollusken  zurück. 

Es  folgten  hierauf  neue  Versuche  zur  systematischen  Anordnung  der 
Infusorien.  Im  Jahre  1815  trennte  Lamarck  in  seinem  Werke :  Hisloire 
naturelle  des  animaux  sans  verlebres,  die  Infusorien  in  2  Thierklassen.  Er 
entfernte  die  einfacheren,  ohne  Spur  einer  Organisation  (wie  er  es  sich  irrig 
dachte),  zu  einer  eigenen  ersten  (niedrigsten)  Thierklasse,  und  die  mit  äu- 
fsern  oder  inncrn  Organen  versehenen  stellte  er  als  erste  Ordnung  in  die 
zweite  schon  zusammengesetztere  Thierklasse  der  Polypen.  Diese  Abthei- 
lungen, so  richtig  ihre  philosophische  Basis  war,  sind  jedoch  nicht  weniger 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  29 

naturwidrig,  als  die  von  Müller.  Einerseits  hat  Lamarck  jene  Thiere  für 
einfach  und  structurlos  gehalten,  die  es  gar  nicht  sind,  und  andrerseits  hat 
er  hei  den  Unterabtheilungen  nicht  dieselbe  Strenge  in  der  Anwendung  der 
philosophischen  Grundsätze  beibehalten,  und  nicht  ebenfalls  die  sichtbare 
und  von  den  Beobachtern  bestätigte  gröfsere  oder  geringere  innere  Organi- 
sation zur  Basis  derselben  benutzt.  Er  stellte  die  Yorticellen  u.  s.  w.,  deren 
gröfsere  Einfachheit  er  zugesteht,  in  die  Nähe  der  Brachionen,  und  wenn 
er  auch  durch  Zweifel  die  Kauorgane  der  letzteren  zu  entfernen  suchte,  so 
blieben  doch  die  grofsen  Eier,  welche  noch  andere  Organe  nothwendig 
machten.  Um  den  Fehler  der  Inconsequenz  gut  zu  machen,  beging  er  den 
andern,  und  erklärte  die  Eier  für  Gemmen  (IL  p.33.),  obwohl  Corti  das 
Ausschlüpfen  der  Jungen  aus  der  Eischaale  schon  längst  beschrieben  und 
abgebildet  hatte.  Die  zu  den  ferneren  Abtheilungen  gewählte  äufsere  Kör- 
perform sammt  den  äufseren  Organen,  leiteten  zu  denselben  Irrthümern, 
welche  Müller  begangen  hatte. 

In  gleichem  Jahre  erschien  Oken's  Handbuch  der  Naturgeschichte. 
Da  findet  man  die  Infusorien  als  die  erste  Ordnung  der  Geschlechtsthiere, 
oder  der  ersten  Thierklasse,  nach  einem  eigenen  philosophischen  Princip  in 
viele  Gattungen  zerspalten,  deren  Eigenthümlichkeit  nicht  selten  ideal  ist. 
Besonderes  Gewicht  wird  auch  hier  auf  die  generalin  primitiva  und  die  Ver- 
bindung kleinerer  zu  gröfseren  Formen  gelegt.  Die  philosophische  ernste 
Consequenz  hat  der  Natürlichkeit  geschadet,  aber  die  Organisation  ist,  so 
weit  sie  deutlich  bekannt  war,  besser  als  von  den  früheren  Systematikern 
beachtet  worden.  Einige  Formen  sind  mit  richtigem  Vorgefühl  zu  neuen 
Gattungen  erhoben  worden,  in  andern  Fällen  ist  dies  weniger  glücklich  ge- 
schehen. Vibrio  aceti  ist,  dem  wissenschaftlichen  Bedürfnifs  gemäfs,  von 
der  Gattung  Vibrio  gesondert,  und  nur  zu  hoch,  in  die  Gattung  Gordius, 
gestellt  worden.  Eigene  Beobachtungen  von  systematischem  oder  phvsiolo 
gischem  Einflufs  sind  über  diese  Thiergruppe  nicht  daselbst  mitgetheilt  wor- 
den, und  die  Benutzung  besonders  des  von  Müller  gegebenen  Materials  hat 
auch  die  Mehrzahl  von  dessen  Irrthümern  herbeigeführt. 

Georg  Cuvier,  welcher  in  seinem  bekannten  classischen Werke:  Le 
regne  animal distribite  d'apres  son  Organisation,  im  Jahre  IS  17.  vier  grofse  Ab- 
theilungen des  Thierreichs  annahm,  theilte  die  Zoophyten,  als  die  vierte 
einfachste  Abtheilung,  in  5  Klassen.    Die  fünfte  Zoophyten -Klasse  und  die 


30  Ehrenberg:   Beiträge  zur  Kenntmjs  der  Organisation 

letzte  des  ganzen  Thierreichs  bilden  bei  ihm  die  Infusorien.  Diese  werden 
in  2  Ordnungen  getheilt,  deren  erste  die  noch  mit  vermuthlichem  Darm- 
und andern  inneren  unbestimmten  Organen  versehenen  Räderthierchen  un- 
ter dem  Namen  Rotiferes  umfafst.  Cuvier  ertheilt,  Savigny's  Bestätigung 
der  Du  t  röchet  sehen  Beohachtungen  zufolge,  dieser  Gruppe  rücksichtlich 
des  Darmkanals  die  Structur  der  Ascidien,  als  ob  der  Mund  hinten  im 
Grunde  der  Scheide  (bei  Tuhicolarid)  läge,  die  Analöffnung  aber  sich  vorn 
befände.  Die  Räderorgane  hält  er  für  vermuthliche  Respirationsorgane.  Die 
zweite  Ordnung  ist  überschrieben :  Infusoires  homogenes,  um  sie  als  einen 
Sammelplatz  der,  wie  er  glaubt,  proteischen  und  chaotischen  Formen  der 
übrigen  Infusorien  zu  betrachten,  über  deren  Wesen  er  sich  nur  zweifelhaft 
äufsert,  denen  er  aber  weder  Eingeweide  noch  einen  Mund  zugesteht.  Es 
sind  dieselben  Formen,  von  denen  mir  gelungen  ist  nachzuweisen,  dafs  alle 
eine  Mehrzahl  von  Magen,   einige  bis  120  besitzen. 

Je  unsicherer  die  Basis  war,  auf  welche  bis  dahin  die  Systematiker 
bauten,  und  je  ungenügender  mithin  die  systematischen  Versuche,  selbst  für 
Combinationen  ausgezeichneter  Naturforscher  ausfielen,  desto  wichtiger  und 
dankenswerlher  war  der  Beitrag  zur  Infusorienkunde  von  Nitzsch,  Professor 
in  Halle  im  Jahre  1816.  Es  wurde  durch  diese  Untersuchungen  festgestellt, 
dafs  die  Cercarien  Müller's  (eine  Gattung  von  Infusionsthierchen),  so 
ganz  verschiedenartige  Thiere  umfasse,  dafs  dieselben  von  Nitzsch  in  12 
Gattungen  vertheilt  wurden.  Dafs  Wichtigste  aber  war,  dafs  bei  den  eigent- 
lichen Cercarien  von  ihm  ein  Darmkanal  mit  Mundöffnung  und  3  schwarzen 
augenälmlichen  Punkten,  mit  grofser  Wahrscheinlichkeit  nachgewiesen  wurde. 
Auch  bei  Cerearia  viridis  (welche  ich  später  als  zur  Gattung  Euglena  gehörig, 
bezeichnet  habe),  sah  Nitzsch  das  Auge  zuerst.  Hieran  schlössen  sich 
nicht  minder  wichtige  Beobachtungen  über  die  bisher  ganz  verkannte  Form 
der  Bacillarien,  wobei  der  sehr  verdienstvolle  Verfasser  nur  auf  die  weniger 
glückliche  Idee  verfiel,  als  gebe  es  pflanzliche  und  thierische  Körper,  die  in 
eine  und  dieselbe  naturhistorische  Gattung  gehörten.  Vielfache  eigene  Erfah- 
rungen haben  mir  gezeigt,  dafs  die  als  unbeweglich,  also  pflanzlich,  ange- 
sehenen Bacillarien  sich  ebenfalls  bewegen  und  sich  ganz  an  die  Natur  der 
übrigen  anschliefsen,  und  dafs  die  ganz  unbeweglichen  nur  abgestorben  sind. 
Im  Jahre  1810  und  lS20theilte  Schweigger,  damals  Professor  in  Kö- 
nigsberg, sehr  interessante  Zusammenstellungen  und  Beobachtungen  über  die 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  3 1 

niederen  Thiere  mit.  In  seinem  Buche  Beobachtungen  über  natur- 
historische  Reisen  sowohl,  besonders  in  den  dazu  gefügten  Tabellen,  als 
auch  in  seinem  Handbuche  der  Naturgeschichte  der  skeletlosen 
Thiere,  trennt  er  die  Klasse  der  Zoophyten,  welche  Lamarck's  Polypen- 
klasse mit  Zusatz  der  Infusorien  entspricht  (s.  p.  236.),  in  2  Ordnungen. 
Die  erste  enthalt  Thiere,  welche  aus  einer  einfachen  Substanz  gebildet  sind, 
die  andere  solche,  welche  aus  wenigstens  2  verschiedenen  Substanzen  gebil- 
det werden,  wie  z.  B.  die  Corallen.  Jene  erste  Ordnung  der  homogenen 
Thiere  theilt  Schweigger  in  6  Abtheilungen,  von  denen  4  von  Müller's 
Infusorien  erfüllt  sind,  während  2  den  kleinen  weichen  und  nackten  Arm- 
polypen  angehören.  Fast  sämmtliche  Müllersche  Infusorien  gehören  aber, 
wie  bisher,  als  structurlos  zu  der  ersten  Abtheilung ;  die  zweite,  welche  für 
zusammengesetzte  gliedlose  Thierchen  bestimmt  ist,  enthält  nur  die  Essig- 
älchen,  nach  der  sebon  bekannt  gewesenen,  zuerst  von  Oken  gewürdigten 
Struclur,  nebst,  den  Cercarien,  welche,  wie  sie  Nitzsch  kennen  gelehrt 
hatte,  Augen  und  Darmkanal  zeigen.  Die  dritte  Abtheilung  enthält  einige 
behaarte  von  ihm  unrichtig  beurtheilte  Thierchen  ohne  Räderorgane,  und 
die  vierte  Abtheilung  umfafst  die  Räderthierchen  mit  den  Schild  führenden 
Brachionen. 

Diesen  Schweiggerschen  Abtheilungen,  woran  sich  im  Handbuche 
eine  ungemein  fleifsige  Zusammenstellung  aller  physiologischen  Beobachtun- 
gen bis  auf  seine  Zeit  knüpft,  liegt  eine  erfahrungsvolle  Anschauung  und  eine 
physiologische  Ansicht  zum  Grunde,  mit  welcher  er,  die  Kenntnisse  seiner 
Vorgänger  benutzend,  die  wahre  wissenschaftliche  Ansicht  dieser  Thierfor- 
men  förderte,  obwohl  er  den  wahren  Bau  der  Infusorien  bei  weitem  nicht 
erschöpfte,  ja  oft  auch  nicht  ahnete.  Rücksichtlich  der  Ernährung  und 
Fortpflanzung  sagt  Schweigger  p.245.  des  Handbuchs;  „Infusorien  be- 
stehen blofs  aus  Schleim  ohne  irgend  ein  inneres  Organ.  Die  Ernährung 
kann  daher  nicht  anders,  als  durch  die  Oberfläche  geschehen.  Dieselbe  Er- 
nährungsweise haben  auch  die  Infusoria  vasculosa,  ohne  jedoch  darauf  be- 
schränkt zu  sein.  An  einigen  (Cercarien  nämlich)  sah  Nitzsch  eine  Saug- 
mündung u.  s.  w."  Rücksichtlich  der  Fortpflanzung  sondert  Schweigger 
die  Entstehung  der  Infusorien  von  ihrer  Vermehrung,  als  2  geschiedene  Be- 
griffe, ab,  er  sagt  p.  267:  „Infusorien  sind  organische  Materie,  welche  bei 
Desorganisation  thierischer,    oder  vegetabilischer  Körper  frei  wird,    je  nach 


32  Ehrenberg:   Beiträge  zur  Kennlnijs  der  Organisation 

dem  Grade  des  in  ihr  befindlichen  Lebens  und  der  Art  ihrer  chemischen 
Mischung,  kommt  sie  als  Infusorium  von  dieser  oder  jener  Gestalt  zum  Vor- 
schein. P.  275.  desselhen  Werkes  nimmt  er  als  Beobachter  doch  die  Bildung 
organischer  Körper  aus  Infusorien  an.  Über  die  Vermehrung  sagt  er  p.  249  : 
,,  Ungekünstelt  scheint  jede  Vermehrung  der  Infusorien  als  freiwillige  Zer- 
stückelung betrachtet  weiden  zu  können,  entweder  der  äufseren  Suhstanz,  wie 
bei  der  Trennung  der  Paramaecien  und  Bacillarien,  oder  der  inneren  Sub- 
stanz, wie  bei  Vibrio  und  Volvox."  (Hieraus  erkennt  man,  wie  wenig  deutlich 
seine  Idee  in  Betreff  der  Structur  des  Vibrio  war).  Die  ovalen  Körper  in 
den  Paramaecien  hält  Schweigger  p. 250.  ,, nicht  für  Eier  (wie  die  frühern 
es  thaten),  weil  keine  Befruchtungsorgane  da  sind,  sondern  für  zweifelhafte 
Körper,  die  nach  dem  Tode  der  Paramaecien  als  Infusorien  andrer  Art  fort- 
leben." Ich  werde  zeigen,  dafs  die  Körper,  von  d-enen  Schweigger  spricht, 
die  Magen  der  Paramaecien  sind. 

Im  Jahre  1820  vereinigte  Goldfufs  in  seinem  Handbuche  der  Zoo- 
logie die  Essigale  wieder  mit  den  Vibrionen,  und  that  demnach  den  Schritt 
wieder  zurück,  welchen  man  vorwärts  gethan  hatte,  überdies  bildete  er  nach 
den  Abbildungen  der  früheren  Beobachter  einige  neue  Gattungen,  und  er- 
klärte mit  Schweigger  die  Bläschen  im  Innern  der  Paramaecien  und  andern 
Infusorien  für  eigene  zur  Bildung  jener  Thiere  gehörige  Monaden,  welche 
nach  dem  Tode  jener  ihr  selbstständiges  Leben  lebten. 

Ich  erwähne  noch  die  Ansichten  und  Arbeiten  ausländischer  Natur- 
forscher neuerer  Zeit. 

Matteo  Losano  beschrieb  im  Jahre  1823  eine  grofse  Zahl  neuer 
italienischer  Infusorienformen  in  den  Abhandlungen  der  Akademie  zu  Turin 
im  XXIX.  Bande.  Die  Gattung  Proleus,  von  welcher  Müller  zwei,  und 
Schrank  4  Arten  verzeichnet  hatten,  ward  zu  69  Arten  erweitert,  und  die 
Gattung  Kolpoda,  von  der  Müller  16  Arten  beschrieb,  und  die  seitdem 
nicht  vermehrt,  sondern  durch  Entfernen  einiger  Formen  in  andere  Gat- 
tungen vermindert  worden  war,  erweiterte  Losana  zu  64  Arten.  Leider 
zeugen  die  ganz  unbrauchbaren  Abbildungen,  dafs  der  Verfasser  dieser  Ar- 
beit jede  ganz  unbedeutende  Formverschiedenheit  für  Art- Charakter  hielt, 
und  weder  von  der  Entwicklung  dieser  Thiere,  noch  von  ihrer  Structur 
richtige  Ansichten  hatte. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  J'J 

Im  Jahre  1S24  sprach  Nitzsch  sich  im  Artikel  Brachionus  in  der  En- 
cyelopädie  von  Ersch  und  Gruber  dahin  aus,  dafs  diese  Infusorien  in  ihrer 
Structur  den  Entomostracis  glichen,  was  einen  Gegensatz  gegen  Savigny's 
Beobachtungen  bildet,  aber  der  Wahrheit  mehr  gemäfs  ist. 

Im  Jahre  1825  erschien  wieder  ein  eigentümlicher  systematischer 
Versuch  von  Latreille,  dem  verdienstvollen  Entomologen  Frankreichs. 
Latreille  theilt  nicht  mit  Cuvier  das  ganze  Thierreich  in  4  Hauptreihen, 
sondern  nur  in  3.  Der  dritten  Reihe,  welche  die  niedrigsten  Thiere  uni- 
fafst,  giebt  er  den  Namen  Acephala,  kopflose  Thiere,  weil  er  meint,  es 
fehle  allen  bisher  als  Entozoen,  Echinodermen,  Acalephen,  Polypen  und 
Infusorien  verzeichneten  Thieren,  wenn  auch  von  jenen  einige  hie  und  da 
Spuren  von  Nerven  zeigten,  doch  ein  eigentliches  Hirnganglion.  Er  rech- 
net zu  diesen  auch  die  Ascidien.  Diese  Reihe  der  Acephalen  theilt  Latreille 
in  2  Racen,  deren  erste  er,  weil  sie  sich  durch  eigentliche  Verdauungsorgane 
charakterisirt,  Gastrica  nennt. 

Die  Animalia  gastrica  werden  in  S,  in  3  Verzweigungen  geschiedene 
Klassen  getheilt.  Die  achte  Klasse,  welche  der  dritten  Verzweigung,  oder 
den  Pflanzenthieren  angehört,  hat  2  Ordnungen.  Die  erste  enthält  die  Arm- 
polypen, wozu  die  Seefedern  und  eigentlichen  Corallenpolypen  gehören, 
und  die  zweite  ist  nur  für  Räderthierchen  oder  Infusorien  bestimmt,  welche 
einen  Darmkanal  haben  sollen.  Die  Anordnung  ist  ganz  der  ähnlich,  die 
Schweigger  mit  dem  Namen  Monohjla  ciliala  belegt  hatte;  Latreille 
nennt  sie  aber  Trichosioma.  Die  übrigen  Infusorien,  welche  nicht  Räder- 
thiere  sind,  also  bei  weitem  die  Mehrzahl  der  Formen,  trennt  Latreille 
ganz  ab  und  stellt  sie  als  zweite  Race  der  Acephalen  an  das  Ende  des  Thier- 
reichs,  mit  dem  Namen  Agastrica  (magenlose  Thiere),  und  bezeichnet  sie 
folgendermaafsen:  „Diese  Thiere  sind  sehr  einfach;  sie  zeigen  keine  Spur 
eines  Darmkanals,  und  daher  auch  weder  Mund  noch  Analöffnung.  Ihre 
Ernährung  geschieht  durch  Aufsaugen  mit  der  Haut.  Man  kann  sie  mit  be- 
lebten und  beweglichen  Eiern  vergleichen,  oder  mit  Pflanzenzellen,  welche 
einen  thierischen  Charakter  tragen."  Die  Essig -Alchen  und  Cercarien  wer- 
den rücksichtlich  ihrer  Ausbildung  nicht  beachtet,  ebenso  werden  die  vielen 
zerstreuten  Beobachtungen  über  die  Structur  einzelner  anderer  Formen  mit 
Stillschweigen  übergangen.     Bei  den  Thierchen,    welche  Herr  Latreille 

E 


34 


EnRENBEftG:  Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 


magcnlose  Thiere  (dgaslrica)  nennt,  sind,  wie  ich  schon  erwähnte,  bis  120 
Magen  zu  erkennen. 

Zuletzt  hat  sich  Herr  Bory  de  St.  Vincent  der  Systematik  der  In- 
fusorien sehr  ausführlich,  aber  nicht  eben  glücklicher  angenommen.  Das 
neueste  allgemeinere  ist  von  ihm  1826  im  Dictionnaire  classiqiie  mitgetheilt 
worden.  Er  zieht  für  die  Infusionsthiere  den  schon  öfter,  auch  von  Müller, 
verworfenen  Namen  Microscopiqites  vor,  sieht  sie  als  eine  eigene  zusammen- 
hängende Klasse  der  Zoophyten  an,  und  theilt  dieselben  Thiere,  welche 
Müller  in  2  Familien  und  17  Gattungen  vertheilt  hatte,  ohne  durch  neue 
Beobachtungen  ihre  Anzahl  bedeutend  gemehrt  zu  haben,  in  5  Ordnungen, 
1 7  Familien  und  82  Gattungen,  je  nach  der  Anwesenheit  und  Verschieden- 
heit der  äufseren  Organe  und  der  Körperform.  Von  der  ganzen  Klasse  giebt 
der,  als  fleifsiger  Schriftsteller  sehr  bekannte  Verfasser  dieser  Arbeit  fol- 
gende Kennzeichen  an,  welche  ich  mit  einigen  Bemerkungen  begleite : 


Bory. 

Infusorien  (Microscopiques)  sind :  dem 
blofsen  Auge  unsichtbare,  mehr  oder 
weniger  durchsichtige  Thiere  — 

ohne  Glieder  (jnembres)  — 


an  denen  man  bisher  weder  wahre 
Augen,  noch  selbst  deren  Spuren 
erkennen  konnte  — 

Sie  können  sich  in  allen  Theilen 
oder  in  einzelnen  Theilen  zusammen- 
ziehen —  haben  sichtlich  einen  Tast- 
sinn — 

ernähren  sich  nur  durch  Aufsau- 
gung - 


Bemerkungen. 

Nicht  wenige  Arten  sind  mit  blofsem  Äuge 
wirklich  deutlich  sichtbar. 


Viele  haben  schwänz  -  und  halsformige  Kür- 
pertheile,  auch  andere  äufsere  Organe,  die  man 
kaum  anders  als  Glieder  nennen  kann  z.  B.  das 
männliche  Organ  im  Nacken  der  Räderthiere, 
welches  bei  einigen  doppelt  ist,  und  die  Räder- 
organe. 

Viele  besitzen  deutliche  Augen  von  1  bis  12 
an  Zahl,  meist  mit  rothem  Pigment,  meist  1, 
2  und  4. 


Die  Ernährung  ist  wahrscheinlich  nirgends 
durch  Aufsaugen,  Iäfst  sich  bei  der  Mehrzahl 
aber  durch  ein  bestimmtes  Schlingen  mit  ei- 
nem Munde  nachweisen. 


der  Infiisorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  35 

ihre    Erzeugung    scheint    sich    durch  Die  Fortpflanzung  der  Art  geschieht  wahr- 

rru    -i  ]         *     ™n,f<s^    -rr^.«   TT«:        scheinlich  nirgends  durch  Theilung  oder  Keime, 

lheilune  oder  Auswerten  von  Kei-  &  .  ,„..       ' 

°  sondern  diese  dienen  nur  zur  Vervielfältigung 

men  zu  bedingen,  wenn  sie  nicht  aus     dcr  Ind;vl(luen.    vielseitig  läfst  sich  nachwei- 
den UrStoffen  geschieht ;   —  sen ,    dafs  wirkliche  befruchtete   Eier   gelegt 

werden,  und  bei  den  kleineren,  der  Beobach- 
tung weniger  zugänglichen  Formen,  spricht  die 
Analogie  vorläufig  für  dasselbe. 
sie  leben  nur  im  Wasser. 

Es  geht  hieraus  hervor,  dafs  Herr  Bory  de  St.  Vincent,  wie  die 
früheren  Systematiker,  eine  innere  Organisation  dieser  Körper  entweder  gar 
nicht  annimmt,  oder  doch  nicht  für  so  bestimmt  und  richtig  hält,  dafs  die 
Systematik  sie  speciell  berücksichtigen  müfste.  Aus  der  grofsen  Zahl  seiner 
übrigen  im  Diclionnaire  c/assiaiie  verstreuten  ganz  speciellen  Mittheilungen 
geht  aber  hervor,  dafs  er  über  dieselbe  im  Zweifel  geblieben,  indem  er  nur 
historisch  zuweilen  und  auf  Autorität  andrer  Beobachter  ihrer  Erwähnung 
thut.  Bei  der  ersten  und  zweiten  Ordnung,  die  52  Gattungen,  also  beinah 
\  aller  Formen  umfassen,  wird  bemerkt,  dafs  weder  ein  Mund  noch  innere 
Organe  existiren,  bei  den  übrigen  werden  Mund  und  Darm  zwar  genannt, 
aber  nie  umständlich  beschrieben,  und  beim  Article  Rotifere  (Dict.  class.) 
ergiebt  sich,  dafs  der  Verfasser  die  Räderorgane  mit  Lamarck  irrig  für  den 
Rand  einer  grofsen  Mundöffnung  ansieht,  und  dafs  er  ein  Herz  anzunehmen 
geneigt  ist,  ja  sogar  als  von  ihm  beobachtet  angiebt,  was  offenbar  nur  durch 
Verwechslung  des  Eierstockes  mit  dem  Darmkanal,  und  des  letzteren  mit 
einem  Herzen  entstanden  sein  kann,  selbst  wenn  die  Maxillen  richtig  erkannt 
worden  wären.  Hiermit  hängt  auch  die  sehr  bestimmt  ausgesprochene  Idee 
zusammen,  als  gehöre  das  Räderorgan  der  Räderthierchen  zu  einem  Respi- 
rationssystem, die  von  Cuvier  zuerst,  aber  nur  vermuthungsweise  aufge- 
stellt worden  war.  Selbst  die  Existenz  der  grofsen  Augen  des  Rotifer  vulgaris 
bezweifelt  Herr  Bory  nach  p.  686.  desselben  Artikels. 

Aus  diesen  kurzen  Mittheilungen  über  die  ausführliche  Arbeit  des 
Herrn  Bory  de  St.  Vincent  geht  hervor,  dafs  diese  neuesten  Bemühungen 
desselben  über  die  ganze  Gruppe  der  Infusorien  ausschlicfslich  auf  systema- 
tische Zerlegung  und  neue  Zusammenfügung  der  bekannten  Müll  ersehen 
Formen  in  Gattungen  und  Arten  hinzielten,  und,  ohne  sich  auf  neue  Beob- 
achtungen über  Structur  und  Entwicklung  der  Formen  zu  gründen,  beson- 

E2 


36  Ehren  beug:   Beiträge  zur  Kcnntnifs  der  Organisation 

dcrs  den  Zweck  hatten,  alle  äufseren  Formverschiedenheiten  scharf  zn  son- 
dern, und  so  die  Übersicht  der  Formen  zu  erleichtern.  Dafs  es  hierbei  zu 
einigen  sonderbaren  Irrthümern  kommen  mufste,  und  dafs  Müllers  Irrthü- 
mer  dadurch  noch  schneidender  hervortreten  mufsten,  war  nicht  zu  verhin- 
dern; so  finden  wir  denn  auch  Thiere,  welche  etwas  gegessen  haben,  des- 
halb nicht  blofs  mit  Müller  für  eine  andere  Thierart  gehalten,  sondern  zu 
einer  andern  Thiergattung  erhoben,  als  die  Hungrigen  derselben  Art,  denn 
sie  hatten  dadurch  ein  anderes  Ansehen  bekommen  {Monas:  Ophthalmoplarus). 
Bei  andern  bildet  der  durch  Theilung  geschiedene  Vordertheil  andere  Arten 
und  Galtungen,  als  der  Hintertheil  und  das  Ganze,  jedes  für  sich.  Die  Jun- 
gen bilden,  zuweilen  selbst  mehrfach,  andere  Gattungen,  als  die  Alten  einer 
und  derselben  Art,  und  die  verschiedenen  Verwandlungen  eines  und  dessel- 
ben Thieres  sind  sogar  in  verschiedene  Reiche  der  Natur  gestellt  worden 
{Vorticella  }  TJrceolaria  u.  s.  w.).  Dieses  Unterlassen  von  Entwicklungs-  und 
Structurbeobachtungen  entschuldigt  auch  die  Wiederholung  der  Müller- 
schen  Infusorienabbildungen  im  Dictionnaire  classiaue,  obwohl  sie  für  das 
Bedürfnifs  einer  neuern  Systematik  nicht  mehr  ausreichend  sind. 

Aus  einem  mehr  physiologischen  Gesichtspunkte,  erhielt  die  Wissen- 
schaft in  der  neuesten  Zeit  Beiträge  zur  Kenntnifs  der  niedem 
Thiere  vom  Professor  v.  Baer  aus  Königsberg  {Nova  Acta  Acad.  Caes. 
Leop.  Carol,  X.  2.  p.  702.  1826-  1827.),  welche  für  die  Infusorien  rein  syste- 
matisch sind,  aber  nicht  ohne  Einflufs  blieben.  Von  Baer  bemerkt  p.  337: 
,,Wer  wollte  wohl  ernstlich  läugnen,  dafs  auch  die  niedrigste  Thierklasse 
„übereinstimmend  mit  den  übrigen,  nach  der  Organisation  bestimmt  werden 
„müsse?  Da  nun  der  erste  wesentliche  Schritt  zu  einer  gröfseren  organischen 
„Ausbildung  des  Thierleibes  wohl  ohne  Zweifel  in  der  Entwicklung  des  Ge- 
gensatzes einer  inneren  verdauenden  Fläche  und  einer  äufseren  begrenzen- 
„ den  Fläche  besteht,  so  kann  man  L am arck  wohl  beipflichten,  wenn  er 
„das  Fehlen  einer  verdauenden  Höhle  und  einer  Mundöffnung  als  Charakter 
„der  ersten  Thierklasse  betrachtet."  Nach  diesem  sehr  einfachen  und  voll- 
kommenen richtigen  Grundsatze  heifst  es  weiter:  „Allein  man  darf  diese 
„erste  Thierklasse,  die  auch  die  Benennung  Infiisoria  mit  einer  anderen, 
„ etwa  Protozoa  nach  Goldfufs,  vertauschen  müfste,  nicht  so  begrenzen 
„wie  Müller  seine  Infusorien  begrenzt  hat."  —  „Es  scheint  uns  vielmehr, 
„dafs   viele  Hauptformen  der  niedern  Thiere  ihre  Prototypen  unter  den 


der  Infusorien  und  ihrer  gcogiaphischen  Verbreitung.  37 

„Infusorien  finden.     Da  giebt  es  faden-  und  kugelförmige,  kreisrunde  und 
„län°lichflache."    Nach  p.  739.  wird  nun  zuerst  festgesetzt,  dafs  man  unter- 
scheiden müsse,    „verschiedene  Organisationstypen  von  den  verschiedenen 
„Stufen  der  Ausbildung  des  Tbierkörpers."   Nachdem  diese  Idee  durch  Bei- 
spiele aus  den  verschiedenen  Formen  des  Thierreichs  erläutert  worden,  liest 
man  p.746:    „Es  scheinen  deutlich  4  Haupttypen  sich  zu  offenbaren,    der 
„Typus  der  in  die  Länge  gezogenen  gegliederten  Thiere  (der  Längentypus), 
„der  Typus  der  strahlenförmigen  (der  Flächentypus),  der  Typus  der  Mollus- 
cen (der  Massen typus)  und  der,der  Wirbelthiere.    Die  letzteren  vereinigen 
„den  gegliederten- und  Molluskentypus  in  sich,    in  ihren  animalischen  und 
„vegetativen  Formen.     Ja  man  könnte  im  Kopfe  noch  eine  Andeutung  des 
„  strahlenförmigen  Typus  erkennen."  Hieraufmacht  Professor  Baer  auf  die 
Ähnlichkeit  seiner  Gruppen  der  Thiere  mit  der  von  Guvier's  Regne  animal 
aufmerksam,  und  tadelt  nur,   dafs  Cuvier  an  den  gegliederten  Thieren  und 
den  Mollusken  aufser  dem  Typus  ihrer  Organisation,    noch  einen  gewissen 
Grad  der  Ausbildung  verlangt,  und  nennt  diefs  eine  Forderung,  die  man  nur 
an  die  einzelnen  Klassen  machen  sollte,    dessen  Folge  sei,    dafs  alle  niedrig 
organisirte  Thiere  der  strahligen  Form  anheim  fallen,    obgleich  sehr  viele 
nicht  strahlig  gebaut  seien.     Er  erklärt  sich  ferner:    „man  darf  von  diesen 
„Prototypen  nicht  verlangen,    dafs  die  Einzelheilen  der  Theile  z.  B.  des 
„Darm-  und  Nervensystems  so  seien,  wie  auf  höheren  Stufen;  dennDarm 
„und  Nervensystem  sind  nicht  immer  da;    wenn   nur  der  allge- 
„meine  Charakter   sich    erkennen  läfst  (pag.  747.)."     So   soll  sich 
durch  Lineola  {Vibrio  lineola),  Vibrio  {aeeti)}   GordhiSj  Nais,  der  Weg  zu  den 
Ringwürmern,  Insecten  und  Krebsen  finden;  durch  Cjclidium  und  Berenice 
zu  denRhizostomen  undLamarck's  Stellenden;  durch  Bursaria  endlich  und 
Vorticella  versatilis  zu  den  Mollusken ;  die  Wirbelthiere  sollen  keinen  Re- 
präsentanten des  Typus  bei  den  Infusorien  haben.     Hierauf  hat  denn  Herr 
v.  Baer  die  Gruppe  der  Infusorien  ganz  aufgelöst,    indem  ihre  Formen  als 
unvollkommene  Vorbilder  und  Prototypen  der  übrigen  Thierabtheilungen 
angesehen  und  ihnen  zugesellt  werden  sollen. 

Die  Entwicklung  dieser  Ansichten  zeugt  überall  von  des  Verf.  bekann- 
ter geistreicher  Beobachtung  der  Natur,  aber  am  wenigsten  glücklich  waren 
gewifs  die  ebengenannten  systematischen  Ideen.  Schwerlich  dürfte  die  Wis- 
senschaft die  niedersten,   und  am  Ende  alle  Thiere  nach  dem  Längentypus, 


38  Ehrenberg:    Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

Flächentypus  und  Massentypus,  was  doch  mit  einfacheren  Worten  nurheifst, 
nach  dem  sie  lang,  breit  oder  dick  sind  je  abtheilen,  Dann-  und  Nerven- 
system als  untergeordnet  und  Nebensache  ansehen  wollen,  und  anstatt  die 
bei  den  Infusorien  vielfach  erkannten  Spuren  einer  Organisation  beobachtend 
zu  verfolgen,  und  weiter  in  einen  organischen  Zusammenhang  mit  den  durch 
sie  bezeichneten  Thierkörpern  zu  bringen,  einer  Idee  zu  Gefallen,  die  Beob- 
achtung für  vollendet  ansehen,  die  Organisation  der  Thiere  aber  für  unvoll- 
ständig und  rudimentarisch  halten. 

Weit  wichtiger  ist  es  gewifs,  dafs  Herr  v.  Baer  die  Aufmerksamkeit 
auf  die  Mundstelle  des  Paramaeciums  leitete,  obwohl  er  selbst,  seiner  philo- 
sophischen Ansichten  halber,  pag.  756.  wieder  irre  daran  wird,  und  dafs  er 
von  Neuem  auf  Eichhorn's  Beobachtung  der  gröfseren  Ausbildung  von 
Trichoda  Sol  hinweist.  Was  aber  die  Vereinigung  der  mundlosen  Acalephen 
mit  den  Infusorien  betrifft,  welche  er  vorschlägt,  so  würde  ich  nicht  unbe- 
dingt dazu  rathen.  Wer  viele  Acalephen  zu  sehen  Gelegenheit  hatte,  wie 
ich  sie  selbst  gehabt  habe,  weifs  aus  Erfahrung,  dafs  man  mehr  verstümmelte 
findet,  als  vollständig  erhaltene,  die  aber  doch  ebenso,  wie  die  vollständigen, 
ihre  Lebensthätigkeit  fortsetzen.  Demnach  dürfte  vielmehr  anzurathen  sein, 
solche  Formen,  welche  bei  sonst  anwesenden  verbindenden  Charakcren  et- 
was ihrer  Familie  wiederstrebendes  an  Einfachheit  zeigen,  als  unvollkommen 
beobachtet  anzusehen,  und  vielmehr  zu  einer  genauem  Beobachtung  der- 
selben aufzufordern,  als  sich  mit  deren  systematischen  Stellung  zu  bemühen. 

Mit  ganz  ähnlichen  Ideen  trat,  fast  gleichzeitig,  aber  doch  um  1  Jahr 
später  (denn  v.  Baer 's  Abhandlung  ward  1826  abgeliefert,  wie  die  Vorrede 
zeigt)  Dr.  Leuckart  auf,  und  seine  kleine  Schrift:  Versuch  einer  natur- 
gemäfsen  Eintheilung  der  Helminthen  u.  s.  w.  1827.  ist,  wie  jene  interes- 
sante Arbeit  des  Prof.  Baer,  voll  von  nützlichen  Einzelheiten  und  Beob- 
achtungen für  die  Erweiterung  der  Naturgeschichte.  Die  Idee  der  Proto- 
typen, welche  man  in  dieser  Bücksicht  nicht  glücklich  nennen  kann,  herrscht 
in  ihr  ebenfalls,  und  pag.  41.  findet  man  ihre  Anwendung  auf  die  Zerstö- 
rung der  Infusoriengruppe,  so  wie  auch  pag.  40.  die  Metamorphose  der  In- 
fusorien in  Conferven  und  andere  Algen  gebilligt,  ja  sogar  in  der  Anmer- 
kung auf  die  Pilze  übergetragen  wird.  Neues,  was  aus  eigener  Beobach- 
tung für  diese  Formen  gegeben  wäre,  findet  sich  nicht,  sondern  Bory  de 
St.  Vincent's  Arbeit  über  die  Infusorien  ist  überall  zum  Grunde  gelegt. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  39 

Die  besondere  Beziehung  der  Arbeit  auf  die  Eingeweidewürmer  stellt  eine 
Gruppe  der  Infusorien  als  Crypthelmintlien  auf,  wie  schon  zuerst  Götze 
und  dann  von  Olfers  es  vor  längerer  Zeit  angeregt  hatten,  welche  Idee 
von  Leuckart  jedoch  auf  neue  Weise  viel  specieller  ausgeführt  wird  (p.  17.). 

An  diese  Schriften  schliefst  sich  nun  Reichenbachs  Arbeit  in  seiner 
Ausgabe  von  Hemprichs  Grandrifs  der  Naturgeschichte  im  Jahre  1829. 
Was  jene  systematisirenden  Schriften  vorgeschlagen  hatten ,  wird  durch 
Reichenbach  in  einem  Lehrbuche  der  Naturgeschichte  wirklich  eingeführt. 
Die  Gruppe  der  Infusorien  wird  völlig  aufgelöst.  Würmer  heifsen  die  erste 
Thierklasse.  Saamenthierchen  und  Blutkügelchen  bilden  die  erste  Familie 
der  Vermcs  Agami,  und  heifsen  Protobii.  Die  zweite,  dritte  und  vierte  Fa- 
milie bilden  die  Entozoen.  Die  zweite  Thierklasse  ist  überschrieben :  Mol- 
lusca. Die  erste  Ordnung  derselben  enthält  als  Mollusca  radiata:  Corallen, 
Tubularien,  Hydren,  Actinien,  Medusen  und  Echinodermen.  Die  zweite  Ord- 
nung heifst  Mollusca  palliata}  und  umfafst  Infusorien,  Salpen,  Ascidien, 
Testaceen,  Cirrhopoden  und  Gasteropoden.  Die  Infusorien  werden  zum 
Theil  unbedeckte  Acephalen  genannt.  Proteus  M.  schliefst  sich  an  Salpa  und 
die  Ascidien.  Die  Glockenpolypen  (Vorlieella  M.)  sind  weit  getrennt,  und 
bilden  die  erste  Gruppe  der  Cephalopoden.  Clio  macht  den  Übergang  von 
Vorticella  zum  Nautilus  und  Dintenfisch. 

Zwischen  die  übrigen  Formen  der  Müllerschen  Infusorien  tritt  die 
zweite  Oberabtheilung  des  Thierreichs,  die  der  Gelenkthiere.  Diese  zer- 
fallen in  Vielgel enkthiere  (Poljmeria)  und  Kerbthiere  (Insecta).  Die  erste 
Ordnung  der  Polymerien  sind  die  Ringelthiere  (Annulata),  welche  mit  Vi- 
brio aceli  anfangen,  und  durch  Gordius  zu  Planaria  und  Lumbricus  überge- 
hen. Cercaria,  Nais}  Nereis  und  Aphrodita  bilden  die  vierte  Familie  der- 
selben Thierordnung.  Die  zweite  Ordnung  umfafst  die  Krebsthiere  (Carci- 
noidea}  Crustaced)  welche  mit  den  Räderthierchen  (Rotlfer),  als  ihren  nack- 
ten Formen  anfangen,  wozu  Cypris,  Cjtherina  und  Zoe  gezogen  werden. 

Da  diese  Anordnungen  nicht  neue  umständliche  Beobachtungen  einer 
ausgebildeten  Structur  der  Infusorien  aussprechen,  sondern  vielmehr  die  Idee 
der  Prototypen  verfolgen,  so  haben  offenbar  die  angezeigten  Schriften 
einen  bedeutenden  Einflufs  auf  diefs  Handbuch  ausgeübt,  wodurch  Hem- 
prichs Ansichten  in  ihrem  Grunde  verändert  sind.  Der  grofse  Fleifs  des 
über  mein  Urtheil  hinausragenden,    mir  befreundeten  Botanikers  ist,   wie 


40  Ehren berg:    Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

überall,  so  auch  hier  klar  zu  erkennen,  aber  Göthe  sagt,  dafs  ihm  Schiller 
einst  geantwortet  habe:  Wie  kann  jemals  Erfahrung  gegeben  werden,  die 
einer  Idee  angemessen  sein  sollte?  Morphol.I.  p.  95. 

Die  neuesten  Bereicherungen  sind  von  Herrn  Morren  aus  den  Nie- 
derlanden, welcher  in  diesem  Jahre  aus  der,  von  Bory  de  St.  Vincent 
mit  einigen  Müll  ersehen  Infusorien  gebildeten  Gattung  Leiodina  2  Gattun- 
gen gemacht  hat,  allein  da  die  bekannteren  der  von  ihm  beschriebenen 
Thiere  meiner  Erfahrung  nach  Räderorgane,  Darmkanal,  Augen  und  Nerven 
besitzen,  der  Abhandlung  zufolge  aber  von  dem  allen  nichts,  nicht  einmal 
der  Darmkanal  erkannt  wurde,  so  kann  die  Arbeit  nicht  von  Einflufs  auf 
die  Systematik  sein. 

Eben  so  verhält  es  sich  mit  einer  ganz  erstaunenswerthen  Menge 
neuer  Infusorien  von  Herrn  Losana  in  den  Memorie  di  Turino  im  letzten 
XXX.  Bande,  wo  wieder  50  Arten  der  Gattung  Välvox,  77  Arten  der  Gat- 
tung Cyclidium,  28  Arten  der  Gattung  Paramaecium  und  26  Arten  einer 
neuen  Gattung  Oplarium  beschrieben  uud  abgebildet  werden,  von  denen 
nur  wenige  der  Wissenschaft  zu  Gute  kommen  dürften,  da  ihre  Charaktere 
sich  nur  auf  die  äufsere  Form  gründen,  welche  wechselnd  ist,  und  die  Ab- 
bildungen ganz  ungenügend  sind.     Bjdragen  door  van  Hall caet.  V.  2. 

Somit  glaube  ich  den  jetzigen  Stand  der  Kenntnisse  in  dieser  Abthei- 
lung der  Naturgeschichte  im  Wesentlichen  bezeichnet,  die  vielseitigen  Be- 
mühungen ausgezeichneter  neuerer  Gelehrten  zur  Aufhellung  des  Gegen- 
standes dargethan  und  eine  Vergleichung  des  Neuen  und  Einflufsreichen  mei- 
ner folgenden  Beobachtungen  übersichtlich  und  leicht  gemacht  zu  haben 

I. 

Über  die  Ernährung  und  deren  Organe  bei  den  Infusorien 
nach  neuen  Beobachtungen. 

Bisher  stimmten  die  neuesten  Schriftsteller  und  Beobachter  darin  über- 
ein, dafs  die  Infusorien  durch  Aufsaugung  mit  ihrer  ganzen  äufsern  Fläche 
sich  nährten  und  dafs  wenige  mit  Mundöffnung  versehene  zusammengesetz- 
tere sich  neben  der  allgemeinen  Resorbtion  durch  einen  eigenen  inneren 
Apparat,    aber  nicht  ausschliefslich  durch  diesen  ernährten.     Ich  gehe  nun 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  4 1 

zur  Beschreibung   der  Ernährungsorgane   der  einfachsten  Infusorien  über, 

und  spreche  zuerst  den  Satz  aus : 

„Alle  wahren  Infusorien,  auch  die  kleinsten  Monaden, 
„sind  nicht  structurloser  Schleim,  sondern  organisirte, 
„wenigstens  mit  Mund  und  innerem  Ernährungsapparat 
„deutlich  versehene   Thierkörper. 

Beobachtungsmethode. 

Bei  den  Räderthieren  waren  zwar  die  neuesten  Beobachter  darin  über- 
einstimmend, dafs  man  ihnen  innere  Organe,  und  namentlich  einen  Darm- 
kanal, und  zuweilen  einen  Eierstock  zugesteht,  allein  noch  sind  die  Mei- 
nungen widersdrechend  rücksichtlich  der  Form,  und  Herr  Borv  de  St. 
Vincent  spricht  nur  zweifelhaft  von  derselben  und  ohne  klare  Ansicht. 
Herr  Savigny,  der  feine  Zergliederer  der  Ascidien,  fand  die  Structur  der 
Räderthiere,  wahrscheinlich  durch  Du t röchet  verleitet,  analog  der  der 
Ascidien,  und  der  ebenfalls  trefflich  beobachtende  Nitzsch  schliefst  die 
Brachionen  den Entomostracis  an.  Zufolge  Savigny's  Beobachtungen,  welche 
Cuvier  in  seine  Systematik  des  Thierreichs  aufnahm  und  über  die  ganze 
Familie  ausdehnte,  liegt  die  Analöffnung  vorn,  der  Mund  im  Innern  einer 
sackförmigen  Bekleidung  des  Körpers  nach  hinten.  Die  von  Nitzsch  beob- 
achtete Analogie  der  Enlomostraca  würde  dies  umkehren.  Baker  und  viele 
ältere  Beobachter  sprachen  schon  deutlich  vom  Darm  rW  Räderthiere,  und 
Müller  sah  sogar  seine  Spur  bei  Paramaecium  und  Arten  der  Gattun«  Leuc- 
ophra.  Die  Abbildungen  jener  älteren  Beobachter  entsprechen  aber  ihren 
bestimmten  Ausdrücken  nicht  und  zeugen  von  der  Unklarheit  des  Beobach- 
teten. Feinere  Infusorien  erkannten  alle  Beobachter  für  belebten  structur- 
losen  Schleim,  und  einige  bewiesen  sogar  dessen  naturgemäfse  Nothwen- 
digkeit. 

Nach  vieljährigen  Beobachtungen  dieser  kleinen,  für  die  Grundsätze 
der  Physiologie,  und  da  sie  in  so  unbegreiflicher  Menge  vorhanden  sind, 
wahrscheinlich  für  den  Haushalt  der  Natur  höchst  wichtigen  Thiere  bin  ich 
erst  spät  auf  ein  sehr  nahe  liegendes  Büttel  gekommen,  durch  welches  es  mir 
bald  gelang,  mit  Sicherheit  über  den  innern  Bau  derselben  zu  entscheiden, 
und  dies  Resultat  ist  es  hauptsächlich,  welches  ich  der  Akademie  vorzutragen 
die  Ehre  haben  wollte.     Ich  habe  durch  Anwendung  von  färbenden  orga- 

F 


42  Ehrenberg :  Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

nischen  Substanzen  als  Nahrungsmittel  für  die  Infusorien  bewirkt,  dafs  sich 
bei  allen  von  O.  F.  Müller  richtig  verzeichneten  Gattungen  dieser  Thier- 
gruppe  ein  deutliches  zusammengesetztes  Ernährungsorgan  erkennen  liefs. 
Zwar  wurde  schon  in  früherer  Zeit,  gleich  Trembley's  Versuchen  mit 
Färbung  der  Armpolypen,  auch  mit  diesen  Thierchen  von  Gleichen  ein 
Färbeversuch  angestellt;  dieser  blieb  aber  mehr  ein  Scherz  und  ohne 
Erfolg  für  die  Kenntnifs  der  Structur  dieser  Wesen.  Schon  vor  10  Jahren 
versuchte  ich  öfters  durch  Farbesubstanzen  den  Ernährungsapparat  der  In- 
fusorien kenntlich  zu  machen,  es  mifslang  jedoch  immer,  weil  ich  nur  me- 
tallische, erdige  oder  gekochte  Farbesubstanzen  wählte,  welche  entweder 
die  Thiere  bald  tödteten,  oder  zu  Nahrungsstoffen  für  dieselben  nicht  geeig- 
net waren.  Ich  wendete  auch  Indigo  und  Lackfarbe  an,  bedachte  aber 
nicht,  dafs  zubereitete  erkäufliche  Farben  dieser  Art  mit  Bleiweifs  versetzt 
zu  sein  pflegen.  In  der  neueren  Zeit  fiel  mir  ein,  dafs  dieser  Zusatz  wohl 
das  Hindernifs  sein  könnte,  und  ich  stellte  deshalb  Versuche  mit  reiner  In- 
digofarbe und  reinem  Karmin  an.  Dies  gelang  aufs  Glücklichste.  Im  Zu- 
sehen verzehrten  die  gestielten  Vorticellen  diese  Nahrung  und  füllten  in  we- 
nigen Minuten  zu  meiner  Überraschung  eine  Anzahl  runder  kleiner  Magen  da- 
mit an,  welche  mir  bis  dahin  nie  deutlich  geworden  waren.  So  erkannte 
ich  allmählich  in  kurzer  Zeit  bei  allen  Thierchen,  welche  mir  Infusionen  und 
Frühjahr  reichlich  boten,  den  Verlauf  ganz  bestimmter  Ernährungsorgane. 
Es  bedarf  mithin,  zu  diesen  Versuchen  organischer  Farbesubstanzen,  welche 
sich  nicht  zu  innig,  nicht  chemisch  mit  dem  Wasser  verbinden  und  die  das 
eigentliche  Element  der  Thiere,  das  meteorische  Wasser,  nicht  verändern, 
sondern  nur,  als  mechanisch  beigemischte  sehr  feine  Körperchen,  trüben. 
Viele  sogenannte  Tuschfarben  sind  mit  Bleiweifs  (')  versetzt,  und  werden 
darum  von  den  Thierchen  oft  ganz,  oft  lange  Zeit  verschmäht.  Reiner  In- 
digo, Karmin  und  Saftgrün  sind  3  sehr  durchsichtige,  im  Microscop  deutlich 
zu  erkennende  Farben,  welche  mir  den  oft  geprüften  Dienst  nie  versagen. 

Rücksichtlich  des  Instruments  ist  zu  bemerken,  dafs  ich  ein  Microscop 
von  Chevallier  besitze,    und  mit  demselben  diese  Beobachtung  leicht  zur 


(')  Man  erkennt  Bleiweifsfarben  dadurch  sogleich,  dafs  man  ein  wenig  aufgelöste  Farbe  auf 
ein  Glastäfelchen  bringt  und  etwas  Wasser  darüber  ablaufen  läfst.  Das  schwere  Weifs  bleibt 
als  Bodensatz  liegen. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  43 

klaren  Anschauung  bringen  kann.  Nur  bei  einer  Vergrößerung  von  300  bis 
400  mal  im  Durchmesser  (die  Chevallierschen  Microscope  für  SO  Rthlr. 
erlauben  eine  Vergrößerung  von  S00  mal  im  Durchmesser),  erkennt  man  die 
Infusorien  so  deutlich,  dafs  ihre  Structur  mit  Hülfe  jener  Methode  ganz 
sichtbar  wird.  Mit  geringern,  obwohl  klaren,  oder  mit  unklaren  Vergröfse- 
rungen  habe  ich  mir  oft  fruchtlose  Mühe  gegeben,  es  andern  deutlich  zu 
machen,  obwohl  ich  es  selbst  erkannte.  Das  unmittelbare  Sonnenlicht  mufs 
man  vermeiden.  Am  Stiele  festsitzende  Glockenpolypen  (Vorticellen)  sind 
für  die  erste  Beobachtung  die  besten  Formen.  Übung  lehrt  auch  die  beweg- 
lichsten Thierchen  belauschen,  indem  man  mit  der  Hand  das  Objectglas  so 
bewegt,  dafs  ihr  Lauf  nie  aus  dem  Gesichtsfelde  geht.  Ein  Augenblick  der 
Ruhe  giebt  bald  ein  fafsliches  Bild,  das  man  bis  zur  Klarheit  sich  wiederholt. 

Aufser  vielen  systematischen  Resultaten  sind  besonders  folgende  ana- 
tomische und  physiologische  von  mir  erlangt  worden: 

1 .  Es  existirt  keine  Aneignung  fester  oder  gefärbter  flüssiger  Stoffe  durch 
die  allgemeine  Körperbedeckung.  Die  allgemein  angenommene  Haulresorb- 
tion  flüssiger  ungefärbter  Stoffe  bei  den  Infusorien  läfst  sich  weder  factisch 
beweisen,  noch  jetzt  mehr  wahrscheinlich  machen,  da  eine  deutliche  Auf- 
nahme fester  Stoffe  und  Ernährung  durch  ein  Schlingen  mit  einem  Mund 
ihre  Nothwendigkeit  entfernt.  Auch  nach  wochenlangem  Aufenthalte  meh- 
rerer Generationen  in  gefärbtem  Wasser  bleibt  der  Körper  durchsichtig, 
während  die  Magensäcke  im  Innern  von  Nahrungsstoff  strotzen. 

2.  Alle  kleineren  Infusorien,  deren  Gröfse  nicht  unter  ^  einer  Pariser 
Linie  ist,  also  nicht  durch  Kleinheit  sich  der  Kraft  unserer  optischen  Instru- 
mente entzieht,  zeigen,  wie  die  gröfseren,  unter  günstigen  Verhältnissen  einen 
inneren  mit  Farbe  angefüllten  Ernährungsapparat.  Bei  den  Monaden  läfst 
sich  ein  Mund,  oft  mit  Wimpern,  unterscheiden,  mit  welchem  2  bis  6  Magen 
in  Verbindung  stehen.  In  Monas  termo ,  deren  Gröfse  bis  jJ^  -  y^  Linie 
beträgt  ('),  erkannte  ich  noch  4  rund  angefüllte  Magen,  und  glaubte  sogar 
auch  zuweilen  6  zu  sehen,  welche  ersteren  noch  nicht  die  Hälfte  des  Thier- 
chens  nach  hinten  einnahmen.  Ein  solcher  Magen  der  Monas  termo  ist  dem- 
nach etwa  Jgg  einer  Linie  grofs.    Wahrscheinlich  hat  sie  einen  Kranz  von 

(')    Ich  messe  mit  einem  Glasmicrometer  von  Dollond,    welches  einen  ,-5555  Zoll  direct 
angieht. 

F2 


44  Ehrenberg:  Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

10  bis  20  Wimpern  um  den  Mund,  wie  Monas  pulvisculus  und  die  übrigen 
gröfseren  Monaden,  und  giebt  man  den  einzelnen  Farbetheilcben,  womit 
sich  die  Magen  allmälig  füllen,  auch  keine  grofse  Zahl,  so  ist  es  doch  aller 
Wahrscheinlichkeit  gemäfs,  dafs  jeder  sich  durch  eine  Mehrzahl  von  Atomen 
füllt.  Ist  aber  jeder  Magen  nur  durch  3  Farben -Atome  gefüllt,  welche  der 
sichtbaren  Rundung  wegen  wenigstens  anzunehmen  sein  müfsten,  so  giebt 
das  schon  einen  Beweis  für  die  Existenz  von  materiellen ,  frei  im  Wasser 
schwimmenden  festen  Theilchen,  welche  wir  nicht  läugnen  können,  die  ^^hfi 
einer  Linie,  oder  W^jöo  eines  Zolles  im  Durchmesser  haben.  Es  ist  ferner 
meinen  Beobachtungen  zufolge  sehr  wahrscheinlich,  dafs  die  Gattung  Monas 
und  mehrere  an  sie  angrenzende  gar  nicht  als  eigene  Thierformen  aufzustel- 
len sind,  sondern  dafs  sie  die  Jugendzustände  der  Kolpoden,  Paramaecien 
u.  s.  w.  sind,  die,  wie  die  Rhizomorphen  und  Byssen  der  Pilze,  oft,  aufser 
einer  Theilung,  gar  nicht  zur  Entwicklung  kommen  mögen.  Ihre  Entwicklung 
mag  von  der  günstigen  chemischen  Beschaffenheit  des  Wassers  u.  s.  w.  ab- 
hängen. Ist  aber  diese,  bis  jetzt  noch  hypothetische,  Behauptung  nicht  ge- 
gründet, oder  nur  auf  einen  Theil  derselben  anwendbar,  giebt  es  also  selbst- 
ständige Thiere  so  geringer  Gröfse,  so  fordert  die  Analogie,  dafs  wir  Eier- 
stöcke bei  den  Monaden  annehmen,  wie  sie  bei  Kolpoda  sind.  Nun  verhalten 
sich  die  Durchmesser  der  fadenförmigen  netzartig  verstrickten  Fasern  des 
Eierstockes  der  Kolpoda,  welche  die  Eier  enthalten,  oder  aus  aneinander  ge- 
reiheten  Eiern  bestehen,  zum  Mutterthiere,  wie  40  zu  1,  daher  dürften  wir 
junge  Monaden  zu  suchen  haben,  welche  ggoöö  einer  Linie  oder  77^000  emes 
Zolles  im  Durchmesser  haben  und  auch  Magen  besitzen.  Ich  übergehe  die 
Wände  dieser  Monaden -Magen  und  spiele  nicht  weiter  mit  Zahlen,  öffne  nur 
das  Gesichtsfeld  in  diese  Tiefe  des  organischen  Lebens. 

Diefs  von  Monas  termo.  Monas  lens  von  Müller  hat  diesen  Namen 
nur  in  der  Fastenzeit,  wenn  sie  ganz  nüchtern  ist,  hatte  sie  aber  etwas  ge- 
speist, so  nannte  sie  Müller  Monas  atomus,  und  Bory  de  St.  Vincent 
stellte  die  gesättigten  in  einen  höheren  Rang,  in  die  Gattung  Ophthalmoplanis, 
indem  er  den  Magen  als  ein  Auge  bezeichnete.  Die  hungrigen  liefs  er  in  der 
Gattung  Monas. 

Bei  den  Gattungen  Enchelys,  Paramaecium,  Kolpoda  caet.  existirt  ein 
den  ganzen  Körper  durchlaufender,  mit  vielen  Blindsäcken  versehener  Darm- 
kanal in  Form  einer  Traube,  zuweilen  gerade,  zuweilen  spiralförmig  gekrümmt. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  45 

Die  Gattung  Enchelys  hat  vom  eine  Öffnung  mit  Wimpern  und  die  Anal- 
öffnung am  entgegengesetzten  Ende.  Die  Gattung  Paramaecium  hat  den 
ebenfalls  mit  Wimpern  besetzten  Mund  in  der  Mitte  ihrer  Körperlänge,  und 
daneben  nach  hinten  zu,  nicht  am  Ende,  die  Auswurfsöffnung.  Die  Gattung 
Kolpoda  besteht  aus  sehr  verschiedenen  Thieren.  Kolpoda  cucullus  hat  die 
Structur  der  Paramaecien.  Kolpoda  cucullulus  hat  eine  schiefe  grofse,  von 
einer  gewimperten  Lippe  überragte  Mundöffnung,  wodurch  sie  sich  an  die 
Formen  der  Gattung  Trachelius  von  Schrank  anschliefst,  und,  wie  diese, 
ebenfalls  eine  hintere  Auswurfsöffnung.  Sie  ist  übrigens  ein  und  dasselbe 
Thier  mit  Trichoda  auranlia  Müller,  welche  nur  den  Vorzug  hat,  dafs  sie 
etwas  Pomeranzenfarbiges  zu  sich  genommen.  Der  abstechenden  Farbe  we- 
gen, sind  bei  der  gesättigten  die  Wimpern  deutlicher  zu  erkennen,  daher 
hat  sie  Müller  unterschieden,  und  Bory  de  St.  Vincent  aus  ihr,  mit  an- 
deren sehr  verschiedenen  Thierarten,  die  Gattung  Plagiotricha  gebildet.  Bei 
all  den  genannten  Formen  sind  die  Blindsäcke  des  Darmkanals ,  oder  die 
Magen,  bisher  entweder  mit  Müller  für  Eier,  oder  mit  Bory  de  St.  Vin- 
cent für  einen  zweiten  organischen  Urstoff,  oder  mit  Schweigger  für  in- 
nere zur  Individualität  des  Thieres  gehörige,  nach  dem  Tode  desselben  aber 
frei  werdende  Monaden  u.  dergl.  gehalten  worden.  Ich  zählte  solcher  belie- 
big blau,  roth,  oder  grün  sich  im  Zusehen  anfüllender  Blindsäcke  bei  Para- 
maecium Chrjsalis  und  Aurelia  100  bis  200,  und  sah  noch  Raum  für  andere. 
Unangefüllt  sind  diese  Blindsäcke,  wegen  farbloser  Durchsichtigkeit,  wegen 
fadenförmig  zusammengezogener  Form  und  kleinen  Durchmessers  nicht  zu 
unterscheiden,  jedoch  kann  sie  das  Thier  auch  mit  Wasser  füllen,  und  dann 
erscheinen  sie  als  die  farblosen  Blasen,  welche  wohl  die  meisten  bisher  für 
Eier,  oder  verschluckte  Monaden  hielten.  Ihre  Veränderlichkeit  in  Zahl 
und  Form,  welche  Schweigger  über  ihre  Natur  zweifelhaft  machte,  ist  nun 
wohl  zu  begreiffen.  Angefüllt  mit  festem  Nahrungsstoffe  erscheinen  diese 
Magensäcke  wie  abgeschlossene  Kugeln,  indem  der  Verbindungskanal,  welcher 
zum  Darm  geht,  sich  zuschnürt  und  durchsichtig  wird.  Auch  sind  die  Ma- 
gensäcke einer  willkührlichen  Ausdehnung  fähig,  und  füllen  sich  bei  Raub- 
thieren  daher  zuweilen  mit  ganz  unverhältnifsmäfsig  grofsen  Stäbchenthieren 
und  dergl.  Wird  einer  stärker  ausgefüllt,  so  verhindert  seine  Erweiterung,  dafs 
die  benachbarten  gefüllt  werden,  daher  sieht  man  immer  mehr  Magen,  wo 
dieselben  kleiner  und  gleichförmiger  erscheinen,  weniger,  wo  einzelne  gröfser 


46  Ehrenberg:   Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

sind.    Die  Analöffnung  erkennt  man  leicht  und  mit  Überzeugung  durch  die 
Ausleerungen  gesättigter  Thiere. 

Die  Gattungen  Trichoda,  Leucophra}  Kerona  von  Müller  haben  die- 
selbe Structur.  Ihre  Trennung  von  Bory  de  St.  Vincent  ist  meist  un- 
glücklich und  naturwidrig.  Nur  die  Stellung  des  Mundes  und  der  Auswurfs- 
öffhung,  nicht  die  vielen  Abänderungen  unterworfene  Körperform  giebt 
Charaktere,  wo  nicht  verschiedenartige  deutliche  äufsere  Organe  zu  Hülfe 
kommen.  Bory 's  Gattungen  Ploesconia}  Coccudina  u.  dergl.  sind  ganz  mit 
Unrecht  zu  den  Brachionen  gestellt.     Sie  gehören  zu  den  Polfgastricis. 

Eine  eigenthümliche  Organisation  haben  die  Vorticellen,  welche  auf 
spiralförmig  zusammenschnellenden  Fäden  sitzen.  Sie  haben  keine  Öffnung 
in  der  Mitte  ihres  Wirbelorgans,  wie  man  allgemein  glaubte,  sondern  sie 
haben  seitlich  am  obern  Bande  eine  Grube,  in  der  sich  Mund  und  Analöff- 
nung befinden.  Der  Darm  mit  vielen  (ich  zählte  bis  36)  Blindsäcken  ver- 
sehen ,  verläuft  zirkeiförmig  im  Körper.  Das  Wirbelorgan  besteht  aus  2 
Kreisen  von  Wimpern.  Der  Stiel  hat  bei  vielen  Arten  einen  inneren  Spiral- 
faden, bei  andern  nicht,  bei  einigen  ist  er  gerieft.  Der  Gattung  Tickel  von 
Oken,  oder  Opercularia  von  Goldfufs,  welche  man  aus  Eichhorn  ent- 
nommen, liegt  eine  Täuschung  zu  Grunde.  Sie  haben  keinen  Deckel,  son- 
dern der  allen  gestielten  Vorticellen  gemeinschaftliche  mittlere  Discus  hebt 
sich  nur  bei  ihnen  mehr,  weil  sie  den  Mund  weiter  aufmachen,  als  andere, 
den  man  daher  auch  deutlicher  sieht.  Bei  der  Gattung  Stentor  {Vorticella 
polymorphe ,  stentorea),  sah  schon  Müller  den  Verlauf  des  Darmkanals,  er- 
kannte ihn  aber  nicht. 

3.  Aufser  dem  zusammengesetzten  Ernährungsapparat  sind  diese  kleine- 
ren Infusorien  mit  einer  zelligen  Masse  erfüllt,  welche  Kolpoda  eucidlus  in 
Absätzen  durch  die  Analöffnung  auswirft,  und  die  ich  für  einen  Eierstock 
halten  zu  müssen  glaube.  Ich  rechne  zur  Eierstockausscheidung  auch  das 
bekannte  plötzliche  Zerfliefsen  der  lebendigen  Infusorien  in  einen  feinkörni- 
gen Schleim.  Der  Tod  der  Coccus -Mütter  giebt  eine  entfernte  Analogie  für 
diese  Erscheinung,  die  nicht  krankhaft  sein  kann. 

4.  Aus  meinen  Beobachtungen  über  die  Entwicklung  der  Infusorien  er- 
giebt  sich,  dafs  dieselbe  grofse  Formverschiedenheiten  bedingt,  welche  zwar 
einen  festen  Gyclus  haben,  bisher  aber  ganz  unbeachtet  blieben,  und  zu 
grofsen  Irrthümern  Anlafs  gegeben  haben.    Ich  habe  mich  überzeugt,    dafs 


der  Inßisorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  47 

12  Müll  er  sehe  Arten  der  Gattung  Forticeila,  nur  verschiedene  Zustände  s£ 
eines  und  desselben  dreizehnten  Thieres  sind,  und  aus  diesen  sind  von  La- 
raarck,  Schrank  und  besonders  Bory  de  St.  Vincent  sechs  verschiedene 
Gattungen  gebildet  worden,  nämlich  die  Gattungen  Ecclissa,  Rinella,  Kero- 


balana,  Urceolaria,  Craterina  und  Ophrydia,  welches  verschiedene  Zustände 
der  Vorticella  corwallaria  sind.  Nur  für  die  Gattung  Ophrydia  bleibt  die  zu- 
fällig mit  hineingezogene,  von  den  übrigen  ganz  abweichende  Vorlicella  ver- 
saiilis  Müller,  eine  besondere  Form.  Aus  diesen,  jetzt  nicht  weiter  auszu- 
führenden Mittheilungen  ergiebt  sich  wohl  schon  hinlänglich,  dafs  die  ganze 
Systematik  der  Infusionsthiere  einer  radicalen  Reform  bedarf. 

Ich  habe  bisher  nicht  von  den  Räderlhierchen  gesprochen,  weil  diese 
eine  eigene  natürliche  Thierklasse  zu  bilden  scheinen.  Ihre  Beobachtung 
hat  mir  ebenfalls  vielen  Stoff  zu  Mittheilungen  von  grofsem  Interesse  gege- 
ben, welche  ich  durch  Erläuterung  der  Structur  der  gemeinen  Hydatina  senta 
(Vorlicella  senta  Müller),  als  Typus,  übersichtlich  machen  will,  wobei  ich 
nur  bemerke,  dafs  ich  viele  Resultate  durch  wirkliches  Zerlegen  dieser  klei- 
nen selten  Ar  Linie  grofsen  Thierchen,  mit  dem  Messer  gewonnen  habe,  ob- 
wohl sich  vieles  schon  mittelst  der  Durchsichtigkeit  des  Körpers,  nur  nicht 
so  zur  Überzeugung  erkennen  läfst. 

I. 

Muskularsystem  der  Hydatina  senla. 

Der  Körper  der  Hydatina  senta  besteht  aus  einer  doppelten  durch- 
sichtigen Membran,  einer  nackten  und  weichen  äufsern  und  einer  innern. 
Die  äufsere  Haut  ist  einfach  und  mit  der  innern  vermuthlich  durch  einen 
durchsichtigen,  sehr  dehnbaren  Zellstoff  verbunden,  dessen  Anwesenheit 
anzunehmen  nothwendig  erscheint,  wegen  der  oft  eintretenden  Entfernung 
der  beiden  Membranen  durch  die  Muskelwirkung,  und  ihrer  erfolgenden 
gleichartigen  Wiedervereinigung.  An  die  innere  Membran  heften  sich  4  Paar 
strahlenförmig,  von  den  entgegengesetzten  Enden  des  Thieres  ausgehende 
Muskeln,  welche  deutlich  bandförmig  und  gestreift  sind,  und  sich  mit  erwei- 
terten Enden  in  der  Mitte  des  Thieres  anheften.  Diese  8  Muskeln  sind  ihrer 
Lage  nach : 

Ein  oberer  Rückenmuskel, 
—   unterer  — 


4S  Ehrenberg:  Beiträge  zur  Kennlnifs  der  Organisation 

Ein  oberer  Bauchmuskel, 

—  unterer  — 

—  oberer  rechter  Seitenmuskel, 

—  unterer     —  — 

—  oberer  linker  Seitenmuskel, 

—  unterer    —  — 

Die  4  obern  oder  vordem  Muskeln  entspringen  am  breiten  Kopftheile, 
zwischen  den  Scheiden  der  Räderorgane,  so  dafs  der  Rückenmuskel  etwas 
mehr  gegen  die  Mitte,  die  übrigen  näher  am  Rande  entspringen.  Die  4  un- 
tern oder  hintern  Muskeln  heften  sich  ans  hintere  Ende  der  Bauchhaut,  da, 
wo  die  Schwanzzange  hindurchgeht.  Der  Vereinigungspunkt  der  4  Muskel- 
paare, wo  sich  ihre  erweiterten  Enden  in  der  Längenrichtung  an  die  Be- 
deckungen heften,  ist  zwischen  dem  vierten  und  fünften  Zweigpaare  des 
Rückengefäfses,  genau  in  der  Mitte  des  Thieres.  Bei  Eosphora  Najas  sind 
die  Ansätze  noch  länger,  und  erstrecken  sich  vom  zweiten  Gefäfspaare  bis 
zum  sechsten,  auch  bei  Rotifer  und  Philodina  sind  sie  sehr  lang.  Uberdiefs 
gehören  dem  Muskelsystem  noch  1 7  Scheiden  für  die  Räderorgane,  welche 
um  den  Mund  im  nicht  völlig  geschlossenen  Kreise  liegen,  und  mit  deren 
Hülfe  die  Wimpern  bewegt  oder  eingezogen  werden.  Es  sind  9  äufsere 
und  S  innere.  Auf  ähnliche  Weise  wirken  2  Muskelscheiden,  welche  die 
beiden  Glieder  der  Schwanzzange  umhüllen.  Sämmtliche  Muskelscheiden 
sah  ich  deutlich  durch  feine  Bänder,  mit  ihrem  Grunde  an  die  innere  Kör- 
perhaut befestigt.  Vier  dicke  und  kurze  Muskelparthieen,  welche  den  freien 
Schlundkopf  bilden,  ein  Kranzmuskel  der  Cloake  und  ein  Muskelorgan 
als  Saamenschneller,  bcschliefsen  die  Reihe  dieser  Gebilde,  soweit  sie  mir 
bis  jetzt  anschaulich  wurde.  Die  Zangenbewegung  der  Schwanzzange  scheint 
nur  durch  kräftiges  Einziehen  und  Ausstrecken  bewirkt  zu  werden.  Aus- 
dehnung scheint  Erschlaffung  zu  sein. 

U. 

Das  Gefäfssystem  der  Hydalina  sentit. 
Man  erkennt  ohne  Schwierigkeit  in   diesem  Thiere  9  Queerlinien, 
welche  ebensoviel  Körperringe  zu  bilden  scheinen,  wie  wir  sie  bei  den  Glie- 
derwürmern zu  sehen  gewohnt  sind.    Bei  schärferer  andauernder  Beobach- 
tung erkennt  man,    dafs  diese  Queerlinien  nur  der  innern,  nicht  der  äufsern 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  49 

Körperbedeckung  angehören,  und  dafs  sie  einen  Gefäfsdurchmesser  haben. 
Ehe  man  sich  noch  zugesteht,  dafs  sie  Gefäfse  sind,  ist  man  geneigt,  sie  für 
Queermuskeln  zu  halten.  Die  unverhältnifsmäfsige  Zartheit  des  Durchmes- 
sers aber,  gegen  die  Stärke  und  deutliche  streifige  Zusammensetzung  der 
Längsmuskeln,  denen  sie  entgegenwirken  sollten;  die  grofse  Entfernung 
der  zarten  Doppellinien  von  einander,  und  ihre  Verbindung  durch  einen  fei- 
nen Kanal  in  der  Mitte  des  Rückens,  welchen  letzteren  man  durch  die 
Mund-  und  Afterlage  erkennt;  der  gröfsere  Durchmesser  derselben  in  der 
Nähe  des  Längskanals,  und  die  Analogie  anderer  niederer  Thiere,  erlauben 
und  nölhigen,  in  diesen  Theilen  ein  Rückengefäfs  mit  9  sich  im  rechten  Win- 
kel entgegengesetzten  Gefäfspaaren ,  zu  erkennen.  Zuweilen  glaubte  ich 
überdiefs  deutliche  Yerbindungskanäle  der  einzelnen  Gefäfspaare  zu  sehen, 
doch  wurden  sie  unsichtbar,  wenn  die  Haut  sich  spannte,  und  sie  blieben 
mir  daher  zweifelhaft.  Jedoch  ist  es  sehr  wahrscheinlich,  dafs  eine  noch  weit 
gröfsere,  sehr  feine  Gefäfsverzweigung  statt  findet.  Die  Saftbewegungen  und 
der  Herzschlag  aber,  welchen  schon  Corti  bei  den  Räderthierchen  und 
Brachionen  gesehen  zu  haben  meinte,  beruhen  auf  Täuschung.  Man  sah  den 
zitternden  Kanal,  welcher  vom  Munde  zum  Schlundkopfe  geht,  besonders 
bei  der  Familie  der  Zygotrochen,  für  ein  Herz  an.  Ebenso  kann  die  Beob- 
achtung Gruithuysen's,  welcher  Saftbewegung  in  Paramaecium  Aurelia 
gesehen  zu  haben  glaubt,  nur  Darmbewegung  meinen.  Kleine  locale  zitternde 
Bewegungen,  bald  hier  bald  da?  habe  ich  oft  bei  Räderthierchen  gesehen, 
halte  sie  aber  für  Muskelwirkungen.  Einer  eigenthümlichen  rotirenden  Be- 
wegung ist  besonders  die  innere  Darmhaut  fähig,  was  ich  auch  bei  Nais  sah. 
Auch  sah  ich  zuweilen  ein  Fluctuiren  zwischen  den  Organen,  in  der  freien 
Rauchhöhle  und  Wimpern  an  der  Aufsenseite  des  Darrakanals. 

HI. 

Das  Ernährungssystem  der  Hydatiaa, 
Der  vollständige  Darmkanal  dieses  Thieres  besteht  zuerst  aus  einem 
kugelförmigen  muskulösen  Schlundkopfe ,  an  dem  2  gezahnte  Kiefer  be- 
festigt sind,  uud  dessen  Öffnung  vorn  in  der  Milte  der  Räderorgane  etwas 
gegen  den  Bauch  befindlich  ist.  Ich  zählte  jederscits  6  zweispitzige  Zähnchen, 
die  linienförmig  sind,  und  durch  ein  Band  von  2  Wurzeln  oder  Fortsätzen 
festgehalten  werden.     Auf  den  Schlundkopf  folgt  ein  deutlich  verengerter 

G 


50  Ehrenberg:  Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

Schlund  {Oesophagus),  welcher  in  einen  sogleich  sehr  verdickten  Darm  ohne 
Magen  übergeht,  und  conisch  abnehmend  nach  hinten  sich  verläuft.  Bei 
geringer  Nahrung  ist  der  Darm  runzlich.  Der  Mastdarm  endet  nicht  frei 
nach  aufsen,  sondern  in  eine  Cloake  gemeinschaftlich  mit  dem  Eiergange, 
und  an  der  Stelle  ihrer  Einmündung  ist  ein  Kranzmuskel  (sphincter).  Die 
äufsere  Auswurfsöffnung  ist  auf  dem  Rücken  des  Thieres,  dicht  über  dem 
achten  Zweigpaare  des  Rückengefäfses.  Diese  Structur  erleidet  bei  den 
eigentlichen  Räderthieren,  den  Zjgotrochis  nudis,  die  Ausnahme,  dafs  der 
Darm  bei  diesen  einen  mittleren,  dünneren  und  spiralförmig  gekrümmten 
Kanal  zeigt,  wenn  er  mit  Farbe  gefüllt  wird.  Auch  ist  die  Einrichtung  der 
Cloake  so,  dafs  diese  in  eine  Blase  ausgedehnt  werden  kann,  in  der  sich  die 
Auswurfsstoffe  noch  einige  Zeit  verweilen.  Der  Sphincter  ist  ebenfalls  durch 
seine  Wirkung  zu  erkennen,  doch  zu  durchsichtig,  um  sehr  deutlich  an  sich 
erkannt  zu  werden.  Die  Zjgotrocha  loricata  sind  den  Poljlrochis  ähnlich, 
nicht  jenen,  zeigen  aber  fast  alle  eine  Strictur  in  der  Mitte  des  Darmes, 
welche  einen  vordem  Theil  absondert,  den  man  Magen  nennen  könnte. 
Über  die  Stelle  der  Analmündung  und  der  Mündung  des  Eierkanals,  belehren 
überall  die  Ausleerungen  mit  völliger  Gewifsheit. 

Zum  Ernährungsapparat  gehören  wahrscheinlich  noch  2  weifse  drüsige 
Körper,  welche  am  Anfange  des  Darmes  2  Ohren  oder  Hörner  bilden,  und 
die  durch  Farbe,  Form  und  Anheftungsweise  mit  der  Bauchspeicheldrüse 
(Pancreas)  höherer  Thiere  mehr  Ähnlichkeit  haben,  als  mit  den  Gallenge- 
fäfsen  und  der  Leber  der  niedern  Thiere.  Sie  sind  fest  an  dem  Darm  ge- 
heftet, und  haben  an  ihrem  vordem  Ende  noch  ein  dünnes  Band,  welches 
sie  an  die  innere  Körperhaut  befestigt.  Beim  Zerlegen  des  Thieres  bleiben 
sie  am  Darmkanale  sitzen,  nicht  an  der  Bauchhaut.  Sie  für  Nieren  zu  halten, 
würde  eine  vollkommenere  Entwicklung  des  Gefäfssystems  voraussetzen,  die 
nicht  beobachtet  wird.  Auch  bei  den  Räderthieren,  Rotifer  vulgaris  und  Phi- 
lodina  eijtlirophüialma,  habe  ich  diese  Organe  bestätigt,  und  am  gröfsten  bei 
der  Gattung  JEuch/anis  unter  den  Poljtrochis  loricatis  gefunden. 

IV. 

Geschlechtssystem. 
Alle  Individuen  sind  deutlich  hermaphroditisch,  und  besitzen  die  dop- 
pelten Generationsorgane  in  grofser  Ausbildung.     Die  weiblichen  Genera- 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  5 1 

tionsoi-gane  bestehen  aus  einem  im  unbefruchteten  Zustande,  rundlichen  oder 
viereckigen,  auch  herzförmigen  drüsenartigen  Eierstocke,  welcher,  wenn 
sich  eine  Mehrzahl  von  Eiern  ausbildet,  zweihörnig  wird.  Nie  fand  ich  bei 
dieser  Form  mehr  als  8  gröfsere  Eier.  Dieser  Eierstock  umgiebt,  leberartig, 
die  Mitte  des  Darmkanals,  und  endet  nach  hinten  in  einen  mehr  oder  weni- 
ger langen  Stiel,  oder  dünnen  durchsichtigen  Kanal,  den  Eiergang,  welcher 
mit  der  Reife  der  Eier  kürzer  und  dicker  wird,  und  sich  mit  dem  Darmkanal 
in  die  Cloake  mündet.  Ein  Kranzmuskel,  durch  Färbung  und  Anschwellung 
kenntlich,  umgiebt  dicht  hinter  der  Vereinigung  den  Eingang  der  Cloake.  — 
Hydatina  legt  Eier,  und  ich  habe  den  Act  des  Legens  beobachtet ;  Rotijer 
vulgaris  bringt  auch  lebendige  Junge.  Die  Eier  sind  keine  Gemmen,  sondern 
haben  deutlich  dieselben  3  Substanzen,  welche  Herr  Rudolphi  bei  den 
Eiern  der  Eingeweidewürmer  erkannte,  und  für  Chorion,  Allantois  und  Am- 
mion  hielt.  Das  Chorion  platzt  mit  einem  Queerrifs,  und  läfst  das  selbst- 
ständige Junge  frei  davon  gehen.  Bei  Zerlegung  von  Individuen  gelang  es 
mir  zuweilen  den  Eierstock  unverletzt  zu  isoliren,  und  dann  erkannte  ich 
(siehe  Tab.  VII.  fig.  k-)  die  jungen  Eier  in  der  Substanz  desselben  sehr  gut. 
Es  schien  mir  bei  einigen  sogar  in  der  Mitte  noch  ein  dunklerer  Fleck  zu 
existiren,  so  dafs  es  noch  unentschieden  bleibt,  ob  die  mittlere,  in  jener 
Figur  angegebene  Masse  der  Eyer  Embryo  selbst  ist,  oder  ob  sie  Dottersub- 
stanz ist,  in  welcher  sich  dieser  erst  entwickelt.  Die  grofse  Zusammen- 
setzung ist  deutlich. 

Die  männlichen  Generationsorgane  bestehen  aus  zwei,  vom  Kopfe 
anfangenden,  den  ganzen  Körper  auf  beiden  Seiten  durchlaufenden  geschlän- 
gelten Saamenorganen,  welche  vorn  breiter  und  etwas  zackig,  nach  hinten 
rundlicher  und  schmäler  sind.  Sie  enden  in  schlangenförmigen  Windungen, 
dicht  hinter  der  Mündung  des  Eierstocks,  im  Halse  eines  blasenförmigen 
Muskelorgans.  Dieses  blasenförmige  Organ,  welches  ganz  die  Gestalt  und 
Lage  eines  Uterus  hat,  aber  beim  Eierlegen  gar  keine  Function  übernimmt, 
zeichnet  sich  durch  grofse  Irritabilität  aus,  dehnt  sich  bald  zu  einer  Blase 
aus  und  zieht  sich  rasch  in  einen  drüsenähnlichen  Körper  zusammen.  Sei- 
ner Lage  und  Eigenthümlichkeit  gemäfs  dürfte  dieses  Organ  zum  Einschnel- 
len des  Saamens  in  den  Eierstock  bei  der  Selbstbefruchtung  dienen  und  die- 
sen Thieren  ganz  eigenthümlich  sein.  Die  Saamenorgane  sind  auch  bei  Ro- 
tifer  und  PhUodina  deutlich,  doch  fehlt  die  irritable  Blase,  welche  durch 

G2 


52  Ehrenberg:   Beiträge  zur  Kemünifs  der  Organisation 

ein  griffeiförmiges,  im  Nacken  befindliches  Organ,  das  dann  zur  männlichen 
Befruchtung  dienen  würde,  ersetzt  zxi  werden  scheint.  Die  Analogie  dieser 
Bildung  ist  bei  den  Mollusken  deutlich,  deren  bekanntlich  viele  das  männ- 
liche Zeugungsorgan  im  Nacken  führen. 

V. 

Nervensystem  der  Hydatina. 
In  der  Mitte  zwischen  den  Muskelscheiden  der  Räderorgane,  um  den 
Schlundkopf  nach  vorn  liegen  drüsenartige,  unregelmäfsige,  durch  Farbe  sich 
auszeichnende,  zusammenhängende  Körper.  Aus  einem  obern,  eiförmigen, 
gröfsern  entspringt  ein  ziemlich  dicker  Strang,  welcher  schief  im  Nacken 
gegen  das  Rückengefäfs  geht  und  sich  daselbst,  etwas  vor  dem  zweiten  Paare 
der  Gefäfszweige,  anheftet,  aber  nicht  endet,  sondern,  ohne  sich  in  einen 
bedeutenden  Knoten  zu  verdicken,  in  fast  gleicher  Stärke  wieder  zurück- 
läuft. Zurückgekehrt  nach  der  Gegend  des  Mundes  und  den  drüsigen  Kör- 
pern verliert  er  sich,  nicht  in  dem  gröfseren,  von  dem  er  ausgegangen,  son- 
dern zwischen,  oder  in  den  kleineren  benachbarten.  Diese  Nackenschlinge 
ist  bei  der  Seitenlage  des  Thieres  sehr  deutlich  zu  sehen.  Sie  ist  kein  Mus- 
kelstrang, weil  sie  bei  ihrem  Ansatzpunkte  an  der  Haut  sich  nicht  wie  die 
übrigen  Muskeln  ausbreitet,  und  weil  sie  bei  Contraction  der  Kopfgegend, 
sich  nicht  verkürzt,  sondern  schlangenförmig  gebogen,  also  passiv  erscheint. 
Sie  ist  kein  Gefäfs,  weil  bei  der  Dicke  ihres  Durchmessers  entweder  eine 
herzartige  Pulsation,  oder  ein  Strömen  der  im  Innern  sichtbaren  trüben 
Substanz  bemerkbar  sein  müfste.  Diese  Gründe  und  die  bekannte  vollkom- 
men übereinstimmende  Analogie  anderer  niederer  Thiere,  berechtigen  und 
nöthigen,  diese  deutlich  vorliegenden  Organe,  für  ein  von  kleineren  umge- 
benes gröfseres  Nervenganglion  und  eine  Nervenschlinge  des  Nackens  zu  hal- 
ten. Vom  Anheftungspunkte  dieser  Schlinge  am  Rückengefäfs  sah  ich  noch 
2  sehr  feine  Nervenfäden  nach  der  Stirn  gehen,  wo  bei  andern  Formen  die- 
ser Familie,  wie  bei  Rotifer  vulgaris,  Augen  mit  rothem  Pigment  befindlich 
sind.  Bei  vielen  ist  auch  ein  gröfseres  rothes  Auge  an  der  Anheftungsstellc 
der  Nervenschlinge  im  Nacken  selbst  (Eospliora  Najas),  und  in  diesem  Falle 
bildet  diese  Schlinge  einen  doppelten  Sehnerven.  —  Auf  der  Bauchseite 
entspringt  überdiefs  aus  dem  Gehirn  ein  einfacher  dünner  Nervenfaden, 
welcher  unverästet  dicht  an  der  Bauchbedeckung  herabgeht,   und  um  die 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  53 

inneren  Muskelscheiden  der  Schwanzzange  3  Schlingen  bildet,  deren  zwei 
vorderen  2  Gefäfsschlingen  des  Rückengefäfses  entgegenkommen.  Dieser 
Nerv  ist  wegen  Nähe  der  Muskeln  schwer  zu  sehen,  jedoch  von  mir  öfter 
deutlich  gesondert  erkannt  worden.     Sein  Ursprung  ist  noch  ungewifs. 

II. 

Anwendung  der  bcobachtelen  Structur  auf  Systematik. 

Nach  diesen  Erfahrungen  habe  ich  versucht,  aus  der  Masse  der  un- 
richtig gekannten  Thiere,  welche  bisher  mit  dem  Namen  Infusionsthiere  be- 
zeichnet waren,  nach  den  allgemeinen  Regeln  der  Naturgeschichte,  und  na- 
mentlich der  Zoologie,  2  von  einander  geschiedene  Klassen  der  Phytozoen 
zu  bilden,  in  denen  diese  Thierformen  nicht  mehr  nach  der  ganz  unsicheren 
äüfseren  Form ,  sondern  nach  der  festeren  Gesammtstructur  ihres  Wesens 
geordnet  sind.  Mangel  an  nachzuweisenden  Gefäfsen  bei  sonst  hinlänglich 
klarem  Bau  (grofser  Paramaecien  und  ähnlicher  Formen),  mögen  vorläufig  die 
Polygastrica  von  den  verwandten  Entozoen  u.  s.  w.  scheiden,  deren  Gefäfse 
ziemlich  klar  erkannt  worden  sind.  Die  Gattung  Euglena  beweist  übri- 
gens, dafs  es  auch  bei  den  unvollkommneren,  noch  einer  unmittelbaren 
Selbsltheilung  unterworfenen  Infusoi'ien  Andeutungen  von  Augen,  und  mit- 
hin eines  Nervensystems,  giebt,  was  mit  ihrem  Tastsinn  sich  wohl  vereinigt, 
und  die  Aufmerksamkeit  der  beobachtenden  und  systematisirenden  Natur- 
forscher sehr  verdient.  Die  Klasse  der  Räderthierchen  erscheint  mehr  or- 
ganisirt,  als  die  der  Entozoen  es  ist.  Ihre  Augen  sind  regelmäfsiger  Cha- 
rakter von  bei  weitem  der  Mehrzahl  der  Gattungen,  und  da  dieselben  auch 
bei  den  kleineren  Formen  noch  erkannt  werden,  wo  man  das  directe  Auf- 
suchen des  Nervensystems  aufgeben  mufs,  so  halte  ich  diesen  Charakter  für 
einen  sehr  günstigen  zum  Belaufe  systematischer  Anordnung  und  Erkennung. 
Von  den  Mollusken  und  Krebsen,  welche  ebenfalls  Gefäfse  und  Nerven  ha- 
ben, unterscheiden  sich  sämmtliche  Infusorien,  sowohl  die  Magenthierchen 
[Polygastrica),  als  die  Räderthierchen  (Rotaloria),  durch  den  Mangel  eines 
pulsirenden  Herzens ,  oder  eines  Centralorgans  für  das  Gefäfssystem ;  von 
niedereren  Formen  aber  unterscheiden  sich  die  Räderthierchen,  durch  aus- 
gebildetere StructTir.  Zahllose  microscopische  Untersuchungen,  welche  ich 
durch  Tage  und  Nächte  fortsetzte,  haben  mich  in  kurzer  Zeit  in  den  Stand 


54  Eiirenbero:   Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

gebracht,  sämmtliche  bekannte  Hauptformen,  den  gewonnenen  Grundsätzen 
gemäfs,  wieder  zu  prüfen,  und  das  Resultat  dieser  Untersuchungen  sind  die 
hier  folgenden  2  Tabellen,  welche  gewifs  durch  mehrseitige  Theilnahme  an 
den  Untersuchungen  sich  bald  ansehnlich  vergröfseren ,  und  der  Natur- 
geschichte einen  ihrer  wesentlichen  Theile  im  wissenschaftlichen  Gewände 
zufügen  werden. 

Rücksichtlich  der  Einrichtung  beider  Tabellen  bemerke  ich,  dafs  es 
meine  Absicht  war,  auf  ein  Gesetz  aufmerksam  zu  machen,  welches  die 
schaalentragenden  Infusorien  mit  den  nackten  überall  eng  verbindet,  und 
kaum  erkannt  worden  ist.  Man  könnte  nicht  selten  Schaalentragende  Formen 
mit  andern  nackten,  wegen  vollständiger  Übereinstimmung  der  äufseren  und 
inneren  Bildung,  in  eine  und  dieselbe  Thiergattung  stellen,  ohne  der  Natur 
Gewalt  an  zu  thun.  Dennoch  habe  ich  der  leichten  Erkennung  des  Charak- 
ters halber,  denselben  der  Hauptabtheilung,  den  Ordnungen  zugeschrieben. 
Geringer  ist  noch  im  Ganzen  die  Zahl  der  beobachteten  gepanzerten  Formen 
bei  den  Pnijgastricis,  aber  weniger  ungleich  ist  sie  mit  der  der  nackten  bei 
den  Räderthierchen.  Gehören  die  Bacillarien  rücksichtlich  des  innern  Baues 
wirklich  zu  den  thierischen  Formen,  wofür  vieles  Äufsere  spricht,  so  er- 
wächst durch  sie  der  gepanzerten  Bildung  der  Magenthierchen  ein  ansehn- 
liches Material.  Bei  den  Navicidis  sieht  man  zuweilen,  aufser  den  bewegten 
Körperchen  in  den  Spitzen  und  im  Innern,  einen  vieltheiligen,  freilich  sehr 
kleinen  Fufs  aus  der  Längsspalte  ragen,  mit  welchem  sie  sich  fortschieben. 
Ein  Queerschnitt  theilt  dieselben  Thierchen  nicht  in  2,  sondern  in  -4  Theile, 
indem  dann  die  beiden  Queertheile  in  der  Längsspalte  auseinander  gehen. 
Ungeachtet  vieler  Details,  welche  ich  über  diese  Gruppe  gesammelt  habe, 
gelang  es  aber  doch  noch  nicht,  sie  zur  Aufnahme  von  Nahrung  zu  bringen. 

Was  die  systematische  Behandlung  der  ganzen  Klasse  der  Magen- 
thierchen (')  anlangt,  so  ist  sie  vielleicht  noch  der  Veränderung  ausgesetzt. 
Ich  habe  nämlich  die  Zahl  der  Formen,  vielleicht  aus  Unvollkommenheit 
meiner  Beobachtung,  in  2  gröfsere  Gruppen  sondern  müssen.  In  der 
einen  habe  ich   sowohl  die  Stelle,    als   die  Öffnung  und  Umgebung  des 

( ' )  Magen,  nicht  Blinddärme,  sind  diese  Anhänge  des  Darmes  deshalb  zu  nennen,  weil  sie 
nicht  zum  Verdauungsprocefs  vorbereitete  Stoffe  aufnehmen,  sondern  mit  ganz  rohen  Stoffen 
unmittelbar  gefüllt  werden,  und  weil  das  Thierchen  willkührlich  bald  den  ersten,  bald  den  letz- 
ten mit  Übergehen  der  andern  füllt. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  bb 

Mundes,  und  auch  das  Auswerfen  der  unverdauten  Nahrungsstoffe,  ganz 
deutlich  beobachten  können,  wodurch  ich  eine  klare  Ansicht  der  Structur 
und  einen  festen  Eintheilungsgrund  erhallen  habe.  In  der  andern  aber 
babe  ich  zwar  die  Stelle  des  Mundes  und  die  Magen  erkannt,  allein  icb  habe 
nie  die  Auswurfsöffnung  und  den  Act  des  Auswerfens  sehen  können.  Es 
schien  mir  daher  zweckmäfsiger,  die  letzteren,  meist  ibrer  Kleinheit  wegen 
sehr  schwierig  zu  beobachtenden  Formen,  in  einer  ersten  Abtheilung  der 
Klasse  abzusondern,  und  ich  machte  mir,  der  vergeblichen  Beobachtung 
zufolge,  von  ihrer  Structur  die  Idee,  als  wäre  bei  ihnen  Mund  und  Aus- 
wurfsöffnung  ein  und  dasselbe,  oder  als  hinge  die  sichtbare  Mehrzahl  kleiner 
Magen  mit  dem  Munde  radienartig  zusammen.  Diese  nenne  ich  denn  Anen- 
tera,  jene  Mehrzahl  aber,  welche  einen  Darm  (evregov  im  Sinne  des  Aristo- 
teles) deutlich  führen,  Enterodela.  Die  Jnentera  habe  ich  nach  der  An- 
wesenheit äufserer  Organe  in  3  Familien  gesondert,  und  Körperform  und 
Verhältnifs  der  Organe  benutzte  ich  zu  Gattungscharacteren,  wo  sie  fest  er- 
schienen. 

Die  Enterodela,  sowohl  die  nackten  als  gepanzerten,  habe  ich  nach 
der  relativenStellung  der  Mund-  und  Auswurfsöffnung  in  4,  wie  ich  glaube, 
sehr  naturgemäfse  Familien  sondern  können.  Andere  Körperverhältnisse 
und  die  Verhältnisse  äufserer  Organe  benutzte  ich  zu  Gattungscharacteren. 
Der  Form  allein  habe  icb  aber  bei  diesen  nirgends  einen  Einflufs  gestattet. 

Rücksichtlich  der  Klasse  der  Räderthierchen  ist  folgendes  zu  bemer- 
ken: Ich  nenne  die  Klasse  der  Räderthierchen  nicht  Rotifera,  dem  bei  fran- 
zösischen Naturforschern  üblichen  Namen  Rotiferes  gemäfs,  sondern  Rota- 
loria,  weil  der  Name  Rotifer  schon  seit  dem  Jahre  1803  als  Gattungsname 
von  Schrank  verbraucht  ist,  und  weil  diefs  der  alte,  durch  Spallanzani 
und  andere  Italiener  früher  Zeit  angewendete  Name  für  die  Vorticella  ro- 
taloria  oder  Furcularia  rediviva  ist.  Lamarck  bildete  bekanntlich  mit  dem 
französischen  Namen  Rotiferes  eine  Section,  und  Cuvier  eine  Ordnung  der 
Infusionsthierchen ,  aus  welcher  letzteren  Bory  de  St.  Vincent  zwei 
machte :  Rotiferes  und  Crustodes.  Deshalb  hat  auch  der  letztere  Gelehrte 
den  alten  Gattungsnamen  Rotifer  des  eigentlichen  Räderthierchens  durch  den 
neuen  Namen  Esechielina  ersetzen  zu  müssen  geglaubt.  Dieser  Name  aber, 
welcher  vom  Propheten  He  sekiel  entlehnt  ist,  weil  derselbe  in  seinen  Vi- 
sionen die  Cherubim  mit  4  radförmigen  Organen  sah,  scheint  weder  pas- 


56  Ehrembeug:  Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

send,  noch  wegen  des  Vorrechtes  des  frühern  zulässig.  Monohyla  rotatoria 
nannte  schon  Schweigger  einzelne  dieser  Formen. 

Die  Klasse  der  Räderthicrchen,  welche  von  der  Klasse  der  saugenden 
Eingeweidewürmer  und  ihrer  Verwandten  (Suctoria)  sich  durch  die  Räder- 
organe sehr  bestimmt  unterscheidet,  weshalb  auch  die  gleichfalls  mit  Darm 
u.  s.  w.  versehenen  fibrio  fluviatilis}  aceti  und  glutinis  vielleicht  sogar  zur 
Gattung  Oxjuris  zu  ziehen  sind ,  zerfällt  zuerst  wieder  in  die  2 ,  mehr 
künstlichen  als  natürlichen ,  aber  die  Bestimmung  der  Arten  erleichternden 
Ordnungen,  in  Nackte  und  Gepanzerte  (Nuda-Loricata.  Der  Name 
Crustodea  für  die  letzt ern  ist  eine  vox  hjbrida,  deshalb  nicht  anwendbar). 
Jede  dieser  Ordnungen  zerfällt  in  4  Familien  nach  der  Natur  der  Räderor- 
gane, und  in  diesen  geben  die  bisher  ganz  übersehenen  (nur  bei  Rotifer  von 
einigen  Beobachtern  angegebenen,  zuletzt  aber  von  Bory  de  St.  Vincent 
in  Zweifel  gezogenen)  meist  roth  gefärbten  Augen  sehr  feste  und  auch  nicht 
allzuschwierige  Gattungscharaktere.  Die  Kauorgane  habe  ich  nur  seilen  zur 
Unterscheidung  der  Gattungen  benutzt,  obwohl  sie  sehr  charakteristisch  zu 
sein  scheinen  und  namentlich  die  Philodina  aculeata  von  den  übrigen  Formen 
dieser  Gattung  trennen  würden ;  ihre  Untersuchung  ist  aber  schwierig  und 
zerstört  das  Thier. 

Es  folgt  nun  der  systematische  Versuch  selbst : 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  57 


PHYTOZOA. 

Classis  I. 

POLYGASTRICA  (*). 

Animalia  evertebrata  apoda,  nonnulla  caudata;  Vasa  sanguinifera  et 
Systema  nerveuni  nullibi  conspicua.  Oculorum  rudimenta  paucis.  Os  Omni- 
bus ciliis  vibrantibus  coronatnm  nudumve  ventriculis  pluribus  appendicula- 
tum  aut  canali  alimentario  perfecto  polygastrico  auctum.  Pharynx  non  dis- 
cretus,  inermis.  Partus.  Ovipara?  (vivipara)  et  sponte  dividua.  (Utrum  gem- 
mae  sint,  an  ova  vocanda  interna  propagula  observationes  olim  decident.) 

Ä.  A?SESTERA. 

Ore  ventriculis  pluribus  appendiculato,  ano  discreto  nullo 
(tubo  intestinali  nullo). 

Ordo  I.   Nuda.  ÖRDO  II.   Loricata. 

FamiliaI.  GYMNICA. 

Corpore  non  ciliato,  ore  ciliato  nudove. 

Sectio  I.  MONADINA. 

Ä)  pullis  internis  nunquam  conspicuis:  cor- 
pore in  binas  aut  quaternas  partes  sponte 
dividuo: 

a)  cauda  nulla: 

a)  pellucida: 

Monas  termo  Müller. 

atomus  Müll.  =  M.  lens  M. 

guttula.  nov.  sp. 

15  species. 

ß)   obscura  (2): 

(')  Ich  nehme  in  dieses  Verzeichnifs  nur  solche  Thierformen  namentlich  auf,  deren  Ernäh- 
rungsorgane ich  durch  Farbesubstanzen  geprüft  habe.  Von  den  übrigen  mir  bekannten,  wahr- 
scheinlich ebenso  organisirten  Arten,  füge  ich  nur  die  Zahl  hinzu,  und  die  ungeprüften,  oder 
widerstrebenden  Gattungen  erwähne  ich  in  den  Anmerkungen. 

(2)  Hieran  schliefsen  sich  Trolvox.  globulus,  Volvox  Morurn  und  die  einfachen  Vibrionen,  de- 
ren Ernährungsapparat  ich  noch  nicht,  oder  nicht  deutlich  ausgemittelt  habe,  auf  folgende  Weise: 

H 


58  Ehrenberg:  Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

Ordo  I.   Nuda.  Ordo  II   Loricata. 

FamiliaH  EPITRICHA. 

Corpore  ciliato,  ore  ciliato  nudove. 
Sectio  IV.  PERIDINAEA. 

A)  pullis  internis  conspicuis  nullis: 

a)  ciliorum  online  transverso: 

Peridinium  eine  tum.    v^orlic.  cineta  Müll. 
puh<iscuhis .  nov.  sp.  minor. 

2  species. 

ß)  obscura: 
DOXOCOCCUS  globulus.    Vohox  glol/.  Malter. 

3  species. 

b)  caudala: 

BODO.  nov.  Gen.   Monas  punctum  Gleichen. 

k  species. 
?UROCENTRUM  Nitzsch.     Turbinella  Bor/.     Cercaria  turbo  M.  an  Vorticella? 

1  species. 

B)  pullis  internis  conspicuis: 

Pa^DORINA  Morum  Eory.  "|  .  .. 

'  >  an  potius  plantaer 

sphaerula.    nov.  sp. J 

2  species. 

Sectio  II.    VIBRIONIA.    Elongata,  in  se  nunquam  contracla. 

a)  corpore  (llifonni  cylindrico  undatira  llexili  (in  multas  partes  tiansverse  dividuo): 
Vibrio  badllus  Müller. 

Hneola  Müller. 

rugula  Müller. 

4  species. 

b)  corpore  filiformi  rigido  spirali : 
SPIRILLUM  volutans.     Vibrio  spirillum  Müller. 
undula.    Vibrio  undula  Müller. 

2  species. 

c)  corpore  oblongo,  fusiformi  aut  filiformi  (tereti  aut  triquetro  nee  quadrangulo)  aperte  un- 
dalim  non  llexili,  nee  spirali: 

Bacteriüm.   nov.  Gen.  —  Haec  genera,  Oscillatoriis  valde  affinia,  ore  nulriri  nondum  vidi. 
11  species. 

Sectio  III.    ASTASIAEA. 

Elongata,  enntractione  poljmorpha ;  Qongiludinaliter  dieidua  [Eugl.  acus^\) 
a)  oculorum  rudimento  nullo: 
ASTASIA  euchlora.    nov. 


4-6  species. 


)v.  Gen.l 

l  t  0s 

al.  sp.   J 


h  Omnibus  distinetum. 
haematodes. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  59 

OlWO  I.    Nucla.  OiWO  II.    Lorkata. 

b)   ciliorum  ordine  longitudinali: 
?Ctclidium  glaucoma  Müller  ('). 

k  species. 

FAMILIA  IE.  PSEUDOPODIA.  FAMILIA  I. 

Corpore  proteo,  processibus  pediformlbus  variabili. 

Sectio  V.  AMOEßAEA.  Sectio  I.  BACILLA.RIA. 

cum  lorica  dividua  (2). 

Amoeba  dijßuens.   Proteus  diffluens  Midi. 

radiosa.  nov.  sp. 

processibus  acutis  radiatis. 
2  species. 

b)  ocidorum  rudimento  distincto: 

EUGLENA  viridis.    Cercaria  viridis  Müller.  \ 

acus.    T'ihrio  acus  Müller.  \  Os  Omnibus  distinclum. 

pleuronectes.    Cercaria  pleuronectes  Müller. J 

6  species.  , 

(')  Hieran  schliefsen  sich  die  Gonia  und  Vohoces ,  deren  äufsere  wirbelnde  Behaarung 
deutlich  ist,  wie  folgt: 

c)  ciliis  ubrcjue  sparsis : 
Pantotricuum  volvox.  nov.  Gen. 

1  species. 

B)  pullis  internis  conspieuis. 

a)  corpore  compresso  (quadrangulo): 

GONIUM  pectorale  Müller. 

2  species. 

h)  corpore  globoso : 
Volvox  globator  Müller. 

1  species. 

(2)  Da  es  scheint,  als  existirten  keine  den  2  ersten  Familien  der  nackten  Magenthiere  ent- 
sprechende Formen  hei  den  gepanzerten,  so  bilden  die  Pseudnpodia  loricata  die  erste  Familie 
dieser  Ordnung,  und  den  Anfang  würden  die  Bacillarien  gehen,  deren  äufsere  Bewegungs- 
organe durch  veränderliche,  aus  einer  seitlichen  Längsspalte  hervorgeschobene  kleine  Papillen 
gebildet  werden,  welche  an  die  proteischen  Veränderungen  der  Difßugia  erinnern.  Obwohl 
sich  meine  fruchtbaren  Untersuchungen  dieser  Section  bis  jetzt  nur  auf  die  Gattung  Navicula 
beschränken,  so  erlaubt  doch  einerseits  die  Ähnlichkeit  der  Formen,  andererseits  fordert  das 
von  mir  gegebene,  sonst  unverständliche  geographische  Verzeichnifs,  die  systematische  Über- 
sicht derselben  hier  anzuschliefsen.  Offenbar  sind  mehr  Gründe,  diese  Körper  für  unvoll- 
kommen beobachtete  Thiere,  als  für  vollkommen  beobachtete  Pflanzen  zu  halten. 

H2 


60  Euren  berg:  Beiträge  zur  Kenntrüfs  der  Organisation 

Ordo  I.   Nuda.  Ordo  II.   Loricata. 

Sectio  II.  ARCELLINA. 

lorica  non  dividua. 

a)  lorica  urceolata  ('): 

b)  lorica  scutellata: 
Arcella  vulgaris,  nov.  Gen. 

dentata.   al.  sp. 

aculeata.  al.  sp. 


3   species. 


BACILLARIA. 

J)  lorica  liivalvi  quadrangula,  dorso  longiludinaliter  dividua: 

a)  libera  solitaria  aut  gregaria; 
NAVICULA; 

b)  libera  concatenata  catenulis  polymorphes  : 
BACILLARIA ; 

c)  libera  fasciatim  concatenata,  nee  polymorpha,  dein  diffraeta: 
Fragilaria  ; 

d)  libera  apoda  radiata  (flabelliformia)  : 
Exilaria  ; 

e)  affixa  sessilia  ; 
Synedra.  nov.  Gen. 

y)  affixa  pedicellata  saepe  dichotoma,  apice  dilatata; 
GOMPHOKEMA; 

g)  affixa  pedicellata  saepe  dichotoma,  basi  apiceque  contraeta  : 
Cocconema.  nov.  Gen. 

/;)  affixa  pedicellata  radiata  (flabelliformia): 
EcHIiSELLA ; 

B)  lorica  univalvi  lereti,  transverse  in  duas  quatuorve  partes  dividua: 
Closterium; 

In  welchem  Zusammenhange  einige  Seealgen:  Gimdclla,  Schiznnema,  Micmmega  caet. 
mit  Navicula  stehen,  ist  durch  genauere  Beobachtungen  erst  auszumitteln.  In  demselben  Falle 
sind  einige  kleine  Süßwasser  -Algen.  Die  bisherigen  Beobachtungen  sind  noch  in  ihren  Syste- 
men zu  befangen. 

(')  An  diese  Formen  der  Bacillarien  schliefst  sich  Difflugia,  bildet  aber  mit  einer  neuen 
Form  durch  einen  physiologisch  wichtigen  Charakter  (siehe  oben)  eine  eigene  Section  der 
Familie  unter  dem  Namen  Arcellina,  wie  folgt: 

a)  lorica  urceolata: 
Difflugia  proteiformis  Le  Clere. 

2  species. 

b)  siehe  oben. 

Von  allen  Formen  dieser  Familie  ist  es  mir  bisher  nur  gelungen,  sämmtliche  Arten  der  Gat- 
tung Arcella  zur  Aufnahme  von  Nahrung  und  ihre  innern  Ernährungsorgane  zur  Anschauung  zu 
bringen.    Vergl.  Tab.  I. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung. 


üi 


B.  E1STER0DELA. 

tubo  Intestinal!  perfecto  (orc  anoque  tcrminato)  polygastrico. 


Ordo  I.   Nuda. 


Ordo  II   LoHcata. 


Familia  IV. 


ANOPISTHIA. 


<AMIL 


iah 


S  e  c  t ;  o  VI.    VORTICELLINA. 

A)  corpore   peJicellato,    pedicello    filiformi 
nudo  (nee  vaginato),  saepe  ramoso: 
a)  pedicello    in   spiram  contractili  (sit 
v.v.): 
Yorticella  convallaria  Müller. 

citrina  Müller. 

5  species. 
ä)  pedicello  in  spiram  non  contractili: 


Ore  anoque  contiguis  in  eadem  fovea. 

Sectio  III.    OPIIRYDINA. 

Ä)  corpore  nudo  pedicellato,  pedicello  fili- 


Episttlis  digilalis. 


Vorl.  digil.  M. 


formi  vaginato: 

c)  in  spiram  contractili: 
Carchesium  fasciculatum.     Vorticella 

fascic.  Müller. 
nebuliferum.    V.  neb.  M. 

polypinum.     V.  poljp.  M. 

3    species. 


anastalica.    Vorl.  anast.  M. 

3  species. 
B)   corporis  pedicello  nullo: 

a)  ciliorum  Corona  simplici: 
Trichodina  grandinella.  Trichodagr.  M. 

b~)  ciliorum  Corona  duplici: 
Stentor  polymorphus  Oken. 

3-4  species. 


2?)  corpore  gelatinainvoluto  nee  pedicellato: 
Ofhiiydium  i'ersalile.    Vorl.  vers.  M. 

1  species. 
C)  corpore  vagina  menibranacea  incluso: 

a)  non  pedicellato: 
Vaginicola  crystallina,  n.  sp. 

tineta.  n.  sp. 

decumbens.  n.  sp. 

3-6  species. 

b)  pedicellato: 
TlNTINNUS. 


Familia  V.    ENANTIOTRETA. 

Ore  anoque  oppositis  terminalibus. 

Sectio  VII.   ENCHELIA. 

A)  ore  transverse  truncato: 
d)  corpore  non  ciliato: 
Enchelts  pupa  Müller  =  Euch,  fareimen  M. 
nebulosa  Müller. 

'2  species. 


02  Ehrenberg:   Beiträge  zur  Kenn tnifs  der  Organisation 

Oiwo  I.   Nuda.  Ordo  II.   Loricata. 

b)  corpore  ciliato: 
Coleps  hirtus  Nitzsch. 
elongatus.   n.  sp. 

3  species. 

c)  corpore  setoso: 
Actinophrts  Sol.    Trichoda  Sol  Müll. 

2  species. 

B)  ore  obliquo  (saepe  ciliato): 
a)  corpore  non  ciliato: 

«)  in  Collum  capitatmn  non  extensili : 
Trichoda  carnium.   E  Trichoda  pyro  M . 

3  species. 
VßlJRSARIA. 

1  species. 

ß)  in  Collum  capitatum  extensili: 
Lacrtmaria  olor.    Vibrio  olor  Müller.   Lacrimaloria  Bory. 

2  species. 

l>)  corpore  ciliato: 
Y.eucophuys  patula.    Trick,  pat.  31. 

piriformis,  n.  sp. 

1spathula.Ench.spath.M. 

3  species. 

Familia  VI.  ALLOTRETA.  Familia  in. 

Ore  anove  Lerminali. 
Sectio  VIII.  TRACHELINA.  S  e  c  t  i  o  I V.  ASPIDISCINA. 

A)  ore  inermi  infero:  AsPIDlSCA  LjnceUS.     Trich.  LyilC.  M. 

a)  labio  superiore   praelongo    (subae-  1  species. 

quali,  colli  formam  refercnte): 
Trachelius  fasciola.    Vibr.fasc.  M. 

anas.    Trichoda  anas  M. 

ambiguus.  Trich.  amb.  M. 


4  species. 
b)  labio  superiore  brevi  dilatato  obliquo: 
Loxodes  cucullulus.    Kolpoda  cucullulus  M. 
rostrum.    Kolp.  roslrum  M. 

A  species. 
B  ore  uncino  suffulto,  (infero): 
Glaucoma  scinlillans.  nov.  G. 
1  species. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  63 

Ordo  I.   Nuda.  Ordo  II.   Loricata. 

Familia  VII.  KATOTRETA.  Familia  IV. 

Nee  ore,  nee  ano  terminali. 
Sectio  IX.  KOLPODEA.  Sectio  V.   EUPLOTA. 

Nuda  aut  ciiiata.  Euploea  Charon.     Trich.  Char.   M. 

A)  proboseide  brevi  inermi:  1  species. 

a)  corpore  partim  ciliato: 
,r  ,,      -nr-n  EuPloeae  nonien  aputl  Lepidoptera  non 

Kolpoda  cucullus  Müller.  T         ...    r.    „     . 


Ren  Müller. 


2  species. 
b)  corpore  ubique  ciliato : 
turgido : 
Paramaecium  Chrysalis  Müller. 
Aurelia  Müller. 

2  species. 
B)  proboseide  nulla: 
Amphileptüs  anser.    Vibrio  anser  M. 
Meleagris.    Kolpoda  Meleagr.  M. 


suseeperunt    Latreille    et     Godart; 
Ploescomam  grammatici  arcent. 


2  species. 

Sectio  X.    OXYTRICHINA.    Setosa  aut  uncinota. 

a)  uncinis  stylisque  nullis: 
Oxttricha  pellionclla  Bory. 

piscis.    Trich.  piscis  M. 

pullaster.  Kerona  pull.  M. 

4  species. 
i)  uncini;  styli  nulli: 

Kerona  pustulata  Müller. 

1  species. 

c)  styli;  uncini  nulli: 

Urosttla  grandis.  nov.  Gen.    Trichoda  palens  M.  ? 

2  species. 

d)  uncini  stylique: 
Stylontchia  Mytilus.  Ker.  Myt.  M. 

hislrio.  Kerona  histrio  M . 

2  species. 


04 


Ehrenberg:   Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 


PHYT0Z0A. 

Classis  II. 

ROTATORIA  (1). 

Animalia  evertebrata  radiata  apoda  saepe  caudata,  ciliis  peciüiaribus 
rotairtia.  Ganglia  nervea  pharyngea  plura  (cur  non  cerebalia?) ;  annulus 
nerveus  nuchalis  et  nervus  abdominalis  in  maioribus  conspicua.  Saepissime 
oculij  pigmento  laete  rubro.  Canalis  alimentarius  distinctus  simplex;  ventri- 
culi  species  nonnullis,  appendices  coecae  apud  alia.  Pharynx  saepius  raa- 
xillis  armatus,  nonnunquam  dentigeris.  Vas  dorsale  immobile  (reticulatum-?) 
ramosum.  Succi  corporis  pellucidi.  Hermaphrodita.  Ovipara  et  vivipara, 
nee  sponte  dividua. 


ORDO  I.   Nuda. 


Ordo  II.   Loricata. 


Famima  I.  MONOTROCHA.     * 

Ciliorum  Corona  simplici  integra: 

Sectio  I.    ICHTHYDINA.  Sectio  I.    STEPIIANOP1JSA. 

2?)  coeca:  A)  coeca: 

u)  dorso  glabro:  a)  cauda  simplici : 

Iciithtdium  Poditra.  Cercar.  Pod.  31.     Monura  colurus.  nov.  Gen. 


(Furcocerca  vox  krbrida). 

1  species. 

b)  dorso  setoso: 
Chaetonotüs  larus.    Trich.  larus  31. 
brevis.  n.  sp. 

2  species. 


1  species. 

b)  cauda  furcata: 
Colurus  uncinalus,    Brachiomis  unci- 
nat.  31.    'Colurclla  vox 
hyhr'uhi). 
licuspidalus.  n.  sp. 

2  species. 

B)  oculis  duobus: 
Stephanops  lamellaris.  Brachionus  la- 
mell.  31. 

1-2  species. 


(')  Ich  würde  nicht  dazu  rathen,  die  Eingeweidewürmer,  deren  Structur  nach  diesen  Beob- 
arhlungen  einfacher  als  die  der  Räderlhierchen  erscheinen  könnte,  als  zu  einer  tieferen  organi- 
schen Reihe  gehörig  anzusehen.   Herrn  Rudolphi's  klassische  Leohachlungen  haben  es  schon 


der  Infusorieu  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  65 

Ordo  I.   JSuda.  Ordo  IL   Loricata. 

Familia  H.  SCHIZOTROCHA. 

Clliorum  corona  simplici  laciniatim  constricta  variabili. 

Sectio  IL   MEGALOTROCHAEA.  Sectio  IL    FLOSCULARIA. 

Ä)  oculo  unico:  Ä)  coeca: 

MlCROCODON  clav US.    nov.  Gen.  a)  gelatina  corpus  involvente  : 

1  species.  et)  organo    rotatorio     bilobo    et 

B)  oculis  quatuor:  subquadrilobo: 

Megalotrocha  alba.  nov.  sp.  Lacinülaria  socialis  Oken. 

1  species.  *  species. 

•  ß)  organo  rot.  multifido: 

Floscularia  ornata.   Floscul.  Oken. 
ciliis  longissimis  eleganter  ornata. 
1  species. 

b)  vagina  corporis  membranacea: 
Melicekta    ringens    Schrank     1803. 

Tubicolaria  Lamarck  1815  (*). 
1  species. 

FabuxiaIH.  polytrocha. 

Quorum  coronulis  pluribus. 

Sectio  m.  HYD ATINA.  Sectio  III.    EUCHLANIDOTA. 

Ä)  coeca:  A)  coeca: 

a)  simplicia:  Lepadella  ovalis.  Brachion.  oval.  M. 

a)  maxillae  dentatae:  ^  Bq1j 

Hydatina  senta.    Vorticella  senta  31.  1  spect-es. 

so  festgestellt,  dafs  diese  Thiere  eine  sehr  ausgebildete  Structur  besitzen,  dafs  hierüber kein  Zwei- 
fel sein  kann,  wahrscheinlicher  hat  die  Beobachtung  sie  hie  und  da  noch  weiter  zu  entwickeln. 

(')  Die  Structur  dieses  ungemein  niedlichen  Thieres  ist  ganz  anders,  als  sie  durch  Du- 
trochet  angegeben  ist.  "Was  Dutrochet  und  Savigny  für  After  halten,  ist  der  Mund, 
seitlich  am  Grunde  des  Räderorgans,  und  der  letztere  hat  vielleicht  gerade  zu,  umgekehrt  wie- 
der, den  After  an  der  Basis  des  Schwanzes  für  den  Mund  gehalten.  Ich  habe  das  Thicrchen 
mit  blauer  Farbe  genährt,  und  mich  so  vollkommen  über  beide  Punkte  überzeugt.  Was 
Dutrochet  für  2  gestielte  Augen  hielt,  sind  2  männliche  Glieder  im  Nacken  und  auf  der 
Bauchseite  hat  es  vorn  am  Anfange  der  Mundspalte  2  harte  Spitzen,  wie  etwa  Salpina  (Bra- 
chionus  mucronatus  Müller)  und  ähnliche.  Das  Räderorgan  ist  einfach,  vierlappig  mit  einer 
doppelten  Reihe  von  Wimpern  besetzt,  in  deren  Zwischenräume  die  Speise  zum  Munde  fortbe- 
wegt wird.  Der  Schlundkopf  hat  2  Kiefer,  deren  jeder  3  Zähne  trägt.  Darm  und  Eierstock 
sind  wie  bei  Hydatina.  Der  lange  Schwanz  ist  ohne  Zange,  was  die  ganze  Familie  der  SchUo- 
trocha  charakterisirt. 

I 


66 


Ehrewberg:  Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 


ÖRDO  I.    Nuda. 

Htdatina  gibba. 
2  species. 

ß)  maxillae  inermes: 

-j-)  ore  recto  terminal!: 

Enteroplea  lacustris.  nov.  Gen. 

1  species. 

■J-)  ore  obliquo  infero: 

Pleurotrocha petromyzon.  nov.  Gen. 

1  species. 

b)  composita: 
Zoobotrton  pelliicidus.  nov.  Gen. 

1  species. 

2?)  oculo  unico: 

a)  frontal!: 
Furcularia  gibba.  n.  sp. 

._  gracilis.  n.  sp. 

2  species. 

b)  dorsal! : 

a)  cauda  setacea  nee  furcata: 
MonoCERCA  Rattus.     Trick.  Rat.  M. 

Monocerca  Borjr. 
bicornis.  n.  sp. 


ÖRDO  IL    Loricata. 


2  species. 

ß)  cauda  simpllciter  furcata: 

-j-)   clliis   rotatorlls  aequall- 
bus: 
Notommata  lacimthüa.     Vortic.  laci- 
nul.  M. 

longiseta.    Vort.  longis.  M. 

aequalis.   n.  sp. 

aurila.    Vortic.  aurita  M. 

.  saccigera.  n.  sp. 

.  deeipiens.  n.  sp. 

foreipata.  n.  sp. 

felis.    Vort.  felis  M. 


2?)  oculo  iin!co: 

a)  lorica  depressa: 

a)  cauda  slmpllci: 
ÄIonosttla  cornuta.    Trich.  com.  M. 
,  quadridentata.  n.  sp. 

2  species. 

ß)  cauda  furcata: 
Etjciilanis  macrura.  nov.  Gen. 
dilatata.  al.  sp. 

2  species. 

b)  lorica  turgida  aut  angulosa: 

a)  cauda  simplici: 

Mastigocerga  carinata.  nov.  Gen. 

1  species. 

ß)  cauda  furcata: 

Salpina  mucronata.    Brachionus  mu- 

cronatus  M.  (l) 

spinigera.  n.  sp. 

venlralis.   n.  sp. 

redunca.  n.  sp. 

brevispina.  n.  sp. 

5  species. 


S  species. 


(')    Der  Kamm  auf  dem  Rücken  dieser  und  ähnlicher  Formen  veranlafste  die  irrige  Mei- 
nung bei  Müller  und  Bory  de  St.  Vincent,  dafs  es  zweischaalige  R'äderthiere  gebe. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  67 

Ordo  I.   Nuda.  Ordo  IL   Loricata. 

■J-J-)  ciliis  rotatoriis  inaequa- 
libus,   partim    longiori- 
bus,    setaceis  tentaculi- 
formibus: 
Scaridium  longicaudum.    Trichoda  longicauda  M. 

1  species. 

■y)  cauda  bis  furcata: 
Dinocharis  pocillum .    Trick .  pocd.  M. 

. letractis. 

. paupera. 

3  species. 

C)  oculis  binis  aut  bis  acervatis:  C)  oculis  quatuor: 

a)  frontalibus  simplieibus:  Squamella  bractea.  Brach,  bract.  M. 
Diglena  catellina.    Cerc.  catell.  M.  Squamella  limulina  Bory. 

capAlata.  n.  sp.  1  species. 

aurita.  n.  sp. 

3  species. 

b)  dorsalibus  simplieibus: 

a)  cauda  simplici: 

Rattülus  lunaris  Bory.    Trick,  luna- 
ris  Bory. 

1  species. 

ß)  cauda  furcata: 

Distemma  foreipalum.    Cerc.forc.  M. 

Jbrficula.  n.  sp. 

seligerum.  n.  sp. 

3  species. 

c)  dorsalibus  acervatis: 
Theortjs  vernalis.  nov.  Gen. 

1  species. 

D)  oculis  tribus: 

a)  uno  dorsali,  duobus  frontalibus: 

Eosphora  Najas,  nov.  Gen. 

1  species. 

b)  tribus  dorsalibus: 
Norops  dorsalis.  nov.  Gen. 

1  species. 

12 


68 


Ehrenberg:  Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 


Ordo  I.   Nu  da. 

E)  oculis  pluribus  in  clrculum  dispositis: 
Ctcloglena  lupus.    Cerc.  lupus  M. 


Ordo  II.  Loricaia. 


1  species. 


FamiliaIV.  zygotrocha. 

Ciliorum  coronulis  binis. 


Sectio  IV.    PHILODINAEA. 

A)  coeca: 

Callidina  elegans.  nov.  Gen. 

1  species. 
£)  oculis  duobus: 

a)  frontalibus  (ante  Organa  rotatoria): 

a)  cauda  ler  furcata: 
Rotifer  vulgaris  Schrank. 
tardigradus.  n.  sp. 

maci'urus  Schrank. 

3  species. 

ß)  caudae  quinque  apicibus: 
Actinurus  neplunius.   n.  G.    (Schie- 
be!, Oken.) 

1  species. 

b)  dorsalibus  (pone  org.  rot.): 

a)  cauda  simpliciter  furcata: 

Monolabis  conica.  nov.  Gen. 

1  species. 

ß)  cauda  ter  furcata : 
VmvOT>Y$kerjthrophthaIma.  n.  G.  (J) 


Sectio  IV.   BRACHION AEA. 
A)  coeca: 
?Noteus  Bakeri.    Brachion.  Bak.  M. 

1  species. 
2?)  oculo  unico: 

a)  cauda  inilla: 

Anuraea  palea  Bory.    {Anurella  vox 

hjbridd). 
1  species. 

b)  cauda  furcata: 
Brachionus  urceolaris  Müller. 

Bakeri.  n.  sp. 

palea.  n.  sp. 

3  species. 
C)  oculis  duobus: 
Pterodina  palina.    Brach,  patin.  M. 
Prohoskidia  Bory.    (Probo- 

scidea  et  Proboscidia  plantis   et 
insectis  sacra,  Prohoskidia  nefas). 
1  species. 


(')  Zu  den  Infusorien  hat  man  bisher  auch  immer  noch  die  Gattungen  Cercaria  Nitzsch, 
Spermatozoon  (Baer)  und  die  Wasser-  und  Essig -Alchen  gerechnet,  welche  ich  mit  dem 
eigenen  Gattungsnamen  Anguühda,  schon  nach  Müller's  Andeutung,  bezeichnet  habe.  All 
diesen  Thierformen  fehlen  aber  das  Wirbelvermögen  und  dessen  Organe,  während  sie  deutlich 
nicht  zu  den  Po/jgastricis  gehören,  auch  nicht  durch  Theilung  sich  zu  vervielfältigen  scheinen. 
Ich  finde  den  schicklichsten  Platz  für  dieselben  bei  den  Entozoen,  obwohl  ich  die  Structur  der 
Saamenthierchen  mit  vollkommener  Klarheit  noch  nicht  erkannt  habe.  Bei  Cercaria  ephemera 
sah  ich,  dafs  die  2  seitlichen  der  3  von  Nitzsch  erkannten  Augenpunkte  keine  Augenspuren, 
sondern  die  spiralförmigen  Anfänge  der  2  Eierstöcke  sind.  Bei  Anguilhda  fliwiatilis  bin  ich 
im  Zweifel  geblieben,  ob  das  Geschlechtsorgan  des  Männchens  in  einer  Scheide  befindlich  ist, 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  69 

Ordo  I.   Nucla.  Ordo  IL   Loricata. 

Philodin a  aculeata.   al.  sp. 
citrina.  al  sp. 


3  species. 


wie  bei  Oxyuris,  deren  ganzer  Bau  sich  bei  ihnen  wiederholt.  Sehr  stark  unterscheiden  sich 
von  den  übrigen  Vibrionen  T'ibrio  serpentulus  und  Vibrio  gnrdius  durch  eine  Saugwarze  an  der 
verdickten  Schwanzspitze  und  Fühlfäden  am  Munde,  die  aber  nicht  wirbeln;  daher  bildete  ich 
aus  ihnen  die  Gattung  Amblyura.     Blutkügelchen  sind  keine  Thiere. 

Ferner  sind  mehrere  von  Herrn  Bory  de  St.  Vincent  und  andern  Systematikern 
gegebene  Gattungsnamen,  welche  ich  nicht  angeführt  habe,  nicht  als  ausgeschlossen  anzusehen, 
sondern  gehören  Formen  vorzugsweise  an,  deren  bisherige  Beobachtung  noch  nicht  erlaubte, 
ihnen  eine  Stelle  anzuweisen.  Wer  aber,  anstatt  Gattungen  zu  vermissen,  die  Artenzahl  auf 
Kosten  der  Gattungen  mehren  wollte,  kann  das  sehr  leicht,  wenn  das  Trennen  der  Formen 
nach  physiologischen  Principien  bis  zu  seiner  natürlichen  Grenze  mühsam  ausgeführt  sein 
wird. 


70  Ehiienberg:  Beiträge  zur  Kenntnijs  der  Organisation 


III. 

Geographische  Verbreitung  der  Infusorien,  besonders  in  Sibirien, 

mit  Rücksicht  auf  die  verschiedenen  Welttheile. 

Nachdem  ich  die  Infusorien  mit  bestimmteren  Charakteren  versehen 
und  ihre  Gattungen  und  Arten  auf  festere  Regeln  gebracht  habe,  ist  es  mehr 
als  früher  möglich,  über  die  Verbreitung  ihrer  Formen  auf  der  Erdoberfläche 
einige  sicherere  Resultate  mitzutheilen.  Ich  hatte  die  Ehre  der  Akademie  in 
einem  früheren  Vortrage  anzuzeigen,  dafs  ich  auf  meinen  Reisen  in  Afrika 
und  Arabien  mit  Dr.  Hemprich  diese  organischen  Lebensformen  nicht  un- 
beachtet gelassen,  und  dafs  unter  den  beobachteten  57  aufsereuropäischen, 
sub tropischen  und  tropischen  Infus orienarten  nur  ein  Drittheil  ganz  denen 
ähnlich  sei,  welche  ich  vorher  bei  Berlin,  und  mit  demselben  Microscop 
ebenda  wieder  nachher  beobachtet  habe.  Zwei  Drittheile  der  Zahl  hielt  ich 
aber  für  von  den  europäischen  verschiedene  Thiere.  Zu  diesem  Resultate 
gesellte  sich  seit  jener  Zeit  eine  noch  weit  gröfsere  Anzahl  von  mir  meist 
im  nördlichen  Asien  beobachteter  Thierformen  derselben  Klassen.  Herrn 
Alexander  von  Humboldt's  Sommerreise  durch  Rufsland  bis  in  den 
Norden  des  Uralgebirges,  zu  den  Hochgebirgen  des  Altai  und  bis  zum  caspi- 
schen  Meere,  an  welcher  Theil  zu  nehmen  ich  das  Glück  hatte,  war  nicht 
so  eilig,  dafs  es  nicht  möglich  gewesen  wäre,  mit  Ernst  jene  aus  Erfahrungen 
entsprossene  Ideen  über  Infusorien ,  deren  Verfolgung  mir  als  eine  Pflicht 
vorschwebte,  auf  demselben  einzig  sichern  Wege  der  Erfahrung  weiter  zu  ent- 
wickeln. Durch  glücklichen  Zufall  hatte  ich  mich  schon  seit  längerer  Zeit 
vor  Antritt  der  letzten  Reise  an  das  bereits  im  Eingang  erwähnte  Cheval- 
liersche  noch  vorzüglichere  Microscop,  als  jene  waren,  die  ich  in  Afrika 
benutzte,  gewöhnt.  Ich  hatte  sehr  feine  Micrometer  im  Pistorschen  Insti- 
tute zu  Berlin  anfertigen  lassen,  und  hatte  durch  die  Gefälligkeit  des  jungen 
sehr  wissenschaftlichen  Herrn  Doctor  Dickson  aus  London,  ein  Glasmicro- 
meter von  Dollond  erhalten,  welches,  worüber  man  erstaunt,  auf  noch 
nicht  einer  halben  Linie  Raum,  400  nebeneinander  auf  Glas  eingeschnittene 
gleiche  Theile  eines  in  10000  Theile  zerlegten  Zolles  angiebt,  wodurch  es 
möglich  wird,  Infusorien,  die  -^^  Zoll  Gröfse  haben,  sicher  direct  zu  mes- 


der  Infusorien  und  direr  geographischen  Verbreitung.  7 1 

sen,  und  noch  weit  kleinere  richtig  zu  schätzen.  Mit  Hülfe  der  Pistorschen 
Micrometerschraube  konnte  ich  todte  und  still  liegende  Infusorien  bis  auf 
jjijoj  Zoll  oder  ^0  Linie  direct  messen,  eine  Gröfse  der  Feinheit,  deren  ich 
bei  der  Messung  nie  bedurfte.  Diefs  alles  kam  glücklich  zu  statten.  Ich  habe 
mich  nun  bemüht,  aus  diesen  mechanischen  Kunstwerken  auf  jener  Reise 
für  die  Katurgeschichte,  in  Beziehung  auf  Infusorien,  den  möglichsten 
Nutzen  zu  ziehen.  Nach  meiner  Rückkehr  habe  ich  mit  demselben  Instru- 
mente und  denselben  Ilülfsmitteln  die  Infusorien  bei  Berlin  von  neuem  sehr 
genau  geprüft,  und  mit  den  auf  meinen  beiden  Reisen  gefertigten  Zeichnun- 
gen, Messungen  und  Bemerkungen  verglichen.  Das  Resultat  dieser  Arbeit 
ist  es,  welches  ich  hiermit  vorlege.  Zuerst  aber  spreche  ich  von  den  in 
Rufsland  allein  beobachteten  Infusorien -Formen  und  ihrem  Verhältnifs. 
Auf  22  verschiedenen  Punkten  bis  zu  den  weit  ausgedehnten  südöstlichen 
Grenzen  des  grofsen  rufsischen  Reichs,  war  es  mir  wieder  vergönnt,  die  Natur 
über  ihre  verborgensten  Organismen  zu  befragen,  möge  es  mir  gelungen  sein, 
als  Dolmetscher  derselben,  ihre  Antwort  richtig  verstanden  und  richtig 
übertragen  zu  haben. 

Die  Gesammtzahl  der  von  mir  beobachteten  rufsischen  Infusorien  be- 
trägt nach  systematischer  Reduction  der  sämmtliclien  Formen  113  selbststän- 
dige Arten.     Die  beobachtete  Formenzahl  verhält  sich  wie  folgt : 

a)    Europäische  Beobachtungspunkte: 

I.        St.  Petersburg  an  der  Newa 23  Formen. 

n.      Saratof  an  der  Wolga 6  

HI.  Kurotschkinskischer  See  bei  Astrachan  (in  Salzwasser  von 
daher,  welches  in  Astrachan  in  Flaschen  aufbewahrt 
war,  beobachtet) 1  Form. 

IV.  Sakmara  Flufs  westlich  von  Orenburg  (Conferven  von  da- 
her in  Uralsk  untersucht) 1  


31  Formen. 
b)    Asiatische  Beobachtungspunkte: 

V.  Uralsk  am  Uralflusse 7  Formen. 

VI.  Orenburg  am  Uralflusse 3  

VII.  Hezkaja  Saschtschita  bei   Orenburg  (aus  Salzwasser  der 

Steppe ;  in  Orenburg  beobachtet) 6  


72  Eürenberg:   Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

VOT.      Soimonofskoi  im  Uralgebirge  (')  in  der  Kupfergmbe  ...    3  Formen. 

IX.  Kyschtym  im  Uralgebirge  (mit  Conferven  des  Sumpf- 

wassers)     2  

X.  Catharinenburg   im  Uralgebirge  an   der  Iset   (aus   dem 

Flusse,  aus  Sümpfen  und  aus  dem  See  Scbartasch). .  26  

XL         Psishne  Tagil  im  Uralgebirge  am  Flufse  Tagil 1  Form. 

XII.  Bogoslofsk  im  nördlichen  Uralgebirge  am  Flufse  Turja  .    6  Formen. 

XIII.  Petropawlofsk  östlich  vom  Ural  in  der  sibirischen  Steppe 

(aus  Conferven  des  Salzwassers  eines  Steppensees). .    3  

XIV.  Troizk  östlich  vom  Ural  in  der  sibirischen  Steppe  (aus 

Conferven  einer  salzigen  Lache) 1  Form. 

XV.  Tobolsk  am  Irtysch  und  Tobol  in  der  sibirischen  Ebene  21  Formen. 

XVI.  Barnaul  in  Sibirien  am  Obi S  

XVII.  Platofskische  Steppe  zwischen  Barnaul  und  dem  Koli- 

waner  See   1  Form. 

XVIII.  Smeinogorsk  im  Altaigebirge 12  Formen. 

XIX.  Koliwan  am  Flüfschen  Belaja  (mit  Conferven  beobach- 

tet in  Smeinogorsk) 1  Form. 

XX.  Buchtarma  im  Altaigebirge  am  Irtysch  . . «. 6  Formen. 

XXI.  Prochodnoi-Alpe  des  Altai  bei  Riddersk  (mit  Confer- 

ven,   die  ich  vom  Kamme  der  Alpe  mitgenommen 

hatte,  in  Riddersk  beobachtet) 2  . 

XXH.     Syrjanowskoi  im  Altai 9   

117  Formen. 

Summa   148  Formen. 

113  Species. 

Nimmt  man  die  Bergkette  des  Uralgebirges  und  an  deren  südlichem 

Ende  den  Uralflufs  als  natürliche  Grenzen  von  Asien  und  Europa  an,  und 

rechnet  man  die  unmittelbaren  Grenzbewohner  schon  zu  Asien,    so  gehören 

von  diesen  113  Infusorienarten  31  nach  Europa,  während  82  zu  Asien  zu 

rechnen  sind.    Von  allen  wurden,  mit  Wiederholung  einzelner  Formen,  in 

St.  Petersburg  23  Arten-,    in  der  astrachanischen  Steppe  mit  dem  Bett  der 


(')    An  den  Punkten,  wo  nicht  Salzwasser  ausdrücklich  genannt  wird,  ist  allemal  Süßwasser 
eh  verstehen. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung. 


73 


Wolga  und  des  Uralflufses  24  Arten;  auf  der  Bergkette  des  Ural  37  Arten; 
auf  der  Fläche  von  Sibirien  33  Arten  und  im  Altaigebirge,  nicht  fern  von 
den  Grenzen  des  chinesischen  Gebiets,   22  Arten  beobachtet. 

Systematisch  betrachtet,  gehören  die  113  russischen  Infusorienarten 
51  Gattungen  an.  Es  sind  unter  ihnen  aus  der  ersten  Phytozoenklasse  (den 
Poljgastricis)  95  Arten,  welche  zu  39  Gattungen  gehören,  aus  der  zweiten 
Phytozoenklasse,  oder  den  Räderthierchen ,  sind  unter  ihnen  18  Arten, 
welche  zu  1 2  Gattungen  gehören.  Ich  habe  dabei  noch  die  Gattung  Jnguil- 
lula,  von  der  ich  in  Rufsland  3  Arten  beobachtete,  mit  hinzu  gerechnet,  weil 
viele  gerade  diese  allein  als  Infusionsthierchen  kennen,  obwohl  ich  sie  im 
System  zu  den  Entozoen  gewiesen  habe.  Bei  den  systematischen  Ver- 
gleichungen  werde  ich  Jngidllula  weiter  mit  rechnen,  aber  da  sie  weder  zu 
den  Poljgastricis  noch  zu  den  Räderthierchen  gehören,  immer  auszeichnen. 
Übereinstimmend  in  Maafs  und  Körperform  und  mithin  ganz,  oder  sehr 
wahrscheinlich  ganz  gleich  mit  in  Berlin  vorkommenden,  oder  von  Müller 
abgebildeten  und  sonst  bekannten  mitteleuropäischen  Infusorien,  sind  fol- 
gende Formen  Rufslands : 


POLYGASTRICA,   55  Arten: 


AcTINOPHRTS   Sol. 

Amoeba  diffluens. 
Arcella  vulgaris. 
Aspidisca  Lynceus. 
Bacterium  tremulans. 

Monas? 

Carciiesium  fascicidatum. 
Closterium  cornu. 

.  lunula. 

trabecula. 

Cocconema  cistula? 
Coleps  hirtus. 
Cyclidium  glaucoma. 
Difflugia  proteiformis . 
Doxococcus  glohulus. 
pulvisculus. 


Exilauia  panduriformis . 
flahellum. 

EuGLENA  OCUS? 

Fragilaria  pectinalis. 
Glaucoma  scintillans. 
Gomphokema  discolor. 
Kerona  puslulala. 
Kolpoda  cucidlus. 

Ren. 

Loxodes  cucullulus. 

cucidlio. 

Leucophrys  Ifluida. 
Monas  atomus. 
guttata . 


_  EncJwljs? 
_  termo. 

K 


74               Ehrenberg:  Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

Monas  mica.  Trachelius  falx. 

uva.  lamella. 

Navicula  fulva.  trichophorus? 

gracilis.  Trichoda  paramaecium. 

ulna.  Trichodina  grandinella. 


Oxytricha  lepus.  Vibrio  rugula. 

pullaster.  lineola. 

Pandorina  Morum.  Vorticella  convallaria. 
Paramaecium  Aurelia.  et)  campanuiata. 

Chrjsalis.  /3)   piriformis. 


Spirillum  volutans.  microstoma. 

Trachelius  fasciola.  Urocentrum  turbo. 


anas. 


ROTATORIA,  11  Arten: 

Anuraea  palea.  Lepadella?  triptera. 

Braciiionus  urceolaris.  Monostyla  cornuta? 

Colurus  uncinatus.  Monura  colurus. 

Diglena  catellina?  Rotifer  vulgaris. 

capitata?  Salpina  bicarinala? 

Eosphora  Najas? 

Zu  diesen  würden  sonst  3  Anguillula-  Arten  gehört  haben,  welche  ich 
gleichzeitig  beobachtete,  und  die  sämmtlich  auch  in  Berlin  vorkommen. 

Die  Summe  der  mit  den  mitteleuropäischen  übereinstimmenden  russi- 
schen Infusorien  beträgt  demnach  66,  mit  den  Alchen  (Anguillula)  69,  was 
von  der  Gesammtzahl  mehr  als  ^,  oder  fast  2j  ist.  Die  übrigen  44  in  Mittel- 
europa noch  nicht  verzeichneten  gehören  ebenfalls,  wie  die  afrikanischen, 
gröfstentheils  bekannten,  oder  von  mir  aufgefundenen  europäischen  Gattun- 
gen an.  Neue  Gattungen  ganz  unbekannter  Formen,  als  Frucht  dieser  Reise 
waren  folgende  5 : 

ARCELLA,  EOSPHORA, 

ASTASLA,  TRICHODISCUS. 

BODO, 
Seitdem  ich  aber  diese  Gattungen  characterisirt  habe,  sind  mir  auch 
bei  Berlin,    theils  dieselben  Formen  vorgekommen,    theils  habe  ich  doch 


der  Infusorien   und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  75 

andere  Arten  derselben  Gattungen  hier  aufgefunden.  Das  erstere  ist  der  Fall 
bei  den  sehr  ausgezeichneten  Formen  Eosphora  und  Arcella,  von  denen  ich 
letztere  zuerst  in  Tobolsk  sah,  jetzt  aber  in  3  Arten  hier  gefunden  habe. 
(Herr  Doctor  Leo  in  Berlin  hat,  wie  er  mir  sagt,  auch  mehrere  dieser  For- 
men und  vor  mir  bei  Berlin  beobachtet,  sie  unter  dem  Gattungsnamen  Dif- 
flugia  beschrieben  und  der  naturforschenden  Gesellschaft  übergeben,  welcher 
Aufsatz  noch  nicht  gedruckt  ist.)  Bei  den  drei  übrigen  ist  das  letztere  der 
Fall,  so  dafs  von  allen  Gattungen  keine  jenen  Ländern  ganz  eigenthümliche 
übrig  geblieben  ist. 

Die  Zahl  der  beobachteten  Arten  verhält  sich  zu  der  Zahl  der  Gat- 
tungen, wie  folgt: 

Von  27  Gattungen  wurde     1  Art      beobachtet. 


9 

?» 

wurden 

2  Arten 

6 

»» 

•n 

3     „ 

3 

ii 

1» 

4     „ 

1 

Gattung 

„ 

6     „ 

1 

1» 

i» 

7     „ 

1 

M 

?i 

8     „ 

Die  4  sich  durch  Formenmenge  auszeichnenden  Gattungen  sind  sämmt- 
lich  aus  den  Poljgastricis,  nämlich : 

TRACHELIUS  mit  6  Arten. 
NAVICULA        „    7      „ 
BACTERIUM     „     8      „ 
MONAS  „13      „ 

Von  der  letztern  Gattung  wurden  1 0  Arten  in  Asien,  3  in  Petersburg 
beobachtet. 

Unter  den  Räderthierchen  scheint  sich  die  Gattung  Hydatina  in  Sibi- 
rien am  meisten  zu  entwickeln.  Ich  zählte  3,  sämmtlich  neue  Arten.  Doch 
beobachtete  ich  damals  das  Auge  noch  nicht  aufmerksam,  worein  ich  jetzt  die 
Gattungscharaktere  lege,  und  mein  Urtheil  gründet  sich  daher  auf  die  durch 
meine  Zeichnung  festgestellte,  ganz  mit  jener  Gattung  übereinstimmende 
Form  und  Structur.  Die  Gattung  Diglena  gab  2  Arten,  bei  denen  derselbe 
Zweifel  bleibt,  die  aber  selbst  mit  unsern  Arten  übereinzustimmen  scheinen. 
Bei  Berlin  ist  die  Gattung  Notommata  am  reichsten  an  Arten. 

K2 


76  Eh ren berg:   Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

Rücksichtlich  der  östlichen  Längenverbreitung  zeichnen  sich  folgende 
in  Berlin  und  am  Altai  beobachtete  Formen  besonders  aus : 

Magentliierchen,  16:  Räderthierchen,  6: 

Closterium  lunula.  (Anguillula  ßuviatilis.) 

Coleps  hirtus.  Anukaea  palea. 

Kolpoda  cucullus.  Diglena  catellina? 

Leitcopürts  ?  Jluida .  capitata  ? 

Loxodes  cucidlulus.  Monostyla  cornuta? 
cucullio.  Rotifer  vulgaris. 


Monas  atomus. 

mica. 

termo. 

Navicula  fusiformis. 
gracilis. 

OxYTRICHA  lepilS. 

Paramaecium  Aurelia. 
Trichodina  grandinella. 
Trichodiscus  Sol. 
Vibrio  rugzda. 

Infusorienformen,  die  1)  St.  Petersburg  und  Bogoslofsk  fast  im  60"" 
Breitengrade,  und  2)  den  Sinai  im  2Sslen,  mit  Dongala  bis  zum  19"°  Breiten- 
grade gemeinsam  bevölkern,  sind : 

Magentliierchen,   4:  Räderthierchen,   keine. 

Ctclidiuai  glaucoma. 
Kolpoda  cucullus. 
Paramaecium  Chrysalis. 
Traghelius  lamella. 

Infusorienformen,  welche  Berlin,  der  Altai  und  die  Breite  des  Sinai 
bis  Dongala  gemein  haben,   sind  : 

Magentliierchen,  4:  Räderthierchen,  3: 

Closterium  lunula.  (Anguillula  ßuviatilis.) 

Kolpoda  cucullus.  Diglena  catellina? 

Monas  termo.  Rotifer  vulgaris. 
Navicula  fusiformis. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  77 

Von  Formen,  welche  an  allen  geographischen  Extremen  meiner  Be- 
obachtung, nämlich  1)  am  Sinai  bis  Dongala,  2)  in  Berlin,  3)  in  St.  Peters- 
burg und  Bogoslofsk  und  4)  am  Altai  gleichzeitig  waren,  und  die  mithin 
die  Frage  lösen  könnten,  ob  es  ganz  allgemein  verbreitete  Infusorien,  gleich- 
sam Weltbürger  unter  ihnen  giebt,  ist  bis  jetzt  erfahrungsgemäfs  allerdings 
eine,  aber  nur  eine  zu  nennen  : 

KOLPODA    CUCUUUS. 

Diese  hiermit  vorgetragenen  Zahlenresultate  sind,  schon  wegen  un- 
gleicher, oft  sehr  geringer  Beobachtungsmengen  an  den  verschiedenen  Orten, 
keineswegs  als  feste  Principien  aufzunehmen,  sie  sollen  nur  dazu  dienen,  zu 
klarem  Bewufstsein  über  das  zu  gelangen,  was  wir  wirklich  über  die  Ver- 
breitung der  Infusorien  durch  Erfahrung  wissen,  und  einen  Maafsstab  abge- 
ben, zu  erkennen,  wie  weit  poetische  Hypothesen  diefs  erweitert  haben,  oder 
später  erweitern. 

An  diese  Beobachtungen,  welche  auf  einer  grofsen  Ausdehnung  der 
Erdoberfläche  mit  möglicher  Sorgfalt  angestellt  wurden,  schliefse  ich  noch 
eine  kleine  Zahl  anderer,  die  zwar  in  den  genannten  Zahlen  mit  begriffen 
waren,  die  aber  ein  besonderes  Interesse  gewähren  dürften.  Es  sind  Be- 
obachtungen über  das  Vorkommen  der  kleinsten  Thierkörper  in  finstern 
Schachten  unter  der  Erde. 

Da  auf  der  B.eise  im  Ural  und  Altai  Herr  v.  Humboldt  alle  wichti- 
geren Erzgruben  befuhr,  so  benutzte  ich  in  seiner  Begleitung  diese  Gelegen- 
heit, aus  den  tiefern  Punkten  derselben  stehendes  Wasser,  nasse  Schimmel- 
massen und  schleimige  Überzüge  der  Zimmerung  in  gereinigten  stark  ausge- 
trockneten Glasfläschchen  zur  Beobachtung  von  Infusorien  mitzunehmen,  die 
ich  dann  sogleich  zu  Tage  mit  dem  Microscop  untersuchte.  Mehrere  Male  wa- 
ren meine  Bemühungen  umsonst.  Ich  fand  in  den  aus  der  Tiefe  mit  solcher 
Vorsicht  genommenen  Feuchtigkeiten,  dafs  sie  nicht  am  Gestänge  und  in 
den  Schachten  unmittelbar  von  oben  herab  gelaufen  sein  konnten,  mehrmals 
keine  Infusorien,  zweimal  aber  fand  ich  deren  in  ziemlicher  Zahl,  und  da- 
von einmal  unter  Verhältnissen,  die  bei  völligem  Abschlufs  des  Tageslichts 
in  56  Saschenen  (Lachter)  Tiefe  mir  die  Überzeugung  liefsen,  als  wären  sie 
nicht  vielleicht  am  selben  Tage  mit  dem  Wasser  von  oben  hinab  gedrungen, 
sondern  als  wären  sie  am  Orte  selbst  wohnhaft  und  erzeugt  worden.  Diese 
beiden  fruchtbaren  Beobachtungspunkte  waren :    die  Silbergrube  von  Smei- 


78  Ehuenbeug:   Beiträge  zur  Kennlnijs  der  Organisation 

nogorsk  im  Altai,  und  die  Kupfergrube  von  Soimonofskoi  im  Ural.  Die 
erstere  lieferte  mir  in  der  angegebenen  gröfsern  Tiefe  4  Infusorienarten, 
welche  sämmtlich  bekannte  Formen  waren,  die  ich  aber  an  demselben 
Punkte  über  der  Erde  nicht  beobachtet  habe,   nämlich: 

(Anguillula.  fluviatilis). 

KOLFODA  CUClllluS. 

Loxodes  ciicidlulns. 

cucullio. 

Die  letztere  Grube  gab  mir,  bei  geringerer  Tiefe  von  nur  6  Saschenen 
(Lachter),  drei  andere,  nämlich: 

Monas  atomus. 

Endlieljs. 

termo. 

Es  ist  zu  bemerken,  dafs  unter  diesen  Formen  wieder  Kolpoda  cucuUus 
angetroffen  wird,  und  dafs  sämmtliche  Formen  sehr  verbreitet  sind. 

Das  Gesammtresultat  meiner  bisherigen  Beobachtungen  über  Infuso- 
rien möchte  ich  schliefslich  in  Folgendem  übersichtlich  zusammenfassen : 

1 .  Alle  Infusorien  sind  organisirte,  und  zum  Theil,  wahrscheinlich  alle, 
hoch  organisirte  Thiere. 

2.  Die  Infusorien  bilden  2  ganz  natürliche  Thierklassen  nach  ihrer  Stru- 
elur,  lassen  sich  nach  der  Structur  wissenschaftlich  abtheilen,  und  er- 
lauben keine  Vereinigung  ihrer  Formen  mit  gröfseren  Thieren,  so  ähn- 
lich sie  auch  oft  erscheinen. 

3.  Die  Existenz  von  Infusorien  ist  in  4  Welttheilen  und  im  Meere  nach- 
gewiesen, und  sie  bilden  die  Hauptzahl,  vielleicht  die  Hauptmasse  der 
thierisch  belebten  Organismen  auf  der  Erde. 

4.  Einzelne  Arten  sind  in  den  entferntesten  Erdgegenden  dieselben. 

5.  Die  geographische  Verbreitung  der  Infusorien  auf  der  Erde  folgt  den 
schon  bei  andern  Naturkörpern  erkannten  Gesetzen.  Nach  Süden  hin 
giebt  es  in  andern  Weltgegenden  stellvertretende  abweichende  Formen 
mehr,  als  nach  Westen  und  Osten,  aber  sie  fehlen  nirgends,  auch  be- 
trifft die  climatische  Verschiedenheit  der  Form  nicht  blofs  die  gröfseren. 

6.  Das  Salzwasser  der  sibirischen  Steppenseen  zeigt  keine  auffallend  ab- 
weichenden eigenthümlichen  Infusorienformen. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographisclien  Verbreitung.  79 

7.  Das  Meerwasser  nährt  andere  und  gröfsere  Formen  als  das  Flufswas- 
ser,  viele  aber  sind  dieselben ;  bei  keiner  übersteigt  die  Körpergröfse 
eine  Linie. 

S.  Im  Wasserdunst  der  Atmosphäre,  der  sich  als  Regen  und  Thau  nie- 
derschlägt, beobachtete  ich  nie,  auch  wohl  sonst  nie  jemand  mit 
Sicherheit  lebende  Infusorien. 

9.  In  den  Tiefen  der  Erde,  wo  atmosphärische  Luft,  aber  wohl  kaum 
ein  Minimum  von  reflectirtem  Licht  Zutritt  hat,  finden  sich  Familien 
derselben  Infusorien,   wie  auf  der  Oberfläche. 

10.  Die  directen  Beobachtungen  für  die  generalio  primitiva  mangeln,  wie 
es  nun  scheint,  sämmtlich  der  nöthigen  Schärfe.  Dieselben  Beob- 
achter, welche  das  plötzliche  Entstehen  der  kleinsten  Organismen  aus 
Urstoffen  gesehen  zu  haben  meinen,  haben  die  sehr  zusammengesetzte 
Structur  dieser  Organismen  ganz  übersehen.  Ein  arges  Mifsverhält- 
nifs  ist  hier  nicht  zu  verkennen,  und  die  Täuschung  liegt  am  Tage. 
Das  Mifsverhältnifs  mag  weniger  der  Übereilung  der  Beobachter  zur 
Last  fallen,  als  der  Unzulänglichkeit  der  benutzten  Instrumente,  oder 
dem  Mangel  an  Übung  in  deren  Gebrauch.  Beobachtungen  über  das 
Entstehen  krebsartiger  Thiere  und  Insecten  aus  Urstoffen,  sind  die 
Nachklänge  einer  veralteten  Zeit,  wo  die  Raujien  aus  den  Blättern 
wuchsen. 

11.  Die  Idee,  als  hinge  der  Mensch,  wenn  auch  nur  zum  Theil  vom  Wil- 
len ihn  zusammensetzender  Infusorien  ab,  wird  durch  die  Beobach- 
tung beseitigt,  dafs  die  Infusorien  sich  ihre  Nahrung  suchen  müs- 
sen, Eier  legen,  und  sich  nie  bleibend  und  wachsend  verbinden. 

12.  Die  Entwicklung  aller  von  mir  hinlänglich  beobachteten  Infusorien- 
formen ist  cyclisch,  ganz  bestimmt,  nur  zuweilen  sehr  formenreich, 
daher  täuschend  und  genau  zu  beachten. 

13.  Die  Resultate  meiner  Beobachtungen  erinnern  lebhaft  an  den  alten 
physiologischen  Satz :  Omne  vivum  ex  ovo.  Nie  sah  ich  nämlich  bei 
12  jähriger  angestrengter  Beobachtung  das  plötzliche  Entstehen  eines 
ausgebildeten  Infusoriums  aus  Schleim  oder  Pflanzenzellen,  wohl  aber 
unzählige  Male  das  Gebähren  der  Eier  und  das  Ausschlüpfen  der  Jun- 
gen aus  den  gröfseren  von  diesen.  Auf  solche  Erfahrungen  gestützt 
bin  ich   der  Meinung,    dafs  diese  Thiere  durch   Generatio  primitiva 


80  Euhenbekg:   Beiträge  zur  Kenntnijs  der  Organisation 

nicht  gebildet  werden,  sondern  aus  Eiern  entstehen.  Ob  nun  die 
freien  Eier  nur  zum  Theil  das  Product  des  Gebährens,  zum  Theil 
aber  das  Product  einer  Generatio  primitiva  sind,  ist  noch  nicht  reif 
zur  Entscheidung. 

14.  Die  activen  Bewegungen  und  Contractionen  bei  Pflanzen  und  ihren 
Theilen,  besonders  bei  Algen,  sollten,  wenn  sie  auch  infusorielle, 
oder  thierische  Bewegungen  genannt  würden,  nicht  die  Idee  von  Thier- 
heit  erwecken.  Innere  Ernährungsorgane  und  nachzuweisende  be- 
stimmte Mundöffnung,  zur  Aufnahme  selbst  fester  Stoffe,  scheiden 
die  scheinbar  einfachsten  Thiere  von  den  Pflanzen.  Nie,  auf  viel- 
fache Versuche,  habe  ich  einen  beweglichen  Algensaamen  die  geringste 
feste  Nahrung  zu  sich  nehmen  gesehen,  und  so  unterscheidet  sieb  die 
fruchtstreuende  Alge  von  der  sie  umschwärmenden  Monade,  wie  der 
Baum  vom  Vogel. 

15.  Endlich  lenke  ich  darauf  die  Aufmerksamkeit,  dafs  die  Erfahrung 
eine  Unergründlichkeit  der  organischen  Schöpfungen 
dem  kleinsten  Räume  zugewendet  zeigt,  wie  die  Sternen- 
welt dem  gröfsten,  deren  nicht  naturgemäfse  Grenzen 
die  optischen  Hülfsmittel  ziehen.  Bis  an  das  Walten  der 
Urstoffe  mögen  sich  Hypothesen  wagen,  der  Erfahrung 
kann  es  noch  nicht  vorliegen.  Die  Milchstrafse  der  klein- 
sten Organisation  geht  durch  die  Gattungen  Monas,  Vi- 
brio,  Baclerium,   Bodo. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographisclien  Verbreitung.  8 1 


Tabelle  I. 

Verzeichnifs  der  in  Rufsland  im  Jahre   1829   auf  Herrn 
A.  v.  Humboldts  Reise  beobachteten  Infusorien. 


Gröfse  nach 
Pariser  Linien. 

1.  ACTEXOPHRYS  Sol. 

TÖO"  75 


\  Catharinenburg 


2.  Amoeba  dißuens.  Hcatharinenburg -fg  -  f/' 

{Proteus  difßuens  Müller,     hg^^f f  , 

Anuba  Müllen  Bory.)         J  l  ■ib 


} 

ä     a  t>  dPT  t  a         ;        •  n       /  Catharinenburg 

7.  ARCELLA  vulgaris,  nov.  Gen. -{  „  ,    ,  ,  ° 

L  lobolsk 


{Tiichoda  Sol  Müller.) 

(Proteus  difßuens  Müller,     l")  c         »    f  J"      "'" 

3.  ANGUILLULA  ßuviatilis.  L°.°S        A  jung \rf 

J  wbmeinogorskj  L  -% 

(Vibrio  Anguill.fl.  Müll.)\\c        ..       7        ,  ,  .„, 

v  )  (Smeinojorsk     alt *~" 

4.  inflexa.  nov.spec.      Petropawlofsk lg" 

5. reclicauda.  n.  sp.     Ilezkaja  Saschtschita 4'" 

6.  Anüiiaea  ^rt/eß 

(Brachionus  Müller.  V  SmeÜlOgOrsk l£' 

Anurella  Bory.) 

_J_      i  m 

1U0"  40 

_I_       1  in 
100  "  20 

8.  ASPIDISCA  Lynceus.  "1 /Catharinenburg ffe " 7s'" 

(Trichoda  Lynceus  Müller.))  Ujralsk -£."! 

9.  ASTASIA  haematodes.  n.  G.      Platofskische  Steppe -^" 

1 0     '    '  viridis,  al.  sp.  Syrjanofskoi ^ -  J-'" 

\  1 .  BACTERIUM  cylindric.  n.  G.     Ilezkaja  Saschtschita £» 

12.      deses.  \        .  . 

t  byrianoiskoi -rjr' 

(Enchel/s  deses  Müller.)        J       J    '  10u 

13.     Enclielys.    al.  sp.     Petersburg ^'" 

14.     fuscum.    al.  sp.  Catharinenburg -^" 

15.     Monas,  al.  sp.  Ilezkaja  Saschtschita ^'" 

16. punctum,  al.  sp.        Petersburg 3j6"3jl"' 

fTobolsk, 5^'" 

17. .    termo.   al.  sp.  \  „         ,  ,  ,„ 

v  iPetersburg £& 

L 


8? 

18, 
19, 
20, 
21, 
22, 
23. 
24. 

25. 
26. 

27. 

28. 
29. 

30. 

31. 
32. 
33. 
34. 
35. 

36. 

37. 
3S. 
39. 
40. 
41. 
42. 

43. 


Ehrenberg:    Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

Gröfie  oacl» 
*  Pariser   Linien. 

BACTERIÜM  tremulans.  al.sp.  Petersburg ^U" 

Bacillaria  elongata.  n.  sp.  Tobolsk -i'" 

BODO  didymus.  n.  G.  Catharinenburg suö~  6~oo'" 

viridis,  al.  sp.  Smei'nogorsk -J-" 

vorlicellaris.   al.  sp.  Catharinenburg -^J" 

Bhachionus  wcenlaris  Müller.  Tobolsk -^  -  -^" 

CARCHESIUM  fascicidatum.       \  c  .  _  '     ,  ".  _       , 

„  }  bakmara,  rluls  bei  Urenbure. ..  4i 

(J'orticella  fascic.    Müller.)  J  O  36 

Closterium  cornu.  n.  sp.  Catharinenburg -±~" 

.    ._,.       .  f  Catharinenbure. -A'" 

lumda  Nitzsch.  {  0  .     ö  i" 

L  bmeinogorsk \ 

, Irabecula.  n.  sp.         Tobolsk U" 

COCCONEMA  cistula.  n.  G.       Catharinenburg jij-  J/" 

Coleps  hatiis  Nitzsch.  ~l  f  Bogoslofsk -^'" 

(Diceratellu  hirta  Bor/.)      J  iSyrjanofsk -^" 

Colurus  uncinalus.  "i  f  r>  i    r  1  im 

I  I  Bogoslofsk 4-'" 

(Brachinnus  Müller.               J"W->                     i     r  i  .  „. 

Cerella  Bory.)  j  (PetrOpawlofsk #" 

Cyclidium  slaucoma  Müller.  Petersbure ttt-tV" 

margaritaceum.  n.sp.     Catharinenburg 125T00'" 

Difflugia  proleifoiniis.  Le  Clerc.     Tobolsk J-'" 

D1GLENA  capita  ta.  n.  G.  Buchtarma J-6'" 

caleüinal  n.  G.  "|  0  ,  ' 

>  bmeinogorsk -}-'" 

(Cerraria  ca/ellina  Müller.)  J  a  z0 

doxococcus  gmaus.       j  --^ 

(Vohox  globulüs  Müller.)     J  '  7- 

j inaequalis.  n.  sp.  Catharinenburg J^J" 

pulvisculus.  n.sp.        Catharinenburg _1--J_'" 

fr  o  Ua     luo 

Exilaria  j'labe llum.  n.  sp.  Saratof J^" 

panduriformis.  n. sp.      Catharinenburg -^'" 

EOSPHORA  Najas*  h.  G.  Tobolsk  . . . : ig- 

EUGLENA  acus.  1  „  •       .      , 

?  Catharinenbure -»V 

(/^'4nb  acuj  Müller.)  J  D  40 

„  f  Saratof 4:'" 

^ragilaria  angusta.  n.  sp.         j_  ,    .,  y,„ 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung. 


S3 


Gröfse    n.ir  1j 
Pariser  Linieu. 


44. 

45. 

46. 

47. 
48. 
49. 
50. 
51. 
52. 
53. 
54. 
55. 


Fragilaria  bipunctata.  n.  sp. 
pectinalis  Lyngbye. 

. Scolaris,  n.  sp. 


{ 


Catharinenburg -L- 

Saratof 

Catharinenburg 

Saratof 


m 


i  in 

48 
1  in 


GL AUC OMA  sc *'«*///« ras.  n.G. 
Gompiionema  dcscolor.  n.  sp. 

rotundatum.  n.  sp. 

Iclavatum.  n.  sp. 

Iconslrictum.  n.  sp. 

Gonium  hjralinum.  n.  sp. 
HYD ATINA  llaticauda.  n.  sp. 

lleptocerca.   n.  sp. 

.  ? terminalis.   n.  sp. 


Petersburg. 
Troizk 
Saratof.  .  . 


Orenburg 


l 

"60" 


1  III 
48 
1   m 
40 
j  in 
50 

i-"' 

20 
1    w 
'64 


Catharinenburg -X'" 


24 


56.  Kerona  pustulata  Müller. 


57.  Kolfoda  cucullus  Müller. 


Smeinogorsk  (l  einzelne  Kugel  X^)  J 

Tobolsk 

Tobolsk 

Bososlofsk 

D 

{Catharinenburg 
Petersburg X 

Tobolsk 

Smeinogorsk  

Uralsk 

Petersburg : 


l  in 


V" 


58. 
59. 
60. 

61. 
62. 


Ren  Müller. 


Lepadella  Itriptera.  n.  sp. 
Leucophrys  ?  fluida  Müller. 

LOXODES    CUCulhduS. 

(Kolpnda  cucullul.  Müller.)  I 


i-'" 
24 

X'" 
30 
l" III 
30 

III 
24 
_i_       IUI 
100  "  75 

•     \J" 
'  '       100 

JJH 
"  '    100 

144"  "75 

Petersburg  XJ" 

Bogoslofsk XJ" 

X'" 

36 


cucullio. 

(Kolpoda   cucullio    Müller.') 


{ 


Barnaul  

'Syrjanofskoi X-'" 

Smeinogorsk X 

Ilezkaja  Saschtschita 


63.  Monas  atomus  Müll.  =  M.  lens  M. 


64. 
65. 

66. 


encheljs.   n.  sp. 
erubescens.  n.  sp. 

gultula.   n.  sp. 


Smeinogorsk 

Barnaul , 

Soimonofskoi , 

Ilezkaja  Saschtschita X 

i 
iou 

Kurotschkinskischer  See  bei  As- 


iii 

"60 

JJH 

80 

1  Hl 
75 

jjii 
500 
1   '" 

5U0 


/// 


Soimonofskoi 


trachan 
Petersburg  . 


L2 


im 

'  •  *  144 

X-       <-'" 
iSÜ  "  192 


84 


Ehrenberg:    Beiträge  zur  Kenntniß  der  Organisation 


Gröfse  nach 
Pariier  Linien. 


67.  Monas  hyalina,  n.  sp. 


500"  J84"Z40 


68. 
69. 
70. 
71. 

72. 

73. 

74. 
75. 
76. 

77. 
78. 
79. 


Kolpoda.  n.  sp. 
«z/W/  Müller. 
ovalis.  n.  sp. 
poljloma.  n.  sp. 

terrao  Müller. 


f  Petersburg 

iToboisk ::.   .& 

Smeinogorsk J^'" 

Buchtarma -po'" 

Barnaul tf 

Petersburg -£'" 

Koliwan 


Catbarinenburg 


•  •  •  '  soo 

1_      1— '" 

■/ooo"  fsoo 

•  '  '     1000 


umbra.   n.  sp. 

uva  Müller. 

volvooc.  n.  sp. 

Monosttla  comula? 

(Triclioda  cornuta  Müller. 

1  lünaris.  n.  sp 

MONURA  colurus.  n.  G. 

NavigÜLA.  a)  laeves: 

fulva 


Soimonofskoi 

[  Petersburg ^m" 

Syrjanofskoi Jfe4" 


1  "' 

SbO 


Smeinogorsk 

Petersburg Är&" 

>  Smeinogorsk -Jj"' 

Tobolsk JL'" 

Tobolsk JL'" 


80. 
81. 

82. 
83. 
84. 


1  JCatharinenburg -JL'" 

(Bacillan'a  fulva   Nitzsch.))  (.Buchtarma X'" 

Catharinenburg -r----ad" 

ö  l^^      100 

Syrjanofskoi J~" 

L_  i'" 


gracilis.  n.  sp. 


Smeinogorsk . 
Barnaul 


ulna. 

(Bacillaria  ulna  Nitzsch.}     \ 
ß)  striatae: 


i-  Catharinenburg 
v  J 


60       50 

_X        1  '" 

43  '  '36 

X'" 

•  '  '    10 


Barnaul X"' 

00 

Bucbtarma J^'" 

Uralsk ,V" 


Orenburg X.X 


.fusiformis.  n.  sp. 
.  gibba.   n.  sp. 
.  turgida.  n.  sp. 

i>«r.  subaequalis.         Orenburg -ä  -  JA' 


Catharinenburg 


o 
l     j_"/ 

50  "   10 

Tobolsk */" 

■56 

Orenbur« X.X'" 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  85 


Grüfte  iiji  li 
Pariser  Linien. 


85.  Navicula  uncinata.  n.  sp.  Orenburg J$! 

86.  Oxytricha  Lepus  Bory.  Syrjanofskoi £'" 

87'  ■  *  Uralsk J> 


,} 


(Kerona  pullaster  Müller.)  J  '    4S 

88.  Pandoiuna  Morum  Bory?  Kyschtym ^4"tV" 

on    -D  v       /•    TVT-ii  /  Syrjanofskoi J^'" 

S9.  Paramaecium  Aurelia  Muller.      ■{ -r,         ,  ".  ,„ 

L  Petersburg J-s'" 

„•  _,         ..   ,„ .■,  f  Petersburg -h-H" 

90 Chrysahs  Müller.        {  „         ;    „  f  12    » 

17  t  Bogoslofsk Jj 

91.  comj>ressum.  n. sp.  Uralsk Jg*' 

92. ovatum.  n.  sp.  Petersburg -J^'" 

93.  Rotifeu  vulgaris  Scbrank.  Riddersk h~H" 

94.  SALPINA  hicarinata.   n.  G.  Tobolsk ^o'" 

95.  SPIRILLUM  volutans.  1  _      ■  ,       ,,„ 

,      f  Petersbure: ^  -  JL'" 

(^irrä  spirillum  Müller.)      J  °  la2     S6 

96.  SPIRODISCUS  fulvus.  n.G.      Syrjanofskoi ^'" 

97.  Trachelius  anas.  1  „ 

^  Petersburg J/" 

(e^/finb  onaj  Müller.)  }  °  U 

98.  _____  ^r/jc  Scbrank.  Petersburg .X'" 

99.  fasciola.  "^JCatharinenburg ~to~~h~~H" 


KCa, 
JlUn 


{Vibrio  Müller.)  J  LUralsk -±'" 

JJl 

iuo 


36 

100.  ?globuliferus.n.sj).     Tobolsk J^'" 

i  Petersbur«  -J i- 

(Kolpoda  lamella  Müller.)     J  °'  75      48 


102. 


trichophorus.  n.sp.     Tobolsk -X 


100 
103.  Trichoda  ? Paramaecium.  n.  sp.lf  Petersburg xi"ii" 


(<r/r.  Enchei.  seminulum  M.)j  (.Catbarinenburg -4jw 

104.  Trichodina  grandinella.  ~\  _,. .  , 

,  6  l  Riddersk «...  JL'" 

(Trichoda grandin.  Müller.)  J  a6 

105. comosa.  n.  sp.  Petersburg X'" 

106 /^  1  Barnaul    JL<» 

{Vorticel.  stellina   Müller.)  J  i4 

1 07.  trichodiscus  soi.  n.  g.  (  %scht.ym -U" 

L  Barnaul 


30 


86 


Ehrenberg:  Beiträge  zur  Kenntnijs  der  Organisation 


108.  Vibrio  amblyoxys.  n.  sp. 

109.  lineola  Müller. 


110. 


rugula  Müller. 


111.  Vorticella  Convallaria  Müll. 
a)  campanulata. 


112 

113.  Urocentrum  turbo  Nitzsch. 

(Turbinella  Bor/.) 


Gröfse  oacl» 

Parisei     Linien. 

. ' , 

Tobolsk 5V" 

i  "' 

300 

f  Barnaul. -&" 

Uralsk ^'" 


Pelropawlofsk 


Petersburg. 


j, 

36 


V" 

4S 


Nisbne  Tagil Körper 


p)  piriformis. 

microstoma.    n.  sp. 


{Catharinenburg 
Petersburg.  .  .  . 


Bogoslofsk 


'  '     80 
1  "' 

•  •  "so 
1        V" 
43  "  46 

1  m 
'  '    "96 


|  Tobolsk £" 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung. 


37 


Tabelle  II. 

\erzeichnifs   der  russischen  Infusorien   nach  den 
XXII  Beobachtungspunkten. 

(Geordnet  nach  der  geographischen  Breite  der  Orte  von  Süden  nach  Norden.) 


Kurotsclikinshischer  See  bei  Astrachan. 

■    46°  N.B.    66°Ö.L.? 

(Es  wurde  Salzwasser  dieses  Sees  beobachtet, 

welches  in  Astrachan  längere  Zeit  in  Flaschen 

aufbewahrt  worden  war.) 

Monas  erubesecns.  n.  sp. 

n. 

Buchtarma  am  Altai  and  Irtysch. 

49°  N.B.    101°  Ü.L. 

Bacillaria  elongata.   n.  sp. 
DIGLENA  capitata,  n.  sp.? 
Monas  mica  Müllei\ 
Navicula  julva. 
________  gracilis.   n.  sp. 

fusiformis.  n.  sp. 

_ ventricosa.  n.  sp. 

III. 

Sjrjanofskoi  im  Altaigebirge, 
Astasia  viridis,  n.  sp. 
BACTERIUM  deses. 
Coleps  hirtus  Nitzsch. 
LOXODES  cucullulus. 
Monas  umbra.  n.  sp. 
Navicula  gracilis.  n.  sp. 


Oxytriciia  lepiis  Boiy. 
Paramaecium  Aurelia  Müller. 
SPIRODISCUS  fulvus.  n.  sp. 

IV. 

Prochodnoi-  Alpe  bei  Riddersk  im  Altai. 

(Aus  Conferven  von  der  Alpe;  beobachtet 

in  Riddersk.) 

Rotifer  vulgaris  Schrank. 
TRICHODINA  grandinella. 

V. 

Smeinogorsk  {Schlangenberg)  im  Altai- 
Gebirge. 
(Die  mit  *  bezeichneten  sind  aus  der  Tiefe 
des  Bergwerks.) 

»ANGUILLULA  fluviatilis. 
Anuraea  palea  Bory. 
BODO  viridis,  nov.  Gen. 
DIGLENA  catellma. 
Gonium  hjalinum.  n.  sp. 
*Kolpoda  cucullus  Müller. 
*LOXODES  cucullulus. 

* eucullio. 

Monas  Kolpoda.  n.  sp. 

uva  Müller. 

MONOSTYLA  comuta. 
Navicula  gracilis.  n.  sp. 


88  Eürenberg:   Beiträge  zur  Kenntnijs  der  Organisation 


VI. 

Koliwanski  Sabod  im  Altai. 

(Steinschleifern  am  Fliifschen  Belaja  reka. 

Aus  Conferven.) 

Closterium  lunula  Nitzsch. 
Monas  termo  Müller. 

VII. 

Uralsk  am  Uralflusse. 
Aspidisca  Ljnceus. 

(Trichoda  Müller.) 

Kolpoda  cucullulus  Müller. 

N avicula  fusiformis.  n.  sp. 

Üxytricha  pullaster. 

(Kerona  Müller.) 

Paramaecium  compressum.  n.  sp. 

Trachelius  fasciola. 

(Vibrio  Müller.) 

Vibrio  rugula  Müller. 
VIII. 

Saratqf  an  der  Wolga. 
Amoeba  dijfluens. 

(Proteus  Müller.) 

Exilaria  ßabellum.  n.  sp. 
Fragilaria  angusta.  n.  sp. 

■        pectinalis  Lyngbye. 

.    scalaris.  n.  sp. 

Gompüonema  rotundatum.  n.  sp. 

rx. 

Ilezkaja  Saschtschita  bei  Orenburg. 
(Im  Salzwasser.) 

Anguillula  recticauda.  n.  sp. 
BAGTERIUM  monas.  n.  G. 
cjlindricum.  al.  sp. 


DOXOCOCCUS  ghbulus. 

(Volvox  Müller.) 

LOXODES  cucullulus. 

(Kolpoda  Müller. 

Monas  atomus  Müller. 

X. 

Orenburg  am   Uralflusse. 
Navicula  gib  La.  n.  sp. 

uncinata.   n.  sp. 

lurgida.   n.  sp. 


XI. 

Sakmarqflufs  bei  Orenburg. 
(An  Conferven.) 

Carchesium  fasciculalum. 

(Forticeila  Müller.) 

xn. 

Platqfskische  Steppe  zwischen  Barnaul 
und  Koliwan  im  östlichen  Sibirien. 

ASTASIA  haematodes.  n.  G. 

xm. 

Kyschtjm  im  südlichen  Uralgebirge. 
Pakdorina  Morum  Bory. 
TRICHÜDISCÜS  Sei.  n.  G. 

XIV. 

Soimonqfskoi  im  südlichen  Uralgebirge. 
(Aus  einer  6  Saschenen  tiefen  Kuufergrube.) 

*Monas  atomus  Müller. 

* enchelys.  n.  sp. 

*_ termo  Müller. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung. 


89 


XV. 

Troizk  im  südwestlichen  Sibirien  am  Vi. 
(Aus  salzigem  Wasser  der  Steppe.) 

Gomphonema  discolor.  n.  sp. 
XVI. 

Barnaul  im  östlichen  Sibirien  am  Obi. 
Leucophrys  Ifluida  Müller. 
Monas  alomus  Müller. 

ovalis.  n.  sp. 

Navicula  gracilis.  n.  sp. 

fusiformis.  n.  sp. 

Trichodina  stellina. 

(Vorticella  Müller.) 

TRICHODISCUS  Sol.  n.  G. 
Vibrio  rugula  Müller. 

XVII. 

Petropawlqfsk  im  westlichen  Sibirien 

am  Ischim. 

(Aus  salzigem  Wasser  der  Steppe.) 

Anguillula  inflexa.  n.  sp. 
Colurus  uncinatus. 

(Brachionus  Müller.) 

Vibrio  lineola  Müller. 
XVIII. 

Catharinenburg  a.  d.  Iset  im  Uralgebirge. 

(Aus  der  Iset,  dem  See  Schartasch  und 

aus  Sumpfwasser.) 

ACTINOPHRYS  Sol. 

(Trichoda  Müller.) 

Amoeba  dijjluens. 

{Proteus  Müller.) 

ARCELLA  vulgaris,  n.  G. 
ASPIDISCA  Ljnceus. 

(Trichoda  Müller.) 


BACTERIUM  ?fuscum.  n.  G. 
BODO  didymus.  n.  G. 

■vorticellaris.  al.  sp. 

Closterium  lunula  Nitzsch. 
COCCONEMA  vernäh. 
Cyclidium?  margaritaceum.  n.  sp. 
DOXOCOCCUS^m/^/äch/^^.  n.G. 

inaecjualis.  al.  sp. 

Exilaria  panduriformis.  n.  sp. 
Fragilaria  bipunctata.  n.  sp. 

scalaris.  n.  sp. 

Gomphonema  constrictum.  n.  sp. 
Kerona  pustulata  Müller. 
Monas  lermo  Müller. 
Navicula  julva. 

(Bacillaria  Nitzsch.) 

gracilis.  n.  sp. 

turgida.  n.  sp. 

velox.  n.  sp. 

ulna. 

(Bacillaria  Nitzsch.) 

Trachelius  fasciola. 

(Vibrio  Müller.) 

Trichoda  ? Paramaecium.  n.  sp. 
Vorticella  Convallaiia  Müller. 

XIX. 

Nishne  Tagil  im  nördlichen  Uralgebirge 
am  Tagil. 

Vorticella  Convallaria  Müller. 
XX. 

Tobolsk  im  nordwestlichen  Sibirien 
am  Irtysch  und  Tobol. 

Anguillula  ßuviaülts. 

(Vibrio  Müller.) 

M 


90 


Ehrenberg:  Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 


ARCELLA  vulgaris,   n.  G. 
BACTERIUM  Monas,  n.  G. 
Brachionus  urconlaris  Müller. 
Closterium  trabecula.  n.  sp. 
Colurus  uncinatus. 
Difflugia  proteiformis  Le  Clerc. 
EOSPHORA  Najast  n.  G. 
Fr\gilaria  angusla.  n.  sp. 
HYDATINA  tleptocerca.   n.  sp. 

tlaticauda.  n.  sp. 

Kolpoda  cucullus  Müller. 
Monas  hjalina.  n.  sp. 
MONOSTYLA  llunaris.  n.  G. 
MONURA  Colurus.   n.  G. 


Navicula  tursida.  n. 


sp. 


Salpina  Ibicarinata.   n.  sp. 


Trachelius  globuliferus.  n.  sp. 

trichophorus.   n.  sp. 

Vibrio  ambljoorjs.  n.  sp. 
Urocentrum  turbo  Nitzsch. 


XXL 

Bogoslofik  im  nördlichen  Uralgcbirge 

an  der  Turia. 

Nahe  am  60ste"  Breitengrade. 

Coleps  hirlus  Nitzsch. 
Colurus  uncinatus. 

(Brachionus  Müller.) 

H  YD  ATINA  ttermindlis.  n.  sp. 
Lepadella  Itriptera.  n.  sp. 

Paramaecium  Chrjsalis  Müller. 
Vorticella  microstoma.  n.  sp. 


xxn. 

Petersburg. 
60°N.B.  48°Ö.L. 
(Die  verzeichneten  Thierchen  fanden  sich  theils  im  Newa -Wasser,  theils  zwischen  Conferven 
des  Sumpfwassers,  theils  in  Aufgüssen,  welche  ich  mit  verschiedenen  Vegetabilien  bereitete; 
eine  andere  Anzahl  erhielt  ich  durch  die  Güte  des  bekannten  Physiologen  Hrn.  Dr.  P ander 
und  des  Hrn.  Dr.  Weif  se,  welche  mit  wichtigen  wissenschaftlichen  Untersuchungen  über 
das  Verhallen  der  Infusorien  in  den  Infusionen  beschäftigt  waren  und  mir  die  Ansicht  derselben 

freundlich  überliefsen.) 

BACTERIUM  encheljs.  n.  G.  Monas  hjalina.  n.  sp. 

punctum,  al.  sp. 

.       termö.  al.  sp. 

tremulans.  al.  sp. 


umbra.   n.  sp. 
volvox.  n.  sp. 


Ctclidiüm  glaucoma  Müller. 
GLAUCOMA  scintillans. 
Kerona  pustulata  Müller. 
Kolpoda  cucullus  Müller. 

Ren  Müller 

Monas  guttula.  n.  sp. 


Paramaecium  Aurelia  Müller. 

,      Chrysalis  Müller. 

n.  G.  ovalum.  n.  sp. 

SPIRILLUM  volutans. 

(Vibrio  spirillum  Müller.) 

Trachelius  anas. 

(Trichoda  Müller.) 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  9 1 

Trachelius  falx  Schrank.  TRICHODINA  comosa.  n.  G. 

lamella.  Vibrio  rugtda  Müller. 

(Kolpoda  Müller.)  Vorticella  Convallaria  Müller. 
Trichoda?  Paramaecium.  n.  sp.  ß)  pyriformis. 


Anmerkung:  Ich  habe  in  diese  Verzeichnisse  alle  solche  Körper  aufgenommen ,  welche  die 
microscopisch  beobachtenden  Zoologen  bisher  für  Infusorien  hielten,  obwohl  eine  Anzahl 
Gattungen  noch  nicht  in  den  von  mir  beigefügten  Versuch  eines  Systems  der  Infusorien 
aufgenommen  werden  konnte.  Hoffentlich  wird  diese  Arbeit  noch  andere  Beobachter  an- 
regen, auf  gleichem  Wege  fortzubauen,  wodurch  die  noch  vorhandenen  Fragzeichen  und 
Zweifel  bald  verschwinden  werden. 

Die  Gattungen  Trichodiscus  und  Spirodiscus,  von  denen  in  den  systematischen 
Tabellen  nicht  die  Rede  ist,  sind  riicksichtlich  ihrer  Structur  noch  dunkel,  doch  gehört  die 
erstere,  welche  auch  bei  Berlin  vorkömmt,  wahrscheinlich  in  die  Nähe  von  Actinophrys, 
und  die  letztere  in  die  Nähe  von  Spirillum.  Beide  werde  ich  in  einem  weiteren  Beitrage 
.zur  Naturgeschichte  Rufslands,  den  ich  mitzutlieilen  gedenke,  nebst  den  übrigen  neuen 
Formen  speciell  charakterisiren;  eine  kurze  vorläufige  Diagnose  liegt  in  den  Namen. 

Im  Übrigen  liefern  vorläufig  dieselben  2  systematischen  Tabellen  im  kleinsten  Räume 
die  bündigste  Erläuterung  der  neuen  und  alten  Gattungsnamen.  Die  Gattungen  Astasia 
und  Euglena  sind  bereits  in  Poggendorf's  Annalen  der  Physik  und  Chemie,  XVIII.  Band, 
k'e'  Stück  1830.  von  mir  umständlicher  angezeigt  worden. 


Nachtrag. 


Während  des  Druckes  der  Abhandlung  haben  die  fortgesetzten  Beobachtungen  noch  fol- 
gendes ergeben: 

1.  Die  Lücke,  welche  im  System  der  Rolatoria  Polytrocha  loricala  zwischen  den  Formen 
mit  1  Auge  (Salpina)  und  denen  mit  4  Augen  (Squamcüa)  fühlbar  war,  wenn  man  sie 
mit  den  Polytrochis  nudis  verglich,  hat  angefangen  sich  zu  füllen.  Ich  habe  nämlich 
das  als  Lepadella?  iriplera  fraglich    verzeichnete  Thierchen   von  Neuem    beobachten 

M2 


92  Ehrenberg:  Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

tonnen  und  bei  ihm  2  kleine  Stirnaugen  entdeckt,  welche  es  aus  der  augenlosen  Gattung 
Lepaclella  entfernen.  Ich  nenne  es  daher  künftig:  METOPIDIA  triplera,  und  stelle  es 
zwischen  Salpina  und  Squamella. 

2.  Ich  hatte  Gelegenheit,  eine  sonderbare  neue  Form  der  Gattung  Vaginicola  zu  beobachten, 
welche  aus  mehreren  sehr  kleinen  Individuen  zusammengesetzt  ist  und  frei  im  YV  asser 
schwimmt.     Ich  nenne  sie  vorläufig  Vagnicola  socialis.     Grüfse  eines  Individuums  «j'". 

3.  Ich  bemerke,  dafs  ich  Cyclidium  margarilaceum,  aus  Catharinenburg  im  Ural,  nun  auch 
bei  Berlin  gesehen,  und  mich  sowohl  von  seinen  Wimpern,  als  Ernährungsorganen  überzeugt 
habe.     Das  Fragzeichen  ist  daher  nicht  weiter  beizubehalten. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  93 


Erläuterung  der  Kupfertafeln. 

Diese  Abbildungen  sollen  besonders  zur  anschaulichen  vergleichenden  Darstellung  des 
organischen  Ernährungssystems  der  verschiedenen  polygastrischen  Infusorienformen  dienen. 
Nur  als  Anhang  wurde  die  Organisation  der  Räderthierchen  betrachtet,  und  die  Slc  Tafel 
wurde  später  zugefügt,  weil  die  einfiufsreichen  Beobachtungen  später  vollendet  wurden.  Alle 
Thiere  sind  in  dem  Zustande  dargestellt,  in  welchem  sie  erscheinen,  wenn  man  ihnen  Farbe- 
substanzen  als  Nahrung  gegeben,  daher  das  Blau  Indigo-,  das  Roth  Karmin-,  das  Grün  Saft- 
grüngenufs  anzeigt.  Im  natürlichen  Zustande  sind  sie  sämmtlich  fast  farblos.  Die  rothen  ein- 
zelnen Punkte  bei  den  Thieren  der  7"'n  Tafel  zeigen  aber  nicht  Ernährungsorgane,  sondern 
die  natürliche  Färbung  ihrer  Augen  an,  welche  durch  den  Genufs  verschiedenfarbiger  Speisen 
nicht  verändert,  und  nach  Tab.  VIT.  Fig.  1.  c.  bei  den  Jungen  im  Mutterleibe  schon  erkannt  wird. 
Überall  ist  auf  die  verschiedenen  Entwicklungsstufen  der  Thiere,  so  weit  der  Raum,  welcher 
besonders  die  Übersicht  befördern  sollte,  es  gestattete,  Rücksicht  genommen,  aber  die  3te,  5" 
und  7le  Tafel  sind  besonders  auch  der  cyclischen  Entwicklung  einzelner  Thiere  gewidmet. 

Sämmllichc  Figuren  sind  von  mir  selbst  gezeichnet,  und  nicht  willkührlich  oder  plan- 
los vergröfsert  dargestellt,  sondern  gerade  in  der  Gröfse  abgemessen,  welche  das  Microscop 
gab.  Nur  auf  der  ls"°  Tafel  sind  einige  sehr  kleine  Thierchen  nach  SOOmaliger  Vergrüfserung 
des  Durchmessers  gezeichnet,  und  das  findet  sich  angezeigt,  alle  übrigen  sind  es  nach  SSOmali- 
ger  Vergrüfserung  desselben  ohne  weitere  Bemerkung.  Demgemäfs  sollte  das  Bild  der  Hyda- 
tina  senta  der  s"B  Tafel,  welche  \  Linie  grofs  und  3S0  mal  vergrüfsert  ist,  noch  nicht  völlig 
k  Zoll  grofs  sein. 

Das  menschliche  Auge  sieht  nicht  immer  dieselben  Gegenstände  in  derselben  Gröfse. 
Manche  Personen  sehen  sie  immer  etwas  größer  als  andere,  selbst  beide  Augen  einer  und  der- 
selben Person  zeigen  Unterschiede,  und  auch  ein  und  dasselbe  Auge  sieht  etwas  anders  zu  an- 
dern Zeiten.  Dieser  Umstand  bringt  bei  microscopischen  Gegenständen  Verwirrung,  wo  er 
nicht  berücksichtigt  wird.  Daher  ist  es  nöthig,  obwohl  es  bisher  in  sehr  wenigen  Fällen  ge- 
schah, die  Gegenstände  selbst  mit  einem  (am  besten  einem  Glas-)  Micronieter,  dessen  Ver- 
hältnifs  ein  für  allemal  bekannt  ist,  zu  messen.  Diefs  Maafs,  da  es  durch  das  Auge  gleichzeitig 
gesehen  und  verglichen  wird,  schneidet  den  durch  jene  Veränderlichkeit  entspringenden 
Zweifel  und  Irrthum  für  die  Gröfsen  vollständig  ab,  aber  es  bessert  nicht  das  Sehen  des- 
selben Gegenstandes  in  verschiedener  Gröfse.  Um  mithin  sänimtliche  Figuren  in  relativ  rich- 
tiger Gröfse  nebeneinander  zu  haben,  sollte  man  sich  des  Mittels  bedienen,  dieselben  auf  einen 
und  denselben  Maafsstab  zu  reduciren.  Da  mein  Auge  nicht  allzugrofse  Variationen  zeigt,  so 
habe  ich  diese  Reduction  unterlassen  und  die  Figuren  gerade  so  gegeben,  wie  ich  sie  sah,  nur 
habe  ich  ihr  wirkliches  Maafs,  nämlich  immer  ihre  höchste,  mit  dem  Micrometer  gemessene 
Gröfse  dabei  angezeigt,  welche  Angabe  demnach  wichtig  und  als  Begulator  zu  betrachten  ist. 


94  Ehr  eh  berg:   Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

Tafel  I. 

I"'  Gruppe.  Die  Sclllufs-  Monade,  Monas  termo  Müller  mit  blauem  Farbestoff  gefüllt, 
bei  800  maliger  Vergrüfserung  des  Durchmessers  gesehen.  Wäre  das  Tliierchen 
jA;:  Linie  grofs  und  1000  mal  vergröfsert,  so  würde  es  eine  Linie  grofs  erscheinen. 

Die  Messung  dieser  Tliierchen  ergab   ,  '  „  -  mfc;  Linie.     Deutlich  erkennt  man 

o  «         1500        J000 

noch  im  Ilintertheile  des  Leibes  1  bis  4  und  bis  6  Punkte  von  blauer  Farbe,  welche 
sich,  vergleicht  man  die  übrigen  gröfseren  und  deutlicheren  Infusorien,  ohne  alle 
Gefahr  des  Irrthums  für  Magen  erkennen  lassen.  Dabei  sieht  man  den  Vordertheil 
des  Tliierclicns  noch  leer.  Es  gieht  noch  eine  andere  Art  von  Monaden,  welche 
dieselbe  Gröfse  hat,  die  ich  aber  nie  zur  Aufnahme  von  Nahrung  bringen  konnte. 
Jene  lebt  in  vegetabilischen,  diese  in  thierischen  oder  Pilzaufgüssen  gewöhnlicher. 
Vielleicht  gehen  sie  nicht  gern  von  einer  Nahrung  zur  andern  sehr  verschiedenen 
über.  Ich  trenne  die  andere  Form  einstweilen  als  Monas  crepusculum,  Dämme- 
rungs-Monade, deren  Thierheit  ich  nicht  beweisen  kann.  Von  beiden  leben 
oft  ungefähr  500  Millionen  in  einem  Tropfen. 

IIIe  Gruppe.  Die  Atomen -Monade,  Monas  atamus  Müller,  deren  Gröfse  nur  ,4s'  be- 
trägt und  die,  wie  die  folgende,  nur  3S0  mal  vergröfsert  ist.  Lei  dieser  sieht  man 
schon  deutlich  die  scharf  umgrenzten  mit  (1.)  blauer  und  (2.)  rother  Farbe  gefüll- 
ten Behalter.  Einige  sind  in  der  Mitte  mehr  oder  weniger  zusammengeschnürt  und 
im  Begriff  sich  durch  Theilung  zu  vervielfältigen.  Einige  Individuen  sind  leer  und 
diese  gehörten  sonst  nach  Müller  einer  andern  Art,  der  Monas  lens,  an.  Die  Jun- 
gen der  Kolpoda  cucullus  lassen  sich  von  dieser  Form  durch  kein  mir  bekanntes 
Mittel  unterscheiden.  Sie  gehört  zu  den  Monaden  die  in  einer  ihrer  Entwicklungs- 
stufen sich  aneinander  hängen  und  traubenlörmig  erseheinen,  sich  aber  allemal  wie- 
der auflösen.    Monas  iwa  Müller  unterscheide  ich  durch  andre  Charactere. 

III"  Gruppe.  Die  Tropfen-Monade,  Monas  guttula  (l.)  blau  und  (2.)  roth  genährt,  ist  fast 
noch  einmal  so  grofs  als  vorige  und  kugelrund.  Wegen  ihrer  Gröfse  und  Durch- 
sichtigkeit wird  sie  viel  deutlicher.  Sie  dreht  sich  um  ihre  Längsaxe  und  hat  immer 
den  von  den  farbigen  Punkten  ahgewendeten  Theil  im  Schwimmen  vorn.  Da  sieht 
man  auch  kleine  Wirbel  im  Wasser,  da  ist  also  ein  wahrer  Mund  mit  Wimpern  zu 
suchen,  den  ich  jedoch  nicht  so  deutlich  an  sich  erkannte,  dafs  ich  ihn  hätte  in  der 
Zeichnung  angeben  können.  Bei  der  Staub-Monade  Monas  puhnsculus  ist  ein  be- 
wimperter Mund  deutlich  zu  erkennen.  Die  Wirkung  zeigt,  dafs  er  bei  den  klei- 
neren Formen  ebenfalls  da  sein  mufs.     Ich  sah  sie  nie  traubenförmig. 

IV,e  Gruppe.  Das  bläuliche  Scheibeilthierchen,  Cyclidium  glaucorna  Müller.  Die  grö- 
fseren Individuen  A.  sind  S00  mal  vergröfsert,  die  kleineren  B.  380  mal,  einige  sind 
blau,  andere  sind  roth  genährt.  Einige  a.  sind  im  Begriff  sich  zu  theilen.  Die 
breiteren  schwimmen  auf  dem  Rücken,  oder  dem  Bauche,  die  schmäleren  sieht  man 
von  der  Seite,  einige  halb  gewendet.  Man  unterscheidet  bei  der  Seitenlage  und 
wenn  das  Wasser  mit  Farbestoff  erfüllt  ist,  den  sie  bewegen,  deutlich  einen  Kranz 
von  Wimpern  (vergl.  c.  und  d.  der  Blauen).  Der  Strudel  und  die  Mundöffnung 
ist  vorn  und  unten,  aber  letztere  nicht  selbst  zu  erkennen,  nur  in  der  Wirkung. 


der  Infusorien  und  üirer  geographischen  Verbreitung.  95 

Wie  Fig.  A.  d.  bei  den  Rothen  und  B.*  bei  den  Blauen  erscheinen  sie  beim  Ein- 
trocknen des  Wassers  im  Tode. 

V,s  Gruppe.  Das  schmelzende  Wechselthierchen,  Amneba  difßuens,  ist  schon  sehr  grofs 
im  Verliältnils  zu  jenem.  Sie  haben  keine  bestimmte  Gestalt,  sondern  ändern  die- 
selbe willkührlich.  In  seiner  gröfsten  Zusammenziehung  bildet  es  eine  gallertige 
Kugel  (Fig.  V.l.).  Fig.V.  2.  ist  dasselbe  Thier  und  V.  5.  wieder  dasselbe,  ausgedehnt. 
Bei  V. 2.*  sieht  man  einen  hellen  Fleck,  den  Mund  ohne  Wimpern,  der  sich  bald 
erweitert  bald  zusammenzieht.  Zu  Fig.  3.  und  4.  wählte  ich  beobachtete  Formen 
welche  durch  genolsne  Navicula  ulna  und  graci/is  deutlich  zeigen,  dafs  sie  auch 
grofse  Körper  überwältigen  und  verzehren.  Beide  Figuren  sind  nach  demselben 
Thiere  genommen;  bei  4.*  ist  die  Mundüffnung  deutlich.  1.  2.  und  5.  haben  In- 
digo verzehrt  und  zeigen  ihre  polygastrischc  Structur,  die  in  3.  und  i.  durch  unver- 
bältnifsmäfsige  Erweiterung  einzelner  Magen  nicht  deutlich  werden  konnte. 

VI,e  Gruppe.  Das  gewöhnliche  Kapselthierchen,  Arcella  vulgaris.  Der  strahlenartig 
feingeriefte  Schild  und  der  willkührlich  bald  in  2  bald  in  7  Fortsätze  verlängerte 
veränderliche  crystallhelle  Leib  ist  in  Fig.  1.  sichtbar  und  *  halte  ich  für  die  durch- 
scheinende Mundüffnung;  2.  ist  ein  Junges;  3.  ist  die  Seitenlage.  Die  blauen 
Flecke  zeigen  die  Mehrzahl  der  Magen  an.  Ich  habe  viel  gröfsere  Individuen  be- 
obachtet und  bis  20  Magen  gezählt.  Seit  dem  Drucke  der  systematischen  Tabelle 
fand  ich  auch  eine  zweite  Art  der  eigentlichen  Gattung Difßugia  bei  Berlin,  welche 
sich  durch  eine  hintere  Spitze  an  ihrer  Hülse  und  bedeutendere  Gröfse  auszeichnet, 
ich  nenne  sie:  das  spitzige  Schmelzthierchen,  Difßugia  acuminata.  Farbige 
Nahrung  verschmäht  sie  auch. 

VIItc  Gruppe.  Das  thierische  Haarthierchen,  Trülwda  camium,  eine  neue  Art;  eine  der 
verschiedenen  Thierformen,  welche  Müller  Kolpoda  pyrüfn  nannte.  Deutlich 
sieht  man  bei  A.  *  den  gewimperten  seitlichen  Mund,  welcher  durch  die  Wasser- 
wirbel Farbetheilchen  einzieht,  und  ihm  entgegengesetzt  bei  *  die  Auswurfsöff- 
nung. Die  helle  Queerlinie  derselben  Figur  deutet  auf  bevorstehende  Queer- 
Theilung  hin,  die  bei  a.  und  b.  schon  weiter  vorgerückt  und  daneben  vollendet  ist. 
Die  kleineren  sind  Junge,  welche  man  zwischen  den  Alten  sieht.  Manchmal 
zeigen  sie  Längsfalten  wie  bei  B.,  besonders  wenn  das  Wasser  zu  mangeln  anfängt 
und  man  neues  hinzuthut.  Nach  der  Müllerschen  Methode  würde  man  diese 
dann  für  Paramaecien  halten  müssen.  Die  Figur  B.  *  zeigt  ein  vertrocknetes 
Thierchen  im  Tode,  wo  die  Wimpern  sehr  deutlich  werden. 

Tafel  II. 
I"°  Gruppe  Das  puppenförmige  Flaschenthierchen,  Encheijs  pupa  und  zugleich  En- 

chelys  fareimen  von  Müller,  je  nachdem  es  jung  oder  alt,  hungrig  oder  genährt 
ist.  Die  Figuren  4.  6.  7.  8.  9.  sind  offenbar  die  letztere  Art,  während  1.  2.  3.  und 
5.  zur  ersteren  gehören.  In  den  Figuren  9.  10.  -  14.  habe  ich  die  Beobachtung 
des  Verschlingens  eines  Loxodes  cucullulus  mitgetheilt,  welches  das  langgestreckte 
Thier  plötzlich   in  ein  eiförmiges  umwandelt.      Die    gewimperte    grofse    ganz 


4 


96  Ehrenbeug:  Beitrage  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

vordere  Mundöffnung  ist  bei  allen  sichtbar.  Das  Auswerfen  verdauter  Nahrung 
zeigt  Fig.  3.,  und  in  Fig.  15.  ist  der  Darmkanal  dargestellt,  wie  man  sich  ihn 
durch  mühsame  Beobachtung  der  gröfseren  Formen  allmälig  deutlich  machen  kann. 
Der  gewimperten  Mundöffnung  ist  die  nackte  Analöffnung  entgegengesetzt,  vor 
welcher  eine  Cloaken-ähnliche  Erweiterung  des  Darmes  gesehen  wird.  Die  Ma- 
gen bilden  mit  dem  Darme  eine  Traube.  Die  übrigen  ungewissen  Dunkelheiten 
des  Körpers  sind,  der  Analogie  nach,  die  den  Darm  umhüllende  Eierstockmasse. 

II"  Gruppe.  Das  weile  Wimuerthierchen,  Leucophrys  patula.  Diese  ziemlich  grofse 
J  Infusorienform  ist  sehr  dazu  geeignet,  eine  deutliche  Ansicht  des  Darmkanals  die- 

ser Tliierchen  zu  geben,  nur  darf  sie  nicht,  wie  man  es  oft  findet,  sich  schon  mit 
grünem  Schleim  oder  andern  halb  durchsichtigen  Dingen  unregelmäfsig  gefüllt  ha- 
ben. Fig.  1.  ist  nach  der  Natur  gezeichnet,  und  beim  Drehen  des  Thieres  erschie- 
nen allmälig  die  übrigen  Tbeile  des  Darmkanals,  wie  sie  in  Fig.  6.  gezeichnet  sind; 
bei  *  ist  die  Analöffnung.  Ein  unregelmäfsig  natürlich  bunt  genährtes  Thier  ist 
Fig.  2.,  welches  noch  nicht  viel  Indigo  verzehrt  halte.  Ein  ganz  mit  Indigo  gesät- 
tigtes Thier  ist  Fig.  3.  Es  hat  51  gefüllte  Magen  und  die  Ausleerung  zeigt  die 
Analstelle.  Fig.  A.  ist  dasselbe  Thier  in  der  Theilung,  welche  Queertheilung  ist. 
Fig.  5.  ein  solcher  frei  schwimmender  Theil,  wodurch  die  Veränderlichkeit  der 
Körpergestalt  wieder  anschaulich  wird.  —  Da  der  Name  Leucopliro  unrichtig  ge- 
bildet ist,  und  deshalb  von  einigen  (Goldfufs)  Leucnphora  geschrieben  wird, 
was  gegen  die  Absicht  des  Gründers  scheint,  so  habe  ich  für  gut  gehalten,  obige 
Endung  anzuwenden. 

III"  Gruppe.  Das  biniförmige  Wimperthierclieil,  Leucophrys  pyriformis,  eine  neue  Art, 
die  wahrscheinlich  auch  unter  Knlpoda  pyrutn  Müller  gehört  hat.  Die  Körper- 
behaarung ist  in  Längs-Reihen  gestellt,  wie  auch  bei  der  vorigen.  Oft  ziehen  die 
Tliierchen  sie  ein,  oder  legen  sie  an  den  Körper  an  (2.  3.  9.  10.)  und  erscheinen 
dann  glatt  wie  Trichoda  carnium,  giebt  man  ihnen  aber  etwas  Indigo  in  den 
Tropfen,  so  erscheinen  sie  sogleich  alle  wie  Fig.  7.  In  5.  und  6.  ist  die  Theilung 
dargestellt.  Fig.  S.  zeigt  die  Ausleerungsstelle.  Die  kleinen  Pfeile  welche  hier 
und  da  bei  den  Figuren  stehen,  zeigen  die  durch  das  Wirbeln  der  Tliierchen  er- 
zeugten Wasserströmungen  und  ihre  Richtung  an.  Die  seitliche  Mundöffnung  hat 
gröfsere  Wimpern. 

IV"  Gruppe.  Das  gewöhnliche  Sonnenthierchen,  Actinophrys  So/;  Trichoda  Soi  Mül- 
ler. Auf  die  grofse  Mundöffnung  dieses  Thierchens  hat  schon  Eichhorn  auf- 
merksam gemacht,  und  sein  Verschlingen  gröfserer  Thiere  zu  umständlich  bewun- 
dert. Es  hat  einen  deutlichen  fleischigen  Rüssel,  den  es  bald  mehr  bald  weniger 
vorschiebt,  wie  in  Fig.  1.  S.  4.  angegeben  ist,  oft  sieht  man  nur  seine  Stelle  (wie  in 
Fig.  3.  und  5.)  deutlich,  und  diese  zieht  sich  zuweilen  rasch  zusammen  (Fig.  7.)  bis 
zu  einer  kleinen  Queerspalte.  Kehrt  das  Tliierchen  seinen  Rüssel  vom  Auge  weg 
oder  ihm  zu,  so  täuscht  man  sich  leicht.  Die  Theilung  ist  Queertheilung  (Fig.  6.). 
Ich  zählte  bis  20  Magen  bei  ihm.  Oft  sah  ich  es  an  Kerona  pustu/uta  geheftet,  die 
es  am  Schwimmen  hinderte,  bis  sie  still  stand  und  starb.  Sie  schien  dieselbe  mit 
dem  Rüssel  auszusaugen. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  97 

Tafel  III. 

Dieses  Blatt  ist  ganz  der  Darstellung  der  Entwicklung  des  gewöhnlichen  Busen- 
thierchens,  der  Knlpoda  cucullus  gewidmet.  Fig.  1.  ist  ein  ausgeschiedener  Eierstock,  wie 
ich  ihn  nach  dem  beobachteten  Acte  des  Ausscheidens  frei  im  Wasser  liegen  sah.  Das  Mut- 
terthier,  welches  im  Gebähract  begriffen  ist,  findet  sich  darüber  als  Fig.  14.  a.  Die  weitere 
Entwicklung  der  Eiermasse  habe  ich  noch  nicht  beobachten  können,  aber  die  kleinsten  For- 
men der  Kolpnda  cucullus,  deren  Entwicklung  zu  gröfsern  ich  beobachtet  habe,  finden  sich 
unter  den  Figurengruppen  2.  3.  4.  Fast  möchte  ich  glauben,  dafs  ich  auch  die  frühesten 
Stufen  schon  oft  gesehen  habe,  und  sie  nur  für  Arten  der  Gattung  Monas  halten  mufste, 
weil  ich  sie  nicht  ungezwungen  in  Zusammenhang  mit  den  Formen  der  Kolpoda  bringen 
konnte.  Jene  kleinsten  bei  denen  kein  Zweifel  übrig  bleibt  waren  von  der  Gröfse  einer 
■A-j  Linie.  Bei  mehreren  von  ihnen  sieht  man  Wimpern  in  der  Mitte  des  Körpers  an  seiner 
etwas  concaven  Seite,  die  sogleich  ganz  deutlich  werden,  wenn  das  Wasser  durch  Farbe  ge- 
trübt wird  und  ihr  Nahrungstrieb  Stoff  erhält.  Die  mit  *  bezeichneten  Figuren  derselben 
obern  Gruppen  sind  nach  auf  das  Glas  angetrockneten  Thierchen  gezeichnet.  Bei  4.*  ist  eins 
laufend  oder  tastend  dargestellt.  Die  übrigen  theils  blau,  theils  roth,  theils  grün  genährten 
Gruppen  zeigen  den  mehr  erwachsenen  Zustand  in  seiner  allmäligen  Entwicklung  an.  Die 
breitern  Formen  liegen  auf  der  Seile,  die  schmäleren  kehren  dem  Auge,  mehr  oder  weniger 
gewendet,  den  Bücken  oder  den  Bauch  zu.  Das  Individuum,  welches  in  der  Mitte  der  Tafel 
mit  *  bezeichnet  ist,  zeigt  den  ausgebildeten  ganz  unverletzten  Zustand  des  Thieres  an.  Im 
Grunde  seines  busenförmigen  Ausschnitts  erkennt  man  eine  längliche  hellere  Stelle,  welche  den 
Mund  bezeichnet,  und  die  das  Thierchen  bald  öffnen  bald  schliefsen  kann.  Diese  ganze  Gegend 
ist  mit  Wimpern  besetzt,  welche  dem  Bücken  fehlen.  Das  Individuum  der  7len  Gruppe,  wel- 
ches der  Zahl  am  nächsten  steht,  zeigt  mit  dem  untersten  der  6Un  Gruppe  und  dem  obersten  der 
5,en  so  wie  mit  Fig.  H.a.  und  b.  die  Afterspalte  unterhalb  der  Mundöffnung  in  verschiedenen 
Graden  der  Bestimmtheit.  Der  zungenförmige  Theil  in  der  Mitte  ist  die  Scheidewand  der  bei- 
den Öffnungen.  Der  helle  Fleck  im  Grunde  der  ersten  ist  überall  der  Mund.  Die  zweite 
Spalte  ist  bei  vielen  nicht  sichtbar,  wegen  ihrer  Zusammenziehung.  In  der  mittleren  Figur  der 
7""  Gruppe  ist  der  Act  des  Auswerfens  dargestellt.  Figur  *  der  7ten  Gruppe  ist  dasselbe  Thier, 
dessen  Gebähren  oben  angegeben  ist,  kurz  vor  dem  Gebähren.  Fig.  l4.  a.  zeigt  dasselbe  Indi- 
viduum im  Act  des  Gebährens  und  Fig.  l4.  b.  nach  vollendetem  Acte,  wo  es  wieder  so  munter 
mit  den  andern  schwamm  und  im  Wasser  wirbelte,  wie  vorher.  Die  Figuren  9.  10.  und  13. 
stellen  andere  durch  wiederholten  Gebähract  veränderte  lebendige  Individuen  derselben  Thier- 
art  vor,  welche  zeigen,  wie  wenig  die  Körperform  geeignet  ist,  zur  Unterscheidung  dieser 
Thierchen  zu  dienen.  Fig.  12.  ist  noch  jung,  und  vorn  scharf  abgestutzt,  wohl  eine  Mifsbildung. 
Der  Durchmesser  der  einzelnen  körnigen  Fibern  des  ausgeschiedenen  Eierstocks  betrug  rjSr~ 
Linie,  folglich  verhält  sich  derselbe  zum  Mutterthier,  welches  Jfa  Linie  lang  war,  wie  40  zu  1. 
Somit  wäre  denn  der  Cyclus  einer  Art- Entwicklung  eines  Infusbriums  fast  vollständig  beob- 
achtet und  festgestellt.     Etwas  Geduld  und  Zeit  wird  die  Beobachtung  bald  vollenden. 


N 


98  Eiikenbeiu:  :  Beiträge  zur  Kennini fs  der  Organisation 

Tafel  IV. 

V"  Gruppe.  Das  flimmernde  Perlenthierchen,  Glaucoma  scintillans.  Eine  neue  Thier- 
gallung,  vielleicht  dieselbe,  an  welcher  Gleichen  seine  Versuche  machte.  Es 
ist  crystallhell  und  wahrscheinlich  oft  für  Cjclidium  slaucoma  gehalten,  welches 
viel  kleiner  ist,  vielleicht  seihst  von  Müll  er  damit  verwechselt  worden.  In  ste- 
hendem Wasser  ist  es  sehr  häufig.  Eine  bewegliche  Borste  unter  der  fast  mitten 
am  Bauche  befindliche  Mundöffnung,  welche  oscillirt,  giebt  ganz  die  Erscheinung 
eines  Herzschlags.  Die  ziemlich  grofsen  Magen  bringen  ein  interessantes  Ansehn 
hervor.  Es  hat  einen  kleinen  Piüssel  und  pflanzt  sich  auch  (Fig.  4.  und  5.)  durch 
Queertheilung  fort.  Ein  Junges  aus  dem  Ei  scheint  Fig.  9-  zu  sein,  weil  es  zu  klein 
ist,  um  aus  Theilung  entstanden  zu  sein.  Fig.  10.  drängt  sich  zwischen  2  härteren. 
Körpern  durch.     Die  Afteröffnung  ist  am  Ende  des  Körpers. 

II"  Gruppe.  Das  nymplienartige  Längenthiercüen,  Paramaeäum  chrysalis  Müller. 
Dies  hat  mir  die  gröfste  Zahl  von  Magen  sehen  lassen,  indem  ich  bis  120  gezählt 
habe,  und  doch  noch  Raum  genug  für  andere  sah.  Im  klaren  Wasser  sieht  man 
die  Behaarung,  welche  in  regelmäfsigen  Reihen  steht,  nicht,  aber  bei  Zuthun  von 
Farbe  wird  sie  augenblicklich  sichtbar.  Daher  hat  man  unrecht  gethan,  die  haari- 
gen Formen  von  den  glatten  abzusondern.  Der  Rüssel  bildet  eine  längliche  Halb- 
kugel, ilie  in  Fig.  2.  deutlich  ist.     Die  Auswurfsstelle  ist  bei  Fig.  6.  zu  sehen. 

III"  Gruppe.  Das  liaubeuförmige  Lippentliierchen,  Loxodes  cucuiiuius,  Knipoda  cucuii. 
Müller.  Lo.iodes  bezeichnet  eigentlich  das  Schiefe  des  durch  die  gewimperte 
Lippe  gebildeten  Yorderrandes.  Das  Thierchen  ist  übrigens  unbehaart.  Es  ist 
eins  der  gemeinsten,  und  besonders  durch  seine  Längstheilung,  wie  in  den  Fi- 
guren 6.  7.  10.  11.  dargestellt  ist,  auffallend  und  leicht  zuerkennen.  Die  ganze 
obere  Reihe  der  Figuren  zeigt  einfache  Thierchen  in  verschiedenen  Bewegungen 
und  Lagen.  Die  schmalen  sind  von  der  Seite  gesehen,  die  breiten  von  oben  oder 
unten.  Die  ganze  untere  Reihe  ist  der  vierfachen  Theilung  derselben  gewidmet. 
Fig.  5.  6.  7.  10.  11.  12.  zeigen  verschiedene  Perioden  der  Längstheilung  von  hinten 
nach  vorn.  Fig.  S.  und  9.  sind  zwei  ganz  gesonderte  Theile.  Fig.  1  i.  stellt  ein 
in  der  Längstheilung  von  vorn  nach  hinten  begriffenes  Individuum  vor.  Fig.  13. 
zeigt  eine  von  vorn  und  von  hinten  gleichzeitig  eintretende  Theilung,  und  Fig.  15. 
eine  bevorstehende  Queertheilung.  Fig.  16.  ist  Fig.  17.  von  der  Seite  gesehen. 
Fig.  17.  zeigt  oben  bei  *  den  Mund,  unten  bei  *  die  Stelle  der  Analöffnung.  Im 
Innern  erkennt  manjcinc  verschluckte  Navicula.  Fig.  21.  sucht  sich  Nahrung  dnreh 
Wirbeln. 

IV"  Gruppe.  Das  binclenfü-Fmige  Halslhierchen,  Tmchellus  fasciola.  Die  Stelle  der 
Mundöffnung  ist  feine  Längsspalte,  wohin  bei  Fig.  y.  der  Stern  zeigt.  Fig.  2.  3. 
5.  6.  sind  Seitenansichten.  Es  vermehrt  sich  durch  Queertheilung  und  Längs- 
theilung. Fig.  7..  ist  das  Hinterstück  eines  durch  Queertheilung  gespaltenen  Indi- 
viduums. Fig.  S.  ist  ein  in  der  Queertheilung  von  hinten  nach  vorn  begriffenes 
Individuum.  Dieses  Thierchen  gehört  vielleicht  richtiger  noch  zur  Gattung 
AmphiUpius ,  da  der  After  nicht  ganz  am  Ende  ist.     Trachclius  lamella  ist  viel- 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  9  9 

leicht  das  Junge  aus  dem  Ei  von  dieser  Form.  Im  getrübten  Wasser  sieht  man 
es  behaart. 
V"  Gruppe.  Das  gansförmige  Halsthierchen,  die  Wassergans,  Trachelius  anas,  Tri- 
choda  anas  Müller.  Der  ganze  Körper  ist  behaart,  die  Härchen  stehen  in  Längs- 
reihen. Die  cvlindrische  Kürperform  unterscheidet  es  leicht  vom  vorigen,  welches 
unten  flach  ist.  Wenn  es  den  Hals  so  bewegt,  wie  Fig.  2.  der  vorigen  Gruppe, 
so  hat  es,  wie  Müller  annahm,  einige  Ähnlichkeit  mit  der  Figur  einer  Gans. 
Bei  Fig.  6.  und  7.  ist  Mund  und  After  deutlich  zu  sehen,  bei  den  übrigen  erkennt 
man  die  Cloake  als  helleren  Raum.  Der  halsfürmige  Vorderlheil,  welcher  an 
seiner  Basis,  bei  Fig.  7.*,  die  Mundspalte  trägt,  ist  eigentlich  eine  Oberlippe.  Der 
Körper  zeigt,  aufser  den  mit  Farbe  gefüllten,  noch  viele  mit  blofsem  Wasser  ge- 
füllte, blasenähnliche  Magen. 

Tafel   V. 

Diese  ganze  Tafel  ist  besonders  der  Darstellung  der  Structur  und  Entwicklung  des 
glockenartigen  Wirbelthierchens,  Fortiäeflä  Corwailaria  Müller  gewidmet,  welches 
eins  von  denen  ist,  deren  unbekannte  Entwicklungsgeschichte  am  meisten  Irrthümer  veranlafst 
hat,  indem  man  aus  seinen  verschiedenen  Lebensformen  6  eigene  Gattungen  gebildet  hat,  deren 
einige  sogar  in  anderen  Naturreichen,  als  die  andern,  untergebracht  wurden.  Die  3  obersten 
Gruppen  der  Tafel  zeigen  den  Kreislauf  der  Art  und  Entwicklung  von  einem  dem  Eistande 
nicht  sehr  entfernten  Punkte  bis  zur  Vollendung  an.  Die  Gruppe  a.  1.  zeigt  Pünktchen  von 
jJjp  Linie  Gröfse,  die  um  einige  alte  Individuen  und  deren  Wurzeln  versammelt  sind  und  zit- 
tern, aber  nicht  fortgehen,  daher  wahrscheinlich  schon  an  viel  feineren  unsichtbaren  Stielchen 
sitzen.  Dieselben  Thicrchen  erscheinen  nach  einiger  Zeit  wie  Fig.  a.  2.,  und  zeigen  da  schon 
deutliche  Stiele  und  Köpfchen,  sogar  erkennt  man  bei  den  letztern  einen  Wirbel  im  Wasser. 
Schrank  führte  diese  jungen  schon  etwas  deutlichen  Thierchen  als  Vorticella  monadica  und 
eigene  Thierart  auf.  Ich  sah  sie  nie  spiralförmig  zusammenschnellen,  wie  die  Alten.  Etwas 
später  erscheinen  sie  wie  die  3  kleinen  Vorticellen  bei  **  in  Fig.  a,  3.,  und  dann  schnellen  sie 
schon  ihren  Spiralfaden.  Die  gröfseren  Individuen  sind  alte,  hängen  aber  dabei  doch  mit  einer 
Art  von  Wurzeln  zusammen.  Hätte  ich  noch  den  Act  des  Ausstofsens  des  Eierstockes  der  Er- 
wachsenen beobachten  können,  so  wäre  der  Cyclus  beinah  geschlossen.  Aus  Wurzelfasern 
der  Allen  sah  ich  nie  keulenförmige  Junge  oder  Knospen  treiben.  Die  Wurzeln  scheinen  der 
mit  dem  Thiere  heranwachsende  netzförmige  Eierstock  zu  sein,  wie  ich  ihn  bei  Kol/wda  beob- 
achtet habe.  Die  Stiele  der  Wirbelthierchen  könnten  also  fortwachsende  Stiele  gestielter 
Eier  sein.  Die  Wurzelfasern  der  zusammengesetzten  kleinen  Ascidien,  Botryllen  und  dergl. 
scheinen  mir  ganz  andrer  Natur  zu  sein.  Da  sieht  man  keulenförmige  Knospen  und  vollkommne 
Thiere  an  derselben  Wuzel  sitzen. 

Aufser  dieser  eigentlichen  Fortpflanzung,  in  deren  Kreis  vielleicht  einige  Formen  der 
Gattung  Bodo,  als  freigewordene  gestielte  Junge  gehören  könnten,  haben  die  Wirbelthierchen 
eine  dreifache  Vermehrungsweise,  deren  jede  andere,  eigenthümliche,  Formen  bedingt.  Die 
erste  ist  die  Längstheilung.  Sie  wird  in  den  Figuren  a.  4.  bis  «.  12.  anschaulich,  welche  das 
Fortrücken  der  Theilung  zeigen.    Fig.  9.  ist  doppelt,  einmal  im  ausgereckten  Zustande,  einmal 

N2 


100  Ehrenbero:   Beiträge  zur  Kenntnijs  der  Organisation 

im  spiralförmig  zusammenschnellendcn.  Ist  die  Theilung  schon  ganz  vollendet,  wie  in  Fig.  10., 
so  entsteht  am  Hinterlheil  des  Körpers  eine  Falte,  aus  welcher,  vorher  nicht  bemerkbare,  neue 
Wimpern  treten,  die  gekrümmt  und  stärker,  als  die  vorderen  sind.  Von  ihnen  bis  zum  Stiel 
erstreckt  sich  ein  tonischer  Hintertheil.  In  diesem  Zustande  tritt  die  völlige  Trennung  ein. 
Eins  der  Thierchcn  dreht  sich  dann  plötzlich  sehr  schnell  um  seine  Längsaxe,  wodurch  es  vom 
Stiele  abreilst  und  nun  als  Lamarcks  neue  Gattung  Urceolaria  (siehe  Fig.  12.)  frei  davon 
schwimmt.  Haben  beide  sich  losgedreht,  so  bleibt  der  Stiel  allein  zurück,  der  keine  Contractio- 
nen  mehr  zeigt,  und  den  ich  nie  wieder  neue  Thiere  treiben  sah  (Fig.  13.).  Die  weitere 
Form-Entwicklung  der  Urceolaria  ist  in  den  Figuren  l4.  bis  3t.  dargestellt.  Gewöhnlich 
schwimmt  das  frei  gewordene  Thierchen  mit  dem  Ende,  welches  früher  Hintertheil  war,  nach 
vorn  gerichtet.  Hatte  es  nun  die  vordere  bei  der  Bewegung  nach  hinten  gewendete,  Mundge- 
gend  etwas  mehr  zusammengezogen,  und  deren  Wimpern  eingezogen,  während  es  sich  mit 
dem  hinteren  Theile  fortbewegt,  so  nannte  Schrank  die  Form,  als  eigene  Galtung,  Ecclissa 
(siehe  a.  15.  a.  16.  a.  17.).  War  dieselbe  Form  nach  hinten  (was  eigentlich  vorn  ist)  nicht  ver- 
engert, hatte  sie  aber  die  conische  Basis  vorgetrieben,  so  nannte  Bory  de  St.  Vincent  dieses 
Wärzchen  (welches  beim  Schwimmen  vorn  war,  eigentlich  aber  den  dem  Stiele  früher  zu- 
nächst gestandenen  Hintertheil  bezeichnet)  eine  Nase  und  das  Thierchen  als  eigene  Galtung: 
Rinella  (siehe  a.  1 1.).  Halte  das  Thierchen  seine  vorderen  Wimpern  eingezogen,  eine  glocken- 
förmige Gestalt  angenommen,  und  hinten  oder  vorn  wirklich  nur  2  oder  scheinbar  nur  J  Wim- 
pern aus  geslreckt,  so  nannte  Bory  de  St.  Vincent  es  wieder  als  eine  neue  Galtung:  Keroba- 
lana  (19.-20.).  Hatte  es  alle  Wimpern  und  auch  den  spitzen  Hintertheil  eingezogen,  so  nannte 
derselbe  das  Thierchen  als  eigene  Gattung:  Craterina  (21.-22.).  War  es  hinten  abgerundet, 
ohne  Wimpern,  und  wirbelte  es  vorn  mit  seinen  Wimpern,  so  bildeten  diese  Formen  die  Gat- 
tung Urceolaria  (23.  -  25.). 

Aufser  diesen  und  vielen  andern  Veränderungen  des  Aufseren,  strerkt  sich  nun  dieselbe 
Form  noch  in  die  Länge  und  wird  walzenförmig,  so  dafs  sie  leicht  für  eine  Art  der  Gattung 
Enchel/s  gehallen  werden  kann  (Fig.  26.-31.).  In  diesem  gestreckten  Zustande  pflegt  sie  sich 
noch  einmal  der  Qtieere  nach  zu  theilen,  dessen  Streben  in  Fig.  27.  dargestellt  ist.  Fig.  28. 
schwimmt  um  einen  harten  Körper. 

Die  dritte  Art  der  individuellen  Vermehrung  ist  in  den  Figuren  .32.  -  44.  dargestellt. 
Es  ist  eine  wahre  Knospenbildung  wie  bei  den  Armpolypen,  Hydra.  In  Fig.  35.  ist  die  Knospe 
zum  Ablösen  reif,  wie  in  der  Gruppe  a. 3.  Fig.*,  und  ist  nun,  sobald  sie  frei  ist,  eine  Form 
der  Gattung  Ophrydia  von  Bory  de  St.  Vincent,  welche  sich  sehr  rasch  im  Wasser  herum- 
schnellt und  allmälig  in  die  Formen  40.  43.  44.  4l.  und  42.  übergeht,  die  sich  der  Urceolarien- 
Bildung  immer  mehr  nähern.  Fig.  45.  zeigt  ein  Thierchen  im  Tode  durch  Erhitzung,  wo  die 
vordere  Scheibe  blasenartig  ausgetrieben  ist. 

In  all  den  andern  genannten  Zuständen  ist  das  Thierchen  von  gleicher  Munterkeit. 

Das  Glockenthierchen  hat  überdies  neuerlich  wieder  zu  der  wunderlichen  Meinung 
geführt,  als  besitze  es  wohl  eine  Zauberkraft,  wie  die,  welche  man  der  Klapperschlange  zu- 
schreibt (*),  davon  ist  aber  keine  Spur  zu  finden.  Geringe  Vergröfserungen,  bei  denen  man 
den  Leib  des  Thierchens  sehr  klar,  die  Wimperorgane  aber  gar  nicht  sieht,  haben  die  sonder- 

(*)     Agftrdb  über  die  Zaubcikraft  der  Infnsoiicn  Nor.   Act.  Acad.   Caes.  Leop.   Carl.   X.    1S20.  p.  1-7. 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  101 

bare  Täuschung  verursacht;  ein  Beweis  dafs  Klarheit  der  Microscope  die  Wirkung  der  Ver- 
gröfserung  nicht  ersetzt.  Das  Thierchen  macht  mit  einem  doppelten  Kreise  von  Wimpern, 
welcher  am  Rande  der  vordem  abgestutzten  Flüche  befindlich  ist,  einen  beständigen  Wirbel 
im  Wasser,  der,  sobald  fremde  Körperchen  im  Wasser  schwimmen,  die  mit  bewegt  werden, 
höchst  interessant  zu  sehen  ist.  Besonders  deutlich  wird  er  bei  farbigen  Trübungen  des  Was- 
sers. Dieser  Wirbel  dient  offenbar  zunächst,  um  Nahrungsstoffe  anzuziehen.  Undeutliche 
Vergröfserung  haben  die  Idee  festgestellt,  als  besitze  das  Glockenthierchen  meist  nur  2  oder  h 
enlgegengesetzte  Wimpern.  Diese  Täuschung  kommt  daher,  weil  die  sehr  feinen  Wimpern 
einzeln  schwer  zu  sehen  sind,  zumal  wenn  sie  bewegt  werden;  dagegen  sieht  man,  wenn  das 
Thierchen  horizontal  liegt,  mithin  beide  Wimpern -Kreise  vertikal  stehen,  und  dem  Auge  als 
eine  Queerlinie  erscheinen,  mehr  solcher  W  impern  in  den  Enden  dieser  Queerlinie,  wo  die 
Krümmung  der  Kreise  liegt,  und  diese  scheinbare  Annäherung  gröfserer  Mengen  von  Wimpern 
giebt  jenes  Bild  von  l  oder  2  Wimpern  bei  kleiner  Vergröfserung.  Wo  man  2  zu  sehen  glaubte, 
gehört  gewöhnlich  eine  dem  Innern  Kreise,  die  andere  dem  äufsern  an;  wo  man  eine  einfache 
sah,  deckten  sich  die  beiden  Kreise.  An  Fig.  4.  1.  wird  man  sich  diefs  deutlicher  machen  können. 
Die  Mundöffnung  der  Glockenthierchen  liegt  nicht  vorn  in  der  Mitte  der  Wirbel- 
kreise, wie  in  einem  Trichter,  sondern  an  der  Seite  zwischen  den  beiden  Wimperkreisen,  und 
die  Mitte  ist  geschlossen.  Von  dieser  seitlichen  Mundöffnung  geht  ein  mit  vielen  gestielten 
Magen  versebener  Darmkanal,  mehr  oder  weniger  cirkelförmig,  durch  den  Körper  und  endet 
sich  dicht  neben  dem  Munde  in  derselben  Grube.  Dafs  beide  Öffnungen  nebeneinander,  aber 
geschieden  liegen,  erkannte  ich  daraus,  dafs  das  Thierchen  beim  Auswerfen  oft  nicht  aufhört 
zu  wirbeln  und  Nahrung  einzunehmen.  Um  die  Ernährungsorgane  anschaulicher  zu  machen, 
wählte  ich  die  Darstellung  der  gröfsern  Vorticella  citrina.  Die  Mundöffnung  ist  in  4.4.  mit  * 
bezeichnet,  in  b.  5.  ist  der  Act  des  Auswerfens  und  der  Verlauf  des  Darmes  zu  sehen.  In  b.6. 
ist  die  Kerobalanen-Form  dieser  Art,  wie  In  4.5.  die  Urceolaricn-Form  dargestellt.  Dasselbe 
wiederholt  sich  bei  allen  Arten  der  Gattung.  Nährung  durch  Farbe  ist  bei  diesen,  fast  in  allen 
mit  einer  Haut  überzogenen  vegetabilischen  Aufgüssen  häufigen,  Thierchen  am  leichtesten  und 
am  genugthuendsten  zu  erreichen. 

Tafel  FI. 

Is,e  Gruppe.  Das  blasige  Kl'allenthierchen,  Kerona  pustulata  Müller.  Es  ist  in  ver- 
schiedenen Lebenszuständen  und  Bewegungen  dargestellt.  Fig.  7.  ist  ein  Junges  wel 
ches  nicht  aus  Theilung,  vielleicht  aber  noch  aus  Gemmenbildung  stammen  konnte. 
Fig.  3.  und  12.  sind  in  der  Queerthcilung  begriffen.  Flg.  5.  bildet  eine  Gemme. 
Fig.  2.  tasten  und  klettern,  Fig.  10.  excernlrt.  Fig.  4.  zerfliefst  zum  Theil,  ohne  seine 
Munterkeit  zu  verlieren  und  zeigt  wie  verschiedenartige  Körper-Formen  dadurch 
entstehen  können,  deren  ich  auch  eine  grofse  Anzahl  beobachtet  habe.  Ich  halte 
dies  Zerfliefsen  für  ein  Absondern  des  Eierstocks  samt  dem  Körpertheil.  Fig.  13. 
ist  ein  einzelner  selbstständiger  Theil  nach  der  Quecrtheilung.  Sie  schwimmen  oft 
auf  dem  Rücken,  dann  kehren  sie  den  Mund,  als  eine  vordere  und  untere  grofse 
Längsspalte  dem  beobachtenden  Auge  zu,  und  man  sieht  deutlich  an  der  linken 
Mundseite    5   krallenartige    Haken.     Kehren  sie  den  Rücken  nach  oben,  so  sieht 


102  En rekberg:   Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

man  diese  undeutlicher,  oder  erkennt  sie  nicht;  in  ihrem  Mangel  oder  Dasein  liegt 
das  Unterscheidungszeichen  der  Gattungen  Oxjlricha  und  Kerona.  Fig.  1.  nimmt 
Nahrung  durch  Wirbeln  ein,  und  giebt  die  Normalform  des  Thieres.  —  Ist  O.xj- 
tricha  pelliontlla,  das  häutige  Heclielthierchen,  vielleicht  das  Junge  aus  dem 
Ei  von  diesem? 

II"  Gruppe.  Das  Nachenthierehen :  der  Charon,  Eupioea  Charon,  Trichoda  Charon 
Müller,  Ploesconia  Charon  Bory.  Das  Thierchen  ist  auf  dem  Rücken  mit  einem 
crystallhcllen  Schilde  hedeckt  und  schwimmt  gewöhnlich  auf  dem  Rücken.  Unten 
hat  es  eine  doppelte  Reihe  von  Haken,  die  es  als  Füfse  oder  Krallen  braucht. 
Hinten  hat  es  5  etwas  stärkere  und  längere  Borsten,  vorn  auch  einige,  die  aber 
feiner  sind.  Der  Mund  wird  durch  eine  sehr  grofse  seitliche  gewimperte  Längs- 
spalte  gebildet,  die  auf  der  rechten  Seite  liegt  und  in  deren  Mitte  die  kleinere 
eigentliche  Schlundöffnung  ist,  dicht  an  ihrem  Ende  nach  hinten  ist  die  Afteröff- 
nung ebenfalls  seitlich.  Fig.  10.  ist  ein  auf  dem  Bauche  und  Fig.  11.  und  12.  sind  2 
auf  dem  Rücken  liegende  wirbelnde  Thiere.  Neben  einer,  noch  nicht  beobachte- 
ten, Eierstock- Ausscheidung,  pflanzt  es  sich  durch  Längstheilung  Fig.  7.  9.  IS.  und 
durch  Queertheilung  Fig.  11.  13.  fort.  Die  Figuren  3.  4.  5.  6.  und  15.  17.  1.9.  stel- 
len die  kleinsten  von  mir  beobachteten  Jugendzustände  dar,  die  nur  aus  Eiern  kom- 
men konnten.  Fig.  20.  macht  die  Auswurfsstelle  bemerklich.  Fig.  2.  3.  und  16. 
klettern.  Rücksichtlich  des  Namens  bemerke  ich  noch :  Ploesconia  ist  unrichtig 
gebildet  und  Eupioea  ist,  obwohl  die  französischen  Entomologen  den  Fabricius- 
schen  Gattungsnamen  nicht  fortführten,  doch,  da  ihn  ü  chsen heim  er  anerkennt, 
unsicher  und  daher  von  mir  nicht  glücklich  gewählt  worden.  Man  könnte  ihn  in 
Euplotes  umwandeln. 

III"  Gruppe.  Das  grüne  Allgenthierchen,  Euglena  viridis.  Cercaria  viridis  Müller.  Es 
ist  das  Thierchen,  welches  am  häufigsten  im  Frühjahr  die  Oberfläche  des  stehenden 
Wassers  schön  grün  färbt,  wobei  es  in  Berlin  gewöhnlich  von  der  grünen  Staub- 
monade  Monas  puhisculus  und  dem  grünen  Spindelthierchen  Astasia  eu- 
chlora  begleitet  wird.  Nach  Müller  und  mehreren  andern  Beobachtern  soll  es 
finen  gespaltenen  Hinterthcil  haben,  das  ist  aber  eine  optische  Täuschung  durch 
Schwingen  des  Schwanzes  vom  Thierchen  veranlafst.  Es  ist  sehr  biegsam,  und 
erscheint  in  den  verschiedensten  Formen.  Wenn  es  stehen  bleibt  und  stirbt  sieht 
man  es  gewöhnlich  als  Kugel,  wenn  es  schwimmt  als  spindelförmiges  Fischchen, 
sonst  in  den  Figuren  7.  12.  16.  und  vielen  andern.  Vorn  hat  es  eine  Mundstelle  mit 
Wimpern,  die  einen  Wirbel  erregen  Fig.  5.  7.  S.  11.  13.  Das  Auge  ist  immer  sehr 
deutlich  und  schön  roth.  Ich  habe  es,  wie  alle  stark  grün  gefärbten  Thierchen, 
nie  deutlich  zur  Aufnahme  von  Nahrung  bringen  können.  Zuweilen  erscheinen 
bei  blauer  Nahrung  sehr  kleine  blaue  Pünktchen  im  Innern,  aber  nie  ganz  deutlich. 
Einmal  sah  ich  bei  rother  Fütterung  einen  ziemlich  grofscn  roth  gefüllten  Magen 
Fig.  12.  Die  Versuche  sind  mir  aber  nie  sehr  zur  Überzeugung  gelungen.  Ich 
habe  auch  nie  eine  Theilung,  oder  Fortpflanzung  anderer  Art,  beobachtet,  wohl 
aber  sehr  kleine  Individuen  Fig.  1.  -  4.,  welche  Eier  verrathen.     Eine  Längsthei- 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  1 03 

hing  sah  ich  erst  vor  Kurzem  wiederholt  bei  dem  nadelförniigen  Allgen- 
thierchen,  Euglena  actis,  Vibrio  acus  Müller. 

rV,p  Gruppe.  Das  gewundene  Allgenthierchen,  Euglena  spirogyra,  eine  bisher  ganz  un- 
bekannte Form.  Es  ist  cylindrisch,  kann  sich  aber  bandförmig  machen.  Vorn  ist 
an  der  Mundstelle  ein  deutlicher  Einschnitt.  Im  Innern  sind  spiralförmige  gewun- 
dene Reihen  kleiner  Körnchen  und  gröfsere  Eingeweide.  Es  wirbelt  im  Wasser, 
bat  zuweilen  sehr  kleine  zweifelhafte  Magen  gefüllt,  aber  bedarf  noch  einer  wei- 
tern Prüfung. 

V"  Gruppe.  Das  Schollenartige  Allgenthierchen,  Euglena  pleurtinectes,  Cercaria  pleuro- 
neeles  Müller.  Das  Auge  war  bei  dieser  Form  noch  nicht  erkannt  worden,  ist 
aber  sehr  bestimmt.  Fig,  2.  und  5.  sind  von  der  Seite  gesehen,  Fig.  4.  ist  ein  Jun- 
ges. Die  weifsen  Blasen  im  Innern  mögen  Magen  sein,  denn  sie  sind  veränderlich. 
Die  Ernährungsorgane,  welche  durch  Farbestoff  sichtbar  wurden,  sind  aber  viel 
kleinere  Behälter.  Vielleicht  liebt  es  diese  Farben  nicht.  Zuweilen  erscheint  es 
gestreift:  Fig.  1.  und  3.  Der  Einschnitt  am  Vordertheil  ist  ein  Mund,  welcher  Wir- 
bel macht.  Fig.  i.  ist  ein  Junges,  das  wohl  nur  aus  Eiern  stammen  kann.  Ich  fand 
vor  Kurzem  bei  Berlin  zwischen  Conferven  noch  eine  dieser  sehr  ähnliche  viel 
gröfsere  neue  Art,  das  langschwänzige  Allgenthierchen,  Euglena  longicauda, 
dessen  fadenförmiger  Hintertheil  so  lang,  als  der  Leib  ist,  mit  welchem  es  4;  Linie 
grofs  ist.  Die  Augen  und  der  Mangel  beobachteter  Theilung  bestimmten  mich  frü- 
her bei  diesen  Thierchen  eine  noch  gröfsere  Entwicklung  anzunehmen,  als  ich 
jetzt  es  möchte.  Ich  sah  sie  daher  in  früheren  Miltheilungen  fraglich  für  die  kleinste 
Stufe  der  Räderthierchen  an,  allein  seit  ich  bei  Kuglena  acus  die  Theilung  beob- 
achtete, bin  ich  nicht  mehr  geneigt  jener  Ansicht  zu  folgen,  sondern  rechne  sie  zu 
den  darmlosen  Magenthierchen  (Polygasirica  anentera). 

Tafel  VII. 

Auf  dieser  Tafel  sollte  die  Structur  der  Klasse  der  Räderthierchen  durch  die  Haupt- 
formen derselben,  besonders  und  ausschliefblich  rücksichtlich  der  Ernährungsorgane  dargestellt 
werden.  Zu  den  Symbölis  pliysicis  hatte  ich  schon  vor  mehr  als  2  Jahren  die  Entwicklung  und 
Structur  einiger  Räderthierchen  (Megaln/roclia,  Lacinularia  und  andre)  in  Kupfer  stechen  lassen, 
noch  eh  ich  die  Farbenversuche  anstellte,  und  diese  habe  ich  nicht  wiederholen  wollen.  Ich 
habe  deshalb  hier  andere  Thiere  gewählt,  aber  solche  vorgezogen,  welche  gewöhnlicher  vor- 
kommen und  leichter  zu  prüfen  sind.  Die  erste  und  zweite  Gruppe  enthalten  doppelrä- 
derige  Thiere  (Zygotracha)  die  dritte  und  vierte  vielräderige  (Polylrocha) ,  woran  sich 
das  Wasserälchen  schliefst. 
I""  Gruppe.    Das   eigentliche,    gewöhnliche  Räderthierchen,   liotifer  vulgaris  von 

Schrank,  Venticella  mtalnria  von  Müller,  Furcularia  rediviva  von  Lamarck 
genannt.  Auf  diefs  Thierchen  beziehen  sich  die  wunderbaren  Wiederbelebungs-. 
versuche  nach  vieljährigem  Tode,  von  denen  viele  Handbücher  erzählen,  die  sich 
aber  nicht  bestätigen.  Wer  mit  mir  den  Organismus  dieser  Thierchen  verfolgt, 
wird  auch  den  Grund  des  Mangels  an  Bestätigung  leichter  einsehen,  als  an  ihm 


104  Eh  rem berg:  Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

zweifeln.  Fig.  La.  ist  ein  auf  dem  Rücken  liegendes  kriecliendes  Thierchen.  Bei 
*  ist  sein  gewimperter  Mund  mit  einem  hakenförmigen  Forlsatze,  den  es  bald  mehr 
nach  oben,  bald  mehr  nach  unten  kehrt.  Das  zweite  Sternchen  bezeichnet  das 
äufsere  männliche  Organ  im  Nacken.  Die  2  rothen  Punkte  sind  2  auf  dem  Rücken 
des  rüsselartigen  Stirntheils  befindliche  durchscheinende  Augen  mit  rothem  Pig- 
ment. Die  Streifung  des  Körpers  wird  durch  die  durchscheinenden  Muskellagen 
veranlafst.  Über  dem  männlichen  Organe  auf  der  Bauchfläche  sieht  man  die  Spu- 
ren der  beiden  eingezogenen  Räderorgane,  weiter  nach  hinten  den  Schlundkopf, 
dessen  beide  Zähne  man  sogar  unterscheidet,  dann  folgt  ein  bandförmiger,  wenig 
ausgezeichneter  Darm,  welcher  über  9  grofsen  Eiern  hingeht  und  in  der  Mitte  ei- 
nen fadenförmigen  mit  blauer  Nahrung  ausgefüllten  Kanal  zeigt,  der  sich  hinten 
in  eine  blasenförmige  Cloake  erweitert.  Der  Körper  endet  mit  einem  aus-  und 
einschiebbaren  Schwanztheile,  welcher  3  Paar  gabelförmige  Spitzen  hat,  von  de- 
nen aber  gewöhnlich  nur  2  Paar  zum  Vorschein  kommen,  während  das  dritte  Paar 
zum  Ansaugen  und  Festhalten  dient.  Fig.  1.6.  ist  dasselbe  Thierchen  im  zusam- 
mengezogenen Zustande  und  indem  es  durch  Ausleerung  die  Ausgangsöffnung  des 
Darmkanals  bemerklich  macht.  Fig.  I.e.  ist  ein  auf  dem  Rücken  schwimmendes 
Räilertbierchen  mit  entwickelten  Räderorganen.  In  seinem  Leibe  erkennt  man  2 
dem  Auskriechen  nahe,  vollständig  ausgebildete  Junge,  welche  sogar  schon  das 
rothe  Pigment  der  Augen  haben,  und  deren  beweglicher  Schlundkopf  sehr  deut- 
lich ist.  Das  Thierchen  hat  seinen  Darmkanal  mit  Carmin  gefüllt.  Fig.  l.d.  ist 
eine  öfter  zu  beobachtende  Stellung  dieser  Thierchen,  welche  der  Selbstbefruch- 
tung halber  angenommen  zu  werden  scheint.  Eine  Verbindung  von  2  Thierchen 
sah  ich  nie.  Fig.  I.e.  ist  ein  reifes  ausgeschiedenes  Ei,  worin  man  den  Schlundkopf 
des  Embryo  ebenfalls  deutlich  erkennt. 
11"  Gruppe.  Das  klare  Rückenauge,  Philodina  erythrophthalma,  eine  bisher  mit  den  Rä- 
derthierchen  verwechselte,  ganz  eigene  neue  Thicrgattung,  welche  die  Augen 
nicht  vorn,  auf  dem  rüsselförmigen  Stirntheil,  sondern  auf  dem  Rücken,  hinter 
dem  männlichen  Organe,  trägt.  Es  gieht  mehrere  Arten  dieser  Gattung  bei  Berlin, 
deren  eine  grofse  weiche  Stacheln  hat  und  eine  andere  schön  gelb  gefärbt  ist. 
Sie  leben  sämmtlich  zwischen  Conferven  im  Thiergarten  ziemlich  häufig  und  lassen 
sich  sehr  lange  in  Gläsern  erhalten.  Fig.  2.  a.  ist  ein  auf  dem  Bauche  schwim- 
mendes Thierchen,  2. b.  schwimmt  auf  dem  Rücken,  I.e.  Hegt  auf  dem  Rücken 
und  wirbelt,  wobei  die  Mundstelle  deutlich  wird.  Die  Augen  scheinen  durch. 
Bei  Fig.  2.  a.  und  2.  c.  ist  das  männliche  Organ  zu  sehen,  bei  2.  d.  ist  eine  Eigruppe 
gezeichnet,  wie  man  sie  gewöhnlich  findet,  und  ein  Junges  verläfst  eben  die  Ei- 
schaale,  wobei  es  schon  die  Hälfte  der  Länge  der  Mutter  hat.  Diefs  ist  also  der 
Entwicklungscyclus.  Im  Übrigen  sind  die  Organe  wie  beim  Rädei thierchen.  Die 
Möglichkeit  der  wiederholten  Prüfung  dieser  Form  zu  einer  Zeit,  wo  sie  schwierig 
zu  haben  waren,  verdanke  ich  der  wissenschaftlichen  Theilnahmc  und  der  gütigen 
Mittheilung  des  Herrn  Regierungsraths  von  Bärensprung. 

ni"  Gruppe.    Nackte  vielräderige  Räderthierchen,  Rotatoria  poiytrocha  nuda.    Das 
durchsichtige  Dreiauge,  Eosphora  Najas.     Diefs  ist  wieder  eine  noch  ganz 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  105 

unbekannte  Form,  welche  bei  Berlin  im  Thiergarten  nicht  selten  unter  Conferven 
lebt  und  leicht  mit  dem  hellen  Kt'JStallthierchen,  Bydatina  senla,  verwechselt 
wird,  aber  einen  längeren  verdünnten  Hintertheil  und  3  rothe  Augen  hat.  Ich 
habe  dasselbe  Thierchen  in  Tobolsk  in  Sibirien  beobachtet  und  habe  schon  da  das 
Riickenauge  deutlich  erkannt.  Die  beiden  Stirnaugen  habe  ich  erst  hier  entdeckt. 
Die  zusammengesetzte  Structur  dieses  Thierchens  erklärt  sich  am  besten  durch  die 
folgende  Ste  Tafel,  und  ich  bemerke  nur,  dafs  die  Ansatzpunkte  der  S  Muskeln  bei 
dieser  Art  viel  länger  ausgedehnt  sind.  Die  mehrfachen  Räderorgane  der  Stirn, 
die  drüsigen  Ohren  des  Darmkanals,  die  geschlängelten  Saamenorgane  mit  der  Mus- 
kelblase und  die  Gehirnmasse,  sind  mit  dem  Eierstock  leicht,zu  erkennen.  Fig.  3^i. 
ist  ein  jüngeres  mit  Karmin  genährtes  Thierchen.  Fig.  3.  a.  läfst  die  Auswurfs- 
stelle erkennen. 
IV"  Gruppe.  Gepanzerte  vielräderige  Räderthierchen,  Rotaioria  poijtrocha  loricata. 

Das  eiförmige  Schüppchen,  Lepadc/Ia  ovalis,  Brachionus  ovalis  von  Müller, 
Mytilina  Iepidura  von  Bory  de  St.  Vincent.  Das  Thierchen  befindet  sich  in 
einer  sehr  durchsichtigen,  festeren  Schaale  wie  die  Schildkröte,  und  kann  Kopf 
und  Schwanz  in  dieselbe  zurückziehen.  Die  Öffnungen  der  Schaale  sind  auf  der 
Bauchseite  tief  ausgeschweift,  auf  der  Rückenseite  glatt  abgestutzt,  und  die  vordere 
Seile  ist  breiter  als  die  hintere.  Die  Form  des  Thierchens  ist  zusammengedrückt, 
und  es  ist,  von  der  Seite  gesehen,  sehr  dünn,  während  alle  früher  verzeichneten 
Formen  rund  waren.  Ich  mache  noch  auf  das  mehrtheilige  Räderorgan,  den  sicht- 
baren gelblichen  Schlundkopf,  die  zum  Theil  sehr  grofsen  Eier  und  auf  den  durch 
Farbestoff  gefüllten  Darmkanal  aufmerksam.  In  Fig.  4.  a.  und  4.  b.  sind  die  beiden 
Theile,  in  welche  sich  der  Darm  scheidet,  gesondert  zu  erkennen,  in  Fig. 4.  c. 
entleert  sich  eben  der  Magen  in  den  Dickdarm,  und  in  Fig.  4.  b.  entleert  sich  der 
Dickdarm  nach  aufsen. 
V"  Gruppe.  Das  Flufs -  Alehen,  Anguülula  flueiatilis,  Fibrio  flueiatilis  Müller.  Völliger 
Mangel  eines  Räderorgans  bei  deutlicher  vorderer  Mundöffnung  und  doch  den 
Räderthieren  gleich  ausgebildeter  einfacher  Darmkanal  scheiden  diefs  Thierchen 
von  den  beiden  hier  abgehandelten  Thierklassen.  Darm  und  Eierstock  beim 
Weibchen  (5.  a.)  und  Saamenorgan,  Darm  und  Penis  beim  Männchen  (5.  &.)  sind 
deutlich  zu  erkennen.  Ich  hatte  es  mit  Karmin  genährt.  Seine  Structur  ist  ganz 
der  der  Gattung  Oxyuris  bei  den  Entozoen  ähnlich,  nur  freilich  lebt  es  nicht  in 
der  Regel  im  Leibe  der  Thiere.  Ich  habe  auch  sein  Häuten  beobachtet,  wie  ich 
dasselbe  bei  Ascaris  in  Egypten  gesehen.  Das  männliche  Organ  ist  bei  Fig.  5.  b.  * 
am  hintern  Körpertheil  zu  sehen,  ob  es  aber  in  einer  Scheide  eingeschlossen  ist, 
wie  bei  Oxyuris,  liefs  sich  nicht  entscheiden.  Daher  habe  ich  vorläufig  die  von 
Müller  schon  angedeutete  Gattung  Anguillula  gebildet,  in  welcher  es  mit  den 
übrigen  übereinstimmenden  frei  lebenden  Formen  sich  abgesondert  in  der  Nähe 
von  Oxyuris  und  Ascaris  aufhalten  mag.  Ob  man  die  Eingeweidewürmer  immer- 
fort a  potiori  Entozoa  (Eingeweidewürmer)  nennen  will,  wenn  auch  frei  lebende 
Thiere  darunter  stehen,  oder  Saugwürmer  (Suctnria)  oder  anders,  ist,  da  kein  Name 
je  vollständig  passen  wird,   von  keiner  wissenschaftlichen  Wichtigkeit  und  wahr- 

o 


106 


Ehrenberg:   Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Organisation 

scheinlich  läfst  uns  der  hochverdiente  Gründer  der  Entozoen- Klasse,  HerrRu- 
dolphi,  seinen  alten  geläufigen  Namen  mit  seiner  erneuerten  Autorität. 


Tafel  VIII. 
Zergliederung  des  hellen  Krystallthierchens,   Hydatina  senta, 

(Vorticella  senta  Müller.) 

a.  bedeutet  apertura  analis,    die  Auswurfsöffnung; 

ann.  n.  «  annulus  nerveus,   Nervenschlinge  im  Nacken; 

b.  oes.  «  bulbus  oesophagi,   der  Schlundkopf; 

c.  «  cauda,  die  Schwanzzange; 

citia  rot.         «  die  Wimpern  der  Wirheiorgane,  deren  jedes  6  enthält; 

cl.  «  clnaca,  Darmstelle  hinter  der  Vereinigung  des  Darmkanals  und  Eierleiters; 

dentes  «  ein  Kiefer  mit  den  6  scheinbar  zweispitzigen  Zähnen; 

g.  n.  «  ganglion  nerueum,  Nervenknötchen; 

SSSS'  "  ganglia  oesaphagea,  grofse  Schlund-Nervenknoten; 

g*  «  ganglion  principale,  Haupt  -Nervenknoten; 

gl.  u  g/andulae  digestwae,  die  ohrcnförmigen  Darmdrüsen  (Pancreas ?) ; 

i.  n  intestinum,  der  Darmkanal; 

lig.  rot.  «  ligamenta  organorum  rotatoriorum,  Vereinigungsstelle  der  Anheftungsbänder 

der  Raderorgane; 

m.  c.  «  musculus  caudae,  Schwanzmuskel ; 

mand.  et  mandibulae,  die  Kauorgane; 

rn.  dors.  a.      «  musculus  dorsalis  anterior,  der  vordere  Rückenmuskel ; 
in.  dors.  p.     «  «  «         posterior,  der  hintere  « 

m.  lat.  d.  a.    «  musculus  lateralis  deiter  anterior,   vorderer  rechter  Seitenmuskel ; 
rn.  lat.  d.  p.    «  «  «  «        posterior,  hinterer        «  " 

m.  lat.  s.  a.    «  musculus  lateralis  sinister  anterior,   vorderer  linker  Seitenmuskel ; 
m.  lat.  s.  p.    «  «  «  «         posterior,  hinterer      ><  « 

m.  vent.  a.     «  musculus  ventralis  anterior,   vorderer  Bauchmuskel ; 
m.  vent.  p.      «  «  «  posterior,  hinterer  « 

t?!.  ej.  «  musculus  ejaculatorius,  Saamen- Schnellmuskel; 

m.  rot.  «  musculi  rotatorii,  Muskel  der  Räderorgane; 

n.  r.  «  nervi recurrentes,  rücklaufende  Nerven; 

n.  v,  «  nervus  ventralis,  Bauch -Nervenfaden; 

}«  ovarium,  Eierstock; 

ovd.  u  oviduetus,  Eierleiter; 

org.  rot.  «  Organa  rotatoria,  Räderorgane ; 

oes.  «  Oesophagus,  Schlund; 

sph.  «  sphineter,  Kranzmuskel  der  Cloake; 

/.  «  festes,  männliche  Saamenorgane; 


* 


der  Infusorien  und  ihrer  geographischen  Verbreitung.  107 

tun.  ext.  bedeutet  tunica  externa,  äufsere  häutige  Körperbedeckung ; 
tun.  int.  «  tunica  interna,  innere  häutige  Körperbedeckung; 

vas  d.  «  vas  dorsale,  Rückengefäfs; 

<i  locus  inserendorum  vasorum  sperma/icorum,   Einmündungssteile  der  männli- 

chen Saainengefäfse  in  die  Muskelblase; 
j-\  (musculorum  longitudinalium  inserlorum  limi/es,  Anheftungsgrenze  derLäng«- 

•fj  muskeln; 

1-9  "  rami  vasis  dorsalis  transeersi,  Queerzweige  des  Rückengefäfses. 

Fig.  I.  und  II.  sind  von  der  Seite  gesehen,  Fig.  III.  vom  Rücken,  wobei  die  dem 
Rückengefäfs  parallel  laufenden  Falten  oder  Gefäfsverzweigungen  angegeben  sind.  Eine  grofse 
Ähnlichkeit  des  Gefäfsverlaufs  mit  dem  der  Ascidien  macht  sehr  geneigt,  auch  diese  Gefäfs- 
spuren  wirklich  für  Gefäfse  zu  erkennen,  obsehon  bei  starker  Spannung  der  Haut  sie  ganz  zu 
verschwinden  scheinen.  Fig.  II.  ist  mit  ideal  weggelassenem  Darme  und  Eierstocke  gezeichnet, 
um  den  Verlauf  der  Muskeln  und  übrigen  Organe  deutlicher  werden  zu  lassen.  Die  fremden 
Körper  im  Darmkanale  der  Fig.  I.  und  III.  sind  verschluckte  Navicula  fufoa  und  N.  gracilis,  die 
zuweilen  den  ganzen  Darm  füllen.  Fig.  A.  JB.  E.  F.  sind  in  der  ruhigen  günstigen  Körperlage 
des  durchsichtigen  Thieres  gezeichnet  und  dann  auf  anatomischem  Wege  frei  gesehen  und  be- 
stätigt worden,  C.  und  D.  sind  nach  Präparaten  gezeichnet,  welche  ich  mir  mit  Druck  des 
Thierchens  durch  ein  Glimmerblättchen  zur  Ansicht  brachte,  wodurch  man  die  Kauorgane  sehr 
leicht  erkennt,  doch  bleibt  das  Erlangen  ihrer  günstigsten  Lage  dem  Zufall  überlassen,  welcher 
durch  öftere  Wiederholung  sich  erzwingen  läfst.  Fig.  C.  ist  ein  natürlich  zusammengezogenes 
Thierchen.  Fig.  H.  ist  ein  mit  dem  Messer  abgelöster  noch  wirbelnder  Kopf.  Fig.  AT.  ist  ein 
Thierchen  mit  abgeschnittenem  Ilintertheil,  wobei  der  Eierstock  und  ein  Theil  des  Darmes 
sichtbar  wurden.  Ich  brachte  etwas  Indigofarbe  an  diesen  Darmtheil  und  sah  dann  ihn  ganz 
mit  Wimpern  besetzt,  die  einen  Wirbel  erregten.  Fig.  L.  ist  ein  Thierchen  mit  abgeschnitte- 
nem Vordertheil,  wobei  der  Schlundkopf  nicht  verletzt  war,  was  die  Freiheit  der  Organe  im 
Innern  des  Körpers  anschaulich  macht. 

Im  Allgemeinen  bemerke  ich  noch,  dafs  ich  abweichende  Meinungen  sachverständiger 
Forscher  über  die  Deutung  der  Organe,  welche  ich  zur  Anschauung  brachte,  nicht  nur  nicht 
scheue,  sondern  sofern  sie  sich  auf  nüchterne  Gründe  stützen,  angelegentlich  wünsche.  Meine 
eigenen  Gründe  für  meine  Ansichten  habe  ich  mitgetheilt  und  vor  Übereilung  habe  ich  mich 
soviel  als  möglich  gehütet,  so  zart  auch  die  Gegenstände  waren.  Ein  unbetretener  Pfad  wird 
nicht  mit  einem  Gange  glatt  getreten.  Ich  selbst  finde,  zu  bessern,  zu  glätten  und  zu  mehren 
noch  unübersehbaren  Stoff  und  immer  neue  Mittel,  und  was  ich  gab  ist  nur  ein  Auszug  weit 
zahlreicherer  Beobachtungen,  die  meine  Freunde  kennen.  Noch  vor  Kurzem  gelang  es  mir 
die  Kauorgane  der  Hjdatina  senta,  welche  ich  möglichst  deutlich  beobachtet  zu  haben  glaubte, 
noch  weit  klarer  darzustellen.  Der  scheinbar  geringfügige  Umstand,  dafs  ich  anstatt  eines  grö- 
fseren  Glimmerblättchens  ein  kleineres  anwendete,  welches  sich  noch  enger  anschlofs  zeigte 
mir,  dafs  ich  bis  dahin  den  Zahnfleisch -artigen  Überzug  der  Zähne  mit  als  zur  Substanz  der 
Zähne  gehörig  angesehen  hatte.  Durch  Entfernung  desselben  auf  die  angegebene  Weise  läfst 
sich  deutlich  erkennen,  dafs  die  Zähne  einfache,  harte,  vorn  nicht  ausgerandete,  sondern 
stumpfspitzige  Körperchen  sind,  welche  in  ihrer  Vereinigung  jederseits  wie  die  Finger  einer 


108       Ehrenberg:  Beiträge  zur  Kenntnifs  der  Infusionsthierchen. 

Hand  erscheinen.  Seit  Anwendung  dieser  Methode  sehe  ich  auch  nicht  mehr  6,  sondern  5 
Zähne  in  jedem  Kiefer.  In  der  Abbildung  ist  das  Zahnfleisch  mit  gezeichnet  und  mitbin  sind 
die  Zähne  nicht  so  deutlich  gezeichnet,  als  ich  sie  jetzt  kenne. 

So  schliefse  ich  denn  diese  Mitlheilung,  nicht  ohne  das  Gefühl,  dafs  ich  die  erkannten 
Tiefen  der  organischen  Schöpfungen  noch  lange  nicht  ergründen  konnte.  Sie  aufgeschlossen 
zu  haben  sei  mir  Entschuldigung  für  verwendete  Kraft  und  Zeit.  Mögen  frische  seelenvolle 
Blicke  sich  weiter  in  sie  vertiefen  und  eifrig  sammeln  was  die  Natur,  nicht  zwecklos,  in  Dunkel 
und  Kleinheit  verbirgt. 


«5 


gjafca 


L»w... -yiÄjSso; 


j.-t«=r^ 


.v*3* 


K£^ 


•  ■ 


!T^<ra 


*^t  yttifirL'j