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Full text of "Orientalistische Literaturzeitung 21.1918"

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THE LIBRARY 


CLASS O > 


BOOK Ki 4 


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Orientalistische Literaturzeitung 


Monatsschrift 
für die Wissenschaft vom vorderen Orient 


und seine Beziehungen 


zum Kulturkreise des Mittelmeers 


Herausgegeben 


von 


Felix E. Peiser 


Einundzwanzigster Jahrgang 
1918 


$e a â v s 
` ` 


Leipzig 
J. ©. Hinrichs’sche Buchhandlung 


ae 


e een 


Inhaltsverzeichnis Jahrgang 1918 


Abhandlungen und Notizen. 


Bondi, J. H.: Zu Sachau APO 4, 10 ; 

Bork, F.: Zum Jahresrätsel der Achiqargeschichte 

Ohristian, V.: Neuarabisch igr „ i 

Dombart, Th.: Der Turmbau zu Babel 

Erbt, W.: Die Chronologie des ersten nach- 
exilischen Jahrhunderts : a 

— Zu F. E. Peisers „Jesaja Kap. 99595 

— Eine Mond- und Sonnen-Finsternis im AT 

Geller, S.: Das babylonische Neolitikum . 

Hüsing, G.: Kaspisches IV . : 


— Zeichen -E| = = hir 


— Kaspisches V . . 

Humbert, P.: Der Deltafurst So’ 
Jirku, A.: „Hebräische“ u 
— Der assyrische Name des Benhadad IlI 
Kletzel, W.: e im Munde von Frauen 


Landersdorfer, S.: Zur Etymologie von teal 


era -Haupt, O. F.: Zur ae San- 
heribs . . 

Madeja, B.: Das Ninlil- Tor zu Ninive ß 
Marstrander. O.: VAT 7478 Kol. III 30 fl. 


Meissner, B.: Eine e Stele Assur- 
banipals 47) ; ; 

sabru pan mašké : 

Loxikographisches 1—3 

Umma. 

- Šamaš-ibni von Bit-Daküri 

— 55 4. : 


— 
— 
— 


Peiser, F. B.: Jaudi . 
Perles, F.: Ergänzungen zu 1 den „Akkadischen 
Fremdwörtern“ ay Ge See g o 


— Zur Aussprache von =“). 


Pokorny, J.: Ein neunmonatiges abe im Koltischen 

Schmidkte, Fr.: Der Ort d. Ermordung Sanheribs 

Schollmeyer, A.: Zur Serie harra = hubullu . 

Schroeder, O.: Ein mündlich zu bestellender 
altbabylonischer Brief . ; 

— Zu den Königslisten von Assur. 

— Chronologische Miszellen : 

— Ueber die Glossen zi- ir (ma) und mar-ia-na (ma) 

— Zur Götterliste für den Schulgebrauch . 

— Reste der Sprache von „ 

— Ueber die ältesten Münzen 

Schultz, Wolfg.: Iranisches bei Barde 0e 

Ungnad, 
Kriegsberichterstattung 5 
Ein merkwürdiges sumerisches Lebnwort . 
Sumerische ae 


— Nabu und Nimurta . 
— Zur fünften Tafel der Serie AR-RA 
Wiedemann, A.: Trinken durch einen Schlauch 


, „isruelitische“ Sklaven | 


. 227. 
A.: Der Gottesbrief als Form un 


Spalte 
17 
226 
128 
161 


280 


Besprechungen, 


Aurich, Gust.: Hagios Nikolaos (C. Fries) 

Bang, W.: Zu den türkischen Zeitbestimmungen 
(Heinr. Winkler) . 

Baumgartner, W.: Die Klagelioder des Jeremia 
(M. Löhr) 

Beiträge zur Religionswissenschaft — Stockholm 
(Hans Rust) 

Oassel, D.: Hebräisch-deutsches Wörterbuch 
(M. Löhr) 

Dürr, L.: Ezechiels Vision von der Erscheinung 
Gottes (S. Landersdorfer) . . 

Eichrodt, W.: Die Quellen der Genesis (M. Lö b r 

Bissfeldt, O.: Erstlinge und Zehnten im AT 
(M. Löhr) . : 

Emin Pascha siehe Stuhlmann 

Figulla, H. H. u. B. F. Weidner: Keilschrift- 
texte aus Boghazkéi 1. u. 2. H. (B. neun 

Friedmann, M.: Sifra (S. Poznasski) 

Geller, 8.: Die sumerisch-assyrische Serie Logal-e 
(0. Schroeder) . 

Glück, H.: Die beiden „sasanidischen Drachen“ 
(O. Schroeder) 

Gressmann, B.: Das Weihnachtsevangeliam 
(W. Erbt) . . 

Grothe, W.: Türkisch-Asien u. a. Wirtschafts- 
werte (R. Hartmann) 

Hall, H. R.: Catalogue of Egyptian Scarabs I 
(A. Wiedemann) 

Hasenclever, Ad.: Geschichte Aegyptens im 
XIX. Jahrh. (M. Sobernheim) . . r 

Hell, Jos.: Die Religion des Islam (H. Rust) ‘ 

Hoernes, M.: Urgeschichte der bildenden Kunst 
(M. Pancritius). 

Hopkins, W.: Epic Mythology (I. Scheftelowitz) 


Horovitz, S.: Siphre (S. Poznański). . 
Horten, M.: Einführung in die türkische Sprache 
und Schrift (Fr. Schwally). 

Hussey, Mary Inda: Sumerian ‘tablets in the 
Harvard Semitic Museum (W. Förtsch) 
Imhoff: Die türkische Heeresmacht (C. F. S e ybold) 
King, L.: A history of Babylon (B. Meissner) 
Klein, Otto: Sen griechischen; Wörterbuch 

zu den vier kanonischen Evangelien (Br. Violet) 
Krause, P. R.: Die Türkei (Fr. Schwally) 
Kubitschek, Wilhelm: Zur Geschichte von 
Städten d. römischen Kaiserreichs(Arth.Mentz) 
Langer, Fritz: Intellektual-Mythologie (Carl 
Fries) . 
Merz, B.: D. Blutrache b. d. Israeliten (W. Caspari) 


Messel, N.: Die Einbeitlichkeit der jüdischen 
Eschatologie (B. Violet). . 

Mitteilungen des Seminars für Orient. Sprachen 
zu Berlin, 19. Jahrg. 2. Abt. (R. aca 

— 20. Jabrg. 2. Abt. (R. Hartmunn) . . 


4183132 


284 


297 . 


143 


145 
191 


IV 


Spalte ; 
Moritz, B.: Der Sinaikult in heidnischer Zeit 


(E. Brandenburg). 84 
Pelästinajahrbuch, 12. Jahrg. (J. Herrmann) 85 
Peez, O. v.: Ein türkischer Grossvezier aus Graz 

(R. Hartmann) 244 
Poebel, Arno: Historical and grammatical texts 

(W. Förtsch) . A 236 
Schlögl, N. J.: Iijob (l. Löw) 186 
Schmidtke, F.: Asarhaddons Statthalterschaft 

in Babylonien (O. Schroeder) . . 48 
Schulmann, L.: Zur türkischen Agrarfrage (M. Löhr) 59 
Söderblom, N.: Das Werden des Gottesglaubens 

(Marie Pancritius) 291 
Strack, H. L.: Jüdisches "Wörterbuch; "Jüdische 

Texte (F. Perles) 196 
Stuhlmann, Franz: Die "Tagebücher v von Emin 

Pascha (E. Brandenburg) . 162 
mn nen Die Weissagung des Abdias x. 

( . ` 
seen, Fe Denkmäler Palästinas a. d. Zeit 

Jesu (A. Allgeier) . . 50 
Timme, P.: Tell el-Amarna vor d. deutschen 

Ausgrabung (W. nen. 97 

a B.: Die Stele des Bel- aran-beli-ussur 

O. Schroeder) i 133 
— Die Reliefs Tiglatpilesers II (0. Schroeder) 282 
Weindler, F.: Geburts- und Wochenbettdar- 

stellungen (W. Wreszinski) . 242 
Wessely, O.: Duodecim prophetarum minorum | 

vers. Achmimicae, cod. Rainerianus ed. C. W. 

(W. Spiegelberg) ; a ee 22 

| 

Verzeichnis der Rezensenten. 

Allgeier, A. ; 50 
Brandenburg, E. 98. 152 
Caspari, W. ‘ 83 
Erbt, VW . . . 134 
Förtsch, Wos ae 4 . 180. 236 
Fries, C. en ... . . 245 
Hartmann, R .. 99. 145. 191. 244 
Hö ² 283 
Herrmann, J. e 80 
Laudersdorfer, S. deer Sees a AAL 
Löhr, M. oe ak te ee a 49. 59. 86. 145 
Löw, F ‘ .. . 196 
Meissner, B. i 18. 86 
Mentz, Artbur 287 
P ancritius, M. 104 
Perles, F. . 196 
Poznański, 8. 60. 61 
Rust, H. 243 
Scheftelowitz, I. 99 


Schroeder, ... 48. 133. 185. 243 
Schwally, Wie sce as fat an . 29. 57 
Seybold, C. ff. pa 149 
Sobernheim, M. 8 246 


Spalte 
Spiegelberg, W. 22 
Violet, B. 143 
Wiedemann, A. 91 
Winkler, Heinrich . . 286 
Wreszinski, W. 97. 242 
Sprechsaal. 
Caspari, W. 2 
Förtsch, W.: Zu OLZ 1917 Sp. 50 31 
Hol ma, H.: Zum Verständnis des Papyrus Sachau 
Nr. 8. ay 33 . 204 
Humbert, P.: Zu OLZ 1917 Sp. 350 é 31 
Kittel, R.: Zur Umschrift der biblischen Namen 59 
Meissner, Br.: Berichtigung zu OLZ 1918 Sp. 299 
Peiser, F. E.: Zu Sp. 62 Anm. I - 106 
— Zu OLZ Sp. 205 . 249 
Poznanski, 8. Zu den Namen Bepteratog . 166 


Altertumsberichte. 


Aegypten 61. — Griechenland 61. — Italien 106. 
Russland 106. 


Aus gelehrten Gesellschaften. 


Vorderasiatische Gesellschaft 107. — Academie des In- 
scriptions et Belles-Lettres 107. 249. — Berliner 
Akademie der Wissenschaften 250. 


Mitteilungen. 


Fragmente der Res gestae Divi Augusti 61 — Urkunden- 
bibliothek f. d. Geschichte des Islams 61. Er- 
werbung d. K. Musen z. Berlin 61. — Seminar f. 
Orient. Sprachen 61. — Institut f. Islam und ost- 
europäische Geschichte 106. — Fondation de Goeje 
155. — Vereinbarung zwischen R. Asiatic Soo. und 
Soc. Asiatique 165. — Archäologische Schule in Je- 
rusalem 251. 


Personalien. 


Bittner, Max 155. — Chavannes, Ed. 107. — Dalman, 
Gust. 61. — Faik-Bei 31. — Frech, Fr. 31. — Gelzer, 
M., 251. — Missis Grenfell 289. — Hartmann, R. 204. 
— Hoss, J. J. 107. — Karabacek, Josef von 289. — 
King, L. W. 107. — Klausner, J. 204. W. 
251. — Kornemann 107. — Legrain, G. 
Lehmann-Haupt, C. F. 251. — Lütke, L. 204. 
— Mann, O. 107. — Mez, Adam 61. — Radloff, W. 
251. — Reisner, G. A. 107. — Schwab, Moïse 107. — 
Steller, E. 204. — Thierry, G. J. 204. — Thiersch, 
Herm. 155. — Wellhausen, J. 61. — Winkler, Heinrich 
251. 


Zeitschriftenschau Am Schlusse jeder Nummer. 


Orientalistische Literaturzeitung 


Monatsschrift für die Wissenschaft vom vorderen Orient 


und seine Beziehungen zum Kulturkreise des Mittelmeers 
Herausgegeben von Professor Dr. F. E. Peiser, Königsberg i. Pr., Goltz-Allee 11 
Verlag der J. C. Hinrichs’schen Buchhandlung, Leipzig 


Blumengasse 2. 


Manuskripte und Korrekturen nach Königsberg. — Drucksachen nach Leipzig. J 
21. Jahrgang Nr. 1 Jährlich 12 Nrn. — Halbjabrapreia 6 Mk. anuar 1918 


Inhalt. Besprechungen . . Sp. 18—31 vers. Achmimicae, cod. Rainerianus 
5 | 
Abhandlungen und Notizen Sp. 1—17 Figulla, H. H., und E. F. Weidner: sd. C. Wessely (W. Spiegel 


berg). : 22 
Keilschrifttexte aus Boghazköi 1. 
Bondi, J. H.: Zu Sachau APO 4,10 17 j PPV 


« ô . 
Erbt, W.: Die Chronologie des ersten Re cee u ZZ Förtsch, W.: Zu OLZ 1917 Sp. 50 31 
nachexilischen Jabrhunderts . 6 | Horten, M.: Einführung in die tür- !] Humbert, P.: Zu OL 1917 Sp. 350 31 


5 W.: 138 im Munde von kische Sprache und Schrift (Fr. | Personalien . zo. A 
rauen ee ge ee a, ar: Mar ten. ae Schwall -) 29 N i 
Schroeder, O.: Ein mündlich zu be- A | Zeitschrittenschau . . . 31—32 


stellender altbabylonischer Brief 6 | Duodecim prophetarum minorum Zur Besprechung eingelaufen . 32 


ss im Munde von Frauen. ja wie Jahwe selbst durch häufiges & seine 

Von Wolfgang Kletzel Herablassung zu den Anbetern bekundet. Durch 

i . ae se aah geo cue Folgeerscheinungen wird der Standes- 
Drivers Bemerkung“, ’2>x sei volltöniger un unterschied, der einmal in beiden Selbstbezeich- 
emphatischer als &, fand gelegentlich Beachtung, nungen gelegen war, schliesslich wieder auf- 


unter anderen durch Sellin2, der die bedeutungs- gehoben, und nur noch die ihrer selbst nicht 
geschichtliche Konsequenz zog: `N indicat ani- | mehr sichere Gewohnheit wie auch eine unklare 
mum loquentis modestum vel demissum, „De Empfindung für Euphonie des Augenblicks tritt 
sei der Ausdruck einer gravitas. Freilich hat noch für etwas Abwechslung im Gebrauche 
Sellin den von ihm behaupteten Bedeutungs- beider Formen ein, bis die kürzere die vollere 
unterschied noch mit Gesetzmässigkeiten in der endgiltig überflügelt. 
Satzstellung desPronomens rechtfertigen wollen. ‚Unter d'e sonstigen gesellschaftlichen Unter- 
Sie sind widerlegt worden. Aber sein Versuch, schiede reiht sich der ein, der nach altorien- 
einen wenigstens zeitweiligen Bedeutungsunter- talischer Auffassung zwischen den beiden Ge- 
schied beider anzunehmen, verdient für sich |schlechtern besteht. Bisher galt der hadramau- 
Beachtung; er eignet sich zunächst zur An- tische Dialekt als der einzige semitische, welcher 
wendung in jedem Gespräche zwischen An- auch in der 1. Pers. sing. zwei Geschlechter 
gehörigen verschiedener sozialer Stände. Auch unterscheidet. Zur Vollkommenheit dieses Unter- 
abgesehen von einzelnen Gesprächen in welchen | schiedes gehört Ausschluss je der einen Form 
sich der soziale Abstand bemerklich macht,! vom Sprachgebrauch des anderen Geschlechts. 
wird ein durch Amt und Vermigenslage | Aber auch, wo die Regelung nicht so streng 
Bevorzugter oft mit gravitas von sich sogar durchgeführt ist und nur ein ziffernmassiges 
reden, ein Untergeordneter aber modeste. Es Uebergewicht des Gebrauchs der einen Selbst- 
sei ganz davon abgesehen, wie vor Jahwe selbst | bezeichnung durch Männer oder der anderen 
der König das unterwiirfige N wählen mag}, durch Frauen nachgewiesen werden kann, das 
l mit der Verdrängung der einen Form aus dem 
allgemeinen Sprachgebrauch naturgemäss wieder 
3 Fast durchgeliends vermeiden die Beter in den * Wenigstens eine grundsätzliche 
Pataren san Ban Biss). mar die Saye finden Tendenz nach lautbarer Unterscheidung der Ge- 
sich in dem späten Psalm 119; Engel sagen Num. 2232 schlechter vorgelegen. Ja eben die Unfertigkeit 
und Dan. 1011 N, sonst 9 mal 5% (Jos. 514; Jde. 1311; 


1 Journal of Philology 1881 XI 222 ff. 
? De origine carminum 1892 S. 105 ff. 


1. Reg. 2221; 2. Chr. 1820; Ez. 404; Sach. 19; Dan. ! Brockelmann, Grundriss der vergl. Gramm. der 
928. 1012. 20). | N semit. Spr. 1908 Bd. 1 S. 297 f. 
1 — 


* 


EN 


der Erscheinung gestattet uns einen Einblick 
in das Werden solcher weitverbreiteter und 
vergleichsweise starrer Spracherscheinungen, 
wie die Unterscheidung der Geschlechter, der 
Pronomina, Flexionsbestandteile u. dergl. 
Männliche Wesen sagen: 
I. redend eingeführte Gattungstypen d 1 mal 
(Sach. 13, a und b). 
oN bmal (Ex. 13 15; Jes. 19 115 565; Joel 410; 
Prov. 26 10). 
II. Völkerschaften 8 mal ’;x Num. 20 10; Jos. 1714; 
Jde 1; 2. Sam. 19.4; Jes. 49,; Sach. 8 21; 
Thren. 31; es 1, 
Einzelne Personen: 
DIR 
Propheten (11) 


34 m 
. Aelteste (Richter, Sippenvorst.) (22) 119 mal 


III. Priester (Weisheitslehrer) (3) e 7 mal 
IV.. Könige (Fürsten, Prinzen) (9) 23 mal 
V. Kämpfer (9) 14 mal 
„RS 

I. Propheten (15) 68 mal 
II. Aelteste (Richter, Sippenvorst.) (17) 54 mal 
III. Priester (Weisheitslehrer) (4) 34 mal 
IV. Könige (Fürsten, Prinzen) (23) 72 mal 
V. Kämpfer (7) 9 mal 
VI. sonstige Beamte a) höhere (10) 30 mal 


b) niedere (4) 
Besondere Beachtung verdient aber die Be- 


teiligung der redenden Frauen an dem Ge- 
brauch der beiden Pronomina. In ihrem Munde 


ist nämlich ‘38 von vornherein etwas häufiger, 
als es dem allgemeinen Verhältnis der Ver- 
breitung beider Pronomina in der überlieferten 
Literatur entspräche?. Ergibt sich schon hieraus 
ein geringfügiges Uebergewicht von ‘8 im 
Munde der Frau, so verstärkt es sich, wenn 
die einzelnen Vorkomnisse klassifiziert werden. 

I. Niedere Frauen: Nur Hagar (Gen. 16 8) 
sagt DIN, dagegen o 2. Sam. 14,; 1. Reg. 
3173 Rut 121 (Na emi) 3; Cant1, und noch 11 mal 

II. Angesehene Frauen sagen » 
2. Sam. 20194; 2. Reg. 413; Hanna 1. Sam. 
115.28 gegen 1 N 1. Sam. 126; Debora Jde. 5.5. 


1 Ich halte in Thren. 3 mit Smend (Zeitschrift für 
alttestamentliche Wissenschaft 1888 S. 62 f.) und Steuer- 
nagel (Einleitung in das Alte Testament 1912 S. 757) 
den Redenden fiir die personifizierte Gemeinde. 

? Es findet sich abgesehen von der Selbstbezeichnung 
Jahwes: 338 231 mal, „N 400 mal (Verhältnis 1: 1, 73), 
davon fem. „N 22 mal, d 40 mal (Verbältnis 1: 1,82). 

® Diese drei sind typisch für Bescheidenheit. 

* LXX bieten hier zwei Uebersetzungen, die ursprüng- 
lichere, ohne „ N, lautet: ’Howrnusvos 7ewindn ev t7 
"ABA xal èv dav, si ektlınov, d L Ber oi nıorol ro Io. 

In LXX fehlen beide 5» in Coislianus, Vene- 
tus, 29. 121. Das zweite N fehlt noch in 15, 18, 19, 
44, 64, 84, 108, 194 (Zählung nach Holmes-Parsons: Vetus 
Testamentum Graecum 1827). 


Orientalistische Literaturseitung 1918 Nr. 1. 


4 


5 Frauen bei J 7 mal! gegen je 1 ’ıx (Gen. 
1816; 27s); dazu vielleicht Rut, weil sie trotz 
unscheinbarer Jugend Heldin einer eigenen 
Erzählung ist(?) 3 mal D (Rut 210.185 3,) 
und aus demselben Grunde Jephtas Tochter 
(J de. 11 17). 


Dies entspricht der vermuteten sozialen Ver- 
teilung der beiden Pronomina einigermassen, aber 
nicht dem behaupteten Unterschiede ihres Alters 
in der alttestamentlichen Literatur. Ausge- 
sprochen alte Stellen sagen , junge De. Wo 
aber -e in wirklich altem Zeugnisse vorliegt, 
muss die Einseitigkeit der Bezeugung auffallen. 
Das ist beim Jahwisten der Fall. 


Noch mehr aber gibt zu denken, dass selbst 


al | die gesellschaftlich höchststehenden Frauen 


UN bevorzugen: so die ägyptische Prinzessin 
(Ex 25), Abigail (1. Sam. 2524.25.) Tamar (2. Sam. 
1313), Isebel (1. Reg. 21;), Esther 4 mal (Esther 
411.16, 74. 85). Diese Frauen gehören durch Gliigk 
oder Schicksal dem königlichen Stande an; nur 
in Batsebas Selbstbezeichnung überwiegt das 
Pronomen der Würde?. 


Weibliches 9e verbleibt in der Hauptsache 
dem Jahwisten für die berühmten Ahnfrauen der 
vormosaischen Zeit, und ist wohl ein Mittel, das 
sich allmählich eingebürgert hat, ihre über das 
Mass von gewöhnlichen Frauen hinausgehende 
Bedeutung und Macht auszudrücken. Die durch 
Stellung und Energie hervorragende Abigail, 
Isebel und Esther sollten ebenso behandelt sein. 
Sie hätten allen Anspruch darauf, und doch 
geschieht dies nicht. 


Die weiblichen Personifikationen sagen : 
Jerusalem 5 mal (Jes. 4921. 21; Mich. 7, Thren. 
118. 21.) Ninive (Zeph. 215) Tyrus (Ez. 271), die 
pod 5 mal (Prov. 126. 812. 14. 17. 27.) mit einer 
Ausnahme (Num. 22503.) 


In der Rede der Frauen ist Om, also früh- 
zeitiger beseitigt worden‘; darin äussert sich 
die gesellschaftliche Gedriicktheit der orienta- 


1 Gen. 165; 2424; 2522; 2933: 301; 308; 882. 
Doch ist "938 in LXX nicht immer gut bezeugt. Gen. 165 
om. Chrysostomus. Gen. 2424 om. sehr viele Kodices. 
Gen. 25 22 zí woe rovro Gen. 2988 uov .. 179 taxsivmay. 
Gen. 301 om. Theodoret Chrys. Gen. 30s om. 19 Gen. 
3835 om. 31. 


21.338 (1. Reg. 121): 3 „N (2. Sam. 115; 1. Reg. 
218,20). 2. Sam. 115 om. LXX Ven. gleich Gen. 38 28; 
wohl stereotyp. 


® Doch kommt der redenden Eselin des Bileam sicher 
eine ungewöhnliche Bedeutung zu. (Vgl. Gressmann: 
Schriften des Alten Testaments in Auswahl 1910 2. Ab- 
teilung Band 1, S. 60). 


t Damit würde also die Bemerkung Brockelmanns 
(s. o.), dass ven allen semitischen Sprachen nur das 
Hadramautische bei dem Pronomen der 1. Pers. Sing. 
einen Unterschied nach dem Geschlecht kennt, nicht 
übereinstimmen. 


5 Orlentalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 1. 6 


lischen Frauen im Zeitalter städtischer Lebens- 
weise. Dieser Umstand greift dem Alters- 
unterschiede, den das literarische Vorkommen 
der beiden Pronomina erkennen lässt, vor und 
durchkreuzt dadurch die in der Bildung begriffene 
Verteilung der beiden Formen auf zweierlei 
gesellschaftliche Schichten. 


Ein mündlich zu bestellender, 


altbabylonischer Brief. 
Von Otto Schroeder. 


Ein Beispiel fiir einen altbabylonischen Brief, 
der zweifellos nicht zur Ablieferung an den 
Adressaten bestimmt war, sondern einem Boten 
als Unterlage fiir miindliche Bestellungen diente, 
ist das Täfelchen VAT 772, das ich VAS XVI 
Nr. 7 veröffentlichte. In 21 Zeilen sind drei 
kurze Briefe zusammengedrängt; Brief I = Z. 
1—9, Brief II = Z. 10—14, Brief III Z. 15—21. 
Da die Angelegenheiten eng miteinander ver- 
woben sind, und zwar, wie aus dem Wortlaut 
hervorgeht, in nichtgerade erfreulicher Weise, ist 
es auch m. E. ausgeschlossen, dass den ver- 
schiedenen Adressaten das Täfelchen zur Ein- 
sichtnahme vorgelegt wurde; es kann nur dem 
Boten — der somit als des Lesen kundig er- 
wiesen wäre — zur Information mitgegeben 
worden sein. 


Umschrift: 

I. !a-na Ki-in-pi-* Marduk ?ki-bé-ma Sum- 
ma Amat-? Mera e-mi tk-ta-pi-ma *a-wa-tun: Sa 
i-na Babilim *a-wa-tum a- i- u a-ba-am te- 
e-im-3u gi· im · ra- am 72 Sikil kaspim áš-šú-mi-ia 
8 gu-um-šú-ma a-na-ku gi· im ra- zd tu-a-pa-al. 

II. Ya-na Ba-ma-tim !!ki-be-ma um- ma Amat- 
Mera - ma 12 · nu- um · mu a- na Ki- in pi Marduk 
183-g7-2u ni-di a-hi itla ta-ra-ši-šú. 


III. '5a-na ¢ Mera-na-sir ki-be-ma is um- ma 
“Nanna(r)-in-tuh-ma * ú-ul a-as-pu-ra-ku-ü 
is um- ma a-na-ku-u-ma 19 a-di 5 Sıkıl kaspim 
20 f- li- ni-di a-hi 21 /a ta-ra-Si. 


Uebersetzung: 


I. Zu Kin-pi-Marduk sprich: So sagt Amat- 
Mer, der Schwiegervater (?): die Angelegenheit da 
in Babylon, ist die Angelegenheit seines Bruders 
, den ganzen „Betrag“, 2 Sekel Silber 
um meinetwillen........ ich; ganz sollst du 
sie erstatten! 


II. Zu Bamätu sprich: So (sagt) Amat- Mer: 
Jetzt tritt unverzüglich hin zu Kin-pi-Marduk. 

III. Zu Mer-nagir sprich: So (sagt) Nannar- 
intuß: Habe ich dir nicht geschrieben: Komm 
unverzüglich mit 5 Sekel Silber?! — 


Amat-Mer („Dienerin des Mer“) ist natürlich 
eine Frau; die Bezeichnung e-mi „Schwieger- 
vater“ in Z. 3 ist doch wohl Schreibfehler aus 
e-mi-tu „Schwiegermutter“. Die ziemlich ener- 
gische Dame hat mit ihrem Schwiegersohn Kin- 
pi-Marduk einen Streit wegen einer — mir nicht 
ganz klaren — Angelegenheit in Babylon, und 
verlangt in dieser Sache die Zahlung von 2 Sekel 
Silber. (Brief I). — Um die Zahlung zu be- 
schleunigen, fordert sie Bamätu auf, dem Kin- 
pi-Marduk keine Ruhe zu lassen (Brief II). — 
Gleichzeitig mahnt Nannar-intuh, vielleicht der 
Gatte der Amat- Mer ?, den Mer-näsir um 5 Sekel 
Silber (Brief III). — 


Beachte die Schreibung tk-ta-pi (KA) in Z. 8 
und die hübsche Namensschreibung in Z. 11 
Mera a, die vielleicht die spätere Lokalisierung 
des Briefes ermöglicht. Z. 17 bezeichnet das 
lange ú die Frage. Vgl. Delitzsch, Assyr. 
Gramm.? § 189. - 


Die Chronologie des ersten nachexilischen 
Jahrhunderts. 


Von Wilhelm Erbt. 


Nach den Vorarbeiten Wincklers und unter 
sinngemässer Anwendung des Verfahrens Peisers, 
die Urgestalt eines geschlossenen Textes zu re- 
konstruieren, muss es gelingen, das Rätsel des 
Danielbuches zu lösen und die Chronologie 
des ersten nachexilischen Jahrhunderts 
zu gewinnen. Natürlich darf man bei dem Zu- 
stande des heutigen Textes, der teils in he- 
bräischer, teils in aramäischer Sprache vorliegt, 
der bald von Daniel erzählt, bald ihn, bald 
eine andere Person berichten lässt, der also 
deutlich die Merkmale an sich trägt, dass er 
durch scharf zufassendeHände wieder und wieder 
gegangen ist, nicht wagen, bis zu dem Urwort- 
laut vorzudringen. Vielmehr kann es sich nur 
darum handeln, die verschiedenen Stufen der 
Textgestaltung zu bezeichnen. Es lassen sich, 
um es kurz zu sagen, fünf Bearbeitungen 
des Danielbuches unterscheiden, die ich im 
folgenden Daniel I. II. III. IV. V. abkürze. 
Jede folgende setzt die vorangehende als ihre 
Grundlage voraus. Ich führe den Leser sofort 
zu dem Ergebnis meiner Untersuchung, anstatt 
dass ich mit ihm zusammen noch einmal die 
harte und weite Strasse bis zu ihrem endlichen 
Gewinn zurücklege, womöglich gar, um die Irr- 
wege und Absonderlichkeiten meiner Vorgänger 
zu bekämpfen oder Lob und Anerkennung zu 
spenden. Ich gebe zunächst eine schematische 

ebersicht über den Entwickelungsgang des 
Danielbuches. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 1. 8 


— — — — —— nn 


a) Uebersicht über die Entwickelung der heutigen Textgestalt. 


II. 121: „Daniel erlebte noch 
das erste Jahr des Königs Kores“. 


Nabonids Traum, seine Deu- 
tung durch Daniel und sein Aus- 
schluss von der Herrschaft, ein 
Gottesgericht (331—434). 


Belsazar, der Sohn des 
Königs, entweiht dieTempelgerate. 
Daniel deutet die Schrift, die 
hebräisch ursprünglich gelautet 
haben mag: „Weil du meine Ge- 
fässe entweihst, zerbricht dich 
der Perser.“ 


29 > wurde im Aramäischen 
entstellt über 93 3 = ND IND 
zu x Neo. Das Hiphil von bbp 
steckt in 9pm, eine Form von D5 
und d in po, (Kap. 5). 


„In derselben Nacht wurde 
Belsazar, der Königssohn, getötet, 
und Koreš erhielt die Herrschaft“. 
(Kap. 6). Er unterstellt das Reich 
zwei Ministern, einem guten und 
einem bösen (Haman-Mardochai- 
Motiv), Daniel und Kambyses. 
Dieser erhält Babel. Verleumdung 
Daniels, seine Errettung aus der 
Löwengrube. Koreš voll Hoch- 
achtung vor Daniels Gotte über- 
nimmt selbst die Regierung 92: 
„Im Jahre seines Regierungsan- 
tritts ....“ — Ende 538 —. 


— CEE, ed 


III. 629: „Daniel erging es 
wohl unter der Regierung des 
Persers Koreš.“ 


IV. „und unter der Regierung 
des Darius.“ 


V. Tilgung des Namens Kam- 
byses und Bearbeitung. Belsazar 
wird König der Chaldäer, Nebu- 
kadnezar sein Vater, Darius, der 
Meder, sein Nachfolger. 


V. Bearbeitung 
für die Seleuki- 
denzeit unter Ein- 
fügung von Nebu- 
kadnezars Traum 
in seinem 2. Jahre. 
(Kap. 2). 


I. Im 1. Jahre Nebukadnezars ( 
Jahr 3 Jojakims) kommt Daniel mit seinen 
beiden Freunden als Geisel nach Babel. 
Der König lässt die beiden Knaben er- 
ziehen (Kap. 1). 


„Nebukadnezar starb, und Ewil-Me- 


rodach, sein Sohn, ward König an seiner 


Nabonid und 
Ewil-Merodach 
werden Nebukad- 

nezar genannt. 


Statt.“ 


Bei der Einweihung eines Götterbildes 
werden Daniel und seine beiden Freunde 
wegen Missachtung des Gottes angeklagt 


und zum Feuertode verurteilt; sie bleiben 
aber unversehrt. Darauf spricht Ewil-Mero- 
dach in einem Edikt seine Hochachtung vor 
ihrem Gotte aus und befördert sie zu hohen 
Stellungen in a 31-30). 


III. Im ersten Jahre 
des Kambyses Daniels 
Traum von den vier Welt- 
reichen: Lydien, Medien, 
Babylonien, Persien. Das 
vierte Tier hat drei Hörner, 
zwischen denen ein viertes 
aufschiesst: Kyros, Kam- 
byses, Smerdes und der 
ein neues Herrscherhaus 
begründende Darius, von 
dem III die Heilszeit er- 
wartet: „an diesem Horn 
waren Augen wie Men- 


schenaugen“. (Kap. 7). 5 


IV. fügt hinzu: „da 
kam einer, 
Menschen glich, mit den 
Wolken des Himmels 
heran. Dem wurde Macht, 
Ehre und Herrschaft ver- 
liehen.“ 


V. fügt die 10 Hörner 
hinzu und vollendet die 
Zeichnung des vierten 
Hornes: „ein Mund, der 
hochfahrende Dinge re- 
dete“ usw. Datierunng 
geändert: Erstes Jahr 
Belsazars. 


der einem 


III. Daniels Traum vom Kampfe 


des Widders und Ziegenbocks 
(Kap. 8) im 3. Jahre des Kam- 
byses, eingeschaltet als Ueber- 
leitung zu Kap. 9. 


Gegen den zweigehörnten Widder 
(Babylonien unter Nabonid und 
Belsazar), dessen höheres Horn 
zuletzt emporwächst, geht ein 
Ziegenbock an mit einem grossen 
Horn (Kyros), das auf dem Höhe- 
punkte seiner Macht abbricht. 
„Und hervorging ein anderes 
kleines Horn (Kambyses), das nach 
Süden hin (Aegypten) gross tat. 


Auch gegen das Heer des Himmels 


tat es gross, stürzte zu Boden 
von dem Heere des Himmels und 
trat sie mit Füssen. Auch gegen 
den Fürsten des Heeres tat (es) 
gross; ihm wurde das tägliche 
Opfer entzogen und die Stätte 
seines Heiligtums gestürzt. 
Zwei Heilige: 2300 Tage dauert 
die Aufhebung des Gottesdienstes. 

Daniel ist eine Zeit lang krank, 
gesundet, kanndas Gesicht nicht 
verstehen. 


V ändert im Gesicht und deutet 
das nicht verstandene (!) Gesicht 
durch Einführung Gabriels auf 


. Persien und Griechenland, auf die 


Seleukidenzeit (81526). Datierung 
geändert: 3.Jahr Königs Belsazars. 


9 Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 1. 16 


| 
III. I. (Fortsetzung). 


vanr yn VAT ams paws [„Nebukadnezar starb, und König wurde 
mw ow many an Nein II. Ewil-Merodach, sein Sohn, an seiner Statt.“ 
ob dhe Kap. 92: 


Me Den “BO OMEOS ‘DS an Mw 
‘myo * deb wD omana AAI m 
menes, der über das Reich der row Oya 
Chaldäer König geworden war, „Im Jahre seines Regierungsantritts achtete 
in seinem ersten Regierungs-| zu füllen den ich in den Schriften auf die Zahl der Jahre, 
jahre ... .“ Trümmern Jeru- |von denen das Jahwewort an den Propheten 
salems 7OJahre.“ | Jeremia erging, zu füllen meinem Volke 
70 Jahre.“ 

Gabriel erscheint: „Daniel, ich bin jetzt 
ausgegangen, um dich klar zu belehren“ 
wap y (Stichwort: 722). 


pay mandy py o e nr) * oyw 


„Im ersten Jabre des Darius | oywı  masnò > 
aus dem Geschlecht des Achä- 


Gabriel erscheint; Hinzu- 
fügung: „Merke auf das Wort, 
und du wirst das Gesicht ver- 
stehen.“ (Stichwort: UN b). 


° „Siebenzig sind über dein Siebenheiten . 
Volk und die Stadt meines sind über dein Merah pin) cr ony 


Heiligtumsverbängt,zubeenden | Volk und die „Siebenheiten sind über ‚dein Volk 
den Frevel, zu beseitigen die | Stadt meines Hei- verhängt, Schuld zu sühnen, ewige Gerech- 
Untat (des kleinen Hornes) .... | ligtums verhängt tigkeit herbeizuführen und [Schauung und] 
und einen Hochheiligen uf. Weissagung zu versiegeln“ (d. h. für erledigt 
salben.“ zu erklären). 


Ps pam Y nmaa wn t nyw oyw Ta ey ebein magh d aan ssop Ose) yam 
mamba pp y ovis wp xan! oy mag wpm sym) Taa nas ow) Ow omy EAN OYN 
avo = ood avo asm) amo) na maw) sme pay! K 
„Wisse und verstehe: vom Ausgang des Befehls, Jerusalem wegzuführen, bis zu einem 
Fürsten sind sieben Siebenheiten: du wirst zurückkehren, und gebaut wird Markt und Graben, 
doch Bedrängnis sind die Zeiten. Und nach 62 Fristen wird beseitigt der Fürst, und die Stadt und 
das Heiligtum wird zerstören Volk des Ausrückenden. Und sein Ende ist wie eine Sturmflut; und 
bis zum Ende beschlossener Krieg. Eine Siebenheit lang wird er aufhören lassen Schlacht- 

und Speiseopfer. Und er wird stark machen den Bund mit vielen am Ende.“ l 
IV: yon Dy „zwei Siebenheiten Siebenheiten“, von V als 70 Siebenheiten missver- 


standen; er hat danach statt g o'ynwn eingesetzt. 
41V: mad) Dub: „vom Ausgang des Befehls, rückgängig zu machen und Jerusalem 
zu bauen.“ 

IV: m pp: „bis zu einem fürstlichen Gesalbten.“ 

t: Du" DWY Dyvi: falsche Wiederholung der Zeile g durch einen Abschreiber, weist 
auf eine Handschrift mit 15 Buchstaben auf der Zeile. 

© siehe c. | l i ; 

b; ausgelassen, am Rande nachgetragen und dann in die folgende Zeile bei einer Abschrift 
eingesetzt. 15 pN pe rp: Glosse eines Lesers von IV, in Erinnerung an des „fürstlichen 
Gesalbten“ Schicksal: „der Gesalbte (wird beseitigt); und er hatte keine Schuld.“ Die Glosse 
nimmt Bezug, auf Jes. 53 9. 

1: siehe h. 

* V: pp: das Stichwort der Seleukidenzeit. , 

V hat die beiden letzten Sätze umgestellt, weil er den zweiten auf die Verbindung des 
Antiochos Epiphanes mit der hellenistischen Partei bezog; diese Verbindung aber geht der 
Aufhebung ;des Gottesdienstes voraus. 

m V: yawn om. Die LXX las noch å» tm redes. á 

an V: der Schluss gehört der Seleukidenzeit an: Cyw und cow. 


IV bearbeitet Kap. 9 in der in den Anmerkungen c—n dargelegten Weise. l 
V bearbeitet Kap. 9 in der in den Anmerkungen c—n dargelegten Weise und gibt die 


neue Datierung: m ym WÄNWTR2 wT AMR De. 


11 Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 1. 12 


IV. š 
Kap. 10: Im 33. Jahre des Königs Darius wird Daniel eine Offenbarung zuteil. Er 
hat vorher drei Wochen lang auf leckere Speise, Fleisch und Wein verzichtet. Den Anlass 
zu dieser Selbstkasteiung hat V. gestrichen. Die Zeitverhältnisse müssen ihn gegeben haben; 
diese Schilderung wird sich nicht mit der Lage in der Seleukidenzeit haben vereinbaren lassen. 
Wir hören jetzt nur, dass „von dem ersten Tage an, da er sich vorgesetzt hatte, Einsicht zu 
gewinnen und sich vor seinem Gotte zu demütigen, seine Worte Gehör fanden.“ 


Am 24. 1. erscheint ihm am Ufer des Tigris „ein linnengekleideter Mann, goldgegiirtet“ 
(MT ry Glosse zu DND — LXX „in Byssus gekleidet, mit einem Byssusgürtel, und aus seiner 
Mitte Licht“). Zuerst niedergebrochen, dann aber von dem Manne aufgerichtet, hört er von 
ihm: „Der Perserfürst stand mir 21 Tage lang entgegen, da kam Michael[, einer der ersten 
Fürsten,] mir zu Hilfe, und (ibn liess ich) dort zurück neben dem Perserfürsten, und kam, dir 
Kunde zu geben, was deinem Volke begegnen wird am Ende der Tage.... Weisst du, warum 
ich dir erschienen bin? Gleich werde ich zurückkehren, um mit dem Perserfürsten zu streiten, 
und wenn ich ausziehe, ist der Griechenfürst erschienen.“ 


a „Und nun will ich dir Wahres verkünden“ (vgl. Winckler, Altor. Forschungen II S. 442 ff.). 


map. 11: Drei Könige stehen da (Lydien, Medien, Babylonien Kap. 7), aber der 
vierte (Kyros) wird sich grössere Macht als alle erwerben. Und er steht da, ein streitbarer 
König, und beherrscht eine grosse Herrschaft [und handelt, wie es ihm gefällt]. 9° Und es tritt aus 
seiner Wurzel ein Schössling (LXX) an seine Stelle, der verschwinden lässt das Jauchzen 
(mn; Glosse dazu: op wy „der bedrückt das Reich“). ?? Und Streitkräfte [der Ueber- 
schwemmung] werden vor ihm weggeschwemmt; und zerbrechen wird man auch ( Dittographie) 
den Fürsten des Bundes. Und nach einiger Zeit wird er zerbrochen, nicht im Zorn und nicht 
im Streit. Und es tritt an seine Stelle ein Verachteter, und nicht legt man auf ihn den 
Glanz der Herrschaft; und er kommt im Frieden und ergreift die Herrschaft durch (seine) Ver- 
stellungskiinste. * Und nachdem man sich gegen ihn (Hy) verbündet, wird Trug geübt. Und 
er zieht aus und wird stark mit wenigen Leuten.?“ [Im Frieden und] mit den Adligen der 
Hauptstadt wird er kommen und eignet sich an, was sich seine Väter und Ahnen nicht ange- 
eignet haben. Raub, Beute] und Besitz wird er an sie verteilen und wider die Unzugänglichen 
(Part. Pual 32) richtet er seine Pläne (1 Dittographie) * [bis zum Ende]. “ Und zur Zeit des 
Endes wird er wider (sie) stürmen mit [Wagen und Reitern und] vielen Schiffen. * Und Mel- 
dungen werden ihn erschrecken aus Norden, und er wird ausrücken in grossem Grimm, [viele 
zu verderben und zu vernichten]. * Und er wird seine Prachtzelte aufschlagen innerhalb der 
Meere; doch er kommt zu seinem Ende, * [und nicht ist ihm ein Helfer]. 12 1 In jener Zeit wird 
sich Michael, der grosse Fürst, erheben, und es wird eine Zeit der Drangsal sein, wie es keine 
gegeben, seit Menschen sind, und er wird retten dein Volk“. 


8 Daniel hört, aber er versteht es nicht und spricht: O Herr, was ist das Ende von | 
alledem? °Er sprach: Geh, Daniel! Denn geheim und versiegelt sind die Worte bis zur Zeit 
des Endes. [!? Heil, wer ausharrt und erlebt 1335 Tage.] 
N ——— 2 

V bearbeitet die Offenbarung für die Seleukidenzeit unter Aenderung der Datierung: 
3. Jahr des Koreš. 


Von a zu a reicht eine Strophe von 6 Versen zu 3 Hebungen. 


b) Ausführungen zur Uebersicht. der gegenwärtige Text; denn er schöpfte aus 

I. Für das Jahr 562, für das Jahr des|lebendiger Erinnerung und hatte nichts um- 
Regierungsantrittes (res Sarriti — 1390 N3W)|zuwerfen, wie es der letzte Bearbeiter aus der 
Amel-Marduks, weist ein Schriftsteller nach, | Seleukidenzeit zu tun gezwungen war. Der 
dass die Zeit der Erfüllung der jüdischen Hoff- | Anfang des Buches zeigt deutlich die Tätigkeit 
nungen gekommen sei. Er geht von dem 3. dieser Hand. Wer sind Vers 2 die „sie“, die 
Jahre Jojakims 604 aus, das zugleich das 1. Nebukadnezar ins Land Sinear brachte? Man 
Nebukadnezars ist. Diese Gleichung muss er be- wird nach den folgenden Versen anzunehmen 
rücksichtigt haben; denn alle Zeitangaben im haben, dass im Urtext der Prinz Daniel mit 
Danielbuche beziehen sich ausnahmslos auf die | zwei Freunden von Jojakim im 1. Jahre Nebu- 
Regierungsjahre der Grosskönige. Gewiss wird |kadnezars, nach der Schlacht bei Karkemis und 
er diesen Zeitpunkt besser begründet haben als dem Riickzuge Nechos nach Babel vergeiselt 


18 


Orientalistisehe Literaturzeitung 1918 Nr, 1. 14 
wurde (vgl. ein Beispiel bei Peiser Habakuk |die ersehnte neue Zeit anbrechen werde. Das 
MVG 03 S. 11). Dass der Bearbeiter aus der Hauptstück des Beweises blieb Kap. 9. 
Seleukidenzeit das 1. Jahr Nebukadnezars vor- Nur ein neuer Ausgangspunkt se Berech- 


un hat, beweist die Fortsetzung, die er 
em ersten im 2. Kapitel gab: hier erzählt er 
einen Vorgang aus dem 2. Jahre Nebukadnezars. 
Er hat also die Gleichung 3. Jahr Jojakims = 
1. Jahr Nebukadnezars missverstanden und die 
Angabe 2 Kön. 24 1 ff. falsch eingedeutet. 


Gegen die Aussage im Jeremiabuche weist 
unser Schriftsteller nach, dass nicht 70 Jahre, 
sondern ,Siebenheiten“ von Jahren, „über sein 
Volk“ verhängt und dass, da die Zeit der Er- 
füllung gekommen, Schauung und Weissagung 
zu versiegeln, für erledigt zu erklären seien. 
Er lässt also den Engel Gabriel die im Jeremia- 
spruche überlieferten Konsonanten O'y3W mit 
anderen Vokalen: lesen, als sie vorher Daniel, 
der herkömmlichen Deutung folgend, gelesen 
hat. Wir kommen vom Jahre 604, dem ersten 
der Haft Daniels, wenn wir um Siebenheiten 
vorwärts gehen, tatsächlich auf das Jahr 562 
als den angeblichen Beginn der neuen Zeit: 
604—562 = 42 = 6 Siebenheiten. 42 ist die 
Unterweltzahl, bezeichnend für die Zeit einer 
Gefangenschaft. 


Mit zwei erbaulichen Geschichten legitimierte 
Daniel I. seinen Prinzen als einen Mann, der 
ein massgebendes Urteil über Zukunftfragen 
abzugeben vermag. Ursprünglich bestand Daniel 
zusammen mit seinen beiden Freunden im Feuer- 
ofen die Probe (Winckler, Altor. Forschungen II 
S. 237). Diese Legende will nachweisen, dass 
der neue König Amel-Marduk vor dem Gotte 
Daniels Hochachtung besitze. Die Beförderung 
Daniels und seiner Freunde entspricht der Be- 
gnadigung Jojachins. So sucht Daniel I. die 
Gemüter in Spannung zu versetzen und für 
seinen Nachweis empfänglich zu machen, dass 
das Jahr 562 die grosse Wendung bedeute, 
dass alle noch vorhandenen Schwierigkeiten 
überwunden werden würden. 


II. Diese kurze Schrift machte Daniel II. 
im Jahre 538 wieder zeitgemäss, nachdem Amel- 
Marduks Vorgehen keine weiteren Folgen ge- 
habt hatte. Kyros hatte zunächst seinen Sohn 
Kambyses vom Nisan bis Kislew 538 das König- 
tum Babel einnehmen lassen (Winckler KATS 
S. 114 nach Prašek und Peiser). Dann hatte er 
sich selbst den Titel eines Königs von Babel zuge- 
legt. In seinem ersten Regierungsjahre 537 
(Esr. 11) erliess er als solcher das Edikt, das 
den Aufbau Jerusalems und die Abreise von 


| 


nung war zu wählen, wenn die Rechnung nach 
„Siebenheiten“ stimmen sollte. Als Ausgangs- 
punkt wählte Daniel II. das Jahr der Zerstörung 
Jerusalems 586. „Wann füllen sich die Jahre 
für die Trümmer Jerusalems?“ so formte er 
das alte Schlagwort um. Die alte Antwort: 
„nach Siebenheiten“ führte auf das Jahr 537 
als Beginn der neuen Zeit: 586—537 = 49 = 
7.7 = 7 Siebenheiten (zur Zahl „49 Jahre“ vgl. 
meinen Aufsatz: Das Jobel jahr OLZ 07 Sp.636f.). 

Die erbaulichen Geschichten über den Helden 
des Buches vermehrte Daniel II. um die Legende 
von dem Ausschluss Nabonids von der Regierung 
und von der Entweihung der Tempelgeräte durch 
den Kronprinzen Belsazar, der während der Haft 
seines Vaters die Regierung geführt und den 
Widerstand gegen Kyros geleitet hatte. Hier 
sprach die Befriedigung über die endliche Nieder- 
lage der hierarchiefeindlichen Strömung in Ba- 
bylonien, die der Sieg des neuen Herrn besiegelt 
hatte. Endlich bewies er durch die Legende 
„Daniel in der Löwengrube“, dass der neue 
Herr Hochachtung vor dem Gotte Daniels be- 
sitze, und regte so die Hoffnung an, dass er sich 
seiner Sache annehmen werde. Ursprünglich 
berichtete die Legende wohl, wie das Reich 
Daniel und Kambyses, einem guten und einem 
bösen Minister, unterstellt wurde. Kambyses er- 
hielt den geschichtlichen Tatsachen entsprechend 
Babel und wurde bald abgesetzt. Erst der Be- 
arbeiter V führte die beliebte Dreizahl ein, tilgte 
den Namen des Kambyses und liess die Ver- 
Jeumder selbst in der Löwengrube enden. Die 
Legende vom Feuerofen kennt eine solche Be- 
strafung der Ankläger nicht. 

III. Auch unter Darius haben sich ent- 
scheidende Ereignisse für Jerusalem abgespielt, 
wie uns noch die trümmerhafte Ueberlieferung 
erkennen lässt. Haggai und Sacharja regen im 
Anfang seiner Regierung zum Tempelbau an. 
Von seinem ersten Jahre datierte Daniel III. 
seine Neubearbeitung des Danielbuches. 

Der Höhepunkt der Schrift blieb noch immer 
Kap. 9. Aber hier galt es die Zeitereignisse 
en Im ersten Jahre des Achämeniden 
Darius 521 endet unser Daniel jetzt seine Auf- 
zeichnungen. Von 586 führen ihn die über- 
kommenen sieben Siebenheiten auf das Jahr 
537: vom Ausgang des Befehls, Jerusalem zu 
exilieren, bis zu einem Fürsten (Sesbasar Esr. 1) 
sind sieben Siebenheiten. Da ist Daniel, wie 


Rückwanderern nach Judäa erlaubte. Vor dieser|so mancher Glaubensgenosse, zurückgekehrt, 


Regierungshandlung, also im Regierungsantritts- 
ahre 538 des Königs gestaltete Daniel II. das 


man hat die Stadt gebaut und befestigt. Doch 
es waren böse Zeiten für die Rückwanderer. 


Danielbuch um, um nachzuweisen, dass jetzt Im Lande sass die altheimische Bewohnerschaft 


15 


— 


(am ha’ares); sie hatte wohl den Neubau, die 
Verselbständigung der Heimat begrüsst, aber 
die Zugabe der Gäste aus dem Osten und ihrer 
Ansprüche war unerwünscht. Der neue Va- 
sallenstaat, von Parteigegensätzen zerrissen, ge- 
riet in die Kreise cer Grossmächte Persien und 
Aegypten und erlag. Nach 62 Jahren fand 
eine abermalige Zerstörung Jerusalems statt: 
525, bevor Kambyses im Sommer dieses Jahres 
das Nilland unterwarf. Juda hatte wieder ein- 
mal auf den Pharao falsch gesetzt. Kambyses 
starb. Eine Siebenheit lang ruhte der Gottes- 
dienst. Das führt uns auf das Jahr 519/18. 


In einem Gesichte, das Daniel III. vor Kap. 9 
eingefügt hat, war die genaue Zahl der Tage 
angegeben, während deren der Gottesdienst 
ruhen sollte: 2300 Tage = 6 Jahre 3 Monate 
20 Tage. Nach dem Hesekielbucbe. das vom 
5. September 537 ab rechnet, ist die Kunde von 
Jerusalems Fall unter Kambyses am 5. X. 12 
in Babylonien; die Stadt muss also etwa im 
Mai 525 gefallen sein. 2300 Tage später werden 
wir in den September 519 versetzt. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 1. 


Esr. 36 3020, 311). 


16 


- 


war. „Einen Hochheiligen zu salben“, so fügt 
Daniel III. als Zielangabe ein, die ibm den An- 
fang der neuen Zeit bezeichnet. Die Ereig- 
nisse des Jahres 515 ins rechte Licht zu 
setzen, dazu war die Neuausgabe der 
Schrift bestimmt. 

Sie bedeutete zugleich eine erhebliche Text- 
bereicherung. Eingefügt wurde zunächst Daniels 
Traum von dem Kampfe des Widders und 
Ziegenbocks. Er sollte Kap. 9 motivieren. 
Nun erscheint die Aufklärung, die Gabriel Daniel 
über die Jeremiaweissagung gibt, als Lösung 
der Spannung, die ihm und dem Leser das 
Traumgesicht bereitet, das er im 3. Jahre des 
Kambyses 527 geschaut hat. Wir werden an- 
nehmen können, dass sich im Jahre 527 die 
entscheidende Wendung in der Politik Sesbasars, 
sein Abfall von Persien und sein Anschluss 
an Aegypten, vollzogen hat. In der Tat finden 
wir im Hesekielbuche drei Sprüche, Warnungen 
vor Aegypten, die Ende Mai, im September 
und Mitte November 527 geschrieben sind (29ı, 
Das Traumgesicht zeigt Daniel 


berichtet: „Vom 1. Tage des 7. Monats . zweigehörnten Widder: Babylonien 
begannen sie Jahwe Brandopfer darzubringen mit seinen beiden Herrschern vor dem Unter- 
[ohne dass noch zum hekal Jahwes der Grund gange, mit dem mattgesetzten König Nabonid 
gelegt war].“ Hier hat uns der Chronist aus und dem den Staat leitenden Kronprinzen Bel- 
guter Quelle eine alte Nachricht erhalten. Der sazar, dem „zuletzt emporwachsenden höheren 
eingeklammerte Nebensatz stammt, wie der Aus-| Horn“. Dieser Widder wird von dem Ziegen- 
druck hékal Jahwe beweist, aus der Feder des bock mit dem einen grossen Horn niederge- 
Chronisten. Nach meiner Ansicht ist eine Dar- worfen: Persien unter Kyros nimmt und über- 
bringung von Opfern undenkbar, bevor nicht wältigt Babylonien. Kyros fällt schliesslich: 
der Grund zum Hause der Gottheit gelegt und | das grosse Horn bricht auf dem Höhepunkte 
ihr so wenigstens eine vorläufige Wohnstätte seiner Macht ab. Kambyses tritt an seine 
bereitet, „das Heiligtum in den gesetzmässigen | Stelle: dem Ziegenbock wächst ein anderes 
Zustand versetzt“ (an. 814) war. Nach Haggai kleines Horn. Er geht gegen Aegypten vor 
210 ff. war dies im Jahre vorher, im Dezember und erledigt dabei Jerusalem. Dieses erscheint 
520 in Angriff genommen worden. unter dem Bilde des Sternenheeres, Gott als 


Daniel III. schloss: „Er wird stark machen sein Fürst. 


den Bund mit vielen am Ende.“ Wann war! Daniel III. fügte endlich noch das 95 
r ver- 


nach ihm das Ende, die Fülle der Zeit? Es gesicht von den vier Weltreichen ein. i 
also 


muss 70 Jahre nach der Zerstörung Jerusa- legte es in. das erste Jahr des Kambyses, 
lems gewesen sein: die Lesung D’y2w als qolin die Zeit, wo sich in dem Weltreiche -der 


im Jeremiabuche wurde wieder aufgenommen | durch den Thronwechsel bedingte Umschwung 
statt „Siebenheiten“ bei Daniel I und II. Das der inneren Politik fühlbar zu machen be- 
versetzt uns in das Jahr 516/15. Im Jahre 516 gann. Die vier Weltreiche sind, wie zuerst 


aber wurde nach Esr. 615 der Tempel vollendet, | Winckler (Altor. Forschungen II S. 440 fi.) 


: F ieh, gesehen hat, Lydien, Medien, Babylonien und 
im Anfang 515 langte „Esra“ mit seinen Rück- è * 


Persien. 
der Abschneidung seiner Flügel zuletzt Menschen- 


wanderern und Tempeigeräten in Jerusalem an, 

um die Verbältnisse zu orduen. Ich habe nach- hil l lich die Krö 
gewiesen, dass sich unter diesem Namen der verstand erhält, erinnert deutlich an die Krö- 
Familieeines Priestergeschlechtes (Neh. 121, 13) 

der Hoheprister Jesua verbirgt. Jerusalem stand 
fortan unter einem Hohenpriester, der zugleich 
der höchste weltliche Beamte des Perserkönigs 


1 Der 1. VII. begann im Jahre 619 am Abend des 
16. Septembers. 


susgestalt Herodots: es wird sich um alle Welt 
durchlaufende Anekdoten von dem nach Ver- 
lust seines Weltreiches zum Weisen geworde- 
nen König handeln, die auch im Danielbuch 
ihren Niederschlag gefunden haben: jeder wusste 
nach einer solchen Anspielung, was und wer 
gemeint war. Der Bär mit den drei Rippen 


4 


17 


im Maule, der aufgefordert wird, viel Fleisch 
zu fressen, geht auf Medien, aut die Ueber- 
winder der Skythen, Assyrer und Kimmerier 
(oder Perser). Der Panther mit den vier Flü- 
geln und vier Köpfen bezeichnet das neubaby- 
lonische Reich mit seinen 8 Königen: Nabopo- 
lassar, Nebukadnezar, Amel-Marduk, Neriglissar, | 
Labasi-Marduk, Nabonid, Belsazar und Kam- 
byses. Davon sind vier (vier Köpfe), der 2., 
3., 6. und 7., wie das Danielbuch selbst es 
zeigt, für das Judentum wichtigge worden. Zuletzt 
erhebt sich das starke Tier mit eisernen Zähnen, 
um alles zu fressen und zu zertreten. Es hat 
drei Hörner (Kyros, Kambyses, Smerdes), die 
von einem kleinen, neu aufsprossenden Horn 
verdrängt werden. Gemeint ist der ein neues 
Herrscherhaus begründende Darius. Das Horn 
hat Augen wie Menschenaugen, wurde also 
von Daniel III., wie zu erwarten ist, freundlich 
beurteilt. 

(Schluss folgt.) 
| 


Zu Sachau, APO 4,10. 
Von J. H. Bondi. 


In der letzten (16.) Auflage von Gesenius’ 
Handwörterbuch wird zu e angeführt „äg. 
aram. j? APO (Sachau, Aramäische Papyrus 
und Ostraka) 4, 10“. Ich meine, diese Deutung 
von jp! kann nicht so ohne weiteres als ausge- 
macht gelten. Der Urheber dafür ist Halevy, 
s. die Angaben bei Annerler, Zur Geschichte 
der Juden von Elephantine Bern 1912, S. 143. 
Nimmt man, wie Sachau, der dem Richtigen 
recht nahe kam, getan hat, jp als „Taubenpaar“ 
und WM als „Turteltaube“ (nicht „Rind“), so 
lässt sich, unter Heranziehung des Sprachge- 
brauches der Misna, ein guter Sinn gewinnen. 
Hier ist p die feststehende Bezeichnung für 
ma” 933 oder an, die in bestimmten Fällen 
zu opfern sind, s. Levit. V, 7 und XY, 29 
(doch nicht I, 14, was Sachau zitiert. Ein 
Traktat im Abteil Kodasim, der darüber handelt, 
führt danach den Namen Dp. Dann ist mn 
mit }D verbunden und gemeint ist „ein Paar 
Turteltauben“. In der Uebersetzung a. a. O. 
„Schafe, Rind, Ziege“ macht es einen ohnehin 
stutzig, dass „Rind“ zwischen den beiden 
Kleinviehsorten seinen Platz hätte. Die Stelle 
wäre nunmehr ein wertvoller Beleg für das 
hohe Alter des Sprachgebrauches der Mišna in 
diesem Falle wie auch ein Nachweis für die 
ursprüngliche Bezeichnung dieses Opfers, die 
danach Y jp hiess. Aehnliches wird für 73 93 
gelten. 


1 Der Wortlaut der Stelle ist: loo py WY WP jp 
NEN “yr: 


Orientalistische Literaturzeitang 1918 Nr. 1. 


18 


Besprechungen, 


Keilschrifttexte aus Boghazkdi. 1. Heft. Auto- 
graphien v. H. H. Figulla u. E. F. Weidner. II. 88 8. 
2. Heft. Autographien v. H. H. Figulla. 808. Folie. 
(30. Wissenschaftliche Veröffentlichung der Deutschen 
Orient-Gesellschaft.) Je M. 12 —: kart. M. 13 —; für 
Mitgl. d. DOG. M. 9.60 bzw. M. 10.60. Leipzig, J. C. 
Hinrichs, 1916. Bespr. von Bruno Meissner, Breslau. 

Nach dem Tode Hugo Wincklers hat es 
die Deutsche Orient-Gesellschaft unternommen, 
die in Boghazköi gefundenen Inschriften, über 
deren Fundumstände und Inhalt er noch selbst 
mehrfach auch in dieser Zeitung (1906, 621ff.; 

1910, 289 ff) berichtet hat, zu edieren und hat 

mit dieser Aufgabe Weber betraut. Jetzt sind 

die ersten zwei Hefte der Publikation in Auto- 
graphien der Herren Figulla und Weidner 
erschienen; das erste enthält semitische, das 
zweite hattische Texte. Während wir in dem 

Verständnis der inder Landessprache abgefassten 

Urkunden noch in den Anfängen stehen und 

uns vorläufig noch kein rechtes Urteil über ihren 

Wert erlauben können, muss man sagen, dass 

die akkadischen ein ganz ungewöhnliches Inter- 

esse beanspruchen. Wir lernen hier nicht nur 
äusserst wichtige Staatsvörträge und Briefe 
kennen, sondern erhalten auch so tiefe Einblicke 
in die Politik der vorderasiatischen Reiche und 
die persönlichen Beziehungen ihrer Herrscher- 
familien zueinander, wie wir sie auf altorienta- 
lischem Boden noch nicht kannten und auch 

im klassischen Altertum wohl nur selten zur 

Verfügung hatten. In dem Jahresbericht der 

Schles. Gesellschaft für Vaterl. Kultur, 1917, 

habe ich eine Inhaltsübersicht über diese Publi- 

kation veröffentlicht, in der ich zusammen- 
zustellen versucht habe, was mir bei der ersten 

Lektüre der Texte aufstiess. Indem ich die 

Leser der OLZ darauf verweise, kann ich mich 

hier kurz fassen und mich auf eine knappe Inhalts- 

angabe und einige Bemerkungen beschränken. 

Nr. 1 und sein Duplikat Nr. 2 enthält den 

Vertrag des Subbiluliuma mit dem Mitanniprinzen 

Mattiwaza, Nr. 3 ist das entsprechende Schrift- 

stück Mattiwazas. — In Nr. 4 schliesst Subbi- 

luliuma einen Vertrag mit Tette von Nuhassi. 

— Subbiluliumas Sohn Mursil berichtet in der 

gut erhaltenen Nr. 5 in 64 Paragraphen von 

seinen Abmachungen mit Sunassura von Kis- 
wadna. —- Nr. 6 ist die Neuschrift eines zer- 
brochenen Vertrages des Mursil mit dem Rimi- 

Sarma', dem König von Halab aus der Zeit 

seines Sohnes Muwattallu. — Nr. 7 enthält die 

äusserst wichtige Rezension des Vertrages 

Ramses' II. mit Hattusil, den wir bisher nur aus der 

ägyptischen Uebersetzung kannten. Nr. 25 ist 

ein Duplikat davon, das merkwürdiger Weise 


1 Die Lesung der sweitenHälftedesN amens ist unsicher. 


19 


an eine ganz andere Stelle hingeraten ist. Die 
ägyptische Version erlaubt uns vielfach, den 
nicht sonderlich gut erhaltenen akkadischen 
Text zu ergänzen. — Nr. 8 endlich repräsentiert 
einen Vertrag Hattusils mit dem Amurrufiirsten 


TER Em} d. i., wie Winckler sehr wahr- 


scheinlich gemacht hat, Bentesina. — Nr. 9 ent- 
hält geringe Reste eines Briefes, der wohl an 
[(m) Ha-at-tu-si-l]i gerichtet ist. Der Name 
des Schreibers, der auch ein König ist, fing 
vielleicht mit (m) Ri-am(?) . ... an, was aber 
wohl kaum zu (n) Ri-am-[ma-$e-3a] ergänzt werden 
kann. — Nr. 10 ist ein hochpolitischer Brief 
Hattusils an den Sohn des Babylonierkönigs 
Kadašman-Turgu d. i. wohl Kadasman-Enlil II. 
— Nr. 12 ist ein religiöser Text mit vielen 
Götternamen; vgl. z. B. Rs. 3 f.: „(ih / A-nu 
u (il) En- lil i- na S- me- e pu-uh-ra ti-· ul ü-pa-ah- 
Ba- ru [mi]-li-ik ma- a- tim u- ul t-ma-al-li-ku = 
Anu und Enlil veranstalten im Himmel keine 
Versammlung, geben nicht den Rat des Landes. 
Das na-as-Sa in Z. 5 neben imbara šuripa steht 
wohl für gewöhnliches nalga mit Assimilation 
des I an 3. — Nr. 13 berichtet in barbarischem 
Akkadisch von den Beziehungen eines gewissen 
Katterhe zu Birija. — Nr. 14 ist der schon von 
Winckler, Vorderasien im zweiten Jahrhdt. 
61 zitierte Brief, in dem von der Lieferung von 
Eisen aus dem Lande Kiswadna erzählt wird. 
Schreiber und Adressat sind gewiss die Könige 
von Hatti und Aegypten. Aber während dieser 
nach Vs. 25 jedenfalls Ramses (/(m)]Ri-ia-ma- 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 1. 


der Schlacht ja besonders erwähnt wird, „die 
Stadt Kinza“ (Nr. 19, 10) und „Schwarze“ 
((am.)Me-luh-ha- MES). Besonders merkwürdig 
ist ein Bericht über drei Heerhaufen, der leb- 
haft an die drei Heere in der Schlacht bei 
Kades erinnert, zumal das Land Amurru ja 
auch hier eine Rolle spielt; vgl. Nr. 15, 27 + 19, 
6f.: J- en karadsé at-tu-šú(!) i-na libbi (mat) A- 
mur- ri i Sa-nu-u karäsfe u Sa- nu ii 
karase i- na (mat) Ta- a· mi · in ia = sein erstes Heer 
war im Lande Amurri, das zweite Heeſr war 
in . . . ], und das andere Heer war im Lande 
Taminta. — Nr. 16 ist, wie schon der Name (m) Te- 
it-te zeigt, ein zweites Exemplar von Nr. 4, — 
Nr.21 gehört inhaltlich eng mitNr.29 zusammen. 
Dieser Brief wurde wie jener zwischen zwei 
Damen ausgetauscht, vermutlich waren es wieder 
Naptera, die Königin von Aegypten, und Pudu- 
hipa vonHatti. DieBemerkung,dass dieSchreiberin 
wünsche, mit Riamasja (d. i. wohl Koseform 
von Ramses) zu ihrer „Schwester“ zu kommen, 
um ihr Wohlbefinden und das Wohlbefinden 
ihres Landes zu sehen (a-nu-ma as-sa-ra-ah [a- 
na- s kja-du (m)Ri-a-ma-as-ia [mu-ti-ia (2)] a- 
na a-laki a- na muh-hi-[ku-nu] a-na a- 
ma-ri dul ma- u- nu [u a- ma- ri / Sul-ma 3a mält- 
u- nu) verweist ihn in die Zeit der Unterhand- 
lungen eines Besuches beider Höfe. Schliesslich 
reiste doch nicht Ramses mit Naptera nach Jatti, 
sondern Hattusil machte sich in Ramses 34. 
Regierungsjahre nach Aegypten auf, um seinem 
Freunde seine Tochter (die den ägyptischen 
Namen Matnefrure erhielt) zuzuführen. — Even- 


a-ti-šá) ist, ist es mir nicht ganz sicher, ob sein tuell berichtete von der Heirat auch unsere 
Partner Hattusil ist. Auf der Rückseite Z. 5 ff. Nr. 22, wo Rs. 10 „eine Tochter des Königs 


beklagt er sich nämlich darüber, dass er ihm, 
wie es sonst unter Königen üblich sei, zu seinem 
Regierungsantritt nicht schöne Geschenke, könig- 
liche Kleidung und wohlriechendes Oel zum 
Salben geschickt habe (a-na-ku Sarr-ut-ta aş- 
sa-bat [u at]-ta (am.) mar, Sip- ra la-a täs-pu-ra 
u pär-su 3a šarráni [ki-i Sarr]-ut-tu as-sa-pa-du- 
ni U Sarrant mi-ih-ru-3u [Sul-ma]-na-ti damkati 
Iu-bu-ul-sa 3a sarr-ut-ti [Samna] täba $4 na- ap- 
i- Si ei- Je- bi · lu · ni i- Si i at-ta u- ma an-ni-ta-ma 
la- a te- pu- uk), und das konnte er von Ramses, mit 
dem er sich noch im Kriegszustand befand, eigent- 
lich nicht verlangen. — Nr. 15, die sich, wie 
ich mich überzeugt habe, direkt mit Nr. 19 zu- 
sammenfügt, wäre, wenn vollständig, vielleicht 
das interessanteste Stück der ganzen Sammlung. 


mit sich zu seiner Ehe“ (märtu 3a Sarri it-ti- 
su a- na aššu-łi-š[ú]) erwähnt wird. — Dass die 
Ehe des alternden Aegypterkönigs mit der jungen 
Hattiprinzessin auch noch mit Kindern gesegnet 
wurde, zeigt vielleicht Nr. 23, „die Abschrift 
der Korrespondenz, die stattfand zwischen 
Aegypten und Hatti“ (mi-Bi- ir Si- te- ir- ti zd ti- 
e· vu - S i i- na be- ri- it (mät) Mi- ig ri-· i i i-na be · ri· 
it (mat) Ha- at- ti). Hier wird die Geburt einer 
ägyptischen Prinzessin (mär-da I- en- it it ia- al- 
du a- na Sarri (mat) Mi- ri- i (sic) angezeigt, worauf 
man wohl in Hatti den Wunsch ausspricht, die 
kleine Prinzessin im eigenen Lande erziehen zu 
lassen und sie später einem auswärtigen Herrscher 
zur Frau zu geben (mar- tum an- ni- tum &4 
- lu- du - ni I · xu hi- la- ad- un- na- Si- in i niit · ti · in- 


Ich halte es für möglich, dass sie einen Bericht x g- [na] SA L- Safrr- ut-ti 3a mat. ti za - nſi · t/i). 


über die Schlacht von Kades (das hier wie in 
den Amarnabriefen als Kinza erscheint) ent- 


hält. Erwähnt werden der damals regierende & 


„(m) Mu-ut-ta-al-li, der König von Hatti“ (Nr. 15, 
14), „der König von Aegypten“ (Nr. 15, 15), 
„der König von Halab“ (Nr. 15 Rs. 14), der in 


— Nr. 24 ist ein interessanter Brief Ramses’ II. 
(der hier seinen vollen Titel Fa- ds. mu- a · ri- a 
ſa / te- ip- nu - ri- a zarru rabu Sar (mat) Mi- i- ri- 
i / mar (il) Ria (m) Ri- a- ma- Se- ma · u- i (ih A- 
ma-na) führt, an einen sonst unbekannten König 
von Mirä. Auf der Vs. wird die Affaire Urhi- 


21 


Tesups, des Sohnes Muwattallis, der Hattusil 
weichen musste, behandelt, auf der Rückseite 
spricht sich Ramses sehr anerkennend über 
seinen neu geschlossenen Frieden mit Hattusil 
(fast mit den Worten des Vertrages) aus. — 
Auf Nr. 26 wird das Land Alasia erwähnt. — 
Nr. 27 enthält wohl auch (leider schlecht er- 
haltene) Reste eines Vertrages, worin eine 
[(m) Ha-an]-te-li, die Königin der Stadt Lu-uk .... 
(vgl. Z. 5 mit 12), ihr Sohn . . .. bi-še-ni (Z. 12) 
und ein verstorbener König (m) Li-is-ti-ip (Z. 11) 
vorkommen. — Nr. 28 ist mit Ausnahme der 
Unterschrift (m) Ta- ai-ti- ia (am.)tup-sar is- fur 
= der Schreiber Tattiia hat (es) geschrieben 
hattisch abgefasst; es ist wohl ein Schreiben 
des Subbiluliuma an Biassili, der, wie wir aus 
Nr. 1 Rs. 21ff. wissen, ein Bruder des Matti- 
waza war. — Nr. 29 enthält einen sehr herz- 
lichen Glückwunschbrief der Naptera an die 
Pudubipa anlässlich des Friedensschlusses ihrer 
beiderseitigen Gatten. — In den Nummern 
30—59 sind die fürdas Verständnisderhattischen 
Sprache so wichtigen Vokabulare veröffentlicht, 
die von Delitzsch und neuerdings von Weidner 
behandelt sind. Da des letzteren Publikation 
von mir in dieser Zeitung schon besprochen ist, 
kann ich darauf verweisen. 

Es ist leider nicht grosse Aussicht vorhanden, 
dass die Zahl der akkadischen Texte noch sehr 
wächst. Der von Winckler MDOG 35, 44 er- 
wähnte Amurruvertrag, der Brief mit der Bitte, 
den ägyptischen Gelehrten Parimahũ zu senden, 
um einen Palast für den König Kuranta von 
Tarhuntas zu bauen (Winckler, Vorderasien im 
2. Jahrt. 15), eventuell ein Brief Ramses’ II. an 
die Puduhipa (Winckler MDOG 35, 28), die 
wohl akkadisch geschrieben waren, finden sich 
in diesem Hefte noch nicht, aber gross wird 
ihre Zahl nicht sein. Um so umfangreicher sind 
die Texte in der Landessprache, die uns, wenn 
erst richtig verstanden, gewiss tiefe Einblicke 
in die einheimische Geschichte, Politik und Kultur 


gewähren werden. Figulla hat im zweiten Hefte. 


den Anfang mit der Publikation auch dieser 
Texte gemacht. Hierüber kann ich ohne ein- 
en re Studium keinen Bericht geben. Ich 
beschränke mich daher auf die Anfrage, warum 
F. neben einigen grossen Texten so viele kleine 
Fragmente gegeben hat, die sich vielleicht später 
an andere anschliessen werden. Fürs erste wird 
es sich empfehlen, möglichst umfangreiche, gut 
erhaltene, und womöglich historische Texte (Ver- 
träge usw.) zu publizieren, da diese der Ent- 
zifferung die geringsten Schwierigkeiten entge- 
genstellen werden. An den Herausgeber richte 
ich dieBitte,dieRegistrationsnummern wenigstens 
der im Berliner Museum befindlichen Inschritten 
bald bekannt zu geben, da sie sonst zu schwer 
aufrufinden sind. 


Orientalistische Literaturseitung 1918 Nr. 1. 


22 


Die Edition ist gewiss recht gut, zumal die 
Tafeln meist deutlich geschrieben und wohl er- 
halten sind. Im folgenden erlaube ich mir nur 
noch einige Anfragen und Verbesserungsvor- 
schläge: 

Nr. 1,25 ist: ak-ta-3d-ak(!) wohl ein Schreiber- 
fehler für: ak-ta-šá-ad(l). — ib. Rs. 6 lies: eli- 
šú(!)-nu. — Ist Nr. 4, I, 14 vielleicht: ki(l)-i- 
me-e zu lesen? — ib. 20 lies: þab(l)-ba-a-ti. — 
ib. IV, 8 ist die Stadt nach Nr. 1 Rs. 42: (al) 
Sa-ri-es(!)-3[&] zu lesen. — Ist Nr. 5, I, 16: 
(am.) mu-un-na-ab-bi(!)-ti zu lesen? — ib. 48 
lies nach ib. 48: ar-ga-ma(!)-an(!)-na. — Nr. 6, 
14 erwartet man dasselbe Zeichen (uh(!)-tal-Isk) 
wie Z. 19 (ih-ti d. i. ihti). — ib. Rs. 9 ist wohl 
bit(!)-ni zu lesen. — Nr. 7, 4 wird das letzte 
Zeichen EE, nicht EE sein. — ib. 16 möchte 


ich das zweifelhafte Zeichen hinter: ah-hu-ü 
zu: iſt (- ti- ia / ergänzen. — ib. 17. Das unsichere 
Zeichen ist nach dem ägyptischen Text sicher: 
eli. — ib. 36 lies die unsicheren Spuren: ú Jum(!)- 
ma. — ib. 37 ist mit Ebeling gewiss ir- da- ub 
zu lesen. — Nr. 8, 17 ist al(!)-te-še-ir-šú wohl ein 
Schreibfehler für: um(!)-te-Se-ir-3u. — Nr. 10, 
45 lies wohl: i- na- an-din(). — Nr. 11 Rs. 14 
lies: ls-ir-hi-ig-eu(l)-nu-ti. — Nr. 15, 26 + 19,6 
lies: (EH II) — ib. Z. 27 + 6 lies: 
at- tu -u (). — Ist Nr. 22 Rs. 12: du-um-ka(!) 
zu lesen? — Nr. 27, 12 ist vielleicht nach Z. b: 
(m) Ha-an-te-li SAL()-L[UGAL] d. i. Sarratu 
zu lesen. 

Hoffen wir, dass die Edition einen flotten 
Fortgang nimmt. Wenn, wie versprochen; in 
Zukunft den hattischen Texten eine Umschrift 
beigegeben wird, dann wird mit der Mitarbeit 
der Sprachvergleicher ihr Verständnis gewiss 
bald erschlossen werden. 


Duodecim prophetarum minorum versionis Ach- 
mimicae codex Rainerianus, ed. Carlelus Wessely. 
Cum VII tabulis luminis opera depictis. (Studien zur 
Paläographie u. Papyruskunde. Hrag. v. O. Wessely. 
16.) XIII S. u. 308 8. in Autogr. gr. 4°. M. 30—. 
Leipzig, H. Haessel, 1915. Bespr. von W. Spiegel- 
berg, Strassburg i. E. 

Der koptische Pergamentkodex mit den 12 
kleinen Propheten im achmimischen Dialekt hat 
wie manche Bücher seine besonderen Schicksale 
gehabt. In dem Sinuthios-Kloster von Achmim 
(Panopolis) im Jahre 1885 vermutlich unver- 


‘sehrt entdeckt, wurde er von den gewinnsüch- 


tigen Findern zu Handelszwecken auseinander- 
gerissen. Wenn dabei auch der Buchtitel und 
manche Seite verloren ging oder schlimm be- 
schädigt wurde, so ist doch der grösste Teil 
später wiederzusammengekommen, dadieHändler 
ihre Beute glücklicherweise nicht in alle Welt 
verkauften sondern nur an zwei Stellen, in Kairo 


23 


und Wien, absetzten. DieinAegypten verbliebenen 
in das Kairiner Museum gelangtenStücke wurden 
schon früh im Jahre 1886 nach der ersten unge- 
nauen Abschrift eines koptischen Priesters durch 
Gaston Maspero und dannetwa10 Jahre später 
nach dem Original in einer erheblich verbesserten 
aber keineswegs befriedigenden Gestalt, durch 
Urbain Bouriant veröffentlicht. Der grösste 
Teil der Handschrift, der in der berühmten 
Papyrusslg. des Erzberzogs Rainer in Wien 
landete, ist aber erst jetzt nach mehr als 30 
Jahren in dervorliegenden Publikation aufGrund 
der Abschrift! des darüber weggestorbenen aus- 
gezeichneten Koptizisten Jacob Krall von dem 
unermüdlichen griechischen Papyrologen Carl 
Wessely der Wissenschaft zugänglich gemacht 
worden. Er hat, wie dankbar anerkannt werden 
muss, sich nicht darauf beschränkt, die Wiener 
Stücke neu herauszugeben, sondern hat die ganze 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 1. 


24 


setzungen sind häufig falsch oder doch ungenau, 
und sie versagen nicht selten gerade da, wo sie 
dem Theologen am wertvollsten! sein müssten, 
nämlich dann, wenn die achmimische Version 
ihre eigenen Wege geht. Daher müssen theo- 
logische Kreise dringend gewarnt werden, die 
lateinischen Uebersetzungen ohne Kontrolle 
durch einen Koptizisten zu benutzen. 


Gehe ich nun zur Einzelkritik über, so sind 
Lesefehler sehr zahlreich. Dabei lasse ich es, 
wie gesagt, dahin gestellt, ob sie nicht manch- 
mal von dem koptischen Abschreiber herrühren. 
Doch lässt sich in einem Falle der Beweis zu 
Lasten des modernen Herausgebers erbringen. 
In Jon. 27 hat Wessely ein sinnloses nro wccic, 


wo Bouriant richtiger m roweeic hat, das freilich 
nach den sonstigen Stellen in nroviei (sah. 
To eit) zu emendieren sein dürfte, falls nicht 


Handschrift mit Einschluss der Kairiner Blätter der ebenfalls belegte achmim. Plural nrosiere 


wieder herzustellen versucht. 
auch die von den kleinen Propheten vorhandenen 
sahidischen und boheirischen Versionen neben 
dem achmimischen Texte abgedruckt und dadurch 
dessen Studium wesentlich erleichtert. Die la- 
teinische Uebersetzung des achmimischen Textes 
soll ihn weiteren theologischen Kreisen zugäng- 
lich machen. 


Da ich im folgenden manches zu tadeln, habe, 
möchte: ich zunächst mit einem Lob beginnen 
und hebe daher gern hervor, wie sehr ich den 
Fleiss des Herausgebers und den Wert seiner 
mühsamen Arbeit wiirdige. Sie hat uns die 
umfangreiche achmimische Handschrift so er- 
schlossen, dass sie mit Kritik benutzt werden 
kann. Die Lesungen und Ergänzungen sind 
‚vielfach — offenbar da, wo Kralls Arbeit fertig 
vorlag — sehr gut, aber daneben finden sich 
im kopt. Text wie in den Uebersetzungen Fehler, 
die auf die koptischen Kenntnisse des Heraus- 
gebers, dessen wissenschaftliche Bedeutung ja 
auf einem ganz anderen Gebiete liegt, ein recht 
bedenkliches Licht werfen?. Zweifellos stehen 
manche fehlerhafte Lesungen so in der kopt. 
Handschrift, abe es wäre Sache des Heraus- 
gebers gewese, sie durch ein sic? kenntlich 
zu machen. So hat man nur zu oft den Ein- 
druck, dass er sie nicht bemerkt hat. Die Ueber- 


* Sie wurde bereits von Steindorff für die Bear- 
beitung der Eliasapokalypse benutzt. Eine Angabe wäre 
sehr erwünscht gewesen, ob Wessely, der diese Abschrift 
in der Einleitung seiner Ausgabe erwähnt, überhaupt, 
und in welchen, Fällen er von Krall abgewichen ist. 


* So zeigen auch die Bemerkungen in dem Vorwort | bish 
über das Alter des achmim. Dialektes, dass Wessely . 


sich über die Schwierigkeit dieses Problems nicht klar 
geworden ist. 
* Das sollte 


st. 


Dabei hat W. (Lacau: Recueil 24 (1902) S. 2071) herzustellen 


ist. Die folgende Fehlerliste gibt nur Stich- 
proben, die sich leicht erheblich vermehren 
lassen. So liest Wessely ? 
Hos. 216 onasaorte statt craasorte 
uje statt aeie 
13! aawg st. nwo 14’ erar st. etas 
Joel 1! wusArAugr st. wwyArdur 
2°° agwh st. Agwh 
Micha 18 eige st. eıpe 4° wnetrar st. 
rer N 
1!! acworg st. areworg 
56 weeene st. nceene 
6? ahadrge st. ahadae 
Jonas 2"! zerfre st. Keine „er warf“ 
45 verbessere aa (n) er und 
M () no 
48 liest W. clips statt enpi 
4° waornı st. np 4 um[gnT]K 
po Tre | 
Naum. 1* Wg sae st. oe 
1° woe apete st. woe aperte 
2° nenn St. neaan 
Hab. 1% eino st. qra 
1:8 CUT st. CONT wie das Duplikat 
(Seite 175) hat i 
ib. Rcanc st. RCANT 


1 Es ist merkwürdig, wie wenig die koptischen Texte 
er von den Septuagintaforschern verwertet worden 


? Ich habe im folgenden die in der Druckerei 


z. B. Hos. 27. 16 31, 10“ Amos 9 fehlende Type des durchstrichenen 9 durch einer über 


Mich. 1°, 22° 47. 11 Naum. 21 Soph. 32° u. s. nicht fehlen. | den Hauchlaut gesetzten Punkt ersetzt. 


25 


2! anar st. anak 

3" thpe st. Tope (= peor) 

Soph. 11 liest W. nod statt cov 

In dex st. RN 

ib. aipe st. N aipe 

1 ist in eng n Nagseoy ein ma zu 
streichen 

2* cenateno verbessere cenmatenac 

21° mr po vo st. santgpore (cf. 2 8 
santo pho) 

2 Neige st. aeaoe 

3° ist nach Sept. wohl Ine reo v zu lesen 

3% SwntHne wohl in wentHme zu ver- 
bessern 

Zach. 11¹ eee pHo st. eie Sp, der masc. 
Qualitativform zu cep r 

1” watecdswne st. wateog wne 

11‘ MeRNOTO st. NCRHOTO wie Z. 7 „der 
Messstrick “ 

11 nerasıyeg st. nerorawej 

13° fehlt hinter ond die Negation en 

13“ 9$iitypnpopntere st. gaantyp- 
npochnreve, wie auch in der vorhergehenden 
Zeile richtig dasteht. 

Wenn also der Herausgeber in vielen Fällen 
den Text, falls er wirklich solche Fehler auf- 
weist, ohne Aenderungen! wiedergegeben hat, 
so schlägt er auf der anderen Seite mehrfach 
Emendationen vor, wo die Handschrift ganz in 
Ordnung ist, so Abdias 1° ye g enpecqxiove 
ei MAK don AOT gencane nrove! 
MARNA HATIK TO TE „wenn Diebe und Räuber 
Nachts zu dir kämen, wohin würdest du dich 
verstecken“. Wessely ändert lediglich nach 
der Sept. und dem boh. Texte nasnagarır 
und verbessert überdies auf grund des letzteren 
gntorgs, obgleich doch nro vgs ebenso gut 
möglich ist. 

In Soph. 3!° emendiert Wessely ein gram- 
matisch unmögliches oNnernugine „in con- 
ditionibus?“, während das von ihm nicht ver- 
standene onnetenwi ne „mit dem was mir 
gehört“ zweifellos richtig ist. 

Gar nicht selten umgeht Wessely dadurch 
eine Schwierigkeit, dass er an Stelle des ach- 
mimischen den boheirischen Text übersetzt. 

So ist Amos 6' n TAPXKCH nerovns- 
Manos aha‘ „an der Spitze derer, welche 
man vertreiben wird“ (verb. unerosna) durch 


1 Sie hätten in Fussnoten gegeben werden sollen. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 1. 


26 


ee fog tae Sls ce a 


„ab initio fortium (?)“ wiedergegeben, offenbar 
wegen des boh. cen TAPXH NIIZWpT. 

Mich. 2° aor òm oTcoe (verb. cone 
s. unten)! TETHARLAHEETETHFAAR „und plötz- 
lich werdet ihr gebeugt (gekrümmt) gehen“. 
Wessely „et subito non ambulabitis recti“ wie 
im sahid. und boheir. Text sowie in der Sept. 
dasteht. 

Mich. 5“ nde novnicſe & oV co pre 
„wie Nebel auf Gras“ Wessely „quasi genus 
super gramen“ dem boh. Text entsprechend. 

6’ Verbessere ne maacic NAWANT Apacı 
„wird mich der Herr bei sich aufnehmen?“, 
wo ne (= ene: an) Fragepartikel ist. Wessely 
„dominus suscipiet eum“ gegen Grammatik und 
Worterbuch. 

615 ynaxwnt heisst „ich werde versuchen“ 
nicht „incipiam“ wie im boh. Texte steht. 

7° In np on [80T ararac ze ATeecı 
ist ayees vielleicht eine achmim. Form. für 
A Neic: aric „gib her“?. Sicher ist nicht 
avaites zu ergänzen, wie Wessely auf Grund 
des sahid. und boheir. Textes vorschlägt. Ich 
möchte also unter allem Vorbehalt übersetzen 
„der Fürst sagte: Gib her! (und der Richter 
nimmt).“ 

Naum. 1'* hat sich Wessely durch den boh. 
Text verleiten lassen $naraore ATRREECE 
zu übersetzen „ponam sepulerum tuum“, während 
„ich werde sie in dein Grab legen“ dasteht. 

Auch Hab. 3'° hat der boh. Text W. zu 
einer ganz unnötigen, noch dazu grammatisch 
unzulässigen ê Verbesserung verleitet. Derachm. 
Text ist in Ordnung, weicht allerdings von der 
Sept. ab. Es ist zu übersetzen „Der, welcher 
die Wasser eines Weges* zerstreut, kommt“. 

So hat Wessely auch das mir unverständ- 
liche nan Soph. 1° nach der Sept. und der 
boh. Version durch „super vestibula“ übersetzt, 
wofür erst der Beweis zu erbringen wäre. 
Vielleicht ist der Text nicht in Ordnung. 

Zach. 1" steht im Achm. „und der Herr 
wird sich Zions erbarmen und Jerusalem lieben“ 
nicht ,et eliget Hierusalem“ wie in der Sept. 
und dem sahid. und boheir. Text. 


! Welche interessante Folgerungen sich daraus hier 
und in zahlreichen anderen Fällen für den Septuaginta- 
text ergeben, der dem achmimischen Uebersetzer vorlag, 
soll hier nicht weiter untersucht werden. Das wird 
später einmal die Aufgabe der Septuagintaforschung sein. 

* Nicht etwa „sie werden kommen“, was ATACI 
heissen müsste. 


Es müsste mindestens NO n mit Artikel stehen. 
sie 
a QO Ade = ôðos auch Naum. 1°. 


8* dunecne THPOT heisst „unter allen 
Zungen“ = naowy ræv yiwoowy (Sept.) nicht 
nde omnibus populis“ wie boh. (Hen nix oc 
THpov) dasteht. | 

Konnte sich Wessely für den kopt. Text über- 
all auf die Abschrift von Krall stützen, so war er 
für die Uebersetzung wohl auschliesslich auf 
sich selbst angewiesen, undhier zeigt seine Arbeit 
erhebliche Mängel, wie sich ausser aus den vor- 
stehenden Ausführungen auch aus der im 
folgenden beliebig zusammengestellten Auswahl 
fehlerhafter Uebertragungen ergibt. 

Hos. 2° netade new THpoT „quae ne- 
cessaria sunt mihi“ (nicht iis), wie Sept. ravre 
doce poi xa Pnxés, 

2° anqte „zu seiner Zeit“ = dv rig 
avtoĉ. Wessely „ex parte sua“ hat das Wort 
Te „Zeit“ nicht erkannt, das auch sahid. ge- 
legentlich! fiir + steht. 


sic 
147 ist wohl so zu lesen ao neras (oder 


ale 
(nec)cras) n „und der (sein) Geruch 
wird sich verbreiten“. 
Mich. 4° ist statt ce gewiss ge „ferner“ 


zu lesen und das eine der beiden folgenden a 
zu streichen. 


sie 

ib. 9 heisst p g enne sv „achtest 
du auf Böses“ ap ist 2. Pers. fem. des Praesens 
II im Fragesatz und of, falls die Lesung 
richtig ist, an = mit dem Suffix der 2. P. 
fem. Sing. 

5“ Tes rere eres Ado NH Ye 
do vn do un sove Nawoe APET „80 
dass niemand sich versammeln und niemand 
stehen kann“ ons un ovvaydn umdeis wnde 
v no ij. Wessely scheint das erste Glied für 
unübersetzbar zu halten. 

58 verbessere tetaate Aaove (sic) ep 
NTOOTY „dass nicht einer ihm entrinnt“ xai 
uy Ñ 0 &Sasgovusvos Wessely „ut dividat“, wozu 
der kopt. Text keine Veranlassung gibt. 

74 NQoOTeE ARIICWHT heisst nicht „dies 
ereationis“ sondern „der Tag des Sehens“ (èv 
nudog ozoničç) mit der im Achm. so häufigen 
Bedeutung von cwnt. 

711 findet sich ein böser lapsus on n oov 
ang oo ve aannο⁰ atowxar „in diebus diei 
ignis (l. nor) sal vatus sum“. Obwohl die 
beiden Wörter hier, deutlich durch den letzten 
Vokal unterschieden, nebeneinander stehen, hat 


1 Siehe s. B. Lemm: Koptische Miszellen no. 101. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 1. 


Wessely sie nicht auseinandergehalten. Das 
erste Wort ist der Plural von ġo „Weg“, das 


achm. oft belegt ist, und wohl nur infolge eines 
Versehens alter und moderner Abschreiber den 
Strich in dem anlautenden Konsonanten ge- 
legentlich eingebüsst hat. Rr ist das bekannte 


Verbum „bauen“. Der Ausdruck „auf den 
Wegen“ gehört also zu dem vorhergehenden 
Satz (= v tats óðořç Sept.), und der neue 
beginnt erst danach „An dem Tage des Bauens“. 
Der folgende Text ist so schwerlich in Ordnung. 
o Na kann nicht das Verbum „heil sein“ 


sein, das achm. os ei heisst. 

Abdias 1! weiss Wessely nichts mit aror 
anzufangen. Es steht für sahid. eovoN OG „eine 
Botschaft“ mit dem achm. Uebungen von w in 
OT. aAlcwrare arvor heisst also „ich hörte 
eine Botschaft“ = «x07v ņxoúņoa, wie auch im 
boh. Text aıcwreaa COV UII dasteht. 

Naum. 3* hat Wessely die Konstruktion 
missverstanden und dabei seasote anscheinend 
als „sehr“ (= sah. Aare) gefasst, obwohl 
dieses Wort im Achm. senusa heisst. Der Satz 
ist so abzutrennen und zu übersetzen tTropnn 
ETHECWC AOF ETNTCOMMAT ALALO TETENNAT 
„die Hure, die schön ist und Anmut besitzt 
(araro = sah. Nad v), die gross ist (= sah. 
TETO mnog)“. 

3° ist der Text wohl verderbt. Stelle etwa 
her -ynatov Tre (n)nnebare gp axor 
„ich lasse sie deine Frevel auf dich werfen“ 
xai Errigivw èni oè Bdcdvypoy. 

Hab. 1° toon onyx Noe ist vielleicht 
ganz in Ordnung, wenn man Torn- als st. 
estr. zu twne S. B. M. twosn betrachten 
darf. Der stat. pron. ist vielleicht Ten + 
Hab. 3!’, wo Wesselys Uebersetzung gramma- 
tisch unmöglich ist. 

2° Ergänze eqte TYKACA Ig ple ag pri 
AKW eo 

2' ist herzustellen ze dn ode ne 
ſlevnarlone ngs nernR aranacı „denn plötz- 
lich werden die aufstehen, welche ihn beissen“. 

Die Wendung dn oveg ne „plötzlich“ ist 
auch an den anderen Stellen Micha 2° (statt 
dnovege) nach Zach. 612 zu verbessern und ent- 
spricht sahid. on orucne. In cone (A): 
wene (S): am (B) steckt altes shnw „sich 
ereignen“. 

Soph. 2° xerare noethe „acervus agnarum “ 
ist unmöglich. Das Lamm heisst achm. 91h. 


Nach Sept. würde gethe «Aw» bedeuten, wie 
ja auch der boh. Text gaaow „Salz“ übersetzt. 


Zach. 2“ fehlt in der Uebersetzung atano 
„dass ich sehe“. 

3t Die vorgeschlagene Ergänzung ergibt 
nicht die unten stehende Uebersetzung. 

612 hat Wessely den Text falsch abgetrennt 
und infolgedessen missverstanden. Es ist zu 
lesen aor d nov eg ne (s. oben unter Hab. 2°) 
ine npie RWT AH „und plötzlich wird 
er erscheinen (aufgehen) und das Haus bauen“. 

96 fehlt in der Uebersetzung der Schluss 
des Satzes „und die Verachtung (Uebermut) 
der Philister werde ich niederwerfen“. 

101-2 hat Wessely das ovaeec nicht ver- 
standen und zu der folgenden Zeile gezogen. 
Es ist zu verbinden mar „ nod Oran 

NTRATe oa Ac „er wird ... Kraut auf 
dem Felde zu essen (wörtl. „um es zu essen“) 
geben“. 

13° hat ein Lesefehler Wessely zu einer 
sonderbaren Uebersetzung verleitet. wernet- 
XVvreve nei „haec sunt quibus male trac- 
tatus sum (xvdsvw)*, was grammatisch (net 
kann nur praesentische Bedeutung haben) und 
lexikalisch (yvdeve steht doch nicht in dem 
griech. Text) unzulässig ist. Wie schon der 
sahid. Text gas nenra bash mai lehrt, ist 
nei HETATTETE nei „diese sind es, welche 
man mir getan hat“ zu lesen. 

14° hat gwe die Bedeutung „versperren“ 
= dupoaoosıy. 

14"! fehlt „von jetzt an“ am Schluss des 

Verses. 
- Ich fasse mein Urteil noch einmal zusammen: 
Eine fleissige Arbeit, die aber nur von Kennern 
der koptischen Sprache benutzt werden kann. 
Sie werden dem Verfasser dafür Dank wissen, 
dass er ihnen den umfangreichsten unter den 
achmimischen Texten so zugänglich gemacht 
hat, dass er für philologische Zwecke brauchbar 
ist, wenn auch im Einzelnen mancheszu wünschen 
übrig bleibt. Sie werden dabei auch des allzu 
früh verstorbenen Jakob Krall dankbargedenken, 
auf dessen Vorarbeiten der koptische Text im 
wesentlichen beruht. 


Hortem, M.: Einführung in die türkische Sprache 
und Schrift. XI, 167S. gr.8°. M.4—; geb. M. 6 —. 
Halle, M. Niemeyer, 1916. Bespr. von Fr. Schwally, 
Königsberg i. Pr. 

Das vorliegende Buch will eine Einführung 
in die vorhandenen Grammatiken und Konver- 
sationsbficher der türkischen Sprache sein, um 
alles, was dort allzu kurz behandelt sei, klarer 
und durchsichtiger zu machen. S. 1—20 be- 


Orientalistische Literaturzeitung 


1918 Nr. 1. % 


schäftigen sich mit der Schrift, S. 21—69 mit 
der Formenlehre, S. 69—96 mit der Syntax 
und Stilistik; S. 96—167 enthalten Uebungen. 
Die Darstellung ist ausserordentlich weitläufig 
und verliert sich oft in nicht streng zur Sache 
gehörige Einzelheiten oder in spekulative Be- 
trachtungen von uferloser Weite. Damit im Zu- 
sammenhange entbehren die philologischen Dar- 
legungen oft dermethodischen Strenge und Exakt- 
heit. Die philosophischen Neigungen des Ver- 
fassers sind es wahrscheinlich auch, denen die 
unzweckmässige Auswahl der Uebungsbeispiele 
zur Last gelegt werden muss. Wenn er sagt, 
dass sich zur Vorbereitung auf schwierigere 
Texte vor allem die Sprüchwörter empfehlen, 
so ist genau das Gegenteil richtig. Man lese 
nur die umständliche Kommentierung, welche 
er S. 96—124 für notwendig gehalten hat. 
Dagegen sind die phraseologischen Zusammen- 
stellungen auf S. 69—96, S. 154 ff. sehr ver- 
dienstlich und dankenswert. Alles Uebrige 
scheint mir nach Anlage und Ausführung mehr 
oder weniger verfehlt zu sein. 

Im Einzelnen hätte ich viel einzuwenden 
und zu berichtigen. Doch kann hier nur eine 
kleine Auswahl gegeben werden. Was S. 17 
für original-türkisches Sprachgut ausgegeben 
wird, ist zum Teil arabischen, persischen oder 
griechischen Ursprungs. Die beiden Konditional- 
formen S. 20 unten werden S. 21 falsch erklärt 
und übersetzt, denn öjrensen heisst doch „wenn 
du lernen würdest“. S. 35 bei Erörterung der 
Aoristvokale ist völlig übersehen, dass alle mehr- 
silbigen Stämme die vierförmigen Endungen 
haben. Die Ausführung über die „Verschärfung 
von weichen Konsonanten“ S. 44 ist oberfläch- 
lich und schief. Die über die Entstehung des 
schwebenden Akzentes vorgetragene Theorie 
S. 43 f. entbehrt jeder Grundlage. In dem Ab- 
schnitt über das Verbum S. 51—64 ist vieles 
unklar und verworren; auch der über Partizip 
und Gerundium S. 129—148 bedeutet keine 
Förderung der Erkenntnis. S. 90 baš üstüne 
heisst nicht „auf dem Kopfe“ sondern „auf den 
Kopf“ (ergänze z. B. nehme ich die Verpflich- 
tung). S. 93 alyš veriš „Handel“ ist ebenso 
wenig originales Türkisch wie massā mattān 
originales Hebräisch, sondern beides aus dem 
Persischen übersetzt. Auch auf dem Gebiete des 
Arabischen, dem S. 23—29 ein eigener Abschnitt 
gewidmet ist — warumnichtauch dem Persischen ? 
—, finden sich einige merkwürdige Behauptungen. 
S. 16: Eine Formel „assaläm aleka“ gibt es 
nicht, auch gegenüber einer einzelnen Person 

ebraucht der Muslim aleikum, nicht aus Höf- 
ichkeit, sondern aus anderen Gründen. Der 
Plural von Serif „edel“ ist nicht Siräf S. 28, 
sondern asräf. Von Christen und Juden zu 


31 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 1. 


— — — 


sagen, dass sie ein heiliges Buch verehren, 
ist mindestens missverständlich. Von den Druck- 
fehlern sind mir folgende aufgefallen: S. 421. 
konsonantisch für konsonantig, S. 31 1. Infini- 


tive für Infinitiva, S. 62 J. „AS, S. 67 l. kö- 


türüm, S. 73 J. buna, S. 82 l. köj, gidip, S. 89 
J. doghrusunu, S. 93 l. öile. 


Sprechsaal. 


Zu OLZ 1917 Sp. 50. 
Von Wilh. Förtsch. 


Das UMBS IX Nr. 25 von Barton veröffentlichte, 
aber a. a. O., S. 8 von ihm falsch umschriebene und 
übersetzte Datum des Naram-sin habe ich OLZ 1917 
Sp. 50 erklärt als: mu 4na-ra-am -4sin-o ka ide-erin- 
na-ka nibruki-Zu si-im-mi-REC 41 (?)-a(!) „Jahr, 
wo Naram-sin die Mündung des Kanals (genannt) E-erin 
(„Zederngraben“) für Nippur anlegen (oder: nach Nippur 
verlegen) liess.“ 

Wie ich nunmehr nachträglich sehe, hat bereits 
Poebel, ZA 21 (1908), 223 A. 1 dieses — damals noch 
nicht veröffentlichte — Datum umschrieben und über- 
setzt: mu d-na-ra-am-d-sin-e ka ide-erin (?)-na-ka 
nibru-kl-Zu si-im-mi-sa-a(?) „Jahr, da N.-S. die 
Mündung des Kanals E-erina nach Nippur führte“. 

Ich möchte auf diese, von Barton und mir übersehene 
Deutung Poebel’s nicht deswegen ausdrücklich hinweisen, 
weil sie sich mit der meinigen deckt, sondern, um das 
Uebersehene nachzuholen und zugleich um das vorletzte 
Zeichen in meiner Umschrift richtig zu stellen. Ich er- 
wartete natürlich DI (= sá), glaubte dies aber aus der 
Autographie nicht herauslesen zu dürfen. Das Zeichen 
ist indes doch, wie Poebel nach dem Original ohne Be- 
denken umschreibt, DI (= sá). 


Zu OLZ 1917 350. 
Von Paul Humbert. 
Ob neu oder nicht (die von Meissner zitierten 


Werke bleiben mir hier unerreichbar; das Zitat aus dem 
Lisan ist, meines Wissens, nie angeführt worden, und die 


Bedeutung von d wird dadurch eine viel bestimmtere), 


meine Erklärung von Amos 7, 14 behauptet nicht, dass 
es sich in diesem Passus sicher um Kaprifikation handelt, 
sondern stellt es nur in Frage. Die Sache ist nicht so 
‚leicht, wie man glauben könnte. In Amos 7, 14 handelt 
es sich ja nicht um den gewöhnlichen Feigenbaum (Ficus 
carica), sondern um den Maulbeerfeigenbaum (Ficus 
Sycomorus). Kann man durch Zeugnisse der Alten oder 
der Botaniker beweisen, dass auch der Maulbeerfeigen- 
baum (opg) der Kaprifikation unterzogen wird? 


Personalien. 
Das an der Universităt Kiel errichtete türk. Lekto- 
rat ist mit Faik-Bei aus Konstantinopel besetzt worden. 
Fritz Frech, Prof. der Geologie und Paläontologie 
an der Univ. Breslau erlag in einem Etappenlazarett 
schwerer Krankheit. Wir danken ihm wertvolle Arbeiten 
zur Geographie des Orients. 


Zeitschriftenschau. 
® „= Besprechung; der Besprecher stebt in (). 
Archiv für Anthropologie. 1917: 
XV 5. J. Irle, Die Religion der Herero. 


Verlag u. Expedition: J. O. Hinriehs’sebe Buchhandlung, 
Verantwortlieber Herausgeber: 


Archiv fiir Geschichte der Medizin. 1917: 
3,4. F. Reinhard, Gynäkologie und Geburtshilfe der alt- 
ägyptischen Papyri lI. — P. Richter, Ueber die altägyp- 
tische Vorlage zu Galens Schrift über die kraukhaften 
Geschwülste. 

Deutsche Rundschau. 1917: 
Sept. B. L. Frhr. v. Mackay, Das asiatisehe Weltbild 
der Gegenwart und Zukunft. -- E. Banse, Ueber die 
Libysche Wüstenplatte. 

Geographischer Anzeiger. 1917: 
8. Oehlmann, Die Sinaihalbinsel und Syrien. 

Klio. 1917: 
XV 1/2. Mitteilungen: L. Borchardt, Amerikanische 
Ausgrabungen in Medinet Habu im Jahre 1913. —G.Scholz, 
Die militärischen und politischen Folgen der Schlacht 
am Grauikus. 


Zur Besprechung eingelaufen. 
* bereits weitergegeben. 


Julius Ruska: Zur ältesten arabischen Algebra und 
Rechenkunst (Sitzber. d. Heidelberger A. d. W. 
Phil.-hist. Kl. Jahrg. 1917. 2. Abh.). Heidelberg 1917, 
Carl Winters Universitätsb. 

; *Otto Hartig: Die Gründung dor Münchener Hofbibliothek 

| durch Albrecht V. und Johann Jakob Fugger. (Abhdlgn. 

d. k. Bayer. Akad. d. W. Phil.-pbil. u. hist. Kl. 
XXVIII. B. 3. Abh.). München, 1917. | 

Kurt Sethe: Die neuentdeckte Sinai-Schrift und die Kat- 

| stehung der semitischen Schrift. (Aus Nachr. v. d. 

| K. Ges. d. W. Göttingen, Phil.-bist. Kl. 1917). 

Martin Thilo: Die Chronologie des Alten Testaments. 
Hugo Klein's Verlag (Julius Pertz), Barmen, 1917. 
M. 6 —. 

Johannes Flemming: Akten der Ephesinischen Synode 

vom Jahre 449. Syrisch. (Abhdign. d. k. G. d. W. 

| Göttingen. Phil.-Hist. Kl. N. F. Bd. XV, Nr. 1). 

i Berlin. Weidmannsche B., 1917. M. 18 —. 

Joseph S. Bloch: Kol Nidre und seine Entstehungs- 
geschichte. Wien, 1917, R. Löwith. 

Carl Clemen: Religionsgeschichtliche Bibliographie. Jahr- 

gang I und II, 1914/1915. B. G. Teubner, Leipzig. 

| 1917. M. 3 —. 

Hans Bauer: Islamische Ethik II. Von der Ehe. Das 

| 12. Buch von Al Gazali's „Neubelebung der Religions- 
wissenschaften“. Halie a. S., Max Niemeyer, 1917. 
M. 3—. 

Friedrich Hrozný: Die Sprache der Hethiter. II. Lieferung. 
(Boghazkéi-Studien, bry. v. Otto Weber. 2. H.). 
Leipzig, J. C Hinrichs'sche Buchh., 1917. 

M. Horten: Die religiöse Gedankenwelt des Volkes im 
heutigen Islam. Lief. 1. Halle a. S., Max Niemeyer, 
1917. M. 7—. 


Verlag der J. C. Hinrichs sehen Buchhandlung in Leipzig. 


Soeben erschienen: 


Hommel, Eberhard: Untersuchungen zur he- 
bräischen Lautlehre, Erster Teil: Der 


Akzent des Hebräischen nach den 
Zeugnissen der Dialekte und der alten 
Grammatiker. Mit Beiträgen zur Geschichte 


der Phonetik. (XXX, 177 S.) gr. 8°. 
Etwa M. 9.50; geb. M. 11.50 
(Beiträge zur Wiss. vom Alten Testament, Heft 23.) 


Leipzig, Blomengasse 2. — Druck von Max Schmersow, Kirchbaln N.-L. 
F. E. Peiser, Königsberg i. Pr., Golts-Allee 11. 


Orientalistische 


Literaturzeitung 


Monatsschrift für die Wissenschaft vom vorderen Orient 


und seine Beziehungen zum 


Kulturkreise des Mittelmeers 


Herausgegeben von Professor Dr. F. E. Peiser, Königsberg i. Pr., Goltz-Allee 11 


Verlag der J. C. Hinrichs'schen Buchhandlung, Leipzig 


Blumengasse 2. 


21. Jahrgang Nr. 2 


Manuskripte und Korrekturen nach Königsberg. — Drucksachen nach Leipzig. 
Jährlich 12 Nro. — Halbjabrspreis 6 Mk. 


Februar 1918 


false Besprechungen . Sp. 48—59 Thomsen, P.: Denkmäler Palästinas 
. d. Zeit Jesu (A. Allgeier) 50 
Eissfeldt, O.: Erstlinge und Zehnten s 
a u f = m, = Pricd AT sn TR: ee ae 
ae! riedmann ifra un 3 
i à „pnag | Kittel, R: 2 Umschrift de 
ersten nachexilischen Jahrhunderts Horovitz, S.: Sipbre (S. Pozna tek hel biblischen Namen 5 59 
er 33 | Krause, ie rkei 
(Schluss) . (F. Schwally) : . 57 | Altertumsberichte . 61 
Hüsing, G.: Kaspisches IV 43 | Schmidtke, F.: Asarhaddons Statt- Mittellungen . ...... 61 
Peiser, F. E.: Jaudi . 48 O res a 5 Babylonien Personalien . . . ..... Gf 
Schroeder, O.: Zu den Königslisten Zoitschriftenschau 62—64 


41 


von Assur 


Schulmann, L.: Zur türkischen a Astar 
frage (M. Löhr). 59 


en ee 


Zur Besprechung eingelaufen 


Die Chronologie des ersten nachexilischen 


Jahrhunderts. 
Von Wilhelm Erbt. 


(Schluss.) 


IV. Winckler hat darauf hingewiesen, dass 
das fürstliche Hohepriestertum in Jerusalem 
nach kurzer Zeit, wie das weltliche Fürsten- 
tum im Jahre 525, verunglückt ist. Jojakim, 
den das Judithbuch in der Abwehr eines Heeres- 
zuges des Grosskönigs vorführt, ist der Hohe- 
priester gewesen, der sich in die Wirren der 
weltlichen Mächte hineinziehen liess. Auch sein 
Unternehmen hat im Danielbuche durch eine 
zeitgemässe Bearbeitung eine Beleuchtung er- 
halten: Daniel IV. Es galt die Unabhängig- 
keit des Hohenpriesters von der weltlichen Macht 
überhaupt zu erstreiten: ein Kirchenstaat sollte 
in Jerusalem entstehen, wie der mittelalterliche 
Staat der Päpste. Jahwegläubige sassen in 
allen Ländern des Morgenlandes. Im Gegen- 
satze zum geschlossenen weltlichen Stadtstaate 
erstrebte man eine Genossenschaft mit einem 
Be Oberhaupt in unabhängiger Stel- 
ung, in einem selbständigen Jerusalem, gewiss 
ein berauschender Gedanke, aber undurchführ- 
bar, eine Utopie: diesem Hohenpriester, der die 
Gleichberechtigung mit auswärtigen Mächten 
forderte, hätten deren Untertanen Abgabenzahlen 
müssen, ihnen wäre er die höchste Instanz ge- 
wesen; die Gleichberechtigung, die er forderte, 


33 


hätte tatsächlich die Abhängigkeit der anderen 
bedeutet. 

Jojakims Name ist fast, die Kunde von seinem 
Unternehmen ganz verschollen. Von dieser Tat 
wagte man nicht zu erzählen, durfte es nicht 
wagen, solange die Genossenschaft des Juden- 
tums in weltlichen Staaten lebte; nur im bisto- 
rischen Romane erzählte man sich heimlich von 
Judiths Tat und meinte doch Jojakim, bis man 
ihn. zuletzt in den Sorgen immer neuer Gegen- 
wart vergass. Die Ideale aber, für die er sich 
eingesetzt hatte, verkündet noch so mancher 
Spruch in unseren Prophetenbüchern. So schil- 
dert Jes. 2, Mich. 4 den Zion als den Mittel- 
punkt der „am Ausgange der Tage“ zum Frie- 
densreich gewordenen Welt. 

Daniel IV. fügt dem Traum von den vier 
WeltreichendiefüntteGestaltein:einenMenschen- 
sohn, dem Macht, Ehre und Herrschaft gegeben 
wird. Er stellt das fünfte Reich dar, eine 
ewige, unvergängliche, nie zerstörte Macht. 
Hier erhalten wir das Losungswort, unter dem 
die Idee eines selbständigen Hohenpriestertums 
verkündigt wurde: der Hohepriester in Jeru- 
salem der Fleisch gewordene Menschensohn. 


Den Spuren des Daniel IV. begegnen wir 
dann weiter in Kap. 9. Er gibt die Auslegung 
des Jeremiaspruches, die wir heute noch dort 
finden, nur dass der hebräische Text nach der 
Auffassung des Bearbeiters aus der Seleukiden- 
zeit die beiden entscheidenden Worte falsch 


36 


punktiert hat: „Zwei Siebenheiten Siebenheiten 
sind über dein Volk verhängt“: 2-7-7 = 98 
Jahre. Die ursprüngliche Lesart des Textes 
DYXY wurde von Daniel IV. einfach verdoppelt. 
Wir kommen damit, von 586 gerechnet, ins 
Jahr 488 als den Beginn der neuen Zeit. Ver- 
ändert ist dann noch ein Satz in den heutigen 
Wortlaut: „Vom Ausgang des Befehls, rückgängig 
zu machen und Jerusalem zu bauen, bis zu einem 
fürstlichen Gesalbten sind sieben Siebenheiten“. 
Auch diese Angabe führt uns vom Jahre 537 
ins Jahr 488. 

Die Erweiterung, die Daniel IV. dem Buche 
gebracht, haben uns die letzten Kapitel erhalten. 
Die jetzige Datierung stammt von dem letzten 
Bearbeiter. Daniel IV. kann nur nach Jahren 
des Darius datiert haben. Das eben festgestellte 
Jahr 488 ist das 34. des Darius. Zu vermuten 
ist daher, dass Kap. 10 ursprünglich das 33. 
Jahr des Darius hatte. Als der Bearbeiter 
Kyros einsetzte, musste er naturgemäss statt des 
33. das 3. Jahr schreiben, da dieser nicht so 
lange regiert hat. 

Daniel bringt drei Wochen in einer Selbstkastei- 
ung zu, die merkwürdig der Haltung der jüdischen 
Gemeinde von Elephantine nach der Zerstörung 
ihres Tempels entspricht. Auch diese fasten, 
salben sich nicht und trinken keinen Wein. 
An eine Zerstörung des jerusalemischen Tempels 
werden wir nicht zu denken haben. Merkwürdig 
stimmt zur Askese Daniels der Widerstand der 
Erscheinung gegen den Perserfürsten. Ich ver- 
mute, dass es sich bei der Zeitangabe (drei Sieben- 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 2. 


36 


An wendung derselben Vorstellung auf 
Jesus. Ich erinnere nur kurz an den Hebräer- 
brief, an die Tempelreinigung, an das Recht, 
Sünden zu vergeben, rreig soð usw. Die ganze 
Menschensohn-FragetrittineineneueBeleuchtung. 

21 Jahre lang dauert der Widerstand gegen 
den Perserfürsten. Man wird annehmen müssen, 
dass Jojakim, seit 21 Jahren, ‚seit 509 Hoher- 
priester, bei seinem Amtsantritt des Vorrechts 
beraubt worden ist, das man „Esra“, seinem 
Vater Jesua, verlichen hatte, zugleich der höchste 
weltliche Beamte in Juda zu seint. Wieder wie 
in den Anfangszeiten Jesuas hat man ihm einen 
Statthalter zur Seite gestellt: der Streit zwischen 
Jesua und Serubabel, den Sacharja in seinem 
Nachtgesicht von den beiden Oelsöhnen zuschlich- 
ten versucht, ist wieder aufgelebt. Ist es nach 
der Ausschaltung der durch Serubabel vertre- 
tenen babylonischen Linie der Davididen zu 
einem Zusammengehen zwischen ihr und der 
durch Sesbasar vertretenen einheimischen Linie 
gekommen? Nachdem Serubabels Tod und die 
damit erfolgte Erledigung des Statthalterpostens 
Jesua den Weg freigemacht und er als „Esra“ 
des Chronisten sich bei Darius durchgesetzt 
hatte, war der Hohepriester zugleich der höchste 
weltliche Beamte in Jerusalem geworden. Haben 
sich die beiden feindlichen Linien wider den 
gemeinsamen Gegner vertragen, so berührt die 
Nennung der Selomit, der Tochter Serubabels, 
1. Chron. 319 merkwürdig. Hat sie den Frieden 
stiften helfen? Ein Mesullam, der denselben 
Namen wie ihr Bruder führt, tritt „Esra“ nach 


heiten Tage) wieder um eine versteckte Jahres- |der chronistischen Darstellung entgegen, als er 


angabe handelt: 21 Jahre. 

Wer ist nun der Gegner des Perserfürsten ? 
Wie dieser der Schutzgott Persiens ist, so muss 
auch die Erscheinung Daniels ein Schutzengel 
sein. Sie ist linnengekleidet, goldgegürtet; die 
LXX (O) schreibt statt Linnen und Gold Byssus; 
„in seiner Mitte Licht“. Sollte es der Schutz- 
engel des Hohenpriesters sein, der die Orakel- 
tasche auf der Brust trägt, kenntlich gemacht 
durch die gleiche Kleidung wie dieser? Diese 
Vermutung drängt sich um so mehr auf, wenn 
er „das Ebenbild (des) Menschensohnes“ ge- 
nannt wird. Es ist dieselbe Gestalt, die Daniel 
IV. als fünftes Traumbild den vier Tieren zu- 
gesellt hat (Dan. 713). Der Hohepriester ist 
seine Inkarnation. Und wenn in den Liedern 
vom Knechte Gottes das Schicksal Jojakims 
besungen sein sollte, wie ich annehme, so würden 
sie die mythushaltigen Sätze von der der Götter- 
welt angehörigen Gestalt des Menschensohnes 
auf seinen irdischen Vertreter anwenden. Die 
Beziehung, die ich hier zwischen Hohen- 
priester und Menschensohn aufdecke, ist 
von weittragender Bedeutung für die 


die Entlassung der zum am ha' ares gehörigen 
Frauen fordert (Esr. 1015). 

Jetzt ist Michael, d. h. Gott selbst, an die 
Stelle des Menschensohnengels gegen den Per- 
serfürsten getreten, während dieser Daniel die 
Gegenwart beleuchtet. Wir befinden uns am 
24. Tage des Monats, 3 Tage nach den 3 Fasten- 
und Widerstandswochen. Das führt uns, wieder 
in Jahre umgerechnet, in das Frühjahr 486. 
„Gleich werde ich zurückkehren, um mit dem 
Perserfürsten zu streiten, — nicht mehr Wider- 
stand zu leisten, sich passiv zu verhalten, sondern 
zu kämpfen! — und wenn ich ausziehe, ist der 
Griechenfürst erschienen“. Diese Andeutungen 
beleuchten blitzartig die geschichtliche Lage. 
490 war die Schlacht bei Maratlıon, das zweite 
Unternehmen der Perser gegen die Griechen 
war ergebnislos verlaufen. Im Frühjahr 489 
war die Wahrheit trotz der mitgebrachten Ge- 
fangenen von Eretria überall bekannt; ‚Darius 


1 Man beachte wohl den Unterschied: Hoherpriester 
und höchster weltlicher Beamter (Statthalter, Steuerer- 
heber) des Grosskönigs — unabhängiger, absoluter 
Hoherpriester! 


87 


rüstete mit noch grösserem Eifer zum Kriege wider 
Hellas. ... Ein grosses Getümmel war in Asien 
drei Jahre lang. Da empörten sich im vierten 
Jahre (487) die Aegypter“ (Herodot VII 1). Auch 
in Juda rechnete man mit einem Gegenangriff 
der Griechen. Schon OLZ 09 Sp. 161 habe ich 
auf die Hoffnung hingewiesen, die die Knecht- 
Jahwe-Lieder auf die „Inseln“ setzen. 

Hat man von einem Einfluss des alten Orients 
auf Griechenland gesprochen, jetzt wird man 
die Rückwirkung der griechischen Verhältnisse 
auf das Morgenland, auf das Alte Testament zu 
untersuchen haben. Dort war an die Stelle der 
Könige und Tyrannen die Demokratie getreten: 
der die Polis repräsentierende eine Herr war 
durch die Genossenschaft der freien Bürger er- 
setzt. Diese Bewegung konnte nicht eindrucks- 
los am Judentum vorübergehen. Auch hier war 
durch den Eingriff Nebukadnezars das Königtum 
nach dem Ideale des Deuteronomiums gestürzt 
worden; ein genossenschaftlicher Zusammen- 
schluss war an die Stelle der Polis getreten. 

Daniel erhält schliesslich von dem Engel 
den Aufschluss über „das Ende der Tage“ 
(Jes. 2). Die Geschichte der letzten 50 Jahre 
zieht an ihm vorüber, gleichsam eine Ausdeu- 
tung des Traumbildes von den 4 (5) Weltreichen. 
Die Ausscheidung der auf die persische Zeit 
gehenden Stellen ist bereits Winckler fast voll- 
ständig gelungen. Kyros, der Besieger der drei 
Weltherrscher, Kambyses, Smerdes und Darius 
werden nacheinander vorgeführt. Mit Darius 
kommt die Endzeit. Seine griechischen Feld- 
züge bringen ihn ins Verderben. Deutlich wird 
der Marathonfeldzug gegen die Unzugänglichen 
erwähnt, sein schlimmer Ausgang und die neuen 
Rüstungen, die eben beginnen. Die neue Heer- 
fahrt soll ihm den Tod bringen. Dass er daheim 
gestorben, hat Daniel IV. noch nicht erlebt. 

Ein kleiner Zusatz am Ende soll die Schwan- 
kenden wieder festmachen. Befinden wir uns 
nach der Annahme des Verfassers am 24. Nisan 
489, so führen uns 1335 Tage weiter in den 
Dezember 486. Ist dies der Tag gewesen, der 
die Hoffnungen neu belebte, den der Prophet, 
um den Eindruck zu verstärken, vorausgesagt 
haben sollte? Etwa der Tag, wo in Jerusalem 
die Nachricht von der tödlichen Erkrankung des 
Darius anlangte? 

Noch zwei andere Glossen geben uns Auf- 
schluss über das Ende Jojakims. „Der Gesalbte 
(wird beseitigt), und er hatte keine Schuld“ 
notiert ein Leser, als Xerxes den Aufstand in 
Palästina und Aegypten niedergeworfen hatte. 
Und ein anderer schreibt zum Zukunftsbild des 
Engels: „Und er dringt in das Land der Zier, 
und zehntausende werden fallen, diese aber ge- 
rettet werden: Edom, Moab und die Häuptling- 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 2. 


38 


schaft der Ammoniter. Und er wird seine Hand 
gegen dieLänder ausstrecken, undLand Aegypten 
wird nicht zur Rettung sein. Und Macht hat 
er über die Gold- und Silberschätze und alle 
Kostbarkeiten Aegyptens („nachdem die Aufrührer 
bezwungen und Aegypten in eine noch viel härtere 
Knechtschaft gebracht, als es unter Darius war“ 
Herodot VII 7) und die Libyer und Kusiten in 
seinem Gefolge“. Dieser zweite Glossator zeigt 
uns, welche Stellung die Davididen, die im Lande 
der Ammoniter begütert waren (Winckler, Altor. 
Forschungen II S. 505 ff.), zu dem Unternehmen 
Jojakims eingenommen haben, die natürlich ge- 
geben war, wenn sie den persischen Statthalter 
zur Zeit Jojakims gestellt hatten. Sie standen 
auf der Seite der Perser, als Xerxes den Auf- 
stand 484 niederwarf. Der Glossator hätte auch 
die Geretteten am ha' ares nennen können; er 
gebraucht aber die Schlagworte seiner, der ho- 
henpriesterlichen Partei: Edom, Moab und die 
Häuptlingschaft der Ammoniter. 

Diese Schlagworte begegnen uns wieder für 
die Gegner der Juden im Judithbuche mit seinem 
Hohenpriester Jojakim. Später tritt dafür das 
Schlagwort ,Samaritaner* ein (OLZ 09, Sp. 158). 
Unser Glossator und das Judithbuch mit seinem 
grotesken Kriegszuge vollenden den Beweis, 
dass der Aufstand Jojakims 486/84 stattfand. 
Man hat das Judithbuch, das ursprünglich, wie 
Winckler nachgewiesen hat (Altor. Forschungen 
II S. 266 ff.), eine frühere Zeit romanhaft be- 
handelte, auf das grosse Xerxes-Unternehmen 
umgearbeitet, das die Niederwerfung Palästinas 
und Aegyptens und den vergeblichen Zug gegen 
Griechenland („bis zum Gebiete der zwei Meere“ 
112; vgl Daniel IV: „er wird seine Prachtzelte 
innerhalb der Meere — On? vielleicht Dual — 
aufschlagen“) umfasste. 

V. Auch in der Seleukidenzeit ist das Daniel- 
buch wieder zeitgemäss gemacht worden. Neu 
eingefügt wurde Kap. 2: „Nebukadnezars Traum 
von den 5 Weltreichen.“ Natürlich ist dazu alter 
Stoff benutzt; die fünf Elemente Gold, Silber, 
Erz, Eisen und Ton dienen dazu, die Weltalter 
zu charakterisieren. Ueber die Beziehungen des 
Daniel V. zu den Tagen der Seleukiden ist 
genügend geschrieben worden. Ich begnüge 
mich bier mit dem Hinweis auf die Veränderung, 
die er mit den Datierungen vorgenommen hat. 
Die genaue Kenntnis der Namen der Grosskönige 
des Ostens war verloren gegangen, ihre Zeit zu 
fern gerückt; alles drängte dahin, gewisse Typen 
zu schaffen: Nebukadnezar, der Zerstörer Jeru- 
salems, den Gott aber demütigt und zur Aner- 
kennung seiner Macht und seiner Gläubigen 
zwingt, Belsazar, der übermütige Frevler, in 
dessen Tage Träume von Not und Qual, aber 
auch von Errettung fallen, der plötzlich gestürzt 


89 


wird, Darius, unter dem der Tempel gebaut 
wurde und die Jeremiaweissagung sich erfüllte, 
die gerechte Sache über Verleumder triumphierte 
(Dan. 6 — Esr. 5), und Kyros, der durch sein 
Edikt bekannt blieb, während dessen Regierung 
Daniel das letzte tröstliche Gesicht erlebte. Mit 
dieser Vereinfachung war der historische Roman 
schon vorangegangen; jede Neuausgabe dieser 
Bücher suchte die Erlebnisse der jüngsten Ver- 
gangenheit zu berücksichtigen, um den vertrauten 
Lesestoff anziehend zu erhalten. 

VI. Den nachgewiesenen fünf Entwickelungs- 
stufen unseres heutigen Danielbuches ist eine 
Vorstufe vorangegangen. Peiser hat, wie schon 
erwähnt, das Buch Habakuk als die Schrift 
„eines Prinzen des jüdischen Königshauses“ 
erwiesen, „der als junger Knabe nach Niniveh 
kam und dort aufwuchs, der dem assyrischen 
Hofe nach assyrischem Brauch und Recht als 
Geisel überlassen werden musste. Der Knabe 
wurde erzogen, wie es in Niniveh Brauch war, 
lernte daher Schrift, Sprache und Literatur, den 
höfischen Ansprüchen entsprechend; für die von 
ASurbanipal gesammelte Bibliothek scheint er 
sogar ein lebhaftes Interesse besessen zu haben. 
Seinen offiziellen Namen kennen wir nicht; als 
sein Schriftstellername wird habaqûq angegeben, 
was ein gutassyrisches Pseudonym sein könnte, 
da hambagqfiqu der Name eines assyrischen Gar- 
tengewächses ist*. Die Nachweise, die Peiser 
beigebracht hat, sind so überzeugend, dass seine 
Klage über die Nichtbeachtung, die er gefunden, 
(OLZ 10, 1), wenig ruhmvoll für die deutsche 
Wissenschaft ist. 

Wenn das Buch Habakuk immer wiederLeser 
und schliesslich Aufnahme im Kanon gefunden, 
so muss ihr Verfasser einen begründeten Ruf 
über seine Anonymität hinaus besessen haben. 
Ich frage, war sein hebräischer Name etwa 
Daniel? Dann wäre es begreiflich, wenn jeder- 
mann orientiert war, wenn ein Daniel am Hofe 
des Grosskönigs im Osten sich in ernster Zeit 
zum Worte meldete: jeder wusste, das ist unser 
königlicher Prophet, in aller Weisheit des Aus- 
lands erzogen, ein Mann, der entscheidend zu 
raten versteht; hört, was er uns heute zu sagen 
hat! Wir kommen mit unserer Vermutung zu 
einer Vorstufe der Legenden, die ursprünglich 
in Niniveh spielte. 

Zugleich aber bekommen all diese Legenden 
plötzlich Farbe. Wenn man die Legende von 
dem braven Prinzen hört, der sich Pflanzenkost 
ausbittet, um sich nicht in der Fremde zu ver- 
unreinigen: „hambagüqu ist der Name eines 
assyrischen Gartengewächses“ und zugleich, 
werden wir hinzufügen, der assyrische Neckname 
des Königssohnes, der aus religiösen Bedenken 
Pflanzenkost ass. Und der Feuertod, der dem 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 2. 


40 


Prinzen vom Schicksal zugedacht scheint, vor 
dem er, nicht aber „die Frevler, die den Braven 
umringen“ (Hab. 14), bewahrt wurden, bekommt 
eine überraschende geschichtliche Bedeutung: 
Ninivehs Brand, der nach Berossus den letzten 
Assyrerkönig verschlang. „Auf meine Warte 
will ich steigen, treten zur Zinne, was er mir 
sagen wird“ (Hab. 2 1): so dichtet Habakuk, so 
handelt in der Legende Daniel, „der in dem Ober- 
gemach seines Hauses ein in der Richtung nach 
Jerusalem geöffnetes Fenster hat und dort täg- 
lich dreimal betet“. „Schreib ein Gesicht, und 
deutlich, auf die Tafeln, dass eilen kann, wer's 
liest“ (Hab. 2 2). Solche Gesichte schreibt auch 
der Held der Legende. Wir werden zu dei 
Annahme geführt, dass man das Prophetenbucb 
Habakuk schriftlich oder mündlich mit Legenden 
begleitete, etwa wie unser heutiges Jonabuch 
neben einem verlorenen Prophetenspruchbuch 
Jona einhergegangen sein wird. Sie gehörten 
zur Unterhaltung des Geschlechts um 590 und 
der Exulanten: die Erziehung des Prinzen am 
Hofe des Grosskönigs, seine wunderbare Rettung 
aus Feuersnot, sein Glaubensmut, seine Verach- 
tung der Götzen („Weh dem, der zum Holz 
spricht, erwache, erhebe dich, zum stummen 
Stein“ Hab. 2 19), seine Voraussicht der Zukunft 
(Hab. 16 ff.), bis sie endlich vom Jahre 562 ab 
in immer neuen Auflagen neues Leben und 
immer neue Bedeutung gewannen. 

Zur Gewissheit aber wird meine Vermutung 
erhoben durch die Geschichte vom Bel und dem 
Drachen, die èx mgogytsiac ’Außaxovm stammen, 
die sogar den Propheten Habakuk als handelnde 
Person, in ihrer jetzigen Gestalt allerdings von 
Daniel selbst unterschieden, einführen. Der Zu- 
sammenhang zwischen Daniel und Habakuk ist 
selbst in der durch das viele Weitererzählen 
zerpflückten Form dieser Legenden nicht ver- 
gessen, und diese Legenden waren unter dem 
Sammelnamen „Prophetie Habakuks“ bekannt. 
So dürfte die Vermutung nicht zu kühn sein, 
dass sich unter dem Namen ‘dufaxovp viog ‘Inoov 
èx ins yvins Asvi ein Aufœrovu vios Imosıov èx tov 
uro Javed WA YA ITAN ppn versteckt. 

Diesen Sohn Josias finden wir wieder in dem 
rätselhaften Sallum (1. Chron. 315), der von dem 
Bearbeiter des Jeremiabuches (Jer. 2211) mit 
dem König Jeh6’ahaz verselbigt wird, den König 
Necho absetzte und nach Aegypten brachte 
(2. Kön. 2333). Der Bearbeiter wusste noch, 
dass dieser Prinz Sallam ausser Landes gebracht, 
nicht mehr zurückgekehrt, sondern in der Fremde 
gestorben ist. Salem „der Unversehrte“, integer, 
wie zu punktieren ist, ist der Versuch, den 
fremden Namen des Prinzen WN) „Sein 
Leben schütze“, „geschütztes Leben“ hebräisch 
wiederzugeben. 


41 


Ist aber Habakuk identisch mit Daniel, so 
wird man unserem Buche nicht mebr aus dem 
Umstande, dass Sirach es nicht erwähnt, einen 
Strick drehen diirfen, Die Prophetie Habakuk 
und Daniel erscheint bei ihm unter den „zwölf 
Propheten“, er hatte keine Veranlassung, noch 
Daniel als den dreizehnten zu nennen. Das 
grosse Ansehen des judäischen Prinzen beweist 
schliesslich seine Nennung neben Noah und Hiob 
in der nachexilischen Erörterung Hes. 14 12 fl., 
die die Legenden und wohl auch irgendeine 
Entwickelungsstufe unsers Buches voraussetzt. 


c. Das Ergebnis. 


662. Die Urgestalt des Danielbuchs als die 
volkstümliche Deutung der Wiedereinsetzung 
Jojakims durch Amel-Marduk. 

537. Edixt des Kyros, beleuchtet von einer 
Neubearbeitung des Danielbuchs. 5. September: 
Anfangstermin der neuen Zeitrechnung Judäas 


unter SeSbasar, wie sie im’ Hesekielbuche vor- 
liegt. Jaazanja aus der Priesterfamilie „Ezra“ 
Hoherpriester. 

627. Beginn 
mit Aegypten. 

625. Mai Zerstörung Jerusalems. — Seru- 
babel persischer Statthalter. 

620. Dezember Grundlegung des neuen Tem- 
pels. Jesua, der Sohn Jaazanjas, Hoherpriester. 

519. September Wiederaufnahme des Gottes- 
dienstes. | 

516. Vollendung des Tempelbaus. Serubabel 
ist inzwischen gestorben. Jesuas Reise an den 


der Verhandlungen Sesbagars 


Hof, erreicht seine Ernennung zum Statthalter. 


Ordnung der Verhältnisse nach seiner Rück- 
kehr. Eine abermalige Neubearbeitung des 
Danielbuches beleuchtet die Vorgänge. 

509. Jesua 7. Sein Sohn Jojakim Hoher- 
priester, neben ihm wieder ein persischer Statt- 
halter ernannt (Nachkomme SeSbasars?). 

489. Frühjahr. Das Gerücht vom Misslingen 
der griechischen Expedition verbreitet sich, neue 
Rüstungen der Perser rufen eine grosse Erre- 
gung hervor. 

487. Die Aegypter empören sich. 

486. Frühjahr Jojakims Aufstand zur Her- 
stellung eines unabhängigen Hohenpriestertums. 
Eine Neubearbeitung des Danielbuches beleuchtet 
das Unternehmen. 

484. Xerxes unterdrückt den Aufstand mit 
Hilfe des am ha areg und der einheimischen 


Davididen. 


Zu den Königslisten aus Assur. 
Von Otto Schroeder. 


Die wichtigen Bruchstücke von Königslisten, 
die Weidner in MVAG 1915 Nr. 4 in aus- 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 2. 


42 


führlicher Bearbeitung mitteilen durfte und die 
er auch MDOG Nr. 58 kurz behandelte, werden 
in Kopie als Nr. 9ff. meiner in Vorbereitung 
befindlichen „Keilschrifttexte aus Assur ver- 
schiedenen Inhalts“ veröffentlicht werden. Da 
Weidner und ich unsere Abschriften wieder- 
holt miteinander verglichen und auch die Ori- 
ginale, soweit sie uns noch zugänglich waren, 
gemeinsam überprüft haben, wird die Textaus- 
gabe im allgemeinen den Text bieten, den man 
nach den Umschriften vermutet. Gleichwohl 
seien ein paar Bemerkungen gestattet. 

Fragment A, jetzt VAT 11554, Nr. 15 meiner 
Ausgabe, ist auf der Vorderseite jetzt vollstän- 
diger lesbar: 


Sand ſti vel 
HU — 4A sur 
hi-pi Sandti wel 
Ri- im- A Sin 
Santi we. 


Z. 2 HU, nicht TI(?); zum Namen vgl. 
VR 44, 10 c. d. Hu-me-me = Amiél-*Gu-la; s. 
auch Haupt, NE Nr. 51, 14. Demgemäss ist 
Hu-* A-sur = Amel-? A-Sur. 

Z. 3. Vor Sandti™ ist nicht einfaches BI, 
das Weidner (a. a. O. S. 6) als 2/, deutet, 
sondern HI. BI = hi-pi erkennbar. In der Vor- 
lage war also die Zahl der Regierungsjahre 
nicht mehr leserlich; zu hs-pi vgl. Delitzsch, 
HWB S. 286a. 

Z. 4. ist Re-im-4Sin sicher. 

In dem gegenwärtigunauffindbaren Fragment 
B, Nr. 14 meiner Ausgabe, ist Z. 3 zweifellos 
richtig zu Tr /i- S ergänzt. Dagegen glaube 
ich nicht, dass es sich um den bekannten Irisu, 
Sohn Ilusumas handelt Nimmt man mit Weidner 
dies an, dann muss man auch gleich ihm den 
Ausweg beschreiten, anzunehmen, „dass das 
Fragment B nur eine Auswahl von Königsnamen, 
wiewohl unter Wahrung der zeitlichen Aufein- 
anderfolge, umfasst.“ Welchen praktischen 
oder wissenschaftlichen Wert hätte aber solch 
eine Auswahl gehabt? Diskrepanzen in den 
Zahlenangaben späterer Herrscher gerade mit 
Hinblick auf Irisu liessen sich bisher nicht zwang- 
los beseitigen; sollte es nicht am naheliegendsten 
sein, zwei Irisu anzusetzen? Irisu mar Ilusuma 
wäre = Iri3u I, der Irisu des Fragments B = 
Irisu Il. Dann kann man Fragment B ruhig 
als vollständige Liste ansehen. Unmittelbar 
nach Irisu bzw. dessen Nachfolger ist laut Frag- 
ment B ein Einschnitt zu machen; der Trennungs- 
strich hier wie auch zwei Zeilen weiter lässt 
sich kaum anders denn als Hinweis auf einen 
Dynastiewechsel oder eine Aenderung der Re- 
gierungsform deuten. — 


43 


MAN- ASur in Zeile 9 des gleichen Fragments | setzte l. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 2. 


44 


Ist meine Uebersetzung richtig, dann 


ist gemäss Briinnow Nr. 9954 Pusur-Asur zu ist sie eine nachherige Stütze für meine Deutung 


lesen, wir haben also mindestens drei Herrscher 
dieses Namens zu unterscheiden. — 


Kaspisches IV: 


Ga-sindi-katla, Lullu-me und Lullu- bi. 
Von G. Hüsing. 

Wir haben im 2. Beitrage (OLZ 1917 Sp. 178) 
den Namen DUR U-katli-me als eine kaspische 
Genetivkonstruktion mit funktionellem Nomina- 
tiv der Sache besprochen und daran die Bemer- 
kung geknüpft, dass auch ein * DURU-Kurigalzu- 
me als eigentlicher, ursprünglicher Name dieser 
Stadt vorauszusetzen sein werde, einfach darum, 
weil sie als Gründung eines Königs Kurigalzu, 
also eines Kaspiers, zu gelten haben wird und 
der erstbehandelte Name in Verbindung mit 
Gasindi-katla wohl genügend zeigt, dass diese 
Namenformen als kaspische zur Welt kamen. 

Dabei will ich zu Ga-Sindi-katla noch be- 
merken, dass das Elamische ein g und k (und 
q) nicht unterscheidet, was in gleicher Weise 
auch vom Kaspischen anzunehmen ist. Das Ga 
wird also akkadische Rechtschreibung, ent- 
sprechend akkadischer Aussprache sein, und 
derName wäredann etymologisch, zunächst ohne 
Rücksicht auf den Sinn, als Kan-Sim(a)-di-katla 
aufzufassen. Nach meinem vorigen Aufsatze 
(OLZ Sp. 208) wäre ka — ursprünglich wohl 
kam, vor Dentalen kan, dessen n weiter auch 
assimiliert wird — = Name, 3indi — ursprüng- 
lich Sim(a)-di! „welcher gegeben 
hat“ (Sp. 209), und katla ist das Prädikat = 
der König. Dass der Ausdruck unseres Hülfs- 
verbums „sein“ im Elamischen immer grosse 
Schwierigkeit macht, sehen wir daraus, dass 
noch das Hözi der Achamaniden (Bag. III 79) 
das iranische äham (ich war) nicht übersetzen 
kann sondern es einfach übernimmt als am, 
während es kurz zuvor (Bag. III 65) das ira- 
nische ahati (den Konjunktiv im Sinne von „es 
möge sein“ mit Wunschbedeutung) nicht über- 
nimmt, sondern durch die iranische Imperativ- 
form astu ersetzt, die wir nur aus dem Hözi- 
texte kennen lernen?; es muss also die iranische 
Imperativform förmlich dem Hözi- Sprachschatze 
einverleibt worden sein, wenn man mit dieser 
Form eine andere des iranischen Textes über- 


1 Der gleiche Bestandteil ist wohl das sindi in den 
Namen der Städte Up-sindi (Hup-sindi), östlich von 
DURU-Lulu-me und Par-sindi, offenbar südlicher ge- 
legen, beide genannt in den Annalen Assurnasirpals, 
Kol. II 69 und 73. Beide Namen halte ich für verkürzt, 
es fehlt das Prädikat bezw. Subjekt, wie in Sindi-Purijas 
das Objekt. . 

* Uebereinstimmend mit awestischem und indischem 
astu gegenüber lat. esto, gow. 


des kadasman wie des Sindi, und natürlich ist 
dann an Gasindikatla nichts weiter zu ergänzen, 
während „DUR U-Kurigalzu“ nach der Ergän- 
zung durch ein -me schreit, wenn manden Namen, 
den der kaspische König der Stadt gab, sich 
in kaspischer Form vergegenwärtigte; er steht 
völlig parallel dem DURU-katli-me. 


Entsprechendes gilt aber doch wohl auch 
von dem Namen der Stadt DURU-Lulu-me, 
denn so muss der Name der Stadt doch ange- 
setzt werden, wenn bei Assurnäsirpal, Annal. 
II 44 hinter einander aufgeführt werden: „150 
aläni Sa Larbusai, DURU-Lulumai, Bunisai, 
Bärai“. Von einer Stadt „Dür- Lulumai“ (Streck 
in ZA XV S. 280), die den Namen „die Festung 
der Lullu* in semitischer Sprachform führte, 
ist hier gar keine Rede, die Einwohner der 
Stadt (und ihres Gaues) sind die DURU-Lulu- 
m- ai, ein „der Luläer“ könnte nur in dem Lulu 
stecken, das durch das folgende me als im Ge- 
netiv stehend bezeichnet wird. Das wäre dann 
wohl möglich, aber durchaus nicht sicher, denn 
man würde ein DURU-Lullu-p-me erwarten. 


Finden wir statt DURU ein alu, also Alu- 
Lulu-mé, womit in der „synchron. Geschichte“ 
I 31 die gleiche Stadt gemeint sein dürfte, so 
ist das me natürlich in gleicher Weise berech- 
tigt und zu erklären; nicht minder aber auch 
hinter mätu, also doch wohl auch dann, wenn 
wir alu oder matu als Determinative auffassen. 
Wenn wir bei Adad-nirari (3—5) auf ein umman 
Kašši, Quti, Lulumi u. Subari stossen, so ist 
vielleicht zu erwägen, ob nicht umman gar ein 
kaspisches Wort für „Volk“ sein mag. Es ist 
doch auffallend, wie vorzugsweise es vor den 
Namen von Völkern steht, deren Bekanntschaft 
den Assyrern durch kaspische Stämme vermittelt 
sein musste, und welcher Nationalität die Subari 
waren, bliebe auch noch festzustellen: der Ge- 
danke aber, das Wort für „Stadt“ human-ıs 
(im achamanidischen Hözi) mit umman in Ver- 
bindung zu bringen, liegt wohl nahe genug?. 
Auch „Volk“ müsste elamisch (vgl. kissum) 
ebenso als Sache behandelt werden wie etwa 
puhu (= Sippe); „das Lulu-Volk* müsste also 
umman Lulu-me heissen. Man hat geglaubt die 
Beobachtung machen zu können, dass dieFormen 
mit m aus assyrischem Munde stammen, während 
die Formen mit 6, wie Lulubi, Lulube, Lu-ul- 


t Entsprechende Zustände dürften sich wohl auch 
bei anderen kaukasischen Sprachen herausstellen. 

? Warum schreibt man denn stets um-ma-an (oder 
um-man) Manda, und nicht ummänäte? und warum ist 
das Wort fast ausschliesslich auf die Manda beschränkt? 
Ist hier nicht ein fremdes Wort an ummänu angeglichen, 
und zwar zunächst in der Schreibung? 


45 


lu-bu-u, Lu-ul-lu-ba-a(-ti), Laulubum- KI!, Lulu- 
bim-K]l, Lulube-KI-im, Lulubi-KI, die babylo- 
nischen seien. Der Tatbestand ist nicht zu be- 
streiten, ebenso sicher ist das b das elamische 
Pluralsuffix, aber ein mundartlicher Wechsel 
zwischen 6 und m ist aus dem Befunde nicht 
ableitbar, vielmehr ist 5 eben das Suffix des 
persönlichen Plurals, m aber bekanntlich das 
Suffix der Sache, und beide begegnen natürlich, 
wie in den elamischen Texten, nebeneinander, 
nie aber in gleicher Bedeutung. (Das hat Scheil 
übersehen, und eine Menge Fehler bei ihm geht 
darauf zurück). 

Ich denke mir, die Assyrer haben zuerst 
die Stadt DURU-Lulu-me kennen gelernt und 
daraus ihre Namenform gebildet, während die 
Akkader von alter Zeit her mit dem Volke 
der Lulubi zu tun hatten und daher bei dieser 
Form blieben. Einen Beleg dafür, dass keine 
assyrisch-mundartliche Form vorliegt, haben 
wir an Elli-pi, Elli-bi, wofür sich niemals ein 
*  Elli-mi“ findet. 

Ist in DURU-katli-me das me kaspisch, d. h. 
nicht südelamisch, so ist damit die Möglichkeit 
gegeben, dass es auch in Duru-Lulu-me kaspisch 
sein kann, aber nicht bewiesen, dass nun auch 
die ,Lulu-bi* überhaupt oder die Namenform 
im Besonderen kaspisch sein müssten. Ich ver- 
mute, dass das Volk woll der nordelamischen 
Gruppe zuzuzählen sein wird und dass ihr Name 
eigentlich Lalla-p hiess, während Lulubi eine 
südelamische Form sein wird, denn im anderen 
Falle würde der alte Lullu-König wohl nicht 
An-nu-ba-ni-ni heissen sondern eher * Hu-un-nu- 
ba-ni-ni. Es wäre aber auch möglich, dass nur 
die Dynastie nordelamisch gewesen wäre — 
doch denke man auch an das matu Lu lu-i-ni 
in der chaldischen Inschriftvon Sidikän-Topzauä: 
der Name der Lulu reicht also ziemlich weit 
nach Norden. 

Die Form Lul(hu würde an sich gar keine 
Schwierigkeiten machen, wenn wir nichtgenötigt 
wären mit der Frage abzurechnen, ob nicht 
daneben eine Form Lal( ha steht. 

So überschreitet Assurnasirpal (Ann. II 62) 
im Lullu-Gebiete den Fluss Lal-lu-u, d. i. offen- 
bar „der Lall-ische“ in semitischer Sprachform, 
genau wie der Gott Kassü „der Kass-ische“ 
ist?. Lautet im letzteren Falle die einheimische 
Form Kasi-p-ar, so ıst zu bedenken, dass sie 
eben vom Plurale Kasi-p stammt; der Fluss 
würde also schliesslich auch Lalla-p-ar lauten 
können, wahrscheinlicher aber Lalla-r. Sein 
Nachbar ist der Etir, der sein fi (di!)-Zeichen 


Vgl. Guiebum- KT iu Texte des Arad-Nannar (Vordas. 
Bibl. I 1 S. 150) = „Land der Qute“. 

? Ist DURU-Lulu-me ursprünglich die Stadt des 
Gottes Lulu? (Vgl. Jastrow Rel. Bab. u. Ass. I 163). 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 2. 


46 


wohl einer graphischen Anlehnung an „e-di-ru“ 
(eteru) verdankt. Er scheint nämlich vom Eti- 
ni-Gebirge zu kommen und wird sich daher als 
Eti-r wohl neben den noch hypothetischen Lala-r 
stellen. Ein geographischer Begriff Lalar ist 
uns durch die neuelamischen Texte belegt, wo 
der König von Elam die Lallar-ippe besiegt; 
wir wissen nur nicht, ob sie nach einem Flusse 
oder nach einem Gebirge benannt sind!. Auch 
der bei Sarrukin dreimal begegnende Name der 
Stadt Lallu-Ugnu lässt die gleiche Frage offen, 
denn blau (ugnu) konnte ebensowohl ein Gebirge 
wie ein Fluss genannt werden, und von einem 
von beiden hat die Stadt doch wohl den Namen, 
der möglicher Weise auch die „Stadt Lallu am 
Ugnu-Flusse“ bedeuten könnte — vgl. Halpu- 
Ugnu (neben Halpi) gleichfalls bei Sarrukin. 


In den Annalen Assurnäsirpals (II 34) er- 
fahren wir, dass die Lullu (mtu Lulu!) den 
Berg Nisir, den Berg der Rettung in der baby- 
lonischen Flutsage, „Kinipa“ nannten. Das ist 
sprachlich sehr uneinleuchtend, denn das wäre 
eine persönliche Pluralform; das Wort könnte 
wohl nur ein Possessiv, abgeleitet von solchem 
Plurale sein, und würde dann, entsprechend 
Kasi-pa-r, vielmehr als * Kini-pa-r zu erwarten 
sein. 

Diesen Berg suche ich heute wie vor20 Jahren 
in dem nordwestlichen Teile des Karadagh, der 
an den kleinen Zab abfällt; denn Bundis ist 
Bunäsi — vgl. dazu ZA XV S. 267. Freilich 
ist es auch nicht gleich dem Passe von Babite 
wie Belck meinte, sondern der Pass von Bunasi 
ist eben dort anzusetzen, wo Billerbeck (San- 
dschak Suleimania) den von Babite suchte: es 
ist der Pass, der den „Kinipar“ vom übrigen 
Karadagh trennt. Der Pass von Babite aber 
ist derjenige, durch den man von Assyrien aus 
nach Ueberschreitung des kleinen Zab bei Altun- 
Köprü gelangte, beim heutigen Biban. Zwischen 
Babite und dem „Kinipar“ liegt also die Land- 
schaft Bara mit der Hauptstadt Tul-Bäri. Daher 
hatte Billerbeck (Sandsch. Sul. S.8) recht, wenn 
er Kiniparbarain Verbindungmit Kinipabrachte?: 
es ist wirklich Kinipar-Bära, und jenseit des 
Kinipar, dessen r also damit beglaubigt ist, 
lag die Stadt DURU-Lulu-me, offenbar an einem 
Nebenflusse des Turnad; letzterer entspringt 
östlich des Niꝭyi- Gebirges (nördlicher Chalchalan- 
Dagh, und bezog sein Wasser z. T. von Tokma- 
Dagh, in dem Billerbeck den „Kinipa“ erkennen 
wollte. 


1 Ein urspriinglicher Stammes name könnte nur 
Lalla-ppe heissen; das r zwingt zur Annahme, dass hier 
eine Bevölkerung nach einem geographischen 
Begriffe benannt ist. 

2 Damit nehme ich also zurtick, was ich OLZ 1901 
Sp. 322 gegen Billerbeck schrieb. 


47 


Damit kennen wir also Lullu am kleinen 
Zab, über den hinaus nach N. W. sie eben- 
falls gereicht haben können. Ihr Name ist be- 
stimmt in dem der Landschaft „Aolounvy“ bei 
Strabon (C. 736) wieder zu erkennen, den ich 
bereits OLZ 1907 Sp. 194 als Aosouniy erklärte. 
Ihre Lage ist leider nicht genau bestimmbar, 
doch gehört der Name vielleicht mit Ao/ße, 
einer Stadt in Adiabene, gleichfalls unbekannter 
Lage, zusammen!, und dann wird auch Ao/8nvos, 
Aoißaıoı zu lesen sein. Allerdings besteht auch 
die Möglichkeit, dass AoAß« und „Aolounvn“ 
gar nichts mit einander zu tun hätten: dass das 
Land hier nach der Stadt benannt wäre, ist 
mir sehr unwahrscheinlich, da ich in wy und 
vn Suffixe glaube annehmen zu sollen wie in 
Sipir-me-na. 

Welcher Art der l-Laut im Namen Lulu ist, 
wissen wir natürlich nicht; er könnte ursprüng- 
lich ein r oder, vielleicht noch wahrscheinlicher, 
ein lateraler Zungenstosslaut gewesen sein — 
aber schon zu Anubaninis Zeiten konnte man 
ein | schreiben, was also der geeignetste Ausdruck 
für den.Laut war. Nun hat W. M. Müller 
(Asien und Europa S. 395) die ägyptische Schrei- 
bung „Nu-n- ru“ für ein Land, das zwischen 
Mitani und Assur genannt wird, als „wohl Lullu, 
ein östliches Grenzland Assyriens“ auffassen 
wollen. Man möchte aber meinen, dass dann 
dieses Lullu-Land nicht östlich sondern westlich, 
genauer nordwestlich von Assyrien zu suchen 
sei. Dort liegt, nach Angabe Assurnäsirpals, 
vgl. KBI S. 92, zwischen Nirdun und Dirra 
genannt, ein Land Luluia. „Ich vermute, dass 
— das — nichts anderes als Lulu-Land bedeuten 
werde, denn aus diesen Gegenden dürften die 
Lullu wohl etwa kommen“ — so schrieb ich 
vor 10 Jahren in OLZ (1907 Sp. 194), und 
ebenda Sp. 487 fanden sich dann die Worte 
„Damit erledigen sich Hüsings Deutungen von 
— — — Luluta als Lullu-Land.“ Da die in 
Rede stehenden „Gegenbemerkungen“ von Maxi- 
milian Streck in der Geschichte der elamischen 
Forschung unvermeidlich wohl immer eine Rolle 
spielen werden, wie sie ihr Verfasser nicht er- 
wartet haben dürfte, so wollen wir in weiteren 
Beiträgen zwar die von ihm „erledigten“ Dinge 
_ weiter behandeln, dabei aber nicht mehr auf 
OLZ 1907 Sp. 486—495 zu sprechen kommen. 
Darum sei schon hier daran erinnert, dass die 
„Erledigung“ darin bestand, dassStreck bestritt, 
dass 1. südelamischem % ein nordelamisches a 
gegenüber stünde, 2. dass fürs Elamische ein 
Wort ti (ta, tu) = „Land“ anzusetzen sei. Da 
ich das Letztere nie behauptet habe und selbst 


1 Streck bei Pauly-Wissowa unter Dolba, was er als 
syrisch dolbā = Pappel erklärt. : 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 2. 


48 


durchaus bestreiten miisste, so wollen wir an- 
nehmen, dass wir in seinem Texte statt „Wort“ 
zunächst das Wort „Suffix“ einsetzen dürfen. 
Mit diesen Vorbemerkungen hoffen wir also der 
Pflicht des Abrechnens mit bisherigen Meinungen 
Genüge geleistet zu haben, denn es ist mir nicht 
bekannt, dass innerhalb der letzten 10 Jahre 
ausser Streck sich jemand zu diesen Fragen 
geäussert hätte. 


Jaudi. 
Von F. E. Peiser. 

Hüsing hat in dem vorstehenden Artikel 
darauf hingewiesen, dass er schon vor zehn Jahren 
in der OLZ das ta von Luluta als länderbil- 
dendes Suffix aufgefasst habe. In diesem Zu- 
sammenhange möchte ich an MVAG V 73 (Jahr- 
gang 1900) erinnern, wo ich Anm. 1 schrieb, 
dass „Nichtsemiten das Land um Urusalım als 
Jau da bezeichneten“. Bald darauf habe ich 
in meinem Handexemplar als analoge Fälle bei- 
gefügt: Kas-da. Uras-tu, Ma-da, Amar-da (Mar- 
duk) und Apir-ti. Von diesen wird Ma-da, 
wie mir Hüsing schreibt, jedenfalls zu erreichen 
sein. *Kas-da ist natürlich der bekannte Ver- 
such, eine ursprüngliche Form für a u'? und 
b Kaldi zu Grunde zu legen. Was damals wohl 
alshalsbrecherischeVermutungangesehen werden 
konute, darf jetzt, dank den Arbeiten Hüsings, 
besser fundiert erscheinen. Darum sei die Stelle 
aus der Vergessenheit wieder hervorgezogen. 


Besprechungen, 


Schmidtke, Friedrich: Asarhaddons Statthalter- 


schaft in Babylonien und seine Thronbestei- 
gung in Assyrien 681 v. Chr. (Altorientalische 
Texte u. Untersuchungen, hrsg. v. Bruno Meissner 
12.) S. 73—138. gr. 8°. Der Band v. 4 Heften M. 15 —. 
Leiden, E. J. Brill, 1916. Bespr. von Otto Schroeder, 
Berlin-Lichterfelde. 

Das Heft behandelt Vorgänge in Assyrien 
und Babylonien aus den Jahren 689—681, d. h. 
von der Eroberung und Zerstörung Babylons 
durch Sanherib bis zur Thronbesteigung Asar- 
haddons. Nach einer Zusammenstellung der 
Quellen (S. 77 f.) wird ein kurzer historischer 
Ueberblick gegeben (S. 79—86); zu den einer 
eingehenden Behandlung werten Punkten sind 
Excurse — 7 an der Zahl — beigefügt; auf 
ihnen liegt der Nachdruck. 

Excurs I behandelt die Einsetzung Asar- 
haddons zum Statthalter von Babylonien, die 
vermutlich bereits 689 erfolgte und zeigt, dass 
A. damals nicht im Verdacht babylonfreund- 
licher Gesinnung stand. Etwa 688/687 erhielt 
A. den Ehrennamen ASur-etil(-slant)-mukin-aplu, 
dem wir auch auf einer seiner Königsinschriften 
(Messerschmidt Nr.53) begegnen. (S.87—90). 


49 


Der Anfang des zerbrochenen Prismas B wird 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 2. 


50 


| schluss des Viehzehnten). 4. Bedeutung des 


im Exc. II (S. 91—103) dank der neuen Texte | Ergebnisses unserer Untersuchung für den Ge- 


(Prisma S und VA 3458) in weitem Umfange 
rekonstruiert und in Umschrift und Ueberset- 
zung geboten; Autographien der in Frage kom- 
menden Stücke des Prisma S und nach einer 
Copie Ungnads von VA 3458 finden sich auf 
S. 133—138. — Exc.. III behandelt die In- 
trigen der Brüder Asarhaddons gegen diesen 
nach seiner Designierung zum Thronfolger. 
Vier Brüder sind keilinschriftlich mit Namen 
bekannt; vor A. galt Ardi-Ninlil als märu-rabü 
(S. 104—108). -- Die Ermordung Sanheribs, 
die am 20. Tebet 681 am Eingange des Mar- 
duktempels in Babylon stattfand, wurde — wie 
Exe. IV (S. 109—113) ausgeführt wird — er- 
möglicht durch die Teilnahme des Königs an 
der Grundsteinlegung von Esagila. Zu den 
Mördern gehörte sicher der oben genannte 
Ardi-Ninlil. — Der Befehl zum Wiederaufbau 
Babylons wurde vermutlich noch von Sanherib 
gegeben und von A. sofort auszuführen be- 
gonnen. Ueber den Wiederaufbau handelt der 
Brief Harper Nr. 418, der in Umschrift und 
Uebersetzung mitgeteilt wird. (Exc. V, S. 


samtaufriss der israelitisch-jüdischen Kultus- 
geschichte. Den Hauptumfang nimmt der 2. 
Abschnitt ein, der das Thema verfolgt von der 
Gesetzgebung des Jehovistischen Buches an 
durch das AT., über LXX, Apokryphen, Pseud- 
epigraphen, NT., Philo, 15 9 bis zur 
Mischna einschliesslich. Auf Einzelheiten kann 
hier nicht eingegangen werden. Schon bald 
zu Beginn der Lektüre, vgl. z. B. S. 29 A, 
merkt man, worauf die Untersuchung hinaus- 
laufen wird — und dieses Resultat dürfte auch 
noch aus anderen Erwägungen zutreffend sein 
—: So unbedeutend, so sehr hinter den nach- 
exilischen Verhältnissen zurückstehend, wie 
das häufig dargestellt wird, war die Macht und 
der Einfluss der Priesterschaft vorm (so!) Exil 
keineswegs. Vielmehr werden wir auch in 
vorexilischer Zeit das Vorhandensein einer zahl- 
reichen und einflussreichen Priesterschaft an- 
zunehmen haben. — Selbstverständlich bildet 
ein ausführliches Stellenregister den Beschluss 
des Buches, 


113—115). — Exc. VI (S. 115—123) bietet Thomsen, Peter: Denkmäler Palästinas aus der 


eine Bearbeitung der an A. anlässlich der Thron- 
streitigkeiten ergangenen Orakel, die IVR61 
veröffentlicht wurden. 

Den Beschluss bildet eine Würdigung der 
Königinmutter Naki’a- Zakütu, die offenbar grossen 
Einfluss besessen hat — vgl. die Briefe Harper 
Nr. 303, 368 u. a. m. — und die Ernennung 
Asarhaddons zum Thronfolger veranlasst haben 
dürfte. Sie überlebte A. und erliess noch bei 
der Thronbesteigung ASurbänipals eine Prokla- 
mation; s. Harper Nr. 1239. (Exc. VII, S. 
124—130). 


Eissfeldt, Otte: Erstlinge und Zehnten im alten 
Testament. Ein Beitrag zur Geschichte des israeli- 
tisch-jüdischen Kultus. (Beiträge zur Wissenschaft v. 
AT., Heft 22.) VIII, 172 S. 8°. M. 6.50; geb. M. 7.50. 
Leipzig, J. C. Hinrichs, 1917. Bespr. v. Max Löhr, 
Königsberg i. Pr. 

Eissfeld hat es in dieser dankenswerten, 
minutiösen Abhandlung unternommen, die For- 
derung Wellhausens (Prolegomena 1886) zu 
erfüllen und eine genaue Untersuchung zu geben 
über das Verhältnis von Wp, NWS”, OWDI, 
7 monn zu einander, mit sorgsamer Unter- 
scheidung der verschiedenen Quellen und Zeiten 
bis zur Mischna herunter (soll hinunter heissen). 
Nach einer Uebersicht über die früheren Be- 
arbeitungen des Gegenstandes folgen vier Ab- 
schnitte: 1. Formelle Untersuchung der oben- 
genannten vier Begriffe. 2. Sachliche Unter- 
suchung. 3. Geschichtliche Entwickelung der 
vegetabilischen kultischen Abgaben (mit Ein- 


Zeit Jesu. (Das Land der Bibel, Bd. II. Heft 1.) 898. 
8°. M.—60 Leipzig, J. C. Hinrichs 1916. Bespr. v. 
Arthur Allgeier, Freiburg i. B 
Der Verfasser betont einleitend, wie un- 
sicher die meisten Angaben sind, welche die 
loca sacra des Heiligen Landes mit Bestimmt- 
heit identifizieren wollen. Solchen Unmöglich- 
keiten gegenüber beschränkt sich Thomsen 
darauf, die archäologischen Reste der herodia- 
nischen Zeit übersichtlich vorzuführen. Er be- 
handelt die Wasserleitungen, Strassen, Häfen (I); 
Städte, Burgen, Tempel, ‘Theater (II); Jerusa- 
lem (III), den Tempel (IV); Grabanlagen, Bild- 
hauerkunst, Münzen, Inschriften (V). Leider 
fehlt der sachkundigen Darstellung das Bild, 
das für populäre Zwecke doppelt wertvoll ist. 
Der Philologe vermisst namentlich Proben von 
Inschriften, die auch dem einfachen Leser einen 
raschen und leichten, dabei selbständigen und 
sicheren Blick in Kulturverhältnisse ermög- 
lichen. Dazu hätte sich etwa die Bilinguis 
auf dem Grabe der Königin Helena von Adiabene 
geeignet. Auch so bietet jedoch Thomsens 
Skizze eine willkommene Ergänzung zu Franz 
Delitzschs köstlichem Büchlein: Ein Tag in 
Capernaum, Leipzig 1871, das längst eine 


Neugestaltung verdiente. 


Sifra, der älteste Midrasoh zu Levitikus. Nach 
Handschriften neu hrsg. u. m. Anmerkgn. versehen v. 
weil. Lektor M. Friedmann. Ein v. dem mitten 
in seiner Arbeit abberufenen Verf. hinterlassenes Frag- 
ment. Text u. Anmerkgn. bis 3, 9. Mite. Vorwerte v. 
Prof. Dr. Porges. (Schriften, hrsg. v. der Gesell- 


51 


schaft zur Förderg. der Wiss. des Judentums.) XV, 
144 8. m. 1 Bildnis u. 2 Tafeln. gr. 8°. M. 3—. 
Breslau, M. und H. Marcus 1915 u. 


Corpus Tannaiticum. Sectio III: Continens Veterum 
Doctorum ad Pentateuchum Interpretationes Halachicas. 
Pars III: Siphre d’be Rab. Fasc. 1: Siphre ad Numeros 
adjecto Siphre zutta. Cum variis lectionibus et adnota- 
tionibus ed. H.S. Horovitz. (Schriften, hrag. v. der 
Gesellschaft zur Förderg. der Wiss. des Judentums.) 
XXII, 340 S. gr. 8. M. 12 —. Leipzig, G. Fock, 1917. 
Bespr. von Samuel Poznanski, \Varschau. 

Der wichtigste Zweig des talmudisch-midra- 
schischen Schrifttums ist die tannaitische Lite- 
ratur, d. h. diejenigen schriftlichen Denkmäler, 
welche die Ansichten und Meinungen der Ge- 
setzeslehrer der jüdischen Tradition bis zum 
Anfang des dritten Jahrbunderts in sich ent- 
halten. Diese Meinungen haben sich in zwei- 
facher Form erhalten: in Form von Lehrsätzen 
(Mischna, Tosefta und die in den beiden Tal- 
muden zerstreuten Borajtot) und in Form von 
Auslegungen zu den letzten vier Büchern des 
Pentateuch, die in den sogen. halachischen, rich- 
tiger tannaitischen Midraschim (Mechilta, Sifr&, 
Sifré), gesammelt vorliegen. Diese Midraschim 
wiederum existierten einst in zwei stark von- 
einander, sowohl hinsichtlich der Methode und 
der Terminologie als auch des Stoffes, abwei- 
chenden Rezensionen, wovon die eine aus der 
Schule Ismaels, die andere aus der Akibas her- 
vorgegangen ist. Von den gangbaren, vorhan- 
denen tannaitischen Midraschim gehört die 
Mechilta (zu Exodus) zur Schule Ismaels (wes- 
wegen ihr voller Name Mechilta de-Rabbi Ismael), 
der Sifrä (zu Lev.) zu der Akibas, vom Sifré 
endlich gehört die erste Abteilung (zu Num.) 
zur Schulelsmaels, die andere dagegen (zu Deut.) 
zu der Akibas. Die anderen Midraschim waren 
lange Zeit nur aus spärlichen Zitaten bekannt, 
in neuester Zeit aber fanden sich viele Frag- 
mente in den Schätzen der Geniza, sowie be- 
trächtliche Restein dem aus Jemen stammenden 
Sammelwerke Midrasch ha-Gadol (s. OLZ 1917, 
Sp. 110) und wurden danach rekonstruiert und 
ediert i. Eine Ausnahme bildet nur der Sıfrä 
aus der Schule Ismaels, von dem bisher nichts 
aufgefunden worden ist (doch vgl. Bacher, REJ 


1 Grosse Verdienste um die Feststellung und Zu- 
weisung der einzelnen tannaitischen Midraschim zu einer 
der beiden Schulen, sowie um die Rekonstruierung der 
verloren gegangenen Midraschim hat sich besonders Hoff- 
mann erworben, zuerst durch seine Schrift Zur Einleitung 
in die balachischen Midraschim (Berlin !887) und dann 
durch seine Editionen der Mechilta de-Rabbi Simon b. 
Jochai zu Exodus (Fr. a. M. 1905) und des Midrasch 
Tannaim zu Deuteronomium (Berlin 1908—09). Eine 
ziemlich. vollständige Bibliographie der hierher gehörigen 
Literatur findet man in Stracks Artt. „Midrasch“ und 
„Talmud“ in der Herzog-Hauck‘schen Realenzyklopädie 
(s. Nachträge dazu im Ergiinzungsband, s. v.). Ueber 
das Verhältnis von Midrasch und Mischna s. zuletst die 
Abhandlung von Lauterbach, JQR, N. S. 6, 503 £. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 2. 


52 


29, 79 ff. u. Marmorstein in d. Hoffmann-Fest- 
schrift). 

Trotzdem nun die tannaitische Literatur 
(besonders die Mischna) in zahlreichen Auflagen 
erschienen ist, so fehlt es doch bis jetzt an einer 
streng wissenschaftlichen, allen Ansprüchen der 
modernen philologischen Kritik genügenden Aus- 
gabe. Die Berliner Gesellschaft zur Förderung 
der Wissenschaft des Judentums, die sich um 
diese Wissenschaft schon so grosse Verdienste 
erworben hat, beschloss nun die Herausgabe 
eines Corpus Tannaiticum, die eine solche wissen- 
schaftliche Edition der gesamten tannaitischen 
Literatur umfassen soll und betraute mit ihrer 
Bearbeitung namhafte Fachgelehrte. Zwei Werke 
aus dieser Literatur, nämlich der Anfang des 
Sifrä, hgg. als posthume Schrift des bekannten 
Herausgebers der Mechilta und des Sifré, M. Fried- 
mann, und der Sifré nebst Sifré zutta zu Numeri 
ed. S. Horovitz, liegen uns nunmehr vor. 

Auf dem Titelblatte desSifrä und ebensowenig 
in der einleitenden biographischen Skizze von 
Porges (zu der noch eine vollständige Biblio- 
graphie der Schriften Friedmanns hinzugefügt 
ist) findet sich keine Erwähnung, dass diese 
Edition etwa einen Bestandteil des Corpus Tanna- 
iticum ausmachen sollte, und wenn sie es vielleicht 
ursprünglich bilden sollte, so haben die Ini- 
tiatoren jedenfalls den Plan des Corpus wesent- 
lich geändert, da dieser Sifr& sich in Form, 
Anlage und äusserlicher typographischer Aus- 
stattung von dem Sifré bedeutend unterscheidet. 
In Sifrä sind die Textvarianten und die erklä- 


|renden Anmerkungen ineinander gemengt, was 


die Uebersicht ungemein erschwert, wogegen sie 
im Sifré in richtiger Erkenntnis in zwei besondere 
Rubriken geschieden sind. Auch die Anmerkungen 
sind in Sifra viel zu ausführlich, enthalten oft 
Digressionen, die meistens entbehrlich sind (vgl. 
z. B. p. 52, s. v. N OY; p. 64, s. v. ND pn; 
p- 76, s. v. Y J am Ende; p. 119, s. v. Tub, 
wo die Ausführungen über Sadduzäer und Phari- 
säer mir unzutreffend zu sein scheinen, usw.), 
oder berübren Fragen, die eigentlich in eine 
Einleitung zum Sifrä gehören (vgl. z. B. p. 43, 
s. v. Man; p. 46, s. v. POS, wo von einem 
xon 2" die Rede ist, usw.): Dagegen sind 
nun die Anmerkungen im Sifr& ziemlich gedrängt 


ı Hätte Friedmann die Beendigung seiner Edition 
erlebt, so hätte er sie ohne Zweifel mit einer ausfiibr- 
lichen Einleitung versehen, wie er dies bei Mechilta und 
Sifr& getan hat. In dem vorliegenden Fragmente findet 
sich nur eine Einleitung zu der an der Spitze des Sifra 
vorhandenen 13 Regeln des R. Ismael, die aber ungenügend 
ist. So ist z. B. eine der wichtigsten Fragen, nämlich 
die über die Abfassungszeit der den Regeln beigefügten 
Beispiele aus der Bibel gar nicht erörtert und nur nebenbei 
berührt (p. 27; vgl. zu dieser Frage meine Bemerkungen 
REJ 42, 135) 


53 


und erstrecken sich nur auf das notwendigste, 
dafür aber manchmal zu knapp. Es sollten bei 
aller Kürze doch manche, auf den ersten Blick 
nicht ganz verständliche Redewendungen und 
Ausdrticke nicht ohne Erklärung bleiben (z. B. 
oa ens 24, 5; MP Iy nn 27,3; oxenoaw> 
om Sy Duenna 94, 12 etwa „ausgesaugt 
und auf ihren Betten hingestreckt“ usw). Ebenso 
sollten verschiedene seltene Fremdwörter hier 
erklärt werden, damit der Leser es nicht nötig 
habe Wörterbücher nachzuschlagen, wie z. B. 
NIOPEN 90, 8 (oxovrédda, scutella, Schüssel), 
pp 170,21 pn, uaxeAlov, macellum, Laden?) 
usw. In den weiteren Bänden des Corpus wird 
also die Mitte zwischen der Allzuausführlichkeit 
Friedmanns und der oft zu bemerkenden Allzu- 
knappheit Horovitz’s einzuhalten sein l. 


Bei der Herstellungdes Texteskonnten sowohl 
Friedmann als auch Horovitz mehrere Hand- 
schriften benutzen. Bei der Ausgabe des Sifrä 
wurden zunächst zwei Handschriften der Vaticana 
zu Rate gezogen: ms. 31, aus dem Jahre 1073, 
u. ms. 66 mit superlinearer Punktation, und 
von beiden Handschriften ist je eine faksimilierte 
Seite beigegeben. Die zweite Handschrift er- 
weckt wegen ihrer Punktation, die dabei in ihrer 
äusseren Gestaltung mehr mit dem späteren, 
einfacheren System verwandt ist (vgl. G. Mar- 
goliouth, PSBA XV, 1903, 164 ff.), unser be- 
sonderes Interesse und wir legen der Gesellschaft 
sehr ans Herz, die ganze Handschrift faksimi- 
lieren zu lassen und recht bald herauszugeben. 
Diese Handschrift stammt aus dem Orient, da 
sich am Rande eine arab. Glosse findet (Ð 


9 9 y'). Horovitz hatte ebenfalls drei 


Handschriften zur Verfügung, die aber alle nur 
einen geringen Wert besitzen. Ausserdem aber 
benutzten beide zur Feststellung des Textes 
Parallelen und Zitate in der talmudisch-midra- 
schischen Literatur, sowie in späteren midra- 
schischen Sammelwerken, wie in Tobia b. Eliezers 
Lekah Tob, im Jalküt Schimeoni?, in dem ob. er- 


1 Auf einzelne Anmerkungen Hororvitz’s kann hier 
nicht eingegangen werden, doch hätte z. B. bei C DD 
92, 15 auf die Abhandlung Büchlers REJ 42, 211 ff. ver- 
wiesen werden sollen (in einer späten Midrasch-Kompi- 
lation, ms. Br. Mus. 1101“ kommt ein DO pD, ' vor, 
s. JQR, N. S. 7, 130), bei 120, 5 auf Saadjas 595 ED 
(ed. Harkavy, Stud. u. Mitt. 5, 171) usw. Es wäre auch 
zu erwägen, ob in den Anmerkungen nicht auf die Stellung 
der Halacha und ihre Entwickelung in der tannaitischen 
Literatur Rücksicht zu nehmen wäre. 

? Friedmann scheint eine späte Ausgabe des Jalküt 
vor sich gehabt zu haben; so z. B. notiert er p. 42, s. v. 


mb, eine La. WD (= cron |nd) anst. ord 
des Textes, während doch ed. Salonichi des Jalküt 
ebenfalls ypb hat, pen) dagegen ist eine durch 


die Zensur verursachte Korrektur. Dafür hat er sehr 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 2. 


54 


wahnten Jemenitischen Midrasch ha-Gadol, dann 
noch alte handschriftliche und gedruckte Kom- 
mentare zum Sifrä resp. Sifré usw. Die Methode, 
die Friedmann bei der Herstellung seines Textes 
befolgt hat, ist uns, infolge des Mangels 
einer Einleitung, unbekannt, Horovitz dagegen 
nahm zur Grundlage die ed. pr.desSifrö(Venedig 
1545) und bezeichnet Stellen, die bier augen- 
scheinlich fehlen (oft durch Homoioteleuta, s. 
z. B. 117, 22. 141, 2 usw.), durch Klammern 
( X}. Beide aber verfuhren inkonsequent, denn 
sie haben manchmal die La., die sie selbst für 
falsch anerkennen, im Text, die richtige dagegen 
in den Varianten (s. z. B. Sifrä 36, 6 u. p. 56 
inbezug auf das Wort 7521; Sifré 170, 14; 
171,22, dann besonders 16, 11, wo das augen- 
scheinlich fehlende nach mp’ nach Babli Sota 
15b ergänzt werden konnte). Ein Stück des 
Sifré (47,5—48,16) ist mit kleinen Typen ge- 
druckt, weil es ein späterer Zusatz ist, aber 
mit ebensolchen Typen sollte 69, 10—12 gedruckt 
werden, das ebenfalls späterer Zusatz ist, wie 
der Name des Amoräers Samuel b. Nahmäni 
beweist (vgl. Bacher, Ag. d. pal. Amoräer I, 
484), dann vielleicht auch noch 180, 7 — 182, 24, 
das zwar gutes tannaitisches Gut enthält, aber 
eher zu einem Midrasch zu Deut. gehört und 
ihm entnommen zu sein scheint. 


Die Einteilung des Sifrä ist in der vorlie- 
genden Ausgabe eine andere als in allen bis- 
herigen. In alter Zeit war er in neun grosse 
Abteilungen (DPD oder O02) oder in 80 kleine 
Abschnitte (FW] ) eingeteilt!. Jetzt ist er in 
14 Abteilungen (O27 oder ep) eingeteilt, 
wovon jede in kleinere Abschnitte (]) und 
Kapitel (O’p”5) zerfällt, aber in ganz eigenar- 
tiger Weise. Die Abschnitte und Kapitel laufen 
unabhängig voneinander parallel einher, wobei 


richtig in Erwägung gezogen, dass man bestrebt war 
die tannaitischen Midraschim, die eine ältere Stufe der 
Halacha darstellen, nach dem Talmud zu korrigieren 
(worauf besonders Geiger hingewiesen hat), und macht 
auf solche tendenziöse Aenderungen in s. Aumerkungen 
aufmerksam (s. z. B. p. 46, s. v. N; p. 51, s. v. 12); 


p. 67, 8. v. OD); p. 104, s. v. RN; p. 116, s. v. 
Ne usw.). Ein Teil dieser Varianten stammt allerdings 
auch davon, dass der Talmud im Sifr andere Laa. vor 
sich hatte, s. Hoffmann, |. c., 33 

ı S. über diese ältere Einteilung Hoffmann, l. c., 21 (vgl. 
auch Marmorstein, Midrash Haserot we- Yeserot Lond. 1917, 
p.3,n.7).In Num. r. 18, 17 heisst es: E72 nn" Op, 
in Hal. Gedolot “507 ‘$= Ende dagegen: Dam 24) 
owns Aan. Sollte hier ein Einfluss des Arabischen 
vorliegen und pan = N sein? (In der mittel- 
alterlichen Uebersetzungsliteratur steht dafür g Wogen; 
doch kommt, besonders bei Karäern, auch vor, 
so z. B. in Jesu‘as may THD, ed. Markon, p. 135. 144). 
In der tannaitischen Literatur bedeutet „137 als Ter- 
minus: Gottesrede, Offenbarungswort, s. Bacher, Die 
älteste Terminologie, p. 18. | 


5b 


die Kapitel nicht mit dem Anfange einer jeden 
Abteilung, sondern (von zwei Ausnahmen ab- 
gesehen) in der Mitte des ersten Abschnittes 
beginnen. Jeder Abschnitt und jedes Kapitel 
zerfällt wiederum in einzelne Paragraphen. 
Friedmann bat nun die Einteilung in Kapitel 
und Paragraphen ganz ausgelassen und die Ab- 
schnitte mit Ueberschriften versehen. Ich weiss 
nicht, ob er hier den Anweisungen irgendeiner 
Handschrift gefolgt ist!, denn in den beigefügten 
Tafeln finden wir z. B. in der aus ms. Vat. 31 
(zu 24, 21—25, 6; die einzelnen Abteilungen 
werden hier XM genannt) die Einteilung nur 
in Kapitel (op und Paragraphen, so dass 
Kap. 1 der Agg. hier schon Kap. 2 entspricht, 
in der aus ms. Vat. 66 wiederum (zu 19, 11— 15) 
wird am Ende eines jeden Kapitels die Anzahl 


der Paragraphen (mòn) angegeben?. Jedenfalls 
ist dadurch, dass Kapitel und Paragraphen in 
unserer Ausgabe nicht angegeben sind, das Auf- 
finden von Zitaten aus dem Sifrä sehr erschwert. 
Der Sifré ist nur in Paragraphen (N pe) ein- 
geteilt (ihre Zahl beträgt zu Num. 161) und diese 
Einteilung ist auch in ed. Horovitz beibehalten. 
Daneben war der Sifr& noch in Borajtot ein- 
geteilt (s. 49,8. 150,14 u. am Schluss; dann 
vgl. noch Einleitung, p. XIV), aber die betreffenden 
Angaben sind ganz rätselhaft und entziehen sich 
jeder Erklärung. Sehr zu bedauern ist, dass 
wie in allen bisherigen Ausgaben, auch in den 
unsrigen, Kapitel und Verse der Stichwörter 
nicht angegeben sind und dies wird bei den 
weiteren Bänden des Corpus zu vermeiden sein. 
Dafür sind Kapitel und Verse der im Textzitierten 
Bibelstellen angegeben, wiewohl sie hie und da im 
Sifrs fehlen (s. z. B. 1, 3. 2, 4. 21, 1. 72, 10 usw.). 

Zu seiner Edition des gangbaren Sifré zu 


t Abschn. 14 beginnt bei Friedmann (p. 26), den 
Handschriften gemäss, mit 3, 1, was richtiger ist als in 
den bisherigen Ausgaben, wo dieser Abschnitt mit 3, 3, 
also in der Mitte eines Themas, beginnt. 


» Die Einteilung auf der uns vorliegenden faksimi- 
lierten Seite ist allerdings nicht ganz klar. Vor 19, 11, 
wo in den Agg. Kedoschim Abschn. 2 beginnt, heisst 


es: 5 u ` (sic!) 3945 WD, was sich aber nur auf das 
vorhergehende beziehen kann, denn das darauffolgende 


Kapitel hat nicht 9, sondern 16 Paragraphen. Damit 
stimmt nun, dass es am Anfang von 19, 15, wo in den 


oe 9 . 
Agg. Kap. 4 beginnt, heisst: y 55 4 (sic!) pna. Es 
ist also 3945 in der ersten Unterschrift zu streichen 
und der Sifr& wäre auch hier in Kapitel und Abschnitte 
eingeteilt. Allerdings hat 19, 1—14 zu wenig Text für 
4 Abschnitte und 4 Kapitel. 

Der weiter unten zu erwähnende Sifr& zutta war 
in Abschnitte (my yp) eingeteilt, s 331, 1 u. 332, 24, wo 
am Rande von 36, 11 5) hu und am Rande von 35, 16 
DP Twp. Wenn aber die Abschnitte so klein waren, 
wie konnte fast am Schluss von Numeri erst Abschn. 
12 u. 13 gezählt werden? Es sei denn, dass mebrere 
Absehnitte eine Abteilung bildeten. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 2. 


56 


Num., die, wie bereits erwähnt, aus der Schule 
Ismaels hervorgegangen ist, hat Horovitz die 
des „kleinen Sifr&* (xon DD; auch Yu HD 
„ww or, NU wow und dgl. benannt, s. Hoff- 
mann, l. c., 59 u. Jew. Enc., s. v.), der alle 
Merkmale eines tannaitischen Midrasch aus der 
Schule ‘Akibas aufweist, hinzugefügt. Dieser 
Midrasch lag noch in einer Handschrift ‘Azarja 
de Rossi (XVI. Jahrh.) vor, ist aber seitdem 
verschollen und war lange Zeit nur aus Zitaten, 
die besonders im Jalküt sehr reichlich vorhanden 
sind, bekannt (s. Brüll in d. Graetz-Jubelschrift, 
p. 180). Erst in neuester Zeit wurde ein kleines 
Fragment des Originals (zu 31,23—24 u. 35, 
11—22) in der Geniza aufgefunden und von 
Schechter ediert (JQR VI, 657 ff.), und dann 
wurden beträchtliche Stücke wiederum im 
Midrasch ha-Gadol entdeckt. Auf Grund dieses 
Fragmentes und sämtlicher Anführungen wurde 
der Versuch einer Rekonstruktion alles Vor- 
handenen zuerst von B. Königsberger gemacht, 
der aber nicht über zwei Lieferungen hinaus- 
kam, dann eben von Horovitz (Der Sifre Sutta 
nach dem Jalkut: und anderen Quellen, Breslau 


|1910; S.-A. aus MGWJ, Jahrg. 50—54), der 


nun hier seine erste Edition nochmals wieder- 
holt und sie äusserlich der Edition des Sifré ganz 
angepasst hat, also ist auch hier die Bearbeitung 
in hebräischer Sprache und sind auch hier Var- 
ianten und Erklärungen getrennt usw.!. Wir 
würden es vorziehen, wenn Sifré und Sifré zutta 
in parallelen Kolumnen gegenübergestellt wären, 
wodurch das Studium der Unterschiede in Me- 
thode und Ausdrucksweise der beiden Schulen 
bedeutend erleichtert wäre (man stelle z. B. 
beide zu 6, 3 [p. 26. 240] gegeneinander) und 
empfehlen ein solches Verfahren bei der bald 
zu erwartenden Edition der beiden Mechiltas 
und des Sifr& zu Deuteronomium. 

Bei einer Rekonstruktion eines alten Werkes, 
wie das unserige, ist selbstverständlich nie die 
Gewissheit vorhanden, dass die aufgenommenen 
Stücke wirklich in ihm enthalten waren, umso- 
mehr als eine der Hauptquellen, nämlich der 
Midrasch ha-Gadol nie seine Quellen nennt (im 
Gegensatz zu Jalküt. Es scheint mir also 
z. B. als sicher, dass der ganze Passus zu 14, 34 
(p. 279) nicht aus dem Sifré zutta herrührt, da 
dieser Midrasch nur diejenigen Stellen der Numeri 
kommentiert, die auch Sifrê erklärt hat, hier 
aber ist gar keine Auslegung zu dem Abschnitt 


! Stellen, die auch in Sifr& fast wörtlich vorkommen, 
sind hier mit kleinen Lettern gedruckt (248, 2—20; 
266, 1—20; 267, 4—17 usw.). Es sind das ausschliesslich 
agadische Auslegungen, die die Redaktoren der beiden 
Schulen aus einer gemeinsamen Quelle geschöpft zu haben 
un Dasselbe ist aueh bei den beiden Mechiltas 
der Fall. 


67 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 2. 


68 


über die Kundschafter enthalten. Andererseits 
waren im S. z. viele Auslegungen enthalten, 
die sich in Zitaten nicht erhalten haben, wie 
z. B. zu 25, 1 ff. 10ff.; 28, 9; 31, U ff. usw. (vgl. 
auch Einleitung, p. XX). — Die erklärenden 
Bemerkungen Horovitz’s sind hier etwas aus- 
führlicher als bei denen zum Sifr&, aber auch 
hier hätten viele Stellen, und besonders einzelne 
unverständliche Ausdrücke, eineErklärung finden 


sollen, wiez. B. das rätselhafte ,] Wm h (271 J. Z.), 
das nur in der Mechilta de-Rabbi Simon b. Jochai 
(ed. Hoffmann 75, 20) vorkommt und das dem 
Zusammenhange nach „sich quälen“ zu bedeuten 
scheint; yz’ 317, 3, das vielleicht „unnötige 
Worte häufen“ bedeutet und dgl. 

Hatten wir auch so manches an den Editionen 
auszusetzen i, so muss man doch die Leistungen der 
Herausgeber, und ganz besonders die Horovitz's, 
als eine vorzügliche anerkennen. Seine Edition 
muss ganz speziell als ein grosser Schritt vor- 
wärts zum Verständnis der tannaitischen Lite- 
ratur, deren Wichtigkeit immer mehr anerkannt 
wird, betrachtet werden. Diese Edition wird 
nun auf dem Titelblatt als ein Bestandteil der 
dritten Abteilung des Corpus Tannaiticum, welche 
die tannaitischen Midraschim umfassen soll, 
bezeichnet. Die ersten zwei Abteilungen werden 
also wohl die Mischna und die Tosefta umfassen, 
wirzweifeln aber nicht, dass das Corpus wohl alles 
enthalten wird, was von den Tannaiten auf uns 
gekommen ist, also auch die in den beiden Tal- 
muden zerstreuten Borajtot, die Borajta über 
die Stiftshütte, die Weltchronik Seder “Olam, 
dann aber auch alle ihre agadischen Aussprüche, 
die ja an der Hand von Bachers klassischen 
Agada der Tannaiten so leicht zusammenzu- 
stellen ist?. Ausserdem aber wird das Corpus 
noch zwei Supplementbände enthalten müssen, 
und zwar eine ausführliche Einleitung in die 
tannaitische Literatur, zu der bisher nur Vor- 
arbeiten vorhanden sind, dann ein Wörterbuch 
zu dieser Literatur, das auch die verschiedensten 
Register (Eigennamen, Bibelstellen, Ortsnamen, 
halachische Termini, Realien usw. usw.)wird ent- 
halten müssen. Die Gesellschaft zur Förderung der 
Wissenschaft des qudentums wird sich dadurch 
ein neues Ruhmesblatt auf dem Gebiete ihrer 
bisher so fruchtbaren Tätigkeit erwerben. 


Krause, Paul R.: Die Türkei. (Aus Natur und Geistes- 
welt 469.) III, 136 S. kl 8°. Leipzig, B. G. Teubner, 
1916. Bespr. von Fr. Sc hwally, Königsberg i. Pr. 


Dieses inhaltreiche Bändchen behandelt S. 
4—20 das Land, S. 20—36 die Bevölkerung, 


1 Zum Sifré ed Horovitz vgl. noch meine hebr. 


. Broschüre pnan wym (Warschau, 1917; S.-A. aus 


der Hazefira). 
V Allerdings wäre auch noch die anonyme Agada zu 
untersuchen und festzustellen, was in ihr tannaitisches ist. 


ll SD — ˙ ˙ ſ ü Een rn ...mʒ⁊ꝛwñ(Ld iu³vçd ĩo—.:L0ͥ)ũ —........;ñ7x?é“⁵L —ͥ— —¾¼ 
—— — — a» 


S. 36—62 die Geschichte, S. 62—75 Verfassung 
und Verwaltung, S. 75 — 113 das wirtschaftliche 
Leben, S. 115—135 die materielle und geistige 
Kultur, S. 135 die Beziehungen zu anderen 
Ländern. Der Verfasser, welcher 23 Jahre in 
der Türkei und davon sechs Jahre im türkischen 
Staatsdienst zugebracht hat, kann zu den besten 
Kennern des Landes gezählt werden. Da er 
von Beruf Bergingenieur ist, haben seine Aus- 
führungen über die geologischen und wirtschaft- 
lichen Verhältnisse besonderen Wert. Seine 
zahlreichen Ratschläge und Winke für den deut- 
schen Wirtschaftler, der sich in der Türkei zu 
betätigen wünscht, verdienen die ernsteste Be- 
achtung. Dass ihm auf historischem, philolo- 
gischem und theologischem Gebiete hier und da 
Irrtümer unterlaufen sind, ist bedauerlich, kann 
aber den Wert der trefflichen Arbeit als Ganzes 
nicht beeinträchtigen. S. 14 Hunde kommen 
gewiss in der Tiirkei als Haustiere vor, aber 
nicht bei Muhammedanern. Die Worte, Armoriter 
der Bibel“ S. 20 sind zu streichen. Die Sta- 
tistik über die Verbreitung der Juden S. 28 ist 
sehr mangelhaft, weder der grossen Judenkolo- 
nien in Palästina, Syrien, Mesopotamien noch 
Südarabien ist gedacht. Die Ausführung über 
den Titel Bey S. 34 ist widerspruchsvoll. S. 36 
Die Verschleierung der Frau ist jedenfalls ein 
von der Religion sanktionierter Brauch, der so 
fest eingewurzelt ist, dass ihn die jungtürkische 
Regierung nicht abschaffen konnte. S. 56 Der 
Wert der Verfassung von 1876 wird stark über- 
schätzt, sie war eher ein coup de théatre, wie 
ein boshafter Diplomat sie einmal genannt hat. 
Es ist auch nicht wahr, dass Abdulhamid durch 
die Unterdrückung der Verfassung den Krieg 
mit Russland verschuldet hat (S. 55 f.). Viel- 
mehr wurde das Parlament erst aufgelöst, als 
der Feind schon dicht vor den Toren der Haupt- 
stadt stand, und es ist sogarnichtausgeschlossen, 
dass diese Auflösung unter russischem Drucke 
erfolgte. Was S. 53 u. über das Verhältnis 
des Präliminarfriedens von St. Stefano zum 
Berliner Vertrag gesagt wird, ist genau das 
GegenteildesRichtigen. Gerade auf demBerliner 
Kongress wurden die masslosen Forderungen 
der Russen bedeutend eingeschränkt. Die Angabe 
S. 116, dass bei den Mahlzeiten der Türken 
vor dem Auftragen jedes neuen Gerichtes eine 
rituelle Waschung vorgenommen würde, beruht 
auf mangelhafter Beobachtung. Das dem Ver- 
fasser rätselhafte Wort „Kaftan“ (S. 119 f.) ist 
zwar im jetzigen Osmanisch nicht mehrgebräuch- 
lich, war aber der älteren Sprache keineswegs 
fremd. Es stammt aus dem Persischen und ist 
durch Vermittelung der tatarischen Dialekte in 
die slawischen Sprachen und von da weiter in 
andere westeuropäische Sprachen eingedrungen. 


50 


Urientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 2. 


60 


Das mohammedanische Glaubensbekenntnis ist | Konflikt, aus dem der Autor sich nur durch einzelne 


S. 122, wie in populären Büchern gewöhnlich, 
fehlerhaft wiedergegeben. Die S. 124 laut ge- 
priesene Anhänglichkeit des Türken an seinen 
Lehrer ist ganz unverständlich, wenn man nicht 
weiss, dass hoga speziell den Religionslehrer 
bedeutet. 


‘Schulman, Leon: Zur türkischen Agrarfrage, Pa- 
lästina und die Fellachenwirtschaft. (Archiv 
f. Wirtschaftsforschung im Orient. 2. ausserordentl. 
Veröffentlichung). XXVIII, 182 S. gr. 8°. M. 4.60; 
geb. M. 6—. Weimar, Gustav Kiepenheuer, 1916. 
Bespr. v. Max Löhr, Königsberg i. Pr. 


Ein aktuelles Thema. Der Verfasser be- 
handelt im ersten Teil: Palästina als Wirt- 
schaftsgebiet, Geschichte, Bevölkerung, Ver- 
teilung des Grundeigentums und die Pacht- 
verhältnisse. Das innere Dorfwesen und der 
arabische Betrieb in der Gegenwart. 
duinen. Der zweite Teil hat zum Inhalt die 
Steuer- und Zollpolitik, die Steuern und die 
Einflüsse der Zollverbältnisse auf die Land- 
wirtschaft und die Verarbeitung der ländlichen 
Rohstoffe. Ein kurzer dritter Teil beschäftigt 
sich mit Religion, Volkscharakter und Volks- 
wirtschaft. Der Nachdruck ist auf den zweiten 
Teil gelegt, und, wie für jeden, der nur einiger- 
massen mit den Verhältnissen Bescheid weiss, 
von vornherein klar ist, laufen die Ausführun- 
gen des Verfasser’s in die Forderung aus nach 
einer gründlichen Reform des Steuerwesens 
und der Handelspolitik der türkischen Regie- 
Tung. Vielleicht kommt es dazu, inschalla! — 
Allen Kennern und Freunden des schönen 
Landes wird das Buch eine sehr belehrende 
Lektüre sein. 


Sprechsaal. 


Zur Umschrift der biblischen Namen. 
Von Rudolf Kittel. 


Diese Frage bedarf, wie es scheint, wieder einmal 
der Erwägung. „Da liesst (sic) man Ror, Nablus, Wadi, 
Bahr-el-Hule, Hauran, “Adschlun, Betseän, Derat, Taanak“ 
... schreibt Thomsen im Dezemberbeft 1917 (Sp. 371) in 
einer Anzeige meiner „Geschichte des Volkes Israel“ I“. 
Ich frage mich: wie soll man eigentlich anders lesen? 
Thomsen aber meint augenscheinlich: Ror, Nablus, Wadi, 
Béts'an, Tad onak usw. Ich habe da, wo es mir nötig 
schien — z. B. in meiner Schrift: „Ueber die Möglich- 
keit und Notwendigkeit einer neuen Ausgabe der he- 
bräischen Bibel“ — nach Kräften auf richtige Wieder- 
gabe der Eigennamen gehalten. Anderwärts aber habe 
ich auch mit gutem Bedacht auf strenge Folgerichtigkeit 
verzichtet. Hätte mein Kritiker sich die Mühe genommen, 
die 1. Auflage des von ihm angezeigten Werkes einzu- 
sehen, so hätte er dort im Vorwort die Bemerkung ge- 
funden: ... „ich muss hier um ein billiges Urteil bitten 
Dasselbe gilt von der Transkription. Geschmack und 
Wissenschaftlichkeit kommen bei ihr in einen gewissen 


Die Be-| 


Inkonsequenzen ziehen kann.“ Man sieht daraus, dass 
ich als junger Anfänger für nötig hielt, mich zu ent- 
schuldigen. Auf meine alten Tage meinte ich den Satz 
weglassen zu können. Das dort Gesagte ist heute noch 
meine Meinung, nur dass ich inzwischen auch noch die 
Rücksicht auf den Setzer in meine Beweggründe auf- 
genommen habe'. So habe ich mir, ohne bisher von 
jemand darob zurechtgewiesen zu sein, die Praxis aus- 
gebildet, die geläufigen biblischen Namen, wo sie in 
einem grösseren Zusammenhang zum erstenmal vorkommen 
(so Taanak 119), Kiš neben Kis (58), nach Möglichkeit 
genau wiederzugeben, im weiteren Verlauf aber nach 
der überlieferten odar einer ihr nahestehenden Schreib- 
weise, und bei den arabischen die Quantität und die 
diakritischen Punkte nur da anzugeben, wo Missverständ- 
nisse möglich sind. So sind auch Schreibungen wie 
Betsean und Derät (als Abwehr von Betséan und Derat 
gemeint. Dass darin etwas Unvollkonmenes, weil Un- 
ebenes liegt, weiss ich längst. Aber wie soll man sich 
— dazu in unserer Zeit der ins ungemessene steigenden 
Satzkosten — helfen? Ich würde die Frage, wenn sie 
nur mich persönlich anginge, nicht berühren. Aber sie 
hat ein allgemeines Interesse für alle mit alttestament- 
lichen Stoffen Arbeitenden. Ich und die meisten anderen 
schreiben: Jakob oder allenfalls Jagob, Isaak oder Isaag, 
Betsean, Kis usw. Nach Thomsen miisste man wohl durch- 
weg schreiben: Ja aq Jishaq, Betse dn, Taenak?. 
Gewiss schön und gut — aber höchst umständlich. 
Und sieht ausserdem viel gelehrter aus als es ist, 
was indes gewiss nicht die Meinung von Thomsen ist. 
Ich möchte darum nach wie vor vorschlagen, dass wir, 
vor allem bei den lieben alten Bekannten, Isaak oder 
Isaaq, Jakob oder Jagob, Betsean, Hauran usw., es beim 
alten lassen. Sehe ich mich bei anderen um, so finde 
ich bei Wellhausen in aller Seelenruhe Jojakim, Zadok 
usw. ohne jeden Punkt und jedes Lingezeichen, bei 
Kautzsch desgl. Sebulon, Bochim, Zadok, Jojakim neben 
Chorma, Chabab. Besonders erfreulich finde ich, dass 
Thomsen selbst, — et tu Brute! — ganz vernünftig auch 
Bethel, Bethsemes u. dgl. schreiben kann (Altertumsk. 104), 
und sogar sich zu Aseka versteigt, während schlechte 
Menschen wie ich in solchem Falle wenigstens Aseqa 
oder Azeqa und Hizqia schreiben würden. Und neben 
jenem Aseka steht dann wieder fröhlich Geser, Ziph, 
Sion u. dgl, Ebenso neben Fermen wie Lachis (mit ch) 
steht ruhig lammelek (86), neben Hauran Hamath und 
Harran (106), mit blossem H. Wozu also der Lärm? 
Den Notstand habe ich a. a. O. schon 1888 voll erkannt. 
Eine reinliche und folgerichtige Beseitigung ist ohne 
grosse Umständlichkeit, wie sie sich nur für spezifisch 
philologische, geographische und ähnliche Veröffent- 
lichungen empfiehlt, nicht wohl möglich. Ich danke 
für die wohlwollende Belehrung, dass solche Werke 
„peinlich genau“ sein müssten, muss sie mir aber von 
solchen ernstlich verbitten, die nicht selbst mit dem 
Beispiel vorangehen“. 


1 Das vielfache Abspringen der oberen Punkte auf 


A und U habe ich selbst am lebhaftesten bedauert. 
Aber es gehört ziemlich viel guter Wille dazu, so etwas 
dem Autor aufzuhalsen. 

2 Obwohl er selbst, wenn auch nur teilweise und 
ohne jede Folgerichtigkeit, die biblischen Ortsnamen 
mehrfach in der hergebrachten Schreibung gibt, also 
z. B. Thaanach, aber auch Sion. 

3 Auch in seinem Palästina usw.? 1917 schreibt er 
wieder jenes Aseka; Lachis und Sephela neben Beth- 
schemesch; Schema neben Schema ! 


61 


Altertums-Berichte. 
Aegypten. 


An der Bucht von Abukir ist eine grosse alt- 
ägyptische Niederlassung entdeckt worden. Man vermutet, 
dass man es mit dem antiken Canopus, dem vor- 
alexandrinischen Handelsmittelpunkt des Landes, zu tun 
hat. Bis jetzt wurden ein Öffentliches Bad aus der Zeit 
der Ptolemiier, Bronzemünzen, einige Kunstgegenstände 
sowie eine chinesische Statue ausgegraben. Man kann 
aus diesem letzteren Funde auf das Bestehen von Handels- 
beziehungen zwischen Aegypten und China, zum mindesten 
auf indirekte, schliessen. 


Griechenland. 

In Griechenland waren die Franzosen wäbrend der 
Besetzungszeit dieses Gebietes archäologisch tätig. In 
Delphi haben sie nicht nur an der Ausgrabung des 
Apollotempels weitergearbeitet, sondern auch die Fıei- 
legung des sogenannten römischen Markts in Angriff 
genommen. Dabei sind bereits einige wichtige Funde 
zutage getreten. 

In Philippi wurden das ehemalige Haupttor, durch 
das die Via Egnatia führte, und das Theater freigelegt; 
es soll die grössten attischen Theater an Umfang über- 
treffen und sich auch durch bauliche Eigentümlichkeiten 
auszeichnen. Am Abhang der Akropolis von Philippi 
fand man, ausser zahlreichen Kunstschätzen, auch einige 
geschichtlich wichtige Inschriften. 

In Dion stiess man auf eine altmakedonische Stadt 
und konnte bereits ihren Umfang bestimmen. 

Auf Gallipoli wurde die Nekropole von Eleus, der 
berühmten Kolonie des älteren Miltiades, östlich von 
Sedd-ül-Bahr lokalisiert. 

Auf Delos gingen die Franzosen an die Ausgrabung 
des Kynthos und vor allem des dem Zeus und der Athene 
gewidmeten Heiligtums auf der Spitze des Heiligen Berges. 
In der Umgebung wurden einige kleinere Kultstätten, 
so ein Poseidontempel, entdeckt. Aehnliche Funde 
konnten auch auf Thasos gemacht werden. W. 


Mitteilungen. 


W. M. Ramsay ist es in Antiochaia in Pisidien ge- 
lungen, die Fragmente eines Denkmals mit den Res 
gestae Divi Augusti zu entdecken. Sie sollen für 
die rdmische Geschichte ausserordentlich wertvoll sein. 


Die türkische Regierung hat die Gründung einer 
grossen Urkundenbibliothek für die Geschichte 
des Islams beschlossen. Sie wird in Konstantinopel 
untergebracht werden und alle Dokumente, gedruckte und 
handschriftliche, die für das betreffende Forschungsgebiet 
von Interesse sind, zusammentragen. Uebrigens sind vor 
kurzem wichtige Quellenwerke für die Kenntnis des 
1. Jabrhunderts der mohammedanischen Zeitrechnung in 
Damaskus entdeckt worden. W. 

Amtl. Ber. Kgl. Museen Berlin XXXIX 4. Erwerbung: 
Bronzefigur eines unägyptischen Gottes (Geschenk). 

Das Scminar für Orientalische Sprachen zu 
Berlin hat einen Einführungskursus in das Georgische 
eröffnet. Am 1. Februar hatte eine Vorbesprechung dieser- 
halb stattgefunden. 


Personalien. 


J. Wellbausen in Göttingen ist gestorben. 

Adam Mez, Ordinarius für orientalische Sprachen 
in Basel ist gestorben. 

Gustav Dalman, der Vorstener des Evangelischen 
Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes 
in Jerusalem, ist nach Greifswald berufen worden. 

Der Aegyptologe George Legrain ist in Paris ge- 
storben. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 2. 


62 


Zeitschriftenschau. 


+ = Besprechung; der Besprecher steht in (). 


Allgemeine Missionszeitschrift. 1917: 
Oktober. Mitteilung: Profeten des lslams in Westafrika. 

Amtl. Ber. a.d. Kgl. Kunstsammlungen. 1917: 
XXXVIII, 6. O. Wulff, Neuerwerbungen mittelalterlicher 
byzantinischer Keramik. 
7. W. Schubart, Ptolemaios Philopator und Dionysos. 
9. W. F. Volbach, Einige Neuerwerbungen der früh- 
christlichen Epoche (darin zwei koptische Bronzelampen). 
11. R. Zahn, Spätantike Silbergefässo'; zu dem Hono- 
riusschmucke und den durchbrochenen Goldarbeiten. 
12. W. Schubart, Walburg, die Sybille; ein lateinischer 
Empfehlung»brief. — R. Zahn, Zum Honoriusschmuck. 
XXXIX, 2. Hubert Schmidt: Frühgeschichtlicher Gold- 
schmuck. — Erwerbungen: Aegypt. Abt: Sämtliche 
Platten der photographischen Expedition der Kaiser 
Wilhelmgesellschaft zur Erforschung der ägyptischen 
Darstellungen von Fremdvölkern. 

Annal. du Serv. d. Antiquités de l'Egypte. 1915: 
B. 15. v. Bissing, Les tombeaux d’Assuan. — J. Clédat, 
Fouilles à Cheikh Zouède. — T. Smolenski, Les peuples 
septentrionaux de la mer sous Ramsès IT et Minéphtah. 
— G. Daressy, Cylindre on bronce de l'ancien Empire. 
— C. C. Edgar, A building of Merenptah at Mit Rahine; 
Some Greek inscriptions. — G. Lefebure, Egypte chré- 
tienne § 6. — G. Daressy, Trois stèles de la période 
bubastite; Une stèle de l'ancien Empire maintenant 
détruite; Un monument du tempsdes Hyksos — A. Barsanti, 
Rapports sur les travaux exécutés au templo de Séti I 
à Gournah de 1910 à 1913; Rapport sur les travaux de 
consolidation exécutés a Kom Ombo pendant l'hiver de 
1913/14. — Ahmed Bei Kamal, Rapport sur les Fouilles 
exécutés dens la zone comprise entre Deirout, au nord, 
et Deir-el-Ganadlah, au sud; Le tombeau nouveau de 
Méir. — G. Legrain, Le premier Prophète d'Amon Ap- 
ouaitou-mes; La litanie de Ouasit; La déesse Shahdidiit. 

Archiv f. Wirtschaftsforsch. im Orient. 1917: 
1. (Fortsetzung ans OLZ 1917 Sp. 317) — *8. Jacob, Hilfs- 
buch für Vorlesungen über das Osmanisch-Türkische, 
4. Teil (u.) M. R. Kaufmann, Türkische Erzählungen 
(R. Junge). — *A. Nosrig. Die neue Türkei und ihre 
Führer (Sussnitzki). — *S. Krause, Die Juden Mesopo- 
tamiens in Handel und Wandel (R. Junge). — E. F v. 
*Kaurimsky, Das ottomanische Immobilarrecht (Nord). — 
A. Ruppin, Syrien als Wirtschaftsgebiet (u.) *H, Grothe, 
Das Wirtschaftsleben der Türkei (u.) *G. Herlt, Die 
zukünftige Stellung der Pontusländer (u.) T. Canaan, Die 
Winte:saat in Palästina (R Junge). — *O. Quelle, Die 
syrische Auswanderung (Tillmann). — C. A Schaefer, Die 
türkische Salzausfubr nach Indien. 
J. 2 H. 2. Krause, die Wälder Kleinasiens. — Herlt, 
Bemerkungen über Holzverwertung und Holzhandel in der 
Türkei mit besonderer Berücksichtigung von Korstanti- 
nopel. — Jeussen, Ma: xistische Britiäge zum Problem der 
Wirtschaftsentwicklung und Wirtschaftsforschung im 
Orient. — Schulman, Zur Seidenindustri» in Syrien. — 
Brass, Aus der Tierwelt (R. Junge. — Zeller, Das See- 
recht in den Assisen von Jerusalem nach der Handschrift 
Venedig (R. Junge). — *Wendt, Schlesien und der Orient 


ı Wenn Zahn den Namen Abalatos von bubylonisch 
uballit ableiten will, demgegenüber aber Lidzbarski in 
ihm einen arabischen Namen der Form gatalatu sehen 
will, so wird letzterer wohl Recht haben. Nur den Ge- 
gengrund L.'s gegen Zahn’s Annahme, dass babylonische 
Namen sich kaum bis ins IV. Jahrh. n. Chr. erhalten 
haben werden, kann ich nicht für durchschlagend halten. 
Wird doch in der arabischen Literatur der Baumeister 
Sin-immar erwähnt — die genaue Stelle kann ich jetzt 
nicht angeben, da meine Augen mir längere Nachsuche 
noch nicht gestatten. F. E. P 


63 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 2. 


— —— ꝓ —— . . —éẽ— ——— — PP ——ä ͤ w uw'7— —— —— —ͤ— 


(R. Junge). — Henert, Was der deutsche Kaufmann und 
Unternehmer über die Türkei wissen soll (D. Trietsch). 
— Schmidt, Auskunftsbuch für den Handel mit der Türkei 
D. Trietsch). — *lrietsch, Baumkulturen in Syrien und 
alästina ; Spezialkulturen in Syrien und Palästina (H Till- 
mann). — *Herlt, Die Molkerei in der Türkei (H. Tillmann). 
Journal Ariatique. 1917: 
Janv.-Fevr. R. Weill, La fin du moyen empire. E'gyp- 
tien. Compléments. — 1. B. Chabot, Punica. La collection 
de la Toisen d’or. — *A. Boissier, Seconde note sur la 
publication des textes divinatoires (assyro-babyloniennes) 
du British Museum (Ch. Virolleaud). — G. Conteneau, 
Un bas-relief ussyrien du Musée du Louvre. — M. Vernes, 
Utilisation religieuse des monuments mégalithiques par les 
anciens Hébreux: Galgala et le Sinai. à 


Journal of the R. Asiatic Society. 1917: 
January. Th. G. Pinches, The Language of the Kassites. 
— F. Legge, Forerunners and Rivals of Christianity, 
being Studies in Religious History from 330 B. C. to 
A. D. 330 (I. Kennedy). — *Ramaprasad Chanda, The 
lndo-Aryan Races (A. B. Keith). — *H. Schaeffer, The 
Social Legislation of the primitive Semites (T. G. Pin- 
ches). — E. Naville, L'Archeologie de l'Ancien Testament 
(T. G. Pinches). — In der Sitzung der R. A. S. vom 
12. Dez. 1916 sprach A. Cowley über „Professor Hrozuy's 
Views on the Hittite Question“. 


Proo. of the Soc. of Bibl. Arch. 1914: 
XXXVI, Nov. A. H. Sayce, Geographical Notes on the 
Hittite Hieroglyphic Inscriptions. — R. N. Gedyun, An 
Omen Text dealing with Hauses. — W. L. Nash, Notes 
on Some Egyptian Antiquities (XV). — S. Langdon, An 
Acount of the Pre-Semitic Version of the Fall of Man. 
Dec. L. C. Hopkins, Chinese and Sumerian. — E. J. 
Pilcher, Two Bronze Talismans. — W. L. Nash, A Scarab 
and a Leaden Sling-bolt from Samaria. — 8. Langdon, 
A seal of Nidaba, the Goddess of Vegetation. — F. W. 
Read, Egyptian Koyal Accessions during the old Kingdom. 
. Warner, An Introduction to the Archaeology of 
Prehistoric Greece (A. H. Sayce). 

1915: XXXVII, Jan. A. H. Sayce, The Inscriptions of 
Carchemish. — L. W. King, Foundation- Inscriptions 
from the Royal Palace of Erech. — L. C. Hopkins, Chinese 
and Sumerian. — F. W. Read, Egyptian Royal Accessions 
during the old Kingdom. — 8. Langdon, Philological 
Comments on K 45. 
Febr. (sieh OLZ 1915 Sp. 221). 
March. L. C. Hopkins, Chinese and Sumerian (cut.). — 
G. Pinches, Notes on the Deification of Kings and Ances- 
tor-Worship, in Babylonia. — M. Gaster, Samaritan Phy- 
lacteries and Amulets. — °M. H. Gauthier, Le Livre des 
Rois d’Egypte (H. R. Hall). 
April a. May. (sieh OLZ 1916 Sp. 287 u. 318). 
ovember. A. H. Sayce, That Early Babylonian Histo- 
rical Legends. — O. Bates, Semitic Traces in Marmarica. 
— Ed. Naville, Hebraeo-Aegyptica III. — S. Daiches, 
The Assyrian und Hebrew Words for „Beard of the 
Ear of Corn“. — A. Cowley, Another Aramaic Papyrus 
of the Ptolemaic Period. — E. Peet, A Further Note 
on the Egyptian Word for „Dragoman“. 
Dec. A. H. Sayce, Adm and Sargon in the Land of 
Hittites. — A. H. Gardiner, Some Personifications I. — 
S. Langdon, Some Corrections to ,An Account on the 
Pre-Semitic Version of the Fall of Man. 
Rec. d. tr. rel. à la phil. et à l'arch. 6g. et ass. 1914: 
III/IV. Richard Rusch, Hettitische Zahlzeichen, ihr Wert, 
ihre Bedeutung, ihr Alter. — G. Maspero, Les monu- 
ments égyptiens du musée de Marseille. — G. Legrain, 
Recherches sur la Famille dont fit partie Montou emhat. 
— G. Maspero, Le protocole royal des Thinites sur la 


Pierre de Palerme. — H. Sottas, Etude sur la stele C 14 
du Louvre. — W. Spiegelberg, Der Königseid des demo- 
tiechen Papyrus Berlin 3080; Ein Denkstein aus Leon- 
topolis. — A. B. Mercer, The Gorringe Collection of 
Egyptian antiquities. — V. Scheil. Nouvelles notes d’épi- 
graphie et d'archéologie assyriennes. — A. H. Gardiner, 
Notes on the Story of Sinuhe. — P. Lacau, Textes reli- 
gieux. — M. Ringelmann, Essai sur l'histoire du Génie 
rural en Phénicie et dans les colonies phéniciennes. — 
1915 / 16 1/IV: G. Maspero, Les monuments égyptiens du 
Musée de Marseille; Une origine pessible de la terminaison 
féminine en égyptien. —W. Spiegelberg, Koptische Miscellen. 
— P. H. Boussac, Le culte de la déesse Bast dans l'Italie 
méridionale et particulièrement á Pompéi. — G. Maspero, 
Le scribe royal dans l’ancienne Egypte. — J. Clédat, 
Notes sur l'isthme de Suez; Les inscriptions de Saint- 
Simeon. — H. Kees, Eine Liste memphitischer Götter 
in Tempel von Abydus. — A. Grenfell, The Ka on 
Scarabs. — J. Maspero, Sur quelques inscriptions grecques 
provenant du grand temple de Dendérah; A propos 
d'un bas-relief copte du Musée du Caire. — G. Maspero, 
Un exemple saïte de la transcription Ria. — G. Jéquier, 
Notes et remarques. — V. Scheil, Nouvelles notes d’épi- 


graphie et d’archeologie assyrienues. — P. Lacau, Textes 


religieux. — G. Marpero, Une transcription en vövag du 
©, 10 ©; Indroduction à l'Etude de la 


phonétique égyptienne; Muxeptvoc. 
Zeitschrift d: deutschen morgen]. Ges. 1917: 

H. 3/4. A. Hildebrandt, Weitere Bemerkungen zu dem 
Upanigads. — K. Geldner, Zur Erklärung des Rigveda. 
— J. Charpentier, Die ethnographische Stellung der Tocha- 
rer. — Fr. Praetorius, Bemerkungen zu den šir hamm äalöt. 
— H. Bauer, Semitische Sprachprobleme. — H. Bauer, 
Kanaankische Miscellen. — J. Jolly, Textkritische Bemer- 
kungen zum Kantiliya Arthasastra. 

Zeitschrift d. Ges. f. Erdkunde Berlin. 1917: 
5. Mitteilung über die Forschungsreise O. Niedermayers 
und E. Diez nach Nordpersien 1912 bis 1914. — Mitt. 
über Biskra nach Monographie K. Heinkes. 
6. C. Uhlig, Mesopotamien. 
7/8. C. Uhlig, Mesopotamien (Forts.). — C. Schoy, Erd- 
messungen bei den Arabern. — Kleine Mitteilungen. 
Afrika (Französische Forschungen in Afrika). 


nom de 


Zur Besprechung eingelaufen. 


* bereits weitergegeben. 


*Zeitschrift für Kolonialsprachen. VIII, 2. 

*K. Budde, Pas Rätsel von Micha 1. 

R. Schütz, Die Vorgeschichte der johanneischen Formel: 
6 Bede Aydım, Toriv. 

*Eberhard Hommel, Untersuchungen zur hebräischen Laut- 
lehre. Erster Teil: Der Akzent des Hebräischen 
(Beitr. z. Wiss. vom AT., brg. v. R. Kittel H. 23). 
Leipzig, J. C. Hinrichs, 1917. M. 9.50; geb. M. 11.50. 

Fr. Boll, Sternglaube und Sterndeutung (Aus Natur und 

Geisteswelt 638). Leipzig, B. G. Teubner, 1918. Geb. 
M. 1,60. 

*Carl Meinhof, Afrikanische Märchen (Die Märchen der 
Weltliteratur hrg. von Friedrich von der Leyen und 
Paul Zaunert). Jena, Eugen Diederichs, 1917. M. 3.60. 

Walther Schroeder, Das Schutzgenossenwesen in Marokko. 
Verlag „Der Neue Orient“ G. w. b. H., Berlin, 1917. 

Artur Wachsberger, Stilkritische Untersuchungen zur 
Wandmalerei Chinesisch-Turkestans (2. Sonderver- 
öffentlichung der Ostasiatischen Zeitschrift). Berlin, 
Oesterheld & Co., 1916. M. 8—. 


Nr. 3/4 erscheint Anfang April. 


Verlag u. Expedition: J. ©. Ilinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig, Blumengasse 2. — Druck von Max Schmersow. Kirchhain N-L, 
Verantwortiieher Herausgeber: F. E. Peiser, Königsberg l. Pr.. Goitr-Allee 11 


Orientalistische Literaturzeitung 


Monatsschrift für die Wissenschaft vom vorderen Orient 


und seine Beziehungen zum Kulturkreise des Mittelmeers 


Herausgegeben von Professor Dr. F. E. Peiser, Königsberg i. Pr., Goltz-Allee 11 


Verlag der J. C. Hinrichs'schen Buchhandlung, Leipzig 


2. Jahrgang Nr. 3/4 


Blumengasse 2. 


Manuskripte und Korrekturen nach Königsberg. — Drucksachen nach Leipzig. 
Jährlich 12 Nro. — Halbjahrspreis 6 Mk. 


März/April 1918 


Inhalt. 


Abhandlungen und Notizon Sp. 65—83 
Erbt, W.: Zu F. E. Peisers „Jesaja 
Kap. 9“ 2 78 
' Hüsing, G.: Zeichen -ET Shir 76 
Jirku, A.: „Hebräische“ u. „israeli- 

tische* Sklaven 81 
Perles, F.: Ergänzungen zu den 

„Akkadischen Fremdwörtern“ 65 
Schroeder, O.: Chronologische 

Miszellen . a? 25: 20 
Ungnad,A.: Der GottashiefalaFovin 
- assyr. Kriegsberichterstattung 72 


Besprechungen . 


Cassel, D.: Hebräisch - deutsches 
Wörterbuch (M. Löhr) 86 
Eichrodt, W.: Die Quellen d. Genesis 
(M. Löhr) 86 
Grothe, W.: Türkisch- Asien u. 8. Wirt- 
schaftswerte (R. Hartmann) 99 
Hall, H. R.: Catalogue of Egyptian 
Scarabs I (A. Wiedemann) 91 
Hoernes, M.: Urgeschichte d. bilden- 
den Kunst (M. Paneritins) 104 
Hopkins, W.: Epic Mythology 
(I. Scheftelowitz) . yy 
King, L.: A History of Babylon (B. 
Meissner) 86 


Merz, E.: Die Blatrache: b. d. Isra- 
eliten (W. Caspari) . 83 


. Sp. 83—106 Moritz, B.: Der Sinaikult in beidn. 


Zeit (E. Brandenburg) 89 
Palästinsjahrbuch, 12. Jg. (J. Horr- 
mann) . . 85 
Timme, P.: Tell el- Amarna vor. d. 
deutschen Ausgrabung, m Wire: 
szinski) 97 


Sprechsaal l 106 
Peiser, F. E.: Zu Sp. 62 Anm. 1 106 


Altertums berichte 
Mitteilungen ; = a 
Aus gelehrten Gesöllschaften - 
Porsensllfen 
Zeitschriftenschau . . « 
Zur Besprechung eingelaufen. . 


= 


Ergänzungen zu den „Akkadischen 


Fremdwörtern“. 
Von Felix Perles. 


Im Anschluss an Zimmern's! erstmalige 

Sammlung des fast unübersehbaren Materials 
seien nachstehend einige Beiträge geboten. Die- 
selben sind der Bequemlichkeit halber alpha- 
betisch angeordnet. Nur bei einigen mehr begriff- 
lichen Entlehnungen, die am Schlusse besprochen 
werden, war eine lexikalische Einordnung nicht 
möglich. 

— x (talmudische Präposition) 


Die im babylonischen Talmud geläufige Prä- 
position & (mit folgendem Dagesch)? „auf“ wurde 


bisher als eine Abschleifung aus y erklärt. 
Der Ausfall des 5 hätte zwar seine Parallele im 
Neuarabischen 3, und die Abschleifung des Y zu & 


ı Akkadische Fremdwörter als Beweis für 
babylonischen Kultureinfluss. Leipzig 1915, vgl. 
OLZ 1916, 312/13. Seitdem ist eine 2. Aufl. mit reich- 
lichen Wort- und Sachregistern erschienen. 

? Trotzdem der Talmudtext unpunktiert überliefert 
ist, dürfen wir das durch die traditionelle Aussprache ge- 
botene Dagesch aus rein lautlichen Gründen als gesichert 
annehmen. 

3 Vgl. z.B. Löhr, der vulgkrarabische Dialekt von 


Jerusalem 8. ae § 191, 1. Auch in den Aram. Pap. aus 


66 


ey 


ist im Mandäischen ! gerade auch für by zuweilen 
belegt. Trotzdem erscheint es mir näher liegend, 
unsere Präposition aus dem babylonischen ana 
zu erklären, woraus sich sowohl das X als auch 
die Assimilation des Konsonanten zwanglos er- 
klären würde. Auch im babylonischen wird ana 
manchmal mit dem folgenden Worte verschmolzen 
z. B. assum für ana sum?. Nun hat allerdings 
ana nicht die Bedeutung „auf“ sondern „in“ 

(auf die Frage wohin?), doch kommt die gleiche 
Vertauschung der Präpositionen uch: im Mandä- 


ıschen vor, wo nicht nur by fiir 5 >, sondern auch 
(wenngleich weit seltener) > für 5y steht?. In 
einzelnen Fällen entspricht sogar das talmudische 
X in seiner Anwendung genau dem babylonischen 


ana z. B. NY = ana libbi und “PNW „voriges 


Jahr“, in dem wahrscheinlich 95 ana (oder sna), 
steckt, s. weiter unten s. v. Gegen die Annahme, 
dass X hier aus y abgeschliffen ist, sprieht auch 
die Tatsache, dass die Sprache des baby- 


Elephantine (36, 3) ist 9319 vielleicht aus 935 by ent- 
standen (OLZ 1911, 500). 

1 Nöldeke, Mand. Gram. 193. 

* Weitere Beispiele": bei e eee 


buch 94. 
Nöldeke 354. i 21 


66 


loniselren Talmuds die Präposition Wy (= syr. 
wah) besitzt, da ja sonst We zu erwarten wäre. 


55x 
Das babylonische abullu „Stadttor“ liegt 
nicht nur im aram. N53 vor (Zimmern 14), 
sondern auch in den vielen mit 52x zusammen- 
gesetzten A Tlichen Ortsnamen, vgl. OLZ 1916,82. 


me „Feind“. 
Jes. 66,5 OW On ON zeigt die Be- 


deutung „Feind“, die sonst nur im Babylonischen 
belegt ist, s. Hommel-Festschrift II S. 128. 


NTM IN 
An zwei Stellen des babylonischen Talmuds ! 
kommt NO’ N in der Bedeutung „Wellen 
des Meeres“ vor. Das bisher unerklärte? Wort 
entspricht genau dem babylonischen edi „Hoch- 
wasser“, „Flut“, von dem man auch (ob mit 
Recht?) das ATliche “x ableitet. 


NDR 

An einer Reihe von Stellen ist im Texte des 
AT Dy augenscheinlich von NY „Wahrheit“ 
vollkommen zu trennen und MYN zu lesen = 
amätu „Wort“, vgl. OLZ 1905, 126/26. Als 
Parallele zu der letzten dort angeführten Stelle 
(Dan. 9,18) ist Neh. 8, 13 137 5x „Dun 
rae)! ai n. 


Wu 
Zu den von Zimmern angeführten Ab- 
leitungen von asirtu (S. 68) ist auch das süd- 

arabische Afirat zu stellen (Hommel). 

Dy 
Schon Jens en“ hat in dem anlautenden & 
von pw poda] den Rest einer Präposition 
en = babyl. ina vermutet und auf Mon = in(a) 
timali, itimäli hingewiesen. Dass in dem Worte 
das 5 Sattakda steckt, hat 13 Jahre 
später Pick® festgestellt, doch x nicht als Prä- 
osition, sondern als Hilfsvokal erklärt. Für 
je Richtigkeit der Auffassung als Präposition 
spricht die Tatsache, dass auch das talmudische 
NWD N „dieses Jahr“, „heuer“ sich ohne 
Schwierigkeit als ina + N NMw erklären lässt. 
Nur könnte man im Zweifel sein, ob beidemal 


ı Sukka 51b. Baba Bathra 42. Schwerlich gehört 
hierher das vom Aruch herangezogene Targum zu Jer. 
$1, 40 N&HN WN (für mip TW), da dort weder die Be- 
ne passt, noch die Lesung sicher ist. 

? So richtig Ms. München und aueh einzelne Drucke 
statt RO NONIN | 

* Kohut s Ableitungsversuehe (Arach Compl. I 33a 
s. v.) bedürfen keiner Widerlegung. 

4 ZA XI (1896) 352. 

s OLZ XII (1909) 165 ff. 

e Jor. Ma asor Scheni 55b im Gegensatz zu “PAYN 
enau wie ina šattim annitim im Ggs. zu saddagda 
andsberger aus Ungnad 242, 6 anführt. 


also 
das 


Orientalistische Literatarseitung 1918 Nr. 8/4. 


— —————— ———— —— 


ina oder ana deliegt. Für ina spricht 
die überlieferte Vobaliastion mit i er für 
ana die Tatsache, dass gerade ana saddagis ! 
schon im Babylonischen belegt ist. Lands- 
berger a. a. O. spricht über die verschiedenen 
Formen und Bedeutungen des Wortes, das er mit 
sattaka, sattakam der neubabylonischen Königs- 
inschriften zusammenstellt. Zu seinem Nach- 
weis, dass Saddagda etc. nicht nur „im vorigen 
Jahr“ bedeutet, (die genaue Bedeutung ist noch 
zu ermitteln), ist es vielleicht von Interesse, dass 
auch "pnwx jo, wie schon Pick aufmerksam 
gemacht hat, an einer Stelle (Targ. Jer. zu Lev. 
16, 21) „von früher“ bedeutet. Dieses "pnwxjo 
ist übrigens auch im Hinblick auf das von Lands- 
be mehrfach belegte ištu Saddagdim be- 
merkenswert. 


mix" 

y13%2 „Turban“ (Zimmern 36) ist im neu- 
hebräischen nicht belegt, sondern findet sich 
nur im Targ. Jer. zu Ex. 39, 28. 

ma" 

„Ehefrau“ (nur im babylónischen 
Talmud) ist sicher mit Peiser? als Übersetzung 
von ša ékalli zu erklären, womit die Babylonier 
die Frau des Königs bezeichneten. 


“nm 
ann (Targ. Jer. zu Deut 15, 14 pinan awww 
mb, also Pa‘el) „reichlich spenden“ ist wohl 


sicher Lehnwort aus dahddu. Die Form duhhudu 
bedeutet „strotsend, überfliessend machen“. 


(OLZ 1903, 339). 


rain 
Das an einer Midraschstelle® vorkommende 
n1297 als Name eines kleinen Tieres gehört 
sicher zu sirbäbu, das ein noch nicht genau 
bestimmtes Insekt bezeichnet, vielleicht „Heu- 
schrecke“ (OLZ 1905, 337). 


MYD 
Ay) ist schon von Delitzsch (Prolegomena 
80 ff.) als Lehnwort aus babyl. esse p. erklärt 
worden und fehlt auffallender Weise sowohl bei 
Zimmern als auch bei Gesenius-Buhl!®s. v. 
m> 
Der im Neuhebräischen wiederholt vor- 
kommende terminus }72)‘ zur Bezeichnung 
einer bestimmten Kategorie von Knechten oder 
Mägden ist wohl denomimiert von kidinnu 
„Schützling“, „Klient“, einem Ausdruck der 
babylonischen Rechtssprache. (OLZ 1906, 338). 


1 Harper 804, 18, mir nur aus der Anführung bei 
Landsberger ZDMG 1915, 514 bekannt. 

? OLZ 1905, 336. 

> Posikta rabbati (ed. gar 160 b. 

t Belege bei Levy NhWb II 2975. 


n2 
Neuhebräisch n> (Plural nin>) „Genossen- 
schaft“, „Klasse“, „Partei“! gehört wie das 
schon längst verglichene bibl. aram. N)>, syr. 


Nas zu kinattu (OLZ 1903, 340). 


“215 
Aram. Pap. Eleph. 8, 13. 17 7215 mx ‘py 
(Ggs. INN MN py) ist aus läbiru entlehnt (OLZ 
1911, 499). Die Entlehnung eines solchen 
Wortes findet ihre vollkommene Parallele in 
„antik“. 
oo 
Zu masku (Zimmern 48) gehört wohl auch 
dend, vgl. Halévy Revue Sém. XX (1912) 
260/61. Auch andere Bezeichnungen für 
„Schlauch“ (d, p) sind aus dem Baby]. ent- 
lehnt, s. Zimmern 34, 


nom 
Neuhebr. ) „Perle“ ist mit Peiser? 
als Entlehnung aus mâr galits zu erklären, das 
zwar bisher noch nicht belegt ist, doch durch 
das synonyme binüt tämti als babylonische Be- 
zeichnung der Perle wahrscheinlich gemacht wird. 


“pwn 
Ezech 16, 4 ywnd nym xd gehört zu masd’u 
„einreiben“, das im Piel speziell vom Einreiben 
eines Kindes gebraucht wird (OLZ 1905, 129). 


N55 2513 
semi) 51) jüd.-aram. „Schutthaufen“ ist von 
*namlitu abzuleiten, vgl. JGR New Ser. II 106. 


“nD) 
no) „Summe“ 1 Pap. Eleph. 13477 0 
N8, 16) ist unverändert aus dem gleichbedeuten- 
den napharu übernommen, wie schon Sachau 
erkannte. l 
| "BD 
Ps. 35, 3 320) MIN PAN ist wohl 720) zu 
lesen von 3uküdu s. Hommel — Festschrift II 
S. 130/31, 


ie 
729 ist mit Schorr nach sarräti (oder 
surråti) dabäbu zu erklären. Bei Annahme einer 
Entlehnung wäre allerdings Mw statt 770 zu 
erwarten. 
Ja 
Ausser , und 757) (Zimmern 48) ist 
vielleicht auch "39 als Lehnwort aus dem Baby- 
lonischen (pagru) zu erklären. Das Hebräische 
bietet keine befriedigende Ableitung. Die bei 
Ges-Buhl 16 633 a angegebenen Bedeutungen des 
Stammes in den verschiedenen semitischen 


1 Belege bei Levy II 428 b ff. 
? MVAG V (1900) Nr. 2, 8. 80. 
3 MGWJ 53, 432. 


Orientalistische ‘Literaturseitang 1918 Nr. 3/4. 


70 


Sprachen lassen sich weder zusammenreimen, 
noch als Grundlage zur Erklärung von 9 ver- 


wenden, erhöhen also die Wahrscheinlichkeit, 
dass hier ein Lehnwort vorliegt. 


DIE 
ON „Fasten“ ist nach einer noch unver- 
Offentlichten Vermutung Peiser's als altes 
Lehnwort aus gummu zu erklären, das allerdings 
bis jetzt nur in der Bedeutung „Durst“ (= nds) 
belegt ist. 
ny 
mòs „in Brand setzen“ (Am 5, 6. Sir 8, 10) 
gehört vielleicht, wenn auch natürlich nicht als 
Lehnwort, zu demselben Stamm, von dem babyl. 
sirshlu „Glut“ kommt. Allerdings steht die Be- 
deutung noch nicht ganz fest, da girihtu bisher 
nur in der Verbindung g. libbi belegt ist, wovon 
Zimmern (49) mit Recht das talmudische NH 
x25" ableitet. Wegen des Wechsels von 7 und 


4 vgl. arab. A neben p, neben mi. 


, row WR 
Die neuhebräische Bezeichnung des Neujahrs- 
festes als wN WR entstammt, wie schon 
längst bekannt, dem babylonischen rés Satii. 


pp 
Neuhebr. ppn „Sumpf“, dazu auch aram. 


NDP“ „Ufer“ sind sicher Lehnwörter aus rakkatu 
„Sumpf“ (MA 982b)? 


Sow 
Jes. 47,2 53W ist vermutlich Supilu „weib- 
liche Scham“, s. OLZ 1905, 181. 


mi 
Zu sédu (Zimmern 69) ist auch arab. daw 


„Glücksdämon“ zu vergleichen, s. Hommel, 
Grundriss 150 Anm. (geh. zu 149 Anm. 5) 156. 


mom 
Neuhebr. 7'019 „Ring“? ist aus šemiru 
„Fingerring“ entlehnt, das in aram. & 07), hebr. 


u Jes. 3, 19 vorliegt (s. Zimmern 88). 


WRT TO 


M. Nedarim 3, 8 ws" “nw entspricht genau 
der babylonischen Bezeichnung der Menschen 
als salmät kakkadi „die Schwarzköpfigen“ *. 


1 Analekten zur Textkritik des AT 77. 

? Festschrift für A. Schwarz S. 309. 

3 Pesikta ed. Buber 53b und Parallelen, s. Festschrift 
Schwarz S. 309. 

Ebd. 309 und schon früher Feuchtwang (Monats- 
schr. f. Gesch. u. Wiss. d. Jud. 42, ge Auch in der 
ebd. 293 gebotenen Erklärung von N = uballit ist 
mir m enchirang zuvorgekommen (a. a. O. 49, 266). 
Gleichzeitig sei erwähnt, dass die Ableitung des aram. 
NB yw ly von äusupps (ebd. 309) sich schon bei Zimmern 
Akkad. Lehnwörter 36 findet, 


11. 


Dan. 3, 29 nbw ist nach S. Schiffer! aus 
sillatu „Empörung“ entlehnt (MA 764b.) 


wp f 
Der Stamm ‘òw hat nichts mit D zu tun, 
sondern ist aus 3alämu entlehnt, s. OLZ 1916, 85. 


3 UMP 

M. Menachot 9, 2 (= Tos. 10, 5) mnv 
„Marken“, „Kerben“ gehört zu babyl. sindu 
„Mal“, das nach Ungnad aus šimtu entstanden 
ist 2, 
| o : 

.Jüd.-aram. y syr. Pasa arab. as 
„Husten“ gehören wohl als Lehnwort zu dem 
gleichbedeutenden babyl. suálu*. Speziell der 
Zischlaut & gegenüber babyl. s spricht für 
Entlehnung. Die arabische Nominalform ent- 
spricht genau der babylonischen, doch ist das 

ort natürlich erst aus dem Aramäischen über- 
nommen. Wegen des , statt des zu er- 


wartenden & vgl. Fraenkel Aram. Fremdw. 


597 


aram. Sa 5an „vertrauen“ Lehnwort aus 
takälu? 


Tan 
Ezech 39,, nn was vielleicht Nachbildung 
von gäbe santakkı V R 13, 36ff. Landsberger 
ZDMG 1915, 514 weist wegen des Ausdrucks 
auf Jensen ZA XXIV 113 hin. 


<a npn 
Cant 4,4 Wohn, wofür der Midrasch und 
beide Talmude MSN gelesen haben müssen, 
ist der Plural von tilpanu „Bogen“. 


| | | TPA 

Neuhebr. aram. pn O Lehnwort aus ba- 
byl. takänu? 

Noch mehr als alle entlehnten Wörter sind 
die aus Babylonien übernommenen Begriffe ein 
Beweis für den Kultureinfluss, den das Zwei- 
stromland seit dem 4. vorchristlichen Jahrtausend 
auf die Umwelt ausübte. Die beiden Werke 
von Alfred Jeremias haben darüber eine Fülle 
von Material gesammelt, das aber der Ergänzung 
speziell aus rabbinischen Quellen bedarf. So 
hat J. Löw an dieser Stelle® die babylonische 


+ Mündliche Mitteilung, s. OLZ 1916, 82. 
* Schwarz-Festschrift 310 u. gleichzeitig Zimmern 
OLZ 1917, 102 Anm. 1. 
e Vgl. Löw Aram. Pflanzenn. 203/204 Anm. P Sm 4254. 
Lit. bei Neugebauer und Weidner. Ein astro- 
nomischer Beobachtungstext... (Sitz. Ber. der Kgl. Sächs. 
Ges. d. Wiss., Phil. Hist. Kl. 67. Bd. 1915, Heft 12) S. 45. 
* OLZ 1906, 183 Anm. 1 vgl. OLZ 1916, 82 (zu Ges. 
Buhl 880a) . = 
* ebd. 1912, 305/06. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 8/4. 


12 


Anschauung vom „Sägen“ der Sonne am Fir- 
mament! in einer tannaitischen Quelle (2. Jahrh. 
n. Chr.) wiedergefunden. Oder wenn im Etana- . 
Gedicht die vom Meer umströmte Welt wie ein 
Mehlhaufen in einem runden Brotkorb erscheint, 
so findet sich die gleiche Vorstellung an ver- 
schiedenen Stellen der rabbinischen Literatur?. 
Auch die 7 Meere, die in babylonischen Texten 
nirgends ausdrücklich erwähnt sind und von 
Jeremias nur vermutet wurden, werden durch 
rabbinische Parallelen erwiesen3. Den 7 Mauern 
der Unterwelt entspechen die 0373 m myw. 
„die 7 Gemächer der Hölle“ “. Die Anschauung 
von den 7 Himmeln wirkt indirekt noch heute 
nach, wenn man sagt: „Im siebenten Himmel 
sein“. Die Anwendung des Ausdrucks in diesem: : 
Sinne ist zwar in den Quellen nicht direkt nach- 

weisbar, doch gehen die DW yaw „die 7. 
Freuden“ des Midrasch“ vielleicht schon darauf 
zurück. 


Der Gottesbrief —<O 
als Form assyrischer Kriegsberichterstattung. 
Von Arthur Ungnad. u 


Der durch seine eingehenden Schilderungen 
ausgezeichnete Bericht Sargons über seinen 
8. Feldzug® hat bekanntlich die Form eines 
Briefes an den Gott Ašur, die Götter und Göt- : 
tinnen der Stadt Assur und an Stadt und Be- 
völkerung selbst. Er entstammt zweifellos den 
deutschen Ausgrabungen am Assurtempel? und.. 
ist durch Diebstahl von dort nach Paris gelangt. 

Soviel ich sehe, ist bisher die Frage noch 
nicht erörtert worden, ob wir es hier mit einer 
besonderen Stilform zu tun haben, oder ob diese 
Art des Berichtes einer Laune Sargons ent- 
sprungen ist. Das letztere wäre möglich, wenn 
sonst weiter keine Beispiele derartiger Gottes- 
briefe vorliegen. Solche Beispiele sind aber 
vorhanden. Hierher gehört zunächst das Frag- _ 
ment BM. 82—5—22, 534, das allerdings im 
Catalogue als ‘part of a prayer in the form 
of a litany’ auftritt. Langdon hat es deshalb 
in seinen Babylonian Liturgies als Nr. 169 . 
publiziert. Ein Blick auf den Sargontext ge- 
niigt, um zu sehen, dass wir hier ein gleichar- . 


1 Vgl. indessen F. v. Luschan Zeitschr. f. Ethno- 
logie 1916, 426. l 

? Jeremias HAOG 35 Anm. 6 ATAO °56, wo die 
Stellen in meinem Namen mitgeteilt. 

* ATAO ?56 Anm. 4. Zu den dort angeführten Stellen 
ist noch MI yaw! b Aboda Zara 17a hinzuzufügen. 

* b Sota 10b n. Par., worauf schon L. Blau (Jew 
Encycl. V 582 b) hinweist. 

»In aggadischer Deutung fiir Airniy yaw Ps. 16, 11 
(Midr. Tillim z. St. u. Par.). A 

F. Thureau-Dangin, Une Relation de Ja 
huitième Campagne de Sargon. Paris 1912. 

" ZDMG 1913 (LXVII), S. 175. | 


je : 


78 


tiges Literaturwerk vor uns haben. Ein Dupli- 
kat ist es jedoch nicht. Es sind nur Teile 
von Z. 1—14 und der letzten fünf Zeilen er- 
halten, die folgendermassen zu ergänzen sind: 
Vs. 1 la- na i a- zur a- bu ] ilanix 

2 [bôli rabi-e a-Sib &-bur-sag-gal-kur-kur- 

ra] 6-kur-ri-8u rabi-e 

3 [a-dan-nis a-dan-nis ] lu-& Sulmu™ 
| “"ista- 


4 [a-na ilâ - ni ““gimati ne- 
rati =“ 

5 [a-Si-bu-ut é-bur-sag-gal-kur-kur-rja ê- 
ur- ri- su- nu rabi-e 

6 ſa-dan-nis a-dan-nis ] lu-ù Sulmu™ 

7 [a-na ila™-ni YeSimäti * | išta- 
rati = 

8 [a-Si-bu-ut “*assfr é-kur-ri-] Su-nu rabi- e 

9 [a-dan-nis a-dan-nis ] lu-ú Sulmu™ 


10 [a-na '3ulmanu-aSarid (?) Sang]ö el- 105 
11 [pa- lih ilû-ti-ka rabi-ti ] u karâši(!)-[šú]! 


12 [a-dan-niS a-dan- nis Sulmu!™l 
7 ͤ e-te-[...... 

14 1 correer a ra šú at-. 

Be Wiese 02225553 ] Sa ()! pit-hal-li 
2 vacat(?) di-e-ki 

3 [mel lišânu-rêšêti 1] pan ?2(?)-asur*- 
la-mur | 


4 I i Sakin (?) mäti(?) a- naꝰ i g. Sur be 
i-ja] ü-Se-bi-la 4 
5 [i-na li-i-mi !šam(?)-ši(?)-ili(?) e tur- 
ta-an-ni(?)5 na-su® 
Eine Uebersetzung ist wohl überflüssig. 
Dass wir kein Duplikat des Sargontextes vor 
uns haben, zeigen folgende Tatsachen: 


1. Der Gruss an Stadt und Bevölkerung 
von Assur fehlt; er ist ja auch völlig überflüssig. 


2. Der Feldzugsbericht beginnt Z. 13. Mag 
man nun e-te-/pu-us], e-te-[bir] oder was sonst 
passt ergänzen, eine Uebereinstimmung mit 
Sargon 6 ist nicht zu erzielen. 

3. Der Name der „Exzellenz“, die den Brief 
überbringt, ist ein andrer als in Sargon 427. 

4. Das Datum ist ein anderes. Leider ist 
so wenig davon erhalten, dass das Fragment 
nicht sicher zu datieren ist. Mit einiger Wahr- 


1 So ist zweifellos zu lesen im Widerspruch zur Kopie. 
2 Ausgabe TI, gewiss Irrtum für SI. 
® Oder i-na eli (Sargon 427). 

Die folgende Zeile ist zu tilgen; s. Langdon, 
Plate LXXIV. 

5 So wohl trotz der Bemerkungen auf Plate LXXIV, 
wonach das Zeichen TUR (statt an-ui) vorliegen soll. 

* So nach Plate LXXIV. 

7 Etwas ähnliches scheint der Titel lisdénu réséti zu 
bedeuten. Die Zeile ist zu übersetzen: „Exzellenz P. 
lasse ich hiermit (den Brief) an Ašur, meinen Herrn, 


überbringen.“ 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 3/4. 


74 


scheinlichkeit lässt sich das Datum jedoch fest- 
stellen. Wir erkennen aus Sargon 427, dass 
die genannte Exzellenz Täb-Sär-ASur eine hohe 
Person ist, die das Eponymat zu bekleiden 
fähig war i. Ist unsere Lesung Pän-ASur-lämur 
richtig, so kann nur eine bestimmte Person in 
Betracht kommen, nämlich der Eponym des 
Jahres 776, der den Titel SA-KUR, d. i. wohl 
Sakin mati, führt:. Es handelt sich dann um 
einen Feldzug Salmanassars IV. Der Eponym 
wäre dann wohl der Turtan Samii-ili (780). 
Es läge somit ein Bericht über den Feldzug 
gegen Argistu I von Urartu vor3. Alles dies 
könnte als ziemlich sicher gelten, wenn eine 
Kollation des Textes die Emendationen von TI 
zu SI und TUR zu AN. NI (o. k.) bestätigt. 
Wir hätten dann hier einen Gottesbrief, der 
älter ist als Sargon. 


Ein jüngerer Gottesbrief aus der Zeit Asar- 
haddon’s ist K 2862 + K 9662, den Winckler“ 
bearbeitet hat. Wie W. bereits aus dem Inhalt 
der Tafel schloss, kann Z. 1 nicht der Anfang 
sein: K 2852 usw. bildet vielmehr die zweite 
Tafel eines langen Berichtes®. So erklärt es 
sich, dass die Briefadresse fehlt; sie stand eben 
am Anfang der fehlenden 1. Tafel. Der Schluss 
zeigt aber deutlich die Form des Gottesbriefes, 
vgl. IV 11 ff 

11 li-Sa-a-nu ri-Se-e-ti 'annanna 

12 (vacat) a-na “"asur™ böli-ja ul-te-bi-la 

13 1-en abel narkabti II *™"34 pit-bal 
UI *™"kal-lab™ di-e-ku. 

Der Brief ist nur eine Kopie oder vielleicht 
eher ein Entwurf, ebenso wie der Sa assar- 
brief, da beide in Kujungik und nicht in Assur 
gefunden sind. Wahrscheinlich war es kurz vor 
Absendung des Asarhaddonbriefes noch nicht 
ausgemacht, welche Exzellenz ihn nach Assur 
bringen sollte. Später wurde die Eintragung 
des Namens in den ursprünglichen Entwurf 
vergessen. 

Der Asarhaddonbrief steht nun an Ausführ- 
lichkeit dem Sargonbrief nicht nach. Es ist 
demnach sehr wahrscheinlich, dass diese „Gottes- 
briefe“ die offiziellen Berichte der assyrischen 
Könige über ihre einzelnen Feldzüge darstellen. 
Sie sind ja ad hoc gemacht und nicht nur Ein- 
leitung von Bauherichten. Dass diese Auf- 
fassung richtig ist, zeigt auch die Verlustliste, 
die allen drei erhaltenen „Gottesbriefen“ bei- 
gefügtist®. Wirdürfen deshalbannehmen, 


ı T. war 717 Eponym. 
? Weniger wahrscheinlich éa-kin. 
s Vgl. VS I 69. 
$ II 28 ff. 
Uebrigens ist dieser Text ebenso wie der Sargon- 
text vierspaltig. 
Kriegsgeschichtlich hochwichtig wegen dergeringen 


75 


dass sich im Tempel Ehursag gal kurkura 
ein ganzes Archiv solcher Gottesbriefe 
befand, das die ausführlichste Chronik 
des assyrischen Staates darstellte. Ob 
dieses Archiv bei den deutschen Ausgra- 
bungen entdeckt worden ist? Man hat 
bisher nichts davon gehört. Existiert 
haben muss es, und zwar, wie dieSargon- 
tafel zeigt, bis zur Gegenwart und in 
erreichbarer Nähe. Die Bergung dieses 
Archivs wäre jedenfalls von unberechen- 
barer Bedeutung. Dass gerade der Tempel 
Ašur’s, des Nationalgottes, zum Kriegsarchiv 
ausersehen wurde, kann nicht befremden. 
Zeigen uns doch die assyrischen Königsin- 
schriften auf Schritt und Tritt, dass jeder Krieg 
als ein heiliger Krieg galt. 


Chronologische Miszellen. 
Von Otto Schroeder. 
1. Ein neues Datuw aus altbabylonischer Zeit, 
Auf einem in meinem Besitze befindlichen 
Kontrakte (OS 10) betreffend einen Grundstücks- 
kauf findet sich eine Jahrbezeichnung, die m. 
W. noch nirgendwo anders belegt ist. Sie lautet: 


stu Bar-zag-gar. | 
mu ê Gimil-*Sin ù uru-ki U-za-Ar-pa-ra 
d mag En- lil làã mu-na-se-ta 
ú dd a · an in- dib- ha 
Zu Deutsch: 

„ıMonat Nisan. Jahr: „Den Palast Gimil- 
Sin’s und die Stadt Uzarpara ‘eroberte er an 
einem Tage in der erhabenen, ihm verliehenen 
Kraft Enlils.“ 

Welcher Regierung das Jahresdatum an- 
gehört, ist weder aus dem Datum noch aus dem 
Wortlaut der Urkunde zu erschliessen. Die 
Schrift macht einen ziemlich altertümlichen 
Eindruck, was freilich wenig beweist, da der 
Fundort der Tafel mir nicht bekannt ist. Die 
Siegelabrollungen nennen !Gimil-MAR.TU 
2tup-sar. 

2. Tebetai oder Kanknai >} 


Der Name des Monats “AB, vollständiger 
is A B. BA. E, wird im Assyrischen gewöhnlich 


Höhe der Verluste: an beiden Stellen, wo die Zahlen 
erhalten sind, nur sechs Mann. Dass hier Schwindel 
vorliegt, ist wohl ausgeschlossen. 

Vgl. Winckler, Altorientalische Forschungen II 
8. 328, Anm. 1. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 8/4. 


76 


Te- bi- tum) gelesen; demgemäss wurde der 
Name des limu für die Jahre 671 und 666 
üblicherweise. Tebet-a-a umschrieben. Im Jahre 
703 haben wir dagegen einen limu namens 
Tan- nun- a- a. Ein spätassyrisches Exemplar 
einer limu-Liste für die Jahre von 719 bis 662, 
das ich als Nr. 20 meiner „Keilschrifttexte 
aus Assur verschiedenen Inhalts“ veröffentliche, 
bietet nun nicht nur für 703, sondern auch für 
671 und 666 die Lesung Ka-nun-a-a, liefert 
also einwandfrei die Gleichung “ AB = Kanünu. 

Von den drei Trägern des Namens Kanünai 
ist der von 703 3akın Kak-zi, der von 671 
sartin!, der von 666 šakin mat bitu esu ge- 
wesen; die abweichenden Angaben Forrer’s 
in MVAG 1915, 3 S. 34 sind danach zu be- 
richtigen. 

Der Monat *™ AB scheint somit in Assyrien 
vorzugsweise als Kanünu, in Babylonien da- 
gegen als Tebeiu bezeichnet worden zu sein; 
syr. = palmyren. p gehen also auf as- 
syrische Monatsbenennung zurück. 


Zeichen ET = hir. 
Von Georg Hüsing. 


In der schon oft behandelten Inschrift des 
Sutruk-Nahhunte I auf der von Loftus gefun- 
denen grossen Stele (S.-N. C, = N.28 meiner 
Ausgabe) finden wir bekanntlich in Zeile 23 den 
König Pa-LA-iS-3a-an erwähnt, der in Z. 24 
(wie auch sonst) Pa-hi-ir-is-Sa-an geschrieben 
wird. Daraus ergab sich, dass Zeichen La in 
Elam auch den Lautwerthirhatte, was sich offenbar 
daraus erklärt, dass es ein halbes HIR, oder 
richtiger, dass HIR ein doppeltes LA ist. Den 
Lautwert hir haben wir z. B, auch in der grossen 
Stele des Šilhak-Inšušinak (Scheil XCII, bei 
mir N. 54) in Zeile 6: E Nahhunte, temti pa- 
hir-ri, und er wird noch an mancher Stelle 
zu lesen sein, wo wir uns noch scheuen, diesen 
Lautwert anzunehmen. So z. B. in Bag istän, 
wo das karata lars leicht ein karata hirri sein 
könnte, nur dass diese Lesung uns z. Z. keinen 
weiteren Aufschluss über die wörtliche Be- 
deutung gäbe. 

Einstweilen aber wollen wir die Frage an- 
hängig machen, ob dieser Lautwert nicht auch 
in babylonisch-assyrischen Texten gelegentlich 
auftrete und seine Entdeckung sich auch da 
nützlich erweisen könnte. 

Wenn wir z. B. im Rassam-Cylinder (Kol. 
I, 107) ein Hir-me-in-tu lesen, so erhielten wir 
einen ägyptischen Namen Heri- Mentu, der neben 
Heri-Hör und etwa Zusvdng wohl einleuchtender 


ı Vgl. Peiser MVAG VI 101 ff. 


77 


wäre als ein „Lamentu“ i. Es ist ja derselbe 
Text, in dem (Kol. II, 22) Zeichen ur den 
Lautwert tan hat (in Tan-da-ma-ni-e), und der 
uns (in Kol. II, 114) den Tu-sa-me-il-ki für 
N- Sa- me- i- i zumutet. In letzterem Falle 
glaube ich lieber, dass der Schreiber ein fum 
(mit dem Lautwerte ep!) in tu umgesetzt hat, 
als dass er ein tu für pi (= tu) einsetzte. Ein 
Ep3amelki neben Pišamelki für Psametik wäre 
wohl einleuchtend genug, es wäre aber zugleich 
ein weiterer Beleg für elamischen Einfluss auf 
das Entstehen der Texte Assurbanapals; und 
dann dürften wir wohl vermuten, dass auch 
der Lautwert tan des Zeichens ur aus Elam 
stammte. Entsinnen wir uns ferner der Schrei- 
bung Pa-ni-in-tim-ri in Kol. VI, 41, wo statt 
tim zweifellos gir gelesen werden muss, so ist 
eine Verwechselung beider Zeichen in assyri- 
scher Schrift wohl geradezu unmöglich, in ba- 
bylonischer aber auch nicht wahrscheinlich: 
im Elamischen würde die Verwechselung weniger 
auffallen, und vermutlich ist eine elamische 
Zeichenform in tim verlesen worden. Man 
könnte sagen, dass ja doch eine elamische Götter- 
liste hier die Unterlage für den assyrischen 
Schreiber abgegeben haben werde, aber ägyp- 
tische Namen bezog man doch nicht aus ela- 
mischer Quelle. Dass aber damals elamische 
Schriftgelehrte in assyrische Dienste gerieten, 
ergibt sich wohl schon aus dem Berichte jenes 
Kudurru, der die Formen likrubub und slklık 
enthält. Die elamische Herkunft des Mannes 
und der Formen erkannte Jensen schon in KB 
II S. 158, wo er bereits anmerkte „Diese Wieder- 
holung eines Stammkonsonanten mag elamitisch 
sein“ — was sich ja später wirklich so heraus 
stellte (Mém. T. N. 306 talli-li-3). 

Im gleichen Rassamcylinder (Kol. VI, 46) 
werden die Götter und Göttinnen Elams nach 
Assur geführt mit ihrem Schmucke, ihrem Be- 
sitze und Geräte, mit ihren Sange und pu-uh- 
LA-li-e, was Jensen fragend mit „Tempeldiener“ 
übersetzt. Könnten wir hier pukhir lie lesen, 
so hätten wir uns der neuelamischen Sutruru- 
Stele zu erinnern, in der das Wort puhirri 
Amal auftritt, und zwar in Verbindung mit 
Priestertiteln. Dieser Teil der Lesung wäre 
also wohl befriedigend, es bliebe nur die Frage, 
was li-e wäre; vermutlich ist LI dann ein Ideo- 

und e das phonetische Komplement: wer 
hilft hier weiter? 

In einer mir vom Verfasser freundlichst 
übersandten Arbeit Augapfels, Babyl. Rechts- 
urkunden (Denkschriften der Wiener Akademie 
Bd. 59, Abh. 3) stosse ich auf S. 3 auf ein 


Bit- T 1rte-eyri-nür-a‘, das auf S. 5 als 


1 Bei Streck, Assurbanipal Bd. II S. 11 = Nmt, 
bei Jensen in KB II 8. 163 = „Li-ma-noth?“ 


_Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 3/4. 


78 


Bit |>} 1l-te-eh-La-a-a erscheint. Der Gründer 
dieses „Hauses“ wird also wohl Iltehhir heissen, 
und der Name wird elamisch sein: ,(Gott) Ilu 
ist der Helfer“, denn die Achamanidentexte des 
6. Jahrhundert zeigen schon, dass elamisches 
a damals als e gesprochen wurde, wenn wir 
diese Fälle auch noch nicht in eine Regel fassen 
können. Das nür wird sich also wohl als schlecht 
geschriebenes a entpuppen. Hilprecht X N. 34 
bietet in Z. 6 und 9 allerdings ein deutliches 
sabu-Zeichen. Nach einer Aufzeichnung, die 
ich mir vor langen Jahren gemacht habe, käme 
zu Kambujijas Zeiten bereits ein Il-te-ri-ha-na- 
na vor, ‚was ich z. Z. nicht nachprüfen kann. 


Zu F. E. Peisers „Jesaja Kap. 9“, 
Von Wilhelm Erbt. 


Zu dem prächtigen Funde F. E. Peisers 
zwei Anmerkungen: 

1. Den Grundstock von Kap. 9 bildet das 
Sargonlied. Wen redet es an? Peiser ant- 
wortet, dass „am nächsten läge: Sargon selbst. 
Nur die Erwähnung des pp Ov könnte hier 
dagegen gehalten werden, so dass die Anrede 
an Jahwe zu denken wäre.“ Allein pw ist 
erst die Deutung eines Erklärers, der ausführ- 
lich 1026 zu Worte kommt. prin hat er aus 
ursprünglichem “m hergestellt. Dabei hat der 
Glossenstrich |, der die von Peiser aufgelöste 
Verbindung yy 2 JND xD 55 > bezeichnete, 
ihn zu dieser Umdeutung geführt. Er fasste 
| als 3. Der Vers ist also zu übersetzen: 

Den Stab des Fronvogts zerbrachst du 

wie beim Sieg. über Medien. 

Die Meder werden erwähnt; denn in Medien 
wurden die Israeliten nach dem Fall Samarias 
angesiedelt. Bei dieser Fassung besteht nun 
kein Anstoss mehr, das Lied ganz auf Sar- 
gon zu beziehen, der sich ja besonders und 
oft seines Sieges über die Meder rühmt 15 B. 
KB II S. 43 „der die nie bezwungenen Meder 
unterwarf“. 

2. Peiser hat gesehen, dass das Lied auf 
einen Davididen bezogen worden ist, der Aus- 
sicht hatte, das Königtum neu zu errichten. 
Die dazu benutzten Wendungen entstammen 
aber nicht der Lehrtätigkeit, sondern einem 
Prophetenspruch in Strophen von je 5 Zweihebern, 
der die Sendung dieses Davididen mit den 
Wendungen der „Bethlehemgeburtslegende“ 
feiert, die ich in anderm Zusammenhange in 
dieser Zeitschrift behandeln werde: 


1595-45 a 
m p 
1 Maggeph zeigt an, dass die beiden Worte eine 


einzige Hebung bilden! 


79 


a ND y 
1 DYDD yo 
andy AnyD 


Ein Kind ist uns geboren, 
ein Sohn uns gegeben 

auf dem Throne Davids, 

ihn zu festigen durch Recht 
von nun an bis in Ewigkeit. 

Jene Legende erzählte von dem geheimnis- 
voll geborenen Kinde, das nach einer Engel- 
weisung aufgefunden wird: daher ist j3 jN) nicht 
Dublette, sondern mit voller Absicht gesagt. 
Jene Legende nämlich lässt in der Fassung des 
Weihnachtsevangeliums das Kind von Hirten 
im alten Tammuz-Heiligtum der Stadt aufge- 
funden werden. Sie ziehen es gross als Pflege- 
kind‘; so wird es Herrscher ursprünglich von 
Ephrata. Unsere Strophe sprechen die Finder 
des Kindes. Sie versetzt uns in die Zeit Šeš- 
basars, der die Bethlehemgeburtslegende für 
sich hat wirken lassen, wie u. a. die Polemik 
Hes. 16 beweist. 

So fehlt denn die Einleitung zu der assy- 
rischen Inschrift. Um sie herzustellen, haben 


wir zunächst die Glosse ın2>nn”>y, die jetzt 
mit dem zu J gewordenen Glossenzeichen zu 
NOD gezogen ist: „Joch seines Königtums“. 
Ihr entspricht der assyrische Ausdruck nir be- 
lutia, galam Sarrutia. Diese Fassung der beiden 
Worte ist gesichert durch die Glosse wor- 
„Joch seiner Schulter“, die missverständlich auf 
Vers 3 zurückzuweisen und ihn zu deuten sucht, 
wie es ausführlich 10.27 geschieht. Nun hat 
Peiser in seiner Studie Zu Zakharja (OLZ 1901) 
auf „das Eiferbild“ aufmerksam gemacht, das 
einst in Jerusalem aufgestellt worden ist, und 
es als salam Sarruti eines assyrischen Königs 
gedeutet. Auch hier begegnet uns der Termi- 
nus NP, der von einem Glossator ausgedeutet 
worden ist zu dem Satze: „Der Eifer Jahwes 
Seba ot wird dies tun“. Das Eiferbild hiess 
ursprünglich, wie die erklärende Beischrift zu 
Hes. 8 MT zeigt, npon Sno „Bild des Eigentums“, 
„Hoheitszeichen“. Zu diesem Ausdruck ist 
dopo NED zu vergleichen: „Kaufbrief“, d. h. 
eine Urkunde über das Eigentum an einer Sache. 
Der Prophetismus nannte die steinerne Urkunde 
über das Eigentum des Grosskönigs oder seiner 


Gottheit an dem Lande umdeutend mwpn Ind. 
Das Verbum der Glosse dy lässt noch erkennen, 
was von dem „Eiferbilde“ an unserer Stelle 
ausgesagt wurde: es muss von dem Verfertigen 
des Bildes, des königlichen Joches, des Joches 


1 mpya Dublette, Glosse zu 92D. 
Vgl. zu dieser W endang die Schild 


ziehung des babylonischen Weltschöpfers bei 
MVG 1916 8. 217. 


der Er- 
immern 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 3/4. 


80 


auf der Schulter des Volkes, um mit dem Glossa- 
tor zu reden, gesprochen worden sein. Da 
bietet sich uns die Buchstabengruppe “NN pond 
an, die jetzt 17905 angeglichen ist. In ihr steckt 
die Form 7M»3N. Eine weitere Untersuchung, 
die wir gewiss von dem glücklichen Finder 
unserer Losung erwarten dürfen, wird zeigen 
müssen, ob sich Jes. 30; und 31, auf unsere 
Stelle beziehen. War ursprünglich von dem 
assyrischen Hoheitsbilde in Jerasalem die Rede, 
das Sargon aufstellen liess, als er im Zusammen- 
hange mit der Niederwerfung Asdods auch Juda 
zum Gehorsam zurückbringen musste, so ist 
ww NPN nicht Glosse, wie Peiser angenommen, 
sondern die ursprüngliche Einleitung zu dem 
von ihm nachgewiesenen assyrischen Texte, der 
den Namen der Bildsäule angab. Eine derartige 
Benennung von Bildsäulen erwähnt z. B. Gudea. 
Sargon, der ja auf die alte babylonische Vor- 
zeit zurückgriff, benennt Tore, Mauer und Wall 
seiner Stadt. mwyn nm endlich würde auf 
die Randkorrektur eines Abschreibers zurück- 
gehen, der in V. 6 N7 vor Man ausgelassen 
und es mit dem seinen Platz im Texte bezeich- 
nenden 117%») nachgetragen hatte; ein anderer 
Abschreiber zog diese Randverbesserung, N 
zu Nr umschreibend, um einen Zusammenhang 
zu gewinnen, an falscher Stelle in den Text. 
Wie eine spätere Zensur des Textes die erste 
assyrische Zeile, die ich vermutungsweise sadũ 
rabfi Bel ergänzen möchte, getilgt hat, so strich 
sie auch das anstössige „Eiferbild“ und deutete 
seinen Namen auf den messianischen König. 
Ich möchte also folgende Lösung vorschlagen: 


mapon np o anyon» 
ww TPN 
folgt der assyrische Name 


mion wn | 
Denn errichtet hast du das Hoheitszeichen, 
dessen Name genannt ist: 
„Grosser Berg Bel, usw. 
Dies die Namensinschrift. 

Auf Peisers Wiederentdeckung des 
„Eiferbildes“ in Jerusalem kann nicht 
tatkräftig genug hingewiesen werden. 
Die Aufstellung des Königsbildes in der Haupt- 
stadt eines vom Grosskönig unterworfenen 
Herrschers bedeutet eine strengere Form der 
Abhängigkeit. Sie kommt in der hebräischen 
Unterscheidung von D und x) zum Ausdruck. 
Melek ist der Herr, den zum Besitzer seines 
Landes die Gottheit als Herr dieses Landes 
einsetzt, nasi’ der Mann, „der sich“, um z. B. 
mit der Kyros-Tonzylinderinschrift zu reden, 
„unter den Grosskönig gebeugt, seine Füsse ge- 
küsst, sich seiner Herrschaft gefreut hat und 
dessen Antlitz nun leuchtend geworden“, der 


$1 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 3/4. 


ein DD Nw) ist. Einem melek entspricht eine 
selbstindige Gottheit, die Gottheit des Bezirkes 
eines nasi’ ist der Vasall im Götterstaate der 
Gottheit, deren Statthalter der Grosskönig selbst 
ist. So hat Sedbasar als nasi’ des Kyros, und 
zwar in dessen Eigenschaft als gar Babili — 
denn Palästina war an den Perser als ein Teil 
des babylonischen Reiches gefallen — in Jeru- 
salem „chaldäische Bilder“ gehabt (Hes. 8, 23 1«: 


“ww mw wbs) t, die der Bearbeiter 8; MT 
als das Eiterbild der vorexilischen Zeit erklärt. 
Der Dienst vor diesen Bildern erregt das Miss- 
fallen des Propheten; denn er degradiert Jahwe. 
Und bezeichnend ist es, dass er nach seinem 
'Verfassungsentwurf, den er mit der Geschichte 


der Jahre SeSbasars begründet, einen hb für 
das neuzugründende Jerusalem, nicht einen 
nasi’ erwartet (3732). Die stellen über den nasi’ 
in den ee 40—48 sind nicht echt. Hier 
versucht der Bearbeiter die von den politischen 
Verhältnissen seiner Zeit (ca. 205 v. Chr.) 
aufgezwungene Einrichtung des „Fürsten- 
tums“ mit einer selbständigen Verwaltung des 
Heiligtums derartig zu verbinden, dass Jahwe 
ein „souveräner“ Gott bleibt; er versucht 
die Folgen von dem jerusalemischen Tempel 
abzuwenden, die sich aus der tatsächlichen po- 
litischen Lage ergaben. Nicht die Macht des 
nasi’ wird, wie die Kommentare lehren, einge- 
schränkt, sondern der Tempelbezirk der Ober- 
hoheit des Grosskönigs entrückt. 


_ „Mebräische« und „israelitische“ Sklaven. 
Von Anton Jirku. 


Unter den wenigen Angaben, die im Alten 
Testamente über das Sklavenrecht enthalten 
sind, finden sich auch einige Bestimmungen 
über die Behandlung „hebräischer“ und „israeli- 
tischer Sklaven. Wir geben dieselben zwecks 
unserer folgenden Untersuchung so wieder, indem 
wir sie in zwei Gruppen einteilen: 

A. 

Ex. 21, 2 lesen wir: , Wenn du einen he- 
bräischen Sklaven kaufst, so soll er sechs 
Jahre lang dienen; im siebenten Jahre aber soll 
er unentgeltlich freigelassen werden“. 

Inhaltlich deckt sich mit dieser Stelle Dt. 
15, 12: „Wenn sich dir einer deiner Volks- 
genossen, ein Hebräer oder eine Hebräerin 
verkauft, so soll: er sechs Jahre dein Sklave 
sein, im siebenten Jahre aber sollst du ihn frei 
von dir ausziehen lassen“. 

Auf diese beiden Vorschriften wird Jer. 
34,9 ff. bezuggenommen, nach welcher Stelle unter 
Zedekia verfügt wird, dass jeder seine Sklaven, 


1 Vgl. Zimmern MVG XXI S. 223 Anm. 4. 


soweit es ein Hebräer oder eine Hebräerin 
sei, freilasse; die Einhaltung dieses Gebotes 
war scheinbar vernachlässigt worden. 


Weiter lesen wir Lv. 25, 39: „Und wenn 
dein Bruder neben dir verarmt und sich dir 
verkauft, so sollst du ihn nicht Sklavendienst 
tun lassen“. — — — ibd. „V. 46.b. „Ueber 
eure Brüder, die Israeliten, da darfst du nicht 
einer über den anderen mit Härte herrschen“. 
Dem entspricht Dt. 24, 7.a. „Wenn einer 
dabei ertappt wird, dass er einen seiner Volks- 
genossen, einen Israeliten, raubt und ihn ge- 
walttätig behandelt oder ihn verkauft, so soll 
ein solcher Dieb sterben“. (cf. Ex. 21, 16). 

Zwischen den Vorschriften unter A. und 
denen unter B. besteht, obwohl sie sich auf 
die gleiche rechtliche Frage beziehen, ein 
Widerspruch. Unter A. heisst es, dass ein 
„Volksgenosse“ zwar Sklave werden kann, nach 
sechs Jahren aber freigelassen werden muss; 
unter B. hingegen wird jede Sklaverei von 
»Volksgenossen* rundweg abgelehnt. Diesen 
Widerspruch sucht man nun allgemein dadurch 
zu beseitigen, dass man die unter B. zusammen- 
gefassten Vorschriften als eine (jüngere) Milde- 
rung der unter A. genannten (älteren) Gesetze 
auffasst. Allgemein ist man der Ansicht, dass 
es sich bei allen diesen Gesetzen um „israeli- 
tische Volksgenossen“ handle. 

Wir meinen nun, dass dieses Problem auf 
einem ganz anderen Wege gelöst werden muss, 
den uns die erst in jüngster Zeit aufgekommene 
Hebräer-Chabiru-Frage weist. In diesen unter 
A. und B. zusammengefassten Gesetzen finden 
wir nach unserem Dafürhalten die Erinnerung 
an eine geschichtliche Entwickelung, die wir 
erst in neuester Zeit richtig erkannt haben. 
Wir wissen heute — des näheren können wir 
auf diese Frage hier nicht eingehen — dass 
die Bezeichnung „Hebräer“ im Alten Testamen- 
te ein weiterer Begriff sein kann als „Israelit“, 
und dass wohl alle „Israeliten“ „Hebräer“ sind, 
nicht aber alle „Hebräer“ „Israeliten“. Unzwei- 
deutig tritt uns dieser Sachverhalt 1. Sa. 14, 21. 
1. Sa. 13, 3 entgegen. (cf. Nu. 24, 24). Diese „He- 
bräer in weiterem Sinne“ dürften identisch sein 
mit den Chabiru der El-Amarna- Briefe und den 
‘prj der ägyptischen Inschriften. (Literatur zu 

ieser ganzen Frage bei Gesenius-Buhl. 16. 
S. 561 a). Nur muss man davon ausgehen, 
dass diese „Hebräer“ von allem Anfange an 
mit den „Israeliten“ in Verbindung waren. 
(Gegen Weinheimer, Hebräer und Israeliten. 
1912). Von da aus wird uns der scheinbare 
Widerspruch zwischen den Gesetzen unter A. 
und B. Ñ eicht verständlich. Unter A. sind mit 
den Volksgenossen, die nur sechs Jahre lang 


Sklaven sein dürfen, „Hebräer in weiterem 
Sinne“ gemeint, die sich als Stammverwandte 
im Gefolge der Israeliten befanden. (cf. Ex. 
12, 38. Nu. 11, 4), während bei B. nur an 
„Israeliten“ gedacht ist. „Hebräer“ konnten 
Sklaven werden, mussten aber, da stammver- 
wandt, nach sechs Jahren freigelassen werden; 
bei „Israeliten“ wurde die Sklaverei stets 
verneint. 


Besprechungen. 

Merz, Pfr. Lic. Erwin: Die Blutrache bei den Is- 
raeliten. (Beiträge z. Wiss. v. A. Test. Heft 20.) 
137 8. gr. 8°. M. 3.60; geb. M. 4.60. Leipzig, J. C. 
Hinrichs, 1916. Bespr. v. Wilh. Caspari, Breslau. 

Die Studie enthält einen vorbereitenden all- 
gemeinen und einen ausführlichen, dem AT 
ewidmeten, Teil; sie lernt mit Erfolg von 
eismann, Procksch und den einschlägigen 

Sonderarbeiten völkerkundlicher Rechtswissen- 

schaft. Indem sie Verwechslungen, Unklar- 

heiten, Machtsprüche der schulmässigen alt- 
testamentlichen Geschichtswissenschaft und 

Archäologie richtig stellt, die untiberwindlich 

schienen, erwirbt sie sich ein unbestreitbares 

Verdienst um unsere Vorstellungen von den 

gesellschaftlichen Voraussetzungen der Blut- 

rache im vorstaatlichen Israel (BI). Das 

Stellen-Material (BIL) ist reichhaltig verwertet, 

die erzählenden Quellen sind mit Recht vor 

den Gesetzen und Sittenpredigern bevorzugt und 
mit Glück wird mehr als einmal auf den Grund 
gegangen, um von dem systematisch durchge- 
führten Gesichtspunkte aus unsere Einsicht in 
einzelne Text-Abschnitte zu vertiefen. An- 

1 ist die Erklärung, die S. 98 für den 
terschied vorgetragen wird, die das alte baby- 

lonische und biblische Recht zwischen dem 

Tages- und Nacht-Räuber macht; letzterem 

wird ohne weiteres zugetraut, dass er bereit 

ist, bis zu den äussersten Tätlichkeiten zu 
gehen, und entsprechend erscheint seine Tötung 
als gesetzlich freigegebene Notwehr. Geistreich 
ist die Verknüpfung der Volljährigkeitserklärung 

(S. 72) mit Vollstreckungen der Blutrache; 

zutreffend wird die ausserrechtliche Ursache 

der Rechtlosigkeit von Witwen angegeben 

S. 82 und zu begrüssen ist die Ablehnung des 

Satzes, dass dem Könige ex officio das Blut- 

recht vorbehalten worden sei (S. 80). Geist- 

reich ist vor allem der Satz, auf den eigentlich 
die ganze rechtsgeschichtliche Entwickelung 
von der Blutrache zum staatlichen peinlichen 

Rechte hin aufgebaut wird: Die Jahwereligion 

(Abschn. III) hat die innerisraelitische Tötung 

schon vor der staatlichen Zeit als direktes 

Vergehen gegen Gott betrachtet und dafür eine 

öffentliche Strafe vorgesehen. Zuerst glaubt 


Orientalistische Literaturseitang 1918 Nr. 2 feli Litexsturseitang 1918 Nr. / /I. EAU 


84 


man, durch diesen Satz in der Tat die Ratsel 
der israelitischen Blutrechtspflege lésen zu 
können. Doch hält der Satz wenig von dem, 
was er verspricht. Er kann so richtig sein, 
dass die alttestamentliche Rechtsgeschichte von 
ihm doch wenig Greifbares gewinnt. — Mehr 
anregsam als haltbar scheint auch die Ver- 
wen des Glaubens an das Fortleben eines 
aedu ig Getöteten für Hi 19, 25 ff. Der 
umsichtige Abschnitt über die Motive der 
Blutrache S. 41 ff. rührt noch nicht an die 
psychologische Wurzel; es wird je länger, je 
weniger klar, dass die Ver eltungslehre — 
weil der eine Stámm durch Mord eine Kraft 
eingebüsst habe, müsse auch der Stamm des 
Mörders um ein Mitglied verringert werden, 
— eine Wurzel und nicht vielmehr eine primitive 
Theorie zur Rechtfertigung der Blutrache 
sein solle; es will doch scheinen, als führe das 
„Leidenschafts“-Motiv tiefer in ihre Quelle ein, 
indem etwa der Sterbende selbst den natür- 
lichen Wunsch hatte, den empfangenen Stoss 
mit gleicher Stärke heimzuzahlen, seine Aus- 
führung aber auf den N ächststehenden über- 
trägt, weil er sie nicht mehr leisten kann. 
EinesolcheletztwilligeUebertragungkonntedann 
leicht fingiert und eben dadurch Herkommen 
werden, die Fiktion aber würde von Vor- 
stellungen aus dem Gebiete der Totenversorgung 
leben, die sich in scharfem Gegensatze zu der 
angenommenen Abwehr der ungerächten Seele 
und ihrer Substanz durch die Diesseitigen 
befänden. — Ein Abschn. V handelt von deute- 
ronomischen undspäterenKompromissenzwischen 
staatlichem Kriminalrecht und dem Sippenbann; 
auf diesen Abschnitt möchte ich meine Zu- 
stimmung nicht ausdehnen, ohne die Zurück- 
haltung hier begründen zu können. — DieSprache 
ist nicht immer die übliche: Ersetzung, der 
Hinschied, auf etwas eintreten (mehrmals); 
andererseits blüht gelehrter Luxus, wie: Nation, 
Exzeptionalität, fabrizieren, Geste, novum, 
Abolition usw. In die Kunstausdrücke der 
Gesetze, die im Abschn. BI viel zu schaffen 
machen, würde eher eine Verteilung auf die 
zwei Sprachen, die das Hebräische gespeist 
haben, Licht bringen: Sofet, sar, horim gehören 
wohl dem Kananäischen an. Die kananäischen 
Einflüsse scheint mir Merz hinsichtlich der 
Stadtgemeinde, des Bundesbuches, wie auch 
des Königsgedankens zu unterschätzen. S. 40 
liest man: Backschich. Joab (I Chr. 2, 16!) 
wird wie gewöhnlich als der älteste Sohn der 
Ceruja betrachtet, weil er am meisten hervor- 
tritt. Ihre Ehe soll eine normale Kaufehe sein 
(S. 25). Zu dem fiktiven Falle II. Sam. 14 wäre 
noch zu ergänzen, dass die zwei Brüder V 5f. nicht 
als Söhne eines Vaters bezeichnet werden. 


Palästinsjahrbuch des deutschen evangelischen 
Instituts für Altertumswissenschaft des hei- 
ligen Landes zu Jerusalem. Im Auftrage des 
Stiftungsvorstandes herausg. von Prof. DDr. G. Dalman. 
12. Jahrg. (1916). VIII, 121 S. m. 5 Tafeln u. 2 Karten. 
M. 3—; geb. M. 4—. Berlin, E. S. Mittler & Sohn, 
1918. Bespr. v. J. Herrmann, Rostock. 

Obwohl auch in diesem Berichtsjahre dem 
Institut keine Mitglieder zugesandt werden 
konnten, hat der Vorsteher die Arbeit desselben 
nicht ruhen lassen. Wiederum hat er in einer 
Reihe deutscher Städte Vorträge gehalten, nicht 
nur, um das Heilige Land besser bekannt zu 
machen und dadurch der Aufgabe des Instituts 
zu entsprechen, sondern auch um es in eine 
bessere Verbindung mit der heimatlichen Kirche 
und den Universitäten zu bringen. Ferner hat 
er den Denkmälern Palästinas auf deutschem 
Boden nachgeforscht, welche als Nachbildungen 
des heiligen Grabes von Jerusalem in nicht 
geringer Zahl noch vorhanden sind oder einst 
vorhanden waren, und zu diesem Zwecke ganz 
Deutschland bereist. Die Ergebnisse der dabei 
vorgenommenen Messungen und Zeichnungen 
der Denkmäler, sowie die aus Bibliotheken, 
Archiven, Pfarrämtern und Klöstern ermittelten 
Nachrichten über ihre Geschichte stellen ein 
wertvolles Material dar, das der Veröffent- 
lichung harrt. Das vorliegende Jahrbuch ent- 
hält aus der Feder des Vorstehers den Jahres- 
bericht und drei Vorträge, in denen Dalman 
in gewohnter Meisterschaft palästinakundliches 
Material dem Interesse eines weiteren Hörer- 
kreises nahebringt und dabei immer wieder 
zeigt, wie die Palästinakunde der Bibelforschung 
zu dienen vermag und zur Erklärung und zum 
Verständnis der Geschichte und geschichtlichen 
Bedeutung dieses merkwürdigen Gebiets des 
vorderen Orients bis auf unsere Tage beiträgt. 
So handelt er im ersten Vortrage über Palästina 
als Heerstrasse im Altertum und in der Gegen- 
wart, im zweiten über palästinische Wege und 
die Bedrohung Jerusalems nach Jes. 10, 28—32, 
im dritten über den Oelberg. Weiterhin teilt 
R. Hartmann in Ergänzung des Aufsatzes von 
B. Schmidt im vorigen Jahrgang des Jahrbuchs 
(S. 85—118) arabische Berichte über das Wunder 
des heiligen Feuers in der Grabeskirche in 
Uebersetzung mit. Endlich berichtet Sven 
Linder in einer vor allem botanisch lehrreichen 
Schilderung über einen Sommerritt im Lande 
Ephraim 1912. Möchte auch dieser Band das 
Interesse an der Palästinaforschung und an 
aller deutscher Arbeit in Palästina unter uns 
vertiefen und dem Institute neue Freunde ge- 
winnen, dessen Bedeutung nach dem Kriege 
sich voraussichtlich nur steigern wird. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 3/4. 


86 


Eichrodt, Walther: Die Quellen der Genesis von 
Neuem untersucht. (Beihefte zur Zeitschrift f. d. 
atl. Wissenschaft 31). III, 156 8. gr. 8°. M. 5.60. 
Giessen, A. Töpelmann, 1916. Bespr. v. Max Löhr, 
Königsberg i. Pr. 


Eichrodt's Arbeit ist eine ausführliche Aus- 
einandersetzung mit Eerdmans. Schon seine 
Heidelberger Lizentiatendissertation, Halle1915, 
zeigte, in welchen Bahnen sich die nunmehr 
vollständig vorliegende Arbeit bewegen würde. 
Es hatte sich bereits Holzinger in ZATW 
1910 und 1911 mit dem vorliegenden Thema 
eingehend beschäftigt; daneben bieten aber 
Eichrodt's Ausführungen zahlreiche bemerkens- 
werte Einzelheiten. Das gilt besonders von 
seiner Bestreitung der Eerdmansschen Polytheis- 
mushypothese und der bei aller Anerkennung 
für bestimmte Verdienste Eerdmans’ doch ab- 
lehnenden Beurteilung seiner Genesiskomposi- 
tion. Wenn sich einer der alttestamentlichen 
Zunftgenossen beklagen darf, so ist es Ed. 
König. Seine Beurteilung der LXX ist doch 
bei weitem nicht so radikal abweisend oder 
geringschätzig, wie es Eichrodt nach seinem 
kurzen „Nachtrag am Schluss des Ganzen“ 
aufzufassen scheint. 


Cassel, David: Hebräisch-Deutsches Wörterbuch. 
360 8. gr.8°. M. 4—; geb. M. 4 80. Breslau, H. Handel, 
1916. Be v. Max Löhr, Königsberg i. Pr. 

Ein alter Bekannter aus meiner Schulzeit, 
der soweit ich mich durch Stichproben überzeugt 
habe, fleissig nachgebessert ist und darum 
unsern Sekundanern und Primanern noch immer 
mit Nutzen in die Hand gegeben werden mag. 
Für das spätere Studium reicht das Buch 
keinesfalls aus. Bedenklich sind verschiedene 
Namenerklärungen. So lobenswert es an sich 
ist, die Eigennamen zu deuten, sollte es dann 
wenigstens nach dem neuesten Stande der 
Wissenschaft geschehen, oder es sollte eine 
Bemerkung, wie „zweifelhaft“ oder „unerklärt“ 
o. dgl. hinzugesetzt werden. Man vgl. in dieser 
Hinsicht etwa Namen wie Bethlehem, Jerub- 
baal, Jerusalem u. v. a., auch z. B. was über 


MY D gesagt wird. 


King, Leonard W., Litt. D., F. 8. A.: A History of 
Babylon from the foundation of the monarchy to 
the Persian conquest. With Map, Plans and Illustra- 
tions. London, Chatto and Windus 1915. XXIV, 
340 8. 8°. Bespr. von Bruno Meissner, Breslau. 

Von Kings History of Babylonia and As- 
syria erschien 1910 der erste Teil, A History 
of Sumer and Akkad, jetzt führt er die Ge- 
schichte Babyloniens bis ans Ende. Nach 
einem einleitenden Kapitel über die Stellung 

Babylons in der Geschichte des Altertums 

gibt er (Kap. II) eine recht genaue Beschrei- 

bung der Ruinen Babylons nach den Aus- 


v 


grabungen der Deutschen Orient Gesellschaft. 
ei einem Besuche derselben im Jahre 1901 
hat er sie durch eigene Anschauung kennen 
gelernt, aber er muss auch, wenn ich recht 
sehe, bisher unpubliziertes, offizielles Material 
zu seiner Verfügung gehabt haben. Er spricht 
sich zwar in dem Vorwort, in dem er sonst 
alten Mitarbeitern dankt, über diesen Punkt 
nicht aus, aber manche detaillierten Pläne, Ab- 
bildungen und Beschreibungen, die er gibt, 
kann ich wenigstens in den Mitteilungen der 
DOG und in Koldeweys Buche, Das wieder- 
erstehende Babylon nicht finden. Jedenfalls 
kann dieses Kapitel unser besonderes Interesse 
beanspruchen, weil man hier mehr findet, als 
man vermutet. | 

Was die Behandlung der eigentlichen Ge- 
schichte Babylons anbelangt (Kap. III—IX), 
so ist man etwas enttäuscht. Aber das ist 
nicht Kings Schuld, sondern liegt an den 
Quellen. Während die Geschichtsquellen für 
die Zeiten des Reiches von Sumer und Akkad 
teilweise recht reichlich fliessen, bleibt das für 
die spätere Epoche leider nicht so. Für die 
erste Zeit sind noch Datierungen von Narr jr 
unsere mageren, aber immerhin wertvollen 
Quellen, später hört auch das auf. Von aus- 
nehmender Wichtigkeit für die Geschichte der 
aufkommenden Macht Babylons ist eine von 
Clay gefundene und King zur Verfügung ge- 
stellte Datenliste der Könige von Larsa (S. 89), 
in der folgende Herrscher aufeinander folgen: 
21 Jahre Naplanum, 28 Jahre Emisum, 35 
Jahre Samum, 9 Jahre Zabaia, 27 Jahre Gun- 
gunum, 11 Jahre Abisare, 29 Jahre Sumuilum, 
16 Jahre Nur-Adad, 7 (?) Jahre Sin-idinnam, 
2 Jahre Sin-iribam, 6 (?) Jahre Sin-ikisam, 1 
Jahr Sili-Adad, 12 Jahre Warad-Sin, 61 Jahre 
Rim-Sin, 12 (?) Jahre Hammurabi, 12 Jahre 
Samsuiluna = 289 Jahre. Diese Liste bringt 
viel Licht, aber auch viel neue Fragen. King 
löst die Schwierigkeiten, indem er annimmt, 
dass die Dynastien von Isin, Larsa und Babel 
im wesentlichen gleichzeitig regiert haben. 
Isbi-Ura von Isin setzt er von 2339—2308, 
Naplanum von Larsa von 2335—2315 und 
Suma-abum von Babel von 2225—2212 an. 
Besondere Schwierigkeiten ergeben sich noch 
für 61 jährige Regierung Rim-Sins. Es wird 
wohl nichts anderes übrig bleiben, als mit 
King anzunehmen, dass er durch Hammurapi 
zwar die Krone, aber nicht das Leben verlor, 
ja schliesslich seinen alten Gegner überlebte 
und später unter Samsuiluna wieder zur Macht 
gelangte. 

Der Frage nach der Herkunft der West- 
semiten und der Darstellung der Kultur der 
Epoche Hammurapis sind Kap. IV und V ge- 


— 
— 


Orientalistische Litera turzeitung 1918 Nr. 8/4. 


8 


widmet. Schon unter Samsuiluna (Kap. 2 
machte sich dann der Süden selbstständig un 
wurde nie mehr von den Königen der I. Dy- 
nastie unterworfen. Die glorreiche Hammura- 
idynastie wurde durch einen Einfall hattischer 
Horden über den Haufen geworfen. Wie lange 
diese in Babel herrschten, ist nicht sicher, 
wahrscheinlich werden aber auch Könige der 
meerländischen II. Dynastie zeitweise ganz 
Sumer und Akkad regiert haben. Dann er- 
folgte c. 1760 v. Chr. der grosse Einfall der 
Kassitan, die das unglückliche Land 576 Jahre 
lang besetzt hielten und immer weiter herunter 
brachten (Kap. VII). Die Kassitenkönige da- 
tieren ihre Urkunden nun nicht mehr nach her- 
vorragendenEreignissen ihrer Regierung, sondern, 
vielleicht nach ägyptischem Vorbi de, nach 
ihren Regierungsjahren. Somit ist uns für die 
Zukunft nun auch diese Geschichtsquelle ver- 
schlossen. Daher sind wir denn besonders für 
die erste Zeit über das neue Eroberervolk nur 
unvollkommen unterrichtet. Eine intimere 
Kenntnis der internationalen Beziehungen der 
Völker des ganzen vorderen Orients, der Ae- 
gypter, Kanaanäer, Hatti, Assyrer, Babylonier, 
schenkt uns die Amarnakorrespondenz, noch 
wichtiger in gleicher Richtung werden sich die 
gleichzeitigen oder sich zeitlich unmittelbar an- 
schliessenden Bogbazköiurkunden erweisen, wenn 
wir sie erst verstehen gelernt haben werden. 
Ein akkadisch geschriebener Brief Hattusils an 
den Sohn des Kadasman Turgu, also wahr- 
scheinlich KadaSman-Enlil II, hat sich schon 
chronologisch und historisch als äusserst wichtig 
erwiesen und lässt den Wunsch nach weiteren 
Urkunden rege werden. Inzwischen hatte sich 
der nördliche Rivale, Assur, immer weiter er- 
hoben, hatte die alte Hauptstadt Babel so 
mehrmals erobert und übte fast ständig eine 
unangenehme Kontrolle über das alte Südreich 


aus. 

Als (Kap. VIII) die Kassiten schliesslich 
i. J. 1185 v. Chr. durch die Elamiten ver- 
trieben wurden, waren auch die neuen Herrscher 
zu schwach, um irgendwelche dauernde Macht- 
stellung zu gewinnen. Verschiedene Dynasti- 
nen wechselten teilweise tiberraschend schnell 
ab, bis sich i. J. 729 v. Chr. der assyrische 
König Tiglatpileser als Pulu auf den baby- 
lonischen Thron setzte. Allerdings war auch 
jetzt noch nicht die Zeit der Ruhe für das 
unglückliche Land gekommen; Aufstände ein- 
heimischer Fürsten wechselten mit Eroberungen 
assyrischer Könige, und je nachdem wie diese 
5 waren, gestaltete sich auch die Lage 

es Landes. | 

Erst nach Kandalanus Tode (Kap. IX) ging 

die assyrische Herrschaft in Babylon endgül- 


80 Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 8/4. 90 


tig zu Ende. Nabopolassar, der chaldäische 
General, setzte sich ı. J. 625 v. Chr. auf den 
Thron von Babylon und führte das Reich 
einem neuen Aufschwunge entgegen. Unter 
seinem Sohne Nebukadnezar erlebte der Staat 
dann eine ungeheure Blüte, die sich besonders 
in seinen, im ganzen Lande aufgeführten Bauten 
dokumentiert. Die historische Ausbeute aus 
den zahllosen Inschriften Nebukadnezars und 
seiner Nachfolger ist aber ziemlich gleich Null. 
Dass schon am Ende von Nebukadnezars Re- 
ierung das Heer nicht mehr auf seiner alten 
She stand, scheint ein neuerdings von Scheil 
arr gale (auch von King S. 281 erwähnter) 
rief zu beweisen. So ging es denn nach Ne- 
bukadnezars Tode schnell mit Babels Macht 
bergab. Der Archäolog Nabonid, der lieber 
Grundsteine alter Tempel suchte oder seine 
Tochter zur Hauptpriesterin des Mondtempels 
von Ur (s. S. 281) machte, als sich um mili- 
tärische Angelegenheiten zu kiimmern, und der 
dem Aufkommen der persischen Weltmacht ab- 
solut kein Verständnis entgegenbrachte, war der 
denkbar schlechteste Herrscher in dieser rauhen 
Zeit. Daher fiel es auch Kyros so leicht, 
Stadt und Staat von Babel einzunehmen und 
zu einer Provinz seines Reiches zu machen. 
In einem Schlusskapitel (Kap. X) erörtert 
King in ruhiger Weise das Mass des Ein- 
flusses Babels auf Palästina und Griechenland. 


Meritz, B.: Der Sinatkult in heidnischer Zeit. 
(Abhandlungen der Kgl. Ges. d. Wiss. zu Göttingen. 
Phil.-hist. Éi. N. F. 16. Bd. Nr. 2.) 64 8. Lex. 8°. 
M. 6—. Berlin, Weidmann, 1916. 
Brandenburg, z. Zt. Linderhof. 

Die Arbeit beginnt mit einer geogräphischen 
Beschreibung der Sinai-Halbinsel, dann folgt 
die Aufzählung der archäologischen Funde. 

1. Denkmäler, hauptsächlich bei Minen, der 
1.—6., 11. u. 12., 18.—20. ägyptischen Dynastie. 

2. Die „sinaitischen Inschriften“. 

3. Das Sinai-Kloster, unter Justinian ge- 
gründet, Kloster und Kirche von Pharau usw. 

Die Inschriften finden sich fast ausschliess- 
lich auf der Westseite des südlichen Teils der 
Halbinsel und zwar c. % von ihnen um das 
Massiv des Serbal verstreut, 4 am Gebel-Musa, 
dem heutigen Sinai, welch letztere der Ver- 
fasser untersucht hat. Besonders zahlreich sind 
sie an dem Wege an der Ostseite des Wadi, 
der zum Gebel Katerin führt, so dass man den 
Eindruck gewinnt, er sei eine alte Prozessions- 
strasse gewesen. 

Wie Tuch und Beer begründet haben, handelt 
es sich um Gedenkinschriften von Pilgern“, die 
andern Erklärungen sind aus überzeugenden 
Gründen nicht stichhaltig; ihre Urheber tragen 
Namen aus der ältesten arabischen Literatur, 


Bespr. von E. 


wie sie auch in den Prophetenbiographien vor- 
kommen, und waren gebildete Leute, wie man 
das auch aus dem ductus ersehen kann. 
Sie stammten aus dem Higas, was sich aus den 
Ortsnamen und in den Inschriften ergibt. Der 
Zweck derselben war die Erinnerung an Wall- 
fahrten zum Sinai. — Von c. 2600 sind nur 
fünf datiert, die älteste 149 n. Chr., die jüngste 
253; sie drängen sich also in einer sehr kurzen 
Periode von c. 100 Jahren zusammen, aus 
welcher Tatsache der Verfasser drei Fragen 
formuliert: 

1. War der Sinaï vor 150 kein Kultort? 
Weder in israelitischer Zeit noch jüdischer 
Tradition spielt der Sinai eine grosse Rolle, 
im NT wird er überhaupt mit Ausnahme einer 
Stelle nicht erwähnt; erst bei Strabo und Diodor 
finden sich Notizen, deren letztere Verfasser 
eingehend erörtert. 

2. Warum wurde der Sinai c. 150 ein 
heiliger Ort? Verfasser meint, die Römische 
Regierung hätte wegen Unsicherheit die Pilger- 
fahrten aus dem Higas nach Petra verboten 
(wie heute die Franzosen den Tunesiern usw. 
die Pilgerfahrt nach Mekka öfters untersagt 
haben) deshalb kam der Sinai in Aufnahme, 
dessen Gebiet für Rom politisch und militärisch 
wertlos war. [Dagegen liesse sich doch ein- 
wenden, dass weder die Römer sonst so zart 
besorgt waren, noch alte religiöse Sitten sich 
ohne weiteres verbieten, resp. neue dekretieren 
lassen. | 

3. Warum hören ein Jahrhundert 
hoe die Inschriften plétzlich auf? Das 
Christentum kam dort erst später auf, kann 
also nicht der Grund dafür sein. Verfasser 
meint, dass Petra’s Transithandel und die dort 
erhobenen Zölle Rom schadeten, weshalb Trajan 
Nabatäaannektierte,woraufdieHandelswege über 
Palmyra gelegt wurden. Es folgen dann längere 
Ausführungen über die politischen und sonstigen 
Verhältnisse dieser Gegenden, die an und für 
sich interessant sind, mit dem eigentlichen 
Thema aber nur sehr locker im Zusammenhang 
stehen. Ausserdem ist einzuwenden, dass das 
Aufhören von Handel noch nicht unbedingt 
das von Pilgerfahrten herbeiführen muss. 

Das ist kurzderInhalt derArbeit. Ausserden 
bereits gemachten Einwänden wäre noch vor 
allen der zu erheben, dass vom eigentlichen 
Titel und Thema, dem Kult ausser einigen 
ganz kurzen Notizen bei Diodor, dass dort ein 
Mann und eine Frau den Dienst bei einem 
Altar mit unbekannter Inschrift versehen hätten, 
und bei Nilus von Byzans, dass man dort der 
Venus Menschen, resp. ein weisses Kamel, 
opfert hätte, nichts wesentliches mehr vorkommt. 
Wer diese „Venus“ = ‘Uzza, war, wie der 


o 


9 


Kult mit andern, vor allem mit dem Berg Sinai 
und seiner Tradition zusammenhing, das muss 
uns Verfasser vollkommen schuldig bleiben, da 
das vorhandene Material ihm keine weiteren 
Unterlagen gewährt. Wenn er die Arbeit etwa 
„Notizen über die geschichtlichen Verhältnisse 
der Sinai-Halbinsel und die dort gefundenen 
Inschriften“ genannt hätte, würde diese Bezeich- 
nung zutreffender sein als die von ihm ge- 
wählte, der der Inhalt durchaus nicht entspricht. 
So können wir zusammenfassend sagen, dass 
die vorliegende sehr umsichtige und zuverläs- 
sige Arbeit entschieden von grossem Interesse 
und vollem Werte für den Spezialforscher des 
in dem von mir vorgeschlagenen Titel bezeich- 
neten Gebietes ist; für die Religionsgeschichte, 
worauf aber der Titel hinzuweisen scheint, ist 
sie weniger von Bedeutung. 


Hall, H. R.: Catalogue of Egyptian Scarabs, etc., 
in the British Museum. Volume I. Royal Scarabs, 
XXXVII, 310 S. m. 1518 Abbildgn. u. 1 Taf.. gr. 8°. 
London, British Museum 1913. Bespr. von A. Wiede- 
mann, Bonn. 

Die politischen Verhältnisse haben es mit 
sich gebracht, dass mir erst jetzt das genannte 
Werk zugänglich wurde, welches in schöner 
Ausstattung den ersten Teil des Verzeichnisses 
der Skarabäen und verwandten Gegenstände 
des Britischen Museums enthält. Man wird das 
Buch mit oem Interesse zur Hand nehmen, 
da dieses Museum eine der grössten, wenn nicht 
die grösste Sammlung auf dem genannten Ge- 
biete besitzt. Diesen Reichtum verdankt es 
einmal der Tätigkeit der Museumsbehörden, 
welche stets auf die Erwerbung von Kleinalter- 
tümern grosses Gewicht legten. Dann aber auch 
sehr wesentlich der althergebrachten angel- 
sächsischen Freude am Sammeln von Skarabäen, 
welche es mit sich brachte, dass nach Abfahrt 
der englisch-amerikanischen Turistenschiffe in 
Luxor häufig alle Bestände an Skarabäen bei 
den Händlern ausverkauft waren. Das Sammeln 
der Reisenden erfolgte sportmässig und ohne 
jede Sachkenntnis, sie vermochten zwischen 
echten und falschen Skarabäen nicht zu scheiden, 
bevorzugten nur häufig letztere, da sie besser 
auszusehen und vollständiger erhalten zu sein 
pflegen?. Meist erlischt das Interesse an den 
auf der Reise erworbenen Stücken kurz nach 
der Heimkehr und finden dieselben dann nicht 


2 In einem Vorworte gibt KAW Budge an, er habe 
die Beschreibungen Hall’s im Manuskript durchgesehen 
und mit den Originalen verglichen. 

* Eine Reihe neuerer Skarabäen-Fälschungen aus 
Luxor findet sich in dem dilettantischen Buche von 
, Wakeling, Forged Egyptian Antiquities Taf. 8, doch ver- 
öffentlicht er dabei nur mindere Ware und fehlen wirklich 
gut ausgeführte Stücke. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 8/4. 


selten den Weg in öffentliche Sammlungen, 
wobei naturgemäss eine Prüfung der Echtheit 
einzutreten hat. 


Eine solche Untersuchung hat zweifelsohne 
vor der Veröffentlichung des vorliegenden Ver- 
zeichnisse stattgefunden. Der Verfasser wird 
die seiner Ansicht nach sicher unechten Stücke 
ausgeschieden haben, bei einigen aufgenommenen 
lässt er die Echtheit fraglich. Bei der Durch- 
sicht ist er jedoch allem Anscheine nach bei 
einer Reihe von Stücken allzu nachsichtig ge- 
wesen. In den Jahren 1880—2, in welchen 
das Skarabäensammeln sehr in Blüte stand, 
habe ich in Luxor die Bekanntschaft eines aus 
Qurna stammenden vorzüglich arbeitenden 
Fälschers, der besonders den häufig in einen 
Namensring eingeschlossenen Vornamen Thut- 
mosis III. sehr gut nachzuahmen wusste, gemacht 
und habe von ihm mehrfach Proben seiner Arbeit 
erworben. ErbenutztealsMaterialeinen weichen, 
fettigen Schiefer, den er aus Assuan zu erhalten 
behauptete, und eine Compositmasse. Nach 
Formung und Gravierung der Stücke wurden 
sie geglättet und roh gelassen oder mit einer 
tief eindringenden schwarzen Farbe behandelt 
oder gebrannt und glasiert. 


Als Vorlage dienten neben echten Skarabäen 
die Königslisten von Murray und Bädeker, doch 
war er bestrebt, den einzelnen Zeichen einen 
monumentaleren Charakter zu geben wie den 
der hieroglyphischen Typen. Ich habe ihn be- 
obachtet, wie er stundenlang in Karnak, vor ` 
allem in der Inschrift Amenophis III an der 
Rückwand des grossen Hypostyls, Vorlagen 
für einzelne Schriftzeichen suchte. Trotzdem 
liefen ihm häufig neben den entsprechenden 
richtigen Formungen bestimmte Fehler unter, 
welche auch die übrigen Luxorer Fälscher gern 
begehen. Das Zeichen E erhält als Füllung 
statt der sinngemässen horizontal gestellten 


Vierecke schräggestellte, das | hat vorn keine 
gerade Abschlusslinie, sondern eine gebogene, 
so dass es an [| erinnert, oder gewinnt die 
Gestalt eines mit der Spitze nach oben ge- 
richteten Messers 1. um leere Stellen aus- 
zufüllen wurden runde Bohrlöcher oder als 
Abschluss einherabhängender, seltenernachoben 
gerichteter Wasserpflanzenstengel mit kolben- 


artiger Blüte! angebracht, usw. Mehrfachfinden 
sich derartige Erzeugnisse seiner Kunst, welche 


1 Dieses Pflanzenbild, welches der Type ähnelt, 
aber keinen zurückgebogenen Stengel hat, geht offenbar 
auf die Pflanze zurück, welche bei den Frauendarstellungen 
in den Gräben zu Schöch Abd el-Qurna häufig scheinbar 
frei schwebend über deren Köpfen liegt. 


sich teilweise mit den in meinen Händen be- 
findlichen Fälscherproben decken, unter den von 
dem Herausgeber nicht angezweifelten Stücken 
des Verzeichnisses. Bei anderen Stücken, 
welche zweifelhaft erscheinen, istdie Beurteilung 
schwer. Der Herausgeber hat in dankenswerter 
Weise den interessanteren Stücken Facsimiles 
beigefügt. Für die Wiedergabe hat er aber das 
jetzt leider nur allzu beliebte Zinkkliche ge- 
wählt, bei welchem das über die Inschrift ge- 
legte Netz die Zeichen vielfach verwischt er- 
scheinen und vor allem den mehr oder weniger 
scharfen und senkrechten Schnitt nicht ver- 
folgen lässt. 

Das Werk beginnt mit einer Schilderung 
der in ihm verzeichneten Altertümerarten im 
allgemeinen; der Siegelcylinder, der Knopfsiegel, 
der auch aus Aegypten ausgefiihrten und im 
Auslande nachg ten Skarabäen, von denen 
letztere aber nicht mit verzeichnet worden sind, 
der skarabäenartigen Stücke, bei denen der 
Käferoberteil durch einen Negerkopf, Affen usw. 
ersetzt ist, der Perlen, der flachen Platten. Sie 
bilden für den Verfasser insofern eine Einheit, 
ale sie nach seiner Ansicht insgesamt als 
Siegel dienten, dienen konnten oder Siegel nach- 


Orientalistische Literaturseitung 1918 Nr. 8/4. 


94 


zielen. Anders liegt freilich die Frage, ob die 
Skarabäen überhaupt jemals als Siegel gedacht 
waren. Dass man sie als solche hätte benutzen 
können, bildet naturgemäss keinen Beweis für 
diese weitverbreitete Annahme, eine Darstellung 
oder Textangabe, welche eine solche Verwertung 
zeigte oder erwähnte, liegt nicht vor. Es 
spricht vielmehr bisher alles dafür, dass die 
Skarabäen ausschliesslich als Amulette galten. 

Der Verfasser erörtert weiter die auf einer 
bei den Aegyptern althergebrachten falschen 
Deutung einer Naturerscheinung beruhende re- 
ligiöse Bedeutung des Skarabäuskäfers. Die 
Amulettwirkung seines Abbildes, welche im 
wesentlichen eine schützende war, wurde durch 
auf ihm angebrachte Inschriften, wie durch 
gute Wünsche und ähnliches, näher bestimmt, 
oder durch die Aufzeichnung von Namen und 
Bildern von Göttern verstärkt. Auch die Königs- 
namen dienten, da der Herrscher den Aegyptern 
als Gott galt, letzterem Zwecke. Diese Auf- 
fassung der Herrschernamen auf den Amuletten 
ist zweifelsohne richtig. Der Verfasser entzieht 
sich jedoch ebenso wie andere Skarabäenbe- 
arbeiter ihrer unmittelbaren Consequenz, wenn 
er in seinem Verzeichnisse Inschriften, welche 


ahmten. Die Siegelnatur der bis in das mittlere an Königsnamen erinnern oder Teile von solchen 


Reich hinein häufigen, später nur noch selten 
auftretenden Cylinder, welche er dann ein- 
ge bespricht, steht fest. Sie wurden über 

ie mit einem Siegel zu versehende Fläche 
gerollt; zahlreiche mit ihrer Hülfe hergestellte 
Abdrücke sind besonders aus der ältesten Zeit 
erhalten. Eine Beziehung zu den gleichartigen 
babylonischen Cylindern, welche ich nicht be- 
zweifeln möchte, lehnt der Verfasser angesichts 
des hohen Alters des Vorkömmens der Form 
im Niltale ab. 


Die Skarabiien waren nach Hall zunächst 
Amulette, seit der 11. astie hätten sie auch 
als Siegel gedient, seit der 18. Dynastie seien 
sie wiederum nur Amulette. Den Beweis für 
letztere Auffassung findet er darin, dass die 
damals üblichen Steingut-Skarabäen zu wenig 
hart zum Siegeln gewesen seien. Ein prak- 
tischer Versuch hätte ihm hier im Gegenteil 
| ezeigt, dass es nicht die mindeste Schwierig- 

eit bereitet, mit einem derartigen Skarabäus 
auf dem von den Aegyptern als Siegelstoff ver- 
wendeten fettigen Ton, Wachs, weichen Gips 
einen vollkommen tadellosen Abdruck zu er- 


2 Vgl. u. a. Nr. 638, 676, 816, 1604 (unrichtiges men); 
1615, 1603 (falsches d); 63, 64 (runde Rohrlöcher); 638, 
1603—4, 1615 (Füllpflanze). Weitere Fehler z. B. 1209, 
1552, 1764 (z statt ra), 761 (#efa-Vogel statt sa-Gans). 
Soweit die Veröffentlichung erkennen lässt, findet sich 
auch 770 (mit den spitzen Flügelabschlüssen) und 1354 
unter meinen Stücken. 


geben, für diese Königsnamen erklärt. So sieht 
er beispielsweise in Ufeh, Huneb, Hur, Uf den 
König Hufu-Cheops, in Pepau Pepi, in Heper- 
ka den Vornamen Usertesen’ I, in Rä-men-Nesth 
und Rä-men-nefer einen Ersatz für Rä-men- 
heper, den Vornamen Thutmosis’ III, usw. Dem- 
gegenüber ist hervorzuheben, dass es überall 

a, wo dem Namen eine Zauberwirkung zu- 
geschrieben wird, als unverbrüchliche Regel gilt, 
dass der zauberkräftige Name völlig genau 
wiedergegeben werden muss. Sobald eine Ver- 
stümmelung oder falsche Wiedergabe desselben 
eintritt, hat dieser Irrtum schwere Gefahren 
für den Zauberer im Gefolge. Im Niltale war 
dies nicht anders und so bleibt nur die An- 
nahme übrig, dass die genannten Stücke ent- 
weder überhaupt keinen Amulettwert baben 
sollten oder, was weitwahrscheinlichererscheint, 
dass sie aus der Reihe der Königskarabäen zu 
streichen sind und irgendwelche andere Zeichen- 
verbindungen wiedergeben. 

Auf den auf ihnen aufgezeichneten Königs- 
namen beruht im wesentlichen der historische 
Wert der Skarabäen. Mit ihrer Hülfe kann man 
gegebenenfalls Funde datieren, sonst unbekannte 
Herrschernamen kennen lernen, neue icht- 
liche Tatsachen erschliessen. Für diese Be- 
deutung der Stücke werden von dem Verfasser 
eine Reihe von Beispielen aufgeführt, doch wird 
man bei einzelnen derselben den Schlüssen, 
welche er zieht (S. XXII), zweifelnd gegenüber- 


95 


stehen können. So erscheint die Gleichheit des 
von Amenophis III angelegten Sees von T’aruha 
und des Birket Habu durch die völlig ver- 
schiedenen Ausmessungen beider Seen aus- 
geschlossen. In wie fern ein aus Sedeinga 
stammender Skarabäus aus der ersten Zeit 
Amenophis’ IV, der in der Titulatur diesen 


König mit der Sonnenscheibe (dten) vergleicht, 


darauf hinweisen soll, dass hier der Atenkult 
unter Amenophis III. begann, ist nicht er- 
kennbar. Am auffallendsten ist die Bemerkung, 
die Löwenjagden Amenophis’ III. hätten in 
Mesopotamien stattgefunden. Auf den Löwen- 
skarabäen des Königs ist hiervon nichts bemerkt, 
andere Denkmäler, welche auf diesen Tatort 
hinwiesen, sind mir unbekannt. Stünde die 
Angabe fest, so würde sie zeigen, dass der 
Herrscher während seiner zehn ersten Regierungs- 
jahre, doch wohl mehrfach, in Mesopotamien 
sich aufhielt und sich hier derart sicher fühlte, 
dass er Löwenjagden veranstaltete. Bei der 
bo; eit, welche die Beziehungen Ameno- 
phis’ III. zu Asien durch die El-Amarna-Briefe 
gewonnen haben, wäre es höchst wünschens- 
wert, wenn der Verfasser seine Beweise für 
eine derart wichtige, mir freilich sehr wenig 
wabrscheinliche Tatsache mitteilen wollte. In 
der Anbringung der Sonnenscheibe mit den 
beiden Uräusschlangen über dem Königsnamen 
(Nr. 2120) vermag ich keine unter Beeinflussung 
durch die Benennung des Hethiterkönigs als 
Sonne entstandene Bezeichnung des Pharao zu 
sehen, da eine solche der ägyptischen Auffassung 
widersprechen würde, derzufolge dieser der Sohn 
der Sonne und damit wie diese, aber nicht 
sie selbst ist. Es wird sich bei dem Zeichen 
um eine auch sonst häufige Abkürzung der an 
dieser Stelle gelegentlich auftretenden apotro- 
päischen geflügelten Sonnenscheibe handeln. 
Auf die Begründung der auffallenden Ansicht, 


dass (| auf Skarabäen als Monogramm für Amon 


benutzt werde (Nr. 429) wird man sehr gespannt 
sein. 

Bei weitem am häufigsten sind unter den 
sogenannten Königskarabäen solche mit der 
Aufschrift Ra-men-heper, welche Zeichenver- 
bindung dem Vornamen Thutmosis’ II entspricht. 
Dieselben treten zuerst zurzeit dieses Königs auf, 
wurden dann aber noch nach Jahrhunderten her- 
eer Hall vermutet (S. XXX VJ), dies beruhe 

arauf, dass man diesen Pharaonennamen fiir 
sehr michtig gehalten habe und er ein besonders 
volkstiimlicher Herrscher gewesen sei. Diebisher 
bekannte Ueberlieferung spricht nicht fiir diese 
Erklärung. Eine göttliche Verehrung des Königs 
nach seinem Tode wird nur in ganz vereinzelten 
Ausnahmefällen erwähnt, übereine Volkstümlich- 


Orientalistische Literaturseitung 1918 Nr. 3/4. 


keit in späterer Zeit fehlen Angaben. Das 
einzige Mal, in welchem er in einer Sage er- 
scheint, werden die Ereignisse nicht an seine 
Person angeknüpft, sondern an ein historisches 
Ereignis aus seiner Regierung und spielt dabei 
nicht er selbst, sondern sein zauberkräftiger 
Stab eine Rolle. So glaube ich denn auch 
weiterhin an meiner älteren Erklärung (A t. 
Geschichte S. 370) festhalten zu sollen, dass 
in zahlreichen Fällen die Gruppe Rä-men-heper. 
auf den Skarabäen überhaupt nichts mit dem 
Königsnamen zu tun hat. Man wird in ihr in 

äterer Zeit die Vereinigung glückverheissender 

eichen und Worte: „Sonne, Bestand, Werden,“ 
gesehen haben. Dies würde auch die bereits 
von Leemans (Description du Musée de Leide 
S. 117) beobachtete Verwertung der Gruppe 


als Siegel für Papyri im Verlaufe der 19. Dy- 
nastie zwanglos erklären. | 
An die Ausführungen über die geschichtliche 


Bedeutung der Skarabäen schliessen sich bei 
Hall solche über ihren künstlerischen Wert, über _ 
das für sie und die verwandten Gegenstände 
benutzte Material: Stein, Steingut, Edelmetall, 
Bronze, usw., über die Typen, in welchen die 
Cylinder und die Skarabäen ausgeführt worden 
sind. Hierbei werden für erstere 9 Klassen 
aufgestellt, für letztere 13 Hauptklassen, deren 
jede in eine Reihe von Unterabteilungen zerfällt. 
Hierauf folgen einige Bemerkungen über die 
Datierung der Skarabäen und die Mittel und 
Wege, um zu erkennen, ob man es bei den 
einzelnen Königskarabäen mit einem zeitge- 


|nössischen Denkmale oder mit einer späteren 


Verwertung des heiligen Namens zu tun hat. 

Den Abschluss der Einleitung bildet eine 
Uebersicht der wichtigsten Literatur über die 
behandelten Denkmälerklassen. Hierbei werden 
ausschliesslich englische Schriften genannt, die 
in anderen Ländern herausgegebenen Werke, 
wie die von Dorow, Steinbüchel, Dubois, die in 
Betracht kommenden Tafeln von Leemans, usw. 
werden nicht aufgeführt. Nicht ganz so streng 
wird das Nationalitätsprinzip in den Literatur- 
angaben festgehalten, welche den Einzelstücken 
in dem Skarabäenverzeichnisse beigefügt sind. 
Hier erscheinen neben den an Zahl weit über- 
wiegenden Zitaten englischer Werke bisweilen 
auch auswärtige Gelehrte genannt, doch wäre 
es sehr wünschenswert gewesen, wenn dies in 
weit reichlicherem Masse geschehen wäre. So 
wäre es doch wohl, um nur einige Beispiele 
herauszugreifen, wichtig, bei dem Skarabäusüber 
Amenophis III. und die Prinzessin von Neharina 
(Nr. 1716) den ersten Herausgeber eines derart 
wichtigen Stückes (Brugsch, Ag. Zeitschr. 
18 S. 81 ff.) zu nennen, bei dem Skarabäus 
mit Krokodil und Hand (Nr. 1264) auf die 


97 


Bemerkungen von Schäfer (a. a. O. 39 S. 87 f.), 
welche diese Verbindung verständlich gemacht 
haben, zu verweisen. Ebenso hätte man er- 
warten müssen, bei der Besprechung des an einem 
Halsband getragenen Siegelcylinders (S. XI) 
die beste Behandlung dieser Darstellungen durch 
Borchardt (a. a. O. 35 S. 106), bei der Lesung 
des Zeichens die Arbeit von Spiegelberg (a. a. 
O. 37 S. 86) erwähnt zu finden. 


Den grössten Teil des Werkes nimmt natur- 
gemäss das eingehende Verzeichnis der 2891 
mit Königsnamen versehenen Skarabäen, usw. 
des Museums ein, welche naclı dem Vorwort 
ein Fünftel des Gesamtbestandes seines Skara- 
bäenbesitzes bilden. Zunächst führt dasselbe 
die Skarabäen und ihnen ähnliche Stücke selbst 
auf, dann die Siegelcylinder, die Siegelringe, 
antike Siegelabdrücke, Amulette in der Gestalt 
des königlichen Namensringes. Einige Nach- 
träge und ein Index zu dem Ganzen beschliessen 
den Band. Die Anordnung der Stücke erfolgt 
schematisch chronologisch nach dem Königs- 
namen; jüngere Stücke, welche ältere Königs- 
namen tragen, stehen bei letzterem. Jedes Stück 
wird kurz geschildert, die Inschrift wieder- 
gegeben und übersetzt, Alter, Grösse, etwaige 

iteratur, Herkunft aus anderen Sammlungen, 
Inventarnummern angegeben, in zahlreichen 
Fällen die bereits erwähnten Kliches beigefügt. 
Eine Nachprüfung der Originale wird für einen 
deutschen Gelehrten auf lange Jahre hinaus 
ausgeschlossen sein. Soweit sich ohne eine 
solche ersehen lässt, scheinen die Schilderungen 
der einzelnen Stücke zuverlässig zu sein. Das 
Werk bringt damit ein reichhaltiges freilich 
nicht überall ohne Weiteres benutzbares Material 
für eine künftigezusammenfassende wissenschaft- 
liche Behandlung der Königskarabäen und ver- 
wandten Denkmälerklassen. 


Timme, Paul: Tell el-Amarna vor der deutschen 
Ausgrabung im Jahre 1911. (31. Wissensch. Veröff. 
d. Deutsch. Orient-Ges.) 80 S. m. 66 Abb., 1 schwarzen 
Uebersichtsblatt, 1 farb. Karte in 8 Blatt. M. 60 —; 
geb. M. 68—. Leipzig, J. C. Hinrichs, 1917. Bespr. 
van Walter Wreszinski, Königsberg i. Pr. 

Unter allen Grabungsstätten im Niltal nimmt 
das weite Gebiet eine Sonderstellung ein, das 
seit vielen Jahren unter dem Namen Tell el- 
Amarna in aller Munde ist. Es ist das sich 
auf beiden Nilufern ausdehnende Gelände der 
ephemeren Residenz des Königs Amenophis IV., 
der gleichermassen wegen seiner A ton- Verehrung 
wie einer Kunstrichtung halber bekannt ist, 
die man bisher fast allgemein gerade aus- 
schliesslich an seinen Namen geknüpft hat. 
Seit den Anfängen der Aegyptologie ist der 


Orióntalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 3/4.- 


98 


Charakterköpfe in der ägyptischen Geschichte 
angesehen worden, und seiner Hauptstadt sowie 
der ihr zugehörigen Nekropole haben nicht 
wenige Forscher ihre Arbeit gewidmet. Die 
Gräber mit ihren Wandgemälden sind nach den 
Bemühungen vieler Vorgänger von N. de Garis 
Davies erschöpfend und vorzüglich herausge- 
geben worden, in den Stadtruinen haben Flinders 
Petrie, Barsanti u. a., besonders aber Raub- 
gräber sich betätigt, die Hauptarbeit aber ist 
noch zu leisten geblieben; offenbar hat sich an 
diese ungeheure, ebenso zeitraubende wie kost- 
spielige Aufgabe niemand herangewagt, so 
lockend es auch jedem erscheinen musste eine 
Stätte systematisch aufdecken zu können, die 
der Wissenschaft schon so ungewöhnlich viel 
und vielseitiges Material geliefert hat. 

Wenn nun die DOG durch die bekannte 
Opferwilligkeit einesihrer hervorragendsten Mit- 

lieder, dem die Forschungen auf altägyptischem 

ebiet eine ernste Passion sind, in denStandgesetzt 
worden ist, das ganze umfangreiche Gebiet der 
alten Königsstadt von Grund auf zu durch- 
forschen, so musste die erste Aufgabe sein, sich 
eine möglichst genaue Uebersicht über alle für 
Ausgrabungen inbetrachtkommenden Stellen, 
ihre Lage, ihren Umfang, ihre zeitliche Zu- 
gehörigkeit usw. zu verschaffen. 

Dieser nicht einfachen Arbeit hat sich Timme 
mit grosser Hingabe unterzogen. Was er an 
Einzelheiten auf der grossen, durch die Farben 
sehr übersichtlichen und schön gedruckten Karte 
gibt, erläutert er in dem knapp gefassten, mit 
bemerkenswerter Frische und gelegentlich gutem 
Humor geschriebenen Text. Er hat nicht nur 
die Siedelungsstätten der Lebenden und die 
Stätten der Toten festgelegt, auch das reiche 
Wegenetz zwischen den Ortsteilen und in die 
Wüste hinaus zu den Steinbrüchen, die Patrouillen 
wege um das ganze Stadtgebiet herum mit ihren 
Rastplätzen und Wachhäusern bat er verfolgt 
und sorgfältig aufgenommen. Dabei kam er zu 
manchen Feststellungen von Interesse, so z. B. 
bemerkte er mehrfach künstliche Wegauf- 
schüttungen besonders bei den Wegen nach den 
Steinbrüchen, durch die der Transport schwerer 
Werkstücke erheblich vereinfacht wurde, erzeigt 
eine gut erhaltene dolmenartige Schlafhütte von 
Steinbrucharbeitern, beschreibt die verschieden 
betriebenen Steinbrüche an der Hand guter 
Aufnahmen. Durch ihn lernt man auch die 
durch ihre Inschriften berühmten Alabaster- 
brüche von Hat-nub im Bilde kennen. 

Diese wissenschaftlichen Resultate umrahmt 
eine Schilderung der heutigen Ortschaften und 
ihrer Bewohner sowie der mancherlei Abenteuer, 
die dem Verfasser bei seinem Aufenthalt zu- 


„Ketzerkönig“ als einer der interessantesten | gestossen sind, so dass man das Buch nicht nur 


~ 


99 Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 3/4. 100 


der Hand legt. gewaltigen Fülle des Stoffes darauf verzichtet, 
Hoffentlich gestattet die Weltlage in abseh-|auf die Unterschiede zwischen der epischen 

barer Zeit die Wiederaufnahme unserer Arbeit | Mythologie und der vedischen einzugehen. 

an dieser Stelle, wo wir schon in den letzten Der erste Teil behandelt die „lower Mytho- 

Jahren vor dem Kriege mit so grossem Erfolge 

geschafft haben. 


reich belehrt, sondern auch gut unterhalten aus sichtlich zusammengefasst, jedoch wegen der 


logy“, die göttlichen Flüsse, Bäume, un 
Tiere. Interessant ist es, dass die Katze, die 
—ſ bei den heutigen Indern i und den meisten 
5 en 7 7 5 5 1 9 Völkern als ein dämonisches, unheilvolles Tier 
schaftswerte. .) 80. M. 2.50. Frankfurt am Main ; 
M. Hendschel, 1916. Beep. von R. Hartmann, Kiel 5 wird, da 90 no. = 10 f. ein 
Grothe steht unter denen, die in Vorder- |r Topäum ist, durch we cles das = aus gegen 
: > b Feld wirtachaftlicher B das Eindringen der Dämonen gesichert ist. 
tätigang 8 icin seit are in Weitverbreitet ist die mythologische Vorstel- 
2 22 2 _ 
erster Reihe. Schon seit Jahrzehnten entfaltet 1000000 
er eine auf gute Kenntnis des Landes gestützte 
3 Tätigkeit in diesem Sinn. Wohl 
ben diese Bestrebungen auch vor dem Krieg 
ein gewisses Echo gefunden, aber das Interesse 
blieb auf engere Kreise beschränkt. Jetzt mit 
dem Weltkrieg hat sich die Lage mit einem 
Schlage so verändert, dass der alte Vorkämpfer 
einer engeren Verbindung zwischen Deutschland 
und der Türkei vor einer unsachlichen Ueber- 
schätzung der wirtschaftlichen Vorteile, die sich 
aus dieser Verbindung ergeben können, warnen 
muss. 
Die Schrift, die die Probleme der Realisierung 
der wirtschaftlichen Werte des türkischen 
Gebiets mit unserer Hilfe nach allen Seiten 
kurz beleuchtet, ist zeitgemäss und gerade um 
ihrer sachgemäss vorsichtigen Haltung willen 
zu begrüssen. Sie kennt und schätzt Türkisch 
Asien als ein Wirtschaftsgebiet, sucht aber 
durch Warnung vor Ueberschätzung, vor Illu- 
sionen zu bewahren. 
Besonders dankenswert ist, dass Grothe im 
Eingang auch die geistigen Zeitströmungen, 
den Turanismus, möglichst sine ira et studio 
in die Rechnung einstellt. Der Verfasser der 
Schrift gehört eben zu denen, die den Wert, 
ja die Unentbehrlichkeit einer gewissen Kenntnis 
der geistigen Kultur des Orients auch für die 
wirtschaftliche Betätigung einsehen. 
Die kleine Schrift kann in unserer Zeit der 
nicht gerade sehr sachkundigen Flugschriften- 
literatur sehr nützlich wirken. 


waltigen Schlange ruht. Gemäss dem altin- 
dischen Epos ist diese Schlange tausendköpfig 
(p. 23). In ganz Indonesien glaubt man, = 
eine Schlange die Trägerin der Erde sei, die 
durch ihre Bewegung Erdbeben hervorruft 
(Globus Bd. 42, 45; 65, 95 f. A. Bastian, Indo- 
nesien 4, 22). Bei mehreren anderen Völkern 
wird statt der Schlange ein gewaltiger Fisch 
angenommen, der auf seinem Rücken die Erde 
trägt, so in Burma (H. J. Wehrli, Beitrag zur 
Ethnologie der Chingpaw von Ober-Burma, 
Leiden 1904, 51), auf den Carolinen, (A. Ba- 
stian, die mikronesischen Kolonien 1899, 112), 
in Japan (B. H. Chamberlain, Things Japanese, 
London 1902, 127), bei den Buräten (Nordasien)? 
und den Arabern (Dieterici, Rechtsstreit 
zwischen Mensch und Tier p. 277, A. 8; der- 
selbe, Chrestomatie ottomane 1854, 58). Von 
den Arabern könnte diese Anschauung in Fir- 
düsis Sähnämeh ® und in die spätjüdische Schrift 
Pirgé de R. Eliezer c. 9 eingedrungen sein. 
Gemäss dem letzteren jüdischen Werk ruht 
die Grundlage der Erde zwischen den beiden 
Flossen des Leviatan‘. Aus dem Orient 
scheint diese Idee ins gnostische Christentum 
gelangt zu sein. So heisst es im St. Joan 
Apokryphon (Cod. Apokr. N. Test. ed. Philo p. 
886): et transcendens subtus terram invenit, 
duos pisces iacentes super aquas . . . tenentes 
totam terram. ... ab occasu usquead solis ortum. 
Hierauf beruht der bei den Bogomilen herr- 
schende Glaube, dass unter der Erde zwei 
Fische auf den Wassern liegen, welche die 
ganze Erde halten. Auch in einer polnischen 
und ukrainischen Sage kommt diese Anschau- 
ung vor5. Woher stammt nun die indische, 
erst im Epos auftauchende Vorstellung? 


ı H. v. Negelein, Traumschlüssel des Jagaddeva p. 
210, W. Crooke, Natives of Northern India 1907, 198, 
256 f. Deshalb lässt man keine Katze in das Zimmer 
einer Wöchnerin. 

? D. Dänhardt, Natursagen 1907 1 73. 

3 Vgl. v. Schack, Firdüsi 1865, 160. 

* Ueber den Leviatan vgl. Scheftelowitz. Arch. f. 
R. W. Bd. 14, 6 ff. O. Dänhardt a. a. O. I 40, 49. 56. 


Hopkins, E. Washburn: Epic Mythology. (Grund- 
riss der Indo-Arischen Philologie u. Altertumskunde. 
III. Bd. Heft 1 B.) 2778. Lex.8°. M. 18 —. Strass- 
burg 1915, K. J. Trübner. Bespr. von I. Schefte- 
lowitz, Cöln. 

Hopkins gibt uns eine gründliche Darstel- 
lung von der in den beiden grossen altindischen 
Epen Mahäbhärata und 5 enthaltenen 

ythologie. Mit Umsicht und Gewissenhaftig- 
keit hat er aus dem umfangreichen Material“ 
die wesentlichsten Züge geschickt und über- 


101 


Der folgende Abschnitt: „Spirits“ (p.29—52) 
gibt uns eine Darstellung von den Manen 
(Pretas, Pitrs) und Dämonen (Bhütas, Raksasas, 
Asuras). Den umfangreichsten Teil der Arbeit 
bildet die Behandlung der Götter. Die Götter 
des Epos sind ihrer Natur nach vielfach ver- 
schieden von denen der vedischen Periode; so 
ist im Epos Indra zum Teil mit dem Regen- 
gott Parjanya verschmolzen (p. 127 f.). Be- 
sonders gehört die Entwickelung der drei Haupt- 
gottheiten (Brahman, Visnu, Siva) der epischen 
Periode an (p. 189 ff.). Eine Parallele zur gött- 
lichen Verehrun des Schwertes M. Bh. 12, 
166, 87 bietet Herodots Bericht (IV 62), dass 
die Skythen alljährlich dem Schwerte Opfer 
darbrachten. Gemeinorientalisch ist die Ver- 
götterung des Königtums, die in Indien zuerst 
im Epos klar vor Augen tritt (p. 64). Die 
Anschauung, dass die Ehen der Menschen 
bereits im Himmel vorherbestimmt werden 
(p. 66), findet sich auch im Judentum (Talm. 

déd Quätän 18, Berésit Rabbä P. 68). Eben- 
so wie der Inder nicht gegen die Sonne hin 
seine Notdurft verrichten darf (M. Bh. 12, 193, 
13 ff., 13, 104, 75), ist auch der Essäer darauf 
bedacht gewesen, dieses an einem Orte zu tun, 
wo kein Sonnenstrahl darauf fällt (Josephus, 
Bell. Jud. II 8. 9). Die Vorstellung, dass 
Sonne und Mond die Augen des Himmelsgottes 
seien (p. 84), ist urarisch (vgl. RV I 72,10; AV 
X 7, 35. Gobhila Gr III 8, 5; Hiranyakesin Gr 
I 2, 7, 13). Der Awesta betrachtet die Sonne 
als das Auge des Ahuramazda (Jasna 1, 11; 
4, 16). Infolge dieser primitiven Auffassung 
scheint das indogermanische Wort für „Sonne“ 
(got. sauil, lat. sol, lit sdule,) im Altirischen 
die Bedeutung ‘Auge’ (súil) erhalten zu haben. 
Ebenso wie der Parsismus kennt das Epos die 
Feuerqualen der Hölle (p. 110f.). : 

Der Glaube, dass die Sternenwelt der Auf- 
enthaltsort für die „Väter“ (Pitäras) ist, ja die 
Sterne mit den Seligen identifiziert werden 
p. 61), ist gleichfalls urarisch. Gemäss den 

eden weilen die „Väter“ im dritten Himmel, 
wo sie einen leuchtenden Körper erhalten (RV 
X 14, 18; 56, 1; AV XVIII 3, 7. 7 Die 
unverheirateten Frommen sieht man als Lichter 
am ersten Himmel (AV XVIII 2, 47). In die 
Sternenwelt, die den mittleren Himmel bildet 
(AV XVIII 2, 48), kommen die Seelen der- 
jenigen, die viele gute Werke verrichtet haben. 
So werden diejenigen, die im Leben viel Opfer 
darbringen, nach ihrem Dahinscheiden zu Ge- 
stirnen (Maitr. S. I 8, 6). „Die Sterne sind 
die Lichter derGutestuenden, die in dieHimmels- 
welt gelangt sind“, heisst es Sat. Br. VI 6, 
4, 8. Ebenso nennt Taitt. Samh. V 4, 1, 3 
die Sterne „die Lichter der Guten“. „Dort 


Orientalistische}Literaturzeitang 1918 Nr. 3/4. 


108 


oben werden die Geister derer, die Gutes getan 
haben, leuchtend erblickt“ (Apast. G. S. II, 
9, 24, 13). Die Zurathnitra-Religion kennt fiir 
die Seligen gleichfalls drei Himmel, tiber denen 
noch ein vierter, nämlich die Wohnung des 
Ahuramazda, Garötmän, sich befindet. Der 
erste Himmel (Humata) ist die Sternenwelt, 
der zweite (Hüxta) ist die Mondwelt und der 
dritte Himmel (Huvar3ta) ist die Sonne (Ard. 
V. c. 7—10; 17, 27, Men i rat 7, 9—12, 
vgl. J. 1, 16; 4, 21; 7, 18; Had. N. 2, 15). 


Jasna 36, 2 bezeichnet daher die Sonne als den 
héchsten Himmel. 


Gemäss der älteren An- 
schauung geht die Seele des Frommen nach 
dem Tode in das nächste Feuer, von wo sie 


in die Sternenwelt, dann in die Mondwelt und 


schliesslich in die Sonnenwelt steigt, wo sie 


verbleibt (Vend. 7, 52, Säyast 12, 5, Saddar c. 
87, Bund. 30, 6). Nach mittelpersischer Vor- 
stellung erlangt der Selige je nach dem Grade 
seiner Frömmigkeit den einen oder andern 
Himmel. 
ligen wie die Sterne; die in der Mondwelt be- 
findlichen Seelen strahlen wie der Mond, während 
die in der Sonnenwelt weilenden Seligen wie 
die Sonne glänzen (Ard. V. c. 7—9, Dad. c. 
34, 3). 
wohnenden Seligen erweisen sich den lebenden 


In der Sternenwelt leuchten die Se- 


Diese in den drei Himmelswelten 
Gläubigen als hilfreiche Geister (Bund. 4, 4). 


Nach dem Erscheinen des Heilands (Saösyant) 
wird sich bei der Welterneuerung die oberste 
Himmelswelt zur Sternenwelt herabsenken, 
während die Erde zur Sternenwelt emporsteigt, 
sodass dann die Sternenwelt der 


auernde 
Aufenthalt aller Gläubigen nach der Wieder- 
auferstehung sein wird (Dink IX 28, 3). Die 
Seelen der Frommen werden bei den Griechen, 
den Eingeborenen Polynesiens und Amerikas 
ebenfalls als Sterne gedacht (A. Dieterich, 
Nekyia p. 24, Tylor, Prim. Cult.5 II 69f.; 
Mac Culloch, Enoycl of Rel. and Ethics II 
681 f., 686. W. Powell, Wandering in a wild 
country 1884, 171). Diese Vorstell , dass 
die Seelen der Gläubigen nach dem Tode in 
die Sternenwelt aufsteigen und zu Sternen 
werden, ist auch im israelitischen Glauben vor- 
handen gewesen. So heisst es im Deborah- 
Lied (Ri. 5, 20): „Vom Himmel herab stritt 
man für uns; die Sterne stritten von 
ihren Bahnen gegen Sisera“. Auch in der 
altindischen Religion stehen die Sterne, welche 
die „Väter“ sind, den Gläubigen im Kampfe 
bei. Eine rudimentäre Spur dieser Anschau- 
ung liegt im Vergleiche der Seligen mit hell- 
leuchtenden Sternen. Gemäss Dan. 12, 3 
werden die Seligen in der messianischen Zeit 
leuchten wie der Glanz des Himmels, „die, 
welche viele zur Tugend angeleitet, wie die 


108 


Sterne für immer und ewig“ (vgl. auch Hen. 
104, 2; 4 Esr. 7, 97; Bar. 51, 10; Matth. 13, 
43). Persischer Einfluss scheint in Ass. Mos. 
10, 9 und 1. Kor. 15. 41f. vorzuliegen. Er- 
stere Stelle lautet: „Und Gott wird Israel er- 
höhen und am Sternenhimmel schweben lassen, 
am Orte ihrer Wohnung“. Letztere Stelle 
unterscheidet ebenso wie der Parsismus Selige, 
die je nach ihren Verdiensten der Sonne, dem 
Monde oder den Sternen gleichen werden. 
Das Symbol des Liebesgottes Kämas ist 
der Fisch (M. Bh. 3, 281, 27: makaradhvajas), 
vgl. auch Kädambari 160, 8 (makaralänchanas 
und 198, 22 ff. (makaraketanas). Aehnlich heisst 
Kamas in jüngeren Texten minaketus, minadh- 
vajas, minalãnchanas, minänkas. Der Fisch 
des Liebesgottes symbolisiert die sexuelle Aus- 
schweifung, die Fruchtbarkeit (vgl. Th. Zachariae, 
Wiener ZIKM XVIII 299 ff., 291 ff., XXII 
431 ff., Scheftelowitz, Arch. fRW. XIV 376 ff, 
398, derselbe, Huhnopfer p. 12 f., R. Eisler, 
Der Fisch als Sexualaymbol in Ztschr „Imago“ 
1914, 165 f., Ad. Abt, Apologie des Apulejus 
1908, 67 ff.). Hierzu noch einige Belege: Nach 
Talmud Jömä 75a bedeutet dag Fisch auch 
‘sexuelle Ausschweifung’. Während der jü- 
dischen Trauung in Jerusalem bringen Frauen 
zwei mit einem goldenen Faden zusammenge- 
bundene Fische in einer silbernen Schiissel, 
die sie auf die Erde neben dem Trauhimmel 
stellen. Hierauf tritt zunächst die Brdut und 
dann der Bräutigam dreimal darauf, wobei die 
Anwesenden ausrufen: Seid fruchtbar und 
habet Kinder. (M. Kazenelinbogen, Qöröt 
JeruSalajim, Wilna 1901 p. 149). Im Liebes- 
zauber Neu-Mecklenburgs spielt der Fisch 
leichfalls eine Rolle: Will ein Mann sich ein 
eib zugeneigt machen, so presst er Saft von 
Doman-Blättern in einen aufgeschlitzten Fisch, 
wickelt denselben in ein Blatt und brät ihn 
auf dem Feuer. Dann gibt er bei der nächsten 
günstigen Gelegenheit den Fisch dem Weibe 
zum Geschenk oder er sorgt auf eine unauf- 
fällige Weise dafür, dass jenes Weib denselben 
zu essen bekomme. Diese Zauberei bezeichnet 
man mit dem Ausdruck: „Man bereitet einen 
Fisch“ (P. G. Peekel, Religion und Zauberei 
auf dem mittleren Neu-Mecklenburg 1910, 127f.). 
Das Märchen, nach welchem der Genuss von 
Fischen bei weiblichen Wesen Schwangerschaft 
hervorruft, findet sich im Slavischen (de Gu- 
bernatis, Thiere p. 599, L. Frobenius, Zeitalter 
des Sonnengottes 1904, 256 f.), Lettischen, Is- 
ländischen, Dänischen, Deutschen und Albani- 
schen (vgl. Scheftelowitz, Huhnopfer p. 13 v. 
Hahn, Sammlung albanischer und griechischer 
Volksmärchen Nr. 22), ist jedoch nicht im 
Indischen zu belegen. Bei den Khasis (Indier) 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 3/4. 


104 


werden am Hochzeitstage drei über dem Rauch- 
fang des Herdes getrocknete Fische an die 
Dachstange des Hauses der Neuvermihlten an- 
gebunden (Ch. Lyall, Khasis, London 1907, 
130). Das was also Hopkins (p. 167) nur als 
möglich hinstellt: „Between love and fish there 
is perhaps an aphrodisiacal connection“, 
erscheint durch diese Literaturangaben als er- 
wiesen. | 

Hopkins zuverlässiges Werk, das den bisher 
im Grundriss erschienenen Einzedarstellungen 
ebenbürtig an die Seite zu stellen ist, ist nicht 
nur wertvoll für die Indologen, sondern vermag 
auch dem vergleichenden Religionsforscher viele 
Anregungen zu geben i. 


Hoernes, M.: Urgeschichte der bildenden Kunst 
in Europa von den gen bis um 500 v. Chr. 
2. durchaus umgearb. u. neu illustr. Aufl. XIV, 671 8. 
m. 1330 Abbildgn. Lex. 8°. M. 20 —; geb. M. 24 —. 
Wien 1915, A. Schroll & Co. Bespr. von Marie Pan- 
critius, Königsberg i. Pr. 

Die vorliegende zweite Auflage eines rähmlich 
bekannten Werkes bietet einen grosszügigen 
Ueberblick von berufener Hand über die vor- 
geschichtliche Kultur; die vertiefte Darstellung 
einer ihrer Lebensäusserungen musste das Ge- 
samtbild ins Auge fassen. Aus der reichen 
Fülle neuen Materials und neuer Gesichts- 
punkte heben wir einiges heraus. 


Dass die Plastik eine vorwiegend religiöse, 
die Zeichnung eine profane Kunstrichtung war 
(40 ff.), möchte ich nicht in Abrede stellen; allein 
der Freude am Kunstschaffen sind sicher beide 
entsprungen — die in den Sand zeichnende 
Hand hat auch dem Lehm die vertrauten 
Formen abgewonnen — und noch im Diluvium 
wurden beide Künste sakral, das zeigen die 
Rätsel der geschmückten Höhlen 2. Denn „der 
laienhaften Neigung, alles Erstaunliche 
in der Vorgeschichte mit Opfer und An- 
betung in Verbindung zu bringen“, geben 
die Tatsachen recht, und den gewaltigen und 
schöpferischen Einfluss der für den primitiven 
Menschen Glauben und Wissenschaft vereini- 
genden Religion bestätigt noch heute die fast 
alle Geräte der Viehzucht, des Ackerbaus und 
des häuslichen Lebens — Hirtenstab, Halfter, 
Besen, Mühle usw. — umgebende Fülle von 
Vorstellungen und Gebräuchen, deren jedesfalls 
kultliche Anfänge — wie G. Wilke für Leiter, 


1 Allerdings gibt es im M. Bh. auch manche Einzelheiten, 
die, wenn auch von Hopkins nicht verwertet, immerhin 
für den Religionsforscher von Wichtigkeit sind. Se habe 
ich OLZ 1917, 316 auf die auch in anderen Religionen 
vorhandene Vorstellung M. BH III 261, 13 ff. hingewiesen, 
dass die Seeligen im Himmel auf ihren Häuptern ent. 
ztickende Kränze tragen. 

3 Vgl. F. Wiegers: Zeitschr. f. Ethnol. 1914. S. 867 f. 


106’ 


Heu- und Mistgabel u. a. m. nachgewiesen hat! 
— bis in das Asilien, ja bis in das Diluvium 
hinaufreichen. 

Schon die diluviale „Wandkunst“ zeigt 
Menschen mit Tierköpfen, den Ursprung der 
Misch wesen der babylonischen Kunst und Kos- 
mogonie, deren Erklärung sich auf babyloni- 
schem Boden in dem stierhaarigen, das Wild 
schützenden, dem Jäger hindernd in den Weg 
tretenden Engidu bietet, einem mit allen Tier- 
abreichen tragenden und Tiere schützenden 
Wesen — auch mit dem noch ganz in Tier- 
gestalt den Jäger bannenden Hubertushirsch — 
auf einem Stamme gewachsenen Erzeugnis des 
Jägertums. 

Die Vorherrschaft der weiblichen Gestalt 
in der Idolplastik der agrarischen Zeit, welche 
„aber auch aus der religionsgeschichtlichen 
Ueberlieferung alter Kulturvölker: der Baby- 
lonier nnd Aegypter, Griechen und Römer, Ger- 
manen und Slawen“ hervorgeht, betrachtet 
Verfasser als einen Nachklang „aus den Zeiten 
des unentwickelten Vaterbegriffs“ (54). Allein 
eine solche doch auch nur in grosser zeitlicher 
Ferne zu denkende Zeit ist lediglich die mit 
den an altertümlichen Menschenstämmen — den 
Pygmäen — gemachten Beobachtungen keines- 
wegs sich deckende Konstruktion einiger Eth- 
nologen. Vielmehr führen die Spuren des 
Mutterrechts in die Zeit des von der Frau ge- 
schaffenen, siegreich vorschreitenden Ackerbaus 
und der daran anknüpfenden religiösen Ideen. 
Sie führen zu dem Bodenbesitz der Frau und 
zu ihrem noch am Beginn der Geschichte be- 
stehenden Priesterinnentum; ich erinnere an 
Veleda und an die altbabylonische Datierung 
nach der Erwählung einer Grosspriesterin des 
Gottes Immer? 

Mit Recht erkennt der Verfasser in der alt- 
orientalischen Kunst sowohl jagdlichen wie 
agrarischen Einfluss (S. 90 f). Jagdliche Tra- 
dition hat hier wohl überhaupt nicht aufgehört; 
und das von Asurbänipal der Jagdgöttin über 
vier erlegten Löwen gebrachte Trankopfer? ist 
vielleicht noch ein der höheren Religionsform 
angepasster Nachklang der bei Jägervölkern 
noch heute lebenden Vorstellung, dass der Geist 
des getöteten Tieres versöhnt werden müsse. 

Was das Alter der babylonischen Kultur 
anbetrifft, so muss in Betracht gezogen werden, 
dass die nationale sumerische Kultur, wie 
H. Winckler richtig gesehen hat und die über 
die semitische Kleinstaaterei am Beginn der 


1G. Wilke: Mannus 6 S. 33 ff 

* Vorderasiat. Bibliothek I S. 228. 

* M. Jastrow: Bildermappe „zur Religion Babylo- 
niens und Assyriens. Taf. 30 Nr. 91. Aehnlich opfert 
A3urnäsirpal über einem erlegten Büffel. Taf. 29 Nr. 90. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 3/4. 


106 


Dr s% s» 


Geschichte heriiberklingende Tradition von einem 
grossen Reiche von Sumer und Akkad be- 
stätigt!, eine durchaus vorgeschichtliehe war. ` 
Die sumerische Wappenform (zwischen zwei 
Tieren stehendes, mythisches Wesen) finden 
wir auf der an der Grenze des vierten vor- 
christlichen Jahrtausends errichteten Geierstele 
in hoher Entwickelung aber roher Ausfüh- 
rung — eine uralte Kulturform in der unge- 
übten Hand des Eroberers. Die doch nur 
fragmentarischen und von der Bodenbeschaffen- 
heit abhängigen Ergebnisse der Ausgrabungen 
beweisen deshalb noch keinen Altersvorsprung 
ägyptischer Kultur von der Mesopotamiens. 


Sprechsaal. 
Zu Sp. 62 Anm. 1. 

Herr Professor Schwally war so liebens würdig, mir 
die folgenden Nachweise für — zu geben: Aghani 
II 38—39, Ibn el Athir, Kamil I 287, Tabari I 85152. 

| F. E. Peiser. ` 
Altertums-Berichte. 


Italien. | 

In Bari ist eine grosse römische Totonstätte suf- ` 
gedeckt worden, die nach der Ansicht italienischer Arch@- © 
ologen aus dem 1. Jahrhundert des Kaiserreichs stammt. 


Aus den Ueberresten ist zu schliessen, dass hier beide 
i Formen der Leichenbestattung, das Begräbnis und die 


Verbrennung, üblich waren. Die Asche der verbrannten 
Leichen wurde in Tonurnen und in sehr kostbaren Glas- 
vasen beigesetzt. P 

Bei den Ausgrabungen in Pompeji sind in letzter 
Zeit einige hochbedeutsame Funde gemacht worden. So 
wurden unter anderem die ersten Häuser mit Balkonen 
festgestellt. W. 

Russland. 

Auf der Halbinsel Krim ist bei Eupatoria eine 
grosse Ruinenstadt entdeckt worden, über die Moissejew 
einen vorläufigen Bericht an die Archäologische Kom- 
mission nach Petersburg gesandt hat. Wahrscheinlich 
handelt cs sich dabei um das alte Eupatoria selbst, das 
bekanntlich eine Gründung des Königs Mithridates Eupa- 
tor war und in der griechischen Handels- und Kolonial- 
geschichte mehrfach erwähnt wird. So haben, wie wir . 
aus einer Rede des Demosthenes wissen, die Athener mit 
dieser nordpontischen Stadt einen Handelsvertrag zur 
Lieferung „bosporanischen“ Getreides abgeschlossen. Die 
Entdeckung des alten Eupatoria ist dem Historiker aber 
hauptsächlich deshalb von grösstem Interesse, weil die 
Ausgrabung vielleicht die so lange entbehrten Grundlagen 
für die Kenntnis der Frühgeschichte jener Küstengebiete 
am Schwarzen Meere bringt, über die uns bisher genauer 
Angaben fehlten. W. 


Mitteilungen. 


Infolge der Gründung des Instituts für Islam 
und osteuropäische Geschichte sollen in Leipzig 
drei neue Professuren geschaffen werden, eine für all- 
gemeine Islamistik, Politik und Wirtschaft, eine für ost- 
europäische Geschichte und eine für Balkanistik. 


3 Vgl. Memnon II S. 174 Æ 


107 


Aus gelehrten Sesellschaften. 


In der Vorderasiatischen Gesellschaft Berlin sprach 
Frhr. v. Oppenheim über seine Grabungen in Tell 
Halaf (vgl. OLZ 1913 Sp. 279 f.). 

Académie des Inscr. et Belles-Lettres. Séance du 
28. September 1917: M. Pilet liest seine Schrift über 
die wissenschaftliche u. kunstgeschichtl. Expedition in 
Mesopotamien und Medien unter F. Fresnel in den 
Jahren 1851—1855. 

Der Afrikaforscher Tilho ist nach 5jahrigem Aufent- 
halt in dem Gebiet zwischen dem Tschadsee und der 
Wüste und nach Erforschung der Hochländer von Tibesti 
und Kussi zurückgekehrt. (Geogr. Journ. 1918, Jan.) 


Personalien. 

Prof. O. Mann, der hochverdiente Forschungsreisende 
und Iranist ist gestorben. 

Prof. Kornemann, Tübingen hat einen Ruf nach 
Breslau für alte Geschichte als Nachfolger Ottos an- 
genommen. 

Moise Schwab, Bibliothekar an der Bibliotheque 
Nationale zu Paris ist im Alter von 78 Jahren gestorben. 

Der Sinologe Ed. Chavannes ist gestorben. 

Für die an der Universität Zürich neu errichtete 
Professur für lebende orientalische Sprachen und isla- 
mitische Kultur wurde Dr. Jean Jacques Hess aus 
Freiburg (Schweiz) gewählt.. 

rge A. Reisner ist zum Professor der Aegyp- 
telogie in Harvard ernannt worden. 
W. King ist zum Professor der assyrischen und 
babylonischen Archäologie an der Universität von London 
ernannt worden. 


Zeitschriftenschau. 
® «= Besprechung; der Besprecher steht in (). 

Asiatio Review. 1917: 
July 2. J. Husik, A History of mediaeval Jewish Philo- 
sophy. Ol. Huart, Le livre de la Création et de l'histoire 
de Motahhar ben Tähir el-Magdisi (T. W. Arnold). — 
H. R. Curzon, Visits to Monasteries in the Levant (I. C. W.). 
— Where East and West meet. A Record of important 
Events of the Day. 
Aug. 15. Russian Central Asia. A brief Sketch of its 
History, Ethnology, and commercial Future, by the Editor. 
— Where East and West meet. — *V. Jabotinsky, Turkey 
and the war (H. C. W.). — Meer Hassan Ali, Observa- 
tions on the Musulmans of India (T. W. Arnold). 

Baessler-Archiv. 1917: 
VI. 3. A. Bernhardi, Chinesische Stempel. — A. v. le 
Coq, Bemerkungen zur türkischen Falknerei. — Ders., 
Eine Liste osttürkischer Pflanzennamen. 

Berliner Philologische Woohenschrift. 1917: 
40. *P. M. Meier, Griechische Texte aus Aegypten I. II 
(Zucker). — *F. Haase, Literarkrit. Unters. zur orient.- 
apokryphen Evangelienlit. (Preuschen). 
41/43. *Br. Meissner, Das Märchen vom weisen Achigar 
(Gustavs). — *W. H. Roscher, Die Zahl 50 in Mythus, 
Kultus, Epos und Taktik der Hellenen und anderer Völ- 
ker, besonders der Semiten (Nestle). 

B. Moritz, Bilder aus Palästina, Nord-Arabien und 
dem Sinai (Thomsen). 
46. *C. J. Scharling, Ekklesiabegrebet hos Paulus og 
(Re Forhold til jödisk Religion og hellenistik Mystik 

er). 
Bull. de l'Inst.Frang. d’Arohéol. or. du Caire. 1916: 
Bd. 12. Et. Combe, Notes d’archeologie musulmane. 
— G. Daressy, l' pte céleste; Le cercueil de 
Khu-n-Aten; La Pierre de Palerme et la chronologie de 
l'ancien Empire. — H. Gauthier, Notes et remarques 
historiques § VIII, Monuments et fragments appartenant 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 8/4. 


108 


à l'Institut Français d'archéologie orientale du Caire. — 
G. Legrain, Notes sur le dien Montou. — J. Maspero, 
Graeco-arabica. — H. Munier, Recueil de manuscrite 
coptes de l'Ancien et du Nouveau Testament. — F. W. 
Read, Nouvelles remarques sur la Pierre de Palerme. 
— E. Vernier, Note à propos du Livre de M. Flinders 
Petrie: Arte et métiers dans l'ancienne Egypte. — G. 
Wiet, Kindi et Maqrizi. 

Ohristliche Welt. 1917: l 
XXXI, 39. Religionsgeschichtliche Parallelen, v. Wilhelm 
Bornemann. — Das Heilige (Windelband, Otto): 3. kri- 
tische Bemerkungen. 

Olassical Philology. 1916: 
3. L. C. West, The Cost of Living in Roman 
F. Boll, Aus der Offenbarung Schaar 
Studien (S. J. Case). 

Das Reich. 1917: 
Oktober. E. Wolfram, Mythenbildung um Alexander den 
GroBen. 

Deutsch-Hvang. Monatsblätter. 1917: 

H. 11 u. 12. O. Eberhard, Die Türkei als Islamstaat und 
Vormacht der islam. Welt. 

Deutsche Literaturzeitung. 1917: 

40. *J. Kolmodin, Traditions de Teazzega et Hazzega 
(F. Praetorius). 

41. L. Wenger, Griechische Texte aus Aegypten. — 
*W. Spiegelberg, Der ägyptische Mythos vom Sonnen- 
auge [Der Papyrus der Tierfabeln — „Kufi“] (G. 1 
42. L. Wenger, Griechische Texte aus A ten (Schluss). 
— *H. Schmidt, Der Prophet Amos (O. Eissfeldt). — 
*B. Meissner, Zur Geschichte des Chattireiches nach 
neuerschlossenen Urkunden des chattischen Staatsarchive 
(A. Ungnad). — A. Rapp, Die Entwicklung unserer 
Orientpolitik (F. Giese). 

43. J. Augapfel, Babylonische Rechtsurkunden aus der 
Regierungszeit Artaxerxes I und Darius II (B. Meissner). 
47. 18. 1 Die sumerischen Parallelen zur 
biblischen Urgeschichte; Die sumerische Frage und die 
Bibel (O. Schroeder). 

48/49. E. Bass, Die Merkmale der israelitischen Pro- 
phetie nach der traditionellen Auffassung des Talmud 
(E. Baneth). 

Geographische Zeitschrift. 1917: 

5. O. Maul, Die politischen Probleme des östlichen 
Mittelmeers. — R. Hennig, Die Seefahrer-Epoche des 
Volkes Israel. (Ophir-Yoüfi bei Ibn Batuta, Hinterland 
der Sofalakünste). — Weitere Nachrichten von Prof. 
Fritz Jäger aus dem Sst]. Damaraland. 

6. O. Maull, Die politischen Probleme d. östl. Mittel- 
meers. 

9. A. Dix, Die politisch-geographischen Probleme der 
F — Neuigkeiten: Reg. Farrers Reisen in 

ansu. 

Göttingische gelehrte Anzeigen. 1917: 
August. N. Kahrstedt, Geschichte der Karthager von 
218—146 (J. Kromayer). 


Historische Zeitschrift. 1917: f 
2. *E. Mahler, Handbuch der jüdischen Chronologie 
(G. Beer). — *P. R. Krause, Die Türkei (A. Walter). 


Hist. Vierteljahrsschrift. 1917: 
H. 3. *E. Molden, Die Orientpolitik Metternichs 1829— 
1833 (E. Salzer). 

Internationale kirchliche Zeitschrift. 1917. 
2. A. Küry, Die armenische Kirche in der Türkei. — 
*Bibliothek der Kirchenväter. XXII: Ausgewählte Akten 
persischer Märtyrer (A. K.). — *H. Cremer, Biblisch- 
theologisches Wörterbuch derneutestamentlichen Gräzität, 
10. Aufl. (G. Moog). 
Okt.-Dez. *E. Montet, Etudes orientales et religieuses (Kz). 

Internationale Monatsschrift 1917: 
Sept. R. Stübe, Die Dichterin der neuen Türkei (Obalide 
Edib Hanym). 


Egypt. — 
is. Hellenistisch 


109 


Journal of Egyptian Archaeology. 1914: 
Nr. 3. Edouard Naville, excavations at Abydos: the 
great pool and the tomb of Osiris. — J. de M. Johnson, 
Antinoe and its papyri. — Aylward M. Blackman, The 
archaeological survey: Report from 1914. — Hilda 
Flinders Petrie, The british school of Archaeology in 
Egypt (Arbeit in Lahüu, um die Pyramide Senwosret II, 
und bei Harageh). — Campbell Thompson, Byzantine 
research fund: Excavations ut Wadi Sarga. — G. Elliot 
Smith, Egyptian mummies. — H. R. Hall, The relations 
of Aegean with egyptian art. — S. Gaselee “EAAHN in 
coptic. — T. Eric Peet, An unrecognized meaning of 


the verb N. — Notes and News. — *B. P. Grenfell 


and A. 8. Hunt, The Oxyrhynchus papyri, Part X (F. 
G. Kenyon). — *H.R. Hall, The ancient history of the 
near east from the earliest times to the battle of Sala- 
mis (F. W. Freiherr von Bissing) hierzu Bemerkungen 
von H. R. Hall und Arthur J. Evans). — *Essays and 
studies, presented to William Ridgeway, edited by C. 
O. Quiggin (T. Eric Peet). — Colin Campbell, The 
miaon] ous birth of Amon-hotep III and other egyptian 
studies (H. R. Hall). — *Georges Legrain, Lougsor sans 
les Pharaons (A. M. Blackman). 
Nr. 4. Kurt Sethe, Hitherto unnoticed evidence regar- 
ding copper works of art of the oldest period of egyptian 
history. — Leonard W. King, Some new examples of 

tian influence at Niniveh. — A. Lucas, The question 
of the use of bitumen or pitch by the ancient Egyptians 
in Mummification. — Thomas Wbittemore, The Sawäma 
cemeteries; the ibis cemetery at Abydos: 1914. — H. 
Juncker, The Austrian excavations, 1914. — F. Ll. 
Griffith, Bibliography 1912—13—14; Ancient t. — 
Notes and News. — E. M. Walker, The hellenica 
Oxyrhynchia: its autorship and authority (A. S. Hunt). 
— *Arthur E. P. Brome Weigall, The life and times uf 
Cleopatra, queen of Egypt (J. Grafton Milne). — *R. A. 
Stewart Macalister, The Philistines (Maurice A. Canney 
ond H. R. Hall). — E. A. Wallis Budge, Coptic mar- 
tyrdoms etc. in the dialect of Upper Egypt (S. Gaselee, 
der augenscheinlich berechtigte Ausstellungen an der 
Methode der Publication zu machen hat). — *Somers 
Olarke, Christian antiquities in the Nile valley. A con- 
tribution towards the study of the ancient church (R. 
Weir Schultz). — *Oric Bates, The eastern Libyans 
(T. Eric Peet). ; 

Journal des Savants. 1917: 
Bept. L. Bréhier, La trans formation de l'empire byzan- 
tin sous les Héraclides. — H. Deherain, Talleyrand et les 
chaires de langues turque et persane au Collège de 
France en 1805. 

Journal für Ornithologie. 1917: 
LXV,3. H. Geyr von Schweppenburg, Ins Land der Tuareg. 

Jüdische Monatshefte. 1917: 
August. I. Br., Taschlich. — A. Neuwirth, Das jüdische 
Kriegsrecht und die Frau. 

Keleti Ssemle. 1916/17: 
IVI, 1—3. H. Paasonen, Beiträge zur finnisch-samoje- 
dischen Lautgeschichte. — W. Bang, Ueber die türkischen 
Namen einiger Grosskatzen. — W. Pröhle, Vergleichun 
des Japanischen mit den uralischen Sprachen. — *V. 
Thomsen, Turcica (O. Brockelmann). — P. Pelliot, La 
version ouigoure de l'histoire des Princes Kalyanamkara 
et pas (W. Bang). — *J. Szinnyei, Ungarische 
Sprachlehre (E. Lewy). — E. Lewy, Mélanges. (u. a. 
merkwürdige, vielleicht zufällige Wortübereinstimmungen, 
wie mordw. top’o, pedli, vatrakS = deutsch Topfen, gr. 
Baía (Blutegel), B&rpayoc (Frosch)). 

Korrespondenzblatt d. D. G. f. Anthropol. 1917: 

d J. Kollmann, Zur Anthropologie der Juden. 
— A. Wiedemann, Bild und Zauber im alten Aegypten 
(Vortrag in der Bonner Anthropol. Ges.). 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 3/4. 


110 


Kunst-Gewerbeblatt. 1917: 
XXVIII, 17. P. Jessen: Reisestudien VIII. Baukunst 
in China. 

Literarisches Zentralblatt. 1917: 
36. „Wendland, Handbuch der Sozialethik, Die Kultur- 
probleme des Christentums (G. Heinz). 
38. *Dunkmann, Religionsphilosophie; Mehlis, Einfüh- 
rung in die Religionsphilosophie; Pfordten, Von der Re- 
ligionsphilosophie; Oesterreich, Einführung in die Reli- 
gionspsychologie (Knöpfler). 
39. N. J. Schlögl, Die heiligen Schriften des Alten 
Bundes herausgeg. III, 2: Das Buch Ijjob (E. König). 
— H. Ehelolf, Ein Wortfolgeprinzip im Assyrisch-Baby- 
lonischen. 


40. H. Zimmern, Ištar und Saltu, ein altakkadisches 
Lied 1. 
41. *W. Bousset, Jesus der Herr (G. H-e.). 

Mannus. 1917: 


VIII 1—3. F. Netolitsky, Das Rätsel der Hirse. 


Mitteilungen aus d. histor. Literat. 1917: 
N. F. V, 3. R. Kittel, Geschichte des Volkes Israel, 
3. Aufl. (E. Herr). — *C. Huart, Geschichte der Araber, 
ins Deutsche übers. v. S. Beck u. M. Ferber (H. Philipp). 

Monatshefte fir Kunstwissenschaft. 1917: 
Juni. G. Supka, Buddhistische Spuren in der Völker- 
wanderungskunst. 
Juli. *G. Grausnitz, Der Wagen in der Religion; seine 
Würdigung in der Kunst (Kahns). 

Monde Oriental. 1917: 
XI. 1. R. Ekblom, Beiträge zur Phonetik der serbischen 
Sprache. — Festschrift für F. O. Andreas (n.) *Rocznik 
oryentalistyczny I 1914/15 (K. V. Zetterstéen). 

Monatsschr. f. Gesch. u. Wiss. d. Judent. 1917: 
3/6. A. Z. Idelsohn, Die Vortragszeichen der Samaritaner. 
— J. N. Epstein, Die N PDop in den Halachot Gedolot. 
— 8. Klein, Zur Geographie Palästinas in der Zeit der 
Mischna. — Der gaonäische Kommentar zur Ordnung 
Tohoroth (S. Poznański). — *P. Thomsen, Die Palästina- 
Literatur III (A. Sandler). 


Neue Jahrbücher f. d. klass. Altertum. 1917: 
11. 8/9. B. Ankermann, Die religionsgeschichtliche Be- 
deutung des Totemismus. 

Neue kirchliche Zeitschrift. 1917: 
11. Lundgreen, Pflanzen im Neuen Testamente. 

Nordisk Tidskrift for Vetenskab eto. 1917: 
2. K. Mantzius, Skuespilkunstens historie Bd. I—VI 
J. Olausen). — B. Schnittger, Batevafolket i Bangveolo- 

äsket. En öfversikt öfver E. von Rosens Rhodesia- 

Kongo-Expedition. 

Oriens Ohristianus. 1916: 
VI, 2. Allgeier, Die älteste Gestalt der Siebenschläfer- 
legende. — Graf, Konsekration ausserhalb der Messe. 
Ein arab. Gebetsformular. — Baumstark, Ausserkano- 
nische Evangeliensplitter auf einem frühchristlichen Klein- 
kunstdenkmal? — Haase, Untersuchungen zur Chronik 
des Pseudo-Dionysios von Tell-Mahre. — Banmstark, 
Ein frühbyzantisches Kreuzigungsmosaik in koptischer 
Replik. — Rablfs, Zu den altabessinischen Königsin- 
schriften. — Mitteilungen: Katalog christlich-arabischer 
Handschriften in Jerusalem (Graf). — Fortsetzungen und 
Funde: Cod. syr. Philipps 1388 und seine ältesten Pire- 
kopenvermerke (Allgeier). — Eine georgische Miniaturen- 
folge zum Markusevangelium (Baumstark). — Ein Ori- 
ginaldokument zur „chaldzischen“ Kirchengeachichte des 
XVII. Jahrh. (Baumstark). — Das Forschungsinstitut für 
Osten und Orientin Wien (Baumstark). — Besprech : 
*Baumstark, Die Modestianischen und die Konstantinischen 
Bauten am Heiligen Grabe zu Jerusalem (Sauer). — 
*Mitteilungen des Septuaginta-Unternehmens der Kgl. 
Ges. der Wissenschaften zu Göttingen I. II. (Baumstark). 
— *Moberg, Buch der Strahlen. Die grössere Grammatik 
des Barhebräus. Erster Teil und Stellenregister (Rücker). 


111 


Petermanns Mitteilungen. 1917: 


‚Sept. N. Krebs, Zur Verkehrsgeographie Rasciens. — | XXXIV, 2/3. 


F. Frech, Neue Forschungen über die Brüche und Gräben 
Ostafrikas. — *E. Hanslik, Der nahe Orient; Indien und 
Ostasien (R. Kaindl). 

Okt. E. v. Cholnoky, Albert Tafəls Reise in Tibet. — 
A. Hettner, Russland. Eine geogr. Betrachtung von 
Volk, Staat, und Kultur 3. Aufl. (M. Friedrichsen). — 
*E. Pittard, Les peuples des Balkans (A. Philippson). 

Proo. of the Soc. of Bibi. Arch. 1916: 

XXXVIII, Jan. A. H. Sayce,T he Land of Nod. — 
A. L. B. Hardcastle, The Trials of a Candidate. From 
the Mandaean „Book of Souls“. — F. W. Read, Egyptian 
Calendars of Lucky and Unlucky Days. — G. Pinches, 
Two Late Tablets of Historical Interest. — W. L. Nash, 
Notes on Some Egyptian Antiquities (XVII). — S. Lang- 
don, Lexigraphical Notes. 

Febr. A. H. Gardiner, Some Personifications II. — 
8. Langdon, Lexigraphical Notes. F. W. Read, 
Egyptian Calendars of Lucky and Unlucky Days. 
— M. Gaster, Samaritan Phylacteries and Amulets. — 
March. A. H. Gardiner, Some Personifications II. — 
M. Gaster, Samaritan Phylacteries and Amulets. — 
S. Langdon, A Tablet of Babylonian Wisdom. 
May. C. H. W. Johns, The Last Years of the Assyrian 
Monarchy. — A. H. Gardiner, A Shawabti-Figure with 
interesting Names. The Evil Eye in Egypt. — S. Lang- 
don, A Tablet of Babylonian Wisdom. 

June. F. Legge, Sir Gaston Camille Charles Maspero 
— C. H. W. Johns, Notes of the Chronology of the 
Neo-Babylonian Empire. — W. T. Pilter, Some Groups 
of Arabian Personal Names borne by Israelites of the 
Mosaic Period. — E. J. Pilcher, The Runes, and the Al- 
phabet of Ulfilas. 

Nov. W. T. Pilter, Some Groups of Arabian Personal 
Names borne by Israelites of the Mosaic Period. — 
A. H. Gardiner, Some Coptie Etymologies. — M. Gaster, 
Samaritan Phylacteries and Amulets. 

Dec. C. H. W. Johns, The Dynasty of Gutium. — A. H. Sayce, 
The Northern Campaigns of Sargon of Akkad. — M. 
Gaster, Samaritan Phylacteries and Amulets. 
Revue de l'Orient Chrétien. (1915—)1917: 

I. F. Nau, Résumé de monographies syriaques. Fin: 
Jacques le Reclus, Romanus, Talia, Asia, Pantaléon, Can- 
dida, Sergis et Abraham de Cašcar. — S. Grebant, Tra- 
duction du Qalémentos (Forts.). — W. E. Crum, Discours 
de Pisenthius sur S. Onnophrius. texte copte. — H. Guer- 
. rier, Un texte éthiopien du symbole de saint Athanase. 
— 8. Grebaut, La lettre et la notice finales du Vieillard 
spirituel (äthiop. Text). — Ders., Les manuscrits éthio- 
piens de M. É. Delorme (Forts.). — E. Drioton, La disens- 
sion d'an moine anthropomorphite audien avec le patri- 
-arche Théophile d'Alexandrie. — I. F. Nau, Une liste de 
chronographes (ms. syce. de Paris no 9). — P. Dib, Lequel 
des Ibn al- Assal est l'auteur du Nomocanon? — S. Gré- 
baut, Les miracles du saint enfant Cyriaque (Forts.). — 
8. Mercer, The Ethiopic Liturgy (u.) C. Palencia, Recti- 
fication de la mente, tratado de logica por Abusalt de 
Denia (n.) *Miscellanea de estudia y testos Arabes (F. Nau). 
ss Revue Oritique. 1917: 


*A. Evans, Les Slaves de l’Adriatique et la route 
continentale de Constantinople. Traduit de l'Anglais 
(O. Pf.). 


31. E. Cavaignac, Histoire de i’ Antiquité I. Javan (S. 
Reinach). — A. Moret, L' administration locale sous 
ancien empire égyptien (A. C.). 

36. *Fulcheri Carnotensis Historia hierosolymitana, hrsg. 
v. H. Hagenmeyer. 

38. 39. A. M. Blackman, The Rock Tombs of Meir 
(E. Naville). 

39. Dasselbe (Forts.). 


r... 


Verlag u. Expedition: J. O. Hinriehs’sehe Buchhandlung, Leipzig, Blumengasse 2. — Druck von Max Schmereow, Kirchhain 


Schweizerische Theolog. Zeitschrift. 
L. Köhler, Amos (Forts.). 
5. L. Köhler, Amos (Schluss). 


1917: 


- a — 
Zur Besprechung eingelaufen: 
(* bereits weitergegeben) Ä 
Hans Bonnet: Die ägyptische Tracht bis zum Ende des 
neuen Reiches (Untersuchgn. z. Gesch. u. Altertk. 
Aegyptens, hrsg. v. Sethe VII 2). Leipzig, J. C. 
Hinrichs, 1917. M. 18 —. 
Maurus Witzel, Keilinschriftliche Studien Heft 1. Leipzig, 
Otto Harrassowitz, 1918. M. 12 —. 
*Rud. Kittel: Geschichte des Volkes Israel. 2. Band. 
(Handbücher der Alten Geschichte.) 3. Auflage. 
Gotha, Friedrich Andreas Perthes, 1917. M. 20 —. 
O. Fischer: Orientalische und griechische Zablensymbolik. 
Leipzig, M. Altmann, 1918. 57 S. M. 1.50. 
*E. Unger: Die Reliefs Tiglatpilesars III (Publikationen 
d. K. Osman. Museen V). Konstantinopel 1917. 
32 S. 6 Tafeln. 26 Piaster. | 
B. Funck: Der Iran. Unsere Brücke nach Indien u. Asien. 
Berlin, D. Reimer, 1917. 18 S. M. —.80. 
Dr. Moll: Der heilige Krieg. Berlin, D. Reimer, 1917. 
32 S. 1 Karte. M. —.80. 
A. Frhr. v. Ow: Joseph von Aegypten u. Aseneth. 
Regensburg, Verlagsanstalt vorm. G. J. Manz, 1918. 
168 S. M. 4,20. | 
E. Hanslick: Die Menschheit in 30 Weltbildern. Wien, 
Verlag Institut für Kulturforschung, 1917. M. 2.60. 
*Ahmed Muhieddin. Türkischer Sprachführer. Leipzi 
und Wien, Bibliographisches Institut, 1917. VI. 
267 S. M. 3 —. | 
Mitteilungen des Seminars für Orientalische Sprache. 
Berlin. XX, 2*, 3. Berlin, G. Reimer, 1917. 
*Andreas E. Mader: Altchristliche Basiliken und Lokal- 
traditionen in Südjudäa. (Studien zur Geschichte 
uud Kuitur des Altertums VIII, 6/6). Ferdinand 
Schöningh, Paderborn, 1918. M. 14—. ö 
Paul Karge: Rephaim. Die Vorgeschichtliche Kultur 
Palästinas und Phöniziens (Collectanea Hierosoly- 
PETS I). Ferdinand Schöningh, Paderborn, 1918. 
M. 36 —. 


Georg Reimer Verlag Berlin W. 10. 


Grammatik der osmanisch- 
türkischen Sprache 


von 


Dr. Gotthold Well, 


[Band I der Sammlung türkischer Lehrbücher für den 
Gebrauch im Seminar für orientalische Sprache zu Berlin.] 


Preis geheftet M. 6 —, gebunden M. 7 —. © 


Trotz der grossen Fülle von türkischen Lehrbüchern, die 
in den letzten Jahren erschienen sind, fehlt eine zusammen- 
ns aufbauende Darstellung der osmanisch-türkischen 

prache. 

‚Sie will den vielen Türkisch Lernenden, die sich nicht nur 
einige oberflächliche Kenntnisse der Sprache aneignen wollten, 
ein Lern- oder Nachschlagebuch sein, denen, die auch noch 
nach dem ersten Anfängerunterricht, hörend, lesend oder 
schreibend, selbständig weiterzuarbeiten bestrebt sind, will 
sie in systematischer Form auch die Einzelheiten und Eigen- 
heiten der modernen osmanisch-türkischen Sprache erklären. 

Die Grammatik erscheint als erster Teil der Sammlu 
türkischer Lehrbücher. Als zweiter Teil wird ein Uebungsbu 
ueram rommen; das als praktische Ergänzung der Grammatik 
gedacht ist. 

Eine Auswahl aus den besten Prosaschriftstellern mit Er- 
klärungen und Wörterbuch ist als dritter Teil in Arbeit. 

Weitere Bände werden nach Bedürfnis folgen. : 


N. L. 


Verantwortliebee Herausgeber: F. B. Peiser, Königsberg I. Pr., Golts-Alles 11. 


rientalistische Literaturzeitung 


Monatsschrift für die Wissenschaft vom vorderen Orient 


und seine Beziehungen zum Kuliurkreise des Mittelmeers 
Herausgegeben von Professor Dr. F. E. Peiser, Königsberg i. Pr., Goltz-Allee 11 


Verlag der J. C. Hinrichs’schen Buchhandlung, Leipzig 


21. Jahrgang Nr. 5/6 * (e und £ 


Blumengasse 2. 


orrekturen nach Königsberg. — Drucksachen nach Leipzig. 
Jährlich 12 Nrn. — Halbjahrspreis 6 Mk. 


Mai/Juni 1918 


Inhalt. 
Abhandlungen und Netizen Sp. 115—133 
Christian, V.: Neuarabisch ifr 
Fuss 4 ce u cee & 128 
Marstrander, Oarl: VAT 7478 
Kol. III 30ff.. . . . . . 128 
Meissner, Bruno: Eine babylonische 
Stele Assarbanipals (7). . 119 


— gabätu pin mask6é .. . 124 
Perles, Felix: Zur Aussprache von 
mn 129 
Pokorny, J.: Kin neunmonatiges 
Jahr im Keltischen . . 130 
Schroeder, Otto: Ueber die Glossen 
zi-· ir (ma) und mar- ia- nu( ma). 125 


Schroeder, Otto: Zur Götterliste 
für den Schulgebrauch 127 
Ungnad, A.: Ein merkwürdiges 
sumerisches Lehnwort . 116 
— Zumerische 
gebete 


Besprechungen . . Sp. 133—154 


Baumgartner, Walter: Die Klage- 
lieder des Jeremia (Max Löhr) 145 
Dürr, Lorenz: Ezechiels Vision von der 
Erscheinung Gottes (S. Landers- 
dorfer) .. 2x 2 20. 141 
Gressmann, A.: Weihnachts- 
evangelium (W. Erbt) . . 134 


Imhoff: Die türkische Heeresmacht 
(C. F. Seybold) . . . . 149 


Han dorhebunge. 


Am 15. April verschied sanft nach langem Leiden 


Herr Adolf Rost, 


die Seele des Verlages der OLZ. Bis zuletzt tätig und interessiert musste er einer 
tückischen Krankheit erliegen, welche ihn zwar vielfach behindern, aber nicht lähmen 


konnte. 


Messel, N.: Die Einheitlichkeit der 
eee? Eschatologie (Bruno 
ile... 0 5 Gl 143 


Mitteilungen des Seminars ftir Orien- 
talische Sprachen zu Berlin. 19. 
Jahrg. 2. Abt. (R. Hartmann) 145 

Die Tagebücher von Emin Pascha 
(E. Brandenburg) . . . 152 

Unger, E.: Die Stele des Bel-Haran- 
beli-ussur (0. Schroeder) . 133 


Sprechsaal . » » 2: es 155 
S. Poznariski, Za dem Namen 

Bsọ%ełaños . . . 2... 155 
Mittallungen . .... . . 155 
Personalion . . | \ 
Zoitschriftenschau . . . 158—159 


Zur Besprechung elngeleufen 159 — 160 


Die OLZ, welche mit Beginn des 12. Jahrgangs, 1909, in seinen Verlag über- 


gegangen war, hat durch seinen Einfluss und seine Tätigkeit viele Förderung erfahren, 
ihre Verbreitung und ihr Ansehen ist dauernd gestiegen, so dass die von ihm in der 
Januarnummer 1909 ausgesprochene Hoffnung wohl als erfüllt betrachtet werden kann. 


Störend, wie in alle Lebenskreise griff der Weltkrieg in unsere Arbeit ein. 


Dass die 


OLZ regelmässig erscheinen und trotz aller Schwierigkeiten und Kosten durchhalten 
konnte, war lediglich durch das opferbereite Eingehen des Verlages auf die Wünsche 
des Herausgebers möglich. So steht die OLZ trauernd an der Bahre ihres zweiten Ver- 
legers und mit ihr trauert die gesamte Orientalistik, welche in Adolf Rost einen hoch- 
denkenden, verständnisvollen Pfleger verloren hat und ihm stets ein ehrenvolles Andenken 


bewahren wird. 


118 


© 


F. E. Peiser. 


114 


115 


Orientalistische Literaturseitang 1918 Nr. 5/6. 


116 


Ein merkwürdiges sumerisches Lehnwort. | lage es, unnedukku von ü-ne-dug! „sage ihnen“ 


Von Arthur Ungnad. 


In der altbabylonischen Briefliteratur be- 
gegnet bis jetzt viermal ein Wort unnedukku. 
Die Stellen sind: 1. Brief aus Bismaja! AJSL 
32, S. 281, Z. 19 un-ne-du-uk bi-el-t-ja; 2. ebd. 
Z. 25 me-hi-ir u[n-ne]-du-ki-im; 3. UM? VII 5, 
Z. 16 me-hi-ir [u]n-ne-du-uk-ki-ja š[ú]-bi-lam; 
4. VS XVI 199, Z. 14 um un-ne-du-uk-ki 
ta- am (!)-ma-ru (J. 

Die Stellen lassen keinen Zweifel übrig, 
dass das Wort ein Synonymon von tuppu ist; 
vgl. besonders das häufige mehir tuppija Sübilum’ 
und tim oder kima tuppi tammaru‘. Da es im 
Gegensatz zu tuppu, das ja „Schriftstück“ im 
allgemeinen bedeutet, nur in Briefen begegnet, 
liegt es auf der Hand, in unnedukku ein Wort für 
„Brief“ zu vermuten. Es ist also der Bedeutung 
nach mehr mit se'puw5 als mit tuppu identisch. 

Während aber ge pu ein echtsemitisches Wort 
sein dürfte 6, sieht unnedukku schon äusserlich 
nicht semitisch aus. Ein einfaches sumerisches 
Wort, dem es entlehnt sein könnte, lässt sich 
auch nicht ausfindig machen. Wir erinnern 
uns aber bei unnedug- sogleich an die Eingangs- 
formel sumerischer Briefe, wie Inventaire des 
Tablettes de Tello 1119:. Me-säg!-e na-bi-a® Al- 
la-mu ü-na-dug „was M. aufträgt, sage dem A.“ 
Wie schon Genouillac® erkannt hat, entspricht 
dieses ü-na-dug dem akkadischen kıbima; ge- 
nauer wäre wohl zu übersetzen „sage ihm 
(na)“. Selten findet sich statt ù-na-dug 1° auch 
u-na-a-dug 11. 

Es kann nun gewiss nicht fraglich sein, 
dass unser unnedukku dieser Eingangsformel 
sumerischer Briefe entlehnt ist, und zwar ist 
es die Substantivierung eines ganzen 
Satzes (Imperativ nebst Dativ des Pronomens 
und hervorhebendem Element «). Näher noch 


1 Luckenbill, a. a. O., 8. 272, hat Wort und Be- 
deutung nicht erkannt. 

3 University of Pennsylvania. The Univer- 
sity Museum. 

> BB (Babylonische Briefe VAB VI) 109, 26; 
124, 15; 178, 18 u. A. 

BB 51, 13; 80, 9; 82, 20 u. ð. 

s BB Glossar, S. 364; UM VII 80, 16; 97, 10. 


vel. A (BB, 8. 215 Anm); Zimmern, 


Akk. Fremdwörter, 8.19 möchte es für ein süd- 
semitisches Lehnwort halten. Der Plural gi-’-pt-tim (lies 
se'pétim ) a CT II 18, 13. 

1 PA 


® Vgl. hierzu Inv. I, p. 31. 

° Inv. I, p. 3°. 

10 Vgl. dafür auch Inv. 1058, Re. 1; 1170, 
84, 4 (und Re. 7); Langdon, Liturgies, No. 
(ohne vorhergehendes na-bi-a 


4; RTO 


V. Z. 2 


). 
11 Langdon, BE XXXI, Pl. 8, Z. 21. 44; vgl. ZA |K. 2 


XVIII S. 252, Re. 4. 


a 
abzuleiten, aber es ist ebenso gut möglich, dass 
beim Uebergang aus der einen Sprache in die 
andere nicht peinlich genau übernommen wurde. 
Jedenfalls dürfte sich aus dem Dargelegten 
ergeben, dass das altakkadische Wort unne- 
dukku „Brief“ aus dem Sumerischen stammt 
und eigentlich „ein Sprich zu ihm“ bedeutet; 
es steht also etwa auf der gleichen Stufe wie 
unser Fremdwort „Rendez-vous“, das wir ja 
auch wie ein deutsches Substantiv deklinieren 
und mit Possessivpronomen verbinden können. 


Sumerische Handerhebungsgebete. 
Von Arthur Ungnad. 
Die Liste sumerischer Lieder IVR 53 führte 


ursprünglich 47 zu- il- la- oder Handerhebungs- 
gebete? mit ihren Anfangszeilen an. Erhalten 


sind von diesen nur die ersten Worte bei den 


Gebeten Nr. 1—9, die letzten Worte bei den 
Gebeten Nr. 33—38 und die vollen Zeilen bei 
den Gebeten Nr. 39—47. In seinen „Baby- 
lonian Liturgies“ (Paris 1913) veröffentlichte 
Langdon unter Nr. 103 den Text K 3276, den 
er als „Fragment of a list of liturgical psalms 
similar to IVR 563“ bezeichnete3. Man kann 
indes weiter gehen und sagen: die Rückseite 
von K 3276 ist ein Duplikat (?) von IVR 53, 
III 44 ff. Hinter Duplikat setzen wir ein 
Fragezeichen, weil es nicht ganz ausgeschlossen 
erscheint, dass K 3276 sogar ein Stiick der 
Tafel IVR 53 = K 2529 ist und sich direkt mit 
ihr verbinden lässt. Das lässt sich jedoch nur 
im Britischen Museum feststellen. Gegen die 
Annahme einer Zusammengehörigkeit beider 
Stücke spricht vielleicht die Vs. von K 3276, 
da Z. 3 mit IVR 53 I 32, II 21, Z. 6 mit 
IVR III 10, Z. 13 mit IVR 53 I 13 und Z. 18 
mit IVR 53 III 28 identisch zu sein scheinen. 
Aber man muss auch berücksichtigen, dass in 
diesem Kataloge manche Liederanfänge mehr- 
mals begegnen, und so würden diese Ueberein- 
stimmungen auch nichts Bedenkliches haben, 
wenn die Vs. von K 3276 das fehlende Stück 
der Kol. II von IVR 53 darstellte. 

Wie sich dies auch verhalten mag‘, wir 


1 In Briefen m. W. noch nicht zu belegen. In noch 
älteren sumerischen Briefen steht na-e-a statt na-bi-a 
(e = bi = kibü) und dug-ga-na statt ü-na-dug (mit regel- 
recht nachgesetztem Dativpronomen). Vgl. Nikolskij 
No. 177 und 309. Danach ist auch AO 4238 (RA VI, 8. 139), 
Vs. I 6 / dug /- ga- n/a zu ergänzen. Dieses duggana ist 
seit der Zeit des Reiches von Akkad durch umnadug 
verdrängt worden. 

Kol. IV 29. 

3 S. 54; vgl. auch S. 105. 

Dass Duplikate von K 2629 existiert haben, lehren 
(Bezold, Oat.) und 82—3—23, 5220 bei Langden, 
Liturgies Nr. 161. 


117 


haben jedenfalls in der Rs. von K 3276 eine 
willkommene Ergänzung des Katalogs der bis- 
her noch recht spärlich vertretenen sumerischen 
Handerhebungsgebete. Die beiden Texte er- 
gänzen sich wie folgt !: 

K 2529: 
Gebet 1: ur-sag a-a dim-me-[ir- 


e]-ne 
5 2: alim- ma umun ämmer 


K 3276: 
Sa Uu g. nu 


Sa un en-lil 


Sg, ue YY 


Sa i" g- 


: e- lum bar-sü I] an-ki-a 
: umun Se-ir-ma-al [ ] 
an-ki-a 
: alim-ma [umun | gir-ra 
: a-m[u(?)-un(?) 


: kur- glal (ꝰ)-ta (ꝰ ... 
Ain Icir ) utu(?) mén 
: ù G. lau (?)-un (7) 


ša ™ gin 
Sa un gin 


ša uu gin 


Sa uu gamas 


....]. gir-ra ša ""Samag 
„ 10: ſur-sag (?) a-mä]-rü? 
Sur-ra ša "adad 
11: [mu- lu &- a tu-ra-zju-ta ša a marduk 
„ 12: [.... me (?) e 
ür-ür Sa la marduk 
„ 13: [mu- lu (?) & ta (ꝰ) 8'-de- 
zju(?)-ta Sa u nabů 
» 14: [amun P) ni-zu (?) 
in (ꝰ)-hu-Iluh-ha Sa "amurru 
Bemerkungen. 


1. „Held, Vater der Götter“; bisher nicht 
bekannt. 

2. „Gewichtiger, Herr [Mullil] (?)“. Die Er- 
gänzung von ſmu- ul- li /i ist unsicher. Das Gebet 
ist ebenso wie die beiden folgenden noch un- 
bekannt. 

3. „Herr, du bist [... ].“ 

4. „Gewichtiger, Weiser (?)? von Himmel 
und Erde.“ 

5. „Herr, Herrscher von Himmel und Erde“. 
Dieses ist vielleicht, wie bereits vermutet ist, 
das „Handerhebungsgebet“ IVR 9, obwohl der 
Anfang ein wenig abweicht. Denn nicht nur 
bietet IVR 9 ù-mu-un statt umun und ner-gal 
statt 3e-ir-ma-al, sondern es fügt noch dim-me- 


ir-e-ne vor an-ki-a ein, wofür im Katalog kein S 


1 Die Verteilung der Zeilen ist in IVR 53 ungenau 
wiedergegeben. Da es sich um 47 Gebete handelt und 
Kol. IV nur 28 anführte, müssen in Kol. III bis zum 
Anfang von Kol. IV noch 19 gestanden haben. Die ge- 
nauere Verteilung der Zeilen lässt sich auch bier nur 
am Original feststellen. 

* Zeichen TU, eigentlich guniertes TE, hatte wohl 
neben uru auch den Lautwert ru. Jedenfalls ist eine 
Les a-md-tu für abübu nicht empfehlenswert. 

® Für die Lesung bar-sú vgl. Zimmern, Berichte 
ü. d. Verhandl. der sächs. Ges. der Wiss. 68, 5, S. 9. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 5/6. 


118 


Platz zu sein scheint. Da in IVR 9 der Folge- 
weiser mit unserm Gebet 6 übereinstimmt, ist 
die Identifizierung von Nr. 5 mit IVR 9 sehr 
verlockend. Aber vielleicht ist IVR 9 doch 
eher unser Gebet Nr. 7, falls dort zwischen 
ü-m[u-un] (?) und ner-gal nichts gestanden hat. 
Rätselhaft bleibt es dann, weshalb in IVR 9 
die Reihenfolge eine andere ist. 

6. „Gewichtiger, starker [Herr]“. IVR 9 

41 


7. „Herr (?), Herrscher“. Vielleicht IVR 9 
I 1; s. zu Gebet Nr. 5. 

8. „[Aus (?) dem grossen Berge. . . ], 
Šamaš, bist du“. Unbekannt. Dass Šamaš hier 
wie Enlil als „grosser Berg“ angeredet wird, 
ist wohl nicht wahrscheinlich; aher unsere 
Ergänzung des ta. 

9. „Herr (?), starker |... . ]“. 

10. „[Held (?)], grimmiger Zyklon“. So 
beginnt das Nergallied IV R 26, Nr. 1, das kein 
Su-il-la-, sondern ein er-Sa-hun!-ga-Lied ist. 
Unser Gebet ist an Adad gerichtet; es ist daher 
sehr wohl möglich, dass das erste Wort anders 
zu ergänzen ist. Ob IVR 28, Nr. 2 hierher 
gehört? 

11. „[Herr], wenn du [in das Haus einziehst]“. 
Obwohl Langdon als erste Spur eher is als su 
bietet, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass 
hier das als 3u-f-la bezeichnete Gebet BE 13420 
gemeint ist, das Weissbach in seinen Miscellen 
unter Nr. XIII veröffentlicht und bearbeitet 
hat. Da dem Einzug Marduks ein Auszug 
Nabû’s gegenübersteht, haben wir Gebet Nr. 13 
in der oben angegebenen Weise ergänzt. Die 
Ergänzung darf natürlich nicht als sicher be- 
trachtet werden. 

12. „U... . , der alle Verordnungen (7)! 
in seiner Gewalt hält“. Die Ergänzung auf 
Grund von IVR 14, Nr. 3, einem Nabü-Liede, 
muss als sehr unsicher gelten. 


13. „[Herr], wenn du [aus dem Hause aus- 
ziehest!“. Vgl. za Nr. 11. 

14. „[Herr, die Furcht vor dir ist (?)] schreck- 
lich“. Unser Gebet ist an Amurru gerichtet. 
Deshalb ist es fraglich, ob K 5209 (Langdon, 
Liturgies Nr. 13), ein Adad-Gebet, zur Er- 
änzung herangezogen werden darf. Ich um- 
schreibe fu-luh-ha und nicht g‘u-lug'-ga, weil 
die Hauptgründe für die Schreibung 9 jetzt 
wegfallen; denn D. UD. ga ist statt lag lag 
ga vielmehr daddag-ga? und 500 5 statt lag - gi 


vielmehr süg-g5? zu lesen. 


Unbekannt. 


1 Für þu-un = KU = nähu, s. Vok. Clay 148. 
* Vok. Assur bei Delitzsch, Glossar, S. 132 
$ ZA XVII, S. 188, Anm. 5. 


119 


Von Gebet Nr. 15— 19 lässt sich nicht sagen, 
an wen sie gerichtet sind. Die übrig bleibenden 
42 Gebete verteilen sich folgendermassen: Anul, 
Enlil 2, Ea 1, Sin 3, Šamaš 2, Adad 1, Marduk 2, 
Nabü 1, Amurru 1, Nimurta 6, Nergal 1, Pap- 
sukkal 1, Nusku 3, Dumuzi 2, Ninlil 1, Bélit- 
ili 1, Ningal 2, Ištar 10, Nana 1. 

Die bereits bei Nr. 10 erwähnten erdahunga- 
Gebete waren in IVR 53 nicht aufgeführt. Zum 
Teil sind sie in den er$emma-Liedern enthalten, 
von denen IVR 53 III im ganzen 40 aufzählt. 
Man beachte auch den Wechsel in der Be- 
zeichnung desselben Liedes bald als eräahunga, 
bald als er3emma!. Es gab aber gewiss be- 
deutend mehr ergahunga-Lieder als 40. Be- 
sondereKataloge existierten gleichfalls in Assur- 
banipals Bibliothek, sie sind aber, soviel ich 
sehe, bisher nicht als solche erkannt worden. 
Hierher gehört zunächst K 9618 (Langdon, 
Lit. Nr. 115)?, das zuerst [10] + 3, dann 2, 
und zuletzt noch 7 ersahunga-Liederanfänge 
bietet, ferner die Duplikate K 3482 und K 3141 
(Langdon, Lit. Nr. 138. 139)3. Hier wurden 


Orientalistische Literaturseitung 1918 Nr. 5/6. 


120 


Gesicht, Augen, Ohren und Kopf- und Barthaar 
sind wie die ganze Stele nicht gerade fein, aber 
in richtigen Maassen und richtiger Perspek- 
tive modelliert, auch der Thorax, der z. B. bei 
Marduk-nadin-ah noch falsch in Vorderansicht 
gegeben war, ist hier richtig in Seitenansicht 
dargestellt. Das bis auf die Enkel herabfallende 
Gewand ist verhältnismässig einfach. Es be- 
steht aus einem durch einen Gürtel zusammen- 
gehaltenen Unterkleide!, das unten mit Franzen 
besetzt, weiter oben mit S-förmigen Borden 
verziert ist, und einem darüber geworfenen, 
ebenfalls mit einer Borde besetzten Mantel. Die 
Füsse sind zu schlecht erhalten, um über ihre 
Bekleidung Auskunft geben zu können. In der 
Hand hält er einen lotrechtin der Erdestehenden, 
mit Ringen (?) verzierten Stamm. Was dieser 
Stamm bedeutet ist mir noch unklar; jedenfalls 
kann er nicht den gewöhnlichen langen Stab, 
den König und Untertanen tragen (so z. B. auf 
dem Relief des Merodochbaladan), darstellen; 
denn diese Stäbe waren viel dünner und wurden 
naturgemäss auch nicht so gerade geträgen. 


zuerst [x], dann 4 und zuletzt noch 16 er- Die Stellung Nebukadnezars, wie er im Wadi 


Sahunga-Lieder verzeichnet. Diese Texte wollen 
wir bier nicht näher untersuchen. 
darauf hingewiesen, dass in K 3141 das erste 
Lied /me-e] di-ku+-ta me-e [di-kü-ta] in SBH 
Nr. 305 vorliegt, wo es (Rs. 10) ausdrücklich 
als er&ahunga-Lied bezeichnet ist. 


Eine babylonische Stele Assurbanipals (?). 


Von Bruno Meissner. 


Unter den von King in seinen Boundary- 
Stones publizierten Grenzsteinen nimmt dieStele 


Brissa „mit seinen reinen Händen eine Zeder 


Es sei nur | fällt“ ist(trotz der schlechten Erhaltung)ähnlich. 


Trotzdem wird hier eine analoge Darstellung 
nicht vorliegen; aber vielleicht handelt es sich 
doch um einen Baum, eventuell einen seiner 
Blätter beraubten Palmstamm. Leider ist auch 
der Gegenstand nicht klar, den der König in 
seiner erhobenen rechten Hand halt. King 
nennt ihn a short cylindrical object. Vielleicht 
ist es dasselbe noch unerklärte Emblem, das auch 
Merodachbaladan in der rechten Hand hält, 
das sich aber schon viel früher nachweisen lässt 


Nr. XXXVII (Photogr. Reproduktion Pl. XCIIIf.) (s. Meissner, Plastik 77f.), es könnte aber 
aus mehrfachen Gründen unser besonderes auch ein kurzes Messer zur Bearbeitung des 


Interesse in Anspruch. 

Die oben abgerundete und von einem schmalen 
Rand (der nur unten etwas beschädigt ist) um- 
gebene Steintafel zeigt auf ihrer linken Hälfte 
die Gestalt eines nach rechts schauenden Königs. 
Auf dem Kopfe trägt er das Abzeichen der 
neubabylonischen Könige, die hohe, konische 
Krone® mit einem langherabwallenden Bande. 


ı Vgl. Meek, BA X Nr. 16 (S. 32). 

? Langdon, S. 66 „part of a penitential psalm’. 

> Dass die Texte Duplikate sind, erkannte L. Aber 
sie sind nicht „a penitential psalm“. 

* Za /kJu-u = TAR = dänu vgl. CT XII 14, 1 34. 

Bearbeitet von Langdon, Lit., S. 124 ff. 

° Der Oberteil der Krone ist etwas beschädigt und 
darum auf der Photographie nicht ganz sicher zu er- 
kennen, aber King a. a. O. 128 bestätigt in seiner Be- 
echreibung die conical headdress. Während die Kassiten- 
könige und ihre ersten Nachfolger eine Federkrone (s. 
King a. a. O. Pl. LIV) tragen, erscheint seit Merodach- 
baladan (Meyer, Sumerier u. Semiten Tf. I) die konische 
Krone, Bei diesem jst sie noch yerhiltnismAssig niedrig, 


Baumstammes sein. Jedenfalls ist der Sion 
dieser Szene noch dunkel. 

Rechts oben stehen drei Göttersymbole: 
der Halbmond für den Sin, die geflügelte 
Sonnenscheibe für den Šamaš und der Venus- 
stern für die Ištar. Die untere rechte Seite 
ist nachträglich künstslich geglättet und dabei 
alles, was dort stand, vernichtet. Nach King 
befand. sich dort aber nicht, wie man nach den 
anderen Grenzsteinen erwarten sollte, das Bild 
des belehnten Beamten, sondern vielmehr eine 
Inschrift, von der noch Reste erhalten sind. 
Wir haben also (wie auch die Inschrift zeigt) 


doch wird sie später immer höher, wie die Kronen Assur- 
banipals als babylonischer Korbträger (Lehmann, Sa- 
massumukin Tf. I) und Nebukadnezars auf dem Relief 
im Wadi Brissa (Weissbach, Wadi Brissa Tf. V) zeigen. 

ı Dass tatsächlich zwei Kleider vorliegen, zeigt der 
Gürtel, der nur vorn angedeutet ist, weil er hinten eben 
urch das Obergewand verdeckt ist, 


191 


keine Belehnungsurkunde vor uns, sondern einen 
königlichen Erlass. 

Die Reste der Inschrift auf der Vorderseite 
sind leider so geringfügig, dass King auf ihre 
Entzifferung verzichtet bat; die Rückseite trägt 
folgende Inschrift: 

. tp-Se-ti-1a damkäti ga- dis ip-pa-lis-ma 

. a-ra-ku tmé i- ki-· za- an· ni ina a-mat iläni 
Jar tlans (il) Adad sunnu - ti- ra- am · ma 

. (il) E-a ü-pat-ti-ra nak-bu-3u me ru- i 

. nu- u- Su u hegallu ina mati ia i3-ku-un 
6.1 GUR 54 KA! SE. BAR ana 1 šiķil 
kaspi 90 KA suluppi 

7. [a]-na 1 skil kaspi 66(?) KA Samas3ammi 
a- na 1 Sikil kaspi | 

8. 18 KA šaman li-e a- na 1 Hkil kaspi 5 ma- 
na šipâti 

9. a- na 1 3ikil kaspi 1-en mana... 
1 3ikil kaspi 

10. [kalräanu (aban) rès dad-i sa ina ki-rib 
mati - iu ia-a- nu 

11. 180 KA kardni ana 1 Sikil kaspi 
mahiru tna ki-rib mäti-ia 


È 


& U BO 


. A-RA 


re mes-ru-ü ina måti-ia is · xu un 
1898 ER Akkadu(KI1)i-pis-tu ¿lâns ib - bal · kit 
„ su rabi-tu u (ii). .4 Jar ildni 
1 A ses en foc oh udari..... ib · zi-· ma 


Uebersetzung. 


1. Meine schönen Taten sah er freundlich an, 

2. Länge der Tage schenkte er mir. Auf 
Befehl der Götter 

3. liess der König der Götter, Adad, den 
Regen wiederkehren?, 

4. Ea spaltete seine Quelle, Reichtum, 

5. Segen und Ueberfluss machte er in meinem 
Lande. 

6. 1 Gur 54 Ka (234 Ka) Getreide für einen 
Sekel Silber, 1 Gur 90 Ka (= 270 Ka) Datteln 

7. für einen Sekel Silber, 66 Ka Sesam für 
einen Sekel Silber, 

8. 18 Ka lA-Oel für einen Sekel Silber, 
5 Minen Wolle 

9. für einen Sekel Silber, 1 Mine. .. für 
einen Sekel Silber, 
10. vom Bergwein, der in meinem Lande 
nicht vorhanden ist, 


ı King setzt hier und bei den folgenden Zahlen 
die alten se aus der Hammurapizeit ein, gewiss mit 
Frai denn wir befinden uns hier in neubabylonischer 

it. 

King liest s-sa-a-nu; die Photographie lässt meine 
Lesung zu. 

e Die Zahl ist unsicher; vielleicht steht nur 19 KA da. 

* Der Göttername ist leider nur undeutlich erhalten. 

$ Es wäre möglich, dass uteramma eine schlechte 
Schreibung für utteramma wire; dann müsste man über- 


Orientalistische Literaturseitung 1918 Nr. 6/6. 


122 


11. 18(?) Ka Wein für einen Sekel Silber 


war der Preis in meinem Lande. 

T7 Reichtum in meinem Lande 
machte er. 

18...... Akkad die Tat (den Willen?) 
der Gotter tiberschritt es 

1111 die grosse und der Gott. j 
der König der Götter 

ID EE E S er war und 

I/ ae 


Es erhebt sich nun die Frage, aus welcher 
Zeit die Stele stammt, und welchen König sie 
darstellt. Um die Antwort gleich vorwegzu- 
nehmen, sei bemerkt, dass mir ihre Zuweisung 
an Assurbanipal am wahrscheinlichsten zu sein 
scheint, und zwar aus folgenden Gründen: 


1. Die Kleidung stimmt ziemlich genau mit 
der Assurbanipals als Korbträger überein (s. 
Lehmann, Samassumukin Tf. I.); vor allem 
die hohe Königsmütze und die runden Borden 
auf den unteren Teil des Gewandes. Auf die 
Aehnlichkeit der Kopf- und Haarfrisur sowie 
auf eine gewisse Aehnlichkeit der Gesichtszüge 
möchte ich weniger Wert legen, da hier doch 
viel Konvention vorwaltet. 


2. Sodann möchte ich das Emblem der ge- 
flügelten Sonnenscheibe erwähnen, dasursprüng- 
lich gewiss ägyptischen Ursprungs über die 
Hethiter zuerst zu den Assyrern hingekommen 
ist. Hier ist es seit Tiglatpileser I (Paterson, 
Assyrian Sculpt. Pl. 63) die gewöhnliche Form 
des Symbols, während es in Babylonien zumeist 
als Scheibe mit vier- resp. sechszackigem Stern 
und Strahlenbiindeln dazwischen erscheint. Also 
wiirde die Anwendung dieser Form des Symbols 
auf assyrischen Einfluss deuten. Wenn es 
auch auf dem Grenzstein des Marduk-balatsu- 
ikbi! als geflügelte Sonnenscheibe erscheint, 
könnte das für die Bestimmung der Zeit von 
Wichtigkeit werden. Allerdings ist ja zu be- 
merken, dass die geflügelteSonnenscheibe wieder 
in der Achämenidenzeit ganz gewöhnlich ist. 


3. Assurbanipal stellt sich auch in seinen 
Inschriften als besonderen Liebling der Götter 
dar und beschreibt den in seiner Regierung 
herrschenden Segen fast mit denselben Worten 
wie hier; vgl. Rassam-Zyl. I, 41 ff.: „Seit Assur, 
Sin usw. mich wohlwollend auf dem Thron des 
Vaters, meines Erzeugers, hatten Platz nehmen 
lassen, liess Adad seine Regengiisse los, öffnete 
Ea seine Quellen. . Während meiner Re- 
gierung triefte die Fülle, wurde Ueberfluss auf- 
gehäuft.“ Es scheint demnach hier eine be- 


1 Dieser Marduk-balätsn-ikbi ist, wie King a: a. O. 
115 f. nachgewiesen hat, nicht ein König, sondern ein 
Privatmann. (Sieh KB. IV, wo alles wesentliche steht. 
r). 


setzen: Adad liess den Regen in übermässiger Weise fallen. | Peise 


128 


wusste Anlehnung an Assurbanipals Inschriften 
vorzuliegen. 

4. Z. 13 ist zwar leider nicht gut erhalten 
und darum nicht sicher zu deuten, aber dennoch 
scheint mir eine Beziehung der Worte, Akkad 
hätte den Willen(?) der Götter überschritten, 
auf den Aufstand Samassumukins, des Bruders 
Assurbanipals, recht erwägenswert. Stimmt 
diese Annahme, so wäre die Stele in die Zeit 
nach 648 v. Chr., die Eroberung Babylons, zu 
setzen. 

5. Schliesslich würde sich die Rasur des 
Namens auf der Stele gerade bei einem baby- 
lonfeindlichen Könige am ehesten erklären. 

Nach diesen Indizien, von denen zwar keines 
allein entscheidend ist, die aber in ihrer Ge- 
samtheit doch überzeugend wirken, werden wir 
die Stele dem Könige Assurbanipal mit grosser 
Wabrscheinlichkeit zuzuweisen haben. 

Zum Schluss noch ein Wort über die Preise 
der wichtigsten Waren, die der König für die 
damalige Zeit angibt. Natürlich will er seine 
Regierung als besonders gesegnete und billige 
Zeit hinstellen, wie ja auch Assurbanipal in 
seiner Prismainschrift I, 46 ff. von der Länge 
der Halme und der Grösse der Aehren spricht 
und (IX, 48ff.) von der Billigkeit der Kamele 
und Sklaven nach seinem arabischen Feldzuge. 
Daher wäre es immerhin möglich, dass seine An- 

ben nicht der Wirklichkeit entsprechen. 

chwenzner, Altbab. Wirtschaftsl. 24; 28 ff. 
hat nachgewiesen, dass die billigen Preise für 
Getreide, Oel und Wolle, die Sin-gaSid und 
Samsi-Adad in ihren Maximaltarifen vor- 
schrieben, in Wirklichkeit nie bezahlt wurden, 
wie andererseits dievon Hammurapi festgesetzten 
Löhne von Arbeitern und Sklaven fast nie er- 
reicht werden. Hier sind allerdings keine 
Maximalpreise vorgeschrieben, sondern nur 
wirkliche Warenpreise notiert. Deshalb liegt 
hier immerhin die Wahrscheinlichkeit einer 
wahrheitgetreuen Berichterstattung vor. Wir 
sind auch in der Lage, die Preise mit Angaben 
aus nicht viel späterer Zeit kontrollieren zu 
können, und müssen sagen, dass sie hier zwar 
recht billig, aber nicht unwahrscheinlich niedrig 
sind. In einem astronomischen Bericht aus dem 
37. Jahre Nebukadnezars d. i. 567/66 v. Chr. 
(s. Neugebauer u. Weidner, E. astronom. 
Beobachtungstext, in den Ber. der Verhandl. 
der sächs. Gesellsch. d. Wissensch. 67,2) wird 
erwähnt, dass im Tebet des Jahres 566 v. Chr. 
192 Ka Getreide (hier 234 Ka), 240 Ka Datteln 
(hier 270 Ka) einen Sekel, im Schebat 180 Ka 
Getreide, 240 Ka Datteln, 24 Ka Sesamöl (hier 
60 Ka) ebenfalis einen Sekel gekostet haben. 
Das ist zwar teuerer, aber nicht abnorm teuerer 
als die hier erwähnten Preise. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 5/6. 


124 


sabatu pan maské, 
Von Bruno Meissner. 


Die Stelle Sanherib Pr. V, 47 ff ist eine 
alte crux interpretum: ellamu a ina (al) Halulẽ 
Sa kišâd (när)Diklat Sitkunu sidirta pan maš- 
ki-ia sabtü = vor mir stellten sie bei der Stadt 
Chalulé am Tigris die Schlachtreihe auf und 
nahmen die Vorderseite meiner.... Delitzsch 
verweist HW. 431 auf die tatsächlich ganz 
ähnlich lautende Stelle Asarhaddon Zerb. Pr. 
I, 19: ellamũ a ina irsiti Hanigalbat gimir kura- 
dégunu sirutt pân girriia sabte = vor mir er- 
griffen im Lande Chanigalbat alle ihre erhabenen 
Truppen die Vorderseite meines Zuges d. h. 
sie verlegten mir den Weg und schliesst aus 
der Vergleichung beider Stellen, dass masku = 
girru sei und also „Weg, Zug“ bedeute. 


Dieselbe Redensart findet sich nun noch 
einmal bei Assurbanipal Pr. B V, 92, das bier 
durch ein von Scheil, Asarhaddon SS. 46—48 
Bere Duplikat (s. Streck, Assurbanipal 

I, 120; III, 833) ergänzt wird: (när)Ulai ana 
dannütisu iskun igbat pan maš-ki-e. Streck 
a. a. O. 833 übersetzt auch hier: Er nahm 
den Ulai zu seinem Stützpunkte (und) stellte 
sich (mir) entgegen. Indes ist aber diese Ueber- 
setzung kaum angängig, weil man dann zu- 
mindest wie bei Sanherib ma3-ki-ia erwarten 
würde; aber beide Prismen haben mas-xi-e. 
Diese Schreibung zeigt, dass wir es hier nicht 
mit einem Wort ma3ku, sondern mit mašků oder 
vielmehr maski = Tränke zu tun haben und 
dass Sanheribs Schreibung mas- xi- ia eine de- 
fektive für maskiia ist. Aber allen Zweifel behebt 
die Stelle Messerschmidt, Assur 20, 23, wo es 
vom Könige Sattuara heisst: néribé u mas- ra- 
ia igbat = die Pässe und meine Tränkplätze 
besetzte er. Im folgenden wird dann erzählt, 
dass die assyrischen Truppen sich trotz des 
Durstes und der Erschöpfung in den Kampf 
stürzten. Zu beachten ist, dass an allen Stellen 
der Feind seine Aufstellung am Flusse hat, und 
er somit die Tränkstellen besetzt hält. Wie 
gefährlich es ist, wenn das Heer seine Soldaten 
und Tiere nicht ordentlich tränken kann, zeigte 
sich bei Assurbanipals arabischem Feldzuge 
(VR. 9, 27 fl.), wo die Araber, als sie ihre 
Quellen von assyrischen Truppen besetzt fanden, 
ihren Kamelen den Bauch aufschlitzten, um 
mit deren Kotwasser ihren Durst zu stillen. 

Die beiden fraglichen Stellen sind daher 
zu übersetzen: 

1. Vor mir stellten sie bei der Stadt Cha- 
lule die Schlachtreihe auf und besetzten meine 
Tränkplätze. 

2. Den Ulai machte er zu seinem Stütz- 
punkt, besetzte die Tränkplätze. 


125 


Ueber die Glossen 3-ir(-ma) und 
mar-ia-nu(-ma) In den Briefen Rib-Addi’s. 
Von Otto Schroeder. 


Der Ausdruck mariannu, dem Hugo Winck- 
ler seinen Aufsatz über „die Arier in den Ur- 


kunden von Boghaz-köi* OLZ 1910, Sp. 289 ff. | 


widmete, bezeichnet nach ihm die Adligen 
arischer Herkunft; er findet sich auch in ägyp- 
tischen Texten als mrjn und ist im Anschluss 
an C. F. Andreas mit dem ind. marya „Held“, 
„Mann“ zusammenzustellen!. Bisher scheint 
das. Wort nur im Pluralis belegbar zu sein: 
amelütu”® mar-ia-an-nu Bogh. I Nr. 1, 32. 36. 
42. 54 bzw. amélilu™ ma-ri-an-nu Bogh. I 
Nr. 2, 13. 18. Für die Bedeutung der als 
mariannu bezeichneten Persönlichkeiten be- 
sonders charakteristisch ist Nr. 1, 42, wo fol- 
gende Rangordnung gegeben wird: 7 Su- ta- tar- ra 
ka-du märi-Su, amélatu™! mar · ia - an - ni - du, 


age - S d. „S. nebst seinem Sohne, seinen 
mariannu s, seinen Brüdern , Danach 


rangieren die m. unmittelbar hinter dem König 
und dem Kronprinzen, und noch vor den Brüdern 
des Königs. Diese Auffassung scheint mir näher 
zu liegen als die, „seinen Brüdern“ als Appo- 
sition zu „seinen mariannu's“ zu fassen. 

In der Amarnatafel VAT 345 (VAS XI 
Nr. 56 = Knudtzon Nr. 108) lesen wir, dass 
die Söhne Abdi-Asirtas 13la-ku sisẽ Harri” 
ù narkabäti” ù '5na-ad-nu amẽlutu ™ EE] AU 
3i-ir-ma ii amêlútu™i wi-i-ma a- na (a- na) 
Su- ri i- na lu-xi .. .. d. h. „. . .. sie haben 
genommen Pferde des Königs und Wagen, und 
sie haben Sir ma- Leute und Offiziere gegeben 
an (an) das Land Suri als „Pfand“ ....“ wi- 
i-ma, der Pluralis zu i- e-u, ist längst als das 
ägyptische Wort für „Offizier“ erkannt; vgl. 
Ebeling, BA VIII 2 S. 78. Ranke, Keil- 
inschriftliches Material S. 19; ägypt. ww s. 
Erman, Glossar S. 28. Dagegen ist ein ägyp- 
tisches Aequivalent für Si-ir-ma meines Wissens 
bisher nicht ausfindig gemacht, und auch die 
Deutung des Wortes ist mehr oder weniger 
geraten. Knudtzon, BA IV S. 287 dachte 
an Wagenlenker, was dem Zusammenhang nach 

nz gut passen würde. Vgl. auch Weber bei 
Kaudtzon VAB II S. 1206, wo noch auf einige 
zerstörte Stellen verwiesen wird. Ausgehen 
muss man bei der Deutung von dem Ideogramm, 
welches durch ši-ir-ma glossiert wird. Es 
scheint sich um eine gunu-Form des Zeichens 
ma zu handeln. Ihr begegnen wir abermals 
in VAT 346 (VAS XI Nr. 55 = Knudtzon 
Nr. 107). Dort heisst es in Knudtzons Be- 
arbeitung: .... ù “sd-na-né 30 ta- al ‘‘sisé 


1 Vgl. auch Weidner, MDOG Nr. 58, S. 55 Anm. ). 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 5/6. 


126 


ka-du narkabäti 4?i-ba-šų comian EET “Snarkabta 
ia-nu-ma ana ia-Si Hu ia-nu sisd ba- na ia-ši 
ana a- la- xi a-na *5 (ana) * nukurts arri 
„So gib mir denn 30 Pferde nebst Wagen! 
42 Sirma-Leute sind vorhanden, Wagen habe 
{aber) nicht, und Pferde habe ich nicht zum 
Ziehen gegen die Feinde des Königs“. 

Inhaltlich wäre gegen diese Deutung zunächst 
nichts einzuwenden; die Beteuerung, dass Pferde 
und Wagen nicht zur Verfügung stehen, sowie 
die Bitte, solche zu schicken, findet sich oft 
genug. Und doch ist Knudtzons Auffassung 
anfechtbar: 1. In Zeile 43 soll narkabtu stehen; 
dazu bemerkt Knudtzon in VAB II S. 476 
Anm.a: „Da steht ein Mar, wovon der untere 
der zwei ersten wagerechten Keile verwischt 
ist. Ein Gis (Is) ist kaum vorhergegangen.“ 
Vor dem m. E. deutlichen Mar ist tatsächlich 
— man vgl. meine Autographie — ein kleiner 
Raum, der für Gig nicht zureicht, wohl aber 
noch für ein schmalstes Zeichen Platz genug 
bietet; jedenfalls stand noch etwas vor Mar. 
Nun wird narkabtu in den Amarnatexten 
ausnahmslos mit dem Ideogramm Gis. Gigir! 
(Brünnow Nr. 10225) geschrieben, für dessen 
graphische Varianten man Nr. 194 meiner 
Zeichenliste in VAS XII vergleiche; Mar (bzw. 
Gig. Mar) fände sich einzig an dieser Stelle. 

2. In Zeile 43 stört das -ma in ta-nu-ma; 
wenn die Worte wirklich heissen sollen „Wagen 
sind nicht in meinem Besitz“, dann hätte Rib- 
Addi vermutlich wie in Z. 44f. die Worte 
gestellt: ianu narkabtu ana iaši; das enklitische 
-ma zerreisst den Satz. | 

Aber ist denn die in VAB II gegebene 
Lesung absolut sicher? Ich glaube, man kann 
die Stelle zwanglos auch anders auffassen, wenn 
man Mar einfach als mar liest und mit den 
drei folgenden Zeichen zum Worte mar-ia-nu- 
ma verbindet; der vorher am Zeilenanfang übrige 
Raum dürfte den schrägen Glossenkeil enthalten 
haben. Also: 42i-ba-3% amélitu? FEY 43 [A] 
mar-sa-nu-ma a-na ta-% Sù ia-nu sise *4 
4b - ia-S i »martannu’s sind vorhanden 
bei mir, aber Pferde habe ich nicht“ 
Vgl. VAT 344, 41 ff, wo Rib-Addi zwar um 
Pferde bittet, aber angibt, dass „in grösser 
Zahl Leute“ bei ihm sind. 

Nun bliebe noch die Frage zu beantworten, 
warum Ma- guns einmal (VAT 346) durch mar- 
ia-nu-ma, ein anderes Mal (VAT 345) durch 
Si- ir- ma erklärt wird; -ma wird vermutlich in 
beiden Fällen als die hervorhebende Partikel 
abzutrennen sein. Ist Knudtzons Feststellung 
richtig, dass VAT 346 vor VAT 345 abgefasst 


ı 8. Delitzsch, Sumerisches Glossar S. 80. s. v. gigir. 


127 


wurde, dann ist der Glossenwechsel begreiflich. 
Wenn auch mariannu in ägyptischen Texten 
belegt ist als mrjn, so war und blieb es doch 
ein Fremdwort; und der Briefschreiber mag, 
als er binnen Kurzem zum zweiten Male die 
mariannu’s erwähnen musste, die dem Pharao 
geläufigere ägyptische Bezeichnung eingesetzt 
haben, um einen etwaigen Irrtum in der Inter- 
pretation des früheren Briefes auszuschliessen. 


Zur „Götterliste für den Schulgebrauch“. 
(MVAG 1916 S. 175 ff.) 
Von Otto Schroeder. 

Am Schlusse meines „eine Götterliste für 
den Schulgebrauch“ betitelten Beitrages zur 
Hommelfestschrift (MVAG 1916) konnte ich noch 
nachträglich hinweisen auf das VAT 10229 oder 


doch einer Tafel der gleichen Serie zugehörende |G 


Stück VAT 10249. Der schlechte Erhaltungs- 
zustand dieses Fragments verbot damals die 
Mitveröffentlichung, für VAT 10249 vgl. man 
daher Nr. 47 meiner „Keilschrifttexte aus Assur 
verschiedenen Inhalts“. In dankenswerter Weise 
wird das Fragment ergänzt durch das ebenda 
Nr. 62 mitgeteilte Bruchstück VAT 11919, das 
zwar nicht der gleichen Serie angehört, wohl 
aber die genau gleiche Anordnung der Götter- 
namen bietet. Wenn somit auch weder die 
Angaben für die Lesung, noch die Buchstabie- 
rungen ergänzt werden, so wird doch die Reibe 
der Götternamen auf VAT 10249 vervollständigt. 
Sie lautet: 

4 Asaru-lü-düg 

4 Amar-ud 

4Sar· pa · ni- lu (Var. tum) 

Na- bi- um 

4.40 

Tad - me- ium 

4. A- ra- az· tum 


à K UD (lies: da- a- an) 
‘MUS (lies: e- ra- ah 

Dann folgt A und nach 
etwa zwei Zeilen der untere Tafelrand. 

Z. 7 A-ra-ah-tum ist bisher nicht bekannt, 
vermutlich handelt es sich um die Gottheit des 
gleichnamigen Kanals. Z. 8 2 Mi-u3-Sar 
(Deimel, Pantheon Babylonicum Nr. 2222), die 
„Friseuse“ der Sarpanitu. Das Zeichen MI, 
welches sonst gi-ig-ga, gi-ik-ki, gig-gi-ga oder 


‘ Sol nieht doppoltes 4.Amar-ud, wie ich MVAG 1916 
8. 181 angab. 


Urientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 5/6. 


128 


ähnlich buchstabiert wird (s. Christian, MVAG 
1913, 1 S. 17, 18, 41 Brünnow Nr. 8911 f.), 
wird hier abweichend durch ig-gi-gu bezeichnet. 
— Z. 10 ¿GAL erhält eine, bisher nicht ander- 
weitig belegte Lesung, die auf / ra- 
an endet; leider ist das voraufgehende Zeichen 
zu beschädigt, um etwas Sicheres ausmachen 
zu können. — Z. 13f. ¿KUD ist da- a- an zu 
lesen. — Z. 15 H Us, buchstabiert mu- zu /, 
hat die Lesung /3e-ra-Jah; vgl. VR 52, 19 
Deimel Nr. 3121. — 


VAT 7478, Kol. ill 30 fl. 
Von Oarl Marstrander. 


Erhalten ist nur: 


Sum. Akk. Heth. 
GU-RI ()- 1. . -a 
U-.. 2... -g]a-a 
GU- J. . -ga-a e-ni- 
GU- . an-ni-id 
GU- Ra- a- dl 
GU- ni · ij -· p 


Vgl. Weidner, Studien zur Heth. Sprachw. 
S. 67 


Da die Themata ka-a- und e-wi- wie Hrozný 

erwiesen hat, beide Hethitische Demonstrativ- 

ronomina bilden, so ist in der Akkadischen 
palte . a, -ga-a in a-ga-a zu ergänzen, 

Das neben e-ni-i stehende Heth. an-ns-is 
kann entweder in schwachbetonter Stellung 
aus e- ni- is entstanden sein (falls dieses rüng- 
liches e hat und nicht zuerst auf Heth. Boden 
aus *ei-no, *ei-ni entwickelt ist), oder aber auf 
einem ablautenden vorheth. *oni- beruhen. 

Ein Sumerisches mit GÓ- anlautendes De- 


monstrativpronomen war bisher nicht belegt. 


Neuarab. igr „Fuss“, 
Von V. Ohristian. 

Der modern arab. Ausdruck für „Fuss“, igr, 
wird gewöhnlich aus der schriftarab. Form rigl 
erklärt (so Bauer, „Das paläst, Arabisch“ 3. Aufl. 
S. 16; s. a. Dillmann, lex. S. 804 unter hec). 
Beachten wir jedoch die bei Bauer a. a. O. S. 58 
aufgeführte Verkleinerungsform greijat „Füss- 
chen“, so wird klar, dass igr ein nach Art vom 
ism, ibn usw. mit Vorschlagsvokalgebildeteszwei- 
radikales Substantivum ist. Es leitet sich her 
von der Wurzel gr „gurgeln ) fliessen, laufen, 
rollen) rund sein“; igr also „der Läufer, Fuss“. 
Eine andere Bedeutungsentwicklung der Wurzel 


gr liegt vor in * „Fremder“, hebr. M, 
nämlich „gurgeln, röcheln ) elend, bedrückt 
sein“. Daher „ „(bedrückt sein)) Schuts 
suchen; (bedrücken )) ungerecht sein“ 3: „in 


129 


Schutz, Klientel nehmen, Nachbar sein, gute 


Nachbarschaft halten“; „> „Gewalttätigkeit, 
Tyrann; (bedrückt, rechtlos )) Fremder“. Hier- 


her wohl auch der Ausdruck G, „(zu 
deinem Schutze )) deinet wegen“. Ferner ass. 
I „bedrücken ) befehden“ (hb. n II), m3 
„befehden“, gar, girû „Bedrücker, Feind, 
Widersacher“; hb. 1) I „(bedrückt, recht 
los sein )) sich als Schützling oder Gast 
niederlassen“, m III „(bedrückt sein )) sich 
fürchten“. Schliesslich gehört zu dieser Be- 


deutung der Wurzel gr wohl auch ix „(die 


Bedrückte )) Sklavin“, und als Weiterbildung 
der Wurzel mit | arab. ya! „Diener, Arbeiter, 
Tagelöhner“, ass. agru, agarru ,Mietsklave“, 


yl „(Diener sein )) um Lohn arbeiten; (zum 


Diener machen )) in Lohn nehmen; vermieten; 


3: mieten, sich (vermieten )) prostituieren“; 
. 


y>! „Lohn, Wiedervergeltung, Geschenk“. 


Zur Aussprache von r. 
Von Feliz Perles. 


Vor kurzem hat M. Giidemann! die her- 
kömmliche Lesung 1111) in Zweifel gezogen und 
dafür 713° als die richtige Form nachzuweisen 
versucht. Als Hauptargument dient ihm die 
Tatsache, dass weder im biblischen noch im 
nachbiblischen Hebräisch der Hiphil von 77 
bzw. Mn gebraucht wird, während der Piel der 
beiden Stämme im Neuhebräischen vorkommt. 
Trotz mancher Bedenken gegen Güdemanns 
Annahme? verdient dieselbe doch ernste Be- 
achtung. Als wichtige Stütze für dieselbe wäre 
die in den Aram. Papyri von Elephantine ge- 
läufige Form 17° anzuführen, die sich dann ohne 
Schwierigkeit als 11° d. i. als regelmässiges 
futarum apocopatum erklären liesse, während 
nicht recht ersichtlich ist, wie aus mm sich 
vy entwickeln konnte. Freilich bliebe dann 
immer noch die Abkürzung dh unerklärt. Da- 
gegen ist die von Theodoret überlieferte Aus- 
sprache Id fe keine Gegeninstanz. Denn z. B. 


auch 5807 (I. Chr. 4, 16) ist in LXX durch 
Tau wiedergegeben. 


* Freie Jüdische Lehrerstimme 1917, Nr.8/4, Sp. 37 ff. 

* Vgl. S. Redisch ebd. Nr. 5/6, Sp. 73 ff. 

” Bo richtig A, während A in B lediglich Haplo- 
graphie ist, da vel vorangeht. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 5/6., 


180 


Ein neun-monatiges Jahr im Keltischen, 
Von Julius Pokorny. 

Die Frage, wieso man dazu kam, eine 
Woche von gerade neun Nächten in der arischen 
Vorzeit anzusetzen, war bisher noch nicht be- 
friedigend gelöst, da eine neuntägige Himmels- 
erscheinung wohl kaum festzustellen wire. 

Georg Hiising hatte zwar vermutet, dass 
die neun-tägige Woche nach dem Muster eines 
neun-monatlichen Jahres gebildet worden sei, 
das wiederum auf die Dauer der Schwanger- 
schaft zurückzuführen wäre, allein so an- 
sprechend jene Vermutung auch war, so stand 
ihr doch die Tatssche entgegen, dass ein Jahr 
von neun Monaten in der arischen Welt an- 
scheinend nicht nachzuweisen war. 

Mit um so grösserer Freude ist es zu be- 
grüssen, dass wir im keltischen Irland, das 
ja bekanntlich die neun-tägige Woche (nömad 
< *nev,m-etä) kennt, ein solches neunmonat- 
liches Jahr tatsächlich nachweisen 
können. Die betreffende, bisher unveröffent- 
lichte Stelle, findet sich im Book of Leinster 
(S. 319 a, b), einer Handschrift des 12. Jahr- 
hunderts (und in Rawlinson B 502, S. 147 a 
39), muss jedoch, nach der Sprache zu ur- 
teilen, ursprünglich im 8. Jahrh. n. Chr. zuerst 
aufgezeichnet worden sein. Sie ist eingefügt 
in eine Genealogie, die die sagenhaften Stamm- 
väter des irischen Volkes der ‘Erainn (< *akroni, 
„die Erhabenen“?) behandelt. 

Gabais Dari mac Dedad rígi con-erbaili dia 
ruc a ingen in mac (i. Noine). Atrubairt in 
drut ris, intan noberad a ingen mac, iss and 
atbelad. Co-rrabs comet aice furri. Aräide 
rostorrchestar Mac ind Oc (scilicet quidam dia- 
bolus) dia luid ind ingen tria mesca assin dún. 
Co-rragbatar na druid [for a broind] co cend 
nói mbliadan . i. nói mis fd nói, co rucad in mac 
i. noidiu nói-brethach . i. née mbretha ruc iarna 
gein fochetóir. Is amlaid rogénair co trilis fot 
da lám fair I co cassulcha. Marb tra Dáre mac 
Dedad intan rucad Noine. 

„Dáre (< *Darios) der Sohn des Deda 
ergriff die Herrschaft bis er starb, als seine 
Tochter den Sohn (nämlich Noine) gebar. Der 
Druide hatte ihm verktindet, er würde sterben, 
sobald seine Tochter einen Sohn zur Welt 
brächte. Deshalb hielt er sie in Gewahrsam. 
Trotzdem aber schwängerte sie Mac ind ‘Oct, 

2 Wörtlich: „Der Sohn der beiden jungen Leute“, 
eine Mythengestalt, deren ogon oner Charakter aus der 
keltischen Ueberlieferung schwer zu ergründen ist. Er 
ist besonders durch seine Zauberkunst, seine Liebesaben- 
teuer und seine wundervolle Musik bekannt. Auch soll 
er durch eine List seinen Vater Dagda, den Allvater 
und „guten Gott“ um sein Reich gebracht haben (vgl. 
Zeus und Kronos?) — eine der zahllosen Verwechslungen 
von Vater und Sohn (Frita und Frätöna). 


131 


als das Mädchen im Rausche aus der Festung 
heraus ging. Die Druiden hielten ihren Leib 
neun Jahre lang, das heisst neun mal 
neun Monate in ihrer Gewalt, bis endlich doch 
ein Sohn geboren wurde, ein Knäblein nói- 
brethach, d. h. neun Sprüche (bretha) fällte er 
sofort nach seiner Geburt. Mit Locken, zwei 
Spannen lang, und gewelltem Barte kam er 
zur Welt. Sobald Noine geboren wurde, starb 
Däre der Sobn des Deda“. 


Textlich auffällig ist die Ausdrucksweise, 
die von der Geburt „des“ Sohnes statt „eines 
Sohnes“ spricht. Der Name des Kindes Nöine 
(< *nevn-jo-s) welcher „der Sohn der Neunten“ 
bedeutet, lässt uns im Zusammenhange damit ver- 
muten, dass vorher neun Töchter zur Welt ge- 
bracht worden seien, und dass das „in Gewalt 
halten“ des Leibes nicht darin bestanden habe, 
dass die Geburt neun Jahre lang im Mutterleibe 
zurückgehalten worden sei, sondern dass neun- 
mal an Stelle „des“ Sohnes eine Tochter ge- 
boren wurde. Wir haben uns, wie aus den 
folgenden orientalischen Parallelen hervorgeht, 
die Sache offenbar so vorzustellen, dass eine 
Tochter die andere zur Welt bringt, bis dann 
die letzte den Sohn gebiert. Die obige Er- 
klärung von néi-brethach ist offenbar eine Glosse 
des Schreibers, der seine Vorlage nicht mehr 
verstand, denn néi-brethach kann auch „der 
neunmal geborene“ heissen, was ganz klar 
ist, wenn man bedenkt, dass er vorher acht- 
mal als Tochter zur Welt gekommen war. 


Die Richtigkeit dieser Interpretation ergibt 
sich ganz deutlich, aus dem iranischen Mythos 
von Jama und Fretöna (Spiegel, Eran Altert. 
637 f., Justi, Iran. Namenb. 390, Sacred Books 
of the East V 132, Hüsing, Beiträge zur Kyros- 
sage S. 23). 


In diesem Mythos wird erzählt, dass der 
gute König Jama von dem bösen Dahäka ge- 
tötet wird. Einerseits wird nun Trötöna als 
Enkel des Jama bezeichnet, andererseits als 
dessen neunter Nachkomme durch seine Tochter 
Frnk; er ist also ebenso wie der irische Nóine 
gleichzeitig Enkel und. neunter Nach- 
komme des Königs. Dahäka träumt dann, 
dass er durch einen jungen Mann gestürzt 
werden wird; vergeblich ist aber sein Versuch, 
den Knaben TFréténa aufzufinden. Er wird 
schliesslich von ibm besiegt und unschädlich 
gemacht. 

Dahäka entspricht nicht nur mythisch genau 
dem Astyages, sondern auch dem Namen nach. 
Im Avestischen heisst Astyages nämlich A33- 
dahäka; die Sache ist natürlich die, dass der 
Mythos infolge des Zusammenwerfens der Namen 
später auf den historischen Mederkönig und 


Orientalistische Literaturzeitang 1918 Nr. 5/6. 


182 


dessen Enkel Kyros übertragen wurde!. In 
der bekannten Version der Kyros-Sage ist also 
Kyros (Tretöna)? der Enkel des Dahäka und 
nicht der des Jama. Dieser Zwiespalt“ findet 
sich auch bei anderen Versionen der Kyros- 
Sage; so handelt es sich in der Sage von Ro- 
mulus ebenfalls um einen guten und bösen 
Herrscher (Numitor und Amulius), während in 
der Lug-Sage (vgl. Lessmann, Die Kyros-Sage) 
der böse Herrscher gleichzeitig der Grossvater 
des Knaben ist. Daraus folgt klar, dass es 
zwei Varianten der Sage gab: Eine, wo es 
zwei Brüder gab, von denen der Gute durch 
den Bösen getötet wurde, und eine andere, 
offenbar die ältere, wo nur ein einziger Herrscher 
vorkam, der, ähnlich wie es in einer Version 
der Jama-Geschichte angedeutet ist, ursprünglich 
gut war und erst später böse wurde; daraus 
hat man dann zwei verschiedene Gestalten ab- 
strahiert. 

Die irische Sage von Däre, die von der 
iranischen Sage gleichzeitig Licht erhält und 
zurückgibt, stellt sich somit als Variante der 
Kyros-, bezw. Lug-Sage* dar und ist besonders 
deshalb wertvoll, weil sie uns aus altirischer 
Zeit die Geschichte von der Jugend des Gottes 
Lug erzählt, die bisher nur aus einem modernen 
irischen Märchen (O’ Donovan, Annals of the 
four Masters I 18f.) bekannt war. Es kann 
kein Zweifel obwalten, dass Nóine nur ein 
anderer Name für den Gott Lug ist, wie Däre 
für den Riesen Balor. 

Die iranische Sage, wo der Enkel des 
Herrschers gleichzeitig durch neun Generationen’ 
von ihm getrennt ist, macht es uns ganz klar, 
wie wir das „in Gewalt halten“ der irischen 
Druiden aufzufassen haben, ebenso die neun 
Mütter des Heimdall, die ihn natürlich nicht 
alle zugleich, sondern gleichsam nur hinter- 
einander, eine durch die andere, geboren haben 
können. Die „neun Mütter“ sind somit als 
übertragener Ausdruck für „neun Ahnen-Mütter“ 
zu verstehen; zugleich aber ist es immer wieder 
unser Held, der neunmal als Tochter und erst 
das zehnte Mal als Sohn wiedergeboren wird. 
Wenn die irischen Druiden den Leib der 
Mutter „neun Jahre, das ist neun mal neun 
Monate“ in ihrer Gewalt halten, so haben wir 
uns vorzustellen, dass diese neun Jahre nicht 
hinter einander abliefen, dass vielmehr bei jedem 


1 Vgl. Hüsing, Beiträge z. Kyrossage S. 12—17, 
OLZ 1913 8p. 97—101. 

Diese Gleichung schon bei Ad. Bauer, Die Kyros- 
sage S. 20f. 

Vgl. aber Hüsing, Beitr. S. 21—23, = OLZ 1903 
Sp. 200 ff. 
Vgl. Lessmann, Kyrossage, 8. 13—18. 
885 = Später 10 (= 9 + 1), vgl. Justi, Iran. Namenbuch 


188 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 5/6. 


134 


Sprössling der Tochter immer nur für das 
Jahr der Schwangerschaft die Druiden 
ihren Zauber ausübten. 

Es kann also gar kein Zweifel obwalten, 
dass das neun-monatige Jahr tatsächlich der 
„alt-arischen Kalenderrechnung“ angehört und 
dann doch wohl der Schwangerschafts-Periode 
entlehnt ist, 


Besprechungen. 


Unger, Eckhard: Die Stele des Bel-Harran-beli- 
ussur ein Denkmal der Zeit Salmanassars IV. 
Publikationen der Kaiserlich Osmanischen Museen III.) 

it drei Tafeln. 168. gr.8°. 7 Piaster. Konstantinopel, 

Druck von Ahmed Ihsan & Co. 1917. Bespr. von Otto 
Schroeder, Berlin-Liohterfelde. 

Die jetzt im Konstantinopler Museum auf- 
bewahrte Alabasterstele des Palastvogts Bêl- 
Harrän-böl-usur (Inv.-Nr. 1326) ist bereits seit 
1894 bekannt. Sie wurde damals in Tell Abta, 
westlich Mosul, entdeckt und alsbald durch 
Scheil publiziert. Die Stele enthält ausser 
einer 30-zeiligen Inschrift das Relief der nach 
links gewendeten Figur des Beamten, der sich 
im Gebet vor den symbolisch angedeuteten 
Göttern befindet. 

Unger kann auf Grund eingehenden Studiums 
eine Reihe wertvoller Beobachtungen vorlegen. 
Neben epigraphischen Bemerkungen weist er 
nach, dass die angebliche Stadt “Kul- ba- ri (so 
KB IV S. 102) auf einer falschen Lesung beruht; 
Scheil ist mit seiner Lesung: ala tna mad- 
ba-ri „eine Stadt in der Steppe“ im Recht‘. 
Ferner wird gezeigt, dass die Stele in Zeile 9 
einer Korrektur unterworfen wurde: ursprüng- 
liches Sul ma- nu- azared ist nachträglich in Tu- 
kulti"-apil-&-3ar-ra umgeändert worden. Bêl- 
Harrän-bel-ugur war also unter beiden Königen 
Salmanassar IV und Tiglatpilesar IV (nicht fin 
Palastvogt, nägir &kallı. Für 741 ist er unter 
diesem Titel als limu bezeugt. Der gleichnamige, 
aber als sakin Gusana bezeichnete limu des 
Jahres 727 kann unmöglich mit ihm gleichgesetzt 
werden. Unser Bél-Harrdn-bél-ugur war offen- 
bar schon in jungen Jahren Palastvogt unter 
Salmanassar IV, gab später sein Amt ab, wurde 
aber unter Tiglatpilesar IV erneut mit diesem 
Amte betraut; aus Dankbarkeit hat er den 
Namen dieses Königs in die Inschrift seiner 
Stele hineinkorrigieren lassen. — Die Stele ist 
somit eine Probe der assyrischen Provinzkunst 
der Zeit Salmanassar IV. 


Die Tafeln bieten eine Abbildung der ganzen 
Stele (nach Phot. Nr. 242), eine sehr dankens- 


1 [Ich babe damals die Lesung Kul für ina mad 
versucht und vorgezogen, weil ich Anstoss an der Form 
madbar nahm; durch die Annahme, dass maddar Lehnwort 
im Assyrischen ist, wird der Austoss behoben. F. E. P.] 


werte Kopie der Inschrift von der Hand Unger s, 
eine Reproduktion der korrigierten Inschriftstelle 
(nach Phot. Nr. 2654). 


Gressmann, Hugo: Das Weihnachtsevangelium 
nach lel Cie und Geschichte untersucht. 
46 S. gr. 8°. M. 1.20. Göttingen, Vandenhoeck u. 
Ruprecht 1914. Bespr. von W. Erbt, Neumünster. 

Gressmann bezeichnet das Weihnachtsevan- 
gelium richtig als Legende. Darin kommt die 
religionsgeschichtliche Schule mit meiner Auf- 
fassung der biblischen Erzählung überein. Aber 
ihr ist das Verständnis für die Bedeutung der 

Legende versagt. Fragt man sie, was Legende 

sei, so erhält man zwar eine poetisch klingende 

Antwort, etwa „Uebermalung des historischen 

Hintergrundes mit den Goldfarben märchenhafter 

Phantasie“. Allein die Frage nach dem Zweck, 

den die Schöpfer der Legende verfolgten, bleibt 

unbeantwortet. Namenlose Kräfte lässt Gress- 
mann walten, „die volkstümliche Tradition“: 

„Auf den Meister, den ‚man‘ ehren wollte, hat 

‚man‘ alle die erhabenen Geschichten und schönen 

Motive gehäuft, die ‚man‘ bereits kannte, natür-. 

lich, wie es sich bei ‚guten Erzählern‘ von selbst 

versteht, nicht in sinnloser Sammlung, sondern 
mit verständnisvoller Auswahl dessen, was für 
ihn bezeichnend ist.“ 


Gegen diese Träume stubengelehrter Phan- 
tasie gilt es nüchtern zu fragen, warum erzählte 
‚man‘ Legenden? Die Jünger, die sich, mit 
Wellhausen zu reden, eines schönen Abends 
auf einsamer Stelle am See im Zusammensein 
mit dem Meister erinnerten, haben sich sicher 
nicht die Legende von der wunderbaren Speisung 
erzählt. Wir haben die Aufgabe des Geschichts- 
forschers vor uns und sollen nicht empfindsame 
Feuilletonisten sein. 


Drei Gründe führten zur Legendenschöpfung: 
Die Not, sich selbst zu erbauen, der Zwang, 
sich zu verteidigen, der Drang, Anhänger zu 
werben. Indem die Jünger auf sich selbst ge- 
stellt waren, mussten sie sich mit allen ihnen 
aufsteigenden Bedenken und Zweifeln abfinden, 
die Sprache schaffen, in der sie zu sich selbst 
und zu den Glaubensgenossen von ihrem Erleben 
reden konnten; sie mussten sich gegen die Ein- 
würfe der Gegner wappnen und die Ausdrucks- 
formen finden, die der eignen Ueberzeugung 
die Umwelt gewinnen konnten. Jesus hat nicht 
„wie ein Magnet Geschichten und Motive an- 
gezogen“, sondern die auf sich gestellten Jünger 
haben aus dem geistigen Bestande heraus, über 
den sie als ehemalige Hörer ihres Meisters und 
als Kinder ihrer Zeit und ihres Landes ver- 
fügten, die Jesuslegende geschaffen: sie haben 
eine absichtsvolle Arbeit geleistet. Man merkt 
es der Legende noch heute an, wie sie zurecht- 


135 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 5/6. 


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gebogen worden ist, sie ist kein Werk aus ist der augenblickliche Fürst Jerusalems — 
einem Guss, wohl aber von eigenartigem Stim-| zur Beleuchtung der Gegenwart (Januar 530). 


mungsgehalt und besonderer Haltung. 


Dazu |Ich setze den Text, der aus sieben Strophen 


kommt noch die Tatsache, dass sich deutlich von je fünf Versen mit 2 + 2 Hebungen be- 
zwei Geistesrichtungen feststellen lassen: steht, her: 


über die von einer bestimmten Auffassung her- 
aus geschaffene Legende, die bereits eine feste, 
nicht mehr zu verrückende Gestalt, gewisser- 
massen kanonisches Ansehn gewonnen hatte, 
sind — dem Geschichtsforscher deutlich erkenn- 
bar — Hände gekommen, die sie in ein anderes 
Licht zusetzen versuchten. Der hellenistische 
Jüngerkreis am Mittelmeer, der sich um 
Petrus scharte, hat seine Vormachtstellung 
an die von Jakobus geleitete „Gottesge- 
meinde“ streng judaistischer Färbung 
verloren. Diesen geschichtlichen Vorgang habe 
ich in meiner Schrift „Jesus“ erwiesen. 

Das Weihnachtsevangelium ist die eine 
grosse Schöpfung der Jakobuspartei neben der 
anderen Legende von der Auferstehung nach 
40 Tagen, durch die die Jesuslegende der Helle- 
nisten umgedeutet werden sollte. Sie hat die 
Geburtslegende des Davidssohnes, die an Beth- 
lehem haftete, ursprünglich die Göttergeschichte 
des Stadtheiligtums aus uralten Tagen, auf die 
der bekannte Michaspruch anspielt, auf Jesus 
bezogen. So wurde er als Davidssohn aus- 
gegeben und ihm damit alles zugeeignet, 
was sich für die jüdische Hoffnung an diese 
Gestalt knüpfte. Dies geschah im Gegenaates 
zu der Legende der Hellenisten, die den Meister 
als Menschensohn gefeiert hatte, als die In- 
karnation des göttlichen Hohenpriesters, 


Es war im siebenten Jahr, im fünften, 

am zehnten des Monats, da erschienen 
bei mir 

einige von den Aeltesten Israels!, Jahwe 
zu befragen, 

und liessen sich vor mir nieder. Er 

sprach zu mir: 

enschensohn, 3 so spricht Jahwe zu 

Jerusalem?: 


201 


162 


Dein Vater war ein Ephratiter®, deine 

Mutter Hittit. 
4 Am Tage deiner Geburt!“ schnitt man 

deine Nabelschnur nicht ab, 

wurdest du weder mit Wasser gewaschen, 
noch mit Salz abgerieben, 

noch in Windeln gewickelt; ö kein Auge 
erbarmte sich dein®, 

Mitleid zu üben®; geworfen wurdest du 
aufs freie Feld’. 


6 Da ging ich vorüber? und sah dich 
zappeln in deinem Blut. 
Ich sprach zu dir®: Lebe 7 und wachse? 
wie das Gewächs des Feldes! Und du 
wuchsest und wardst gross 


1 Der Bearbeiter hat nach seinem auch sonst zu 


der | beobachtenden Verfahren den Anfang des Propheten- 


an dem himmlischen „Modell der Gotteswohnung“ spruches zweimal ale Einleitung längerer Auseinander- 


waltet (Exod. 259), als den Josua ben Joseph 
redivivus, als der schon in nachexilischer Zeit 
der Hohepriester Jesua bei seiner („Esra“) 
Reformation aufgetreten war. Ich verweise vor- 
läufig auf meine Artikel zum Hesekiel- und Daniel- 
buche in dieser Zeitschrift. Wie das Prädikat 
„Menschensohn“ den Juden geläufig war, so war 
es auch der hellenistischen Welt mit ihrer 
Vorstellung von dem Urmenschen unmittelbar 
verständlich. Diese hellenistische Legende 
war unter ausdrücklicher Ablehnung der 
Idee einer Davidssohnschaft geschaffen 
worden (Mark. 1235-17). 

Das Weihnachtsevangelium hat sich, wie 
Gressmann zeigt, mit der Petruslegende von 
dem Messias Jesus ben Joseph und der wegen des 
ältesten Christennamens of yenyogoüvrss (Mark. 
13 35 ff.) = räv Nalmeaioy algsoı; stark betonten 
„Vaterstadt“ Nazareth abfinden müssen. Seinen 
unmittelbaren Vorläufer hat es in der Allegorie 
des Hesekielbuches Kap. 16. Dort verwendet 
der Prophet die Legende des im Lande einge- 
sessenen Zweiges der Davididen — Sesbasar 


setzungen über den Götzendienst benutzt (Kap. 14, 24). 
„Männer“: Leserzusatz. 

Der Bearbeiter hat die Allegorie weiter auf das 
Thema „Götzendienst“ hin ausgesponnen unter dem Ge- 
sichtspunkt: „Halte Jerusalem ihre Greuel vor“. 

8 Ein Glossator hat den Satz zusammengefasst: „Deine 
Herkunft ist aus dem Lande des Kanaaniters“. Infolge 
dessen ist das ursprüngliche Pen in MXN, dem 
yD entsprechend, verwandelt worden. pnr hat 
einen doppelten Klang: Hettiterin und Schrecken Es 
handelt sicb um eine Gestalt wie Rahab, Tehöm. Dieser 
Doppelklang „Ausländerin“ und „Ungeheuer“ ist vom 
Propheten beabsichtigt. 

„Da du geboren wurdest“: erklärende Glosse zu 
„deiner Geburt“, das durch sie zuerst ans dem Text 
verdrängt, dann am Rande nachgetragen und endlich 
mit dem Glossenzeichen | = y in den Text zurückgebracht 
worden ist. 

® „Dir eins von diesen Dingen zu tun“: erklärende 
Glosse. 

° poy: Glosse, die im folgenden mehrfach als tiber- 


flüssige Verdeutlichung erscheint. 

' „So verachtete man dein Leben an dem Tage, da 
du geboren wurdest“: Randnotiz eines Lesers. 

® „In deinem Blute“: Abschreiberversehen, aus dem 
unmittelbar Vorhergehenden wiederholt. Ebeneo ist der 
ganze Satz versehentlich wiederholt worden. 

® Nach LXX. pry ist Motivwort (Tammuz in Beth- 
lehem s. u.). pn) erklärende Glosse zu 13). 


187 


Orientalistische Literaturseitung 1918 Nr. 5/6. 


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und kamst zur Reife!: die Brüste waren 
straff geworden, 

und dein Haar sprosste; und du warst 
nackt?. 


8 Da ging ich® vorüber® und sieh, die 
Zeit der Liebe war für dich da. 
So breitete ich meinen Fittich aus® und 
bedeckte deine Scham 
und schwur dir zu*, und du wardst 
mein. 
9 Ich badete dich mit Wasser? und salbte 
dich mit Oel, 
10 kleidete dich in buntes Gewand und be- 
schuhte dich mit Tachaschleder. 


Ich band dir Byssus um und hüllte dich 
ın Schleier, 
11 schmückte dich® und legte Spangen an 
deine Arme, 
eine Kette um deinen Hals, 12 einen Reif? 
an deine Nase, 
Ringe an deine Ohren und eine Krone® 
auf dein Haupt. 
13 Feinmehl, Honig und Oel genossest du. 


So warst du überaus schön und gelang- 
test zum Königtum®. 
15 Doch da pochtest du auf deine Schöne 10 
16 und nahmst von deinen Gewändern 
und bereitetest dir bunte Höhen '°. 
17 Du nahmst die Gerate ii aus meinem 
Gold und Silber 12 
und machtest dir Mannbilder 1°. 


18 Du nahmst deine bunten Gewänder 
und hülltest sie ein 13. 


1 omy Ww nach J. D. Michaelis. 

„Und Biösse“: Glosse nach dem Folgenden. 

® „Und sah dich“: Glosse nach V. 6. Die Beiwoh- 
nung findet statt wie im Buche Ruth in der “res acta- 
Erzählung“ Wincklers (Forschungen III 8. 77): Du hast 
deinen Fittich über deine Magd ausgebreitet (Ruth 39, 
vergl. auch 213 von Jahwe selbst gesagt). 

„Ich ging einen Bund mit dir ein, Spruch Jahwes“: 
e eines Lesers. 

® „Ich wusch dein Blut von dir ab“: verfehlte 
Deutung eines Lesers, der an Vers 6 denkt. Geschmack- 
los ist die Deutung Bertholets: „Wir haben an das Blut 
der Menstruierenden zu denken“. Die Beiwohnung ist 
ja eben vollzogen worden! 

„Mit Schmuck“: verdeutlichende Glosse. 

„Und ich legte“: wiederholende Glosse. 

* He: ausschmückende Glosse eines Lesers. 
non 13a ist die kurz zusammenfassende Randnotiz eines 

esers. 

° Vers 14 ist der Zusatz des Bearbeiters, der die 
Frau mit den Völkern huren lässt. 

18 Bearbeiterzusatz wie Nr. 4 folgt. 

11 „Deiner Zier“: Glosse wie Nr. 3. 

ı® „Die ich dir 3 erklärende Glosse. 

18 „Mein Oel und meinen Weihrauch legtest du ihnen 


19 Feinmehl, Oel und Honig, damit ich 
‚dich genährt, 
das legtest du ihnen vor als lieblichen 
Geruch ! 
20 und nahmst deine Söhne? 21 und gabst 
sie ihnen — 
33 und gedachtest nicht der Tage deiner 
Jugend. 


Die Legende des Hesekielbuches berichtet 
von der bösen Kindheitder Urmutter, die schliess- 
lich das Gotteskind empfängt. Allein sie selbst 
vergisst ihre schlimme Jugendzeit und gibt ihren 
Buhlen ihre Söhne (Kronos-Rheia-Motiv). Hier 
bricht der Prophet naturgemäss ab; denn er 
hat sein Ziel erreicht, das Jerusalem seiner 
Zeit zu schildern, das auf Grund des Kyros- 
ediktes im Jahre 537 „von Fremden“, von den 
Landesbewohnern gegründet worden war, in 
dem sich die im Jahre 534 zurückgekehrten 
Exulanten, „das Gotteskind“, niedergelassen 
hatten, umin ihren Hoffnungen bitter enttäuscht 
zu werden: Gola und ‘am ha’areg konnten sich 
nicht vertragen. 

Eine andere Gestalt der Legende ist uns 
aus der Urgestalt der Apokalypse vertraut, 
der Schrift, die die J akobuspartel aus ihrer 


johanneischen Vergangenheit als Täufersekte 


in das Christentum mitgebracht hat. Hier 
wird das von der Jungfrau geborene Gotteskind 
von dem Drachen bedroht, aber gerettet und 
an sicherem Orte gepflegt, bis es herangewachsen 
ist und als Gottesstreiter erscheint (Jesus 8. 150ff.). 

Die Davidlegende liegt uns, wie Winckler 
gezeigt hat, in der Gestalt der Heroensage im 
Buche Ruth vor. 

So wird es klar, dass auch der bethlehemi- 
tische Kindermord und die Verfolgung des Jesus- 
kindes zum Weihnachtsevangelium gehört. Seine 
Fortsetzung bei Lukas ist in der Absicht ge- 
geben, nachzuweisen, dass das Gesetz Moses 


vor“: vervollständigende Glosse zum folgenden. Ebenso 
das folgende: „Mein Brot, das ich dir gegeben hatte“. 
Dieser Glossator vermisste die Anspielung auf Bethlehem. 

1 „So war's, Spruch Jabhwes“: entrüstete Randbe- 
merkung eines Lesers. 

® „Und deine Töchter, die du mir geboren“: er- 
gänzende Glosse. „Du hast sie für sie zum Frasse ge- 
schlachtet“: erklärende Glosse. „War's zu wenig mit 
deiner Hurerei !“: entrüstete Randbemerkung eines Lesers. 
Vers 21: „Du schlachtetest deine Söhne, indem du sie. 
verbranntest* — Glosse eines Lesers, der an das Moloch- 
opfer denkt, der aber noch nicht die die Töchter ein- 
führende Glosse vorfand. 

8 In Vers 24 greift der Bearbeiter ein, dem auch 
die folgende Ausführung gehört. Ein Glossator hat den 
wuchtigen Schluss durch die Wiederholung abgeschwächt: 
„da du nackt und bloss warst und zappelnd in deinem 
Blute warst“. Er fand bereits die erklärende Glosse 
vor: „Du hast sie geschlachtet“ und wollte den Gegen- 
satz schärfer betonen. 


189 


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140 


schon in der ersten Kindheit des Helden genau 
beachtet worden ist: ,unter das Gesetz getan“ 
als Polemik gegen die Hellenisten, die behaupten, 
er werde „die mosaischen Sitten ändern“. Hier 
fiel vorläufig die Legende von der Verfolgung 
des Jesuskindes hin, die die unumgänglich not- 
wendige Voraussetzung der Hirtenlegende bildet. 
So klafft zwischen der Geschichte von der Ver- 
kündigung und von der Geburt eine unausge- 
füllte Lücke. Einen ersten Versuch, sie aus- 
zufüllen, bietet das Lukasevangelium mit seiner 
Erzählung von der Reise nach Bethlehem, sich 
eintragen zu lassen. Einen zweiten, gelunge- 
neren Versuch finden wir im Matthäusevange- 
lium. Dort hat man den die Braut schmückenden 
und krönenden Wanderer durch die Weisen aus 
dem Morgenland ersetzt. Die Schwierigkeiten 
entstanden aber, weil Joseph und Nazareth ge- 
gebene Grössen waren, mit denen zu rechnen 
war. Hier zeigt es sich klar, wie sich das 
Verfahren Gressmanns rächt, „die Sagenkränze 
in die ursprünglichen Einzelsagen zu zerlegen“. 
Das ist dieErbsünde der religionsgeschichtlichen 
Schule, hat die Teile in ihrer Hand, fehlt leider 
nur das geistige Band. 

Ich setze die Motivreihe der Bethlehem- 
Ephrata-Geschichte her und kürze dabei ab: 
H Hesekiel, B Ruth, W Weihnachtsevangelium, 
A Apokalypse: 

1. Die herzlosen Ureltern H, — R, — W 

2. Das ausgesetzte Mädchen H, die kinder- 
lose Witwe, die Ausländerin 210 B, — W, — A. 

3. Rettung durch den Wanderer H, der 
freundliche Landmann R, der Besuch des Engels 


~~ 


4. Schwängerung durch den Wanderer H, 
durch den Trunkenen R, durch die Kraft des 
Höchsten W, die Schwangere A — — „Flügel- 
ausbreiten“ H, R, „Beschatten“ W. 

5. Die Schmückung, Krönung und Speisung 
der Braut H, die Beschenkung mit Gerste und 
Heirat R, Ksyagırousvn bei Lukas, die Be- 
schenkung mit Gold, Weihrauch (vgl. den Glos- 
sator bei H) und Myrrhen bei Matthäus W, 
angetan mit der Sonne und auf dem Haupte ein 
Kranz von zwölf Sternen A. 


6. — H, die Geburt des Sohnes R, die Ge- 
burt Jesu W, die Geburt des Knaben A. 

7. Die Mannbilder H, der Löser, der sofort 
ausgeschaltete Nebenbuhler R, der böse König 
W, der Drachen A. 

8. Die Hingabe der Söhne H, — R, der 
Kindermord W, die Vernichtung des Drittels 
der Himmelssterne A. 


9. — H, — R, die Flucht des Jesuskindes 
W, die Entrückung des Knaben zu Gott A. 


10. — H, — B, das Kind in Windeln in 
der Krippe W, der Knabe bei Gottes Thron A. 

11. — H, — R, — W, der Drache bedroht 
den Himmel A. 

12. — H, — R, — W, der vergebliche 
Kampf Michaels und der Engel gegen den 
Drachen A. 

13. — H, — R, — W, der Knabe fliegt 
auf den Flügeln des grossen Adlers in die 
Wüste an seinen Ort A. 

14. — H, — R, die Botschaft des Engels 
an die Hirten W, — A. 

15. — H, — R, die Hirten finden danach 
das Kind W, — A. 

16. — H, die Wartung des Kindes durch 
Naemi R, — W, der Knabe wird gewartet 
3 4 Zeiten A. | 

17. — H, — R, — W, der Knabe wird 
von der Erde behütet, als der Drache Wasser 
aus seinem Munde wie einen Fluss wirft A. 

18. — H, die Namensgebung des Kindes 
durch die Nachbarinnen (man erwartet pox der 
Pflegling) R, die Namensgebung (man erwartet 
sie von Symeon und Hanna) Jesu W, der Reiter 
auf weissem Ross heisst Treu (mx) A. 

Von den 18 Motiven stellen 11, 12, 13, 
17 nur Variationen von 7, 9, 10, der Anfein- 
dung des Kindes durch den Drachen dar. Von 
den übrigbleibenden 14 Motiven hat H 7, B 8, 
W 11, A8. Der Motivverlust erklärt sich bei 
Hesekiel durch die Verwendung des Stoffes zu 
einer bestimmte Verhältnisse berücksichtigenden 
Allegorie. R hat Nr. 1 durch eine besondere 
Vorgeschichte ersetzt und den Konkurrenten 
des Gatten nur nebenbei abgetan. Daher feblt 
die Motivreihe 8-15. Dafür aber ist Nr. 16 
schlecht begründet. In W fehlt Nr. 1 und 2, 
wie es sich von selbst versteht; ein Marien- 
leben lag noch unter dem Gesichtskreise der 
Zeit. Nr. 5 und 6 sind schlecht begründet, 
da mit Joseph und Nazareth zu rechnen war, 
wie schon gezeigt wurde. Aus demselben Grunde 
wollte auch die Begründung von Nr. 10 nicht 
gelingen, Nr. 16 musste übersprungen werden 
und Nr. 18 ist ohne Zusammenhang. Bei A 
fehlt die ganze Urgeschichte (1—3); A fasst 
sich in der Schilderung der Wartung desKnaben 
kurz, sein ganzes Interesse gehört dem Drachen, 
bringt er doch den Stoff unter der Ueberschrift 
Wehe“. 

'Nach den nachgewiesenen 14 Motiven kann 
man sich die uralte Göttergeschichte von Beth- 
lehem rekonstruieren, die die nachexilischen 
Davididen, die sogenannten Tobiaden, sich an- 
geeignet haben, aus der schliesslich unser Weih- 
nachtsevangelium geflossen ist. Bemerkenswert 
ist die Unterbrechung der Ueberlieferung durch 
das Auftreten der Makkabäer, die dem Stoffe 


141 


die Ehrwürdigkeit uralter Vergangenheit zu- 
rückgeben musste und ihn den Parteikämpfen 
entzog. So haben wir es nicht nötig, mit Gress- 
mann nach einem „ägyptischen Urbilde* zu 
suchen, das nach Judäa etappenweise gewandert 
sein soll, um zuletzt von den Christen über- 
nommen zu werden. Bis aufwärts in dieAmarna- 
zeit lässt sich die Spur des Stoffes verfolgen 
(Bit-Ninib = Bethlehem, „Haus der Göttin La- 
hama“, O. Schroeder OLZ 15 Sp. 294 f.) und 
bis hinunter zu Hieronymus, der vom Tammuz- 
dienste in der heiligen Höhle der Stadt! zu 
erzählen weiss. Wenn sich Parallelen rings in 
der Alten Welt aufzeigen lassen, so stösst man 
eben auch hier wieder auf den grossen geistigen 
Zusammenhang, der für sie bezeichnend ist, so 
sehr ihn auch Gressmann zusammen mit der 
Er a Schule zu leugnen ver- 
sucht. 

Zuletzt sei die Tatsache hervorgehoben, dass 
` unser Stoff offen in der Apokalypse den astralen 
Hintergrund durchscheinen lässt. Aus den 
Motiven 5,7,8, 10folgeninteressante Gleichungen. 
Auch diese Feststellung wird der religionsge- 
schichtlichen Schule unbehaglich sein. 


Dürr, Lorenz: Ezechiels Vision von der Er- 
scheinung Gottes (Ez. c. 1 u. 10) im Lichte der 
vorderasiatischen Altertumskunde. Mit 12 Abbildungen. 
XII, 76 S. gr. 8°. M. 3.60. Münster i. W., Aschen- 
dorff 1917. Bespr. von S. Landersdorfer, O. S. B., 
Scheyern bei München. 

Eine sehr tüchtige Erstlingsarbeit, welche 
gleichzeitig als Programm des K. Neuen Gym- 
nasiums in Würzburg erschienen ist. Es besteht 
gar kein Zweifel, dass die rätselhafte Berufungs- 
vision des Propheten Ezechiel nur im Lichte 
der altorientalischen Altertumskunde allmählich 
in allen Einzelheiten verstanden werden kann. 
Was die Orientforschung für diesen Zweck 
bisher an Material bereitgestellt hat, bat der 
Verfasser mit anerkennenswerter Vollständigkeit 
zusammengetragen und verarbeitet, so dass das 
Verständnis des eigenartigen Abschnittes nicht 
unerheblich gefördert wird, wenn auch so manche 
Schwierigkeit nach wie vor bestehen bleibt. 
Alle Einzelheiten der Vision aufzuhellen wird 
vielleicht niemals gelingen. 

Es sei mir gestattet, ein paar Bemerkungen 
und Nachträge anzufügen. Unter der im übrigen 
sehr reichlich herangezogenen Literatur vermisse 
ich die mir zufallig vorliegende Arbeit von L. 
Venetianer, Ezechiels Vision und das salo- 
monische Wasserbecken, Budapest 1906, welche 


1 Der in A erwähnte „Ort des Knaben in der Wüste“ 
war in Bethlehem in der dortigen Höhle lokalisiert. 
Den 34 Zeiten entsprechen 49 Jahre. So alt ist nach 
der johanneischen Legende der Ohristus bei seinem Auf- 
treten (Joh. 857, Jesus 8. 152). 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 5/6. 


142 


nicht nur auf Grund kritischer Behandlung 
des Textes zu einer gänzlich verschiedenen 
Auffassung der Vision überhaupt kommt, die 
eine Würdigung wobl verdient hätte, sondern 
auch bemerkenswerteEinzelheiten zurErklärung 
selbst beiträgt. — Als Erläuterung zu Jahves 
Erscheinung im Sturm führt Dürr S. 11 auch 
den berühmten Traum Gudeas an (Cyl. A col. 
IV Z. 14 f£), wo der Sturm zu den Füssen des 
Gottes Ningirsu liegt. Die Parallele ist in der 
Tat überraschend, so dass H. Radau, der in 
seinem Buche: The Creation Story of Genesis 
I a Sumerian Theogony and Cosmogony, Chi- 
cago 1902, S. 42 eine sehr dankenswerte Er- 
klärung der genannten Vision gibt, den Gott 
Ningirsu geradezu mit dem mn? qc indenti- 
fiziert. — Was die S. 21 ff behandelten Kerub- 
gestalten anlangt, welche den Thron Gottes 
tragen, so möchte ich unter voller Anerkennung 
der Berechtigung sie aus der orientalischen 
Anschauung herauszuerklären, dochderMeinung 
Ausdruck verleihen, dass in letzter Linie der 
zugrunde liegende Gedanke der ist, dass die 
viergestaltigen Wesen als Vertreter der ge- 
samten lebenden Schöpfung den Thron Gottes 
zu tragen haben. Gerade der Hinweis auf den 
Thron Sanheribs in Lakis sowie die Darstellung 
auf den Grabreliefs der persischen Könige, wo 
der Thron des Herrschers von den Untertanen 
getragen wird, scheint mir diese Auffassun 

nahe zu legen. — Zu dem, was der Verf. 
S. 44 ff. über das Motiv des Adlers beibringt, 
möchte ich noch ergänzend hinweisen auf das, 
was ich über die göttliche Verehrung dieses 
Vogels in meiner Schrift: Die Götterliste des 
Mar Jacob von Sarug in seiner Homilie über 
den Fall der Götzenbilder, Programm des K. 
Gymnasiums Ettal 1914 S. 71 ff. zusammen- 
gestellt habe. — Zu dem S. 59 behandelten 
Symbol des allsehenden und allwissenden Gottes, 
darin bestehend, dass der Kerubwagen und nach 
10, 2 die Wesen selbst mit vielen Augen aus- 
gestattet sind, wire als Parallele noch zu er- 
wihnen eine Stelle aus einem altsumerischen 
Hymnus auf den Gott Adad (CT XV Z. 17 ff.), 
in welchem der Gott wiederholt als „Meister 
mit ringsblickendem Auge“ bezeichnet wird. 
Vgl. dazu Zimmern, Bab. Hymnen und Gebete, 
zweite Auswahl, Leipzig 1911, S. 7 (AO 14, 1). 
— Endlich sei es mir gestattet, hier im Anschluss 
an S. 54 noch einmal auf die bereits in meiner 
oben erwähnten Schrift über die Götterliste des 
Mar Jacob von Sarug S. 95 aufgeworfene Frage 
zurückzukommen, ob sich der Vorwurf, den 
Mar Jacob in V. 90 der genannten Homilie gegen 
das auserwählte Volk erhebt, dass es sich sogar 
ein Götzenbild mit vier Gesichtern gemacht, 
etwa auf eine abgöttische Verehrung der von 


148 


Ezechiel beschriebenen Kerubgestalten bezieht. 
Es fehlt uns freilich jegliche Unterlage für 
diese Annahme, denn die Bibel berichtet über 
ein Götzenbild mit vier Gesichtern, das von 
den Juden angebetet worden wäre, überhaupt 
kein Wort. Dass ausländische Gottheiten, die 
vierköpfig dargestellt wurden, etwa der Janus 
. oder der Eeuñc ergaxspalog oder 
er Bock von Mendes mit seinen vier Köpfen 
auf einem Halse (vgl. Burchardt, Zeitschr. f. 
Ag. 47 S. 114) in Palästina Eingang gefunden 
hätten, dafür fehlen alle Anhaltspunkte. Freilich 
bietet das uns bis jetzt vorliegende Material 
auch nicht den geringsten Hinweis darauf, dass 
bereits die Juden ähnlich wie später die christ- 
liche Kunst (vgl. W. Neuss, Das Buch Ezechiel 
in Theologie und Kunst, Münster 1912) versucht 
hätten, die merkwürdigen Gestalten in der Be- 
rufungsvision des Propheten in effigie dar- 
zustellen, noch weniger, dass man ihnen ab- 
5 Verehrung dargebracht hätte. Denn 
er Tempel des Ezechiel, zu dessen Innen- 
ausstattung auch Kerube mit zwei (Menschen- 
und Löwen-)Gesichtern gehören (Ez. 41, 10) 
existierte in Wirklichkeit nicht. Aber ganz 
aus der Luft gegriffen kann Mar Jacob seine 
Beschuldigung auch nicht haben 1. 
Vorstehende Bemerkungen haben selbst- 
verständlich nicht den Zweck der tüchtigen 
Arbeit, deren Vorzüge ich riickhaltslos an- 
erkenne, irgendwie Eintrag zu tun. Sie sollen 
vielmehr einen Beweis bilden für die Wert- 
schätzung, die Ref. derselben entgegenbringt. 
Hoffentlich ist es dem Verfasser gegönnt, dieser 
seiner Erstlingsarbeit noch recht viele andere 
gleich tüchtige Leistungen auf dem an schwie- 
rigen Problemen so reichen Grenzgebiet zwischen 
der Bibel und der Geschichte des alten Orient 
folgen zu lassen. 


Mossel, N.: Die Einheitlichkeit der Jüdischen 
Eschatologie. (Zeitschrift f. d. Alttest. Wissenschaft, 
Beiheft 30). IV, 188 8. gr. 8°. M. 6.50. Giessen, 
A. Töpelmann, 1915. Bespr. von B. Violet, Berlin. 

Die Absicht dieses wertvollen Buches ist 
es, nachzuweisen, dass in der jüdischen Apo- 
kalyptik nicht, wie besonders Bousset meint, 
eine doppelte Eschatologie zu finden sei, nämlich 
eine nationale und irdische und andererseits 
eine übernationale und überirdische, welche 
letztere auch überall in ihrer vollen Entwickelung 
gehemmt und mit Ausnahme von Ansätzen nie 
rein und frei entwickelt worden sei. Dem 
frommen Juden habe die Hoffnung suf eine 


Unterdessen ist es dem Ref. gelungen, hinter das 
Geheimnis dieser merkwürdigen Göttergestalt zu kommen 
und die Zusammenhänge mit den Keruben des Ezechiel 
aufzudecken, worüber er demnächst in einer eigenen 
Schrift berichten wird. [Korrekturzusatz.] | 


Orlentalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 5/6. 


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politische Wiederherstellung des jüdischen 
Staates nicht genügt, sondern er habe das Heil 
in etwas Höherem, in einem jenseitigen Dasein 
gesucht. 

Messel ist im Gegenteil der Meinung, dies 
sei nicht festzustellen, weil „das Verlangen der 
einzelnen nach eigenem persönlichen Glück, 
nach Entschädigung für die Mühsale dieses 
Lebens, in der Teilnahme am allgemeinen Volks- 
glück der Messiaszeit ihre Befriedigung fand, 
zu welchem Glück die Auferstehung den schon 
gestorbenen Frommen den Zugang eröffnete“. 
Das Missverständnis sei durch die christliche 
Eschatologie entstanden. Aber auch diese, durch 


jüdische Steine auferbaut, habe zunächst auf 


der Erde, und zwar auf der palästinischen, ge- 
standen. Nach einiger Zeit erst sei es anders 
geworden, und dann sei der Bau in die Trans- 
zendenz, in den Himmel emporgehoben worden. 
Dem frühen Christentum, nıcht dem Judentum, 
habe diese bedeutungsvolle Tat angehört, den 
Antrieb dazu habe der Hellenismus gegeben. 

Diese Frage ist der Faden, der sich durch 
das Buch zieht, es aber nicht in dem Masse 
bindet, dass das Interesse des Verfassers oder 
des Lesers dadurch von den Einzelheiten der 
Untersuchung ganz abgezogen wurde. Die Dar- 
stellung gliedert sich in die Abschuitte: „Der 
Heilsanbruch als Wunder, Naturkatastrophen 
in der Eschatologie, der Weltbrand, der neue 
Himmel und die neue Erde, Erneuerung der 
Schöpfung oder des Aeons, Verwandlung der 
Welt, „das Vergängliche“ in Apk. Bar., die 
Bedeutung von «is» (09W), dieser Olam und 


der zukünftige Olam, das „Ende der Welt“ und 
ähnliche Ausdrücke, der Himmel als Schauplatz 
des messianischen Heils, das Paradies als Schau- 
platz des messianischen Heils, das himmlische 
Jerusalem, der Chiliasmus, „das Leben“ als 
ein Gut der Heilszeit, das ewige Leben, die 
Vernichtung des Todes, die Engelsgleichheit, 
die Verwandlung der Gerechten, die Dämonen 
und der Satan als Feinde Gottes, das eschato- 
logische Gericht“. 


Die Einzeluntersuchung ist, soweit die 
sprachlichen Kenntnisse den Verfasser dazu 
befähigen (es fehlt ihm das Arabische, wohl 
auch das Aethiopische) sehr genau, wie mir 
z. B. der Abschnitt 16, „Leben als ein Gut 
der Heilszeit“, bewiesen hat. Aber gerade dort 
ergibt sich für mich aus der Prüfung der be- 
handelten Wörter Leben, Rettung usw., dass 
es sehr schwer ist, aus diesen schwebenden 
Begriffen ein ganz sicheres Urteil zu gewinnen, 
ob der Hauptgedanke Messels überall zutrifft. 
Doch bin ich zurzeit nicht in der Lage, darüber 
ein abschliessendes Urteil zu fällen, und be- 


145 


Orientalistische Literaturseitung 1918 Nr. 5/6. 


146 


halte es mir vor, bis ich meine Ausgaben der 
Apokalypsen des Esra und des Baruch ganz 
vollendet habe und auch meine Untersuchung 
über die Verwandtschaft dieser beiden Schriften 
herausgeben kann. Der Krieg, dem ein Neu- 
traler glücklich entnommen ist, hatuns Deutschen 
zu viele neue Aufgaben den alten hinzugefügt! 
Jedenfalls ist Messels Untersuchung sehr nützlich 
und wird bei späteren Forschungen genau zu 
beachten sein. Herrn Professor D. Marti 
gebührt der Dank für einen lesbaren deutschen 
Stil des Buches. 

Dass Messel meine neue Einteilung der 
Esra-Apokalypse verwirft, tut mir leid. Schon 
Volkmar, Wellhausen und Gunkel haben die 
unbedingte Notwendigkeit derselben eingesehen, 
ich habe sie nur ausgeführt und werde mich 
durch Widerspruch kaum abhalten lassen, auch 
der Baruch-Apokalypse zu einer übersichtlichen 
Form zu verhelfen. 


Baumgartner, Walter: Die Klagegedichte des 
Jeremia. (Beihefte zur Zeitschrift für die alttesta- 
mentl. Wissenschaft 32.) VIII, 92 8. 8. M. 5 —. 
Verlag von Alfred Töpelmann (vormals J. Ricker), 
Giessen 1917. — Bespr. v. Max Löhr, Königsberg i.Pr. 
Baumgartner behandelt die sog. Klage- 
gedichte des Jeremias, c. 11, 18—20. 21—23. 
15, 15—21. 17, 12—18. 18, 18—23. 20, 10—13 
und anhangsweise einige damit verwandte Lieder 
c. 12, 1—6. 15, 10—12. 20, 7—9. 20, 14—18 
und sucht nachzuweisen, erstens die Echtheit 
der Klagegedichte des Propheten, sowie deren 
Abhängigkeit von der Gattung der individuellen 
Klagelieder, wie sie im Psalter in ziemlich be- 
trächtlicher Zahl vorliegen. Im grossen und 
ee wird man den Ausfiihrungen des Ver- 
assers beistimmen kénnen, zumal bei dieser 
Behandlungsweise das ganze Problem unter 
einen neuen, beachtenswerten Gesichtspunkt 
lit ist; im einzelnen bleibt manches, auch 

in prinzipieller Hinsicht, bedenklich. 


Mitteilungen des Seminars fir Orientalische 
Sprachen an der Königlichen Friedrich-Wilhelms- 
Universität zu Berlin. Hrsg. von Geh. Ober-Reg.-Rat 
Prof. Dr. Eduard Sachau. 19. Jahrg. 2. Abt.: West- 
asiatische Studien. Red. v. Proff. Drs. M. Hartmann, 
G. Kampffmeyer u. F. Giese. V, IV, 179 8. Lex. 8°. 
M.6—. Berlin, G. Reimer, 1916. Bespr. v. R. Hart- 
mann, Kiel. 

Der Band enthält ausser der Seminarchronik 
für 1915/16 drei Arbeiten. 


Die erste ist eine Abhandlung von J. Sperber: 
Die Schreiben Muhammads an die Stämme Ara- 
biens (S. 1—93). Der Verfasser sucht die bei 
den arabischen Autoren, besonders bei Ibn 
Sa‘d überlieferten Briefe und Patente, die den 
Stämmen der Halbinsel gelten, für das Ver- 
ständnis des Lebenswerkes Muhammeds nutzbar 


zu machen. Da die Schreiben, wie Sperber — 
grossenteils im Anschluss an Wellhausen und 
Caetani — zweifellos mit Recht urteilt, über- 
wiegend keine Fälschungen sein können, sind 
sie Geschichtsquellen ersten Rangs. Wenn sie 
auch naturgemäss kein so geschlossenes. Bild 
wie die alten biographischen Darstellungen geben, 
verdienen sie, da diese doch überwiegend 
von der Tendenz der Verherrlichung Muham- 
meds beherrscht sind, oft vor ihnen den Vorzug. 
So weiss die biographische Ueberlieferung z. B. 
zu erzählen, dass der Herrscher von Aila zu 
Muhammed nach Tabük gekommen sei, um sich 
ihm dort zu unterwerfen. Es sind uns nun zwei 
Schreiben an diesen Herrscher, den Juhanna b. 
Ru’ba, erhalten. Das eine stellt sich deutlich 
als eine Aufforderung zur Annahme des Islam 
bzw. zur Uebernahme der Gizja-Zahlung dar, 
das andere setzt die Unterwerfung offenbar 
voraus und ist ein Sicherheitsbrief, der den 
Bewohnern von Aila für den Fall guten Ver- 
haltens ausgestellt wird. Rechtglücklicherkennt 
Sperber, dass beide Schreiben trotz gewisser 
Aehnlichkeiten nicht verschiedene Ueberliefe- 
rungen eines und desselben Dokumentes sein 
können, sondern dass sie beide echt sind. Er 
nimmt an, dass Juhanna, nachdem er das erst- 
genannte erhalten, zu Muhammed gekommen 
sei, der ihm dann das zweite ausgestellt habe. 
Ich möchte fragen, ob nicht vielmehr die 
Schreiben den Huldigungsbesuch in das Gebiet 
der Legende verweisen. Das zweite Schreiben 
trägt nämlich — wenn auch nicht in allen 
Ueberlieferungen — eine Schlussbemerkung, die 
besagt, dass zwei Bevollmichtigte Muhammeds 
diesen Sicherheitsbrief ausgestellt haben. Wahr- 
scheinlicher als dass diese Bemerkung ein 
späterer Zusatz ist, scheint mir, dass sie von 
anderen weggelassen ist, vielleicht gerade mit 
Rücksicht auf die Erzählung von Juhannas per- 
sönlicher Huldigung, obwohl sich auch andere 
Gründe denken liessen. Ist das aber so, dann 
ist dessen Reise nach Tabük nicht historisch. 
Und dafür scheinen mir auch innere Gründe 
zu sprechen, wie sich andererseits ganz leicht 
begreift, dass diese Geschichte in maiorem 
prophetae gloriam entstanden ist. 

Die von grosser Sorgfalt und historischer 
Gewissenhaftigkeit zeugende Arbeit Sperbers 
ist wirklich ein dankenswerter Beitrag zur 
Klärung unserer Kenntnis der Ausbreitung von 
Muhammeds Macht. Eine Reihe von Einzel- 
bemerkungen hat Referent in der Sonder- 
besprechung in „Der Islam“, VIII 149 ff. gegeben. 
Auf sie sowie vor allem auf die dort bereits 
erwähnten Nachträge von Th. Nöldeke in Lit. 
Zbl. 1916, Sp. 706 ff. möge hier verwiesen 
werden. 


14? 


Orientalistische Literaturseitung 1918 Nr. 6/6. 


148 


Die zweite Arbeit „Geschichte der Könige 
von Kaffa“ von Fr. J. Biber (S. 94—123) teilt 
die einheimische Ueberlieferung von der Ge- 
schichte des südäthiopischen Reiches Kaffa im 
Kaffitscho-Text und Uebersetzung mit und sucht 
an deren Hand einen Ueberblick über die Ge- 
schichte des Reiches zu geben. Bemerkenswert 
sind gelegentliche Synchronismen mit der be- 
kannten Geschichte, wie die dunkle Kunde von 
den Kämpfen des Ahmed Grafi, dessen Macht 
die Abessinier schliesslich mit portugiesischer 
Hilfe brachen. 

Auf weitaus das regste Interesse kann — 
zumal gegenwärtig — die dritte Arbeit rechnen, 
Martin Hartmanns Beiträge „Aus der neueren 
osmanischen Dichtung“ (S. 124—179). Es ist 
in den letzten Jahren manches Dankenswerte 
über die moderne türkischeLiteratur geschrieben 
worden. Dabei sind meist, wie z. B. in dem 
hübschen Werkchen von Hachtmann, Die tür- 
kische Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts 
(Leipzig 1916), mit Recht besonders die Er- 
scheinungen hervorgehoben, die auch nach 
unserm Urteil wirklichen Wert haben. Auf diese 
Weise wird aber ein etwas einseitiges Bild der 
türkischen Moderne gewonnen. Denn die Os- 
manen selbst legen z. T. einen anderen Mass- 
stab an. Martin Hartmann, der uns schon in 
seinen „Unpolitischen Briefen“ (Leipzig 1910) 
zwar teilweise subjektive, aber gerade darum 
lebendige und in ihrer Art höchst wert- 
volle Einblicke in die literarischen Strömungen 
der jungen Türkei geschenkt hatte, veröffent- 
licht hier lose Mitteilungen, ganz überwiegend | 
aus osmanischen Quellen, die eine sehr wichtige 
Ergänzung zu Hachtmann darstellen. Er führt 
uns eine Reihe von dichterischen Persönlich- 
keiten vor, die von Hachtmann 2. T. gar nicht 
behandelt werden, deren Name aber, mögen sie 
auch nicht der neuesten Richtung angehören, 
in der heutigen Türkei einen guten Klang hat. 
Mit Recht will der Verfasser nicht wiederholen, 
was auch bei uns einigermassen bekannt ist: 
so fehlen, wie er eingangs bemerkt, Mehmed 
Emin und Riza Tewfik, ebenso auch z. B. Meh- 
med Akyf, Ahmed Hikmet und Chalide Edib, 
während Zija Gök Alp späterer Bebandlung vor- 
behalten bleibt. Besonders nützlich ist es, dass 
der Verfasser hier wie sonst Wert darauf legt, 
ein Bild von den teilweise in scharfem Gegen- 
satz zueinander stehenden literarischen Strö- 
mungen zu vermitteln. Hachtmann konnte 
darauf verzichten, da er das betonen wollte, 
was dem neutralen Beobachter wertvollerscheint. 
Nicht für ihn, wobl aber für den osmanischen 
Zeitgenossen spielt sich die Literaturgeschichte 
zu einem guten Teil im Kampf dieser Schul- 
richtungen ab. Und ihre Gegensätze sind gewiss 


in der Entwicklung manches heutigen Schrift- 
stellers ein wesentlicher Faktor geworden. 
Darum ist ihre Kenntnis für ein tieferes Ver- 
ständnis der Erscheinungen der modernen tür- 
kischen Literatur doch nicht entbehrlich. 

Unter den türkischen Quellen Martin Hart- 
manns steht obenan das Jahrbuch Newsal-i 
Milli 1330, das in der Tat reiches uns bisher 
unerreichbares Material, z. B. in biographischer 
Hinsicht in Fülle enthält. Eine andere Quelle, 
Büjük, ist dem Referenten leider nicht zu- 
gänglich, übrigens, falls er es nicht übersehen 
hat, leider auch nicht genau bibliographisch 
bestimmt!. Zeitschriften und auch mündliche 
Erkundigungen sind zur Ergäuzung verwertet. 

Zum Inhalt seien nur einige kurze Be- 
merkungen gestattet. Man bedauert, dass Ja kub 
Kadri, den Hachtmann ganz besonderer Auf- 
merksamkeit empfohlen hat, S. 150 ff. so sehr 
kurz wegkommt. Er ist ganz entschieden eine 
der ausgeprägtesten Persönlichkeiten der heu- 
tigen Literatur der Osmanen. Er ist nicht in 
der Arena der Club-Händel gross geworden. 
Und wenn er sich ihnen auch nicht auf die 
Dauer fernhalten konnte, so geben sie doch 
keinesfalls einen ausreichenden Schlüssel zum 
Verständnis seiner Entwicklung. Für weiteres 
über ihn sei ein Verweis auf meinen demnächst 
in der „Welt des Islam“ erscheinenden Artikel 
gestattet?. Es ist schade, dass Martin Hartmann 
zu diesem geschickten Erzählertalent keine 
Stellung genommen hat. Nun, vielleicht tut er 
das einmal an anderer Stelle. | 

Ein wirkliches Verdienst haben sich Martin 
Hartmann und Hachtmann erworben, indem sie 
beide unabhingig voneinander die Bedeutung des 
Lyrikers Ali Dschanib fiir uns entdeckt haben. 
Beider Ausführungen über ihn ergänzen sich 
in glücklichster Weise. Seine Gedichte gehören 
unstreitig zum Besten, was die neuere tiirkische 
Dichtung hervorgebracht hat, und sie werden, 
besonders in der metrischen Uebersetzung von 
Hachtmann, auch auf jeden abendländischen 
Leser starken Eindruck machen. Ali Dschanib 
wirkt z. B. in der „Strassenlaterne“ ganz im- 
pressionistisch; und zugleich scheint mir in ihm 
ein gutes Stück von einem Mystiker zu stecken. 
Das ganze eigene Empfinden findet er in der 
Natur wieder, die ihm der vollkommenste 
Ausdruck seines Gemütslebens wird. Sie ist 
der Spiegel seines inneren Ich, oder genauer, 
wie er selbst empfindet, sein Ich ist nur ein 
Teilchen von ibr. Am meisten zu Gemüt 
sprechend ist wohl das anmutige Gedicht „Der 
Schmetterling“, dann auch das von Martin 


1 Korrekturzusatz: nachgetragen Jg. XX, S 86 Anm.1. 
2 Korrektursusatz: inzwischen erschienen WJ. V, 264 ff. 


149 


Hartmann übersetzte „Das Blatt“. Uebrigens 
scheint mir diese Gruppe von Gedichten, zu 
der seiner Art nach auch das andere „Die 
Frösche“ gehört, bei aller Anerkennung von 
Ali Dschanibs dichterischen Qualitäten und 
sprachlichen Verdiensten, eine gewisse Gleich- 
förmigkeit nicht bloss in der Stimmung, sondern 
bis in den Wortschatz hinein aufzuweisen. Wie 
sehr Ali Dschanib hier trotz seiner neuen Aus- 
drucksmittel auf dem Boden der gemein-isla- 
mischen Kulturentwicklung steht, mögen einige 
Beispiele zeigen. Schon bei dem Bias? 2 Ricky | 


5.1 in der „Strassenlaterne“ denkt man un- 


willkürlich, ob hier nicht, wenn auch dem 
Dichter vielleicht unbewusst, Süre 96 Pate ge- 
standen hat. — Dass Sinn und Geist ganz 
anderer Art sind, versteht sich von selbst. — 
Ein typisches Motiv der orientalischen Mystik 
aber ist, wie auch Martin Hartmann bemerkt, 
das Bild vom Schmetterling, der in das Licht 
fliegt; vgl. nur Horn, Geschichte der Persischen 
Literatur, S. 149; Jacob, Türkisches Hilfsbuch, 
13, S. 66 Z. 11 und S. 75, 2.6. So ansprechend 
und dichterisch wahr diese Gedichte auch sind, 
so gross Ali Dschanibs Verdienste um die Jeñi 
Lisan, die „neue Sprache“ sein mögen, sie 
hätten ihn in ihrer Einseitigkeit noch nicht so 
hoch über seine Umwelt erhoben. Was das 
tut, ist, dass er doch nicht bloss in neuer Form 
jene im Osten nur zu verbreiteten schwermütigen 
Weisen singt, sondern dass er auch über eine 
Kraft, ja Glut des Herzens verfügt und volle 
Töne findet, um ihr Ausdruck zu verleihen. 
Und dieses Feuer packt ihn, wenn er an das 
nationale Traumbild, an Neu- Turan, denkt. Die v 
„Horizonte des Ostens“ oder der „Weg nach 
Turan sind wirklich ein neues Blatt in der 
osmanischen Dichtung und rechtfertigen die 
Erwartung, die Martin Hartmann und Hacht- 
mann, obwohl ihnen doch nur die paar wenigen 
Gedichte vorlagen, von Ali Dschanib hegen. 


Natürlich kann hier von dem Inhaltsreichtum 
der ganzen Arbeit von Martin Hartmann auch 
nicht andeutungsweise ein Eindruck gegeben 
werden. Für jeden, der sich fiir die Entwicklung 
der tiirkischen Moderne interessiert, wird die 
Arbeit ein unentbehrliches Hilfsmittel sein. 


Imhoff: Die rene Heoresmacht und ihre Ent- 
wicklung. (Der neue Orient, 10. Heft.) 18163 gr. 8°. 
M. Halle, Gebauer-Schwetschke 1916 Bespr. 
v. C. F. Seybold, Tübingen. 

Ein guter Kenner des türkischen Heeres- 
wesens, der selbst länger an der Umbildung 
der Artillerie am goldenen Horn mitgewirkt 
hat, gibt uns allen einen willkommenen ge- 
drängten Ueberblick über die Entwickelung der 


türkischen Heeresmacht, in einzelnen Ab- 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 19 UlItientlistische Literatarseitung 1918 Nr. 5% ũ . 


150 


schnitten: Bis zum Anfang des 19. Jahrh. — 
Die Janitscharen. — Der heilige Krieg. — Der 
Paschatitel und die drei Rossschweife. — Beys 
und Effendis. — Die Entwickelung der türkischen 
Heeresmacht vom Anfang des 19. Jahrh. an. 
— Die Einteilung des aktiven türkischen Heeres 
im Mai 1914. — Allgemeine Angaben. — Die 
Stellung des türkischen Kriegsministers. — Das 
neue türkische Wehrgesetz. — Der Anzug. — 
Dass dieser nur fast allzu kurzen Darstellung 
eine umfassendere, viel eingehendere folgen 
möge, wird allgemein als zeitgemäss erwünscht 
werden. Es seien daher einige Randbemerkungen 
zu der trefflichen Uebersicht gestattet. S. 7: 
Statt Seldschukken (Seldschucken) genügt Seld- 


schuken (von Gen), wie für die Mamelucken 
eigentlich Mamlüken zu sagen wäre, für das 
volksetymologische Muselmänner Muselmanen, 
da es ja von musulmän (aus arabisch muslim, 
mit persischer Endung än), türkisch müslimän 
gesprochen, kommt. Erthogral l. Ertogrul 


J alo. Das irrige Gelehrtenfiindlein (einer 


falschen Volksetymologie gleichzustellen) des 
Verfassers des ‘Hest bihist, Idris von Bitlis, 
(gestorben 930 = 1523): Osman = Beinbrecher, 
wortiber vg]. Hammer, Gesch. d. osman. Reiches 
I 64, sollte nicht verallgemeinert werden, da 
ja die arabische Wurzel nicht Bein brechen, 


sondern ein gebrochenes Bein (falsch) einrichten 


heisst und „ua eine Trappe und Schlangenart 
bezeichnet (wie alle Lexica und Demiri zeigen). 


„Akindji“ oder „Renner und Streiter“: saul 


aqyngy ist nur einer, der vsi aqyn, (Raub-) 
Einfall, Razzia, macht; alaman in diesem letzten 
Sinn ist nicht mehr osmanisch, sondern älter 
und osttürkisch; vgl. zudem zu „Alaman“ „Al- 
gE Pe (Teilnehmer des Zuges, Kriegszug“) 
bei Pavet de Courteille, Dictionnaire turk- 
oriental p. 30 nur: „ul, „LI qui fait 
une excursion, qui pille“. S. 8,2 Tartaren l. 
Tataren; sirdar besser immer serdär. S. 8, 10 
Osman II ist natürlich I zu lesen. Zum Lehens- 
wesen hätte auf P. A. v. Tischendorf, das 
Lehenswesen i in den moslemischen Staaten, i ins- 
besondere im Osmanischen Reich, Leipzig 1872 
verwiesen sein können. Timarli selten für ge- 


wöhnlich timargy ig ess (z) boas nur Hin- 
doglou, Dictionnaire u. z. B. ZDMG 15, 335, 10). 


Benobetrimar 1. Benewbet timar: wu, Las 


timar benewbet (Barbier de Meynard, Dict. 
I 316). S. 10 buluk l. bölük S. 11, 3. 7 Adjem 
oghlan l. ‘agami oglän; silihdar l. silahdar; 


161 


alufedji 1. ‘ülûfegî. Hammer I 589 muss die 
2. Auflage (mir unzugänglich) der Geschichte 
in vier Bänden sein (wäre als solche zu mar- 
kieren!) Mosseliman l. Müssellemän die Steuer- 
freien. Sehmi ist nicht Name, sondern einer 
vom Stamm in (Mekka) Sahm; ilrehin 1. alrahim; 
„des Siegverleihenden“ fehlt arabisch. S. 13 
des Artemis l. der; Mythridates(132—168 v.Chr.) 
(1. Mithridates) (132—163 v. Chr.). Beim Halb- 
mond dürfte noch an die biblischen CTY’ 


knvioxos, lunulae als Frauenschmuck erinnert 
und der arabisch-tiirkische Name JX (eigent- 


lich der am Horizont erscheinende Neumond) 


erwähnt sein (roter Halbmond gel Jo). 


Vgl. auch A. Jeremias, Das Alte Testament 
ım Lichte des alten Orients. 3. A. 1916. S. 14 
ist statt Sultan Tekesch zu lesen: Der Khwä- 
rizmsah Tukus 568—596 = 1172—1199. Der 


heilige Krieg „Seir oder Djihad“: seir „4w 
heisst Marsch, Spaziergang, selten Kriegszug; 
heiliger Krieg, türkisch nur noch „I * ġazā 
(haza) neben Olg>. „Gesetzbücher der Mul- 
tekas“: es gibt nur das eine, grosse viel kommen- 
tierte, gedruckte, tibersetzte fast kanonische 
hanafitische Rechtsbuch Multaka’labhur(wortiber 


vgl. Brockelmann, Gesch. 11432). S. 15, Schehid“ 
d. h. Glaubensheld: 1. Sehid = Glaubenszeuge, 


Mürtyrer; Glaubensheld, -streiter wäre dla 
und 50 (türk. Sz). S. 18 Statt der Volks- 


etymologie Paša = 1 „Fuss des Königs“ 
ist doch Zusammenhang mit bad g Kopf, 


Haupt = Häuptling, chef vorzuziehen (vgl. Bar- 
bier de Meynard, Dictionnaire); haziret mit auf- 


gesprengtem i ganz unnötig! w AS hazret. 


S. 17 und 18 Suniten, sunitisch l. sunnit. S. 19: 
Ula eveli (- - ssanissi l. (rütbei) ula sinfi ewwel 


- - sani(si) (ges) „U sa Js! 2 is! 5); 
Mütemais J. Mümajjiz ya. S. 20 „Leven- 
daskeri“ nach ihrem Standort genannt: wo soll 
der sein? etwa Levante? G ist vielmehr 


persisch: frei ausschweifend, Vagabund, Aben- 


teurer, Söldner. „Heiducken“: türkisch o 


hajdûd (von den ungarischen Soldaten benannt). 
Kirdjali soll wie Daghly: Bergbewohnerheissen ?? 


Orientalistischo Literatarzeitang 1918 Nr. 5/6. 


162 


woher? yas wäre vielmehr: Land, campagne! 


Es sind vielmehr die tapfern Bewohner von 
Stadt und Distrikt Kirdzali xæ im obern 
Ardatal, westlich von Adrianopel, südöstlich 
von Philippopel (vgl. Samy Kamdsüla lim 3794). 
Sejmen ist L. aus L,, Sejbek dagegen 
Aus). 8.21: „Muallem Ischkendy“ (dieexerzierte 


6 
Hand): vielmehr mu‘allem ekingi „ss! A 
instruierte Elitetruppe! Asakiri mansuréi mo- 
bammedanije () l. ‘asakiri mangürei mohammedije 


A= 1 ya 5 Lue,  „Militärbefreiungs- 
steuer Bedel i askerijéh* vielmehr: bedeli ‘as- 
keri: plural: bedeläti ‘askerije. S. 211. Z. Aly: 
vielmehr ‘Ali Pasa Lal, dle, nicht das gewöhn- 
liche “Ali, wie (21 Mitte) Mehmed Aly = 


„se dust, 8.22 ‘Abdul ‘Aziz in Paris 1867, 
nicht 1862! ichtiad Reserve l. ihtijät Ur; 
mustafiz Landsturm l. müstahfyz Ri; istik- 
jam Pionier l. istihkäm (askeri) u. a. S. 27 
Balikesser I. Balikesri SY. S. 28: mit 
den Aushebungsbezirksorten Fatih und Selim- 
jeh sind jedenfalls gemeint die Bezirke der 


Mehemed und Selim-Moschee oder der grossen 
Selimije Kaserne siidlich Skutari. S. 29 Asc- 


hiret besser ‘Adiret (plur. ‘aSair) wa ( pus) 


Nomadenstamm. S. 30 fehlt die türkische Be- 
zeichnung für „Kriegsminister“ serask(i)er 
pone 8. 32 kaki besser khaki, da vom 
persischen Sl» erdfarben. Der Fez heisst 


tiirkisch fes my obwohl er von „ Fes in 
Marokko herkommt. 


Die Tagebücher von Dr. Emin Pascha. Heraus- 
gegeben von Dr. Franz Stublmann. 6 Bände von je 
etwa 80 Bogen. M. 175 —. Braunschweig, G. Wester- 
mann, 1917. Bespr. von E. Brandenburg, z. Z. 
Linderhof. 


Es liegt das 1. Heft des I. Bandes zur Be- 
ee vor, das nach einer 40 Seiten langen 
„Einführung“ Stuhlmanns, einigen dann folgenden 
Listen usw. den Anfang der Tagebticher vom 
Oktober 1875 bis Juli 1876 mit 57 Seiten 
enthält. Stuhlmann war zu dieser „Einführung“ 
nicht nur als Fachmann, sondern auch als 
früherer Reisegenosse Emins besonders berufen 
und hat sich, wie wir gleich vorausschicken 
wollen, dieser Aufgabe mit gewohnter Sorgfalt 
unterzogen. — Im folgenden geben wir an der 
Hand des Inhaltes einen kurzen Ueberblick über 
denselben: 


153 


1. Das Material der Tagebücher und 
ihre Geschichte, von F. Stuhlmann. Er sagt, 
dass „wie durch ein Wunder“ die verstreuten 
Tagebücher E.’s nach seiner Ermordung in die 
Hände deutscher Behörden gelangt und voll- 
ständig vorhanden ‘sind. Die Manuskripte 
umfassen die Zeit von Oktober 1875—Oktober 
1892, ihre Anzahl beträgt 1675. Er gibt sie 
in extenso unter Berücksichtigung schon früher 
erschienener Schriften E.'s. — 

2. Kurzer Ueberblick über die Ge- 
schichte und Entwickelung der Aequa- 
torial-Provinz bis zu deren Uebernahme 
durch Emin; von Stuhlmann. Stuhlmann 
stellt die Verbindung zwischen den historischen 
und den modernen, uns hier interessierenden 
Gebieten in anschaulicher Weise her; er beginnt 
in der Hälfte des 2. vorchristl. Jt. und bespricht 
die älteren Daten kürzer, die neueren ausführ- 
licher, womit er zugleich für den Nicht-Fach- 
mann die notwendige Grundlage zum vollen 
Verständnis der Tagebücher legt und letzteres 
sehr erleichtert. 

3. Uebersicht der Völkerstämme der 
Umgegend der früheren Aequatorial- 
Provinz; v. Stuhlmann. Bildete der vorher 

ehende Abschnitt die politische und historische 
asis für die Lektüre, so ist dieser das gleiche 
in ethnografischer Beziehung. Stuhlmann 
teilt die Bevölkerung ein in a) Nilo-Nigritier, 
b) Hamiten, c) Bantu, als Hauptstämme; jeder 
von ihnen dann mit mehreren Tnterabteilangen: 
Der ganze Abschnitt dient ausserdem noch zur 
Erläuterung der Stuhlmannschen, dem Bande 
beigegebenen Völkerkarte. Im Text der Tage- 
bticher selbst alle diese für den Laien not- 
wendigen Erklärungen zu bringen, wäre wohl 
kaum möglich gewesen, ohne das aber vieles 
für den Nicht-Fachmann ein leerer Name ge- 
blieben. Durch die einfachen und klaren Aus- 
führungen Stuhlmanns ist dieser Uebelstand be- 
seitigt. 

4. Liste der im Nachlass E.s ge- 
fundenen arabischen Dokumente; v. Moritz 
u. Mielck. (S. 41—60). Diejenigen dieser 151 
Dokumente, die einallgemeineresInteressehaben, 
sind den Tagebüchern beigefügt. 

5. Veröffentlichungen von oder über 
E. von Hörcher. (S. 61—69). Dies Literatur- 
verzeichnis enthält: a) Briefe u. Reisebeschrei- 
bungen, b) Zoologische, c) Ethnologische Be- 
richte, d) Karten, e) Stanley’s u. Peters’ Ex- 
peditionen. 

Es folgen nun, chronologisch geordnet, 
(S. 73—128), die ersten Tagebuchblätter E.’s, 
beginnend mit Oktober 1875 bis Juli 1876. 
Sie behandeln die Reisen nilaufwärtsbisChartum, 
von dort z. T. per Boot nach Kiri; dann die 


Orientalistische Literaturseitung 1918 Nr. 5/6. 


154 


erste Mission nach Uganda, Juni, Juli 76. 
Mitten im Text schliesst dann dies 1. Heft.— 

Von dieser, sit venia verbo, „Kostprobe“ 
der Tagebücher wäre folgendes zu sagen: Ohne 
unnötiges Beiwerk, in lapidaren Sätzen, wie das 
bei Aufzeichnungen unterwegs nicht anders mög- 
lich ist, versetzt uns Emin sofort in medias 
res. E. ist nicht allein ein guter Beobachter, 
sondern auch Naturkenner und Freund; denn 
neben den grossen Tatsachen entgehen ihm nicht 
die kleinsten; keine Pflanze, kein winziger 
Käfer oder Detail der Tracht der Eingeborenen 
bleibt unbemerkt. Seine Art zu schildern, mit 
ein paar grossen, pastosen Strichen den Leser 
sofort in das Milieu zu versetzen ist erstaunlich. 
Hier nur eine kleine, herausgegriffene Probe: 
„Nach zwei Stunden Marsch gelangen wir an 
einen engen Pass, dann der Abstieg. Ja Schech 
Abd-el-Kader! Eine einzige Akazie steht im 
Grunde des erweiterten Tals, Kamelgerippe be- 
zeichnen die Strasse. Es herrscht ziemlich 
starker Ostwind, bei finsteren Wolken.“ (S. 75). 
Das leibt und lebt, wer einmal dort war, sieht 
die Gegend förmlich vor sich, und wer nicht 
dort war und nicht ganz fantasielos ist, muss 
es auch sehen können! Dabei wirkt die Fort- 
lassung alles „Allzu-Persönliches* durchaus 
angenehm, eines Fehlers so vieler Reiseschrift- 
steller, um ja die eigne Person auch ins rechte 
Licht zu rücken! Und doch, was kann man 
zwischen den Zeilen lesen: „Moskito-Paradies. 
Eine schlaflose Fiebernacht.“ Fünf Worte, aber 
wer das einmal selbst durchgemacht hat, weiss, 
was sie bedeuten. So wirkt bei E. selbst das 
Persönlichste, man verzeihe mir das Wortspiel, 
angenehm unpersönlich. 

Ich kann nur sagen, dass ich diesen kurzen 
Teil der Tagebücher mit wirklichem Vergnügen 
gelesen habe, man glaubt manchmal gar keinen 
trockenen Reisebericht, sondern eine fesselnde 
Schilderung vor sich zu haben. Durch den 
so durchaus frischen und lebendigen Stil wirken 
selbst geologische, geographische oder sonstige 
trockene Daten nicht mehr derartig. Für den 
Fachmann werden die Tagebücher wohl „selbst- 
verständlich“ sein, d. h. dass er sie sich an- 
schafft, aber auch dem Fernerstehenden kann 
man sie empfehlen, denn soweit ich nach den 
wenigen Seiten urteilen kann, wird auch er aus 
ihnen reiche Anregung und Belehrung schöpfen 
können. 

Volle Anerkennung gebührt dem Heraus- 
geber, dass er sie dem grösseren Publikum 
zugänglich gemacht hat, and ebenso dem Verlag 
für die einfache, aber durchaus gediegene Aus- 
stattung, die in Anbetracht der jetzigen Zustände 
doppelt zu würdigen ist. 


Sprechsaal. 


Zu dem Namen Beeledatog. 
OLZ 1917, 250. 


Dieser ziemlich seltene Name, der im Hebräischen 
‘5792 lautet, kommt in der Bibel nur bei zwei Zeitgenossen 


des Königs David vor, und zwar bei dem Gileaditen Bar- 
zillai, der den König in seinem Kriege gegen Absalom 
unterstützt hat (2. Sam. 17, 27 usw.; vgl. auch Ezra 2, 61), 
dann bei dem Schwiegervater derMichal, der Tochter Sauls 
(2. Sam. 21, 8). Die Bedeutung des Namens kann m. E. 
nur von oma. Eisen, abgeleitet werden, also der Eiserne. 


Wir finden auch sonst in der Bibel von Metallen abgeleitete 
Namen, wenn auch nur bei Frauen, und zwar NAYTI) 


„die Eherne“ (Mutter des Königs Jojachin, 2. Kön. 24, 8) 
und IDY „Goldwasser“, die allerdings eine Edomiterin 


gewesen ist (Gen. 36, 39; 1. Chr. 1, 50). Den Namen 
in ») Bar-Zillai „Sohn des Zillai“ zu zerlegen geht 
darum nicht an, nicht nur weil die weibliche Form Ber- 
zelia dagegen spräche, sondern noch darum weil * 


keinen Sinn gibt und weil wir sonst in der Bibel keinen Namen 
mit 3 finden. Sogar die rein aramäischen Namen Hadad 


und Tobal kommen in der Bibel unter den Formen 
THa (1. Kön. 15, 18 usw.) resp. „Rope (Jes. 7, 6; 
vgl. auch Ezra 4, 7) vor. 


In der talmudischen Zeit kommt dieser Name meines 
Wissens gar nicht vor, aus dem Mittelalter ist nur ein 
Träger dieses Namens bekannt und zwar der berühmte 
Verfasser mehrerer Schriften, Jehuda b. Barzillai aus 
Barzelona, der am Ende des XI. und am Anfange des 
XII. Jahrh. geblüht hat (die Literatur über ihn in Jew 
Enc., s. v.; VII, 341). In der Neuzeit, und zwar in der 
ersten Hälfte des XIX. Jahrh., finden wir ihn merkwürdiger 
Weise nur bei kaukasischen Juden, in der Nähe von 
Derbend (s. Firkowitsch’ Epitapbiensammlung pan „N, 


Reisebericht, S. 66 u. Tschornis Reisebericht D 
myoon, S. 350). Er muss aber auch in anderen Ländern 
verbreitet gewesen sein, denn wir begegnen ihm, wie 
Diergart selbst bemerkt, als Familiennamen bei italieni- 
schen Juden. Besonders bekannt ist Giuseppe Barzilai 
(geb. in Gradisca 1828), Rechtsanwalt in Triest und 
Verfasser mehrerer Schriften aus dem Gebiete der Bibel- 
wissenschaft und der Archäologie (e. Jew. Enc., 8. v.; 
II, 564). Samuel Posnanski. 


Mitteilungen. 


Fondation de Goeje: Als 4. Werk der Stiftung 
wird erscheinen: C. van Arendonk, Sur les origines de la 
dynastie Zaidite du Yemen. Von den 3 ersten Werken 
der Stiftung sind noch einige Exemplare käuflicb. Dem 
Professor A. J. Wensinck wird eine Unterstützung be- 
willigt zur Herausgabe eines Index alphabétique de la 
tradition musulmane. 


Zwischen der R. Asiatic Society und der Société 
Asiatique ist eine Vereinbarung zum Zwecke der Zu- 
sammenarbeit abgeschlossen worden. 


Personalien. 


Maximilian Bittner, ord. Prof. der orientalischen 
Sprachen in Wien, starb im 49. Lebensjahre. 

Prof. Hermann Thiersch, Freiburg i. B., wurde 
zum o. P. der klass. Archäologie in Göttingen ernannt. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 5/6. 


156 


Zeitschriftenschau. 
Besprechung; der Besprecher steht in (). 

Archiv f. Sosialwiss. u. Sozialpol. 1917: 
44,1. M. Weber, Die Wirtschaftsethik der Weltreli- 
gionen. Das antike Judentum. (Das soziologische Problem 
der Juden erklärt der Verf. aus dem Pariatum Israels 
unter den umliegenden Völkern.) (Forte. folgt.) 


Berliner Philologische Wochenschrift. 1918: 
3. *Fr. Delitzsch, Philologische Forderungen an die he- 
bräische Lexikographie (Gustavs). 
4. *K. Sethe, Von Zahlen und Zahlworten bei den alten 
Aegyptern (Freih. v. Bissing). — *Zeller, Das Seerecht 
in den Assisen von Jerusalem (Thomsen). 
5. H. Zimmern, König Lipit-Iätars Vergöttlichung; 
Derselbe, Wort- und Sachregister zu Akkadische Fremd- 
wörter (Ebeling). 

Biblische Zeitschrift. 1917: 
2. 8. Euringer, Bemerkungen zur georgischen Ueber- 
setzung des Hohenliedes. — F. Zorell, Das vierte ‘Ebed- 
5 Js. 52, 13—53, 12. — J. Hehn, Emaudgewv 

. 1, 35. 

3. F. Steinmetzer yyy = yw. — J. Hehn, Zur 


Sabbatfrage. — A. Hudal, Textkritische und exegetische 
Bemerkungen zu Job. 25— 27. 


Ohurch Missionary Review. 1917: 
Jan. R. Mac Innes, The Moslem world in the war. 
April. H. U. Weitbrecht, Mohammedanism and „the 
Disintegration of Islam“. 
June-July. O. J. Macdonald, African Notes (Rhodesia 
and the Old Testament u. a.). 
December. E. Stock, The book of the wars of the Lord 
(Num. XXI, 14). — African Notes (Anglo-belgische Boun- 
dary Commission: zur Erforschung der Wasserscheide 
Zambesi-Congo 1911—1914. Wasserscheide Nil-Oongo. 
Musik in Afrika). — *A. M. Hyamson, Palestine, The 
Rebirth of an ancient people (A. L. Williams). 
Deutsche Literaturzeitung. 1918: 
2. *Scherrmann, Frühchristliehe Vorbereitungsgebete 
zur Taufe (Papyr. Berl. 13415) (0. Schmidt). 
3. *Weidner, Studien zur hethitischen Sprachwissen- 
schaft 2. T. (O. Schröder). 
4/6. P. Ehrenreich, Die Sonne im Mythos, hrsg. v. E. 
Siecke E. Fehrle). — H. Meyer, Die Barundi (Oarl 


Meinhof). 
Hxpositor. 1917 
August. H. A. A. Kennedy, A new interpretation of 


Paulinism (zu Morgan’s Ausführungen über den Zu- 
sammenhang des Paulus mit hellenistischer Religion und 
Philosophie). — R. Harris, A new title for Jesus Christ 
(„Ich bin der Tag“). 

September. Kennedy, A new interpretation of Paulinism 
(Forts.). — J. J. Still, The purpose and plan of the Book 
of Acts. 

October. E. Barnes, Ezekiels Vision of a Resurrection. 
— F. R.M. Hitchcock, The „servant“ in Isaiah and the 
New Testament. 

November. A. Wright, The primary of Judas Iscariot. 


Göttingische gelehrte Anzeigen. 1917: 

Sept./Okt. U. v. Wilamowitz-Möllendorf, Die Ilias und 
Homer (P. Caner). 
Nov.-Dez. *Fr. Sarre und E. Mittwoch, Zeichnungen von 
Riza und Abassi (Littmann). — *Aufsätze zar Kultur- 
und Sprachgeschichte vornehmlich des Oriente, Ernst 
Kuhn zum 70. Geburtstage gewidmet (Oldenberg). 

Heiliges Land. 1917: 

Okt. E. T., Kriegsfahrten im Lande der Bibel. — S. Gatt, 
Gaza und seine Umgebung. — A. Schm., Ein Volkefest 
im Damaskus. — Nachrichten. 

Literarisches Zentralblatt. 1917: 

42, P. Thomsen, Die Palästina-Literatur (J. Herrmann). 


167 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 5/6. 


158 


44. *Schubmacher, Der Alexandriner Apollos (G. H- e.). — C. J. Scharling, Ekklesia begrebet hos Paulus o 


— W. Haas, Die Seele des Orients (Oesterreich). 

45. *E. Drerup, Die Griechen von heute (M.) 

46. °W. Spiegelberg, Der ägyptische Mythos vom Sonnen- 
auge (Papyrus „Kufi“) (G. Roeder). 

47. H. Schmidt, Der Prophet Amos (Fiebig). 

48. Gunkel, Israel. Heldentum und Kriegs frömmigkeit 
im AT; Was bleibt vom AT? (J. Herrmann). 

49. 8. Beck, Neupersische Konversationsgrammatik (F. B.). 
1918: 3. Zimmern, H., König Lipit-Istars Vergöttlichung 

Landersdorfer). 

. *J. Flemming, Akten der Ephesinischen Synode vom 
Jahre 449 syrisch (G. Kr.). — *Wirth, Vorderasien und 
Aegypten in historischer und politischer, kultureller und 
wirtschaftlicher Hinsicht Sehlde *Hasenclever, Ge- 
schichte Aegyptens im 19. Jahrh. v. 1798—1914 (Roeder). 

Mitteilungen d. Sem. f. Or. Sprachen. 1916: 
XIX, 3. R. Prietze, Lieder fahrender Haussaschüler. — 
E. Funke, Die Stellung der Haussasprache unter den 
Sprachen Togos. — J. Bellon, Personen- und Ortsnamen 
der Tschi-Neger. 

1917: XX, 2. O. Rescher, Algerisch-tunesische Briefe 
in Fakeimile und Transkription mit Anmerkungen. — 
O. Rescher, Das kitäb „el-adab el-kebir“ des Ibn el- 
Mogaffa. — O. Rescher, Bemerkungen zu et-Ta‘ âlibî’s 
Schriften. — M. Hartmann, Aus der neueren Osmanischen 
Dichtung IL 

XX, 3. R. Prietze, Predigten eines fahrenden Haussa- 
lehrers. — C. Velten, Suaheli-Gedichte. — A. Halbing, 
Scherbenfunde am Fusse des Kamerunberges u. ihre Be- 
ziehungen zum Jengukulte. 

Museum. 1917: 

Oktober. H. A. Naber, Meetkunde en Myssiek (D. H. 
rime — *O. Weinreich, Triskaidekadische Studien (de 
ong). 

November: W. Eichrodt, Die Quellen der Genesis von 
neuem untersucht (Bleeker). — 8. M. Kul'bakin, Ser- 
bekij jazyk (N. van Wijk). — A. J. Wensinck, Some 
Semitio Rites of Mourning and Religion (J. Goldziher). 

Neue jüdische Monatshefte. 1917: 

10. Dez. F. Sternberg, Die Juden als Träger europäischer 
Wirtschaftskultur in Palästina. — A. Paquet, 
stina (H. Margulies). 

Neue Orient. 1917: 

I, 10. M. Hartmann, Das heilige Recht u. d. Gerichts- 
wesen i. d. Türkei. — 8. Beek, Die Regierungsorgane d. 
türk. Reiches. 

11/12. J. Horowitz, Die polit. Stellung d. ind. Muhamme- 
daner. — M. Hartmann, Die Frage der Kunstausdrticke 
im Türkischen. — Ahmed Schu‘aib, huquqi idäre „Ver- 
waltungsrecht“ I (M. Hartmann). — S. Beck, D. Re- 
gierungsorgane d. türk. Reiches. 

Revue Oritique. 1917: 

42. *D. Sidersky, Etude sur la chronologie assyro-baby- 
lonienne (C. Fossey). 

48. *G. Maspero, Etudes de mythologie et d'archéologie 
égyptiennes t. VIII (A. Moret). — P. A. Benton, The 
sultanate of Bornu; *Snouck Hurgronje, Mohammedanism 
(R. Basset). 

Sitzungsber. K. Ak. d. Wiss. Wien. 1917: 
175. A. Z. Idelsohn, Phonographierte Gesänge und 
Aussprachsproben der jemen., pers. und syr. Juden. 
188. Dr. M. Bittner, Studien zur Shauri-Sprache in den 
Bergen von Dofär am Pers. Meerbusen IV Index. 

Sokrates. 1917: 

7/8. F. Preisigke, Fachwörter des öffentlichen Verwal- 
tangsdienstes Aegyptens (P. Viereck). — K. Beth, Reli- 
gion und Magie bei den Naturvölkern (E. Samter). 

Spectator. 1918: 

15. Febr. L. v. Kohl, Abdul Hamid. 


Theologisches Literaturblatt. 1917: 


20. *8. Mowinckel, Statholderen Nehemia (O. Procksch). | M 


Pala- | 


dets forbold til joedisk religion og hellenistik mystik 
(Stocks). 

21. *H. Schmidt, Der Prophet Amos (E. Er A — P. 
Fiebig, Rosch baschanah (Neujahr). Text, Uebers. u. 
Erkl. (H. Laible). — L. Brun, Jesu Evangelium. En 
historisk fremstilling (Stocks). 

22. F. Feldmann, Israels Religion, Sitte und Kultur in 
der vormos. Zeit (Ed. König). 

23. P. S. Landersdorfer, Die sumerischen Parallelen zur 
biblischen Urgeschichte (Ed. König). 

24. *B. Meissner, Assyriologische Forschungen (Jirku). 
— Landersdorfer, Die sumerische Frage und die Bibel 
Ed. König). 

5. °W Caspari, Thronbesteigung und Thronfolge der 
israelitischen Könige (Jirku). — N. Messel, Die Ein- 
heitlichkeit der jüdischen Eschatologie (Leipoldt). 


Theologische Literaturzeitung. 1917: 

18/19. O. Schroeder, Das Pantheon der Stadt Uruk in 
der Seleukidenzeit (B. Meissner). — A. Fridrichsen, 
Hagios Qados, Ein Beitrag zu den Voruntersuchungen 
z. Christl. Begriffsgeschichte (A. Bertholet). —*M Fried- 
mann, Sifra, der Älteste Midrasch zu Leviticus (E. Bischoff). 
— „Ch. Burrage, Nazareth and the Beginning of Christi- 
anity (Bultmann). — J. K. Niedlich, Eine Geschichte 
des israelitischen Volkes für Schule und Haus 5 
— Moses ben Maimon, bgg. v. J. Guttmann Bd. 2. 
(Bischoff). — Berger, Das Problem der Erkenntnis in 
der Religionsphilosophie Jehuda Hallewis. 


22/23. *Salvatorelli, Introduzione Bibliografica alla Scienza 
delle Religioni (Bertholet). — *Koschaker, Rechtsver- 
gleichende Studien zur Gesetzgebung Hammurapis 
(Meissner). — *Molsen, David als religiöser und sittlicher 
Charakter (Meinhold). — *Schulte, Beiträge zur Erklärung 
und Textkritik des Buches Tobias (Beer). — *Klein, 
Syrisch-griechisches Wörterbuch zu den vier kanonischen 
Evangelien (Preuschen). 

24/26. Urkunden des ägyptischen Altertums. Religiöse 
Urkunden Heft 3: H. Grapow, Ausgewählte Texte des 
Totenbuchs. (A. Wiedemann). — *W. Baumgärtner, Die 
Klagegedichte des Jeremias (M. Löhr) — A. Schlatter, 
Die hebräischen Namen bei Josephus (G. Beer). — 0. 
Wulff, Die altchristliche Kunst (H. Lietzmann). 

N. 26. Obbink. Het Bijbelsch Paradijsverhal en de 
Babylonische Bronnen (Ungnad). — *Pedersen, Der Eid 
bei den Semiten (Bertholet). — *Fiebig, Das Judentum 
von Jesus bis zur Gegenwart (Bischoff). 


Theological Quarterly. 1917: 
XXI, 2. E. V. Haserodt, Treatise on Isaiah 53 (Er- 
klärung des „Servant“). 


Theologische Rundschau. 1917: 
7/8. Bousset, Die Religion der Mandäer. — Beer, Ha- 
giographen. — Mayer, Religionsphilosophie. 
Okt.-Nov. H. Gunkel, Formen der Hymnen. — Windisch, 
Neues Testament. Leben und Lehre Jesu. 


Teologisk Tijdsskrift. 1917: 
2/3. J. Pedersen, Om Hans Tausens Oversaettelse 
af Mosebsgerne. 


Welt des Islams. 1917: 

H. 3. *H. Thorning, Beitrige zur Kenntnis des isla- 
mischen Vereinswesens auf Grund von Bast Madad et- 
Taufiq; ersch. in der Türkischen Bibliothek B. 16 (O. 
Rescher). — *C. Huart, Geschichte der Araber [Histoire 
des Arabes, deutsch] übers. von S. Beck und M. Farber 
(O. Rescher). — *Roloff, Die Orientpolitik Napoleons I; 
O. A. Schäfer, Die Entwicklung der Bagdadba npolitik ; 
*Blanckenhorn, Syrien und die deutsche Arbeit; *H. 
Mordtmann, Als ich die Türken pflegte win R. 
Marschall). — *A. Ritter (Winterstetten), Berlin-Bagdad 
(E. R. Marschall); *Gallipoli (E. R. Marschall). — *Mehmed 

urad, tärichi ‘umimi , Weltgeschichte“ (M. Hartmann). 


159 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 5/6. 


160 


Weltwirtschaftliches Archiv. 1918: 
2. L., Sobulman, Handel und Verkehr in Syrien. 
Wirtschaftezeitung der Zentralmächte. 1917: 
Alfr. Tekin, Die türkische Bauernschaft im Kriege. 


Wochenschrift f. klass. Philologie. 1917: 
85/36. *O. Weinreich, Triskaidekadische Studien (W. 
H. Roscher). — H. v. Mik, Afrika nach der arabischen 
Bearbeitung der Iswygagixy ignyno:is des Claudius Ptole- 
maeus von Muhammad ibn Musa al-Hwärizmi (H. Philipp). 
87. °G. A. Harrer, Studies in the history of the Roman 

rovince of Syria (H. Philipp). 

/39. *A. Rehm, Griechische Windrosen (W. H. Roscher). 
43. *W. H. Roscher, Die Zahl 60 in Mythus, Kultus, 
Epos und Taktik der Hellenen und Semiten (H. Steuding). 
— *C, Wessely, Aus der Welt der Papyri (F. Zucker). 
44/45. *F. Schwan, Die Menschenopfer bei den Griechen 
und Römern (W. Nestle). — *H. Zimmern, Wort- und 
Sachregister zu: Akkadische Fremdwörter als Beweis 
für babylonischen Kultureinfluss (C. Fries). 

47/48. *Robert von Pöhlmann, Griechische Geschichte, 
6. Auflage (Fr. Cauer). 

49. J. Sitzler, Die alexandrinischen Bibliothekare. 
1918: 9/10. *W. Spiegelberg, Der ägyptische Mythus 
vom Sonnenauge (A. Wiedemann). 

Ymer. 1917: 

8/4. K. G. Lindblom, Tron på den magiska kraften hos 
namn bland Kambanegrera i Ostafrika. — *H. Philipp, 
Die historisch-geographischen Quelien in den etymologiae 
des Isidorus von Sevilla (A. Norlind). 


Zeitschr. f. d. Alttest. Wissenschaft. 1917/18: 
1/2. P. Lohmann, Die selbständigen lyrischen Abschnitte 
in Jes. 24—27. Hrsg. von O. Eissfoldt. — M. Löhr, 
Jesaias-Studien III. — K. Budde, Das Rätsel von Micha I. 
— A. Jirku, Zur magischen Bedeutung der Kleidung in 
Israel. — D. Völter, Die Herkunft Jahwes. — E. Hertlein, 
Die Wolken des „Menschensohnes“ (Dan. 7, 13). | 


Zeitschrift f. Ethnologie. 1917: 
ne I, J. Kollmann, Die Ungarn. Eine anthropologische 

120. 

Zeitschrift d. Ges. f. Erdkunde zu Berlin. 1917: 
9/10. C. Uhlig, Mesopotamien (Schluss). — *Frech, F., 
8 in Armenien und Mesopotamien 
v. Diest). 

l Zeitsohrift für Kolonialsprachen. 1918: 
2. — W. Schaar, Nama-Fabeln. — C. Meinhof, 
Sprachstudien im ägyptischen Sudan. — R. Godfrey, 
— English Dictionary by A. Kropf (W. Bourquin). 
Zeitschrift für Politik. 1917: 
X 2. Georg Steindorff, Die Ostgrenze Aegyptens und 
der Suezkanal. — James Greenfield, Das persische Problem. 


Zeitschrift für katholische Theologie. 1918: 
1. J. Linder, Textkritische und exegetische Studie zum 
Canticum Ezechiae (Js. 38, 9—20). — Des heil. Irenäus 
Schrift „Zum Erweis der apostolischen Verkündigung“. 
Aus dem Armenischen übersetzt von 8. Weber(H.Bruders). 

Zentralblatt der Bauverwaltung. 1917: 
XXXVII, 79. Brunnen in Konstantinopel (F. W. Virck, 
Regierungsbaumeister). 


Zur Besprechung eingelaufen: 


(* bereits weitergegeben) 


Hane Bauer und Pontus Leander, Historische Gramma- 
tik der Hebräischen Sprache des Alten Testaments. 
Erster Band. Mit einem Beitrag von Paul Kahle. 
3 Lieferung. Halle a. S., Max Niemeyer, 1918. 

1 


*Palistinajabrbuch, 13. Jahrg. (1917). Berlin 1917. 
E. 8. Mittler u. Sohn. M. 4—. 


Verlag u. Expedition: J. O. Hinrichs’sebe Buchbandlung, Lei 
Verantwortlicher Hecansgebder: F. 


Johannes Döller, Die Reinheits- und Speisegesetze des 
Alten Testaments in religionsgeschichtlicher Be- 
leuchtung. Münster 1917, Aschendorff. M. 7.80. 

Eugen Petersen, Rhythmus (Abh. d. Kgl. G. d. W. 
Göttingen. Phil.-Hist. Kl. N. F. B. XVI Nr. b. 
Berlin, Weidmann, 1917. M. 8—. 

*H. Oldenberg, Zur Geschichte der altindiechen Prosa. 
(Abh. d. Kgl. G. d. W. Göttingen. Phil.-Hist. Kl. 
N. F.B. XVI Nr. 6.) Berlin, Weidmann, 1917. M. 8 —. 

*Micha Josef bin Gorion, 1. Die ersten Menschen und 
Tiere, jüd. en von der Urzeit; 2. Abraham, 
Isaak und Jakob, jüd. Patriarchengeschichten ; 
3. Joseph und seine Brüder, ein altjüädischer Roman. 
Rütten & Loening, Frankfurt a. M. 1918. Jeder 
Band geb. M. 2.60. 


J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung 
Leipzig 


Demnächst erscheinen: 


Beiträge zur Religionswissenschaft. Heraus- 
gegeben von derReligionswissenschaftlichen 
Gesellschaft in Stockholm. 2. Band (Jahr- 
gang 1914/15) Heft 2 (III u. S. 117—219) 
gr. 8°. Einzelpreis M. 6 — 
Zweiter Band vollständig (III, 219 S.) M. 10— 


Ebeling, Erich: Quellen zur Kenntnis der baby- 
lonischen Religion. l. (IV, 83 S.) gr. 80. M.5 — 
(Mitteil. d. Vorderas. Gesellsch. 1918 [23. Jahrg 7, H. 1.) 
Orientallstische Studien. Fritz Hommel zum 
sechzigsten Geburtstag, am 31. Juli 1914, 
gewidmet von Freunden, Kollegen und 
Schülern. Zwei Bände. (VIII, 332 u. V, 
392 S. mit zahlreichen Abbildungen im 
Texte und auf 10 Tafeln, nebst Bildnis 
Hommels in Heliogravüre ) gr. 8°. M. 45 — 


(Band I M. 20—; Band II M 25 —) 
(Mitteil. d. Vorderas. Ges. 1916u.1917 [21.u. 22. Jahrg / 


Publikationen der Görres-Gesellschaft. 


Collectanea Hierosolymitana. I. Band. 


Rephaim. Die vorgeschichtliche Kultur Palästinas 
und Phöniziens. Archäologische u. religions- 
geschichtliche Studien v. Dr. Paul Karge, 
Univ.-Prof. in Münster. Mit 67 Abbildungen. 
755 S. gr. 8. br. M. 36 —; geb. M. 40 — 


Mader, P. Dr. Andr., S. D. S., Altchristliche 
Basiliken und Lokaltraditionen In Südjudäa. 


Archäologische und topographische Unter- 


suchungen. (Studien zur Geschichte und 
Kultur d. Altertums. VIII. 5/6. Heft.) Mit 
12 Figuren, 7 Tafeln u. einer Kartenskizze. 
255 Seiten. gr. 8. br. M. 14 — 


Durch die jüngste Entwicklongsgeschichte des 
Orients gewinnen diese beiden Werke an besonderer 
Bedeutung. 


Verlag von Ferdinand Schöningh In Padorborn. 


Biumengams 2. — Druck von Max Schmersow, Kirchhain N-L. 
„ Königsberg i Pr., Gos Allee 11. 


Orientalistische Literaturzeitung 


Monatsschrift für die Wissenschaft vom vorderen Orient 


und seine Beziehungen zum Kulturkreise des Mittelmeers 
Herausgegeben von Professor Dr. F. E. Peiser, Königsberg i. Pr., Goltz-Allee 11 


Verlag der J. C. Hinrichs’schen Buchhandlung, Leipzig 


Blumengasse 2. 


21. Jahrgang Nr. 7/8 Manuskripte und 


Inhalt. 


Abhandlungen und Notizen Sp. 161—180 
= hubuliu . 


Korrekturen nach Königsberg. — Druckrachen nach Leipzig. 
Jährlich 12 Nrn. — Halbjahrspreis 6 Mk. 


Schmidtke, Fr.: 
mordung Sanheribs . ; 
Schollmeyer, A.: Zur Serie harra 


Juli/August 1918 


Der Ort der Er- 
169 


Mitt. Sem. Or. Spr. XX. Jahrg. 2. Abt. 
(R. Hartmann) . 191 
Schlögl, N. J.: Ijjob (I. Löw). 186 


Strack, H. L.: Jüdisches Wörterbuch; 


5 Th.: Der Turmbau 161 Schroeder, Otto: Reste der Sprache Jüdische Texte (F. Perles) 196 

a e von Hanigalbat ; . . 174 

Erbt, Wilhelm: Eine Mond- und Ungnad, A.: Nabu und Nimurta 167 | Sprechsaal .. 204 
Sonn enfinsternis im AT. . 176 W. Cc i. . 204 

Landersdorfer, S.: Zur Etymolo- Besprechungen . - Sp. 180—204 H a a: Zum Verständnis 
gie von j 175 | Geller, Sammel: Die sumerisch- 4 p „ 8a ba Nr. 8 O04 

; assyrische Serie Lugal-e (Otto e 
rn E.: Das Ninlil-Tor 16% „ Schroeder . . . . 185 | Personalien . » 2 2 . . 204 
nive e 2 | Hussey, Mary Inda: Sumerian tablets : 

Meiasner, Br.: Lexikographische in the Harvard Semitic Museum Zeitschriftenschau . 204—208 

1—3 . ; g a Ge. IEG (Wilh. Förtsch) 180 | Zur Besprechung eingelaufen . 208 


Der Turmbau zu Babel. 
Von Th. Dombart. 


Herr Professor Robert Koldewey, der Leiter 
der Ausgrabungen in Babylon, fiillte die letzte 
Nummer (59) der „Mitt. d. Deutsch. Orient. 
Ges.“ (S. 1—38) mit einer Abhandlung über 
den babylonischen Turm. Die alte biblische 
Geschichte vom „Turmbau zu Babel“ ist jeder- 
mann bekannt in Wort und Bild (vergl. 
Hommel-Festschrift, Leipzig 1916 (S. 1 ff.). So 
hat die Frage nach der Gestalt jenes Riesen- 
baus je und je vielfaches Interesse getunden. 
In unserer Zeit aber, da es gelang, die Funda- 
mente des historischen Turms festzustellen und, 
ausser mit gelegentlichen Schilderungen eines 
Herodot, Diodor, Strabo, Kyranidentextes und 
Benjamin - von — Tudela-Berichtes, vor allen 
Dingen nun mit einer seit 1876 bekannten, 
1912 aber im Original wiedergefundenen keil- 
inschriftlichen genauen Bau-Vermessung zu- 
sammenzuhalten und so aus dem Bereich blosser 
Phantasie überzugehen zu Rekonstruktions- 
versuchen, die Aussicht haben, der einstigen 
Wirklichkeit bis zu einem ziemlichen Grad 
nahekommen zu können, da hat der Gegenstand 
allgemeines und kunsthistorisch entscheidendes 
Interesse. Deshalb ist es berechtigt, ja geboten, 
auch über den begrenzten Rahmen der Fach- 


161 


zeitschriften hinaus, an der Lösung des Problems 
teilnehmen zu lassen und dadurch mit zu ver- 
hüten, dass ledigliche Vorschläge etwa für ge- 
sicherte endgültige Ergebnisse genommen und 
zu Unrecht in populären Kunstzeitschriften 
und Kunstgeschichten wiedergegeben werden. 

So begrüssenswert Koldeweys Entschluss 
ist, in der Babelturmfrage, nach langem Ver- 
meiden einer persönlichen Stellungnahme seiner- 
seits dem Problem gegenüber, sich zu einer 
Rekonstruktion des Babelturms, des be- 
deutendsten Tempelturms (Zikkurratu) Ba- 
byloniens und Assyriens, herbeizulassen, so un- 
anerkannt ist zunächst die ganz neue spezielle 
Voraussetzung, die er seiner Rekonstruktion 
zugrundlegt, um den Zikkurrat-Typus festzu- 
stellen. Koldewey weiss das und ist natürlich 
so ehrlich, es selber auszusprechen (S. 19): 
„Meine Darlegungen verändern die Grundlage 
der bisherigen Betrachtungsweise, und wenn 
sie anerkannt werden, so werden gewiss die 
betreffenden Autoren (früherer Rekonstruktionen), 
Hommel, Thureau-Dangin, Scheil-Dieulafoy, 
Weissbach und Dombart, ihre Ansichten selber 
revidieren.“ 

SoweitKoldewey damit direkt derErwartung 
Ausdruck gibt, dass auch von mir, als dem 
Verfasser der jüngsten und umfassendsten 
Babelturmarbeit (, Zikkurrat und Pyramide“, 


162 


163 


München 1915 bei C. H. Beck), Stellung ge- 
nommen werde zu seinem Vorschlag, darf ich 
mich dem nicht entziehen und möchte daher 
einstweilen hier in Kürze das Hauptsächlichste 
aussprechen, um dann später in einer Fach- 
zeitschrift auf Einzelheiten eingehen zu können 
(Jahrb. d. Kais. Archäol. Instit. Berlin). 

Koldeweys Vorschlag, die „sechs Papahäni 
(Heiligtümer) des Nuhar (Tempelturms)“ nicht, 
wie bisher angenommen, unten, und um den 
Turm herum anzuordnen, sondern um den beiden 
sechs Papahänigenannter Hof (Kisallu) zu einem 
Tempelkomplex zu gruppieren von 80 m x 
80 m, halte ich für so unbedingt einleuchtend 
und glücklich, dass ich ihn mit Freuden als 
die Lösung schlechthin bezeichnen möchte. 
Das Vorbild, das Koldewey nachahmte, der 
„Esagilla“-Komplex im Süden des Turms, ausser- 
halb des Peribolos, bürgt für die absolute Be- 
rechtigung des Schemas. — Dass Koldewey aus 
der Bezeichnung „sechs Heiligtiimer des Babel- 
turms“ folgern zu müssen glaubt, diese Tempel 
(Papahäni) hätten im engeren Zusammenhang 
mit dem Turm gestanden, als bisher allgemein 
und auch von mir angenommen wurde, dazu 
hat er nun zweifellos das Recht, solange nicht 
Gegenteiliges bewiesen werden kann. Zu graben 
wäre nur noch, genauer, innerhalb des Peribolos, 
östlich vom Turm. Und der Gedanke nun, diesen 
Sechs-Tempel-Komplex von 80 m =< 80 m 
über das Turm-Fundament von 90 m & 90 m 
zu halten und darauf den Vorschlag zu machen, 
diese Tempelgruppe auf die Höhe des Massivs 
zu plazieren, ist dann gewiss nicht fernliegend. 
Ich sprach selber, vor Jahren schon, Herrn 
Geheimrat Hommel gegenüber von der theo- 
retischen Möglichkeit ähnlicher Unterbringung 
der Tempelgruppe beim ersten Geschoss (90 
m & 90 m) des Turmes, hatte aber praktische 
Bedenken, weil es mir mehr auf die Gestalt 
des Turmes ankam als auf die Unterbringung 
der Tempel. 

Im Anschluss an Koldeweys Anregung je- 
doch möchte ich nun sagen, rein theoretisch: 
Oben, auf der Höhe des ersten Stocks (33 
m) des Turms von 90 m * 90 m könnte ich 
mir Koldeweys Tempelgruppe als Krönung sehr 
wohl vorstellen, nur nicht als Originalschöpfung, 
sondern als Zustand einer späteren Zeit, etwa 
nachdem Alexander d. Gr. die oberen Stock- 
werke des halbzerfallenen Turmes abgetragen 
hatte, aber am beabsichtigten Wiederaufbau 
durch den Tod verhindert worden war. Damals 
könnte man, wie das ja oft genug ging, in dem 
Bestreben, wieder ein Benützbares zu schaffen, 
zugleich auch für das wohl ebenfalls damals 
schon zerfallene „Esagilla“, auf der ab- 
geräumten Plattform des 33 m hohen Babel- 


Orientalistische Literatarze ung 1918 Nr. 7/8. 


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turmstumpfes die Sechstempelanlage geschaffen 
haben, die einerseits mit „Esagilla“ soviel 
Aehnlichkeit hat und andererseits doch auch 
wieder die alte Idee eines Turmgipfelheiligtums 
von der ehemals dreifach so hohen Zikkurrat 
beibehalten zeigte. Diese immerhin noch mächtige 
Anlage einer absterbenden Grösse würde es 
dann gewesen sein, die der Schreiber des Keil- 
schrifttabletts meint, wenn er von den „sechs 
Heiligtümern des Nuhar“ spricht. Aber eine 
richtige Zikkurrat, oder der Original-Babel- 
turm, wäre das nimmer gewesen, sondern nur 
ein Turmstumpf mit Notbehelfkrönung. 

Dass nun aber Koldewey den Vorschlag 
macht, den Tempel-Komplex nicht hier, auf 
der Plattform des Turmstumpfes, sondern auf 
dem siebenstufigen, 90 m hohen Turm des 
intakten Zustandes anzuordnen, also seinen Sechs 
Tempel-Komplex praktisch mit dem blauen 
Gipfelhaus „Schahuru“ des Keilschrifttextes, 
sowie dem voc u&yas (grossen Tempel) Herodots 
gleichzusetzen, das muss m. E. mit aller Be- 
stimmtheit abgelehnt werden. Denn ab- 
gesehen davon, dass ich »ņóç hier durchaus 
nicht aus Vorurteil, sondern, wenn auch taktisch 
unklug, in seinem, wie jedes Lexikon bestätigt, 
ursprünglichsten Sinn wiedergab, den auch die 
anschliessende Inventarschilderung (Thron und 
Tisch) nur gutheisst, im Gegensatz zum statuen- 
reichen Tempelkomplex des xatw vnos, des 
Unten-Tempels, wo also »ņóç in seiner er- 
weiterten Bedeutung verwendet ist, und ab- 
gesehen davon, dass das „Schahuru“ der Keil- 
inschrift eben nicht 80 m x 80 m, sondern 
nur 24 m x 21 m misst, würde die Sache 
nach Koldeweys Aufbauanordnung von vorn- 
herein einstürzen müssen, wie er selber zu- 
gibt (aber mit dem Hinweis auf den eben wirk- 
lich bezeugten Verfall z. Zt. Alexanders d. 
Gr.). Doch dass man nach mehr als 2000 jäh- 
riger Erfahrung im Zikkurratbau so etwas 
von vornherein Fehlerhaftes gemacht: habe, ist 
ausgeschlossen. Und der klotzige Würfel der 
Koldeweyschen Babelturm-Rekonstruktion ist 
nun und nimmer ein „Stufenbau“ im Sinne des 
Keilschrift-Tabletts, nun und nimmer als „Py- 
ramide“ anzusprechen wie bei Xenophon und 
Strabo, nun und nimmer als Abbild eines 
Bergkegels, wie es die alten Schilderungen 
wollen, nun und nimmer als „Zikkurrat“ in 
der Vulgär-Etymologie „hohe Spitze“. — Ausser- 
dem muss Koldewey die wichtige, einzigartige 
Herodotschilderung der, Aufgangsrampezyklisch 
um alle Stockwerke herum“ unverwertet lassen 
und seine kiihnen Steiltreppen dafiir anordnen, 
wihrend die Herodotrampen sich mit den Stock- 
werkmessungen der Keil-Inschrift ohne weiteres 
vereinigen lassen. 


165 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 


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Das Bedenkliche ist aber, dass Koldewey 
meint, „ methodischerweise“ sich gerade über 
diese Stockwerkabmessungen hinwegsetzen zu 
müssen, um seiner Hypothese die Bahn frei zu 
machen. Wenn die Ruine, wie Koldewey sie 
annimmt, noch alle Stockwerke der Höhe 
nach richtig messbar zeigte, so konnte der 
Verfall der Stockwerkquerschnitte nie so gross 
sein, dass sich die e gleich bis 
zum vierfach geringeren Wert schön regelmässig 
verringert haben konnten. Wenn aber, wie ich 
schon in meiner „Zikkurrat“ (S. 46/47) annahm, 
vielleicht der Teil der Keilinschrift, der die 
Masse des Turms genau gibt, ursprünglich 
von einer älteren Schilderung des Babelturms 
stammen sollte, so hätte Koldewey um so weniger 
ein Recht, die Baubestände zweier Perioden 
vermengend, die bei ihm zwischen Turmstumpf 
und Hochtempelkomplex eingeschalteten nur 
noch andeutungsweise gestuften Geschosse wohl 
ihrer alten Höhe nach anzuerkennen, ihre 
Querschnitt masse aber beiseitezuschieben und 
durch mehrfach vergrösserte zu ersetzen, 80 
dass er oben statt des bezeugten Gipfelquer- 
schnitts von 24 m * 21 m eben 80 m * 80 m 
aufsetzen kann. Praktisch hätte aus Kolde- 
weys Babelturm auch deshalb nie der hypo- 
thetische „Ruinenzustand“ hervorgehen können, 
weil das oberste Geschoss der „Ruine“ in 
Koldeweys Tempelhof zu liegen käme, wo es 
doch nie hätte aufragen können. 

Nein, hier ist die verhängnisvoll schwache 
Stelle, an der einst nicht nur der Originalturm 
tatsächlich schon im Bau hätte einstürzen 
müssen, sondern an der auch Koldeweys Babel- 
Turm-Rekonstruktion scheitern muss. 

So imponierend also Koldeweys Lösung der 
Tempelgruppierung ist, so schade ist es, 
dass seine Turmgestaltung durchaus nicht 
den Typ einer Zikkurrat darstellt, sondern einen 
Bastard, den es so nie gab, sondern höchstens, 
dreimal so niedrig, als Zustand der Endzeit. 

Unter diesen Umständen bieten die Er- 
gebnisse meiner Zikkurrat-Arbeit auch weiter- 
hin die bisher gesichertste Anschauung der 
alten Babeltürme. 


Das Ninlil-Tor zu Ninive. 
Von E. Madeja. 


Die RA (IX, 71f.) bringt einen Aufsatz 
von Francois Martin über die Stelle Kol. 
VII, 78f. des neuen achtseitigen Sanherib- 
Prismas, wo der Name des der Göttin Ninlil 
geweihten Tores angegeben wird: ,(O Ninlil), 
befestige die Regierung Sanheribs mit dem 
(d. h. im) Sternbild des Lastwagens!“ (ša “ Sin- 
ah -er-ba it-ti man -eal- ti erik-ki bin · ni 


palt-34). Martin übersetzt erikku mit „Last- 
wagen“ (nach Meissner) und erklärt manzaltu 
als „la station astronomique dans laquelle se 
tiennent les dieux dans le ciel“. Es müsse sich 
in dem Namen des Tores also um ein Sternbild 
handeln. Nun werde zwar ein Sternbild erikku 
in Keilschrifttexten nirgends genannt, jedoch 
habe Meissner ZA XVII, 239 gezeigt, dass 
erikku das Ideogramm GIS. HAR. GID. DA 
habe. AR. GID. DA aber komme tatsächlich 
als Sternbildbezeichnung vor. 

Ueber dieses MAR. GID. DA habe Kugler 
ausführlich gehandelt (Sternkunde und Stern- 
dienst in Babel I, 249 ff.), und zwar mit dem 
Ergebnis, dass die babylonischen Astronomen 
zwei erikku-Sternbilder kannten, ein zirkum- 

olares, dasschonHommelmitunserem „Wagen“ 
identifizierte, und eines, das als „Monats- 
verkündiger“ diente. Es zeigte durch seinen 
heliakischen Aufgang den Beginn des Monats Ab 
an. — Kuglers Beweis baut sich darauf auf, 
dass "WMAR.GID.DA im Astrolab Pinches 
erwähnt ist, dieses aber sei ein Verzeichnis der 
Monatsfixsterne. Ein solches Sternbild sei in 
der Nähe der Ekliptik zu suchen, und zwar 
näherhin in einem Teile unseres Löwen. 

Martin ist nun der Meinung, dass in dem 
Namen unseres Tores an dieses letztere Sternbild 
gedacht sei, und erklärt ihn als eine Bitte an 
Ninlil, die Regierung Sanheribs im Sternbild 
des „Lastwagens“ zu befestigen. ™ MAR.GID. 
DA wird nämlich auch Sternbild der Stadt 
Nippur genannt (s. Kugler, a. a. O.) und Ninlil 
sei eine Göttin von Nippur, der „Lastwagen“ 
daher als ihre Wohnung am Himmel aufzufassen. 
Der Sinn der Bitte sei also, sie solle die Re- 
gierung Sanheribs in ihr Haus aufnehmen, das 
heisst in ihre besondere Obhut nehmen. 

Es dürfte jedoch nicht unmöglich sein, unter 
dem erikku-Sternbild, das Sanherib nennt, unsere 
Ursa maior zu verstehen. Wir brauchen uns 
nur zu erinnern, dass dieses Sternbild zur Zeit 
Sanheribs für die geographische Breite von 
Ninive zirkumpolar gewesen ist (vgl. Kugler 
a. a. O. 251 Note), weil der Pol damals nicht 
bei æ Ursae minoris lag, sondern etwa bei « 
Dracontis. Vermutlich ist er sogar das einzige 
vollständig zirkumpolare Sternbild gewesen. 
Von seinen 7 Sternen hat sich nämlich der 
siidlichste (8) bei der unteren Kulmination, bei 
welcher er seinen tiefsten Stand erreicht, immer 
noch mehr als 10° über den (mathematischen) 
Horizont erhoben, während bei den übrigen in 
Frage kommenden Sternbildern, Ursa minor und 
Draco, die südlichsten Sterne nur etwa 5° über 
dem Horizont kulminierten. Da diese zudem 
lichtschwächer sind als 8 Ursae maioris, wurden 
sie bereits von der Atmosphäre verdunkelt. 


167 


Herr cand. phil. Schneider weist mich auf 
die Homerstelle Ilias XVIII 487 ff. hin, die 
den Wagen für Griechenland (das dieselbe geo- 
graphische Breite hat), geradezu als einziges 
Zirkumpolarsterubild bezeugt: 

aoxtov F iv xai auasav Eniximow xcadréovory, 
n T avtot orpépstas xai “Roiwva do, 
oin d appoods gots ostomy *Qxeavoio. 

Die Bitte Sanheribs wire dann also veran- 
lasst dadurch, dass der „Wagen“ nie vom Himmel 
verschwindet. Das wäre gleichsam das tertium 
comparationis. Der Name des Tores hätte den 
Sinn: Mache Sanheribs Regierung fest, d. h. 
dauernd, wie (itti) das Sternbild des Wagens. 

Es besteht allerdings, wenn wir unter erikku 
die Ursa maior verstehen, kein gedanklicher 
Zusammenhang mehr zwischen dem Sternbild 
und der Göttin Ninlil; es ist nicht einzusehen, 
wieso gerade Ninlil die Regierung Sanheribs 
„im“ Sternbild des Lastwagens „fest machen“ 
soll. Aberdie Anrufung Ninlils dürfte hinreichend 
begründet sein durch den Umstand, dass das 
Tor nach einer ihr geweihten Ortschaft hinaus- 
führte (Kar-"Ninlil Z. 79). Zudem dürfte auch 
der von Martin hergestellte Zusammenhang 
nicht ganz sicher sein; denn in der Region des 
Löwen hat Bél-Marduk zu gebieten, nicht Ninlil 
(s. Kugler a. a. O.). 

Uebrigens will E. F. Weidner überhaupt 
nur ein Sternbild”! AR. GID. DA gelten lassen, 
unsere Ursa maior. Das „Astrolab“ Pinches 
biete nämlich kein Verzeichnis von „Monats- 
verkündigern“ und ihren heliakischen Aufgängen, 
sondern eine Darstellung der drei Fixstern- 
sphären (E. F. Weidner, Handb. d. bab. Astro- 
nomie 64 ff.). Doch habe ich seinen Beweis 
hierfür nicht nachprüfen können. 


Nabü und Nimurta. 
Von A. Ungnad. 


Es ist bekannt, dass die babylonischen 
Liederdichter sich nicht gescheut haben, in neue 
Lieder ganze Stücke aus älteren einzufügen. 
Hierbei kommt es vor, dass Lieder exzerpiert 
wurden, die ursprünglich einer ganz andern 
Gottheit gewidmet waren. Solche Ueber- 
tragungen waren besonders dann leicht, wenn 
die in Frage kommenden Gottheiten wesens- 
ähnlich waren. Nabü und Nimurta sind sich 
besonders darin ähnlich, dass sie „Mittler- 

estalten“ sind, sie sind beide die „wahren Söhne“ 
ihrer grossen Väter. So konnte man, nament- 
lich seitdem Nabüs Bedeutung durch die Er- 
hebung Babylons zur Reichshauptstadt gewaltig 
gestiegen war, unbedenklich Nimurtahymnen 
zum Preise Nabüs exzerpieren. Ein schönes 


Beispiel dafür bietet Rm. 272 (Meek, BAX 1, 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 


168 


Nr. 19), das aus der 1. Tafel des Werkes lu- 
gale ud melumbi neryal überarbeitet ist! und es 
ermöglicht, einige Zeilen der Nimurta-Dichtung 
zu ergänzen. Es ist im wesentlichen Lugale 
I 5f. = Rm. 272, 10 f., 17f. = Rm. 272, 6 f., 
I 11 f. = Rm. 272, 9f. Die betreffenden Zeilen 
von Lugale I sind demnach folgendermassen 
zu fassen: 

5 [al-mä-rü mer-šä? nu-kus-ü ki-bal a(-a-zu 

[te(?)-a(?)} | 
a-bu-bu sip-pu la? ni-hu Sa a-na mat nu- 
kur-tum (ša a-[bi-ka te-ti-th-hu-u-(?)] 
Zyklon, rastlose Viper, der du dem Feindes- 
lande [deines Vaters dich nahst(?)4], 

7 [sjag me-Sü ti-na (ba-gub-[ba]) 

[a-sa]-ri-du šu a-na ta-ha-zi da- ap- nis iz- 
za-az-[zu] 

Erster, der zum Kampfe ungestüm daher- 
tritt, 

Ile šú azag]-ga r medda s e(?)-gal 

| sen ] Sd ina ka-ti-3u el-li-tum me-[it-ta] 
na- S- 
e , der in seiner reinen Hand die 
Gotteswaffe trägt, | 
nu(?)] Se-ga Se-dim gir®-su-ub- 
lu (fa m/a]-yi-ri ki-ma Sei- im 
as-gi-da(?2)8 
[Der die Häupter(?) der Un]botmässigen 
wie Gerste aberntet?. 

Wie man sieht, ist die Uebereinstimmung 
nicht ganz wörtlich und auch die Reihenfolge 
der Zeilen ist nicht die gleiche. Dennoch kann 
es nicht zweifelhaft sein, dass der Verfasser 
des Nabf-Liedes das Werk Lugale für seine 
Zwecke ausgebeutet hat. 


1 Geller, Die sumerisch-assyrische Serie lugal-e ud 
me-lam-bi nir-gal (Breslauer Dissertation 1916) scheint 
dies übersehen zu haben. 

2 Zur Aussprache von MIR.DU s. Brüss. Vok. 
IV 44; Sibbu ist in dieser Bedeutung nicht „Gürtel“ 
(Geller), sondern ein gefährliches Tier, vielleicht „Viper“, 
vgl. auch KTAR III 97,9. Auch blosses MIR oder GIR 
bezeichnet dieses Tier und nicht „Gürtel“ (Delitzsch, 
Glossar, S. 186. 278), Als Schlangen wesen wird es durch 
die Schreibung MUS. MIR (CT XVI 19, 19) charakteri- 
siert. Wahrscheinlich ist mit Frank, Studien zur bab. 
Religion, 8. 272 (ebenso Holma, ZA 28, 156), besser 
sippu = DD „Cerastes“ zu lesen. Vgl. indes auch 


Schreibungen wie si-ib-ba II R 19, 7b. 

3 Oder lies la (a-)ni-hu? 

Vgl. II R 19. 7. 8 b. 

* Zur Aussprache vgl. Vok. C 136 (me- id-da) und 
Delitzsch, Glossar, S. 186 (me- id- tu). 

6 Zeichen KIN; das zugefügte gu- ub bedeutet auch 
„einsammeln“ (esöpu); vgl. Delitzsch, Glossar, S. 248. 

S0, nicht KUR wird das Original haben. 

® So oder du dürfte das Original haben. 

® Auch Rm. 272, 9 ist der Gott Subjekt des Relativ- 
satzes, nicht ein unerklärbares ‘they’ (Meek). 


169 


Der Ort der Ermordung Sanheribs. 
Von Friedrich Schmidtke. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 


170 


I, 27) und sie dadurch fernzuhalten, ganz wie 
in Assyrien. Freilich werden sie nie Sed und 
lamassu genannt, doch da sie wie in Assyrien 


In seinem Artikel „Die Ermordung San-|an den Toren standen und auch denselben 


heribs* (OLZ 1917, Nr. 12) und „Archaeology 
and Sennacherib’s Murder“ (The Sunday School 
Times, Philadelphia 19. VIII. 1911) führt A. 
Ungnad alsHauptgrund, welcher gegen Babylon 
als Ort des Mordes spricht, an, dass bisher Sédus 


Zweck hatten, so konnte der assyrische Chronist 
Assurbanipals leicht dafür die in Assyrien ge- 
läufigen Ausdrücke einsetzen, um seinen Lands- 
leuten die Oertlichkeit der Ermordung Sanheribs 
anschaulicher zu machen. Dass diese Stier- 


und lamassus an den Eingängen babylonischer | und Schlangenbilder aus Bronze und nicht 


Tempel nicht nachgewiesen sind. Doch bereits 
Hammurapi kennt solche: es sollen für ihn 
Fürbitte einlegen sédum lamassum ili éribit 


Esagila ... (Cod. Hamm. XXV r, 48 ff.) Ferner 
zeigt uns Assurb. VI, 58, dass es in Elam Sitte 
war, 3ödus und lamassus an den Tempeln auf- 
zastellen, dorthin kann dieser Brauch aber wohl 
nur von Babylonien gekommen sein. Weiter fiihrt 
ein Tor von Esagila den Namen bib (ilu) lamassi 
rabi. (Nerigl. Nr. 1 (Langdon) I, 23, 29)!. Wenn 
die bisherigen Ausgrabungen in Babylon und 
anderen babylonischen Städten keine Sedus und 
lamassus zutage gefördert haben, so liegt das 
wohl daran, dass diese Städte nicht in plötz- 
lichen Katastrophen zugrunde gingen wie Ninive 
und Dür-Sarrukin, sondern nach dem Unter- 
gange des neubabylonischen Reiches noch jahr- 
hundertelang bewohnt waren, wodurch natürlich 
die Wahrscheinlichkeit der Erhaltung derartiger 
Stücke recht gering wird?. 

Die Sedus und lamassus sind zunächst gute 
oder böse Dämonen, im guten Sinne „Schutz- 
götter“. Diese Bedeutung „Schutzgottheit“ 


vielmehr aus Stein waren, braucht uns nicht 
weiter zu verwundern, auch in Assyrien gab 
es lamassus (und wohl auch Sedus) aus Bronze. 
(Asarh. V, 52; KB II, 136.) Uebrigens scheuten 
auch die babylonischen Könige die Kosten für 
Skulpturen aus dem immerhin schwer zu be- 
schaffenden Stein nicht, es sei nur an den 
„Löwen von Babylon“ in der Hauptburg er- 
innert, wo noch zahlreiche Fragmente ähnlicher 
Stücke gefunden worden sind. (Koldewey, 
Das wiederersteh. Bab. S. 158.) 

Den Hauptgrund für Babylon als den Ort 
des Mordes bildet aber noch immer die Stelle 
Assurb. IV, 70 ff., die so fest in den Zusammen- 
hang eingefügt ist, dass man nur schwer an 
eine Paranthese denken kann: Babylon wird 
erobert — Samas-Sum-ukin stürzte sich ins 
Feuer — von denen, die sich gefürchtet hatten, 
ihm zu folgen, entrann keiner — die gefangenen 
Soldaten wurden niedergemetzelt — „den Rest 
der Ueberlebenden bei dem Sédu und lamassu, 
wo man Sanherib, meinen Grossvater, nieder- 
gemetzelt hatte, damals zu seinem Totenopfer 


liegt vor in dem Tornamen „IStar-lamassu-um- hieb ich diese Leute daselbst nieder. Ihre 


mäni3u“ (Nebuk. Nr. 19 (Langdon), VII, 45), 
wohl auch in Nebuk. Nr. 9, 54 ff., wo „Erech 
seinen 3ödu, Eanna seinen wohlgesinnten la- 
massu“ zurückerhält, vielleicht ebenfalls in dem 
bereits angeführten Tornamen bab (ilu) lamassı 
rabi. In der Prozession der Ninkarrak schreitet 
ein gnädiger sédu und lamassu. (Keilschriftt. 
a. Assur rel. Inh. Nr. 16.) Als Schutzgötter 
bewachten sie die Eingänge der Paläste und 
Tempel. Nun ist aber nicht gesagt, dass sie 
immer gerade die aus Assyrien bekannte Form 
haben mussten und man konnte als šêdus und 
lamassus gewiss auch die „ehernen Stierbilder 
und Prachtschlangen“ bezeichnen, die Nebu- 
kadnezar allenthalben an den Eingängen seiner 
Bauten aufstellen lässt und die wohl auch ein 
Jahrhundert früher schon dort standen, um 
die Tore zu bewachen, „auf Böse und Feinde 
das Gift des Todes auszuspriihen“ (Nerigl. Nr. 1, 


1 Vgl. dazu Streck, Assurbanipal S. 410. 

* Da die babylonischen sédus und lamassus zudem 
allem Anschein nach nicht aus Stein, sondern aus Bronze 
waren (s. u.), so ist auch aas diesem Grunde kaum auf 
eine Erhaltung zu rechnen. 


abgehauenen Gliedmassen liess ich Hunde, 
Schweine usw. fressen. Nachdem ich diese 
Handlungen ausgeführt...“ (reinigte ich die 
Stadt). Wäre die Hinrichtung in Ninive ge- 
schehen, so hätte Assurbanipal gewiss nicht 
vergessen, das eigens zu bemerken, sonst 
geschieht das immer; vgl. z. B. Col. IV, 136 f., 
V, 5 u. v. a. 

Noch ein zweites ist nicht zu übersehen: 
Es werden in der angeführten Stelle Babylonier 
für die Ermordung Sanheribs verantwortlich 
gemacht. Das war aber doch nur möglich, 
wenn die Tat in Babylon stattgefunden hatte, 
denn dass die eigentlich Schuldigen die Söhne 
Sanheribs, mithin Assyrer gewesen waren, war 
ja kein Geheimnis. Den Schein eines Rechtes 
musste auch Assurbanipal zu wahren suchen, 
das ist aber undenkbar, wenn die Ermordung 
Sanheribs in Ninive stattgefunden hatte; vgl. 
auch Winckler F. I, 418. 

Die Wucht dieser Tatsachen brachte denn 
auch Winckler zu der Deutung 790) = mn. 
Mag sie nun richtig oder falsch sein, jedenfalls 
ist auch aus der Erklärung 03) = 7703 kein 


171 


Schluss auf den Ort des Mordes zu ziehen. 
Nimrod-Ninib ist ebensowenig der Gott San- 
heribs, wie Marduk. Der Gott Sanheribs ist 
Assur und Ninibtempel gab es in vielen Städten. 

Wenn die Niedermetzelung der Babylonier 
als ,kispu* bezeichnet wird, so ist damit wohl 
kaum ein wirkliches Opfer mit strengem Ritual 
gemeint. Der Sinn ist einfach: Wie sonst 
Speisen und Getränke für die Seelenruhe der 
Verstorbenen dargebracht werden, so soll jetzt 
die Seele Sanheribs durch den Tod seiner 
einstigen unversöhnlichen Feinde befriedigt 
werden und gleichsam noch im Jenseits ihre 
Rache kühlen können und dadurch in noch 
viel höherem Grade Ruhe finden als durch ein 
gewöhnliches kispu. 

Sanherib scheint sich gegen das Ende seines 
Lebens der babylonischen Partei wieder ge- 
nähert zu haben, nur so ist seine Anwesenheit 
in Babylon, die Ermordung durch seine Söhne, 
die mit dieser Schwenkung seiner Politik nicht 
einverstanden waren, und der Aufstand in 
Assyrien zu erklären. Da Esagila damals noch 
in Trümmern lag, so muss das Opfer, bei 
welchem Sanherib seinen Tod fand, ein Opfer 
gewesen sein, wie es bei den feierlichen Grund- 
steinlegungen stattfand. 

Man wird also an Babylon als dem Orte 
der Ermordung Sanheribs festhalten müssen. 


Lexikographisches. 
Von Bruno Meissner. 
I. sÜSU. 


Es war von vornherein ziemlich wahrschein- 
lich, dass das in aramäischen Dialekten sich 
findende, eine Silbermünze (= 1 Silberdenar) 
bezeichnende Wort xm dort nicht genuin sei; 
denn die im Tanchuma Mattoth (s. Lévy, 
Wörterb. s. v.) gegebene Ableitung von M = 
weichen, „die Om heissen so, weil sie von dem 
einen weichen und dem andern gegeben werden“, 
ist natürlich nur eine Spielerei. Auch die Er- 
klärung von Krauss, Talm. Arch. II, 407 als 
„das Schillernde“ dürfte nicht stichhaltig sein. 
Darum hat man schon lange vermutet, dass auch 
diesesWortmitso vielenandernKulturwörtern aus 
dem Akkadischen entlehnt sei, zumal die Grund- 
bedeutung von zen „teilen“ einer bestimmten 
Geldstückbezeichnung (vgl. z. B. pona) nicht 
ungünstig gegenüber steht, und Zimmern hat 
in seinen Akkadischen Fremdwörtern 21 t akkad. 


1 Dass Zimmern ebendort S. 3 meine Bemühungen 
um die Fremdwörterfrage anerkennt, ist sehr freundlich 
von ihm, korrigieren möchte ich nur den dort ge- 
brauchten Ausdruck „neuerdings“ („wie gerade Jensen 
und neuerdings Meissner und Holma“). Ich habe 
mich um die Auffindung akkadischer Fremdwörter im 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 


172 


züzu „wohl (Silber)stück od. ä.“ als Prototyp 
von aram. züsä statuiert. Das Unsichere an 
dieser Zusammenstellung war nur, dass wir 
bisher die genaue Bedeutung von akkad. süsu 
nicht kannten. zúgu findet sich schon in ganz 
alter Zeit als Eigenname (Ungnad, Akkad. 
Spr. 54), aber als Sinnwort kennen wir es nur 
aus einigen Vokabularnotizen. 92693, III 47 


(CT XII I ff.) wird ((( mit der sumerischen 


Aussprache ba-a unter anderem durch mi- i- lum 
= die Hälfte und su-ú-zi erklärt. Daraus schloss 
schon Delitzsch HW 252 wohl mit Recht, 
dass auch züru (vor allem wegen der Grund- 
bedeutung des Stammes 1) vermutlich „Hälfte“ 
bedeuten müsse. K. 4377, 9 (CT XVIII, 19) 
steht zu-u-zu unter einer Reihe von Synonymen 
(mi(!)-su(!); da-al-bu; da-ai-lum; sa-ri-rt; a- na- 
ku; (hi-bi)-tum; sal-la; zu-u-eu; ga- al- zu; at-ra- 
hi), deren Aequivalent zwar weggebrochen ist, 
das aber vermutlich ein glänzendes Metall 
(Silber oder Gold) war. Hieraus konnte man 
schliessen, dass gůzu voraussichtlich ein aus 
einem glänzenden Metall hergestelltes Halbstück 


|bedeutete. Diese Vermutung wird aufs schönste 


bestätigt durch ein, augenscheinlich der Nabnitu- 
Serie angehöriges Konstantinopler Vokabular 
(C. 4530), das Kol. III, 40 ff. folgende Angaben 


macht: 
— = ed-a- u 
+= 
== M 
8 -ET = si-ıl-tum 
2 ME = gu-ú-zu 


Wir lernen daraus also, dass zzu ein halbes 
Sekelstück war, so dass wir 2 mE nicht 


nur mišil Sikli, sondern auch züzu lesen können. 


2. nabalkattu. 


Asarhaddon erobert die Stadt Memphis durch 
pil-Si nik-st na-bal-kat-ti (Berl. Asarh. Rs. 43). 
Nach dieser Stelle wird auch in der Bavian- 
inschrift Z. 45 pil-si()u na-bal-katl)-wi zu 
emendieren sein; es sind dies die Instrumente, 
durch die Babylon zu Fall gebracht wurde. 
Sm. 279, 12 (Meissner, Supplem. Aut. 18) 
wird /na/-bal-kat-tu unter mehreren Schutz- und 
Trutzwaffen (z. B. /a]-ri-tu; [k]a-ba-bu; [sir]- 
ia-am) genannt. Deshalb wird nabalkattu auch 
eine Angriffswaffe oder wenigstens einInstrument 


Aramäischen seit dem Jahre 1889 (vgl. ZA IV, 267; 
WZKM IV 115; 118; 127 usw.) bemüht; eine seit 26 
Jahren fortgesetzte Tätigkeit kann man nicht gut mit 
dem Worte „neuerdings“ bezeichnen. 


ı Das =] wird wohl ein Editionsfebler für =] sein. 


173 


bezeichnen, um eine feindliche Stadt zu er- 
obern. Der $ 125 von Hammurapis Gesetz 
zeigt aber, dass auch in ein Privathaus ver- 
mittelst piu und nadbalkattu ein Einbruch verübt 
werden kann. Leider ist der von Scheil DEP 
X 83 publizierte, von Ungnad als § 76 ge- 
zählte Darasranlı des Gesetzbuches nicht gut er- 
halten; aber auch hier werden nabalkatiu und 
palâšu nebeneinander erwähnt. Da nun nabal- 
kutu zweifellos die Bedeutung „übersteigen, 
hinübersteigen“ hat (z. B. CT XVI, 14, 54: 
ana ursia as sbbalkitunt = auf mein Dach mögen 
sie nicht hinübersteigen; Maklü II, 154: kima 
pitikti ana nabalkutiia = um mich wie eine 
Lehmmauer zu übersteigen), so bedeutet nabal- 
kattu „das Hinübersteigen, Einsteigen“ oder 
das Instrument zum Hinübersteigen d. i. „die 
Leiter“ (so vermutete schon Jensen bei 
Schrader, Sendschirli I, 43). Das Haus wird 
also durch ein Loch in der elenden Lehmmauer 
oder durch Einsteigen ausgeraubt, die feindliche 
Stadt durch Breschelegen und Leitern erobert. 
Eine Illustration der Einnahme einer Stadt 
durch pilšu und nabalkattu bietet das bei Layard, 
Mon. I, 20 publizierte Relief Assurnasirpals, 
wo rechts unten ein assyrischer Krieger mit 
seinem Schwerte ein grosses Loch in die Mauer 
der feindlichen Stadt gebohrt hat, während 
daneben ein anderer Soldat sie auf einer hohen 
Leiter übersteigt. 


J. narkh. 


Die Bedeutung „Zuflucht“ war für das Wort 
markitu schon seit langem erwiesen; s. Delitzsch 
HW 619. Daneben kommt auch die Form 
nirkitu(Thureau-Dangin, 8 camp. de Sargon 
Z. 255) vor. Das zu diesen Substantiven ge- 
hörige Verbum ist nunmehr auch in mehreren 
Formen nachgewiesen worden. In I, 2 bedeutet 
es „Zuflucht gewähren“; vgl. CH. VIII, 43: 
wardam .... balgam ... ina bitisu ir-ta-ki = 
einem entflohenen .... Sklaven. . . . hat er 
in seinem Hause Zuflucht gewährt. Nicht ganz 
klar ist die Bedeutung bei Knudtzon, Amarna 
Nr. 161, 32: fi- ir- ta- xi- i mi = du hast dich 
zurückgezogen (?). narkü (IV, 1) hat die Be- 
deutung „sich flüchten, seine Zuflucht nehmen“; 
vgl. Ebeling, Assur Nr. 31 Rs. 16: ana zikir 
Sumesunu na-ar-ki = auf die Nennung ihres 
Namens flüchte Das Ideogramm ist HA-A, 
das sonst = haläku, na’butu ist. Das neuer- 
dings von Clay, Yale University Coll. I, 85 ff. 

ublizierte Vokabular bietet Kol. I, 13 folgende 
leichungen: 


= G = YY d. i. Sa-ataku|-ku-t-a- 
II d. i. i- g ub = ha-la-ku; na- bu- lu; nar-ku-u!. 


1 Korrekturzusatz: Vgl. jetzt auch Ungnad ZDMG 
71, 126. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 


174 


Diese Schreibung beweist, dass als Stamm der 
Wurzel nicht 0 resp. X39, sondern `p^ an- 
zusetzen ist. Ob er mit arab. ) zusammen- 


hangt, erscheint mir fiirs erste noch unsicher. 


Zur Serie harra = hubullu. 
Von A. Schollm eyer. 


Als weiteres Duplikat zur III. Tafel der 
Serie harra=hubullu ist ausser den von Meissner 
und Ungnad (OLZ 1915, 136; 1917, 73) be- 
sprochenen Texten das von Scheil, Recueil de 
travaux Vol. XXXVI (S. 12 des Separatabzuges) 
veröffentlichte Fragment zu nennen, das bereits 
von Scheil als Duplikat zu Rm. 367 erkannt 
wurde. Mit Kol. Il, Z. 41 nach der Zählung 
Meissners (MVAG 1913, 2 S. 18) setzt das 
anscheinend zweikolumnige Fragment ein und 
bricht mit Z. 58 des Textes ab. 

Die bemerkenswerten Varianten und Ab- 
weichungen sind bereits von Scheil verzeichnet. 
In Z. 44 scheint [gis]-ha-8ur = sap-[pan-du]! zu 
sein, obwohl Scheil keine Ergänzung wagt. 
Beachtenswert ist ferner gis-kib-gal = ha-ab- 
[hu], das sonst auch kamesseru entspricht. In 
der vorletzten Zeile bietet das Duplikat [gis- 
ljam-ga[r = bu-tu-ut-tu]; vielleicht ist das un- 
sichere gar mit Meissner Kol. II, Z. 57 gal 
zu lesen. 


Reste der Sprache von Hanigalbat? 
Von Otto Schroeder. 


Neben den zahlreichen sumerisch-akkadischen 
Vokabularen haben sich eine geringe Anzahl 
von Vokabularbruchstücken erhalten, diezweifel- 
los Unsumerisches Sprachgut behandeln, ohne 
dass wir bisher in der Lage wären, dieses 
Sprachgut näher zu bestimmen. Ich erinnere 
an VR 20 Nr. 4, wo wir Z. 57—60 die 


Gleichungen lesen: 


ku = a-na-ku 

li = at-ta 

Se = Fu- 

St = šú-a-tum f 


(Vgl. dazu Delitzsch, Sumerische Grammati 
S. 24, Anm. 1). Etwas umfangreicher ist das 
Stück VR 27, 31 ff.; dort finden wir zunächst 
in Zeile 34—37 folgende Gleichungen: 


lù = a-na-[ku] 
ku = at-ta 
la = Su-u 
li = šú-a-tum. 


Man beachte, dass in beiden Stücken die An- 
ordnung der akkadischen Spalte die gleiche ist; 
es handelt sich um zwei verschiedene Sprachen; 


1 Zu sappandu = Senf (sinapis ag vgl. Holma, 
Kleine Beiträge zum assyr. Lexikon 8. 78. 


175 


die des zweiten Fragments lässt sich vielleicht 
bestimmen. 

Hierzu ist die elfzeilige Inschrift des Agab- 
taha verwertbar, die Scheil in „Delegation en 
Perse, Mémoires Vol. II (Textes élamites-sémi- 
tiques I)“ S. 95f. und pl. 20 mitteilte. Sie 
stammt von einem Manne namens A-ga-ab-ta-ha, 
der unter Kastilias aus Hanigalbat entfloh und 
am Hofe dieses Königs Zuflucht fand; er nennt 
sich in seiner Inschrift mu-un-na-bi-it-tum Ha- 
lı-gal-ba-tu-ü „Hanigalbatäischer Flüchtling“, 
legt also merkwürdigerweise auf die Tatsache 
seiner Flucht aus dem Vaterlande gewissen 
Nachdruck, wie es etwa die französischen Ré- 
fugies taten. 

Bei Besprechung unserer Inschrift sagt 
Winckler (OLZ 1901 Sp. 451 = Kritische 
Schriften II S. 97): „Merkwürdig ist die 
Schreibung Ha-li-gal-ba-tu-4. Mit Scheil muss 
man daraus zunächst die Lesung li des ni der 
gewöhnlichen Schreibung folgern, aber in Tel- 
Amarna wird es einmal mit na geschrieben, 
so dass wohl hier eine schlechte Schreibung 
oder ein Versehen anzunehmen ist.“ Da wir 
bisher nur die Schreibungen Ha-ni-gal-bat, Ha- 
na-kal-bat (VAT 333, 10 = VAS XI Nr. 146) 
fanden, ist eine Lesung mit I statt n einfach 
unmöglich, wenngleich man sich hin und her 
unter dem Einfluss des Agabtaha-Textes zu 
deren Annahme bewogen fühlte. — Nun wäre 
noch eine dritte Möglichkeit da, dass es sich 
nicht um eine „schlechte“ Schreibung handelt, 
sondern dass der Inschriftschreiber sich be- 
sonders fein ausdrücken wollte; das scheint in 
der Tat so gewesen zu sein. 

Man beachte nämlich, dass sich VR 27, 43 ff. 
für LI folgende akkadische Werte finden: :-na, 
a-na, 3a-a usw. Welcher Sprache dieses li 
angehört, sagt das Vokabular nicht; nichts 
schliesst daher die Annahme aus, dass es sich 
um ein Wort der Sprache von Hanigalbat 
handelt. Agabtaha, der „hanigalbatäische 
Flüchtling“ schreibt in seiner Inschrift Baby- 
lonisch, aber er erlaubt sich die Freiheit, ın 
ihr LI mit dem Lautwert ana zu benützen, 
weil das hanigalbatäische LI einem akkadischen 
ana entspricht. Wenn ein voller Beweis für 
meine Vermutung, dass VR 27 ein hanigal- 
batäisch-akkadisches Vokabular ist, hierdurch 
nicht geliefert ist, so mag man doch die Mög- 
lichkeit der Erklärung für später im Auge be- 
halten. | 


Zur Etymologie von II. 
Von P. 8. Landersdorfer. 


Bei Jakob von Sarug findet sich in der 
Homilie über den Fall der Götzenbilder (Martin, 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 


176 


ZDMG 29, S. 145, Bedjan, Homiliae selectae 
Mar Jacobi Sarugensis, tom. 3, S. 795) Vers 62 
der Ausdruck qasos Hui. Das Wort hel scheint 
sonst im Syrischen noch nicht belegt zu sein, 
wenigstens von den mir zu Gebote stehenden 
Lexica führt es Brun überhaupt nicht auf, 
während Brockelmann lediglich unsere Stelle 
zitiert. Aber auch die Etymologie des Wortes 
bietet Schwierigkeiten, da sich weder imSyrischen 
noch in den übrigen semitischen Sprachen eine 
entsprechende Wurzel zu finden scheint. 

Die Bedeutung lässt sich leicht aus dem 
Zusammenhang festlegen. Schon der Zusatz 
. deutet darauf hin, dass es sich höchst- 
wahrscheinlich um ein Wasserbehältnis handelt. 
Da sich ferner die in Betracht kommende Stelle 
auf den heidnischen Kult von Mabug-Hierapolis 
bezieht und wir anderweitig wissen, (Lukian, 
de dea Syra 10 u. 32), dass im Kult der Atar- 
gatis der heilige Quellteich eine Hauptrolle 
spielt, kann kaum ein Zweifel darüber bestehen, 
dass mit C Ya] dieser heilige Teich gemeint 
ist (vgl. meine Schrift: Die Götterliste des Mar 
Jacob von Sarug in seiner Homilie über den 
Fall der Götzenbilder, S. 51 f.). 

In Ermangelung einer befriedigenden semi- 
tischen Etymologie möchte ich die Vermutung 
aussprechen, dass IA sumerischen Ursprungs 


ist. Zunächst möchte man an egä „Flut, Hoch- 
flut“ denken (Delitzsch, Sum. Glossar S. 30), aus 
a-gö-a (T Keely), wobei dann, da eine direkte 
Entlehnung aus dem Sumerischen doch kaum 
anzunehmen ist, das akkadische agû (Delitzsch, 
HWB S. 15) die Vermittlerrolle gespielt haben 
müsste. Doch hat diese Annahme wegen des 
a-Lautes einige Schwierigkeit, da nicht einzu- 
sehen ist, warum im Syrischen ein i-Laut daraus 
bätte werden sollen. Ich möchte darum eher 
an e(g) „Graben, Kanal“ denken, das als iku 
in das Akkadische übergegangen ist (Delitzsch, 
Glossar, S. 29), welch letzteres ohne 
Schwierigkeit in syrisch Hl wieder zu er- 
kennen ist. 


Eine Mond- und Sonnenfinsternis im 
Alten Testament. 
Von Wilhelm Erbt. 

Im Hesekielbuche steht eine Sammlung von 
Aussprüchen gegen den König von Aegypten. 
Jeder von ihnen wird durch ein Datum einge- 
leitet. Jeder von ihnen ist mit einer Deutung 
versehen worden, die ihn auf die Zeit Nebu- 
kadnezars bezieht. Bereits Winckler hat den 
Nachweis geführt, dass Apries und Amasis, 
die Pharaonen dieser Tage, nicht inBe- 


177 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 


178 


tracht kommen. Ihre Auseinandersetzung 

hat viel später, um 570 stattgefunden. 
Die Rekonstruktion des ersten Aegypter- 
Spruches vom 12. X. 10 der Aera, die mit dem 
erbst 537 beginnt, führt, um es kurz zu sagen, 

zu folgendem Ergebnis: 
29 1(Es geschah) im zehnten Jahre, 
im zehnten, am 12. des Monats, 

(da kam Jahwes Hand über mich, 

und er sprach zu mir): Menschensohn! 


3Sprich "zum Hause Israel: 

30 280 sagt Jahwe: Jammert: 
Weh über den Tag! Denn nahe ist der Tag, 
sda fallen, die Aegypten stützen. 

Im Frühling 527 begannen die Rüstungen 
des Kambyses gegen Amasis. Unser Prophet 
warnt die zurückgekehrten Exulanten in Jeru- 
salem vor dem Anschluss an Aegypten, den 
der Fürst SeSbasar von Israel zu vollziehen 
beabsichtigte. Eine zweite dringlichere Warnung 
ergeht wenig später im Herbst 527 (3020). In 
Aegypten scheinen die griechischen Söldner des 
Königs unzuverlässig geworden zu sein. Hero- 
dot erzählt von der Flucht des Halikarnassers 
Phanes zu Kambyses (III, 4). Unser Prophet 
weist seine Volksgenossen darauf hin, dass der 
Arm Pharaos gebrochen sei und nicht wieder 
die Kraft bekommen werde, das Schwert zu 
ergreifen. Er hält also Aegyptens Widerstands- 
kraft für gebrochen. Zwei Monate später wird 
die Warnung noch feierlicher und dringender. 
Der Prophet wendet das Gleichnis von dem 
Te assir-Baume im Paradiesgarten an, der ge- 
fällt wird. Derselben mythushaltigen Fabel 
hat er sich auch im Kap. 17 bedient; nur spielt 
hier die Wendung von dem Holzfaller herein 
a Matth. 310, vgl. meine Schrift Jesus 

Das Datum des nächsten Spruches (32) hat 
der Bearbeiter zu ändern versucht. Ursprüng- 
lich ist der 1. XII. 11, während der Bearbeiter 
daraus den 1. X. 12 zu machen versucht hat. 
Das alte Datum ist nicht vergessen worden, 
sondern hat sich in einer Randglosse der Hand- 
schrift, auf die unsere Textgestalten zurück- 
gehen, erhalten. MT hat aus Bearbeitung und 
Randglosse den 1. XII. 12 komponiert (Beweis: 
er konnte 3217 nicht den 15. I. 12 folgen lassen), 
die LXX-Handschriften lesen teils den 1. X. 12, 
teils 1. XII. 11. Unser Prophet nimmt in dem 
Spruche das Bild vom Drachen auf, den Jahwe 
bekämpft: 

Du bist wie der Drache [im Meer], du spru- 

deltest mit deinen Nüstern, 

Trübtest die Wasser [mit deinen Füssen], 

rührtest seine Fluten auf. [So spricht 
Jahwe.) 


Aber ich will über dich ausbreiten mein 
Netz [in der Gemeinde vieler Völker] und 
dich emporziehen [mit meinem Fangnetz] 

und [dich werfen] ans Land [auf die Fläche 
des Feldes] dich schleudern (und mein 
Schwert fliegen lassen.) 

Und ich will tränken das Land mit dem 
(Fluss deines Blutes). 

Bei deinem Erlöschen wird der Mond sein 
Licht nicht leuchten lassen. 

ZudeneinzelnenZeilenfolgendeAnmerkungen: 

1. Der Bearbeiter setzt für den Drachen 
ein: „Jungleu der Völker — du bist dahin.“ 
Der Einschub „im Meer“ ist aus der Randglosse 
„im Wasser“ entstanden. 

2. „Mit deinen Füssen“ ist erläuternde Rand- 
glosse. Mit der Wendung „so spricht Jahwe“ 
will der Glossator den angeblichen Beginn der 
Jahwerede kennzeichnen. 

3. „In der Gemeinde vieler Völker“ gehört 
dem Bearbeiter an. Dieser Einschub hat die 
folgende Verbform verunstaltet. „Mit meinem 
Fangnetz“: entstanden aus cm, das glossen- 
haft zur folgenden Zeile nachgetragen war und 
hier falsch eingetragen wurde. 

4. „Ich will dich werfen auf die Fläche des 
Feldes“ ist erläuternde Glosse eines Lesers, 
der auch 295 ähnlich eingegriffen hat. Von 
ihm rühren dann wohl auch die Vögel des 
Himmels und die Tiere des Landes her, die 
ebenso 295 auftreten. Seine Erläuterung aber 
hat dieser Glossator aus Kap. 31 herüberge- 
nommen i, wo die Lebewesen als Schützlinge 
der Zeder ihr Recht haben. Auf die Glosse 
überhaupt kam er durch die Worte: „ich will 
fliegen lassen mein Schwert“. „n stand nachge- 
tragen am Rande oder bereits an falscher Stelle 
im Text eingetragen. Die Verbform von y 
führte auf die Vögel des Himmels. Der Be- 
arbeiter, der jene Worte des Urtextes im zehnten 
Verse ausdeutete, hat uns so in die Möglich- 
keit versetzt, sie wiederherzustellen, nachdem 
die in den Text gedrungene Glosse sie vernichtet 
hatte. Wahrscheinlich war die Textstelle über- 
haupt etwas verwischt. Zum Drachenkampf 
gehören Netz und Sichelschwert (vgl. meine 
Schrift MVAG 1912, 2 S. 125). 

5. Auch diese Zeile hat in Vers 5 und im 
Schlusse von Vers 6 eine erläuternde Glosse 
erhalten: „Ich will dein Fleisch auf die Berge 
bringen und mitdeinem (Blute) die Täler füllen“, 
„und die Rinnsale sollen von dir voll werden“. 
Dabeiist ihr Schluss 79 ADS verunstaltet worden. 


1 In dieser Weise, dass Wendungen aus dem einen 
in den anderen Spruch eingetragen wurden, sind die 
Orakel überhaupt aufgefüllt worden. So ist das Hinab- 
fahren in die Unterwelt in der Fabel von der Zeder aus 
32 17 ff. herübergenommen. 


179 


6. Der Bearbeiter fügte zunächst ein: Bei 
deinem Erlöschen „die Sonne, ich will sie ver- 
hüllen“, und der Mond wird sein Licht nicht 
leuchten lassen, „und ich will Finsternis über 
das Land bringen, ist Jahwes Spruch“. Während 
der Urtext eine Mondfinsternis bei dem Erlöschen 
des Drachen ankündigt, verwandelt der Bear- 
beiter durch seinen Einschub den himmlischen 
Vorgang in eine Sonnenfinsternis. Spätere 
Glossatoren machten dann aus dem Vorgang 
in der Gestirnwelt ein Unwetter: ich will die 
Sonne „mit Gewölk“ verhüllen — bei deinem 
Erlöschen „will ich den Himmel verhüllen und 
seine Sterne schwärzen“ — „alle Lichtträger 
am Himmel will ich deinetwegen schwärzen“. 

Den durch unseren Spruch angekündigten 
Tod Pharaos feiert der Prophet am 15. I. (LXX) 
12 seiner Aera (3217 ff.). Am Tage vorher muss 
also mit dem „Erlöschen des Drachen“ die Mond- 
finsternis stattgefunden haben. Diese Mond- 
finsternis ist die totale in der Nacht vom 16/17 
September 526 (Ginzel, Handbuch der Chrono- 
logie II S. 537). Der 1. I. 12 unseres Propheten 
begann also mit dem „Neulicht“ nach dem Neu- 
monde am 1, 88. IX. für den Meridian von 
Greenwich. Um die Zeit der Mondfinsternis 
aber trat auch die Sonne in das Bild der Wage, 
und damit begann zugleich das Sternbild des 
Ophiuchus und Serpens, das die Babylonier als 
Drachen (UT.KA.GAB.A)fassten, zu, erlöschen“. 
Im Herbst 526 ist tatsachlich Amasis von Aegypten 
gestorben. Das Schicksal Psammetichs, seines 
Nachfolgers, interessierte ihn naturgemäss nicht 
mehr; denn da war das Schicksal Jerusalems, 
das er wenden wollte, solange es Zeit war, 
entschieden. Am 5. X. 12, also Ende Juni 525, 
hört er in Babylonien den Fall der Stadt. 

Liegt der 15. I. 12 fest, so können wir uns 
ein ziemlich genaues Bild von der Zeitrechnung 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 


180 


81: 5. V. 6 = ca. 10. Januar 531. 

201: 10. V.7 = ca. 5. Januar 530. 

291: 12. X. 10 = ca. 31. Mai 527. 

3020: 7. I. 11 = ca. 22. Sept. 527. 

311: 1. III. 11 = ca. 13. Nov. 527. 

321: 1. XII.11 = ca. 5. Aug. 526. 

3217: 15. I. 12 = 18. Sept. 526. 

3321: 5. X. 12 = ca. 29 Juni 525 (also 
Ende Mai 525 Fall Jerusalems. Aus Daniel 


814 lässt sich, wenn manEsr. 36 zu Hilfe nimmt, 
als Tag des Aufhörens des regelmässigen Opfers 
der 30. Mai 525 berechnen). 
Hes. 401: 10. I. 15 = ca. 10. IX. 523. — Ab- 
schluss und Herausgabe des Urtextes, einer 
Sammlung von Sprüchen, die einen Ueberblick 
über die Geschichte des nachexilischen Jeru- 
salems geben und ein Programm für die bevor- 
stehende Zeit entwickeln, 190 + 40 Tage nach 
dem 10. IX. 523 = ca. 28. April 522 (am 5. 
April ergriff der Mager Gaumata die Herrschaft, 
»darauf starb Kambyses durch eigene Hand“). 
Der Bearbeiter, der das Hesekielbuch „nach 
Jahren unserer Gefangenschaft“, nach einer Aera 
datieren lässt, die mit dem Jahre 597 beginnt, 
lässt seine Sonnenfinsternis am 1. X. 12. statt- 
finden. Wir kommen so in das Jahr 586/85. 
In dieser Zeit hat am 28. Mai 585 die berühmte 
Sonnenfinsternis stattgefunden, die Thales von 
Milet nach Herodot I 74 vorausgesagt haben soll 
(Ginzel a. a. O. II S. 525) 1. Das Jahr 12 der vor- 
ausgesetzen Aera hätte darnach nach dem Neu- 
monde am 4, 71. IX. 586 begonnen, ein durch- 
aus möglicher Jahresanfang. Anderseits aber 
musste der Bearbeiter ein anderes Sternbild 
statt des Drachen wählen. Er fügte zu dem 
Drachen den „Jungleu der Völker“ und erzeugte 
so den ägyptischen Löwen mit der Schlange. 


Besprechungen. 


unseres Propheten machen. Uns sind zufälliger- Hussey, Mary Inda: Sumerian Tablets in the Har- 


weise die babylonischen Schaltjahre von 537 
ab vollständig bekannt (Ginzel a. a. O. I S. 133). 
Die Annahme liegt nicht fern, dass sie, da sie 
fiir die babylonischen Juden massgebend waren, 
auch fiir Jerusalem und unsern Propheten galten, 
die selbst wieder von der dortigen jiidischen 
Gemeinde abhängig waren. Schaltjahre waren 
mit einem Adar II 536, 533, 525, mit einem 
Elul II 537, 530, 527. Wir werden davon aus- 


ehen müssen, dass die Einsetzung eines Elul II 75 
im Jahre 537 deswegen notwendig war, weil|o 
der Tišri sonst mit dem Anfang August begonnen | Jruck-Tafeln. 


hätte. Die Aera des Hesekielbuches beginnt 
daher mit dem Neulicht nach dem Neumond 
3, 01. IX. 537. Die Daten des Hesekielbuches 
lassen sich dann nach babylonischer Rechnung 
dahin festlegen: 

Hes. 11: 5. IV. 3 = ca. 15. Dezember 535. 


vard Semitic Museum. Part I: Chiefly from the 
reigns of Lugalanda and Urukagina of Lagash. Copied 
with introduction and index of names of persons. 
(Harvard Semitic Series. Volume III.) VIII, 36 S. u. 
81 Tafeln. 4°. 1912. — Part II: From the time of the 
dynastie of Ur. Copied with synopsis of the contents 
of the tablets and indexes. (Harvard Semitic Series, 
Volume IV.) VIII. 48 S. u. 76 Tafeln. 4°. 1915. — 
Geb. je M. 20 —. Leipzig, J. C. Hinrichs. Bespr. von 
Wilh. Förtsch, Hetzles bei Erlangen. 

Zwei prächtige Bande! Der 1. Band enthält 
autographische und sechs Lichtdrucke, der 
Band 70 autographische und sechs Licht- 
Die Autographien sind vorzüg- 
lich ausgefallen, fast zu schön; gegen ihre Zu- 
verlässigkeit hege ich auf Grund verschiedener 
Stichproben, die sich durch Vergleich mit den 
Photos machen lassen, nicht die geringsten Be- 


1 Doch vgl. Hüsing OLZ 15 Sp. 113. 


181 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 


182 


denken. Im 1. Band wird eine kurze Klassi- 
fizierung, im zweiten eine ausführliche Analyse 
der jeweils publizierten Texte gegeben. Im 
2, Band finden sich Verzeichnisse der Personen-, 
Orts- und Baulichkeitennamen, während der 
erste sich mit einem Personennamenverzeichnis 
begnügt. Für letzteren wäre indes ein Ver- 
zeichnis der Baulichkeiten gar nicht so ohne. 
Ich möchte nur auf Nr. 41 hinweisen; da hätten 
wir gleich [B]a-gä, Ib-gal, Sa(g)-pa(d), [K]i-a-nag 
von Lagaš, Gi-ka-na, Nin-ni-gar-ra, Abzu, Es und 
Ib-kü-kuü. Ein Ortsnamenverzeichnis für den 
1. Band würde nicht viel Mühe verursacht 
haben. Sehr vermisse ich in beiden Bänden 
Verzeichnisse der Götternamen; bei Behandlung 
derartiger alter Texte sollte von solchen nicht 
abgesehen werden. In I 41, II 54 und ähnlichen 
fordern die Göttergruppen zur Anlegung eines 
Verzeichnisses geradezu heraus. 

Betrachten wir den 1. Band etwas näher! 
Nr. 1 verrät sich sofort als eine Tafel aus 
Fara, der Sintflutstadt Suruppak. Tafelform 
und Schriftduktus genügen zur Erkenntnis für 
den Eingeweihten; als ganz zwingender Beweis 
sei auf die mit 4S8U. KUR. R (Lesung un- 
bekannt; wohl eine weibliche Gottheit, da als 
4Nin-lil [Deimel, Panth. babyl., Nr. 2857] erklärt) 
zusammengesetzten Personennamen *SU.KUR. 
RU-ur-sag, *SU.KUR.RU-dugüud "we, aSU. 
KUR. RU-še-gùb, 4SU.KUR.RU-kir, “SU. 
KUR.RU-nu-me hingewiesen. Der nur zum 
geringen Teil erhaltene Text stellt eine Per- 
sonenliste dar. Die übrigen Tafeln sind Wirt- 
schaftstexte aus dem Archiv der Fürsten Lugal- 
anda und Urukagina von Lagaš; aus dem Archiv 
von Enlitarzi findet sich nichts darunter. Nr. 2, 
3 und 4 werden von Hussey als „general state- 
ments of monthly expenses“ bezeichnet. Die 
Schlussunterschriften 8 sind: Nr. 2: gü-an- 
šú 60 <5+4+10<3 + rt i Se gur-sag-gäl Se-ba 
se- gar lu-‘ba-u-ge-ne sa(g)-84(g) dam uru-ka-gi- 
na lugal lagask-ka en-ig-gal là-banda ganun 
‘ba-u-ta e-ne-ba IV. „In Summe 330 gur-sag- 
gal 126 sila Gerste, Auszahlung an Gerste und 
Verausgabung an Gerste für die Leute der 
Göttin Ba-ú; Sä(g)-Sä(g), Gemahlin des Uru-ka- 
gi-na, des Königs von Lagas; En-ig-gal, der 
Intendant, hat es aus dem Speicher der Göttin 
Ba-u an dieselben ausbezahlt. 4. Jahr.“ — 


Nr. 3: gi-an-Si 60x 5 4104424545 
še gur-sag-gal 10 x 5 +3 + a ziz-babbar 


10 + 4+ + g ziz-gú-nunuz Se-ba Se-gar ziz- 
gar åba-ú šá(g)-šá(g) dam uru-ka-gi-na lugal 


lagas"!-ka itu amar-a-a-si(g)-ga en-ig-gal là- 
banda ganun sar-ta e-ne-ba II. lù Suku-durub (?)- 
ba V ba-an lù itu-da-ge XII ba-an „In Summe 
342 gur-sag-gäl 90 sila Gerste, 50 gur-sag-gäl 
78 sila weisser Emmer, 14 gur-sag-gäl 84 sila 
buntrötlicher(?) Emmer; Auszahlung an Gerste, 
Verausgabung an Gerste und Verausgabung an 
Emmer für die Göttin Ba-u; Sag(g)-Sa(g), Ge- 
mahlin des Uru-ka-gi-na, des Königs von Lagas; 
Monut Amar-a-a-si(g)-ga; En-ig-gal, der Inten- 
dant, hat es aus dem Gartenspeicher an sie 
(d. i. Leute der Göttin Ba-ú) ausbezahlt. 2. Jahr. 
Für die Kostgänger 5. Auszahlung; für die 
Monatslohnempfänger 12. Auszahlung.“ — Nr.4: 


Su-nigin 60 x 2 + 104+2+ : + 2 Se gur-sag-gal 
5 2 734 


Se-ba Se-gar lü-4ba-u-ge-ne-kam uru-ka-gi-na 
lugal lagas“'-ge ganun “ba-u-ta e-ne-ba V. „Ins- 
gesamt 132 gur-sag-gal 78 sila Gerste, Auszahlung 
an Gerste und Verausgabung an Gerste fiir die 
Leute der Göttin Ba-ù; Uru-ka-gi-na, der König 
von Lagaš, hat es aus dem Speicher der Göttin 
Ba-u an sie ausbezahlt.“ Nr. 5 — Nr. 13 sind 
Auszahlungen an lü-Suku-durub (?)-ba-mes 
„Kostgänger“ und zwar wird in Nr. 5 die Aus- 
zahlung in Emmer (ziz-ba), in den übrigen in 
Gerste (Se-ba) geleistet; Nr. 15 u. Nr. 16: Se-ba 
igi-nu-dü Sa(g)-dub-hal(?) dba-ü; Nr. 17: Se-ba 
igi-nu-dü il Sa(g)-dub-hal (?) lù ü-rum ĉba-ú; 
Nr. 18: Se-ba igi-nu-dü il Sa(g)-dub-hal(?) é 
åba-ù-ka; Nr. 19: lù Se-ba e-kid-a-més; Nr. 20 
Se-ba gim-dumu “ba-ü; Nr. 21 u. Nr. 22: Se-ba 
gim-dumu u-rum ba-4; Nr. 23: Se-ba gim-dumu 
é 4ba-u-ka; Nr. 24: Se-ba gim-dumu il igi-nu- 
dù Sa(g)-dub-hal(?) é “ba-u-ka; Nr. 25, Nr. 26, 
u. Nr. 27: Se-ba lù TUR.TUR-la-ne; Nr. 28: 
zi(d) šu-kû ú-rum ĉba-ú; Nr. 29; Se- ba 
šu-kû ab-ba “ba-u-ge-ne; Nr. 30 mit Nr. 
36: se-gar ziz-gar sa-du(g) itu-da; Nr. 37: se 
ki-a gu(d)-udu; Nr. 39: gan ü-rum “ba-ü; 
Nr. 38 u. Nr. 40: gan Suku ki-a. Besondere 
Beachtung verdient Nr. 41. Es ist dies eine 
Opferliste aus dem 4. Jahre des Urukagina. 
Behandelt ist dieselbe bereits worden von mir 
in Rivista degli studi orientali, Vol. VII, 8.178 ff. 
und Religionsgesch. Studien I (MVAG 1914, 1), 
S. 96 ff. und 62 ff.; ferner von Landsberger, 
Der kultische Kalender I, S. 50 (48 ff.). Nr. 41 
(ein Duplikat zu Allotte de la Fuye, Documents 
présargoniques, Nr. 45) enthält Opfergaben, 
welche am Se-kü-Fest der Göttin Nazi! von 

1 Nach einer persönlichen Mitteilung Hommel's an 
mich ist die CT 29 pl. 46, 25 bei d NINA stehende 
(neubabylonisch geschriebene) Glosse nicht na-mas-se, 
sondern na-zi zu lesen; eine Göttin Nazi ist auch sonst 
bekannt, siehe Deimel, Panth. babyl., Nr. 2253f. Auch 
Zimmern, König Lipit-Iztar's Vergöttlichung, S. 40 A. 2 
hegt Zweifel an der Glosse na-mas-se. — Ich nehme 
d Nazi als vorläufige Lesung für d NINA an. 


188 


dem Intendanten En-ig-gal verteilt worden sind 
((nig-gis-tag-ga ezen Se-kü ‘nazi-ka-ka en-ig-gal | 
la-banda e-ha-la). Die Opferempfanger sind am 
1. Tag: [*Nin-gir-su] vom [Bla-gà, ¿Ninni vom 
Ib-gal, ¿Nazi vom Sa(g)-pa(d), das Ki-a-nag von 
[Lagaš]; am 2. Tag: Nazi; am 3. Tag: ‘Nazi, 
d En-ki vom Gi-ka-na, Nin-gir-su von Nin-ni- 
gar-ra, *Nin-gün, @Dumu-zi von Abzu, @Pa-sag, 
@ES-ir-nun, @He-tür, @Nin-ur, @Nin-dub, @Ezinu, 
4Dun-REC 230 von ES, Nin-subur, ¢Nin-a-su, 
dMes-an-du, das Ib-kü-ku, @Gä-tum-du(g), *Ninni, 
4Lugal-uru™, das Ki-a-nag, Ur-tür. Von Nr. 42 
— Nr. 52 sagt Hussey lediglich „are hetero- 
genous character“. Nr. 42 handelt von Messun- 
gen; vgl. Obs. 1, 10—2, 7: 1 nig-dü dagal-bi 
I gi gid-da-bi I gi I ú I Su-bad su-si 1 nig-dü 
II kam-ma dagal-bi I gi gid-da-bi I gi I ú I 
Su-bad Su-si; Nr. 43: lù A-en-ra-gub-més; Nr. 44: 
Fisch- und Häutelieferung der Fischer der 
Göttin Ba-u; Nr. 45: Häutelieferungen an Amar- 
dezinu, den Gerber; Nr. 46: Getreidelieferung 
für Brauer; Nr. 47: úz ü-rum ĉba-ú; Nr. 48: 
Abrechnung über Bier; Nr. 49: Notiz über 
landwirtschaftliche Geräte; Nr. 50: Notiz über 
Saatgerste; Nr. 51 und Nr. 52: Notiz über 
Nutzpflanzen. 

AnMonatsnamen der vorsargonischen Periode 
bieten die Texte nichts neues. Es sei lediglich 
auf itu ezen ab-& lagas™ (Nr. 17) für das ge- 


wöhnliche itu ezen ab-é (siehe Landsberger, 


a. a. O., S. 41) hingewiesen. 

Im Verzeichnis der Personennamen könnte 
man natürlich manche Namen auf andere Weise 
wiedergeben als Hussey es tut. 
besser wäre, soll durchaus nicht gesagt sein; 
die Erforschung der sumerischen Namen ist 
noch nicht weit fortgeschritten. Die im fol- 
genden gemachten Verbesserungen bzw. Vor- 
schläge gründen sich fast durchweg auf Lesungen, 
welche erst nach Erscheinen des Bandes bekannt 
geworden sind, von der Verfasserin also noch 
nicht angewendet werden konnten. An-palil 
anstatt An-igi-gub, Babbar-palil anstatt Babbar- 
igi-gub, E-aim-dugüd wusen anstatt E-dHIm-gi(g) bn, 
Gan- gigir-sag anstatt Gan-ginar-sag, Gan-NAB 
anstatt Gan- An, Gim-NAB anstatt Gim- An, 
Gim-sil-sir-sir anstatt Gim-tar-sir-sir, Gigir-sag 
anstatt Ginar-sag, Nin-palil anstatt Nin-igi-gub, 
Nin-gan-[GAM] + GAM anstatt Nin-gan-gam, 
4Nin-gir-su-palil anstatt Nin-gir- su- igi- gub, 
Nin-palil anstatt Nin-igi-gub, Sag-gigir-ba 
anstatt Sag-ginar-ba, Ur-gigir-sag anstatt Ur- 
ginar-sag, Ur-AMNin-güùn bzw. si anstatt Ur- Nin- 
dar. Zu streichen sind ‘Nina-8a(g)-pad und 
4 Ninni-ib-gal, welche keine Personennamen, 
sondern Götternamen mit Tempelbezeichnung 
darstellen; siehe bereits oben. Die oben er- 
wähnten mit dem Namen der Gottheit SU. 


Orientalistische Literaturseitung 1918 Nr. 7/8. 


Ob dies aber| 


184 


KUR. RU zusammengesetzten Personennamen 
finde ich nicht im Verzeichnis. Bei den Berufs- 
bezeichnungen, die von der Verfasserin in 
dankenswerter Weise den Personennamen bei- 
gefügt werden, lies sag-apin anstatt sag-engar 
(es findet sich auch, wenn ich mich recht er- 
innere, sag apin-na), nar anstatt lul (akkad. 
narü), Su-kü anstatt Su-ha, bulug-gaz anstatt 
dim-gaz, giStu-giStu-kar-ra bzw. giätü-kar-rä 
anstatt gistug-pi-kar-rä, aSgab anstatt sā, šu- 
kü a-du(g)-ga anstatt Su-ha-a du(g)-ga, lù bappir 
anstatt lù kaš + gar, kir-bil anstatt Sagan-bil, 
muhaldim anstatt mu, utùl anstatt lid + ku, 
gim ara anstatt gim-har, agrig anstatt igi-dub, 
ugulu anstatt pat, lä-banda anstatt nu-banda, 
isag anstatt pa-te-si. Zu streichen ist nig-en- 
na, S. 23 links Z. 1, welches keine Berufs- 
bezeichnung darstellt. 

Eine Besprechung von Part I durch Ungnad 
siehe ZDMG 67, 177 f. 

Während der 1. Band nur 52 Texte enthält, 
bringt der 2. Band 158 Texte. Letztere stammen 
ausschliesslich aus der Zeit der Könige von Ur 
und enthalten Abrechnungen der verschiedensten 
Art. Die von Hussey gegebenen Analysen der 
Texte halte ich im allgemeinen für richtig. 


Auch aus diesem Band liesse sich ein ganz 
hübsches Verzeichnis der Götternamen anfertigen. 
Man beachte Nr. 54, worauf ich in meinem 
Aufsatz „Zwei altbabylonische Opferlisten“ 
(Hommel-Festschrift) hingewiesen habe. Als 
ein mit Nr. 54 zu vergleichender Text ist mir 
nur FH 5 (von mir a. a. O. behandelt) bekannt. 
Da FH 5 als Datum mu ‘amar-‘sin lugal trägt, 
so ist Hussey II 54 nicht weit davon anzusetzen. 
Hier eine kurze Bemerkung zu Weidner’s Auf- 
satz „Zur altbabylonischen Jahresbenennung“, 
OLZ 1912, Sp. 392 f. So sehr ich Weidner's 
Ansicht, „dass man zur Zeit der Dynastie von 
Ur das Jahr nach einem Ereignisse des vorher- 
gehenden benannte“, zustimme, so ist doch 
meines Erachtens der von ihm a. a. O. be- 
bandelte Text kein Beweis dafür. Das Zeichen 
SI nach mu in der Jahresbezeichnung ist nur 
ein Versehen des Schreibers, dem bereits hier 
mu SI. UR-bi-lum das Verbum ul ($I-UR) vor- 
schwebte. 

Was die Eigennamen verzeichnisse betrifft, 
so sei bezüglich mancher anderer Lesungen auf 
das über den 1. Band (siehe oben) Gesagte 
hingewiesen. Anstatt Nin-dar-a (z. B. in Lu- 
4Nin-dar-a) ist wohl ‘Nin-si-a zu lesen, da 
HUGUNU (REC 34) und SIGUNU (REC 48) 
in der späteren Zeit nicht mehr auseinander- 
zuhalten sind. Die Schreiber, welche die ar- 
chaischen Zeichenlisten in eine spätere Schrift- 


1 Siehe Förtsch, ZA XXXI, 159f. 


185 


art umschrieben, haben die beiden erwähnten 
Zeichen wohl vermengt!. Anstatt Tig-ab-ba 
doch besser Gü-ab-ba zu lesen. Nr. 15 Rs. 6 
findet sich der Tempelname É-gi- -na-tùm, es ist 
wohl derselbe Name wie E-gi-na- ab-tim, 
VAB 1, S. 206 6, 2, 8. Bemerkt sei noch, 
dass für -gi-na-ab-tim auch die Schreibung 
E-gi-na-ab-tüm sich findet und dafür als Lesung 
Sutum; siehe Poebel, HT, S. 144. Interessant 
ist der Personenname Me-é- unt *!-ta, Nr. 49 
Rs. 2,13. Ist vielleicht Isib-&-und *'-ta zu lesen 
und darf damit Iib-kul-äb i. ta (siehe OLZ 1915, 
368 fl.) in Verbindung gebracht werden. Anstatt 

bil und E-bil-¢Ga-tum-dug besser E-gibil und 

-gibil-Gä-tum-dug, da die Bedeutung „Neuer 
Tempel“ vorliegt; vgl. Invent. des tabl. de 
Tello, Nr. 695 Rs. 4—5: “Ezinu &-gibil 
„Asnan vom Neuen Tempel“ und “Ezinu 
é-libir „ Asnan vom Alten Tempel“. Die 
Berufsbezeichnung gir lies Sagub oder Sakan 
(siehe Förtsch, ZA XXXI, 160 ff.) Sutug aber 
guda (s. Brüss. Vok. I 17; RA 10 p. 70). Auch 
gu-zu-lä treten auf. Die Bedeutung von gu- 
za-lá in den Keilschriften ist verschieden. Hier 
Nr. 4 (beachte den darauffolgenden engar) haben 
wir es wohl mit einer Person zu tun, die im 
landwirtschaftlichen Betrieb tätig ist. Vielleicht 
liegt eine phonetische Schreibung vor: gu-za-lä 
= kuzallu „Schafhirte“; zu kuzallu siehe Lands- 
berger, Der kultische Kalender, S. 89 u. A. 3, 
sowie die dort zitierte Literatur. Sabra ist 
wohl = 8äpiru. 

Ungnad hat ZDMG 69, S. 446 auch Hussey, 
Part II eingehend besprochen; es erübrigt 
demnach, hier die dort angeführten Bemerkungen 
zu wiederholen. Die Annahme Ungnad’s a. a. O., 
S. 448 zu Nr. 60, dass anstatt gin-nita stets 
uku-us zu lesen sei, wird vielleicht richtig 
sein; vgl. über die in Betracht kommenden 
Zeichen (REC 91, 447 u. 448) die Ausführungen 
von V. Christian in seiner vorztiglichen Schrift 

„Die Namen der assyrisch-babylonischen Keil- 
schriftzeichen“ (MVAG 1913, 1) S. 51f. Zur 
Bedeutung von uku- us siehe besonders Lands- 
berger, ZDMG 69, 494 f. 


Geller, Samuel: Die sumerisob-assyrische Serie 
Lugal-e ud me-lam-bi nir- “gall (Altorientalische 
Texte und Untersuchungen I, 4 herausgegeben von 
Bruno Meissner.) gr. 8°. S. 257—361. Preis des 
Bandes von 4 Heften 15 M. Leiden, Buchhandlung 
und Druckerei vorm. E. J. Brill, 1917. Bespr. von 
Otto Schroeder, Berlin-Lichterfelde. 


t Zur Frage, ob in dem Namen dNin-DAR-a für 
DAR die Lesung dar oder a 1 ist, vgl. auch 
W an habyl., Nr. 2 

UL. UNG u 17 bereits Zimmern, ZA 
III 97 =. er er für UNÜ den Lautwert äb vermutet) 
die Lesung Kulab an; vgl. Zimmern, König Lipit-Iztar's 
Vergöttlichung, 8. 38, A. 1. 


Orientalistische A _Orientalistische Litersturseitung 1918 Nr. 6. 123285 1918 Nr. 7/8. 


186 


Seit 1903, wo in den MVAG Hroznys 
„Sumerisch- -babylonische Mythen von dem Gotte 
Ninrag (Ninib)“ erschienen, hat sich das Material 
nicht nur vervielfacht, auch die Sumerologie 
ist ein gut Stiick vorangekommen; aus diesen 
Griinden ist eine Neubearbeitung der Ninurta- 
Texte mit Freude zu begriissen. — Von der 
mindestens 14 Tafeln umfassenden Dichtung 
ist wenigstens das Gerippe im allgemeinen 
bekannt; sie bestand aus zwei sehr verschie- 
denen Abteilungen, deren erste (Tafel I—1X) 
hymnologischen Charakter hatte, während der 
Schluss (Tafel X ff.) mit einer Reihe von 
Schicksalsbestimmungen an Steine ausgefüllt ist. 
Dieser Schlussteil rechtfertigt die Benennung 
als šimâti Ninurta „Schicksalsbestimmungen 
Ninurtas“. Die noch immer grossen Lücken 
darf man hoffen in Zukunft ausfüllen zu können, 
schon jetzt haben ja vornehmlich die Assurtexte 
viel neues Material beigebracht; da zum Glück 
die Anfangszeilen fast aller Tafeln bekannt sind 
(s. S. 274), wird man etwa neu auftauchende 
Fragmente besser einordnen können als früher. 
— Die vorhandenen Abschriften der Ninurta- 
Serie sind nicht sehr alt, doch gelegentliche 
Anklänge an die Inschriften Gudeas (s. S. 335 f.) 
machen wahrscheinlich, dass die Entstehung 
der Dichtung in sehr alte Zeiten zu setzen ist; 
freilich kommt kaum Lagas als Entstehungsort 
in Frage, eher Nippur (S. 358), wo das Ganze 
an einem Feste des Ninurta iN eujahr?) auf- 
geführt wurde. 

Welche Fortschritte die Sumerologie seit 
1903, vornehmlich durch die Arbeiten von 
Thureau- Dangin und Delitzsch, gemacht 
bat, lehrt ein Vergleich zwischen den Um- 
schriften Hroznys und Gellers. Dass Geller 
alle Textvarianten sorgfältig gebucht hat, sei 
besonders hervorgehoben. 


Die heiligen Schriften des Alten Bundes. III. Bd. 
Die poet.-didaktischen Bücher. 2. Teil: Das Buch Ijjob. 
Aus dem kritisch hergestellten hebr. Urtext ins Deutsche 
metrisch übers. a. erl. v. Dr. Nivard Joh. Schlögl. 
XII, 50, *22 S. gr. 4°. M.5—. Wien, Orion-Verlag, 
1916. Bespr. v. I. Löw, Szeged. 

Schlögl verlangt 8. VII: „Bevor man aus 
einer fremden Sprache ‚übersetzt, soll man 
deutsch gut versteben.“ Ich möchte seine 
Forderung ergänzen: bevor man aus dem He- 
bräischen übersetzt, soll man das Hebräische gut 
verstehen. Leider erfüllt sich diese Forderung 
bei Schlögl nicht. Er ist im Hebräischen nicht 
sattelfest genug, um einen schwierigen alttesta- 
mentlichen Text zu übersetzen, geschweige denn 
um ihn „kritisch herzustellen“. Das ist schon 
an seiner Psalmenübersetzung nachgewiesen 
worden (Torczyner, ggA 1916 Nr. 6, 305—338) 
und dieser Grundfehler beeinträchtigt auch den 


187 


Wert seiner schönausgestatteten Hiob-Ueber- 
setzung. Man schlägt z. B. 23, 2 nicht mm 
vor, wenn man weiss, dass das Verbum nur 
im Niphal belegt ist, man ergänzt trotz Hos. 


1, 19 dyn nicht durch myo, weil dies für sich 
schon grossen Sturm bedeutet. 26, 14 seiner 
„Wunder Donnerrede* will Schlögl den Sing. 
gegen die masoretische Emendation — “Mma 
— halten. Die masoretische Emendation fordert 
mit richtigem Sprachgefühl yma, Pl., denn 
7123 bedeutet nur im Plural Wunder, wie 


Nom (vgl. 1202], N., tar, ao, oh). 
So schon Dt. 3, 24. Jes. 63, 15. Ps. 20, 7. 
106, 2. 145, 4. 12. 150, 2 und auch, was zu 
betonen ist, 90, 10. Schlagend erweist dies 
auch die Randbemerkung 1123 im hebr. Sirach 
42, 17 zu ND). LXX übersetzen wörtlich 


dvvausıs, das aber auch für MNd>5) gesetzt wird. 
Kotelmann, Ophtalmologie b. d. alt. Hebr. 329. 

So, Man, heisst es im Hauptgebete, zweite 
Eulogie, mit bezug auf die Auferstehung: 


Wen Sys, Herr der Wunder. Daher heisst 
diese Eulogie Mg jRH Ende, Gaon. ed. 
Harkavy 132. In diese Eulogie wurde die Er- 
wähnung des in Palästina immer wieder als 
Wunder begrüssten Regens eingeschaltet: mmn 
Dyw. Geiger j. Z. VII 263. Taan. 1, 1, 
Rabbinow. z. St., TBer III 7. Z. 1 ed. Zuck. und 
Kallner, Maim. Taan. 32, auch die arabischen 
Mischnahss. mit Maimüni’s Kommentar ungenau: 
nmn. In Gebet und älterem Midrasch ist 


MN DD) stehende Redensart. So im Ein- 
schaltgebet zu Purim und Chanukka (S. R. 
Amram I 36). Mech. 41 b 4, 42 a 14, 44 a unt., 
54 ab, Sifre II 306, 132 b. 337, 141 a. 339, 141 a 
Friedm. Daraus Targ. j. Ex. 15, 11. Num. 
21, 14. 15. Dt. 1, 1. Ebenso 2. Cor. 12, 12 
qnusiosg te xai tépacw xai dvvansıw. Vel. 
2. Thess. 2,9. Zu vgl. ist auch virtutes, Be- 
deutungslehnwort aus «esrei, Wunder. De- 
brunner in der Andreas-Festschrift 1916, 18 f. 
Auch Javucow Mt. 21, 15. — Der späteren 
mischnischen Zeit war der Ausdruck nicht mehr 
geläufig (Tossaf. Taan. 2a), so dass-ihn schon 
R. Jochanan erklären muss. Er beruft sich 
zur Erklärung auf Hiob 5, 9. 10, wo Wunder, 
rz, und Regen nebeneinander erscheinen, 
nicht auf 9, 10. 

Die Freiheit, welche die Kirche dem Forscher 
dem MT gegenüber einräumt, wird gründlich 
ausgenützt. Aberzuannehmbaren Emendationen 
gehört mehr als Freiheit: dazu gehört feines 
Sprachgefühl und gründliche Sprachkenntnis, 


die weiss, dass 28, 3 jax p mbon 925) nicht 


heissen kann: an seinen Säumen sucht man 
nach Steinen. Wenn man 26, 4 De in “MND 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 


188 


ergänzt, muss man wissen, dass es dann Dy 


ohne Makkef heissen müsste. Siehe Baer zu 
Ps. 27, 4. 

Die Emendationen, allerdings heute schon 
schwer zu überblicken, werden ab und zu ohne 
Quelle angeführt. Z. B. 27, 23b warpnn, das 
schon in Kittels AT verzeichnet ist. Eigene 
Emendationen Schlögls sind oft sehr bedenklich. 
Für ono 37, 9 wird Ds mn vorgeschlagen 
und frischweg übersetzt: aus den Speichern des 
Nordens. Ps. 144, 13 soll das belegen! Dabei 
wird auf Schiaparelli, Astr. im AT 64 ver- 
wiesen, dessen Vorschlag, in Nm, der Wurf- 
schaufel, ein Bild des grossen Bären zu sehen, 
sachlich jedenfalls ansprechender ist, wenn auch 
sein Dual *mizrajim, die beiden Wurfschaufeln 
d. i. der kleine und der grosse Bär, wenig 
Anklang finden dürfte. 

Wer emendieren wıll, muss 1, 16 wissen, 


dass der Plural nicht >g), sondern oD) 
lautet, dass es 33, 7b genauer p und f 
heissen müsste. “Ww zu 24,1. 34, 10, ebenso 


das einzige im Buche vorkommende arg ver- 
druckte syrische Wort (zu 37, 21b), sind in 
verdächtiger Weise entstellt, während der 
deutsche Text fast fehlerfrei gesetzt ist (31, 2 
lies Ein; zu 33, 21b statt). 

Die Uebersetzung liest sich gut, doch scheint 
die des alten Delitzsch sowohl, als auch die 
Reuss’sche und die Steuernagel’sche stilistisch 
höher zu stehen. Es fehlen auch Flüchtigkeiten 
nicht. 

1, 15 kann n 5 nicht heissen: nach 
Schwertrecht, sondern nur: mit der Schärfe 
des Schwertes (Hitzig), mit dem Schwert (Steuer- 
nagel), schwertstreichs (Frz. Del.). Ebenso un- 
richtig ist 03m 2, 3 „vergeblich“, statt ohne 
Grund. 40, 22 5m3 » meint nicht Weiden- 
bäche, sondern Bachweiden. 40, 21 nicht Lotos- 
blüte, sondern wie 22 Lotosstrauch, Zizyphus 
Lotus. — Im allgemeinen übersetzt Schlögl 
nach Ehrlichs Emendationen. Ehrlich imponiert 
ihm offenbar durch tiefe Sprachkenntnis und 
selbstsicheres Auftreten. Ehrlichs Emendationen 
sind immer geistreich, sehr oft bestechend, 
aber nur ausnahmsweise überzeugend. Sie leiden 
am Mangel poetischen Verständnisses und an 
pilpulistischen und haggadischen Jugenderinne- 
rungen. 1, 19d soll any) die „Knechte“ be- 
deuten; „dass die Kinder auch getötet sind, 
wagt der Bote gar nicht zu sagen“. Das ist 
Haarspalterei. Die den verschiedenen Arbeits- 
abteilungen zugewiesenen Knechte sind schon 
V. 15. 16 und 17 getötet, während V. 18 nur 
die Kinder im Hause versammelt sein lässt. 
Die breitspurig wiederholende epische Dar- 
stellung bleibt nur bei dem Worte oy) statt 


189 


des genaueren 03. Nur einmal folgt Schlögl 
seinem Gewährsmann nicht ins Haggadische: 
32, 3 wo Ijjob euphemistisch für Gott stehen 
soll. Selbst wo Ehrlich dem talmudischen 
Sprachgebrauch folgend mx 27, 11 im tech- 
nischen Sinne der Entscheidung versteht, 
folgt ihm Schlögl und übersetzt: Ich erkläre 
euch der Hand Gottes verfallen. 

34, 6 Dede für DWN nach Ehrlich; früher 
schon Chajes. N. J. Fischmann (Hiob. Komm. 
1854) wollte: . Einzelnes: 21, 9 will Schögl 


ww l. für ow’. Perles hat DDW vorgeschlagen 


JQR 1911, 127. — 3, 22 59 parallel zu nn 
und p, manche: 53. Im Jahrbuch Jerusalem 


1916, 400 wird es mit AS] Todesstunde kom- 


biniert. — 9, 30 ist „bw nicht Schnee, sondern 
eine Seifenpflanze, darum die Emend. W ab- 
zuweisen. Aehnlich möchte ich fiir das parallel 


zu WM stehende San? 25, 5 statt der unbefrie- 
digenden arab. Kombination auf m (mischn., 


Node talm., el syr., uhulu assyr., 55n targ. 
„waschen“) eine Seifenpflanze verweisen. Ein 


Denom. davon wird in e (läutern, reinigen) 
vorliegen. S. die Anmerkung am Schlusse dieses 
Artikels. — 21, 27 ıonnn wäre Jacobs Identi- 


fikation mit -asoa (G !6 sv. Hoffmann-Festschrift 
128) zu berücksichtigen gewesen. In by 
20, 7 steckt nicht 57> (Ehrlich), sondern 533, 
die Steppenhexen — Steppenläufer — die 
spurlos verschwinden, wie Ps. 83, 14. Jes. 
17, 13. — 41,25 nn 525 wird MT richtig 
sein. Kann man sich dabei nicht beruhigen, 
so läge mm 925 näher als Ehrlichs nym 520 
oder Chajes’ mnnn bnd. 

Schlögl glaubt mit einiger Wahrscheinlichkeit 
schliessen zu dürfen, der Prophet Jeremias sei 
der Verfasser des Hiob. Ich will zu dieser 
Vermutung nicht Stellung nehmen, bedaure 
aber, dass Schlögl sie auf Seite XI mit der 
kabbalistischen Andeutung stützen möchte, dass 
N die Anfangsbuchstaben von NDN (Klage- 
lieder), Jirmeja und — Baruk () enthält. Man 
muss doch manchmal auch etwas ungesagt lassen 
können! 

Auf Schlögls Metrik und Strophik, die eine 
Grundlage seiner Textkritik bilden, gehe ich 
nicht ein. Merx hat 1871 seine Stichen- 
schemata ebenso genau herausgerechnet, wie 
jetzt Schlögl seine Stollen und Abgesänge. 
Schlögl setzt sich darüber mit Freunden und 
Gegnern in der Vorrede — nicht ohne reiche 
statistische Tabellen über die Vier- und Fünf- 
heber — auseinander. Die Herren werden 
sich gegenseitig schwerlich überzeugen. Von 


Orientalistische Literaturseitung 1918 Nr. 7/8. 


190 


der alttestamentlichen Metrik und Strophik 
wird es noch lange heissen: adhuc sub iudice 
lis est. 

Zu Hiob 25,5. Hebräisch (mischnisch) o 
TSvi V 68, 5 (LA bei Zuck. S. 104 >nxm?, 
bei Ps. Haj zu Nidda 9, 6 DNW, Gaon. Cassel 


41b mN), angeführt j VII 37b, 27 (in Ms. 
Leyden zwischen den Zeilen ergänzt, Ratner 61), 
Sabb. 90a. Neben N) führt es Aruch aus 
Taan. 13a, MK 17b, Zebach. 88a, Nidda 66b 
an, wo vielfach die irrige LA bm dafür auftritt. 
— Jos. Kara zu Jer. 2, 22. 


Aram. 1. Talm. Doe Sabb. 90a, Nidda 62a. 
66b, Maim. H. Cicith 2, 2. Nathan, Anon. 
WB zu Mišna u. Jad hahazaka (1905) S. 10, 25, 
aber S. 38 rns). Sabb. 50b (Hg. 87, 11). 
110b Gitt. 69b, wo nicht Aloé, sondern unsere 
Pflanze gemeint ist. 


2. Targ. xomN Hiob 9, 30 (angeführt Toratan 


schel Risch. I 61), bei Aruch noms (daraus 
Nathan a. O. 38). 

Assyrisch: uhulu Küchler, Ass. bab. Me- 
dizin 106. ZDMG 69, 95. . 

In der Parallele zu Ho Hiob 9, 30 heisst 
es Turm, zu mM Ps. 73, 13: yrs; Jes. 1, 16 
steht nebeneinander: 1217 97%, es ist also auch 
Hiob 25, 5 ein Ausdruck für waschen, reinigen 
zu erwarten. Diesen erkenne ich in . 


Swe Fonck 30 ist 1. Salicornia fruticosa 


L, Schwf. 41. 61. 2. Aizoon Hispanicum L, 
Immergriin, Post 327, eine am Sinai, dem toten 
Meere, bei Palmyra und Aleppo sehr verbreitete 
Pflanze, 3. Mesembrianthemum nodiflorum L 
Eiskraut Schwf. 30. 61. A. u. S. 78. Post 327 
Dinsmore Nr. 714 Oken 1976 Leunis 8501, 1. Dies 


M. wird b meinen, und zwar die Pflanze und die 
aus ihr bereitete Soda. Wenn es im Bileamsegen 
Num. 24, 6 heisst: „DONN die Gott gepflanzt“, 
so ist das weder in die, noch in Coe, (beides 
bei Kittel; Ges. 16 sv. „Palmen“ statt Eichen“) 
zu ändern, denn das weitausgebreitete Lager 
wird mit einer üppigen Eiskrautpflanzung ver- 
glichen. Ein Eiskraut, M. crystallinum L 
bedeckt z. B. am Kap und in Alicante in Spanien 
ganze Felspartien. Das Wort hat an dieser 
Stelle dieselbe Bedeutung, die wir aus dem 
Mischnischen kennen: Eiskraut. Wo es mit 
Myrrhe beisammen genannt wird, Prov. 7, 17! 
(auch hre Ps. 45, 9 HL 4, 14) ist das aus- 
ländische Aloeholz gemeint, dessen Sanskrit- 


1 Jacob, Beduinenleben 52: „Die Verführerin im 
Salomonischen Spruchbuch rühmt sich ihr Lager mit 
Myrrhe, Aloë und Zimt durchduftet za haben.“ Aloö 
ist kein Parfüm; es muss auch bei Delitzsch — in der 
Kautzsch’schen Bibel und Strack, an der Stelle — 
Aloöhelz heissen. 


191 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 


192 


Name aghil durch das einheimische N wieder- 
gegeben wurde. 


Mit dem aus dem semitischen entlehnten 
Namen der Aloö hängt das Wort nicht zu- 


sammen, da , mischnisch y,, pal.-syr. 
se., talm. mx die oben, auf dem Dache 


(Py was) wachsende Pflanze bezeichnete. 


Das Wort als Alo& zu Griechen und Römern 
weitergewandert (Salmasius, Hom. hyl. iatr. 7). 
Ich hebe dies hervor, weil die Familie der Eis- 
kraut-Gewächse sich im System durch ihre 
fleischigsaftigen, sukkulenten Blätter neben die 
Kakteen stellt und die Kaktee Opuntia, der 
Feigenkaktus, bei der Einwanderung in den 
Orient wegen der Aehnlichkeit mit der Aloé 
(sabr) dort subbeir, sabir oder sabr benannt 
wurde (Dinsmore Nr. 711). 


Mitteilungen des Seminars für Orientalische 
Sprachen an der Königlichen Friedrich-Wilhelms- 
Universität zu Berlin. Hrsg. von Ed. Sachau. Jg. XX. 
2. Abt.: Westasiatische Studien. IV,2238. 8°. M. 6 —. 
Berlin, G. Reimer, 1917. Bespr. v. R. Hartmann, Kiel. 

Den Beginn dieses Jahrganges machen 37 

»Algerisch-tunesische Briefe in Faksimile und 

Transkription [in arabischer Schrift] mit An- 

merkungen von O. Rescher“ (S. 1—33 nebst 

Tafeln), die an Nordafrikaner in deutscher 

Kriegsgefangenschaft gerichtet sind. Zweifellos 

können diese Zeitdokumente zum Einlesen in 

die nordafrikanische Kursivschrift gute Dienste 

Jeisten; und es ist sebr erfreulich, dass man 

die günstigen Gelegenheiten, die die Gefangenen- 

lager in dieser Hinsicht bieten, auch verwertet. 


Die zweite Arbeit rührt von demselben Ver- 
fasser her: „Das kitäb »el-adab el-kebir« des 
Ibn el-Mogaffa“ (S. 35—82). Sie ist eine 
Uebersetzung des bereits früher von van Vloten 
ins Holländische und darnach von Destrée ins 
Französische übertragenen Textes nach der 
neuen Ausgabe von Zeki Pascha (Alexandrien 
1330 = 1912). Es ist schade, dass Rescher'nicht 
überall van Vloten selbst vergleichen konnte; 
doch seine Arbeit wird ja dadurch kaum be- 
einträchtigt. Reschers Uebersetzung ist zweifel- 
los dankenswert. Die Arbeit ist mit Sorgfalt 
und Liebe zur Sache ausgeführt und kann im 
ganzen als gut geglückt bezeichnet werden. 
Die Schwierigkeit bei einer solchen Aufgabe 
ist eine doppelte. Der arabische Ausdruck ist 
so prägnant, dass die genaue Erfassung des 
Sinnes oft beträchtliche Mühe macht. Und wo 
diese überwunden ist, bleibt die Aufgabe, den 
Sinn in einer den Ton des Originals treffenden 
Weise wiederzugeben. Es mag fraglich sein, 
ob das letztere überhaupt restlos möglich ist. 


diesen Versuch; und seine Wiedergabe wird 
häufig zu einer für mein Empfinden — das ist 
freilich subjektiv — gar zu breiten und schwer- 
fälligen Paraphrase. Dafür gibt er sich um so 
mehr Mühe — im ganzen gewiss mit Erfolg — 
den Sinn wirklich adäquat herauszuarbeiten. 
Zu diesem Ziel dienen auch die oft in Klammern 
beigefügten wörtlicheren Uebertragungen. Im 
einzelnen wird man natürlich nach subjektivem 
Geschmack dies oder jenes lieber anders haben. 
Einige in diesem Sinn gemeinte Bemerkungen 
mögen das erläutern. 

Dass Rescher das Wort „Wäli“ beibehält, 
soll wohl durch Anm. 2 zu S. 40 begründet 
werden, dass es sowohl den Fürsten selbst, als 
den Beamten bezeichnen könne. Aber kann man 
das nicht auch im Deutschen etwa mit dem 
Wort „Machthaber“ ausdrücken? dh und 
sind offenbar synonym gebraucht, soweit 
das zweite nicht noch rein abstrakt im Sinn 
von „Machtstellung* vorkommt: richtig über- 
setzt von Rescher so 8 ult.; 9, 1 (des arabischen 
Originals, das ich im folgenden stets zitiere), 
mit „Herrschaft“ 75 ult., mit „Macht“ 80, 5. 
Zweifellos ist auch Au- 58 43, 7 als 
„Machthaber“ zu fassen, nicht wie Rescher es 
zu tun scheint „von der Umgebung des Fürsten“. 

Ein anderer Begriff, der zu Bedenken Anlass 
gibt, ist wpe. Rescher übersetzt durchgehends 
„Religion“. Nun kommt es 113 ult. deutlich 
im Sinn von Tugend im Hinblick auf das 
Jenseits vor im Gegensatz zu Boys als Tugend 


im Hinblick auf das Diesseits. Aber die Gegen- 
überstellung ist meist nicht so scharf. Rescher 
selbst sieht sich veranlasst, 62, 6 die Ueber- 
setzung „Religion“ durch ein beigefügtes 
„[Moral]* zu erläutern. Sein Empfinden hat 
ihn dabei gewiss nicht betrogen. Aehnlich wäre 
42,9 G 50 wohl am besten als „moralisch“ 
auszudrücken. Ganz besonders aber möchte 
ich an der wichtigen Stelle 18, 8 o keines- 
falls mit „Religion“, sondern direkt mit „Recht“ 
wiedergeben: die folgende Definition spricht 
deutlich genug! Die drei Arten von Herrschaft 
sind die des Rechts, der Macht, der Willkür. 
Das ist nicht unwesentlich: die Schrift ist eben 
ganz und gar nicht religiös orientiert, und das 
ist für den Verfasser wohl charakteristisch. 
Eine Kleinigkeit zur Lexikographie: „3 As; 
US 3, 5 heisst nicht Verzicht „in der“ 
Welt, sondern „auf die“ Welt (vgl. Der Islam, 
VI, 45, Anm. 3). Das ist ganz deutlich 125, 6. 
lo ist 27, 2 gewiss nicht „Herr“, sondern 
„Freund“, „Gefährte“. — . 37, 5f. 


Rescher verzichtet — wohl bewusst — auf besser „besonnen“ — „unbesonnen“ als „ver- 


193 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 


194 


nünftig“ — „töricht“. Labs! und Udo! 35, 6| hat solche Punkte scharf herausgearbeitet. Aber 


gibt Rescher wieder mit „besser [wörtl.: milder]“ 
und „passender [wörtl.: gerechter]“. Die „wört- 
liche“ Uebersetzung zumal des letzteren stimmt 
natürlich nicht. Adäquater wäre im ersten 
Fall „feiner“, im zweiten ist „angemessener“ 
wörtlich. So geht es doch auch nicht an, der 
richtigen Uebersetzung von xake at} 9, 4 mit 
Pflicht beizufügen „[Recht]!“: das heisst ja 
e nicht, sondern wäre a) (2. 

Dafür, dass auch die weitschweifige Para- 
phrase ihre Gefahren in sich birgt, nur ein 
Beispiel: S. 34 f. ist gesagt, dass man einen 
Machthaber nicht durch Widerspruch auf den 
rechten Weg bringen werde, wohl aber dadurch, 
dass man ihn in denen seiner Ansichten, die 
man gut findet, bestärkt. Wenn Rescher nun 
übersetzt: „Dagegen wirst du es stets ver- 
mögen, ihm zu besserer Einsicht zu verhelfen“, 
verwischt er dadurch (beachte das Suffix von 


h) den genaueren Sinn. 


Diese Einzelheiten genügen wohl, um das | 
Interesse an der Arbeit Reschers darzutun, 
die im ganzen als durchaus sinngemäss und 
getreu gelten kann. 

Nach ganz kurzen „Bemerkungen zu et- 
Ta aélibi’s Schriften“ ebenfalls von O. Rescher 
(S. 83—85) folgt als der Teil des Bandes, der 
wohl am meisten Interesse erwecken wird, die 
Fortsetzung von Martin Hartmanns Arbeit im 
vorhergehenden Jahrgang: ,Aus der neueren 
osmanischen Dichtung II“ (S. 86—149). Der 
ganze Teil — eine Synthese soll später noch 
folgen — ist Zija Gök Alp gewidmet. Der 
Dichter Zija ist obne Kenntnis des Denkers, 
des Kulturpolitikers Zija nicht zu verstehen. 
Darum halte ich es für ganz besonders wertvoll, 
dass Martin Hartmann uns in dessen Gedanken- 
welt einführt. Das geschieht mit ausgesprochener 
Sympathie, aber doch auch mit deutlicher 
Kritik: und wo dies beides zusammentrifft, 
können wir die beste und gerechteste Würdigung 
erwarten. Es ist äusserst lehrreich zu sehen, 
wie sich bei Zija in dem Bestreben, die ’usül- 
el-Akh auf Grund seiner soziologischen Ideen 
neu zu gestalten, die gesunden modernen Ge- 
sichtspunkte mit dem Ueberkommenen ausein- 
andersetzen; und besonders instruktiv ist es, 
dass die Pforte, durch die die verjüngenden 
Kräfte in das alte Gebäude eindringen sollen, 
der ‘asl des 'idschmä‘ ist, dessen Wichtigkeit 
für die Entwicklungsfähigkeit des Islam längst 
betont ist (vgl. Goldziher, Vorlesungen, S. 56). 
Es ist klar, dass Zija bei seinem Versuch viele 
Klippen zu umschiffen hat, und dass sich nicht 
alles sogleich restlos klärt. M. Hartmann 


ebenso sicher ist, dass Zija hier ernste Gedanken- 
arbeit leistet, und dass er mit seinem Herzen 
bei der Arbeit ist. Ob sie fruchtbar werden 
wird oder ob es bei den etwas abstrakten 
Spekulationen sein Bewenden hat, muss die 
Zukunft zeigen. Dass Zija selbst die Kraft zu 
einer Erneuerung des Islam hat, möchte ich 
bezweifeln: so ernst er es mit dem Islam — 
freilich einem etwas farblosen Islam — nimmt, 
sein Herz gehört doch zuerst einer anderen 
Idee, für die der Islam mehr den Hintergrund 
abgibt. Wohl aber könnte sein Einfluss auf 
die junge Theologenwelt das Milieu schaffen, 
aus dem heraus eine Erneuerung der Religion 
des Islam ermöglicht wäre. 

Die Idee, die Zija im Tiefsten auf der Seele 
brennt, ist die nationale Idee des Turanismus. 
Das tritt in seiner Tätigkeit als Volkserzieher, 
bei der man seine soziologische Orientierung 
ebenfalls auf Schritt und Tritt spürt, klar zu- 
tage. Denn unter den drei Gesichtspunkten 
seines Programms: Türkisierung, Islamisierung, 
Modernisierung, liegt der Schwerpunkt unver- 
kennbar auf dem ersten. Hier hat Zija eine 
grosse Aufgabe, und diese Aufgabe hat er auch 
schon ein gut Stück der Lösung näher geführt. 
Aber eben hier drohen m. E. der Entwicklung 
des Türkentums auch sehr ernste Gefahren. 
Der Nationalismus droht sich — gewiss ent- 
gegen Zijas eigenem Wunsch — zum Chauvi- 
nismus zu entfalten, der die Rechte der anderen 
Nationen nicht mehr sieht: und das ist in einem 
Staatswesen, das kein Nationalstadt, sondern 
ein Nationalitätenstaat ist, besonders bedenk- 
lich. Hier haben die Phantasiebilder, die ein 
L. Cahun entworfen hat, wohl verhängnisvoll 
gewirkt. Gewiss wollen wir, denen die Ergeb- 
nisse der Geschichtskonstruktionen eines Gobi- 
neau und eines H. St. Chamberlain vertraut 
sind, nicht zu rasch aburteilen; aber leider ist 
zu fürchten, dass bei den sich eben erst ihrer 
nationalen Kraft bewusst gewordenen Osmanlys 
die notwendigen Hemmungen, die geschichtlich 
geschultes Denken und Selbstkritik darstellen, 
etwas schwach sind. Bei Zija selbst wird der 
Ueberschwang glücklicherweise gezügelt durch 
ein starkes ethisches Empfinden, das in seinen 
Dichtungen oft zu imponierendem Ausdruck 
kommt. 

Damit sind wir nun auch zu Zija dem 
Dichter gelangt. Seine ganze Poesie ist ge- 
tragen von dem nationalen Gedanken. Den 
tiefsten Eindruck von seiner dichterischen Per- 
sönlichkeit haben mir kurze Gedichte wie die 
von M. Hartmann S. 95 f. übersetzten gemacht. 
Es liegt freilich eine gewisse Inkongruenz darin, 
wenn man, wie hier geschieht, den Gedanken 


195 


des kategorischen Imperativs in das Gewand 
der Mystik kleidet; doch ist sie immerhin nicht 
so gar gross, da die sittliche Forderung durchaus 
autonom gedacht ist, man vergleiche das Gedicht 
Kendine Doghru (Kyzyl Elma (S. 90). Auf 
jeden Fall bewährt sich so Zija auch hier als 
Volkserzieher, wenn der dem Orientalen zunächst 
nicht so ganz naheliegende Gedanke der Pflicht 
ihm in der ihm so vertrauten und zusagenden 
Form der Mystik nahegebracht wird. Der 
tiefste Grund, aus dem die sittliche Forderung 
hervorgeht, ist freilich auch hier wieder — 
und das mag nicht ganz unbedenklich erscheinen 
— das nationale Bewusstsein. 

Die wichtigste poetische Leistung Zijas ist 
ohne Frage das Masal, das dem ganzen Bändchen 
Kyzyl Elma den Titel gegeben hat. Was 
Martin Hartmann, S. 110 über dessen Form 
sagt, dürfte gewiss richtig sein, wenn wir auch 
aus diesen Versen den Rhythmus nicht heraus- 
hören: man vergleiche sie nur z. B. mit den 
ebenfalls elfsilbigen Versen in Mutakärib des 
Schahname, so empfindet man den ganzen Unter- 
schied der Sprachen! Aber die wahre dichte- 
rische Gestaltungskraft fehlt Zija vielleicht 
doch; ein ganzer Dichter hätte doch wohl die 
Vision S. 20 ff., die Tekin Alp wohlweislich 
unübersetzt gelassen hat, zu klarerer Anschau- 
lichkeit gestaltet. Aber wenn irgendwo, so 
liegt gerade in Kyzyl Elma das Schwergewicht 
auf dem Gedanklichen. — Woher stammt eigent- 
lich der Name Kyzyl Elma „der rote“ oder 
eher (s. M. Hartmann, S. 91 Anm. 1} „goldene 
Apfel“ für das gelobte Land? Brockelmann 
hat uns Welt des Islam, V, 285 sehr dankens- 
werte Aufklärung über den Gebrauch in der 
älteren türkischen Literatur gegeben. Hierzu 
sei noch beigefügt, dass nach J. von Hammer, 
Geschichte des osmanischen Reiches, III, 475 
(nach welcher Quelle?) der neue Sultan am 
Tage der Säbelumgürtung bei der feierlichen 
Begrüssung vor der Janitscharenkaserne die 
Worte aussprach: Kyzyl Elmada görüschürüsz, 
was v. Hammer, Des osmanischen Reiches 
Staatsverfassung, II, 195 übersetzt: „In Rom 
sehen wir uns wieder“. Wie kommt man dazu, 
den Mittelpunkt des Abendlandes als K. E. zu 
bezeichnen? Man könnte vielleicht darandenken, 
ob die Weltkugel, der Reichsapfel (vgl. Sittl 
in Jahrbücher f. klass. Philologie, Suppl.-Bd. 
XIV, S. 42 ff.) als Symbol des Weltreichs des 
Abendlandes den Grund dafür gegeben hätte, 
wenn man erwägt, dass diesesHerrschaftszeichen 
in der Hand von Kaiserstatuen den Orientalen 
vielfach aufgefallen ist und zu allerhand Speku- 
lationen Anlass gegeben hat (vgl. z. B. “Ali 
al-Harawi, Oxforder HS. fol. 69a = Ibn al- 
Wardi, ed. 1324, S. 63). Doch erscheint diese 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 


— a a zZ 
— ree ac SSNS 


196 


Erklärung vorerst noch ziemlich gesucht. Und 
auch die andere Assoziation, die einem unwill- 
kürlich kommt, und die, wie ich höre, auch von 
anderer Seite schon erwogen wurde, die Er- 
innerung an die goldenen Aepfel der Hesperiden, 
wagt man, solange keine Zwischenglieder auf- 
gewiesen sind, doch als zu fernliegend kaum 
zur Erklärung heranzuziehen. Nun, wenn diese 
Fragen auch noch nicht gelöst sind, Zija Gök 
Alps Kyzyl Elma wird seine Wirkung üben 
und hat es schon getan: das Ideal von Kyzyl 
Elma hat durch ihn einen neuen Inhalt be- 
kommen und wird mit diesem weiter leben. 
Und wir danken es Martin Hartmann, dass er 
uns diesen Inhalt, wie er sich in Zijas ganzem 
Werk ausdrückt, so viel näher gebracht hat. 

Den Schluss des Bandes macht Hermann 
Hahns Uebersetzung von zwei türkischen Gram- 
matiken, einer uzbekischen und einer kirgisi- 
schen, von Terentjew aus dem Russischen 
(S. 150—191 u. 192—223), die hochwillkommen 
ist, auf die näher einzugehen ich mir aber ver- 
sagen muss. 


Strack, H. L.: Jüdisches Wörterbuch mit besonderer 
Berücksichtigung der gegenwärtig in Polen tiblichen 
Ausdrücke. XVI, 204 S. gr. 8. M. 5—; geb. M. 6 —. 
Leipzig, J. C. Hinrichs, 1916. 

— Jüdische Texte. Lesebuch zur Einführung in 
Denken, Leben und Sprache der osteuropäischen Juden. 
56 S. 8°. M. 1.50. Ebd. 1917. Bespr. von F. Perles, 
Königsberg i. Pr. 

Die vorliegenden zwei Veröffentlichungen 
haben nach ihrem Titel scheinbar keinen Anspruch 
auf eine Anzeige in dieser Zeitschrift. Doch 
bei näherer Prüfung stellen sich mannigfache 
Beziehungen zur Wissenschaft vom vorderen 
Orient heraus. Erschliessen sie doch weiteren 
Kreisen eine bisher unbekannte Welt, die, wenn 
auch nicht im geographischen, so doch im 
kulturellen Sinne dem Orient zuzuzählen ist, 
und bietet doch ausserdem das Jüdisch-Deutsche 
dem Orientalisten das Bild einer Sprache, die 
eine interessante Parallele zum Neupersischen 
darstellt. Hier wie dort ist eine arische Sprache 
unter religiösem Einfluss nicht nur in ihrem 
Wortschatz stark semitisiert worden, sondern 
hat auch die ihrem innersten Wesen fremde 
semitische Schrift übernommen und hat trotz 
alledem ihren Grundcharakter nicht eingebüsst !. 
Auch darin gleichen sich diegenannten Sprachen, 
dass die Verschmelzung zweier so verschieden- 
artiger Elemente einen plastischen Stil mit 
einer unendlichen Fülle von Ausdrucksmöglich- 
keiten geschaffen hat, und diese Aehnlichkeit ist 
um so bemerkenswerter, als dasJüdisch-Deutsche 
sich erst im letzten Jahrhundert zu einer Lite- 


ı Ganz die gleiche Erseheinung tritt uns auch im 
Jüdisch-Spanischen entgegen, vgl. OL III (1900), 222ff. 


197 


ratursprache im höheren Sinne entwickelt hat. 

Diese Sprache bezeichnen diejenigen, die sie 
sprechen, Kurzweg als jüdisch (jiddisch), weil 
sie sich in ihr am stärksten ihrer jüdischen 
Eigenart bewusst werden, und sie hat auch 
tatsächlich zwischen ihnen und ihrer Umgebung 
im Laufe der Jahrhunderte eine Mauer auf- 
gerichtet und damit je nachdem kulturhemmend 
oder kulturfördernd auf die Juden gewirkt. In 
Deutschland selbst, wo die Juden bis in die 
zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts sich aus- 
schliesslich ihrer bedienten, war sie der stärkste 
kulturhemmende Faktor, denn sie verhinderte 
den Anschluss der Juden an die allgemeine 
deutsche Bildung, und daraus erklärt sich ihre 
leidenschaftliche Bekämpfung durch. Moses 
Mendelssohn und seine Jünger, die das Judentum 
zur Höhe der modernen Kultur erheben wollten. 
In den Ländern des Ostens dagegen ist sie bis 
in unsere Tage — so überraschend das auch 
vielen klingen mag — entschieden kulturfördernd 
gewesen, denn sie verhinderte ein Herabsinken 
der Juden in die Tiefen slavischer Roheit und 
Unwissenheit und gab den Aermsten das Gefühl 
geistiger und moralischer Ueberlegenheit gegen- 
über ihren russischen (und teilweise auch pol- 
nischen) Peinigern. 

Das „Jüdische“ verdiente also durchaus 
nicht die Missachtung, mit der man es bis zum 
Kriege hierzulande betrachtete, und die um so 
unbegreiflicher ist, als in ihm der älteste lebende 
deutsche Dialekt vorliegt. Denn nach seinem 
Grundstock ist es in lautlicher, grammatischer 
und lexikalischer Beziehung ein erstarrtes Mittel- 
hochdeutsch !, das die in Deutschland verfolgten 
Juden in der Zeit vom 11. bis zum 14. Jahr- 
hundert aus ihrer Heimat nach Polen trugen 
und bis heute in der Hauptsache treu bewahrt 
haben. Wohl ist der Wortschatz durch zahl- 
reiche Entlehnungen und Neubildungen aus dem 
Hebräischen und neuerdings auch aus dem Pol- 
nischen bereichert worden, doch lautlich undgram- 
matisch ist die Sprache im wesentlichen deutsch 
geblieben, und nur die Syntax unterlag in 
manchen Punkten hebräischem oder slavischem 
Einfluss. Selbst lexikalisch ist das deutsche 
Element das herrschende geblieben, indem nur 
etwa 30 Prozent aller Substantiva fremden 
Ursprungs sind. Selbst die zahlreichen von 
nichtdeutschen Stämmen abgeleiteten Adjektiva 
und Verba unterliegen den Gesetzen der deutschen 
Wortbildung. 

Das Jüdisch-Deutsche ist zugleich der am 


1 Vgl. Jacob Gerzon, Die jüdisch-deutsche Sprache. 
Eine grammatisch - lexikalische Untersuchung ihres 
deutschen Grundbestandes (Frankfurt a. M. 1902 
Sapir, Notes on Judeo-German Phonology (1QR 


N ew 
Ser. VI, 231 fl.). 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 


198 


weitesten verbreitete deutsche Dialekt, da die 
in den letzten Jahrzehnten aus Osteuropa aus- 
gewanderten Juden ihre Sprache nicht nur nach 
Palästina, sondern auch über den Ozean nach 
den Vereinigten Staaten, Canada und Südafrika 
mitgenommen haben und dort wenigstens in 
der ersten Generation noch weiter sprechen, 
ja sogar literarisch pflegen. Was das für die 
deutsche Sprache in weltwirtschaftlicher Be- 
ziehung bedeutet, kann hier nicht ausgeführt 
werden. 

Durch den Krieg ist mit einem Mal die 
Aufmerksamkeit auf die bis dahin viel ver- 
spottete, aber wenig gekannte Sprache gelenkt 
worden. Denn beim Einrücken der Verbündeten 
in Polen erwies sie sich bald als bequemes Ver- 
ständigungsmittel mit der dortigen jüdischen 
Bevölkerung, dessen Wert die deutschen Militär- 
und Zivilbehörden sofort richtig erkannten. 
Strack hat sich nun ein grosses — nicht nur 
wissenschaftliches — Verdienst erworben, wenn 
er zwei Hilfsmittel schuf, die ein tieferes Ein- 
dringen in die Sprache und in die Geisteswelt 
der Óstjuden ermöglichen und namentlich auch 
zum Verständnis geschriebener und gedruckter 
Texte anleiten. 


Das Wörterbuch schliesst die mit der 
heutigen hochdentschen Sprache übereinstim- 
menden Wörter und Ausdrücke grundsätzlich 
aus!, bietet aber sonst mit annähernder Voll- 
ständigkeit den Wortschatz der gegenwärtig in 
Polen gesprochenen Sprache. Die Beschränkung 
auf diesen einen Dialekt war wohl durch prak- 
tische Rücksichten veranlasst, doch wäre ein 
Hinweis auf die anderen stark abweichenden 
Dialekte wenigstens in der Einleitung am Platze. 
Mit vollem Recht ist das Jüdisch-Deutsche hier 
mit hebräischen Typen gedruckt und daher das 
Wörterbuch nach dem hebräischen Alphabet 
angeordnet. Denn nur dadurch gewinnt man 
ein richtiges Bild von der Eigenart der Sprache 
und lernt auch Zeitungen und Bücher selbst- 
ständig lesen. Für eine Neuauflage möchten 
wir den Wunsch aussprechen, dass auch eine 
Tafel der Kurrentschrift beigefügt werde, da 
dieselbe zum Lesen von Briefen und Urkunden 
nötig ist. Eine dankenswerte Beigabe ist der 
dem Werke vorangeschickte Abriss der hebrä- 
ischen Laut- und Formenlehre, denn zum vollen 
Verständnis der gesprochenen und geschriebenen 
Sprache gehört auch einige Vertrautheit mit 
dem Hebräischen, speziell mit den Lautgesetzen 


1 Allerdings ist auch eine beträchtliche Anzahl von 
Vokabeln aufgenommen, die weder in der Form noch in 
der Bedeutung vom Hochdeutschen abweichen, z. B. 


E. | Aufsatz, ausbrechen, Ausdruck, ausdrücken, aushöhlen, 


ausräumen, auswählen, Auszug, Einfall, Einfluss, über- 
fahren, Untertan. 


199 


und mit der Flexion der Substantiva. Nur 
hätte Strack gut getan, auch die unter den 
Juden üblichen verschiedenen Aussprachen zu 
verzeichnen i. Namentlich in den Jüdisch- 
Deutschen Texten, die in lateinischer Tran- 
skription gegeben sind, wirkt die wissenschaft- 
lich korrekte, doch dem Leben fremde Umschrift 
der hebräischen Wörter geradezu irreführend, 
wenn z. B. (S. 9 Z. 12) D durch sak statt 
durch sach wiedergegeben wird, oder (S. 11 
Z. 25) MY durch zäröth statt durch zöres? 
oder S. 13 31% OY durch jom tob st. jontef. 


Das Wörterbuch kennzeichnet die aus dem 
hebräischen und polnischen entlehnten Wörter 
gewöhnlich als solche, ist aber diesem Prinzip 
aus nicht ersichtlichen Gründen oft untreu ge- 
worden. So fehlt bei vielen polnischen Wörtern 
der Vermerk p., und zwar auch bei solchen, 
deren slavischer Ursprung äusserlich nicht ohne 
weiteres erkennbar ist, z. B. ly & p „Wurzel“ 
von korzen?, 013) „Docht“ von knot, ywor 
„brüllen“ von ryczeć. Die Uebereinstimmungen 
mit dem Mittelhochdeutschen und den lebenden 


deutschen Dialekten sind leider nur ganz aus- | 


nahmsweise verzeichnet. Vielleicht entschliesst 
sich Strack, sein Werk nach dieser Richtung 
hin zu ergänzen, was den wissenschaftlichen 
Wert des Wörterbuches noch bedeutend erhöhen 
würde. Eine wichtige Vorarbeit liegt in der 
erwähnten Arbeit von Gerzon vor, die 196 
Substantiva, 139 Verba, 52 Adjektive und 37 
sonstige Wörter und Ausdrücke aufzählt, indenen 
älteres deutsches Sprachgut aufbewahrt ist. 
Natürlich ist das nur ein kleiner Teil des 
ganzen Materials, und es müsste dazu ausserdem 
auch noch das ältere Jüdisch-Deutsch heran- 
gezogen werden‘. Von den noch heute ge- 
sprochenen oberdeutschen Mundarten weist 
namentlich das Bayerische ungewöhnlich viel 
Berührungen mit dem Jüdischdeutschen auf, 
wofür Referent an anderer Stelle® Belege bei- 
bringt. 

Die Jüdisch-Deutschen Texte lassen 


ı Wie soll sich der Anfänger sonst den ganz ver- 
schiedenen Lautwert der hebräischen Buchstaben im 
jüdischen (S. IV—V) und im hebräischen Alphabet 
(S. VII- VII)) erklären? 

2 Beiläufig bemerkt, ist dieses Zurückweichen des 
Tones auf die vorletzte Silbe, die nicht nur bei den 
Ostjuden anzutreffen ist, auf den Einfluss der deutschen 
Sprache zurückzuführen. 

Die Wiedergabe von poln. rg durch ~ ist auch 
sonst öfter belegt und entspricht, wie Strack S. X 
angibt, der ruthenischen Aussprache. 

t Vgl. vor allem M. Grünbaum, Jüdisch-deutsche 
Chrestomathie (in lateinischer Umschrift) X, 587 8. 
Leipzig 1882. Enthält wertvolle Proben aus der älteren 
Literatur mii philologischen und literarhistorischen Er- 
läuterungen. 

5 Beiträge z. Gesch. d. deutschen Sprache 43, 300 ff. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 


200 


ebenfalls die ältere Literatur vollkommen un- 
berücksichtigt, bieten aber gute Proben aus der 
lebenden Sprache. Sie beginnen mit dem 
denkwürdigen Aufruf, den bald nach Beginn 
des Krieges die Armeeoberleitung der Verbün- 
deten „An die Juden in Polen“ (px TR n W 


p) richtete. Dieser Aufruf hat den Wert 
eines Dokumentes ebenso durch seinen Inhalt, 
indem darin den so lange Gequälten Recht und 
Freiheit verheissen wird, wie durch die blosse 
Tatsache, dass hier zam erstenmal von hoher 
Stelle das Jüdisch-Deutsche angewandt und so 
vor aller Welt in sein Recht eingesetzt wird. 
Darauf folgen mehrere aktuelle Zeitungsartikel, 
die zum Teil politische und religiöse Fragen 
behandeln, zum Teil auch Stimmungsbilder aus 
dem Leben und Leiden der Ostjuden geben. 
So wird uns das Schicksal jüdischer Vertrie- 
bener im Innern Russlands in seiner erschüt- 
ternden Tragik geschildert, während als freund- 
licheres Bild die Gestalt eines ehrwürdigen 
Rabbi erscheint, den weder die plündernden 
Kosaken noch die ins Haus einschlagenden 
Granaten im Talmudstudium stören. Der 
deutsche Hauptmann, der an der Spitze seiner 
Truppen in die eroberte Stadt einzieht, sieht 
vom Pferde aus den Greis in dem zerschossenen 
Haus über seinen Büchern sitzen. Ihn interes- 
siert eine solche Seelenruhe mitten in Schrecken 
und Vernichtung, und er begibt sich zum Rabbi. 
Es stellt sich heraus, dass der Hauptmann in 
Zivil Professor der orientalischen Sprachen 
und auch mit der Sprache des Talmuds vertraut 
ist, worauf ihm der Rabbi, als ob sich nichts 
zugetragen hätte, überglücklich die eben ge- 
fundene Erklärung einer dunklen Talmudstelle 
mitteilt. Diese und eine Reihe anderer Skizzen, 
darunter auch je eine von Schalom Asch 
und von dem grossen 1915 verstorbenen Er- 
zähler J. L. Perez, geben zugleich einen guten 
Begriff von dem hohen Stande, auf den die 
Jüdisch-Deutsche Sprache und Literatur sich 
neuerdings erhoben hat. Von dem Reichtum 
und der Vielseitigkeit des noch so jungen 
Schrifttums! kann man sich freilich danach 
noch keine Vorstellung machen. Da Strack 
in der Einleitung selbst in Aussicht stellt, 
seine Auswahl von Texten zu erweitern, möchten 
wir empfehlen, dann auch Proben aus der Lyrik, 
vor allem aus M. Rosenfelds „Liedern des 
Ghetto“, sowie volkskundliches Material (Sagen, 
Volkslieder und Sprichwörter? in grösserer 


ı Vgl. M. Pines, Histoire de la littérature judeo- 
allemande (Paris1911). Dasselbe auch in jüdisch-deutscher 
Sprache (Warschau 1911) und in stark verkürzter hoch- 
deutscher Bearbeitung von Georg Hecht (Leipzig 1913). 

? S. 50 ist bereits eine kleine Auswahl von Sprich- 
wörtern geboten. 


201 Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 202 


Anzahl) mitzuteilen. Auch wäre neben den/S eo) abzuleiten. Allerdings ist noch der 
Texten in Umschrift die Mitteilung einiger Weg festzustellen, auf dem das Wort zu den 
hebräisch gedruckter Texte wünschenswert. polnischen Juden gewandert ist. In Süd- und 
Denn die 8.7 „zur Uebung“ mitgeteilten zehu | Westdeutschland ist dafür bis heute das schon 
Zeilen reichen für diesen Zweck nicht aus. 1544 belegte! wrx (oren) gebräuchlich, das 
Trotz mancher Ausstellungen im einzelnen | man bisher von orare abgeleitet hat. So nahe 
freut sich Referent, dem Verfasser für seine auch diese lautlich und be rifflich einwandfreie 
Leistung im ganzen volle Anerkennung aus. Erklärung liegt, erheben sich doch ernste Be- 
sprechen zu können, und so mögen auch die denken dar en Derartige Entlehnungen fanden 
nachstehenden Ergänzungen und Berichtigungen nur bei Worten atatt die de Juden 52 -hier 
a nur als ue des Interesses Umgebung häufig hörten. Nan: ist: orare 
5 wee en Ne . weder als Verbum noch in irgendeiner Ableitung 
a jemals in einen deutschen Dialekt übergegangen, 
10a fehlt INYO OIN „stärken“ (das Herz), so dass es unverständlich bliebe, woher die 
wohl Nachbildung von >25 “yo. — 18b fehlt Juden überhaupt das Wort kennen gelernt haben. 
WAYN „Henkel“, „Handgriff“. — 23b n Ich vermute daher, dass das Wort von hora 
MIN ist nicht Anfang eines Pentateuch- abzuleiten ist. Mit hora wurde und wird bis 
abschnittes, der am Simchat Thora-Feste heute die kirchliche Gebetszeit bezeichnet, nach 
vorgelesen wird, sondern eines für diesen Tag|der die ganze Zeiteinteilung erfolgte. Noch 
bestimmten Gebetes. — 24a ps hat nichts heute hört man in katholiscne.. Gegenden Aus- 
mit „puffen“ zu tun, sondern gehört zu bayr. drücke wie „hora läuten“, „Aura singen“. Die 
(Schm. I 212) bafeln „schlummern“, wie schon | Juden konnten daher mitgutem Rechtein Verbum 
Gerzon 115 richtig angibt. — 26 b ND xma | davon bilden, mit dem sie ikr an bestimmte 
warm bedeutet nicht „der die Lichtstrahlen Stunden gebundenes Pflichtgebet bezeichneten. 
schafft“, sondern „die Leuchten des Feuers“. Der Abfall des anlautenden h hat seine Ana- 
— 27 a : ist nicht, Geringschätzung“, sondern ver ef das hg an 1 00 a ange 
u 2 i und im mhd. öre, ôr (bayr. noch heute or 
Faber, „Aufhebung — 848 po u. igt, Der Jüdische Dheiak" (Niruberg 168 
sprünglich nicht „der von uns Getrennte“, 8 16) führt xx als lat. Bezeichnung nn 
sondern „nicht bei uns!“ d. h. nicht treffe uns an, womit auch nn hora . 
gleiches! Es ist also nur das aramäische Ae-| — 53a mn steht nicht nur für „hohl“, sondern 
quivalent des gleichbedeutenden hebräischen 8 . m alle 31 5 
Sy xd, das Strack 90 b richtig erklärt. Auch ebenen Beispiele gehören zu diesem Worte!. 
das bekannte Vay), 2%) (mebbich, nebbech) — 57a s. v. moon „Richt.“ J. „Josua“. — 65 b 
„leider“ ist nach Grünbaum! aus nie bei euch u Deut. 1, 20 1. 21, 20. — eae 25 
entstanden und eine genaue Nachbildung des ren „blinken“. — 71a s. v. npin fehlt die 
noch heute gebräuchlichen, auf Thren. 1, 12 Bedeutung „Präsumption“.— 79b fehlt Ayıyı% 
zurückgehenden obe & 2. — 38a wn ist nicht „Kreisel“ 4. — 85 b Pd (meretrix) ist eine 
„Unwissender in bezug auf jüdisch Religiöses“ | Femininbildung von Ons, der nach Gen. 9, 22 
sondern „Uebertreter des Religionsgesetzes in als Urbild aller Schamlosigkeit galt, vgl. die 
seiner ganzen Lebensführung“. — 39 b fehlt verschiedenen rabbinischen Deutungen seiner 
WN D] „Entblössung des Hauptes“. — 40 a Tat in Jewish Encyclopedia VI 186a. Von 
s. v. Warn J PDOP „gleichen“. — 40a fehlt cn ist auch das obszöne Verbum j>yox>D ab- 
powsyyrony „Vitriol* = bayr. (Schm. I 889) | geleitet, s. Anthropophyteia VIII (1911) 39—40. 
Galizenstein, davon mit volksetymologischer | — 90b Z. 6 v. u. puy? l. werd. — 92a nimmt) 
55 der 1 1 1. numb. — 97a wp l. ddp (es ist das aram. 
stein, dessen Träger der grösste lebende ost, part. pass); ebd. you’ I. be. — 103a 
jüdische Bildhauer. — 45a YNNI (daw nen) myn i ak en psn). Das ` in unvokali- 
„beten“ kommt nicht von devovere, sondern ist * >? Ds : ; 
sierten Texten ist nur mat. lect. — 103b die 


2 Ld 8 ee js 
mit Goldziher’ von türk. es (aus arab. Erklärung von erw als Vater des Bräutigams 


1 Jüdischdeutsche Chrestomathie 394 Anm. 8. 

3 Sowohl Grünbaum als auch Strack haben irr- 
tümlich oD dy N. Auch indy No ist nur alter Fehler 
für yon yd. . 

8 ® Ben Chananja X (1867) Nr. 12. Ausserord. Beilage 
.8. 


ı ZfhB 1872, 127. 

? Schm. I 132 ff. 

3 So schon richtig Gerzon 122 Nr. 27. 

t+ Vgl. Schm. I 667. 

Der Uebergang von m in n vor dem Dental wie 
in Jontef aus 31 OY- 


en nn 


203 


oder der Braut ist irreführend. Mit Inn» be- 
zeichnen sich gegenseitig solche Personen, deren 
Kinder einander geheiratet haben. — 190a fehlt 
„pn „aktuell“. — 114b s. v. p wäre auch 
RNY „vervollkommnet“ anzuführen. — 116b s.v. 
nm) „Festtag“ l. „Fasttag“. — 121b mb20 
ist „Fähigkeit zu dulden“. — ebd. fehlt 5'0, 
die stehende Abkürzung für "> RD, womit ein 
Levit bezeichnet wird, und woraus der Fami- 
lienname Segal, -Segel entstanden ist. — 129b 
fehlt y „Omer zählen“! und yoy „das kleine 
beim Omer-Zählen gebrauchte Gebetbuch“. — 
132a nia nwy |. mma. — 140a fehlt 
das von }y°) gebildete Verbum pw gefangen 


nehmen“. — ebd. byyyb9 ist nicht „kleine Brezel“ 
sondern wie bayr. Plesl (Schm. I 464) „flacher 
Kuchen“. — 152a V'] ist nicht „allzu 


gefühlvoll“, sondern „zerstreut. — 154b 
L/PHD YH ist nicht „verzweifelt“, sondern 


„zweifelnd“. — 157b fehlt 7239) 75 (gewöhn- 
lich 727) “YH ausgesprochen) „Fortpflanzung 
der Art“ (nach Gen. 1, 28 n p). — 162a 
Z. 6 v. u. Pry l. ww. — 174b Z. 9 whyp 
l. whup. — 176a w mp ist „Unehrerbietig- 
keit“. Die Bedeutung „barhäuptig“ für mbps 
wen ist durch Verwechslung mit wx 1532 im 
Munde des Volkes entstanden. — 189a Z. 1 
v. u. Jes. 26 1. 26, 19. — 191b Z. 8,v. u. 
pbwy 1. pabww. — 193b pw, mow 1. Tw, 
mow. Für Tw wäre auch die Lesung PẸ 
(Part. Peal von YW) möglich, so Levy NhWb 
IV 546a. —- 194b aN ow „schlürfen, langsam 
gehen“ ist nicht polnisch, sondern entspricht 
bayr. (II 530) herumschlappen „schleppend gehen“. 
— 195 a „Schlemihl“ wird zwar gewöhnlich 
mit dem Num. 1, 6 vorkommenden Eigennamen 
oed z zusammengebracht, doch viel ein- 
leuchtender ist die Ableitung von dy Nu 
„der nichts taugt“ 2. — 196 b pysmw (eine Be- 
wegung mit den Lippen machen) gehört nicht 
zu schmatzen, sondern zu bayr. (II 562) 
schmutzen, schmutzeln (lächeln, innere Freude 
oder Behaglichkeit im Gesicht bemerkbar werden 
lassen). Der Schmutzer (das Lächeln), vgl. J. 
Perles, Beitr. z. Gesch. d. hebr. u. aram. 
Stud. 128, wo das Wort bereits im deutschen 
Makre Dardeke nachgewiesen wird. — 197b 
yyy 1. TMM). — 197b s. v. mW fehlt die 


1 Die von den Rabbinen nach Lev. 23, 15—16 an- 
geordnete Zählung der Tage vom 2. Passahtage (dem 
Tage der Darbringung des py) bis zum Wochenfeste. 


2 So Torezyner, ZDMG 50, 557, der diese Ableitung 
als bekannt voraussetzt. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 


204 


Bedeutung „Totenstarre“. — 201 a s. v. N 
fehlt das Diminutivum 5y ‘23m „kleine Bibel“ 


vgl. das 201 b angeführte oy „Psalmen“ 
büchlein“. 


Sprechsaal. 


In meinen Beitrag zur Hommel-Festschrift hat sich 
ein störendes Druckversehen eingeschlichen, das ich 
hier berichtigen möchte. S. 17 Z. 1 ist Tehom statt 
Jahwe zu lesen. j Wilh. Caspari. 


„Zum Verständnis des Pap. Sachau Nr. 8.“ 


In meiner kleinen Schrift „Zum Verständnis des 
Pap. Sachau Nr.8“ (1915; Oefversigt af Finska Vetenskaps- 
Societetens Förhandlingar Bd. LVII, 1914—1915, B Nr. 5) 
ist mir auf S. 2 ein fatales Versehen passiert, indem ich 
irrtümlich gr. opnv „Keil“ mit „Kiel“ übersetzte. Meine 
Zusammenstellung von opnv mit assyr. supinnu, aram. 
NND ist daher natürlich aufzugeben. 

Harri Holma. 


Personalien. 


Richard Hartmann, Prof. a. d. Univ. Kiel, ist auf 
den neugegründeten Lehrstuhl für Islamkunde nach 
Leipzig berufen worden. 

Der hebr. Schriftsteller und Redakteur des „Haschi- 
loach“, Dr. Josef Klausner, wurde vom Professorenrat 
der Odessaer Frauenuniversität zum Dozenten für jüdische 
Geschichte und Orientkunde ernannt. 

Dr. Leonh. Lütke, Mitarbeiter am Göttinger Septua- 
gintawerk, ist an der Westfront verwundet und gestorben. 

G. J. Thierry, a. o. Prof. der Assyriologie in 
Leiden, ist dort zum Ordinarius ernannt worden. 

Erich Steller, wissenschaftlicher Hilfsarbeiter bei 
der ägyptischen Abteilung der Königlichen Museen in 
Berlin, ist gefallen. 


Zeitschriftenschau. 
® — Besprechung; der Besprecher steht in (). 


Allg. Evang.-Luth. Kirchenzeitung. 1918: 
4. J. Haussleiter, Die apokalyptischen Reiter I. 
5. J. Haussleiter, Die apokaliptischen Reiter (Forts.). 

Amtl. Ber. a. d. Kgl. Kunstsammlungen. 1918: 
XXXIX 5. Borchardt, Sphinxzeichnung eines Agyptischen 
Bildhauers 
6. Wolfgang Fritz Volbach, Ein palästinensisches Amulett. 
7. W. Schubart, Ein Privatbrief aus Alexandreia (mit 
Erzählung von einem Wettkampf vor Caracalla). Er- 
werbung der ägypt. Abt.: 25 kleine Altertümer, meist 
Terrakotten römischer Zeit. 

Ancient Egypt. 1914: 
I. To our Readers; Engelbach, The Jewellery of Riqqeh; 
Newberry, Egyptian Nome Ensigns; Eckenstein, Moon 
Cult in Sinai; Bissing, Three Steles at Graz; Petrie, 
Egyptian beliefs in a future life; The mysterious Zét; 
For reconsideration; Periodicals; Reviews; Notes and 
news; Egyptian research students association; The 
portraits. 
II. Brunton, Work at Lahun; Thompson, Byzantine table 
of fractions; Gardiner, Egyptian ethics; Hamada u. Chiba 
Egyptology in Japan; Petrie, The earliest inscriptions; 
Periodicals, Zeitschrift; Reviews; Notes and news; 
Egyptian Research students association. Tomb of Menna, 
Portraits. 
III. Petrie, The treasure of Lahun; Engelbach, Hara- 
geh 1913/4; Naville, Excavations at Abydos; Spiegelberg, 
Hieratic ostraca; Bissing, Silversmith's models; Petrie, 


205 


Egypt in Africa I; Petrie, The new law on antiquities: 
Periodicals usw. 

IV. Sayce, Biscuit ware of the Sudan; Newberry, Udymu 
and the Palermo stone; Murray, Stele of Apa Teleme; 
Petrie, Egypt in Africa II; Periodicals usw. 

1915; I. Whymper, Birds in ancient Egyptian art; Quibell, 
Excavations at Saqqara; Thompson, Part of a Coptic 
sermon; Petrie, The metals in Egypt; Periodicals usw. 
II. Gardiner, A Cretan statue; Amsden, Skulls of the 
12. Dyn.; Offord, Alexandrian archaeology; Petrie, The 
stone age in Egypt; Petrie, More of the earliest Inscrip- 
tions; Reviews; Periodicals usw. 

Ill. Newberry, Ta Tehenu-Vlive Land; Seligman, Mul- 
tiple souls in Africa; Milne, Leaden tokens; Petrie, The 
stone age in Egypt; Petrie, The Boat names in Egypt; 
Periodicals uaw. 

IV. Lythgoe, Discoveries at Lisht; Bunt, A third cen- 
tury statuette; Bates, Archaic burials in Libya; Petrie, 
University College Museum; Periodicals usw. 

1916: I. Murray, Egypt in the Grail romance; Offord 
French and Italian Egyptology; Grenfell, The Grenfell 
scarabe; Petrie, The end of the Hittites; Periodicals usw. 
II. Mercer, The Gorringe collection; Seligmann, An 
early figure of Taurt; Murray, Egypt in the Grail ro- 
mance; Petrie, The queenly title 22 Dyn; Periodicals usw. 
III. Butcher, Early forms of the cross [mit Zusatz von 
Petrie]; Clarke u. Broadwood Cutting Granite; Petrie, 
New Portions of the annals; Murray Temple of Rameses 
Abydus; Reviews uew. 

IV. Sir Gaston Maspero [Nachruf]; Read, King Zet 
23. Dyn.; Petrie, Funeral figures; Offord, Egyptology in 
France; Mackay, Origin of polychrom borders; Stannus, 
A cemetery Portal aud plans; Reviews usw. 

Arch. f. d. Gesch. d. Naturw. u. d. Technik. 1918: 
VIII, 4—6. Horowitz, Ueber ein neueres deutsches 
Reichspatent und eine Konstruktion von Heron von 
Alexandrien. — Wiedemann-Hanser, Byzantinische und 
arabische akustische Instrumente. — Würschmidt, Ein 
ttirkisch-arabisches Quadrant-Astrolab. 


Deutsche Literaturzeitung. 1918: 
6. O. Eissfeldt, Erstlinge und Zehnten im AT (J. 
Meinhold). — O. Klein, Syrisch- griechisches Wörterbuch 
zu den vier kanonischen Evangelien (H. Gressmann). 
7. *P. Thomsen, Palästina und seine Kultur in fünf 
Jahrtausenden, 2. Aufl. (M. Löhr). 
8/9. *K. Sethe, Der Nominalsatz im Aegyptischen und 
optischen (Spiegelberg). 
11. H. Gunkel, Die Propheten (O. Eissfeldt). 
12/13. Konrad, A., Das Weltbild in der Bibel (C. Holzhey). 
Hd da. Nord. Tidsskr. f. Literaturforskning. 1917: 
3. J. L. Heiberg, Graeske sundheds regler. 


Geografisk Tidskrift. 1917: 
4. O. Olufsen, Russisk Turkestan. — J. A. Davidsson, 
Dobrudscha i Fortid og Nutid. — *V. Piquet, Le Maroc 
(0. Olufsen). 
Hessische Landeszeitung. 1918: 

18. I. Bericht über P. Jensens Vortrag „Wer war Mu- 
hamed?“. (Der Vortrag zeigt in dankenswerter Weise 
eine Reihe von bisher unbekannt gebliebenen Motiven 
und Motivketten auf, zieht aber aus der Uebereinstimmung 
dieser mit den biblischeu und babylonischen den zu weit 
gehender Schluss auf die absolute Ungeschichtlichkeit 
Mohammeds und des von ihm Berichteten. Ich habe 
seit vielen Jahren den Nachweis versucht, dass der 
Islam aus dem Kreise von Judenchristen hervorgegangen 
sei, und dass in Mohammed zwei Persönlichkeiten aus- 
einander zu halten seien, eia diesen Kreisen ent- 
stammender Prediger und ein in irgendwelcher Beziehung 
zum byzantinischen Kulturkreise stehender Soldat. Zu 
einer Veröffentlichung reichte das magere Material nicht 
aus, aber ich freue mich, die Skepsis Jensena bei der 
Kritik der von den Arabisten etwas zu gläubig über- 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 7/8. 


206 


nommenen arabischen Tradition sich bewähren zu sehen. 
Wenn ich also seine Schlussfolgerungen nicht annehmen 
kann, da bei ihm die sagenkritische Methode, die literar- 
kritische und die historische zu sehr durcheinander geht, 
so begrüsse ich seine Anregungen doch als dankenswert 
und würde ihnen gerne nachgehen, wenn mein Gesund- 
heitszustand es mir erlaubte. F. E. P.) 
Hibbert Journal. 1918: 
January. M. J. Landa, The restoration of Palestine. — 
C. G. Montefiore, The Old Testament and its ethical 
teaching. — E. J. Price, Paul and Plato. 
Historisch-politisohe Blätter. 1918: 
H. 2. O. Hipp, Die Kapitulationen und die deutsch- 
türkischen Verträge. 
Historisches Jahrbuch. 1917: 
3. M. W. Peitz, Martin I. und Maximus Confessor (Pa- 
tricius Gregor, Präfekt von Afrika, Mitte des 7. Jh. n. Chr.). 


Internat. Monatsschrift. 1918: 
4. H. Gunkel, Märchen im AT? 
5. L. Borchardt, Wie wurden für die altägyptische 
Geschichte die zeitlich festen Punkte gewonnen? — H. 
Gunkel, Märchen im Alten Testament (Schluss). 


Journal of Egyptian Archaeology. 1916: 

Vol. II. Nr. 1. J. P. Mahaffy, Cleopatra VI. — F. Ll. 
Griffith, A new monument from Coptos. — T. Eric Peet, 
A remarkable burial custom of the old kingdom. — 
Arthur E. P. B. Weigall, An ancient egyptian funeral 
ceremony; dazu Bemerkung von F. Li. Griffith. — Ayl- 
ward M. Blackman, An indirect reference to Sesostris 
III's syrian campaign in the tomb-chapel of Dhwty-Htp at 
El-Bersheh. — G. P. G. Sobhy, The pronunciation of 
coptic in the church of Egypt. — Bibliography of 
1913—14: S. Gaselee, Christian Egypt. — Notes and 
News. — *E. A. Wallis Budge, Egyptian sculptures in 
the British Museum (Edouard Naville). — H. R. Hall, 
Aegean archaeology (D. G. Hogarth). — E. A. Wallis 
Budge, A short history of the egyptian people; “the 
literature of the ancient Egyptians (A. H. Sayce, der 
sich herausnimmt, von dem Mangel an gesundem 
Menschenverstand (lack of common-sense) in Deutschland, 
d. h. bei den deutschen Aegyptologen, zu sprechen. Da 
Sayce gleichzeitig Budges Bücher über den grünen Klee 
lobt, so kann der eingeweihte Leser sich selbst die 
Schlüsse ziehen. D. R.) — *Erhard Biedermann, Studien 
zur ägyptischen Verwaltungsgeschichte in ptolemäisch- 
römischer Zeit (J. G. Milne). — A. Smythe Palmer, The 
Samson-saga and its place in comparative religion; 
*Journal of Manchester egyptian and oriental society 
1913—14 (L. W. King). — *Camille Lagier, l Egypte 
monumentale et pittoresque (F. G. Walker). — *M. W. 
Blackden, The ritual of the mystery of the jadgement 
of the soul (H. R. Hall). 
No. 2. D. G. Hogarth, Alexander in Egypt and some 
consequences. — Alan H. Gardiner, The nature and 
developement of the egyptian hieroglyphic writing. — 
H. R. Hall, Lettere of Champollion le jeune and of 
Seyffarth to Sir William Gell. — T. Eric Peet, The art 
of the predynastic period. — Bibliography Graeco-Roman 
Egypt. A. Papyri (1913—14) by H. Idris Bell. B. In- 
scriptions (1914) by Marcus N. Tod. C. Miscellaneous 
(1913—14) by F. Li. Griffith. — Notes and News. — 
*Carchomish. Report on the excavations at Djerabis on 
behalf of the British Museum, conducted by C. Leonard 
Woolley and T. E. Lawrence. Part I: Introductory, by 
D. G. Hogarth (Edouard Naville). — *J. G. Frazer, The 
golden bough, Vol. I u. II. 3. Edition (Alan H. Gar- 
diner). — *René Dussaud, Les civilisations préhelléniques 
dans le bassin de la Mer Egée 2. éd. (Ronald M. Bnr- 
rowr). — J. L. Myres, The dawn of history (H. R. Hall). 
— *W. M. Flinders Petrie, Amulets illustrated by the 
egyptian collection in University College, London (P. E. 
Newberry). 


207 


No. 3. H. R. Hall, Letters to Sir William Gell from 
Henry Salt, [Sir] J. G. Wilkinson, and Baron von Bunsen. 
— L. W. King, Royal tombs in Mesopotamia and Egypt: 
a comparison suggested by some recent discoveries. — 
T. Eric Peet, The great tomb robberies of the Ramesside 
age. Papyri Mayer A and B. — C. G. Seligman, An 
undescribed type of building in the eastern province of 
the Anglo-egyptian Sudan. — Notes and News. — 
*William M. Nesbit, Sumerian records from Drehem 
(L. W. King). — *Robert Koldewey, The excavations at 
Babylon (translated by Agnes S. Johns) (A. W. A. Leeper). 
— H. R. Hall, Catalogue of egyptian scarabs, etc., in 
the British Museum (T. E. Peet. — *Aylward M. Black- 
mann, The rock-tombs of Meir, Part I.; 'the temple of 
Dendür (H. R. Hall). 
No. 4. Edouard Naville, Did Menephtah invade Syria? 
— G. A. Wainwright, The excavations of Balabish: 
Preleminary notice. — T. Eric Peet, The great tomb 
robberies of the Ramesside age. Papyri Mayer A and 
B. 11. Papyrus Mayer B. — Oric Bates, The name Osisir. 
— A. E. Cowley, Notes on Hebrew papyrus fragments 
from Oxyrhynchus. — S. Margoliouth, Notes on Syriac 
papyrus fragments from Oxyrhynchus, — Alice Grenfell, 
The scarab collection of Queens college, Oxford. — H. 
M. Tirard, The soldiers of Ancient Egypt. — F. Ll. 
Griffith, Bibliographig 1914—1910: Ancient Egypt. — 
Notes and News. — *P. M. Sykes, A history of Persia 
(J. Wells). — *G. Ellioth Smith, The migrations of early 
culture. On the significance of the geographical distri- 
bution of the practice of the Mummification. A study 
of the migrations of peoples and the spread of certain 
customs and beliefs (W. H. Rivers). — *D. G. Hogarth, 
The ancient Kast (L. W. King). — *Nina de Garis Davies and 
Alan H. Gardiner, The tomb of Amenemhét(T. E Poet). 
*A. van Hoonacker, Une communauté Judéo-Araméenne 
à Elepbantine (A. Lukyn Williams). — A. E. P. Brome 
Weigall, Egypt-from 1798 to 1914 (F. G. Walker). — 
Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l'arché- 
ologie égyptiennes et assyriennes (Josef Offord). 
Literarisches Zentralblatt. 1918: 
b. Gunkel, Die Propheten (J. H.). 
8. *Gunkel, Esther (Herrmann). — *Wachstein, Die In- 
schriften des alten Judenfriedbofs in Wien (S. Krauss). 
— Meinhof, C., Eine Studienfahrt nach Kordofan (Ober- 
hummer). — *Afrika nach der arabischen Bearbeitung 
der Tewypagixn Spnynaıs des Claudius Ptolomaeus von 
Muhammad ibn Müsä al-Hwärizmi hrsg., übers. und 
erklärt von Hans v. Mzik (Brockelmann). — *Bonnet, 
Die ägyptische Tracht (Roeder). 
16. Kellermann, Der ethische Monotheismus der Pro- 
pheten und seine soziologische Würdigung (E. Herr). 
Mitteilungen d. K. K. Geogr. Ges. Wien. 1917: 
8/9. Th. Langenmaier, Alte Kenntnis und Kartographie 
der zentralafrikanischen Seenregion (Fichna). — K. 
Heinke, Monographie der algerischen Oase Biskra (F.). 
Monde Oriental. 1917: 
XI, 2. P. Leander, Astabq'u e ot ’enta za-Sem‘6n am- 
dawi, nach Handschr. in Uppsala u. Berlin herausgegeben. 
— O. Rescher, Et-Ta’ä-lıbi: Man gäba “anhu ’l-mntrib, 
übersetzt. — P. Thomsen, Die Palistina-Literatur III 
(K. V. Zetterstéen). — Berichte d. Forschungsinstituts 
f. Osten u. Orient in Wien. 1, 2 (K. V. Zetterstéen). 
— C. Contenau, Umma sous la dynastie d' Ur (P. Leander). 
— W. Gesenius, Hobräisches und Aramäisches Hand- 
wörterbuch. 16. Aufl. (P. Leander). 


Nordisk Missions-Tidsskrift. 1918: 
1. A. Nielsen, Koranen og Biblen. 
Norsk Teolog. Tidsskrift. 1917: 


Mars — Juni. S. Mowinckel, Gudsforestillingens ophav. 
Referat av Söderbloms bok: „Gudstrons uppkomst“. — 
8. Michelet, Fra Mose til profeterne. Forberedelsen 
for Kristus i Israels religions historie (E. Stave). — *S. 


Orientalistische Literaturseitung 1918 Nr. 7/8. 


208 


Mowinckel, Statholderen Nehemia (F. Buhl). — *H. Mos- 
beck, Essaeismen. Et Bidrag til Senjödedommens Re- 
ligions historie (C. A. Bugge). — A. Friedrichsen, Hagios- 
Qado’. Ein Beitrag zu den Voruntersuchungen zur 
christlichen Begriffsgeschichte (S. Mowinckel). 
Sept.—Dez. S. Michelet, Om literaer komposition i de 
gammeltestamentlige skrifter. — 8. Mowinckel, Tronstig- 
ningssalmerne og Jahves tronstigningsfest. 
Preussische Jahrbücher. 1917: 
Okt. W. Heinze, Internationale jüdische Beziehungen. 
Nov. E. Daniels, Türk. Bahnbauten während des Krieges. 
Revue Oritique. 1917: 
44. G. de Sanktis, Storia dei Romani, III: l’etä delle 
guerre puniche (M. Besnier). 
45. *Rerum Aethiopicarum Scriptores Occidentales ine- 
diti curante C. Beccari, T. XIV, XV (enth. Dokumente 
betr. die äthiopische Mission im 17. und 18. Jahrh.) 
(J. B. Chabot). — *Bulletin of the School of Oriental 
Studies (F. P). — *J.M.Zujovitch, Les Serbes (F. Bertrand). 
48. *E. Montet, Etudes Orientales et religieuses (M. G. D.). 
49/30. *J. Clédat, Le monastère et la nécropole de 
Boouit, t. II, 1 (A. Moret). 
Theologisches Literaturblatt. 1918: 
1918: 1. Thomsen, Die römischen Meilensteine der 
Provinzen Syria, Arabia und Palästina (Leipoldt). 
2. König Ed., Kanon und Apokryphen (Caspari). 
3. Gunkel, Die Propheten (W. Caspari). 
5. *Kittel, Geschichte des Volkes Israel (Procksch). 
*Bertholet, Altes Testament und Kriegsfrömmigkeit 
(Procksch). 
Theologische Literaturzeitung. 1918: 
1. *Landersdorfer, Die sumerische Frage und die Bibel 
(Ungnad). — *Landersdorfer, Die sumerischen Parallelen 
zur biblischen Urgeschichte (Ungnad). — *Cossmann, Die 
Entwickelung des Gerichtsgedankens bei den alttestam. 
Propheten (Gressmann). — *Liber Geneseos ed. G. Hoberg 
(Holzinger). — Kaerst, Geschichte des Hellenismus 
(Schwartz). — Schaeder, Religion und Vernunft (Troeltsch). 
— *Procksch, Petrus (Bultmann). 
2/3. Augapfel, Babylonische Rechtsurkunden (Ungnad). 
*Scheftelowitz, Das stellvertretende Huhnopfer 
(Bischoff). — Murillo, El Génesis (Bertholet). — Nau- 
mann, Untersuchungen über den apokryphen Jeremias- 
brief (Beer). — *Krieg und AT (Schuster). 
4/5. Neubauer, Bibelwissenschaftliche Irrungen (Ed. 
önig). *Venetianer, Asaf Judaeus (Bischoff). 


Zur Besprechung eingelaufen: 


(* bereits weitergegeben) 


Michael Huber, Im Reiche der Pharaonen. 2 Bände. 
Freiburg i. Br., Herdersche Verlagsh. M. 7,50, in 
Pappband M. 10 —. 

Orientalistische Studien Fritz Hommel zum 60. Geburtst. 
gewidm. 2. Bd. (Mitt. d. Vorderas. Ges. 1917. 22. Jahrg.). 
Leipzig, J. C. Hinrichs'sche B. 1918. M. 25—. 

Kaiserliche Osmanische Museen, Katalog der Babylonischen 
und Assyrischen Sammlung III: Eckhard Unger, Ge- 
rite. Konstantinopel, Druck von Ahmed Ihsan & Co., 
1918. 

Alfons Szwedzinski, Die Sprache. Hauptzüge der Sprach- 
wissenschaft auf neuer Grundlage. Berlin 1917, 
R. Trenkel. M. 5 —. 

Paul Mickley, Arculf. Eines Pilgers Reise nach dem 
heiligen Lande (um 670). 2. Teil (Das Land der 
Bibel Bd. II H. 3 u. 4). Leipzig, J. C. Hinrichs’sche 
B., 1917. M. 1,20. 

Bruno Meissner, Ein Entwurf zu einem neubabylonischen 
Gesetzbuch (SB. d. K. Pr. Ak. d. W. 1918 XV). M. 1 —. 

Franz Boll, Antike Beobachtungen farbiger Sterne (Abh. 
d. K. Bayr. Ak d. W. 1918. XXX. Bd. 1. Abh. 
München, 1918. 


Verlag u. Expedition: J. C. Hinrichs’sehe Buchhandlung, Leipzig, Blumengasse 2. — Druck von Max Schmersow, Kirchhain N.-L. 
P 1. 


Verantwortlicher Herausgeber: 


.I. Peiser, Königsberg I. Pr., Goh Alles 1 


Orientalistische Literaturzeitung 


Monatsschrift für die Wissenschaft vom vorderen Orient 


und seine Beziehungen zum Kulturkreise des Mittelmeers 
Herausgegeben von Professor Dr. F. E. Peiser, Königsberg i. Pr., Goltz-Allee 11 


Verlag der J. C. Hinrichs’schen Buchhandlung, Leipzig 


Blumengasse 2. 


21. Jahrgang Nr. 9/10 Warte una 


Besprechungen 
Anrich, Gustav: 
(Carl Fries) . 


Inhalt. 
Abhandlungen u. Notizen Sp. 209—236 


Bork, Ferdinand: Zum Jahresrätsel 
der Achigargeschichte . 226 
Geller, Samuel: Das babylonische 
Neolithikum 209 


Korrekturen nach Königsberg. — Drucksachen nach er 
Jäbrlich 12 Nen. — Halbjahrrprein 6 Mk. 


Glick, Heinrich: Die beiden „Basani- 
dischen Drachen“ (O. a taba 
24 


Hasenclever, Adolf: Geschichte Ae- 


Septbr./Okt. 1918 


Weindler, F.: Geburts- und Wochen- 
bettdarstellongen ee W res- 
zinski). . . 242 


Sprechsaal , . 249 
F. E. Peiser, Zu OLZ Sp. 205 249 


Hagios Nikolaos 
245 


Humbert, P.: : Der Deltafürst So’ 224 gyptens im XIX. Jahrh. (Moritz Aus gelehrtan Gesellschaften . 248 

Meissner, Bruno: Umma . 219 Sobernheim) . a 246 | Mitteilungen . . . =. . . . 251 
— : Samaég-ibni von | Hell, Josef: Die Religion des Islam 

Bit-Dakari. . `. . 220 (Hans Rust) . . . 243 | Personalien . . . . 261 

Schultz, Wolfgang: Iranisches bei Peez, C. v.: Ein türkischer Gross- Zeitschriftenschau . 251— 255 
Berossos . 227 vezier aus Graz (R. Hartmann) 244 


Ungnad, Arthur: Zur fünften Tafel 
. 2224 


der Serie HAR-RA . 


Poebel, Arno: Historical and gram- 
watical texts (Wilh. Förtsch) 236 


Zur Besprechung elngelaufen 255 — 256 


Das babylonische Neolithikum 


und sein Verhältnis zur historischen Zeit. 
Von Samuel Geller. 


Soviel Kraft und Mühe man auch der Er- 
forschung der historisch beleuchteten Kultur 
des vorderasiatischen Zweistromlandes nach 
vielen Seiten hin gewidmet hat und noch 
widmet, so wenig ist andererseits bisher die 
Prähistorie dieses Gebietes gepflegt worden. — 

Wohl sind bei den meisten Ausgrabungen 
in Babylonien und auch bei solchen in Assy- 
rien in den untersten Kulturschichten auch 
Reste neolithischer Art gefunden und dann in 
den betreffenden Veröffentlichungen auch kurz 
erwähnt, sogar teilweise abgebildet worden; 
aber schon eine ausreichend klare Feststellung 
darüber, in welchem Verhältnisse die neolithi- 
schen Gegenstände nach den Fundumständen 
zu den anderen Kulturresten des betreffenden 
Ruinenplatzes, zumal den unmittelbar anliegen- 
den, standen, fehlt recht oft, und dadurch wird 
der Wert dieser Funde nicht selten sehr beein- 
trächtigt. Da nun ausserdem auch der Umfang 
des Materials noch ziemlich gering ist, so ist 
es bislang unmöglich, irgend tiefere und ge- 
nauere Einsicht in das babylonische Neolithi- 
kum zu gewinnen, vor allem noch unmöglich, 
Typengruppen zu ordnen und, darauf fussend, 


209 


zunächst eine relative, dann eine absolute 
Chronologie aufzubauen. Dagegen lassen sich 
einige Tatsachen über das Ende des Neolithi- 
kums, seinen Uebergang in eine aeneolithische 
Periode, über die Fortdauer neolithischer Kul- 
turart innerhalb derselben und damit über 
deren Hineinragen in die historische Zeit fest- 
stellen, und eben die hier angedeuteten Fragen 
sollen uns im folgenden beschäftigen’. 


1 Als Quellen kommen hierbei eine grössere Anzahl 
kurzer in Zeitschriften und selbständigen Werken zer- 
streuter Notizen und Berichte über neolithische, aeneo- 
lithische Funde und solche vou neulithischem Charakter, 
aber aus noch späterer Zeit stammend, in Betracht, die 
zum grossen Teil auf die Forschungen Rawlinsons, 
Layards, de Sarzec’a de Morgans, zurückgehen. 
Aus neuerer Zeit kommen neben Garstangs Berichten 
über Sakje-Geuzi (Annals of Archaeulogy aud Anthro- 
pologie I, 1908), die allerdiogs nur ein Nachbargebiet 
Babyloniens betreffen, vor allem die Grabungsberichte 
der Deutschen Orient-Gesellschaft sowohl über die For- 
schungen in verschiedenen südbabylonischen Ruinen- 
stätten als in Babylon selbst (MDUG XV, 9. 11. 13., 
XVI. 21. 26 f.) in Betracht; eine hierher gehörende Be- 
merkung betrifft auch neolitbische Funde in Assur 
(MDOG XXI, 18). Mehreres, was uns interessiert, ist 
ferner bei den Ausgrabungen der University of Penn- 
silvania in Nippur zutage gekommen. 

Was das Britische Museum 1887 an neolithischen 
Gegenständen aus Babylonien besass — es sind Beil- 
chen, die Layard 1851 bei Mugajjar ausgegraben hatte 
— beschrieb Otto Schoetensack damals in ZE XIX, 
126f. — Ueber eine kleine Privatsamminng assyrischer 


210 


211 


Es ist, nicht zum geringsten Teile infolge 
der vielfach unzureichenden Beachtung der 
Fundumstände, nur bei wenigen mesopotami- 
schen Steingeräten wirklich sicher, dass sie 
einem wirklich reinen Neolithikum angehören. 
Dennoch ist nicht daran zu zweifeln, dass auch 
im Zweistromland den Perioden, in denen Me- 
tallbearbeitung bekannt war, ein reines Neoli- 
thikum voranging. — Ja, auch ein Paläolithi- 
kum darf man gewiss voraussetzen, da ein 
solches für andere Teile Vorderasiens, z. B. 
für Syrien, sicher nachgewiesen ist; dort in 
Gestalt des sogenannten unteren und oberen 
Capsien, zweier Stufen, die dem westeuropäi- 
schen Aurignacien bezw. Solutréen und dem 
Magdalénien parallel laufen. 


Der Anfang des Neolithikums ist zwar über- 
all noch in ein gewisses Dunkel gehüllt, wenn 
auch für Europa der berühmte Hiatus zwischen 
Paläolithikum und Neolithikum jetzt nicht 
mebr besteht, ganz besonders aber natürlich 
in dem hier zur Rede stehenden Teile des 
Orientes, wo ja das ganze Neolithikum von 


Anfang bis Ende noch kein rechtes Licht emp- 


fangen hat. 


Zwar glaubte Montelius nach den Ergeb- 
nissen von J. de Morgans Ausgrabungen in 
Susa (Elam) den Beginn der jüngeren Steinzeit 
im Orient in die Zeit um 18000 v. Chr. Geb. 
ansetzen zu können. Fortgesetzte Untersu- 
chungen haben jedoch diese Berechnung wieder 
umgestossen und dafür eine andere Tatsache 
erwiesen: das hohe Alter und die lange Dauer 
der „Kupfersteinzeit“, der, äneolithischen Pe- 
riode, im nahen Morgenlande. Schon auf dem 
Urboden des Tell von Susa fanden sich nämlich 
in den Resten einer kleinen ummauerten Stadt 
und in ungefähr tausend Gräbern einer gleich- 
zeitigen Nekropole ausser zahlreichen Funden 
steinzeitlichen Charakters und einer bemalten 
Keramik, die mit den noch zu behandelnden 
von Garstang iu Sakje-Gruzi aufgedeckten 
neolithischen Gefässen grosse Aehnlichkeit auf- 
weist, auch bereits Gegenstände aus Kupfer: 
in den männlichen Gräbern oft eine Beilklinge, 


Steinartefakte berichtete im gleichen Jahre Rud. 
Virchow in Berlin anlässlich einer Sitzung der Ethno- 
logischen Gesellschaft (ZE XIX. 456 fl.). — Dazu kommen 
einige bekannt gewordene lüinzelfuude. 


Eine Behandlung von Stücken, die zu dem bisher 
aufgezählten Material gehören, findet sich bei Perrot 
und Chipiez, Histoire de lart II, 718, und King, 
: Oy of Sumer and Akkad 373 f. — Zu einer kurzen 
Sctulderungy der mesopotamischen letzten prähistorischen 
und ersten hietorischen Zeit fassen «as hie dahin vor- 
bandere Wissen Obermaier in seinem grossen Werke 
„Der Mensch aller Zeiten“ 1, ö25 fl. und Hoerves im 
II Bande seiner „Kultur der Urzeit (1912)“ 20 fl. zu- 
sammen. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 9/10. 


212 


in den weiblichen eine polierte Scheibe (Spiegel) 
aus gleichem Metall, ausserdem Schminktöpf- 
chen und anderes. Aber auch in den höheren 
Schichten des Hügels, die mehr Metall auf- 
weisen, sind Steinwerkzeuge noch sehr häufig. 
Und so zeigt uns zwar auch diese reiche Fund- 
stelle nichts über den zeitlichen Anfang und 
kulturellen Ursprung des Neolithikums und 
über dessen Dauer; gibt uns aber das Zeugnis 
dafür, dass die Ausläufer der jüngeren Stein- 
zeit tief in die Metallzeit hineinreichen, und 
legt damit die Frage nahe, ob sich diese Aus- 
läufer nicht etwa in historischen Perioden er- 
kennen und verfolgen lassen. — Die Ruinen- 
orte Farah, Surghul, Warka, Mugajjar und 
Telloh sollen uns diese Frage beantworten. 
Zunächst aber seien die wenigen sicher rein- 
steinzeitlichen oder bisher als rein-steinzeitlich 
geltenden Funde durchmustert. Einerseits be- 
sitzen wir nämlich zweifellos eine Anzahl rein- 
neolithischer Funde, die die Existenz eines 
reinen Neolithikums vollkommen sichern. An- 
dererseits lassen sich bei vielen der bisher 
gern der Steinzeit zugesprochenen Fundstücke 
gewichtige Gründe beibringen, die für eine An- 
setzung in eine äneolithische oder spätere Pe- 
riode sprechen. Bei vielen andern solchen ist 
die Zugehörigkeit zur Kupfer- oder Bronzezeit 
sogar ganz ausser Zweifel gesetzt. 

Zu den Steingeräten, von denen nähere 
Fundumstände, also auch etwa die Chronologie 
stützende Begleitfunde nicht bekannt sind, 
ziblen als ältest-bekannte 4 kleine 1851 von 
Layard bei Mugajjar gefundene Beilchen. — 
Es sind wohl die im Guide to the british An- 
tiquitis, second Edition unter den Nummern 
222/126 und 223/212 aufgeführten Stücke — 
Zwei von ihnen bestelien aus Nephrit, die zwei 
anderen aus Jadeit. Die Dimensionen sind 
durchgängig sehr gering; so beträgt die Länge 
5,2 cm bzw. 4,9 cm, bzw. 4,9 em, bzw. 2,9 cm. 
Nur das eine Nepbritbeil hat eine ganz enge 
Durchbohrung. Alle4 Exemplare zeigen breiten 
Nacken, ziemlich flachen Querschnitt und nach 
der Schneide hin geringe Verbreiterung. Sie 
sehen alle den ältesten weit verbreiteten, 
schmalen, undurchbohrten und meist auch so 
kleinen Kupferbeilen recht ähnlich, und es ist 
durchaus nicht unmöglich, dass sie einer Zeit 
angehören, in der bereits jene flachen Kupfer- 
äxte die Grundform des Beiles darstellten. 

Aehnlich verhält es sich mit den aus der 
Sammlung Blaus bekannt gewordenen Stücken, 
die der Mehrzahl nach aus der Gegend von 
Arbela (Arba’ilu) stamnıen. Hier ist zunächst 
eine kleine Hangeplatte aus Nephrit zu nennen, 
deren Bedeutung trotz aller Erörterungen bei 
Virchow (Z.E XIX, 456 ff.) ıätselhaft bleibt 


213 


und hinsichtlich deren es ausserdem überhaupt 
als fraglich hingestellt werden muss, ob sie 
wirklich ein grosses Alter hat. Wichtiger 
sind aber 4 kleine Beilchen, allesamt den oben 
besprochenen ähnlich. Eines von ihnen ist in 
der Hauptsache grün, daneben schwarz ge- 
bändert und soll wahrscheinlich aus Jaspis be- 
stehen, ein anderes hat braune Färbung, ist 
auffallend flach und hat wohl Diabas zum 
Material; die zwei übrigen bestehen aus grünem 
Nephrit, und zwar das grössere aus dunkel- 
grünem, das kleinere, besonders zierliche, aus 
hellgrünem; dies letztere zeigt auf der einen 
Flachseite nahe dem Nacken ein ganz kleines 
Griibchen, das von Virchow vermutungsweise 
als Spur eines Bohrversuches gedeutet wurde. 
(Gerade dieses zuletzt genannte Exemplar sieht 
wieder ganz genau wie ein Kupferflachbeil aus: 
gauz ebener Nacken, schmaler rechteckiger 
Querschnitt, scharfe Kanten begrenzen Nacken 
und Seitenflächen, und selbst die Schneide setzt 
mit Kante gegen die Flachseiten ab. — Zu 
dieser Sammlung gehört ferner noch ein doppelt- 
durchbohrter Serpentinzylinder mit allerhand 
Zeichnungsspuren. Virchow wusste damals 
nicht, als was er dieses Stück ansehen sollte; 
es ist jedoch ganz zweiffellos, dass wir es mit 
einem gauz gewöhnlichen babylonischen Siegel- 
zylinder zu tun haben; denn noch erkennt man 
ganz deutlich Spuren von 4 menschlichen Fi- 
guren, deren lange, in Windungen um den Leib 
gelegte und unten in Fransen endende Gewan- 
dung zum Teil noch mühelos erkennbar ist. 
Ob dieser Zylinder irgend in die Zeit der zu- 
gleich publizierten Steinbeilchen gehört, ist 
freilich ganz unsicher; schon sein erster Be- 
sitzer glaubte übrigens, er stamme aus Ninive, 
also von ganz anderem Orte als die übrigen 
Stücke der Sammlung. 

Spuren einer ‚vielleicht wirklich noch neo- 
lithischen Ansiedlung fanden sich im Stadt- 
gebiet von Babylon bei den Ausgrabungen der 
D.O.G. Besonders wurden auf dem Platze der 
späteren Südburg Nebukadnezars Steinartefacte 
gefunden. Und zwar handelt es sich um eine 
Anzahl durchlochter, meistens rundlicher Steine 
mit ringsumlaufender Einkerbung, also gewiss 
um Keulenknäufe (abgebildet Koldewey, das 
wiedererstehende Babylon 254), ferner um eine 
grössere Menge kleiner Sägen aus Silex oder 
Obsidian, ein kleines geschliffenes Beil und 
mehrere Kernstücke. Alle diese Gegenstände 
werden von Koldewey fälschlich paläolithisch 
genannt; sowohl das geschliffene Beil als die 
Keulen sind typisch neolithisch. Auch eine 
einzige Pfeilspitze wurde hier gefunden. — Von 
den Topfwaren hält Koldewey einige Töpfe 
aus Glimmerschiefer mit flachem Kalottenboden 


Orientalistische Literaturseitung 1918 Nr. 9/10. 


214 


— 


möglicherweise für prähistorisch, was mit neo- 
lithisch ziemlich gleichbedeutend wäre. 

Eine richtige ausgedehnte neolithische Kul- 
turschicht hat Garstang in Sakje-Geuzi in 
Nord-Syrien, also auf assyrischem Boden bei 
seinen Ausgrabungen im Jahre 1908 festgestellt 
(publiziert in Annals of Archaeology and An- 
thropology 1/1908). Hier fanden sich Scherben 
mit gradliniger wenig tiefer Strichornamentik: 
Parallelschraffierungen, Dreieck-Sparrenmuster. 
Die Gefässe zeichnen sich meistenteils durch 
grosse Breite und geringe Höhe aus; an einzelnen 
Merkmalen sind aufzuzählen breite Standflächen, 
ausladende, meist fast gerade, selten etwas ge- 
schweifte Wände, kein Hals, keine Henkel. Die 
Ornamentierung beschränkt sich teils auf die 
obere Hälfte der Gefässe, teils reicht sie bis 
zum Boden hinab. Wohl nie fehlt ein in ver- 
schiedenen Mustern hergestelltes Band, das sich 
nahe dem oberen Rande horizontal um das ganze 
Gefäss zieht. Ebenfalls noch in diese neolithi- 
sche Schicht gehören zahlreiche braun und gelb 
bemalte Scherben. An Steinobjekten begegnen 
hier grosse und kleine Späne und Scheibenstücke 
aus Feuerstein oder Obsidian, die teils als Messer 
teils als Schaber gedient haben können; zwei 
spitze Späne könnte man als Pfeilspitzen an- 
sprechen. Auch einen wenig schönen Spinn- 
wirtel bildet Garstang ab. An Knochen- 
geräten sind pfriemenartige und einige ganz un- 
bestimmbare, weil nur in Bruchstücken erhaltene 
Gegenstände zu nennen. 

Für die Kenntnis der äneolithischen Zeit 
Babyloniens besitzen wir weit umfangreicheres 
Materia]. Es sind hier neben dem schon be- 
sprochenen ältesten Susa vor allem Farah und 
Surghul, daneben Warka, Mugajjar und Telloh 
von Wichtigkeit. Diese Ruinenstätten nun geben 
uns zugleich Aufschluss über das Verhältnis 
des Aeneolithikums zur historischen Zeit. 

In Farah' finden sich schon in den obersten 
Schichten der Ruinenmasse Messer und Sägen 
aus Silex und Obsidian, Steinbeile, andere Ge- 
räte aus Stein und Knochen; ausserdem aber, 
wenngleich selten, unförmige Bronzestücke, so- 
wie kleine Kupfer- oder Bronzegeräte. Man 
wird allerdings geneigt sein, die Angabe MDOG 
XV (Nov. 1902), dass sich Bronze finde, als 
unsicher und unwahrscheinlich anzusehen und 
allein Kupfer anzunehmen. Ausserdem fand man 
hier flache Schalen, Kelchbecher, eiförmige Töpfe; 
häufig ist ein grösseres Gefäss mit Tülle A 
Henkel. Daneben kamen schon Siegelzylinder- 
abdrücke vor, und die auch an anderen Orten 
beobachteten Tonrohrbrunnen. Auch Gräber aus 


1 Die folgenden Schilderungen sind MDOG XV, XVI 
und Zehnpfund, Babylonien in seinen wichtigsten 
Ruinenstätten 1910 [AO. XI. 3. 4.] entnommen. 


215 


dieser Zeit wurden untersucht. Die Skelette 
lagen ohne Sarg und hatten als Schmuck Hals- 
bänder aus Achat- und Lasurperlen, Kettchen 
ausMuscheln, Korallen, Perlmutter, Bergkrystall 
bei sich. — Der Kulturzustand, der uns in all 
den hier aufgezählten Funden entgegentritt, d. h. 
eine frühe Kupferseit, war der lett den die 
unter Farahs Schutthiigeln begrabene Stadt 
erreichte. Es ist daher sehr wichtig und be- 
achtenswert, dass bereits aus dieser Kultur- 
periode in Farah Tontafeln mit Inschriften ge- 
funden worden sind. Leider ist aber in den 
Berichten der D.O.G. (XV, p. 11. 13.), die diese 
Tatsache zur Kenntnis bringen, nichts über den 
Inhalt der Inschriften mitgeteilt. 


Wenn wir nun die Benennung einer Zeit 
als einer historischen vom Vorhandensein 
schriftlicher Denkmäler abhängig machen, 80 
müssen wir auf Grund der Funde aus Farah 
zu dem Schlusse kommen, dass hier, also wohl 
überbaupt in Babylonien, die historische Zeit 
bereits in früher Kupferperiode beginnt, also 
relativ bald nach dem Ende des reinen Neoli- 
thikums. 

Den Satz bestätigen zunächst die beiden, 
ebenfalls südbabylonischen Ruinenorte Surghul 
und El-Hibba. Letzteres reicht bis in etwas 
spätere Zeit als Surghul, dieses hat nach K olde- 
wey schon Jahrbunderte vor Gudea unbenutzt 
und verlassen gelegen, um dann zu Gudeas Zeit 
vielleicht(!) fiir ganz voriibergehend wieder als 
Begräbnisort gebraucht zu werden. Doch ist 
diese letztere Annahme recht unsicher. 


„Den hier in sehr grosser Zahl beigesetzten 
Toten wurden Gegenstände aus dem Leben bei- 
gegeben, Frauen ihr Schmuck, Männern ihre 
Waffen oder Geräte, Kindern ihr Spielzeug. 
Das Material ist teils Stein teils Metall. Er- 
halten sind ein paar massiv goldene Ohrringe, 
zu Klumpen geschmolzene Metallstücke, wohl 
eher Kupfer als Bronze, durchbohrte Muscheln 
und tönerne Spinnwirtel“ 1. Dazu kommen sogen. 
„Bronzenägel“ (Koldewey), die aber wohl aus 
Kupfer bestehen werden, und Meissel. Ein mit 
eingeschlagenen Zeichen versebener Metallmeissel 
zeigt noch die Spuren der den Kopf verbrei- 
ternden Hammerschläge. An Waffen finden sich 
Steinäxte und Pfeilspitzen von Feuerstein, die 
Pfeilspitzen von trapezförmigem Querschnitt sind 
zu scharfer oder sägeförmiger Schneide durch 
Absprengen zugeschärft. Oftmals erhalten und 
gewichtige Zeugen einer uralten Zeit sind Steine, 
die zum Schleifen oder zum Kornreiben gedient 
haben dürften. Sie sind meist rundlich oder 
zylinderförmig, passen in die Hand und haben 
nur an einer Schmalseite die durch den Gebrauch 


— ee 


'Zehnpfund p. 44 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 9/10. 


216 


geschliffene Fläche. Auch Siegelzylinder sind 
erhalten, so einer mit eigentümlichen Vogel- 
darstellungen. ` 

Jedem Toten wurde Speise und Trank in 
verschiedenförmigen Gefässen mitgegeben. Sie 
sind der Mehrzahl nach bereits mit Hilfe der 
Töpferscheibe hergestellt. Zu den Ausnahmen 
gehören Gefässe, die zur Getreideaufbewahrung 
dienten. 

Wichtig ist für uns, dass sich unter dieser 
reichen Keramik auch sowohl steinerne als 
tönerne Gefässe mit Inschriften fanden, und dass 
bereits in diesem Kulturkomplex beschriebene 
Nagelzylinder, die man in die Wände der Toten- 
kammern steckte, nicht selten waren. Unter 
anderen plastischen Kunsterzeugnissen fand man 
ein Fragment eines weiblichen Idoles und einen 
kleinen menschlichen Kopf, dessen nach alt- 
babylonischer Weise weit vorstehende Nase an 
der Unterfläche die eingedrückten Nasenlöcher 
zeigt, und an der auch Augen und Ohren noch 
kenntlich sind. Zu jedem Grabe fast in Surghul 
und El-Hibba gehört endlich ein solcher Ton- 
röhrenbrunnen, wie sie für Farah so charak- 
teristisch sind. Ein Vergleich der Funde in 
Farah mit denen aus Surghul zeigt auffallende 
Aebnlichkeiten. Hier wie dort jene Röhren- 
brunnen, hier wie dort Steingeräte aus Flint, 
Obsidian, Serpentin und anderem Material in 
grosserZahl, hier wie dort Schmuck aus Muscheln 
und Steinperlen, gleichartige Keramik an beiden 
Orten, hier wie dort endlich ein erstes noch ganz 
seltenes Auftreten von Metall, von den Findern 


zumeist für Bronze gehalten, in Wirklichkeit 


wahrscheinlich Kupfer oder doch ganz zinn- 
arme Bronze. 

Diese beiden Ruinenstätten repräsentieren 
also die frühe äneolithische Kulturperiode. Be- 
reits in dieser fernen Zeit wurde demnach im 
Zweistromland die babylonische Schrift benutzt, 
und zwar nicht etwa nur zu heiligen oder po- 
litisch wichtigen Inschriften, sondern zur Be- 
schriftung von Dingen des gemeinen Lebens, 
wie Töpfe, Nagelzylinder, kleine Tontäfelchen, 
also genau wie später. Endlich weisen noch 
die Ruinenorte Jöcha und Bismaja den gleichen 
Tatbestand auf (s. MDOG XVI). Auch hier 
wurden nämlich Inschriften — eine auf einem 
alten Türangelstein, dazu zwei Tontafeln — 
zusammen mit Feuersteingeräten, und zwar 
solchen aus einer scheinbar fast noch voll neo- 
lithischen Zeit gefunden. Besonders die letztere 
Fundstätte trägt nach Andrae ein dem Kultur- 
stande in Farah sehr ähnliches Gepräge. Su 
darf denn der Satz als wohl begründet gelten, 
dass das alte Babylonien bereits in früher äneo- 
lithischer Kulturperiode am Eingang zur histo- 
rischen Zeit stand, 


217 


Die in Surghul gefundene menschliche Figur 
mit der grossen spitzen Nase erinnert uns na- 
türlich an jene Profile, die wir aus dem Fa- 
milienrelief des Ur-Nina, der ihn darstellenden 
Muschelplatte, den sogenannten Blau’schen 
Denkmälern undein’genanderenältesten Funden, 
besonders aus Telloh, kennen. Es wird gewiss 
die Endzeit von Farah und Surghul der Zeit 
des Ur-Nina nicht fernstehen. Schon immer 


hat man aber die Zeit der ältesten Herrscher. 


von Lagaš um viele Jahrhunderte, ja womöglich 
bis um 1½ Jahrtausende vor Gudea angesetzt, 
und tatsächlich ist die Kultur zur Zeit des 
Gudea um ein beträchtliches Stück fortentwickelt. 
Seit jenen alten Zeiten wird nämlich allmählich, 
abgesehen von den sehr grossen Fortschritten 
in der plastischen Kunst, das Metall immer 
häufiger, und die Zeit des Gudea darf man wohl 
schon als Bronzezeit bezeichnen, obwohl auch 
damals noch reines Kupfer neben der Bronze 
verarbeitet wurde, wie die Funde lehren. So 
ist z. B. von Gudea selbst eine kleine rein 
kupferne Statuette erhalten. 

Ueber das Verhältnis der Kupfer- und der 
Bronzezeit in Babylonien zueinander, die Dauer 
der ersteren und den Uebergang von der einen 
zur anderen, lässt sich sonst noch nichts Be- 
stimmteres sagen, da in den Veröffentlichungen 
sehr oft die gleichen Funde bald als kupfern, bald 
als aus Bronze bestehend beschrieben werden. 
Oft wird auch Kupfer da vorliegen, wo alle 
Veröffentlichungen in der Bezeichnung alsBronze 
übereinstimmen. Hier müsste mann erst ein- 
mal sämtliche in Betracht kommenden Funde 
auf ihre Metallart hin gründlich untersuchen. 

Das immer häufiger werdende Metall drängte 
zwar die neolitlischen Steingeräte zurück, ver- 
drängte sie aber keineswegs. Im Gegenteil 
blieben Steinwerkzeuge noch auffallend lange 
in allgemeinem Gebrauch. In spätere Zeit als 
die Reste aus Farah und Surghul gehören, dies 
beweisend, zunächst dieFundkomplexeausWarka 
und Mugajjar, die schon zu Rawlinsons Beute 
zählen und zuerst von ihm (Rawl. I 119—122), 
sodann von Perrot-Chipiez (II, 710) be- 
sprochen worden sind. Es handelt sich hier 
um Steingeräte, Metallgeräte und Keramik; 
Messer, Aexte, Hämmer — d. h. Aexte von 
eleganterer Form und mit verdicktem hinteren 
Bahnende —, Hacken, Nägel aus Stein fanden 
sich zusammen mit Geräten aus Kupfer, Bronze, 
Blei. Im einzelnen lässt sich vielleicht sagen, 
dass diejenigen von den Gräbern, die Rawlin- 
son bespricht und deren Beigaben im wesent- 
lichen neolithischer Art sind, so jedoch, dass 
in fast jedem bereits ein Stück Bronze oder 
Kupfer sich findet, einer älteren Periode zuge- 
hören, als jene andere Gruppe, in der sich 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 9/10. 


218 


Stein- und Metallgeräte, z. B. zwei Spangen, 
der Zahl nach nahezu die Wage halten. 

Einer abermals etwas späteren Zeit mögen 
die im Tell Sifr in der Nähe von Senkereh 
(Larsa) gefundenen Kupfergeräte zuzusprechen 
sein, die auch lange als Bronzegegenstände an- 
gesehen wurden, jetzt aber von Hoernes als 
kupfern angegeben werden (Hoernes, Kultur 
II, 21f.). 

Zur Zeit Gudeas ist dann bereits Bronze in 
verbreitetem Gebrauche. Steinverarbeitung ist 
in dieser Zeit gewiss schon verhältnismässig 
zurückgetreten, aber doch lange nicht ver- 
schwunden. Steinkeulen sind auch damals — 
und in noch späteren Perioden — sehr häufig; 
auch schöne, ja beschriftete Streitäxte waren 
in Gebrauch (Obermaier I, 6). Sogar lite- 
rarische Zengnisse für die Fortdauer der Stein— 
bearbeitung zu Messern und Waffen fehlen uns 
nicht. So erzählt die in der Tafel-Serie Lugal-e 
ud me-lam-bi nir-gäl erhaltene Festdichtung, 
die höchstwahrscheinlich zur Zeit des Gudea 
oder wenig später entstand, wiederholt von Be- 
arbeitung gewisser Steinarten zu Waffen. Da- 
bei werden die einzelnen Steinarten kurz be- 
schrieben; vom Feuerstein (surru) wird z. B. 
treffend gesagt, dass er aussen eine harte Kruste 
habe, im Bruch aber glänze und (bei Bearbei- 
tung) „mit Horn retouchiert“ werde (X, Rs. 5ff. i. 
Noch genauer unterrichtet uns über die termini 
der Feuersteinzubereitung das Vocabular CT 
II, 13, 17—19 (38130), in welchem doch wohl 
die Ausdrücke für das erste Zerschlagen des 
Feuersteinknollens (Salaku sa surrum), das feinere 
Spalten des Feuersteins (Salatu ša surrum) und 
„das Spalten des Feuersteins mittelst eines 
Hornes“ (Saldtu ša karni), d. i. das Retouchieren 
aufgezählt werden. Wir haben also hier eine 
literarische Kunde, die uns diejenige Behand- 
lung des Feuersteins auch für Babylonien be- 
stätigt, die man für Europa längst aus der Natur 
der Funde erschlossen hat. Es ist ein litera- 
risches Zeugnis über ein neolithisches Hand- 
werk aus der Zeit, da dieses noch im Schwunge 
war. 
Zäher noch als im Gebrauch des profanen 
Lebenshielten sich Steingeräte, besonders Messer, 
offenbar im Zusammenhang des Kultus. So 
wird von den Priestern der IStar berichtet, dass 
sie Dolch, Messer und Feuersteinmesser (gurtu) 
tragen (Harper BA 428 (435 = A B VI Ira- 
Mythus), und aus Ex. 4, 25 und Jos. 5, 2. 3. 
ergibt sich, dass man auch in Israel noch ver- 
haltuismassig spät Steinmesser zum Vollzug der 
beiligen Handlung der Beschneidung anwandte. 

! Siehe m. Arbeit: Die sumerisch-assyrische Serie 


Lugal-e ud me-lam-bi nir-gal. Altorientalische 
Texte und Untersuchungen I, 4. 


219 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 9/10. 


220 


Ein Rückblick auf unsere Betrachtungen (Reisner, Hymn. Nr. 81, 4), aber auch: ki- 


zeigt uns folgende Resultate: 

Das reine Neolithikum, dessen Existenz ge- 
sichert ist, gehört auch in Babylonien noch 
ganz der Prähistorie an; aber schon auf die 
Frühzeit der langen äneolithischen Periode fällt 
der erste Dämmerschein des nahenden histori- 
schen Tageslichtes; denn schon in früh-äneoli- 
tischer Zeit erscheinen die ersten beschriebenen 
Denkmäler. 

Je mehr Babylonien ins Licht der Geschichte 
tritt, desto mehr nimmt das Metall, erst Kupfer, 
dann Bronze, überhand, desto mehr tritt der 
Stein zurück. Gleichwohl ist aber seine Be- 
arbeitung zu Gudeas Zeit noch wohl bekannt 
und vermag er sich zumal in kultischem Zu- 
sammenhange noch lang im Gebrauch zu er- 
halten. 

Soviel ist sicher, dass Babylonien hinsicht- 
lich der Verbindung von historischer Zeit und 
neolithischer Kulturart eine sehr beachtenswerte 
Sonderstellung im europäisch-vorderasiatischen 
Kulturkreise einnimmt. 


Umma. 
Von Bruno Meissner. 


Hrozný hat bekanntlich ZA. XX 421 ff. 


gezeigt, dass die alte Stadt >] {> CE] nach 
CT XII, 28 Vs. 5b sumerisch wahrscheinlich: 
umma, weniger wahrscheinlich: alma zu lesen 
sei. Vor einiger Zeit sind mir zwei Vokabulare 
zu Gesicht gekommen, ein vierspaltiges und ein 
dreispaltiges, die sich als Duplikate von CT 
XII, 28 erweisen. Diese Texte werfen neues 
Licht auf die Lesung des Ideogramms, deshalb 
setze ich beide Stellen her. Die vierspaltige 
lautet: 


E ET ye (E = II d. i. gi-i3-na-gar- 
dis-Se-ku? fi- is 
Die dreispaltige lautet: 
um- mi = | ye’ ( — 
Danach können wir die fragliche Zeile fast 
vollkommen wiederherstellen: 


um- mi = J = CE] = gi-ı5-na-gar-diS- 
Se-ku = i- is 

Wir sehen also, dass die ideographisch ge- 

schriebene Stadt ET tJ Ey sumerisch: un- 

mi/a, semitisch: kis... ausgesprochen wurde. 

Wenn man bedenkt, dass der Stadtname Af 


g>] Ey : ki-e-3 (CT XVI, 36, 3), ki-e-si 


Nicht ganz deutlich, aber vollkommen sicher 


? In der Zeichenerklärung ist CE} übergegangen. 


3 Teilweise weggebrochen. 
‘ CT XII, 28, 5b: ma. 


is-sa (Weissbach, ZDMG 1899, 666) aus- 
gesprochen wurde, liegt hier die Ergänzung: 
ki-is-[sa] sehr nahe. Demnach scheint es, als 


ob der Verfasser unseres Vokabulars | <q] 


( und Al tJ (E für identisch und 
beides für Ideogramme der Stadt Kés, Kes, 
Kissa gehalten habe. Das stimmt aber nicht 
zu unseren sonstigen Kenntnissen, da in den 


alten Texten: GIS-UH und: UD-UH streng 
auseinandergehalten werden und auch die geo- 
graphische Liste IV R. 36, I, 11 f. beide Stadt- 
namen hintereinander erwähnt. Wie sind diese 
Widersprüche zu lösen? 


Samas-ibni von Bit-Däkäri. 
Von Bruno Meissner. 


Der kleine, ziemlich unmittelbar an das 
Stadtgebiet von Borsippa anstossende Aramäer- 
staat von Bit-Däküri! hat von jeher in feind- 
lichen Beziehungen zu den grossen Nachbar- 
städten Borsippa und Babylon gestanden. Be- 
sonders in Zeiten politischer Wirren veranstaltete 
er nicht nur Einfälle in die reiche Umgegend, 
sondern machte sich sogar unter Umständen 
zum Herrn des ganzen Bezirkes. 

Die Aramäer, die nach der von King, Chron. 
II, 80 ff. publizierten Chronik während der Re- 
gierung des Königs Nabü-mukin-apli (996 — 960) 
lange Jahre jeden Verkehr zwischen Babylon 
und dem wohl von ihnen besetzten Borsippa 
hinderten, so dass nicht einmal das Neujahrs- 
fest in der vorgeschriebenen Weise gefeiert 
werden konnte?, werden den geographischen 
Verhältnissen entsprechend gewiss in der Haupt- 
sache Dakuräer gewesen sein. 

Der kraftvolle Salmanassar besiegte auf 
seinem babylonischen Feldzuge den Dakuräer- 
fürsten Adin, eroberte seine beiden Städte Ba- 
käni und Enzudi ®, und stiftete Ordnung; aber 
ähnliche chaotische Zustände wie früher 
herrschten wieder zur Zeit des Königs Nabü- 
sum-iskun (762—747), der wie es scheint, sogar 
dakuräischer Abkunft war‘. Babylonier, Bor- 


Dass dem so ist, zeigt nicht nur der Inhalt der 
im folgenden mitgeteilten Inschriften, sondern auch der 
archäologische Befund. Rw. IH, 105 stammt aus Birs 
(Winckler AOF. I, 258) und YBC, 2151 (Clay YOS. 
I 60) soll stammen von „Tel Kbaled a few miles to the 
southeast of Hilla, near the present course of the Eu- 
phrates“. 

? Kol. III, 4 ff. 

8 Salm. Bal. VI, 6 ff. 

* Der betreffende Text, Rm. III, 105 ist publiziert von 
Strong JRAS. 1892, 305 ff. u. Winckler AOF. I, 254 ff. 
Ueber die Zeit der Abfassung der Inschrift, über die 
Winckler noch im unklaren war, vgl. Weidner, Stud. 
zur bab.-assyr. Chron. 103f. Die dakuräische Abkunft 


221 


sippäer, Chaldäer, Aramäer und Dilbatäer lagen 
miteinander andauernd im Streite, und speziell 
in Borsippa veranstalteteein Würdenträger Nabû- 
Sum-iddin gegen den Bürgermeister Nabü-Sum- 
ibni, wohl einen geborenen Assyrer!, einen 
Putsch, der aber glücklich abgeschlagen warde. 


Unter Nabonassar (747—734) fiel dann Bor- 
sippa direkt von Babylon ab, und bei der 
Schlacht, die der König ihm lieferte, werden 
ihm gewiss hauptsächlich Dakuräer gegenüber 
gestanden haben?. 


Dem starken Tiglatpileser zahlte der Daku- 


räerscheich Balasu ohne Murren Tribut?, aber & 


als Sargon mit Merodachbaladan zu kämpfen 
hatte, nahmen die Dakuräer anfangs eine zweifel- 
hafte Haltung an‘, schlugen sich dann aber 
mit den anderen aramäischen Nomaden offen auf 
die Seite der Feinde Assurs 5. Die assurfreund- 


lichen Bürger von Sippar, Nippur, Babylon | 


und Borsippa wurden in der Festung Dür-Jakin 
eingekerkert und ihre Grundstücke von den 
Nomaden weggenommen. Erst nach der Besiegung 
Merodachbaladans und dem Falle von Dür-Jakin 
wurden die Leute befreit und erhielten ihre 
Güter zurück 6, 


Nach der Zerstörung Babylons durch San- 
herib bekamen die Dakuräer wieder Oberwasser. 
Da erschien der Dakuräerkönig Samas-ibni mit 
seinen Horden auf dem Plan und „nabm den 
Babyloniern und Borsippäern ihre Felder mit 
Gewalt weg“ 7. Als Asarhaddon Babylon wieder 
aufbaute, musste er natürlich scharf gegen diesen 
Samas-ibni vorgehen: er „warf Bit-Däküri im 
Chaldäerlande, den Feind Babylons, nieder, nahm 
seinen König Samas-ibni, den verruchten Böse- 
wicht, der den Namen des Herrn der Herren 
(Marduk) nicht fürchtete, gefangen“ und „setzte 
Nabü-(u)Sallim, den Sohn des Balasu (jedenfalls 
einen Sprossen jenes Scheichs aus Tiglatpilesers 
Zeit), auf den Thron, um ihm untertänig zu 
sein“8. Die Ländereien erhielten ihre früheren 
Besitzer zurück. Nabü-uSallim erwies sich in 
der Folge wirklich als ein ziemlich treu er- 
gebener Diener seines Herrn. Wir besitzen 
mehrere Briefe von ihm, in denen er sogar so 
assyrienfreundlich ist, dass er in der Gruss- 


des Königs, von dessen palü gesprochen wird, scheiut 
I, 16b zu beweisen. 

Das bedeutet wohl: mdr (m) Assur (I, 22b). 

2? Bab. Chron. I. 6 fl. 

3 Thont. 26. 

* Darüber berichtet der Brief Harper, Lettr. Nr.540. 

e Khors. 122 ff. 

€ Khors. 134 ff. 

7 Asarh. II, 46 f. 

e Asarh. II, 42 ff. 

» Harper, Lettr. Nr. 258; 750, der aber schlecht 
erhalten ist. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 9/10. 


222 


formel den Gott Assur vor Šamaš und Marduk 
stellt. In dem einen!, der wohl bald nach 
Samas-ibnis Gefangennahme geschrieben ist, 
berichtet er an seinen Herrn, dass ,zur Zeit 
des Samas-ibni, ihres Königs (?), mehrere Fa- 
milien geflohen sind und sich in Bit-Amükäni 
niedergelassen haben mögen (?)*?. Auch in 
einem andern Falle benimmt er sich wenigstens 
korrekt. Ninurta-[ab-iddin(?)], Asarhaddons 
Gesandter(?), schreibt an den König, er babe 
zwei Beamte des Nabü-uSallim von Bit-Däküri 
mit viel Geld getroffen, wofür sie Pferde er- 
werben wollten. Auf den Auftrag des Königs, 
amas-uSallim solle ihm (dem Gesandten) die 
Werkmeister, Offiziere und Soldaten des Šamaš- 
ibni, die geflohen waren, sich jetzt aber beim 
neuen Herrscher befanden, ausliefern, geht der 
Dakuräer aber nicht ein; er mochte wissen; 
dass diese Leute in Assyrien kein guter Empfang 
erwartete. Er gebrauchte darum die Ausrede, 
ohne einen gesiegelten Befehl des Königs, den 
der Gesandte augenscheinlich nicht bei sich hatte, 
und ohne die Anwesenheit eines königlichen 
Trabanten werde er die Leute nicht ausliefern s. 
So wahrte er wenigstens die äussere Form. 
Ein anderer Brief, in dem Nabü-uSallim mdr 
(m) Dakuru d. i. der Bit-Dakuräer erwähnt 
wird‘, ist leider zu sehr zerstört, um etwas 
daraus entnehmen zu können». 


Dafür dass Asarhaddon die annektierten 
Ländereien wirklich den alten Besitzern heraus- 
gab, dafür haben wir noch einen direkten Beweis 
in einem Grenzstein aus der Zeit Samas-Sum- 
ukins® Wir erfahren daraus, dass Asarhaddon 


ma. a. O. Nr. 208. Sprache wie Schrift sind un- 
beholfen. Ich glaube, dass Z. 8: (< d. i. šarri für <<<, 


Z. 12: a für J, Z. 13: rib für Xy}, Re. Z. 4: pur für 
Ef, Z. 5: šum für = zu lesen ist. 


? a a. O. Z. 7 fr.: ina ü-mu-MES ša (m. il) Šamaš- 
ib ni sarri(?)-su-nu (am.)kin-na-a-ta ki-i ih-li-ku-’ ina 
Bit- A-muk-kan-na li- ta- ab- 

3 Harper, Lettr. Nr. 336, 3 ff: (m)Ahe-sa-a .... 
bit ü (m. tl) Bel. id. (am.) mu- tir te- e- mu sa (m il) 
Nabu - u- Sal- lim 81 (Gl) Bit-(m) Da- xu- ru kaspu ma- du 
ina kati-su-nu na- u · i · ni i- da- bu · bu um · ma ni-il-lak(?) 
sisé ni-mah-ha-ra Sarru be- li lu-u i- di a- na eli (am.) um- 
ma · nu (am.)sak& ü (am. ) gabẽ hal. xu- i- iu ša (m. il) Šamaš- 
ib-ni ša ina pa-an (m. il) Nabu-u-sal-lim sa Sarru be-li 
is pu- ra ki-i ak-ba-as-su ul i- man- gur - ma ul i- nam . di-na 
um- ma ša la un- xu Sarri ü ša la (am.) mutir pu- te ul 
a · nam- dax - xa. 

Harper, Lettr. Nr. 1363, 11. 

Unsicher ist, ob der in den Anfragen an Ian 
Sonnengott erwähnte Nabii-ugallim (Knudtzon, Geb. 
Nr. 46; 48; 72; 118; Klauber, Pol.-rel. Texte Nr. 26; 
29) dieselbe Persönlichkeit ist wie unser Nabũ-usallim, 
trotzdem auch ein Balasu daneben erwähnt wird. 


Winckler AOF. I, 497 ff. = CT. X, ö f. = King, 
Bound. St. Nr. X. 


223 


dem MuSézib-Marduk seine Felder in Bit-Ha’rahu 
und Bit-Nürea, die er in den Wirren verloren 
hatte, zurückerstattete, leider aber vergessen 
batte ihm sein königliches Siegel gegen Wider- 
klage zu geben. Daher müssen wohl gegen 
seinen Sohn Adad-ibni Ansprüche an die Län- 
dereien von anderer Seite erhoben worden sein. 
König Sama$-Ssum-ukin, zu dem der Besitzer 
seine Zuflucht nahm, befragte nun seinen Va- 
sallen Nabü-usallim von Bit-Däküri, wie es sich 
mit den Besitztiteln verhielte, und als dessen 
Antwort günstig ausfiel, erhielt Adad-ibni im 
9, Jahre des Samas-Sum-ukin das gewünschte 
königliche Siegel. Bis dahin mindestens muss 
also Nabü-uSallim auch sein Ländchen regiert 
haben. 


Sein Vorgänger Samas-ibni war inzwischen 
in die Gefangenschaft nach Assyrien abgeführt 
worden und vermutlich längst gestorben. Aber 
er sollte nicht einmal im Grabe Ruhe finden. 
Babylon hatte sich nach Kandalanus Tode 
i. J. 626 unter Nabopolassar selbständig gemacht, 
und ASsur-etil-lläni war in grossen Nöten. Da 
erinnerte er sich wieder der historischen Feind- 
schaft von Bit-Däküri gegen Babylon und Bor- 
sippa und suchte vermutlich diesen Stamm gegen 
den neuen Machthaber aufzureizen. Um die 
Dakuräer für sich und seine Politik einzunehmen 
und ihren alten Selbständigkeitsgelüsten zu 
schmeicheln, kam er auf die sonderbare Idee, 
ihnen die Leiche ihres alten Königs Sama$-ibni 
zurückzuschicken und sie in der Heimat prunk- 
voll beerdigen zu lassen. Die Inschrift seines 
Mausoleums ist uns noch erhalten und lautet!: 
„Grabmal des Samas-ibni, des Dakuräers, den 
Assur-etil-ilani, der König von Assyrien, be- 
gnadigt, aus [Assyrlien? nach Bit-Däkür, seinem 
Lande, gebracht und in einem Grabmal in der 
Festung (?) ohne Widerrede hat beerdigen 
lassen“ usw. Diese Idee erscheint uns reichlich 
absurd, aber der geängstigte König suchte sich 
auf alle möglichste Weise zu helfen und verfiel 
auf die sonderbarsten Mittel. So schenkte er 
ja auch sehr vielen seiner Offiziere „Felder, 
Gärten und Leute“ in grossen Massen zu steuer- 
freiem Besitz, um sie an seine Person zu fesseln 3. 
Aber auch dadurch brachte er nur die Staats- 
einnahmen herunter und rettete sich doch nicht 
vor dem Verderben. 


Clay YOS I Nr. 43. Ich verdanke die Benutzung 
ds Buches der Güte Ungnads. 

? Ich glaube, dass so anstatt Clays: /sad]-e ergänzt 
werden muss. Man vergleiche z. B. die Schreibung: 
(mat) Assur in 2. 1. 

® Johns, Deeds Nr. 649 ff. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr.9/10 


224 


Zur fünften Tafel der Serie HAR.RA.' 
Von A. Ungnad. 


Der von Meissner? zusammengestellte Text 
der b. Tafel der Serie HAR.RA = hubullu 
wird durch das Frgm. 79, 7—8, 1703 um 
mehrere Zeilen ergänzt, was bisher übersehen 
worden ist. 79, 7—8, 170, Z. 10 eutspricht 
I 52 des Meissnerschen Textest, Die Ideo- 
gramme sind leider fast völlig zerstört. Das 
Fragment zeigt, dass in Z. 11 = SU-lum und 


Z. 12 = SU-bu sumerische oder pseudosume- 
rische Lehnwörter vorliegen. Hierzu passt das 
phonetische I.. .]-bil-lum (Meissner I 53) gut, 
während Meissners Ergänzung /[kaJ-ar-du-pu 
(154) zu SU-bu nicht recht passt. Da in Kol. 
II 40 bei Behandlung des Lastwagens vor 
manzazu und sikkat manzagi das Lehnwort giri- 
gubu steht, wird auch 154 [GIS.GIR.GUB = 
g]e-ri-yub-bu zu lesen sein. 

Z. 13 von 79, 7—8, 170 sind die Spuren 
als man-za-zu zu fassen. Ob in Z. 7 za-ru-[u] 
zu lesen ist und in Z. 8 man-ga-zu im Sinne 
von manzaz zaré® steht? Dann wäre zarü neben 
harů ein Teil des Wagens’. In Z. 5 unseres 
Fragments ergänze man kar-[nu]®. 


Der Deltafürst So’ in Hosea V, 11. 
Von Paul Humbert. 

Die Uebersetzung der letzten Worte von 
Hosea V, 11 ist bekanntlich ziemlich schwierig. 
Was bedeutet u G20 Dein 2? Gewöhn- 
lich nimmt man 1% als = MY, aber der Ge- 
danke bleibt dann sehr unbestimmt und der 
Vorwurf sehr unklar. Duhm korrigiert W in 
MYL, was einen guten Sinn verschafft; nur müsste 
man in diesem Falle annehmen, dass Israels 
Verbündete proleptisch „Feind“ genannt wären. 

Die LXX las wohl NW statt W: ote JO 


NOQEVETS QL OiCW Twv pataiwv, und desgleichen 


— 
— 


1 Vgl. auch OLZ 1917, Sp. 73. 

? Assyriologische Forschungen I, S. 18 ff. 

® Meissner, Supplement, S. 26 (hinten). 

4 Also 1 51 /as-kup)-pu; I 52 /sa]-as-su; letzteres 
Wort wohl V R 65. 33b, wo Bunene als a-Si-bi sa-as-si 
(Var. Sa-as-su) beze'chnet wird: es ist also der Sitz des 
Wagenlenkers. Langdons Uebersetzung (VAB 4, 260) 
„der da thront in der Sonne“ befriedigt nicht. Die 
Pflanze (sam) sa-as-su Boissier, Choix II 60: 3 hat ihren 
Namen wohl von der Aehnlichkeit mit einem Wagen- 
sassu. 

® Man beachte das erhaltene GIGIR in Z. 4. 5. 


€ Meissner I 50 vielleicht II za-rij-e zu ergänzen. 

7 Das wäre bedeutsam für die ZA XXXI 261 be- 
rührten Fragen. Wie mir Weidner mitteilt, steht in 
dem su. a. O. angeführten nnpublizierten Text za-ri-i. 


e Vgl. besonders die „Hörner“ aus elmesu am Wagen 
der IStar: Gilg. VI 11. ‘ 


225 


Oricntalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 9/10. 


226 


die Peschitto: Hay» jlo Shai top 
Id. wahrscheinlich der Targum: yon) I 
pw pen ana (Ausg. P. de Lagarde). Die 
Konsonanten des letzten Wortes stimmen also 
nicht tiberein im MT und in den Versionen. 


Peisers treffliche Vermutung, dass wir hier 
ein Fremdwort haben, scheint also durch dies 
Schwanken der Ueberlieferung wohl begriindet. 
(Peiser: Hosea, Leipzig 1914, S. 20. 21). Nur 
möchte ich, anstatt seiner assyrischen, eine 
ägyptische Herleitung vorschlagen. 


Qa. Hölscher: Die Profeten. Leipzig 1914. 


S. 213 und n. 3). 

Das Vorhandensein des Fürsten So’ in Hosea 
V, 11 würde allerdings Stützen im Kontexte 
selber finden: spricht nicht der Prophet in der- 
selben Rede von Verbindungen seitens Israel 
mit den Assyrern und mit dem rätselhaften 
3} m (vgl. v. 13 und X, 6)? 

Nach meiner Vermutung hätten wir also in 
Hosea V, 8—14 denselben Tatbestand wie 
VII, 11 und XII, 2: die Gegenüberstellung der 
beiden Pole der auswärtigen Politik des Nord- 


Aus 2. K. 17, 4 vernehmen wir, dass der reiches: Assur und Aegypten und die Oppo- 
letzte israélitische König, Hosea, sich unter sition der beiden Parteien die damals um die 


Salmanassar IV. (zwischen 727 und 724) in 
verräterische Verhandlungen mit einem ägyp- 
tischen Fürsten namens So’ verleiten liess. 
(NO; nach Ginsburg: "P NID "ND N IN). 
Dieser Name wird in den meisten Handschriften 
der LXX durch Swe wiedergegeben (im Vati- 
canus: Inywg; bei Lucian: Adochedex tov Ai- 
Fiona tov xaroıxouvre èv Aixunto, vgl. La- 
garde z St.) und ist wohl durch „Sewe“ 
(NIE) umzuschreiben. Derselbe Name findet sich 


auch in Sargons Annalen zum Jahre 720 in 
der Form Sibu. Nach Alts Urteil wird die 


Oberhand in Samarien rangen. 


Zum Jahresrätsel der Achigargeschichte. 
Von Ferdinand Bork. 


In dem Büchlein B. Meissners über den 
weisen Achigar (Der Alte Orient 16, 2, 
Leipzig, J. C. Hinrichs, 1917) findet sich ein 
Rätsel, dessen arabische Fassung folgender- 


massen lautet: „Was bedeutet ein Palast, den ein 
Baumeister aus 8736 Steinen erbaut hat und die er durch 
365 Ziegel verband; darin sind zwölf Biiume gepflanzt, 
jeder Baum hat dreissig Aeste und jeder Ast zwei 


Gleichsetzung der beiden durch die Gleichheit | Trauben, eiue weisse und eine schwarze?“ (a, a. O. 


der Rolle in der die so Benannten auftreten 
(im AT als Verbündeter des aufständischen 
Hosea; bei Sargon als Bundesgenosse des re- 


S. 11). 
Die Lösung soll sein dasJahr. Wie kommt 
diese aber zustande? Anscheinend sind zwei 


bellischen Hanun.von Gaza) ausser Zweifel verschiedene Fassungen notdürftig durch die 
gestellt (vgl. Alt: Israel und Aegypten, 365 Ziegel miteinander „verbunden“ worden. 


Leipzig 1909, 8. 57; vgl. Breasted: Ge-| ner 
Deutsch v. Ranke. zerlegt es in 12 Monate zu 30 Tagen mit je 


schichte Aegyptens. 
2. Aufl., Berlin 1911, S. 402. 403). 


Die eine, die das Jahr als @arten schildert, 


zwei Tageshälften, d. h. sie kennt ein Jahr von 


Wäre es vielleicht erlaubt w des MT’s und 360; nicht 365, Tagen. 


Nw der LXX als eine Entstellung oder, besser 
gesagt, als eine phonetische Wiedergabe des 
fremden Namens jenes ägyptischen Fürsten 
anzunehmen? Die Schuld der Verschiedenheit 
des anlautenden Sibilanten würde an der pho- 
netisch-ungefähren Wiedergabe ins Hebräische 
liegen (NID, NW, W). 

Erhebt man dagegen den Einwand, dass die 
Wirksamkeit des Propheten Hosea zu dieser 
Zeit schon aufgehört habe, was man gewöhnlich 
aus dem Fehlen jeder Anspielung in seinem 
Buche auf den syrisch-ephraimitischen Krieg 
(735) schliesst, so mag man mit manchen For- 
schern antworten, dass der Schluss ein gewagter 
ist, erstens wegen der kleinen Zahl der uns 
erhaltenen Reden des Hosea, und zweitens weil 
bei Jesaja selbst ein so wichtiges und gleich- 
zeitiges Ereignis wie Samarias Untergang 
nirgends erwähnt wird (vgl. Alt: op. eit. S. 53 
n. 1; Procksch: Die kleinen prophetischen 


Die 365 Ziegel erweisen sich schon durch 
die sonderbare Begründung, dass sie zum Ver- 
binden der 8736 Steine dienen sollen, als nicht 
ursprünglich. Sie mögen der Rest einer Fassung 
sein, die das Jahr als ein aus 365 Ziegeln er- 
bautes Haus schildern will. 

Eine dritte Fassung, die das Jahr als Ar- 
chitekturstück beschreibt, bietet der syrische 
Text: „Es gibt eine Säule (2), darüber sind zwölf Zedern, 
an jeder Zeder befinden sich 30 Räder(?) und an jedem 
Rade zwei Stricke(?), ein weisser und ein schwarzer“ 
(a. a. O. S. 15). — Es handelt sich wohl um 
einen altiranischen Palast, dessen Säulen aus 
Stein sind, während Architrave und Dach aus 
Holz bestehen. Die Räder und Stricke sind 
in Wahrbeit die Rosetten und Fransen, die 
sich an und unter den Balken befinden. Ich 
verweise auf Dieulafoy, L’art antique de la 
Perse Bd. III, Abb. 115 S. 86, wo ein alt- 
persischer Baldachin abgebildet ist. Von dieser 
Darstellung bietet die beigegebene Abbildung 


Schriften vor dem Exil. Calw. 1910, S. 20; leine Einzelheit. 


227 


Einzelheit eines altpersischen Baldachins: Balken, 
Rosetten und Fransenwerk. 

Die vierte Fassung endlich beschreibt einen 
Palast, der aus 8736 Steinen erbaut sein 
soll. Will man diese Zahl verstehen, so muss 
man einen ähnlichen inneren Aufbau des Rätsels 
voraussetzen wie bei Fassung eins und drei. In 
der Tat ist 8736 ein Produkt, dass sich in die 
Faktoren 12 x 52 x 7 x2 zerlegen lässt, näm- 
lich: 12 Jahre des Zyklus, 52 Jahrwochen, 
7 Wochentage und 2 Tageshälften. 

Da die durch die Fassungen eins und drei 
gebotenen Tageshälften sicher sind, so versuche 
ich den Faktor 12 auf den Zyklus zu deuten, 
da die nochmalige Teilung des Tages in Doppel- 
stunden ausgeschlossen erscheint. Ebenso aus- 
geschlossen ist die Teilung des Jahres in 12 
Monate, da ja die 52 Jahrwochen vorliegen. 

Die Lösung der vierten Fassung ist also 
nicht das Jahr, sondern der Jahreszyklus 
von 12 Jahren, der gemeinhin als der ost- 
asiatische bezeichnet wird, der aber nach den 
Forschungen Chavannes’ tatsächlich erst von 
den Turkvölkern in Tschina eingeführt wurde, 
die ihn ihrerseits von Iran übernommen baben 
dürften. 


Iranisches bei Berossos. 
Von Wolfgang Schultz. 

Nicht alles, was man als Pariser Mode oder 
echt englischen Stoff einkaufte, ja das Wenigste 
davon, stammte aus Frankreich oder Albion, 
und die echt „chaldäischen* Ueberlieferungen 
des Berossos tragen wohl auch zu einem wesent- 
lichen Teile falsche Signatur. Den Zeus nannte 
er Belos, den Herakles Sandes, die Aphrodite 
Anaitis usw. meint Agathias (de reb. Justin. 
II 62 P = FHG II 498, 2). Und das wird 
sein Richtiges haben; manche Uebertragung 
von Namen und Mythen mag übrigens schon 
in seinen Quellen ihm vorgelegen haben. 

Unverkennbar iranisches Gut hat die be- 
rosianische Sibylle, der die berühmte Drei- 
heit Zerovanus, Titan, Iapetosthes (l. Iapetos; das 
Wort ist aus einem Janetog und einer v. 
lansdns oder layns zusammen geschweisst) 
zugehört. Zerovanus = Zrwan ist völlig klar. 
Titan ist die phrygische Form zu gr. Terror, 
aw. Frowona, ai. Trattana (G. Hüsing, Iran. 
Ueber]. S. 612). Den Japetos oder Tapet kennen 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 9/10. 


228 


wir ausser als den Vater des Prometheus auch 
als den dritten Sohn des biblischen Fluthelden. 
Eine abweichende Stelle des Alexander Poly- 
histor (ebd. 502, 10) berichtet, dass nach der 
berosianischen Sibylle gleich auf die Flut Ti- 
tanus und Prometheus folgten, die mit Saturnus 
(= Zerovanus) Krieg führten (vgl. Abydenus 
FHG IV 282, 6). Dass hier bloss der Tape- 
tionides an die Stelle des Japetos gesetzt ist, 
scheint mir unzweifelhaft. Aber ist diese 
Brüder-Dreiheit wirklich erst ein spätes Durch- 
einander von Iranischem (Zrwan), Phrygischem 
(Titan) und entweder Hellenischem (lapetos) 
oder Pelastischem (Iapet), etwa gar aus der 
Tora geschöpftem? Insbesondere den Einfluss 
der biblischen Ueberlieferung scheint denn doch 
die Fortsetzung der Geschichte von diesen drei 
Brüdern auszuschliessen. Ihre Schwester Ast- 
likia stiftet zwischen ihnen Frieden. Die beiden 
Jüngeren treten nach erfolglosem Kampfe zwar 
die Herrschaft an Zerovanus ab, verbünden sich 
aber, seine Nachkommenschaft zu töten und 
lassen von erlesenen Titanen, d. h. Söhnen des 
Trita, die Geburt der Frauen des Zerovanus 
überwachen. Wieder ist es Astlikia, die, 
nachdem schon zwei Kinder getötet sind, „einige“ 
Titanen dazu bewegt, die übrigen Kinder — 
es wäre mit einem, dem dritten, genug — auf 
den Olympos zu retten. Nun ist Astlik gut 
armenisch und, wenn mit Titanen verbunden, 
entweder selber phrygisch oder für eine ent- 
sprechende phrygische Gestalt eingesetzt. Also 
müssen wir fragen, wo sonst noch Titanen ein 


|Kind töten, während ein weibliches Wesen um 


seine Rettung bemüht ist. Die Lage ist ja recht 
eigenartig: sonst verfolgt der Tyrann die Kinder 
seines bereits beseitigten Nebenbuhlers (Reichs- 
gründer-Sage, Kuros-Sage); hier verfolgen die 
Nebenbuhler die Kinder des noch nicht be- 
seitigten Tyrannen. Ist dieser etwa nicht zu 
Hause, wie wir es von Chronos und den ihm 
entsprechenden Gestalten aus den Märchen so 
reichlich gewohnt sind? 
So dürftig die Argaben des Moses von 
Chorene sind, es scheint doch, dass sie zur or- 
pbischen Ueberlieferung von Dionysos recht 
gut passen, die auch gleich noch angibt, wer 
dem Kinde (es ist hier nur von einem, dem 
letzten, die Rede) eigentlich nachstellte. Wir 
folgen der Erzählung des Firmicus Maternus 
(de errore prof. relig. VI = Abel, Orphica 
p. 232 f., fr. 200), berücksichtigen aber auch die 


l.|anderen, zugehörigen Bruchstücke aus Proklos, 


Klemens, Nikolaos (Abel, ebd. fr. 190—192, 
195—200, 202—205, 207, 278). Der kretische 
König Zeus (Minos?) bat von- einer unrecht- 
mässigen Mutter einen Sohn namens Dionysos, 
den er sorgsamer pflegt, als es sich schickt. 


229 Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 9/10. 230 


Hera, seine rechtmässige Gattin, stellt dem 
Kinde nach. Als der Vater, da er die heim- 
liche Erbitterung seiner Gemahlin kannte, nur 
sehr ungern verreiste, übergab er dem Knaben 
Thron und Scepter und bestellte die Koureten 
unter der Führung der Athena, der Schwester 
des Dionysos, zu seinen Wächtern. Doch 
gelingt es der Hera mit den Titanen (indem 
sie die Koureten besticht?) durch Spielzeug und 
einen künstlich ersonnenen Spiegel den Knaben 
vom Throne weg und in den Hinterhalt zu 
locken, wo ihn die Titanen ergreifen, schlachten, 
in 7 (also 9!) Teile zerstücken, in einem Dreifuss- 
becken kochen und verzehren. Athena kann 
aber noch im letzten Augenblicke das ungeteilte 
Herz retten. Angelockt vom Dufte des ge- 
bratenen Fleisches kommt Zeus herzu, erfährt 
von Athena den Hergang, bestraft die Titanen 
(und Hera?), formt einen Dionysos aus Lehm, 
setzt ihm das Herz in die Brust und errichtet 
über diesem Bildwerke ein Grabmal, zu dessen 
Wächter er den Seilenos bestellt — dem es 
nun, ähnlich wie dem von Minos zu gleichem 
Zwecke bestellten Polyidos, gelingen sollte, den 
Dionysos (= Glaukos) wieder zu beleben. Eine 
andere Fassung lässt den Apollon entgegen 
dem Auftrage des Zeus die Glieder des Dionysos 
auf den Parnassos bestatten (— wurde durch 
diese Bestattung die Sterblichkeit der Menschen 
entschieden? vgl. Mitra Sp. 37 und 136). 

Das deutsche Märchen vom Machandelboom 
(KHM Nr. 47) hat mit all dem auffallende Be- 
rührungen; leider weiss ich keine räumlichen 
und zeitlichen Bindeglieder. Die Titanen fehlen, 
Zeus nimmt unwissentlich am Mahle teil (vgl. 
dass er bei Klemens Alex. Cohort. p. 5; Abel, 
ebd. p. 252 fr. 200 „angelockt von dem Dufte 
des Fleisches* herzu kömmt). Nicht die Titanen 
werden bestraft, sondern Hera, nicht von Zeus 
sondern vom Vogel, nicht mit dem Blitze 
sondern mit dem Mühlsteine. Statt des Herzens 
bewahrt Athena-Marlenichen die Knochen und 
fügt sie auch selber zusammen (statt Apollon 
bei Proklos in Plat, Tim. III 200, Abel ebd. 
p. 234 fr. 202—204, oder statt Zeus bei Fir- 
micus a. a. O.). Der Truhe, in der der Knabe 
nach Aepfeln langt, entsprechen „Zapfen, 
Kreisel und Gliederpuppen und schöne, goldene 
Aepfel der hellstimmigen Hesperiden“ (Klemens 
Alex. Cohort p. 5; Abel, ebd. p. 230 fr. 196) 


Die armenische (phrygische) Sage von Zrwan 
wird jetzt verständlicher. Die Brüder von 
Zrwan-Dionysos sind selber die Titanen, d. h. 
die Söhne des (Zeus)-Tritos. Sie wollen ihren 
jungen Stiefbruder der Herrschaft berauben, 
zugleich aber auch ihren Vater der Nach- 
kommenschaft. Die Rettung auf den Olympos 
wird hier von der Beisetzung auf den Olympos 
abgelöst, und Astlik ist Tritonis-Athana, die 
Schwester der Tritonen-Titanen. Beachtung 
verdient in solchem Zusammenhange die Stelle 
des Proklos (ebd. fr. 206), dass dem Menschen 
titanische Kräfte inne wohnen, damit er sterblich 
sei und dem Schicksal unterliege, dionysische 
aber wegen der Wiedergeburt. Das hat nur 
Sinn, wenn eben von den Titanen, die Stücke 
des Dionysos sich einverleibt haben, und die 
Zeus gelegentlich der Bestrafung in entlegene 
Länder — an die Grenzen von Mitgard-Hwa- 
nirabom — „verbannt“, die Geschlechter der 
Menschen herstammen sollten, wenn also eine 
Liste der Titanen zugleich eine Völkerliste 
war. Eine solche sind aber auch die Namen 
der Söhne des Noah, die ihren Vater, während 
er im Rausche liegt, verschneiden, d. h. der 
Nachkommenschaft berauben, wie Zeus den 
Kronos, als er unter den Wipfeln der Eichen 
vom Mete berauscht eingeschlafen ist. Auch 
hier besitzen wir zur biblischen Ueberlieferung 
in der orphischen, die ihrerseits wohl wieder 
phrygisch ist (Kronos = Zrwan), eine besser 
erhaltene Parallele. 

Am nächsten liegt jetzt der Vergleich mit 
den Völkern, die in den Namen der Söhne 
des Froitöna dargestellt sind: Salm (Sar- 
matier), Tur (Turanier), Iraj (Iranier). Die 
beiden älteren Brüder. stammen von anderer 
(déwischer?) Mutter und beschweren sich beim 
Vater über die Verteilung der Herrschaft, bei 
der sie den jüngeren Bruder bevorzugt glauben. 
Er begibt sich, um sie zu versühnen, zu ihnen, 
und sie töten ihn. Von einem richtigen Zer- 
stücken ist freilich nicht die Rede; allein sein 
Haupt senden sie dem Vater (die überbringende 
Schwester fehlt). Später ersteht dem Iraj ein 
Rächer, da eine seiner Frauen (vom Haupte 
befruchtet?) eine Tochter gebiert, von welcher 
nach neun Müttern (im 9. Geschlechte) Ma- 
noscipra abstammt. Er residiert in Babel, und 
die an ihm haftende Sage ist also — man sieht 
und insbesondere der Spiegel, in den er schaut es jetzt deutlich — „babylonisch“. Es lebe 
(vgl. Narkissos), wodurch er sich in die ganze | Berossos samt allen seinen Sibyllen! 
gegliederte Welt verliert (Proklos in Plat. Tim. Auch sonst ist an arischen Dreivölker-Tafeln 
III 163 F; Abel, ebd. p. 230 fr. 195). Glaukos, kein Mangel. Wir erinnern bloss an die drei 
der Sohn des Minos, läuft nicht einer Puppe, Söhne des Röstahm mit Tahmina (Keltine), der 
sondern einer Fliege oder Biene nach und| Tochter des Geryones-Täriün, von denen sich 
versinkt auch nicht in einen Spiegel, sondern die drei Stämme oder Stände der Saken her- 
in ein Honigfass. leiten, eine Erzählung, die mit der Geschichte 


ä — — —— — — — — —— — — — .— 
—— —ͤ —— 1 ... —ö — 


231 


von den Söhnen des Froitöna auch noch durch 
den Kampf des Vaters mit den Söhnen (dem 
Sohne; vgl. Hildebrand und Hadubrand) ver- 
knüpft ist. Und da lohnt noch ein rascher 
Blick auf Adams Söhne: Qajin ist Ackerbauer, 
aber ursprünglicher offenbar der Vertreter eines 
missachteten Schmiedevolkes (Tubal, der Schmied, 
weist auf die Tabaren), Habel ist Schaf hirte, 
aber ursprünglich doch wohl der Ackerbauer 
(vgl. Jubal, seinen zu Tubal reimenden Namen); 
Set endlich ist Priester, Schriftgelehrter, Weiser. 
Spätere Sage spinnt dann den Gedanken „von 
den ungleichen Kindern Evas“ als Stammvätern 
der Stände noch weiter aus — in Manchem 
der Rigsbula vergleichbar. Aber er fand auch 
noch auf die Söhne des Set Anwendung. Er 
allein ist im Gegensatze zu Iubal (Habel) und 
Tubal (Qajin), die Hawä unter dem Einflusse 
des Bösen empfangen hat, ein Sohn, der dem 
Adam gleicht (Gen. IV 1 u. V 3). Er hat 
wieder sieben Söhne, die ‘4Adoyeretg (Epiphan. 
h. 40, 7), die sieben doro der Poimandres- 
Gnosis (Reitzenstein S. 332), mit denen wir 
die sieben Titanen-Paare der Orphiker und die 
Verbannung der Titanen an die Grenzen der 
Erde unmittelbar vergleichen können. Sie ent- 
sprechen den sieben KarSawaren der späteren 
iranischen Ueberlieferung und bevölkern die- 
selben. Nun sind aber neun Karsaware allein 
das Alte und Richtige, und ihre neun Heilande 
werden uns auch noch mit Namen genannt, 
(Mitra Sp. 256). Davon entfällt einer auf 
Hwanirabom in der Mitte, und acht gehören 
an die Ränder, wie auch Mibra als mittelster 
Weltwächter acht Helfer hat (Jast 10, 45). 
Wir haben dabei an die Wassermenschen (1), 
Erdmenschen (2), Brustohren (3), Brustäugler 
(4), Einfüssler (5), Flügelmenschen (6), ge— 
schwänzten (7) und behaarten (8) Waldmenschen 


des Bundahisn (Spiegel, EA 1 513) zu denken, 


welche die Rapdwelten besiedelt haben müssen 
und zu denen auch in der Tat der die äussersten 
Gegenden durchwandernde Held kémmt (Mitra 
Sp. 84). Ueber den Ursprung dieser Wesen 
unterrichtet uns Bundahisn XXIII, wo Affen 
(= 7) und Bären (= 8) davon hergeleitet werden, 
dass Jama und Jami von einander getrennt Kinder 
zeugten, u. z. mit den Déwas. Dasselbe be- 
richtet bekanntlich auch die spätere jüdische 
Ueberlieferung von Adam und Hawä. Für Set 
lernen wir, dass er in jenen Quellen, die ihn 
zum Vater der AAJoyersis machen, der “dios, 
d. h. der in seinem Glanze bereits verdunkelte, 
in die Wildnis verstossene Jama hséta ist, ein 
Beiname, an den Set doch gar zu auffallend 
anklingt, als dass solcher Anklang nicht seine 
Wirkung auch dann hätte zeitigen müssen, 
wenn der biblische Sct und ee ursprünglich 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 9/10. 


232 


nichts mit einander zu tun gehabt hätten. Die 
wunderbare Brut des Set und seiner Schwester 
Azura (vgl. Cumont TM I 132, 7; Joh. Antioch. 
FHG IV 540), des Jama und der Jami, des 
Adam und der Adama (Hawa) hat auch in 
Indien ihre Entsprechung. Atman ist ursprüng- 
lich — wie Mrtija und Mrtijana und alle diese 
ersten Paare — Zwitter, spaltet sich aber 
alsbald und verfolgt nun seine andere Hälfte, 
die sich vor ihm als Kuh, Pferd, Esel, 
Ziege, Schaf bis hinab zur Ameise verbirgt. 
Er begattet sie in allen diesen Gestalten, und 
so entstehen die Tiere (Brhadäranjaka-Upanisad 
I 4, 3-4; vgl. Mitra Sp. 110 f.). Dieser Auf- 
fassung des Vorganges als eines schöpferischen 
steht die mazdaistische ziemlich schroff gegen- 
über. Für sie sind die im Ehebruche gezeugten 
Mischwesen mit dem Bösen Ungeziefer (hrafstra); 
wie die Regel am treulosen Weibe eine Folge 
ihres Verkehres mit dem Bösen ist und die 
Unreinheit hinweg nimmt, so muss die verun- 
reinigte Adama-Aramatis durch die Flut ge- 
reinigt werden, welche die Unreinheit der 
hrafstras hinweg spült. Der Bundahisn III 
schildert anschaulich, wie die hrafstras die ganze 
Welt so bedeckten, dass nicht einmal der Raum 
einer Nadelspitze von ihnen frei blieb und der 
reclitschaffene Mann und das einzig geschaffene 
Rind ıhnen erlagen. Nach VII (wobei wir 
Jast 19 ergänzend berücksichtigen) bewirkt dann 
Tistrija durch Besiegung des Apawarta in drei- 
nächtigem Kampfe das Ueberströmen des Woru- 
kaSa-Sees und damit einen neun Nächte 
währenden Regen mit Tropfen stierkopfgross, 
menschenkopfgross, faustgross, handgross, gross 
und klein, eine Flut, welche aile hratstras tötet 
und das Gift ihrer Fäulnis ins Meer schwemmt, 
das davon salzig ist. Jetzt erst ist die Erde 


|wieder gereinigt und es kann aus Gajomartans 


Samen der Baum spriessen, dem das zweite, 
nachsintflutliche Menschenpaar, eine deutliche 
Wiederholung des ersten, entspringt. 

Es ist nun eine bemerkenswerte Erscheinung, 
dass wir die ausführlichste Schilderung des 
Aussehens der vorsinflutlichen, missratenen 
Schöpfungen des Apromanjus mit dem Weibe 
— in der „babylonischen“ Schöpfungsgeschichte 
des Berossos (und nicht mehr bloss bei seiner 
Sibylle), sowie bei Empedokles finden. 

Berossos berichtet (FHG 11 497, 4): Es gab 
eine Zeit, da alles Dunkel und Wasser war, 
worin wunderbare Wesen, jedes von besonderer 
Gestalt, lebendig wurden. Es enstanden nämlich 
Menschen mit zwei Flügeln, etliche auch mit 
vier Flügeln und zwei Gesichtern, ferner solche, 
die zwar einen Körper aber zwei Köpfe hatten, 
einen männlichen und einen weiblichen, und 
doppelte Geschlechtsteile, männlich und weib- 


233 


lich, sodann andere Menschen mit Ziegenbeinen 
und Hörnern, mit Pferdefüssen, ja solche, deren 
Hinterteile zwar Pferde, die aber vorne Menschen 
waren, also an Gestalt Pferdekentauren. Es 
wurden auch lebendig Menschen mit Stierköpfen, 
Hunde mit vier Körpern, deren Hinterteile in 
Fische ausliefen, Pferde mit Hundeköpfen, 
Menschen und andere Wesen, die Pferdeköpfe 
und Pferdeleiber hatten, aber Fischschwänze, 
und andere Wesen mit den verschiedensten 
Tiergestalten, ausserdem Fische, Kriechtiere, 
Schlangen und anderes Getier in Menge, alle 
wunderbar durch einander gewürfeltes Aussehen 
(und ihre Bilder befinden sich im Tempel des 
Belos). Ueber sie alle herrschte ein Weib 


namens Omoröka, was Chaldäisch @adar3, in 


hellenischer Uebersetzung Meer (Sataooa) und 
seinem Zahlenwerte nach gleich Selene ist. Da 
kam Belos, spaltete dieses Weib mitten entzwei, 
machte die eine Hälfte zur Erde, die andere 
zum Himmel und beseitigte das Getier auf ihr 
(das soll allegorische Naturdeutung sein). Denn 
als alles noch nass und bloss das Getier ent- 
standen war, hieb dieser Gott sein eigenes 
Haupt ab, und die anderen Götter mengten 
das hervor strömende Blut mit der Erde und 
bildeten die Menschen, die daher Verstand und 
Anteil am göttlichen Denken haben. Nach einer 
anderen Fassung hieb Belos das Dunkel mitten 
entzwei, trennte dadurch Erde und Himmel 
von einander und richtete die Weltordnung ein. 
Das Getier konnte die Kraft des Lichtes nicht 
aushalten und verendete. Da Belos das Land 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 9/10. 


234 


däische“ Name nicht Omorka sein sondern 
Oxa’, so dass auch nur dieses keilschriftlich 
zu suchen wäre. Viel wert ist aber der Name 
in der Schreibung, wie er heute vorliegt, nicht; 
denn das Schriftbild wurde offenbar von Oea- 
Aaooe beeinflusst. Das Gaur in OLZ 1909 
Sp. 292 ist R. Eislers Erfindung und beruht, 
wie alles übrige in diesem Aufsatze „Zur Text- 
gestaltung des vierten Berossosfragmentes“ auf 
der falschen Voraussetzung, dass es mit dem 
einen Isopsephon noch nicht genug sei. Da 
die Tiämat doch schliesslich, wie längst erkannt, 
hier gemeint sein muss, wird man wohl am besten 
annehmen, dass irgendein Umschreibungs- 


versuch gerade dieses Namens (etwa 0. 


zugrunde liegt, auf dessen Aussprache man 
eher umgekehrt Schlüsse aus der Schreibung 
machen könnte, wenn sie besser erhalten wäre. 
Es handelt sich also zwar wohl um eine baby- 
lonische Glosse, aber nicht deshalb auch schon 
um einen babylonischen Mythos, und das wollen 
wir noch deutlicher machen durch Empedokles 
und die pythagoräische Ueberlieferung. 

Aus dem Siihneliede des Empedokles stellen 
wir zusammen (Diels FVS? J 190 f.) fr. 58: Ver- 
einzelt irrten die Glieder umher, fr. 57 (ebd.): 
Ihr (der Erde) entsprossten viele Köpfe ohne 
Hälse, nackte Arme irrten hin und her sonder 
Schultern, und Augen schweiften umher der 
Stirnen bar. fr. 59 (ebd.): Doch als der eine 
Gott mit dem anderen (die Liebe mit dem Streite) 
in grösserem Umfange handgemein wurde, da 


öde aber fruchtbar sah, befahl er einem der fielen die Glieder zusammen, wie gerade die 


Götter, der ihm den Kopf abnahm, mit dem 
abfliessenden Blute die Erde zu mengen und 
"Menschen sowie Tiere, welche dieLuft vertragen, 
zu bilden. 

Wir sehen: Berossos hatte verschiedene 
Fassungen vor sich, und unsere Auszüge haben 
uns, scheint es, leider nicht gerade die glück- 
lichsten erhalten; denn es ist ganz selbstver- 
ständlich und wird überdies noch später durch 
verwandte Mythen beglaubigt werden, dass nicht 
dem Haupte (und Körper) des Belos, sondern 
dem des Urwesens das Blut entströmt. Auch 
der Name Omoröka (Synkellos) ist zu verbessern. 
Wie schon Scaliger sah, gibt bloss Ouoọxa = 
301 = Zsinvn die geforderte Isopsephie, und 
dass der Name nur so richtig ist, bezeugt auch 
der Pariser Zauberpapyrus f. 1417 mit seinem 
pooxe spscysyad feel. Drexler in Roschers Lexi- 
kon II 1 Sp. 1584 ff). Eine Omorka wird man 
aber schwerlich mehr gerne mit der ummu riga 
KP VI 303 und 307 keilschriftlich belegen 
wollen, die auch keine Ziige an sich hat, welche 
sie mit der Gestalt bei Berossos sonst ver- 


knüpfen könnten. Endlich soll doch der „chal- 


einzelnen einander trafen, und auch viel anderes 
ausserdem entspross da, sich aneinander reihend, 
fr. 61 (ebd. I 191): Da wuchsen viele Geschöpfe 
hervor mit doppeltem Gesichte und doppelter 
Brust, Geschöpfe vorn Männer, hinten Ochsen 
tauchten auf, andere umgekehrt Männerleiber 
mit Ochsenköpfen, Mischgeschöpfe, hier männer- 
dort frauengestaltig, mit beschatteten Scham- 
teilen versehen. — Die Uebereinstimmung mit 
Berossos ist schier wörtlich. Obwohl bisher 
noch niemand den Empedokles in Babels Bann- 
kreise befangen sah, könnte man nun doch ge- 
rade durch solche Uebereinstimmung baby- 
lonischen Einfluss auf ihn eben jetzt für be- 
wiesen halten und etwa bloss suchen, wer ihm 
solche Weisheit vermittelt habe. Das findet 
sich aber leicht; war doch Pytlıagoras angeblich 
in Babylon, nach Abydenos (fr. 6 FHG IV 282; 
vgl. Il 505), der wohl den — Berossos benützte! 
Aber merkwürdig bleibt doch, dass auch die 
Ansichten des Empedokles von der Beschaffen- 
heit der Zeugung (der männliche Samen ist warm, 
der weibliche kalt fr. 65, 67), die ganz ähnlich 
übrigens auch bei Parmenides wiederkehren, 


235 


Orientalistische Literatarzeitung 1918 Nr. 9/10. 


236 


mit Bundahisn XVI überein stimmen, und dass 
das pythagoräische, auch von Empedokles über- 
lieferte Verbot des Bohnenessens, über das ich 
Memnon III 93—96 ausführlicher gehandelt 
habe, uns durch eine mit der Weltschöpfung 
bei Berossos und Bundahisn III überein 
stimmende Stelle aus dem von Porphyrios ver- 
fassten Leben des Pythagoras (p. 40, 20 N) 
klar wird: Man sagt, er (Pythagoras) habe das 
(Bohnen Essen) verboten, da, als der erste 
Anfang und Ursprung des All verwirrt und 
vielerlei zu Hauf getragen, zu Hauf gesäet und 
zu Hauf faul ward, in der Erde alsbald der 
Ursprung und die Ausscheidung sich vollzog, 
wobei zugleich die Tiere entstanden und die 
Pflanzen zum Vorscheine kamen, dann aber aus 
eben jener Fäulnis die Menschen sich bildeten 
und die Bohne sprosste. Das ist der Zustand, 
den Empedokles in seinem Sühneliede schilderte; 
aus der Fäulnis erwuchs die Bohne, aus der 
Pflanze, wie der Bundahisn lehrt, das erste 
Menschenpaar. EinZigeunermärchen beiH. Wis- 
locki, Die transsylvanischen Zigeuner S. 1 (Nr.1) 
enthält am Schlusse noch einen lehrreichen Nach- 
klang dieser Gedanken: „Da kam ein grosser Stier 
heran und trug den Teufel mit sich fort. Und 
vom grossen Baume fiel Fleisch auf die Erde, 
und aus den Blättern des grossen Baumes 
sprangen Menschen hervor. So erschuf Gott 
unsere Welt und die Menschen“. Ausführlicher 
wird ebenda S. 9 (Nr. 7) erzählt: Die Menschen 
leben in einem von einer Mauer umgrenzten 
Paradiese (wara) und werfen durch 1000 Jahre 
jedes Neujahr einen geschmückten Ochsen in 
den Fluss. Da kömmt ein schwarzer Mann 
(Asromanjus) und rät ihnen, den Ochsen selber 
zu schlachten und zu essen. Das tun sie, und 
alsbald sind alle Ochsen aufgegessen, die Leute 
durchbrechen die Mauer und ziehen in die 
Welt (Besiedlung der KarSaware). Die zurück 
gebliebenen liegen elend am Boden; denn das 
ganze Land verdorrt und es fehlt auch an 
Samen für die neue Saat (vgl. Bundahisn IX: 
Der erste Angriff des Anromanjuš gegen die 
Pflanzen bestand darin, dass er sie verdorren 
machte). Da erscheint einem Frommen des 
Landes aus dem Flusse ein Greis (wer denkt 
da nicht an Oannes), der ihn auf den Grund 
des Wassers zu einer Wiese führt, wo der 
Baum steht, der allerlei Samen trägt. Unter 
der Bedingung, dass die Menschen fromm sein 
und künftig den Ochsen opfern werden, erhält 
der Fromme die Samen und besiedelt mit ihnen 
die Welt. 

Der iranische Ursprung der Weltschöpfung 
bei Berossos dürfte jetzt hinreichend erhärtet 
sein; der Name Belos ist das einzige Unarische 
in ihr, und sicherlich kein Gegengrund. Da 


Omorka erst ins „Chaldäische* mit *Famap 
übersetzt wird, hielt man den Namen eben 
nicht für „chaldäisch*. Es ist nun eine wesent- 
liche Stütze für alles bisher Dargelegte, dass 
er aus dem Iranischen zwanglos zu deuten 
ist: a-marka heisst „Ohne-Tod“ (vgl. «-Iavarog). 
Das Wort ist zwar erst im späteren awestischen 
Schrifttume belegt (s. Ch. Bartholomae, Altiran. 
Wörterbuch Sp. 142), aber marka „Tod“ um 
so besser. Jetzt stellt sich auch das uaoxe 
eoecxsyad des Pariser Zauberpapyrus nicht etwa 
als Verstümmelung eines Omorka dar, sondern 
als Ueberlieferung von selbständigem Werte: 
Ereskigal wird als der „Tod“ bezeichnet; sie 
ist unmittelbar zu vergleichen mit dem ai. 
Daimon Marka. Das Wesen jedoch, aus dessen 
Blute alle späteren hervorgehen, konnte man 
wohl ganz im eigentliche Sinne als das Un- 
sterbliche bezeichnen. 
(Schluss folgt.) 


Besprechungen. 


Poebel, Arno: 1. Historicaland Grammatical Texts. 
(University of Pennsylvanıa. The university museum. 
Publications of the babylonian section. Vol. V). CXXV 
Tafeln. 2. Historical Texts. (idem. Vol. IV, No. ]) 
242 S. 3. Grammatical Texts. (idem. Vol. VI, No. 1) 
122 8. — Philadelphia. Published by the university 
museum. 1914. Bespr. von Wilh. Förtsch, Hetzles. 

Dieses Werk, das der Verfasser, wie er 

OLZ 1915, 106 A. 1 mitteilt, unter dem Gesamt- 

titel „Historical and Grammatical Texts chiefly 

from Nippur“ erscheinen lassen wollte, wurde 
bei Kriegsausbruch vom Universitätsmuseum in 


‚Philadelphia in den drei vorliegenden Bänden 


unter getrennten Titeln veröffentlicht. Nicht 
einmal die vorletzte Korrektur Poebel’s samt 
dem darin eingearbeiteten Material ist mehr 
benutzt worden. Hoffentlich wird es dem Ver- 
fasser bald ermöglicht, die Naclıträge zu bringen. 

Das Werk gehört zu den bedeutsamsten 
assyriologischen Veröffentlichungen der letzten 
Jahre und es wäre wohl niemand zur Publi- 
kation und Bearbeitung der zum Teil sehr 
schwierigen Texte besser geeignet gewesen als 
Poebel, der in verschiedenen Gebieten der As- 
syriologie, vor allem in der Erforschung des 
Sumerischen mit an erster Stelle steht. Voll 
Spannung muss man den im Vorwort zu HGT 
versprochenen weiteren Uebersetzungen ent- 
gegensehen. 

HGT enthält 158 autographierte Texte und 
40 Tafeln mit Photographien von Texten; erstere 
wie letztere sind sehr schön ausgefallen!. Die 
Texte stammen zum grössten Teil aus Nippur. 
Nr. 1 stellt einen sumerischen Bericht in poe- 

1 In einer Besprechung gerade dieses Werkes Ver- 


sehen und dergl. aufzählen zu wollen, wäre eine Unbillig- 
keit gegen den Vorfasser; vgl. die einleitenden Sätze. 


237 


Orientalistische Literaturseitung 1918 Nr. 9/10. 


288 


tischer Form dar über die Schöpfung, über 
Gründung von Städten vor der Flut und über 
die Flut; der Text, dessen Anfang leider fehlt, 
ist HT, p. 7—70 zum Gegenstand einer aus- 
führlichen Abhandlung gemacht, die den Titel 
führt „A new creation and deluge text“. Als 
Erschaffer der Menschen treten auf die Gott- 
heiten Anu, Ellil, Enki und Ninhursag. Von 
ihnen heisst es Kol.1, 14: sag-gi(g)-ga mu- 
un-dim-es „die Schwarzköpfigen haben sie ge- 
schaffen“. Gegründet worden sind die Städte 
Eridu, BAd-NAGAR + DIS, Larak, Sippar und 
Suruppak. Aus der Schilderung der Flut sei 
hervorgehoben Kol. 5, 3—4: ü-7-äm gö-7-am 
a-ma-ru kalam-ma ba-ür „sieben Tage und 
sieben Nächte wütete die Sturmflut im Lande“. 
Der die Flut Ueberlebende, dem das Attribut 
lugal „König“ beigelegt wird, heisst Ziugiddu. 
Da die Tafel keine Datierung trägt, so lassen 
sich über ihre Entstehungszeit nur Vermutungen 
aus dem Schriftduktus und dem Sprachcharakter 
aufstellen. — Von den historischen Texten sind 
wohl die wichtigsten Nr. 2, 3, 4 und 5, die in 
„New lists of kings“ HT, p. 71—140 verarbeitet 
sind. Einen auch nur einigermassen entspre- 
chenden Ueberblick über diese interessante Ab- 
handlung zu geben, verbietet der zur Verfügung 
stehende Raum; Einzelheiten herauszugreifen, 
wäre bei der Wichtigkeit der Materie unan- 
gebracht. — Nr. 6 und 7: „A history of the 
Tummal of Ninlil at Nippur“ HT, p. 141—147. 
Das Tummal ist wohl ein bestimmter Stadtteil 
von Nippur oder ein Teil des heiligen Bezirkes 
dieser Stadt. 
mal wird Nr. 7 Rs. 16 das Eginabtum erwähnt 
(hier E-gi-na-ab-dul=UL] geschrieben, dagegen 
VAB 1, S. 206 b 2,8 E-gi-na-ab-tüm), In dem 
Vokabular Nr. 106 VI 21 wird für E-gi-na-ab- 
du als akkad. Lesung Sutumm und als sumeri- 
sche sutum angegeben. — Nr. 8—14: In- 
schriftenbruchstücke; vgl. Nr. 9 Rs. II: isag 
ki-en-gi ki-uri. — Nr. 15—17 erzählen, we- 
nigstens zum Teil, vom ZQ; vgl. Nr. 15, dessen 
Vs. mit Lugal-ban-d[a] beginnt, Rs. 14: musen 
me-en, Nr. 16 Rs. 14 und Nr. 17,7: Im- 
dugüd ™™, Dazu gehören wohl auch Nr. 18 
und 19. — Nr. 20 und als Duplikat dazu Nr.21: 
historisches Epos, welches von Ereignissen aus 
der Zeit des Lugal-banda und des Dumu-zi 
berichtet (Eroberung und Zerstörung von HA- 
All, usw.); siehe HT, p. 117, 122, 227 u. A. 4, 
233 u. A. 4. — Nr. 22 — 24: sumerische Ver- 
sion von IStar’s Höllenfahrt; Nr. 23 erzählt bis 
zum Eintritt in das vierte Tor der Unterwelt. 
Vgl. zu diesen Texten Zimmern, Lipit-Istar, 
S. 35 u. A. 2; Geller, OLZ 1917, 41. — Nr. 25 
u. 26: sumerische Epen, wohl an IStar; vgl. 


Nr. 27: ein Bruchstück wohl von einem Epos; 
vgl. II 8: en Gis-bi(I)-glin-mes]. — Nr. 29 (dazu 
Nr. 28): Inschrift des En-Sakus-anna, welche 
von einem Krieg dieses Königs mit Enbi-Istar, 
der Gefangennahme des letzteren und der Zer- 
störung von Kiš berichtet; behandelt HT, p. 
149—156. — Nr. 30: Inschrift eines Isakku 
von Nippur. — Nr. 31: Weihinschrift des Išakku 
E-igi-nim-PA-& von Adab an die Göttin Mah 
auf einem Weihgegenstand; siehe HT, p. 28 
A.1 (Schluss). — Nr. 32: Siegelzylinderinschrift 
des Amar-zabalam an den Gott Su-mah!. — 
Nr. 33: Bruchstück von der Siegelzylinder(?)- 
Inschrift eines sangu. — Nr. 34: Kopien von 
Inschriften der Könige Lugal-zaggisi, Sarru- 
kin, Rimu$ und Manistusu; dieselben waren im 
Tempel E-kur zu Nippur aufgestellt und sind 
teils sumerisch-akkadisch, teils akkadisch ab- 
gefasst. Die Originalinschrift zu Nr. 34 Kol.26ff. 
bildet die leider nur als Bruchstück erhaltene 
Nr. 35. Was Nr. 36, Kopien von Inschriften 
des Rimus und Manistusu betrifft, so ist dazu, 
wie Meissner, OLZ 1915, 173f. gezeigt hat, 
ein auch von ihm ebenda publiziertes Inschriften- 
fragment ein Bruchstück des Originals von Rs. 
II ab. Nr. 37 ist Bruchstück von Kopien von 
Inschriften des Naram-Sin, Nr. 38 enthält ein 
Datum des Sargali-Sarri und Nr. 39 ist ein 
Bruchstück einer Vaseninschrift des Dudu. 
Behandelt sind Nr. 34— 39 in „Inscriptions of 
kings of Agade“ HT, p. 171—242. — Nr. 40: 
Bruchstück einer Inschrift des Ur-Engur. — 
Nr. 41: Inschrift des Sul-gi? auf einem bronzenen 


Als eines der Gebäude des Tum- | Gegenstand. — Jahresdaten bringen Nr. 43—63, 


69, 71, 72, 77—92, 94—99; das Bruchstück 
einer Datenliste stellt Nr. 70 dar. — Nr. 64—68 
und 74—%6 sind Hymnen zum Preis der alt- 
babylonischen Könige (siehe Zimmern, a. a. O., 
S. 2 u. A. 2) Idin-Dagan (64, 65), Isme-Dagan 
(66), Lipit-Istar (67), Ur-Ninurta (68; siehe 
HT, p. 137 A. 9), [..... )-Ellil (74; nach 
Poebel, OLZ 1915, 129 aus der Zeit der Dynastie 
von Isin; siebe HT, p. 49; GT, p. 103, 105, 
112, 113), Lugal-anna-mundu (75; Duplikat zu 
BE VI 2 Nr. 130; siehe HT, p. 135 A. 9 u. 
28 A. 1; GT, p. 111) und [...... } (76; siehe 
HT, p. 30)3. Verschiedene Hinweise auf einige 


Die Inschrift lautet: dSu-mah lugal-a-niamar- 
zabalam sil-Su-dü den-lil dumu-sag an-ge nam- 
ti(l)-la-ni-sü nam-ti(l) dam-dumu-na-Sü a-mua- 
na-ru „dem Gott Su-mah, seinem König, hat Amar-zaba- 
lam, der Sil-Su-dü des Ellil, des Hauptsohnes des Anu, 
für sein Leben und das Leben der Frau seines Sohnes 
(dies) geweiht“. 

2 Zu dieser Lesung des Namens DUN-gi siehe 
Zimmern, a. a. O., S. 31 u. A. 3. 

3 Nr. 76 VII 5—19 lautet: é-an-na-šú mu- ni - in- 
tu(r)-tu(r) bar-babbar-ra mu- na-te dür za-gin- 
na Su- ni-zü mu- un-gar bär-dnin-men-na-s U 


Nr. 26 Rs. 30: ninni zi-mu sum-ma-ab. — mu-na-te aga guskin sag-gä-na mi- ni-in-gi-en 


239 Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 9/10. 240 


dieser Texte, besonders auf Nr. 67, beiZimmern, |sumerischen Lesung für PA.KAB.DU nur 
a. a. O. passim. — Nr. 73: Tonnagelinschrift|[...]-ig erhalten; I 30: PA. SE = [i-8]i-in; 
des Damik-ilisu. Vs. II 5—11 (= Rs. 2—7):|IV 18: E. NUN = [...]-an; IV 21: E.GI. 
pad Ba) irsi-in na mu-du bäd-ba dami NA AB. DU = Su-tu-um siehe bereits oben 
ee get MINUTIA MU-DIIM Ale BTOSSE bei Nr. 6 u. 7; E.INIDABA = [...]-ra-a siehe 
Mauer von Isin baute er, der Mauer Name ist: Förtsch, ZA 31. 164 f. — Nr. 117 und 122 
Damik-ilisu ist der Günstling des Gottes Nin-| woh] Duplikate. — Nr. 132 teilweise Duplikat 
urta“. — Nr. 93, entweder zur Zeit Yammurabis eu 2 R 38 und CT 19 pl. 4; siehe Meissner, 
2 4 3 un 1 75 a Ohrif SS T, Deutsche Literaturzeitung 1915, 641 u. Ehelolf, 
nledergescbrieben, ist eine Abschrift eines Teiles Wortfolgeprinzip, S. 43 u. A. 1. — Nr. 133 und 


der Gesetze Hammurabi's; darunter Gesetze, 134 bilden das 13. u. 14 Fragment der dritten 
welche in die grosse Lücke des Textes auf der | m ri 5 u 
Stel im Dousre aae , u en nen 


von Poebel, OLZ 1915, 161 ff, 193 ff., 225 ff., 257 ff. 18. Nr. = > 9 a on har 


-- Nr. 100: ein Erbstreit in der Regierungs- ; : BR 

zeit Samsu-iluna's, behandelt von Schorr, WZKM ee er i Vs on 
29, 74 ff, als „Ein Anwendungsfall der inspectio | 149 Vs. 14. 15: LUL „„ e d LUL 
ventris im altbabylonischen Recht“; vgl. dazu GAL = naur-aal-Iu-um: also LUL Sänger“ 
Walther, Das altbabylonische Gerichtswesen, 1 i Hir fn lesen). — Nr. 142: 


8. 161 a a Nr. 101: Kopie einer sumerischen grammatischer Text, behandelt GT, p. 57 ff. — 
Inschrift des Samsu-iluna über die Erbauung Nr. 144—147: Zusammensetzungen mit lü. — 
der Mauer von Sippar und die Wiederherstellung Nr. 148 Vs. 15 ff.: Uebersetzungen von a-rá. 


des Tempels E-babbar; behandelt von Poebel, — Nr. 150 u. 151: grammatische Texte, behandelt 


OLZ 1915, 100 fl, 129 ff. — GT, p. 60 ff. u. 29 ff. — Nr. 154: Namentafel; 
Von den Texten HGT 102, welch letztere I 11: dNanna(r)-gu-gäl = Sin-a-Sa-ri-id, II 


Tafel aus der kassitischen Zeit stammend die 7-9: #Sin-re'ü/ri-me-ni/ri-zu-Su, VI 5: A mar- 
Kopie einer ältern Tafel darstellt (siehe Poebel, a Da-mu = Pur-"Da-mu. — Nr. 155 enthält 
OLZ 1915, 77 f), und den folgenden gehören Namen von Fürsten: "Lipit-IStar, "Idin-Dagan, 
die meisten zu dem „Nippur-Vokabular,“ dessen "Išme-Dagan u. s.w. — Nr. 156, wo Vs. 4—5 
Zusammenstellung bis in die Zeit der Dynastie | ¿šaru in der Bedeutung „Mann“ und Rs. 3 UD 
von Ur oder in eine noch frühere Zeit zuriick-| mit dem semitischen Lautwert % in (um-ma) 
geht. Der sumerische Teil ist bereits von den | šu-ú-ma vorkommt, gehört etwa der Zeit der 
Sumerern zum Gebrauch in ihren Schulen au- Dynastie von Ur an (siehe Poebel, OLZ 1915, 
gelegt werden, die Semiten haben später die 77 u. A. 1). — Nr. 157, wozu das kleine 
Uebersetzungen hinzugefügt; siehe Poebel, OLZ | Fragment Nr. 158 gehört, ist eine Uebungs- 
1915, 78 u. A. 1. Wie diese Tafeln für den tafel: Vs. I bringt eine Aufzählung von ver- 
weiteren Ausbau der Assyriologie verwertet schiedenen Istar-Heiligtümern in verschiedenen 
werden können, zeigt z. B. Ungnad’s Aufsatz Städten Babyloniens, Vs. II ist ein Stück aus 
„Lexikalisches“, ZA 31, 38 u. 248 ff. — Hier sei nur einem akkadischen epischen Text und die Rs. 
der eine oder andere Hinweis gegeben. Nr. 102 wieder eine andere Textgattung; siehe Zimmern, 
VI 56: mul = kaukabu. Nr. 104 II 17: bei Lipit-Istar, S. 37 ff.; Poebel. GT, p. 15, 43 und 
LAGAB + SIG (IGIGUNU) ist nur ein Teil des OLZ 1915, 130 f. 

letzten Zeichens der sumerischen Lesung er- In HT ist noch hinzuweisen auf die historische 
halten; wir dürfen wohl nach CT 12 pl. 26, Untersuchung „The events of Eannadu’s reign“ 
36b a-gär annehmen und dies mit Clay, p. 157—169, worin hauptsächlich über die 
Miscellaneous inscriptions, Nr. 53, 65 als ugarum | zeitliche Folge der Ereignisse unter der Re- 


deuten. Zu Nr. 102 IV 15 und Nr. 104 III | gierungszeit dieses ISakku von Lagaš gehandelt 
27: sila = mesertum siehe Poebel, OLZ 1915, | wird. 


76 A. 1. Nr. 105: I 17 ist leider von der Der „Grammatical Texts“ betitelte Band 
KERNE enthält drei Monographien aus dem Gebiet der 
&-dnin-dür-Sü mu-na-te dnin-dür me-te-gäl an- sumerischen Grammatik: 1. The noun-gouverned 
ki ä-gäl 6-kur-ra „in das E-an-na trat er: dem complex in sumerian, 2. The personal pronoun 


strahlenden hi. Gemach nahte er sich, einen glänzenden |. e i 
Szepter legte er ihm (dem vorher genannten Gott) in In Sumerian und 3. The ORA A verb. 2 

die 5 a 0 der Göttin „ no In dem über den von einem Substantiv 
er sich, eine goldene Göttermütze setzte er ihr aufs : Abschnit 
Haupt. Dem Tempel der Göttin Nin-dür nahte er sich: „ „ 5 2 ae 
Göttin Nin-dür, ausgezeichnet im Himmel und anf] werden Zuerst aie ausseric EN Vy Cranmeraneen 


Er deu, mächtig im E-kur-ra“. (morphological changes) besprochen, welche bei 


241 


Verbindung eines oder mehrerer Substantiva mit 
grammatikalischen Elementen eintreten; hierauf 
die Reihenfolge, in der die verschiedenen modi- 
fizierenden Elemente in einem solehen Komplex 
hinter das regierende Substantiv treten (the 
sequence of the modifying elements). „Mor- 
phologische Veränderungen“ finden sich sowohl 
am Ende des modifizierten Substantivs!, als 
auch am Anfang des modifizierenden Elements’. 
Das regierende Substantiv steht natiirlich an 
der Spitze des Wortkomplexes, den es regiert; 
die modifizierenden Elemente folgen ihm in einer 
bestimmten Reihe. Für diese Reihenfolge 
stellt Poebel folgendes Schema auf: Regierendes 
Nomen + beschreibendes Adjektiv / beschreibender 
Genetiv + Possessivpronomen / possessiver Gen. 
+ Demonstrativpronomen / Interrogativprono- 
men / indefinites Pr. + Pluralement + Dimen- 
sionalelement®. | 

Für die Untersuchung über die Personal- 
pronomina ist der Text HGT 152 von grösster 


1 Beachte besonders die abfallbaren (verklingenden) 
Endkonsonanten, welche vor Konsonanten und am Schluss 
eines Komplexes abfallen, vor Vokalen aber sich halten 
z. B. mamu(d) „Traum“, hierzu ma-mu-zu „dein T.“: 
8a-ma-mu-da-ka <8a-mamu(d)-a(k)-a „im T.“; 
6-lugal-la <6-lugal-a(k) „das Haus des Königs“: 
é-lugal-la-ka <6-lugal-a(k)-a „im H. d. K“; an- 
ki-bi <an-ki-bi(d) „Himmel und Erde“: an-ki-bi-da 
<an-ki-bi(d)-a(k) „des H. und der E.“. Ferner die 
Verdoppelung von nicht abfallbaren Endkonsonanten bei 
manchen Nominibus z. B. dingir-ra-ni (neben dingir- 
a-ni) „sein Gott“, numun-na-ni (neben numun- 
a-ni) „seine Nachkommeuschaft“; aber nur 6-gal-la- 
ni „sein Palast“ und nin-a-ni „seine Herrin“ (wohl 
gall, nin’). 

2 Wenn das modifizierende Element mit einem Vokal 
beginnt und das regierende Nomen auf einen solchen 
endigt z. B. lù <lu-e „der Mann“ (dagegen lü-e 
„dieser M.“). Als Beispiele für das Lokativelement a 
vgl. kadingirrakl „in B.“: girsuki-a in G.“ und 
upiki-a „in U.“; jedoch uru-ma <uru-mu-a „in 
meiner Stadt“ und ebenso uru-za <uru-zu-a „in 
deiner S.“, uru-na <urn-ni-a „in seiner S.“ (daneben 
auch uru-ni-a), ü-ba <ü-bi-a „damals“ (daneben 
auch ü-bi-a). — Das Genetivelement a(k) und die 
Possessivsuffixe a-ni und a-ne-ne verlieren nach einem 
Vokal ihr a; z. B. dumu-ni <dumu-a-ni „sein Sohn“, 
SA-uru-ka <S&A-uru-alk)-a „in der Stadt“; aber die 
Possessivsuffixe werden bei folgendem a(k) zu mà, za, 
a-na und ba. 

s Beispiele: lugal-kala(g)-ga-sü „zu dem 
mächtigen König“, lugal-nig-gi(n)-na-5ü <lugal- 
nig-gi(n) -a(k)-3u „zum König des Rechts“ (die- 
selbe Stellung in der Reihe wie der beschreibende 
Genetiv nimmt auch der beschreibende Relativsatz ein, 
z. B. lü-é-bi-mu- un-dũ-a-zü „zu dem Mann, der 
jenen Tempel erbaut hat“), 6-mah-mu-3ü „zu meinem 
erhabenen Tempel“, 6-gir-suki-ka-ni Cé-gir- su 
kl.a(k)-a-ni „sein Tempel von Girsu“, 6-mah-lugal- 
la-8u <6-mah-lugal-a(k)-$Süu „zum erhabenen Tempel 
des Königs“, dingir-gal-gal-an-ki-bi-da-ge-ne 
<dingir-gal-gal-an-ki-bi(d)-a(k)-e-ne „die grossen 
Götter von Himmel und Erde“, 6-gal-lugal-urim 
ki-ma-ka-ka < 6-gal-lugal-urimk!-a(k)-a(k)-a „im 
Palast des: Königs von Ur“. 


Orieutalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 9/10. 


Wichtigkeit; er gibt nämlich ausser Beispielen 
von Demonstrativpronomina eine Anzahl solcher 
von Personalpronomina. Nach Umschrift und 
Uebersetzung desselben bringt Poebel in hoch- 
willkommener Weise die Formen der Personal- 
pronomina in extenso: Nominativ (alleinstehend: 
einfache und erweiterte Formen; enklitisch: 
einfache Formen nach dem Verbum [einerseits 
beim Präsens-Futur, anderseits beim intransitiven 
Permansiv] und nach dem Nomen, erweiterte 
Formen mit Verbum und mit Nomen; infigiert - 
beim Praeteritum und beim aktiven Permansiv), 
Genetiv (alleinstehend und enklitisch), Lokativ 
(alleinstehend) und Dativ (alleinstehend und 
infigiert). Daran schliesst sich eine ausführliche 
Analyse der Personalpronomina. 


Die in dem Abschnitt über das sumerische 
Verbum vorgebrachten Ansichten hat Poebel in 
seinem Aufsatz „Das Verbum im Sumerischen“ 
ZA 21, 216 ff. bereits in ihren Grundzügen 
ausgesprochen. Bekanntlich nimmt Poebel an, 
dass die sogenannten Verbalpräfixe zur Be- 
zeichnung der Tempora und der Aktionsarten 
des Verbums dienen. Ob bzw. inwieweit diese 
Annahme zu Recht besteht, darüber begegnen 
uns bei den Assyriologen die verschiedensten 
Ansichten. Nicht zu leugnen ist indes, dass 
Poebel durch seine geistreichen und gehalt- 
vollen Ausführungen dieser Annahme einen sehr 
hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu verleihen 
imstande ist. Aufjeden Fall hat der Sumerologe 
die Pflicht, Poebel's grammatische Unter- 
suchungen, die mit zu dem Besten gehören, 
was über sumerische Sprache geschrieben worden 
ist, zum Gegenstand eingehenden Studiums zu 
machen. 


Weindler, F.: Geburts- und Wochenbetts-Dar- 
stellungen auf altägyptischen Tempelreliefs. 
Ein Beitrag zur prähistorischen Urgeburtshilfe an der 
Hand von 16 Originalaufnahmen in Lichtdruck und 
12 Abb. im Text. III, 41 S. Lex. 8°. M. 7 —. München, 
Beck 1915. Bespr. von Walter Wreszinski, Königs- 
berg i. Pr. 

Den Hauptinhalt der Abhandlung bildet die 
Erklärung der Bilderserien aus den Geburts- 
häusern von Derelbahri, Luxor und Philae, die 
in guten Lichtdrucken wiedergegeben sind. Zur 
Ergänzung bat der Verfasser Darstellungen 
aus Dendera und Erment, sowie etliche lite- 
rarische Notizen herangezogen, aber er zeigt 
sich bei alledem und noch mehr bei den zahl- 
reichen Exkursen als völliger Dilettant. Als 
solchen erweist ihn übrigens schon gleich der 
famose Untertitel, denn welcher mit dem ägyp- 
tischen Altertum auch nur halbwegs Vertraute 
würde so naiv sein, aus diesen Bilderreihen, 
die einer mythischen Fiktion Ausdruck ver- 
leihen, und deren älteste aus der Mitte des 


243 


2. Jahrtausends stammt, „einen Beitrag zur 
prähistorischen Urgeburtshilfe* zu verfassen. 

Auf Einzelheiten einzugehen, erübrigt sich 
unter diesen Umständen. 


Hell, Joseph: Die Religion des Islam. I: Von 
Mohammed bis Ghazali. Aus den Grundwerken übers. 
u. eingeleitet. XIX, 154 S. 8°. M.4—; geb. M. 5.20. 
Jena, Diederichs, 1916. Bespr. von Hans Rust, 
Königsberg i. Pr. 


Der Erlanger Semitist bietet hier dem Re- 
ligionsgeschichtler eine lehrreiche Auswahl 
islamischer Quellen in deutscher Uebersetzung, 
wodurch die meisten dieser Quellen für weitere 
Kreise überhaupt erst zugänglich und verwertbar 
geworden sind. Eine knappe Einleitung gibt 
einen orientierenden Ueberblick über die Ge- 
schichte der muslimischen Theologie und die 
Stellung der mitgeteilten Quellenstücke inner- 
halb derselben. Anmerkungen enthalten weitere 
Erläuterungen. Doch möchte ich einige Wünsche 
aussprechen, welche vielleicht bei der Her- 
stellung des 2. Bandes oder einer 2. Auflage 
berücksichtigt werden können. Die Auswahl 
der lehrreichsten Koranstellen ist gewiss schwie- 
rig; aber ein Kapitel etwa unter der Ueber- 
schrift „Der Prophet“ trüge zur Vollständigkeit 
bei, ohne dass das Buch stark anzuschwellen 
brauchte; denn gerade der Abschnitt über den 
Koran enthält sehr viel weisses Papier. Ein 
Auszug aus den Hadithsammlungen wäre trotz 
ihrer anerkannten Unechtheit von hohem Wert, 
da dieselben wenigstens im sunnitischen Islam 
auktoritative Gültigkeit besitzen. Endlich wäre 
vielleicht eine Probe des mu tazilitischen Denkens 
sowie ein Stichwortregister erwünscht. 


Die beiden „sasanidischen“ 
(Grundlagen zur seldschukischen 


Glück, Heinrich: 
Drachenreliefs. 
Skulptur). Mit fünf Tafeln. (Publikationen der Kaiser- 
lich Osmanischen Museen IV.) 64 S. gr. 80. 12 Piaster. 
Konstantinopel, Selbstverlag der Kais. Osm. Museen, 
1917. Bespr. von Otto Schroeder, Berlin-Lichterfelde. 

Die beiden in graublauen Marmor geschnit- 
tenen Reliefs, denen vorliegende Publikation 
gewidmet ist, sind seit 1889 bekannt, wo Strzy- 
gowski sie bei einem Konstantinopler Antiken- 

händler entdeckte. Seit 1916 befinden sie sich im 

Osman. Museum (Nr. 1163. 1164). Dargestellt 

sind auf dem Reliefpaar als antithetische Gruppe 

zwei Fabelwesen: pfauenschwänzige Drachen, 
wie sie sich öfters auf Seidenstoffen und bei 

Metallplastiken finden. Das Relief ist ziemlich 

tief in den Stein eingeschnitten ohne nennens- 

werte Verflachung der Modellierung. Daher 
hebt sich das Bild wirkungsvoll hell von dem 
tiefliegenden und somit dunkel erscheinenden 

Untergrund ab, eine Wirkung, die offenbar be- 

absichtigt war. Die Platten dienten nämlich 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 9/10. 


244 


halb der Türöffnung einer Mauer. Ueber 
Herkunft und Entstehungszeit der Bildwerke 
war mangels einer Beischrift bisher nichts 
Sicheres bekannt; gewöhnlich wurden sie für 
sasanidisch gehalten. Auf Grund eingehender 
Prüfung von Material, Technik und Bild ent- 
scheidet sich Glück dahin, dass die Drachen- 
reliefs seldschukischen Ursprungs sind und ver- 
mutlich aus Konia von einem Bauwerk der Zeit 
des Ala-eddin (um 1220) stammen. — Die Tafeln 
am Schluss des Heftes bringen Abbildungen 
der beiden Reliefs sowie von parallelen Dar- 
stellungen. 


Peez, Carl von: Ein türkischer Grossvezier aus 
Graz. Ein türkisch-deutsches Kulturbild aus dem 
16. Jahrhundert. (S.-A. aus der Reichspost.) 42 S. mit 
1 Abb. gr. 8°. M. — 85. Wien, Manz 1916. Bespr. von 
R. Hartmann, Kiel. 

Was Ahmed Pascha, der 1579/80 unter 
Muräd III. sechs Monate Grossvezier war, der 
Ehre einer besonderen Biographie teilhaftig 
werden lässt, ist eben der Umstand, dass er 
aus Graz stammt. Da von ihm selbst nicht 
allzuviel zu berichten ist, so werden auch, 
soweit die Quellen das erlauben, seine Kinder, 
sein Schwiegersohn Cigalazäde, seine Enkel, ja 
auch seine viel bedeutenderen Schwiegereltern 
vorgeführt. 

Der Verfasser behandelt seinen Stoff mit 
grossem Fleiss und unverkennbarerLiebe. Wenn 
ihm auch türkische Dinge etwas fern zu liegen 
scheinen und die Darstellung oft etwas an die 
Naivität älterer, zeitgenössischer Berichte an- 
klingt, so hat er doch das Verdienst, den Lesern 
eine unschätzbare Quelle, des trefflichen Bot- 
schaftspredigers Gerlach Tagebuch, nahe zu 
bringen, das eigentlich selbst längst eine Wieder- 
belebung verdient hätte. Eben diese Quelle 
gewährt einen überraschenden Einblick in das 
Schicksal der abendländischen, besonders der 
deutschen Renegaten in der türkischen Haupt- 
stadt. 

Schon Jahrhunderte vorher waren gelegentlich 
Deutsche in das Gebiet des Islam verschlagen 
worden. Teils waren sie als Gefangene’nach dem 
Osten gekommen. Teils war es die Not oder Aben- 
teurerlust, die sie, wie heute in die französische 
Fremdenlegion, einst in den Dienst eines mus- 
limischen Herrn trieb. So konnte die Fama 
schon den ägyptischen Mamlükensultän Lägin, 
wenn auch gewiss ohne Grund, zum Deutschen 
stempeln. So ist in Wahrheit der wackere 
bayrische Reitersmann Johann Schiltperger 
nach der Schlacht von Nikopolis im Gefolge 
Bäjezids geritten, und als über den ein Grösserer 
kam, hinter Timur. Das mag noch öfter vor- 
gekommen sein, wenn es auch den andern nicht 


als architektonischer Schmuck vermutlich ober- |wie ihm vergönnt war, der Heimat wieder- 


246 


gegeben, die Abenteuer der Fahrt zu erzählen. 
Erst als der Islam unmittelbarer Grenznachbar 
des Deutschen Reiches ward, ging die Zahl 
dieser Verschlagenen in die Hunderte. Selt- 
same Schicksale lässt Gerlachs Bericht, den 
v. Peez hier mit Recht viel zu Wort kommen lässt, 
erkennen und ahnen. Grosse Herren waren da- 
runter, wie der Grossvezier aus Graz; zahllos 
mag die Menge derer sein, die auch am Goldenen 
Horn das grosse Gliick nicht fanden und spurlos 
untergingen. Merkwiirdige Gestalten waren 
gewiss genug dabei, wie der merkwiirdigste 
unter allen, von denen wir wissen, der auch 
von v. Peez erwähnte Heidelberger Theologe 
Adam Neusser, den später ein Lessing einer 
Ehrenrettung wert erachtete. | 


Anrich, Gustav: Hagios Nikolaos. Der heilige Niko- 
laos in der griechischen Kirche. Texte u. Untersuchgn. 
2. Band. Prolegomena, Untersuchungen, Indices. Mit 
Unterstützung der Cunitz-Stiftung in Strassburg. (XII, 
592 S.) gr. 8°. M. 24—; geb. M. 26—. Leipzig, 
B. G. Teubner, 1917. Bespr. von C. Fries, Berlin. 

Der erste die Texte enthaltende Band erschien 

1913 und wurde hier angekündigt. Der durch 

seine Forschungen über das antike Mysterien- 

wesen bekannte Verfasser hat sich mit aller 

Energie auf die byzantinische Forschung ge- 

worfen, von der man mit Aeschylus sagen kann: 

qr Sahacoa, tis dé viv xatacféoe. Uebrigens 
ist der Verfasser mit der Drucklegung seines 

Werkes auch ein Opfer des Weltkrieges ge- 

worden, das Buch erschien wegen technischer 

Schwierigkeiten ein Jahr zu spät. Die Prole- 

gomena besprechen die Viten und Enkomien 

des Heiligen in bezug auf Handschriften, Quellen 
und Ausgaben mit umfänglicher Akribie. Den 
grössten Raum nehmen die „Untersuchungen“ 
ein. Zunächst wird Nikolaos von Sion be- 
handelt und das Element des Wunderbaren 
und die religiöse Eigenart der Vita festgestellt. 

Dann folgt Nikolaos von Myra, dessen Viten 

und Preisungen, Wundersammlungen und wirk- 

liche Geschichtein extenso dargestellt sind. Noch 
eingehender wird Nikolaos von Myra besprochen, 
dessen Wunder dem Mythologen gewiss etliche 

Anregungen bieten, Beiträge zu der anerkannten 

Tatsache, dass in der Kirchenlegende ein gut 

Teil antiker Sage eingekapselt erhalten ist, — 

Es handelt sich bei dem Werke wieder um ein 

Specimen des unvergleichlichen deutschen 

Forschergeistes, der auch hier mit eiserner 

Energie jedes Hindernis forträumt und mit 

wahrer Andacht zum Subtilen und Einzelnen 

das Ganze um so sicherer fundiert. Die Be- 
urteilung eines solchen Werks ist nur wenigen 
oder nur dem möglich, der die ganze hier ge- 
leistete Riesenarbeit „noch einmal denkt“, 
jedenfalls wird man dem Verfasser einen un- 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 9/10. 


246 


endlichen Fleiss und eine gewaltige Gelehrsam- 
keit nicht absprechen können. Die von ihm 
aufgeworfene Frage, „ob die Ergebnisse der 
aufgewandten Mühe entsprechen“, wird man 
ohne weiteres bejahen und das Märchen von 
der „Wissenschaft des nicht Wissenswerten“, 
das man vor einiger Zeit auftischen zu müssen 
glaubte, auf einen möglichst engen Bezirk zu- 
sammenschrumpfen lassen, Aurich dagegen für 
die um die byzantinische Hagiographie erwor- 
benen Verdienste wärmsten Dank wissen, zumal 
auch die Theologie, die Kulturgeschichte und 
christliche Archäologie hier reiche Ernten halten 
können. 


Hasenelever, Adolf: Geschichte Aegyptens im XIX. 
Jahrhundert. 1798—1914. (XV, 497 S. m. 1 Karte.) 
gr. 8°. M. 15—; geb. M. 16.50. Halle, M. Niemeyer 
1917. Bespr. von Moritz Sobernheim, Berlin. 

In der Einleitung bezeichnet der Verfasser 
es als seine Absicht, uns eine Darstellung der 
politischen Entwicklung des Pharaonen-Landes 
unter Muhammed Ali und der von ihm be- 
gründeten Dynastie bis zu unseren Tagen zu 
geben. Diese Aufgabe, die politische Ent- 
wicklung zu schildern (der Titel des Buches 
ist irreführend) hat er in vorzüglicher Weise 
gelöst. Wie wir sehen, beschreibt er weniger 
die Geschicke des Landes und die geschichtlichen 
Ereignisse, sondern geht mehr auf die Ein- 
wirkung der europäischen Mächte, sowie auf 
die Beziehungen Aegyptens zum Sultan als 
Oberlehnsherrn ein. Sein Material ist reich- 
haltig. Er hat nicht nur die offiziellen Akten, 
sondern auch Briefe und Tagebücher der Staats- 
männer zugezogen, verzichtet aber von vorn- 
herein auf orientalische Quellen, die, soweit 
sie in Zeitungen und Privatkorrespondenzen 
vorhanden sind, noch der Untersuchung harren. 
Was sonst in diesem Augenblicke vielleicht am 
meisten interessiert, ist die Rolle, die England 
in der Geschichte Aegyptens gespielt hat. Wir 
sehen, wie klar und zielbewusst dieses Reich 
sein Augenmerk auf das Nilland gerichtet hat, 
nachdem es durch die napoleonische Expedition 
mit den europäischen Staaten in unmittelbare 
Berührung gekommen ist. Englands Einfluss und 
Frankreichs Unentschlossenheit und Schwäche 
sind zum grössten Teil Schuld daran, dass 
Muhammed Ali, der Begründer der Dynastie, 
am Ende seines Lebens die Pläne nicht hat 
ausführen können, die er in zielbewusster 
energischer Weise mehr als 30 Jahre verfolgt 
hatte. Allerdings zieht nach unserer Auffassung 
der Verfasser nicht genügend in betracht, dass 
die Verwaltung von Syrien durch seinen Sohn 
Ibrahim Pascha, wenn sie auch in mancher Be- 
ziehung zu der damaligen türkischen Miss- 


247 


wirtschaft einen Fortschritt bedeutete, die 
Syrer ebenso wenig befriedigt, und seine Herr- 
schaft infolge dauernder kleiner Aufstände 
niemals dort feste Wurzeln gefasst hat. Die 
Hauptgründe dafür sind wohl der harte Steuer- 
druck, der auch die Aermsten traf, die ge- 
waltsame Rekrutenaushebung, die willkürlich 
ohne Schonung betrieben wurde, die Versorgung 
des Heeres durch Getreide, das man der Be- 
völkerung entzog, die Konfiskation von Last- 
tieren und Vieh ohne System und gerechte 
Entschädigung. Auch die allgemeine Ent- 
waffuung bat sicherlich Hass erregt, daher die 
dauernden Aufstände in Palästina und im No- 
sairier Gebirge. Uebrigens kann ein endgiltiges 
Urteil über Ibrahim Paschas Verwaltung noch 
nicht abgegeben werden, da wichtige Berichte 
über diese Zeit unveröffentlicht in der Bibli- 
othek von Cambridge liegen. Immerhin ist es 
aber sicher, dass, wenn er es erreicht hätte, 
die Einwohner Syriens und Palästinas zu ge- 
winnen, seine Stellung doit eine viel festere 
gewesen ware. Was Muhammed Ali anlangt, 


Orieutalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 9/10. 


248 


über das Taubenschiessen in den Dörfern an 
die englische Regierung ergangen, weil damit 
eine grosse Belästigung der Einwohner und 
Schädigung ihrer Felder verbunden war. Des- 
halb hatte zu Beginn des Jahres 1906 die 
englische Regierung den Offizieren das Tauben- 
schiessen ein für allemal streng untersagt. Es 
bat sich später ausserdem herausgestellt, dass 
der englische Offizier nicht an den Folgen der 
der Misshandlung seitens der Fellachen, sondern 
an denen eines Sonnenstiches gestorben ist. 
Nicht unerbittliche Strenge, sondern Gerechtigkeit 
war geboten. Ein gerechtes Urteil hätte das 
Land beruhigt, und es hätte sicherlich einen 
grossen Eindruck auf die Araber gemacht, wenn 
auch die englischen Offiziere zu einer, wenn 
auch verhältnismässig leichten Strafe wegen 
Uebertretung des Schiessverbotes herangezogen 
worden wären. Das Land atmete erleichtert 
beim Weggange Cromer's auf, der, wie der 
Verfasser mit Recht sagt, eigentlich nur über 
den Vorteil Englands wachte. Die Baumwolle, 
deren Anbau in wenig volkswirtschaftlicher 


so hat er zweifellos, wie auch der Verfasser | Weise die Pflege des Getreidebaues immer 


zugibt, seine Kräfte nicht richtig eingeschätzt. 
Aegypten und Syrien verarmten unter ihm und 
verloren infolge der dauernden Kriege kostbares 
Menschenmaterial. Mit Recht betont der Ver- 
fasser, dass, da Nachkommen der kriegstüchtigen 
Mameluken und nicht die ägyptischen Ein- 
geborenen als Offiziere verwendet wurden, die 
Armee damals bedeutend höher einzuschätzen 
ist, als in späteren Zeiten. Wie Muhammed 
Alı von Frankreich im entscheidenden Moment 
im Stiche gelassen wurde, so wiederholte es 
sich auch mit Ismael Pascha, sowie dem jetzt 
regierenden Khediven Abbas II. Ausführlich 
schildert der Verfasser, wie der Letztgenannte 
bestrebt war, sich selbständig zu machen und 
wie bei jeder Gelegenheit Lord Cromer ihn zu 
demütigen suchte, und hier möchte ich noch 
ergänzen, dass, als im Jahre 1894 der Khedive 
Kritik an dem zweiten Sudanesen-Bataillon 
übte, es wiederum der französische General- 
konsul Marquis de Reverseaux war, der, anstatt 
ihn zu bestärken, ihn zum Nachgeben gegen 
den allgewaltigen englischen Generalkonsul über- 
redete. Maher Pascha der damalige Unterstaats- 
sekräter im Kriegsministerium war sicherlich 
kein Engländer-Freund, und der Posten des 
Gouverneurs von Port-Said, den er erhielt, 
wurde wie eine Verbannung aufgefasst. 

Lord Cromer's Abgang von Aegypten rührte 
m. E. zum Teil von der Denschawi-Angelegenheit 
her. Die Härte des Gerichtsurteils war um so 
schlimmer, als sich die englischen Offiziere 
vollkommen im Unrecht befanden. Seit Jahren 
waren bewegliche Klagen seitens der Fellachen 


mehr verdrängte, durfte nicht einmal im Lande 
verarbeitet werden, so dass einen grossen Teil 
der Gewinne die Fabrikanten in Manchester 
herauszogen. 

Sir Eldin Gorst war allerdings nicht der 
geeignete Mann zur Beherrschung Aczyptens. 
Schwäche kann der Orientale niemals vertragen. 
Das Attentat auf Butrus Pascha war doch wohl 
eine Folge der Denschawi-Angelegenheit und 
hat äusserlich wenigstens keine so grosse Er- 
regung in Kairo erzeugt. Lord Cromer hat 
nicht verstanden, die Tüchtigkeit des Khediven, 
den der Verfasser wohl nicht mit Recht als 
nunmehrigen Entente-Freund hinstellt, (wenig- 
stens lässt sein letzter Besuch im Oktober 1917 
in Konstantinopel und sein Besuch im deutschen 
Hauptquartier 1918 nicht darauf schliessen) 
für das Land heranzuziehen. Beleidigt durch 
das hochfahrende Benehmen des Engländers, hat 
sich der Khedive nur noch seinen eigenen 
landwirtschaftlichen Interessen gewidmet, und, 
wenn er sich zur Zeit, als Sır Eldin Gorst 
Generalkonsul war, mehr den Regierungsge- 
schäften zugewendet hat, fand er unter dem 
harten Regiment Lord Kitchener’s kaum mehr 
Gelegenheit dazu. Für die Franzosen wäre es 
ein leichtes gewesen, ihren grossen Einfluss und 
ihre Beliebtheit in Aegypten zu behalten, wenn 
sie noch im Jahre 1882 eine entschlossene und 
weitherzige Politik getrieben und nicht Aegypten 
an die Engländer verraten hätten. 

Wir müssen dem Verfasser danken, dass er 
in interessanter, fliessender Weise an einem 
Musterbeispiel gezeigt hat, wie zielbe wusst und 


249 


für die Freiheit der Völker gefährlich die 
englische Politik im XIX. Jahrhundert gewesen 
ist (s. auch das umfangreiche, ausgezeichnete 
Kapitel über den Verlust und die Wieder- 
gewinnung des Sudans). Seine Schilderung, 
gestützt auf reiches Quellenmaterial ist durchaus 
überzeugend, und, wo er von früheren Autoren 
abweicht, können wir uns seinem Urteil stets 
anschliessen. 


Sprechsaal. 


Zu OLZ 1918 Sp. 205. 


Herr Prof. P. Jensen bittet festzustellen, dass er 
nach dem Referat über seinen Vortrag nicht von ab- 
soluter Ungeschichtlichkeit Mohammeds und des 
ven ihm Berichteten gerprochen habe, sondern das nach 
ihm, wie die Vorgeschichte, so die Geschichte Mohammeds 
nach der arabischen Ueberlieferung nur in der Haupt- 
sache ungeschichtlich sei; es werde eine entsagungs- 
volle Arbeit der Zukunft sein, das wirklich Geschicht- 
liche davon reinlich auszuscheiden. 

Hierzu bemerke ich, dass sich die ungenaue Fassung 
meiner Bemerkung darans erklärt, dass ich wegen des 
Zustandes meines rechten Auges damals von dem Referat 
nur durch Vorlesen Kenntnis nehmen und auf Grurd 
davon meinen Zusatz diktieren konnte. Ich bedauere, 
mich dabei nicht ganz korrekt ausgedrückt zu haben. 
Ich bätte auch, wie ich bei dieser Gelegenheit hinzu- 
fügen will, ausdrücklich darauf hinweisen sollen, dass 
nach Jensen, der die altarabische Sage, wie die sagen- 
haften Ueborlieferungen der Geschichte Muhammeds 
grossenteils auf unsere, hebräische Bibel zurückführe, 
die Uebereinstimmung mit babylonischen Parallelen 
lediglich sekundär, da durch die Bibel vermittelt, sei. 

Jensen teilt mir mit, dass auch er jadenchristlichen 
ag a des Islams in Erwägung ziehe, wie er es auch 
in kürzlich gedruckten Leitsätzen und Tabellen! aus- 
gesprochen habe. Dieses Zusammentreffen mit lange 
von mir gehegten Ideen freut mich sehr. 

F. E. Peiser. 


Rus gelehrten Gesellschaften. 


Acad. des Insor. et Belles-Lettres. Séance du 12. Oc- 
tobre 1917: Th. Reinach signale à propos de la corre- 
spondance, un curieux et symptomatique mémoire d'un 
professeur allemand, le Dr. Peiser, sur le IXe chapitre 
d’Isaie. Cet erudit soutient que le chapitre en question 
est le démarquage d’un pamphlet composé a la gloire 
du roi d’Assyrie Sargon, le destructeur de Samarie, par 
un prophète jérusalémite gagné à la cause de l'ennemi 
national. 

Unter den Inschriftenfunden von Khamissa (Algier) 
befindet sich eine heidnische Grabinschrift, die eine 
Paalmstelle entbält. 

Séance du 19. Octobre 1917: Tilho legt die Ergeb- 
nisse seiner wissenschaftlichen Forschungen zwischen 
Tschad und Nil vor. 
~ In den Sitzungen der Académie des Inscriptions et 
Belles-Lettres vom 13. Mai, 13. und 20. Juli 1917 verlas 
Pottier einen Bericht Dieulafoys über seine Ausgrabungen 
in der Hassan-Moscheezu Rabat (Marokko) im Jahre 1914/15. 
Dieulafoy berichtet darin zunächst über die Ausgrabungen 
und gibt dann eine detaillierte Beschreibung der Baulich- 


ı Wer war Muhammed? Leitsätze und Tabellen zu 
einem Kolleg über „Muhammed und das Judentum, Ge- 
schichte und Sage“. Ein Entwurf. Sommersemester 1918. 
Ale Manuskript gedruckt. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 9/10. 


— a ESS ů—ÄUE ni 


250 


keiten der Moschee, welche 12—15000 Menschen fassen 
konnte. Die Einzelheiten der Bauweise lehnen sich 
streng an die Tradition an, welche in ihren Grundlagen 
auf die ägyptische und akkadische Baukunst zurück- 
zuführen sei. Zu gleicher Zeit habe man sich bemüht, 
dem Ganzen unter Benutzung gewisser Typen des la- 
teinischen Okzidents das Aussehen einer Festung zu 
geben. Die Arbeiten an der Moschee seien im Jahre 586, 
die am Miuaret im Jahre 593 (= 1197 n. Chr.) begonnen 
worden. 

In der Sitzung vom 20. Mai teilte Scheil mit, dass 
St. Langdon im Museum der Universität Pennsylvania 
die zweite Tafel des Gilgamesch-Epos entdeckt habe. 

In der Sitzung vom 22. Juni besprach Moret eine 
neuentdeckte ägyptische Inschrift und wies auf ihre Be- 
ziehungen zu einem anderen Texte hin, der von einem 
grossen Prozesse handelt. Ein Eigentümer, der unter 
Ramses II. durch ein gerichtliches Urteil seiner Güter 
für verlustig erklärt worden war, erlangt sein Eigentum 
wieder durch einen Schiedsspruch der Statue des Königs 
Ahmes I., der damals etwa 300 Jahre tot war und einst 
das strittige Besitztum angelegt hatte. 

Am 27. Juli analysierte M. Schwab einen grossen 
Papyrus aus Kairo, der sich im Besitze von Th. Reinach 
befindet. Der Papyrus besteht aus sieben Abschnitten, 
die auf damals in Fostat (Vorstadt von Kairo) verban- 
delte Prozesse Bezug haben. Fünf dieser Abschnitte 
sind hebräisch abgefasst, zwei in arabischer Sprache; 
aber geschrieben in hebräischen Charukteren. Der eine 
davon erwähnt mehrfach als Zeitgenossen den Patriarchen 
sämtlicher jüdischen Gemeinden und ermöglicht dadurch 
die genaue Datierung des Dokuments. Von besonderem 
Interesse sind die Namen von bisher unbekanuten Per- 
sönlichkeiten und von ägyptischen und asiatischen Lo- 
kalitäten, die seither vom Erdboden verschwunden sind. 
Palßograpbisch wichtig sei die Schrift des Textes, die ein 
kurioses Mittelding zwischen Quadrat- und Kursivschrift 
darstelle. 

Am 10. August besprach Fr. Cumont eine griechische 
Inschrift, die zu Rom im Tempel der syrischen Götter 
auf dem Janiculus entdeckt worden ist. Die rätselhaften 
Verse dieser Weihschrift scheinen zu berichten, dass ein 
gewisser Gaionas, der sich „Richter der Gastmäler“ 
nennt, nahe dem Heiligtum einen Teich für die heiligen 
Fische angelegt habe, die für die liturgischen Mahlzeiten 
bestimmt waren. Die Teilnahme an diesen Mahlzeiten 
sicherte, so glaubte man, den Mysten eine göttliche 
Unsterblichkeit. 

Am 7. Dezember verlas H. de Villefosse einen Bericht 
über seine Ausgrabungen in der Basilika neben der St. 
Monika-Kirche in Kartbago. 

Am 14. Dezember berichtete Th. Reinach auf Grund 
einer Mitteilung von Mariani, dem Leiter der italienischen 
Ausgrabungen in der Cyrenaica, das daselbst kürzlich 
eine Statue des Eros mit dem Bogen entdeckt worden sei. 

Am 28. Dezember sprach Scheil über den Fischmarkt 
zu Larsa auf Grund von Texten aus der Hammurapi-Zeit. 
Die Dokumente lebreu uns die Namen ven 18 Fischarten, 
die teils stück-, teils körbeweise verkauft wurden. 

(Nach der Revue critique und dem 

Journal des Savants.) W. 


In der Juli-Sitzung der Berliner Akademie der 
Wissenschaften legte Wilamowitz-Moellenderf eine Arbeit 
über „Dichterfragmente aus der Papyrussammlung der 
königlichen Museen“ vor. Unter einer Anzahl kleinerer 
Sticke, meist aus dem 3. Jahrh. v. Chr., ragen hervor 
echte Verse des Tyrtaios, ein Stück einer auf den Einfall 
der Galater bezüglichen Elegie und eine Homer-Glosse, 
die ein aus unserem Torte verschwundenes unbekanntes 
Wort in der Odyssee bringt; daneben Verse des Anti- 
machos. W. 


251 


Mitteilungen. 


Die britische Akademie der Wisseuschafton errichtet 
in Jerusalem eino Archäologenschule, die speziell der 
Heranbildung tüchtiger Archäologen dienen soll. Man 
will vornehmlich die Erforschung altjüdischer, kanaani- 
tischer, griechisch-römischer, byzantinischer, arabischer 
und mittelalterlicher Altertümer pflegen. Für Mesopo- 
tamien ist die Schaffung eines ähnlichen Institutes 
geplant. W 


Personalien. 

Heinrich Winkler in Breslau ist zum ordentlichen 
Honorarprofessor für vergleichende Sprachwissenschuft 
ernannt worden. 

Matthias Gelzer, ord. Professor der alten Ge- 
schichte, ist von Greifswald nach Strassburg, 

C. F. Lehmann-Haupt als Ordinarius für alte 
Geschichte nach Innsbruck, 

Walter Kolbe als Nachfolger Gelzers nach Greifs- 
wald beruten worden. 

W. Radloff ist 81 Jahre alt in Petersburg gestorben. 


Zeitschriftenschau. 
-= Besprechung; der Beaprecher steht in (). 
American Journal of Archaeology. 1917: 
January-March. A. L. Frothingham, Ancient orientation 
unveiied. — General Meeting of the Archaeological In- 


stitute of America, December 27—29, 1916 (Vorträge: | ( 


G. L. Robinsou, Where archaeological investigation left 
off in Palestina and Assyria; C. C. Torrey, The Art of 
the Hairdresser in Ancient Babylonia). — Archaeological 
News, 1916 (July-December) Bruchstücke der „Höllen- 
fahrt der Ištar“ in suuerischer Sprache“. Hethitische 
Tonfunde in Syrivn u. a). 

Amtl. Ber. a. d. Kgl. Kunstsammlungen. 1918: 
XXXIX. 8 Sp. 180: Möller, Eine neue demotische Er- 
zählung. 

9. Aeg. Abt. Ankauf: Bronzegruppe des Osiris und seiner 
Familie. Vorderas. Abt. Ankauf: Altbabylon. Bronze. 
10. G. Möller, Bemalte Tongefisse (ägyptisch). C.Schuchart, 
Eine weibliche Bronzestatuette. 


Archives d’Etudes Orientales. 1916: 

2. J. Kolmodin, Traditions de Tsazzega et Hazzega. 
Traduction francaise. 

Archiv fiir Urkundenforschung. 1916: 

VI 1. H. Breslau, Internationale Beziehungen im Ur- 
kundenwesen des Mittelalters. 

Archiv f. Wirtschaftsforsch. im Orient. 1917: 
3/4. Junge, Studien zum Problem der Europäisierung 
orientalischer Wirtschaft. — Sussnitzki, Zur Gliederung 
wirtschaftlicher Arbeit nach Nationalitäten in der Türkei. 
— Littmann, Der Cairiner Strassenhandel in seinen Aus- 
rufen. — Schulman, Zur Seidenindustrie in Syrien. — 
Frech, Geologie Kleinasiens im Bereich der Bagdadbahn 
(Berg). — *Schulz, Die Welt des Islam (H. Tillmann). 
— *Hedin, Bagdad-Babylon-Ninive (H. Tillmann). — 
Fliegenschmidt, Deutschlands Orientpolitik im ersten 
Reichsjahrzehnt 1870—1880 Teil I: 1870—1876 (J. Has- 
hagen). — *v. der Nahmer, Deutsche Kolonisationspl&ne 
und -erfolge in der Türkei vor 1870 (H. Tillmann). 

Berliner Philologische Wochenschrift. 1918: 
1. *M. Radin, The Jews among the Greeks and Romans 
(Liebenam)...[3—6 sieh Sp. 156.] 

8. *M. Streck, Seleucia and Ktesiphon (Hartmann). 

9. Thomsen, Palästina und seine Kultur in fünf Jahr- 
tausenden (Beer). 

11. J. Weiss, Das Urebristentum — hrsg. ven R. Knopf 
(Boltau). 

15. M. Thilo, Die Chronologio des AT (Thomsen). 

16. *E. Leuken, Der Eiufluss Aegyptens auf Palästina 


Orientalistische Literaturseitung 1918 Nr. 9/10. 


252 


auf Grund der in Palästina gemachten Ausgrabungen 

(Thomsen). 

17. *P. Thomsen, Die römischen Meilensteine der Pro- 

vinzen Syria, Arabia und Palästina 1 — *r. 

Stähelin, Die Philister (Thomsen). — L. Dürr, Ezechiels 

Vision von der Erscheinung Gottes (Ez. c. 1 u. 10) im 

Lichte der vorderasiatischen Altertumskunde (Duensing). 
Deutsche Literaturzeitung. 1918: 

ib. *3. Eitrem, Beiträge zur griechischen Beligions- 

geschichte (A. Abt). 

18. °F. Weindler, Geburts- und Wochenbettdarstellungen 

auf altägyptischen Tempelreliefs (1. Möller). — P. R. 

Krause, Die Türkei, 2. Aufl. (K. Philipp). 

19. *B. Kellermann, Der ethische Monotheismus der 

Propheten und seine soziologische Würdigung (O. Eisefeldt.) 


20/21. Dibelius, Die Heilandsgestalt des Johannes Evan- 
geliums. 
24. L. Dürr, Ezechiels Vision von der Erscheinung 


Gottes (Ez. c. 1 u. 10) im Lichte der Vorderasiatischen 
Altertumskunde (H. Gressmann). 

Bnglish Historical Review. 1917: 
January. *G. W. Botsford and E. G. Sihler, Hellenic 
Civilisation (Cunningbam). — *H. A. Gibbons, The Foun- 
dation of the Ottoman Empire (T. W. Arnold). 
April. W. Miller, Salonika. — *C. Jullian, Les Anciens 
Peuples de l'Europe (H. 8. J.). 
July. C. Lattey, The Diadochi and the Rise of King- 
Worship. — *Ohronicle of John Bishop of Nikiu. Trans- 
lated from Gotenbergs Ethiopic text by R. H. Charles 
E. W. Brooks). 
October. *H. Temperley, History of Serbia (W. Miller). 


Journal of Egyptian Archaeology. 1916: 
Vol. III: Gardiner, The Egyptian origin of the semitic 
alphabet. — Cowley, The origin of the semitic alphabet. 
— Griffith, Meroitic studies. — Blackman, Libations to 
the Dead in modern Nubia and ancient Egypt. — Dalton, 
A Coptic well-painting from Wadi-Sarga. — Hall, A 
comparison of Chinese and Egyptian tomb-sculptures. — 
Egypt at the British association 1915. — The Eckley 
B. Coxe jr. Expedition. — James Dixon [Nachruf]. — 
Gaselee, Bibliography: Christian Egypt. — 3 engraved 
plaques in the collection of the Earl of Carnarvon. — 
Milne, Greek and Roman tourists in Egypt. — Gunn, 
The religion of the poor in ancient Egypt. — Gardiner, 
The defeat of the Hyksos by Kamose: The Carnarvon 
Tablet I. — Mackay, Nete on a new tomb (No. 260) at 
Drah abu’l Neggah, Thebes. — Seligman, The Uas 
sceptre as a Bedouin camel stick. — Crompten, 2 clay 
balis in the Manchester Museum. — Bell, Bibliography 
Graeco-Roman Egypt Papyri. — Carter, Report on the 
tomb of Amenhetep I. — Clarke, Ancient Egyptian 
frontier fortresses. — Wells, A note on the fortress of 
Gazirat El-Malik. — Lyons, The temple at Mirgisse. — 
Gardiner, An ancient List of the fortresses of Nubia. — 
Griffith, A tourists collection of 50 years age. — Black- 
man, Some remarks on an emblem upon the head of an 
ancient Egyptian Birth-goddess. — Milne, The organi- 
sation of the Alexandrian mint in the reign of Diocletian. 
— Naville, Sir Gasten Maspero. — Blackman, The 
Pharaos placenta and the Moon-god khons; The ka-house 
and the Serdab. — Griffith, An omphalos from Napata. 
— Gardiner, A stele of the early 18. Dyn. from Thebes. 
— Griffith, Bibliography Ancient Egypt. — Notes and 
News. — Notices of recent publications. — Bell, Last 
Lines, from the French of Jean Maspero. — List ef 
Plates etc. — Index. 


Literarisches Zentralblatt. 1918: 


1, *U. Molsen, David als religiöser und nittlicher Cha- 
rakter (E. König). — O. Dempwolff, Die Saudawe 
(B. Ankermann). 

9 


P. S. Landerrdorfer, Sumerisches Sprachgut im Alten 
[3, 4 sieh Sp. 157, 5 Sp. 207.] 


ome 


Testament (J. Herrmann). 


263 


6. *E. Sellin, Gilgal. Ein Beitrag zur Geschichte der 
Eivwanderung Israels in Palästina (E. König). — *E. v 
Hesse-Wartegg. Die Balkanstaaten und ihre Völker (G 
Weigand). — *Sardis. Publications of the American society 
for the excavation of Sardis. Vol. VI: E. Littmann, 
Lydian Inscriptions (Th. Kluge). 
7. *O. Fischer, Der Ursprung des Judentums im Lichte 
alttestamentlicher Zahlensymbolik (M. L. Bamberger). 
— *Wely Bey Bolland, Praktisches türkisches Lehrbuch; 
E en Grammatik der osmanisch-türkischen Sprache 
. B. ). 
10. G. Rudberg, Neutestamentlicher Text und Nomina 
sacra (E. Klostermann). — H. Meinhold, Geschichte des 
jüdischen Volks von seinen Anfängen bis gegen 600 
n. Chr. (Fiebig). — G. Bergsträsser, Sprachatlar von 
Syrien und Palästina (F. B.). 
11. *H. v. Soden, Die Schriften des Neuen Testaments 
in ihrer ältesten erreichbaren Textgestalt II (E. Herr). 
— A. Fischer, Zur Lautlehre des Marokkanisch-Ara- 
bischen (Brockelmann). 


12. K. Huber, Untersuchungen über den Sprachcharakter 
des griechischen Leviticus (E. P.). — *O. Schroeder, Kon- 
trakte der Seleukidenzeit aus Warka (E. Ebeling). — 
O. Wulff, Altchristliche und byzantinische Kunst (O. Pelka). 
13/14. *O. Fischer, Orientalische und griechische Zahlen- 
symbolik (S. Krauss). — J. Kaerst, Geschichte des 
Hellenismus, 2. Aufl. (E. v. Stern). 


Mémoires de la Soo. de Linguistique. 1916: 
XIX, 8. R. Gauthiot, Iranica (Parthische Lehnwörter 
im Aramäischen, u. a.); Quelques observations sur 
le mindjäni. — S. Levi et A. Meillet, Notes sur le 
koutchéen. — A. Meillet, Latin pluit et arménien hetum. 
4. L. Homburger, Le banton et le mandé. 

6. J. Imbert, De quelques inscriptions lyciennes. — 
A. Meillet, A propos de Thjučašma en vieux perse. 


Mitteilungen zur jüdischen Volkskunde. 1916: 
19, 1—4. A. Löwinger, Rechts und Links in der Bibel 
und Tradition der Juden. — N. M. Nathan, Hebräische 
Worte in der Frideböfer Kräme: sprache. 


Monde Oriental. 1916: 
X 2 ff. K. B. Wiklund, Om de västfinska folkens urhem 
och deras fiyttning därifrän. — S. Lönborg, AQXP. — 
F. Hestermann, Die Suffixe im Lykischen. — K. V. Zetter- 
stéen. Zum neupersischen barzaga. — J. Kolmodin, Abes- 
sinische Biicherverzeichnisse, Ä 
1918: XII I. A. Moberg, Zwei ägyptische wagfurkunden 
aus dem Jahre 691/1292. (Nebst Bemerkungen zur 
mittelalterlichen Topographie Kairos). — 8. Lindquist, 
Zum toyri-problem (Hypothese: toyr! = sogdisch). 

Muséon. 1916: 
16 Mars. A. Carnoy, La magie dans l'Iran. — L. H. 
Gray, Deux étymologies Mithriaques (1. Caut et Cauto- 
pat. 2. Navarz, Nabarz). — J. Toutain, Le culte du 
taureau Apis A Memphis sous l'empire Romain. — S. 
A. B. Mercer, The Ethiopic Litargy (A. V. H.). 

Neue Orient. 1918: 
II, 1. P. Dopping, Islamische Gastfreundschaft und 
Gastsitte. — E. Littmann, Der Fischer und sein Sohn. 
Ein Zaubermärehen aus Cairo. — *Idschtima'ijat Med- 
schmu'asy (M. Hartmann). — Der islamische Orient I 
Bd. I (G. Weil). 
II, 2. H. Habn, Russ. Turkestan u. s. Flüsse. — E. Litt- 
mann, Der Fischer u. eein Sohn. — S. Beck, Die Regierungs- 
organe d. osman. Reiches. 


3. Halil Halid Bey, Das Bildungsproblem in Anatolien. 
— M. Horten, Aus der Welt- u. Lebensauffassung d. 
türk. fahrenden Sänger. — M. Hartmann, Aus d. neueren 
osman. Dichtung (Hachtmann). 

4. M. Weinberg, D. theolog. Institut „Sealab Eddin Ejubi“ 


Nachträglich ausgezogen, sieh OLZ 1917, Sp. 61. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 9/10. 2.4 
zu Jerusalem. — S. Buck, D. Regierungsorgane d. osman. 
Reichs. 


h. W. Haas, Eine Ordensübung der Ammaria. — *I. 
Goldziber, D. muslim. Recht (M. Hartmann). — Türk 
Jurdu (M. Hartmann. ; 
6/7. R. F., Zur Bevölkerungsstatistik von Marokko. — 
p. Thomsen, Palästina u. s. Kultur (M. S.). — . 
Schulmann, Zur türk. Agrarfrage (E. Jenny). — °F. 
Schrader, Konstantinopel (M. Hartmann). 
8. S. Beck, Tschängi Dilawär, Ein türk. Märchen. 
9. 8. Beck, Tschängi Dilawär. — G. Leszezynski, Die 
Ruba'ijat des Babä Tahir-Uryan. — *Jeni Medschmua, 
Wochenschr. f. Wissenschaft, Kunst u. Moral (M Hartmann). 
10. Arslan Bey, England und der russische Islam. — 
M. Hartmann, Türken über Türken. Osmanische Dichter 
und Schöngeister. 
11/12. H. Altdorffer. Die etbnologischen Verhältnisse 
zwischen Wolga und Ural. — Enno Littmann, Erinnerungen 
an Naffa wald ‘Etman. — Martin Hartmann, Türken über 
Türken. 2. Hamduilah Subbi über alte und neue Os- 
manische Literatur. — C. Frank, Edebijat-i umũmije 
medsehmü'usy. 
Petermanns Mitteilungen. 1918: 
Jan./Febr. H. Hennig, Die Fertigstellung der Amurbalın. 
— Th. Perrot, Der westliche ptolemäische Nilquellsee 
und das ptolemäische Mondgebirge. — Monatsbericht. 
Forschungsreisen: O. v. Hentigs Expedition nach Af- 
ghanistan. Tilhos Reise vom Tschadsee nach dem Nil. 
Proo. of the Soc. of Bibl. Arch. 1917: 
XXXIX, 1. Th. G. Pinches, Some texts of the Relph 
Collection, with Notes on Babylonian Chronelogy and 
Genesis XIV. — M. Guster, Sumaritan Phylacteries and 
Amulete (Forts.). 
2. A. H. Gardiner, Professional Magicians in Ancient 
Egypt. — M. Gaster, Samaritan Phylacteries and Amu- 
lets (Forts.). : 
8. Th. G. Pinches, Some Texts of the Relph Collection 
(Forts.). — M. Gaster. A Codex of the Bible according 
to the Massora of Ben Naphtali and the Oriental Traditien. 
4. G. Jéquier, The most Ancient Representation of the 


Sign T. — Th. G. Pinches, Some Texts of the Relph 


Collection (Forts.). — W. T. Pilter, Index of the South 
Arabian Proper Names contained in the Corpus Inscr. 
Semit. Pars IV, fasc. 1—5. 
5. W. T. Pilter, Index... . (Forts.). — A. H. Gardiner, 
Postscripta (zu früheren Veröffentlichungen in P. 8. P. 
A.: 1. The Egyptian word for „dragoman“. 2. Hike’, 
the god of Magic. 3. Hu; Sia’. 4. Professional. Magi- 
cians). — M. Gaster, A Codex of the Bible ... (Forts.). 
6. W. T. Pilter, The Manna of the Israelites. — 8. 
Daiches, Babylonian Dog-Omens and some Talmudic and 
later Jewish Parallels. — M. Gaster, A Codex of the 
Bible . . (Forts.). — A. H. Sayce, A Stela found on 
the Site of Meroe (stellt dar einen König negroiden 
Aussehens im Kampfe, darüber eine griechische geflügelte 
Viktoria; Name des Königs: A-r-q-q-r-'-r q-). 
7. W. T. Pilter, The Manna of the Israelites (Forts.). 
— A H. Sayce, Assyrielogical Notes (Die Cherubim in 
Babylonien = Kirubi, u. a.). 

Revue d' Assyriologie. 1917: 
14, I. St. Langdon, Assyrian grammatical Texts (K. 4342. 
K. 245. K. 56 + 60. Sm 9). — J. Zuletzky. Deux cachets 
Hétéens inedits de la Bibl. Nat. — V. Scheil, Déchittre- 
ment d’un document Anzanite relatif aux présages 
II. G. Contenau, Les cylindres Syro-Hittites. — St. 
Langdon, Assyrian grammatical Texts (K 162 + 4204. 
K 2046. K 2061). — V. Scheil, Notules: XXII Fragment 
de tablette médicale. XXIII: La pierre GISSIRGALLUM. 
XXIV. Tablette mentionnant Gurigugu. XXV. Quelques 
signes originaux de l'écriture cunéiforme. XXVI. L'ex- 
pression „Qatam nasähu“ retirer la main. -- M. Pilet, 


265 


— —— un — — En a Se ey 


L'expédition scientifique et artistique de Mésopotamie 
et de Médie (1851—55). 

Revue Oritique. 1918: 
1. H. E. Butler and A. S. Owen, Apulei Apologia sive 
pro ev de magia liber, with introduction and commen- 
tury. — R. Basset, Mélanges et africains et orientaux 
(A. Bel). — *F. Macler, Autour d’Armenie (A. Meillet). 

Rivista degli Studi Orientali. 1916: 
VII, 1. H. Lammens, Mo’äwia II où le dernier des 
Sofianides. — E. Griffini, Lista dei manoscritti arabi, 
nuovo fondo, della Biblioteca Ambrosiana di Milano 
(Forts.). — G. Furlani, Contributi alla storia della filo- 
sofia greca in Oriente. Testi siriaci. — W. Förtsch, 
Sumerische Wirtschaftstexte. — B. Ferrario, Note di 
fonologia somäla. -- *R. Campani, Calendario arabo. 
Tabelle comparative delle Ere Araba e Cristiano-Gre- 
goriana mese per mere (Egira 1—1318) e giorno per 
giorno (E. V 1900—2000); G. Vernoni, Calendario dell’ 
Egira comparato ai calendari gregoriano e ebraico. De- 
cade dal 1331—1340, 1912—1922, 5673—5682 (C. A. 
Nallino). — *A. Deimel, Pantheon babylonicum; *E. F. 
Weidner, Alter und Bedeutung der babylonischen Astro- 
nomie und Astrallehre (B. Teloni). — The Oxford Survey 
of tbe British Empire ed. by Herbertson. Vol. 11: Asia 
including the Indian Empire (A. Ballini). — Bollettino: 
G. Farina, Antico Egiziano. 

Theologisches Literaturblatt. 1918: 
6. *Ed. König, Das Deuteronomium (W. Caspari). 
7. *M. Thilo, Die Chronologie des Alten Testamentes 
(W. Caspari) 
9. *Loofs, Wer war Jesus Christus? (Bachmann). — 
*Ubbink, Het eewige Leben bij Panlus (Stocks). 


Theologische Literaturzeitung. 1918: 
6/7. “Streck, Seleucia und Ktesiphon (Meissner). — 
*Haury, Das Eleusische Fest urspriinglich identisch mit 
dem Laubhüttenfest der Juden (Bischoff). — Eichrodt, 
Die Quellen der Genesis (Holzinger). — Wiener, The 
Date of the Exodus (Holzinger). — Mowinckel, Ezra 
dem Skriftlälde (Buhl). — Schwaab, Historische Ein- 
führung in das Achtzehngebet (Beer). 
8/9. *Boll, Sternglaube und Sterndeutung (Baudissin). 
— Fischer, Der Ursprung des Judentums im Lichte 
alttestamentlicher Zahlensymbolik (König). — -*Gunkel, | 
Esther (Bertholet). — Bass. Die Merkmale der israel. 
Prophetie nach dertradit. Auffassung des Talmud (Bischoff). 

Theologische Quartalschrift. 1917/18: 
1. A. Miller, Ein neuer Sündenfalls-Siegelzylinder? — 
E. Sellin, Gilgal. Ein Beitrag zur Geschichte der Ein- 
wanderung Israels in Palästina; W. Baumgartner, Die 
Klagegedichte des Jeremia (RieBler). 


Zur Besprechung eingelaufen: 


(* bereits weitergegeben) 


*Archiv für Wirtschaftsforschung im Orient II 3/4. 1917. 

*Kurt Hassert, Das TürkischeReich. Politisch,geographisch 
und wirtschaftlich Tübingen, J. C. B. Mohr (Paul 
Siebeck), 1818. M. 9 —. 

Achmed Emin, Die Türkei (Perthes’ kleine Völker- und 
Länderkunde zum Gebrauch im praktischen Leben. 
5. B.). Gotha, Friedrich Andreas Perthes A. G., 1918. 
M. 4 —. 

Moritz Freier, Luthers Busspsalmen und Psalter. Kri- 
tische Untersuchung nach jüdischen und lateinischen 
Quellen. (Beiträge zur Wissenschaft vom Alten 
Testament. hrsg. v. Rudolf Kittel. H. 24.) Leipzig. 
J. C. Hinrichs'sche B., 1918. M. 5—. 


* Rudolf Kittel. Kriege in biblischen Landen Friedrich 
Andreas Perthes, Gotha, 1918. M. 3—. 
Richard Förster, Briefe von J. J. Reieke. Nachtrag. 


Oriontalistische Literuturzeitung 1918 Nr. 9/10. 


256 


XXXIV. B. No IV.) Leipzig. B. G. Teubner. 1917. 
M. 2,36. 

‘Franz Lexa, Das Verhältnis der Existenz der Seele und 
des Leibes bei den Aeyyptern des alten Reiches 
(Auszug aus einer grösseren Abhdlg., die in, Tschechi- 
scher Akademie der Wissenschaften“ erscheinen wird). 

Zeitschrift für Kolonialsprachen. VIII 3. 

Le Monde Oriental XI 3, XII 1. 

*Georg L. Lesczyuiski, „Hikajat“. Persische Schourren. 
Aus dem Persischen übersetzt und mit Anmerkungen 
versehen. 1918, Verlag „der neue Orient“. Berlin. 

Hans von Mžik, Was ist Orient? 1918, Gerold u. Co., Wien. 

M. Horten, Die religiöse Gedankenwelt des Volkes im 
heutigen Islam. Lieferung II. Halle a. S., Verl. v. 
Max Niemeyer, 1918. M. 7 —. | 

*Karl Woermann, Geschichte der Kunst aller Zeiten und 
Völker. 2. Aufl. 3. Bd. Leipzig u. Wien, Biblio- 
graphisches Institut, 1918. M. 18 —. 

8. H. Ribbach, Vier Bilder des Padmasambhava und 
seiner Gefolgschaft (Mitt. aus dem Museum für 
Völkerkunde in Hamburg V = 6 Beiheft zum Jahr- 
buch der Hamburgischen Wissenschaftl. Anstalten 
XXXIV 1916). Hamburg, 1917. 

*Abbdign. zur Semitischen Religionskunde und Sprach- 
wissenschaft, Wolf Wilhelm Grafen von Baudissin 
überreicht (= Beihefte zur Zeitschrift für die AT 
Wissenschaft 33). Alfred Tölpelmann, Giessen, 1918. 
M. 22 —. 

Wilhelm Schubart, Einführung in die Papyruskunde. 
Berlin, Weidmannsche B., 1918. M. 16 —. 


Verlag der J. C. Hinrichs’sehen Buchhandlung in Leipzig 
Das Land der Bibel 


Gemeinverständliche Hefte zur Palästinakunde 


Im Auftrage des Deutschen Vereins zur Er- 
forschung Palästinas herausgegeben von Professor 
D. Dr. G. Hölscher 
Bisher erschienen: 


I, 1. Schwöbel, Dr. V., Die Landesnatur Pa- 


lästinas. 1. Teil. 56 S. 
2. Procksch, Dr. O., Die Völker Altpalästinas. 
41 8. 


3. Schwöbel, Dr. V., Die Landesnatur Pa- 
lästinas. 2. Teil. 52 S. 

4. Hartmann, Dr. R., Palästina unter den 
Arabern 632—1516. 53 S. 

5. Killermann, Dr. S., Die Blumen des hei- 
ligen Landes. Botanische Auslese einer 
Frühlingsfahrt durch Syrien und Palästina. 
1. Teil. 44 S. m. 6 Abb. auf Taf. 

6. — — 2. Teil. 35 S. m. 4 Abb. auf Taf. 

I. Band vollständig (= Heft 1—6) 1915. M. 3.60 


II, 1. Thomsen, D. P., Denkmäler Palästinas 

aus der Zeit Jesu. 39 8. 

2. Mickley, Paul, Arculf. Eines Pilgers Reise 
nach dem heiligen Lande (um 670) 1. Teil. 
42 S. Mit 4 Grundr. u. 2 Abb. 

3/4. — — 2. Teil. 64 S. 

5. Guthe, D. Dr.H., Die griechisch-römischen 

Städte des Ostjordanlandes. 44 8. 


(Abhdign. d. Phil. Hist. Kl. d. Kg! Sächs. G. d. W.| Preis jedes Heftes 60 Pf. und Teuerungszuschlag. 


Verlag u. Expedition: J. C. Hinrichs’seho Ruchbaudlung, Leipzig, Blamengasse 2. — Druck von Max Schmersow, Kirchhalo N.-I. 
Varantwortlieher Herausgeber: F. B. Pelser, Königsberg I. Pr., Goltz-Allen 11. 


Orientalistische Literaturzeitung 


Monatsschrift für die Wissenschaft vom vorderen Orient 


und seine Beziehungen zum Kulturkreise des Mittelmeers 
Herausgegeben von Professor Dr. F. E. Peiser, Königsberg i. Pr., Goltz-Allee 11 


Verlag der J. C. Hinrichs’schen Buchhandlung, Leipzig 


Blumengasse 2. 


21. Jahrgang Nr. 11/12 


Inhalt. 
Abhandlungen u. Notizan Sp. 257—282 


Hüsing, Georg: Kaspisches V: lata 
= Eheweib? . . . . . . 264 
Jirku, Anton: Der assyrische Name 
des Königs Benhadad III. von Da- 
mas kus. 42279 
Lehmann-Haupt, C. F.: Zur Er- 
mordung Sanheribs . 273 
Meissner, Bruno: Lexikographi- 
sches: 4. silir kunukki 272 
Schroeder, Otto: Ueber die ältesten 
Münzen 276 
Schultz, Wolfgang: Iranisches bei 
Berossos (Schluss) 257 


einen Schlauch 
Besprechungen 


Klein, Otto: 


Iranisches bei Berossos. 
Von Wolfgang Schultz. 


(Schluss). ' 


Die Sage von Omorka-Ohnetod lässt sich 
aber auch über Iran hinaus verfolgen i, wobei 
ibr (bei Berossos doch ziemlich verkümmerter) 
Bestand deutlicher wird und auch neues Licht 
fällt — auf die nordische Sage von Ymir. Aus 
Niflheim kömmt Eis, aus Muspelheim Feuer, 
beides begegnet einander in Ginnungagap und 
es entsteht aus der genau die Mitte haltenden 
Mischung der Zwitter Ymir (auch Aur-gelmir, 
„der gewaltige Brüller“; vgl. den Born Hwer- 
gelmir und zu Ymir den Hymir). Das ist, ins 
Grosse übertragen, die Vorstellung von der 
Zeugung bei Empedokles und im Bundahisn 
(S. o.), und auch Omorka ist mannweiblich, da 
sie allein Wesen zeugen kann und spiter in 
Himmel und Erde geteilt wird, die stets als 
Elternpaar aufgefasst wurden. Bald nach Ymir 
entsteht die Kuh Audumla, deren vier Milch- 
ströme den Riesen nähren; sie entspricht der 
Ziege Heidrün (zu der wieder Heidrekr reimen 
würde) und dem Hirsche Eikbyrnir, von dessen 
Geweih der Born Hwergelmir gespeist wird, 


1 Selbst bis Japan; vgl. Ukemoči im Nihongi (S. 70 


Florenz). | 
257 


Manuskripte und Korrekturen nach Königsberg. — Drucksachen nach Leipzig. 
Jährlich 12 Nrn. — Halbjabrspreis 6 Mk. 


Wiedemann, A.: Trinken durch 


Bang, W.: Zu den türkischen Zeit- 
bestimmungen (Heinrich Winkler) 


Beiträge zur Religionswissenschaft, 
brsg. v. d. religionswiss. Ges. in 
Stockholm II, 1 (Hans Rust) 290 

Syrisch - griechisches 
Wörterbuch zu den vierkanonischen 
Evangelien (Bruno Violet). 

Kubitschek, Wilhelm: Zur Geschichte 

von Städten des römischen Kaiser- 

reichs (Arthur Mentz) 


Nov./Dez. 1918 


Langer, Fritz: Intellektual-Mythologie 


. 280 (Carl Fries) . 297 

= Söderblom, N.: Das Werden des 
en Gottesglaubens (Marie Pancri- 
tius). 291 


Theis, Johannes: Die Weissagung 
des Abdias (J. Hehn) . 283 


Unger, Eckhard: Die Reliefs Tiglat- 
pilesers III. aus Nimrud (Otto 
Schroeder) . . 282 


Berichtigung (Bruno Meissner) 299 
Personalien ....... 208 
Zeitschriftenschau . 299—304 


286 


284 


287 


— 


so dass dieser Hirsch vor Ymir da gewesen 


wäre, da von Hwergelmir die Eliwägar stammen, 
aus denen das Eis zur Bildung Ymirs sich 
schichtete. Man wird also annelimen dürfen, 
dass Riese und Horntier zugleich entstehen, 
dass eines am andern hängt, wie dies für Gajo- 
martan und das einzig geschaffene Rind in Iran 
überliefert ist. Den Vergleich zwischen der 
nordischen und der iranischen Sage hat zuerst 
Martin Haug (Gött. Anz. 1853 S. 1960) gezogen. 
Schlafend gerät Ymir in Schweiss, unter seinem 
linken Arme wachsen Mann und Weib, ein 
Fuss zeugt mit dem andern einen sechsköpfigen 
Sohn. Zwitterbildung und Mehrköpfigkeit er- 
wälınen aber auch Berossos und Empedokles 
als Merkzeichen der ersten, missglückten 
Schöpfungen des Urwesens, und schon Jakob 
Grimm verglich die Schöpfung der Hawä aus 
des schlafenden Adam Rippe. Bei Berossos 
tritt Bel ganz unvermittelt auf, in der Edda 
sind Woden, Wili, We (sonst lautet die Dreiheit 


ohne Stabreim auch Odinn, Hoenir, Loki) die Söhne 
des Borr und der Bestla; einen wesensgleichen 
Buri als Stammvater leckt die Kuh aus dem 
Eise — sehr unwahrscheinlich, da so eher 
Ymir selber nach anderer Fassung entstanden 
sein könnte. Da aber die Erzählung auch bloss 
258 


259 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11/12. 


260 


den Ursprung der Menschen und Riesen be- |(Askru.Embla),zuder wir von Porphyrios und aus 


richten will, können die Götter gerne schon 
längst da sein. Wie Ymir getötet wird, erfahren 
wir nicht; auch Berossos berichtet nichts der- 
gleichen von Omorka, es sei denn, dass man 
die Köpfung des Belos als von ihr entlehnt 
ansieht. Ein weiterer Grund dafür, der zu 
dem hierüber bereits Bemerkten hinzu käme, 
ist jetzt, dass auch bei Ymir der Kopf ganz 
besonders wichtig ist; aus ihm gehen die wesent- 
lichsten Bestandteile des neuen Weltbaues 
hervor. Aus dem toten Körper des Ymir läuft 
so viel Blut, dass darin das ganze Geschlecht 
der bösen Reifriesen ertrinkt; es waren ihrer 
also doch bereits eine erhebliche Menge, und 
die Edda erwähnt eben davon bloss Mann- Weib 
und Sechskopf. Dem steht gegenüber, dass 
nach der einen Fassung bei Berossos Belos das 
Getier der Omorka bloss einfach „beseitigt“, ein 
Ausdruck, der auch zuträfe, wenn es im Blute der 
Omorkaertrunken wire; nach der anderen Fassung 
vermag das Getier das Licht nicht zu ertragen. 
Immerhin ist wenigstens bei Ymir noch unver- 
kennbar deutlich, dass eine Flutsage vorliegt. | 
Das bemerkte schon K. Simrock, Handbuch der 
deutschen Mythologie S. 163. Von einem „Auf- 
bauschen“ zur Flutsage, wie H. Usener, Sint- 
flutsagen S. 3 meint, kann dabei keine Rede 
sein, da alle irgend wesentlichen Züge da sind: 
das böse Geschlecht der Riesen (wie in Gen. VI); 
Ymirs Blut (aus dem das Meer entsteht), das 
diese Geschöpfe vertilgt; Ber-gelmir (vgl. Og) 
und sein Weib, die sich im Einbaume! (ludr; 
ahd. lüdara Wiege) retten. Wenn man nicht 
verlangt, dass jede Flutsage gerade so aussehen 
muss wie die „kanonischen“, dann liegt hier 
eben eine vor. Es fehlt jedoch an dieser Stelle 
der Zug, den der Bundahisn, z. T. auch Por- 
phyrios und schliesslich auch die spätere jüdische 
Sage vom faulenden Meeresfürsten erhalten hat, 
nämlich dass das Meer infolge des in ihm unter- 
gegangenen Riesengeschlechtes salzig wurde. 
Er steht aber bei Ymir an falscher Stelle, 
sofern gleich anfangs die Entstehung des Riesen 
selber aus den Giftströmen hergeleitet wird. 
Wie bei Berossos folgt auch in der Edda auf 
die Flut die Neuordnung der Welt, ein Zug, 
der auch in anderen Flutsagen immer wieder- 
kehrt. Dass der der Köpfung entgegen Sehende 
noch Anordnungen trifft, wie sein Blut nützlich 
zu verwenden sei, erinnert an zahlreiche Sagen, 
in denen der verendende weise Unhold seinem 
Mörder noch Lehren über den Gebrauch seiner 
Körperteile gibt. Es folgt die Verbannung der 
Riesen-Titanen an die Ränder der Erde und das 
Entstehen der Menschen aus den beiden Bäumen 


vgl. Wilkine-Sega Kap. 20. 


dem Bundahisn lernen, dass es ein Doppelbaum 
gewesen sein muss, der aus dem Samen oder 
Aase desErmordeten hervor wuchs. Dem Samen 
entspricht bei Omorka das Blut, das mit dem 
Lehme vermischt wird, wie auch Askr und 
Embla am Meeresstrande, also dort erwachsen, 
wo sich Ymirs Blut mit dem Sande mischt. 
Noch näher dem Porphyrios steht die eddische 
Meinung, dass die Zwerge wie Maden in der 
Erde, Ymirs Fleische, wuchsen, aber erst von 
den Göttern Verstand erhielten. Sie stehen 
hier deutlich an Stelle der Menschen selber 
und bilden übrigens auch Menschen (Woluspa 
10), wie Hephaistos. Beachtung verdient auch, 
dass bei Berossos die Menschen aus Lehm nach 
der einen Fassung deshalb Anteil am göttlichen 
Denken besitzen und Verstand, weil ihnen das 
Blut aus dem Haupte des Gottes beigemischt 
ist; das erinnert an die orphische Lehre von 
den titanischen und dionysischen Kräften im 
Menschen (s. o.). 

Wie Ymir ist auch Adam ursprünglich Zwitter. 
Beide sind mit Phanes, Agdistis, Prajäpatis, aber 
auch mit Tuisto (vgl. Mitra Sp. 154), Mannus 
und dem indischen Manus, dem Sohne des 
Wiwaswän, zu vergleichen, der in Iran Jama 
(geminus) heisst und ebenfalls Träger einer Flut- 
sage (Widéwdat II) ist. Wie einen indischen 
Jama gibt es aber auch einen iranischen Manus, 
von dem eben ManoS¢ipra stammt, der in Babylon 
herrschte, ganz wie die Söhne des Xisuthros 
— die berosianische Sibylle sagt: Zrwan, Titan, 
Japet — nach Babylon ziehen sollen. Jama 
ist Herrscher im Totenreiche, und dasselbe ist 
Minos. Sein Sohn Glaukos war schon vorbin 
neben Dionysos, den „kleinen Zeus“ zu stellen; 
ein kleiner Zeus ist aber auch Deukalion seinem 
Namen nach (Usener), und es stimmt also sehr 
gut, wenn auch Deukalion Sohn des Minos ist 
und der Pasiphae (Ilias XIII 450 ff, Odysseia 
XIX 178 ff.). Bei Apollodoros ist Deukalion 
auch Sohn des Prometheus, seine Tochter heisst 
Protogeneia; bei Pherekydes zeugt Prometheus 
selber mit Pyrrha die Protogeneia. Also ist 
Protogeneia Pandora (vgl. über diese Real-Enz. 
d. kl. Altertumswissensch. IA Sp. 66 und 72) 
und in allen Fassungen, welche den Helden 
allein die Flut überdauern lassen, auch Pyrrha. 
Das sieht man recht gut bei Manuš; denn Ida 
entsteht im Borne aus Butter, Milch, Molke und 
Matte, und Mitra-Waruna machen auf sie ihren 
Anspruch geltend, indess sie sich dem Manus 
gibt. Eine ältere indische Fassung dieser 
Gestalt ist Usas, die Tochter des Prajäpatis 
(Hillebrandt, Ved. Myth. II 52). Neben der 
Pandora steht ein Pandoros in der valentinia- 


nischen Gnosis, neben der Ušās ein Rudra-Ourion 


261 


(Hillebr. II 205 f.), und zu vergleichen ist in der 
schon angeführten Erzählung bei Firmicus 
Maternus, wie zu dem neuen Dionysos Zeus 
den Lehm, Athena das gerettete Herz und 
Seilenos-Polyidos (vgl. bei Pandora den Hephai- 
stos) das Leben beisteuert. Eine kretische Flut- 
sage ist also gar nicht zu umgehen, und sie 
muss an Minos und dem Minos-Sohne gehaftet 
haben. Da die Wasser der Flut auch sonst 
heiss sind und vom Ofen Gottes oder Noahs 
ausgehen, haben wir anzunehmen, dass die Flut 
dem brodelnden Dreifussbecken, das Zeus im 
Zorne umstiess, entquoll. Ein Nachhall davon 
ist auch noch bei Nonnos, Dionysiaka VI 229 fl., 
erhalten; dort entfacht Zeus aus Zorn über die 
Zerstückung des Dionysos durch die Titanen 
einen Sinbrand, den er mit der Flut löscht. 
Mehr Gewicht hat Ovidius, Met. I 151 ff; der 
Molosser Knabe, den Lykaon dem Zeus vorsetzt, 
ist offen sichtlich Dionysos. Der erzürnte Gott 
tilgt das sündige Geschlecht der aus dem Blute 
der Giganten entstandenen Menschen durch die 
Flut hinweg und verwandelt den Lykaon in 
einen Wolf. Daneben steht die Verwandlung 
des vor der Flut fliehenden Geschlechtes der 
Giganten (Turmbauer; vgl. Memnon II 112ff. 
und meine Einleitung in das Popol Wuh S. 95) 
in Affen; ein Gegenstück dazu, das auf Ymirs 
Flut Bezug haben muss, ist, dass Hymir (Edda 
S. 26 Gering) der Affensohn gescholten wird. 

So weit diese Dinge auch abseits von der 
Omorka des Berossos zu führen scheinen — 
es ist doch erst auf diese Weise möglich, all- 


Orientalistische Literatarzeitong 1918 Nr. 11/12. 


262 


Pusur-Bel) hat keinen Namen, und sonstige 
Anhaltspunkte sind bloss der Ausgang und das 
Ziel der Fahrt. Vor der Flut vergräbt Xisuthros 
auf den Befehl des Kronos in der Sonnenstadt 
Sippara (aus d als Bücherstadt gedeutet) alle 
Bücher, in die er Anfang, Mitte, Ende der Dinge 
aufgezeichnet hat. Das ist ein Zug, der keil- 
schriftlich völlig fehlt, wohl aber von Set, dem 
Erfinder der Schrift, ganz ähnlich überliefert ist. 
Sein Geschlecht zeichnet das ganze Wissen auf 
Lehm gegen den Sinbrand, auf Stein gegen die 
Sinflut auf (Josephus Flavius, Antiqu. I 70; 
vgl. Reitzenstein, Poimandres S. 183), darin 
genau dem Tahmo-rupis entsprechend (Windisch- 
mann, Zoroastrische Studd. S. 208), der eben- 
falls als Erfinder der Schrift gilt; die Dewas 
haben sie ihn gelehrt, und er besitzt als eine 
Art Kulturbringer (wie Prometheus) reiche Be- 
ziehungen zu Jama und dem Salomo der Legende. 
Wir bleiben also mit der Einleitung der Flut- 
sage des Berossos genau im selben Kreise, in 
dem wir uns auch schon vorhin bei der Er- 
läuterung der Weisheit seiner Sibylle bewegten. 
Und andererseits fehlt der keilschriftlichen Flut- 
sage ebenso wie der biblischen völlig diese 
Verknüpfung von Flut und Kulturbringer, dieser 
(Gedanke, dass die Kultur von den Déwas stamme 
und eine Verderbnis des Menschengeschlechtes 
sei. Ziel der Fahrt ist das korduäische ! Gebirge 
in „Armenien“; ein Felsen dortselbst wird als 
Ueberrest der Arche ausgelegt; den Asphalt, 
den man von ihm bricht, benützen die Einwohner 
der Gegend zur Abwehr von Krankheiten. Da- 


seitig zu erhärten, dass an ihr wirklich eine|mit ist die Sage örtlich mit noch grösserer 


Flutsage haftete, und zu zeigen, wie trotz 
aller grund legenden Unterschiede, die zuerst 
hervor treten, bei genauer Betrachtung der 
innige Zusammenhang deutlich wird, der sie mit 
anderen Flutsagen verbindet, von denen jeder 
zugibt, dass sie der zweiten „eigentlichen“ Flut, 
der babylonisch-biblischen, wirklich nahe ver- 
wandt sind. Es wurden also nicht bloss Brücken 
zwischen den Völkern sondern auch zwischen 
den Fassungen geschlagen, so dass jetzt schon 
auch ein besseres Urteil über den berühmten 
Bericht des Berossos möglich ist, der von der 
Flut handelt, die Ksisupros, der Sohn des Ardates 
überdauerte. Ist der Name Omorka bei Berossos 
iranisches Gut, dann ist es jetzt auch schon 
nicht mehr sicher, ob die Namen der Söhne des 
Xisuthros wirklich erst der Sibylle zukommen. 
Babylonische Namen solcher Söline kennen wir 
nicht, die biblischen sind nicht vorauszusetzen, 
und wir müssen die gebotenen so nehmen, wie 
sie sind. Dem A& würde bei Berossos Kronos 
entsprechen; aber der ganze „babylonische 
Apparat“ der durch einander und gegen einander 
wirkenden Götterfehlt, derSteuermann (Keilschr. 


Bestimmtheit festgelegt als die indische, die auf 
dem Himälaja den „Schiffsankerplatz“ nennt, 
oder die hellenische mit ihrem Parnassos. Der 
Anschluss der 3 Brüder und ihrer Schwester 
Astlik an Berossos wird dadurch noch enger, 
die ganze Erzählung rückt immer entschiedener 
von der keilschriftlichen Flutsage ab, welche das 
Schiff an einem Berge Nisir (Mimus?) am linken 
Ufer des unteren Zab in Lullu-Land? landen 
lässt. Es bleibt also bloss der Name Zs00v9g0s- 
Sisythrus übrig. Buttmann (Mythologus1192 — 
im Jahre 1828 erschienen, also vor Entdeckung 
des Keilschrifttextes geschrieben!) hat ihn aus 
dem Aevaalımva tov Ixvdse der Flutsage bei 
Lukianos, de dea Syria 12 (z. St. vgl. OLZ 1913 
Sp.128f.) heraus zu lesen gesucht, und H. Usener, 
Sintflutsagen S. 48,. meint, man habe in dem 
*Sisythes dann wohl den Namen des Vaters zu 
erkennen. Das ist aber recht hart, und eine 


Ararat im Targum (zu Gen. 8,4) mp genannt! 
Vgl. zur ganzen Frage Sanda, Unters. zur Kunde des 
alten Orients (MVAG 1902, 2 S. 14 fl.). 

2 Vgl. Ungnad-Gressmann, Gilgame3-Ges. S. 70 und 
neuerlich Hüsing in OLZ 1918 Sp. 46. | 


263 


Konjektur solcher Art kann natürlich nicht 


„beweisen“ (wie Gressmann a. a. O. S. 216 
meint), dass die Sage des syrischen Hierapolis 
aus Babylon stammt, zumal auch gegen die 
babylonische Herkunft des Namens Xisuthros 
Bedenken walten. Erwägt man vollends den 
Skuten-Einfall in Bambyke, dann wird Butt- 
manns Vorschlag wohl noch fragwürdiger. Also 
bleibt sein *Sisythes eben besser ganz aus dem 


Urientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11/12. 


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nach einem Berge Arartu geht, also die biblische 
Flutsage eine Ortssage ist; deren Fahrtziel wir 
doch in einem „Armenien“ suchen müssen, 
wenn es auch nicht das Armenien ist, in dessen 
Berge Masis man es später suchte. Da scheint 
es hart, Noah ohne Weiteres von Utnapistim 
herzuleiten. Allein ich erwähne das nur, um 
zu zeigen, dass ich an diesen Fragen nicht 
sorglos vorbei gegangen bin. Sie können nicht 


Spiele. Das überlieferte ZecovFgo¢ nun soll auf alle zugleich erledigt werden, sondern nur eine 


ein *Hasis-atra zurück gehen, das aber keil- 
schriftlich nicht bezeugt ist. UTnapistim heisst im 
Texte bloss atra hasts, eine Bezeichnung, die er 
mit Adapa teilt und mit dem Adlerjungen, das 
seinen Vater vor der Nachtschlange warnt. 
Ob sie ein richtiger Name ist, scheint da doch 
recht zweifelhaft, und ob man solch einen 
„Schlaukopf“ auch zu einem „Kopfschlau“ 
machen dürfe, noch mehr. Man hätte die 
Namen sicherlich nicht zum Stimmengezwungen, 
wenn man nicht von der babylonischen Herkunft 
der Flutsage des Berossos schon durch den Titel 
seines Werkes so völlig überzeugt gewesen 
wäre. Jetzt, wo die Gründe gegen solches 
Vorurteil wohl hinreichend ausführlich dargelegt 
sind, wird man allen Anlass haben, das Ver- 
fahren von damals etwas kühler zu überprüfen. 
Mir scheint die Deutung von icovò os aus 
hasisatra nicht nur gezwungen, sondern schon 
der Versuch, den Namen gerade babylonisch 
zu deuten, wo doch der Inhalt der Erzählung 
dazu keinen Anhalt bietet, höchst willkürlich. 
Lässt man aber die eingebürgerte Annahme, 
wie sie es verdient, fallen, dann ist Sisythrus 
wieder eine gleichberechtigte Form, neben der 
sich Zicovò os aus der Verschreibung von <in$ 
erklärt. 

Ueberblicken wir das Ergebnis: für Iran 
ist ein unerwarteter Zuwachs zu verzeichnen, 
für die Bibel und die mythenhaltigen Keilschrift- 
texte, in die man aus den vermeintlich unmittel- 
bar zugehörigen Fassungen ohnedies nicht 
sonderlichesLicht zu bringen wusste, kein irgend 
nennenswerter Verlust. Aber neue Fragen 
tauchen immerhin auf. Schon Fritz Röck ist 
in seiner Besprechung von Gorions Sagen der 
Juden im Mitra Sp. 49—55 so tief in das 
iranische Sagengut hineingeraten, dass es ihm 
schwer zu entscheiden schien, ob dieser iranische 
Einschlag „schon in der Bibel oder erst in den 
hagadischen Erläuterungen zu ihr am Werke 
ist“. Einen ähnlichen Eindruck mag mancher 
Leser auch bei der obigen Untersuchung öfter 

ewonnen haben, obwohl ich mich möglichst 
arauf beschränkte, die fülschlich zwischen 
Berossos und den babylonischen Fassungen ge- 
sponnenen Fäden zu zerschneiden. Ist es doch 
auffallend genug, dass auch die Fahrt der Arche 


nach der anderen, und es wäre mir eine Freude, 
wenn sich für diesesMal zunächst der Versuch be- 
währte, über Berossos mehr Klarheit zu schaffen. 


Kaspisches V: lata = Eheweib? 


Von Georg Hising'. 


Da ich an verschiedenen Orten bereits den 
Stoff fiir die beiden kaspischen Lautgesetze 
zusammen getragen habe (z. B. Memnon IV 
S. 28 f.), will ich sie für diesmal anfänglich 
als bewiesen ansehen und einmal den Versuch 
machen, ob wir mit ihrer Annahme nicht noch 
weiteren zugehörigen Wortstoff uns erschliessen 
können. Man vergesse nicht, dass ich bier 
bemüht bin, sozusagen die Grundzüge der Gram- 
matik einer Sprache zu gewinnen, von der wir 
bisher doch wohl keinen einzigen Text besitzen, 
obgleich ich nicht zweifeln kann, dass wir noch 
welche finden werden. Nur das Interesse des 
Historikers treibt bier dazu, einen Einblick in 
die verwandschaftlichen Verhältnisse dieser 
„unbekannten“ Sprache zu erlangen. Man er- 
innere sich also der ersten Entzifferungsver- 
suche an den Keilschrifttexten von Persepolis 
und Bagistan, die eben notwendig waren, sonst 
hätten wir heute keine Keilschriftforschung; 
und die Lage war damals doch wesentlich aus- 
drucksvoller alsheutegegenüber dem Kaspischen. 
Was aber bisher über diese Sprache geschrieben 
worden ist, beweist doch, dassdasausgesprochene 
Bedürfnis vorliegt, sie endlich sprachwissen- 
schaftlich „einreiben“ zu können; die bisherigen 
missglückten Versuche sind also wohl die beste 
Rechtfertigung für meine Bemühungen, die na- 
türlich sich ihre Methode durch den Stoff und 
den Sachverhalt müssen vorschreiben lassen. 
Die beste Methode ist unstreitig diejenige, die 
uns dem Ziele näher führt. i 

Die beiden „Lautgesetze“ lauten also: 

1. Südelamischem altem u, das in jüngerer 
Sprachform als i auftritt, entspricht nordela- 
misches a. 

2. Südelamischem r entspricht kaspisches |. 

Dabei gilt 1 natürlich auch für das Kaspische 


1 Da die Korrektur des Autors nicht eingetroffen 
ist, drucken wir den Aufsate nach eigener Verbesserung 
der Druckfehler ab. D. R. 


265 


als eine nordelamische Mundart; ob wir für 2 
auch werden eineEinschränkung machen können, 
um welche r es sich handelt oder ob das 
Gesetz für alle r gelte, ist noch nicht aus- 
zumachen. 

Wir haben wohl zum mindesten das Recht, 
wenn nicht die Pflicht, die eben heraus ge- 
stellten Lautgesetze versuchsweise auch auf 
solche elamische Wörter anzuwenden, deren 
kaspische Gegenstücke uns nicht bekannt sind. 


Dabei kann man „Gegenstücke“ zunächst in zweierlei 
Sinne verstehen: der Bedeutung und der Form (oder 
Etymologie) nach. Im ersteren Falle könnte man durch 
Konstruieren der kaspischen Form eines elamischen 
Wortes vielleicht ein Erzeugnis gewinnen, das zwar 
immer noch nicht einem überlieferten Worte ganz ent- 
spräche, ihm aber doch eo nabe käme, dass die noch 
bleibenden Unterschiede zur Ermittelung weiterer Laut- 
gesetze führen könnten, wenn man den Eindruck lat, 
dass doch oflenbar das gleiche Wort vorliege oder eine 
Ableitung vom gleichen Stamme. Wir könnten aber 
auch auf Gegenstücke der Form nach stossen, die wir 
bisher in anderer Bedeutung angesetzt haben, und 
dann ist zu erwägen, dass ja unsere Uebersetzungen fast 
alle „geraten“ sind, so dass die formelle „Gleichheit“ 
— unter Berücksichtigung der Lautgesetze uns vielleicht 
ein genaueres Bestimmen der Bedeutung ermöglicht. 
Auf alle Fälle aber nıuss aus derartigen Versuchen etwas 
zu lernen sein, es werden neue Möglichkeiten, an die 
man sonst nicht denkt, in den Bereich der sinnlichen 
Greifbarkeit, durch Sehen und Klang, gerückt, die als 
Vergleichsunterlagen für etwa entsprechende Wörter 
auch anderer kaukasischer Sprachen, alter wie heutiger, 
dienen können; auch kann man nicht vorher wissen, ob 
dadurch nicht manche unserer heutigen Voraussetzungen 
in ein anderes Licht gerückt, vielleieht gar unmöglich 
gemacht werden. 


Treten wir mit solchem Gedanken einmal 
an das elamische Wort rutu = „Gattin“ heran. 

Das Wort begegnet uns bereits im Friedens- 
vertrage des Naram-Sin (Rückseite Kol. 4) in 
der Verbindung rulu niri (= deine Gattin). 
Dabei fällt auf, dass das Wort noch beide u 
hat, während für nu-ri schon ni-ri geschrieben 
wird. Letztere Schreibung finden wir aber 
auch in rika statt ruka, in Na-hi-ti für Na- 
hu-te (Nabhunte), dürfen uns also über das i 
in so früher Zeit nicht wundern. Der Vertrag 
ist in direkter Rede gehalten, wie schon das 
erste Wort Hapti (= „Höret!“), und weiterhin 
der Satz piti-r Naram-Sin-irra piti-r uri (der 
Feind des Naram-Sin [soll] mein Feind [sein]) 
zeigen. An der Bedeutung von rulu niri — 
Scheil übersetzt la femme niri (das letztere Wort 
allein bei ihm kursiv), wusste also 1911 noch 
nicht, was niri ist! — kann also kein Zweifel 
sein; gemeint scheint die Gattin des Naram-Sin. 

Auffällig könnte nur erscheinen, dass in 
einem Texte, der bereits i statt u schreibt, ge- 
rade rutu doch seine u behalten hat. Aber auch 
das steht nicht allein, denn. wir finden im 
Bronzetexte des Silhak-Insugnak (N. 45 meiner 
„Quellen“ IV Zeile 2) auch rutu in Beziehung 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11,12. 


u nn nn. eu nn nn .. — G e 


266 


auf die Nahhunte-utu, ebenda (in IX) in Be- 
ziehung auf Kiri-risa als göttliche Gattin, in 
XII aber ani rutu mu-k-ne (etwa das „das Weib 
[des Frevlers am Texte] soll nicht niederkommen), 
wo nicht Ehrfürchtiges gemeint ist. Man hat 
also rutu in erbabener Rede in hohem Sinne 
beibehalten, sonst sagt man vitu oder vielmehr 
schon riti, wie der Plural riti-pe (M 51) zeigt. 

Hier liegt also der Fall vor, dass älterem 
u ein jüngeres i entspricht, dass also im 
Kaspischen als a erscheinen müsste, und dem 
r würde natürlich ein l entsprechen. Das Wort 
rütu würde also kaspisch nach den beiden Laut- 
gesetzen *läta laren müssen. Belegt ist es nicht. 

Scheil (in Tome III S. 64) schrieb 1901: 
„Bien mieux, rulu est certainement le mot sé- 
mitique rwtu, ruttu, féminin de ra rua, rac. 
y7, qui a précisément le sens de „compagne, 
amie“. — Es wäre doch wohl verwunderlich, 
wenn gerade dieses Wort ein semitisches Lehn- 
wort wäre, während es doch die Wörter für 
Vater, Mutter, Sobn, Tochter, Bruder, Schwester 
nicht sind, und da ausser der ausgesprochenen 
Semitomanie, mit der Scheil das Elamische be- 
bandelt hat, nicht der geringste Anlass vorliegt, 
das Wort für semitisch zu halten, so gehe ich 
darauf natürlich auch nicht weiter ein. Jede 
letzte Möglichkeit einer semitischen Etymologie 
verschwindet sowieso, wenn meine weiteren 
Vergleiche sich bewähren. 

Ich habe natürlich sofort an das lykische 
lada erinnert, denn trotz der scheinbaren Grösse 
der Entfernung und des Abstandes des Ly- 
kischen vom Elamischen finden wir ja auch 
sonst, dassin den heutigen kaukasischen Sprachen 
derartige Wörter übereinstimmen, auch wo die 
Grammatik es nicht tut, wenigstens äusserlich 
nicht. Es ist gerade eine Eigentümlichkeit der 
heutigen Kaukasus-Sprachen, dass die, Formen“ 
auch dort ganz verschieden erscheinen, wo 
innerlich der gleiche Aufbau vorliegt, so dass 
auch innerlich nahe verwandte Sprachen äusser- 
lich stark voneinander verschieden sind. Ein 
wesentlicher Grund ist der, dass die Sprache 
mit Prä-, In- und Suffixen arbeitet; sobald diese 
verschieden sind, entstehen natürlich ganz an- 
dere „Formen“, die eben eigentlich gar keine 
Formen im Sinne der arischen und semitischen 
Sprachen sind, und sie fallen um so verschie- 
dener aus, je lautärmer die Stämme sind, Da 
es sich aber hier um eine unveräusserliche 
Eigentümlichkeit handelt, müssen wir natürlich 
auch für die altkaukasischen Sprachen voraus- 
setzen, dass sie infolge der Verschiedenheit der 
Suffixe äusserlich viel verschiedener ge- 
wesen sind als die arischen oder semi- 
tischen Sprachen. Daran zu erinnern dürfte 
zeitgemäss sein, da gegenüber dem berechtigten 


267 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11/12. 


268 


Bestreben, die altkaukasischen Sprachen nun 
auch zu einer Einheit zusammenzufassen, aus 
der Verkennung dieser Eigenart immer wieder 
Missverständnisse erwachsen, so dass man auf 
Grund äusserlichster Aehnlichkeiten lieber 
versucht, einzelne von ihnen zu arischen oder 
semitischenSprachen zu stempeln, ohne auch nur 
zu erwägen, wie leicht bei der reichen Mannig- 
faltigkeit der Suffixe bei Berührung mit anderen 
Sprachstämmen ein äusserer Ausgleich an die 
Formen dieser erfolgen konnte und wieungemein 
triigerisch schon dadurch die „sichersten“ 
Gleichungen werden. 

Obgleich also das Chatdische seinem 
Aeusseren nach sehr wenig wie eine Verwandte 
des Elamischen aussieht, ist es doch recht be- 
achtenswert, dass in dieser Sprache das Wort 
für Weib lutu lautet, also förmlich eine Zwischen- 
form zwischen südelamischem rutu und dem er- 
schlossenen kaspischen *lata darstellt. Dabei ist 
aber zu beachten, dass wir Anlass haben, das 
l für älter zu halten als das südelamische r; 
die jüngeren /-Laute scheinen auf laterale 
Zungenstosslaute zurückzugehen, also nicht 
die Fortsetzung alter /-Laute zu sein, und zwar 
ist diese Annahme so gut wie beweisbar i. — 
Ich vermute aber, dass wir das gleiche auch 
für das chaldische ? wie für das ihm doch wohl 
entsprechende kaspische werden anzunehmen 
haben, so dass dem kaukasischen Sprachstamme 
die /-Laute von Hause aus gefehlt haben würden. 

Ich finde nämlich bei Roderich von Erckert 
als awarisches Wort für „Eheweib“ ein thladz 
angegeben, d. h. nach seiner Umschrift, mit 
einem der lateralen Stosslaute, Es ist wohl 
nicht wahrscheinlich, dass das ein anderes Wort 
wäre als unser rutu, riti, lutu?, lata, lada. 

Von den altkaukasischen Sprachen grenzt 
westlich an das Chaldische das Mitani. Hier 
wird das Wort für Eheweib a3-fi geschrieben, 
mit jenem as-Zeichen, das auch rum oder rū 
gelesen werden kann. An einen sprachlichen 
Zusammenhang mit assürisch aššatu zu denken 
war sicher verfehlt, und höchstens könnte man 
annehmen, dass das Wort um dieses Anklanges 
willen im Mitani mit dem a3-Zeichen statt mit 
dem gewöhnlichen ru-Zeichen geschrieben worden 
wäre. (So Bork, Mitanisprache S. 79, der auf 
das im Orient übliche Streben hinweist, die 
Schreibung so einzurichten, dass der Text für 
Angehörige verschiedener Sprachen möglichst 


1 Ob damit der georgische Ausdruck für „weiblich“, 
deda, ebenfalls zusammenhänge, kann ich noch nicht 
beurteilen. Es würde darauf ankommen, ob in thlads 
mehr das Weibliche oder mehr die Ehe betont sei, denn 
im Lakischen (Kasikumükischen) soll las = Ehemann“ 
sein („der mit einem Weibe Versehene?“) 

’ Vgl. meine Quellen zur Gesch. Elams S. 91 f. 


leicht verständlich wird.) Es gibt aber noch 
eine andere Möglichkeit der Lesung, deren Er- 
schliessen wir gerade Bork zu danken haben: 
das Mitani hat den Laut o, und es wäre leicht 
möglich, dass man aš im Unterschiede von ru 
als ro verwendet hätte. Bork liest rüti, was 
durchaus möglich ist, da das Zeichen eben auch 
langes ru ausdrücken könnte, verweist aber 
auch auf die weitere, mir hier nicht wahrschein- 
liche Möglichkeit, dass asti aus älterem *rti, 
riu entstanden wäre unter dem Einflusse der- 
selben Bevölkerungsschicht, die im Babylonischen 
ein r in $ veränderte. Schon 1892 hatte Jensen 
in ZA VII S. 180f. auf u3-gu, vermutlich = 
urgu (für urku) aufmerksam gemacht, das sich 
in einem El-Amarnabriefe, also aus der Mitani- 
Zeit, findet. Es ist der 315. Brief bei Knudtzon 1, 
geschrieben von Bu-Ba’al von der Stadt Jursa, 
offenbar aus dem phoinikischen Gebiete oder 
dessen nächster Nachbarschaft. — Ich würde 
vorziehen, röfi zu lesen, weil der ursprüngliche 
Vokal der ersten Silbe wohl ein a war; doch 
sei hier gleich angemerkt, dass das a$s-Zeichen 
auch den Laut rz hat, so dass man zur Not 
auch riti lesen könnte. 


Mit dem Mitani aber sind wir bereits an 
der syrischen Grenze, d. h. in alter Zeit, an 
der hettitischen, und es ist wohl anzunehmen, 
dass das Hettitische wieder in engeren Be- 
ziehungen zum Lykischen stand. Wie das 
hettitische Wort für „Eheweib“ hiess, ist noch 
nicht bekannt. Der erste Arzawa-Brief schreibt 
das Wort ideographisch, aber in Zeile 13 folgt 
dem Ideogramme DAM ein an-ni, so dass man 
als letzten Vokal wohl ein a annehmen muss. 
Es liegt also nahe, dieselbe Form einzusetzen, 
die wir für das Kaspische erschlossen haben 
und ,*latannt“ zu lesen, wenn noch westlich 
vom Hettitischen die Form lada im Lykischen 
auftaucht. 

Zur Vermeidung von Missverständnissen will 
ich hier einfügen, dass im Südelamischen das 
Suffix des persönlichen Subjektes im Singular, 
wenn das Wort im Deutschen den „bestimmten 
Artikel“ haben würde, ein r ist. „Die Gattin“ 
heisst also rutu- , riti-r, „die Schwester“ 
Suru-r, „der Vater“ = atia-r, die Mutter = 
amma-r, „der Bruder“ = ike-r. Diesem r 
scheint mir im Kaspischen ein $ zu entsprechen, 
es würde also „die Gattin“ = lata-s, „die 
Schwester“ = Sala-3, „der Vater“ = atta-š usw. 
sein. Die Suffixe des Objektes stehen unmittel- 
bar vor der Verbalform, ja, wenn diese das 
Infix -ma- enthält, sogar unmittelbar vor diesem, 
d. h. hinter dem Verbalstamme; sie sind also 
für gewöhnlich von dem Worte getrennt, zu 


1 Vgl. dazu Otto Weber bei Knudtson, 2. Teil S. 1361. 


269 


dem sie gehören, bilden ,wiederaufnehmende“ 
Partikel, und wir bezeichnen sie dann als Ob- 
jektive“. Doch finden sich auch Fälle, in denen 
sie unmittelbar dem funktionellen Objekte folgen, 
z. B. beim Pronomen 4 = „ich“, u-n = „mich“, 
nu „du“, nu-n = „dich“, e = „er, sie“, en 
(in) = „ihn (sie)*, ebenso nuku-n = „uns“, 
num-(u)-n = euch“, ap-(u)-n = „sie“. Die „Ob- 
jektivformen* lauten also eigentlich rutu-n, 
Suru-n, atta-n und so weiter, und dürften im 
Kaspischen wohl genau so gelautet haben. Ob 
ein Gleiches auch für sächliche Objekte gilt, 
vermag ich noch nicht mit Bestimmtheit zu 
sagen, denn muru-n, liku-n und andere könnten 
auch aus *muru-m, *liku-m verschliffen und 
letztere aus muru-me, liku-me (lik(a)-u-me?) ver- 
kürzt sein. — Im Chaldischen ist bekanntlich 
das entsprechende persönliche Subjektsuffix als 
še geschrieben, wahrscheinlich aber als z (stimm- 
haftes s) gesprochen worden. Die Schreibung 
ist ja assürisch, also wird 3 ein s meinen, und 
das wenig glaubwürdige e (vgl. freilich elamisch 
re [geschrieben rs] neben r) könnte leicht den 
Stimmton ausdrücken — die Entscheidung wird 
davon abhängen, ob assyrisches z ein stimm- 
haftes s oder eine Affrikata ist, doch ist auch 
zu beachten, dass dieAssürer einauslautendes 
stimmhaftes s überhaupt nicht zum schriftlichen 
Ausdrucke bringen konnten, da die entsprechenden 
Zeichen auch scharfes und schärfstes s bedeuten. 
Ueber den chaldischen Ausdruck des Objektes t 
wage ich lieber noch kein Urteil, so lange uns 
die neugefundenen Texte vorenthalten bleiben. 
— Im Mitani (Bork S. 12) finden wir wieder 
$ als Subjektssuffix, n als das des Objektes, 
beides bei Personen. Doch ist oft die eigent- 
liche Konstruktion noch ganz unklar, auch wo 
der Sinn unzweifelhaft ist. Diese Suffixe haben 
aber nach der Art ihrer Verwendung mit den 
arischen „Endungen“ nichts zu tun, wie Bork 
(ebenda) bereits betont hat; es kann also von 
„Formen“ nicht gut die Rede sein, geschweige 
denn von „Kasus“, obgleich der äussere Eindruck 
ein ganz entsprechender ist wie in den arischen 
Sprachen. Es könnte uns in diesen Sprachen 
auch begegnen, dass das „Suffix“ vor dem 
Objekte stündel 


„Der Vater“ würde also voraussichtlich auch 
im Kaspischen, wie im Chaldischen und im 
Mitani atta-š (atta-z) lauten, und die Objektiv- 
form dazu atta-n. Das ist geradezu gemein- 
kaukasisch und wohl auch „urkaukasisch“, und 
wenn die „Formen“ im Hettitischen ebenso 
lauten, so ist das kein Gewicht in die Wag- 
schale desIndogermanismus, und eine Entlehnnng 
aus arischen Sprachen ist wohl ausgeschlossen, 


— 
— 


1 ne (geschrieben ni)? 


Orientalistische Literaturzeitang 1918 Nr. 11/12. 


270 


wenn man das Elamische berücksichtigt, das 
um 2600 bereits im Friedens vertrage mit Naram- 
Sin verwendet wurde. 

Jedenfalls aber können wir gespannt sein, 
welcher Ausdruck für „Eheweib“ sich einmal 
aus den hettitischen Texten entpuppen wird! 
Wenn das Wort Lata (oder ähnlich) lautet, dann 
wird es sich wohl nicht empfehlen, sich nach 
einer arischen Etymologie für lykisches lada 
umzusetzen. Hroznf, Die Sprache der Hethiter 
S. 40 A. 1 verweist auf Bernecker, Slav. etym. 
Wörterbuch I S. 682 f. für ein slavisches Wort 
lada, mit dem er das lykische zusammen stellen 
möchte. Auch auf diese Fragen, vielleicht sogar 
auf das slavische Wort, wird allmählich neues 
Licht fallen. Bedauerlich ist es, dass unsere 
drawidische Forschung noch 80 rückständig 
und von so wenigen vertreten ist. Gustav 
Opperts Tod dürfte da manche Hoffnungen be- 
graben haben. Im Brahui (vgl. Borks „Vor- 
arbeiten! zu einem Brahui- Wörterbuch“ S. 6) 
heisst „Gattin“ arwat. Bork trennt ab ar- wat, 
da are (ari?) = Gatte. Nach Caldwell heisst 
im Tamil „ein Weib“ oru-ttt, wobei tti das 
Suffix für, eine“, dagegen or(mwyun = „ein Mann“ 2; 
im Gönd ist är = „ein Weib“, im Telugu dlu-u. 
Das Brahui könnte einen auf den Gedanken 
bringen, dass oru-ti aus orutt-ti entstanden, 
die anderen Formen aber sehr stark verschliffen 
wären. Ein orut könnte zu elam. rutu zu stellen 
sein, nachdem wir doch heute wissen, dass das 
drawidische Personalpronomen geradezu mit 
dem elamischen übereinstimmt; auch erinnere 
ich an die nicht mehr zu bestreitende Verwandt- 
schaft des „drawidischen“ Wortschatzes mit dem 
kaukasischen, für die ich im Memnon IV (1910) 
S. 40 18 besonders bezeichnende Wörter zu- 
sammengestellt habe. Indessen, mit solchen 
„Lesefrüchten“ aus Grammatiken und Wörter- 
büchern lässt sich nur unter besonders günstigen 
Bedingungen etwas anfangen, nicht aber im 
obigen Falle des arwat. Hier ist ein tiefes 
Eindringen in das Wesen der Sprache, ihre 
Möglichkeiten und Unmöglichkeiten, sowie in 
den Lesestoff erforderlich, wie es der Historiker 
sich immer nur in wenigen Sprachen wird er- 
werben können. Wir brauchen dringend Fach- 
leute, die wenigstens den Versuch machen, 
die kaukasischen und die drawidischen Sprachen 
nebeneinander zu bearbeiten, obgleich ja jedes 
dieser Gebiete stofflich ein Meer zum Ertrinken 
darstellt. Aber ein Anfang müsste doch we- 
nigstens gemacht werden! äre es auch nur, 


um den ärgsten Dilettantismus zu steuern, der 


1 Programm der städt. Steindammer Realschule zu 
Königsberg 1908. 

Im Elamischen ist ruhu offenbar = „Mann“, wenn 
es auch fraglich bleibt, in welchem besonderen Sinne. 


271 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11/12. 


272 


sich gerade in unserer Zeit mit Untersuchungen 
über die „Ursprache der Menschheit“ breit macht! 


Enthalten aber obige Ansätze einen festen 
Kern, dann vergesse man nicht, dass sie auf 
einer Hypothese aufgebaut sind, auf einer 
konstruierten Wortform, die sich nach zwei 
Lautgesetzen als „kaspische“ ergab, und dass 
diese Hypothese von genau der gleichen Art ist, 
wie diejenigen auf deren Schultern einerseits 
die Indogermanistik ruht, andrerseits die ge- 
samte Keilschriftforschung. Erst lange nach 
der Aufstellung eines kaspischen *lata entsann 
ich mich des chaldischen lutu, fand ich das 
awariscne thladi! und brachte nun erst der 
Lesung ruti des Mitanischen und der Ver- 
gleichung mit dem lykischen lada grösseres Ver- 
trauen entgegen. Aus dem elamischen rutu 
einen Zusammenhang mit lada zu erschliessen, 
hätte ich mich nicht getraut. Die neue Er- 
fahrung dürfte aber lehren, dass auch solche 
Hypothese nicht unberechtigt gewesen wäre! 


Erweist sich das Vorstehende als haltbar, 
dann wären wir zum ersten Male in der so 
lange schon herbei gewünschten Lage, ein kau- 
kasisches Wort zugleich in allen bekannten 
altkaukasischen, zugleich aber auch in neu- 
kaukasischer Sprachform nachweisen zu können, 
ja sogar noch in einer Sprache, die allmählich 
ihren arischen Charakter zugunsten des kau- 
kausischen aufgegeben hat und vielleicht auch 
bis ins Drawidische. Wir stellen die Wort- 
formen noch einmal übersichlich zusammen: 


Ungefähre „Urform“: lata 


Awarisch > Nadi 
Armenisch : elar 
Hettitisch : *latu 
Lykisch : lada 
Kaspisch : *lata 
Chaldisch : lutu 
Mitanisch : roti ( 
Altelamisch : rutu 
Neuelamisch : riti 
Tamil : orutti (2) 


Nach diesem Worte kämen wir also zur 
Annahme etwa des folgenden Verwandtschafts- 
Verhältnisses: 

Kaukasisch 


Hettitisch 
— ee ea TE 
Lykisch Chaldisch Mitani 


Kaspisch 
Elamisch Tamil 


1 Das übrigens Bugge schon 1897 zu lada gestellt 
und mit dem armenischen edar = „Eheweib“ verglichen 
hat. Er meint freilich dada sei „aus keiner kaukasischen 
Sprache entlehnt“ und möchte das lyk. d aus armen. r ab- 
leiten. Ich würde meinen, es sei ein kaukasisches Nada 
(il im Sinne der irischen Sehreibung „Lioyd“) von den 
entlehnenden Armeniern in elara umgestaltet worden, 
wie mäda zur mär. 


Wir müssen abwarten, wie weit dieses Ver- 
hältnis durch weitere Funde ähnlicher Art be- 
stätigt werden wird. 


Lexikographisches. 
Von Bruno Meissner. 
4. sihir kunukki. 


Von der Wurzel sahäru = herumgehen, um- 
geben ist ein Substantiv sihru abgeleitet, das in 
mehrfachen Bedeutungen vorkommt. 

Es bedeutet z. B. wie limitu „die Umgebung“; 
z. B. Thureau-Dangin, 8 camp. de Sargon 
Z. 89: 12 Alänisunu dannüti bit-düräni adi 84 
äläni Sa si-ih-ri-Su-nu gimirtu aksud = 12 ihrer 
starken, befestigten Städte nebst 84 Städten 
ihrer Umgebung insgesamt nahm ich ein. Dann 
aber auch den einen Gegenstand umgebenden 
„Rand“. sihir nari ist der „Rand“ des Flusses; 
vgl. Jensen, KB. VI, 2, 34, 14: annü ša ina 
parakkı si-hir nari ikkabü = dies ist, was in der 
heiligen Kammer am Rande(!) des Flusses ge- 
sprochen werden soll. sihir magarri ist der 
„Rand“ des Rades, die Felge bei Streck, 
Assurbanipal 256, 23: usashar si-hi-ir (is) ma- 
garri = ich lasse sich drehen die Felge des Rades. 

Hiernach wird auch sihir kunukki den „Rand“ 
des Siegelzylinders bezeichnen. Aber was soll 
der Vergleich Maklü III, 102 ed. Tallqvist 
bedeuten: kassaptu ma si- hir (aban)kunukki 
anni lisüdu liriku panüki = Zauberin, wie der 
Rand dieses Siegelzylinders möge dein Antlitz 
gelb werden und erblassen? Dieser Ausdruck 
erklärt sich, wie ich glaube, durch die besonders 
während der Hammurapizeit bestehende Sitte, 
den Siegelzylindern zu beiden Enden eine goldene 
oder bronzene, zumeist mit Filigranarbeit ver- 
zierte Kuppe aufzusetzen. Der Zauberin Ant- 
litz soll also so fahl werden wie die goldene 
Kuppe des bei der Beschwörung angewandten 


(Zylinder und Zylinderkappen.) 


273 


Siegelzylinders. Derartige Gold- und Bronze- 
kuppen von Siegelzylindern sind uns noch mehr- 
fach erhalten: Br. Mus. 89319 (vgl. Guide 160 
Nr. 74) ist ein Zylinder mit einer Bronzekuppe; 
einige goldene Exemplare aus der Sammlung 
von Frau Dr. Hahn bringe ich vorstehend in 
Abbildung. In der Kassitenzeit liessen Leute, 
die sich eine Goldkuppe nicht mehr leisten 
konnten, den Rand der Zylinder wenigstens mit 
einer die Filigranarbeit der goldenen Kuppe nach- 
ahmenden Gravierung versehen. Abbildungen 
von solchen Zylindern oder von Abrollungen 
davon finden sich z. B. bei Clay BE. XIV, 15 
Abb. 1; Pl. XV, Nr. 3, 8, 9, 11 und Meissner, 
Plastik S. 72 Abb. 125. 


Ob der mehrfach sich findende Stein sihru 
(CT. XII, 28, 23a; 41, 9b; vgl. Delitzsch HW. 
495; SAI. 9017) einen solchen, mit einer imi- 
tierten Kuppe versehenen Siegelzylinder be- 
zeichnet, oder eine bestimmte Steinsorte, ist 
vorläufig noch nicht auszumachen. 


Zur Ermordung Sanheribs. 
Von C. F. Lehmann- Haupt. 


In dieser Zeitschrift Bd. 20 Sp. 358 f. (Dez. 1917) 
hat A. Ungnad gegeniiber F. Schmidtke! die 
Griinde geltend gemacht, die ihn bestimmen, die 
Ermordung Sanheribs nach Assyrien zu verlegen 
und dabei auf einen Aufsatz verwiesen, in welchem 
er diese Frage früher behandelt hatte und der un- 
beachtet geblieben war. 

Da ich mich in der gleichen Lage befinde, 
so sei mir gestattet auf meine früheren Erörte- 
rungen hinzuweisen, umsomehr als sie sich mit 
denen von Ungnad, dem sie unbekannt geblieben 
sind, teils ergänzen teils decken. Die Frage, an 
sich schon von einigem Interesse, wird dadurch 
bedeutungsvoll, weil Schmidtke aus Sanheribs 
Anwesenheit in Babylon eine Sinnesänderung 
und eine Umkehr seiner babylonischen Politik 
herleiten möchte. 

Ich habe ZA. XIV (1899) S. 375 ASurbanabal 
Rm. I Col. 4 Z. 70 ff. wie folgt, übersetzt: „Die 
übrigen Leute liess ich an den Stierkolossen, an 
denen man meinen Grossvater Sanherib ermordet 


1 Assarhaddons Statthalterschaft in Babylonien und 
seme Thronbestet. in i (Altor. Texte u. Unter- 


suchungen 12, herausgegeben von B. Meissner) S. 109 fl, 113, | ukin (1892) B. I S. 159 gehandelt habe. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11/12. 


274 


hatte, als Totenopfer (Sühnopfer) für ihn töten.“ 
Ich fügte hinzu: „Dass dies in Babylon geschehen 
sei, sei nicht gesagt und nicht zu folgern, im 
Gegenteil. Vorher, Z. 65 stehe je ausdrücklich, 
dass man die gefangenen Babylonier vor Ašur- 
banabal gebracht habe, der, so wenig wie er je 
Aegypten betreten habe, auch gar nicht in Baby- 
lon gewesen zu sein braucht. Sanherib sei Ob- 
jekt, nicht Subjekt von ispunũ sie hatten ermordet, 
man hatte ermordet. Ein Totenopfer für San- 
herib habe, von anderem abgesehen, nur Sinn 
gehabt an der Stelle, wo er ermordet wor- 
den war, nicht, wo er früher Mordtaten hatte 
begehen lassen 1. Der Tempel des Nusku, in 
welchem nach dem AT Sanherib ermordet wurde, 
habe sich sicher in Assyrien befunden, umsomehr 
als ja Babylon damals zerstört war. Dagegen 
folge aus der Stelle mit historischer Schlüssig- 
keit, dass an der Ermordung Sanheribs baby- 
lonische Zettelungen beteiligt waren. 

Wie jetzt Ungnad, so hielt und halte ich es 
also für ausgeschlossen, das Totenopfer für San- 
herib in der zerstörten und, wie Ungnad richtig 
betont, entweihten Stadt Babylon stattfinden zu 
lassen, und ich muss es daher gleich ihm ab- 
lehnen, die Stellen des alten Testaments so zu 
emendieren, dass sich als Stätte der Mordtat der 
von Sanherib zerstörte Tempel des Marduk (7770 
für 7703) in Babylon dabei ergibt (Winckler, 
KAT: 85).. Neben die früher ziemlich allgemein 
angenommene Verbesserung des 7703 in ) (Nu- 
sük) = Nusku tritt nun eine andere Möglichkeit, 
die wohl den Vorzug verdient: Ungnad, der uns als 


| richtige Aussprache für NIN.IB Nimurta (aram. 


Dh = *inwusta für niwusta aus nimurta, ni- 
murda?) kennen gelehrt hat, schlägt vor, statt 
no) vielmehr 770) = Nimurta zu lesen. 

Mit Recht betont ferner Ungnad, dass wir 


1 Bezog sich auf Jensens Uebersetzung KB II 193 
— „Die übrigen Leute bei (?) den Kolossen (/Sedu (-+- ?) 
lamassu —] dem Koloss), wo schon mein Grossvater San- 
herib niedergeschlagen hatte —, damals zu seiner Speisung 
schlug ich dort jene Leute nieder“ und die von Meissner 
ZA X (1896) S. 80f.: „Die Ueberlebenden machte ich an 
den Stierkolossen, wo schon mein Grossvater Sanherib 
ein Blutbad angerichtet hatte, jetzt zu seinem Totenopfer 
nieder.“ x 
2 Das t erhält den Stimmton unter dem Einfluss 
des vorangehenden stimmhaften r: progressive Assimi- 
lation: Nimurt(a) wurde Nimurd(a) (= Nimröd). pd3n 
in Tiglatpilesar ist nicht — Tukulti, sondern — Tuklat: 
das k wird stimmhaft unter dem Einfluss des folgenden J. 
Daher meine Umschrift Tuklatabilesarra, Tuklat- Nimurta 
usw. Man darf also nicht von einem Wechsel von # und d 
und von einem analogen Wechsel von k zu g im Assy- 
rischen schlechthin reden, wie Ungnad a. a. O. Sp. 359 
Anm. 2 tut. — Zu dem Uebergang von r zu š (zunächst 2), 
der in Mw SN vorliegt, ist neben Sipistu für Sipirtu 
Ungnad OLZ 1907 Sp. 5 f.) noch hinzuweisen auf mastu 
r martu „Tochter“ V R 39, 67c, worüber ich um- 


275 


mit Sedu und lamassu in Babylon bis auf weiteres 
nicht rechnen dürfen. Ebenso scheint es mir 
ausser Zweifel zu stehen, dass Esagila bei San- 
heribs Tode keinenfalls so weit wieder aufge- 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11/12. 


276 


dessen Tempel Sanherib zerstört und dessen Bild 
er nach Assur entführt hatte, konnte unmög- 
lich als der Gott Sanheribs bezeichnet werden, 
wohl aber jedes Mitglied des assyrischen Pan- 


baut war, „dass dort feierliche Königsopfer statt- theons; die Wendung des AT so zu urgieren, 


finden konnten“. Hat doch nicht einmal Assar- 
haddon, der sich die Wiederherstellung des Tem- 

els und die Rückführung des Marduk aufs 
Tebhafteste hat angelegen sein lassen, dieses 
Ziel seines Strebens erlebt. Erst seinen Söhnen 
Assurbanabal und Samassumukin ist es vor- 
behalten geblieben, das väterliche Vermächtnis 
auszuführen. 

Andererseits aber würde Assurbanabal nicht 
gefangene Babylonier am Eingang des Nimurta- 
Tempels in Niniveh als Totenopfer für seinen 
Grossvater binschlachten lassen, wenn nicht die 
Ueberzeugung bestanden hätte, dass die Baby- 
lonier bei der Ermordung Sanheribs ihre Hand 
im Spiele gehabt hätten, und es ist schwerlich 
zu bezweifeln, dass die Mörder Sanheribs die 
den Unwillen, den Sanheribs Behandlung Baby- 
lons und der Babylonier bei diesen und selbst 
bei einem Teil der Assyrer erregt haben wird, 
bei ihrem Vorhaben verwerteten und in Rech- 
nung stellten. 

So ist Sanherib als Feind der Babylonier 
und mit ihrer Billigung, wenn nicht auf ihr Be- 
treiben, gefallen. Mit einer Sinnesänderung 
Sanheribs Babylongegeniiber, wiesieSchmidtke 
hauptsächlich aus seiner vermeintlichen An- 
wesenheit in Babylon bei seiner Ermordung 
folgern will, haben wir nicht zu rechnen. Die 
Anordnungen zum Wiederaufbau von Esagila 
sind nicht ihm zuzuschreiben. Vielmehr bleibt 
es dabei, dass sie von Assarhaddon ausgingen. 

[Nachschrift. Seit ich Obiges in Kon- 
stantinopel (März 1918) niederschrieb und im 
Frühjahr der Redaktion übersandte, hat 
Schmidtke OLZ 1918 Juli/August) Sp. 169 seine 
Ansicht Ungnad gegenüber verteidigt, ohne dass 
ich mich zu einer Aenderung meines Standpunkts 
veranlasst sähe. Dass Babylonier nur dann 
für die Ermordung Sanheribs verantwortlich 
gemacht werden konnten, „wenn die Tat in 
Babylonien stattgefunden hatte“, trifft, wie 
meine obigen Dartegungen zeigen, nicht zu. 
Mit dem argumentum ex silentio, ist wie im 
allgemeinen, so gerade bei den assyrischen 
Königsinschriften, wenig anzufangen. Dass 
Assurbanapal nicht in Aegypten gewesen ist, 
lassen die Annalen in ihren verschiedenen Fas- 
sungen nicht erkennen. So wissen wir auch 
nicht (s. o.), ob er persönlich am Zuge gegen 
Babylonien beteiligt war. Dinge ferner, die 
allgemein bekannt sind, werden nicht besonders 
erwähnt. Dazu gehörte für die Assyrer auch 
der Ort der Ermordung Sanheribs. Marduk, 


dass nur der Hauptgott gemeint sein könne, 
ist unzulässig. Dass die Babylonier sédus und 
lamassus kannten, hat auch Ungnad nicht be- 
stritten, sondern nur betont, dass Orthostaten 
als Torwächter in babylonischen Tempeln nicht 
nachgewiesen seien. Dass Nebukadnezar an 
den Eingängen seiner Bauten eherne Stierbilder 
und Prachtschlangen aufstellte, die einen apo- 
tropäischen Zweck hatten, ist richtig. Aber 
als Sedu und lamassu werden sie nirgends 
bezeichnet, und ob es nicht eine Neuerung 
Nebukadnezars war, wissen wir nicht. Dass 
der assyrische Chronist die zu Assurbanabals 
Zeit für Babylon an Tempeln nicht nachweis- 
baren ehernen Gestalten als šêdu und lamassu 
bezeichnet habe, um seinen Landsleuten die 
Oertlichkeit der Ermordung Sanheribs anschau- 
licher zu machen, ist eine petitio principii. 

Mit einem Wort: nirgends liegt ein Zwang 
vor — und darauf kommt es an — die Er- 
mordung Sanheribs nach Babylon zu verlegen 
und daraus auf eine sonst völlig unbezeugte, 
unseren übrigen Nachrichten und dem Charakter 
Sanheribs völlig widersprechendeSinnesänderung 
Sanheribs zu schliessen. 

Korrekturzusatz, Innsbruck, 30. Okt. 1918.] 


Ueber die ältesten Münzen. 
Von Otto Schroeder. 

Durch meine Bemerkungen zu 2. Kön. 12, 
5—13 in OLZ 1916, Sp. 228 ff. veranlasst, hat 
C. Niebuhr ebda., Sp. 331 darauf hingewiesen, 
dass das genannte Kapitel schon fiir die Zeit 
des Joas (c. 800 v. Chr) den Umlauf gemiinzten 
Geldes voraussetzt. Da dieses erst rund zwei 
Jahrhunderte später aufgekommen sei, liege 
hier keine alte Ueberlieferung vor. — Es ist 
vielleicht nützlich, diesen angeblichen Ana- 
chronismus zu benutzen, um sich nach den 
ältesten Nachrichten über Münzen umzuschauen. 

Herodot I 941 wird die Erfindung der 
Prägung von Gold und Silber den Lydern zu- 
geschrieben; für den Standpunkt der Griechen 
gewiss mit Recht, zumal die ältesten uns er- 
haltenen Münzen aus der Elektron genannten 
Gold-Silber-Legierung „in dem damals von den 
lydischen Königen beherrschten Kleinasien 
geprägt sind“. (Vgl. Sallet, Die antiken 
Münzen; neue Bearb. von Regling, S. 1). Eine 
Verbesserung der Münzprägung knüpft an den 


Ferner Xenophanes bei Pollux IX 83; s. Ed 
Meyer, Geschichte des Altertums II § 349 u. Anm. 


277 


Namen des Kroisos von Lydien an, dessen 
Keoioeıoı wohl schon nur aus Gold waren; nach 
Herodot IV 166 hätte dann Dareios I. den 
Feingehalt der Goldmünzen weiter verbessert, 
was gewiss den Tatsachen entspricht, da die 
von ihm an geprägten /agesxoé! auf lange Zeit 
hinaus im ganzen Orient die Goldmünzen 
schlechthin waren. Ihrer wird auch im AT 
Erwähnung ser und zwar heissen sie dort 
27082 1. . 29, 7, Esra 8, 27, woraus 
später }1277, syr. z:? wurde, oder wa 
Esra 2, 69, Neh. 7, 70 ff.“, was mit griechisch. 
doaxuy zusammengestellt wird . In wie hohem 
Ansehen die Dareiken standen, ersieht man 
daraus, dass es dem Verfasser von 1. Chr. 29, 7 
begegnen konnte, die altisraelitischen Patrizier 
der Zeit Davids in DIN zahlen zu lassen. 


Derälteste Verkehrmit Wertmetallengeschah 


durch Darwägen; assyr. Sakälu, hebr. pw, die 
Worte für „zahlen“, bedeuten uno einfach 
„darwägen“. Aus praktischen Gründen ging 
man schon früh dazu über, Gold und Silber 
in Stücken „von bestimmtem Gewicht und ver- 
mutlich auch bestimmter Qualität“ inden Verkehr 
zu bringen. „Durchaus nicht ausgeschlossen 
ist“, sagt schon Eb. Schrader®, „dass solche 
Geldgewichte meist auch in einer bestimmten 
Form umliefen, welche dazu nach der Grösse 
derselben wechselte“. Ausser länglichen Barren 


begegnen z. B. „Zungen“ u) Josua 7, 21. 247 
und besonders häufig Ringe "33. — Gold in 


Ringform scheint in Aegypten landesüblich ge- 
wesen zu sein und wird auf den Reliefs öfters 
abgebildet, z. B. Benzinger, Hebräische Ar- 
chäologie? Abb. 99. Scheidemünze war in 
Aegypten ein uten genanntes Stück Kupferdraht 
von 91 gr Gewicht (Erman, Aegypten S. 657). 
Noch weiter fortgeschritten war wohl die Ent- 
wicklung in Babylonien, wo wir sogar von 
„gestempeltem Silber“ kaspum kankum hören; 
vgl. Ungnad, VAB VI S. 319. — Auch aus 
Mykenae besitzen wir Goldblättchen mit orna- 
mentalem Schmuck, die als Geldstücke gedeutet 


ı Zimmern, Akkadische Fremdwörter S. 21 hält 
die Ableitung des Namens dapsıxös vom Königsnamen 
Dareios für unzulässig. 

7s. Gesenius, HWB s. v. 

A Brockelmann, Lexicon Syriacum S. 78 b. 

* Vgl. auch targ. Nia Levy, Chald. Wörter- 


buch üb. d. Targumim S. 188a. 

Dagegen Zimmern, a. a. O. 

€ Bei Riehm, Handwörterbuch? 8. 494. Vgl. ferner 
Thomsen, Kompendium der Palästinischen Altertums- 
kunde S. 93 f. 

' Babylenisch-assyrische Parallelen s. Meissner, 
ZAW XXIII, S. 151 f. Benzinger, Hebr. Archäologie? 
S. 197, Anm. 2. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11/12. 


278 


worden sind i, doch ist diese Deutung angefochten 
worden. — Jedenfalls ergibt sich schon daraus, 
dass in ziemlich früher Zeit die Edelmetalle in nach 
dem Gewicht verschiedenen Formen? in Verkehr 
kamen, die auch gelegentlich mit irgendwelchen 
Kennzeichen versehen wurden; ob von amtlicher 
oder nur privater Seite, steht dahin. Von hier 
aus bis zur Münze ist kaum mehr ein Schritt; 
es bedarf nur noch dessen, dass der Staat 
Grösse und Form bestimmt und Gewicht und 
Feingehalt garantiert; dass dies bereits in vor- 
lydischer Zeit vorgekommen ist, halte ich für 
darchaus denkbar, wenn auch ein einwandfreies 
Zeugnis bis jetzt fehlt. 


Bis zu einem gewissen Grade könnte man 
Nachrichten in Inschriften Sinaheribs als solches 
werten, indem er bei Beschreibung des Baues 
von Lehmformen zum Guss von Kupferbildern, 
einer offenbar erst zu seiner Zeit höher aus- 
gebildeten Technik, die „Prägung von ½ Sekel- 
stücken* erwähnt. Vgl. Meissner und Rost, 
Die Bauinschriften Sanheribs. S. 14f. 35 
Delitzsch, HWB p. 249b s. v. pxt Prole- 
gomena S. 86 Anm. 1 (Strassmaier ZA VI 
S. 227). — Im Prisma 103000 (CT XXVI) 
heisst es VII 16 ff.: 16. i- pi ti-it-ti Nab- 
ni- ma e- ra- a hi- rib-· Su ai-tap-pa-ka 10, i pi-ti- i 
mid il zi xli 2" 10 :- gax· li· la nab - ni· u- un „Lehm- 
formen machte ich und goss Bronze "hinein; 
entsprechend der Herstellung von !/, Sekel- 
Stücken vollendete ich ihre Fabrikation“. 
Danach war der Guss? (so besser als „Prägung“) 
von Münzen zu ½ Sekel der Zeit Sinaheribs 
nichts Neues, nur die Verwendung der Technik 
zu umfangreicheren Bildwerken war neu. Dass 
die 1/, Sekel-Stücke bildliche oder inschriftliche 
Kennzeichen trugen, darf nach dem, was wir 
sonst über den Guss kleiner Metallgegenstände 
in Assyrien wissen, als sicher gelten. Nachdem 
Meissner, OLZ 1918 Sp. 171 f. nachgewiesen 
hat, dass diese Münze assyrisch esüzu hiess, 
ein Name, der bereits in der Amarnazeit vor- 
liegt (s. Zimmern bei Böhl, Sprache der 
Amarnabriefe S. 8 Anm. 2), haben wir die 


Abbildungen bei Baumgarten, Poland, Wagner, 
Die hellenische Kultur! 8.45 Abb. 56 f. Lamer, Grie- 
chische Kultur im Bilde. Abb. 10 unten rechts. 


? Wir sind so an die kreisrunde Münzform gewöhnt, 
dass es uns auffällig ist, wenn Münzen auch anderes 
Aussehen hatten; in China und Japan gab es Stücke 
von ovalem, viereckigem, jar sogar messerförmigem 
Aeusseren; s. Das Buch der Erfindungen I’ S. 113f. 
Abb. 115 f. 

® Vgl. auch Ruth Buka, Die 1 Ninewes 
zur zeit Sanheribs (Berliner Diss. 1915) 8 

* Auch die ältesten italischen 1 das 80 
aes grave, waren nicht 978.60 sondern gegossen; vgl. 
Sallet-Regling, a. a. O. 8. 69 ff. Abb. bei Lucken- 
bach, Kunst und Geschichte 1 8. 82. 


279 


Verbindung mit dem aramäischen Wort für 
die Drachme ny! (Lidzbarski, Nordsemitische 


Epigraphik S. 266a) und damit einen weiteren 
Grund, der Annahme einer älteren Ausmünzung 
der Wertmetalle zuzustimmen. 


Der assyrische Name des Königs 
Benhadad Ill, von Damaskus. 
Von Anton Jirku. 


2. Kg. 13, 3 lesen wir: „Da entbrannte der 
Zorn Jahves gegen Israel und er gab sie in 
die Hand des Chaza’el, des Königs von Aram 
sowie in die Hand des Benhadad, des Sohnes 
des Chaza’el, die ganze Zeit hindurch“. 


Die im MT sich findende Lesart Benhadad 
ist,| entgegen der G, gesichert und bezeugt durch 
die Inschrift des Königs ZKR von Hamath: 


dem 92 “anna (cf. Lidsbarski, Ephem. III, 3, 
Z. 4). Dieser aramäische König Benhadad III. 
wird nun auch in einer assyrischen Inschrift 
des Königs Adadnirari III. (cf. I. Raw. 35, 1, 
Z. 14) erwähnt, hier aber unter dem Namen 
Ma-ri-’. Diese Verschiedenheit in der beider- 
seitigen Benennung ist noch nicht erklärt. Viel- 


leicht lässt sie sich folgendermassen deuten: das 


aramäische Wort für „Herr“ lautet 812, womit 
in aramäischen Inschriften öfters Könige be- 
zeichnet werden; vgl. z. B. die Bauinschrift 
des Bar-Rekub (Lidzbarski,. Nordsem. Epigr. 
I, 443). Vielleicht nannte nun der assyrische 
Historiograph den aramäischen König statt nach 
seinem Eigennamen nach dem Epitheton, das 
ihm seine Untertanen beilegten, nämlich N» 
„mein Herr“, woraus dann das assyrische Ma-ri- 
wurde. Derartige Ungenauigkeiten liegen völlig 
im Bereich der Möglichkeit, da ja z. B. der 
israelitische König Jehu in den assyrischen 
Texten zur Familie des ‘Omri gerechnet wird 
(vgl. KAT? S. 247). 


[Hierzu möchte ich bemerken, dass dieser 
Vermutung erstens die Schreibung nicht ge- 
rade günstig ist; zweitens aber haben die as- 
syrischen Archivare meist schriftliche Quellen 
als Unterlagen gehabt; und da es sich bei diesen 
um offizielle Berichte von Generalen usw. 
handelte, ist wohl kaum anzunehmen, dass ein 
solches Epitheton ornans als Eigenname ver- 
wandt worden wire. Jehu wird als mar Humri 
bezeichnet, weil das Land den Namen bit Humri 
führte. F. E. P.] 


1 Hierzu vgl. ferner Zimmern, Fremdwörter S. 21, 
der auf die Hesychstelle verweist, in der Fotoat durch 
deazual glossiert wird. Krauss, Talmudische Archäo- 
logie II 8. 407. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11/12. 


280 


Trinken durch einen Schlauch. 
Von A. Wiedemann. 


Vor einer Reihe von Jahren habe ich in 
dieser Zeitschrift (OLZ 4 Sp. 7f.} ägyptische 
Denkmäler besprochen, welche die auch ander- 
wärts bekannte Sitte! vorführten, aus einem 
Topfe vermittelst eines Rohres oder eines 
Schlauches ein Getränk auszusaugen. Dabei 
war ein etwa der 18.—19. Dynastie entstam- 
mender, teilweise bestossener grosser Skarabäus 
zu nennen, welcher einen sitzenden Mann bei 
dieser Tätigkeit zu zeigen schien. Von dieser 
Skarabäendarstellung sind inzwischen klarere 
Exemplare bekannt geworden. Eines von etwa 
der Grösse des eben genannten erwarb ich bei 
den Pyramiden von Gizeh, ein zweites ist im 
Museum zu Modena?, ein drittes befand sich 
in der Sammlung Palins. Wesentlich kleinere 
sind zu Kairo4, zu Bristol 5, im British Museums. 
Exemplare in der Sammlung Ward? und in 
Oxford® zeigen abweichend den Topf in der 
Mitte und rechts und links von ihm 
je eine das Getränk saugende Gestalt. Bei- 
schriften, welche die Gruppe erläuterten, fehlen. 
Aus dem bei meinem Exemplar zwischen der 
Gestalt und dem Topfe angebrachten Zeichen 


ı Vgl. für den auf Zylindern des vorderasiatischen 
Kulturkreises mehrfach auftretenden Gebrauch in Ar- 
menien Aeg. Z. 36 S. 129, in Thrakien a. a. O. 39 S. 83, 
in Kappadokien Proc. Soc. Bibl. Arch. 32, S. 177 ff. Auf 
einer Votivstele für den syrischen Gott Rescheph steckt 
das Saugrohr, ohne benutzt zu werden, in einem Topfe 
(Spiegelberg, OLZ 11, Sp 529). Eine Terrakotte etwa 
der 26. Dynastie aus Mendes (Edgar, Bull. Soc. archéol. 
d'Alexandrie 8, S. 7 ff.) stellt den Gott Bes dar, wie er 
mittelst einer geraden Röhre aus einem Topfe saugt. 

2 A. Grenfell, Proc. Soc. Bibl. Arch. 32, S. 269, 
Taf. 42, Nr. 3. 

° Dorow und Klaproth, Collection d’Antig. égypt. 
Taf. 14 Nr. 721. 

i “ Newberry, Scarab-shaped Seals Nr. 36331, S. 84, 

Taf. 9. 

5 von Tell el Jehüdije; Naville und Griffith, Mound 
of the Jew Taf. 11, Nr. 24. 

€ Die beiden letztgenannten bei Grenfell, Proc. 24, 
S. 32; vgl. 23 S. 139 ff. und Ballod, Prolegomena zur 
Geschichte der zwerghaften Götter in Aegypten S. 98, 51. 
— Alice Grenfell verweist hierbei (Proc. 24, S. 33) auf 
Athenaeus XI, cap. 3 „where mention is made of a 
rhyton, apparentiy Bes-shaped. On it the god is re- 
presented dancing, and blowing down an orifice through 
which liquid comes“. Hierbei meint sie offenbar Athe- 
naeus Xl 97, 497 (cap. 13 in ältern Ausgaben), wo von 
dem hornförmigen Rhyton in der Hand der Statuen der 
Arsinoe Philadelpbos ausgegangen und ein Epigramm 
über das Rhyton der Königin in Zephyrion, welches, 
zweifelsohne in Relief, den tanzenden und musizierenden 
Bes zeigte, mitgeteilt wird. Von einer Bergestalt des 
Gefüsses — dass es solche Formen tatsächlich gab, tut 
hier nicbts zur Sache — ist dabei jedoch nicht die Rede 
und vermag ich nicht zu sehn, worauf der Zusammen- 
hang der Stelle mit dem Skarabäusbilde des trinkenden 
Bes beruhen soll. 
' Proc. 23, Taf. 15, Nr. 384. 
® Angeblich aus Jerusalem; Grenfell Proc. 23, S. 140. 


281 


nefer „schön“ lässt sich nichts erschliessen. 
Die Darstellung des Trinkers auf den an- 
geführten Parallelskarabäen zeigt aber deutlich, 
dass es sich bei ihm nicht um einen Menschen! 
handelt, sondern um den Gott Bes. Die scheinbar 
sitzende Haltung ist als die übliche, nur etwas 
schärfer betonte knickbeinige Stellung dieses 
Gottes aufzufassen. Die Trinkart wird somit 
einem ägyptischen Gotte zugeschrieben, doch 
kann man bei den vielen sonderbaren Zügen, 
welche gerade Bes aufweist, hieraus keine 
weitergehenden Schlüsse auf eine in Aegypten 
altiiberlieferte und darum von Gottheiten an- 
gewendete Trinksitte ziehen. 


Das Gefäss ist auf den Skarabäen eine dick- 
bauchige, sackartige Flasche, auf welcher eine 
trichterformige Mündung aufsitzt. An dem 
Bauch befinden sich rechts und links schmale, 
langgezogene Henkel. Aehnlich erscheint das 
Gefäss auf der bekannten, die gleiche Trinkart 
zeigenden Söldnerstele von El Amarna, nur 
dass hier die Mündung als gerade Röhre 
verläuft. Eine andere Topfform findet sich auf 
einem bisher unveröffentlichten, grau-weissgrun- 
dierten, inschriftslosen, aber mit wenig künst- 
lerisch ausgeführten Göttergestalten bemalten 
Holzsarg der spätthebanischen Zeit zu Kairo. 
Auf diesem kniet oben in der Mitte in her- 
gebrachter Weise die Göttin Nut, die Sonnen- 
scheibe auf dem Haupte, die Flügelarme weit 
ausgestreckt, in jeder Hand das Zeichen der 
Wahrheit. Unter ihr steht der mumiengestal- 
tige Gott Osiris mit der üblichen Krone, in den 
Händen Herrscherstab und Geisel; vor ihm 
liegen auf einem Altar vier runde Kuchen, eine 
Gans und Blumen. Jederseits wird die Gruppe 
durch zwei parallele vertikale Linien ab- 
geschlossen. Jenseits dieser steht hinter dem 
Gotte in anbetender Haltung der menschen- 
gestaltige, schakalköpfige Anubis. Auf der 
andern Seite des Gottes befindet sich auf einem 
einfachen Holzgestell ein grosser kugeliger 
Topf mit kurzem Fuss, welcher oben mit einer 
geraden Röhre versehen ist, über welcher eine 
weit ausladende Platte als oberer Abschluss 
liegt. Von dem Plattenrande laufen rechts und 
links ziemlich dünne Henkel zu dem Bauch 
des Gefasses*, Der Topf ist dunkel gefärbt, nur 


1 Die Rückseite eines Ut’a-Auges der Sammlung 
Mac-Gregor (Grenfell, Proc. 32, 8. 270, Taf. 43, Nr. 12) 
zeigt den Trinker als einen auf einem Schemel sitzenden 
Mann.’ Da die Grappe sonst Zug um Zug den Bes- 
Skarabäen entspricht, wird hier ein Zeichenfehler des 
antiken Arbeiters oder der modernen Veröffentlichung 
vorlieger. und gleichfalls Bes gemeint sein. 

Im Winter 1906/7 im I. Stock, Abteilung X. 

* Ein ähnlicher Topf, bei dem aber der Fuss ab- 
ae ist, bei Bissing, Fayence-Gefässe (Kat. Kairo) 

. 94, Nr. 18006. 


Oriantaliatiache Literatnrzeitung 1918 Nr. 11/12. 


282 


um die Mitte des Bauches läuft ein heller Streif. 
Vor dem Topfe steht in anbetender Haltung 
eine Frau in langem Gewande. Um den Kopf 
trägt sie eine Binde, über der Stirn steht eine 
Blume steif nach vorn. In dem Munde hält 
sie einen Schlauch, dessen anderes Ende in 
den Topf eintaucht, vermittelst dessen sie also 
während der Anbetung trinkt. 

Um was für ein Getränk es sich bei dem 
Saugen handelt, wird nirgends angedeutet. Am 
nächsten liegt es, wie in andern Ländern, so 
auch in Aegypten, an ein Bier zu denken, 
dessen feste Bestandteile, Gerstenkörner und 
Brotstücke, man auf diese Weise zurückhalten 
wollte. Weniger wahrscheinlich erscheint Wein, 
dessen berauschende Wirkung man bekannter- 
massen durch Einsaugen steigern kann. 


Besprechungen. 


Unger, Eckhard: Die Reliefs Tiglatpilesars III. 
aus Nimrud. (Publikationen der Kaiserlich Osma- 
nischen Museen V.) Mit sechs Tafeln. 32S. gr. 8°. 
20 Piaster. Konstantinopel, Druck von Ahmed Ihsan 
& Co. 1917. Bespr. von Otto Schroeder, Berlin- 
Lichterfelde. 

Von den Reliefs, mit denen Tiglatpilesar IV 

— so, nicht als T. III, muss jetzt der von 745 

bis 727 regierende Assyrerkönig bezeichnet wer- 

den — seinen Palast in Kalhu, den sog. Zentral- 
palast von Nimrüd, schmückte, hat sich eine 
ganze Anzahl erhalten; freilich nicht in situ; 
denn als Asarhaddon (681—668) daran ging, 
den sog. Südwestpalast zu erbauen, liess er den 

Zentralpalast seines Wandschmucks berauben. 

Doch nur ein Teil der Platten wurde in den 

Südwestpalast verbracht und auch dort wieder 

aufgefunden; vor der Vollendung brannte dieser 

Bau ab; so blieben die weitaus meisten Reliefs 

aufgeschichtet im Zentralpalast liegen, und wur- 

den — etwa 100 an der Zahl — dort von Layard 

(1845—1847) wieder entdeckt. — Es sind zwei 

Gruppen von Reliefs zu unterscheiden; die eine 

entbält Kolossalreliefs, die dieganze Platte füllen, 

meist Darstellungen von Götterwesen und bart- 
losen Offizieren; die andere besteht aus Platten 
mit zwei Friesen, zwischen denen ein oft be- 
schrifteter Mittelstreifen läuft, und stellt im all- 
gemeinen kriegerische Szenen dar. Dieser zwei- 
ten Gruppe ist vorliegende Monographie ge- 
widmet. Die Reliefs befinden sich zumeist in 
London, andere Stücke sind nach Berlin, Kon- 
stantinopel, Paris, Zürich und sogar nach Bom- 
bay gelangt. Sie werden von U. kurz beschrieben 
und katalogisiert; sodann wird der Versuch ge- 
macht, etliche der ursprünglichen Bilderserien 
wieder zusammenzustellen. Hier haben P. Rost 

und erst jüngst B. Meissner (s. ZDPV 1916) 

wertvolle Mitarbeit geleistet. Die hier als zu- 


283 


sammengehörig erwiesenen Platten werden auf 
den Tafeln zum Schluss des Heftes auch in 
guten Abbildungen vorgeführt. — Das Material 
an Kunstdenkmälern der Zeit Tiglatpilesar IV 
ist mit den Nimrfidreliefs aber noch nicht voll- 
zählig; das Museum von Konstantinopel besitzt 
aus gleicher Zeit noch 16 Platten aus Arslan 
Tasch, die zusammen mit weiteren Platten aus 
Nimrüd im nächsten Heft der „Publikationen“ 
behandelt werden sollen; ich hoffe bei dessen 
Anzeige auf Einzelheiten näher eingehen zu 
können. — Hingewiesen sei nur auf gewisse 
Stileigentümlichkeiten der Nimrüdreliefs: die 
Grösse der abgebildeten Gegenstände wächst 
mit dem Wert und der Naturgrösse des Dar- 
gestellten; ausserdem ist alles auf den die Dinge 
besichtigenden König bezogen, je näher etwas 
ihm steht, desto grösser ist es abgebildet; mit 
wachsender Entfernung verkleinert sich die Dar- 
stellung; es liegt also eine Art optischer Per- 
spektive vor. — 


Theis, Johannes: Die Weissagung des Abdias. 
Untersucht, erklärt und gesichtet. (VIII u, 67 8. gr. 8°.) 
M. 2.60. Trier, Paulinusdruckerei 1917. Bespr. von 
J. Hehn, Würzburg. 


Obwohl bei der Verschiedenheit des Urteils 
über Abdias — der Verfasser zieht diese 
Namensform der massoretischen vor— von vorn- 
herein nicht viel Aussicht besteht, dass eine neue 
Untersuchung der Einheit und Abfassungszeit 
des Büchleins starken Beifall auslöst, so reizt 
das Rätsel des kleinsten unter den Propheten 
doch die Ausleger immer wieder. Wenn man 
freilich aus dieser kurzen Prophetie so weit- 
tragende Folgerungen für das Zwölfpropheten- 
buch ziehen zu dürfen glaubt wie Theis, so 
mag das schon eine Monographie rechtfertigen. 
Der Verfasser, der sich insbesondere als scharf- 
sinnigen Textkritiker erweist, übergibt diesen 
Kommentar über Abdias der Oeffentlichkeit, 
weil er bei seinen Prophetenstudien zu der 
Ansicht gekommen ist, „dass Abdias der älteste 
Schriftprophet ist“. „Von der klar erkannten 
Quelle aus lässt sich“, wie er dann weiter 
argumentiert, „die Entwicklung des alttesta- 
mentlichen Prophetentums am besten verfolgen“. 


Aus der zuversichtlichen Annahme, dass 
Jer. 49, 7—22 von Abdias abhängig ist, ergibt 
sich für Theis als unterster terminus ad quem 
für die Entstehung des Buches das Jahr 604, 
allein er hält Abdias sogar für älter „als das 
Buch des Amos, der den von Abdias abhän- 
gigen Joel benutzend .... innerhalb der Jahre 
769 — 744 weissagte“ (S. 15). Eine nachexilische 
Einnahme der Stadt Jerusalem, die der Schil- 
derung des Propheten gerecht würde, ist nach 
Theis nicht ausfindig zu machen, daher sucht 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11/12. 


284 


er sie in der Zeit vor dem Exil. Als einzig 
und allein passendes Ereignis sieht er die Er- 
oberung Jerusalems unter Joram durch die 
Philister und Araber an, wie sie 2. Chr. 21, 16 ff. 
beschrieben ist. 

Es ist schon soviel Scharfsinn auf die Dis- 
kussion tiber Abdias verwendet worden, dass 
die Hoffnung durch eine abermalige Erörterung 
eine communis opinio zu erzielen, wenig Aus- 
sicht auf Erfüllung bietet. Wenn freilich die 
wenigen Verse des Abdias so einheitlich, klar 
und eindeutig wären wie sie sich nach der 
vom Verfasser emendierten Form darstellen, 
so dürfte er stärkere Zustimmung für seine 
Frühdatierung finden als es unter den nun 
einmal gegebenen Umständen der Fall sein 
wird. Mir würde es geraten erscheinen, den 
wegen seiner Kürze wohl immer schwankenden 
Abdias lieber in ein gesichertes System ein- 
zugliedern als ihn zum Ausgangspunkt der 
Chronologie desZwölfprophetenbucheszumachen. 
Das schmale und unsichere Fundament trägt 
keine grossen Häuser. 


Klein, Otto Dr. phil.: Syrisch-griechisches Wörter- 
buch zu den vier kanonischen Evangelien, 
nebst einleitenden Untersuchungen. 124 S. gr. 8°. 
M. 6.60. Giessen, Alfred Tölpelmann 1916 (Beibefte 
zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft 28.) 
Bespr. von Br. Violet, Berlin. 

Ich möchte diese Besprechung mit einem 
Widerspruch gegen den Verfasser beginnen. 
Im Vorwort die Entstehungsgeschichte dieses 
im Januar 1911 begonnenen, im Sommer 1913 
vollendeten, aber durch den Krieg und die 
schwere Verwundung seines Autors bis zum 
Mai 1916 verzögerten Buches besprechend, 
schreibt er im Schützengraben vor Riga auf 
Nachtwache: „Alles um mich her in Waffen 
starrend, der Gewalt des Krieges dienstbar, 
vollende ich hier ein Buch, das einst mit Eifer 
begonnen, jetzt so nebensächlich und jeglichen 
Interesses unwert erscheint. Aber doch ein 
kleines Symbol, dass sich der Geist, der deutsche 
Geist, siegreich behaupten wird gegenüber allen 
physischen Gewalten“. 

Bei aller Achtung vor der sich hier zeigenden 
Bescheidenheit des Verfassers ist sein Urteil 
falsch, grundfalsch: das kleine Buch ist keines- 
wegs nebensächlich und jeglichen Interesses 
unwert, sondern ein schöner Beweis echt deutschen 
Fleisses und unseres Interesses durchaus würdig. 
Jeder, der mit der syrischen Uebersetzungs- 
literatur zu tun hat, weiss genau, wie wichtig 
es ist, die syrischen Wörter mit Zuverlässigkeit 
auf ihre griechischen Vorlagen zurückführen 
zu können. Dazu reicht der Thesaurus syriacus 
nicht immer aus, ist er auch zu unhandlich. 
Deshalb werden sich viele Gelehrte mit mir 


285 


über dies Buch freuen, ganz abgesehen davon, 
dass es von hohem Werte für die Theologen 
ist, die etwa an der Hand des neuen Testa- 
mentes sich in die syrische Sprache vertiefen 
wollen. 

Für den gelehrten Gebrauch ist der kleine 
griechisch-syrische Index fast noch wertvoller 
als der syrisch-griechische Hauptteil, besonders, 
da auch er genau und vollständig gearbeitet 
zu sein scheint. Solche rückwärtigen Indices 
sollten nirgends fehlen, und fehlen doch so oft! 

In der Einleitung bespricht O. Klein die 
Fragen, wie sich die verschiedenen syrischen 
Uebersetzungen des Neuen Testaments zuein- 
ander verhalten und kommt zu folgenden Er- 
gebnissen: I. Die Ausgabe von White 1778 
darf nicht, wie es jetzt öfters geschieht, als 
editio Harclensis bezeichnet werden, sondern 
mit White selber als Versio Philoxeniana; ein 
höheres Alter der Randnoten der Massora der 
Handschr. Brit. Mus. Cod. Add. 12178 (bei 
Gwilliam Oxford 1901 als mas. 2 bezeichnet) 
gegenüber der versio Philoxeniana Whites ist 
nicht erweisbar. II. Es lässt sich nicht mit 
Hjelt (in Zahns Forschungen zur Geschichte 
des neutest. Kanons VII 1, Leipzig 1903 S. 96 ff.) 
beweisen, dass die einzelnen Evangelien des 
Sinaisyrers (ed. by Agnes Smith Lewis, London 
1910) von verschiedenen Gelehrten hergestellt 
seien; hierin stimmt Klein mit Gressmann überein. 
III. Die Untersuchung der Begriffe dsxasoovry 
und owzyoia in den syrischen Evgl.- Ueber- 
setzungen führt besonders durch Matth. 6, v. 1 
darauf, dass von den Redaktoren des Sinai- 
syrers und des Curetonianus neben der gleichen 
syrischen Vorlage (manchmal?) verschiedene 
griechische Texte gebraucht wurden. Allmählich 
ist eine zunehmende Angleichung der syrischen 
Bibel an den griechischen Text erfolgt. IV. 
Eine kurze kritische Darstellung der Geschichte 
der syrischen Evangelienübersetzung und ihrer 
Probleme bezieht sich auf das Diatessaron 
Tatians und die Uebersetzungen nach Tatian, 
nämlich den Sinaisyrer und den Kuretonianus 
einerseits, die Peschitta andererseits. Ueber 
Tatian kommt Klein zu den Schlüssen, dass 
das Diatessaron die älteste, syrisch geschriebene 
Quelle sei und auf den sog. Western-Text 
zuriickgehe. Den Sinaiticus und den Kure- 


tonianus, d. h. ihre gemeinsame Quelle, setzt 
er ins dritte Jahrhundert. Der Peschitta aber 
erkennt er die Abfassung durch Rabbula, Bischof 


von Edessa, im Jahre 412 mit Burkitt zu. 
Das Wörterbuch selber habe ich an einigen 
Stellen geprüft und sehr brauchbar und zu- 
verlässig befunden. Die Korrektur hat zu 
einem grossen Teil Herr Geheimrat Bezold 
besorgt, da der Verfasser in der Champagne 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11/12. 


286 


— 


kämpfte. Auch ihm gebührt daher, nächst dem 
Verfasser, unser Dank. 


Bang, W.: Zu den türkischen Zeitbestimmungen. 
Bespr. v. Heinrich Winkler, Breslau. 

Die kleine Arbeit! bildet eine Ergänzung zu 
Bangs Abhandlung „Vom Köktürkischen zum 
Osmanischen“. Schon in der letztgenannten 
Schrift behandelte er Kasusformen, die 
wie einfache Nominalstämme angesehen und 
demnach von neuem abwandlungsfähig werden. 
Demselben Gegenstande gilt die hier vorliegende 
Besprechung, die den Nachweis bringen will, 
dass eine Reihe von Ausdrücken, die eigent- 
lich bedeuten am Abend, am Morgen, zur 

eit . . . . zu reinen Nomina geworden, die 
ihrerseits die Kasusabwandlung über sich er- 
ehen lassen. Dieser Nachweis ist ihm, um 
as Hanptergebnis vorauszuschicken, unzweifel- 
haft gelungen. kurun (qurun, gorun) ist ein 
unverfälschter prosekutivartiger Lokativ = zur 
Zeit. Etwas zaghaft gibt Bang dem Worte 
kur (qur) die Bedeutung Zeit, weil ihm un- 
bekannt, dass kur, kor im Altaischen in sehr 


| weitem Umfange, vom Japanischen bis zum 


Finnischen, wirklich Zeit bedeutet (Jap. koro 
= Zeit, türk. kur, kor = Zeit, magyar. kor = 
Zeit, zur Zeit: tis öra-kor = 10-Uhr-Zeit = 
um zehn Uhr). Dieses kurun wird aber tat- 
sichlich wieder zu einem abwandlungsfähigen 
Substantiv, wie Bang zeigt. Wenn freilich, 
wie ich nebenbei bemerke, Bang meint, kas 
qurun = zur Abendzeit erscheine dem 
Sprechenden genau so wie etwa bir kün = an 
einem Tage, so muss ich dem widersprechen. 
käš qurun bedeutet unverkennbar zur Zeit 
(qurun) der Nacht, wobei natürlich kä$ gene- 
tivisch zu fassen ist. Ausserdem möchte ich 
hervorheben, dass Bang wohl nicht nötig gehabt 
hätte, mit so grossem Apparat die Anwendung 
des türkischen Dativ auch im Sinne der Zeit- 
dauer zu beweisen. Ich und wohl auch viele 
andere haben nie an dieser so naheliegenden 
Anwendung gezweifelt; cf. deutsches zu Weih- 
nachten, Ostern; man denke ferner an das Ja- 
kutische, das den Dativ überhaupt im Sinne 
der Ruhe anstelle des fehlenden da-Kasus 
gebraucht. Die Zahl derartiger Dative der 
Zeitdauer in türkischen Sprachen ist Legion. 
Jedenfalls aber hat Bang auch hier die Sache 
endgiltig bewiesen. Im übrigen sind seine Aus- 
führungen über kad, kaca, käčkä anregend und 
dankenswert; desgleichen die tiber tanla und 
besonders über tavilayin, und wieder beweist 
er einwandfrei, dass das rein kasuelle tanla 
von tan (tafi) = Morgenröte, Morgen zum neuen, 


Erschienen im ersten Doppesheft der neuen Zeite 
schrift Turan, Budapest 1918. 


287 


abwandlungsfähigen Nomen wird, wenn davon 
tanlaya gebildet wird = für den folgenden 
Tag. Dagegen muss ich zu seinen Bemerkungen 
über arta = der Morgen ein starkes Frage- 
zeichen machen, wenigstens bezüglich der Her- 
leitung. Dass dria als Nomen abgewandelt 
wird, ist bekannt. Nun sieht Bang auch hier 
in tä schon eine Kasusform, den gewöhnlichen 
Lokativ der Ruhe, so dass ärtä der Morgen 
eigentlich bedeutete am Morgen. Es soll zu- 
gegeben werden, dass nach den anderen ähn- 
lichen nachgewiesenen Fällendiese Auffassung 
viel Lockendes hat. Wenn ich ihm trotzdem 
nicht folgen kann, so geschieht das deshalb, 
weil der Morgen auch im Mongolischen und 
Tungusischen ärtä, erte! lautet, und alle die 
zahlreichen Ableitungen im Sinne von früh im 
Mongolischen vom Stamme ärtä, erte ausgehen. 
Wir können aber unmöglich annehmen, dass 
auch alle diese Bildungen auf den regelmässig 
gestalteten türkischen Lokativ ärtä zurückgehen 
sollten. So sehr es sich empfiehlt, die türkischen 
Erscheinungen nach Möglichkeit auf türkischem 
Boden zu erklären, so ist doch die allergrösste 
Vorsicht am Platze, wo es sich um Nominal- 
wie Verbalstämme, um die Herleitung und 
Deutung von anscheinend echttürkischen Bil- 
dungselementen und Aehnliches handelt. Das 
Mongolische spielt eine mächtige Rolle. Für 
das Jakutische hat schon Böhtlingk das im 
weitesten Umfange beachtet, es hat das aber 
auch für das Gesamttürkische eine nicht zu 
unterschätzende Bedeutung. Sogar in grund- 
legenden Fragen des Sprachbaues ist unter 
Umständen die Deutung allgemeintürkischer 
Erscheinungen nur unter Zuhilfenahme des 
Mongolischen möglich. 


Kubitschek, Wilhelm: Zur Geschichte von Städten 
desrömischen Kaiserreichs. Epigrapbisch-numis- 
matische Studien, 1. Heft. (Kais. Akad. d. Wiss. in Wien, 
philos.-hist. Kl., Sitzungsberichte, 177. Band, 4. Abb.). 
118 8. gr. 8°. M. 2%. Wien, A. Hölder, 1916. 
Bespr. von Arth. Mentz, Königsberg i. Pr. 

Wieder beschert uns Kubitschek eine wert- 
volle Arbeit. Wie bei epigraphischen und numis- 
matischen Studien nicht anders zu erwarten, 
setzt sie sich aus einer Fülle von Einzelbe- 
obachtungen zusammen. Gerade diese Sorgfalt 
bis ins kleinste gibt den Arbeiten Kubitscheks 
eine grosse Zuverlässigkeit, ist freilich wohl 
auch die Ursache für das oft harte Urteil, mit 
dem Kubitschek selbst kleine Versehen seiner 
Vorgänger tadelt. Und doch sind bei derartigen 
Studien Fehler gar leicht möglich; bringt es 
doch selbst Kubitschek fertig, anzunehmen, 


1 Auch im Samojedischen bietet das Kamassinsche 
jerte im Sinne von der Morgen. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11/12. 


288 


dass in einer christlichen Inschrift ņuéoa æ 
= Montag sein könne, obwohl die Griechen 
den Montag mit zusex ß bezeichneten, wie 
schon Rühl, Chronologie des Mittelalters und 
der Neuzeit, Berlin 1897, S. 60 versichert 
hat und z. B. ich in meinen Beiträgen zur 
Byzantinischen Osterfestberechnung (Königs- 
berger Dissertation 1906), z. B. S. 92 auch 
quellenmässig gezeigt habe; eine Abweichung 
auch in früherer Zeit scheint mir ausgeschlossen. 
So wären allerdings beide Wochenangaben in 
der betreffenden Inschrift falsch, falls die Aera 
wirklich die der Seleukiden ist, und auch die geist- 
volle Rekonstruktion der von der amerikanischen 
Expedition gefundenen Inschrift S. 23 wäre 
unwahrscheinlich. Ich sage all das nicht, um 
Kubitschek zu tadeln, ich will nur die Schwie- 
rigkeit derartiger Untersuchungen betonen. Für 
die numismatischen Beiträge steht Kubitschek 
das reichhaltige Wiener Münzkabinett zur Ver- 
fügung, aus dem er auch in dieser Arbeit 
mehrere wertvolle Stücke neu publiziert. 

Der erste Beitrag gilt Neapolis in Samaria. 
Die Stadt ist von Vespasian gegründet, von 
Kaiser Philipp zur römischen Kolonie gemacht 
worden. Nun zeigen die Münzen von Philipp 
bis Severus Alexander für die Stadt den Bei- 
namen Sergia. Vermutlich wurde sie in diese 
Tribus deswegen eingereiht, weil der Kaiser 
ihr angehörte. Ist das der Fall, dann ist Phi- 
lippus nicht von so niedriger Abstammung, wie 
die Tradition bisher behauptete. Lateinische 
Prägungen für die Stadt finden sich nur unter 
Philipp und in einigen Exemplaren unter Gallus 
und Volusianus. Das erklärt Kubitschek damit, 
dass Neapolis schon unter diesem Herrscher in 
ein Gemeinwesen mit griechischer Amts- und 
Umgangssprache zurückverwandelt wurde. 

Besonders interessante Probleme bieten die 
Zeitangaben von Eleutheropolis. Den Beginn 
der dieser Stadt eigentümlichen Aera bestimmt 
Kubitschek auf den 22. März 200. Daneben 
aber findet sich für denselben Ort und dieselbe 
Zeit die arabische Aera ab 22. März 106. Das 
ist allerdings erstaunlich, und Kubitschek nimmt 
an, dass etwa die Bauanlage der Gräber sicher- 
stellte, welche Art des Datums gewählt war. 
Daneben muss man aber mit Fehlern in den 
chronologischen Angaben rechnen. Dabei ist 
es gewiss ein richtiger Grundsatz von Eduard 
Schwartz, die Indiktion als zuverlässiger als 
die Jahreszahl vorauszusetzen. Aber gerade 
auf der S. 21 behandelten Zeitangabe, wo 
Schwartz unter dem Beifall von Kubitschek 
VET für YZE annimmt, könnte man vielleicht — 
rein paläographisch gesprochen — annehmen, dass 
der Schreiber die Indiktion I statt durch a 
durch einen Strich | wieder gab, den der Stein- 


289 


metze in ein T verwandelte. Das folgende 
Datum uy(vi) dvorow xs dg æ ETS V. I. Sat deute 
ich mit Schwartz auf das Jahr 414, auch wenn 
der Strich nicht mehr unter das A reicht. Der 
vor dem A stehende Haken bedeutet sicherlich 
(xc). Es ist nicht abzusehen, wie A zur Be- 
deutung des Wochentages kommen sollte, wenn 
nicht 7éea dabei steht. Eine von Kubitschek 
nicht in Betracht gezogene Erwägung ist viel- 
leicht für die auf S. 25 ff. behandelten Inschriften 
von Gaza anzustellen. Wie wir auch heut- 
zutage oftmals das Jahrhundert fortlassen, und 
etwa vom Jahre 14 sprechen, während wir 
1914 meinen, so könnte ein gleiches auch bei 
den behandelten Inschriften anzunehmen sein. 
Setzen wir ein fehlendes g voraus, so würden 
— wenn ich nicht irre — die Indiktionen in 
den drei Fällen stimmen. Allerdings würden 
dann die auf S. 26 aufgeführten Inschriften 
etwa 100 Jahre auseinander liegen. Dass auf 
beiden ein Vater Timotheos erscheint und dass 
Diktion und Ausstattung der Inschriften ähnlich 
sind, spricht sicher nicht gegen meine An- 
schauung; denn der Name Timotheos ist nicht 
eben selten, und Diktion und Ausstattung von 
Grabinschriften sind von besonderer Stetig- 
keit der Tradition. Ob der Charakter der Schrift 
eine solche Datierung ermöglicht, kann ich leider 
nicht feststellen. Wie dem aber auch sei, mit 
Fehlern in solchen Datierungen wird man immer 
rechnen müssen, wenngleich natürlich zunächst 
auf jede Weise zu versuchen ist, die Angaben 
zu erklären, bevor man sie verbessert. 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11/12. 


290 


die Gruppen der Nominale aufstellen und manch 
einen wichtigen Schluss auf das Münzwesen 
Palästinas ziehen. Mehrere besonders schwie- 
rige Lesungen erhalten ansprechende Deutungen, 
wenn wohl auch nicht in allen Fällen — wie 
FC = felix Commodiana oder fida constans — 
das letzte Wort gesprochen ist. Besonders 
anziehend sind die Münzen von Ptolemais. 
Einzelne weisen eine Aera cäsarischen Andenkens 
von 48 v. Chr. auf, andere tragen den Namen 
des Claudius als des Gründers der römischen 
Kolonie. Wenn zwei Münzen mit dem Bildnis 
Neros einige Standarten zeigen, die römische 
Zahlzeichen tragen, so sollen diese offenbar die 
an der Siedelung der Kolonie beteiligen Legionen 
angeben. Kubitschek zeigt nun mit guten 
Gründen, dass nicht alle auf einmal bei der 
Gründung Ansiedler abgegeben zu haben 
brauchen, vielmehr handelt es sich wohl um 
mehrere Nachschübe, die die Gemeinde der 
Kolonie von Zeit zu Zeit auffrischten. Eine 
entsprechende historische Erklärung findet Ku- 
bitschek für die auf den ersten Blick sonder- 
bare colonia libera. Er vermutet, dass diese 
sich auf Miinzen von Hippo Diarrhytus und 
Askalon findende Bezeichnung zwei aufeinander- 
folgende verschiedene Verfassungen desselben 
Ortes verbindet; eine friihere Entwickelungs- 
stufe sollte neben dem bestehenden Zustande 
in der Erinnerung behalten werden. Durch 
diese Annahme wird vor allem die allerdings 
sehr schwierige Hypothese von dem Neben- 
einander zweier Gemeinden in demselben Orte, 


Die Untersuchungen Kubitscheks fördern | wie sie namentlich Barthel und Dessau für das 


die Geschichte mehrerer syrischer Orte wesent- 
lich. So lehren uns die bis in die Zeit Gordians 
vorhandenen Münzen von Gaza, dass die Stadt 
bis dahin noch nicht römische Kolonie war; 
erst bei Hieronymus erscheint sie als solche. 
Falls der konjizierte Kult des Consus in der 
Stadt wirklich heimisch war, wird die Stadt 
vermutlich in der Mitte des dritten Jahrhunderts 
Kolonie geworden sein. Die Forschungen über 
Philippopolis führen wesentlich über das, was 
Marquardt gegeben hat, hinaus; der Ort ist von 
Kaiser Philipp als seine Geburtstadt zur rö- 
mischen Kolonie erhoben worden und wurde 
offenbar der Mittelpunkt der Landschaft Sakkaia. 
Dessen Aera nimmt Kubitschek mit dem 
22. März 243 oder 244 n. Chr. Geburt an; 
allerdings jo dem die Indiktion einer 
Inschrift (S. 49). 

Der vorkurzem erschienene Palästina-Band des 
Katalogs des Londoner Münzkabinetts gibt Ku- 
bitschek Veranlassung, Münzen von Askalon, Cae- 
sarea und Sepphoris einer genauen Betrachtung 
zu unterziehen. Durch sorgfältige Zusammen- 
stellungen der Grössen und Gewichte kann er 


Karthago römischer Zeit voraussetzten, über- 
flüssig. Kubitschek verspricht für diese und 
andere Fragen, die er in der Arbeit berührt 
hat, noch genauere Untersuchungen. Wir sehen 
ihnen mit Spannung entgegen und dürfen er- 
warten, dass sie nicht weniger ergebnisreich 
sein werden als die vorliegende Abhandlung, 
die neben den vorgetragenen Dingen noch manch 
ein schönes Ergebnis, wie etwa das über die 
Behandlung von Brüchen oder das über Zahlen 
und Ziffern, bietet. 


Beiträge zur Keligions wissenschaft, herausgegeben 
von der Religionswissenschaftlichen Gesellschaft in 
Stockholm. 2. Jahrg. (1914/15), 1. Heft. (116 S.) gr. 8°. 
M. A. Bonnier, Stockholm u. J. C. Hinrichs’sche 
Buchh., Leipzig. Bespr. v. Hans Rust, Königsberg i. Pr. 

Von diesem verdienstvollen Unternehmen 

liegt mir das 1. Heft des 2. Jahrgangs (1914/15) 

vor. Es enthält drei Beiträge. E. Hammar- 

stedt behandelt „schwedische“ Opfersteine“ 

(Aelvkvarnar). In vielen schwedischen Pro- 

vinzen kommen die „Napflöcher“ vor, welche 

noch heute in Krankheitsfällen mit ungesalzenem 

Tierfett in der demSonnenlauf entgegengesetzten 


291 


Richtung gesalbt werden. Hammarstedt ver- 
mutet darin ein ursprüngliches Totenopfer. 
B. Risberg bringt eine lange Reihe „text- 
kritischer und exegetischer Anmerkungen zu 
den Makkabierbiichern*. G. P. Wetter endlich 
behandelt „die „Verherrlichung“ im Johannes- 
evangelium“, namentlich im Anschluss an 
12, 27 ff., 13, 31 ff. und 17, 1 ff. Das Joh. Ev. 
verwendet viele liturgisch formulierte Worte 
wie z. B. in Kap. 3 und 6 bei Behandlung der 
Taufe und des Abendmahls. Liturgischer Sinn 
wird daher auch für dokabe vermutet und aus 
der Literatur des Synkretismus belegt: „durch 
das richtige Rezitieren der Zaubersprüche die 
Götter stärken“. Nachdem sowohl die Quellen- 
scheidungshypothese als auch die Annahme 
eines allegorischen Transparents für das Joh. 
Ev. gescheitert wären, sei zu versuchen, es als 
liturgische Schrift einer christlichen Mysterien- 
gemeinde zu verstehen. Namentlich hätte die 
ägyptische Theologie auf die johanneische 
Christusmystik eingewirkt. 


Söderblom, N.: Das Werden des Gottesglaubens. 
Untersuchungen über die Anfänge der Religion. 
Deutsche Bearbeitung, hreg. von R. Stübe. (XII, 398 S.) 
gr. 8°. M.8—; geb. M. 9 Leipzig, J. C. Hinrichs 
1916. Bespr. von Marie Pancritius, Königsberg i. Pr. 

Die beim skandinavischen Bauern, beimNeger, 

Australier und Indianer nachweisbare, im indi- 

schen Brahman am höchsten ausgebildete Mana- 

vorstellung betrachtet N. Söderblom als Haupt- 
wurzel, den im chinesischen Shang-tiamschirfsten 
ausgeprägten Urheberglauben als zweite und den 

im alttestamentlichen, Jahve gipfelnden Animis- 

mus als dritte Wurzel des Gottesglaubens. 

Verfasser weist zwar darauf hin, dass auch 
die Naturvölker schon alte Völker sind, trägt 
aber den ungeheuren Zeiträumen der Mensch- 
heitsgeschichte doch nicht Rechnung und sucht 

Anfänge im Volksglauben der Hochkulturvölker 

und in der Religion der sogenannten Primitiven, 

obwohl hier doch eher Verfall und Verflüch- 
tigung zu finden sein dürfte. Wir kennen wahr- 
haft primitives Geistesleben nicht; wie sollte 
sich beweisen lassen, dass Alterserscheinungen 

Jugendzuständen gleichen? Ist etwa die 

welkende Pflanze dem lebenden Keime gleich 

oder die klare Quelle der versumpften oder 
versandeten Mündung? Wenn Verfasser aus- 
führt: „Die Frömmigkeit vergisst die heiligen 

Männer und Frauen .... und hält sich mehr 

an die eigene Kraft der Reliquien“, so liegt es 

hier doch auf der Hand, dass ein persönliches 

Wesen der Ursprung ist, den Mana umgibt, 

wie die Wolke den Bergesgipfel. Und wenn 


Kulturmenschen ohne wirkliches Erfassen des 


religiösen Sinnes bei Entscheidungen die Sa- 
kramente verlangen, so kommt doch gerade hier 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11/12. 


292 


das zu Grunde liegende persönliche Element 
dem Verlangenden nicht aus dem Bewusstsein. 
Bei den Kulturvölkern ist Sinken und Verfall 
ursprünglich klarer hoher Ideen in vage Vor- 
stellungen deutlich sichtbar. Und alle im Volks- 
glauben noch wirksamen Mächte waren Götter 
oder Ahnen, deren Namen vergessen, deren 
Kulte als alter Brauch in Erinnerung geblieben 
waren. Das zeigen besonders die vom Verfasser 
hervorgehobenen, die Nahrung umgebenden 
Tabubräuche. Nicht weil ihre „lebenspendende 
Wirkung“ den Menschen mit Verwunderung, 
Dank und Angst einer ihr innewobnenden Macht 
gegenüber erfüllte, sondern weil ihre Gewin- 
nung — wie besonders das Jägertum mit 
seinen, die Schutzmittel des Tieres dem Jäger 
gegenüber verpersönlichenden Wildschützern 
zeigt — den Glauben an übernatürliche Wesen 
hervorrufen musste. Und der Ackerbau hat 
vom Jägertum entlehnt. Wie der indianische 
Jäger sich beim Geiste des getöteten Tieres 
entschuldigt, damit der unsichtbare „kleine 
Hirsch“ ihn nicht straft, wie der arktische 
Jäger seine Beute mit allen möglichen Tabu- 
vorschriften umgibt, um die Tiergöttin Sedna 
nicht zu erzürnen, wie der Samojede den ge- 
töteten Bären besänftigt, um seiner Rache im 
Jenseits zu entgehen, so entschuldigt sich der 
Ackerbauer beim geschnittenen Getreide. Aber- 
ursprünglich ebenso wenig wie der Jäger bei 
einer unpersönlichen Macht, sondern bei einer 
Gottheit. Gestalten wie die „Reismutter“, die 
„Kornmuhme‘ sind nicht aus Sitten undBräuchen 
entstanden (so S. 64), sondern gingen ihnen 
voran. Und da allem Anscheine nach die wich- 
tigsten Nahrungsmittel wie Milch, Butter, Brot 
zunächst Kultgaben waren und erst Nahrungs- 
mittel wurden, als die betreffende Religions- und 
Wirtschaftsstufe überwunden war — die hei- 
ligen Herden des Jägertums z. B. Nutzen brin- 
gender Besitz wurden — so ist es natürlich, 
dass sie von Anfang an mit vielem Zeremoniell 
umgeben waren. 


Dass auch die Magie letzten Endes gesun- 
kene Religion sein kann, habe ich wiederholt 
ausgefiihrt!. Wenn die Primitiven Gift und 
Heilkraft der Pflanze, Waffenwirkung u. dgl. 
auf übernatürliche Kräfte zurückführen, so 
dürfen wir nicht vergessen, dass diejenigen, die 
in der Pflanze Heil und Verderben, Rausch 
und Betäubung entdeckten, Priesterinnen waren 
und diese Wirkungen zunächst in religiösem 
Sinne verwerteten. Darauf weisen die Nach- 
klänge der von der Frau geschaffenen Kultur 
hin — Hexenglauben, Zaubermacht gerade der 


Frau im Märchen und die weise kräuterkundige 


1 z. B. Anthropos 1913 S. 938ff. 


293 


Frau. Und die Waffe dürfte ihre Zauberkraft 
dem ältesten Waffenmineral, dem Stein, ver- 
danken, der aber in grauer Vorzeit auch nicht 
als unpersönliche Macht nur von Mana und 
Tabu umgeben zu sein brauchte. Als persön- 
lich gedachtes Wesen, dessen Andenken noch 
in dem, das zerstreute Vorkommen des Feuer- 
steins erklärenden indianischen Mythos! von 
dem durch die Rache der Tiere gesprengten 
Feuersteinmanne und in dem europäischen Mär- 
chen? von dem in Feuersteine zersprungenen 
Zauberer weiterlebt, konnte er Kult empfangen 
haben. 

Wenn der Zauberer überall als Feind der 
Religion gilt, so liegt das in dem geschicht- 
lichen Verlauf. Die Priester einer zurück- 
gedrängten, meistens nur noch in Verborgenheit 
verharrenden Religion werden von den An- 
hängern der herrschenden natürlich als feindlich 
empfunden. Ging der religiöse Kern ganz ver- 
loren, erhielt sich nur kultliche Technik als 
etwas Wirkungsvolles, so blieb auch das Odium 
bei derselben und bei dem, der sie ausübte. 
Bewusst oder unbewusst auf einer diskredi- 
tierten Religionsform fussend, bleibt der zum 
Zauberer gesunkene Priester sowohl in seinem 
eigenen Empfinden als auch in der Anschau- 
ung der Gruppe ein Feind der Religion. Und 
in der Teufelvorstellung liegt nicht eine spätere 
Verdichtung des „bösen Mana“ (S. 219), sondern 
die Diskreditierung des Totengottes. Als Gottes- 
und Jenseitsgedanke sich zu höheren Religions- 
formen verbanden, mussten Totenglaube und 
-kult als religionsfeindlich empfunden werden; 
als sich Paradiesvorstellungen herausbildeten, 
wurde das alte Totenreich zur Holle. Der 
Nimbus von Schlangen, Wölfen, Füchsen, die 
magische Kraft der von Isanagi seinen Ver- 
folgern hingeworfenen Früchte, der das Toten- 
reich sperrenden Steine (S. 96) dürfte auf aus- 
gebildeten Totenglauben zurückzuführen sein?. 

Was die Gleichförmigkeit primitiven Denkens 
(82f.) anbetrifft, so dürfen wir der so weit ver- 
breiteten Manavorstellung wegen noch nicht an 
einen gemeinsamen auch unter den Zivilisationen 
nachweisbaren Nährboden primitiver Auffassung 
denken. Vielmehr weisen unmöglich auf dem 
Boden des Elementargedankens gewachsene 
Uebereinstimmungen ganzer Vorstellungsreihen 
auf gemeinsame vorzeitliche Kulturzentren hin. 
So z.B. lässt sich der Zusammenklang der von 
Frobenius auf die Totenhiitte zurückgeführten 
afrikanischen Hüttenmasken und Totenhüte mit 


1 Dähnhardt III S. 167f. 

* Grundtwig: Dänische Märchen S. 46 u. 64. 

s Vgl. meinen Aufsatz: Die magische Flucht, ein 
8 uralter Jenseits vorstellungen. Anthropos 1913 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11/12. 


294 


europäischem Totenglauben nur durch die An- 
nahme einer urgeschichtlichen Kulturprovinz — 
etwa Südwesteuropa und Nordafrika — und 
ausgedehnte, sich überJahrtausende erstreckende 
Abwanderungen erklären. Mit Recht sagt Ver- 
fasser: „Nicht genug kann betont werden, wie 
schwer zugänglich und schillernd die primitive 
Denkweise für uns ist“ (81), denn auch die 
Primitiven sind Erben; und noch dazu Erben, 
die nicht fähig waren, das aus eigener besserer 
Vergangenheit ererbte oder von höher begabten 
Völkern übernommene Gut fortzubilden. Die 
Aufstellung, dass wir es „mit einer elementaren 
Aeusserung derprimitiven Psyche“ zu tun haben, 
„die in verschiedenen Zonen, Stämmen und 
Zeiten in analoger Weise gegen gewisse Er- 
scheinungen reagiert hat“ (S. 99), ist zu ge- 
waltsam gegenüber der so verschiedenartigen 
Entwicklung der Menschenstämme und ihrem 
langen Vorleben. 

Die Beispiele von Tabufurcht (64) bei Kultur- 
völkern bezeugen keineswegs ein auf psycho- 
logischer Grundlage stehendes Zurücksinken in 
primitive Lebensverfassung, sondern durch viele 
Generationen gehegte vage Erinnerungen an 
Schicksalsmächte, die durchaus nicht unper- 
sönlich zu sein brauchten. Wenn die Götter 
längst vergessen sind, bleibt alter Kult noch 
lange lebendig. Man wagte ihn nicht aufzu- 
geben, weil er einmal zu etwas gut war. Dass 
z. B. die erst neuerdings polizeilich verbotenen 
Umzüge des Weihnachtsschimmels und des Neu- 
jahrsbockes nicht lediglich als Mummenschanz 
aufgefasst wurden, beweisst die an der sam- 
ländischen Küste noch lebende Vorstellung, dass 
das Jahr um so fruchtreicher wird, je mehr 
Leute der Neujahrsbock schreckte. Neu er- 
scheinende Tabubräucheund Machtritenbrauchen 
durchaus nicht neu entstanden zu sein (S. 63); 
auf diesem Gebiete hat meistens nur das Alt- 
erprobte Wert, und es besteht im Volke — 
auch in den gebildeten Schichten — noch ein 
so starker Unterstrom von alten Erinnerungen 
— das bezeugen jetzt im Weltkrieg auftauchende 
verschollene Kriegssagen — dass zu jeder Zeit 
etwas anscheinend Neues an die Oberfläche 
kommen kann. 

In allen Aussagen über Mana und seine 
Varianten wechselt Persönliches mit Unpersön- 
lichem, weshalb soll das Letzte das Aeltere 
sein? Auch ihr Schillern zwischen dem Gottes- 
und dem Jenseitsgedanken spricht gegen die 
Ursprünglichkeit der Manavorstellung. Gerade 
bei den Primitiven überwiegt der letzte. Auch 
den Seelenstoff der altägyptischen Religion — 
die Göttern und Menschen innewohnende Lebens- 
kraft — besitzt nach den ältesten Quellen 
der tote Mensch in höherem Grade als der 


295 


lebende!. Zwei ursprünglich getrennte Vor- 
stellungen sind in dem Meere vager Erinne- 
rungen zusammengeflossen. Auch die Schwie- 
rigkeiten der Uebersetzung von Mana in den 
Sprachen der Primitivvölker (S. 54), die Menge 
und Verschiedenartigkeit der in Betracht 
kommenden Uebersetzungsmöglichkeiten, alles 
zeigt, dass man es nicht mit einem einheitlich 
entstandenen Begriff zu tun hat. 

Das indische Brahman (S. 272) ist sicher 
keine ursprüngliche Vorstellung: als Brahman 
des Volksglaubens der zauberhaft gewordene 
Niederschlag uralter Religionsentwicklung, als 
das All-Eine der idealistischen Metaphysik das 
Ergebnis pbilosophischer Spekulation. Jeden- 
falls tritt in der indischen Manaauffassung das 
persönliche Element am meisten in den Hinter- 
grund, verflüchtigt sich sogar ganz. Und dass 
dieses gerade in einer höheren Kultur geschieht, 
spricht auch dafür, dass das Unpersönliche 
nicht der Ausgangspunkt war. Sprachliche 
Anklänge des Wortes im arischen Völkerkreise 
(S. 274) würden nur beweisen, dass der Grund- 
begriff von Brahman schon in gemein-arischer 
Zeit zu einer gewissen Entwicklung — oder 
vielmehr Verflüchtigung — gelangt war, nichts 
aber für Entstehung eines vagen Begriffs in 
der arischen Urhorde oder ihrem Vorvolk auf 
völkerpsychologischer Grundlage. Und wenn 
Oldenburgs Definition des Brahman (S.275) auch 
auf das Mana der Primitiven zutrifft, so dürfte 
daraus folgen, dass diese ihr Mana in demselben 
Verfallstadium empfingen wie die Arier ibr 


Orientalistische Literaturseitung 1918 Nr. 11/12. 


296 


nur Beeinflussungen der Urgestalt durch Totem- 
götter. Der „grosse Manitu aller Tiere“ war 
sicher wie Engidu einst ein Tierherrscher aus 
der Jägerzeit. In den geheimnisvollen Fähig- 
keiten der Tiere, in der Nahrung, die sie geben, 
sucht Verfasser die Erklärung dafür, dass sie 
früher als der Mensch von magisch-religiösen 
Zeremonien umgeben wurden (S. 107). Allem 
Anschein nach aber treten Naturerscheinungen 
auf wirtschaftlicher Grundlage in das 
religiöse Leben des Menschen ein: das Tier 
unter der Herrschaft und Nachwirkung der 
Jägerkultur, die Pflanze jedenfalls schon vor 
der eigentlich agrarischen Zeit als Ziel der 
wirtschaftlichen Tätigkeit der Frau und die 
Gestirne durch die Notwendigkeit des Kalenders 
für Ackerbau und vorschreitende soziale Ent- 
wicklung. Das Hervortreten einer Naturer- 
scheinung beruhte also nicht auf dem Suchen 
nach Erklärungen; diese kamen erst, als einzelne 
Naturerscheinungen in das Leben des Menschen 
eingriffen, die Religion ihren Glanz über sie 
warf und das Wesen der heilig gewordenen 
Formen zu erfassen suchte. Weil die letzte, 
durch die agrarische Kultur hindurchschim- 
mernde Wirtschaftsstufe unter der Weltanschau- 
ung des Jägertums stand, treten die Tiere als 
älteste Träger des religiösen Nimbus auf; aber 
es weisen starke Spuren darauf hin, dass auch 
das Feuer — der älteste Wobltäter des Menschen 
— und der Stein das Kulturmineral der 
Urgeschichte — einmal einen ausgebauten Kult 
hatten wie das Jägertum. Zu der so oft schon 


— 


Brahman; was wohl denkbar wäre, da der auch geäusserten Vermutung, dass einst Mensch und 


das Klima Afrikas beeinflussende Rückgang 
des europäischen Inlandeises der Ausgangspunkt 
vieler auch auf andere Erdteile übergreifender 
Völkerwanderungen sein musste. Im primitiven 
Mana tritt besonders bei Afrikanern und 
Indianern — das persönliche Element durch- 
aus in den Vordergrund, und auch neben dem 
unpersönlichen Brahman tritt der Weltschöpfer 
bervor (S. 279). Ist es nur Zufall, dass 
Mana überall mit dieser Gottesgestalt zusam- 
menfällt? Sollte sie sich immer aus der Mana- 
vorstellung herauskristallisiert oder nicht viel- 
mehr als älteste, in das Wirtschaftsleben der 
Menschen nicht eingreifende Gottheit teilweise 
schon in Mana verflüchtigt haben? Wie das 
höchste Wesen allmählich in den Hintergrund 
gedrängt wird, zeigt die altbabylonische Reli- 
gionsgeschichte. Der sumerische Anu — im 
Gilgamisliede die Zuflucht der Götter — wird 
unter dem Einfluss einer neuen Völkerschicht 
zum Schattengott. 

Tiergestaltige Urheber (S. 160) sind wohl 


ı OLZ 1917 Sp. 188. 


Tier als einander gleich oder ähnlich erachtet 
wurden (so S. 69 A. 60), liegt also m. E. kein 
Grund vor; nur die tiergestaltige Gottheit oder 
das in der Hege des Menschen häufig in weisser 
Farbe erscheinende heilige Tier wurden höher 
gestellt als der Mensch selbst. Und dass Totem- 
gruppen auf den Totemgott alles, auch die Welt- 
schöpfung, übertrugen, liegt in der Natur der 
Dinge. Wenn also Verfasser von den Urwesen 
schreibt: „In Australien haben sie offenbar als 
Tiere angefangen“, so folgt er einem trüge- 
rischem Schein; denn dass der Mensch das höchste 
Wesen naclı seinem Bilde schuf, geht schon 
daraus hervor, dass er es meistens „Vater“ 
nennt. Der Weltschöpfer brauchte keine andere 
Naturerscheinung ausserhalb des Menschen als 
Anlehnung. 

Dass die Urheber meistens keinen eigentlichen 
Kult zu geniessen scheinen (S. 151), dürfte auf 
den Einfluss der Zeit zurückzuführen sein. Die 
Schöpfung war immer dieselbe und immer gegen- 
wärtig, daher auch ihre die Zeitläufte über- 
dauernde Gottheit. Doch trat der Schöpfergott 
jeweilig vor den mit ihrer Wirtschaftsform auf- 


tretenden und sinkenden Naturgöttern zurück. 3 usw., aber beileibe nicht mytho- 


Seinen Kult, seine Opfer rissen jene an sich; 
sie gaben und mussten auch etwas haben. 
Warum soll ein Vorgang wie das Verbleichen 
Anus sich nicht auch bei Naturvölkern wieder- 
holt haben, die doch auch Schicksale erlitten 
und durch aufgesogene wandernde Völkersplitter 
auch von den Wellen der fortschreitenden Kultur 
berührt wurden, wie ihre Wander- und Heil- 
bringersagen lehren. 

An der Ausgestaltung des alttestamentlichen 
Jahve könnte eine vulkanische Gottheit Anteil 
gehabt haben; allein der starke eifrige Gott, 
als welchen wir den hebräischen Urheber und 
Himmelsgott kennen, mag auch von der kriege- 
rischen Kraft und Sinnesart der semitischen 
Eroberervölker manches angenommen haben. 

Das lebendig und fesselnd geschriebene Buch 
enthält eine Fülle von gut gewähltem Material, 
neuen Gedanken und Ausblicken und zeugt von 
solider Forschung. Es stellt die den Götter- 
glauben umgebenden Vorstellungen, seine Aus- 
prägungen und Begleiterscheinungen fest, allein 
es lehrt kaum etwas über sein Werden. Das 
verdienstvolle Ergebnis all dieser scharfsinnigen 
Untersuchungen liegt in der Beleuchtung einer 
uralten, vielen Umdeutungen unterworfenen, 
von begabten Völkern geschaffenen, von rück- 
ständigen Bevölkerungsklassen und Menschen- 
stämmen umgebildeten Vorstellungswelt. 

In zwei interessanten Kapiteln führt Ver- 
fasser den Einfluss der chinesischen Urheber- 
gestalt auf das Europa des achtzehnten und 
den des indischen Brahman auf das des neun- 
zehnten Jahrhunderts vor. 


Langer, Fritz: Intellektualmythologie, Betrach- 
dungen über das Wesen des Mythus u. die mytholog. 
Methode. XII, 269 S. gr. 8“ H. 10 —; geb. M. 12 —. 
Leipzig, B. G. Teubner, 1916. Bespr. von C. Fries. 

Der Verfasser hatte die Schrift als Ein- 
leitung zu einer germanischen Mythologie ge- 
dacht, entschloss sich aber zur monographischen 

Form, als ihm das Material unter der Hand 

über Erwarten anschwoll. Er verurteilt die 

gesamte bisherige Forschungsmethode der My- 
thologie, die viel zu sehr am Objekt hänge und 
allein darauf ausgehe, die Grundbedeutungen 
der sagenhaften Erzählungen zu vermitteln, sie 
anf Wolken, Sturm, Himmels- oder Kalender- 
erscheinungen zurückzuführen, statt zunächst 

‘die psychologischen Voraussetzungen der mytho- 

logischen Gedankenarbeit selbst zu ergründen. 

Er will eine Prinzipienlehre der Mythenbildung 

anbabnen, ohne die eine auf eigene Gesetze auf- 

gebaute Mythologie nicht denkbar sei. Die 

Vertreter der verschiedensten Grenzwissen- 

schaften redeten dem Mythologen darein, die 

Mythologie werde philologisch, ethnologisch, 


Urientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11/12. 


298 


ogisch betrieben. Sie sei noch immer Hilfs- 
wissenschaft und Anhängsel; damit kann man 
wohl einverstanden sein. Besonders setzt der 
Verfasser sich mit Wilhelm Wundt auseinander, 
dessen Lehre, Mythus sei in Vorstellung und 
Handlung gewandelter Affekt, in der Sub- 
jektivierung der mythischen Vorstellung am 
weitesten gehe. Langer will eine Intellektual- 
mythologie schaffen. Indem diese sich in die 
Lage des mythenbildenden Geistes zu versetzen 
suche, bemühe sie sich, die in den mythischen 
Vorstellungen überlieferten Glaubensideen als 
deren relativen Wahrheitsgehalt zu erschliessen. 
Mit den realen Ideen greife die Hand Gottes 
in das Leben des Naturmenschen entscheidend 
ein und gebe ihm etwas Geistiges, somit Norm 
des Handelns und das Streben, das den Menschen 
aus tiefster Unkultur erlöst hat. Die Trennung 
des Begriffs von seiner blossen Bezeichnung, 
dieser Dualismus führe zur Mythologie. My- 
thologie sei in erster Linie die Wissenschaft 
von den mythischen Sinnbegriffen (S. 200 f.). 
Es sind sehr scharfsinnige Deduktionen, in 
denen Langer seinen alle Spezialmythologie 
ziemlich gering einschätzenden Standpunkt dar- 
legt, aber sie gehören eigentlich in das Gebiet 
der psychologischen Forschung und befinden 
sich höchstens auf der äussersten Peripherie 
unserer empirisch-historischen Wissenschaft. 
So berechtigt sie daher an sich sein mögen, 
halten wir einstweilen doch dafür, dass es erst 
einmal darauf ankomme, die Grundlage aller 
Mythologie, das Material, den Ueberlieferungs- 
stoff zu sichten und in wissenschaftlicher Form 
zu sammeln, sodann die Sprache der Sagen zu 
belauschen und zu interpretieren. Und hat 
man den Kern, den Sinn, die Bedeutung der 
Mythen einmal erkannt, dann ist es auch an 
der Zeit, die psychologischen Denkmittel ge- 
nauer zu betrachten; induktiv, aus der Fülle 
der mythischen Tatsachen, scheint mir, lässt 
sich a posteriori am besten bestimmen, wie der 
betreffende Denkvorgang sich abgespielt haben 
muss. Aus den Wirkungen auf die Ursache 
zu schliessen ist doch zuverlässiger als die 
Ursachen rein philosophisch zu ergrübeln und 
die Wirkungen geringschätzig abzutun. So ist 
der Fehler des Buches der, dass es noch zu 
früh erschienen ist, dass es nicht gewartet hat, 
bis die einzig wahre und feste Resultate zeitigende 
Methode, nämlich die Ernst Sieckes, sich zu 
allgemeiner Anerkennung durchgesetzt hat. 
Alsdann ist es an der Zeit, die Grundlinien 
für eine methodische Intellektualmytbologie zu 
entwerfen, das wäre dann der letzte krönende 
Abschluss des Gebäudes. 


Berichtigung. 


Za der von der OLZ 1918, 250 übernommenen 
Nachricht, dass Langdon im Museum der Universität 
Pennsylvania die zweite Tafel des Gilgames-Epos entdeckt 
habe, möchte ich bemerken, dass Poebe! diese Tafel 
bei einem Antiquitätenhändler entdeckt hat, die dann 
auf seinen Vorschlag vom Museum der Universität Penn- 
sylvania gekauft wurde. Poebel hat über diesen Fund 
auch schon in OLZ 1914, 5 berichtet und dort in Aus- 
sicht gestellt, dass er die Inschrift veröffentlichen wolle. 
(Woran er aber durch den Krieg verhindert worden ist.) 

Bruno Meissner. 


Personalien. 


Josef von Karabacek in Wien ist im Alter von 
73 Jahren gestorben. 

Georges Legrain ist am 27. August 1917 in Luxor 
gestorben. 

Mrs. Grenfell, die sich viel um das Studium der 
Scarabäen bemüht hat, ist in Oxford am 8. August 1917 
gestorben. 


Zeitschriftenschau. 


® = Besprechung; der Besprecher steht in (). 


Allgem. Zeitung des Judentums. 1918: 
3. A. Jirku, Die älteste Geschichte Israels im Rahmen 
lehrhafter Darstellungen; Sven Hedin, Bagdad, Babylon, 
Ninive (Dienemann). 
4. M. Spanier, Randbemerkungen zu Kotteks Geschichte 
der Jnden. 
6. u. 7. Ratner, Die Geistes- und Gemütshygiene im 
altjüdischen Schrifttum. 
14. S. Jampel, Julius Wellhansen. 

American Historical Review. 1917: 
January. *A. Clay. Miscellaneous inscriptions in the Yale 
Babylonian Collection (R. W. Rogers). — *G. A. Barton, 
Archaeology and the Bible (L. B. Paton). 
April. *W. Goodsell, A history of the Family. — *H. 
G. Rawlinson, Intercourse between India and the Western 
World from the earliest times to the fall of Rome. — 
*C. H. Moore, The religious thought of the Greeks from 
Homer to the triumph of christianity (W. G. Everett). 
July. *H. A. Gibbons, The new map of Africa (1900—1916) 
(N. D. Harris). 

Archiv fiir Religionswissenschaft 1918: 
1. G. Wissowa, Interpretatio Romana Römische Götter 
im Barbarenlande. — M. P. Nilsson, Studien zur Vor- 
geschichte des Weihnachtsfestes. — F. Boll, Oknos. — 
*Religiöse Stimmen der Völker: 1. G. Roeder. Urkunden 
zur Religion des alten Aegypten, 2. J. Hell. Die Religion 
des Islam I. Von Mohammed bis Ghazäli (O. Weinreich). 
— O. Weinreich, Aion in Eleusis. — F. Boll. Zu Holls 
Abhandlung über den Ursprung des Epiphanienfestes. — 
R. Reizenstein, Zur Religionspolitik der Ptolemäer. — 
W. Spiegelberg, Das Isis-Mvsterium bei Firmicus Mater- 
nus. — K. Preisendanz, Ein Pseudo-Moses. — E. Schröder, 
„Walburg, die Sybille“ (BadovBovey 27vor olg). 

Baessler-Archiv. 1917: 
Beibeft VIII. F. Staschewski, Die Banjangi. Ueber- 
arbeitet u. herausg. von B. Ackermann. 

Berliner Philclogische Wochenschrift. 1918: 
22. *A. Goethals, Mélanges d’histoire du christianisme, 
quatriéme patrie (Bultmann). — *A. Walther, Das alt- 
babylonische Gerichtswesen (Gustavs). 
23. *Papyrusurkunden der öffentlichen Bibliothek der 
Universität zu Basel. I. Urkunden in der griechischen 
Sprache, hrsg. von E. Rabel. Il. Ein koptischer Vertrag, 
hrsg. von W. Spiegelberg (K. Fr. W. Schmidt). 
24. *Fr. Oertel, Die Liturgie, Studien zur Ptolemäischen 
und Kaiserlichen Verwaltung Aegyptens (Gelzer). 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11/12. 


300 


Deutsche Literaturzeitung. 1918: 
25. K. Miller, Itineraria Romana. Römische Reisewege 
an der Hand der Tabula Peutingeriana (E. Oberhummer). 
26. S. Krauss, Der alte Judenfriedhof in Wien und 
seine Grabschriften. 
27/28. *H. Bauer, Von der Ehe. Das 12. Buch von 


Al-Gazali’s Hauptwerk übers. u. erl. (I. Goldziher). — 
°H. Meinhold, Geschichte des jüdischen Volkes (H. 
Gressmann). 918 

1 : 


Bxpositor. 
January. G. H. Box, Who were the Sadducees? — 


B. W. Bacon. The „five Books“ of Matthew against the 
Jews. — A. T. Cadoux, St. Marcs Anticipations. 
February. G. A. Cooke, Palaestine and the Restoration 
of Israel. — W. E. Barnes, A. Prophet’s Apologia (Ez. 
I, 1—3). — J. E. H. Thomson. Unfermented Wine in 
the Lord’s Sapper. — E. M. Winstanley, The Outlook 
of the fourth Gospel. — E. Margoliouth, Elijah on Mount 
Horeb. — W. H. P. Hatch, „It is enough“. 
March. A. O. Welch, A fresh study of Zechariah’s Vi- 
sions. — A. T. Robertson, The Date of St. Marks Gospel. 
— G. Milligan, Greek Papyri (Einführung in die Papyrus- 
kunde). 

For Kirke og Kultur. 1918: 
Febr. *S. Mowinckel, Ezra de skriftlaerde (R. Gjessing). 
Mars. S. Mowinckel, Prever paa en metrisk oversettelse 
av det gamle testament. 
Mai. E. Hambro. De eldste bibler i verden. — S. Mo- 
winckel, Julius Wellhausen. 


Geographical Journal. 1918: 
Febr. M. Esposito, The pilgrimage of Symon Semeonis: 
A contribution to the history of medieval. — M. E. 
Durham, The Turcs and the Balkans. 

March. J. C. Smuts, East Africa. — E. de Vasconcellos, 
The effect of proposals for tho creation of an „Inter- 
national State“ in Tropical Africa. 

Geographical Review. 1918: 

January. L. C. West. Dongola Province of the Anglo- 
Egyptian Sudan. — *W. W. Claridge, A history of the 
Gold Coast and Ashanti from the earliest times (C. C. 
Adams). 

Geografisk Tidskrift. 1918: l 
24, V. J. A. Davidsson, Dobrudsch i Fortid og Nutid. 
— O. Olufsen, Russisk Turkestan. 

Geographische Zeitschrift. 1918: 

2/3. J. Ruska, Neue Bausteine zur Geschichte der ara- 
bischen Geographie. 

Journal Asiatique. 1917: i l 
Mars-Avril. R. Weill, La fin du moyen empire Égyptien. 
„Livre des roir.“ Table des noms royaux et princiers 
de la période comprise entre la XIIe et la XVIIIe dy- 
nastie présentés dans l'ordre de lenrs groupements histo- 
riques. — A. Bel, Un Dahîr Chérifien du Sultan ‘Ab- 
dalläh, fils de Moulaye Ismä'il. — Cl. Huart, Un docu- 
ment turc sur l'expédition de Djerba en 1560. — A. Bel, 
Inscriptions Arabes de Fés. 1. Trois anciennes coudées 
reyales de Fès. 2. Trois inscriptions sur marbre pro- 
venant du cimetiére de Bab Gisa. — Ch. Virolleaud, 
De quelques idéogrammes assyriens. — A. Christensen, 
Le dialecte de Simnan. Essai d'une grammaire Sämnänie 
(Extrait des Mémoires de l’Ac. R. des Sc. et des L. de 
Danemark, 7. série II); *K. Siissheim, Prolegomena zu 
einer Ausgabe der im Britischen Museum verwahrten 
„Chronik des Seldschugischen Reiches“; *H. A. Gibbons, 
The foundation of the Ottoman empire; *A. Schmidt, 
‘Abd-el-Wahhab ech-Cha'rânî [russisch]; J. H. Rayner, 
Three Persian songs; D. L. Smith, The poems of 
Mu'tamid, King of Seville, rendered into english verse; 
F. Codera, Estudios criticos de historia arabe española 
(Ol. Huart}. — *H. Munier, Service des antiquités de 
l'Égypte. Catalogue général des antiquités ég. du Musée 
du Caire. Manuscrits Coptes (L. Delaporte). — Aus den 


301 


Sitsungsberichten der S. A.: D. Sidersky, Les écritures 
sémitiques anciennes et modernes (macht auf die Ver- 
wechselung ähnlicher Buchstaben aufmerksam, die bei 
der Uebertragung des Pentateuch aus der archaischen 
in die aramäische Schrift vorgekommen sei). 

Mai-Juin. H. Pognon, Notes Tesicograpbiguce et textes 
assyriens inédits (Text eines Kontrakts aus dem Jahre 5 des 
Königs Sin-Zar-iskun und Fragmente dec Codex Hammu- 
rabi). — F. Nau, Méthodius. Clément. Andronicus. Textes 
édités, traduits et annotés (Les révélations de 8. Méthode. 
S. Clément de Rome, Le portraitdel’Antéchrist. Andronicus, 
Sur les points cardinaux). — C. Fossey, Etudes Assyriennes 
XI— XXI. — A. Moret, Le lotus et la naissance des 
dieux en Egypte. — *Abü’l Mahäsin Ibn Taghri Birdi's 
Annals, entitled An-Nujüm az-Zähira fi mulük Misr wal- 
Kähira, edited by W. Pepper, IV 1 (Cl. Huart). — G. 
Millet, L’école grecque dans l’architecture Byzantine; 
*B. Sarghissian, Grand catalogue des manuscrits arméniens 
de la bibliothéque des P. P. Mekhitharistes de Saint- 
Lazare (F. Maoler). — “Rerum Aethiopicarum Scriptores 
occidentales. Vol. XV. Index analyticus totius operis 
(A. Guérinot). — M. Schwab, Homélies judéo-espagnoles 
(D. Sidersky). — “La Bible du Centenaire, ed. par la 
Société biblique de Parie. 1. Genèse, Exode (Ders.). 
— Aus den Sitzungsberichten der S. A.: E. Leroux +. 


Journal of the R. Asiatic Society. 1917: 
April. J. Kennedy, The gospels of the infancy, the La- 
lita Vistara, and the Vishnu Purana: or the transmission 
of the religious legends between India and the West. 
— G. Furlandi, A cosmological tract by Pseudo-Diony- 
sius in the Syriac language. — R. P. Dewhurst, The 
metres of Hafiz and Atish. — J. Kennedy, Serapis, Isis, 
and Mithras as essays towards a universal religion. — 
*W. J. Prendergast, The Maqamat of Badi al-Zaman 
al-Hamadäni. Translated from the Arabic, with an in- 
troduction and notes (H. Hirschfeld). — General meetings 
of the R. A. S., January 9, 1917: Bericht über H. Baynes’ 
Orting „The Zoroastrian prophecy and the messianic 

opo“. 
July. J. Kennedy, The gospels of the infancy, The 
Lalita Vistara, and the Vishnu Puräna (Forts.). — V. A. 


Orientalistische Literaturzeitang 1918 Nr. 11/12. 


302 


rınam. — R. H. Nassau, Bantu tales. — H. E. Krob- 
biel, Afro-American folk-songs (H. H. Roberts). 
Journal of Hellenic Studies. 1917: IR: 
Part. I. St. A. Cook, A Lydian-Aramaic Bilingual (i 
Littmann’s Lydian Inscriptions I). — W. H. Buckler, 
Lydian Records. — A. B. Cook, A Pre-Persic Relief from 
Cottenham. — *P. M. Meyer, Griechische Texte aus Ae- 
gypten. — *E. Bell, The Architecture of Ancient Egypt. 
— *H. R. Hall, Aegean Archaeology. 
Journal of Philology. 1918: 
68. W.T. Thiselton-Dyer, On some ancient plant-names. 


Literarisches Zentralblatt. 1918: 

16. *W. Baumgartner, Die Klagegedichte des Jeremia 
J. Herrmann). — *P. Koschacker, Rechtsvergleichende 
tudien zur Gesetzgebung Hammurapis. [16 sieh Sp. 207.] 
17. Th. Lessing, Europa u. Asien (E. Erkes). — S. Hedin, 
Bagdad, Babylon, Ninive (H. Philipp). 

19. *J. Irle, Deutsch-Herero-Wörterbuch (H. Stumme) 
20. *R. Kittel, Geschichte des Volkes Israel. 2. Band 
(J. Herrmann). 
21. K. J. Beloch, Griechische Geschichte, 2. Aufl. 2. Band 
(F. Geyer). — *G. Schweinfurth, Im Herzen von Afrika. 
Reisen und Entdeckungen 1868—71. — H. Bauer u. 
P. Leander, Historische Grammatik der hebräischen 
Sprache des AT (J. Herrmann). 
22. *M. Buber, Vom Geist des Judentums (F. Strunz). 
— K. J. Belocb, Griechische Geschichte, 2. Aufl. 2. Band 
(F. Geyer). 
23. *M. Horten, Die religiöse Gedankenwelt des Volkes 
im heutigen Islam (Brockelmann). — *J. Augapfel, 
Babylonische Rechtsurkunden aus der Regierungszeit 
Artaxerxes I u. Darius II (Ebeling). 
24. *W. Heinitz, Phonographische Sprachaufnahmen aus 
dem egyptischen Sudan (Linschmann). 
25. *Germanentum, Slaventum, Orientvölker und die 
Balkanereignisse, von Austriacus Observator (Hz.). 


Monatssohr. f. Gesch. u. Wiss. d.Judent. 1917: 
7/8. Die Fluchpsalmen im Urteile Luthers und Franz 
Delitzschs. 

9/12. M. Braun, Heinrich Graetz. — M. Güdemann, 
Heinrich Graetz. — H. Coben, Graetzens Philosophie der 


Smith, The confusion between Hamida Bano Bégam | jüdischen Geschichte. — N. Porges, Graetz als Exeget. 


(Maryam-Makäni), Akbar’s mother, and Haji Bégam or 
Béga Bégam, the senior widow of Humayun: Humäyün’s 
Tomb. — A. Cowley, Notes on Hittite hieroglyphic in- 
scriptions. — F. Legge, Serapis, Isis, and Mithras (Er- 
widerung auf J. Kennedy's Aufsatz in J. R. A. S. 1917 
April). — F. Krenkow. The Maqamat of Badi‘ al-Zamän 
al-Hamadäni. — *A. J. Wensinck, The ideas of the 
western Semites concerning the navel of the earth 
(M. G.). — L. W. King, Sir Gaston Maspero +. — D. S. 
M., H. F. Amedroz +. 
October. E. G. Browne, The Persian manuscripts of the 
late Sir Albert Houtum-Schindler. — F. Legge, The 
most ancient goddess Cybele. — V. A. Smith, Akbar's 
„House of worship“, or Ibadat-Thana. — Th. G. Pinches, 
The Semitic Inscriptions of the Harding Smith Collection ; 
An early mention of the Nahr Malka (Zeichengruppe 
Hid Lugala in einer Tontafel der Mrs. Pinches’s collec- 
tion, zu lesen: När Sarri). — W. H. Moreland, Prices 
and wages under Akbar. — W. H. Schoff, As to the 
‘date of the Periplus. — H. Beveridge, An obscure quatrain 
in Bäburs memoirs; The Mongol title Tarkhan 
5 Name Tarchon, Tarquinius (?)). — H. Hirsch- 
eld, An unknown work by Ibn Jinni (Neu erworbenes 
Ms. im Brit. Mus., Or. 7764, betitelt: The Manhüka of 
Abu Nowäs, interpreted by Abül Fath Athmän ibn Jinni). 
— “History of the patriarchs of the Coptic chureh of 
Alexandria. 


Journal of American Folk-Lore. 1917: 


April-June. A. P. Penard, Surinam Folk-Tales; Popular 
notions pertaining to primitive stone artefacts in Su- 


— L. Treitel, Flavius Josephus bei Graetz. — A. Schwartz, 
Die Konsekrierung der dıitten Stadtmauer Jerusalems. 
— Ph. Bloch, Graetzens Schema zu einer enzyklopädischen 
Bearbeitung des Talmud. — M. Güdemann, Moralische 
Rechtseinschränkung im mosaisch-rabbinischen Rechts- 
system. 

Nachricht. v. d. K. Ges- d. W. Göttingen. 1917: 
Phil.-hist. Kl. H. 5. E. Littmann, Ge'ez-Studien I. II. — 
W. Bousset, Wiedererkennungsmärchen und Placidas- 
Legende. — W. Lüdtke, Neue Texte zur Geschichte eines 
Wiedererkennungsmärchene und zum Text der Piacidas- 
Legende. 

Neue Orient. 1918: 

III 1. Hugo Grothe, Oesterreichs Stellung und Arbeiten 
zur Kunde des näheren Orients. (Bei der kurzen Er- 
wähnung einer südarabischen Expedition hätten wohl 
Glasers viel erfolgreichere Expeditionen und Arbeiten 
mindestens einen ähnlichen Hinweis verdient. D. R.) — 
Roeder, Die archkelogischen Unternehmungen in Aegypten. 
2. Muajed, Vers l'union Turco-Persane. — M. Horten, 
Die Geheimlehre der Jezidi, der sogenannten „Teufels“ 
anbeter“. — Jamohedji Maneckji Unvala, Der Pahlavi- 
text „der König Hussav und sein Knabe“ (A. Sh.). 

3. Hugo Grothe, Die Orientkunde in Ungarn und die 
Gedankengänge des Turanismus. — H. Altdorffer, Die 
Bevölkerung Russisch-Zentralasiens nach Nationalität 
und Bekenntnis. — Arthur E. P. Brome Weigall, A 
history of events in Egypt 1798 to 1914; *Adolf Hasen- 
clever, Geschichte Aegyptens im 14. Jahrhund. 1798—1914 
(Martin Hartmann). 


308 


Orientalistische Literaturzeitung 1918 Nr. 11/12. 


80+ 


4, 5. Alfred Cosack, Volkstum und Glaubensbekenntnis 
im Kaukasus. — Ali Djemalzadeh, Die Engländer und 
der Süden Persiens. — Enver Pascha, Um Tripolis. — 
Türk Jurdu; *Jeni Medschmu'a (Martin Hartmann). — 
*Nikolaus Rhodokanakis, Studien zur Lexikographie und 
Grammatik des Altsiidarabischen II. H. (M. H.). 
6. H. Altdorffer, Die Bevölkerung Sibiriens. 
7. H. Banning, Zur Rechtsschreibung der türkischen 
Ortsnamen. 
Nordisk Missions-Tidsskrift. 1918: 
2. A. Nielsen, Koranen og Biblen (Forts.). — B. Bals- 
lev, Verdenskrigen og Jøderne (Forts.). | 
Juni. A. Nielsen, Koranen og Biblen (Schluss). 
Norsk Teologisk Tidsskrift. 1918: 
Mars. G. P. Wetter, Der Sohn Gottes (S. Hoffmeyer). 
— *E. Balla, Das Ich der Psalmen; *W. Baumgartner, 
Die Klagegedichte des Jeremias (S. Mowinkel). 
Nordisk Tidskrift. 1918: 
1. P. Lugn, Den egyptiska dödsboken. 
2. *R. Nordenstreng, Europas människoraser och folkslag 
(S. Hansen). 
Nordiek Tidskrift for Filologi. 1918: 
1. *Preisigke, Antikes Leben nach den ägyptischen 
Papyri (H. Roeder). 
Petermanns Mitteilungen. 1918: 
März / April. Th. Laugenmaier, Alte’ Nachrichten über 
mittelafrikanische Völker. — *E. Banse, Die Länder und 
Völker der Türkei (A. Philippsohn). 
Proceedings of the Soc. of Bibl. Arch. 1918: 
2. W. L. Nash, The Origin of the Mediaeval re- 
presentations of the weighing of the soul after death. 
— S. Langdon, Three new hymns in the cults of deified 
kings. — C. Mc Clure, A note on the Covenant Cere- 
mony among the Hebrew. i 
3. S. Langdon, Three new hymns in the cults of deified 
Kings (Forts.). — A. M. Blackman, Sacramental ideas 
and usages in ancient Egypt. 
4. 8. Langdon, Three new hymns (Forte). — A. M. 
Blackmann, Sacramenta! ideas and usages in ancient 
Egypt (Forts.). — A. H. Sayce, The Arioch of Genesis. 


‚Revue Archéologique. 1917: 
Juillet— Octobre. P. Paris, La poterie peinte ibérique 
d Emporion. — J. Lesquier, L’Arabarches d'Egypte (Steuer- 
beamter im römischen Aegypten). — Gieseler, Le mythe 
du dragon en Chine. — M. Pillet, Quelques documents 
iaédits sur les fouilles de Victor Place en Assyrie (betr. 
die Versuche, die im Jahre 1855 durch Schiffbruch ge- 
sunkenen Altertumsfunde zu heben). — S. de Ricci, Es- 
quisso d'une bibliographie égyptologique. — P. Saint- 
yves, Denx thèmes de la Passion. (Die ungenähte Tu- 
nica, und die Verfinsterung). — S. de Ricci, L'hypothèse 
d'un Pentateuque cunéiforme. — J. Lesquier, Les papy- 
rologues italiennes. — Ders, La papyrologie en Angle- 
terre. — S. Roinach, Un essai de synthèse préhistorique 
(Bez:.ehungen der minoischen Kultur zur mitteleuro- 
päischen nach einem Vortrag von A. Evans vom Jahre 
1916). — Nouvelles archéologiques: S. R. bezweifelt 
die Richtigkeit der Nachricht Reuters aus Cairo, daB 
eine chinesische Statue in den Ausgrabungen von Canope 
gefunden sei. — S. Reinach, Prof. Jesse B. Carter f 
20 juillet 1917. — A. Moret, Georges Legrain +. 
Nov.-Déc. E. Vassel, Inscriptions céramiques puniques. 
— S. de Ricci, Esquisse d'une bibliographic égyptolo- 
gique. II. Topographie (Forts.). — F. Cumont, A propos 
de Cybèle. — F. Cumont, Etudes syriennes (R. R) 
H. Pernot, Grammaire du grec moderne (S. R). — 
*E. Pottier, Musée du Louvre (S. R.). 
Revue Critique. 1918: 

2. H. Gauthier, Le livre des rois d'Égypte T. V 
(A. Moret). — Cl. Huart, Le livre de la création et de 


l’histoire de Motahhar ben Tahir el-Maqdisi (M. G. D.). 
— °H. M. Wiener, The date of the Exodus (A. L.). 

3. *J. Ajalbert, Le Maroc sous les Boches (M. G. D.). 
— *E. Montet, Etudes orientales et religieuses (A. Bel). 
— A. P. Cabrero, Ibiza arqueologica; O. Roman, Anti- 
guédades Ebusitanas (R. Lantier). 

5. *De la Reveliöre, Les énergies françaises au Maroe 
(F. Bertrand). 


Revue de Philologie. 1917: 

Janvier. G. Bardy, Notes sur les recensions hésychienne. 
et hexaplaire du livre d’Esdras-Néhémie (Eo8pac 3’). 

Revue de l'histoire des Religions. 1916: 

LXXIII. G. Huart, Authenticit6 et valeur de la tradition 
populaire. — W. Deonna, Les prototypes de quelques 
motifs ornementaux dans l’art barbare (Daniel in der 
Löwengrube). — A. Bouché-Leclercq, Histoire des Séleu- 
cides (A. de Ridder). — R. Dussaud, L’Aphrodite Chy- 
priote. — P. Alphandéry, Les croisades d’enfants. — 
F. Macler, Les couvents arméniens. A propos d'une 
publication qui n'est pas récente (K. Kostanéonts, 
Hayots vanqére Moscou 1886). *R. Weill, Les 
décrets royaux de l'ancien empire égyptien (A. Moret). 
— A. van Hoonacker, Une communauté judéo-araméenne 
à Eléphantine, aux Ve et VIe siecles avant J. C. (R. 
Dussaud). — *L. Malten, Kyrene, Sagengeschichtliche 
und historische Untersuchungen; *V. Constanzi, Tradi- 
zioni Cirenaiche; *A. Ferrabino, Cirene mitica (A. Reinach). 
H. Graillot, Le culte de Cybèle, mère des dieux (A. de 
Kidder). — A. Ungnad, Babylonian letters of the 
Hammurapi period (L. Delaporte). 
LXXIV. M. Goguel, Notes d’histoire evangélique. Le 
probléme chronologique. — *R. Forrer, Das Mithra- 
Heiligtum von Königshofen bei Strassburg (W. Deonna). 
— Cl. Huart, Le livre de la création et de l'histoire 
de Motahhar ben Tahir el Maqdisi (R. Dussaud). — 
"A. Poebel, Historical Text-Historical and Grammatical 
texts — Grammatical Texts (L. Delaporte). — P. Gauckler, 
Nécropoles puniques de Carthage (R. Dussaud). — 
G. Huet, Un miracle de Marie-Madeleine et le roman 
d’Apollonius de Tyr. — A. Moret, Maspero et la religion 
égyptienne. — *N. W. Thomas, Anthropological Report 
on Sierra Leone (L. Rougier). — E. Benamozegh, Israël 
et l'hnmanité (A. Lods). — *J. Abelson, Jewish mysticism 
(P. Masson-Oursel). 

Revue des Traditions Populaires. 1917: 

1/2, 3/4. E. Cosquin, Les Contes Indiens et l'Occident, 
Petites Monographies folkloriques à propos des Contes 
Maures. 
7/8. *Giacobetti. Recueil d’enigmes arabes populaires 
(R. Basset). — E. Cerulli, Canti popolari amarici (Ders.). 
1918: 1/2. G. Huet, Le conte du trésor pillé (trésor de 
Rhampsenite). Les versions africaines. — R. Basset, 
Contes et legendes arabes. 


Nachträglich ausgezogen. 


J. C. Hinriehs’sehe Buebhandlung in Leipzig 


Soeben erschienen: 


Frölich, Richard: Das Zeugnis derApostelgeschichte 
von Christus und das religiöse Denken in Indien. 
(II, 74 S.) 8°. M. 3— 

(Arbeiten zur Missionswissenschaft. 2. Stück.) 

Levertoff, Paul: Die religiöse Denkweise der 
Chassidim, nach den Quellen dargestellt. (IV, 
164 S.) 8°. M. 6.50 

(Arbeiten zur Missionswissenschaft. 1. Stück.) 


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Mit einer Beilage von der J. C. Hinrichs’schen Buchhandlung in Leipzig. 


Verlag u. Expedition: J. C. Hinriehs’sehe Buchhandlung, Leipzig, Blamengasse 3. — Druck von Max Behmersow, Kirchbain N.-L. 
Verantwortlieber Herausgeber: F. E. Peiser, Königsberg L Pr., Go!ts-Allee 11. 


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