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Full text of "Pflanzen-Gattungen, nach dem Inbegriffe säntlicher Fruktifications-Theile gebildet, und nach dem Sexual-Pflanzen-Register geordnet; mit kritischen Bemerkungen"

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Pflanzen⸗Gattungen 


nach dem 


Inbegriffe ſaͤmtlicher Fruktifications⸗Theile 
gebildet, und nach dem Sexual-Pflanzen⸗ 
Regiſter geordnet; 


mit 


kritiſchen Bemerkungen. 


Erſtes Heft; 
mit zwei Kupfertafeln. 


Von 2 a 5 a 
Friedrich Caſimir Medicus, 
Pfalzzweibruͤckiſchem wuͤrklichem Regierungsrathe, Direktor der 


Churpfaͤlziſchen Staatswirthſchafts Hohen Schule und der 
phyſik. oͤkonomiſchen Geſellſchaft zu Heidelberg ꝛc. 


Ignorato proprio genere (plantarum) nulla de- 
fcriptio, quamvis accurate tradita certam (ſpe- 
ciem) demonſtrat, ſed plerumque fallit: nam 
confufis generibus omnia confundi neceſſe eſt. 
Cae/alpin de Plaut. Lib. XVI, Praef. pag. 4. 


Mannheim, 
bei Schwan und Gotz, 1792. 


2 


LIBRA NN 


NEW 
BOTAN: 
Seinen GA! 


beiden botaniſchen Freunden, 


Herrn Friedrich Ehrhart, 


Koͤnigl. Grosbrittaniſchen und Churfürſtlichen Braunſchweig⸗ 
Lüneburglſchen Botaniker ꝛc. 


und 
Herrn D. Paul Uſteri, 


Committirtem Mitgliede der correſpondirenden Geſellſchaft 
ſchweizeriſcher Aerzte und Wundaͤrzte ıc, 


zum Zeichen 


ſeiner Hochachtung und Ergebenheit 


gewidmet 


von 


dem Verfa ſſer. 


Vorbericht. 


On den Jahren 1782 und 1783 habe ich in 
5 zwei Bänden botanifche Beobachtungen ber: 
ausgegeben, und ungeachtet ich mir mit Recht 
ſchmeicheln kann, meine Beobachtungen mit der 
groͤßen Genauigkeit aufgezeichnet zu haben: ſo 
fuͤhlte ich dennoch, daß es fuͤr einen emſigen 
Mann zwar nicht ſchwer ſey, auf dieſe Art die 
Summe von Baͤnden zu vermehren; aber wenn 
ich auf den Gewinn zuruͤckblickte, den die Kraͤu— 
terwiſſenſchaft ſelbſt davon haben koͤnnte: ſo 
fand ich, daß er wuͤrklich ſehr unbetraͤchtlich ſey. 
Denn ich ſah gar wohl ein, daß alles auf richtig 
beſtimmten Pflanzen-Gattungen beruhe, daß 
keine Pflanzen⸗Art wahr zu beſtimmen ſey, wenn 
die Öattungs » Charaktere ſchwankend oder gar 
falſch ſind, und daß eben hierin die wahre Urſa— 
che verborgen liege, warum, ungeachtet des be— 
ſtaͤndigen Beſtrebens unſers Zeitalters, ſo wenig 
wuͤrkliche Fortſchritte in der Kraͤuterlehre ge⸗ 
| A 3 


6 Vorbericht. 


macht werden. Nun fieng ich an, die Grund⸗ 
fäze in der Natur ſelbſt zu ſtudiren, die zur 
Grundlage von Gattungen dienen muͤſſen, aber 
überall hinderten mich Vorurtheile, die leider 
hier herrſchen; denn jeder denkende Mann muß 
ſtuzig werden, wenn er ſich in ewigem Wider⸗ 
ſpruche mit ſeinen Vorgaͤngern und Zeitgenoſſen 
finder, weil er immer fuͤrchten muß, daß er ges 
fehlt, und daß feine Vorliebe ihn möge irre ges 
führt haben. Seit dem Jahre 1784 ſchraͤnkte ich 
alſo alle meine Beobachtungen auf Pflanzen⸗Gat⸗ 
tungen ein, jedes Jahr revidirte ich dieſe Beob⸗ 
achtungen, um mir endlich die Grundſaͤze zu ents 
wickeln, die zur Bildung der Pflanzen-Gattun⸗ 
gen erfoderlich find; aber ich ließ alle meine Bes 
obachtungen im Manuſcripte ruhen, und gab 
uur, um das Urtheil des Publikums zu hoͤren, 
im Jahre 1786 das Werkchen Theodora ſpe- 
ciofa, dann in dem naͤmlichen Jahre meine Abs 
handlung über die Pflanzen mit Papilions-Bluͤ⸗ 
then, endlich 1787 über die Malven-Familie 
heraus. Die zweite von dieſen Abhandlungen iſt 
in den Vorleſungen der Churpfaͤlziſchen phyſika⸗ 
liſch⸗oͤkonomiſchen Geſellſchaft zu Heidelberg, II 
Band, S. 327 — 460, eingeruͤckt; die andern 
beiden ſind einzeln erſchienen. Da ich immer 


* 


Vorbericht. 7 


mein eigener und ſtrengſter Beurtheiler war: ſo 
fand ich auch hier, daß es uns zur wahrhaften 
Gattungs-Bildung noch an aͤchten philoſophi⸗ 
ſchen Grundſaͤzen uͤber die Fruktifications⸗Theile 
fehle, und daß unter allen Fruktifications⸗Thei⸗ 
len dem Botaniker nichts unbekannter ſey, als 
die Kenntniſſe der Fruͤchte. Nun widmete ich alle 
meine Zeit den Zergliederungen der Fruͤchte, und 
ſo entſtand der kurze Umriß einer ſyſtematiſchen 
Beſchreibung der mannigfaltigen Umhuͤllungen 
der Saamen, die in dem IV Bande, Th. I, S. 
167 — 378 eben genannter Vorleſungen befind⸗ 
lich iſt. Dieſe meine Beſchreibungen verglich ich 
mit einigen der vorzuͤglichſten Schriftſteller des 
Pflanzenreiches, naͤmlich mit Tournefort, Linne, 
Adanſon, Scopoli und Gaͤrtner, und ſo entſtand 
die Philoſophiſche Botanik, erſtes Heft. Meine 
ernſtliche Willensmeinung war nun, jeden Blüs 
then⸗Theil auf die nemliche Art einzeln abzu⸗ 
handeln; aber nun fand ich, daß meine fortge⸗ 
ſezten Arbeiten allemal wegen den Namen der 
Pflanzen eine gewiſſe Verwirrung mit ſich fuͤh⸗ 
ren muͤßten, und um dieſer vorzubeugen, entſchloß 
ich mich zuvoͤrderſt, meine ſchon ſo lang ruhen⸗ 
den Pflanzen s Gattungen auf das neue zu revi— 
diren, und ſie heftweis herauszugeben. Hier in 
A 4 


8 Vorbericht. 


dieſem Hefte erſcheinen nun die Pflanzen mit 
Kreuzbluͤthen, die bei Linné die XV Elaffe aus, 
machen. Anfänglich war ich Willens, die XIV 
und XV Claſſe der IV und VI Linneiſchen Claſſe 
einzuverleiben, wie ich ſolches unter andern in 
einer vor vielen Jahren bei der Churpfaͤlziſchen 
Akademie der Wiſſenſchaften oͤffentlich verleſe— 
nen Abhandlung bekannt gemacht hatte; die 
aber aus unten folgenden Gruͤnden von mir 
nicht zum Drucke befoͤrdert worden iſt. Denn ich 
fand in der Folge, daß hiebei kein weſentlicher 
Vortheil fuͤr die Wiſſenſchaft erwachſe, und daß 
man in dem Sexual-Pflanzen-Regiſter ehender 
die Absheilungen vermehren als vermindern muͤſ— 
ſe, weil eine Pflanzen-Gattung um deſto leichter 
aufzufinden iſt, je beſtimmter ich den Ort in der 
Regiſtratur angeben kann, wo ſie iſt hingebracht 
worden; und daß man durch das Zuſammen— 
ſchmelzen der Claſſen nur die unſaͤglichen Schwie— 
rigkeiten vermehrt, mit welchen die Kraͤuterwiſ— 
ſenſchaft ohnehin uͤberladen iſt. 

Gegenwaͤrtig den Plan, nach welchen ich 
dieſe Pflanzen Gattungen ordnen werde, vorzus 
legen, finde ich unnoͤthig. Oft bindet man ſich 
dadurch fuͤr die Zukunft die Haͤnde, und wagt es 
nicht, einen nun gefundenen beſſern Weg einzu⸗ 


4 
2 


Borberlcht. 9 


ſchlagen, weil man ſich ſein eigenes Ziel ſchon 
ausgeſteckt hat, von welchem man vor den Au— 
gen des Publikums nicht gerne mehr abgeht. 
Ein denkender Mann muß ſich ſelbſt keine Feſ— 
ſeln anlegen; denn ſo ſehr er uͤberzeugt ſeyn 
mag, daß er fuͤr den gegenwaͤrtigen Zeitpunkt 
alles gethan, was Gruͤndlichkeit und Genauig— 
keit erheiſchen: ſo entdeckt er doch oͤfters in der 
Folge, daß er ſich weit vom Ziele entfernt hat, 
und eine einzige Beobachtung ſteckt ihm oft ein 
Licht auf, das ihm ſeine bisherigen Irrthuͤmer 
klar vorlegt. Mein einziger Grundſaz iſt, die 
Pflanzen: Gattungen fo genau, als nur moͤglich 
iſt, zu beſtimmen, und ſie ſo zu ordnen, daß jede 
Gattung leicht in dem Sexual-Regiſter aufzu⸗ 
finden iſt. Ob ich dieſen meinen Endzweck errei— 
chen werde, mag das unpartheiiſche Publikum 
in der Folge ſelbſt beurtheilen. 

Alle meine Gattungen werde ich mit den 
Gattungen anderer Schriftſteller, ohne Anſehen 
der Perſon, kritiſch vergleichen. Ich glaube, daß 
dies das einzige Mittel iſt, ſo viele unberufene 
Schriftſteller in ihre Sphaͤre zuruͤckzuweiſen, 
die ſo wenig, oder gar nichts von der Kraͤuter— 
lehre verſtehen, und ſich doch das Anſehen von 
Schiedsrichtern geben wollen. Seit der Zeit ſich 

4 A 5 


10 Vorbericht. 


jeder einen Plan gemacht hat, wie viel er jaͤhr⸗ 
lich durch Schriftſtellerei gewinnen will, iſt es 
dieſen Herren unmöglich, dies Geld durch Grund⸗ 
lichkeit zu verdienen: ſie muͤſſen alſo andere Hilfs⸗ 
mittel anwenden, ihren Verlegern Kaͤufer zu 
verſchaffen, und dies iſt der Ton der Infallibitaͤt, 
hinter dem ſie ſich um ſo leichter verbergen koͤn⸗ 
nen, da einer der Ausrufer des andern iſt. Mir 
ſind alle dergleichen Schlupfwinkel ſehr laͤcher⸗ 
lich. Ich werde jeden Schriftſteller vor meinen 
Richterſtuhl fodern, und erlaube es allen und 
jeden, ſich wider mich zu verbinden, und zu ver⸗ 
bruͤdern. Denn wem es nur um Wahrheit zu 
thun iſt, weiß auch durch jenes zu gewinnen, 
wodurch man ihm wehe thun wollte. Und mein 
einziges Beſtreben iſt Wahrheit. g 


Verſchiedene 


Gattungen von Kreuzbluͤ then. 


Me quod attinet, iis prognatus ſum moribus, ut 
neminem laedere, tantum abeſt ut cuiquam in- 
juriam facere velim. Sed nec poſſum adulari, 
rem prout fe habet eloquens, & ſcapham fca- 
pham appellare edoctus: ferre etiam nequeo 
homines , vancs ſuique plenos, quibus volupe 
videtur, inanibus ornari laudibus. Dillenius in 
Examine reſponſiouis A. C. Rivin, pag. 1. 


Einleitung 


Keine Pflanzen find für den Kräuterfenner 
wahrhaft und richtig zu beſtimmen ſchwerer, als 
jene, die entweder in den Bluͤthentheilen, oder 
in den Fruchttheilen ſich einander ſehr naͤhern, 
und daher hierin einander ſehr aͤhnlich ſcheinen. 
Dieſe auſſerordentlichen Schwierigkeiten haben 
ſich dadurch noch unendlich vergroͤſſert, daß un⸗ 
ſere Schriftſteller, die ſich den mehrſten Ruf zu 
erwerben gewußt haben, aus einer Vorliebe zu 
ihren Verwandtſchafts-Syſteme eben dieſen 
Theil der Bluͤthen-oder Fruchttheile, die unter 
ſich ſelbſt die größten Aehnlichkeiten mit einan- 
der haben, zur Bildung ihrer Gattungen aus— 
gehoben. Was ich über dieſe Verwandtſchafts— 
Grille der Pflanzen unter ſich ſelbſt halte, dies 
habe ich in den ſtaatswirthſchaftlichen Worlefun- 
gen 1, S. 165 — 179, und in dem zweiten 
Hefte meiner philoſophiſchen Botanik S. 5 — 19 


14 Einleitung. 


beſtimmt gefagt, und noch habe ich nicht einmal 
einen von weitem ſcheinbaren Grund gefunden, 
an der Richtigkeit meiner daſelbſt aufgeſtellten 
Grundfäge zu zweifeln. Den Nachtheil aber, 
den dieſe ſo aͤuſſerſt gewagte Hypotheſe auf die 
Kraͤuterlehre, und auf die Beſtimmung der ein—⸗ 
zelnen Arten derſelben gehabt haben, will ich 
hier aus Erfahrung beweiſen, und habe hierzu 
die Pflanzen mit Kreuzbluͤthen gewaͤhlt, und un⸗ 
ter dieſen diesmal nur jene, die kleine Fruͤchte 
haben, und die man auf eine aͤuſſerſt fehlerhafte 
Art bisher Siliculoſae genannt hat. Linne wag⸗ 
te es hier, die Gattungen vorzuͤglich nach den 
Bluͤthentheilen zu beſtimmen, worin ihm ſeine 
Anhaͤnger blindlings gefolgt ſind. Selbſt dieje⸗ 
nigen, die die öffentliche Meinung für ſich has 
ben, daß ſie entweder Widerſacher des Ritters 
ſeyen, oder doch keine Parthei ergreifen, ſind 
in eben dieſe Labyrinthe gerathen, haben zwar 
hie und da Ausnahmen aufgeſtellt, aber weil fie 
die ganze Pflanzen-Summe umfaſſen wollten, 
die ſie doch unmoͤglich aus eigener Erfahrung 
ſelbſt kennen konnten: ſo waren ſie endlich zum 
Abſchreiben anderer genoͤthigt, und hierin liegt 
die Urſache des Buntſchaͤckigten, worin ſich dieſe 
Schriften beſonders auszeichnen. 


Einleitung. 15 


Nach meinen ſchon fo oft aufgeſtellten Grynd⸗ 
ſaͤſen muß man ſich bemühen, das Eigene, worin 
ſich jede Pflanzen⸗Art von der andern in ihren 
Fruktifications⸗Theilen weſentlich unterſcheidet, 
mit groſſer Beſtimmtheit auszuheben, dieſen we; 
ſentlich abſtechenden Charakter zur Bildung der 
Gattung anzuwenden, und alle Pflanzen Arten, 
die den naͤmlichen feſtgeſezten Gattungs⸗Charak⸗ 
ter haben, unter dieſe nun ſo feſtgeſezte Gattung 
zu bringen. Hier muß es nun dem Kraͤuterken⸗ 
ner ſehr gleichguͤltig ſeyn, in welchem Fruktifi⸗ 
cations⸗Theile er dieſen Charakter auffinden 
kann, ſey er in der Blumendecke, in der Blume, 
in den Staubfaden, Piſtill oder in der Frucht, 

oder in mehrern dieſer Theile zugleich; es muß 
ihm hinlaͤnglich ſeyn, wenn ſein Charakter wahr, 
bleibend, und von allen andern Gattungs-Cha⸗ 
raktern abſtechend iſt. Aber auch hierin haben 
ſich unſere Kraͤuterkenner auſſerordentlich viel zu 
Schulden kommen laſſen: ſie entwarfen ſich, oh⸗ 
ne die Natur genau zu kennen, einen Plan zur 
Gattungs-Bildung, den fie auf einen einzigen 
dieſer Fruktifications⸗Theile gruͤndeten, und nun 
giengen ſie von dieſem einzelnen Fruktifications⸗ 
Theile aus, wollten darnach alle Gattungen be⸗ 
ſtimmen, und daher haben wir die Menge von 


16 Einleitung. 


Gättungen, die zwar ihren Namen haben, aber 
auſſer dem Namen fo wenig charakteriftifches 
mit ſich fuͤhren, daß man die eine Gattung von 
der andern nicht zu unterſcheiden im Stande iſt, 
und mit Gewißheit nicht anzugeben weiß, ob 
man eine Art unter dieſe oder jene Gattung ſe— 

zen, oder daſelbſt aufſuchen ſoll. 
Es iſt weit uͤber die Kraͤfte eines einzelnen 
Nannes, nach dieſen Grundgeſezen das ganze 
Pflanzenreich zu umfaſſen, und es bleibt ihm, 
bei dem beßten Fleiſſe, nichts anders uͤbrig, als 
nur Bruchftücke zu dem Ganzen zu liefern. Hier⸗ 
zu habe ich nun hier die Pflanzen mit Kreuzbluͤ⸗ 
then erwaͤhlt. In ihren Bluͤthen iſt eine fo auf 
ſerordentlich groſſe Uebereinſtimmung, daß es 
beinah unmoͤglich iſt, auf dieſelbe die Gattungen 
vorzuͤglich zu gruͤnden, hingegen finde ich in den 
Fruͤchten weſentliche Charaktere, welche in Ver— 
bindung mit jenen der Bluͤthentheile feſte Gat— 
tungs⸗Charaktere abliefern. In dem erſten Ab— 
ſchnitte werde ich alſo jene Pflanzen mit Kreuz— 
bluͤthen abhandeln, die keine Schoten oder Schoͤt⸗ 
chen beſizen; in dem zweiten Abſchnitte aber je: 
ne, die Schoͤrchen und in dem dritten die Scho— 
ten haben; jene Pflanzen aber mit langen Scho⸗ 
ten zu einer andern Zeit vorlegen. Und hier 

werde 


Einleitung. 17 


ich mich immer nur auf jene einſchraͤnken, die 
ich ſelbſt zu beleuchten Gelegenheit gehabt habe. 
Theils die Zergliederungen der Umhuͤllungen der 
Saamen, die ich in den Vorleſ. IV, Th. I, und 
in der Philoſoph. Bot. I. Heft abgehandelt, und 
die mich ſo vieler Saamen beraubt; theils die 
vielen Ungluͤcksfaͤlle, die durch Ueberſchwemmun⸗ 
gen den botanifchen Garten von Pflanzen ent— 
bloͤßet haben, iſt Urſache, daß die Zahl meiner 
abgehandelten Pflanzen hier nicht ſo groß iſt, 
als ich ſelbſt gewuͤnſcht haͤtte, um fo mehr da ich 
von gar vielen Beobachtungen keinen Gebrauch 
machen wollte, die ich in dem Jahre 1791 zu bes 
richtigen nicht im Stande geweſen bin. Ich was 
ge hier an alle die Freunde der Kraͤuterwiſſen⸗ 
ſchaft, die meinen Fleiß und mein Bemuͤhen un⸗ 
terſtuͤzen wollen, die ergebenſte Bitte, mich 
durch Mittheilung von Saamen zu bereichern, 
vorzuͤglich wuͤrden mir vor der Hand alle dieje⸗ 
nigen Saamen ſehr erwuͤnſcht ſeyn, deren Pflan— 
zen Kreuzbluͤthen haben. 


pfl. Gattungen, 1. Heft. B 


18 Kreuzbluͤthen 


J Abſchnitt. 


Kreuzbluͤthen, die keine Schoten oder Schoͤtchen 
haben. 


$. I. Kreuzblüthen mit Pericarpien. 
1. Einfaͤcherichtes Pericarpium. 
I. rundlichtes. RApISTRUxM. 
2. zungenfoͤrmiges. ISATIS. 
3. rundlicht⸗breitgedrucktes 
a. einfaches. BOHATSCHIA, Foss ELINA. 
b. Zwilling = Pericarpien. JoNDRABA. 
THLAsPıpıum. 
II. Zweifaͤcherichtes nußartiges Pericarpium. 
I. mit einer dünnen Scheidewand. VoGELrA. 
2, mit einer fteinernen Scheidewand. CARARA. 
III. Vierfaͤcherichtes Pericarpium. MxAGRUxI. 
IV. Gegliederte Pericarpien. RAPHANISTRUM. 
V. Pericarpium mit unbeſtimmten und unordent⸗ 
lich gebildeten Gefachen. RApHAN Us. 
$. 2. Kreuzbluͤthen mit Pericarpien und unter dieſen fir 
zenden Schoͤtchen. SCHRANKIA. 
§. 3. Kreuzbluͤthen mit Huͤlſen. Rreor 1K. | 
$. 4. Kreuzbluͤthen mit rindenartigen Fleiſchhoͤhlen. 
Vera. ANASTAT ICA. HIEROCHONTIS. 
F. 5. Kreuzbluͤthen mit Steinfruͤchten. Bunıas. 


mit einfaͤcherichten Pericarpien. 19 
I. Einfaͤcherichtes 1. rundlichtes Pericarpium. 
RAPISTRUM. Tournef. T. 99. Vorleſ. IV. n. 
488. Phil. Bot. I. 190. (Tab. I. fig. 2). 

Unter den ſechs langen Staubfaͤden haben 
die vier laͤngern obenher Zaͤhne. Abfallen⸗ 
des, hornartiges, einfaͤcherichtes Pericar⸗ 
pium, mit einem Saamen, ſo auf einem 
verlaͤngerten, ſtehen bleibenden Frucht⸗ 
ſtiele ſizt, welcher Fruchtſtiel oben eine 
geſchloſſene, aber leere Zoͤhle hat. 

Die vier Blumendeckblaͤtter ſind ſo lang, wie 
die Naͤgel der Blumenblaͤtter, und ziemlich aus⸗ 
gebreitet. Der Fruchtſtiel ſteht innerhalb der 
Bluͤthe, iſt lang, cylinderartig, obenher kugel— 
foͤrmig, und hat innerhalb dieſer kugelfoͤrmigen 
Erweiterung anfaͤnglich eine betraͤchtliche Hoͤhle, 
die bei mehrerer Zeitigung des Pericarpiums 
kleiner wird, und beim Abfallen desſelben ganz 
zuſammen geſchrumpft iſt. Kurzer, kegelfoͤrmig 
zulaufender Griffel, mit einer ſpizen Narbe. 
RAPISTRUZI hifpanicam. 

Rapiſtrum maximum rotundifolium monoſpermum. 

Tournef. 

Myagrum ſphaerocarpum. Jacq. Obſ. II. 20. Tab. 4 T. 
Crainbe hiſpanica. L. 

In der philoſophiſchen Botanik I. 190 habe ich ſchon 

kritiſche Bemerkungen beigebracht, denen ich hier noch 


B 2 
ar 


Kreuzbluͤthen 


einige beifügen will. Crambe, Tournef. pag. 211. 
Tab. 100 iſt eine von Rapiſtrum ganz verfchiedene 
Gattung, wenn ſchon Linne beide in eine Gattung 
fehlerhaft zu vereinigen bemuͤht war. 


Schreber behält ungeachtet meiner Erinnerung bac- 
ca ſicca bei. Ed. 8va. G. Pl. L. n. 1071. Da er 
alſo den Widerſpruch nicht einſieht, und Irrthuͤmer zu 
verbreiten fortfaͤhrt: fo will ich es ihm hier erklaͤren. 
Linn. Philof. botanic. Ed. Gled. pag. 75 heißt es: 
bacca eft fructus ſucculentus. Dies iſt zwar eine 
alte Wahrheit, fo wie ebenfalls, daß fucculentus 
und ficcus zwei ſich entgegen geſezten Sachen ſind. 
Noch auffallender wird dieſer Widerſpruch, wenn 
man das Pericarpium Rapiſtri ſelbſt betrachtet, wel⸗ 
ches eine foͤrmliche hornartige, ja beinah nußartige 
Schaale hat, um welche, und in welcher nicht die 
mindeſte Spur einer Feuchtigkeit iſt, oder war. Aber 
Herr Schreber will durch ſein Anſehen Irrthuͤmer 
ſanktioniren! 

Crambe. Adanſ. II. 424. Silique court, articule, 
2. loges longitudinales. 1. grain fphaer. dans cha- 
que loge. — Silique ift erſtens ein Fehler. Denn 
iſt ſeine Gattung weder jene des Tourneforts, noch 
Linnes; gaͤnzlich falſch, und nicht mehr, als des 
Ausſtreichens werth. Crambe. Scopoli Introd. n. 
1422... articulis binis monoſper mis. Lezteres iſt 
falſch. Auch vereinigt er Gattungen von ſehr ver— 
ſchiedenen Charakteren. Crambe. La Marck Ency- 
clop. Botanig. II. 162. Nach Linne uͤberſezt, und - 


mit einfächerichten Pericarpien. 21 


falſch. Crambe. Juſſ. Pl. G. 242. Die Bluͤthe gut, 
aber die Frucht falſch. Silicula! globoſa, ſubbac- 
cata! r. ſperma, non dehiſcens. Schöne botani: 
ſche Philoſophie! Myagrum ſpaerocarpum. Jacq. 
Obf. II. Tab. 41. Die Beſchreibung und Kupferta- 
fel pn, nur daß er die Frucht ganz falſch eine fi- 
licula nennt. Siliculae .. corpori cylindrico & 
fterili infident, in quo folido nullum potui locu- 
lamenti veftigium detegere. Ob man zwar in eis 
nem verlängerten Fruchtſtiele eine Höhle zu ſuchen 
gar nicht berechtiget iſt: fo muß ich doch ſagen, das 
ich dieſe Hoͤhle, als eine wahre Sonderbarheit im— 
mer bis zum Zeitigungs⸗Zeitpunkte vorgefunden habe. 


1 Einfaͤcherichtes 2. zungenfoͤrmiges Pericarpium. 
ISATIS. Vorleſ. IV. n. 49 f. (Tab. 1. fig. 8.) 
Oval ⸗laͤnglichtes, breitgedrucktes, zun⸗ 
genfoͤrmiges Pericarpium in deren Mitte 
eine ſenkrechte Saamen⸗Lage mit einem 
einzigen Saamen iſt. Unter der aͤuſſern 
Baut iſt dies Dericarpium von einer 
ſchwammichten Maſſe gebildet. 

Isarıs tinfloria. L. 
In den Vorleſ. IV. und der Phil. Bot. I. 19 1 habe ich 
gezeigt, daß dies Pericarpium, ob es ſich zwar gerne 
oben theilt, dennoch immer geſchloſſen iſt. Indeſſen 
veranlaßt der ſchwammichte Bau desſelben, daß man 
oͤſters auf die Meinung geraͤth, die Frucht ſey eine 
Kapſel, und kein Pericarpium. Denn bei feuchtem 
B 3 


22 


I. 


Kreuzbluͤthen 


Wetter verſchluckt ſie nach geendigter Zeitigung gerne 
Feuchtigkeiten, und ſpringt dadurch oben auf. Aber 
bei genauer Beobachtung findet man deutlich, daß 
es eine durch aͤuſſere Urſachen veranlaßte Oeffnung, 
And keine freiwillige oder natuͤrliche ſey, die eine Fol⸗ 
ge einer gaͤnzlichen Zeitigung iſt. Auch bleibt fie in 
trockenen Jahren geſchloſſen, und oͤffnet ſich auch 
ſonſt niemals bis in die Saamenhoͤhle. Adanſon 
Famill. d. Pl. II. 423. Silique! a une & 2. loges. 
Dies leztere habe ich nie geſehen. — Juffieu Pl. G. 


242. Silicula! (fraxini) linguaeformis ovato- ob- 


longa, compreſſa, non dehiſcens, medio tumens, 

1.lineata, & I. ſperma. Bis auf ſilicula gut und 

richtig. 

Einfaͤcherichtes 3. rundlicht⸗breitgedrucktes a. einfaches 
Pericarpium. 


BOHATSCHIA. Scopol. Vorleſ. IV. n. 490. 


Phil. Bot. I. 19 1. (Tab. I. fig. 3.) 


Tetradynamiſche Staubfaͤden, an den Saͤ⸗ 
den gleich, und ohne Zaͤhne. Breitgedruck⸗ 
tes, cirkelrundes, geſchloſſenes, am Rande 
weit hinein verwachſenes Pericarpium. 


Die Blumendecke kurz, vierblaͤttericht, weiß. 


Vier Blumenblaͤtter von der Laͤnge jener der 
Blumendecke, mit kurzen Naͤgeln. 


BOHATSCHIA alliacea. 
Peltaria alliacea. L. 


Peltaria. Jacꝗq. Enum. Stirp. Vindeb. 260. Silicufa 


mit einfaͤcherichten Pericarpien. 23 


unilocularis, non dehiſcens, nequidem in terra, 
ſed rumpendo radicem emittens. Alſo begieng 
Jacquin den allererſten Fehter dadurch, daß er zwar 
das Pericarpium richtig beſchrieb, aber ganz falſch 
benennte. Denn eine ſiliqua ... und unilocularis, 
non dehiſcens iſt ein unverzeihlicher Fehler wieder 
die botaniſche Philoſophie. Bohat/chia. Cranz Faf. 
I. 5. Silicula ! apice integra ſepto deſtituta; der 
nämliche Fehler von Jacquin, noch mit einer Une 
wahrheit apice integra vergröſſert. Herr von Jac— 
quin vertheidigt ſich Collect. I. 367. und will ge⸗ 
ſchichtlich darthun, daß er vor Cranz dieſe Gattung 
beſtimmt habe. Da Jacquin fo viele unlaͤugbare 
Verdienſte für ſich hat: fo ſollte er auf folche Klei⸗ 
nigkeiten nicht merken. Und Ruͤgen der Art ſind ihm 
um ſo weniger zu verzeihen, da er nicht allein ſeinen 
Gegner in ein ſo gehaͤßiges Licht wie hier ſezt, ſon⸗ 
dern auch noch uͤberdies ſicher iſt, daß weder Jac⸗ 
quin noch Cranz die Fruktifications- Theile dieſer 
neuen Gattung philoſophiſch benannt, beide alſo kein 
Recht hatten, eine neue Gattung zu bilden. Jacg. 
Flor. auſtr. Vol. II. 14. Tab. 123. Die alten Irr⸗ 
thuͤmer wiederholt. Peltaria. Linn. Gen. Pl. Ed. 
Reich. Mit allen Fehlern nach Jacquin abgedruckt. 
Ed. Schreb. p. 439. Ganz unveraͤndert, mit allen 
Fehlern. Sylt. Veg. Ed. XIV. 591. Eben fo falſch. 
Scop. Fl. carniolic. n. 784. Eben ſo. Allioni Fl. 
pedem. n. 908. Eben fo falſch. 


Ciypeola. La Marck Encyplop. botanig. IT. 55. 
V 4 


Kreuzbluͤthen 


Juſſieu Pl. Gen. 240. Beide vereinigen dieſe neue 
Gattung Bohatfchia wieder mit Ci, Agen Linn. und 
nennen die Frucht ganz falſch flicula, Lauter Fol⸗ 


gen, wo Grundſaͤze fehlen, und jeder 1 
vereinigt oder trennt, je nachdem es ihm einfaͤllt, 
ohne die Fruktifications⸗ Theile jener Arten genau 
L 1 3 
geprüft zu haben, die er in eine Gattung zuſammen⸗ 
ſezt, oder davon trennt, und als eine eigene Gat⸗ 


tung aushebt. 

Bohat/chia. Scop. Introd. 318. n. 1456. Peri- 
carpium compreſſum, orbiculatum, uniloculare, 
monofpermum. Vortrefflich und richtig, daher ich 
auch nach ihm, und nicht nach Cranz den Gattungs⸗ 
Namen beibehalten habe. 

FOSSELINA. Scop. Vorleſ. IV. n. 489. 

Die Pericarpien kommen meiſt mit HBoßat- 
ſchia überein, aber an den Staubfaͤden bes 


finden ſich Zaͤhne. 


Foss ELINA Sonthilaſpi. 


Clypeola Jonthlaſpi. L. 

Was die Pericarpien anbelangt, habe ich bereits 
Phil. B. I. 190. n. 489. meine kritiſche Anmerkun⸗ 
gen beigefügt. Linnes Clypeola iſt eine Gattung, 
zu der in der Natur die Arten fehlen, folglich muß, 
um dieſen groſſen Fehler auszumerzen, der Name 
Clypeola ganz geſtrichen werden. Denn jene, die 
G. Pl. Ed. IV. Obſerv. I. Jonthlaſpi T. Pericar- 
pium uniloculare, Semen unicum hatte, iſt nach⸗ 
her Peltaria, und von gruͤndlichern Bohatſchia ge⸗ 


mit einfaͤcherichten Pericarpien. 25 


nennt worden. Es ſey mir vergoͤnnt, die da ſtehende 
Obferv. II. auch einzuruͤcken. Pericarpium bilocu- 
lare, diſſepimento paralello; und im charactere 
generico hieß es ſilicula. Alſo pericarpium und ſili- 

cula waren hier eins, und zwar bei einem Manne, 
der die botaniſche Terminologie erfand, in ihr die 
Weſenheit der Kraͤuterwiſſenſchaft ſezte, und ſelbſt 
ſolche Fehler darin begieng, die man einem Anfaͤn⸗ 
ger nicht verzeihen würde. Schreber laͤßt in feiner 
Ed. 8va. G. Pl. L. die in meiner Phil. Botanik ge⸗ 
ruͤgten Fehler alle ſtehen, und ſagt abermals n. 1082. 
Silicula . . . bivalvis. Sem. in centro pericarpii.. 
Man muß alles kritiſche Gefühl, alle Wahrheits⸗ 
Liebe verlohren haben, oder eingeſtehen, daß man 
ein unerfahrner Nachdrucker iſt, wenn man ſo et⸗ 
was unter ſeinem Namen heut noch kann erſcheinen 
laſſen. 


Clypeola La Marck Encycl. Botaniq. Tom. II. 
55, und Cypeola Juſſieu G. Pl. 240. vereinigen 
hier, wie ich bereits gemeldet, die Behatfchia und 
Foſſelina Scop. die zwar in den Pericarpien mit 
einander uͤbereinkommen, in den Staubfaͤden aber 
einen entſcheidenden Charakter haben. La Marck 
giebt nur zwei Arten an, und ſagt die erſte, naͤmlich 
die Foſſelina Jonthlaſpi, habe beaucoups des rap- 
ports avec les Alyſſes, und die zweite, naͤmlich 
die Bohatſchia alliacea, ſe rapproche du Paſtel 
(Iſatis), und in dem Haupt⸗Charakter ſagt er: Gen- 


re des plantes ... . qui a des rapports avec les 


B 5 


Kreuzbluͤthen 


Alyſſes. — O des Familien Blickes! La Marck 
nimmt nun die Clypeola maritima L. und die Cly- 
peola tomentoſa L. von Linnes Gattung weg, und 
bringt fie zu Alyſſum; da doch beide Arten, nach 
La Marck ſelbſt, richtig geſprochen, ein pericar- 
pium biloculare haben ſollen. Und ſo laͤßt ein jeder 
die Pflanzen von Gattung zu Gattungen wandern, 
wie es ihm einfaͤllt, und weil dieſe Herren niemals 
ihre Gruͤnde vorlegen, ſondern wie Orakel-Spruͤche 
entſcheiden: ſo kann man vorausſehen, daß die Kraͤu⸗ 
terkunde naͤchſtens in ihr Chaos zuruͤckſtuͤrzen werde, 
aus der man im Anfange dieſes Jahrhunderts ſie 
herauszuheben willens und befliſſen war. 

Linn. Mant. Pl. alter. 426. Clypeola Jonthlaſpi 
ftamina omnia habent dentem fupra bafin, ut fi 
quis velit Alyſſi ſpeciem, non repugnabo. Hier 
ſieht man, mit welchem Leichtſinne Linne eine Art 
aus einer Gattung in die andere wandern ließ: ſo 
doch ſo viele als wichtige Verbeſſerungen anzugeben 
beliebt haben. Alſo kommt die Frucht, und deren 
auſſerordentliche Verſchiedenheit in keine Anrech— 
nung? Mit dem naͤmlichen Grunde koͤnnte ich mei⸗ 
ne Melilota meſanienſis, ſ. Vorleſ. II. 382. und 
Vorleſ. IV. n. 548, mit Bohatfch'a und Foſſelina 
in eine Gattung vereinigen; den bei allen dieſen drei 
Gattungen iſt der naͤmliche Bau der Pericarpien. 

In den verfloſſenen Jahren habe ich die Foſſelina 
Jonthlaſpi nicht auf das neue pruͤfen können, weil 
ich meine Pericarpien durch die Zergliederungen auf 


mit einfaͤcherichten Pericarpien. 27 


geopfert, und die von mehreren Orten erhaltenen 
Saamen zwar den naͤmlichen Linneiſchen Namen 
hatten, alle aber Arten von Alyſſen waren. Ein 
offenbarer Beweis, wie wichtig die Frucht-Theile 
hier ſind, weil bei einer beſſern Kenntniß derſelben 
ſo eine Verwechſelung ſich nicht ereignen koͤnnte. 

Cavanilles Icones & Deſcriptiones Plant. quae 
aut ſponte in Hiſpania creſcunt, aut in hortis 
hofpitantur. Madriti. 1791. pag. 22. beſchreibt eine 
Clypeola Jonthlaſpi L. und giebt Tab. 34. fig. 2. 
eine Zeichnung, die wegen ihrer Unbeſtimmtheit merk⸗ 
würdig iſt. Silicula! orbiculato-compreſſa, emar- 
ginata, perifera, membranacea, tomento brevi 
tecta, bivalvis! monoſperma! Seine in der Zeich—⸗ 
nung gelieferte Frucht h. widerſpricht dieſer Be⸗ 
ſchreibung, und nach dieſer iſt ſie ein pericarpium 
uniloculare, und gar nicht eine filicula bivalvis. 
Dann fagt er flores terminales, qui nudos oculos 
fugiunt; giebt auch nur ſtamina ſex tetradynama 
an, ohne etwas von den denticulis fuamentorum zu 
erinnern. — Ich weiß nicht, was die Kraͤuterwiſ⸗ 
ſenſchaft von dergleichen eilfertig bekannt gemachten 

Beobachtungen für einen Nuzen ſchoͤpfen ſoll. 
1. Einfaͤcherichte 3. rundlicht⸗breitgedruckte b. Zwillings⸗ 

Pericarpien. 

JONDRABA. Barrel. (Tab. I. fig. 14.) 
Die zwei gegen einander uͤberſtehenden 
Blumendeckblaͤtter haben jedes unten eine 


ſackfoͤrmige, und inwendig ausgehoͤhlte 


28 Kreuzbluͤthen 


Verlaͤngerung, in welche vier geſtielte Druͤ⸗ 
fen herabhaͤngen. Sechs Staubfäden, von 
denen vier unten eine cirkelfoͤrmige Aus⸗ 
breitung haben. Zwillings⸗Dericarpien. 
Vier Blumendeckblaͤtter geſtreckt, ſchmal⸗ 
ſpizig zulaufend, beinah ſo lang, als die Naͤgel 
der vier Blumenblaͤtter, von denen zwei die ſack⸗— 
foͤrmige Verlaͤngerung haben. Merkwuͤrdig iſt 
hier der Bau der bei den Kreuzbluͤthen ſo ge— 
woͤhnlichen Druͤſen. Zwei Paar Druͤſen, deren 
jedes Paar rechts und links neben den kuͤrzern 
Staubfaden ſtehen, haben lange Stiele, find 
mit dieſen hinter ſich gekruͤmmt, haͤngen in die 
Saͤcke der Blumendecke herunter, und liefern 
dort ihren Saft ab. Die vier Blumenblaͤtter has 
ben lange Naͤgel, ſind obenher ausgebreitet, 
rundlicht, und am Rande ganz. Von den ſechs 
Staubfaͤden ſind die vier laͤngſten nach der Ruͤn⸗ 
dung des Fruchtknotens gebogen, und etwas 
breitlicht. Die zwei kuͤrzern haͤngen gewoͤhnlich 
etwas in die ſackfoͤrmige Verlaͤngerung der Blu— 
mendecke herunter, find fadenfoͤrmig, und ſtei⸗ 
gen darauf in der Hoͤhlung der beiden Blumen⸗ 
deckblaͤtter hinauf. Die breitgedruckten Zwil⸗ 
lings-Pericarpien ſtehen an einem vierkantichten 
ſchwachen receptaculo, in welches jedes Peri— 


mit einfaͤcherichten Pericarpien. 29 


carpium eingefuͤgt iſt, und von welchem ſie ſich 
nach gaͤnzlicher Zeitigung nebſt einem Theile ih— 
res Griffels, der ebenfalls auf beiden Seiten ab— 
laͤuft, lostrennen, und mit einem ſpizigen Win— 
kel in die Hoͤhe ſteigen. 
JoxpRABA /ulphurea. 

Jondraba alyſſoides fpicata lutea, major. Barrel. 

Ic. 1219. 

Bifcutella auriculata. L. 
THLASPIDIUM. Vorleſ. IV. n. 492.(Tab. I. 
fig. 5.) 
Die vier gleich gebauten Blumendeckblaͤt⸗ 
ter klaffen. Vier Blumenblaͤtter ohne Naͤ⸗ 
gel, und keilfoͤrmig anlaufend. Zwillings⸗ 
Pericarpien. 

Die vier Blumendeckblaͤtter find klein, oval: 
ſpizig, von innen ausgehoͤhlt. Sechs Staubfaͤ— 
den. Zwiſchen einem jeden Paare der laͤngern 
ſtehet eine groſſe Druͤſe, und neben den zwei klei— 
nern Staubfaͤden ſtehen zu beiden Seiten zwei 
kleine Druͤſen, alle ſechs aufrecht. Die Faͤden 
die Staubfaden ſind alle gleich, und fadenartig. 
1. ThLasPTDTUM hieracifolium. 

Leucoium luteum minus hieracifolium. Barrel, Ic. 

1227. 

Biſcutella apula. L. 


8 Kreuzbluͤthen 


2. Turasrınıvm laevigiatam, 


Bifcutella laevigiata. Jacq. Fl. auftr. T. 339, 


Tournefort, der vorzüglich auf die Frucht Acht gab, 
vereinigte meine zwei hier aufgeſtellten Gattungen 
Jondraba und Thlaſpidium in feine Gattung Thla- 
ſpidium. Linn folgte ihm zwar hierin, änderte aber 
den Namen ab, gerad als wenn dies zuſammen ge— 
ſezte Wort Biſcutella um ein Haar beſſer wäre, als 
Tourneforts Thlaſpidium. Ueberdies haben die Zwil⸗ 
lings-Pericarpien nicht die allermindeſte Aehnlichkeit 
mit einer Scutella, und haͤtte er Bifcutillum ange⸗ 
nommen: ſo waͤre wenigſtens eine Vergleichung da 
geweſen. Hier kann man alſo den ganzen Linne er⸗ 
kennen, der ſeinen Ruf dem Namen-Abaͤndern der 
Gattungen vorzuͤglich zu verdanken hatte, und dem 
das Gluck zu Theile ward, niemand zu finden, der 
dieſe Bloͤßen oͤffentlich aufdeckte, und ihm mit wah⸗ 
rer Kritik zeigte, daß er gleichwohl meiſt von jenem 
den Gattungs⸗Charakter abſchrieb, den er verbeſſert 
zu haben, ſich das Anſehen gab. Hier aͤndert er 
Tourneforts Namen, und ſchrieb ihn gleichwohl nach. 
Gleichwohl war hier der Ort, feine Grundſaͤze an⸗ 
zuwenden, naͤmlich die Gattungen der Kreuzbluͤthen 
nach ihren Bluͤthen zu bilden. Aber dies verſtand er 
nicht, oder vielmehr er eilte zu viel darüber hinaus, 
ſonſt wäre es Pflicht von ihm geweſen, dieſe guͤnſti⸗ 
ge Gelegenheit zu nuzen, feine Grundſaͤze anzuwen⸗ 
den. Denn in dem Baue der Zwillings- Pericarpien 
und ihrer Veſeſtigung iſt ein unmerkbarer Unterſchied 


mit einfaͤcherichten Pericarpien. 31 


in der Bluͤthe aber iſt er ſehr betraͤchtlich. Ich will 

dieſen Unterſchied kurz bemerken. 

Oondraba hat zwei ſackfoͤrmige Verlaͤngerungen an 
den zwei Blumendeckblaͤttern, in welche ſich vier 
geſtielte Druͤſen, und die zwei kuͤrzern Staubfaͤ⸗ 
den hinein kruͤmmen. — Thlafpidium hat hier 
den bei Kreuzbluͤthen gewoͤhnlichen Bau, und von 
den ſechs Druͤſen ſind vier unbedeutend, zwei groß, 
alle aufrecht. 

gondraba hat lange Nägel an feinen vier Blumen⸗ 
blättern — Thlafpidium nicht. 

Hondraba hat an den vier langen Staubfaͤden un: 
tenher eine cirkelfoͤrmige Buͤgung und Ausbrei⸗ 
tung. Bei Thiafpidium find fie fadenartig und 
geſtreckt. 

Da alſo Linnes Charakter feiner Bifcutella ſowohl 
in den Gen. Pl. Ed. 8va. Schreb. n. 1084, als in 
dem Sytem. Veget. Ed. XIV. pag. 592. offenbar 
falſch iſt: ſo iſt es ſchicklicher, ihn ganz auszumer⸗ 
zen, |. Phil. Bot. I. 192. In Syſt. Veg. I. c. fuͤgt 
er noch bei ſeiner Biſcutella auriculata bei: haec 
ſola filiculae lobis in ſtylum coit. Dies iſt aber⸗ 
mals falſch, indem bei Thlafpidium, wie bei Jon- 
draba der naͤmliche Bau bei den Zwillings-Pericar⸗ 
pien iſt, ja bei Thlaſpidium die beiden Pericarpien 
ſich noch weiter von dem receptaculo loswinden, 
als bei Jondraba. 


Heiſter hat der Jondraba den Namen Perſpicillum 
gegeben, ſ. Fabr. Enum, H. Helmſt. p. 289. Ich 


32 Kreuzbluͤthen 
habe aber den aͤltern und bekanntern Namen vorge— 
zogen. Adanſon Familles d. Pl. II. 422. behält den 
Namen und Charakter von Tournefort bei, doch 
neigt ſich ſeine Beſchreibung mehr nach Jondraba, 
die Beſchreibung der Pericarpien iſt aber ganz falſch. 
Silicule! orbiculaire. Juſſieu G. Pl. 239. Biſcu- 
tella. Calix Lunariae coloratus. Paßt nur einiger⸗ 
maßen auf Jondraba, gar nicht auf Thlaſpidium. 
Die Beſchreibung der Zwillings-Pericarpien iſt bei 
ihm richtig, auſſer daß er fie faͤlſchlich ſilicula nennt. 
II. Zweifaͤcherichtes nußartiges Pericarpium, mit einer 
1. dünnen Scheidewand. 


VOGELIA. (Tab. 1. fig. 6.) 


Blüthe, wie bei den Kreuzblütben am ge: 
woͤhnlichſten. Nußartiges Pericarpium, 
inwendig ſenkrecht mit einer durchſichti⸗ 
gen Scheidewand in zwei Gefache getheilt. 
Die Nuß hat oben zwei klaffende Hervor⸗ 
ragungen, zwiſchen welchen der Griffel 
ſteht, der aber bei ganzer Zeitigung ge⸗ 
woͤhnlich abfaͤllt. 

Die vierblätterichte Blumendecke klafft ges - 
woͤhnlich ein wenig. Die vier Blumenblaͤtter 
ſind klein, und erweitern ſich obenher. Sechs 
Staubfaͤden, wie hier gewoͤhnlich. Der Charak— 
ter beruht alſo vorzüglich auf dem nußartigen 
Pericarpium, oben mit den zwei klaffenden Ver⸗ 

laͤngerun⸗ 


mit zweifaͤcherichten Pericarpien. 33 


laͤngerungen, und innerhalb mit einer Scheide: 
wand gebaut, fo wie es hei den Schoͤtchen gewoͤhn⸗ 
lich iſt. In dieſem zweifaͤcherichten Pericapium 
iſt gewöhnlich nur ein Saame; aber dann im⸗ 
mer die Spur von der Scheidewand, und dem 
andern verkruͤppelten Saamen da. Sehr oft ſind 
auch in jedem Gefache ein Saamen. Wenn man 
alles genau ſehen will, darf man nur oben zwi⸗ 
ſchen den zwei klaffenden Hervorragungen mit 
einem Meſſer ſenkrecht herunter ſchneiden: ſo 
wird man die Scheidewand, und die beiden Saas 
men genau ſehen. i 
VoGELIA /agiteta. | 

Sphaerocarpus Heiſt. Fabrit. Enum. method. p. 5 T 


284. 

Rapiſtrum arvenſe, folio auriculato, acuto. Tour- 
nef. Inſtit. 211. 

Rapiſtrum foliis amplexicaulibus, auriculatis, acu- 
tis. Hall. helv. n. 522. 

Myagrum paniculatum. L. 
Tourneſort und Haller haben dieſe Pflanze zu ihrem 
Rapiſtrum hingeordnet, weil nach ihnen in den zei⸗ 
tigen Pericarpien gewoͤhnlich nur ein Saamen an⸗ 
getroffen werden ſoll. Aber dies iſt ein groſſer Irr⸗ 
thum, haͤngt vom Zufalle ab, und ich habe eine 
Menge dieſer Pericarpien geoͤffnet, die ihre feine 
Scheidewand, und zwei vollkommenen Saamen ent⸗ 


Relten. Zudem wer wird es wagen, die Wahrheit. 


pfl Gattungen, 1. Heft. C 


dr 


34 


Kreuzbluͤthen 


zu mißkennen, die uns die Zergliederung des Frucht⸗ 
notens lehrt, der zu allen Zeiten zweifaͤchericht iſt. 
In der Flora Danic. Tab. 204. iſt dies gar fchon 
hingezeichnet, und ich habe dieſen Fruchtknoten im⸗ 
mer, und ohne alle Ausnahme ſo vorgefunden. Folg⸗ 
lich iſt dieſer Charakter der wahre, und jener, der gon 
der Zeitigung abhängt, ein zweif (hafter, und eben 
deswegen irriger Charakter. Linnes Hinordnung zu 
ſeinem Myagrum verdient keine Widerlegung, ſo 
elend iſt ſolche. Denn die Art, die Linnes Myagro 
paniculato vorgeht, iſt fein Myagrum fativum, 
welches ganz vollkommene Schoͤtchen hat. Aber ſo 
etwas fuͤhlen unſere Kraͤuter-Liebhaber nicht. 
Merkwuͤrdig iſt der Bau dieſes Pericarpiums, indem 
ſolches eine Scheidewand hat, die den meiſten Schei⸗ 
dewaͤnden der Schoͤtchen aͤhnlich iſt. Ueberdies hat 
das Pericarpium die naͤmliche Verlaͤngerung auf ſich 
ſizen, wie die valvae der weiter unten zu beſtim⸗ 
menden Gattung CamELına. Bei beiden ſtreicht 
der Griffel durch die Hoͤhlung, die dieſe veranlaſſen. | 
Der Hauptunterſchied zwiſchen dem pericarpio Vo- 
geliae und einem Schoͤtchen iſt, daß hier keine frei— 
willig abſpringende Schaalen, ſondern alle Theile 
feſt mit einander verwachſen ſind. 


II. Zweifaͤcherichtes Pericarpium, mit einer 2. ſteinernen 


Scheidewand. 


CARARA. Caefalp. p. m. 370. (Tab. I. 


fig. 4.) 


An den beiden Seiten etwas ovales, am 


mit zweifaͤcherichten Pericarpien. 35 


Umkreiſe halbcirkelfoͤrmiges, an ſeiner 
Oberflaͤche mit mancherlei goͤckern, und 
hervorſtehenden Linien geziertes, zwei: 
faͤcherichtes Pericarpium. 

Die aͤuſſerſt kleine Bluͤthe, und deren fo viele 
dicht beiſammen ſizen, haben mir wenigſtens kei— 
nen hervorſtechenden Charakter dargelegt, dieſe 
Gattung daher naͤher zu beſtimmen. Es iſt auch 
nicht noͤthig, da ſo ein auffallender Charakter in 
der Frucht iſt. Die zwei Saamenhoͤhlen ſtehen 
gegen einander uͤber; jede iſt elliptiſch, und in 
jeder Höhle ein Saame. Von Baue iſt das Pes 
ricarpium hart, und beinah nußartig. 

CARARA Coromopus. 
Cochlearia Coronopus. L. 
Linn. Hort. Clif. pag. 332. Paradoxon forte mul- 
tis proponam circa genus hujus plantae: parado- 
xa certe omnibus diu planta, ut de ea tot ſen- 
tentiae, quod capita recentiorum ſyſtematico- 
rum. Certum eſt quod haec uti Naſturtium in 
ſingulo loculo unico communiter perfecte gau- 
deat ſemine, at Cochlearia ſaepius pluribus; eſto 
quod numero ſeminum a Cochleariis parum diſce- 
dat, eo tamen proprius accedit figura fructus. 

Cochlearia enim gaudet ſilicula margine obtuſo, 

uti haec ; fuperficie fcabra, uti haec; apice non 

emarginato, uti haec; utrinque gibbo, uti haec; 
quibus notis omnibus manifeſte a Nafturtiis rece- 


C 2 


36 


Kreuzbluͤthen 


dit: inſuper confiderata facie, loco natali, ramis 
dejectis & modo crefcendi propius ad Cochlea- 
riam quam Naſturtium accedit. Sicher ein paras 
dorer Saz. Muß man ſich nicht uͤber die Philoſo⸗ 
phie eines Mannes erſtaunen, der ſolche Armſelig⸗ 
keiten herausklauben kann, um eine Aehnlichkeit zu 
finden, die nicht da iſt, und mit offenen Augen blind 
bleibt, um den himmelweiten Unterſchied zwiſchen 
der wahren filicula Cochleariae, und dem pericar- 
pio biloculari Cararae nicht zu fehen, und nicht zu 
bemerken. Um die Saamen zu zählen, mußte er 
doch das pericarpium Cararae verſchneiden; da hin⸗ 
gegen dieſelben bei Naſturtium und Cochlearia ihm 
in die Hände fielen, weil ihre Schoͤtchen abſprin⸗ 
gende Schaalen haben. Es iſt unbegreiflich, wie 
er die ſo unbedeutenden Kennzeichen der Frucht von 
Carara mit Cochlearia ausheben konnte, ohne die⸗ 
ſen in die Augen ſpringenden Unterſchied waͤhrend 
der Vergleichung zu bemerken. Aber Tournefort 
begieng den Fehler, dieſe Gattung ſeiner Vorfah⸗ 
ren als Art ſeinem Naſturtium einzuverleiben, und 
Linns, deſſen geheime Abſicht es war, Tournefort 
zu verdraͤngen, masquirte den Tournefortiſchen Feh⸗ 
ler nur anders, und machte eine Cochlearia dar- 
aus. Linns war ſicher der Mann nicht, Tournefort 
philoſophiſch zu verbeſſern, dazu fehlten ihm jenes 


unſterblichen Mannes ausgebreiteten Kenntniſſe. Aber 


fo auf geradewohl abzuändern, dazu gehört nichts, 
als ein hoher Grad Egoismus. Indeſſen hat Linne 
seine häufigen Nachfolger gefunden. La Marck Enc. 


mit zweifaͤcherichten Pericarplen. 37 


Botaniq. II. 165. Cranfon. Corne de Cerf. Cette 
plante eſt ſi remarquable par la forme particulie- 
re des ces filicules! que plufiers Botaniftes mo- 
dernes la feparent de Cranfon pour en faire une 
genre apart. Da hat La Mark ſehr unrecht, denn 
die Alten hatten ſchon eine Gattung daraus gebil— 
det. L. de Juſſieu G. Pl. 240. Cochilearia Corono- 
pus. . filiculae rugoſae cryſtatae genus forte 
diſtinctum indicant. Hätte Juffien die Frucht rich: 
tig, und nicht filicula genennt, ſo ein groſſer Feh⸗ 
ler war: ſo wuͤrde ihm kein Zweifel uͤbrig ge blieben 
ſeyn. 

Von Haller Enum. an Helv. I. 217. hat dieſe 
Pflanze wieder zu einer Gattung erhoben, und nach 
Knaut Coronopus genennt. Da aber Tournefort 
hierunter eine ganz andere Gattung verſtand, und 
Tournefort doch ein ganz anderer Mann als Knaut 
iſt: ſo habe ich den Namen von Caͤſalpin vorgezo⸗ 
gen, weil dieſey für fen ne Zeit eine herrliche Beſchrei⸗ 
bung der Frucht gab: kructus rotundi, ac depreſſi, 
valde duri, aſperique: ſemine intus flavo ac de- 
preſſo. Haller ſagt J. c. non credidi, in tanto fru- 
ctus diſcrimine poſſe hanc plantam cum Cochlea- 
ria manere. Aber dies iſt alles bei dem Linneiſchen 
Club vergebens, der in der eigenſinnigen Beharrung 
ſeine Dauer zu gründen ſich bemuͤht hat. 


Cochlearia. Scop. Introd. n. 1469. Pericarpium 
fubrotundum, biloculare, ſcabrum ift ein anderer 
Fehler, da er hiedurch der Achten Gattung Coch- 

C 3 


38 Kreuzbluͤthen 


learia ein pericarpium zugeeignet, die doch wahre 
Schoͤtchen hat. 

1II. Vierfaͤcherichtes Pericarpium. 
MYAGRUM. Tournef. T. 99. (Tab. I. fig. 1.) 
Zerzfoͤrmig geſtaltetes Pericarpium, mit 
vier Höhlen, wovon drei leer, die vierte 
und mittelſte aber einen Saamen enthaͤlt. 

Dies allerdings merkwuͤrdige, und in ſeiner 
Art einzige Pericarpium verdient eine genauere 
Beſchreibung. Es hebt unten mit einer etwas 
keilfoͤrmigen Geſtalt an, hat daſelbſt eine ſenk— 
rechte Hoͤhle, die oben mit einer horizontalen 
Wand geſchloſſen iſt, und ſich aͤuſſerlich mit ei⸗ 
nem etwas hervorſtehenden Wulſte abzeichnet. 
Ueber dieſer fängt eine andere ſenkrechte laͤng⸗ 
lichte Höhle an, in welcher ein einziger Saame 
innen liegt. An dem Ende dieſer obern Hoͤhle, 
doch etwas tiefer, erweitert ſich das Pericarpium 
mehr herzfoͤrmig, und in dieſer Erweiterung ſind 
zwei meiſt rundlichte Höhlen neben einander, die 
aber zu allen Zeiten, wie die unterſte, ſaamen⸗ 
leer ſind. 

Mxad kum perfoliatum. 

Die Gattungen der Schriftſteller hier kritiſch zu pruͤ⸗ | 

fen, iſt eine wahre Unmöglichkeit, da ſie alle im 

Dunkeln tappen, und aus lauter uͤbel angebrachter 


mit gegliederten Pericarpien. 39 


Vereinigungsſucht gar nicht wiſſen, was ſie wollen. 
Tournefort hat bereits nach dem ſonderbaren Baue 
dieſes Pericarpii feine Gattung gebildet, und es iſt 
mehr als unbegreiflich, wie die neuern Ueberfluͤger 
dies alles uͤberſehen konnten, und Tonrneforts Gat— 
tung ſo haͤßlich entſtellt haben. Aber da ich dieſen 
groſſen Mann immer als den Vater der Kraͤuterkun⸗ 
de anſehen werde: ſo ſind mir ſeine Gattungen ſehr 
ſchaͤzbar, beſonders wenn ſie, wie hier, das Gepraͤge 
der Wahrheit haben. Ein pericarpium quadrilocu- 
lare iſt zwar nichts ſeltenes; aber die Anordnung die⸗ 
ſer Gefache iſt ſo ſonderbar, und einzig in ihrer Art, 
indem immer die drei naͤmlichen Gefache leer, und 
nur das einzige mittlere Gefach zum Saamen bes 
ſtimmt iſt, daß eben dieſes allerdings als Gattungs⸗ 
Charakter ausgehoben werden muß. Alle Beobach⸗ 
ter, wenigſtens die mir bekannt geworden, haben 
die unterſte ſenkrechte Hoͤhle uͤberſehen, bei mir hat 
ſie nie gefehlt. Auch habe ich nie in den drei, zum 
Leerſeyn beſtimmten Hoͤhlen nur die mindeſte Spur 
eines Saamens entdecken koͤnnen. 


IV. Gegliederte Pericarpien. 


RAPHANISTRUM. Tournef. 


Blumendecke vierblättericht, von denen 
zwei unten bauchicht find, oben aber an 
einander ſtehen. Gegliedert auf einander 


ſizende Pericarpien, deren leztes ſich mit 
einem langem, ſpizig zulaufendem, ſtehen 
C4 


40 Kreuzbluͤthen 


bleibendem Griffel endigt. Jedes Pericar⸗ 
pium hat in dem Sruchtknote eine Schei⸗ 
dewand, und iſt zweifaͤchericht aber nur 
ein Saame waͤchſt aus, und verdrängt ſo⸗ 
wohl die Scheidewand, als den andern 
Saamen in der Folge, daher die zeiti 
Pericarpien nur einfaͤchericht erſcheinen. 
RArHANISTRUM in ,um. 
Linne Amoen. Acad. VI. 430 — 45 f. gab eine 
Diff. Raphania heraus, worin er behauptete, dies un⸗ 
ſchaͤdliche Kraut ſey die Urſache der Kriebelkrankheit; 
denn er mengte ſich in alles, wußte alles, und was 
ihm ſeine Einbildungskraft heut eingab, ließ er mor⸗ 
gen als Wahrheit drucken. So kraͤftig dieſer Traum 
durch die Erfahrung widerlegt wurde: ſo geringfuͤgig 
iſt ſeine Beſchreibung, und gerade das Weſentliche in 
derſelben fehlt. Das gegliederte Pericarpium iſt ein 
ſo weſentlicher Charakter, daß ich gar nicht einſehen 
kann, wie unſere Botaniſten dazu kamen, den richti⸗ 
gen Gattungs⸗ Charakter von Tournefort zu verlaſ⸗ 
ſen, und den elenden yon Linne nachzuſchreiben. 
Adanſ. II. 424. behielt zwar Tourneforts Namen 
bei, entſtellte aber den Charakter. Silique! cylindr. 
articul. I. rang! de 2.— 8. loges! Scop. Introd. 
n. 1443. DonmisrA. Pericarpium elongatum , 
compofitum, roſtratum, articulatum : articulis fe- 
parabilibus, monofpermis! Die Beſchreibung herr= 
lich, aber ich ſehe nicht ein, warum man Tourne⸗ 


— 


mit Periearpien unbeſtimmter Gefaͤcher. 41 


forts Namen ausmerzen ſoll, da Zournefort im Grun⸗ 

de das naͤmliche ſchon vor 100 Jahren ſagte. Mo- 

nofpermum iſt nur nach den zeitigen Pericarpien 
wahr. 

Juſſieu Gen. Pl. 138. vereinigt dieſe Gattung mit 
Raphanus, und ſezt bei: Siliqua 1. locularis in 
Raphaniſtro T. Raphanus hingegen giebt er eine 
ſiliquam teretem articulatam. Welche Fehler! 

V. Kreuzbluͤthen mit Pericarpien, deren Gefache unordentlich 
und unbeſtimmt ſind. 


RAPHANUS. Tournef. 
Alle vier Blumendeckblaͤtter unten etwas 
herunterhaͤngend, oben geſchloſſen. Coniſch 
anlaufendes Pericarpium, deſſen Gefache 
oft eine Scheidewand zu haben ſcheinen, 
im Grunde aber durch mannigfaltig ſich 
durchkreuzendes ſchwammichtes Gewebe 
in Gefache mancherlei Groͤſſe, und ohne 
alle Ordnung ſich zertheilen. 
RAPHANus fativns. 
Linne in Gen. Pl. Ed. Schreb. n. 1098. ſagt Obf. 
Raphanus T. Fructus ſpongioſus, bilocularis, non 
dehiſcens. Raphanifirnm T. Fructus articularis, 
diſcedens fecundum articulos. So kann man die 
meiſten Gattungen in wenige vereinigen, und . 
ſagen Sinapi T. Perianthium tetraphyllum, pa- 
tens. Raphanus 7. Perianthium tetraphylium, 
fuperne connivens. Keicher in feinen wild: 


8 C 5 


42 Kreuzbluͤthen 


wachſenden pflanzen um Danzig S. 237. gab 
dieſen Charakter an, um Raphaniſtrum und Sinapi, 
unter welchen S. arvenſe dem erſtern ſehr gleichen ſoll, 
in der Bluͤthe ſchnell zu unterſcheiden. Dergleichen 
Obſervationes verbeſſern den fehlerhaften Charakter 
gar nicht. Syſt. Vegetab. XIV. 582. Raphanus. 
Siliqua articulata. Ib. 603. Siligna toroſa, ſub- 
articulata teres. Wie widerſprechend in einem Un⸗ 
terſchiede von wenig Seiten. Der erſte Gattungs⸗ 
Charakter paßt nicht auf Raphanus ſativus. Und 
was ſoll das heiſſen toroſa und teres? und wo iſt 
bei Raphanus fativus filiqua! ſubarticulata? Adan⸗ 
ſon II. 424. giebt das Pericarpium, das er immer 
nach ſeiner fehlerhaften Art bei den Kreuzbluͤthen 
Schote nennt, ſehr mittelmäßig an. L. de Juſſieu G. Pl. 

138. Siliqua! teres articulata, articulis ventrico- 
fis, torofa. Iſt es nicht eine Schande, von einer fo 
gemeinen Pflanze einen ſo ſchlechten Charakter anzu— 
geben. 

Scop. Introd. n. 1444. Pericarpium elongatum 
teres! roſtratum! craſſum, multiloculare, intus 
ſpongioſum. Noch von allen der beßte. 

Man vergleiche hiemit, was ich oben bei Rapha- 
niftrum gejagt habe. 
$. 2. Kreuzbluͤthen mit Pericarpien und unter diefen 

ſizenden Schoͤtchen. 


SCHRANKIA. (Tab. I. fig. 10.) 


Gedoppelte §rucht; eine ſenkrecht über der 
andern. Die unterſte iſt ein Schoͤtchen in 


mit Pericarpien und Schoͤtchen. 43 


Geſtalt eines Cylinders, mit zwei abſprin⸗ 
genden Schaalen, einer fenfterertigen 
Scheidewand, und einem einzigen Saa- 
men. Die oben daruber ſizende iſt ein ein⸗ 
faͤcherichtes Pericarpium, ebenfalls mit 
einem Saamen. 

Vier Blaͤttlein der Blumendecke, von denen 
zwei wegen zwei ſehr groſſen halbcirkelfoͤrmigen, 
auſſerhalb den zwei Paar langen Staubfaͤden 
hervorragenden Glandeln ſehr klaffen. In der 
Bluͤthe ſcheint die Frucht einen Fruchtſtiel zu has 
ben, der aber nach gaͤnzlicher Zeitigung als ein 
Schoͤtchen erſcheint. Sehr langer Griffel, mit 
einer kopfartigen Narbe. 

Die zwei abſpringenden Schaalen des Schoͤt— 
chens haben obenher eine halbcirkelfoͤrmige Aus⸗ 
buͤgung oder Aushoͤhlung. Innerhalb den Schen— 
keln der fenfterartigen Scheidewand ſtehet ein 
Saamen mitten inne, und oben ſind dieſe Schen— 
kel mit dem Pericarpium verwachſen. Das Pe⸗ 
ricarpium ſteht alſo durch die Verwachſung feſt 
auf, und ruht zugleich in den Aushoͤhlungen der 
beiden Schaalen. Am beßten kann man dieſen 
Bau an der Pflanze ſelbſt beobachten. Denn bei 
abgenommenen Fruchtgehaͤuſen gehen die Schen— 
kel der Scheidewand gewoͤhnlich zu Grunde. Die 


al Kreuzbluͤthen 


geſchloſſene Saamenkapſel iſt ovalartig, mit Hoͤ⸗ 
ckern aͤuſſerlich beſezt, von Baue nußartig, und 
enthaͤlt ebenfalls, wie das Schoͤtchen, nur einen 
einzigen Saamen. 
ScHRANKIA rs goſa. 
Myagrum rugofum. L. 
Gewiß iſt die Vereinigung eines Schoͤtleins mit einem 
Pericarpio aͤuſſerſt merkwürdig; und dieſer merkwuͤr⸗ 
dige Charakter verdient durch eine eigene aufgeſtellte 
Gattung verewigt zu werden, um den wahren Gang 
der Natur genau kennen zu lernen. 
Von Haller hat in Hiſtoria Stirp. Indig. I. 225. 
n. 524. 525. 526. 527. Pflanzen-Gattungen Sili- 
qua! irregulari geſammlet. Unter dieſen befindet 
mein Myagrum perfelatum. Daß dieſe Halleri⸗ 
ſche Art ein pericarpiam quadriloculare, und keine 
Schoͤtchen habe, habe id) oben bewieſen. Denn führt 
er n. 525. Myagrum perenne L. ſiliculae, articu- 
lo primo ſtricto, altero globofo , ſtriato an, und 
fügt bei: in utroque loculo ſemen unicum. Ich 
kenne dieſe nicht, kann alſo nicht ſagen, ob dieſe Art 
zu der Schrankia gehöre, oder ob fie eine eigene Gat⸗ 
tung ſey. So viel ſcheint ſicher zu ſeyn, daß keine 
Schoͤtchen da find. Kapiſtrum hat, wie ich oben 
angefuͤhrt, einen Fruchtſtiel, der ſich obenher etwas 
kugelartig verdickt, und daſelbſt in ſeinem unzeitigen 
Zuſtande eine Höhle hat. Und da wir bei Myagrum 
ſehen, daß es pericarpia quadrilocularia giebt, wo 
zu allen Zeiten nur der mittelſte loculus einen Saa⸗ 


mit Huͤlſen. 45 
men enthaͤlt: ſo ſehen wir, wie die Natur durch 
die feinſten Charaktere die Graͤnzen jener Pflanzen 
abgeſteckt, die im Ganzen genommen, eine ſo groſſe 
Aehnlichkeit unter ſich zu haben ſcheinen, und es iſt 
mir daher ſehr wahrſcheinlich, daß es auch derglei— 
chen pericarpia articulata geben Tonne. Die fernern 
kritiſchen Bemerkungen folgen weiter unten. 

$. 3. Kreuzbluͤthen mit Huͤlſen. 

RICOTIA. (Tab. II. fig. 24.) 
Kreuzblumen mit Zuͤlſen. Blumendecke 
mit zwei ſackfoͤrmigen Verlaͤngerungen. 

Die vierblätterichte Blumendecke ſteht feſt 
an einander gelehnt, zwei Blaͤttlein von dieſer 
haben unten eine ſackfoͤrmige Verlaͤngerung, wie 
Jondraba. Die zwei kuͤrzern Staubfaͤden, die 
bei ihnen ſtehen, haben bei ihrem Anfange eine 
halbeirkelfoͤrmige Buͤgung, dieſe Buͤgung ſtickt 
in der ſackfoͤrmigen Verlaͤngerung, worauf ſie 
gerad in die Hoͤhe ſteigen. Die vier Blumenblaͤt⸗ 
ter haben einen rinnenfoͤrmig ausgehoͤhlten lan⸗ 
gen, aber ſchmalen Nagel, erweitern ſich uͤber 
demſelben herzfoͤrmig mit einem tiefen Einſchnit⸗ 
te, und ſind da ausgebreitet. Alles dieſes iſt bei 
einer bald abgebluͤthen Bluͤthe am leichteſten zu 
entdecken, da vorher wegen vieler ſchleimichter 
Feuchtigkeit alles zu feſt an einander ſteht und 


46 Kreuzbluͤthen 


klebt. Auf dem ſchmal oval platten Fruchtkno⸗ 
ten ſizt auf einem kleinen Griffel eine groffe ova⸗ 
le, ſpizig zulaufende, oben gefpaltene Narbe, 
welche Spalte in der Folge, wenn die Huͤlſen 
anwachſen, deutlicher wird. Wenn die Frucht 
halbzeitig iſt, und man dann eine mit Vorſicht 
Öffnet, findet man zu Zeiten der Laͤnge nach eine 
aͤuſſerſt duͤnne Mittelwand dieſelbe zum Theile 
durchſtreichen, die uͤberall feſt angewachſen iſt, 
einen Saamen einſchließt, bei der Zeitigung aber 
gewoͤhnlich verſchwindet. In dieſem unzeitigen 
Zuſtaude hatte fie alſo ein geſchloſſenes Ge⸗ 
fach. Die beiden Schaalen der Huͤlſen ſpringen 
nur in ſehr heiſſer Witterung von einander, ſind 
aber zu keiner Zeit mit einander verwachſen, fons 
dern trennen ſich ganz leicht, und die ſcheinbare 
Verbindung ruͤhrt nur von der ſchleimichten 
Feuchtigkeit her, die mit der Zeitigung auftrock— 
net, und die Schaalen zuſammenpappt. Breit⸗ 
gedruckter, am Rande runder und gefluͤgelter 
Saame. 
Rıcorıa argiptiaca. 
Ich finde dieſe Pflanze zuerſt in dem geſchriebenen 
Catalog des Koͤn. pariſer botanifchen Gartens, den 
Herr B. de Juſſieu noch verfertigt hat, als Lunaria 
aegiptiaca, Naſturtii folio, flore purpureo ange- 
zeigt. Hierauf brachte fie Linne (warum, das konn⸗ 


mit Huͤlſen. 47 


te nur er wiſſen, denn in der Pflanze ſelbſt trift man 
keine Gruͤnde dazu an) zu Cardaminde. Adanſon 
bildete ſie zuerſt zu einer eigenen Gattung, die er 
Scopolia nennte. Famill. des Pl. II. 419. Gleich 
nach dieſer Entdeckung nimmt fie Linne vou Carda- 
minde wieder weg, erkennt ſie als eigene Gattung, 
ändert aber den Namen Scopolia in Ricotia. O! 
des Mannes, der nur allein glaͤnzen, und niemand 
neben ſich leiden wollte, und dem hiezu das Namen— 
veraͤndern fo behilflich war. B. de Jufäeu hatte ganz 
recht, ſie zur Lunaria zu bringen, da ihre Bluͤthen 
ſo aͤhnlich mit einander ſind, und ihm wahrſcheinlich 
die Frucht unbekannt geblieben war. Aber ungeach— 
tet Adanſon eine eigene Gattung aus dieſer Pflanze 
machte: ſo findet man doch nicht einen einzigen Cha— 
rakter von Bedeutung bei ihm, ſeine Scopolia und 
Lunaria T. zu unterſcheiden. Aber noch ſchlimmer 
bei Linne, der gar den Charakter der Ricotia ver— 
faͤlſchte, um einen Unterſchied zu erzwingen, der ihm 
doch leicht geweſen wäre, wenn er feine eigene Ter- 
minologie und Philofophia botanica verftanden, 
die man bisher zum hoͤchſten Nachtheile der Kräuter: 
kunde ſo ſehr erhob. Er verfaͤlſchte den Charakter, 

indem er den calicem Ricotiae anderſter angiebt, 
der doch der naͤmliche von Lunaria iſt; die corollam 
abaͤndert, die doch eben wie die andern Bluͤthenthei— 
le mit Lunaria ſo uͤbereinkommen, daß es mir un⸗ 
möglich geſchienen, zwiſchen Zunaria und Ricotia 
in dieſen Bluͤthentheilen einen wahren abſtechenden 
Charakter zu entdecken. Scopoli Introd. n. 1455. 


1 


48 


\ 


Kreuzbluͤthen 


vereinigt Tuuaria und Ricotia wieder: zum auffal⸗ 


lenden Beweiſe, daß er die Pftanzen nie geſehen; 
bei den Schrififteilern Gattungs-Charaktere ſuchte, 
und nicht fand. L. de Juſſieu Gen. Pl. 239. kannte 
die Pflanze auch nicht, denn er ſchrieb Linne nach. 
Der Hauptunterſchied zwiſchen Zunaria und Rico- 
tia iſt, daß Lunaria wahre Schoten, Ricotia Huͤl⸗ 
ſen hat. 

Noch muß ich die Anbeter des Linneiſchen Sernals 
Syſtemes darauf aufmerkſam machen, daß Linne 
ſeine Abtheilung Tetradynamia ſiliculoſa mit Luna- 
ria ſchließt, und die Siliquoſa mit Ricotia eröffnet, 
Freilich iſt die Frucht der Lunaria ungleich viel groͤſ⸗ 
fer, als jene der Riootia. Aber was bekuͤmmert dies 
Linné, flat pro ratione voluntas. Auch hierin folgt 
ihm der geſchmeidige Schreber und Hr. L. de Juſſieu. 

Daß Ricotia bei unzeitigen, aͤuſſerſt felten bei zei⸗ 
tigen Huͤlſen ein gef ſchloſſenes Gefach mit einem 
Saamen habe, hoffe ich, wird keinen gruͤndlichen Bo⸗ 
taniker irre machen. Denn wem iſt 1) unbekannt, 
daß es Huͤlſen mit Gefachen giebt, und denn muß 
2) bei einer Schote oder Schoͤtchen eine freie Schei⸗ 
dewand, und zwei abſpringenden Schaalen da ſeyn. 
Und wo iſt nur von allem dieſem eine Spur bet 


- Ricotia? 


Da ſchon fo viele Pflanzen den Namen Scopolia 
erhalten: ſo habe ich, um Verwirrung zu vermei⸗ 
den, Ricotia auch angenommen, da es ſonſt meine 
Gewohnheit iſt, den Namen jenes Verfaſſers beizus 
halten, der die Gattung zuerſt benennt hat. 

§. 4. Kreuz⸗ 


| mit rindenartigen Fleiſchhoͤhlen. 49 
$, 4. Kreuzbluͤthen mit rindenartigen Fleiſchhoͤhlen. 
VELLA. L. Vorleſ. IV. n. 494. (Tab. II. 

fig. 25.) 
Breitlichter, loͤffelartig ausgehoͤhlter Grif⸗ 
fel, mit auffizender kegelfoͤrmiger Narbe. 
KAugelrunde rindenartige Sleiſchhoͤhle, mit 
ſtehen bleibendem ſich verhoͤlzerndem Grif⸗ 
fel, inwendig durch die vom Griffel her⸗ 
ablaufende Scheidewand in zwei Gefache 
getheilt. | 

Die vier Blaͤttlein der Blumendecke find 
lang, aufrecht, linienartig, und ſtehen in Rohr⸗ 
geſtalt beiſammen. Die vier Blaͤttlein der Blus 
me haben lange Naͤgel, und der obere breitere 
Theil (lamen) iſt beinah geſtreckt, am Umkreiſe 
oval, mit gelben Streifen. Der breite Griffel 
iſt von Baue feſt, aber doch duͤnn, am Umkreiſe 
oval, auf der einen Seite etwas ausgehoͤhlt, 
auf der andern etwas gewoͤlbt. Die rindenartige 
Fleiſchhoͤhle iſt in den Vorleſungen IV. n. 491 
genau beſchrieben. 
VELLA annua. L. 

Linn. Gen. Plant, in qualib. edit. Stylus conicus. 

Stigma fimplex. Iſt ein Beweis, daß er die Bluͤ⸗ 

the nie gepruͤft. Diſſepimentum filicula! duplo 

major. Es kann ja nirgends eine Scheidewand ſeyn, 

wo nichts abzutheilen iſt, folglich iſt es gar nicht 


pfl. Gattungen, 1, Heſt. D 


50 Kreuzbluͤthen 


philoſophiſch, ein diffepimentum extra filiculam an- 
zugeben. Eben dieſer Theil iſt der verhoͤlzerte Griffel. 
Die Scheidewand iſt den meiſten Scheidewaͤnden der 
Früchte der Kreuzblumen aͤhnlich, nämlich innerhalb 
dem Cirkel angeſpannt, fein und durchſichtig. Die 
übrigen Bemerkungen ſ. Phil. Bot. J. S. 193, nur 
iſt hier zu merken, daß durch ein Verſehen jene 
Stelle zu Vella gekommen, die zu Anaſtatica ge⸗ 
hört, nämlich daß jeder loculus noch mit einer wa- 
gerechten Scheidewand abgetheilt ſey. Adanſon II. 
421. und Scopoli n. 1468. haben den Griffel mit 
jener Veraͤnderung, die er in der Folge erleidet, rich— 
tig angegeben. L. de Juſſieu Gen. Pl. 24 l. Linne 
geradezu abgeſchrieben. 


ANASTATICA.L. Vorleſ. IV. n. 495. (Tab. 
II. fig. 26.) 

Rindenartige sleiſchhoͤhle, die ſich durch 

die Kunift in zwei Schaalen, und die Schei⸗ 

de wand theilen läßt. 

An der Scheidewand iſt zu bemerken, 1) daß 
ſie auf beiden Seiten ringfoͤrmige Fortſezungen 
hat, welche mit den Schaalen gemeinſchaftlich 
die Hoͤhlen bilden, in welchen die Saamen liegen. 
2) Steht an dieſen Gegenſtuͤcken oder ringfoͤr⸗ 
migen Fortſezungen der Scheidewand unten eine 
hölzerne Stachel, die ſich über die Schaalen über: 
buͤgt. 3) Iſt der ſich verhoͤlzernde Griffel oben 


mit rindenartigen Fleiſchhoͤhlen. 51 


daruͤber. An den Schaalen bemerkt man 1) eine 
wagerechte Zwergwand, die die Hoͤhlung jeder 
Schaale in die obere und untere Hoͤhle abtheilt, 
dann 2) die Verlaͤngerung derſelben von auſſen, 
die eine ausgehoͤhlte Schaale iſt 
ANASTATTCA hierochuntica. Jacꝗ. Hort. Vindeb. I. 
Tab. 58. 
Meine Bemerkungen ſ. Phil. Bot. I. 193. Adanſ. 
Famill.. II. 421. Hierochontis. Silique! ovoide 
en deux Cornes en cuilleron. Iſt eben ſo fehler⸗ 
und mangelhaft, als Linnes feine. Juſſieu Gen. Pl. 
241. Silicula! loculis monofpermis! breviſſima, 
valvularum diſſepimento longiorum apice obliqua- 
tim truncato, inde ſupra retuſa, aut inſtar fiſſi 
pedis centro depreſſa. Linnè mit veraͤnderten Wor⸗ 
ten ſo nachgeſchrieben, daß die Beſchreibung der 
Frucht, ſtatt deutlicher, noch unverſtaͤndlicher wird, 
von dem eigentlichen Baue aber eben ſo wenig, als 
ſeine Vorgaͤnger angiebt, weil die Herren nur die 
Buͤcher, ſelten die Natur ſtudiren. 
HIEROCHONTIS. | 
Schnabelfoͤrmig gebogener glatter Griffel, 
mit einer zweiſpaltigen Narbe. Rinden⸗ 
artige, feſt verwachſene Sleiſchhoͤhle, von 
kugelfoͤrmiger Geſtalt, mit einem geboge⸗ 
nem Schnabel, der in der Bluͤthe Griffel 
War. 
D 2 


52 Kreuzbluͤthen 


HIEROCHONTIS carniolica. 
Myagrum roftratum. Scop. Flor. carn. II. n. 797. 
Tab. 35. 

Anaſtatica fyriaca. L. Jacq. Fl. Auſtr. Tab. 6. 
Mit meinen Fruͤchten war ich dies Jahr ungluͤcklich, 
indem fie mir, während ich daran zergliederte, ges 
fallen find, und verlohren giengen, ich überhaupt 
auch nur wenige gehabt habe. Meine Gruͤnde, eine 
eigene Gattung daraus zu bilden, will ich daher ein 
andermal vorlegen. Indeſſen, da hier ſo viel auf 
die Bildung der Frucht ankoͤmmt: ſo lehrt ſchon der 
Augenſchein, daß ſie von Anaſtatica L. getrennt wer⸗ 
den muͤſſe. Nach Scopoli fie zu Myagrum, das 
aber von Myagrum L. ſehr verſchieden iſt, zu brin⸗ 
gen, kann ich gar nicht billigen, wie die Verſchieden⸗ 
heit ſeiner untergeordneten Arten und ihrer Fruͤchte 
am beßten beweiſt. La Marck und Juſſieu G. Pl. 
241. bringen ſie eben fo fehlerhaft zu Myagrum. - 

§. 5. Kreuzbluͤthen mit Steinfrüchten. 
BUNIAS. Vorleſ. IV. n. 496. 497. (Tab. J. 


fig. 8.) | 
Zweifaͤcherichte rindenartige Steinfrucht, 
mit einer ſteinernen Scheidewand. Bluͤ⸗ 
then, wie ſonſt bei den Kreuzbluͤthen uͤb⸗ 
lich. 
Die Blumendecke beſteht aus vier ſehr aus⸗ 
gebreitet ſtehenden, ovalartig gebildeten Blaͤtt— 
leinen. Lange Blumen⸗Naͤgel, an der Ausbrei⸗ 


mit Steinfruͤchten. 53 


tung oval, oben abgeſtuͤmpft, oder gar ſanft ge⸗ 
kerbt. Sechs Staubfaͤden, ohne Ausnahme, wie 
bei Kreuzbluͤthen gewoͤhnlich. Kaum merklicher 
Griffel, aber eine kopfigte Narbe. Die Stein⸗ 
frucht habe ich Vorleſ. IV. n. 496 und 497 ge⸗ 
nau beſchrieben. 
1. Bunsas orientalis. L. 
Die Blumendecke iſt gewoͤhnlich gelblicht. 
Elliptiſch geformte Steinfrucht, mit ſchief 
laufender ſteinerner Scheidewand. 
2. Bux lAs aegigtiaca. L. Jacq. Hort. Vindeb. II. 
Tab. 145. 
Die Blumendecke und Faͤden der Staubfaͤ⸗ 
den gewoͤhnlich gruͤn. Hoͤckericht-kantichte 
Steinfrucht, mit ſenkrechter ſteinerner 
Scheidewand. 
Mir iſt es unbegreiflich, wie es wahren Botanikern 
nur in den Sinn kommen kann, dieſe Arten mit Bu- 
nias balearia L. (ſ. unten Succowia) zu verglei⸗ 
chen, oder den Unterſchied zwiſchen dieſen aufzufu- 
chen, da ſie weder im Aeuſſerlichen etwas beſonders 
aͤhnlendes haben, in den Fruͤchten aber himmelweit 
verſchieden ſind. Aber dies ſind die Folgen, wenn 
man ſtatt zu zergliedern nur nachſchreibt, Charakte⸗ 
re aufſuchen will, wo keine ſind, und von lauter 
Blindheit die wahren nicht auffindet. Wee noͤthig iſt 
es alſo, aͤchte Gattungen zu bilden, da} ohne dieſe 
die Beſtimmungen der Arten ſo ungewiß, ſchwankend, 


D 3 


54 


Kreuzbluͤthen mit Steinfruͤchten. 


ja gar oft falſch find. Daß die hier fo beſtimmte Bu- 
nias (ja nicht Bunias anderer Botaniſten) eine wah⸗ 
re drupam habe, davon bin ich durch die Erfahrung 
hinlaͤnglich belehrt. Denn bei unzeitigen Fruͤchten 
habe ich das Hoͤckerichte weggenommen, und gefun— 
den, daß ſie theils fleiſchicht, theils rindenartig war; 
unter dieſer Maſſe habe ich aber jedesmals einen 
wahren Stein entdeckt. In der Folge verhaͤrtet ſich 
das Fleiſchartige des Ueberzuges ebenfalls, und wird 
hart und lederartig. 


Lange war ich im Zweifel, ob meine VocxIIA 
nicht mit Bunras in ein kuͤnſtliches Geſchlecht vers 
einigt werden ſollte, bis die genaue Pruͤfung der un— 
zeitigen und zeitigen Fruͤchte beider Gattungen mich 
überzeugt haben. Vocerıa hat nur ein pericar- 
pium, und keine drupam. Dann iſt bei Buxras 
nicht allem ein wahrer Stein, ſondern auch eine 
ſteinerne Mittelwand, wie in andern drupis locu- 
lamentoſis gebraͤuchlich ift. VockLIA hingegen hat 
ein pericarpium mit einer dünnen haͤutigen Schei⸗ 
dewand. Dieſer Charakter, den ich oben ſchon er— 
laͤutert, und der bei Pflanzen von ſo entſchiedener 
Aehnlichkeit von aͤuſſerſter Wichtigkeit iſt, mag auch 
die Haupturſache ſeyn, warum bei VoGELIA fo oft 
nur ein Saame reift, da bei Bunzas ſelten die zwei 
Saamen fehlen. Denn die ſteinerne Scheidewand 
bei Buntas ſezt dem ſtaͤrker anwachſenden Saamen 
des einen Gefaches ſeine beſtimmten Graͤnzen, und 
kann er den Saamen des andern Gefaches nicht ver⸗ 


Allg. kritiſche Bemerk. über den erſten Abſchn. 35 


draͤngen. Die zarte feine und haͤutige Scheidewand 
der VockLIA kann dies nicht leiſten, daher der fruͤ— 
her befruchtete, oder ſtaͤrker wachſende Saamen ſei⸗ 
nen Nachbar unterdruͤckt, und beinah ganz vertilgt. 

Mehrere kritiſche Bemerkungen werden bei Succo— 
wia folgen. 


Allgemeine kritiſche Bemerkungen uͤber 
den erſten Abjchnitt. 

Man hat es mir immer zum Vorwurfe ge— 
macht, daß ich des Ritters von Rinne Termino— 
logie ſo ſehr herabgeſezt, und fuͤr eine wahre 
Hinderniß zur Erlernung der Wiſſenſchaft ſelbſt 
erklaͤrt habe. Die Folge dieſer Vorwuͤrfe war, 
daß man wenig Aufmerkſamkeit auf meine Erz 
innerungen gehabt hat; ja, die Compendien— 
Schreiber copiren dieſe Terminologie immer ge— 
treulich, und zwar, weil in dem Verhaͤltniſſe, 
wie ſich das Buͤcherſchreiben vermehrt, die wah— 
ren botanischen Kenntniſſe alle Tage ſeltener wer— 
den und ſich vermindern. Mir iſt das alles gleich— 
guͤltig, und ich werde meiner Beſtimmung zu— 
folge, den von mir gefundenen Weg der Wahr— 
heit getreu und ruhig fortgehen, und es mir gar 
nicht angelegen ſeyn laffen, ob ich dem oder je— 
nem Wehe zu thun genoͤthiget bin. Warum wol— 
len ſie die Wahrheit untergraben, und durch ihr 

5 D 4 


56 Aligemeine kritiſche Bemerkungen 


uͤbel uͤberdachtes Zudringen der Wiſſenſchaft 
ſchlechterdings nachtheilig ſeyn? Denn wer ſich 
der Wahrheit mit Gewalt widerſezen will, hat 
ein uͤbles Amt uͤbernommen, und uͤber lang oder 
kurz wird er in ſeiner Bloͤße recht armſelig da 
ſtehen. 

Was nuͤzt mich eine Sprache, die ich nicht 
reden kann? Linne erfand eine ſolche, und we⸗ 
der er noch andere konnten, noch koͤnnen ſolche 
ſprechen. Im Grunde iſt alſo ſeine botaniſche 
Sprache eine wahre Kinderei, und das muͤſſen 
noch rechte botaniſche Kinder ſeyn, die einen ſo 
hohen Werth darauf ſezen moͤgen. In meiner 
philoſophiſchen Botanik I Heft, S. 113 habe ich 
unter andern gezeigt, daß Linné nicht wußte, was 
eine filiqua, und daß ſelbſt feine eigene Definition 
der laut redendſte Beweis ſeiner Unwiſſenheit 
ſey. Bei allem dem ſchrieb ihm jedermann nach; 
denn alles kritiſche Gefuͤhl ſcheint in der Kraͤuter⸗ 
lehre ganz verſchwunden zu ſeyn. Hier iſt nun 
bei den Tetradynamiſten ein neuer, noch auffal⸗ 
lenderer Beweis ſeiner wahren Unwiſſenheit, da 
er dieſen hier einſchlaͤgigen Gattungen ſamt und 
ſonders, ſeine einzige Crambe Gattung ausge⸗ 
nommen, filiceulas oder filiquas zuſchrieb. ſ. 
Schreb. Ed. 8 va. Gen. Pl. p. 434 — 446. Und 


über den erſten Abſchnitt. 57 


ein ſolcher Mann ſoll unſer botanifcher Geſezge⸗ 
ber ſeyn, der in den unbedeutendſten Dingen kei⸗ 
ne Kenntniſſe hatte? Gleichwohl folgen ihm hier⸗ 
in ſeine Schuͤler und Anhaͤnger blindlings bis 
auf den neueſten unter denſelben Herrn Hofmann 
in feinem botaniſchen Taſchenbuche, oder Deutſch⸗ 
landes Flora nach, obgleich dieſer Mann hie und 
da es gewagt hat, anderſter als fein Lehrer 
Schreber zu denken, welcher lezterer nun ſeine 
ſchwache Schultern dem ruinoſen Linneiſchen Sy⸗ 
ſteme angeboten hat, bei welcher kraftloſen Un— 
terſtuͤzung es dennoch zuſammenfallen muß. 
Aber nicht allein die Anhänger von Linne 
ſind ſeinem Beiſpiele gefolgt, ſelbſt diejenigen, 
die als ſeine Antagoniſten bekannt ſind, haben 
mit eben ſo wenig Philoſophie dieſen Fehler an⸗ 
genommen, und praktiſch ausgeuͤbt. Adanſon 
Famill. des Plant. II. 413. giebt von den Fruͤch⸗ 
ten feiner LII Famille les Cruciferes, Cruciſerae, 
eine ſolche Beſchreibung, daß man deutlich ſieht, 
daß er ſelbſt nicht wußte, was er wollte, vor⸗ 
zuͤglich aber, daß er keinen wahren Begriff da⸗ 
von hatte, was eine filiqua ſey. Und ſo ſehr er 
von S. 417 — 424 die Gattungen dem Namen 
nach abaͤnderte: fo behielt er doch überall den 
Ausdruck ſilique bei, und iſt alſo in richtiger 
D 5 


58 Allgemeine kritiſche Bemerkungen 


Beſtimmung der Fruͤchte eben ſo ſeicht und falſch, 
als es Linne nur immer ſeyn konnte. Cranz, 
der mit fo vieler Bitterkeit in dem Faſciculo I. 
Stirpium Auſtriacarum Linné getadelt, und den 
Ritter verbeſſern wollen, begieng gleichwohl den 
ihm gar nicht zu verzeihenden Fehler, allen ſei— 
nen daſelbſt angeführten Gattungen Schoten zu: 
zueignen, zum wahren Veweiſe, daß er mehr 
aus Willen und Entſchloſſenheit, als aus Gruͤn⸗ 
den ein Widerſacher von Linne war; eine Trieb⸗ 
feder, die niemals von edlem Urſprunge iſt. 
Selbſt bei jenen, die weder erklärte Anz 
haͤnger, noch erklaͤrte Feinde des Ritters von 
Linne waren, ſondern die nach ihrer Meinung 
mit aller Unbefangenheit blos der Natur gefolgt, 
oder wenigſtens derſelben gefolgt zu ſeyn, in dem 
irrigen Wahne geſtanden ſind, finde ich den naͤm⸗ 
lichen unverzeihlichen Fehler; naͤmlich daß fie 
den Kreuzbluͤthen Schoten angedichtet haben. 
Hier nenne ich den allerneueſten, den Herr Lau⸗ 
renz von Juſſieu, der in ſeinem Werke Genera 
Plantarum ſecundum Ordines naturales diſpo- 
fita pag. 237. eine Beſchreibung der Frucht von 
den Kreuzbluͤthen giebt, die eben fo ſeicht und 
unwahr, als jene von Adanſon iſt. Den darauf 
felgenden Gattungen eignet er überall filiquas 


über den erſten Abſchnitt. 59 


oder filiculas zu, ſ. pag. 238 — 242, und giebt 

dadurch deutlich zu erkennen, wie wenig er von 
dem Fruͤchten-Baue der Kreuzbluͤthen verſtehe, 
und wie gefaͤhrlich es fuͤr die Wiſſenſchaft ſeyn 
wuͤrde, auch dieſen nachzuſchreiben. 

Es iſt wuͤrklich merkwuͤrdig, daß Schriftftel: 
ler von fo ganz verſchiedenen, ja oft entgegen ge: 
ſezten Charakteren hierin gleichwohl einſtimmig 
find, die Natur zu mißkennen, und fo viel fal- 
ſche Sachen als Wahrheiten anzugeben, und es 
waͤre allerdings unerklaͤrbar, wenn ſie nicht alle 
darin einſtimmig geweſen waͤren, daß es wuͤrk— 
lich ein natuͤrliches Pflanzen-Syſtem gaͤbe. Die⸗ 
ſe Hypotheſe, die blos dem Alterthume ihr An⸗ 
ſehen zu verdanken hat, und beinah der einzige 
Wunſch aller Kraͤuterkenner iſt, hat einen ſo 
maͤchtigen Einfluß auf unſere Beobachter gehabt, 
daß ſie dieſer Hypotheſe zu gefallen die Natur 
lieber entſtellen, als daß ſie es wagen ſollten, 
durch nackende Darſtellung der Wahrheit, die 
Bloͤßen derſelben aufzudecken, und ſie dadurch 
nach und nach zu entkraͤften. Meine Gedanken 
hieruͤber ſind aus dem zweiten Hefte der philoſo— 
phiſchen Botanik bekannt, auf welches ich meine 
Leſer verweiſe. 

Indeſſen ſind die Folgen aller dieſer ſo allge— 


60 Allgemeine kritiſche Anmerkungen 


mein angenommener Fehler von den groͤßten 
Folgen. In der philoſophiſchen Botanik J. 116 
habe ich ſchon gezeigt, daß Herr Pollich in ſeiner 
Flora Palatina in der XV und XVII Claſſe bald 
ſiliqua, bald legumen gebraucht hat, und alſo 
den ſo wichtigen und auffallenden Unterſchied zwi⸗ 
ſchen einer Schote und einer Huͤlſe nicht gekannt 
habe. Wenn Maͤnner von ſo entſchiedenem Wer⸗ 
the dergleichen undverzeihliche Fehler begehen, 
denn wird man doch endlich zu glauben anfangen, 
daß die zeither ſo geprieſene Terminologie des 
Ritters von Linne nichts tauge, und das Scepti- 
cismus eine groſſe Tugend bei einem Kraͤuter⸗ 
lehrer ſey, weil dieſer ihn noͤthigt, in der Natur 
ſelbſt der Wahrheit nachzuſpuͤren, und ſich nicht 
mehr ſo blindlings der Autoritaͤt in die Arme zu 
werfen, und ſollte - ſie auch ſchon von langer Zeit 
her ihren Deſpotismus ausgeuͤbt haben. 

Zum Schluſſe will ich noch einige beruͤhmte 
Deutſche anführen. A. v. Haller in Hiſt. Stirp. 
Ind. Helv. hat zwar hie und da der Fruͤchte we⸗ 
gen unterdrückte Gattungen hergeſtellt, z. B. 
Coronopus, Rapifirum, u. a. Aber 1) benennt er 
die Früchte nicht, ſondern begnuͤgt ſich mit dem 
allgemeinen W Sorte fructus. 2) Begreift er fie 


1 


ſaͤmtlich unter den hligqnofis und filiculofis. Die 


über den erſten Abſchnitt. 61 


ſilicaloſas theilt er abermals ab, a) S. ſepto ad 
ad valvas parallelo. b) S. gemellae. c) S. bi- 
loculares, ſepto ad valvas normali. d) S. uni- 
loculares. e) S. irregulares. Schon dieſe kur⸗ 
ze Ueberſicht zeigt, daß er die Umhuͤllungen der 
Saamen von Kreuzbluͤthen nicht gekannt. 

Gleditſch hat in Syſt. Pl. einen lobenswuͤrdi⸗ 
gen Plan vorgelegt, der aber, weil er Linnes Gat— 
tungen nachſchrieb, ein bloßes Projekt geblieben. 
Bei den Kreuzbluͤthen folgte er durchaus Linne. 

Herrn Scopoli allein muß ich die Gerechtig⸗ 
keit widerfahren laſſen, daß er der einzige war, 
der ſich der Wahrheit am mehreſten genaͤhert, 
und in den mehrern Fällen die Früchte beſſer bes 
ſchrieben, als feine Vorgaͤnger und Nachfolger, 
Deßwegen war er auch den beſtaͤndigen Verfol⸗ 
gungen des Linneiſchen Clubs ausgeſezt, und erſt 
am Abend ſeines Lebens beugte er ſeinen Nacken 
unter dieſe tyranniſche Verfolger, um ſich noch ei— 
nigermaßen mit feinen Gluͤcksumſtaͤnden beſchaͤf⸗ 
tigen zu koͤnnen. Die Folge hievon war, daß ſeine 
leztern Werke gegen die vorhergehenden einen 
ſonderbaren Contraſt machen, immer aber ſehr 
ſchaͤzbare Werke find, weil Denken und Sklaverei 
ſich nie ganz vereinigen laſſen. Friede ſey mit 
ſeiner Aſche. 


Kreuzbluͤthen 


II Abſchnitt. 
Kreuzbluͤthen mit Schoͤtchen. 


F. 1. Mit aufgeblaſenen Schoͤtchen. 


+ 


er 


+ 


„a 


$ 


I. Mit cirkelrunden Scheidewaͤnden. ALYSSOIDES, 
SUCCOWIA, 

II. Mit herzfoͤrmigen Scheidewänden. CAmELına. 

III. Mit elliptiſchen Scheidewaͤnden. CocHLEARIA, 

IV. Mit ovalen Scheidewaͤnden. KERN ERA. 


„Mit cirkelrunden und platten Schoͤtchen, und 


runden Scheidewaͤnden. Abysk TON. 


3. Mit ovalen und ſchwach gewoͤlbten Schoͤtchen, 


und ovalen Scheidewaͤnden. ALvsson. 


3. Schoͤtchen mit kahnfoͤrmig ausgehoͤhlten Schalen, 


und elliptiſchen Scheidewaͤnden. 
1. Mit, auf der kahnfoͤrmigen Kante, rund herum 
gefluͤgelten Schaalen. 

1. Mit Schaalen, die auf der ganzen Kante 
durchaus gleich gefluͤgelt ſind. TAHLASPI. 
IBERIS. 

2. Mit Schaalen, die auf dem obern Theile der 
Kante am ſtaͤrkſten gefluͤgelt find, Nasrun- 
Tıum. NASTURTIOIDES. 

II. Mit ungeflügelten Schaalen. 

I. ovalartig gebildete Schaalen. NASTURTIO- 
„ 

2. elliptiſch auslaufende Schaalen. LX PID TUN. 

III. Mit Schaalen, deren obere Spizen in Fluͤgel 
auslaufen. CAPSELLA. 


mit aufgeblaſenen Schoͤtchen. 63 


F. 1. Mit aufgeblafenen Schoͤtchen, und 1. cirkelrunden 
Scheidewaͤnden. 


‚ALYSSOIDES. Tournef. (Tab. I. fig. 17.) 


Die Scheidewand iſt groß, meiſt rundlicht, 
die beiden abſpringenden Schaalen ausge⸗ 
hoͤhlt, halbkugelfoͤrmig, etwas hornartig, 
und auf ihren Flaͤchen glatt abgeruͤndet. 
Die Saamen ſind gefluͤgelt. 
I. ALYSSOIDES ſinuatum. 
Eruca peregrina. Cluſ. II. 134. 
Alyſſum ſinuatum. L. 
Klaffende Blumendecke. Die Naͤgel der Blu— 
me ſo lang als dieſe; ihre Erweiterung bei— 
nah eben ſo lang, und tief eingeſchnitten. 
Sechs Staubfaͤden, von denen die zwei kuͤr— 
zern eine ſtrebpfeilfoͤrmige Verlaͤngerung un— 
ten und gegen den Fruchtknoten zugekehrt 
haben, bie vier laͤngern aber gleich ſind. 
2. ALYSSoIDES gemovenſe. 
Alyſſum gemovenſe. L. 
3. ALYSSOIDES leucoifolium. 
Alyſſum utriculatum. L. 
Ich habe es in dem Sommer 1791 uͤberſehen, die 
Bluͤthen dieſer beiden Arten zu beobachten, kann al— 
fo über dieſelben meine Bemerkungen und critifche 
Anmerkungen nicht beifügen: welches ich ein ander— 
mal nachholen werde. Nur muß ich erinnern, daß 


64 Kreuzbluͤthen 


ich vor dem Tournefortiſchen Namen keinen ſolchen 
Abſcheu habe, wie unſere neuere Herren Botaniſten, 
denen zwar alle Fehler, die in den Gattungs-Cha⸗ 
rakteren begangen worden, ſehr gleichguͤltig ſind, 
die aber zu Tod erſchroͤcken, wenn ſie einen Namen 
mit der Endigung oides hoͤren oder leſen. O! des 
geſchmackvollen Zeitalters, das ſich mit der Schaale 
To emſig beſchaͤftigt, und vom Kerne nichts weiß. — 
Aber die Herren wiſſen gleichwohl ſehr gut, daß es 
viel leichter iſt, einen Namen abzuaͤndern, als einen 
wahren, ſelbſtſtaͤndigen Gattungs⸗Charakter zu ent⸗ 
wickeln, und zu beſtimmen. 


SUCCOWIA. (Tab. I. fig. 9.) 

Coniſch anlaufender, geſtreckter, ſich zu⸗ 
lezt verhoͤlzernder Griffel mit einer rad: 
foͤrmigen Narbe. Wahres Schoͤtchen, mit 
einer runden Scheidewand, auf jeder Sei⸗ 
te oben mit einem einzigen Saamen, und 
zwei auf beiden Seiten abſpringenden, mit 
Stacheln umſezten Schaalen, deren jede 
halbkugelfoͤrmig, und am Rande, wo ſie 
anſtʒen, beigezogen find. 

Die Bluͤthe kommt mit den meiſten Kreuz⸗ 
bluͤthen, den Griffel ausgenommen, überein, 
der wahre Gattungs⸗ Charakter iſt alſo vorzuͤg⸗ 
lich in dem eigenen Baue des Schoͤtchens. 


SUCCOWIA 


mit aufgeblaſenen Schoͤtchen. 65 


Succowıa halearica. 

Bunias balearica. L. Jac. H. Vindeb. II. T. 144. 
Linnss Bunias Gattung gehört nun wieder unter jene, 
deren Angedenken man zu vernichten im Stande ſeyn 
ſollte, denn er vereinigt Arten, die ganz entgegen 
geſezte Fruktifications⸗Charaktere haben. Meine Gat⸗ 

tung Bunias hat Steinfruͤchte; eben ſo Zrucago, 
(die ich diesmal nicht beſtimmen kann, weil ich bei 
Zergliederung der Saamen-Umhuͤllungen alle meine 
Fruͤchte von ihr eingebuͤßt habe). Dieſe Succowi 

aber hat wahre Schoͤtchen. Daher find Linnes Cha⸗ 
raktere von feiner Bunias nicht mehr, als des Aus⸗ 
ſtreichens werth. G. Pl. Ed. Reich. n. 887. Stylus 
nullus. Silicula! ... irregularis non dehifcens 
paßt alſo ſchlechterdings nicht auf Succoreig. Auch 
nicht auf meine Bunias noch Erucago, die keine 
ſiliculam, ſondern eine drupam haben. Allen dieſen 
Unſinn laͤßt Schreber ruhlig abdrucken, glaubt den⸗ 
noch viel gethan zu haben, daß er fie von den fili- 
quoſis wegnahm, und zu den ſiliculoſis brachte. — 
Die in S pecieb. und Syſtem. Vegetab. beigebrachten 
Charaktere paſſen daher mit all ihrer Nichtigkeit nur 
auf meine Bunias und Erucago, worüber ich Phil. 
Botan. I. 194. n. 498. meine Teitifche Bemerkungen 
geliefert habe. Adanſon und Scopoli ſcheinen meine 
Succowia nicht gekannt, ſondern ſie als Art einer 
andern Gattung einverleibt zu haben. La Marck hin⸗ 
gegen bringt fie Encyclop. Botanig. I. 571. zu ſei⸗ 
ner Myagrum Gattung, welche Gattung Myagrum 


pfl. Gattungen, f. Heft. 1 898 


66 


Kreuzbluͤthen 


bei La Mark eben fo ein Ungeheuer iſt, als Myagrum 
L. und Bunias L.; wo es ſich alſo nicht der Mühe 
verlohnt, nur eine Zeile zur Widerlegung zu ſchrei⸗ 
ben. L. de Juſſieu Pl. G. 241. Bunias L. Erucago T. 
Genera huc, a Linnaeo convocata, ſunt 7. Bu- 
nias fructu ſphaerico rugoſo aut echinato 1. — 2. 
loculari. I. — 2. ſpermo non dehifcente. 2. Eru- 
cago fructu 3. gono, angulis ſcabro - cryftatis, ſu- 
pra infraque 2. loculari non dehifcente, loculis 
quatuor 1. fpermis. 3. Cakile fructu lanceolato, 
2. articulato, articulo utroque r. ſpermo. Bu- 
niam & Erucaginem Myagro adjecit La Marck in- 
tacto Cakile. An potius triplex fervandum genus? 
Sieht man nicht deutlich hieraus, daß Juſſieu zu 
verzagt war, feiner beſſeren Kenntniß zu folgen, viel⸗ 
leicht weil er wohl wußte, daß bei dem Linneiſchen 
Club jener nur den hoͤchſten Undank zu erwarten hat, 
der die Wahrheit zu fagen ſich herausnimmt. Aber 
der freie Mann muß ſich vor dieſer Verbruͤderung 
nicht fuͤrchten, und aus Liebe zur Wahrheit das Kind 
mit feinem Namen, naͤmlich eigenſinnige Unwiſ⸗ 
ſenheit nennen. Dennoch merkt man aus dieſer 
Stelle ganz deutlich, daß er die Succomwia nach ih⸗ 
rem wahren Charakter nicht gekannt, weil in der 
oben angeführten Stelle keine Sylbe iſt, die auf fie 
gedeutet werden koͤnnte. 

Noch iſt merkwuͤrdig, daß aus den halbreifen Saa— 
men dieſer Succowia das junge Pflaͤnzchen gar leicht, 
wie aus dem Saamen der meiſten Windenarten kann 
entwickelt werden. | 


mit aufgeblaſeuen Schoͤtchen. 67 


$. 1. Mit aufgeblafenen Schoͤtchen, und II. herzfoͤrmigen 
Scheidewaͤnden. 


CAMELINA. Dod. (Tab. I. fig. 11.) 
Aufgeblaſenes, herzfoͤrmig⸗ gebildetes 
Schoͤtchen, deren zwei freiwillig abfallen⸗ 
de Schaalen obenher eine haͤlbcylinderfoͤr⸗ 
mige Verlängerung haben, die in ihren 
Zuſammenſtellungen ein Rohr bilden, wel⸗ 
ches der, auf der Scheidewand auffizende 
Griffel durchlaͤuft. 

Die Bluͤthen haben von dem gewöhnlichen 
Baue der Kreuzbluͤthen nichts abweichendes, und 
iſt von da her kein Charakter auszuheben. Jede 
Schaale des Schoͤtchens hat einen umlaufenden 
Rand, der oben in die eben beſtimmte Verlaͤn— 
gerung auslauft. Die Scheidewand iſt in dieſe 
Falze der beiden Schaalen eingefuͤgt, wodurch 
der umlaufende, hervorſtehende Rand des noch 
nicht ganz zeitigen Schoͤtchens entſteht. An bei⸗ 
den Seiten der Scheidewand ſtehen im Umkreiſe 
derſelben an jeder Seite 10 — 15 Saamen, je⸗ 
der an eigenen Faͤden an, von denen aber gar 
manche unbefruchtet bleiben. 
CAM ELINA ſativa. 

Myagrum ſativum. L. 
Tournefort theilte Alyſſum und Alyfloides nach den 
Schoͤtchen und Saamen vorzuͤglich ein, Linne änderte 


E 2 


08 


Kreuzbluͤthen 


dies in der Folge ab, und gruͤndete ſeine Alyſſum 
Gattung auf die Zaͤhnchen, Schuppen ꝛc. der Staub⸗ 
faͤden. Nach dieſem Charakter konnte dieſe Camelina 
nicht länger bei Alyfium bleiben. Aber, daß er fie 
da wegnahm, und zu feiner neuen Gattung Mya- 


grum brachte, dies war der größte und unverzeih⸗ 


lichſte Fehler, den er nur machen konnte. Seine 
Myagrum Gattung, die er noch dazu nach Tournef, 
nennt, iſt daher eine wahre Mißgeburt. In den 
Gen. Pl. Ed. Reich. n. 860. fo ganz gleichlautend 
von Schreber nachgedruckt iſt, heißt es: Nilicala... 
bivalvis, loculis quibus dam vacuis. Welcher Unſinn! 
Silicula bivalvis kann nur zwei locula bilden; wie 
raͤumt ſich denn quibusdam vacuis. Da muͤſſen ja 
mehrere locula da ſeyn, als zwei. Nun kommt Obf; 
Myagri T pericarpium uniloculare &c. Alyf- ſp. 
T. pericarpium biloculare. Welche Verwirrung! 
Syſt. Veg. XIV. Myagrım.Silic. valvulis concavis. 
Stylus perfiftens. Denn gleich darauf filicula, ſty- 
lo conico terminata, loculo ſubmonoſpermo. Es 
iſt ekelhaft, all das Zeug nur nachzuſchreiben; und 
es bleibt dem aͤchten philoſophiſch denkenden Kraͤu⸗ 
terkenner nichts anders uͤbrig, als die Linneiſche Gat⸗ 
tung Myagrum ganzlich auszumerzen und zu ver⸗ 
nichten, wenn auch ſchon Schreber, und andere ſei- 
ner Art, dieſe Mißgeburt in ihren Schuz nehmen 
wuͤrden. Ich habe bereits Vogelia, Schrankis und 


Magrum T. davon abgeſondert, die ganz entſchie⸗ 


dene Charaktere in der Frucht haben. Eben fo vers 
ſchieden iſt dieſe Camelina Dod., welches wahre 


mit aufgeblaſenen Schöͤtchen. 69 


Schoͤtchen hat. — Cranz Stirp. auſtr. Faſcic. I. 18 
hat auch eine eigene Gattung daraus gemacht, aber 
feine Gründe hierzu find falſch. Silicula apice inte- 
gra, ſtylo & ſepto gaudens, ſed ftylo valvis! pro- 
prio. Der Griffel ruht auf dem Mittelpunkte des 
obern Randes ver Scheidewand, gar nicht, wie Cranz 

oberflaͤchli 5 anſah auf den Schaalen. Er nahm al⸗ 
ſo faͤlſchlich die beiden Verlaͤngerungen der Schaalen 
fuͤr den on ſelbſt an, zum Beweiſe, daß er lie⸗ 
ber tadelte, als kalibluͤtig pruͤfte. 

L. 5 Jufüen Pl. G. 241. . Zuerſt er⸗ 
zaͤhlt er, welche ehemalige Gattungen Linne hier ver⸗ 
in! b aue daß La Mark, um Linnes Ma- 

. 70 euer zu machen, Anaſta- 
jue Duniae ſpecies, & Si- 
ala FH.) mit vereinigt, 
Myagrum faxatiie L. aber zur Cachlearia gebracht 
habe. Horrendum dictu! und dann führt Juſſien 
fort: Specierum tali cumulatione aegre definien- 


gran zum wah 
ticam ſyriacam, pleras 


Jymbris quaedam (Nad 


dum genus: an potius isdem iterum collatis re- 
ſtituenda partim priſca genera? Mehr Ehre haͤtte 
L. von Juſſieu davon gehabt, wenn er dies ausge⸗ 
fuͤhrt, ſtatt ſolches als einen frommen Wunſch hinzu 
zu ſezen. 
$. I. Mit aufgeblaſenen Schoͤtchen, und III. elliptiſchen 
1 Scheidewaͤnden. 


COCHLEARIA. Tournef. (Tab. I. fig. 13.) 
Klaffende Blumendecke; ſonſt Bluͤthe, wie 
bei den Kreuzbluͤthen gewohnlich. Auf⸗ 


70 Kreuzbluͤthen 


geblaſenes Schoͤtchen, deren Scheidewand 

elliptiſch iſt, die freiwillig abſpringenden 

Schaalen aufgeblaſen, daß heißt, in der 

Mitte einen hervorſtehenden Buckel haben, 

am Rande aber, wo fie an der Scheide⸗ 

wand anſtehen, etwas beige zogen, an der 

Oberflaͤche aber mit hervorſtehenden, in 

einander laufenden Linien geziert ſind. 

I. CoeHLEARIA officinalis. L. 

2. CocHLEARIA groenlandica. L. 

3. CocHLEARIA longifolia. 
Die unterſten Blätter haben einen langen 
Stiel, an dem meiſtens die Blätter ſchmal 
auf der einen Seite anlaufen, hierauf brei— 
ten ſie ſich elliptiſch aus, ſind lang, groß und 
breit; die obern ſind ſizend, meiſtens ganz, 
ſelten am Rande ausgehoͤhlt. Dieſe Art iſt 

ganz von Cochlearia anglica Flor. Danic. 

Tab. 329 verſchieden. 

4. COCHLEARIA repanda. 
Die unterſten Blätter geftielt, obenher oval: 
artig ausgebreitet, am Rande wellenfoͤrmig 
gebogen, gewoͤhnlich ganz, auf beiden Flaͤ⸗ 
chen mit einer feinen zarten Wolle bedeckt. 
Die obern Blaͤtter ſind amplexicaulia, ſa- 
gitata, repanda, und in Geſtalt eines Loͤf⸗ 
fels ausgehoͤhlt. 


mit aufgeblafenen Schötchen. 71 


Der eigentliche Charakter, den dle Schriftſteller hier 
zum Gegenſtande nahmen, waren die ganz eigen⸗ 
thuͤmliche Schaͤrfe, die die Arten dieſer Gattungen 
enthalten, und die gewiß ſehr wohlthaͤtig iſt. So 
bald man Carara, ſ. oben, abſondert: fo iſt Annes 
Charakter, wenigſtens auf die oben angeführten Ar— 
ten, erträglich. Scop. Introd. n. 1469 gehort nicht 
hierher, ſondern zu Carara, iſt alſo allerdings ein 
merkwuͤrdiger Fehler. Beſonders iſt es, daß er in 
feiner Flor. carniolica Ed. 2da. auch keine andere 
Cochlearia, als die Carara Coronopus anfuͤhrt, wor— 
aus erhellt, daß er das wahre Löffelfraut nicht kann⸗ 
te. La Marck Encycl. Botanig. II. 165 hat Linnes 
Cochlearia Gattung noch mehr verhunzt, da er 
Myagrum ſaxatile L. beifügt, worin ihm L. de Jufl. 
Pl. Gen. 240 beizuſtimmen ſcheint. Welche Ver⸗ 
wirrung wird nicht noch endlich dadurch entſtehen, 
daß jeder ſich bemuͤhen will, die Zahl der Gattungen 
zu vermindern, und die Arten aus einer Gattung in 
die andere wandern zu laſſen. Die unausbleibliche 
Folge davon iſt, daß keiner den andern mehr verſte— 
hen, und jeder die Pflanzen nennen wird, wie es 
ihm einfällt. 

§. 1. Mit aufgeblafenen Schoͤtchen, und IV. ovalen 

Scheidewaͤnden. 


KERNERA. 
Die zwei kurzen Staubfaͤden bilden eine 


cirkelfoͤrmige Buͤgung gegen den Frucht⸗ 
knoten. Die vier laͤngern ſteigen paarweis 
. E 4 


72 Kreuzbluͤthen 


in die Zoͤhe, und bügen ſich darauf mit ei⸗ 
ner ſtarken Krümmung jeder gegen und 
unter den Staubkolben der zweit kuͤrzern. 
Kurzer und dicker Griffel. Etwas aufge⸗ 
blaſenes ovales Schoͤtchen, mi harten und 
glatten Schaalen, und vielen Saamen auf 
jeder Seite der Scheidewand. 
KERNERARůogrodes. 
Myagrum faxitile. Jacq. Fl. auſtr. Tab. 128. 
Alyſſum myagrodes. Allioni Fl. Pedem. n. 887. 
Dies iſt abermals eine von den Pflanzen, die einer 
beſtaͤndigen Wanderung aus einer Gattung in die an⸗ 
dere unterworfen iſt, je nachdem ſie der Seherblick 
bald mehr mit dieſer, bald mehr mit einer andern 
Gattung verwandt zu ſeyn waͤhnte. Da ſie aber of⸗ 
fenbar in keine Gattung paſſen will: fo bleibt nichts 
anders uͤbrig, als von ihr eine eigene Gattung zu er⸗ 
richten, und die ganz eigenthuͤmliche Stellung der 
Staubfaͤden zum Gattungs = Charakter vorzüglich zu 
nüzen. Jacquin gab, ſ. Enum. Stirp. Videb. n. 55. 
p- 257, filamenta longiora bifurcata an. In Flor. 
auſtr. Tab. 128. Vol. II. 17 widerſprach er dieſer 
Beobachtung. Auch ich habe dieſe filamenta bifur- 
cata dies Jahr nicht geſehen. Gleichwohl finde ich 
Syſt. Veg. Ed. XIV. 584. dieſe ältere Beobachtung 
von Jacquin wiederholt. So viel iſt ſicher, wenn 
dieſe fllamenta longiora oft oder zu Zeiten bifurcata 
ſind: ſo darf man dieſen Charakter doch nicht zum 


mit eirkelrunden und platten Schörhen. 73 
Gattungs⸗ Charakter machen, da er ſicher unbeſtaͤn⸗ 
dig iſt. Ueber Linnes Myagrum Gattung, und daß 
man dieſe Pflanze dahin geordnet, daruͤber will ich 
weiter nichts mehr ſagen, da ich ſchon gezeigt, daß 

Linnes Myagrum. Gattung, als ein wahres Unding 
ausgeſtrichen werden muͤſſe. 
$. 2. Mit eirkelrunden und platten Schoͤtchen, und runden 
Scheidewaͤnden. 

ADYSETON. Adanſ. & Scop. (Tab. l. fig. 16.) 

Das Schoͤtchen iſt am Umkreiſe rund, an 

den Gberflaͤchen ſchwach gewoͤlbt, und bei⸗ 

nah platt. Die Scheidewand mit ihrem 
ſtehen bleibenden Griffel von gleicher Groͤſ⸗ 
ſe, wie die abſpringenden Schaalen. Oben 
an den beiden Seiten der Scheidewand ein 
Paar Saamen. 
Anyserox bidentatum. 
Sechs Staubfaͤden, beinah von gleicher Laͤn⸗ 
ge. Bei den beiden mittlern habe ich ims 
mer in der Halbſcheid des Fadens hieben und 
druͤben eine fadenartige Berläu: erung vor⸗ 
gefunden. Der andern vier ihre Faden wa⸗ 
ren auf der naͤmlichen Stelle etwas erwei⸗ 
tert, und manchmal wie gekerbt. Diechts und 
links bei den zwei ſtaminibus bidentatis 
waren noch kaum ſichtbare kleine Faden. Die 
Schoͤtchen find auf den beiden Flächen ganz 
E 5 


74 Kreuzbluͤthen 


platt, oben nicht eingeſchnitten, und die klei— 
nen braͤunlichten Saamen mit einem grauen 
Faden umloffen. 

Abxsrrox /quamatum. 
Zwei Staubfaͤden von den ſechs haben jeder 
ein ovales ſchmales Blaͤttchen zur Beklei— 
dung, das unten aus dem filamento ſtami- 
nis entfpringt. Die gelblichten Saamen find 
mit einem weiſſen Faden umloffen. 

Anvseron campeſtre? 
Die Staubfaden⸗Beobachtung iſt mir verloh: 
ren gegangen. Die rundlicht-platte Schoͤt⸗ 
chen ſind oben gelind eingeſchnitten, und zwar 
ſowohl an den abſpringenden Schaalen, als 
an der Scheidewand, in welchen lezterm Ein⸗ 
ſchnitte der ſtehen bleibende Griffel aufſteht. 
Zwei hellbraune, ziemlich groſſe Saamen, 
auf jeder Seite, jeder mit einem Faden von 
gleicher Farbe umloffen. 
Adanſon und Scopoli haben dieſe Gattung gebildet, 
die ich von ihnen annehme, den Charakter aber gar 
nicht auf die Staubfaͤden, ſondern ganz auf ihre ei⸗ 
gene Schoͤtchen-Geſtalt gründe. Denn mein Ad. 
bidentatum und Ad. ſquamatum ſind wahrſcheinlich 
jene, die Jacquin Fl. auſtr. Tab. 37 und Tab. 338 
abgebildet. Aber die Beobachtungen an feinen Staub: 
faͤden treffen nicht mit den meinigen uͤberein. Dann 


mit obalen und ſchwach gewoͤlbten Schoͤſchen. 75 
ſind die Beobachtungen von Scopoli und Pollich hier 
abermals verſchieden, und durch dieſen Widerſpruch 
wird mir wahrſcheinlich, daß die Zähne und Schup- 


mc, 


pen an den Staubfaͤden mancherlei Veränderungen 
unterworfen, und dorther keine Charaktere zu ent— 
nehmen ſind. 


6. 3. Mit ovalen und ſchwach gewoͤlbten Schoͤtchen, und ovalen 
Scheidewaͤnden. 


ALYSSON. (Tab. I. fig. 15.) 
lumenblaͤtter, die tief eingeſchnitten ſind. 
Die zwei kleinere Staubfaͤden haben un⸗ 
ten eine ſtrebpfeilerartige gervorragung. 
Kleines, am Umkreiſe ovales, auf den 
Oberflaͤchen plaͤttes, oder doch ſehr ſchwach 
gewoͤlbtes Schoͤtchen, mit einem langen, 
ſtehen bleibenden Griffel, gleich groſſer, 
ovaler Scheidewand, und zwei abſprin⸗ 
genden Schaalen. Saamen, mit einem fa⸗ 
denartigen Rande umloffen. 
Alxssun incanum. 
Alyſſum incanum, fructificatione florifera corym- 
bofa: fructifera ſpicata. Neck. Act. Palat. Vol. II. 
pag. 480. 
Die Staubfaͤden ſind hier auf die naͤmliche 
Art gebaut, wie ich oben dei Alyfloides fi- 
nuatum angegeben. Da aber die Schoͤtchen 
aͤuſſerſt verſchieden find: fo ſteht man, daf 


76 Kreuzblärgen 


der Staubfaden als Charakter nicht kann 


einzig angeſehen werden. Die Schoͤtchen ſind 
aͤuſſerlich ſanſt und kurzwollicht. 

Die eigentlichen critiſchen Anmerkungen folgen im 
vierten Abschnitte Hier will ich nur bemerken, daß 
Linne, ſ. Syft. Pl. Ed. Reich. III. 234, filicula in- 
tegra angiebt. Zwar giebt es keine ſolche; hier ſprin⸗ 
gen aber die beiden 3 ſo deutlich ab, daß 
man im Herbſte an der en anze nichts mehr ſieht, 
als die ſtehen 1 Scheidewand mit ihrem lan⸗ 
glich iſt ei er ein wahres Schstchen. 
La Marck, ſ. Encyclop. Botaniq. II. 328. n. 12, 
dies Alyſſum incanum zu feiner Drapa; denn 
er commandirt noch gerne, wie ehemals, bald da, 
bald dorthin. Aber ich glaube, man thut am beßten, 
ſich nicht daran zu kehren, She er einen Familien⸗ 


Blick hat, dem ich wenigftens nicht folgen kann. 


5. 3. Schoͤtchen mit kahnfoͤrmig ausgehöhlten Schaalen, und 
4 


elliptiſchen Scheidewaͤn 


1. Mit Schaglen, die 1. auf der ganzen Kante durchaus 
gleich gefügeit ſind. 


THLASPI. Dill. N. Plant. Gen. 123. Tab. 6. 
(Tab. II. fig. 18. 19.) a 
Bluͤthen, wie fie bei den Kreuzbluͤthen ges 
woͤhnlich ſind. Die beiden Schaalen ſind 
kahnfoͤrmig ausgehoͤhlt, und haben auf 
der Gegenſeite ihrer Oeffnung oder auf ih⸗ 
rem Rüden einen herumlaufenden Rand. 


[3 
seh 
an 
den 


I» 


mit kahnform. Schaalen und ellipt, Scheidew. 77 


giedurch entſteht ein Schoͤtchen, welches 
ungeachtet der ganz abgeaͤnderten Stel⸗ 
lung und Zuſammenfuͤgung der Scheide⸗ 
wand, und der beiden Schaalen, dennod 
am Umkreiſe rundlicht, und oben einge⸗ 
ſchnitten, und da der ſie umfluͤgelnde Rand 
auf die innere Seite gebogen iſt: ſo ſcheint 
das Schoͤtchen auf der einen flachen Seite 
ſanft gewoͤlbt, auf der andern Seite aber 
ſanft ausgehoͤhlt. 
Tarasrı Jaxaiile. Jacq. Fl. auſtr. Tab. 280 (Tab. II. 
fig. 10.) 
Thlaſpi montanum pingui folio, carneo flore, pla- 
na & cordata ſiliqua. Barrel. Ic. 845. 
Dies Schoͤtchen iſt ſehr ſtark gefluͤgelt. Dieſe 
Fluͤgel haben ſchief aufſteigende feine, ſich 
auszeichnende dickere Faſern, und der Rand 
dieſer Fluͤgel iſt fein gekerbt. Die Scheide: 
wand iſt auf der einen Seite meiſt gleich, 
auf der gegenuͤber ſtehenden aber elliptiſch 
gebildet, oben mit dem ſtehenbleibenden Grif⸗ 
fel geziert. Die Zahl der Saamen iſt hier 
auf jeder Seite der Scheidewand von 8 — 73 
ſelten kommen aber auf jeder Seite mehr als 
als 1, 2 oder 3 zur Reife, die andern ver: 
kruͤppeln, die Faden der Saamen aber blei⸗ 


78 Kreuzbluͤthen 


ben ſtehen. Herr Jacquin hat Unrecht, wenn 
er in quolibet loculamento ſemina gemina 
angiebt. Ich habe Schötchen geſehen, wo 14 
Saamen in einem einzelnen Schoͤtchen zur 
Reife gekommen ſind. Aber freilich iſt dies 
ſelten. 

TruLasrı hirtum? Gouan Obſerv. 40. n. 2? (Tab. II. 

fig. 18.) 

Das Schoͤtchen war feinwarzicht, die Fluͤgel 
pergamentartig, und wurden gegen obenzu 
groͤſſer. Der Griffel beinah von gleicher Hoͤ⸗ 
he, als das Schoͤtchen. In jedem loculo war 
ein Saame. Dieſer hieng an einem hervor⸗ 
ſtehenden Faden, der an der inwendigen Spize 
einer jeden Seite der Scheidewand war, her— 
unter, und iſt auch keine Spur da geweſen, 
daß mehrere Saamen da ſeyn koͤnnen. Gouan 
Obferv. bot. 40. n. 2. Thla/pi hirtum. Ab 
aliis omnibus difcreta planta foliis radi- 
calibus. Haec autem lanceolata, ut plu- 
rimum pinnatifida, ut in Zryfimo Darba- 
rea. Obgleich dies bei dieſer hier beſchriebe— 
nen Art wahr iſt: ſo bin ich doch der Mei— 
nun, daß meine eine eigene Art ſey, die ich 
Thlafpi ſecundum nennen wuͤrde. Zu einer 
andern Zeit werde ich ſie naͤher beſchreiben. 


mit kahnfoͤrm. Schaalen und ellipt. Scheidew. 79 


TRHLASPT campeſtre. L. 
Thlaſpi latifolium Fuchs. Tab. 306. 


Das Schoͤtchen koͤmmt viel mit der vorher: 
gehenden uͤberein, auch iſt auf jeder Seite 
der Scheidewand an einem in der Spize her— 
unter haͤngendem Faden nur ein Saame. An 
den Fluͤgeln iſt ein unbetraͤchtlicher Unter— 
ſchied; denn auf den Seiten ſind ſie ſchwaͤ— 
cher, oben aber am ſtaͤrkſten gefluͤgelt, und 
der Griffel von gleicher Laͤnge, wie die 
Fluͤgel. 


IBERIS. Dillen. N. Pl. Gen. p. 123. Tab. 6. 
(Tab. II. fig. 20. 22.) 


Von den vier Blumenblaͤttern ſind zwei 
beinah noch einmal ſo groß, als die beiden 
andern. Die ſchmale laͤnglichte Scheide⸗ 
wand hat auf beiden Seiten herumlaufen⸗ 
de Sortſezungen, an welche Sortſe zungen 
die kahnfoͤrmig gebogenen, geflügelten 
Schaalen anſtzen. Ein Saamen in der 
Spize jeder Seite der Scheidewand mit 
einem eigenen Saden befeſtigt. 
IRERIS amara. L. (Tab. II. fig. 22.) 
Die Schoͤtchen ſind gefluͤgelt, oben einge— 
ſchnitten, ſonſt aber am Umkreiſe mehr rund⸗ 
licht. 


80 Kreuzbluͤthen 


InE RTS umbellata. L. (Tab. II. fig. 20.) 
Die Schalen ſind hier ſtaͤrker gefluͤgelt, und 
laufen jede oben in eine Spize aus. 
Hier iſt die Einfaſſung der Scheidewand ſehr merk⸗ 
wuͤrdig, die ich ſonſt bei keiner andern Art von Schoͤt⸗ 
chen noch bemerkt habe, und die mit den Blumen 
einen herrlichen Gattungs⸗ Charakter abgeben. us 
deſſen muß ich erinnern, daß ich hier nicht alle Ar⸗ 
ten, die Linne feiner Iberis Gattung einverleibt hat, 
hierunter begreife, weil Charaktere bei einigen ſind, 
die diefes nicht erlauben. Da ich meine Beobachtun⸗ 
gen uͤber dieſe neue Gattungen noch nicht beendigen 
konnte: ſo werde ich ſie ein andermal beibringen. 
1. Mit Schaalen, die 2. auf dem oberm Theile der Kante 
am ſtaͤrkſten gefluͤgelt ſind. 
NASTURTIUM. Tournef. 
Auf den Oberflaͤchen mit platten, am Um⸗ 
kreiſe ovalen, oben kaum eingeſchnittenen 
Schoͤtchen, und kaum ſichtharen kleinen 
Griffel. Die kahnfoͤrmig ausgehoͤhlten 
Schaalen find unten ſanft, oben ſtaͤrker 
gefluͤgelt; die Slügel höher, als der Grif⸗ 
fel. Die elliptiſch gebildete Scheidewand 
hat in ihrer obern Spize auf jeder Seite 
an einem eigenen Faden einen herabhaͤn⸗ 
genden Saamen. 
I. NASTURTTIUM /ativam, 
Lepidium ſativum. L. 
2. Naster- 


it Fahnfdrm. Schaalen und ellipt, Scheidew, 81 


2. NasturTıum eryfpum. 

Lepidum ſativum. f;. L. 
Bei den unzeitigen Schoͤtchen ſind die beiden Fluͤgel 
der Schaalen und der Griffel ſo mit einander ver⸗ 
wachſen, daß man leztern kaum zu ſehen bekommt. 
Erſt bei der Zeirigung loͤſt ſich der Griffel ab, man 
ſieht dann, daß er wuͤrklich von einer ziemlichen 


Groͤſſe iſt, und kann daher die Hoͤhe der Fluͤgel der 


Jar! 
— — 2 


NASTURTIO DES. 
Schoͤtchen von Maſfurtium. Die vier Blu⸗ 
mendeckblaͤtter find kahnartig aus gehoͤhlt. 
Keine Blume. Zwei Staubfäden. Kaum 
merklicher Griffel, mit einer koͤpfichten 
Narbe. 
NASTURTIOIDES inconſpicuum. 
Lepidium ruderale. L.? 
Ich habe weder Blume, noch mehr als zwei 
Staubfaͤden angetroffen. Dieſe beiden Staub⸗ 
faͤden ſtanden an den beiden aͤuſſerſten Enden 
des Fruchtknotens, trieben daſelbſt die zwei 
Blumendeckblaͤtter hinter ſich, fo daß dieſe 
klafften. Andere Schriftſteller wollen Blu⸗ 
men und ſechs Staubfaͤden beobachtet haben. 
Bei mir bleibt aber immer der Zweifel, ob 
ſie von der naͤmlichen Pflanze reden. 
pfl. Gattungen, 1, Heft, F 


$2 


Kreuzbluͤthen 


Hier ſind nur zwei Staubfaͤden, ſo wie weiter unten 
Lepidium diandrum auch nur zwei Staubfaͤden hat, 
und ſo noch einige wenige Pflanzen mit Kreuzbluͤthen. 
Nach der wahren Ordnung des Sexual- Regiſters 
muͤſſen dieſe Pflanzen mit Kreuzbluͤthen und zwei 
Staubfaͤden ſchlechterdings in der Claſſe diandria ans 
gezeigt werden. Sind es nur Arten von einer Gat⸗ 
tung, die gewöhnlich tetradynamiſche Staubfaͤden 
hat: ſo geſchieht dies mit Ruͤckweiſung auf jene Stel⸗ 
le, wo die Gattung ſteht. Hat aber die Gattung 
durchaus bei allen Arten nur zwei Staubfaͤden: fo 
begreife ich nicht, was dieſe Gattung bei den Tedra⸗ 
dynamiſten thun ſoll. Meine Gruͤnde hierzu ſind aus 
dem zweiten Hefte der philoſophiſchen Botanik leicht 
zu errathen, in den folgenden Heften dieſer Pflanzen= 
Gattungen wird es Gelegenheit geben, dies praktiſch 
zu beweiſen. 

U. Kahnfoͤrmig ungefluͤgelte, 1. ovalartig gebildete 

Schaalen. 


NASTURTIOLUM. (Tab. II. fig. 21.) 


Die Fahnförmig ausgehoͤhlten Schaalen 
des Schoͤtchen find auf ihrem Ruͤcken abs 
geruͤndet, auf den beiden Oberflaͤchen eben⸗ 
falls ovalartig gewoͤlbt, und haben eine 
tiefer fizende Oeffnung, mit welcher fie an 
der ſehr kleinen elliptiſch geſtalteten Schei⸗ 
de wand anfizen. Siedurch erſcheint das 
Schoͤtchen obenher tief eingeſchnitten, und 


mit kahnfoͤrm. Schaalen und ellipt. Scheidew. 8 


her zfoͤrmig gebildet. An jeder Seite der 
Scheidewand ein Saamen, der die Soͤh⸗ 
le der Schaalen ausfuͤllt. Keine Blume. 
Aeuſſerſt kleiner Griffel, mit einer platten 
Narbe. 

Der Blumendecke vier Blaͤttlein ſind oval, 
ausgehoͤhlt, am Rande beigezogen und klaffend. 
Keine Blume. Sechs Staubfaͤden. Zwei ſtehen 
in ber Mitte des Fruchtknotens gegen einander 
uͤber, ſind geſtreckt, und tragen Staubkolben. 
Die vier andern entſpringen rechts und links von 
dieſen zwei, find etwas kuͤrzer, machen mit jez 
nen einen ſtarken Winkel, und haben keine 
Staubkolben. In der Bluͤrhe entdeckt man an 
dem herzfoͤrmig gebildeten Fruchtknoten keinen 
Griffel, und nur in der Vertiefung des herzfoͤr— 
migen Einſchnittes eine rundlichte und platte 
Narbe. | 

Das Schoͤtchen iſt aͤuſſerlich mit hervorſte⸗ 
henden Linien, wie jene der Cochlearia, geziert, 
und iſt gar nicht gefluͤgelt, ſondern dasjenige, 
was uͤber der Scheidewand hervorragt, iſt eben 
fo gut ausgehoͤhlt, wie das übrige der Schaale, 
Dieſer ganz abſtechende Bau des Schoͤtchens, 
und daß dieſe Art keine Blume hat, beſtimmen 


F 2 


84 | Kreuzblüthen 


fie allerdings zu einer eigenen Gattung, um fo 
mehr, da der ganze Habitus kreſſenartig ift. 
NASTURTIOLUM caſtratum. 

Lepidium dydimum. L. 

II. Kahnfoͤrmig umfluͤgelte, 2. elliptiſch austnufende 
Schaalen. 

LEPIDIUM. T. 
Die kahnfoͤrmig ausgehoͤhlten, und nicht 
geflügelten Schaalen laufen oben und uns 
ten fpizig aus, und bilden daher ein laͤng⸗ 
licht⸗ ovales Schoͤtchen. Die elliptiſche 
Scheidewand hat auf Beide Seiten einen 
Saamen. 


I. Leriprum graminifolium. L.? 
Der Blumendecke vier Blaͤttlein ſind oval, 
am Rande roͤthlicht eingefaßt; die vier Blu⸗ 
menblaͤtter weiß, mit kurzen Naͤgeln, oben 
oval ausgebreitet. Das Schoͤtchen iſt oval, 
beinah elliptiſch, mit enn Grif⸗ 
fel und Narbe. 

2. Leripium diendrum. 

Lepidium Iberis. L.? 

Die Blumendecke vierblaͤttericht, jedes oval, 
am Rande weiß eingefaßt. Vier Blumen⸗ 
blaͤtter mit ſchmalen Naͤgeln, und obenher 
mit rundlichter Ausbreitung. Zwei Staub⸗ 


mit kahnfoͤrm. Schaalen und ellipt. Scheidew. 85 


faͤden. Das Schoͤtchen iſt mehr rundlicht, mit 
etwas hervorſtehendem Griffel und Narbe. 
3. Lerınrum latifolium. L.? 
III. Kahnförmig ausgehöhlte, ungefügelte, oben aber in der 
Spize in Flügel auslaufende Schaalen. 
CAPSELLA. Caeialp. 
Keilfoͤrmig anlaufendes Schoͤtchen, mit 
kahnfoͤrmig ausgehöhlten, an der Kande 
nicht gefluͤgelten, am Ende aber in einen 
Slugel auslaufenden Schaalen, deren Geff⸗ 
nung tief ſizt, mit welcher fie an der ellip⸗ 
tiſch gebildeten Scheidewand anftehen. 
1. CapSELLA Burfa paſioris. Fl. Danic. Tab. 729. 
Thlaſpi Burſa paſtoris. L. 
Die hier befindliche Fluͤgel an jeder Schaale 
find oben abgeruͤndet, daher das Schoͤtchen 
eine herzfoͤrmige Geſtalt hat. Inwendig ſind 
dieſe Fluͤgel bis in die oberſte Spize hin hohl. 
Auf beiden Seiten der Scheidewand ſechs, 
mehr oder wenigere Saamen. 


2. CAP SELLA /pinofa. 
LEPTIDTurt ſpinoſum. L. 


Das Schoͤtchen hat oben zwei parallel lau⸗ 
fende Fluͤgel auf jeder Schaale ſizen. Dieſe 
Fluͤgel ſind nicht hohl, ſondern verwachſen, 
ſchmal, oben etwas oval abgeruͤndet, ſtehen 


F 3 


86 


Kreuzbluͤthen 


von einander, und haben in dieſer Kluft den 
kleinen Griffel, mit einer koͤpfichten Narbe. 
Die elliptiſche Scheidewand hat auf jeder 
Seite oben einen Saamen herunter haͤngen. 


3. CAPSELLA cornigera. 


Thlafpi Ceratocarpon, L. & Murr. 


Die elliptiſche Scheidewand iſt hier in der 
Mitte von ziemlicher Breite, und hat einen 
kaum merklichen Griffel. An jeder Seite 
der Scheidewand ſind obenher an zwei Faden 
zwei Saamen befeſtigt, von welchen der eine 
etwas tiefer ſizt, als der andere, alſo in je— 
dem Schoͤtchen vier Saamen ſind, die ich al⸗ 
lemal reif werden ſah. Dieſe Saamen ſind 
auf ihren beiden Oberflächen mit elliptiſch 
umlaufenden Faͤden ganz bedeckt und geziert. 
Jede Schaale lauft in ein zuſammen gepreß⸗ 
tes, verwachſenes Horn aus, die auch in der 
Verbindung des Schoͤtchens wie zwei Hoͤr— 
ner aus einander ſtehen. 

Bei Thlafpi, Lepidium und Iberis find die Schrift: 
ſteller nicht zu vergleichen, da keiner wußte, worin 
der Gattungs-Charakter beſtand, ſondern ſie meiſt 


nur auf Geradewohl eine Art bald da, bald dorthin 


verſezten, je nachdem ſie glaubten, daß die Arten 
nach mehr oder weniger Verwandtſchaft, die ſie un= 
ter einander haben ſollten, zuſammen geordnet wer⸗ 


mit kahnform. Schaalen und ellipt. Scheidew. 87 


den konnten. Dillenius ſonderte Thla/pi und Iberis 
von einander, Nov. Pl. Gen. 123. Tab. VI. und 
fügte ... ala foliacea cinctus, & fuperne diviſus, 
ſo wie er auch dieſe alam foliaceam auf ſeiner Ku⸗ 
pfertafel deutlich abbildete. Linne nahm dieſen Cha⸗ 
rakter von Dillenius an, um ihn aber gleich wieder 
zu entſtellen, vereinigte er Burſa paftoris T. mit, und 
glaubte alles gut zu machen, wenn er in Gen. Pi. 
beiſezt: Obſ. Bur ſa paſtoris. Silicula . margine 
deſtituta. Mit dem naͤmlichen Rechte haͤtte er auch 
Iberis Dill. bei Thlafpi laſſen konnen, und unten bei⸗ 
ſezen duͤrfen: Obf. Zberis Dill. Corolla inaequalis. 
Gleichwohl ſind Linne hierin Adanſon und Scopoli 
gefolgt. Nur Juſſieu ſagt G. Pl. 241: An genere 
diſtinguendum T.. Bur ſa paſtoris L. ſeu Capfel- 
la Caefalp. cui ſilicula triangularis non marginata? 
Gewiß ein verzagter Mann, und zwar, weil er ſich 
uͤber jenes, was Genus ſey, noch keine aͤchte Be⸗ 
griffe abgezogen und feſtgeſezt hat. Und muß man 
ſich nicht hoͤchlich verwundern, daß ein Mann, der 
ſo diktatoriſch verfuhr, wie Linne, gleichwohl fo wer 
nig Grundſaͤze hatte, meine Capfella ſpinoſa zu Le- 
pidium zu bringen, da fie doch eben fo gut, wie Bur 
fa paſtoris und Ceratocarpon zu Thlaſpi haͤtte ge⸗ 
ordnet werden konnen. Daß bei Capfella Burſa pa- 
ftoris die Flügel hohl, bei Capfella ſpinoſa und C. 
cornigera die Flügel aber zuſammen gewachſen find, 
ſcheint mir kein hinreichender Grund zu ſeyn, ſie in 
Gattungen zu trennen, ſo wie die Zahl der Saamen 


54 


88 Kreuzbluͤthen 
auch keinen Trennungs «e Grund abatebt. Denn bei 
Thlafpi ſaxatile und Capfella Burſa fp s ſiud auf 
jeder Seite der Scheidewand viele Saamen; bei Th, 
hirtum und Th. campeſtre, fo wie bei Capſella ſpi- 
noſa auf jeder Seite nur ein Saamen, bei Capfella 
cornigera aber auf jeder Seite zwei Saamen. 


III Abſchnitt. 
Kreuzbluͤthen mit Schoten. 


56 mache einen Unterſchied zwiſchen Schoten, 
und langen und ſchmalen Schoten. Leztere wer— 
de ich in einem andern Hefte abhandeln, erſtere 
aber hier in dieſem Abſchnitte. 
Unter Schoten verſtehe ich jene, die groß und 
einen breiten Umfang haben. Mir koͤmmt es ſehr 
komiſch vor, Schoten, die beinah anderthalb Zoll 
Laͤnge, und uͤber einen Zoll Breite haben, ein 
Schoͤtchen zu nennen. Ich kann nur klein nen⸗ 
nen, was wuͤrklich klein iſt, und nach Linnes 
und ſeiner Anhaͤnger Meinung waͤre jeder Cir⸗ 
kel, ſelbſt jener, den man in Gedanken um die 
ganze Welt ziehen kann, klein, weil Breite und 
Laͤnge einander gleich ſind. Maͤnner, die ſich ſo 
viel auf ihren Woͤrterkram, Terminologie ges 


mit Schoten. 89 


nannt, einbilden, ſollten uns erſt beweiſen, daß 
fie über den Werth ihrer Worte nachgedacht, 
ehe ſie ſolche dem Publikum, als eine neue Spra⸗ 
che aufdringen wollen. 


LUNARIA. Tournef. Vorleſ. IV. n. 477. 
(Tab. II. fig. 5 ) 
Von den vier Blumendeckblaͤttern find die 
zwei gegen einander Hberfiehenden herab⸗ 
haͤngend und ſackfoͤrmig. Mit einem Srucht⸗ 
ſtiele verſehene, platte, am Rande ovale 
Schote, deren Schaalen und Scheidewand 
von Baue duͤnn und gleich groß find. Cie⸗ 
renfoͤrmig geſtaltete, platte, und am Ran⸗ 
de gefluͤgelte Saamen. 
Lunarıa rediviva. x. Floribus purpureo - violaceis. 
B. Floribus albis. 
Hier habe ich bei der Narbe bemerkt, daß 
ſie aus zwei coniſchen Koͤrperchen zuſammen 
geſezt iſt, die neben einander ſtehen, und un⸗ 
ten vereinigt ſind. Man bemerkt dieſes erſt 
auffallend, wenn die Bluͤthe verblüht hat, 
und der Saamenſtaub ders iden iſt, der 
während dem Vegattungs⸗Triebe dieſe zus 
deckt. 
Linn. Gen. Pl. Ed. Schreb. n. 1085. Silicula ... 


maxima. Welcher Widerſpruch! Scop. Introd. n. 
(Fr 


9 5 


90 Kreuzbluͤthen 


1455. Capſula ... Scopoli bedient ſich des Wortes 
capſula, die ſonſt jedermann bei jenen Früchten fili- 

qua nennt, pag. 50, und filiqua hat bei ihm eine 
ganz andere Bedeutung. Eb. p. 52. Dies find Ei- 
genheiten, die kein Menſch billigen wird, die zu nichts 
frommen, und die alle Augenblicke zu Irrthuͤmern 
Anlaß geben. L. de Juſſieu G. Pl. Silicula magna. 
Es iſt ſonderbar, daß die Herren auch nur im Nach⸗ 
ſchreiben dergleichen Ungereimtheiten nicht merken. Und 
warum folgt L. von Juſſten hier fo ſklaviſch Linne, und 
beſchließt, wie er, die fructus ſiliquoſos mit A icotia, 
und hebt die fructus Niiculofos mit Lunia an, da 
doch die Hilfe von Aicotia, wie ich ſchon oben bes 
wieſen, kleiner im Umkrelſe, als die Schotte von 
Lunaria iſt. 


FIBIGIA. (Tab. II. fig. 23.) 


Die Staubfaͤden ſind von unten bis in eine 
ſichere Strecke ſchwach geflüͤgelt, darauf 
fadenartig. Die Schote iſt auf beiden Sei⸗ 
ten platt, am Rande ſchmal⸗oval. Schei⸗ 
dewand und Schaalen von gleicher Bröffe. 
Die Saamen platt⸗ oval, am HR e ftark 
gefluͤgelt. 

Die vier Blumendeckblaͤtter find von gleicher 
Groͤſſe, inwendig ausgehoͤhlt, und am Rande mit 
einer weiſſen, feinen, durchſichtigen Einfaſſung 
verſehen. Die vier Blumenblaͤttlein haben einen 


mit Schoten. 91 


langen Nagel. Der obere breitere Theil iſt 
ſchmal, der Laͤnge nach auf beiden Seiten hinter 
ſich gerollt, er ſelbſt hinter ſich gebogen, und an 
den Waͤnden der Blumendecke aͤuſſerlich herab— 
haͤngend, oben am Rande ganz, und nicht eins 
geſchnitten. Die ſechs Staubfaͤden ſind von unten 
an mit einer ſehr ſchmalen und feinen Haut, wie 
gefluͤgelt, und wo dieſe Fluͤgel aufhoͤren, bilden 
ſie Ecken. Die Schote hat ungemein viel Aehn— 
lichkeit mit Lunaria, auſſer daß ſie keinen Frucht⸗ 
ſtiel hat, dann daß die abſpringende Schaalen 
dick und lederartig ſind. 


Fırıcıa elypeate. 
Alyſſum clypeatum. L. 
Tournef. Inſtit. 218. brachte dieſe meine neue Gat⸗ 
tung zu Lunaria, und neunte ſie Lunaria levcoifo- 
lia, ſiliqua oblonga majore. Allioni Flor. Pede- 
ment. 245. n. 809. folgte ihm hierin. La Marck 
Encyc. Botanig. II. 329. n. 13. bringt ſie zu Drapa, 
worin ihm L. de Jufüeu Pl. Gen. 240. beiſtimmt. 
Linne hingegen brachte ſie zu den Alyſſen. 

Was die Blüthe anbelangt, iſt Fibigia weſentlich 
von Lunaria verſchieden, fo ſehr ſich ſonſt die Schot⸗ 
ten aͤhnlen. Was die Schotte anbelangt, iſt Fibigia 
abermal weſentlich von Aliſtum L. verſchieden. Dra- 
ba des Herrn La Marck iſt ſo unbeſtimmt, daß ich 
es nicht einmal eine Gattung neunen moͤgte. Da al 
ſo die bisherigen Gattungs- Vereinigungen nur Ver⸗ 


Kreuzblͤͤthen 


wirrungen veranlaßt haben, und der Charakter des 
Staubſadens und der Schotte einander wechſelſeitig 
beſtimmen: fo erfodern es die Geſeze eines kuͤnſtli⸗ 
chen Pflanzen⸗Syſtemes, dieſe Fibigia zu einer ei⸗ 

genen Gattung zu erheben. Linne ſagt Syſt. Pl. Ed. 


/ 


Reich; III. 226. n. 11. denticulus in medio fila- 
mentorum. Sier iſt aber kein denticulus, ſondern 
die Staubfaͤden ſind von unten 11 bis ohngefaͤhr 
in die Mitte geſtügelt. Sollte er dies wohl beigeſezt 
e „ um fie zu Alyffam zu 1 da eben die⸗ 

Hamindum fein weſentlicher Charakter 
von Alyſſum it: Denn die liculae! ovales, com- 
preſſo- planze mußten ihin wi ider feinen Willen ver⸗ 
kündigen, daß dieſe Fibigia nicht zu Alyfam gehöoͤ⸗ 
ren koͤnne. 

Ich habe dieſe Pflanze unter dem Namen Alyf- 
fam Phylanthus Juſſ. erhalten. Aber nach genauer 
Vergleichung der Schriſtſteller keinen Unterſchied un⸗ 
ter Alyſſum clypeatum L. und dieſer me en konnen. 
Sollten ſie gleichwohl zwei verſchiedene Arten ſeyn: 
fo müßte ich durch den Aug 1 davon belehrt 
werden, und dann wäre der Arten- Charakter von 
A. clypeatum L. falſch. Die 3 kicker der meinigen 
waren elliptiſch, am Rande ganz, ſizend, lang, und 

nz je Borſten rauh. 
ote ſind gleich, perga⸗ 
BAR uh, durch 


auf ihren Flachen durch ga 

Die beiden Schaalen der Schot 
mentartig und feſt, auf den O Oberfl 
Haare, die doch nur du 5 de 15 8 e 39158 
recht ſichtbar ſind. Die Sch duͤnn und 
in, wie Poſtpapier, aber mit einem 995 Rande 


3 4 


fe 


mu Schoten, 93 


umloffen, der von dem naͤmlichen Baue wie die Schaa⸗ 
len iſt, und oben den ganz kurzen, ſtehen bleibenden 
Griffel auf ſich ſizen hat. 

Dodonaͤus Stirp. Hiſt. 89. giebt eine Kupfertafel 
von Alyſſon Diofcoridis, die die Schriftſteller zu ci 
tiren pflegen. Seine Abbildung der Pflanzen und 
Schoten iſt zu borſtenartig und rauh, in der Beſchrei⸗ 

bung aber ſagt er fliquae .. non laeves. Und es 
iſt doch ein wichtiger Unterſchied zwiſchen ſehr rauh, 
und nicht laevis. 

Ich habe dies anfuͤhren muͤſſen, weil, wie ich oben 
angezeigt, bei meiner Pflanze kein denticulus in me- 
dio fllamentorum da war. Iſt er wuͤrklich bei A. 
elypeatum L. da, fo wäre dies ein wichtiger Cha⸗ 
rakter, dieſe beiden Arten zu unterſcheiden. Denn 
auch Fruktifications⸗Theile kann man zur Arten: Be: 
ſtimmung ſehr nuͤzlich anwenden, in wie fern ſie 
nicht zum Gattungs⸗-Charakter gehören, 


IV Abſchnitt. 
Kritiſche Ueberſicht derjenigen Linneiſchen Gattun⸗ 
gen von Kreuzbluͤthen, die hier in dem J, Il und 
III Abſchnitte abgehandelt worden ſind. 


PR | 
Och Hätte ſehr gewuͤnſcht, daß ich im Stande 
geweſen waͤre, hier die Gattungen jener Schrift⸗ 
ſteller in einer kurzen Ueberſicht kritiſch pruͤfen 


94 Kritiſche Ueberſicht 


zu koͤnnen, die die Kreuzbluͤthen abgehandelt ha— 
ben, aber da auſſer Linne die andern von mir 
angeführten blos ihre Gattungen angeben, ohne 
die Arten, die zu dieſen Gattungen gehören fols 
len, zu benennen: ſo iſt mir dies nur bei Linne 
moͤglich. Denn La Mark hat in der Encyelop. 
Botanique, von der bisher erſt zwei und ein hal: 
ber Band erſchienen find, noch zu wenig abges 
handelt, als daß er eine genaue Ueberſicht er: 
laubt, und bei Cranz habe ich es nicht der Muͤ— 
he werth gehalten, weil die Staͤrke ſeines Wi— 
derſpruches und der Mangel feiner Kenntniſſe in 
einem wahren Verhaͤltniſſe ſind. 

Die hier abgehandelten Linneiſchen Gattun⸗ 
gen werde ich nach jener Ordnung beleuchten, 
mit welcher Schreber die Gen. Plant. L. zu ver⸗ 
beſſern gewaͤhnt hat. 

MYAGRUM.L. 

Silicula, valvulis concavis. Stylus perfiftens. Syſtem. 
Veget. XIV. pag, 582. 

Silicula ftylo conico terminata ; loculo fubmonofper- 
mo. Ibid. pag. 583. 

Silicula obcordata, ſubcompreſſa, integra, rigida, 
apice ſtylo rigido conico terminata, bivalvis, locu- 
lis quibusdam faepe vacuis. Schreb. Ed. 8va. Gen. 
Plant. n. 1069. 

Hier ift alfo jedesmal ein Schötchen angege⸗ 


Über die Linn. Gattungen von Kreuzblüthen. 93 


ben, nach dem Syſt. Veget. Pl. hat dies Schoͤt⸗ 
chen bald valvulas concavas, bald loculos ſub- 
monoſpermos, und nach den Gen. Pl. iſt es gar 
integra und bivalvis zu gleicher Zeit. Dieſer of— 
fenbare Widerſpruch in dem Haupt-Charakter 
des naͤmlichen Verfaſſers ruͤhrt nun daher, daß 
er nicht zu vereinigende Arten unter eine Gat— 
tung brachte, und den Gattungs-Charakter bald 
nach der einen, bald nach der andern Art abaͤn— 
derte, dieſe Abaͤnderungen aber in verſchiedenen 
Stellen ſeiner Werke hinſezte; eine Art zu han— 
deln, die jedem denkenden Manne unbegreiflich 
iſt, beſonders wenn ſich dieſe Charaktere offen— 
bar widerſprechen. 

Nach meinen Pruͤfungen haben die von mir 

unterſuchten Arten von Myagrum L. nach ih— 
ren Früchten folgende drei Abtheilungen. 
I. Schoͤtchen. 
CAuELINA. pag. 67. Myagrum ſativum. L. 
KERNERA. pag. 71. Myagrum ſaxatile. L. 
II. pericarpien. 
1. Sweifächerichte. 
VoGELTIA. pag. 32. Myagrum paniculatum. L. 
2. Vierfaͤcherichte. 

MyaGrum. p. 38. Myagrum perfoliatum, L. 
Hier kommen zwar die Namen uͤberein, aber 
Tourneforts Myagrum und Linnes Myagrum 
find zwei aͤuſſerſt verſchiedene Gattungen. 


90 Kritiſche Ueberſicht 
III. Pericarpien und Schoͤtchen. 
SCHRASKIA. pag. 42. Myagrum rugofum. L. 

Da es nun unmoͤglich iſt, Pflanzen von ſo 
aͤuſſerſt verſchiedenem Fruͤchten-Baue unter eine 
Gattung zu bringen: ſo erhellet ſchon hieraus 
die Urſache von dem Unbeſtande des Linneifchen 
Gattungs- Charakters, wie auch die Nothwen⸗ 
digkeit, dieſe Linneiſche Gattung gaͤnzlich als un⸗ 
tauglich auszuſtreichen, wie ich es oben bei den 
einzelnen Stellen kritiſch bewieſen habe. 

VELLA. L. 
Silicula valvulis diſſepimento dimidio brevioribus. 
Syſt. Veg. XIV. 582. 
Silicula diſſepimento valvulis duplo majore extus ova- 
to. Ibid. 384. 
Silicula globoſa, integra, bilocularis diſſepimento &c. 
Schreb. Ed. 8 va. Gen. Pl. L. n. 1073. 

Daß Vella nichts weniger als ein Schoͤtchen 
habe, ſondern eine kugelrunde, zweifaͤcherichte 
Fleiſchhoͤhle, habe ich S. 49 hinlaͤnglich bewies 
fen, folglich iſt es klar, daß Linne dieſe Früchte 
gar nicht gekannt. Wenn alſo ſchon der Name 
der Gattung beibehalten wird: ſo iſt es doch un⸗ 
abaͤnderlich noͤthig, daß der bisherige Gattungs⸗ 
Charakter von Vella ganz umgeſchmolzen, und 
nach der Natur aͤcht und richtig beſtimmt werde. 


ANASTATICA. 


über die Linn. Gattungen von Kreuzbluͤtheu. 97 
ANASTATICA. L. 


Silicula retuſa, valvulis diſſepimento mucronato lon- 
gioribus. Syſt. Veg. XIV. 582. 

Silicula retuſa, margine coronata valvulis diſſepimen- 
to duplo longioribus. Stylo intermedio mucrona- 
to, obliquo; loculis monoſpermis. Ibid. 584. 

Silicula breviſſima, bilocularis .. ., Sem. folitaria, 
Schreb. Ed. $va. Gen. Pl. n. 1074. 

Daß hier kein Schöttchen iſt, fondern eine 
rindenartige Fleiſchhoͤhle, iſt oben Seite 50 hins 
laͤnglich bewieſen. So weitſchichtig die Beſchrei— 
bung dieſer Frucht in den Generib. Plant. iſt: ſo 
taugt ſie doch gar nichts, da ſie nur das aͤuſſere 
angiebt, den innern Bau aber gaͤnzlich mißkennt. 
Aus Linnes zwei Arten habe ich aus oben ange⸗ 
fuͤhrten Gruͤnden zwei Gattungen gebildet. 

LEPIDIUM. L. 

Silicula cordata, valvulis acute carinatis. Syſt. Veg. 
XIV. 582. 

Silicula emarginata, cordata, polyſperma: valvulis 
carinatis, contrariis. Ibid. 586. 

Silicula cordata, emarginata, compreſſa, margine 
acuta, bilocularis, valvulis navicularibus, carinatis, 
diſſepimento lanceolato, contrariis, Schreb. G. Pl. 
Ed. Sva. n. 1077: 

Hier iſt in dieſen Charakteren ſo viel Wider⸗ 
ſpruch, daß man ſich nicht daraus finden kann. 


Pfl. Gattungen, 1. Heft. G 


98 Kritiſche Ueberſicht 


In dem Elencho Claſſ. XVI. Syſt. Veget. wer⸗ 
den die valvulae acute carinatae angegeben, 
bei der Gattung ſelbſt aber p. 586, ſo wie in den 
Gen. Pl. emarginatae. Durch dies leztere unters 
ſcheidet fie ſich aber gar nicht von Thlaſpi L. — 
Denn heißt es S.... polyfperma, da doch die 
meiſten Arten nur zwei Saamen, naͤmlich auf 
jeder Seite der Scheidewand einen Saamen has 
ben. V alvulis .. contrariis iſt gewiß Fein Un⸗ 
terſcheidungs⸗ Kennzeichen, da dies allen Schos 
ten und Schoͤtchen gemein iſt. Auſſer dieſen all— 
gemeinen Bemerkungen uͤber Lepidium L. finde 
ich, daß er weſentliche Verſchiedenheiten ganz 
uͤbergangen. Denn nach meinen Beobachtungen 
finden ſich in den Schoͤtchen folgende Abwei⸗ 
chungen. 
I. Ovalartig gebildete, kahnfoͤrmige, gar 
nicht gefluͤgelte, gerippte Schaalen. 
NASTURTIOLUM. pag. 82. Lepidium didymum. L. 
II. Kahnfoͤrmig ausgehoͤhlte, nicht geflüs 
gelte, und elliptiſch geſtaltete Schalen. 
Lerıpıum. pag. 84. 
III. Kahnfoͤrmig ausgehoͤhlte, oben geflüs 
gelte Schaalen. 
Nasturrıum. pag. 80. Lepidium fativum. L. 
NASTURTIOIDES, pag. 81. Lepidium ruderale. L. 


über die Linn. Gattungen von Kreuzbluͤthen. 99 


IV. Kahnfoͤrmig ausgehoͤhlte, ungefluͤgel⸗ 
te Schaalen, die aber oben in Sluͤgel 
auslaufen. 

CarsELLA, pag. 85. Lepidium fpinofum, L. 
Thlaſpi Burſa paftoris. L. 
Thlaſpi Ceratocarpon. L. 

Zur mehrerer Deutlichkeit meiner Bemerkun⸗ 
gen muß ich hier gleich Iberis und Thlaſpi L. 
beifuͤgen. 

IBERIS. £; 

Petala duo exteriora majora. Syft. Veget. XIV. 582. 

Corolla irregularis, petalis 2 exterioribus majoribus. 
Silicula polyfperma emarginata. Ibid. 589. 

Iberis. Schreb. Ed. 8va. G. Pl. n. 1080. 

THLASPI. I. 

Silicula obcordata: valvulis marginato-carinatis. Sy- 
ſtem. Veget. XIV. 382. 

Silicula emarginata, obcordata, polyfperma : valvu- 
Iis navicularibus, marginato- carinatis. Ib. 587. 

Thlaſpi. Schreb. Ed, 8va. G. Pl. n. 1078. 

Der Unterſchied zwiſchen beiden Gattungen 
iſt alſo nach Dillenius vorzuͤglich in der Blume, 
welchen Unterſchied Linne, als wahr annahm. 
War dieſe Urſache gegruͤndet, wie ich ſie aller⸗ 
dings für wichtig halte: fo folgt ganz natürlich, 
daß man dieſe Grundſaͤze auch bei andern Pflan⸗ 
zen mit Kreuzbluͤthen anwenden muͤſſe. Dies that 

6 2 1 


100 Kritiſche Ueberſicht 


aber Linne nicht, weil es ihm an philoſophiſchen 
Grundſaͤzen fehlte, und feine lebhafte Einbil- 
dungskraft, ſo wie ſeine Namens-Abaͤnderungs⸗ 
Sucht, und der geheime Wunſch, alle feine Bor: 
gaͤnger und Zeitgenoſſen, die ſich einen Namen 
erworben hatten, zu unterdruͤcken, ſeine wahre 
Fuͤhrerinen geweſen ſind. 

Sind alſo die zwei kleinern und die zwei groͤſ— 
ſern Blumenblaͤtter ein entſchiedener Charakter, 
die Gattung Iberis aufzuſtellen, um wie viel 
mehr find es ein gaͤnzlicher Mangel an Blume. 
Ich habe daher von Lepidium L. getrennt jene 
Arten, die da haben 
I. Keine Blume und zwei Staubfaͤden. 

NASTURTIOIDES. pag. 81. Lepidium ruderale. L. 

II. Keine Blume und ſechs Staubfaͤden, 
von denen vier verkruͤppelt ſind. 

NASTURTIOLUM. p. 82. Lepidium didymum. L. 

Nimmt man auſſer dieſen in der Bluͤthe be— 
findlichen Charakteren noch jene mit zu Hilfe, 
die die Schoͤtchen darbiethen, und die ich ſo eben 
oben angezeigt: ſo wird man finden, daß die we— 
ſentliche Charaktere dieſer neuen, von mir auf— 
geſtellter Gattungen viel ſicherer gegruͤndet ſind, 
als jener von Iberis, der doch ſelbſt ein weſent⸗ 
licher Charakter iſt, ob er gleich nicht, wie 


über die Linn. Gattungen von Kreuzbluͤthen. rox 


Linne will, ganz allein auf der corolla irregu- 
lari beruht. 

Uebrigens iſt ſowohl bei Iberis als bei Thla- 
fpi das Wort: Silicula ... polyfperma ein 
wahrer Fehler. Bei meinen hier angefuͤhrten 
zwei Arten von Iberis hatte jedes Schoͤtchen nur 
zwei Saamen, und bei Thlafpi ſaxatile, fo wie 
bei Capſella Burſa paſtoris allein habe ich meh⸗ 
rere Saamen beobachtet, bei Thlaſpi hirtum 
und Th. campeſtre hingegen find in jedem Schoͤt— 
chen nur zwei Saamen. Dann muß es jedem un— 
begreiflich bleiben, wie Linne meine Capfella fpi- 
noſa zu ſeinem Lepidium, die Capſella Burſa 
paſtoris und C. cornigera hingegen zu Thlaſpi 
bringen konnte: und laͤßt ſich dies alles nur 
durch den mangelhaften Charakter, und den 
Wunſch, die Zahl der Gattungen zu vermindern, 
entſchuldigen, wenn anders offenbare Fehler, 
und ein der Natur widerſprechender Wunſch zur 
Entſchuldigung gereichen kann. 


COCHLEARIA. 
Silicula cerdata : valvulis obtufis, gibbis. Syft. Veg. 
XIV. 582. 
Silicula emarginata, turgida, ſcabra: valvulis gibbis, 
obtuſis. Ibid. 588. 
Silicula cordata, gibba, turgida, emarginata, ftylo 
G 3 


102 Kritiſche Ueberficht 


inſtructa, bilocularis ſcabra: valvulis gibbis obtuſis. 
Schreb. Ed. 8va. G. Pl. n. 1079. 

Hier verwirrt Linne abermal Pflanzen von 
ganz verſchiedenem Fruͤchtenbaue, und bringt in 
eine Gattung zuſammen, was gaͤnzlich unverein⸗ 
bar iſt. Nach meinen Pruͤfungen erſcheinen hier 
I. Zweifaͤcherichtes Pericarpium, mit ei⸗ 

ner ſteinernen Scheidewand. 

CAR ARA. pag. 34. Cochlearia Coronopus. L. 


II. Schoͤtchen. 
CocHLEARIA. p. 69. Cochleariae fpec. quaed. L. 
Das war alſo ein groſſer Fehler von Linne, 
Pflanzen von ſo entſchiedenem, ſich widerſpre⸗ 
chendem Fruͤchtenbaue in eine Gattung zu verei⸗ 
nigen. Aber auch ſelbſt der Charakter von der 
eigentlichen und wahren Gattung Cochlearia iſt 
ſeicht. Wo iſt denn eine valvula, die emargina- 
ta waͤre? Und was ſoll denn dies heiſſen: ſtylo 
inſtructa ? Auf einer jeden Scheidewand iſt ein 
ſtylus. Bei einigen iſt er mehr in die Augen 
fallend, bei andern weniger; folglich kann dies 
keinen Charakter einer Gattung abgeben, ſo je⸗ 
der Gattung von Kreuzbluͤthen zukoͤmmt. 
In dem Schoͤtchen⸗Baue von Cochlearia S. 
69, und Naſturtiolum S. 82 iſt viel aͤhnlendes, 
und haͤtten beide noch ehender in eine Gattung 


über die Linn. Gattungen von Kreuzbluͤthen. 103 


vereinigt werden koͤnnen, wenn nicht der gaͤnzli⸗ 

che Mangel von Blume eine ſolche Vereinigung 

verboͤthe. 
ALYSSUM. 

Filamenta quaedam latere interiore dente notata. Si- 
licula bilocularis. Syft. Veg. XIV. 582. 

Filamenta quaedam introrfum denticulo notata. Si- 
licula emarginata. Ib. 590. 

Filamenta 6, horum duo oppofita... . denticulo no- 
tata. Silicula fubglobofa, emarginata, ftylo lon- 
gitudine filiculae inſtructa, bilocularis, diffepimen- 
to elliptico : valvulis elliptico - haemiſphaericis. 
Schreb. Ed. Sva. G. Pl. n. 1081. 

Hier zwaͤngt Linne wieder in eine Gattung 
zuſammen, was ſchlechterdings getrennt werden 
muß. Er gruͤndet den Gattungs⸗Charakter auf 
die Zaͤhne, die bei den kuͤrzern Staubfaͤden da 
ſeyn ſollen, und die bei den allerwenigſten Arten 
wuͤrklich da find. Dann iſt die Beſchreibung des 
Schoͤtchens ganz falſch. Denn die valvulae find 
weder emarginatae oder elliptico- haemifphae- 
ricae, noch weniger iſt das diflepimentum el- 
lipticum. Nach den von mir beobachteten, und 
von Linné ganz widernatuͤrlich zuſammen gefeze 
ten Arten iſt folgender Unterſchied i in den Scho⸗ 
ten und Schoͤtchen. 

G 4 


104 Kritiſche Ueberſicht 


I. Ovale Schoten. Gefluͤgelte Saamen. 
FırıGra. pag. 90. Alyſſum clypeatum. L. 

II. Aufgeblaſene Schoͤtchen, mit runden 
Scheidewaͤnden und gefluͤgelten Saa⸗ 
men. 

Arvssorpes, pag. 63. Alyſſum. L. 

III. Ovales, ſchwach gewoͤlbtes Schötchen, 

mit ovalen Scheidewaͤnden. 
Arvsson. pag. 75. Alyſſum incanum. L. 

IV. Plattes, am Umkreiſe rundes Schoͤt⸗ 
chen, mit runden Schaalen, runder 
Scheidewand und zwei Paar Saamen. 

AnvserTon. pag. 73. Alyſſum. L. 

Bei allen dieſen hier angefuͤhrten Gattungen 
und ihren Arten hatte kein einziger Staubfaden 
einen Zahn (denticulum), ſondern die meiſten 
waren von unten an mit einem ſtrebpfeilfoͤrmi⸗ 
gen Anſaze verſehen, wovon ich doch Alyfloides 
gemovenfe und A, leucoifolium ausnehme, des 
ren Staubfäden ich nicht beobachtet. — Adyfe- 
ton bidentatum hatte an zwei Staubfädeingwei 
Zaͤhne; und Adyſeton ſquamatum gar an je: 
dem ein Blaͤttlein. Folglich ift Linnes Charakter 
von feinem Alyſſon unnuͤz, und nicht mehr als 
des Ausſtreichens werth. Aber Linnes ſein Ideal 
war, den Gattungs-Charakter kurz zu machen, 


1 


uͤber die Linn. Gattungen von Kreuzbluͤthen. 105 


und dieſem hieng er mit Aufopferung der Wahr— 
heit an. Dergleichen Ideale ſind gut, wenn ſie 
ausfuͤhrbar ſind. Um die Ausfuͤhrbarkeit aber 
bekuͤmmerte ſich Linne gar nicht, er projektirte 
friſch darauf los, und ihm war es alles einerlei, 
ob die Natur und ſeine Projekten mit einander 
harmonirten oder nicht. Er hatte es alſo ſeinem 
gar nicht pruͤfenden Zeitalter zu verdanken, daß 
er ihr Abgott ward. 


ULYRPRORMR NL, 
Silicula orbiculata, valvulis planis, decidua. Syft. 
Veget. XIV. 582. 
Silicula emarginata, orbiculata, compreſſo- plana, 
decidua. Ibid. 591. 
Silicula.... bivalvis, valvulis orbiculatis. Schreb. 
Ed. Sva. G. Pl. L. n. 1082. 
PELITARIA L. 
Silicula orbiculata, compreſſo - plana, non dehiſcens. 
Syft, Veget. XIV. 582. 
Silicula integra, fuborbiculata , compreſſo- plana, non 
dehiſcens. Ibid. 591. 


Silicula .. .. unilocularis. Schreb. Ed. 8 va. Gen. Pl. 
n. 1083. 


Ich habe oben bei Bohatfchia und Foſſelina 
über dieſe aͤuſſerſt falſche Charaktere meine Mei— 
nung ſo erklaͤrt, daß mir nichts uͤbrig bleibt, als 
dieſe Charaktere, um ihre Leichtfertigkeit recht 

G 5 


106 Kritiſche Heberficht 


in die Augen fallend zu machen, zuſammenzu⸗ 
ſtellen. Bei Clypeola gab er auf der einen Stel⸗ 
le valvulas planas, auf der andern gar filicu- 
las bivalves valvulis orbiculatis an. Dies iſt 
nun alles bei meiner Foſſelina grundfalſch. Er 
wollte zwar dieſen Fehler dadurch verbergen, 
daß er bei feiner erſten Art beiſezte: filiculis 
unilocularibus, moneſpermis, bei der zweiten 
und dritten aber filiculis bilocularibus. Daß 
aber filicula unilocularis ein Unding ſey, iſt 
nun gewiß bewieſen. Eben fo ein Unding ift fein 
Charakter von Peltaria, ſo ich ſchon zu ſehr dar⸗ 
gethan. Und welch neumodiſcher Charakter iſt 
dann der: filicula decidua! Dieſer Charakter 
iſt allen den Gattungen eigen, die ich in dem ers 
ſten Abſchnitte abgehandelt. Und bei den Schoͤt⸗ 
chen bleibt, und dies nicht immer, nur die Schei⸗ 
dewand ſtehen, die Schaalen ſpringen freiwillig 
ab. Folglich kann man auch von keiner filicula 
ſagen, daß ſie ſtehen bleibt. | 


BISCUTELLA L. 


Silicula biloba, fupra infraque margine carinato. Syſt. 
Veg. XIV. 582. 

Silicula compreffo-plana, rotundata, ſupra infraque 
biloba. Calicis foliola bafı gibbo. Ibid. 592. 

Silicula erecta, compreſſo - plana, femibifida, lobis 


über die Linn. Gatungen von Kreuzbluͤthen. 107 


ſubrotundis, bilocularis, diſſepimento lanceolato, 
in ſtylum rigidum terminato, loculis bivalvibus, 
diffepimento (margine ſuo recto) affixis. Schreb, 
Ed. 8va. G. Pl. L. n. 1084. 


Oben habe ich bei Jondraba und Thlaſpi- 
dium ſchon meine Bemerkungen beigebracht, hier 
will ich nur zeigen, wie ſchief, unwahr und un⸗ 
beſtimmt jene Charaktere ſind, die man nun bei⸗ 
nah ein halbes Jahrhundert ſo heilig angeſtaunt 
hat. Silicula ... biloba. Silicula ... ſupra 
infraque biloba. Man denke ſich den Verfaſſer 
der Philoſophia botanica, den Schoͤpfer der ſo 
auspoſaunten Terminologie, und dann den Un⸗ 
ſinn Silicula. .. biloba . . fupra infraque. 
Und dann die abſcheuliche Unwahrheit, loculis 
bivalvibus, die der beruͤhmte Herr Schreber ſo 
geradezu nachdruckt, wie auch diffepimentum 
lanceolatum. Aber uͤber der Terminologien⸗ 
Wuth vergeſſen die Herren zu reden, wie es in 
der Natur iſt. Wo iſt denn bei Jondraba oder 
Thlaſpidium ein diſſepimentum? Was die gu⸗ 
ten Herren hier ein diffepimentum nennen, iſt 
nichts mehr und nichts weniger, als ein recepta- 
culum, von welchen ſich dic Pericarpien auf die 
naͤmliche Art lostrennen, wie bei Cynogloſſum, 
Geranium u. m. a., wo es noch keinem Men⸗ 


108 Kritiſche Ueberſicht 


ſchen eingefallen iſt, den Theil, woran die Fruͤch⸗ 
te befeſtigt find, ein diſſepimentum zu nennen. 


BHN IAS. E. 

Siliqua decidua, ſubrotunda, muricata. Syſt. Veget. 
XIV. 583. 

Silicula decidua, tetraëdra, angulis inaequalibus, 
acuminatis, muricata. Ibid. 603. 

Silicula irregularis, ovafo oblonga, tetra&dra, angu- 
lis uno alterove acumine, non dehifcens, decidua. 
Schreb. Ed. $va. G. Pl. L. n. 1070. 

Da haben wir nun wieder die groſſen Maͤn— 
ner, deren ihre Meinungen, wie Orakel-Spruͤ—⸗ 
che verehrt werden ſollen. In dem Elenchus ſteht 
dieſe Gattung unter den filiquofis, und hat dann 
eine filiquam, auf den andern Orten aber hat 
fie eine filiculam. Doch hat Schreber eine wich: 
tige Verbeſſerung hier angebracht, naͤmlich er hat 
fie von den filiquofis weggenommen, und zu den 
ſiliculoſis gebracht. Der groſſe Mann! Da er 
aber den ganzen characterem genericum Wort 
für Wort uͤbrigens nachdruckte: fo muß ich 
gleichwohl mit all der Schreberiſchen Stellver⸗ 
änderung dabei bleiben, daß Linnes Bunias nicht 
mehr, als des Ausſtreichens werth iſt. Denn der 
unwiſſende Linne hat ſeine Gattung Bunias aus 
folgenden Gattungen zuſammen geſezt. 


über die Linn. Gattungen von Kreuzblüthen, 109 


I. Steinfruͤchte. 
Bunsas. pag. 52. 
II. Schoͤtchen. 


SuceowıA, pag 64. Bunias balearica. L. 


Ich habe einige Linneiſche Gattungen hier 
kritiſch zu pruͤfen uͤbergangen, weil ich nicht zu 
weitſchichtig werden wollte, und es endlich mir 
zu ekelhaft ward, alle dieſe Fehler aufzutiſchen. 
Dieſe Pruͤfung war ich der Wahrheit ſchuldig; 
wer ſie zu ſtreng findet, muß bemerken, daß der 
Linneiſche Club ſeit ſehr langer Zeit ſich alle nur 
erdenkliche Muͤhe gab, den Zugang zur Wahr— 
heit zu verſperren, und ihre falſche, ſchiefe oder 
doch unzweckmaͤſige Meinungen, als Wahrheit 
in Umlauf zu bringen. Mir, der ich in der glück 
lichen Lage mich befinde, mich um dieſe ganze 
Verbruͤderung nichts zu bekuͤmmern, und der 
Willen genug hat, die Natur zu ſtudiren, und 
die Wahrheit offen hinzulegen, mir wurde es 
endlich zur Pflicht, dies unedle Beſtreben laut 
aufzudecken, weil ich zu ſehr fühlte, daß die Wiſ— 
ſenſchaft ſelbſt ſich ihrem ganzen Verfalle entge— 
genſtuͤrze, und zwar zu einer Zeit, wo man nicht 
weniger als dies alles ahndete, ſondern die groſ— 
ſen Fortſchritte austrompetete, die unſer Zeit— 


110 Kritiſche Ueberſicht 


alter in der Kraͤuterlehre mache: und welche 

Groͤſſe ich in nichts anders entdecken kann, als 

in dem Royal: Folio» Papier, worauf einige un: 

ſerer Herren Botaniker ihre ſeyn ſollenden Be— 
obachtungen zum Drucke befoͤrdern, woruͤber die 

Kenner meiſtens die Achſel zucken, und uͤber den 

aͤuſſern Luxus und die innere Armſeligkeit die 

lauteſten Klagen fuͤhren muͤſſen. 

Doch bin ich genoͤthigt, hier uͤber Linnes Gat⸗ 
tungs⸗Charaktere noch einige allgemeine kritiſche 
Bemerkungen beizufuͤgen. 

I. Gar oft hat er nur von einer Art den Charak⸗ 
ter unterſucht, und dann dieſen Charakter eis 
ner einzelnen Art zum Gattungs-Charakter 
faͤlſchlich erhoben. Z. B. Myagram . . . lo- 
culis quibusdam faepe vacuis iſt nur von ſei⸗ 
ner einzigen Art Myagrum perfoliatum wahr. 
Myagrum valvulis concavis: Siliculis bi- 
valvibus, iſt nur von meiner Camelina und 

und Kernera wahr, die er Myagrum ſativum 
und M. ſaxatile nennte. — Biſcutella cali- 
cis foliola baſſi gibbo iſt nur von feiner Biſc. 
auriculata wahr, die bei mir Jondraba heißt. 

II. Nimmt er in den characterem genericum 
Kennzeichen auf, die nichts weniger als cha⸗ 
rakteriſtiſch ſind. Z. B. Myagrum ... ſty- 


über die Linn. Gattungen von Kreuzbluͤthen. 111 


lus perſiſtens. Cochlearia ... ſtylo inſtru- 
cta. Biſcutella ... in ſtylum rigidum ter- 
minata. Bei den wuͤrklichen Schoͤtchen kenne 
ich noch zur Zeit keine einzige Pflanze, wo 
nicht auf der Scheidewand der Griffel bliebe, 
ſich verhaͤrtete, ja bei einigen bei dem Abſprin⸗ 
gen der Schaalen erſt recht deutlich wuͤrde, 
naͤmlich bei jenen, die eine elliptiſche Scheide⸗ 
wand, und kahnfoͤrmig ausgehoͤhlte und ges 
fluͤgelte, abſpringende Schaalen haben. Wie 
mag denn alſo Linne den bei allen Schoͤtchen 
verhaͤrtet ſtehen bleibenden Griffel bei einigen 
Gattungen, als einen Gattungs-Charakter 
angeben? 

III. Nimmt er wahre Synonima als Gattungs⸗ 
Charaktere auf, ſo gegen alle Logik iſt. Z. B. 
Myagrum ... ſilicula bivalvis. Vella 

‚ filicula bilocularis. Anaſtatica .. ſilicula 
bilocularis. Lepidium .. ſilicula bilocula- 
ris. Cochlearia ... ſilicula bilocularis. Alyf- 
fum .. ſilicula bilocularis. C/ pe .. ſi- 
licula bivalvis. Ohne in die bereits vorhin, 
und mehrmals geruͤgten Fehler mich hier ein: 
zulaſſen: erinnere ich nur, daß Fein Schöt: 
chen denkbar iſt, das nicht zwei abſpringende 
Schaalen hat, und das nicht bilocularis ſey. 


112 Kritiſche Ueberſicht 


Wie kann man das als einen characterem 
ſpecificum generis angeben, was der allges 
meine Charakter eines jeden Schoͤtchens iſt. 
Freilich Fönnte hier die Entſchuldigung eintre⸗ 
ten, daß weder Linne, noch ſeine Nachahmer 
wußten, was eine ſiliqua oder eine filicula 
ſey. Aber Männer von fo einer offenbar ans 
erkannten Unwiſſenheit ſollten doch wenigſtens 
ſo beſcheiden ſeyn, und es nicht wagen wollen, 
ſchiedsrichterlich zu entſcheiden, wo es ihnen 
beſſer anſtuͤnde, erſt in die Schule zu gehen, 
und zu lernen, was filiqua und filicula fey. 
Eben dieſes bringt mich beim Schluſſe mei⸗ 
ner allgemeinen kritiſchen Bemerkungen auf eine 
Anmerkung, die ich bei RTO TTA S. 45 hätte 
einſchalten ſollen, es aber damals vergeſſen ha— 
be, und hier nachholen muß. Linne gab Philo- 
foph. botanic. Ed. Gled. pag. 53. den ganzen. 
Unterſchied zwiſchen filiqua und legumen blos 
in der Stelle an, wo die Saamen befeſtigt ſind, 
und ſagte: Siligua pericarpium bivalve affi- 
gens ſemina ſecundum ſuturam utramque. Le- 
gumen pericarpium bivalve, affigens ſemina 
ſecundum ſuturam alteram tantum: ſo daß 
alſo der ganze Unterſchied in den Saamen, die 
ſecundum futuram utramque, oder alteram 
tantum 


MAL 


über die Linn. Gattungen von Kreuzhlͤͤthen. 113 


tantum befeftiat find, beſtand. Dieſe fehlerhafte 
Beſtimmung ſuchte er durch ſein e Abbildungen 
fig. 154 und 155 zu erläutern, wo man ſich mehr 
als erſtaunen muß, daß er jene von der Schote 
fig. 155 offenbar verfaͤlſchte, um nur ſeine grund⸗ 
falſche Beſtimmung zu beſtaͤttigen. Denn er ließ 
die Saamen auf die eine Schaale zeichnen, auf 
der nie ein Saame ſteht, ſagt kein Wort von der 
Scheidewand, und in der Abbildung iſt nicht eine 
Spur von derſelben zu finden. Herr Willdenow 
laͤßt dies alles in ſeiner neuen Auflage der Phil. 
botan. p. 56 nachdrucken, und die Kupfertafel 
fig. 154 und 155 unverändert abziehen, welches 
ihm um ſo weniger zu verzeihen iſt, da er hier 
ſich mancherlei Einſchaltungen erlaubt, und z. B. 
nach Gaͤrtner Utriculus, Samara, Folliculus, 
Nux, Pepo, und nach Hedwig Theca beigefuͤgt 
hat. Ja, es iſt ihm gar nicht zu verzeihen, da er 
eben bei Gärtner pag. CI eine beſſere Beſchrei⸗ 
bung fand, und nicht nuͤzte. Denn da heißt es: 
Siliqua ... quae in utroque latere ſemina ge- 
rit receptaculo filiformi, & valvularum mar- 
ginibus interjecto, affixa. Dieſe Beſchreibung 
ift ſicher beſſer, als Linnes feine, ob fie gleich 
nicht richtig iſt, indem man die Scheidewand kein 
receptaculum filiforme nennen darf, noch kann, 
Pfl. Gattungen, 1. Heft. H 


114 Kritiſche Ueberſicht 


indem dies nur bei den fenſterartigen Scheide: 
waͤnden wahr iſt. Unſere Kompendien-Schreiber 
ohne Zahl haben Linné geradezu abgeſchrieben, 
und ſeine Kupfertafel auch nachſtechen laſſen und 
finde ich nur bei dem Herrn Hofrath Suckow in 
Heidelberg a) Tab. 15. fig. 3. und Herrn Pro: 
feffor Joerlin in Lund b) fig. 113 nach der Nas 
tur verfertigte Abzeichnungen einer Schote; bei 
Herrn Hofgerichtsrath Fibig c) zu Mainz aber 
die erſte ächte Beſchreibung einer Schote S. 85, 
weil vor Herrn Fibig es niemand in den Lehr⸗ 
buͤchern gewagt hat, die Wahrheit zu ſagen, und 
Linnes Beſchreibungen zu unterdruͤcken. 

Linne uͤberſah alſo, was wuͤrklich eine wahre 
Kunſt nicht zu ſehen iſt, naͤmlich er ſah bei den 
Schoten die Scheidewand nicht, und glaubte, 
daß das gegen einander uͤber ſtehen der Saamen 
der Charakter einer Schote ſey, da bei den Huͤl— 
ſen die Saamen nur auf der einen Seite der Huͤl— 
ſe ſtuͤnden. Hier ſehen wir nun bei Ricotia, daß 
auch dieſer Saamenſtand nicht ohne alle Ein⸗ 
ſchraͤnkung wahr iſt, indem auf den beiden Schaa⸗ 


— — — — — — — 


a) Anfangsgruͤnde der theoretiſchen und angewandten 
Botanik. Th. I. 

b) Principia Botanices illuſtrata. 

e) Einleitung in die Naturgeſchichte des Pflanzenrei⸗ 
ches nach den neueſten Emdeckungen. 


über die Linn. Gattungen von Kreuzbluͤthen. 115 


len ihrer Huͤlſe, und auf jeder einzelnen derſelben 
die Saamen gegen einander uͤber ſtehen, wie ich 
dies in der fig. 24 deutlich angezeigt habe. Wir 
ſehen alſo, daß Linnes Definition weder von der 
ſiliqua, noch legumen wahr iſt. Und Unwahr⸗ 
heiten in Sachen, die zur Weſenheit unſerer Kennt⸗ 
niſſe gehören aufzudecken, iſt immer wahres Zeit⸗ 
Beduͤrfniß. 


Erklaͤrung der Kupfertafeln. 


Mvacrvm. Tab. I. fig. I. pag. 38. 
a. Ein ganzes Pericarpium. 
b. Ein Pericarpium, der Länge nach geöffnet. 
c. Ein Saamen. 
RAPISTRU T. Tab. I. fig. 2. pag. 19. 
a. Ein ganzes Pericarpium, unten mit feinem Frucht⸗ 
ſtiele. 
b. Ein durchſchnittenes Pericarpium. 
c. Ein Saamen mit ſeinem umlaufenden Faden. 
BoHATScHTA. Tab. I. fig. 3. pag. 23. 
a. Ein ganzes Pericarpium. 
b. Ein ſenkrecht durchgeſchnittenes Pericarpium, mit 
dem Saamen in ſeiner Hoͤhle. 
c. Ein platter, am Umkreiſe runder Saamen. 
CARARA. Tab. I. fig. 4. pag. 34. 
a. Ein ganzes Pericarpium. 
b. Ein zwerg durchſchnittenes Perlcarpium. 


H 2 


{16 | Erklaͤrung 


Turaspıpıvm. Tab. I. fig. 5. pag. 29. 
a. Die Zwillings- Pericarpien kurz vor der Zeitigung. 
b. Die naͤmlichen nach ganz vollendeter Zeitigung. 
c. Das receptaculum, woran die Zwillings-Pericar⸗ 
pien befeſtigt waren. 
Vocezrıa. Tab. I. fig. 6. pag. 32. 
a. Das Pericarpium in natürlicher Groͤſſe. 
b. Das nämliche vergröffert. 
c. Die zwei klaffende Hervorragungen. 
d. Ein ſenkrecht durchſchnittenes Pericarpium. 
Bunsas aegiptiaca. Tab. 1. fig. 7. pag. 53. 
a. Eine ganze Steinfrucht. 
b. Eine zwerg durchſchnittene Steinfrucht. 
Is AT IS. Tab. I. fig. 8. pag. 21. 
a. Zungenfoͤrmiges Pericarpium. 
b. Dieſes ſenkrecht durchſchnitten. 
c. Ein Saamen. 
SuccowrA. Tab. 1. fig. 9. pag. C4. 
a. Ein ganzes Schoͤtchen. 
b. Eine abgeſprungene Schaale. 
c. Die runde Scheidewand, mit e ſtehen bleiben⸗ 
dem Griffel. 
d. Ein runder Saame. 
ScHRAN KTA. Tab, I. fig. 10. pag. 42. 
a. Eine ganze Frucht oben mit dem Pericarpium, und 
b. unter dieſen ſizenden Schoͤtchen. 
c. Eine zwerg durchſchnittenes Pericarpium. 
d. Das abgeſonderte, unten ſizende Schoͤtchen. 
e. Deſſen fenſterartige Scheidewand, 
f. g. mit den beiden abſpringenden Schaalen. 


der Kupfertafeln. 117 


CAanmeıına. Tab. I. fig. II. pag. 67. 
a. Ein ganzes Schoͤtchen. 
b. c. Die beiden abſpringenden Schaalen, mit ihren 
halbeylinderfoͤrmigen Verlaͤngerungen. 
d. Die Scheidewand, mit ihren Saamenfaͤden und 
Griffel. 
Bunsas orientalis. Tab. I. fig. 12. pag. 53. 
a. Eine ganze Steinfrucht. 
b. Eine ſenkrecht durchſchnittene. 
CocHLearra. Tab. I. fig. 13. pag. 69. 
a. Ein ganzes Schoͤtchen. 
b. Die Scheidewand mit ihren Saamenfaͤden. 
c. d. Die beiden abſpringenden Schaalen.} 
JoxDRARA. Tab. I. fig. 14. pag. 27. 
a. Ein Zwillings⸗Peric arpium, kurz vor der Zeitigung. 
b. Das naͤmliche, nach vollendeter Zeitigung. 
c. Ein Zwillings⸗Pericarpium, kurz vord er Zeitigung 
zwerg durchſchnitten. 
d. Ein Saame. 
e. Das receptaculum, woran die Zwillings⸗Pericar⸗ 
pien eingefuͤgt waren. 


Aıysson. Tab. I. fig. 15. pag. 75. 
a. Ein ganzes Schoͤtchen 
b. Eine Scheidewand, mit ihrem Griffel. 
c. d. Zwei abſpringende Schaalen. 
Anvseron. Tab. I. fig. 16. pag. 73. 
a. Ein rundes, und auf den Flaͤchen plattes Schoͤtchen. 
b. Die Scheidewand mit ein Paar Saamen. 
c. d. Die zwei abſpringenden Schaalen. 


g H 3 


118 Erklaͤrung 


Auvssoipes. Tab. J. fig. 17. pag. 63. 
a. Aufgeblaſenes Schoͤtchen. 
b. c. Die zwei abſpringenden Schaalen. 
d. Die Scheidewand mit ihren Saamenfaͤden. 
e. Ein am Rande gefluͤgelter Saame. 
ThLaspI hirtum. Tab. II. fig. 18. pag. 78. 
a. Ein ganzes Schoͤtchen. 
b. Eine Scheidewand, ohne Saamen. 
c. Eine Scheidewand, auf jeder Seite ein Saame. 
d. e. Zwei abſpringende, kahnfoͤrmig ausgehoͤhlte, 
auf den Kanten ſtark gefluͤgelte Schaalen. 
TRIAS faxatile Tab. II. fig. 19. pag. 77. 
a. Ein ganzes Schoͤtchen. 
b. Eine Scheidewand mit ihren Saamenfaͤden. 
c. d. Zwei abſpringende, kahnfoͤrmig ausgehoͤhlte, 
auf den Kanten ſtark gefluͤgelte Schaalen. 
Irerıs umbellata. Tab. II. fig. 20. pag. 80. 
a. Ein ganzes Schoͤtchen. 
b. Scheidewand mit zwei Saamen. 
c. d. Zwei abſpringende, kahnfoͤrmig ausgehoͤhlte, 
auf den Kanten geflügelte Schaalen. 
NasturrioLum. Tab. II. fig. 21. pag. 82. 
a. Ein ganzes Schoͤtchen. 
b. Eine abſpringende Schaale, wo die Oeffnung un⸗ 
ten iſt, um den Ruͤcken deutlich zu machen. 
c. Die Scheidewand. 
IE RIS amara. Tab. II. fig. 22. pag. 79. 
a. Das ganze Schoͤtchen. 
b. Eine Scheidewand mit zwei Saamen. 


c. Eine Scheidewand, um die Fortſezungen an dert 
ſelben auffallend zu machen. 


der Kupfertafeln. 119 


Fr RITA. Tab. II. fig. 23. pag. 90. 

a. Scheidewand, mit einem gefluͤgelten Saamen und 
mehreren Saamenfaͤden. 

b. c. Die zwei abſpringenden pergamentartigen Schaa⸗ 
len. 

Rıcorsa. Tab. II. fig. 24. pag. 45. 

a. b. Die zwei Schaalen der Huͤlſen, mit ihren gegen 

einander uͤberſtehenden Saamen. 
VILLA. Tab. II. fig. 25. pag. 49. 

a. Eine ganze rindenartige Fleiſchhoͤhle. 

b. Eine Scheidewand, mit ihrem aufſizenden, loͤffel⸗ 
artig ausgehoͤhlten Griffel. 

c. Eine losgemachte Schaale. 

d. Die andere mit drei Saamen in der Höhle. 

‚Anastarıca. Tab. II. fig. 26. pag. 50. 

a. Eine ganze rindenartige Fleiſchhoͤhle. 

b. Die Scheidewand, mit ihren Hervorragungen. 

c. c. Die zwei hölzernen Stachel. 

d. e. Die zwei losgemachteu Schaalen, deren jede 
mit einer Zwergwand in zwei Gefache getheilt iſt, 
und die eine rundlicht ausgehoͤhlte Verlängerung 
auf ſich ſizen hat. 

LuxARTA. Tab. II. fig. 27. pag. 89. 
a. b. Die zwei abſpringenden Schaalen. 
c. Die Scheidewand, mit ihren gefluͤgelten Saamen. 


— — — 


120 Anhang zu dem erſten Hefte 


Anhang 
zu dem 
erſten Hefte der Pflanzen-Gattungen. 


Nachdem dies Werkchen in der Druckerei gaͤnz⸗ 
lich beendigt war, (indem wuͤrklich der lezte hal⸗ 
be Bogen weggelegt, und dieſer Bogen friſch ge⸗ 
druckt worden iſt,) erhielt ich erſt die lezten Gens 
turien des Gaͤrtneriſchen vortrefflichen Werkes 
de Seminibus plantarum, und zwar durch die 
Gewogenheit des Herrn Borckhauſen, in deſſen 
Werke Tentamen diſpoſitionis Pl. Germaniae 
feminiferarum ich es benuzt fand, ohne daß ich 
von der Ausgabe desſelben bisher das mindeſte 
gewußt hätte. Pag. 278 u. ſ. w. fand ich die fili- 
quoſas abgehandelt, und auf der 141. 142. 143. 
und 144. Kupfertafel verſchiedene abgebildet. 
Da ich hierin verſchiedenes fand, daß ich in ei⸗ 
nem ſolchen Werke gar nicht erwartet haͤtte: ſo 
verbindet mich die Liebe zur Wahrheit, dasjenige 
kurz zu beleuchten, was mit dieſem Hefte in Ver⸗ 
bindung ſteht. 5 


der Pflanzen-Gattungen. 121 


Pag. 278. SILIQUosAE... Difpefcun- 
tur a longitudine pericarpii in filiculofas & 
filiquofas, commoda magis & ufitata,, quam 
fatis certa ratione. Gewiß fo etwas hätte ich 
von einem Manne, wie Gaͤrtner, nicht erwartet. 
Es ift gar kein Grund da, etwas eine bliguam, 
oder ſiliculam zu nennen, was nicht zwei frei⸗ 
willig abſpringende Schaalen, und eine Scheide— 
wand hat. Und der denkende Schriftitelfer ſoll 
offenbare Fehler deßwegen nicht in ſeinen Schuz 
nehmen, weil ſie gewoͤhnlich ſind. Denn ich wuͤß⸗ 
te nicht, warum man ferner neuere Werke 
brauchte, wenn man dieſen Grundſaz ausüben 
wollte. Herrn Gärtner aber, der ein eigenes 
Werk hieruͤber ausgearbeitet, ſind dergleichen 
Saͤze nicht zu verzeihen. Ueberhaupt aber muß 
ich hier die Bemerkung machen, daß Herr Gaͤrt⸗ 
ner ſich mehr mit der Zergliederung der eigentli⸗ 
chen Saamen abgegeben, und in dieſen allerfein⸗ 
ſten Zergliederungen ein uͤbervortrefflicher Mei⸗ 
ſter war. Aber was die Umhuͤllungen der Saa⸗ 
men anbelangt, hat er ſich unendlich vieles zu 
Schulden kommen laſſen, und uͤber dieſelbe min⸗ 
der philoſophiſch ſich ausgedruͤckt, wie ich dies in 
den folgenden Heften zu beweiſen genoͤthigt ſeyt 
werde. Auch in feiner Introductione generali 


H 5 


122 Anhang zu dem erften Hefte 


find mannigfaltige Saͤze eingefloffen, die meinen 
Beobachtungen und Erfahrungen ganz zuwider 
ſind, und die ich ebenfalls in der Fortſezung mei⸗ 
ner philoſophiſchen Botanik zu eroͤrtern gezwun⸗ 
gen ſeyn werde. Ich war dieſe allgemeine Ueber⸗ 
ſicht uͤber das ſchaͤzbarſte Werk in der Kraͤuter⸗ 
lehre, und das unſerm zum Ende eilenden Jahr— 
hunderte zur groͤßten Ehre gereicht, naͤmlich uͤber 
Gärtner de Fructibus & Seminibus Planta- 
rum, deßwegen ſchuldig, weil es bei uns Sitte 
iſt, was man loben will, mit allen ſeinen Feh⸗ 
lern blindlings zu loben, ſo wie man auch das 
gegenſeitige Verfahren wieder zu befolgen pflegt. 
Pag. 278. Tab. 141. Bifeutella auriculata. 
— Thlafpidium mihi pag. 29. Wollte ich die 
Widerſpruͤche widerlegen, die hier ſtehen: ſo 
muͤßte ich alles wieder abdrucken laſſen, was ich 
S. 39 bereits gejagt habe. Alſo nur die einzige 
Stelle: diſſepimentum proprie nullum, fed 
ſtylus compreſſus, filiculis ! geminatis inter- 
jectus. Offenbar falſch. Was er hier ſtylus 
nennt, iſt das receptaculum, an dem die ſtyli 
hieben und druͤben hinauf laufen, und ſich oben 
in einen vereinigen. Gleichwohl nennt er ſolches 
in der Erklaͤrung der Kupfertafel fig. d. ein dif- 
ſepimentum. Auch die Saamenfaden e. e., die 


‚der Pflanzen: Gattungen. | 123 


in dem zeitigen Zwillings-Pericarpium nicht 
mehr deutlich ſichtbar ſind, kommen nicht von dem 
receptaculo her, ſondern find eine Umbuͤgung 
des herablaufenden Griffels. Man vergleiche hie— 
mit meine Kupfertafel I, Jondraba lig. 14. und 
Thlafpidium fig. 5. 

Pag. 283. Peltaria. — Bohatfchia mihi. p. 
22. Silicula! . .. unilocularis, evalvis. Se- 
men unum ad tria. Ueber das erſte will ich kein 
Wort verlieren. Aber unter einer auſſerordent— 
lichen Menge von Pericarpien iſt mir nie eines 
vorgekommen, das mehr wie einen Saamen ge— 
habt haͤtte. Auch iſt die fig. b. ſonderbar. Alle 
Pericarpien muß ich entweder durchſchneiden, 
oder wie feine fig. b. eröffnen, und hierin zeich⸗ 
net ſich dieſe Bohatſchia im mindeſten nicht aus. 

Pag. 235. Vella auuud. Iſt die Kupferta⸗ 
fel b. offenbar falſch, indem fie angiebt, als 
wenn ſich die zwei Schaalen freiwillig abſonder⸗ 
ten. Nur durch die Kunſt, wie ich S. 49 ange: 
geben, iſt fie in dieſe Theile trennbar; fie iſt da⸗ 
her nichts weniger, als eine ſilicula, wie Gaͤrt⸗ 
ner ſolches, als einen groſſen Feller, angab. 
Selbſt ſeine figura c. iſt in offenbarem Wider— 
ſpruche mit figura b. 

Pag. 286. Anaflatica. Ich bitte meine Leſer, 


124 Anhang zu dem erſten Hefte 


Gaͤrtners Abbildung mit der meinigen Tab. II. 
fig. 26. zu vergleichen, dann die Saamen-Um⸗ 
huͤllung zu zergliedern, da wird man finden, daß 
Gaͤrtner hier ganz falſch iſt, und die rindenartige 
Fleiſchhoͤhle gar nicht kennt, die ich ſchon Phil. 
Bor. I. 193, und hier S. 30 ganz anderſter nach 
der Natur angegeben habe. Und dann ſagt er 
noch gar, und laßt es abzeichnen, fig. b. Val- 
vulae . . in duas cavitates divifae, quarum 
ſuperior ſola ſeminifera, inferior autem ſteri- 
lis & inana. Offenbar falſch. Ich habe eine ſol⸗ 
che Menge dieſer Fleiſchhoͤhlen unterſucht, daß 
ich beſtimmt ſagen kann, in der unterſten Hoͤhle 
ſey ein, in der oberſten Höhle aber zwei Saa⸗ 
men. Wer ſich hievon genau uͤberzeugen will, 
nuß eine ganze Frucht nehmen, untenher duͤnne 
Scheiben abſchneiden, bis er auf die unterſte 
zwei Hoͤhlen koͤmmt. Dann wird er ohne Muͤhe 
die Saamen finden, und wenn er dieſe heraus⸗ 
genommen, darf er nur das uͤbrige der verwach⸗ 
ſenen Schaale abſprengen: ſo wird er in dem obern 
Gefache noch zwei andere finden, in wie fern ſie 
ſind befruchtet und zeitig geworden. Im andern 
Falle können fie eben fo gut oben als unten fehlen. 
Pag. 288. Myagrum per ſoliatum. Hier ift 
ſeine Beſchreibung und Abbildung abermals ganz 


* 


der Bilanzens Öattungen, 125 
falſch. Er erwähnt der untern und vierten Höhle 
gar nicht, die bei mir kein einzigesmal gefehlt 
hat. Ja, ſeine Saamenhoͤhle geht ganz bis her— 
unter, wo doch bei mir eine auffallend deutliche 
Zwergwand iſt, die die untere und mittlere, zum 
Saamen beſtimmte Höhle von einander abſon⸗ 
dern. Entweder muß es mehrere Arten von 
Pflanzen geben, die, wie es leider oft geſchieht, 
einen Namen, Myagrum perfoliatum, fuͤhren, 
oder Herrn Gaͤrtners Abbildung iſt ganz falſch. 
Aber nichts hat mich in mehreres Erſtaunen ges 
ſezt, als 

pag. 289. Lunaria Ricotia. — Ricotia mihi 
pag. 45. und die Abbildung derſelben Tab. 142. 
Da ich hier uͤberzeugt war, daß das ganze bota⸗ 
niſche Publikum aufmerkſam, und zur Widerle⸗ 
gung bereit ſeyn wuͤrde: ſo verfuhr ich hier, wie 
allemal, mit der groͤſſeſten Gewiſſenhaftigkeit 
und Vorſicht. Ich zergliederte eine Menge uns 
zeitiger Fruͤchte, und eine noch groͤſſere Menge 
zeitiger, und nie habe ich in leztern nur eine 
Spur von einer Scheidewand vorgefunden, und 
gleichwohl zeichnet ſie Herr Gaͤrtner ſo auffallend 
deutlich hin. Herr Gaͤrtuer iſt ſicher der Mann 
nicht, der ſo etwas thun konnte, wenn er es nicht 
vor Augen hatte. Ich bin alſo uͤberzeugt, daß er 


126 Anhang zu dem erſten Hefte 


hier von jemand iſt angefuͤhrt worden, der ihm 
eine andere Frucht unter dem falſchen Namen von 
Ricotia überfendet. Entweder gehört alſo feine 
Abzeichnung einer unbekannten Art von Luna- 
ria zu, oder iſt gar eine Schotte von meiner Fi- 
bigia, und zwar einer mir unbekannten Art. Der 
dicke Faden, der um die Scheidewand lauft, 
macht mir das leztere ſehr wahrſcheinlich. Dann 
koͤmmt der Umriß ſeiner Lunaria Ricotia gar 
nicht mit der Huͤlſe meiner Ricotia überein, Zwar 
ſagt er: diſſepimentum fere arachnoideum per 
maturitatem fructus valvis plerumque agglu- 
tinatum, ut incautis abeſſe videatur. Aber fuͤr 
das erſte iſt dieſe Beſchreibung und feine Abbil— 
dung gar nicht uͤbereinſtimmend, und das muͤßte 
ein rechter Hudler ſeyn, der ſo eine Scheidewand 
nicht von auſſen erkennen koͤnnte. Ueberdies ha— 
be ich ſchon oben angefuͤhrt, daß die beiden Schaa— 
len der Hülfen ſelten freiwillig von einander ſprin⸗ 
gen, ſondern durch die ehemalige viele Feuch— 
tigkeiten auf einander gepappt ſind. Aber ganz 
oben haben ſie zu aller Zeit eine Oeffnung, und 
wenn man da ſanft durchfaͤhrt: ſo theilen ſich 
die Schaalen mit der groͤßten Leichtigkeit, und 
nie iſt eine Spur von einer Scheidewand da. 
Eine genauere Beleuchtung iſt gegenwaͤrtig 


\ 


der Pflanzen-Gattungen. 1 es 


hier nicht mehr der Ort, und ich muß aufrichtig 
geſtehen, daß ich noch mannigfaltige wichtige zu 
machen haͤtte, die ich mir aber auf eine andere 
Zeit verfparen muß. Aber ich konnte und durfte 
mein erſtes Heft von Pflanzen-Gattungen nicht 
vor den Augen des Publikums erſcheinen laſſen, 
ohne dieſe wenige Bemerkungen beizufuͤgen, und 
der urtheilende Kraͤuterkenner mag jezt die Has 
tur zu Hilfe nehmen, und zwiſchen Gaͤrtner und 
mir Schiedsrichter ſeyn. Nur muß ich auch ei⸗ 
nen jeden bitten, daß, ehe er ſein Urtheil ab— 
giebt, er ſich gaͤnzlich uͤberzeugt habe, daß er die 
naͤmliche Art Pflanze vor ſich gehabt, die ich uns 
terſucht. Denn eine Menge Widerſpruͤche entite: 
hen dadurch, daß ſo manche Kraͤuterkenner un⸗ 
ter einerlei Namen von ganz verſchiedenen Pflan; 


zen reden. Mannheim, den 12. April 1792. 


eee e eee 


INDEX GENERUM FASCICULI PRIMI. 


Adyleton. 
Alyfoides. 
Alyſſon. 


73.104 
53.104 


75.104 


Alyſſum. 63. 67. 72. 91.92.103 


Anaſtatica. 


Biſcutella. 
Bohatſchia. 
Bunias. 


Bunsası 


Cakile. 
Camelinas 
Capfella. 
Carara. 
Cardamindes 
Clypeola. 
Cochlearis. 
Cochlearia. 
Coronopus. 


Crambe. 


Dondi 14. 


Drapa. 
Erucago. 


Foſſelina. 
Hierochontis 


Iberis. 


jondraba. 


Kerneras 


50. 97. 123 


29. 30. 106. 122 


2% 

52. 109 
65. 106 
66 

67.95 
85.99 

34. 21. 101 
47 

23.24. 105 
69 

35. 69. 101 
37. 60 

19 

40 

76. 91 

65 

90. 104 

24 


Lepidium, 84: 98 
Lepidium. 80. 81. 85. 97. 99 
Lunaria. 89 
Lunnria. 47. 125 
Melilota. 26 
Myagrum. 38.95 
Hagru m. 19. 33. 44. 52. 65. 
67. 69. 71. 72. 95. 124 
Nafturtioides. 91. 98. 100 
Naſturtiolum. 82.98. 100. 101 
Naſturtium. 80. 98 
Peltaria. 22. 105.123 
Per fpierllums AR 
Raphaniſtrum. 39 
Raphanus. 41 
Rapiſtrum. 19 
Na piſtrum. 33. 60 
Rieot ia. 45.125 
Schrankia, 42.05 
Scopolias 47 
Sina pi. 41 
Sghat roc ar pus. 33 
Succowia. 64. 109 
Thlaſpi. 76 
Tylaſpi. 85. 86. 87.99 
Thlaſpidium. 29 
Vella. 49. 95. 123 
Vogellia. 


32. 54.93 


Ta. I. 


1. a TEN g 2. Ha u 
> 7: 

7 A 2 2 | SE ; 
yo 5 of . & 

ef b 1 A b E A C b 7 2 { 
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7.:Bunias. 5 


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72 Bunias . 


* 
ER Jordraba 
N aeg. 6 


New York Botanical Garden Library 


edikus, Friedrich/Pflanzen-Gattungen