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Full text of "Physikalisches Wörterbuch oder Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre mit kurzen Nachrichten von der Geschichte der Erfindungen und Beschreibungen der Werkzeuge begleitet in alphabetischer Ordnung"

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TE 


600044832p 





Johann Samuel Traugott Gehler's 


Physikalisches 


Wörterbuch 


neu bearbeitet 
von ' 


Brandes. Gmelin. Horner. Muncke. Pfaff. 


Dritter Band. 


Mit Kupfertafeln I bis XVI. `~ 
Āe nn 
Leipzig, 
bei E. B. Schwickert 
1827. 


Physikalisches Wörterbuch. 
IM. Band: | | 


E, 


„» Ba mreana mn ae ne en ee 





| E. 
Ebbe und Fluth. 


wus et refluxus maris; le flux et le reflux de la 
'; ebb and flow, tides; heifst das abwechselnde, alle 
è zweimal regelmälsig wiederkehrende Sinken und Stei- 
ds Wassers in den grolsen Meeren. Die Namen aestus 
ru, les marées, the tides beßeichnen dieses ganze Phä- 
en, statt dafs Fluth (accessus maris, le flux, flow or 
5) das Steigen des Wassers, Ebbe (recessus maris, lere- 
r, ebb or re ux) das darauf folgende Sinken des Wassers 
eichnet. Wenn die Fluth ihr Ende erreicht hat, so ist es 
le Fluth, Rohes Wasser (haute mer, high water), 
d sobald das Wasser zu fallen anfängt, ist es Ebbe, die sich 
digt, wenn das Wasser am niedrigsten steht, die tiefste 
bbe, das niedrigste Wasser (la basse mer, low wa- 
7) eingetreten ist. 


Genauere Beschreibung der Erscheinungen. 


1. Wenn man sich am Meeres - Ufer befindet und die Be- 
ıchtung gerade um die Zeit anfängt, wo es volle Fluth ist, 
bemerkt man eine kurze Zeit keine Aenderung des Wasser- ~ 
ıdes. Aber dieser völlige Ruhestand ist nur von sehr kur- 
Dauer, und bald bemerkt man, dals das Wasser ein wenig 
kt, dals die Wellen da, wo sie an einem flach sich erheben- 
! Ufer herauf laufen, nicht ganz mehr den Punct erreichen, 
zu welchem sie so eben noch gelangten, und dals Gegen- 
ide, die im tiefen Wasser stehen, nach und nach höher aus 
ı Wasser hervorragen. Dieses zuerst unbedeutende und lang- 
e Sinken des Wassers wird allmählig schneller, so dafs etwa 
unden nach dem höchsten Wasser das Fallen am schnellsten 

A? 


l 


4 Ebbe und Fluth. 


- dst; nachher vermindert sich die Schnelligkeit desSinkens, und 
nachdem die Ebbe reichlich 6 Stunden gedauert hat, hört das, 
nach und nach unmerklich werdende, Sinken des Wassers ganz 
auf. Unterdefs sind überall die zuerst nicht sehr tief mit Was- 
ser bedeckten Gegenden ganz vom Wasser entblölst worden, so 
dafs, zum Beispiel am deutschen Ufer der Nordsee, Pfäle, die 
bei hohem Wasser nur wenig aus dem Wasser hervorragten, 
nun 1% Fufs und darüber oberhalb desselben sichtbar sind; dafs 
flache Sände, über welchen man vorhin ansehnliche Schiffe mit 
vollen Segeln sich fortbewegen sah, nun trocken daliegen, und. 
einen für Wagen und Fufsgänger brauchbaren Raum darbieten. 
Aber nur wenige Minuten dauert diese tiefste Ebbe; die Fluth 


. kehrt wieder undihr allmählig schnelleres und nachher wieder 


minderes Steigen befolgt ungefähr eben die Gesetze, die wir 
vorhin beim Sinken bemerkten; die vom Wasser entblölsten 
Gegenstände werden wieder davon überströmt, und nach einer 
Leit von etwas mehr als 12 Stunden hat sioh der Zustand, den 
wir zu Anfange beöbachteten, wieder hergestellt, und dem nun 
wieder eingetretenen höchsten Wasser folgen dieselben Erschei- 
nungen in unaufhörlich wechselnder regelmälsiger Folge. 

Die Tiefe, bis zu welcher das Wasser, yon seinem höch- 
sten Stande an, fällt, ist nicht an allen Orten, auch nicht an 
jedem Tage für denselben Ort gleich, An den Nordsee-Ufern 
Deutschlands beträgt der Unterschied der gewöhnlichen Ebbe 
und Fluth 12 Fuls in andern Gegenden ist er geringer, in an- 
dern auch gröfser und zum Beispiel am westlichen Ende des 
Canals beträgt die gesammte Fluthhöhe gegen 40 Fuls, statt 
dafs sie auf den Südsee- Inseln kaum einige Fulse steigt. 

9. Die Wechsel der Fluth und Ebbe.kehren täglich 'zwei- 
mal regelmälsig wieder; aber nicht genau zu derselben Stunde, 
sondern 'so, dafs die volle Fluth an jedem: folgenden Tage etwa 

_ um 50 Minuten später erfolgt, und alle-andern Erscheinungen 
sich eben so verspäten ; erst nach 14 Tagen kommt die Fluth 
wieder auf dieselbe Tagesstunde zurück, und man bemerkt, dafs 
sehr genau die Zeit der Fluth am Tage des Neumondes und Voll- 
mondes dieselbe ist, und also die Zeit ihres Eintretens mit der 
Stellung des Mondes zusammenhängt. Diese Bemerkung läfst 
sich selbst von einem Tage zum andern machen, da auch der 
Durchgang des Mondes durch den Meridian sich täglich um 
etwa 50 Minuten verspätet, und daher mit dem Erscheinen des 


p` o 
Bischeinungen. 5 


Mondes im Meridian sohr mahe alle Tage eben der Zustand des | 
Steigens oder Sinkenş zusammentrifft. 
Die Periode zweier ganzer Fluthzeiten ist also sehr 
nahe gleieh der Zeit, die ven einem Durchgange des 
Mondes durch den Meridian bis zum nächsten Durchgange 
verfließt; indels trifft nicht an aller Orten der Durchgang 
des Mondes mit dem höchsten Wasser oder nicht überall 
mit demselben Zustande des Steigens und Fallens zusammen; 
und diese Verschiedenheitscheint von den Hindernissen herzu- 
rühren, die sich der allmähligen Fortpflanzung derFluth entge- 
genstellen. Am deutlichsten zeigt sich dieses in den Strömen. — 
3. Was nämlich auch die Ursache der Fluth seyn mag, so 
erhellet doch sehr- deutlich, dafs sie in den grolsen Meeren ih-' 
ren eigentlichen Sitz hat, und dals in den Strömen nur darum 
Fluth entsteht, weil das im Meere höher gestiegene Wasser 
sich entweder selbst in-die.Ströme hinein ergiefst, oder wenig- 
stens das Wasser desStromes hindert, sich ins Meer zu ergielsen, 
und es daher aufstauet. Da diesesEinströmen an der Mündung 
anfängt, so tritt daselbst die Fluth am-fräfisten: ein.und immer 
später, je höher ma» im Strome hinaufgeht; ja es kommt oft 
der Fall vor, dafs diese Fluthwelle sich noch den Strom hinauf 
fortwälzt, wenn-an der Mündung schon wieder tiefe Ebbe ist. 
Auf ähnliche Weise verzögert sich auchin den einzelnen Thei- 
len der Meere die Fluth, und wir dürfen uns daher nicht wun- 
dern, wenn der Mond, nach dessen Stellung. doch die Fluth 
sich zu richten scheint, nicht an allen Orten beż seiner höchsten 
Stellung einen gleiöhenZustand degSteigens oder Fallens bewirkt. 
4. Die Fluthhöheistan demselben Orten: nieht an allen Fa- : 
gen gleich, sondern man bemerkt, dafs überall die Tage um.den 
Neumond und VoHmMond bedeutend höhere Fluthen haben, und 
dafs an eben den Tagen die Ebbe tiefer als'gewöhnlich: sinkt, so 
dafs die gesammte Fluthhöhe an diesen Tagen viel grölser als 
sonst ist. Diese, allen Küstenbewohnern bekannten, höhern 
Fluthen heifsen Spring flistheni (viveseaux ; spring tides). 
Dagegen bemerkt man um die Zeit der Mondsviertel, dafs die 
Fluth weniger als sonst steigt und die Ebbe weniger sinkt, wel- 
ches man an den Ufern der Nordsee, Nippfluthen oder taube. 
Fluth (mortës eaux; ;reaptides) nennt. Da beim Neumonde 
der Mond nahe bei der Sonne steht, so ist es eine sehr natürliche 
Vermuthung, dafs die höhere Fluth durch die vereinte Wirkung 


6 Ebbe und Fluth, 


' vori Sonne und Mond ebenso entstehen mag, wie die gewöhnliche 
Fluth durch den Mond allein oder vorzüglich hervorgebracht 
wird. Dals auch beim Vollmonde die Fluth höher ist, mufs of- 
fenbar aus eben den Gründen erklärt werden, von welchem die 
zweite Fluth, da der Mond unter dem Horizonte ist, abhängt. 

5. Endlich bemerkt. man noch eine. Ungleichheit in den: 
Fluthen, je nachdem, der Mond in seiner Erdnähe oder Erdferne 
ist, indem bei sonst gleichen Umständen die Fluthen zur Zeit 
der Erdnähe höher sind, bei der Erdferne geringer. Aus die- 
sem Grunde sind die Springfluthen am höchsten, wenn Neu- 
mond und Erdnähe des Mondes oder Vollmond und Erdnähe des 

- Mondes zusammentreffen, und die Nippfluthen sind am gering- 
sten, wenn das Mondesviertel mit der Erdferne zusammen trifft. 

6. Diese Erscheinungen, über deren genauere Umstände 
im Einzelnen vieljährige und genaue Beobachtungen noch meh. 
rere Bestimmungen ergeben ‚\sind hier so beschrieben , wie sie 
bei stillem Wetter eintreten und wie sie sich als der allgemeine. 
Gang der Erscheinungen dem ungelehrten aber aufmerksamien 
Beobachter zeigen. Stürme bringen so grofse Verschiedenheiten 

‚hervor, dafs durch sie die Fluthen hoch und gefährlich werden 
können, selbst wenn sie nach den übrigen -Umständen. unbe-. 
deutend seyn sollten, wie wir in der Folge sehen werden. - 

Auch für das Steigen und Sinken jeder einzelnen Fluth läfst 
sich, obgleich auch da Winde und zufällige Umstände Aende-- 
rungen hervorbringen, eine Regel angeben, die für das offene 
Meer sehr nahe richtig ist. LarzAacz?! drückt sie so aus: Wir. 
wollen uns einen verticalen Kreis denken, dessen Umfang so in; 
Stunden und Minuten getheilt ist, dafs der ganze Umfang die 
Zeit einer ganzenFluth und Ebbe darstelle; hat dann der Durch- 
messer die Grölse der. ganzen Fluthhöhe „ und zählt man die 
Theile des Umfangs vom tiefsten Puncte an, so schneidet jede 
durch einen Theilungspunct des Umfangs gezogne horizontale 
Linie auf dem Vertical-Durchmesser die Höhe ab, bis zu wel- 
cher das Wasser gestiegen ist, wenn die bis zujenem Umfangs- E 

. puncte gezählten Stunden und Minuten seit der tiefsten Ehbe 

verflossen. sind. Nach diesem Gesetze, wo die Höhen sich 

wie die Sinus vers. der Zeiten verhalten, würde also, wenn, 
man die ganze Zeit des Wachsens auf 6 Stunden 12 Minuten 





1. Exposit. du syst. du monde. Livre. 4. chap. 10. 


Erscheinungen, | 7 


== 972 Min. setzt, und die gesammte Fluthhfihe == 12 Fuls, 
zu jeder Zeit == t, die seit dem tiefsten Wasser verflossen 
ist, die Höhe = 6 Sin. vers. € 4 
spiel für die, ersten, 31 Minuten, die Höhe, sich um 0,2 Fuls, 
dagegen in der Mitte zwischen dem hüchsten und tiefsten Was- 
ser etwa 1,6 Fula in eben, der Zeit ändern. Aber auch dieses 
Gesetz gilt nicht ganz gleichförmig für alle Orte, und man be- 
merkt zum Beispiel zu Anfang der Ebbe am Ufer noch kaum 
ein Sinken des Wassers, wenn es im Freien schon ziemlich _ 
erheblich gesunken ist, Damit hängt auch, der Wechsel des 
Fluth — und, Ebbesiromes zusammen, den man vorzüg- 
lich, in den Mündungen der Flüsse, bemerkt; der Wechsel die- 
ses Stromes tritt später ein als der Wechsel des Steigens und 
Fallens; denn erst, wenn das. Wasser. wor. der Mündung be- 
deutend gestiegen ist, kann. es.den Ebbestrom überwältigen und 
Sn Fluthstrom vordandeln, und so um£ . NachWorrman’s 
Bemerkung kann jener Unterschied über 1 Stunde betragen. 

7. Endlich gehört hieher noch‘ ‘He Bemerkung, dals nur 
in grofsen Meeren die Fluth statt findet, dafs sie in den klei- 
nern nur durch ihre Verbindung mit jenen hervorgebracht 
wird, und dafs es. in gänz, oder beinahe ganz von Land um- 
gebenen kleinern Meeren, wie dag ċaspische Meer und die Ost- 
see, gar keine Fluth und Ebbe giebt, 

In die Nordsee tritt sie theils. vom ‘nördlichen Schottland 
ber, theils durch den Canal ein, und eben die Fluth, welche 
um 12 Uhr in Buchannels (an der nordöstlichen Seite Schott- 
lands) hohes Wasser macht, bringt vor dem Humber 6 Stun- 
den später, bei Yarmouth 94 Stüßde später, vor der Themse 
: und so auch an dei holländischen und deutschen Küsten 12 
Stunden später Hochwasser; ‘an den letzteren Orten vereinigt 
sich damit die durch den Canal kommende Fluth, die (wenn 
man eben die Tage nimmt) bei Brest umi 34 Uhr, ‚bei Havre 
um 9 Uhr, bei Ostende um 12 Uhr höchstes Wasser macht, 
und hier mit jener zusammen trifft 2, 

Bei diesem Fortrücken der Fluth mufs ich doch noch be- 
merken, dafs man Unrecht haben würde, wenn man sich die 


seyn, also zum Bei- 





4 Handbuch der Schifffahrtskunde ;: zum Gebrauch für Navi- 
gationsschulen etc, Hamburg. 1819, S. 576. 


2 Worta am ang. Q. 8. 378.' 


8 = Ebbewnd Fluth 
Fluth als einen Mit. grofset'Schnellifkeit fdrtgehenden Strom 


denken, oder gar glauben wollte, das Seewasser müsse in 

nicht völlig 25 Stunden einen Umlauf um dieganze Erde ma- 
chen, So wenig bei der Willenbewegung die Wassertheilchen 

so schnell fortgeführt werden, als die Wellenköpfe: anschei-- 
nend fortlaufen , eben so wenig darf man annehinen’, dafs dies 
selben "Wassertheilchen die Fluthwelle begleiten. Auf einer- 
ganz mit Wasser bedeckten Erde würde die Fortbewegung seit- : 
wärts bei den bald gehobenen, bald sinkönden Wassertheilchen : 
ganz unbedeutend seyn; bei der wirklichen Beschaffenheit der . 
Meere findet dagegen allerdings an vielen Orten ein merklicher- 

Fluth - und Ebbestrom statt, se wie er offenbar beim Einsturz 

in die Ströme statt t finden, imale, o 


Meinungen über die Ursache der: Elbe und Fluth.- 


8. Die Griechen ai Römer h hatten an der. "Küste des ‚Mit- 
telländischen Meeres wenig, Gelegenheit die Erscheinungen der 
Fluth i in ihrem ganzen, Yrùfange kennen. zu lernen ; doch er- 





rAr 


her wohl ganz dem Mangel an Kunde von. diesen Erscheinun- 
gen angemessen, was CURTUS von, der Uęberraschung und. 
Verlegenheit erzählt, in welche ALEXANDER, als er in das In- 
dische Meer schiffen wollte, sich durch den unerwarteten und 
starken Wechsel von. Fluth und Ebbe gestürzt fand}. . Ea 
Selbst Caesar war poch von den Ungleichheiten der Fluth. 
und Ebbe nicht hinreichend ‚unterrichtet, und erlitt daher ei- 
nen bedeutenden Verlust, ala, die Vollmgndsfluthen, deren hö- 
heres Steigen ihm unbekannt. ‚war, seine aufs Trockne gezo- 
gnen Schiffe am Ufer Britanniens erreichten nnd beschädigten 2, 
Dagegen spricht TACITUS schon von den gewöhnlich höher an- 
schwellenden Aequinoctialfluthen ‚als yon etwas. Bekanntem 3. | 
Am besten unter den alten Schriftstellern scheint STRABO 
die Erscheinungen der Ebbe und Fluth dargestellt zu haben, 
welcher sie so beschreibt , ‚wie sie nach Posıposius Erzäh- 
lung in Cadix beobachtet werden. Hier* werden die täglich 


4 Curtius de rebus gestis Alex. IX. 9. 

2 De hello Gall. IVs:29. .: . 1) 

3 Annal. 1.70. =% - 2 

& Strabonis res geographicae Lib., III. gegen des Ende. 


Ursache derselben, | 9 


zweimal eintretenden Fluthen und die höheren Neumonds- 
und Vollmondsfluthen ganz richtig erwähnt, die Zeit der Fluth 
in Cadix angegeben u. s. w. PosrboĒwıius irrte nur darin, 
dafs er nach der. Erzählung der Einwohner die Solstitialflu- 
then für höher’ als die Aequinoctialfluthen hielt. Pıiwıus. 
erzählt auch. Mehreres. die Fluth betreffendes ganz richtig 4 
und bemerkt einige von Pyruz4s schon gemachte Beobach- 
tungen?. Seneca? und Matnosıus * sind in Beziehung auf 
dieses Phänomen sehr dürftig. a 
Was die Alten zur. Erklärung der Erscheinung sagen, ist 
meistens unbedeutend. Nach dem, was sich in einem dem PLu- . 
TARCH zugeschriebenen Buche findet, soll Pyruras gesagt ha- 
ben, das Meer fluthe bei zunehmendem Monde und falle bei 
abnehmendem Monde. ArısrtortzLzs bemerkt, dafs sich die 
Fluth nach dem Monde richte. Prisıus sieht Sonne und. 
Mond als die Ursache der Fluth und Ebbe an und sagt, das. 
Wasser bewege sich, dem Gestirne, welches das Meer an sich 
ziehe, Folge leistend. Posınonıus hatte sehr richtig gesagt, 
das Meer zeige drei den himmlischen Bewegungen ähnliche Pe- 
rioden, nämlich eine tägliche, eine monatliche und eine jähr- 
liche, indem die Fluthen -zweimal täglich, stärkere Fluthen 
zweimal monatlich und auch bei den Solstitien jährlich stär- 
kere Fluthen wiederkehrten ; Srrazo scheint aber nicht ganz 
in diese Meinung einzustimmen. . 
9. Etwas tiefer eindringende Erklärungen s suchten die spä- 
tern Naturforscher zu .geben, als nach dem Wiederaufleben | 
der Wissenschaften, auch -die Naturkunde mit mehr Fleils be-: 
trieben wurde. GALILAEI® glaubte, die tägliche und jährliche - 
Bewegung der Erde sey Ursache der. Ebbe und Fluth. ‚Er. 
glaubt, da die wahre Bewegung eines Theilchens an der Erd- 
oberfläche bei Tage etwas langsamer, bei Nacht ‚etwas schneller‘. 


4 Hist, natural. II. 97. ' 

2 Aber weder bei ihm, noch sonst wo. kann ich , finden, was in. 
Robison system of mechan, philos. UI. p. 307. behauptet wird, dala 
Prrazas schom fast alle bis auf Newron’s Zeiten bekannte Erscheil 
nungen -richtig angegeben habe. poa 

3 Quaest. natural. III. 28. i 

4 Somnium Scip, I. 6. . 

5 Placita philosoph. III. 17. ArıstoreLes de mundo. 4. STRABONIS 
geogr. III. 3. l 

-6 Dialogus de syst. mundi. Aug. T'reboc. 1635. p. 424. 


10 Ebbe und Fluth 


' sey, so müsse das Wasser in den grofsen Meeren bei Nacht 
etwas hinter den Ufern zurückbleiben, und sich an den west- 
lichen Küsten erhöhen, bei Tage etwas voreilen und an den 
östlichen Küsten steigen. Da sich daraus die zweimal in 24 
Stunden entstehende Fluth nicht erklären läfst, 3a nimmt er 
noch andere Voraussetzungen zu Hülfe, die ich hier nicht um- 
ständlich erwähnen will, 

CArresıu31 erklärte auch die Ebbe und Fluth so wie 
die Bewegtngen der Planeten aus Wirbeln, Da nach seiner 
Meinung der Mond sowohl als die Erde mit einem Wirbel um- 
geben seyn sollte, so’kämen diese beiden Wirbel da, wo sie 
zwischen Erde und Mond durchgehen sallten, ins Gedränge 
und brächten eineri Druck hervor, welchem das Meer auswei- 
chen müfste. Indem so in der Mitte des Meeres das Wasser 

weggedrängt würde, müsse es, glaubte er, gegen: die Ufer 
steigen und hier Fluth bewirken. — Gegen diese Hypothese 
spricht ganz entscheidend die Erfahrung, dals get nicht blols 
am Ufer, sondern eben so gut in der Mitte der grolsen Meere 
zu der Zeit, wo: der Mond ihnen ungefähr im Zenith. steht, 
ein Höhersteigen beobachtet wirds ==. nnd es ist daher.kaum 
nöthig zu bemerken, "dals-auch die zweite Fluth, während der 
Mond unter dem Horizont ist, sich nicht so erklären lälst. 

Wars? versuchte eine Erklärung, die sich. an. die. von 
GALILAEI anschlielst, aber den Umstand als: besonders wichtig 
darstellt, dafs es’nioht eigentlich der Mittelpunct der Erde, 
söndern der gemeinschaftliche Sohwerpunct des Mondes und 
der Erde ist, welcher einen regelmälsigen Kreislauf um die 
Sonne macht. ‘Wenn man hierauf Rücksicht nehme, bemerkt 
er, so sey der’ Mittelpunct der Erde bald innerhalb, bald au- 
fserhalb der Bahn, welche-jener Schwerpunct durch läuft, und 
daraus mülsten ‘solche wechselnde Bewegungen des Wassers 
entstehen. 

10. Wichtiger und der richtigen Erklärung näher, oder 
diese: vielmehr schon, ‘wenn: gleich -unentwickelt, andeutend, 
sind 'KerLer’s Acufserungen über die Ebbe und Fluth3. Er 
legte den Weltkörpern eine gegenseitige Anziehung bei, und 


1 Principia philos. Pars 4. Propos. 49. 
- & Warusu opera Tom. Il. p. 737. 
3 Astronomia nova trad. Gomment, de motu stellae Martis. 
praefatio. | 


Ursache derselben. 41 


sagte, dals Mond undErde, wenn sie nicht in Bewegung wä- 
ren, gegen einander fallen und sich endlich begegnen würden. | 
Die Ebbe und Fluth sah er als einen Beweis an, dafs der Wir- 
kungskreis. der ziehenden Kraft des Mondes (virtus tractoria) 
sich bis zur Erde erstrecke. 

GarınAxzı kannte diese Meinung Krrıer’st, die er an ei- 
ner andern Stelle als von einem Antistite quodam aufgestellt 
erwähnt, und setzt ihr einzig das entgegen, dals doch der Mond, 
täglich über das Mittelländische Meerhingehe, und gleichwohl . 
nur an dem äufsersten östlichen Ende desselben und in Vene- 
dig eine Fluth hervorbringe. 

11. Viel tiefer eindringend, als diese immer doch nur 
oberflächlichen Behauptungen, ist Newrow’s Untersuchung der 
Kräfte, welche die'Ebbe und Fluth hervorbringen. Da seine 
Forschungen vollständig dargethan hatten, dafs die Bewegun- 
gen der Planeten von anziehenden Kräften abhängen, so ent- 
stand in seinem System die nothwendige Frage, welchen Ein- 
fiufs solche anziehende Kräfte, deren Daseyn nicht mehr be- 
zweifelt werden konnte, auf die die Erde ‚bedeckenden Ge 
wässer haben müsften, und da das Gesetz, wie diese anziehen- 
den Kräfte wirkten, bekannt war, so liels sich der Erfolg, den 
ihre Wirkung haben müsse, einer genauern Berechnung un- 
terwerfen. 

Newrox. selbst hat diesen Gegenstand kurz abgehandelt, 
und nur die Resultate mitgetheilt, so dals selbt der scharfsin- 
nige Darızı BraxouLL: bemerkt, er habe den eigentlichen ` 
Ursprung mancher. Theoreme erst eingesehen, als seine eige- 
ne, eigenthümlich geführte Untersuchung ihn auf eben die 
Theoreme leitete, 

Nzwron stellte zuerst die Untersuchung an, wie das Was- ` 
ser in einem rund um die Erde gehenden Canale in seiner Be- | 
wegung beschleunigt oder verzögert wird, je.nachdem es mit 
dem anziehenden Körper in Conjunction und Opposition kommt, 
oder 90 Grade von dem anziehenden Gestirne entfernt ist. ‚Er 
berechnet nachher die anziehenden Kräfte der Sonne und des 
Mondes aus den Beobachtungen der Fluth unter der Voraus- 





1 Dialogus da system. mundi. Augustae Treboc. 1635. p. 456. 412. 
2 Principia hil. nat. Lib. L ° e ' À U. 19. 20. d 
- Lib. Ili. pr. 3. a. 37. propos. 66 coro un 


~ 


2 "Ebbe und Flut h.. 


setzung, dafs ihre Wirkungen sich bei den Syzygien in eine 
Summe vereinigen, statt dals die Fluthen bei den ‚Quadratuzen 
uns ihre Differenz angeben. 

'Newross Theorie wurde% weiter ausgeführt von Dar. 
Bennovuza,, Macraurıs und L. Eurer, welche alle die Frage 
zu beantworten suchten, "welche Gestalt die mit Wasser: be- 
deckte Erde annehmen würde, wenn das Wasser unter der 


Einwirkung anziehender Gestirne zum Gleichgewicht käme. > - 


BERNOULLI gelit bei diesen Rechnungen sehr itis Einzel- 
ne, indem er die Fluthzeit und die Fluthhöhe für die verschie- 
denen Stellungen des Mondes und der Sonne berechnet; er 
sucht das Verhältnifs der anziehenden Kräfte beider Weltkör- 
per.aus den ungleichen Zwischenzeiten der zwei einander fol- 


genden Fluthen, die sich nämlich bei 'den Syzygien schneller 


als bei den Quadraturen des Mondes folgen. 
. Macraunıs’s Entwickelung der Theorie der Ebbe’und 


Fluth zeichnet sich durch eine elegante synthetische Darstel- 


Jung aus, 
Ever, obgleich er mit einiger Härte die attractio quo- 


randam Anglorum als eine qualitas occulta verachtet, und Iie- 


ber Wirbel annehmen will; berechnet doch die Wirkung ‘der 


virium solis et lunae àd mäfe niovendum gan% genau nach New- i 


TỌW’S Grundsätzen. , EvLER findet für die Höhen der Fluth, 

wie. sie der Stärke’ der Ähziehungskraft gemäls‘ seyn sollten, 
andre Resultate als New’row und tadelt desseriMetliöde als irrig, 
aber .LarLAce zeigt? den Grund dieser Verschiedenheit, und 


bemerkt, dafs EvLER vielmehr den in Newros’s Methode lie- 


genden Scharfsinn' nieht recht erkannt habe, indem dieser zu- 


gleich. auf die ge genseitige Attraction der Wassertheilchen Rück-" 


sicht nimt, die Euren ganz unbeachtet lälst. Auch er sücht 
die Gestalt, welche das Meer im Zustande des Gleichgewichts 
unter der Einwirkung eines anziehenden Körpers annehmen 
würde, — eine Untersuchung, deren Hauptmomente ich nach- 
her mittheilen werde. 


f 





1 In den Pièces, qui ont remporté le prix proposé par laocad.. 


des sciences pour 1740, wo auch die oben erwähnte Bemerkung Ber- 
NOULLES p.56. vorkomint, Aach in Nswronu Phil. Nat. Princ. mäth. 
ed. le Seur und Jacquier. 1750. T. IV. 


2 Mecan. cél. Tome V, 152. 


Ursache derselben, 13 


Larrace ist det erste, der, die Untersuchung mit Glück 
weiter fortzuführen versucht hatt, indem er nach den Gesez- 
zen der Hydrodynamik die Oscillationen des Meeres zu 
bestimmen suchte. Daich von seinen Betrachtungen nachher 
einen kurzen Abrils geben werde, so bemerke ich hier nur, 
dals er(zwar unter gewissen beschränkenden Voraussetzungen) 
dennoch sehr allgemeine Formeln für die verschiedenen Oscil- 
lationen des Meeres findet. Die Formeln ergeben drei Arten 
von Oscillationen. Die eine hängt blofs von der Breite des Beo- 
bachtungs- Ortes und von der Declination des Gestirns ab, und 
sie giebt daher das an, was wir in den Beobachtungen als Ver- 
schiedenheit der Fluthen, wenn das Gestirn im Aequator steht 
oder wenn es erheblich davon entfernt ist, bemerken. Die 
zweite Art von Oscillationen hat eine Periode gleich der gan- 
zen Zwischenzeit zwischen zwei Durchgängen des Gestirns 
durch den obern Meridian, und sie drückt daher die Ungleich- 
eit der Fluthen aus, wobei das anziehende Gestirn über oder 
unter dem Horizonte steht. LaruAcz zeigt, dafs die nahe 
Gleichheit dieser beiden Fluthen auf eine in Vergleichung ge- 
gen die Gröfse der ganzen Erde geringe Ungleichheit der Tiefo 
des Meeres hindeute,’ oder eigentlich, dafs sie anzeigt, man 
dürfe keine erhebliche, von der geographischen Breite abhün- 
gende Ungleichheit der Tiefen annehmen. Die dritte: Oscil- 
lation hat eine halb sò lange Periode als die vorige und stellt 

die täglich zweimal wiederkehrende Fluth der. Ich brauche 
wohl kaum zu erwähnen, dafs die Springfluthen durch das Zu- 
sammentreffen der durch Sonne und Mond bewirkten Oscilla- 
tionen der dritten Art hervorgebracht werden. LarLAce’s Dar- 
stellung wird vorzüglich dadurch schwierig, dafs er, wie esal- 
lerdings zu einer genauen Entwickelung erforderlich war, auf 
die Attraction der Wasserschicht selbst Rücksicht nimmt; ich 
werde daher im Folgenden versuchen, mit Beiseitsetzung die- _ 
ser Rücksicht, wenigstens einen Begriff von den Rechnungen 
zu geben, die Lartacz in Beziehung auf dieses Phänomen an- 
gestellt hat. 'LArLace hat diese schon vor 50 Jahren von ihm 
unternommenen Untersuchungen mit oft wiederholter Anstren- 
gung weiter fortgeführt, und noch kürzlich aufs Neue eine Ver- 
gleichung der seit vielen Jahren in Brest angestellten Beobach- 





1 Mecan. celeste. Livre 1V. et XI. 


14 Ebbè und Fluth, 


tungen mit den Resultaten der Theorie bekannt gemacht, die ich 
nachher mittheilen werde. 

Um diesen Gegenstand hier mit möglichster Klarheit und 
den Bedürfnissen der verschiedenen Classen von Lesern ent- 
sprechend abzuhandeln, werde ich zuerst eine populäre Dar- 
stellung der Theorie der Ebbe und Fluth geben; dann die Un- 
tersuchungen, welche Form das Meer beim Gleichgewichte 
"annehmen wiirde, mittheilen, und endlich zeigen, wie LAr- 
LACE bei seinen Untersuchungen verfahren ist, und wie man 
seine, durch ihre Vollständigkeit und durch Berücksichtigung 
aller Umstände weitläuftigen Untersuchungen ziemlich kurz, 
ihren Hauptmomenten nach, angeben kann. 

Da ich hoffe, dals diese Darstellung hinreichen wird, um 
New'row’s Ansicht als die richtige zu rechtfertigen, so habe ich 
dann wohl nicht nöthig, die von Kıönen, Parnor u. a. ge- 
machten Einwürfe, die nicht die Sache, sondern vielmehr die 
milslungenen Erläuterungen mancher Schriftsteller treffen, zu 
widerlegen und kann auch die neuen Hypothesen der eben 
. genannten Physiker übergehen $, 


Populäre Darstellung der Newtonschen Erklärung. 


4%. Wenn man sich die feste Erdkugel ganz mit Wasser 
‚umgeben und ohne Bewegung denkt, so könnte es'scheinen, als 
òb man zuerst die Frage beantworten müsse, welche Gestalt 
die Wasserschicht annehmen müsse, wenn der Mittelpunct der 
Erde festgehalten werde, und nun das Wasser der anziehenden 
Kraft des Mondes ausgesetzt sey; aber dieses Festhalten des 
festen Erdkörpers ist so gariz dem, was in der Natur vorkommt, 
entgegen, dals die Beantwortung dieser Frage uns der Erklä- 
‘rung der Erscheinungen wenig näher bringt. Man pflegt daher 
ein anderes Problem aufzulösen, das allerdings näher mit dem 
wirklichen Zustande der Dinge zusammentnift, nämlich fol- 
gendes. Wenn die mit einer Wasserschicht umgebene feste 
Erdkugel jetzt auf einmal der anziehenden Kraft des Mondes_ 
ausgesetzt würde, welche Gestalt würde sie, indem sie gegen 
den Mond zu fällt, annehmen ? 

Hier läfst sich nun wohl leicht übersehen, dals die dem 
Monde näheren Wassertheile an der Oberfläche stärker ‘als der ; 


1 Kıöper Grundlinien einer Theorie der  Erdgestaltäng, und, 
Parrot in Poggendorfs Annalen IV. 219. ~ 





Populäre Theorie, 15 


ct der Erde angezogen werden, dals sie diesem voraus- 
eilen und dafs also ein Theil: der Wassermasse sich von den 
Seiten det Erde wegziehen und da ansammeln werde, wo der 
Mond im Zenith steht. Aber eben so leicht erhellet, dafs die 
jenseit der Erde liegenden Wassertheilchen minder stark alg 
der Mittelpünct der Erde vom Monde angezogen werden, dals 
sie also nicht so sehr beschleunigt, zu minder schneller Be- 
wegung angetrieben, hinter dem Mittelpuncte zurück bleiben, 
und dafs also ein Theil der Wasserschicht sich von den Sei- 
ten dahin ziehen wird, wo der Mond im Nadir steht. So 
würde also kurz nachdem die Erds ihren freien Fall gegen den 
Mond hin angefangen hätte, eine Fluth im vollen Malse an 
den zwei Orten auf der Erde entstanden seyn, welchen der 
Mond im Zenith und ım Nadir steht, und dagegen würde eine 
Ebbe im vollen Mafse an alle den Orten eingetreten seyn, we 
der Mond im Horizonte gesehen wird, Die anziehende Kraft 
der Erde auf jedes Theilchen wird hier darum nicht in Be- 
trachtung gezogen, weil wegen der auf alle Theilchen Statt 
findenden Einwirktng, und des dadurch entstehenden Druckes 
und Gegendrückes, im ganzen Umfange der Kugelschicht Gleich- 
gewicht statt findet, und Kräfte, die einander im Gleichgewichte 
halten, als gar nicht vorhanden angesehen werden können. 
Man könnte nun ebenso auch fragen, welche Aenderung 
in der Lage der Wasserschicht eintritt, wenn zwei anziehende _ 
Körper A, B, die Erde mit ihrer Wasserschicht zu sich hin Fig. 
zögen, und es läfst sich wohl leicht einsehen, dafs der Was- 1 
serberg oder die volle Fluth dann zwischen D und E an der 
einen Seite der Erde, und zwischen F und G. an der andern 
Seite der Erde liegen werde; ferner dafs das Wasser am höch- 
sten steigen, oder Springflushen hervorbringen werde, wenn - 
beide Körper A und B nach derselben Richtung vom Mittel- 
puncte der Erde ans liegen, indem dann die eine Kraft gerade 
zu die Wirkung der andern verstärkt, und der Wasserberg sich 
nicht gegen zwei Puncte hin in die Breite ausdehnt, sonderw 
in einem Puncte concentrirt ist; auch dafs eben diese verstärkte 
* Wirkung statt findet, wenn beide anziehende Puncte einander ` 
c, grade gegenüber in den Richtungen CB, CH liegen, weil 
q4 dann die Zenithfluth des einen durch die Nadirfluth des andern 
verstärkt wird; und endlich, dafs diejenigen Fluthen am klein- 
¿F sten oder Nippfluth seyn werden, bei welchen die beiden an- 


4 - Ebbe und Fluth, 
ziehenden Puncte vomıMittelpunete der Erde gesehen 90° von 


einander entfernt sind. o 

Dieses alles stimmt nun freilich mit den Erscheinungen 
zusammen, indem eine von Mond unà Sonne zugleich bewirkte 
Fluth statt findet, wenn beide Gestirne über dem Horizonte 
sind, und eine Fluth, wenn beide sich unter dem Horizonte 
befinden, indem die Vereinigung dieser Fluthen beim Neu- 
monde Springfluthen hervorbringt, und auch die Vereinigung 
der Fluth, wobei der Mond unter dem Horizonte ist, mit der, 
wobei die Sonne über dem Horizonte ist, eine Springfluth be- 
wirkt, u. s. w; aber mit Recht scheint man hier gegen einzu- 
wenden, dafs ein solches Fallen gegen den Mond oder gegen 
‘die Sonne doch nicht wirklich statt finde, und damit die ganze 
Erklärung ihren Werth verliere. Diese Einwendung ist zwar 
söfern richtig, als die Erde nicht fortwährend sich jenen Kör- 
pern nähert; aber dennoch hat schon Mac-LaAunım darauf 
sehr richtig erwiedert, dals die Ablenkungen von der Tangente 
der Erdbahn genau ebenso erfolgen, wie es jenen Gesetzen des 
Falles gemäfs ist, und dafs daher die veränderte Gestalt der 
Wasserschicht ebenso bestimmt werde, obgleich allerdings we- 
gen der gemeinschaftlichen, nach der Tangente der Bahn ge- 
richteten Bewegung aller Theilchen, kein Fallen gegen Sonne 
oder Mond, sondern nur ein Fortrücken des Mittelpunctes der 
Erde auf der Erdbahn, und ein Abweichen der Woassertleil- 

- chen von derjenigen Bahn, die wir der Bahn des Mittelpunk- 
' tes parallel nennen würden, statt findet. In der That pflegen 
wir ja auch die Bewe-gung in der kreisförmigen oder ellipti- 
schen Bahn so abzuleiten, dals wir dem Körper eine  Ge- 
schwindigkeit nach der Tangente: beilegen, vermöge welcher 
Fig.ervon A nach B in gegebener Zeit gelangen würde, .und nun 
* die anziehende Kraft gegen C hinzufügen, die in eben der 
Zeit ihn durch BD treiben würde, und folglich Ursache. ist, 

dafs er den Bogen AD durchläuft. Eine ganz ähnliche Be 
trachtung findet hier statt. Denken wir. uns nämlich die Erde 
Fig AB in Bewegung, und stellt CD den Raum vor, den ihr Mittel- 
' punct in einer Stunde zum Beispiel vermöge der schon: er 
langten Gelchwindigkeit durchlaufen würde, wenn gar keine 
' anziehenden Kräfte wirkten, so würde am Ende der Stunde 
die Erde in EDF angekommen seyn und ihre Kugelgestal- 
ohne alle. Aenderung behalten haben. Nun aber stehe im 





Populäre Theorie 47 


bedeutend 'großser Entfernung nach der Richtung CS die Sonne, 
nach derRichtung CM der Mond. Diese Himmelskörper wir- 
ken auf den festen Kern der Erde oder auf den Mittelpunct 
der Erde etwas schwächer ein, als auf die in der Gegend von 
G liegenden Weassertheilchen, und die Wirkung derselben auf 
die bei H liegenden Wassertheilchen ist noch schwächer als die 
Wirkung auf den Mittelpunct. Um diese Verschiedenheit merk- 
Ech zu machen, muls ich sie etwas stärker zeichnen, als sie in 
der Natur ist, und annehmen, die Sonne würde in jener Stunde 
den Mittelpunct C nach c, der Mond würde ihn für sich allein 
nach y treiben; G dagegen würde stärker angezogen und nach 
Richtungen Gm, Gs, mit CM, CS beinahe parallel, bis nach 
d durch die Sonne, bis nach 8 durch den Mond fortgezogen 
werden; und H endlich würde, schwächer angezogen, nur bis 
nachavermöge der einen Kraft, bis nach «vermöge der andern 
Kraft gelangen. Es ist bekannt, dals man, um die vereinte 
Wirkung beider Körper auf jene drei Puncte zu erhalten, die 
“ Parallelogramme C c wy, Gbvß, Haua, vollenden muls, und 
dals, wenn jedes jener Theilchen sonst keine Bewegung gehabt 
hätte, es vermöge der vereinigten Anziehungskraft der Sonne 
und des Mondes die Diagonale des Parallelogramms durchlaufen 
haben würde, also C nach w, G nach v, H nach u gelangt 
wäre. Aber wegen der allen Theilchen gemeinschaftlichen Ge- 
schwindigkeit muls man nun ux, vy, wz, mit CD parallel 
und CD gleich nehmen, und es ist bekannt genug, dals die 
vereinigte Wirkung dieser ursprünglichen, allen Theilchen ge- 
meinschaftlichen Geschwindigkeit und jener gegen Sonne und 
Mond gerichteten anziehenden Kräfte darin besteht, dals der 
| Mittelpunct C nach z, der PunctG nach y, der Punct H nach x 
! gelangt. Danun die Masse der Erd&'-dieselbe geblieben ist, und 
i die Puncte G, H sich nicht von ihr getrennt, sondern nur die 
.| umgebende Wassermasse mit sich hingezogen haben, weil für 
| die benachbarten Theilchen ganz ähnliche Umstände stattfin- 
Ir den, so hat die Erde die Gestalt xly m angenommen, während 
ihr Mittelpunct auf der Bahn um die Sonne nach z gekommen 
ist, und die Gegenden, die ich vorhin mit G, H bezeichnete, 
| haben also beide die höchste Fluth, die Gegenden 1, m haben 
À die tiefste Ebbe. Und hier, wo ich den Unterschied der An- 
Yehungen auf G und aufG eben so grols, als den Unterschied 
ji der Anziehungen auf H und auf G angenommen habe, sind beide 
IT. Bd. B 





18 . Ebbe und Fiuth 


Fluthen gleich; — ob dieses richtig sey, mülste eine Aähere Un- 
tersuchung der wirklich statt findenden Anziehungen erst zeigen, 
Diese Entwickelung muls, dünkt mich, alle die Einwürfe, 
die selbst von gelehrten. Physikern zuweilen gemacht sind, 
dals ihnen die Fluth an der vom Monde abgewandten Seite 
nicht deutlich sey, gänzlich entkräften,. Um aber diese Lehre 
von mehr als einer Seite zu beleuchten, füge ich noch fol- 
gende, gleichfalls populäre Darstellung hinzu. 
.`. 13. Wenn die Erde, ohne von einem Monde begleitet 
zu seyn, um die Sonne liefe, so würde immer, nicht blofs an 
der -der Sonne zugekehrten, sondern auch an der von ihr abge- 
‚wandten Seite eine Fluth bemerkbar seyn. Es ist nämlich be- 
kannt, dals die Erde, die ich für einen Augenblick blols als fe- 
sten Körper betrachten will, darum in ihrer Bahn bleibt, weil 
die Schwungkraft genau durch die anziehende Kraft der Sonne 
im Gleichgewichte gehalten wird, und der Mittelpunct der Erde 
beschreibt also diejenige Bahn, wobei dieses statt findet. Aber 
nicht alle Theilchen der Erde haben auf der gekrümmten Bahn 
(selbst wenn wir auf die Rotation nicht sehen), gleiche Ge- 
schwindigkeit und nichtalle werden gleich stark von der Sonne 
angezogen. Die entferntern müssen auf ihrem etwas gröfsern 
Kreise schneller, die der Sonne zugekehrten müssen auf ih- 
rem kleinern Kreise etwas langsamer fortgehen, damit alle zu- 
gleich ihren ganzen Umlauf vollenden und dagegen wirkt die 
enziehende Kraft schwächer auf die entferntern und stärker 
auf die nähern Theilchen. Diese Ungleichheit hätte gar kei- 
hen Einfluls wenn die Erde ganz einen festen Körper bil- 
dete, indem die gesammte Bewegung sich dann dem Mittel aus 
allen Schwungkräften ‚und aus allen anziehenden Kräften ge- 
mäls verhalten würde; aber sobald flüssige Theilchen, oder 
solche, die sich von dem festen Erdkörper trennen können, auf 
der Erde sind, so wird jene Ungleichheit bemerkbar. 

Die der Sonne nähern Theilchen haben eine kleinere 
Schwungkraft als der Mittelpunct der Erde und sind dagegen 
einer stärkern Attraction der Sonne wegen ihrer grölsern Nähe 
ausgesetzt; ist also für den Mittelpunct oder für den festen 
Erdkörper. ein genaues Gleichgewicht zwischen anziehender 
Kraft und Schwungkraft vorhanden, so findet für die der Son- 
ne nähern Wassertheilchen an der ihr zugekehrten Ober- 
fläche ein Uebergewicht der anziehenden Kraft statt, und diese 


Populäre Theorie. 19 


Theilchen sind im Begriff, der Sonne. sich zu nähern, oder 
die Attraction vermindert ihre gegen die Erde gerichtete Schwe- 
re, und die Wassersäulen, die an dieser Seite liegen, können 
nicht anders den benachbarten und allmählig weiter von der 
gegen die Sonne gewandten Richtung entfernt liegenden Theil- 
chen das Gleichgewicht halten, als indem sie sich hier höher 
erheben. Die den festen Erdkern umgebenden Gewässer erhe- 
ben sich daher hier um so viel als jene verminderte Schwere 
es fordert, ganz so, wie auf der rotirenden Erde die Wasser- ' 
säulen um den Aequator höherseyn müssen, um, beiihrer ver- 
minderten Schwere, denen gegen die Pole hin das Gleichgewicht 
zuhalten. So also entsteht eine Fluth auf der der Sonne zu- 
gewandten Seite. Auf der von der Sonne abgekehrten Seite 
ist dagegen die Schwungkraft zu grols; denn nicht blofs ist 
. die Schwungkraft an jener Seite etwas grölser als im Mittel- 
puncte, sondern auch die Anziehungskraft der Sonne ist- klei- 
ner, also ist dort ein merkliches Uebergewicht der Schwungkraft 
vorhanden; die dort liegenden Wassertheilchen haben also ein 
Bestreben, sich von der Erde los zu reifsen, oder, da ihre 
Schwere dieses hindert, so wird wenigstens die auf sie wirkende 
Schwerkraft sich als verringert zeigen; der Druck der seitwärts 
liegenden Wasserschichten, die durch eine mächtigere Schwere 
gegen den Mittelpunct der Erde getrieben werden, verdrängt 
daher diese von einer geringern Schwere gedrängten Theilchen 
und nöthigt sie, einen höhern Stand anzunehmen, so lange bis 
der Gegendruck der höher gewordnen Säulen stark genug ist, 
um das Gleichgewicht zu erhalten. Auch ander von der Sonne 
abgewandten Seite entsteht also eine Fluth, und das’ Wasser 
senkt sich in allen den Puncten, die die Sonne im Horizonte 
sehen, oder denen sie wenig über oder unter dem Horizonte 
steht, um sich da vorzüglich zusammeln, wo die Sonn’ eim Ze- 
nith und wo sie im Nadir steht. 

Die Rotation der Erde bringt hierin keinen erheblichen 
Unterschied hervor, indem die sämmtlichen Gewässer schon die 
dieser Rotation angemessene Gestalt haben, und die wegen je- 
ner fremden Kräfte eintretenden Aenderungen sich nun eben so 
bei der sphäroidischen Erde ergeben, wie sie bei der kugel- 
förmigen, nicht rotirenden Erde seyn würden; nur bleibt jetzt 
der Gipfel der Fluthhöhe nicht fortwährend an demselben Puncte 
der Erde. 

B 2 


% ‚Ebbe und Fluth. 


Um zu verstehen, welchen Einfiufs der Mond auf die 
Fluthen hat, müssen wir an den Einflufs denken, den er auch 
auf die Bewegung des Mittelpunctes der Erde ausübt. Wenn 
wir uns die Erde in ihrer Bahn fortrückend denken, so wie sie, 

wenn es gar keinen Mond gäbe, fortrücken würde, und nun 
plötzlich den Mond an die Stelle hinsetzen, wo er beim Neu- 
‚monde steht, so; wird ohne Zweifel: die ganze Erde wegen der 
verstärkten Attraction gegen die Sonne hin, aus ihrer Bahn et- 
was ausweichen, und genau solche Betrachtungen, wie die 
eben vorhin ausgeführten, zeigen,dals die dem Monde zuge- 
kehrten Wassertheilchen am meisten und mehr als der Mittel- 

‚punct von ihrem Wege abgelenkt werden, sich nämlich dem 
Monde und der mit ihm in Conjunction stehenden Sonne mehr 
als der Mittelpunct nähern und also ein Ansehwellen des Was- 
sers bewirken werden. Die an der entgegengesetzten Seite 
liegenden Theilchen werden dagegen minder aus der ursprüng- 
lichen Bahn herausgezogen, und entfernen sich daher gleich- 
falls vom Mittelpuncte der Erde, so dafs eine Fluth an der von 
Sonne und Mond abgewandten Seite entsteht. 

Etwas ganz Aehnliches geschieht, wenn wir uns den 
Mond im Vollmonde, der Sonne gerade gegenüber, denken. 
Dann . werden nämlich alle Puncte der Erde etwas von der Son- 
ne abwärts gezogen und zwar die von der Sonne entfernteren, 
dem Monde zugekehrten, am meisten und mehr als der Mit- 
telpunct, die der Sonne zugekehrten am wenigsten; die Son- 
nenfluth, welche da entsteht, wo die Sonne im Zenith ist, wird 
also vermehrt, weil die ein wenig aus ihrer Bahn herauswei- 
chende Erde diese Theilchen hinter sich zurückläfst, und die+ 
jenige Sonnenfluth,, welche da entsteht, wo die Sonne im Nar 
dir ist, wird verstärkt, weil der dort im Zenith stehende 

“Mond die Theilchen, die ihm am nächsten sind, mehr als den 
Mittelpunct aus der sonstigen Bahn gegen sich hinzieht. 

- Hätten wir den Mond da stehend angenommen, wo er 
in den Vierteln steht, so läfst sich eben so leicht zeigen, dals 
er dieSonnenfluth schwächt oder vielmehr da seine Wirkung 
mächtiger als die der Sonne ist, dafs er eine Fluth da hervor- 
bringt, wo die Sonne im Horizonte und der Mond im Zenith 
oder Nadir steht; dafs diese aber vermindert wird durch die 
Einwirkung der Sonne, welche das Wasser da hinzieht, wo 
der Mond es wegzieht. Istder Mond im letzten Viertel, so 


Populäre Theorie. | 21 


steht er in der Gegend, wohin der Lauf der Erde gerichtet ist; 
er beschleunigt also die Bewegung der Erde in ihrer Bahn und 
zwar am meisten die Bewegung der vorangehenden Theil- 
chen, die ihm am nächsten sind, am wenigsten die Bewegung 
der Theilchen, die in der Bahn die nachfolgenden und vom 
Monde am entferntesten sind. Jene also eilen ein wenig dem 
Mittelpuncte der Erde voraus und machen da, wo ‘der Mond 
im Zenith ist, eine Fluth; diese hingegen bleiben hinter dem 
Mittelpuncte zurück und dadurch entsteht da eine Fluth, wo 
der Mond im Nadir ist; aber da zugleich die Sonne zweien 
Pancten, welche den Mond im Horizonte habe, im Zenith 
oder Nadir steht, so wird da das tiefe Fallen des Wassers 
gehindert und dadurch die Mondfluth geschwächt. — Die 
Betrachtung für den Mond im ersten Viertel lälst sieh hiernach 
leicht anstellen. r 
14. Wenn man die Richtigkeit dieser Ansichten anerkennt, 
so wird man nun auch ferner leicht einräumen, dafs die Flu- 
then höher und eben deshalb auch die Ebben tiefer seyn müs- 
sen, wenn der Mand der Erde näher ist, weil die Ungleich- 
heit der Einwirkung auf den Mittelpunct und auf den nächsten 
Punct offenbar geringer ist, wenn ihre Entfernungen vom 
Monde sich wie 61 zu 60, als wenn sie sich wie 59: 58 ver- 
halten. Die gröfßsere Höhe der Fluthen bei der Erdnähe des 
Mondes ist daher leicht zu erklären. Nicht ganz so leicht er- 
hellet der Gruud, den jedoch die strengere Theorie deutlich 
nachweist1, warum die Fluthen etwas höher sind, wenn der 
Mond, und noch mehr, wenn Sonne und Mond sich im Aequa- 
tor befinden. Theorie und Erfahrung zeigen, dafs es so sey, 
und aus dem Grunde sind die Springfluthen um die Aequinoctien 
am höchsten, weil dann die Sonne im Aequator und der Mond 
nie weit vom Aequator ist. 
Da Mond und Erde oder Sonne und Erde einander nicht 
rahend gegenüber stehen, sondern die rotirende Erde in jedem 
Augenblicke einen andern Punct dem Monde oder der Sonne 


: zuwendet, so kann sich das Wasser nie ganz dem Gleichge- 


wichte gemäls so um den Mittelpunct ordnen, wie wir es bis- 
her annahmen. Ein Punct der Erde, der zum Beispiel beim 
Neumonde allmählig durch die Umdrehung dahin geführt wird, 


. antun 


l 


1 Vergl. Nr. 19, 


22 Ebbe und Fluth, 


wo Sonne und Mond ihm im Zenith stehn, oder der nach und 
nach Sonne und Mond über seinem Horizonte herauf steigen 
sieht, leidet nach und nach eine immerstärker werdende An- 
ziehung beider, und das Wasser in seiner Umgebung kommt 
also zum Steigen, wenn die Erde ganz mit Wasser umgeben 
ist oder wenigstens das Wasser um jenen Punct mit einem sehr 
ausgedehnten Meere in Verbindung steht. Dieser Antrieb zum 
Anschwellen des Wassers ist freilich am stärköten, wenn Mond 
und Sonne das Zenith dieses Ortes erreicht haben, aber da 
auch nachher noch die Kraft in wenig geschwächtem Malse 
fortdauert und wegen mannichfaltiger Hindernisse die erreichte 
Höhe nie ganz dem gleich seyn kann, was erfolgen würde, 
wenn bei ruhender Erde das Wasser sich ganz ins Gleichge- 
wicht setgte, so dauert das Anschwellen selbst im grolsen 
‚Ocean noch fort, wenn auch Mond und Sonne schon über 
das Zenith hinaus fortgerückt sind. 

. Diese Verspätung der Fluth, die aus dem eben bemer- 
kten Grunde selbst im Ocean statt findet, ist nun noch merk- 
licher in entlegenen Meeren, deren Zugänge eng sind oder zu 
denen die Fluth erst darch einen Umweg gelangen kann, wie 
schon oben bemerkt ist. 

15, Dals nur weit ausgedehnte Meere, nur solche, die 
mit dem grofsen Ocean in ziemlich freier Verbindung stehn, 
Fluth und Ebbe haben können, läfst sich aus dem Vorigen nun 
wohl leicht übersehen. Allerdings wird auch im Caspischen 
Meere die Schwere des Wassers um etwas vermindert, wenn 
Sonne und Mond sich dem Zenith nähern, aber da diese Ver- 
minderung für die ganze Ausdehnung dieses eng begränzten 
Meeres fast gleich ist, so bleibt die Oberfläche horizontal und 
nichts 'verräth jene Einwirkung. Erstreckt sich dagegen ein 
solches Meer bis in diejenigen Gegenden, wo der Mond in 
der Nähe des Horizonts steht, so ist es grade so, als ob in 
einer zweischenkligen Röhre im einen Schenkel eine leichtere 
Flüssigkeit, im andern eine schwerere ist, oder als ob in je- 
nem die Flüssigkeit allmählig leichter geworden wäre; bekannt- 
lich muls diese leichtere Flüssigkeit höher stehen, um der an 
sich schwerern im andern Schenkel das Gleichgewicht zu hal- 
ten, wären aber beide in gleichem Malse leichter geworden, 
so würde der vorige gleichhohe Stand durch nichts gestört 
werden. 


Theorie. 23 


Theoretische Untersuchungen -über die 
Ebbe und Fluth. 


46. Wenn man auf die Rotation der. Erde keine Rück- 
sicht nimmt, sondern es so ansieht, als ob dieErde dem anzie- 
henden Körper immer dieselbe Seite zukehre, so lälst sich 
leicht bestimmen, welche Gestalt die Erde, vermöge der auf sie 
einwirkenden beschleunigenden Kräfte annehmen miilste, wenn 
sie entweder ganz flüssig oder doch ganz mitWasser bedeckt wäre. 

Es ist bekannt, dals die ganze Erde, wenn man sie als a 
eine vereinigte Masse betrachtet, von dem Körper S so an- Ei 
gezogen wird, als ob ihre ganze Masse im Mittelpuncte ver- 
einigt wäre. Diese Attraction kann also, wenn der Ab- 
stand des Mittelpunctes, der Erde vom Mittelpuncte des 


anziehenden Körpers SC == a ist, durch tsa ausgedrückt 


werden, worin f eine durch die als bekàiint angenommene 
Intensität der anziehenden Kraft gegebene Gröfse ist, welche 
bestimmt wird, indem man sie mit der Anziehung der Erde 
an ihrer Oberfläche oder der Schwere, als Einheit angenom- 
men, vergleicht. Da wir, hier blofs nach den Aenderungen 
der Gestalt fragen, welche die kugelförmige Erde vermöge 
jener Ättraction erleidet,.so kommt es nur auf die Differenz 
der auf jedes Theilchen und auf den Mittelpunct der Erde 
wirkenden Kräfte an, indem diejenigen Kräfte, welche die 
Erde in ihrer Bahn erhalten, allen Theilen der Erde gemein- 
schaftlich und gerade so grofls sind, als es der auf den Mit- 
telpunct wirkenden Attractionskraft gemäls ist. 

Es sey nun M ein Theilchen der Erde, dessen Coordi- 
naten seyn CP = x, PM = y, so ist die auf das- 
selbe wirkende, gegen S ziehende beschleunigende 4 ‚Kraft 

f? 


MCH ERN nu 

Diese Kraft kann auf verschiedene Weise in zwei Sei- 

tenkräfte zerlegt werden, unter welçhen Zerlegungen zweł 

zu unserm Zwecke passend sind. Die erste, wenn wir sie 

in eine mit CS parallele und in eine, auf ÇS senkrechte zer- 

legen; die zweite, wenn wir sie in eine mit CS parallele 
und in eine nach der Richtung des Radius CM wirkende 
serlegen. Die erste Zerlegung giebt folgende zwei Kräfte 
| \ 


2A | Ebbe und Fluth. 


a—x)f? 


E rs 
oder da x, y eiemlich geringe in Vergleichung gegen a` 


sind, so dafs man CHE ZN -4 +3% 


setzen kann, so ist 
1. jene Kaat = a + Ta 


9. auf CS senkrecht = 


2:2 


2 
2. und diese ı ez i 


Die zweite Zerlegung värde fi Kraft 


f2 / (x? +y?) 
II. mit CM parallel = tn, s 
geben, und wegen der schon erwähnten Vereinfachung; 
2 
1. die mit CS ppallele = I + Zr 


a? a3 





2L y2 
II. die mit CM parallele = Py (xt y?) 
Bei beiden Zerlegungen muls die mit CS parallele Kraft 


2 
ans den oben erwähnten Gründen um 22 vermindert werden, 


weil wir nur allein den Unterschied der auf dem ganzen 
Erdkörper und der auf jedes einzelne Theilchen wirkenden 
Kraft anwenden dürfen, um die Aenderung der Figur zu 


finden. Also ist zuerst die in Betrachtung kommende Kraft 





. 2. 
zusammengesetzt aus einer Kraft (A) = 2 = ? nach CS, 


, senkrecht auf CS, und zwei- 





und einer Kraft (B) = y- 





2. 
tens ist Sie auch zusammengesetzt aus einer Kraft ( C ) = 3 3 x 


nach CS und einer Kraft (D) = 2 (x + y’) 


a“ 
der Richtung MC. 
17. Wir wollen die beiden letzten Kräfte (6) und (D) 


nach 


Theorie 25 | 


- zuerst betrachten und nun auch die nach MN gerichtete Zer- 


. -e ar 


legen in eine nach MQ und eine nach MR, wo nämlich' 
MQ der verlängerte Radius, MR die Tangente ist. Dies» 
Zerlegung der Kraft (C) giebt nach MQ...(C) Cos. MCP 
wd nchMR...(C) Sin. MCP,. 
. 3f?x? 
oder nach MQ die Krat = 3 7 aE yy CETHE 
. _ 3f? xy | 
nch MR die Kraft = 33.7 TF yA. u 
Jene strebt der (D) entgegen und die anziehende 
Kraft des Gestirnes vermehrt die gegen die Erde zu treiben- 


de Kraft um $, V (x?+y?) — 3x | 
að ( y Y aF JET) 
die nach der Richtung der Tangente wirkende Kraft ist 
3f2 xy | 
a® y (x? + y?). 
Hier zeigt sich erstlich, dafs die gegen die Erde zu trei- 
bende Kraft positiv oder die Schwere ‘des Theilchens ver- 
mehrend ist, wenn y? >>? x? oder y œ> x. / 2, das heifst 
für alle die Theilchen M, für welche der Winkel SCM > 54° 
45' ist; also für die zwischen'F und H liegenden und eben 
so für die zwischen G und I legenden Theilchen wird die 
Schwere vermehrt, für die in FG und in HI liegenden Theil- 
chen vermindert. o. | 
Zweitens erhellet, dafs die in M nach der Tangente wir- . 
kende Kraft positiv ist, wenn x, y, beide positiv oder beide 
negativ sind, und negativ, wenn sie ungleiche Zeichen haben. 
Diese Tangentialkraft ist aber positiv, wenn sie den positiven 
Winkel MCS zu vermindern strebt, und negativ, wenn sie 
den positiven zu vermehren, den negativen zu vermindern 
strebt; also ist von A bis D ein Bestreben des Wassers gegen 
A, zu flielsen, eine positive Kraft; von D bisB, wo x nega- 
tiv, y positiv, eine negative Kraft oder ein Bestreben des 
Wassers gegen B hin zu strömen; von A bis E ist die Kraft 
negativ oder zw Verminderung des negativen Winkels ACG 
thitig, das ist, das Wasser hat in G ein Bestreben nach A zu, 
und endlich in dem Quadranten EB strebt es nach B hin. So 
lange also die Erde die Kugelgestalt hat, findet in der ganzen 


dagegen = 


gegen S zugewandten Halbkugel ein Hindrängen nach A, und 


in der entgegengesetzten Halbkugel ein Hindräingen nach B 


2 Ebbe und Fluth. 


statt, und es erhellet also, dals in A und B ein Anschwelles 
des’ "Wassers entstehen wird, welches sich eben. dadurch vo 
D und E wegzieht, oder dort sinkt. 

: . 18. Aber welche. Gestalt wird dann die Wesserschich 
der Erde annehmen, und bei welcher Gestalt wird das Gleich- 

Fig. gewicht hergestellt seyn? . Wir wollen annehmen, xlym sey 

3. diese längliche Gestalt: so wirken auf ein Theilchen M in den 
Oberfläche erstlich die Attraction des Erdkörpers selbt, und 
zweitens die beiden aus der Attraction des fremden Körpers 
hervorgehenden Kräfte. Die Oberfläche ist nach den Gesetzen 
der Hydrostatik im Gleichgewichte, wenn die aus jenen Kräf- 
ten eatspringende Mittelkraft senkrecht gegen die Oberfläche 
ist, und daraus läft sich zeigen, dafs xlym ein durch Umdre- 
hung umxy entstandeneg Sphäroid ist, dessen lange Axe die 
Umdrehungs-Axe und gegen den anziehenden Körper gerich- 
tet ist. 

Um den Beweis hiefür zu führen, müssen wir zuerst 
die Attraction kennen, welche ein solches Sphäroid selbst ge- 
gen jedes seiner Theilchen ausübt. Die Untersuchung über 
diesen Gegenstand kann hier nicht vollständig eingeschaltet 
werden; ich begnüge mich daher, die Hauptsätze, worauf es 
ankommt, mitzutheilen. I. Es erhellt leicht, dafs die At- 
traction des Feinen Kegels BAD auf den Pun ct A durch 

dr. æ p? 

Fig. dr. m g? r? -2 | 
angenommene Winkel BAD == 29 und der Abstand irgend 
einer Schicht der Kegelmasse von A, == rist, also die Attraction 
dieser Kegelmasse ist ihrer Länge proportional = mp2. r. | 

Fig. II. Wenn auf der Oberfläche eines Sphäroids ADBE ein 
“ Punct M willkürlich angenommen wird, und man zieht Ma, MR 
mit den beiden Haupt-Axen des Axenschnittes, worin M liegt, 
parallel, soist für-jede zwei, unter gleichen Winkeln gegen MR 
gezeichnete gerade Linien ML, MK., die Summe dieser Linien 
ML -+ MK, gleich der Summe der mit. ihnen parallelen Linien 
ak + al, welche von dem Puncte a in der Axe AB:aus bis an 
den Umfang einer der Ellipse ADBE ähnlichen und ähnlich 
liegenden Ellipse sich erstrecken. — Dieser Satz wird aus 
der Betrachtung‘ der Ellipse leicht erwiesen. 

Ill. Die Attraction, die von der ganzen Linie MK. oder 
einem sehr schmalen Kegel, dessen Axe MK und Spitze M ist, 


ausgedrückt wird, wenn der als sehr klein 


Theorie, 27 


‚ausgeübt wird, giebt nach der Richtung MR eine At- 
=m. @2. MR, [Vergl. Nr.1] und die aus der Ata 
ı der ML und MK entspringende Wirkung ist == 
P + MR) = 2 n9?. ap (wobei nur noch zu bemerken 
& wenn RML == KMR so grofs wird, dafs die inner- 
kr Ellipse fallende Sehne nicht mehr auf ML, sondern 
trückwärts gehenden Verlängerung liegt, MP als nega- 
kommt) — weil die ganze Attraction der MK. oder 
p umgebenden kleinen Kegels mit Cos. KMR multipli- 
erden muls, um die Wirkung nach MR zu erhalten. 
NW. Denkt man sich nun ADBE und die dieser Ellipse 
he adbe um AB gedreht, und die so entstandenen 
pide durch irgend eine Ebene, die durch Ma geht, ge- 
lten, so lälst sich für jeden der so entstehenden Schnitte, 
imlich bei irgend einer Lage der Ebene ähnlich in dem 
und in dem grölsern Sphäroid ausfallen, ein dem 
bil gleich lautender Satz beweisen, und es läfst sich nun 
lübersehn,, dafs 
V. die nach der Richtung MR wirkende gesammte At- 
ten des Sphäroids ADBE auf den Punct M genau so grols 
‚als die gesammte nach der Richtung 'ab wirkende At- 
tion des ähnlichen Sphäroids abde auf den Punct a; 
1 genau eben so lälst sich 
NV. zegen, dafs die auf M wirkende mit DE parallele 
Virkung der Attraction des Sphäroids ADBE eben so grols ist, 
'die Attraction eines ähnlichen und ähnlich liegenden Sphä- 
ds, dessen halbe mit DE parallele Axe cq = aM ist, auf 
ı Punct q nach der Richtung qE seyn würde. 
VIL Es ist also nur nöthig, die Attraction zu bestim- 
8, welche einSphäroid auf den Endpunct seiner Axe und 
‘einen Punct in der Oberfläche seines Aequators. ausübt, 
| davon die eben angedeutete Anwendung zu machen. ° 
VII. Um zuerst die Attraction auf den Endpunct der 
drehungs- Axe zu finden, stelle man sich von diesem 
bis zu dem anziehenden Theilchen, dessen Masse ich mit 
bezeichne, eine Linie gezogen vor, und bestimme die 
e dieses Theilchens durch die Länge == r dieser Linie, 
ch den Winkel = g, den sie mit der Axe macht, und 
ı Winkel = .y, der die Stelle des Theilchens auf einem 
die Axe gezognen Parallelkreise angiebt. Dann sind die 


28 Ebbe und Fluth. 


drei äuf einander senkrechten Dimensionen des Theilchens 
tdp, r ‘Sin. p. dy und dr, und da die auf jenen Punct aus- 
geübte Attraction dem Quadrate des Abstandes umgekehrt 
proportional ist, so haben wir jenes Theilchens Attraction 

= dp: dy. dr. Sin 9, iy: dr. Sin. p, und das richtig genommene ln- 
‘tegral' der Formel dy. dr. dp. Sin. g. ist der Ausdruck für 
die gesammte Attraction. Aber wir verlangen hier nur die 
Wirkung der Attraction nach der Richtung der Axe, die 
= dw. dr. dp. Cos. p. Sin. @ ist; und diese Formel giebt 
dürch zweimalige Integration, wenn man das auf y sich be- 
siehende Integral von y = 0 bis y == În nimmt, 

Pr r. dp. Sin. p. Cos. Q. 
Damit aber dies Integral sich bis an die Grenze des Sphäroids 
2ab? Co. 
a2——(a?— b?) Cos.2 9 
genommen werden, indem dies der Werth von r für die 
ganze Sehne der Ellipse ist, wenn a die halbe Axe, b der 
halben Durchmesser des Aequators bedeutet. 
— Ar ab? Cos.?g9. d. Cos. p 
a? — (a? — b?) Cos. ?9 

fazat "Amadb2 d. Cosg 


erstrecke, muls es von r= 0 bis r = 


| ‚Also jene Attraction = 











d. Cos. 9 "a2 b? a?—(a?— —(a2—b2) ) Cos. 2q 2p 
h tabtCos, p“ In 2z b? jog 1 + e Cos. @ 
zip sa S 1 — e Cos. 9, 
er war, og. i + , weil das Integral von 
gp = 0 bis 9 = 90° genommen werden muls. Uebrigens be- 
deutet e= L re b’) die Excentricität. | 


IX. Um die Attraction gegen einen Punct in der Ober- 
fläche des Aequators zu finden, wollen wir uns durch die- 
sen Punct zwei Ebenen gelegt denken, eine durch die Haupt- 
axe des Sphäroids und eine zweite unter dem Winkel y 
gegen diese geneigt mit der Axe parallel. Esläfst sich leicht 
zeigen, dals beim Sphäroid der Schnitt, den diese letztere 
Ebene bildet, dem Schnitte durch die. Axe ähnlich ist, und 
dafs seine in der Ebene des Aequators liegende Axe = 
2 b Cos. y, die mit der Umdrehungs- Axe parallele Axe == 

2 a Cos. y ist. Ein Theilchen dieser Ebene kann, wenn r den 


Theorie, 29 


Abstand von jenem angezogen Puncte in .des "Aeguatore 
Oberfläche ausdrückt und ø den Winkel, den dieser Radius 
mit der Ebene des Aequators macht, ‚durch dr. rdp ausge- 
drückt werden, und wenn man den Winkel y.um dw ver- 
ändert, so wird: die Lage dieses Theilchens um r Cos. 9. 
dọ geändert, welches daher die dritte Dimension des anzie- 
henden Theilchens, und dieses selbst = r?dr. dy. dp. Cos. p 

r? dr. dy. do. Cos. @ ` 
ET E 


giebt, die Attraction aber == und 


diese gesammte Attraction zerlegt, giebt parallel mit dem Ra- 
dius, der von dem angezogenen Puncte nach dem Mittelpuncte 
geht, eine Kraft — dr. dy. dp. Cos. @. Cos. y.. Cos. Q, 
deren Integral auf den ganzen Körper erstreckt das ist, was 
wir suchen. | 
Die Ellipsen, deren eine, unter dem Winkel gegen 
den Axenschnitt geneigt, wir betrachten, haben eine klei- 
nere halbe Axe = b Cos. y und die gröfsere halbe Axe 
= a Cos. w; da aber die Abstandslinien == r jetzt vom Ende 
2a?b Cos, p Cos. y 
b*Sn2g F Cost 
oder r= 2b Cos. p Cos. os. W 


Ta Sin. Tu ‚, der Werth der Sehne, und das 


erste Integral der Formel dr. dø. dy. Cos.? @ Cos. y ist also 
2b àg. dwy. Cos.3 'p. Cos.? y, 

= a 7 ; das zweite in Beziehung 

auf y, von y = Q bis y = m == 180° genommen, ist 

_ bado. Cos.3? ġo _ bz. dSin. o (1—Sin.? 9.) 


der kleinem Axe ausgehen, so istr = 


7 1— e Sin.? p e? Sin? p 
d. Sin p _1—e dSin. 
oder = br — ur u | wovon 


. Sing _1—-e los 1 + e Sin. ọ 
das Integral ist b z. | ne iip ne ioes, 
welches von p = — 90° bis ọ = -+ 90° genommen, end- 
lich giebt die Attraction 

b 1—e?, ./ 14e . 
= = 2— -~ log. 1te)) als Attraotion am 








 Aeguator. 


X. Die Attraction wird hier linearisch ausgedrückt, weil wir 


‚sefür jedes Theilchen = = gesetzthaben; nach eben dieser | 


30 = Ebbe und Fluth. 


Art des Ausdruckes würde die ganze Schwere an der Ober- 
fläche der kugelförmigen Erde, deren Halbmesser == R ist, 


3 
durch 4 ri ausgedrückt seyn, und da wir diese als Ein- 


heit anschn. so müssen jene Ausdrücke noch mit $. R divi- 
dirt werden. Dadurch erhalten wir für ein Theilchen, dessen 
mit der Axe parallele Ordinate = x, die auf sie senkrechte 
Ordinate= y ist‘ (nach Nr. VI.) die mit der Axe parallele 


Attraction = 14, 3, 108 +2 |; 








. die mit Ps er parallele Attraction 








, o 1— e? — e? 1+e 
. 2f?x 
Da nun jene, wie aus Nr. 16. erhellt, um „a ver- 


f? y 
a3 





mindert, diese um vermehrt wird durch die Einwirkung 


'des anziehenden Gestirns, so ist es die aus 








3 (1 — e? 1 — e? 1 If? 

x -A a z3% log. renam 
3 (1 — e?) ite 

yizri ? Re? log. ieai 


entstehende Mittelkraft, die auf ie Oberfläche senkrecht seyn 

muls ,‘ damit das Gleichgewicht bestehe. Nenne ich o den 

Winkel, den diese Mittelkraft mit der Axe x macht, so ist 

. f2Re3; 
„\t3e — 4 (1 — e2)log. (++: te +4 


i—i pe T 
7 |-6c1—e3e+3 log 7E 7 


In einem Sphäroid aber ist der Winkel der Normallinie 


Tang. s=- 








mit der Axe durch Tang. o= —— bestimmt, und die- 
(1 —e?)x 


se Winkel müssen also gleich seyn, wenn ein Sphäroid x von der 
Excentricität = e die zum Gleichgewicht erforderliche Fi- 


gur ist. | 
XI. Bekanntlich ist log. ite =? (e ț $ epi e-t...) 





also der Zähler des ersten Werthes von Tang. o ist = 
‚(20 4 fes „ZUR R. ESY, der Nenner des ersten 


Theorie > o 
- Wehen = x (20° — 40° — e) | 


. 1 14424 
| Es muls Ye a= SE TER Ta 





i a3 
2 
p! oder e? =  — 15 Be 
| Da R hier den mittlern Halbmesser der Erde, a den Ab- 
stand des anziehenden Gestirns bedeutet, so ist, wenn ich 
. unter À die halbe lange Axe verstehe unter B = A y (1 — e?) 
. den Halbmesser des auf sie senkrechten gröfsten Kreises, 


r= (1 +yd=e) und A?! e? = A? — B}, 


A? e2 | - Å? e? f? A? 
— B= 4 

ap A B= IR’ daher A B u 
XI. Will man hieraus die Höhe: der durch ‚die Sonne 
bewirkten Fluth finden, so ist für eine ugelfornige Erde 


y , 
! vom Halbmesser = A =. 19597962 Fuls, weil ki = der 


Masse der Sonne gleich 354790, A = 0,000041585 ist, AB 


= 1,875 Paris. Fuls, als Intervall der höchsten Fluth ` der 
Ebbe für die Wirkung der Sonne. 


Für den Mond ist = = ungefähr 


also A — B = 4,81 Fuls. 

Die vereinigten Fluthen des Mondes und der Sonne bei 
È Syzygien würden also 6,69 Fufs; die Fluthen bei den 
i Quadraturen kaum 3 Fufs betragen. 

19. Diese Betrachtungen reichen offenbar hin, die Ver- - 
schedenheit der Fluthhöhe bei der Erdnähe und Erdferne des 

t Mondes, auch die Zeit und Höhe der Fluth bei der vereinten 
; Wirkung von Sonne und Mond, wenn sie in verschiedenen 
+ Puncten des Himmels stehen, herzuleiten, so weit dies näm- 
lich der Voraussetzung, dafs das Wasser sich völlig ins Gleich- 

, gewicht stelle, gemäls ist. Ich will hiebei nicht verweilen, 
sondern nur noch den oben unerklärt gelassenen Umstand be- 
führen, warum die Fluthen am gröfsesten sind, wenn der an- 

; Siehende Himmelskörper im Aequator steht. Auf die wegen 








1A __1 
70 a 60,296’ 


"R yr 


Fi 


I 


32 o 7” Ebbe und Fluth, 


_ derRotation. statt fipdende Abweichung derErde von der Kugel. 


' gestalt wird auch hier nicht gesehen, sondern ADBE stellt da 


Sphäroid vor, so wie die Attraction des Mondes es bestimmt 
Ist nun hier. NO die Ebene des Aequators, so hat O di 
höchste Fluth dann, wenn der Mond im Zenith des Orte 
D steht, aber da auch der auf die Ebene der Figur senk 
rechte Halbmesser der Erde == CA ist, so ist. der grölsegh 
Halbmesser des Brd-Aequators = CO, der kleinste = CA, un 
.das Intervall zwisehen Fluth und Ebbe == CO — CA, welches, di 
co = AV 0- = — e*) = 
V (1 — e?) Cos.? d 

... = A (1 — $ e?Sin.? d), gesetzt werden kann un 
CA = Ay (1 — e?) =A (1—4 e?) ist, in CO — C; 
== A. 4 e? Cos.? d übergeht. 

. Die Fluthhöhe ist also unter dem Aequator dem Quadrat 
vöm Cosinus der Declination des Gestirns proportional. Abe 
auch für andere geographische Breiten gilt eine ähnliche Be 
‚stimmung. Deutet nämlich on einen mit dem Aequator pa 
rallelen Schnitt an, so ist dieser eine Ellipse, die dem Aequu 
‘tor ON ähnlich ist, aber im Verhältnifs des Cosinus der Breii 
kleiner, der gröfste Halbmesser dieses Schnitts ist al 

= A Cos. £. (1 — % e? Sin.?2 d), der kleinst 
.== A Cos. f. (1 — 4 e?), und da nicht der Un 
terschied dieser Halbmesser == IE e? Cos.? d di 


Fluthhöhe bestimmt, sondern dieser Unterschied noch m 


. dem Cosinus der Neigung gegen die Verticallinie multipl; 


cirt wird, also or == om. Cos. # seyn würde, wenn a 
AU e2 Cos.?2 d = jenem Unterschiede ist, so ist o 
fenbar die Fluthhöhe in der geographisohen Breite = B 

A e? Cos.? 2 

m Ze ee Be Don ld, wenn des Mondes Declinati 

= Bist. 

Eben das gilt für die Sonne. 

Diese Formel zeigt erstlich, dafs die Fluth gegen die Po 
der Erde abninimt, und zweitens, dafs um die Zeit der Aequ 
noctien, wo beim Neumend und Vollmond beide Himmel 
körper dein Aequator nahe sind, die Springfuthen höher ste 
gen, als zu andem Jahreszeiten. 


Theorie, 33 


B. Obgleich nun diese Untersuchungen, so wie sie hier 
ktet und von BernwouLLı, MacLaunıs und Eurer 
in der Mitte des vorigen Jahrhundert durchgeführt sind, 


ee genügende Erklärung darzubieten 
m, so sind die Mathematiker in dem, was sie Er- 


feiner Naturerscheinung nennen, zu strenge, als dafs 
immer hierbei hätten stehen bleiben sollen. Eine Er- 
mg ist erst dann vollständig erklärt, wenn dabei erstlich 
wirkende Umstände genau der Natur gemäls in Be- 
mg gezogen sind, und wenn sich dann zweitens die in 
m Zahlen gegebenen Beobachtungen auch dem Mafse 
sit der Theorie einstimmig zeigen. Larıacz fand es 
mit Recht nothwendig, auf den Umstand, dals der 
si des Gleichgewichts nie erreicht wird, sondern die 
iwi Fluth in steten Oscillationen besteht, Rücksicht 
mam, und die so berichtigte Theorie erst mit der 
ing zu vergleichen. Diese Theorie hier ganz mitzu- 
m, überschreitet nun zwar bei weitem die Grenzen der 
wärtigen Darstellung; indels glaube ich doch den kun+ 
ı Lesern einen Blick auf die Hauptzüge dieser Theorie 
t vorenthalten zu dürfen, und ich will es wagen, eine 
emg dieser Hauptzüge zu versuchen. Auch sie 
ach nicht eine durchaus vollendete; aber sie enthält 
weutmgen auf alles das, was man bei Vergleichung zahl- 
cher und sehr genauer Beobachtungen vielleicht künftig 
berücksichtigen nothwendig finden wird. 
21. Jedem, der sich nur etwas mit der höheren Hydro- 
wik beschäftiget hat, sind die Differentialgleichungen 


:+Qdy + Rôz — dp = , 
(ar) ty S) + dz m) 


0= (7 —)+ (= 2) 4 +Z bekannt‘, wel- 


ile Bewegungen flüssiger Körper von unveränderlicher 
tigkeit = 1, umfassen. Hier ist die Lage jedes Theil- 
Í durch drei, auf einander senkrechte Coordinaten X, Y, 2; 
pben, u, v, w sind die am Ende der Zeit = t 


Tao 


Ich habe hier ganz Larrace’s Bezeichnungen im 4. Buch d. 
cél. beibehalten. 
C 


Bd. 


34 Ebbe und Fluth. 
statt findenden, diesen drei Coordinaten' parallelen Geschwin- 


er. _ [dx ty _ =); 
digkeiten, also u = (=). v= (z ‚w=(7 


P, Q, R, sind die nach diesen drei gen wirkender 
beschleunigenden Kräfte; da aber in a in der Natur vor- 
kommenden Fällen Pdx + Qdy + Rdz, eine integrable For- 
mel ist, so setzen. wir dafür ÒV und bemerken, dals ÒV aù 
der Summe derjenigen Producte besteht, welche wir erhalten. 
wenn jede Kraft in das Differential ihrer Richtung maultipliciri 
wird; endlich ist p der Druck, den eben jenes Theilcher 
leidet. 

... Die. Bezeichnung Ö ist hier von dem d deswegen ver- 
schieden, weil. die. letztere sich auf ein und dasselbe Theil- 
chen, welches wir im Laufe der Zeit gleichsam verfolgen 
bezieht, jene Bezeichnung hingegen den Uebergang auf andre 
Theilchen andeutet, 

Um diese Formeln auf die Schwankungen ‘des Meerei 
anzuwenden, führt man sie besser auf drei neue veränderlich: 
‚Größsen r, $, x zurück, deren erste der Abstand vom Schwer- 
puncte der Erde ist, ‚welcher zugleich der Anfangspunct de: 
X, Y, Z, war, die zweite 9 giebt den Winkel an, welcher 
dieser Radius r mit der Axe:der x macht, und z ist der Winkel 
den: eine durch.r und die Axe der x gelegten Ebene mit de: 
durch die Axe der x und die Axe der y gelegten Ebene macht 

‘Wenn die Erde eine Rotation um die Axe der x hat, s 
würde x sich schon deshalb im Laufe der Zeit ändern, wem 
auch keine Bewegung in dem Fluido vorginge, und da di 
Rotationsbewegung gleichförmig ist, ginge der Werth voi 
ze, der für den Anfang der Zeit t galt, in nt -+ x über; hie 
aber, wo von Schwankungen des Flüssigen, jedoch nur voi 
Schwankungen, die gegen die ganze Gröfse der Erde gering: 
sind, die Rede ist, ‚gehen die anfänglichen Werther, F, m 
im Laufe der Zeit in (r as); (9+4 uu); (x 4+- nt av 
über, und hier ist æ so klein, dafs man seine höheren Pë 
tenzen weglassen darf, Hier erhellt nun leicht, dif 

x = (r 4 as) Cos. (9 4 au), 

‚y= (rẹ as) Sin. (9 + ou): Cos. (nt + n-p w), 
z = (r + as) Sin. (9 + au) Sin. (nt -+ m + av). 

` ist, und man findet dx, dy, dz, indem man blofs r, 9, ı 

als veränderlich ansieht, die in Beziehung auf t genommene 


Theorie 35 


ale aber, indem man blols s, u, v als veränderlich 
So wird, wenn man die in a®-multiplicirten Gljedeg 
ôx = ġ F’ [ (—r— as) Sin. 9 — arv Cos. 9) 
%8. 2 — auSin9]; und so ferner. 

: da wir unsere Betrachtungen sogleich blofs auf die 
e beziehen werden, und für diese r beinahe constant 
nnen. wir dr als == O werdend ansehen, und erhal- 
‚eine etwas lange, aber gar nicht schwierige Rechnung 


I —2 n Sin. 9 Cos. 9 z) 


(rs (Ea a) +22 Sin. 9. „Cos. 9 


+ zu une (in ) 


Klaren: Sin2(9 + an)| +IV— — 


idiese Gleichung sich auf die Oberfläche beziehen soll, 
Íp=0, weil alle Theilchen, die sich an der Ober- 
benden, gar keinen Druck leiden, also in Beziehung 
: auch keine Ungleichheit des Druckes statt findet. Fer- 
ürden beim Züstande des Gleichgewichts alle vor dem 
theitszeichen stehenden Glieder wegfallen, da im Gleich- 
hte die von der Zeit abhängigen Aenderungen gar nicht 
ommen, und folglich ist, wenn (ôV ) denjenigen Werth 
iet, den V beim Gleichgewichte hat, der nach dem 
hheitszeichen stehende Theil = ôV — (ôV), und die- 
fst sich noch näher angeben, da V nur dadurch von 
verschieden ist, dals erstlich die Schwere etwas anders 
kt, wenn die Oberfläche sich um etwas Geringes = ay 
den natürlichen Zustand erhebt, und zweitens fremde 
', zum Beispiel die Attraction der Sonne und des Mon- 
mwirken. Da dV die Summe der Producte aus jeder 
in das Differential ihrer Richtung ausdrückt, so kommt 
ı der Einwirkung der Schwere, deren Kraft == g sey, 
ied = — gôr vor, so lange das Theilchen an der Ober- 
in der Entfernung = r war, oder beim Gleichgewichte, 
ieses Glied geht in — g (dr + aðy ) über, wenn bei 
wegung das Theilchen in die Entfernung r + ay rückt?, 


L. 


An der Oberfläche ist also y das, was vorhin s hiels. 
C2 


| 36 Ebbe und Fluth. 


und wenn man die aus der Einwirkung fremder Anziehungen 

entspringenden . Glieder. = aöV’ setzt, so ist òV. — (av) 
ga — egy + adV. ` 

-~ „Diese Betrachtungen verbunden mit der Bemerkung, dala 


das Glied, worin (&) vorkommt, wegfallen kann, giebt da- 


ker für die Oberfläche folgende erste aus der Wirkung des 
Kräfte hergeleitete Gleichung l 


naal ata) La n Sin 9 Cos 2 ay) 


+ 12 ôn sim 6 $. (E aJt: In Sin. (a i 


= — gy + sV’. 

Die zweite im Anfange angeführte Gleichung beruht auf 
der Ueberlegung, 'dals im Fortrücken des Theilchens seine- 
Masse ungeändert bleibt. Diese. Masse hat bei der anfäng- 
lichen durch r, $ und x bestimmten Lage die drei Dimensio- 
nen dr, rd$, rdr Sin. $, oder ist = r? dr. d9. dx Sin. 9 
im Fortgange der Zeit. ist sie also den frühern Bezeichnungen 
gemäls in (Sin. $ + au Cos. $) (1? -+ 2 ras) (dr + ads) 
(d9 + adu) (dr + adv) übergegangen, welches, da die 
höhern Glieder wegbleiben = r? Sin. $. dr. d9. dr 

+ a| 2rs Sin. F. d$. dr. dæ + r? Sin. $ d9. ds dw 
+ r? Sin. $ dr. du. dæ + r? Sin. 3. d9. dr. dv 
-. u r 8 a 
d 
ist, und also 0 = hr (2) + =) E) + see) 
als zweite Cleichung. Kir die Bewegung sche 

Auch das in Beziehung auf r genommene Integral dieser 
Gleichung wird also eine gegenseitige Bestimmung der vor 
kommenden Gröfsen geben; und bei dieser Integration können: 
u und y als constant angesehen werden, weil sich zeigen “` 
läfst?, dafs die Theilchen, die sich auf einem gewissen Erd- j 
"halbmesser befinden, sich auch bei den hier zu betrachten- 
‘den Schwankungen fortwährend auf einerlei Halbmesser be». 
finden. 


oo 


1 Larrace gegen das Ende des 36. 6. im I. Buch. 


Theorie, 37 
s Dieses Integral wird demnach 


c= =r +e] (3 2) + (£ Es 


| und wenn r=R ist, für den Boden des Meeres, und dortr?s—=R?(s) 
wird, so it CR? (s) +4 R3 (z + (z + >. 
Das Integral erhält seinen vollen Werth an der Oberfläche, 
vor=R-+- y ist, wenn y die Tiefe des Meeres anzeigt, der 
volle \Verth ist also 
u Cos. 9 
O= rs — R (s) + Ry (5) (+ Sin. 5 ` 
Da ferner ?s — R? (s) = R?s 4- 2 Rys — R' (s) ist, 
und das Glied 2 R y s wegbleiben kann, weil die Tiefe des Mee- 
res = y sehr klein gegen R und auch s sehr klein ist, so haben 
wir s — (rs) = R? (s — (s)); und da R in R + a (s); 
R+yinR4y+4 as, übergeht, wie aus den mit diesen Zeichen 
‚verknüpften Begriffen erhellet, so ist y+ a (s — (s)) die im 
Verlaufe der Zeit t veränderte Tiefe des Meeres. Da nun die 
Anfangs durch r, 9, bestimmten Theilchen so fortgerückt 
sind, dals ihre Lage jetzt durch r +- as, $+ au, n + av 
angegeben wird, (wenn gleich u, v, als unabhängig von r 
angesehen werden konnten) so sind die Theilchen in eine Stelle 
gerückt, wo schon Anfangs 


y... den We eth = y + au (A+ (E) 


m hatte,also schon damals a (s— (s))=a (z te (z z) 


' war; da nun aber die Erhebung der Oberfläche vermöge der 


| Schwankungen == æy war, 30 ist der jetzige ware Werth 

jG- Q)=e 4 +) te (| m 

daher der oben gefundene volle Werth G J e 
— d.yu d.yv\ _ gu Cas. $ 

7 = — Nas dr Sin. 


-| wd diese Gleichung (N), mufs also nebst der obigen (M) den 
lmeren Untersuchungen zur Grundlage dienen!. Sie gelten 


- ... . 
. umam nenn o a -o 


ma 


gg ' ~ e. 


rs 











* {í Die Gründe, warum (M) auch für die innern Theilchen gilt, _ 
| mals man bei Lurıacz I. $. 36. gegen das Ende nachsehn. 


38 | Ebbe und Fluth 


noch allgemein für alle kleine Schwankungen eines den 
Kern der kugelförmigen Erde nicht sehr tief bedeckenden 
Meeres. 

22. Um sie auf die Oscillationen anzuwenden j welche 
- durch die Attraction anderer Weltkörper hervorgebracht wer- 
den, müssen wir den Werth des Gliedes að V’ entwickeln. 
“Dieser besteht theils aus der Wirkung der entfernten an- 
ziehenden Gestirne, theils aus der Attraction der Wasserschicht 
selbst, deren Höhe durch a y ausgedrückt ist. ` | 

Wenn des Theilchens geographische Länge = xm, also 
des an diesem Orte culminirenden Punctes Rectascension = 
nt -4 m, wenn des Theilchens geographische Breite = 90° — 9 
ist, und v bedeutet die Declination, y die Rectascension des 
Gestirns, dessen Abstand vom Mittelpuncte der Erde = ọ ist, 
statt dals des Theilchens Entfernung = r ist, so erhellet leicht, 
dafs die drei Coordinaten beider Puncte. folgende sind: _ 

e Sin. v; ọ Cos. v. Cos. y; ọ Cos. v. Sin. 9; und 
‘x Cos. 3; r Sin. 9 Cos, (nt + n); 
r Sin. 9. Sin. (nt#+ nz). 

Der Abstand des anziehenden Körpers von dem angezo- 

genen Theilchen ist also 


=y I(eSin. v—rCos.9)2 +(gCos.vCos.y—rSin.3Cos. (nt+7))? 
-+(gCos.v Sin. y—r Sin. $ Sin. (at-a) \; 


=V Ko’ —2ro[Sin.vCos.9-4+-Cos.v.Sin.$Cos. (tt y)lH} ; | 
. und wenn dieser Abstand == f, die Masse des Körpers = L 


ist, so ist die unmittelbare Einwirkung auf das Theilchen 
L 
= , und der daraus hervorgehende Theil von ad V’ ist 


— Ldf = 

p= +- L. d + Aber da blofs die relative Bewe- 
gung gegen den Mittelpunct der Erde gesucht wird, so mus 
die auf den Mittelpunct wirkende Kraft, in entgegengesetzter 
Richtung angebracht, jener Kraft hinzugefügt werden. Diese 
findet man, wenn man die auf den Mittelpunct wirkende Kıaft 





L 
= F nach den Richtungen der drei Coordinaten zerlegt ar 


dem Theilchen anbringt, und mit dem Differential ihrer Rich- 
tungen multiplieirt; diese Zerlegung giebt 


Theorie. | 9 


rn Sin. v; Pr Cos. v Cos. y; 


L 
7 Cos. v. Sin. y, und 


r [Sin v. dx + Cos. v. Cos. y. dy + Cos. v. Sin. y. da} 
welche = f 
=— ò |Const.+Sin. v. C08.9-4Cos. v Cosap Sin F Cos.(nt-r) 


-| Cos. v. Sin. y Sin. $ Sin. (nt + z)} 
ist, wenn man für x, y, z, ihre auf das angezogene Theilchen 
gehenden \Verthe setzt, und dieses ist die mit d. = zu Ver- 


bindende Grölse, so dafs að V’ = 


Là 14 [Cos.8 inv- Sin.9.Cosv.Cos (t H—y)]} 


wird. Statt der Constans habe ich sogleich gesetzt, weil, 


wenn das Theilchen im Mittelpuncte selbst läge, oder-die Kugel, 
auf deren Oberfläche r sich bezieht, einen unendlich kleineh 
Halbmesser hätte, die relative Wirkung ja nothwendig = 0 
wäre. Wir müssen also nun j in eine nach dem Potenzen 


von 'p geordnete fallende Reihe entwickeln; diese ist = 
3 z ; [Cos: f Sin. v 4- Sin. F Cos. v. Cos. (nt +r—y)] 


n p (Cos.$.Sin.v + Sin Cos.v. Cos. (nt+r—y))?— +] 


m es fird aò Vi == 
al d. |[[C0s.9in.v + Sin.9Cos.v. et 


wenn man wegen der Gröfse der Entfernung ọ die folgenden 
Glieder wegläfst. Dieser Werth läfst sich aber leicht in fol- 
gende verwandeln = | 
” 5.5 \ 4 (Sin?v — } Cos.? v} (1 + 3Cos. 29) 
e? + 3Sin. $ Cos. $Sin. v. Cos. v. Cos. (ntz — y) 
+35Sin.? 9 Cos.*? v Cos. 2 (nt + z —y), 
der auf drei verschiedene Arten von Oscillationen hinweiset. 


4D Ebbe und Fluth. 


Diese Oscillationen können, da sie sehr klein sind, als 
sich zu einander hinzufügend und jede für sich bestehend an- : 
gesehen werden, und wir können sie daher jede einzeln be-- 
trachten. Diejenige, auf welche sich das erste Glied bezieht, 
hängt für einen gegebenen Ort auf der Erde blofs von v ab, und . 
ihre Periode wird also durch die Rückkehr des Himmelskörperg : 
zu derselben Declination bestimmt. Die zweite Art von Oscil= - 
lationen hängt vorzüglich, wenn z einerlei bleibt, von nt—% 
ab, und hat also den scheinbaren Umlauf des Gestirns um den 
ganzen Himmel oder die Rückkehr zu derselben Stellung gegen 
den Mittagskreis zu ihrer Periode. Die dritte Art von Oscil- 
lationen hat nur eine halb so lange Periode, da bei wenig ge- 
ändertem v ihre gleichen Werthe schon wiederkehren, wenn 
nt— y sich um 180 Grade ändert. 

Ehe wir aber hieraus die Oscillationen selbst näher be- 
stimmen können, mülste eigentlich noch derjenige Theil von 
að V’ gesucht werden, dervon der Attraction der Kugelschicht, 
deren ungleiche Dicke durch a y ausgedrückt ist, hervorgebracht 
wird. Indels, da diese auf einer ganz eigenthümlichen Un- 
tersuchung beruht und es uns hier nur auf den Hauptgang der 
Betrachtungen ankommt, so wollen wir darauf hier keine 
Rücksicht nehmen. i 


23. Oscillationen der ersten Art. 
Diese werden so bestimmt, als ob der ganze Werth von 


ev, in dem Ausdrucke 


tg L (Sin.2 v — 4$ Cos.? v) (1+3 Cos. 29, enthalten 


wäre. Die Betrachtung dieser Oscillation kann ich hier sehr 
abkürzen durch die von LarLace vollständiger begründete 
Bemerkung, dafs sie fast ganz so erfolgen, wie es das un- 
ter der Einwirkung der anziehenden Körper statt findende 
Gleichgewicht fordern würde. Nimmt man dies an, so sind 
die in Beziehung auf t genommenen partiellen Differentiale 
==0, und die Gleichung M geht ganz kurz in a g y = a V’ über, 
r? L (Sin.2 v — 4Cos.? v) (1 + 3 Cos.2 9) 
0. g. x 

und dies ist die Höhe der Fluth, die in Beziehung auf diese 
Oscillationen statt findet. Der Grund aber, warum sich hier 

fast ganz die dem. Gleichgewichte angemessene Form her- 


das ist a y = 


- Theorie, 4... 


stellt, oder sich herstellen würde, wenn keine andere Oscil- 
tionen vorkämen, ist der, dafs v und ọ lange genug nahe 
einerlei bleiben, um die gesammte Wirkung auszuüben, 
die diesem WVerthe gemäls ist. Für den Mond ist das zwar 
nicht strenge richtig, da seine Declination und Entfernung: 
sch nicht so langsam ändert, aber auch für ihn glaubt LA- 
zLacz mit diesem Ausdruck zufrieden seyn zu können, 


24. Oscillationen der zweiten Art. 


Das Glied 
3r2L Sin. 2 Cos. 9. Sin. v. Cos. v. Cos. (nt + n— y), 


: lälst sich so darstellen, dafs v und y als bekannte Functio- 
i nen von t erscheinen. Denn da die Declination v leicht 
f durch den Abstand vom Durchschnittspuncte des Aequators 
: mit der Bahn des anziehenden Körpers, also, da dieser Kno- 
r ten hier als ruhend angesehen werden kann, durch die Rect- 
|. ascension y dargestellt wird, diese aber sich ungefähr der 
Zeit proportional ändert, so läfst sich jener Ausdruck in ei- 
ne Reihe von Gliedern von der Form æ k Sin. $ Cos. $ Cos. 
(it+z— A) entwickeln, in welcher, wegen der langsamen 
Bewegung der Himmelskörper in Vergleichung gegen die 
Umdrehung der Erde, i, wenig von n verschieden ist. 
Um nun in Beziehung auf unsern Werth von V’ die 
Gleichungen M und N zu integriren, wollen wir 
 yz=alo(itza—A), ` \ 
u = b Cos. (it -+ z — A), 
v = c Sin (tr — A), 


—! == a’ Cos. (it + z — A) 


' setzen, wo a, b, c und a’ rationale Functionen von Sin. $ und 
Cos. $ bedeuten. . Unter diesen angenommenen Werthen ist 
blofs der für y angenommene anscheinend willkürlich; der 


v 
r 


„nm.“ 


für y— v findet wegen der eben angeführten Bedingun- 
5 


gen von selbst statt, wenn der für y richtig ist, und u, v 
sind so an y geknüpft, dals die allgemeine Form ihrer \Verthe 
mit der für y zugleich gegeben ist. Dies erhellt aus der 
Gleichung M, die, weil $ und sich unabhängig von ein- 
ınder ändern, sich i in zwei Gleichungen zerlegt, nämlich 


`~ 


42 Ebbe und Fluth. 


3) Zorn 9 Cos 9 (F) = (F7) (2): 
und 


125in.29. (73) +2m°5in.900.9 (F) =( Z) 5 

= Wenn nun hier in der letzten Gleichung, nach dem. 
Gleichheitszeichen, kein anderer von x abhängiger Factor Vom 
kommt, als Sin. (it $rr— A), so muls eben dieser Factor 
sich auch als der einzige von zz und t abhängende in dem 
finden, was vor dem Gleichheitszeichen steht, und deshalb 
müssen u und v die angenommenen Werthe haben. Hieraus 
erhellet aber auch, wie man voraus sehen konnte, dals die 
für jy angenommene Form einen Genüge thuenden Werth gebe. - 
Hierbei ist denn auch nooh die Bemerkung zu erwähne 
‘ dafs es nicht nothwendig ist, das vollständige Integral un- 
serer Gleichungen zu finden, sondern dafs ein blofs Genüge 
thuender Werth zureicht. Der vollständige Werth mülste 
nämlich zwei unbestimmte Functionen enthalten, deren Werth 
vom anfänglichen Zustande des Flüssigen abhängen würde; 
aber 'gewils ist in den Erscheinungen der jetzigen Oscillationen 
nichts mehr von "dem kenntlich, was von dem anfänglichen Za- 
stande abhing, und es kommt daher auf) jene Functionen gar 


nicht an. 
_ Die Gleichung N läfst sich so ausdrücken: 


y=4 EF also nun durch: 

d. yb Sin. 9 Sin. 4 
a= dcs 
ne annimmt, also nur den Fall betrachtet, wo die sphä- 
zoidische Wasserschicht eine blols von der geographischen 
Breite abhängige Tiefe hat. 

In den beiden aus der Gleichung M hervorgegangenen 
Gleichungen sollte man eigentlich darauf Rücksicht nehmen, 
dafs i von n verschieden ist, und sollte die verschiedenen 
Glieder nachher in eins vereinigen; aberum hier nur die Haupt- 
züge der Theorie zu verfolgen, will ich es ansehen, als ob 
n==i wäre, was immer beinahe 'statt findet, da die eigene 
Bewegung des Gestirns gering ist. Dann würden jene zwei 
aus M hervorgegangenen Gleichungen mit Hülfe der für u, v, 
angenommenen Werthe 





— y c, wenn man y als von z un- 


Theorie, Ä 43 
, . pà 
?b+2r?cSın 9 Cos. 9 = + s und 
a 5; geben, alsa 
g (Cis) "ms + 2 a Cos. E), 
n?r? TF "Sin. 9 J 
b= LE “n 








m E ooo ‚$ Sin. 
225 s(‘ Ir) Cos, 2 Sin 2) 
1 — 4 Cos.2? 9 ? 


oder wenn man hier duch der Grösse a die Form Q Sin. 9 
Cos. $ giebt und Q als unabhängig von 9 ansieht, wo dann 


‘- (2- +) Sin. $ Cos. $ist, wird 


b = -( QeZ= ): dadurch aber 'geht die Gleichung | 
n nr 





| 4) — yo, weil b von 3% unabhän- 


a= — a — yce—b 23) 

=a 2) über, weil et _ c = 0 ist. 
Hier erhellt also, dafs man a == (0) erhalten würde, wenn . 

man y als unabhängig von 3 ansähe, oder dafs die Schwan- 

kungen der zweiten Art ganz verschwänden, wenn der Erd- 

kem überall gleich tief mit Wasser bedeckt. wäre. Dieses 

würde wenigstens sehr nahe der Fall seyn, da unsre Voraus- 

setzung i=n, nicht viel von der Wahrheit entfernt ist. Den- 

ken wir uns einen sphäroidischen Erdkern, den das sphäroi- 

dische Meer bedeckt, so können wir für einen solchen Kör- 

per y = 1 (1— q Cos.?$) setzen, und q als von 9 unab- 

hängig ansehen; dann würde a =Q Sin. $ Cos. 3 = 

— ? blq Sin. 9 Cos. 3 | 

Ylkq - 
lo Q= 21 g q — n?r? ' 
und da wir nun aus leicht erhellenden Gründen für k wieder 


"er Sin v. Cos. v setzen dürfen, da es so gutist, als ob 


BE 2 


44 | "Ebbe und Fluth, 


wir v und. o gar nicht als von t abhängig angesehn hätten , 20 
ist die Gröfse ‚der zweiten Oscillation durch 
Arang | v. Cos. v Sin. $ Cos.$. Cos. Zi 2 
2leg—ı2 n? 

ausgedrückt und u, v ebenfalls bestimmt. ` 

Hieraus erklärt sich, wie LarLace bemerkt, die sehr - 
nahe Gleichheit der Fluthen, die statt finden, wenn das Ge 
` stirn ein Mal über, das andre Mal unter dem Horizonteist; denn 
wenn lq sehr klein ist, so, müssen diese Oscillationen sehr ge-" ` 
ringe werden, so wie sie es in unsern Meergegenden wirk- 
lich sind. 

25. Oscillationen der dritten Art. 

Sie hängen von dem Gliede 


- L . Sin. ? 3 Cos.? v. Cos. Ont-2n—ay), ab, und 


da wir schon wissen , dafs man um die Oscillationen der zwei- 
ten Art so klein zu erhalten, als sie wirklich sind, y beinahe 
als überall gleich ansehen mufs, . so wollen wir y constant 
== ] setzen. Setzen wir nun 


y == a Cos. (2 nt 42 r— 2y), 
ya’ Cos. (2nt + 22—2y), 


also a a = a«a -7 n Sin. ? 9 Cos.? v,- 

u = b Cos. (nt 2a — 2y), 

v = c Sin. (2 n t -+ 2 z — 2 y), so könnten wir, ganz dem 
vorigen Verfahren analog fortrechnen; aber die Formeln wer- 
den hier einfacher, wenn man alles auf Sin. =x zurückführt, 
wo dann die beiden aus M hergeleiteten Gleichungen geben 


4n?7?2b +An?r:cxy(1—x?)=gr (1-x?) (= 
‚Antrtex? +Antrbxy(Ii—)=— 2ga; 


V 











a 
pEr UD VIe) 2ga r (1— x?) 
4 n?r? x? ‚PAn?ı? x? 
, ` ` srda 
— 2ga g(1— x?) (77 
c = n? rx? — An?2ı2y3 
Wir hatten aber 


-r 


Theorie ` | 45 


d. y u Sin. % d. 
Be re OTEA )- ( im)» "also jetzt 





a b — y2? . 

t=- (i rum) im he 

oder endlich | | 
=s1?(1—x?) (3 _ a) t e GP LA Costy 


. Diese Gleichung lälst sich nun auflösen ‚ indem man 
aa Ax? Bx* + Cx -p etc. setzt. Dadurch findet 
IL Cos.? v 


. ma À =} —— ~: aber B bleibt, wenn .man die 


3 3 
Coefficienten von x* gleich setzt, unbestimmt, und mufs erst 
dadnrch gefunden werden, dafs man die folgenden Glieder be- 
2n?r? 


gl (? — 10. na und so weiter geben; hieraus erhält 


man B in einen Kettenbruch verwandelt und dann auch die 
übrigen Coefhcienten. 

Diese Oscillationen der dritten Art hängen also von der 
Tiefe des Meeres ab, und würden selbst auf einer ganz mit 
Wasser bedeckten Erde sehr verschieden seyn, je nachdem 
die \Vasserschicht mehr oder minder tief ist. Diese Ungleich- 


r, welches 





1 
h . . . » . — 
eit ist so grols, dafs zum Beispiel für l 732,5 
2 
=0, 4 „rn ist, die ganze Fluthhöhe unter dem Aequator bei 
g . f 


Neumond und Vollmond 34 Fufs 3 Zoll, bei doppelt so gro- 
fser Tiefe dagegen 5 Fufs 10 Zoll wird. Wenn die Tiefe des 
Meeres gröfser angenommen wird, so nimmt die Fluthhöhe ab, 
aber die Grenze dieser Abnahme ist diejenige Höhe = 36, 4 
Zoll, welche statt fände, wenn das Meer in jedem Augenblick 
die Gestalt des Gleichgewichts annähme. 


-a 


. 
> 


46 Ebbe und Fluth. 


Vergleichung:. der Theorie mit der Beobachtung, 


26. Die schönen, lange fortgesetzten Beobachtungen, 
welche im Anfange des vorigen Jahrhunderts in Brest ange- 
stellt waren, gaben Larracr schon im 4. Buche der Méc. ob- 
leste Gelegenheit, die Theorie mit der Erfahrung zu verglei- 
chen; aber noch bessere Vergleichungen haben sich später dars 
geboten, da seit 1806 die Beobachtungen in Brestauf das sorge 
fältigste fortgesetzt werden. Diese neuen Vergleichungen sind 
vorzüglich darauf gerichtet, die Verschiedenheiten kennen sa 
lernen, welche.die Fluthen, deren Periode ungefähr ein hal- 


‚ ber Tag ist, darbieten. Larta cE macht über die Zusammen- 


stellung der dazu auszuwählenden Beobachtungen folgende Be- 
merkung. 

Wenn ? man die Gesetze dieser Oscillationen aus den Be- 
obachtungen kennen lernen will, so muls man nur die Höhè 
der einen Fluth über eine der nächsten Ebben in Betrachtung 
ziehen, da nach jedem vollen Tage die Oscillationen der zwei- 


ten Art dieselben oder nahe dieselben sind; man 'muls ferner 


gleich viele Fluthen , die mit den Syzygien und mit den Qua- 
draturen der beiden Aequinoctien und der beiden Solstitien ver- 
bunden waren, in Betrachtung ziehen, um.den Einfluls der 
ungleichen Declinationen als aufgehoben ansehen zu können; 
und um auch den Einfluls zu beseitigen, den die ungleiche Ent- 


` fernung des Mondes von der Erde hat, muls man um jedes 


Aequinoctium oder Solstitium drei Syzygien nehmen und den 
Werth des mittleren verdoppeln, weil der Mond allemal bei 
zwei auf einänder folgenden Syzygien in gerade entgegenge- 
setzten Beziehungen in Hinsicht auf“ seine Annäherung zur 
Erde oder Entfernung voh der Erde ist. Nach diesen Regeln 
hat Bouvard unter LArLAcr’s Leitung die von 1807 bis -1822 
in Brest angestellten Beobachtungen zusammengestellt, und 
folgende Mittelzahlen ‚gefunden. 

I. Beiden Aequinoctial- Springflutken, steigt die Nach- 
mittagsfluth über die Früh - Ebbe am Tage vor dem Sy- 
zygum De Meter. 

am Tage des Syzygii 6 | 
‚am ersten Tage nachher 387, | 





4 Mec. cél. Liyre v. chap. 2. 3. 


Beobachtungen. 4 


mnzweiten Tage nachher 6,343 Meter. 

„ dritten — — 6,081. 

` vierten — — 5,491. 

‚diese Beobachtungen und so auch die folgenden in ei- 
» umfassenden Formel auszudrücken, nimmt LA- 
ìi, dals die Höhe der vollen Fluth durch a— £ (t— y)? 
k werde,. wo also æ die Höhe der höchsten Fluth 
ı Mittelstand des \Vassers bedeutet, t ist die Zeit nach 
ygio und y die Zeit, um welche die stärkste \Virkung 
ime dem Syzygio folgt. Dann muls die tiefste Ebbe, 
iigend einer Fluth um 4 Tag vorangeht, durch — «a 
-y— +)? dargestellt werden, und die ganze Fluth- 


alko=—=? @ Etr” die vorigen Be- 
geben nun, wenn man Rücksicht darauf nimmt, 


Fluth am Tage der Syzygien im Mittel nicht genau 
Syzygio selbst zusammentraf 2 a = 6,4046, 2 A 


i Beobachtungen werden daher durch 

u 0,1412 (t— 1,605)? dargestellt, und 1,605 — $ 
BO ist die Zeit der stärksten Wirkung der Gestirne in 
nach den Syzygien, die höchste Fluth tritt 1,611 Tag 
dem Neu- oder Vollmond ein, und ist = 6,402 Meter. 
‚ter in Beziehung auf die Aequinoctial- Springfluthen. ` 
Für dieQnadraturen gelten nachher ähnliche Formeln, nur 
l die täglich mehr zunehmende Höhe der Fluth 

+E (G—y)?, der Ebbe=—a—A(t —y + 4%, wenn 
öhe der Fluth über der nächst folgenden Ebbe beobach- 


‚also die ganze Fluthhöhe =? a + Aty H 


s Gesetz des Wachsens, dem Quadrate der Zeiten gemäls, 
ıber nur auf die dem Maximum oder Minimum nächsten 
angewandt werden. 
L Die Solstitial- Springfluthen geben folgende Höhe 
achmittagsfluth über die Früh-Ebbe: 
am Tage vor den Syzygien 5,042. Meter 
am Tage derSyzygien 5,398. 

am ersten Tage nachher 5,583. 

am zweiten == — 5,5609. 

am dritten — — 5,398. ‚ 

am vierten — ~- 5,069. 


kd 
` 


48 | Ebbe und Fluth, 


Die Formel 5,5956 — 0,0866 (t— 1,672)? stelit dies 
Beobachtungen mit Rücksicht auf den Umstand dar, dafs di 
Syzygium im Mittel nicht mit der Zeit der höchsten Fluth zu 
sammentraf, und die vollständigste Wirkung tritt bei den So) 
stitien 1,547 Tage nach den Syzygien ein. eoD 

Die Vergleichung dieses Resultates mit dem vorigen zeh 
den Einfluls der Declinationen der Gestirne, indem die Spring 
fluthen nur 5,6 Meter sind, wenn Mond und Sonne so ziemii 
ihre gröfsten Declinationen haben, dagegen 6,4 Meter, wés 
beide dem Aequator nahe sind. Dieser Unterschied ist so ii 
stimmt auffallend, dals wenn man auch nur-die einzelnen Jahi 
betrachtet, das Mittel aus den sechs Aequinoctial-Springfluthd 
selbst desjenigen Jahres, wo es am geringsten ausfällt, noq 
viel gröfser ist, als das größeste unter den Mitteln aus de 
Solstitial-Springfluthen. 

II. Für die dequinoctial - Nippfluthen sind die Unter 
schiede zwischen der Morgenfluth und der Nachmittags-Ebb 
genommen. Hier sind nur vier Tage aufgeführt, weil be 
entfernteren Tagen das Gesetz, dafs die Höhen ein den Qua 
draten der Zeit folgendes Gesetz haben, hier, wo die Aende 
rungen stärker sind, nicht mehr anwendbar seyn möchte. 

Die mittlere ganze Fluthhöhe war am Tage der Qua 
dratur = 3,079 Meter 
einen Tag nachher = 2,438. 
zwei Tage nachher == 2,446. 
dei — — = 3,005. 

Die Formel ist 2,3610 + 0,323 (t— 1,3846)? und die ge 
ringste Fluth ist also 1,509 Tage nach der Quadratur nu 
2,36 Meter hoch. 

IV. Eine gleiche Betrachtung der Solstitial-Nippfluthes 
ergiebt: die Höhe am Tage der Quadratur 3,447 Meter. 

1 Tag nachher 3,163. 
2 Tage — . 3,143. 
3 Tage — 3,425. - 

Das Minimum dieser Fluthen trifft daher 1,513. Tage nacl 
der Quadratur und ist = 3,117 Meter. Die Formel is 
3,117 + 0,141. .(t-——1,388)?; das Minimum. der.Fluthen folg 
also fast genau eben so lange nach den Quadraturen als da 
Maximum nach den Syzygien. 


Auch hier zeigt sich der Einfluls der Declination der Ge- 


Beobachtungen. 49 


welche bei den Solstitien die Nippfluthen nicht zu der 
it gelangen läfst, die sie bei den Aequinoctien haben, 
iden Aequinoctial-Nippfluthen die Wirkung des Mon- 
des am meisten wirkenden Körpers, durch seine starke 
kon vermindert wird, statt dafs sie bei den Solstitial- 
wen, wo der Mond sich ungefähr im Aequator befin- 
lebtiger ist. 
‚ Die theoretischen Untersuchungen setzten die Erde 
bedeckt vom Wasser voraus und ihnen zu Folge mülste 
įder Fluth in einer genauen Uebereinstimmung mitder 
ition des Gestims stehen. Da aber auf der Erde die 
wzung der Bewegung des Meeres offenbar durch die 
Imifsigkeit der Ufer und Begrenzungen desselben ge- 
ird, so läfst sich leicht einsehen, dafs der Factor 
at--2x2°— 2y) die Form Cos. (2nt— 22 — 29 — 24) 
imd 2 für jeden Ort einen andern Werth erhalten wird. 
LACE zeigt in seinen neuern theoretischen Untersu- 
dals man, wenn für die Declination der vermittelst des 
xkens in der Bahn ausgedrückte Werth gesetzt wird, fol- 
sals den Ausdruck für die Kräfte, welche Oscillationen, 
ı Periode ungefähr ein halber Tag ist, bewirken, finde: 


Cos.t } e Cos. (2 nt 4- 2 n — 2 mt — 21) 


2 e Cos. (2 n tẹ- 2 z — 2 y); hier ist der 


bmesser der Erde = 1, die Entfernung der Sonne =r, 

Masse der Sonne = L, die Neigung ihrer scheinbaren 

1 gegen den Aequator == é; 9 das Complement der Breite 

Ortes; n t + z der Stundenwinkel des Aequinoctialpunc- 

der allgemein des Punctes, wo die Bahn des Gestirns den 

utor schneidet; m t ist die mittlere Bewegung der Sonne. 

Wirkung des Mondes würde durch zwei ganz ähnlich ge- 
te Glieder ausgedrückt, in denen r’, L’, € und so ferner 
ziehung auf den Mond eben das bedeuten, wie r, L, e 
wiekung auf die Sonne. Die vier constanten Grölsen A, 
y müssen aus den Beobachtungen bestimmt werden, und 
ormel für die Wirkung des Mondes scheint neue vier con- 
:Gröfsen A’, B’, 2’, y herbeizuführen. Aber da das zweite 
von der Schnelligkeit der eignen Bewegung des Gestirns 
ängig ist, und der Durchschnittspunct des Aequators mit 
Bd. D 


50. Ebbe und Fluth, 


der Mondsbahn ohne Bedenken als ruhend angesehen werde: 
kann, so kann man B’ = Bund y'= y + ô setzen, "wei 
ô die Rectascension des Knotens der Mondsbahn und des. As 
quators ist, das heilst, man darf annehmen; dafs derjenigi 
Theil der Fluth, der von dem Fortrücken des Gestirns auf sei; 
ner Bahn unabhängig ist, bei beiden Gestirn gleich sehr ver: 
zögert und auch bei beiden in gleichem Mafse durch Locali 
täten verstärkt oder geschwächt wird. So sind also noch sechs 
Constanten A, A’,B, A, 3 und y aus den Beobachtungen zu 
bestimmen. Man darf ferner wagen, diese so.an einander a 
knüpfen, dafs man A = (1 +mx) B, A= (1 +w x) B 
2 = y — m y, X = y — m’ y setzt; ` diè Beobachtuigėð 
zeigen, dals diese Voraussetzung sehr nahe der Wahrheit: ge» 
mäfs ist, und es brauchen also nun nur vier Grölsen B, y und 
x, y aus den Beobachtungen hergeleitet zu werden. j 
Da in diesen F ormeln das Glied, welches von mt unabi 
hängig ist, denjenigen Theil der Wirkung ausdrückt, die statt 
fände, wenn das Gestirn nach einer ganzen Rotation der Erde 
wieder im Meridiane stände, oder gar nicht am Himmel fort: 
` rückte, so erhellet leicht, dafs die eigene Bewegung zur Verr 
mehrung der Fluth beiträgt, wenn A > Bist: denn man darí 
annehmen, dafs für m = 0, A = B seyn würde. 
Unter den vier Gröfsen B, y, x, y lälst sich aber noch: die 
eine y durch eine der Wahrheit nahe kommende Betrachtung 
wegschaffen. Eserhellet nämlich leicht, dafs wegen des ziem- 
‚lich kleinen Factors Sin.? €, das erste Glied in unserer Glei- 
chung das bedeutendste ist, dafs also die Zeit der Fluth vorzüg- 
.. lich vom ersten Gliede abhängt; für die Zeit der vollen Fluth 
muls also 2nt -+ 2 z — 2mt— 2A wenig von einem ge- 
raden Vielfachen des ganzen Umfangs abweichen, und bei den 
Syzygien muls dieses zugleich auch für den Mond oder für 
Int+2zr — 2m t— 2% statt finden. Hierdurch finden 
sich Mittel, die Zahl der zu bestimmenden Gröfsen noch um 
eine zu vermindern, und wenn man dann die sehr unbedeu- 
tenden Glieder weglälst und die Glieder, die sich in einem 
Mittel aus vielen Beobachtungen, als bald + bald — werdend 
compensiren, wegläfst, so erhält man aus einer Anzahl von 
i Beobachtungen folgende Formeln, in welchen P die Summe 
aller Cos.? v in den Aequinoctial-Syzysien, Q die Summe al- 
ler Cos.? v in den Solstitial-Syzygien, P, die Summe: aller 


‚Beobachtungen, 51 


Cos.2 v in den Aequinoctial - Quadraturen, Q, die Summe aller 
Cos.2 v in den Solstitial - Quadraturen in Beziehung auf v = 
Declination der Sonne bedeuten, und P’; Q’; P’,; Q’, eben 
die Bedeutung in Beziehung auf den Mond haben ; — der Factor 
1-+0,02734 bei den Syzygienund 1— 0,02734 bei den Qua- 
draturen entsteht durch die Rücksicht auf die unter dem Na- 
men Variation des Mondes bekannte Ungleichheit seiner 
‚ Bewegung. 
Für die Aequinoctial - Syzygien 

2ie=24 LP+ 2 A’. 1,02734 DP 


pi 
— (A—B) =(P — Qw B) 1,027345 (r — Q); 
für dis Solstitial - Syzygien- 


lie=)? gH? A. 1,02734 $ 


+(A— -54 (P — Q) + (4# — B) 1,02734 (Pr —Q); 
für die dequinoctial - Quadraturen 
2is =2 A. n Lo, — 2 A3 P, 


+ (& — B) 0,97266 5,8, — Q) + AD) RN; 
für die Solsilia] - Quadraturen, 

. , ‚VW AL | 
2ia=2 A. 0,9766 P, — 2— Q, 


, L l 
— (8 — B) 0, 97266 P, — V)—(A—B)- P, —Q,). 


r ist die mittlere Entfernung des Mondes. Diese Formeln mit 
den Mitteln aus den Beobachtungen verglichen, geben, wenn 
A=(1+m x) B, A' = (1 + w x) B gesetzt wird, m x 


=0,25291 ; =g = 3,79491 und 2 = 1,612572, also 


L’ 
7: r 4 und daraus die Masse des Mondes 





i = der Erdmasse. Man kann dann auch den Werth 


von $ (in No. 26. I. II. III. IV) finden, und dieser ergiebt sich 
aus den Formeln sehr nahe der Erfahrung gemäls, nur bei den 
D2 


52 Ebbe und Fluth, 


Solstitial-Syzygien undbei den Aequinoctial - Quadraturen ie 
wa um „i zu grofls. 

28. Eine ähnliche Vergleichung der Theorie mit dm 
` Beobachtungen stellt LarLace in Beziehung anf die in de 
Erdnähe und in der Erdferne angestellten Beobachtungen ap 
Die Aequinoctial-Syzygien, bei denen sich der Mond in dit 
Erdnähe befand, gaben den Werth von 2 a == 7,209, für a 
Erdferne 2 œ = 5, 580. $ 

Die Theorie dagegen giebt mit Hülfe der vorhin schon be 
stimmten Constanten den Unterschied dieser Zahlen 1,77, stai 
dafs die Beobachtung 1,63 giebt und LarLace wagt nicht si 
entscheiden , ob diese Differenz der Unsicherheit der Beobach- 
tungen zuzuschreiben sey, oder von den nicht ganz vollkom- 
men richtigen Voraussetzungen und den unvollkommenen Ape 
proximationen der Theorie abhänge. 

LArLACE vergleicht ferner die Zeit der höchsten Fluth 
und tiefsten Ebbe nebst der täglichen Verzögerung mit det 
Theorie. Die Beobachtung gab: Zeit des niedrigsten Wat- 
sers am ersten Tage nach den Aequinoctial-Syzygien 10% 17 
Morg., am zweiten Tage 10% 50° Morg. Zeit des höchsten Was- 
sers am ersten Tage nach den Aequinoctial-Syzygien 4% 21’Ab, 
am zweiten Tage 4% 58' Ab. Eben die vier Bestimmungen 
bei den Solstitial- Syzygien 10* 11’ Morg.; 10% 5Y: Morg:, 
áh 20’ Ab.; 5% 1’ Ab. x 

Bei den Aequinoctial- Quadraturen war Zeit des höchsten 
Wassers am ersten Tage nach der Quadratur 9 30° Morg. ari 
zweiten Tage 10% 5% Morg. Zeit des tiefsten Wassers am 
ersten Tage nach der Quadratur 35 48° Ab. Am zweiten Tage 
5b 17° Ab. Eben die Bestimmungen bei den Solstitial - Quad- 
raturen 9 39° Morg. 10% 46 Morg.; 35 57 Ab; 5h 4# Ab.. 

Die Einwirkung der Declinationen auf die Verzögerung 
der Fluthzeit ist deutlich sichtbar, wenn sie gleich in Bezie- 
hung auf die Aequinoctial - und Solstitial - -Syzygien nur we= 
nig beträgt. Dieses so wie die vermehrte tägliche Verzöge- 
rung der Flath, wenn der Mond sich in der Erdnähe befindet, 
ist der Theorie gemäfs; aber dennoch findet Larzacz, bei 
einer sorgfältigen Prüfang der Beobachtungen eine kleine Ab- 
weichung von der Theorie, die vielleicht andeuten könnte, 
dals das Princip der Coexistenz der verschiedenen Oscillatio-. 
nen nicht strenge richtig wäre. Diese Abweichung besteht 


rn 


Specielle Erscheinungen. 53 


darin, dafs, wenn man die Zeit der Sonnenfluth aus den Vier- 
telmondsfluthen ableitet, man sie um 133 Min. früher findet, 
Js wenn man die Zeit der Sonnenfluth aus den Neu- und 
Vellmondsfluthen ableitet. — 

Ich muls die übrigen Vergleichungen, die kein ganz ent- 


' schiedmes Resultat geben, weil die zu bestimmenden Grölsen 


alla unbedeutend sind, übergehen, und glaube auch, dals 
das Bisherige hinreicht, theils um zn ähnlichen Verglei- 
dungen für andere Orte aufzufordern, theils zu zeigen, was ei- 
gentlich mathematische Prüfung einer Theorie heilst, und wie 
mar diejenigen 'F'heorien, die zueiner solchen Prüfung Veran- 
lassung geben, den Namen festbegründeter Theorien verdienen. 


Nachrichten von einzelnen Merkwürdigkeiten, wel- 
che die Fluth an verschiedenen Orten darbietet. 


29. Da schon die Theorie angiebt, dafs dietäglich zwei- 
mal wiederkehrende Ebbe und Fluth selbst auf einer ganz und 
überall gleich tief von Wasser bedeckten Erde sehr ungleich 
ausfallen würde, je nachdem diese Wasserschicht mehr oder 
minder tief wäre, so läfst sich leichterachten, dafs eine grolse 
Ungleichheit der Fluthen auf unserer so ganz unregelmässig 
mit Wasser bedeckten Erde, an verschiedenen Orten statt fin- 
den muls. LAPLACE bemerkt, es möchten wohl, wenn man- 
alle Länder durchginge, sich alle mögliche Verschiedenhei- 
ten finden. Ichkann von diesen mannigfaltigen Erseheinungen, 
deren sich gewils aus Reisebeschreibungen viele sammeln lie- 
len, nur einige wenige erzählen. 

Im grofsen Südmeere (stillen Meere) ist bei den Sacie- 
täts-Inseln die Fluth geringe, nach Coox bei Otahaiti nur 
1Fufs Bei den Sandwich-Inseln 2 Fuls 6 Zoll. Dagegen 
an den Küsten von Neu -Seelandan einigen Orten5, an andern 
10 Fufs bei Springfluthen ; in der Stralse zwischen Neuguinea 
und Neuholland 11 Fuls. Auf den freundschaftl. Inseln soll 
sie 6 Fuls steigen; in Macao 10 Fuls 2. | 

Im Atlantischen Meere steigt sie bei der Insel St. Helena 
39 Zoll bei Springfluthen, 20 Zoll bei Nippfluthen nach Mas- 
ZELYNE, bei den Canarischen Inseln 7 bis8 Fuls, bei den Azo- 





1 Phil. Transact. 1772. p. 357. 
2 Worruauw’s Schifffahrtskunde 8. 221. 224. 


54 Ebbe und Fluth, Ä 


ren 5 bis 8 Fuls; an den Küsten von America ist fast ein’ eb 
so ungleiches Steigen der Fluth wie in Europa, denn wä 
die Fluth in Charlestown 6 Fuls, in Rio Janeiro 8 Fuls,- 
der Insel Martinique nur 14 Fuls steigen soll, wird sie 
am St. Johns Flufs zu 24 Fuls, an der Mündung des A 
nenflusses zu 30 Fuls angegeben. Am östlichen Ufer desi 
lantischen Meeres scheint die französische und englische Käg 
am merkwürdigsten zu seyn. Bei Brest und Cap Lizard ste 
die Fluth bei Springfluthen 18 bis 19 Fuls, ziemlich eb 
hoch soll sie in Falmouth und Plymouth und an der g 
südlichen Küste Englands steigen; dagegen: steigt sie bei 
Insel Guernsey 32 Fuls, bei der Insel Jersey 38 Fuls, bei S 
Malo 46 Fuls (ja nach einigen Angaben über 60 Fuls) 1 abeg 
bei Cherboury wieder nur 20 Fuls, bei Dieppe 18 Fufs, b 
Boulogne und Calais 18 bis 19 Fuls: Dieses merkwürdige 
Anschwellen scheint von nichts anderem herzurühren , als von. 
dem Einengen der grolsen aus dem Meere hereindringenden 
Fluthwelle, die gerade bei St. Malo in einen Winkel zusam- 
mengedrängt wird. Ä ug. 
Eine eben so ungemeine Höhe erreicht die Fluth in dem, 
Busen, in den die Saverne sich ergielst; denn statt. dafs sig 
bei Cap Lizard nur 18 Fuls, bei St. Iver 22 Fuls steigt, er- 
reicht sie bei Barnstable 26 Fuls Höhe und bei Milford- Ha- 
ven 36 Fufs, vor der Sayerne bei Hung sogar 45 Fuls 2. Auch, 
hier drängt sich die Fluthwelle, die von Süden in den Canal, 
zwischen England und Irland eintritt, gegen ein gerade wis, 
derstehendes Ufer und befindet sich also in ähnlichen Umstäny 
den, wie bei St. Malo. Sohald'man über diese vorspringende 
Küste hinaus mehr nördlich geht, so ist die Fluth in Cardiz 
gan-Bay nur 20 Fuls u. s.w.® Auch die Küste von America 
bietet ein solches Beispiel dar, indem * an der Kiste vom, 
Acadien das Merr bei Springfluthen nur 9 Fuls steigt, dagegem 



















1 Mem. de Paris. 1702. Hist. p. 19 

2 Philos. Transact. 1668, p. 812, ' 

3 Wo ich hier keine andre Quelle anführe, habe ich aus Wort- 
mann’s Handb. der Schifffahrtskunde geschöpft, womit noch za ver- 
gleichen ist: Rommeo Tableaux des vents, des marées, et des couranss 
Par. 4817. 2 vol. 8. 

4 Nach den Angaben der Encyclopédie ou Dictionaire univer- 
sel. Art. Flux. wo jedoch dieso 60 bis 70 Fufs durch ein: à ce qua 
lon assure, ein wenig zweifelhaft gemacht sind.- 


Specielle Erscheinungen. 55 


m Hintergrunde der Bay die Fluth 60 bis 70 Fuls Höhe er- 
wichen soll. 

Dals dieses Antreffen an ein gerade entgegen stehendes 

Ufer die Fluth veranlassen kann, so viel höher zu steigen, 
scheint mir aus der Beobachtung der Wellen einzuleuchıten; 
denn wenn diese im Freien auch keine sehr erhebliche Höhe 
haben, so steigen sie an einem steil ihnen entgegen tretenden 
Einbaue oft bis auf das drei oder vierfache ihrer Höhe, wel- 
ches ohne Zweifel daher rührt, weil der einmal im Andrängen 
begriffene Wasserberg sich immerfost heranwälzt, obgleich das 
Wasser vorne nicht mehr ausweichen kann, wodurch denn 
diese Anhäufung bewirkt wird. 
.. Inder Nordsee vor der Elbe und Weser .steigt die Fluth 
12 Fuls, bei. Helgoland 6 Fuls, In den nördlichen Gegenden 
ist sie auch noch an manchen Orten bedeutend, zum Beispiel 
in der Nähe des Nord - Caps, etwa 8Fuls 1 in der Hudsonsbay 
16 Fuß. Im Mittelländischen Meere ist die Fluth wenig be- 
merkbar. Bei Neapel beträgt sie kaum 1 Fuls; bei Toulon, 
wenn das Wetter ruhig ist, nach D’ Ancos Angabe 1 Fuls, 
in Venedig bemerkt man, wie ToALvo. angiebt, regelmälsig 
zwei Fluthen, die bei Neu- und Vollmond auf 3 bis 34 Fuls 
steigen, bei den Quadraturen kaum 16 Zoll 2. 

Ueber das Strömen und Anschwellen des \Vassers in der 
Ossee, was man wohl nicht eigentlich ein Fluthen und 
Ebben nennen kann, hat ScuuLtes Beobachtungen angestellt 3. 3, 
Dals ein gezen die Küsten wehender \Vmd das Wasser stei- 
gen macht, scheint ein Hauptumstand zu seyn; SCHULTEN 
glaubt dieses Steigen sey ein Vorbote eines solchen Windes. 
Als Hauptursache. der ungleichen Höhe sieht er den ungleichen 
Luftdruck an, dafs nämlich, wenn ein Theil der Ostsee einen 
hohen Barometerstand,. der andre einen niedrigen Barometer- 
‚stand hat, der letztere Theil sich zu .einem höhern Stande er- 
heben muls, indem, das Wasser da ausweicht, wo der Druck 
an stitksten ist. Genaue Beobachtungen, dals das Steigen an 

1 Abh., der Schwed. Acad. XV, S. 176. Encyclopédie ou dict. 


univ, art. Flux. 


2 Phil. Transact. 1793. p. 168. v. Zachs Mou., Corr, XXVI. S. 
16. Phil, Transact. 1777. p. 144, 


3 Cüb. Aup. XXXVI, 314. 


58 Ebbe und Fluth. - 


den Küsten Schwedens nicht blofs mit einem niedrigen Bar 
meterstande an eben diesen Küsten, sondern auch mit ein« 
höhern Barometerstande an der deutschen Küste begleitet g 
wesen sey, führt er indels nicht an, und also ist nicht eı 
schieden, ob diese Ursache, die allerdings eine mitwirken 
seyn mag, die einzige ist. 

30. Auf das allmählige Fortschreiten der Fluth, beso 
ders da, wo enge Zugänge sie aufhalten, habe ich schon ob 
aufmerksam gemacht. WorrmAann’s Angaben für die Nor 
see sind als ein Beispiel sehr belehrend.. Kennten wir ı 
Umstände überall so genau, so würden wir vermuthlich ms 
ehe uns jetzt räthselhaft vorkommende Phänomene vollstän« 
erklären können. Em solches Phänomen scheint mir zum B 
spiel die ungemein schwache Fluth bei Otahaiti, die so : 
heblich von den stärken Fluthen bei den freundschaftlich 
Inseln und in andern nahe gelegnen Gegenden verschie 
ist. Es lälst sich als möglich denken, dafs an einem Orte ; 
keine Fluth wäre, wenn dieser Ort seine Fluth durch zı 
Canäle erhielte, in deren einem sie nach 6Stunden, im and 
nach 12 Stunden zu jenem Orte gelangte; hätten näml 
dann die Mündungen beider Canäle eine gleichzeitige ı 
gleichhohe Fluth, so würde ungefähr die höchste Höhe ı 
einen Fluthwelle allemal mit der gröfsten Tiefe der andern 2 
sammeentreffen und ein fast immer gleich hohes Wasser b 
vorbringen. | 

Schwerer zu erklären ist die höchst sonderbare Ordm 
der Fluthen in Tonking in Ostindien, die von Davznrc 
und Krox so beschrieben wird 1. Jede Flath dauert 12 St 
den und jede Ebbe eben so lange, so dafs es in 24 Stun: 
nur einmal Hochwasser wird; ferner finden in jedem Mc 
zwei Unterbrechungen der Fluthen statt, wo nämlich gar ke 
Fluth bemerkt wird, und zwischen diesen Zeitpuncten, 
etwa 14 Tage aus einander sind, erreicht die Fluth am sieb 
ten Tage ihre grölste Höhe; gleich nach jenen Tagen o. 
Fluth ist die Zunahme der Fluthen schwach und gleich vor 
nen Tagen ist auch die Abnahme der Fluthen nicht mehr 
heblich, sondern die ‚gröfste Aenderung fällt um die Zeit 





1 Phil. Transact. 1684. p. 681. Vergl. auch Mém. de Pi 
Tome 7. p. 777. wo von Siam Beobacht. vorkommen. 


Specielle Erscheinungen, 57 


«| böchsten Fluthen. Endlich bemerkt man, dafs in der einen 


Hälfte des Monats der aufgehende Mond, in der andern Hälfte 
der mtergehende Mond die höchste Fluth bringt. 

Harızy hat diese Beobachtungen sorgfältiger verglichen 
und giebt an, dafs wenn der Mond im Aequator ist, keine 
Fluth bemerkt werde, dafs sie also am höchsten steige, wenn 
der Mond die gröfste Declination hat. Er findet ferner, dafs 
derin den nördlichen Zeichen stehende Mond bei seinem Er- 
scheinen über dem Horizonte die Fluth bringt, so dals es höch- 
stes Wasser ist wenn er untergeht, das Umgekehrte findet statt 
wenn er in dem südlichen Zeichen steht. Wenn die Fluthen 
ihre gröfste Höhe erreichen, steigt das Wasser 9 Fuls über das 


„Mittel und fällt 9 Fufs unter das Mittel. HALLEY versucht 


keme Erklärung, macht aber aufmerksam darauf, dafs diese 
Fiuthen wahrscheinlich in den Jahren stärker seyn müssen, 
wo der Mond sich bis zu 28° vom Aequator entfernen kann, 
alsin den Jahren, wo er kaum 19° Declination erreicht. LAPLACE 
bemerkt über diese Erscheinung, dals die zweimaligen Fluthen 
am Tage ganz unmerklich werden mülsten, wenn sie von zwei 
Seiten her einträten und sich so wie ich oben erwähnte, ganz 
zerstörten; in dem Falle blieben also nur die Oscillationen der 
zweiten Art übrig, die freilich nach den Formeln verschwin- 
den, wenn die Declination des Mondes = 0 ist. 

Einigermalsen hiermit verwandt scheint ein bei den Orkney- 
Inseln beobachtetes Phänomen zu seynt, wo nämlich, an der 
Westseite von Long-Island, vier Tage vor und nach den Qua- 
draturen zwar das Steigen und Fallen des Wassers ordentlich 
wechselt, aber der Fluthstrom und Ebbestrom 12Stunden lang 
die eine, und die übrigen 12 Stunden die entgegengesetzte 
Richtung hält, statt dafs in den Tagen um die Syzygien sich 
mit dem Steigen und Fallen auch die Richtung des Stromes 
alle 6 Stunden ändert. Auch dies scheint doch auf einem bei 
den Quadraturen merklicher werdenden Einflusse der täglich 
zur einmal wiederkehrenden Oscillationen zu beruhen, die 
freilich hier nicht auf eine kenntliche Weise von den Decli- 
sıtioren des Mondes abzuhängen scheinen“. 





1 Phil. Trans. 1665. p. 53. 
2 Mir ist nicht bekannt, ob neuere Beobachtungen diese An- 
ben bestätigt haben. 


60 Ebbe und Fluth. | 
See- und Flufsküsten von Flandern bis nach Holstein., 


pigneten. 

32. Ein nach schnelleres Steigen .des Wassers, das,“ ji 
immer nur wenige Minuten dauern und dann mit starkem): 
len wechseln soll, wird oft bei den Erdbeben beobasl.. 
Micueuı, führt zum Beispiel? an, dafs bei dem für 
Erdbeben in Lissabon am 1. November 1755 die Sän 
anfangs vom Wasser entblölst zeigten und dann plötzli 
50 Fuls. hohe Welle aus dem Meere heranstürzte. Ae 
wenn gleich weit geringere, aber gleichfalls schnell wechsel, 
Schwankungen wurden an dem Tage jenes Erdbebens solly., 
sehr entfernten Meeren, an den englischen und holländis{, 
Küsten, ja selbst bis nach America hin wahrgenommen 32, . q 
den Küsten des Canals stiegen diese schnell wochselndenSakp, 
kungen doch bis auf 6 Fuls, | 
- 833. Auch in den Strömen bietet die Fluth manche. 
würdige Phänomene dar. Am Meeresufer theilt sich der 
raum zwischen zwei Fluthen ziemlich gleich in Fluth und Ey‘ 
in .den Flüssen dagegen dauert an jedem Orte die Ebbe i 
ger als die Fluth. Der in den Flüssen allemal sehr merki 
Fluthstrom und Ebbestrom ist anfangs, kurz nach dem We 
sel des Stroms langsam und wird gegen die Mitte der FT 
und Ebbe stark, so dafs nach SaumaArez 3 in der Themse ' 
London der Fluthstrom beinahe 5 Eufs, der länger anhalter 
Ebbestrom 34 Fufs in der Secunde zur Zeit der grölsten Schr 
ligkeit durchläuft. Höher hinauf in den Strömen verliert í 
der Fluthstrom und. die Fluth besteht nur noch in einem é 
stauen, oder Anhalten des Ebbestromes. 

Je höher man in den Strömen hinauf kommt, desto 2 
ter kommt die Fluth. dort an, daher sagen die Schiffer, 
sie mit anfangender Fluth stromaufwärts segeln, dals sie: 
Fluth mitbringen. Dagegen kommt ein den Strom 
render Schiffer, der mit der Ebbe fährt, der Fluth em 
und genielst die Vortheile der Ebbe nicht so lange, we 
allmählig an Orte kommt, die schon Fluth haben, wenn 
hinauf, wo er vor einigen Stunden abfuhr, die Ebbe noch dam 















1 Phil, Transact. 1760. p. 566. } 
2 Ph. Tr. 1755. p.351. sq. von Zach’s Mon. Gorr, xxvii 
3 Phil. Trans. 1726. p. 68 f 


Specielle Erscheinungen. Gi 


elle setzt ihren Lanf stromaufwärts noch fort, wäh- 
: Mündung schon Ebbe eintritt, und daher kann es 
leispiel bei Sturmfluthen ereignen?, dafs die Fluth- 
in den obern Gegenden ankommt wenn der Sturm 
gelegt hat. Die sehr hoch angeschwellte Fluth- 
ı dann zwar an zum Theil zur Mündung zurückzu- 
ber zum Theil setzt sie ihren Sturz auch oberwärts 


inth erstreckt sich oft sehr tief in die Ströme hinein, 
'es gewöhnlich der Fall ist, die Ströme an der Mün- 
wenig Fall haben. Im Amazonenflusse soll die Fluth 
kanzös. Meilen von der Mündung merklich seyn. 
tertliche Umstände bringen auch hier manche nicht 
k erklärende Verschiedenheiten hervor. Ein Beispiel 
en die Leakies in dem Flusse Forth?. Hier ist, 
bars Erzählung zwischen Queens-Ferry (7 engl. M. 
with) und einem Orte, den er the house of Manor 
solche Krümme, dals man auf dem Strome 25 engl. M., 
k gerader Linie nur 4 engl. M. hat. In dieser Gegend 
Fhth einige Zeit durch ein Sinken des Wassers und 
durch ein Steigen des Wassers unterbrochen, und 
geht in jenem Falle die Fluth, in diesem die Ebbe 
m. Diese Erscheiuung fängt gewöhnlich bei Queens- 
a, aber erst an einem höhern Puncte, wenn der Strom 
iser hat oder Springfluthen sind; dagegen erstreckt sie 
höherem Stromwasser oder Springfluthen höher hinauf 
ab Stirling. WrıcHT sucht die Ursache der Erschei- 
ht auf; sie mufs aber wohl darin liegen, dafs die 
le sich zertheilt in der Krümme vorwärts stürzt, was 
ticht durch die Zurückwerfung von den Ufern erklärt. 
Ein sonderbares mit dem Einsturz der Fluth in eini- 
en verbundenes, jedoch nur unter gewissen Umstän- 
tendes Phänomen ist das, was man in der Dordogne 
$, an andern Orten la Barre, the Bore nennt. 


aret oder die Mascara wird in der Dordogne? nur 


ı solches Beispiel gab die Fluth am 13. Dec. 1747 in 
Büscn’s Wasserbaukunst. I. S. 214 

Trans. 1750. 412. 
XXXIII. 407. 


60 Ebbe und Fluth. 
See- und Flufsküsten von Flandern bis nach Holstein E 


pigneten. 

32. Ein nach schnelleres Steigen .des Wassers, das 
immer nur wenige Minuten dauern und dann mit starkem, K | 
len wechseln soll, wird oft bei den Erdbeben beoba 
Micazuı, führt zum Beispiel? an, dafs bei dem fürchterlig] 
Erdbeben in Lissabon am 1. November 1755 die Sände. sigh,- 
anfangs vom Wasser entblölst zeigten und ‘dann plötzlich In 

e 














50 Fuls. hohe Welle aus dem Meere heranstiirzte. Ae 
wenn gleich weit geringere, aber gleichfalls schnell wechselng 
Schwankungen wurden an dem Tage jenes Erdbebens selbst if 
sehr entfernten Meeren, an den englischen und holländis 
Kisten, ja selbst bis nach America hin wahrgenommen 2. 
den Küsten des Canals stiegen diese schnell wrechselndenSchwaig, 
kungen doch bis auf 6 Fufs, 

33. Auch in den Strömen bietet die Fluth manche m 
würdige Phänomene dar. Am Meeresufer theilt sich der 
raum zwischen zwei Fluthen ziemlich gleich in Fluth und Ebhef 
in den Flüssen dagegen dauert an jedem Orte die Ebbe land. 
ger als die Fluth. Der in den Flüssen allemal sehr merklich 
Fluthstrom und Ebbestrom ist anfangs, kurz nach dem Wechg; 
sel des Stroms langsam und wird gegen die Mitte der Fluth“ 
und Ebbe stark, so dafs nach Saumarzz ? in der Themse bei- 
London der Fluthstrom beinahe 5 Eufs, der länger anhaltends'! 
Ebbestrom 34 Fufs in der Secunde zur Zeit der grölsten Schnek 
bgkeit durchläuft. Höher hinauf in den Strömen verliert si 
der Fluthstrom und. die Fluth besteht nur noch in einem 
stauen, oder Anhalten des Ebbestromes. 

Je höher man in den Strömen hinauf kommt, desto 
ter kommt die Fluth dort an, daher sagen die Schiffer, we 
sie mit anfangender Fluth stromaufwärts segeln, dals sie 
Fluth mitbringen. Dagegen kommt ein den Strom hinahf 
render Schiffer, der mit der Ebbe fährt, der Fluth enige 
und:genielst die Vortheile .der Ebbe nicht so lange, w 
allmählig an Orte kommt, die schon Fluth haben, wenn 
hinauf, wo er vor einigen Stunden abfuhr, die Ebbe noch di 


















1 Phil, Transact. 1760. p. 566. 

2 Ph. Tr. 1755. p.351. sg. von Zach’s Mon. Corr. XXVI. 

3 Phil. Trans. 1726. p. 68 i 
i 


Specielle Erscheinungen, 61 


Die Fiuthwelle setzt ihren Lauf stromaufwärts noch fort, wäh- 
send in der Mündung schon Ebbe eintritt, und daher kann es 
sich zum Beispiel bei Sturmfluthen ereignen1, dafs die Fluth- 
melle erst in den obern Gegenden ankommt wenn der Sturm 
sich schon gelegt hat. Die sehr hoch angeschwellte Fluth- 
welle fänst dann zwar an zum Theil zur Mündung zurückzu- 
strömen, aber zum Theil setzt sie ihren Sturz auch oberwärts 
fort. 

Die Fluth erstreckt sich oft sehr tief in die Ströme hinein, 
wenn, -wie es gewöhnlich der Fall ist, die Ströme an der Mün- 
kung sehr wenig Fall haben. Im Amazonenflusse soll die Fluth 
noch 200 französ. Meilen von der Mündung merklich seyn. 

34. Oertliche Umstände bringen auch hier manche nicht 
so leicht zu erklärende Verschiedenheiten hervor. Ein Beispiel 
davon geben die Zeakies in dem Flusse Forth?. Hier ist, 
mach Waısars Erzählung zwischen Queens-Ferry (7 engl. M. 
oberhalb Leith) und einem Orte, den er the house of Manor 
nennt, eine solche Krümme, dals man auf dem Strome 25 engl. M., 
dagegen in geraderLinie nur 4 engl. M. hat. In dieser Gegend 
wird die Fluth einige Zeit durch ein Sinken des Wassers und 
die Ebbe durch ein Steigen des Wassers unterbrochen, und 
nachher geht in jenem Falle die Fluth, in diesem die Ebbe 
weiter fort. Diese Erscheiuung fängt gewöhnlich bei Queens- 
Ferry an, aber erst an einem höhern Puncte, wenn der Strom 
viel Wasser hat oder Springfluthen sind; dagegen erstreckt sie 
sich bei höherem Stromwasser oder Springfluthen höher hinauf 
bis oberhalb Stirling. Wrıcnr sucht die Ursache der Erschei- 
mmg nicht auf; sie muls aber wohl darin liegen, dafs die 
Muthwelle sich zertheilt in der Krümme vorwärts stürzt, was 
feh vielleicht durch die Zurückwerfung von den Ufern erklärt. 

35. Ein sonderbares mit dem Einsturz der Fluth in eini- 
en Strömen verbundenes, jedoch nur unter gewissen Umstän- 
len eintretendes Phänomen ist das, was man in der Dordogne 
Wascaret , an andern Orten la Barre, the Bore nennt. 


ler Mascaret oder die Mascara wird in der Dordogne? nur 


1 Ein solches Beispiel gab die Fluth am 13. Dec. 1747 in 
swburg. Büscn’s Wasserbaukunst. I. S. 214. 


2 Ph. Trans. 1750. 412. 
3 G. XXXIII. 407. 


x 


eo Èbbe und Fluth, 










‘beobachtet, wenn ‘das Wasser des Stromes niedrig ist, . da 
“aber bei jeder Fluth, Er entsteht in geringer Entfernung wi 
dem Puncte, wo die. Dordogne sich in die Garonne ergief- 
und zeigt sich da als eine Wassermasse, die zuweilen nur wi 
der Grölse einer Tonne. zuweilen aber von der Gröfse 
kleinen Hauses ist. Diese Wassermasse wälzt sich sehr scl 
dicht am Ufer, mit ‘grofsem Getöse den Strom hinauf 
und wenn sie gegen harte Körper schlägt, zeigt sie eins” 
-grofse Gewalt, dafs sie oft die steinernen Einbaue zertört u 
Schiffe versenkt oder zerbricht. An gewissen Stellen z 
sich der Mascaret in Wellen, weiterhin ist er wieder eine 
störende Wassermasse u. s. w. Die Ursache dieser Ers 
nung scheint in dem heftigen Einsturz der Fluth in die Dordog 
zu legen. Indem nämlich die Fluth zuerst in den weiten 
- zesarm, die Gironde, und von da in die auch noch recht: brell- 
Garonne sehr frei eintritt, findet sie sich an der Mündung 4è, 
viel engeren Dordogne, die sich gerade in der bisherigen Tg 
tung der einstürzenden Fluth darbietet, plötzlich so umschlei 
sen, dafs sie in dem engen Raume hoch anzuschwellen gen 
thiget ist, um das Wasser fortzuführen, was die grolse; nadif 
drängende Fluthwelle immer neu zuführt. So entsteht di 
einstürzende Wasserberg, der um so mächtiger ist, je weniger 
Wasser der Strom selbst entgegenführt, und derin der Dordogne 
mächtig ist, ohne es in der obern Garonne zu seyn, weil diesp 
in schiefer Richtung eintretend von dem, seine vorige. Riche 
tung verfolgenden Wasser weniger empfängt. le 
Sehr ähnlich sind die Umstände ; in der Saverne, wo ad. 
die in einem breiten Meeresarme eintretende Fluth sich pl i 
lich in ein viel engeres Flulsbette stürzt, und hier ist es ng 
weniger zu verwundern, wenn die so ungemein hoch, bis & 
45Fufs steigenden Springfluthen sich wie ein Wall gegen 9 
hoch gethürmt fortwälzen. In der Gegend der Saverne, N, 
dies geschieht, fluthet es nur? Stunden, und doch erreicht &%.. 
Fluth eine Höhe von 18 Fuls, und jener Einsturz ist mit de. 
zerstörendsten Wirkung für Schiffe, die nicht in Sicherheit ger‘, A 
bracht sind, verbunden!. S 


Sehr ähnlich ist auch la Barre oder die Prorora?; i 


v 




















‚1 Ph. Tr. 1668. p. 812. 
2 Annales maritimes 1824, Juill. et Aout. G. XXXIII. 410. 


Specielle Erscheinungen, 63 


siche schon Cowpamune kannte. Nach Novzr’s Beschreibung 
heint sie aber aus dem Zusaminentreffen der stark eindringen- 
m Fluth mit dem Stromwasser des Amazonenflusses zu ent- 
shen, wodurch „ein Kampf entgegengesetzter Kräfte, unter- 
rochene Wellen und heftige Stölse von OSO und WNW her- 
orgebracht werden.“ Auch diese Erscheinung ist an seichten 
allen am stärksten. 

. Auch an der Mündung des Ganges soll eine ganz ähnliche 
ischeinung vorkommen, und namentlich in dem Calcutta- 
iver da anfangen, wo der Strom sich sehr verengert. The 
Sore, wie die Erscheinung dort heilst, durchläuft 70 engl. 
feilen in AStunden (das hiefse über 20 Fuls in der Secunde), 


md die Schiffe müssen sich in die Gegenden des Stroms be- ' 


eben, wo der Zusturz der Fluth minder mächtig ist. \Venn 
ıs diese Mündung des Ganges also war, in welcher ALEXANDER 
sum Indischen Meere hinabschiffte, so mag die Beschreibung, 
lie Cuarıus von dem Zustande seiner Flotte während dieser 
!inthen macht, doch nicht so übertrieben seyn, wie sie sonst 
vohl scheinen könnte. Denn wie so unbedeutende Schiffe hin 
md her, einander entgegen und auf Sandbänke und Untiefen 
eschleudert werden mochten, kann man sich vorstellen. 

36. Das was in diesen Fällen die einstürzende Fluth: be- 
virkt, wenn sie sich plötzlich in ein enges Bett eingeengt fin- 
let, scheint am 18. November 1824 in Petersburg die Sturm- 
luth gethan zu haben. Wenn hier bei einer genau die Rith- 
ung des Finnischen Meerbusens treffenden Richtung des Stur- 
es die Sturmfluthwelle sich in den Meerbusen stürzt, und sich 
m in der Newa eingeengt findet, wo das zustürzende Wasser 


wch die Masse und Schnelligkeit des andringenden Wassers 


rk anzuwachsen genöthigt ist, so können gar wohl die plötz- 
hen und furchtbaren Erscheinungen entstehen, die uns in 
ı Zeitungen erzählt wurden. Auch die Seltenheit dieser Er- 
einung in Petersburg läfst sich dadurch wohl erklären, in- 
n vermuthlich eine sehr bestimmte Richtung des Windes 
ırdert wird, wenn sie eintreten soll. B. 


Ebbe und Fluth in der Atmosphäre. S. Atmo- 
äre. 


N 


64 | Ebene, 
` | | E bene 
Ebene Fläche; Planum; Plan; Plane. 


Die Bestimmung dessen, was man im Allgemeinen u 
einer Ebene versteht, wenn man z.B. von Ebenen redet, w 
Puncte und Linien fallen, welche von Linien geschnitten v 
den, und gegen einander eine gewisse Neigung oder Richt 
haben, gehört in dieGeometrie. Aus dieser entlehnt dann 
. Naturlehre die erforderlichen Sätze, wenn in derselben a 
von den Ebenen der Spiegel, denen, worin sich gewon 
Körper bewegen, worauf das Auge gesehene Gegenstände Į 
jicirtu. v.a. die Rede ist. In der physischen Geographie. 
hen die Ebenen den Bergen und Thälern entgegen, und ı 
steht man darunter solche ausgedehnte Rlächen des Erdba 
auf welche überall die Falllinie normal gerichtet ist, also 
zizontale Ebenen. Vorzüglich bedient man sich in der tł 
retischen Mechanik oder der Dynamik der Ebenen als e 
Hülfsmittels, um die Richtung der verschiedenen, einen 
gebenen Punct sollicitirenden Kräfte und die hiernach eni 
honde Bahn. desselben zu construiren. ‘Sehr häufig denkt : 
sich alsdann unter den Ebenen solche Flächen, welche den 
wegten Körpern einen unüberwindlichen Widerstand entgeg 
‘setzen, z. B. wenn von dem Drucke eines Körpsrs gegen c 
selben und vom gänzlichen oder partiellen Ruhen eines solc 
auf ihnen die Rede ist, in welchem letzteren Falle man 
Richtung der Bewegung in Beziehung auf die Ebene zu : 
legen pflegt. Wird dann Bei der Untersuchung derBewegu 
gesetze von der Schwere der Körper, vermöge welcher si 
lothrechter Richtung drücken oder zu fallen sollicitirt wen 
abstrahirt, so kommt die Richtung der Ebenen gegen die P 
linie nicht in Betrachtung, wie dieses im Artikel Beweg 
im Ganzen geschehen istf; nimmt man aber hierauf Rücksi 
so sind die Ebenen entweder als horizontale oder als gene 
näher zu betrachten, 


A. Horizontale Ebene. 


Weil die Richtungslinie des Falles der Körper auf die 
rizontale Ebene normal ist, so kann ein auf derselben ruhe: 





1 Vergl. Th. 1. S. 959. 


Geneigte. 65 


per nicht fallen, sondern wirkt blofs durch seinen Druck, 
ausgesetzt dals die Ebene selbst fest ist und durch die Tren- 
ıg ihrer Theile die angegebene Natur einer Ebene nicht än- 
te Soll ein auf derselben ruhender Körper bewegt werden, 
zerlegt man die eine oder die mehreren bewegenden Kräfte 
E die im Artikel Bewegung angegebene Weise, und es ist 
ı sich klar, dafs diejenigen verschwinden müssen, deren Richa 
mgauf die Ebene normal ist. Rücksichtlich der praktischen 
swendung gehört zur Bewegung einer auf der horizontalen 
ene rubenden Last nicht mehr Kraft, als erforderlich ist, die 
gheit derselben zu überwinden, und sie ist daher um so klei- 
ry je geringer die verlangte Geschwindigkeit ist, so dafs sie 
ernach also verschwindend klein werden kann. Die zur Be- 
esung derselben in der Praxis wirklich verwandten Kräfte 
enen also eigentlich nur zur Ueberwindung der Adhäsion und 
er Reibung. Uebrigens heifst eige horizontale Ebene auch 
ne wagerechte, welches GEHLER 1 von dem horizontalen Stande 
nergewöhnlichen Waage ableitet, und werden die Werkzeuge, 

omitfen dieselbe prüft, daher auch Bleiwaagen, Schrotwaa- 
D, Wasserwaagen u. 5. W. genannt. a 


B. Geneigte Ebene. 


Die geneigte Ebene, auch schiefe Ebene , geneigte 
der schiefe Fläche ; planum inclinatum ; plan incliné; 
nclined plane genannt, kann zur Erleichterung der Ueber- 
cht aus drei verschiedenen Gesichtspuncten betrachtet werden, 
gleich diese keineswegs wesentlich verschieden sind; zuerst 
enn man die Gesetze eines auf derselben fallenden oder her- 
gleitenden, schweren Körpers untersucht, oder diejenigen 
odikcationen, welche die Gesetze des freien Falles der Kör- 
r durch den Widerstand der geneigten Ebene erleiden; zwei- 
as wenn man das Verhältnils der Kräfte und Gewichte be- 
mmt, welche bei einem schweren Körper im Gleichgewichte 
n müssen, wenn er durch die geneigte Ebene nur zum Theil 
ıterstützt ist, mithin auf derselben herabzugleiten strebt, und 
ı diesem Herabgleiten gehindert werden oder ruhen soll, 
omit dann die Frage über die zur Bewegung desselben auf- 





1 Wörterb. a. A. II, 651. 
Bd jr. E 


6 Ebene, 
wärts der geneigten Ebene erforderliche Kraft zusammenfällg 


und drittens wenn man diejenigen Fälle erörtert, in denen dù 
geneigte Ebene gegen eine gegebene Last bewegt wird. Ba 
den beiden ersteren Untersuchungen ist die Neigung der Eben 
durch die unveränderliche Lage der horizontalen Ebene be 
dingt, bei der letzteren kommt nicht diese, sondern die Ne# 
gung gegen eine andere Ebene von willkürlicher Lage gegi 
die horizontale Ebene in Betrachtung. Ferner sind mit day 
ersteren Untersuchung die Gesetze des freien Falles zu genah 
‘verbunden, als dals sie ohne diese verständlich werden kön 
te, und man verbindet daher am zweckmälsigsten die. Gesetij 
des freien Falles und des nicht freien oder auf gegebener Bahs 
mit einander. Wird aber rücksichtlich auf die dritte Unten 
`- suchung eine Bewegung der geneigten Ebene gegen eine gege 
bene Last angenommen, se wirkt dieselbe als mechanischi 
‚Potenz, und kann daher ap besten als solche betrachtet wer: 
dent, mithin bleibt hier nur der zweite Fall zu untersi- 
chen übrig. 
- Man pflegt meistens in den Lehrbüchern der da: 
Gleichgewicht zwischen einer gegebenen Last und der Kraft 
womit "dieselbe auf der geneigten Ebene zur Ruhe gebrach 
wird, auf die Gesetze des Falles auf letzteren zurückzu- 
führen, welche Methode auch einfach und zweckmälsig ist 
allein man kann auch auf die folgende Weise leicht zu dem 
nämlichen Ziele gelangen. 
. Fig. Es sey AC horizontal, AB gegen diese um den Winke 
8. a geneigt, der Durchschnitt eines auf der geneigten Ebene AF 
ruhenden Körpers sey lo K pq dessen Schwerpunct in k liege 
so wird dieser in der Richtung km zu fallen streben. Dies 
Linie läfst sich zerlegen in die componirenden kn und nm 
wovon die erstere normal auf AB gerichtet ist, und durch des 
unüberwindlichen Widerstand derselben = 0 wird, die zweit: 
aber das Verhältnils der Kraft bezeichnet, womit die Last heg- 
- abzugleiten strebt. Es sey nun ferner die Kraft, welche da: 
Herabgleiten des Körpers hindert, in K befestigt, und in de: 
Richtung KE wirkend , so läfst sich auch diese als die Resul- 
tirende der zwei componirenden rs und rK ansehen, wovor 
die erstere auf AB normal ist, und daher entweder den Dradh 








1 S. Potenz, mechanische. 


Geneigte, 67 





des Körpers gegen die geneigte Ebene vermehrt oder partiell 
f aufhebt, die andere aber mit AB parallel das Herabgleiten des- 
selben hindert. Die Geometrie aber lehrt, dafs die Dreiecke 
nkm; n’Km’; rKs ähnlich sind, und diese Construction wird 
daher stattfinden können, wo auch immer die bewegende Kraft 
KE angebracht seyn mag, wenn man bei der wirklichen Aus- 
&bung vorläufig von der Reibung und einer Umwälzung des 
Kürpers durch die Kraft KE abstrahirt. Heilst also der Win- 
kl BAC = a; das absolute Gewicht des Körpers = P, so 
ist kn oder die Kraft, womit der Körper gegen die Ebene 
drückt = P. Cos. æ und mn, womit er herabzugleiten strebt 
=P. Sin. æ. Letzteres Gewicht, im Gegensatze gegen sein 
sbsolutes, heifst sein relatives oder respectives Gewicht. 
Wenn auf gleiche Weise EFC = ß genannt wird, die in 
der Richtung KE wirkende Kraft aber = Q , so ist rs = Q. 
Sin. (—e) und r K = Q. Cos. (8—a). Soll also der Körper 
wirklich ruhen, so muls P. Sin. « = Q. Cos. (8— «) seyn, 
. Sin. æ 
Cos.(8—a) 
wird. Ist die Richtung der bewegenden Kraft mit AB parallel, 
so wird 8 = a und es ist daher Q = P. Sin. «, welcher Fall 
beim Fahren der Wagen auf Anhöhen am häufigsten vorkommt; 
ist dagegen die Richtung der bewegenden Kraft oder KE mit 
AC parallel, also in der Anwendung horizontal, so wird 8 =0, 
und da Cos. — x = Cos. æ ist, so wird Q = P. Tang. a. 
Der erste Fall heifst in Worten ausgedrückt: Unter jener Be- 
dingung verhält sich die bewegende Kraft zur Last, wie die 
Höhe der geneigten Ebene zu ihrer Länge; der zweite dagegen 
‚heilst: Unter dieser Bedingung verhält sich die bewegende 
Kraft zur Last, wie die Höhe der geneigten Ebene zu ihrer 
Basis. Es folgt endlich aus dem Vorigen von selbst, dafs der 
Druck, welchen die Fläche erleidet, in Beziehung auf die drücken- 
deLast—P.Cos. «und in der Rücksicht der bewegenden Kraft 
= Q. Sin. (#— æ) ist. Letztere Grölse ist, wie aus der Con- 
straction folgt, negativ, wenn f > a ist, wird = 0, wenn 
f=«, und positiv, wenn #<{« ist. Hieraus kann die Summe 
und die Differenz beider Drucke leicht gefunden werden. 
1 Vergl. Poisson Traité de Mécanique, Par. ;1811. II Vol. 8. I. 
1%. u. 495. Was Gemrer Th, III. p. 837 weiter über die Theorie 


erwähnt, auf welche Sırvim, Varicxon und Worr dieses Problem 
arüchgeführt haben, scheint mir für den Physiker überflüssig zu seyn. 


2 E? 


wonach die seinem Falle entgegenwirkende Kraft Q= 


68 " Ebene. 


Nimmt man auf die Reibung Rücksicht, 30 ist diese de 
Last proportional, und mufs also durch dieSnmme des Drucke 
der Last und der bewegenden Kraft erzeugt werden. Win 
diesem nach der Reibungscoefficiant durch f bezeichnet; s 
ist die Friction = f (P; Eos. œ — Q. Sin. (8—a)). Soll di 
Kraft blo[s das durch dieReibüng erschwerte Herabgleiten hink 
dern, so mufs Q.Cos. MET Sin. x—fP. Cos. «—Q. Sin.(— 
seyn, woraus P. (Sin. a — f. Cos. s.a) wird. N 

= ee E 
Wenn dagegen `. nicht blofs die Last im Gleichwichte erhalten, 
sondern auch dieReibung ganz überwinden soll,s0 dafs die gering 
steZugabe der Kraft eine wirklicheBewegung erdeugen würde ; & 

: muls Q. Cos. Ver (Sin. æ + f. Cos. 2) QfSin, (#—a) seyn 

P. (Sin. æ + f. Cose) _ _. 

Cos. (#—e«) + fSin. ($—e) wird. nn 
Berücksichtigt man hierbei den oben erwähnten Fall, in web 
chem die bewegende Kraft mit der schiefen Fläche parallel 
also =q ist, so wird für die erste Bedingung, dafs nämlich 
die bewegende Kraft den durch die Reibung am Herabglei- 
ten gehinderten Körper in Ruhe erhalten soll 

_RQ=P (Sin. æ — f. Cos. ce) 

Setzt man hierin Q = 0, oder würde angenommen, dafs deı 
Körper durch seine Reibung allein herabzugleiten verhindert 
„wäre, so mülste P. Sin. œ = Pf. Cos. œ werden, und es liefse 
| Sin. 

ER a 
cient aus der Tangente des Neigungswinkels der geneigten Ebene 
finden. Kommt : auf die hier angegebene Weise ein Körper an 
der geneigten Ebene durch seine blofse Reibung bei einem 
“ Elevationswinkel = æ zur Ruhe, so heifst dieser Winkel dann 
der Ruhewinkel. Sofern man aber aus diesem Winkel bei be- 
kanntem absolutem Gewichte des Körpers sein relatives, und 
hierdurch den Reibungscoefficienten findet, heilst derselbe auch 
der Reibungswinkel. Für den oben erwähnten zweiten F al 
aber, wenn nämlich die Richtung der bewegenden Kraft mil 
der Basis der Ebene parallel, also =Q ist, wird unter de 
gleichen Bedingung, nämlich dafs die Kraft dem durch Reibung 
am Herabgleiten gehinderten "Körper das Gleichgewicht halten 

__P (Sin. æ — f. Cos. æ) 

sol, Q = Cos. œ + Sin æ. ` 


woraus Q = 


sich hieraus f = = Tang. æ also der Reibungscoofß 

































Geneigte 69 


in beiden Fällen aber die bewegende Kraft nicht blofs der 
h sondern auch ihrer Reibung gleich seyn, so dafs durch 
geringste Vermehrung derselben eine wirkliche Bewegung 


ı ersten Fall Q = P (Sin. a + f. Cos. a) 

. _P (Sin. a + f. Cos. æ) 

n zweiten Fall Q = Cos. + Sin. a 
Zar Erläuternng, wenn auch weniger zum Beweise der 
igkeit der hier vorgetragenen Sätze, dient folgende Ma- 
Auf dem horizontalen Brette AB befindet sich das ein- Fig. 
me, vermittelst der Charniere k bewegliche Brett ke, 
en Elevation an dem getheilten Bogenstiicke DC gemessen 
A, woran dasselbe vermittelst einer Klemmschraube festge- 
awerden kann. Man stellt dasselbe auf einen beliebigen 
al, legt die an ihrer Axe mit einem Faden gehörig be- 
ke Kugel oder einen kleinen Wagen mit sehr leicht be- 
fichen Rädern und von genau bestimmtem Gewichte dar- 
}, führt den Faden über die Rolle g, und beschwert ihn am 
æ mit dem Gewichte Q, Die Elevation des Brettes el giebt 
P Winkel œ, uud die höhere oder niedrigere Stellung des 
kes ih, dessen Centrum sich in dem Mittelpuncte 
dr ra bewegenden Last oder in c befinden mülste, kann ge- 
Wag eingerichtet den Winkel £ für diejenigen Fälle geben, 
[wem B>aoder 8 = a ist, mit gröfserer Schwierigkeit auch 
Bi diejenisen, wenn f < æ wird. Hiernach findet man also 
(da Verhältnils von Q zu P durch Versuche. Statt der Kugel 
des kleinen Wagens kann auch ein Klötzchen genom- 
m, md somit also der Reibungscoefhicient gefunden 


Die hier gegebene Demonstration ? ist am leichtesten und 
Sgentlicher Strenge anwendbar, wenn die bewegende Kraft 
Schwerpuncte selbst angebracht ist, oder wenn die durch 
detzteren gezogene Falllinie verlängert die Richtung der 
senden Krafttrifft, am allerleichtesten, wenn der falleude 


jio 

É Vergl. Encyclopédie méthodique. Physique IV. 318. 

4 Vergl. H. W. Bnaxpes Lehrbuch der Gesetze des Gleichge- 
und der Bewegung fester und flüssiger Körper. Leipzig. 1817. 
Errerweıs Handbuch der Statik fester Körper. Beri. 1808. 

9. #. Vxeca Vorlesungen über die Mathematik Bd. IU. Wien 

(s 5. 158. u. V. a. 


70 u Ebene. 


Körper die Kugelform hat, in welchem Falle dann auch die 
Reibung wegfällt. Anderweitig bedingte Fälle, z. B. wenn 
der Körper so geformt ist, dafs er in demjenigen Puncte, it 
welchem der aus seinem Schwerpuncte auf die geneigte Ebert 
gefällete Perpendikel diese trifft, sie nicht berührt u. a. iÈ 
lassen sich nach den angegebenen Grundsätzen leicht con 
struiren, und gehören eigentlicher in die Mathematik. 

: Die geneigte Ebene kommt hauptsächlich in Anwendung 
wenn man dieselbe, wie schon erwähnt ist, als mech 
Potenz betrachtet, noch mehr aber in den täglich wiederhob 
vorkommenden einfachen Fällen, in denen Lasten auf derselbe 
bewegt werden müssen. Indels kommen noch drei bekannfi 
physikalische Probleme hierbei in Betrachtung, welche eine në- 
‚here Erörterung erfordern, nämlich der sogenannte berganlaufen- 

, de Cylinder, der berganlaufende Kegel und die Quecksilberuhr 
“is 1. Der berganlaufende Cylinder wird 6 bis 9 Zol 
hoch und 1 bis 2 Z. dick aus leichtem Holze oder noch besse 
aus starker Pappe und hohl gemacht. In g befindet sich nabı 
am Rande ein der Grölse und dem Gewichte des Cylinders an 
gemessener Cylinder von Blei, oder es wird ein Stück Blei in 
wendig an der inneren Seite des Cylinders befestigt. Durci 
das gröfsere Gewicht des Metalles fällt der Schwerpunct nich 
in die Mitte des Cylinders, sondern es werde angenommen 
er falle in e. Um dann zu bestimmen, in welcher Lage der 
selbe auf einer Ebene BAC, deren Neigungswinkel == & sey 
möge, zur Ruhe kommen, sich aufwärts bewegen oder herah 
laufen wird, ist es am kürzesten, die Bedingung des Ruher 
zu suchen, wobei vorausgesetzt wird, dals der Schwerpun: 
nach der Erhöhung der Ebene hin liege, weil der Cylindı 
sonst nothwendig herabrollen mufs. Ist dann ao auf die Eber 
AB lothtrecht, ab die Falllinie aus dem Centro des Cylinder 
e d aus dem Schwerpuncte desselben, so sind beide einandi 
parallel. Weil aber der der Cylinder nur dann ruhen kan) 
wenn c und din einen Punct zusammenfallen, so muls ı 
in dem durch die Figur dargestellten Falle so lange aufwär 
rollen, bis dieses wirklich eintrifft, und darin ruhen. Senk 
man die Ebene AB auf AC, so würde der Schwerpunct, e : 
die Linie ac fallen, erhebt man dagegen AB, so beschreibt 
um a einen Kreis, und die gröfste "Neigung findet dann sta‘ 
wenn aed einen rechten Winkel bildet. Denn weil im Zı 


Geneigte, 71 
| sande der Ruhe die Puncte c und d allezeit zusammenfallen, 


w ist für den angegebenen Fall ade = bac == æ; und da 
4 ae: aces Sin. ade = Sin. a ist, so wird die Ebene am stärk- 
„| sten geneigt seyn, wenn Sin. a = ae: ac ist. Kennt man 
also denHalbmesser des Cylindersund den Abstand des Schwer- 
punctes vom Centro desselben, so kann man hieraus die gröfste 
f Neisung der Ebene für den Zustand des Gleichgewichts finden. 
y Umgekehrt läfst sich aus dem Halbmesser des Cylinders und 
der Neigung der Ebene der Abstand des Schwerpunctes vom 
t 
+ 





+ Centro finden, indem ae == ac Sin. œ Wird die Neigung 

' der Ebene erhöhet, so wird der Winkel bei e kleiner als ein 

` rechter, die Linie ed schneidet die Linie ac und der Punct d 
fallt über c hinaus nach b hin, findet also keine Unterstützung, 

. und der Cylinder rollt die Ebene herab + Wenn man dem 

Schwerpuncte nur ein kleines Uebergewicht verstattet, so er- 

hält man eine Kraft, welche ein im Cylinder befindliches Rä- 

derwerk umtreiben, und durch ein Hemmwerk so regulirt 

werden kann, dals das Aufsteigen oder Herabrollen des Cylin- 

| ders ein darin eingeschlossenes Uhrwerk treibt. Eine solche 
Uhr, die sich selbst eine schiefe Fläche hinabtreibt, und durch 
das Aufwälzen wieder aufgezogen wird, beschreibt Roszar 

| Wurgıen 2, 

2. Noch weit einfacher ist die Theorie und Construction 

des sogenannten berganlaufenden Kegels, eines doppelten Ke- 
gels, welcher die zwei schiefen Flächen CA und CB hinauf- "38 
liuit. AC, BC sind nämlich zwei in C vereinigte Leisten, 
0,25 bis 0,5 Z. dick und etwa 1 Z. hoch. Bei A und B müs- 
sen dieselben hüiher seyn, so dafs jede eine von C aus anstei- 
gende geneigte Ebene bildet, oder sie werden vermittelst 
zweier Schrauben hier höher gestellt. Die Länge derselben 
ist unter sich gleich, übrigens willkürlich, die Differenz ih- 
rer Höhe in A und B gegen C wird durch die Dicke des Ke- _ 
gels bestimmt, und zwar muls sie geringer seyn als 4 cd; die 
Entfernung zwischen A und B ist aber gleich der Länge der 
Axe des doppelten Kegels = ab. Wie die Figur zeigt kommt 
der Kegel auf seiner Unterlage allezeit so zu liegen, dals seine 


1 Desaguliers Cours de Phys. eper. 1. 58. beschreibt diesen 
Grlinder, und giebt p. 8t f. eine sehr weitläuftige Demonstration 
ds Phänomens. Vergl. Kästner in deutsche Schriften d, Kön. Ges. 
& Wiss. Gött. 1771. p. 113 
2 Phil. Trans. N. 161. p. 647. 


72 | Ebene. 
eigenen schiefen Flächen die schiefen Flächen CA und CB be 


rühren, und wenn die ersteren dann stärker geneigt sind all 
die letzteren, so wird er mit einer der Differenz dieser beide: 
proportionalen Geschwindigkeit herabrollen, obgleich er den 
Ansehen nach auf derersteren aufwärts zu rollen scheint. Sini 
beide Flächen gleich stark geneigt, so wird der Kegel an alleg 
Orten ruhen, auch ist die Länge der zur Unterlage dienende 
geneigten Ebenen deswegen gleichgültig , weil bei zunehmem 
der Länge die Neigung auf eine grölsere Strecke vertheilt wird 
dann aber auch die Schneckenlinie, welche um jede Halt 
des Kegels beim Herabrollen beschrieben wird, mehrere Wim 
dungen erhält, 
3. Die Quecksilber- Uhr ist eine ganz interessante, zut 
Erläuterung der Lehren vom Schwerpuncte und der schiefen 
Fläche dienende Spielerei. Sie ruhet auf einem Gestelle au$ 
Fi 13 dünnen Stäben CA, CA’, BA, B'A’; wovon erstere lothrecht 
ze stehen, letztere gegen den Horizont geneigt sind. Der eigent- 
liche Körper ist aus Glas verfertigt, ein runder Kranz amną 
"bestehend aus hohlen, durch enge Zwischenröhren verb 
nen Kugeln, worin sich eine verhäftnılsmäfsige Menge Quecks 
silber befindet, so dafs etwa zwei der hohlen Räume, m und a 
damit gefüllt sind. Vermittelst dreier pergamentener oder ani 
Fischbein verfertigter Speichen ist dieser Kranz an eine kleine 
hölzerne Walze c befestigt, welche mit ihren beiden Enden w 
den beiden parallelen und gleichmälsig gegen den Horizon 
geneigten Stäben AB, A'B’ aufliegt, nnd durch zwei um 
gewickelte, in A und A’ befestigte Fäden in horizontaler ” 
getragen wird. Ohne das enthaltene Quecksilber würde da 
Schwerpunct des Kranzes in die Mitte der Axe c fallen, d 
‚Fäden würden sich abwickeln, und der Kranz auf der geneig 
ten Ebene herabrollen; allein dieses wird verhindert dure 
das in den Räumen m und n befindliche Quecksilber , welche 
durch die gegenüberstehende leichtere Seite a nicht gehobe 
werden kann, und daher erst durch die engen Zwischenräum 
abflielsen muls, wenn der Kranz weiter herabsinken soll. ] 
enger diese Räume im Verhältnils zu der Menge dieses Quech 
silbers sind, um so langsamer wird dieses Herabfallen stattfir 
den, und wenn die engen Canäle sämmtlich gleich weit sin! 





1 Vergl. Kraft in. Nor. Com. Pet. VI. 389. Ausführlich ha 
delt darüber Kononoff in. Nov. Act. Pet. VII. 229.. 


Geneigte.- 73 


4» wird dieses in einer regelmäfsigen Zeit geschehen, so dafs 
f die Bewegung der einer Uhr gleicht, und auch diese wie eine 
Sanduhr zum Zeitmalse dienen könnte. 

Unter die bedeutendsten Anwendungen der geneigten 
Ebene gehören die sogenannten trocknen Schleusen (écluses 
‚stches), vermittelst derer man die Schiffe aus einem Canale 
oder Wasserbehälter in einen andern auf einer schiefen Fläche 
. aufwärts bewegt oder auch herabgleiten läfst. Eine der merk- 
wirdigsten Vorrichtungen dieser Art ist diejenige, welche der 
Hrnzos von Brınsewarten durch den Ingenieur BRINDLEY 
erbauen liels, um eine Verbindung zwischen zwei Wasserbe- 
hältern herzustellen, die einen Theil eines Canales von 52 
engl. Meilen bilden, bestimmt zum Transporte der Steinkoh- 
len von Worsley, wo sie gegraben werden, bis an den Flufs 
Merisey, von wo sie nach Liverpool und in die See kommen, 
Die geneigte Ebene ist 453 engl. Fuls lang und auf 4 F. ohn- 
gelähr einen Fuls geneigt. Man erhebt hier die Schiffe bis 
zn 106 engl. F. lothrechte Höhe, welches die Differenz des 
Niveaus beider \Vasserbehälter ist. 

Sehr häufig bedient man sich der geneigten Ebenen, um 
Lasten durch ihr eigenes Gewicht von einer Höhe herabzu- 
bringen. Dahin gehören die Vorrichtungen, vermittelst de- 
ren z. B. die Steinkohlen zu Newcastle in Rollwagen geladen 
werden, welche dann durch ihr Gewicht bis über die Schiffe 
herabrollen, wo ihre Kasten umschlagen und sich ausleeren. 
Solcher Wagen sind in der Regel zwei an ein gemeinschaftli- 
ches, über eine Rolle gehendes Seil befestigt, so dals der be- 
ladene durch sein Uebergewicht den leeren wieder herauf- 
zieht. Aehnlicher Maschinerien bedient man sich, um die 

Erze von den Bergen herabzuschaffen, auch lassen sie sich 
zum Abtragen der Berge gebrauchen, 

Eine wegen ihrer Grölse stets denkwürdige geneigte Ebene 
ist diejenige, welche Jon. Rurr im Jahre 1816 anlegte, um das 
weit undenklicher Zeiten unbenutzte Holz der Urwälder auf dem 
Alatusberge in der Schweiz darauf herabgleiten zu lassen. _ 
ie lief bald gerade, bald in Windungen unter einem Winkel 


1 Ein ‚solcher Apparat befand sich ehemals im Cabinette zu 
öttingen ;'sonst ist mir keine Beschreibung desselben bekannt ge- 
orden. 

2 8. Encyclopédie method. a. a. O. p. 319. 


74 Ebene, 
“von 10° bis 18° stellenweise unter der Erde, sonst ab: 
Allgemeinen auf Böcken von 10 bis120 F. Höhe, eine Sı 
von drei Stunden herab, war aus geschälten Tannen mu 
förmig zusammengesetzt, und hatte eine Breite von € 
bei einer Tiefe von 3 bis6 Fuls. ImtGanzen wurde sie 
2000 Joche getragen, die gegen 10 Fuls von einander al 
den, und deren Befestigung oft mit unglaublichen Schw 
keiten verbunden war. Es wurden 25000 Stämme Ho] 
zu verwandt, welche ohne alles Eisen künstlich zusam 
gesetzt waren, der Bau beschäftigte im Mittel 160 Men 
1,5 Jahre und kostete über 100000 Gulden. Nachdeı 
Werk aller unübersteiglich scheinenden Hindernisse ' 
achtet endlich vollendet war, glitten die grofsen, 100 F 
gen und am dünnsten Ende noch 10 Z. dicken Tanne 
solcher Schnelligkeit darauf herab, dafs sie den Weg vo: 
Stunden in nicht mehr, als drittehalb Minuten zurückl 
und den unten stehenden Beobachtern nicht länger als 
Fufs zu seyn scheinen. Der Sicherheit wegen hatte de: 
telbaum in seiner ganzen Länge eine Rinne, in welche 
angebrachte Zubringer von vielen Stellen stets Wasseı 
eblief und das Holz benetzte. Zur Erhaltung der Ore 
waren an der ganzen Strecke Arbeiter angestellt, wovo 
unterste rief: Za/s laufen; dieser Ruf kam etwa in3 1 
ten vermittelst der zwischenstehenden Arbeiter oben an 
Baum wurde losgelassen mit dem Rufe: Zr kommt, u 
giltt alle 5 bis 6 Minuten ein Baum herab, wenn nicht 
an der Leitung verdorben war, was sofort ausgebessert v 
Um die Kraft des anprallenden Holzes zu zeigen, liefs 
einige Bäume seitwärts herausschiefsen; sie drangen mit 
dicken Ende 18 bis 24 Fuls tief in die Erde ein, und a 
fällig einliegender von einem herabgleitenden getroffen w 
spaltete dieser ihn wie der Blitz von einem Ende zum anc 
Die geneigten Ebenen kommen unter andern haup: 
lich auch dann in Betrachtung, wenn es sich darum ha 
dafs Menschen, Thiere und Lasten auf denselben hinau 
herab bewegt werden sollen, ohne übermälsige oder ur 
liche Anstrengung im ersten und ohne Gefahr im le 
Falle. Um von dem Vielen, was die praktische Anweı 


- 


1 G. LXII 102. ` 





Gen eigte, 75 


i zu erörtern fordert, nämlich von der bergauf oder berg- 
gehenden Bewegung unbelasteter oder mit verschie- 
tdmen Gewichten belasteter Menschen, Pferde, Maulthiere 
W s. w. Chaisen, leerer oder beladener Wagen, Frachtwagen, 
Wonitionswagen, Geschütze u. dergl. m., jederzeit mit Rück- 
sicht aufdie erforderliche Geschwindigkeit und Sicherheit, nur 
einige Hauptsachen namhaft zu machen, möge Folgendes ge- 
igen, Wenn man mit Lanussnonr 1 glatte aber nieht be- 
sisete Strafsen annimmt, deren Neigungswinkel = Sin, æ ist 
len Schub, welchen das selbst schräg stehende Pferd auszu- 
telten vermag = (1 — 3 Sin. a) 70 %. setzt, um nicht zu 
nel zu rechnen, und zu vallkommener Sicherheit die durch 
nen Hemmschuh hewirkte Reibung zu Į} der Last schätzt, 
femer das Gewicht der Ladung für ein Pferd = P; das eines 
einspännigen Fuhrwerks == p und die Zahl der Pferde = N 
zennt, so ist die Kraft des Schubes für ein Pferd beim Her- 
abfahren = (P-H-p) Sin. æ — ,'s (P + p) und für N Pferde 
= N (P + p) (Sin. a —%). Wenn also n Pferde das Fuhr- 
werk anfhalten, so hat man für den Zustand des Gleichgewichtes ; 
n (1 — 3 Sin. a) 70 =N (P + p) (Sin. a — 14) 
Hieraus findet man 
NP +p) 


70. n + —— 
L Sin. a = 12 _ 
"7 310.n+N(P-+Pp) 
n(1 — 3 Sin. a) 70 _ 
N (Sin. a — yr} 
I. Np =? a — 3 Sin. a) 70 
" in. & — TT 
Setzt man hierin für einen Wagen allezeit n = 2; bei einer 
Bespannung mit 6 Pferden P = 1600 %.; p = 200 @; so 
wird Sin. a = -4 d. h. der Neigungswinkel einer glatten Stra- 
he darf 5° 13° nicht übersteigen, wenn ein sechsspänniger 
Wagen mit einem Hemmschuh und durch das Aufhalten der 
beiden hinteren Pferde sicher herabfahren soll. Wird Sin. œ 
= 44° 47’, so wird N (P <- p) (Sin. u — qr) = 0 d.h. 
der Wagen wird durch die Reibung des Hemmschuhes allein 
in Ruhe kommen, und bedarf des Aufhaltens der Pferde nicht. 


IL P= 


— N p. 





_ 1 Gemeinfassliche Anleitung zum Strafsen - uud Brückenbau 
Saidelb. 1817. 8. p. 17 











1... - Ebene, 


Setzt man Sin. œ == 0,1 = 5° 44, so wird aus II, gefun 
P=535%, also für 4 Pferde NP = 2140 &., d. h. bei, 
nem Steigen von 1 F. auf 10 der Länge eines Weges darf 
vierspänniger Wagen nur mit 21 bis 22 Ctr, belastet se 
wenn man bei glatten .Winterwegen, jedoch ohne Eis, 
: Sicherheit auf die Hemmung durch Hemmschuh und die Hin-f 
terpferde rechnen will, m 


. Will man die Last finden, welche auf Wagen eine 
steigende glatte Stralse hinangefahren werden kann, so 
man gleichfalls mit Lanesporr t annehmen, dafs zur Lebe; 
windung der Reibung in diesem Falle „!; der Last als Kra 
erfordert wird. Hiernach ist, wenn die eben gebrauc 
Bezeichnungen beibehalten werden, und man die horizontal? 
Kraft eines Pferdes = 185 %. setzt, diejenige aber, welch 
dasselbe berganziehend, also selbst in einer geneigten Stel. 
lung, ausüben kann, == (1 — 2 Siùn. œ) 185 &; die zu über 
windende Last = („4 + Sin. «) (P + p) ®., welcher also 
seine Kraft gleich seyn muls. Jene Bestimmung setzt übri=. 
gens voraus, dals die Kraft eines Pferdes von mittlerer Stärke 
nicht größser angenommen werde, als welche dasselbe etwa: 
8 Stunden des Tages anwenden kann * Diesem nach 
wird also („5% + Sin. a) (P + p) = (1— 2 Sin. «) 185. 
Werden hierin die oberen Werthe vonP und p genommen, so 
findet man Sin. & = „5; = Sin, 2° 18, und der Weg darf nur 
auf 25 F, der Länge 1 F. Erhöhung haben, wenn ein belade- 
ner Wagen ohne Vorspann und übertriebene Anstrengung desk 
Zugviehes hinaufgefahren werden soll. Setzt man in der For- . 
mel Sin, æ == 0, so findet man P = 93, — p = 3330 — p 
und für p = 200 substituirt gäbe eine Last von 314 Ctn., wel- 
che für ein Pferd von mittlerer Stärke auf völlig ebener Strafse:, 
gerechnet werden könnte, x 

Im Allgemeinen läfst sich noch E olgendes annehmen 3°. 


1 a.a. 0. p. 38%. 
2 Vergl. Kraft, der Menschen und Thiere. 


3 v. Humbolt Reisen d. Ueb. I. 224. Ausführlicher hierher - 
handelt G. W. Leonhardi in Vorlesungen über d. Anfangsgründe. 
der Mathem. Bd .IV. E 

a 































Geneipgte. 7 


der Strafsen von 5° oder 1 F. Erhebung auf 
;schon eine starke Neigung für das Fuhrwesen, 
i voller Ladung ohne Vorspann nicht befahren 
dieses würde sonst, die oberen \Verthe von P 
mmen eine Zugkraft von 310 ®. für ein Pferd 
orauf für eine längere Zeit nicht mit Sicherheit 
ist, obgleich sie für eine kurze Zeit und durch un- 
‚Anstrengung allerdings überwunden werden kann. 
Gesetze dürfen daher die Chausseen in Frankreich 
neigt seyn, oder für 13 F. Länge 1 F. Erhebung 
s unter den angegebenen Bedingungen eine Zug- 
F. erfordert. Ein um 15° geneigter Berg kann 
denen Wagen nicht mehr hinabgefahren werden; 
man das Gewicht eines vierspännigen Wagens zu 
welcher unbeladen mit einem Hemmschuhe durch 
aufgehalten werden sollte, so würde nach der 
benen Formel statt des dort angenommenen Schu- 
Q. vielmehr 313 ®., für jedes Pferd kommen, bei 
1600 ®. auf jedes Pferd beladenen Wagen aber gar 
[he auszuhalten unmöglich ist. Setzt man bei ei- 
Ub die Reibung = 4 der Last, so wird in der oben 
on Formel, wenn man P undp einen willkürlichen 
, also für jede mögliche Belastung und jedes Ge- 
ife (P + p) Sin. 15° — $ (P + p) die Kraft 
s negativ, weil Sin. 15° =0,2588, also klei- 
fd. h. in diesem Falle würde noch eine Kraft er- 
, um die Last auf der Schleife von der Anhöhe 
Erst'bei einer Elevation von 19° 98° würde 


‚333258 also nahe — + ist. 

%.ist zu Fulse unzugänglich, wenn 
o; auf kurzem Rasen 
e Körper fällt rücl 
hle einen kleine- 





ve | Ebene. 


Setzt man Sin. ø == 0,1 = 5° 44, so wird aus II, gefung 
P = 535 R, also für 4 Pferde NP = 2140 &., d. h. bei, 

nem Steigen von .1 F. auf 10 der Länge eines Weges dat? 
vierspänniger Wagen nur mit 21 bis 22 Ctr, belastet se’ 
wenn man bei glatten Winterwegen, jedooh ohne Eis, F 
: Sicherheit auf die Hemmung durch Hemmschuh und die HỌ 
terpferde rechnen will, d 


l will man die Last finden, welche auf Wagen eine Ñ. 
steigende glatte Stralse hinangefahren werden kann, so d 
man gleichfalls mit LANGSDORF 1 annehmen, dafs zur Ueh 
windung der Reibung in diesem Falle „ty der Last als KÍ- 
erfordert wird. Hiernach ist, wenn die eben gebrau 
Bezeichnungen beibehalten werden, und man die horizot 
Kraft eines Pferdes — 185 %. setzt, diejenige aber, we 
dasselbe berganziehend, also selbst in einer geneigten 
lung, ausüben kann, == (1 — 2Sin. œ) 185 %; die zu 
windende Last = („57 + Sin. x) (P + p) %-, welcher” 
seine Kraft gleich seyn mufs. -Jene Bestimmung setzt 
gens voraus, dals die Kraft eines Pferdes von mittlerer Si 
nicht gröfser angenommen werde, als welche dasselbe 
8 Stunden des Tages anwenden kann %. Diesem i 
wird also („4 + Sin. œ) (P + p) = (1— 2 Sin. œ) 1E 
Werden hierin die oberen Werthe von P und p genommen, 
findet man Sin. & = „% = Sin, 2° 18, und der Weg darf = 
auf 25 F, der Länge 1 F. Erhöhung haben, wenn ein be 
ner Wagen ohne Vorspann und übertriebene Anstrengung 
Zugviehes hinaufgefahren werden soll. Setzt man in der 


mel Sin, œ == 0, so findet man P = S. — p = 3330 - 
qy 












und für p = 200 substituirt gäbe eine Last von 314 Ctn., 
che für ein Pferd von mittlerer Stärke auf völlig ebener Str 


gerechnet werden könnte. i 
Im Allgemeinen läfst sich noch Folgendes annehmen 


"A 


1 a.a. O0. p. 82. 
2 Vergl. Kraft, der Menschen und Thiere. 


3 v. Humbolt Reisen d. Ueb. I. 224. Ausführlicher hie 
handelt G. W. Leonhardi in Vorlesungen über d. Anfangsgrü 
der Mathem. Bd .IV. 


Geneigte. 77 


Eine Elevation der Strafsen von 5° oder 1 F. Erhebung auf 
11,5 F. ist schon eine starke Neigung für das Fuhrwesen, 
und kann bei voller Ladung ohne Vorspann nicht befahren 
werden, denn dieses würde sonst, die oberen Werthe von P 
und p angenommen eine Zugkraft von 310 %. für ein Pferd 
„ erfordem; worauf für eine längere Zeit nicht mit Sicherheit 
‘ zu rechnen ist, obgleich sie für eine kurze Zeit und durch un- 
gewöhnliche Anstrengung allerdings überwunden werden kann, 
- Nach dem Gesetze dürfen daher "die Chausseen in Frankreich 
; mr 4° 46 geneigt seyn, oder für 13 F. Länge 1 F. Erhebung 
- haben, welches unter den angegebenen Bedingungen eine Zug- 
kraft von 282 F. erfordert. Ein um 15° geneigter Berg kann 
miteinem beladenen Wagen nicht mehr hinabgefahren werden; 
denn nähme man das Gewicht eines vierspännigen Wagens zu 
800 Q. an, welcher unbeladen mit einem Hemmschuhe durch 
zwei Pferde aufgehalten werden sollte, so würde nach der 
oben angegebenen Formel statt des dort angenommenen Schu- 
bes von 70 &. vielmehr 313 &., für jedes Pferd kommen, bei 
einem mit 1600 %. auf jedes Pferd beladenen Wagen aber gar 
2819, welche auszuhalten unmöglich ist. Setzt man bei ei- 
ner Schleife die Reibung = 4 der Last, so wird in der oben 
angegebenen Formel, wenn man P undp einen willkürlichen 
Werth giebt, also für jede mögliche Belastung und jedes Ge- 
wicht der Schleife (P-+ p) Sin. 15° — $ (P + p) die Kraft 
des Herabgleitens negativ, weil Sin. 15° =0,2588, also klei- 
ner als } ist; d. h. in diesem Falle würde noch eine Kraft er- 
forderlich seyn, um die Last auf der Schleife von der Anhöhe 
herabzubringen. Erst bei einer Elevation von 19° 28’ würde 
‚ in diesem Falle die Last der zuüberwindenden Reibung gleich 
seyn, weil Sin. 19° 28’ = 0,333258 also nahe = 4 ist. 

Eine Neigung von 37° ist zu Fulse unzugänglich, wenn 
man keine Staffeln eingraben kann, also auf kurzem Rasen 
oder nackten Felsen, denn der menschliche Körper fällt rück- 
wärts, wenn das Schienbein mit der Fulssohle einen kleine- 
ren Winkel als 90° — 37° = 53° macht. Eine Neigung von 

. 49 ist die stärkste, welche erstiegen werden kann, wenn 
‚ man mit dem Fulse Staffeln in den Boden graben kann, oder 
: ch Hervorragungen finden, worauf der Fuls eine Haltung 
| ehält. Beim Auspleiten müfste der Mensch herabfallen, wenn 
man die Reibung nicht stärker als 4 der Last annehmen darf, 


Bo Echo, 


indem hierfür die steilste Neigung keine 20° beträgt. Die n 
lere Neigung der fast unersteiglichen vulcanischen Kegel 
trägt 33° bis höchstens 40°, und nur die steilsten kurzen ] 
thieen betragen 40° bis 42°. A 


Echo 


Wiederhall, in alle neueren Sprachen aus dem g 
chischen Worte 7x0, Ton, Geräusch, Echo, übe 
gangen, bezeichnet sowohl die Zurückwerfung der Sch 
strahlen oder -Schallwellen von irgend einer reflectiren 
Fläche, als auch die Flächen selbst, von welchen diese 
flection geschieht, mithin sowohl die Wirkung als auch 
Ursache des Wiederhallens. Inzwischen fallen diese bei 
Bedeutungen des Wortes so nahe zusammen, dafs die Zu 
deutigkeit von gar keinem Belange ist, auch hat man im, 
gemeinen die Erscheinung allezeit richtig erklärt, insofern : 
das Echo für die Wirkung des von irgend einem geeign 
Gegenstande reflectirten Schalles hielt. Auf diese Erkläı 
führen die einfachsten und gemeinsten, täglich wiederkeh: 
den Erfahrungen. Wenn man nämlich ein Buch vor dem 
sichte haltend laut lieset oder gegen eine Wand gekehrt re 
so empfindet man deutlich die wieder entgegenkommen: 
Schallwellen, welches eine Art Echo im Kleinen ist. W 
indefs das Phänomen des Echo’s genauer untersucht, so kı 
men dabei verschiedene Gegenstände in Betrachtung, wel 
am besten einzeln untersucht werden. 


1. Die reflectirenden Flächen. 


Die eben erwähnte Erscheinung der Reflection des Sel 
les von den verschiedensten nahen Gegenständen und die h 
fig beobachteten ähnlichen Wirkungen des Wiederhallens 
entfernteren Wänden, Mauern, Häusern, Ufern u. dgl. 
zeigt zwar deutlich, dafs Flächen von der verschieden: 
Beschaffenheit die Schallwellen zurückwerfen, allein die’ 
nauere Beobachtung ergiebt zugleich, dafs die Art des Wie« 
hallens sehr verschieden ist. Zuweilen hört man nämlich : 
besondere dia einzelnen Laute des Echo’s nur stumpf und r: 


oft aber sind sie dagegen scharf und angenehm klingend, gle: 


Echo, | 79 


sam glockenähnlich tönend, eine Verschiedenheit, welche nicht 
anders als aus der Beschaffenheit der refllectirenden Flä- 

kehen erklärt werden kann. Inzwischen wird dieser Gegenstand 
schwerlich jemals vollständig aufgehellet werden, weil der 
Bedende das Echo seiner'eigenen Stimme nur dann hört, wenn 
er sich in einer weiteren Entfernung von der wiederhallenden 
Flächebefindet, und auch jeder Hörer des Echo’s so weit davon 

* entfernt seyn muls, dafs der ursprüngliche und der zurückge- 
t worfene Schall einzeln zum Ohre gelangen, indem der nicht 
eben selten vorkommende Fall, dafs man das Echo allein 
und den dasselbe erzeugenden Schall nicht hört, nicht füglich 

t dann stattfinden kann, wenn man sich sehr nahe bei der re- 
' flectirenden Ebene befindet. Die Erfahrung zeigt indels ge- 
wügend, dafs zur Reflection derSchallwellen keine ganz ebene 
Flächen erforderlich sind, wie zur Erzeugung der Bilder durch 
Spiegel, eine durch LaGrange?, D’ALEMBERT? und Eurer 
genügend erwiesene Wahrheit. Die verschiedensten Körper, 
als Mauern, Wälle, Festungswerke, Häuser, Berge, Berg- 
schluchten, Felsen, verfallene Thürme, Höhlen, hohe Ufer, 
Wälder u. dergl. sind daher geeignet, den Schall zu reflectiren, 
such leidet es keinen Zweifel, dafs der Schall von den Wol- 
ken reflectirt werde, und dafs hieraus, verbunden mit den 

‘“ wäiederhallenden Gegenständen auf der Erdoberfläche, das 
Rollen und tiefere Tönen des Donners grölstentheils erklärbar 
sey®. Unter die reflectirenden Flächen gehören, den Erfah- 
rungen gemäls, auch die Segel der Schiffe auf aem Meere und 

‚ hochgethürmte Wellen. Letztere geben einen Wiederhall ins- 
besondere der Schüsse nach Vögeln, erstere ein vernehmliches 
Echo der Worte, welche durch ein Sprachrohr gerufen wer- 
den, jedoch hauptsächlich nur dann, wenn der Schall gegen 
die convexe Fläche der Segel mehrerer, in nicht zu grolser 


Entfernung befindlicher Schiffe gerichtet ist®. 





oo m—. 


t 1 Lagrange in Misc. Taur. 1. 93. 
2 d’Alembert in Encyclopédie par d'Alembert et Diderot. Art. 


3 Mém. de Berlin, 1765. Nov. Comm. Acad. Pet. XVR 
4 Vergl. Donner, 
5 Journ. de Ph, 1973. H, 192. 


80 Echo. N 










Inzwischen hat die Untersuchung der individuellen 
schaffenheit solcher Flächen, welche ein Echo zu erz 
geschickt sind, die Naturforscher vielfach beschäftigt. . S 
Brıssow, NoLLer und dje meisten Physiker vorauss 
dals diese Wirkung auf ähnlichen Gesetzen beruhe, als 
' Spiegelung des Lichtes, hat man den Ausdruck Katoptr 
des Schalles einführen gewollt, diesen aber als unp 
bald mit dem mehr geeigneten, nämlich Kataphonik 
Katakustik vertauscht, auch heifst der Ort, "wo der Schi 
erzeugt wird, der phonische s derjenige aber, welcher ¢ i 
Schallstrahlen zurückwirft, der pronokamptische, wob 
man das Ganze durch Phonokamptik bezeichnet und sowoh 
das phonische, als auch das phonokamptische Centrum unter=" 
scheidet, deren Bedeutung aus den griechischen Worten 
Ton, Stimme und xOunTEv umbiegen, zurückbringen, leicht 
abzuleiten ist. L. EvLER ! und diesem folgend CuLADNI? füh- 
ren die Erscheinungen des Echo auf die Schwingungen eine? 
Luftsäule in einer Röhre von beliebiger Weite und, ohne Rück- 
sicht auf ihre Krümmungen zurück. Hiernach würde efn freig- 
Raum einer unendlich langen, an beiden Enden offenen Röhr. 
gleichen, in welcher kein Echo entstehen kann, weil die 
schwingende Luftsäule nirgend einen Widerstand findet. Irgend 
eine feste Grenze gäbe dagegen eine an einem Ende verschlos- 
sene, an der andern offene und in unendliche Ferne sich er- 
streckende Röhre. Im Allgemeinen würde dann der Schall im 
Verhältnils der Entfernung des Ohrs vom tönenden Körper, 
dividirt durch die Entfernung, welche der Schall in einer Se; 
cunde durchläuft, ein Echo eszeugen, oder wenigstens würde 
hierdurch die Secundenzahl des Ausbleibens der ersten wiede» 
kehrenden Schallwelle angegeben werden. Obgleich ahg 
diese Theorie sehr gelehrt und sinnreich ausgedacht ist, CuLapı 
auch eine Anw endung davon auf den Wiederhall macht, wel- 
cher sich in Hohlwegen, langen Stollen, Canälen und zwi 
schen Felsschluchten u. dergl. zeigt, so ist doch diese Theorie 
keineswegs durch die Erfahrung genügend begründet, viel- 
mehr scheint sie mit den Resultaten der von Bıor 3 angestell* | 






1 Nov. Com. Petr. XVI. , 
2 Die Akustik. Leipz. 1802. 4. $. 212. 
3 Mém. de la Soc. d’Arcueil. l. 422, 


— 


= 
F- 
i 


Ursachen desselben. - 84 


ten Versuche nicht übereinzustimmen, Wenn er nämlich in 
die 951 Meter lange, aus gulseisernen Röhren bestehende 


Wasserleitung an einem Ende hindinredete, so hörte er meh- 
rere Echo’s, welche sich in gleichen Zeiten wiederholten, Bei 
einem Versuche hörte er deren sechs, welche sämmtlich in 
Zeiüntervallen von 0,5 Secunden einander folgten, und das 
letzte wurde nach Verlauf von etwas weniger als 3 Secunden 
gehört, welche Zeit gerade erforderlich war, damit der Schall 
von einem Ende zum andern gelangen konnte. Die Erschei- 
zung war an beiden Enden gleich, wenn man hineinredete, 
ein Zuhörer am andern aber nahm nur einen Schall wahr. 
Caranyı gesteht zu, dafs diese Erfahrung mit seiner Theorie 
nicht übereinstimmt, wonach die Intervalle zwischen den 
Echos = 2. — 5”,6 hätten seyn müssen, wenn man die 
Länge der Röhre == 951 und den Raum, welchen der Schall 
in einer Secunde durchläuft — 338 Meter annimmt, weswe- 
gen er die Ursache derkürzeren Zeitdauerin den Schwingungs- 


- knoter sucht, welche sich in dem gegen seine Länge verhält- 


e 


” 


$ 


nilsmässig sehr engen Rohre erzeugten. 
Auf eine ähnliche Weise als L. Eurer führt auch Poıs- 
sox t die Erscheinungen des Echo’s auf die Zurückwerfung 
der Schallwellen von einem Widerstand leistenden Körper zu- 
rück, indem er annimmt, dafs die durch den Schall in wellen- 
artige Schwingungen gesetzte Luft gegen die festen Hinder- 
nisse gestützt sey, und somit die Schallwellen beim Zurück- 
ge die nämlichen Gesetze befolgen, als worauf sich die 
Beflection des Lichtes zurückführen läfst. Hiernach mülsten 
sich also die Erscheinungen des Echo’s nach katoptrischen Grund- 
sätzen eben so gut, als aus der Theorie der Schallwellen er- 
klären lassen. Inzwischen darf hierbei nicht übersehen wer- 
den, dals eine jede dieser Ansichten eine hierzu geeignete und 
auf eine bestimmte Weise gerichtete Fläche voraussetzt. Nun 
ergiebt zwar die Erfahrung, dafs manche diesem gemäls be- 
schaffene Ebenen, z. B. Mauern, die Seiten grolser Häuser, 


b Kirchen u. dergl. ein dort erwartetes Echo geben, allein in 


weit zahlreicheren Fällen bleibt dasselbe gerade an solchen 
Orten .oft aus, und wird wiederum durch andere Gegenstände 


1 Journ. de l École Polyt. VII. p. 319. 
II. Bd. g F 


8) . Echo. 











erzeugt, von denen man eine solche Wirkung nach theorethgj 
schen Gründen nicht erwarten sollte, wohin namentlich dä 
keine eigentliche Fläche ®arbietenden, Bäume der | 
der, gehören, deren indiwiduelle Wirksamkeit bei der Erz&e 
gung der Echo’s überhaupt unter die schwierigsten Jð 
leme gehört. Viele Erscheinungen führen 'daher auf die Ve 
muthung, dafs gekrümmte Flächen und höhlenartig ‚ge 
wölbte Räume zur Erzeugung eines Echo’s am meisten -g 
eignet sind, denn wirklich geben verfallene Thürme, 
krümmte Ufer, Bergschluchten u. dergl. oft wider Erw 
die schönsten Echo’s, ohne dafs man jedoch eine feste 
rie, noch weniger eine geometrische Construction derselbe 
auf solche Erfahrun gen zu gründen im Stande ist. g 
Auf allen Fall darf man es hierbei als ausgemacht z 
hen, dafs glatte Flächen die Schallwellen stärker und besë 
zurückwerfen, als rauhe uud bestaubte oder mit Schmutz mi 
zogene, indem die Wände neuer Häuser ungleich s a 
wiederhallen, als alter oder bewohnter. Manche werden ü 
defs geneigt seyn, diese auffallende Wirkung vielmehr 
grölseren Elasticität solcher neuen Wände beizulegen, wod 
sie mehr geeignet sind, selbst in Schwingungen versetzt 
werden, auch scheinen die vielen Echo’s durch verfallene, 
Mauern erzeugt, hiergegen zu streiten, welche sich .indefs 
aus andern Gründen erklären lassen, wie weiter unten ge-, 
zeigt wird. ; 
Hassenrrartz 1 meint, man habe bei den versuchten _ 
Erklärungen dieser Phänomene einen eben so wichtigen, 
nahe bei er Sache liegenden Umstand zu berücksichtigen | 
terlassen, nämlich das Mittönen derjenigen Körper, melda 
die Echo’s erzeugen. Dafs viele Körper, namentlich elastischig 
und gespannte, als Glasscheiben, Gläser, Stahlstäbe, die Sal 
ten der Instrumente u. a. durch einen Schall leichtin so sta 
Schwingungen versetzt werden , um zu zittern oder selbst e& 
nen minder hörbaren Schall hervorzubringen , wulste man be 
sehr langer Zeit 2 ‚ und dafs alle mit dem tönenden in Verbim-; 
dung stehenden oder durch einen starken Schall getroffene 
Körper, selbst die wenig elastischen, eine gleiche Wi 














1 Encyclopédie method. T. UI. p. 27. . 
2 Vergl. Resonanz. 


Ursachen desselben. 83 


geigen, ist neuerdings durch CaLannı und Savanr erwiesen. 
'Man darf daher kaum bezweifeln, dals auch die den Schall 
. sorückwerfenden Körper in Schwingungen versetzt werden; 
i allein hiermit ist noch nicht ausgemacht, dafs die Entstehung 
des Echo hierdurch erklärlich werden sollte, indem auch dann 
die Frage ganz unentschieden bleibt, warum unter gewissen 
_ Bedingungen ein Echo erzeugt wird, und unter andern, an- 
: stheinend ganz gleichen, wider alle Vermuthung ausbleibt. 
b Zar Begründung eines Einflusses der Bebungen derjenigen Kör- 
è per, welche ein Echo bilden, auf die Entstehung und indi- 
viduelle Beschaffenheit des letzteren lälst sich indels allerdings 
" die oben schon erwähnte Thatsache anführen, dafs manche 
stumpf, andere aber hell und glockenartig wiedertönen. Has- 
" SEEFRATZ führt ferner an, dafs verschiedene Echo’s in unterirdi- 
schen Gallerien blofs gewisse Töne wiederhallen, und nicht 
eher, als bis der ursprüngliche Schall ein bestimmter musika- 
lscher Ton geworden sey. Wichtiger noch ist die von ihm 
erzählte Thatsache , dafs im alten Collegium von Harcouar 
' die von einem in der Mitte des Hofes stehenden Menschen 
‘ hervorgebrachten tiefen Töne durch das Echo in der Richtung 
` der Strafse La Harpe, die hohen aber in einer 50 Grade nörd- 
lichern Richtung wiederhohlt wurden. 

Dafs indefs verschiedene Echo’s durch die Schwingungen 
von Bäumen, einzelnen Mauerresten, isolirten Felsen, Fen- 
sterrahmen mit oder ohne Glas u. dgl., wo nicht eigentlich 
erzeugt, aber doch verstärkt, modificirt und in einigen Fällen 
erst hörbar werden, scheint nach verschiedenen Beobachtun- 
gen kaum zweifelhaft zu seyn, auch ist es wahrscheinlich, 

.' dals das Wiederhallen und die Ech’os mancher Wälder hier- 
', auf und auf der individuellen Gruppirung der Bäume beruhen, 
= wenn gleich die Entstehung mancher Echo’s durch hohle Flußs- 
k ufer hiermit noch nicht erklärt ist. Als Beweis hierfür führt 
a Hıssenrnatz $an, dals Gar-Vennon in seiner Jugend ein 
t Echo kannte, welches durch das Gebäude einer Mühle erzeugt 
t worde, Nach einem Aufenthalte von wenigen Jahren in Paris 
| suchte er bei seiner Rückkunft das Echo wieder, fand es aber 





e Pm: ir 


verschwunden, ohngeachtet bei näherer Untersuchung alle 
Gebäude der Mühle durchaus unverändert waren; vor densel- 


| UU1em11rreree 
3 


1 m. a. O. p, 2. 
F? 


£4 Echo. 


ben aber einige Bäume fehlten, welche früher dort sta 
und also nothwendig die Entstehung des Echo’s beding 
ben inufsten. Durch die Erzählung dieses Ereignisses x 
lafst untersuchte Hassexrnarz ein in der Ebene des] 
Rouge bei Paris befindliches Echo, welches durch eine ] 
mit einigen Reihen Bäume vor derselben in der Art e 
zu werden schien, dafs das phonokamptische Centrum i 
Mauer zu liegen schien. Hassenrrarz liefs in einer ; 
neten Entfernung Töne hervorbringen, und näherte sic 
Mauer dann mehr und mehr, wobei das eigentliche Echi 
mälig verschwand, aber eine gewisse Resonanz wahrge 
men wurde, welche im Umkreise der Bäume am stärkste: 
hinter denselben aber, nach der Mauer hin, wieder abı 
bis zum 'gänzlichen Verschwinden. ` Als er darauf sein C 
die Mauer und dann auch an die Bäume anlegte, empfa 
die Schwingungen.nicht jener, sondern dieser. Auf ähı 
Weise fand er Echo’s entstehen durch Mauern und W 
mit Fenstern, wenn diese verschlossen waren, aber 
wenn die Fenster geöffnet, die Zimmer aber versch] 
waren. 

' Darf man diese Erfahrungen als gegründet vorausse 
so folgt daraus in Uebereinstimmung mit andern akusti: 
Gesetzen, dafs zur Erzeugung eines Echo nicht blofs 
die Schallstrahlen reflectirende Fläche erforderlich ist, s0) 
dafs die Klarheit und Stärke desselben zugleich darc. 
Schwingungen der reflectirenden Flächen selbst oder anı 
- in der Nähe derselben befindlicher, hierzu geeigneter K 
bedingt wird, von denen dann vermuthlich der hellere 
stumpfere Ton der Echo’s abhängen mag. Einen zul 
‚ Werth darf man indels auf diese Resonanzmittel nicht l 
indem die Sprachgewölbe und Flüstergallerieen genügen 
weisen, dals die Reflection der Schallwellen allerdings 
den bekannten katakustischen Gesetzen geschieht, und hi 
auf gleiche Weise als bei den Lichtstrahlen die Gesetz: 
Reflection nach der Beschaffenheit des Einfalls- und Aus 
Winkels anwendbar sind, obgleich man auch in ‘diesen 
len die Bebungen der reflectirenden Flächen als mitwir 
ansehen kann. Ob endlich zur Entstehung eines Echo’ 
Concentrirung mehrerer reflectirter Schallstrahlen, alse 
Vereinigung derselben eine gewölbte Fläche erforderlich 


Vielsylbiges und vielfaches, 85 


ist hierdurch nicht ausgemacht, und. falgt keineswegs noth- 
wendig aus der Frfahrung. 


2. Menge und-Entfernung der reflectirenden Flächen. 


Wenn ein Echo gehört wird, so ist der Ort von wo die Schall- 
strahlen ausgehn, mit demjenigen, wohin sie reflectirt werden, 
oder nach der Kunstsprache das phonische und phonokampti- 

; sche Centrum entweder zusammenfallend oder verschieden. 
Im ersteren Falle hört der Redende seine eigene Stimme, oder 

z enen durch ihn selbst hervorgebrachten Ton, welches die ge- 
> meinste Art der Beobachtung ist, im letzteren dagegen, be- 
~ Sindnet sich der Hörende. an einem anderen Orte, als an wel- 
. - chem der Schall erzeugt wird. Die letztere Art der Echo’s be- 
i @üft wieder zwei Verschiedenheiten, indem entweder der 
:; Schall selbst und das Echo desselben, oder nur das letztere al- 
~ ` Jein gehörtwird. Blols in diesem Falle würde es möglich seyn, 
dem phonokamptischen Mittelpuncte sehr nahe zu kommen; 
wenn man sich hierdurch nicht zugleich dem \Vege, auf wel- 
chem der Schall. zu der das Echo erzeugenden Fläche gelangt, 
zu sehr näherte, wodurch der Schall und sein Echo zusam- 
menfallen, und somit nicht einzeln vom Ohre wahrgenommen 
werden können. Auf allen Fall ist es daher nothwendig, dals 
zwischen der \Wahrnehmung des erzeugenden Schalles und des 
dadurch hervorgebrachten Echo’s so viele Zeit verstreicht, dafs 
beide einzeln durch das Ohr empfunden werden können. . Es 
kommt also darauf an genau zy bestimmen, wie viele einzelne 
‚Laute in einer gegebenen Zeit das Ohr hören und unterscheiden 
kann. Hierbei dürfte allerdings die individuelle Schärfe des 
«zelnen Ohres zu berücksichtigen geyn, im Allgemeinen aber 
‚ Wird mindestens nahe genau angenommen, dafs das Ohr im 
Mittel etwa 8, das geübteste ‚nicht mehr als 9 einzelne Laute 
„ in einer Secunde untesscheiden,könne, . Ist also die Zeit zwi- 
schen der Wahrnehmung des Schalles und seines Echo’s kür- 

. zer als 4 Secunde, so werden beide zusammenfallen, und ein- 
ander verstärken, aber ein Echo wird nicht gehört werden, 
! Dieser Fall tritt ein, wenn man: sich der Echo gebenden Fläche 
| ‚su.sehr nähert, wodurch dasselbe also verschwindet, noch 
' mehr aber. in Kirchen, neuen und noch unbewohnten Häusern, 
in denen bekanntlich ein jeder Schall nicht. eigentlich verviel- 
fltigt, ‚wohl aber oft unglaublich verstärkt und nachhallend 


ree -~ 


86 Echo. ` , 


gemacht wird. Nennt mait allgemein den Raum, welchen i 
ursprüngliche Schall bis zum Ohre des Hörenden zu durchle 
fen hat = w; den desreflectirten Schalles = W; den Rau 
welchen der Schall in einer Secunde durchläuft = k, so 

dns zwischen beiden liegende Zeitintervall z = Er . 
hierbei z kleiner als 4 oder als 0,112, so wird gar kein Ec 
gehört werden. Die genauesten Versuche haben ergeben, å 
der Schall durch die atmosphärische Luft innerhalb einer Í 
cunde bei 0° Temperatur einen Raum von 1020 Par. 

durchläuft, und für jeden Grad der Centesimalscale erhäh 
Temperatur fast. 2? Fuls mehr. Nimmt man also 15° C. als mi 


lere Temperatur an; so wird k == 1050 und z == 





1050 
Hört der Redende seine eigenen Laute durch das Echo wied 


hallen, so ist w = 0, und die kürzeste Entfernung, bei w 
cher dieses unter den angegebenen Bedingungen möglich si 


soll, giebt $ = ALM . woraus W == 116,67 par. F. gef 


den wird, und weil in diesem Falle der Schall eine glei 
Zeit gebraucht, um zu der reflectirenden Ebene zu gelang 


LIGET oder 58,3 


Par. F, die kürzeste Entfernung, in welcher ein Redender v 
der brechenden Fläche entfernt seyn muls, wenn er seü 
eigenen Laut reflectirt hören will. Erhält w irgend eii 
Werth, oder ist der Hürende von dem schallenden Körpere 
fernt, so mufs W um eine gleiche Grülse wachsen, und wi 
der Hörende daher den ursprünglichen Schall und auch 
Echo hören kann, so ist auch in diesem Falle 58,34 Par. 
die kürzeste Entfernung, -auf welche sich der ‘Hörende o 
der den Schall Erzeugende dem reflectiretiden Gegenstande. 
hern darf, wenn der Schall-und sein Echo unterschieden w 
den soll, Hierbei kann w den gröfsten Werth erhalten, w 
der Hörende und der den ‚Schall erzeugende in einer gera 
Linie liegen, woraus folgt, dafs man auf keine Weise derv 
derhallendeit Fläche näher kommen kann, als etwa 58 P. 
wenn man. den ursprünglichen Ton gleichfalls hüren will, 
in den meisten Fällen, mindestens bei grolser Annähen 
an die reflectirende Fläche, notwendige Bedingung, wes 





als wieder von derselben zurück; so ist 


Vielsylbiges und vielfaches. 87 


sen eine genaue Betrachtung des eigentlichen phonokamptischen 
Mittelpunctes und die bestimmte Kenntnifls solcher katakusti- 
schen Flächen fast eine Unmöglichkeit ist. Uebrigens giebt 
oo in gewölbten Räumen allerdıngs Echo’s,bei denen die Ent- 
fernung bis zur nächsten reflectirenden Fläche keine 58 P. F. 
beträst, allein in diesen Fällen kommt der Schall nicht von 
der rellectirenden Fläche unmittelbar zurück, sondern wird von 
der ersten gegen eine zweite oder auch gegen mehrere gewor- 
fen, bis er zum Ohre zurückkommt. 
Ist das phonokamptische Centrum. nicht weiter ` entfernt, 
als erfordert wird, um die ausgesprochene Sylbe und die durch 
das Echo wiederholte einzeln zu verstehen, so hat man ein so- 
_ genanntes einsylbiges Echo (echo monosyllaba), können aber 
zwei oder mehrere Sylben auf diese \Veise deutlich gehört wer- 
den, so hat man ein vielsylbiges Echo (echo polysyllaba‘). 
Diese Art der Bezeichnung ist zwar allgemein angenommen, und 
wird auch durch die individuelle Art der Prüfung der Echo’s 
sehr natürlich herbeigeführt, allein sie ist durchaus ‚unwissen- 
schaftlich, und hindert die genauere Untersuchung der wie- 
derhallenden Flächen. Man hat gäimlich kein bestimmtes Mals 
der Zeit, welche zum Aussprechen einer gewissen Menge von 
Sylben erfordert wird, deren Länge und Schwierigkeit des 
Aussprechens obendrein nicht gleich ist. \Veils man daher 
auch, wie viel Sylben ein Echo wiederholt, kennt man zu- 
gleich die Sylben, welche dasselbe deutlich wiedergegeben 
. hat, so ist damit die Entfernung noch keineswegs gegeben, 
und noch nicht bestimmt, wo der phonokamptische Mittel- 
punct eigentlich zu suchen sey. Inzwischen sind die mei- 
sten Beobachtungen der Echo’s auf dieses Mals zurückgeführt, 
aber die Angaben selbst beweisen die Zweckwidrigkeit dessel- 
ben. Braucanus ? fordert 120 F. Entfernung für jede deut- 
: lich gehörte Sylbe; Mensense ? dagegen nur 69 Par. F.; 
i Jons Montos 3 für ein einsylbiges 90 engl. F.; für ein zwei- 
: sylbiges 105 F.; für ein dreisylbiges 160 F.; für ein viersyl- 
biges 182 F.; für ein fünfsylbiges 204 F.; dasEcho zu Oxen- 


Dur 


t 





1 Echometria theoretica in seiner Sphaera mundi p. § Vergl, 
John Morton Natural History of Northamptonshire p, 358 


2 Brisson Dict, de Phys, art. Echo. 
3 Natural Hist. of Northamptonshire. cap. V. p. 558. 


88 Echo. 







don aber wiederholte bei einer Entfernung von 673 F. 13 Syl- $ 
ben. Dr. Pıor * hörte bei dem berühmten Echo zu Wood» 
stock bei Oxford in einer Entfernung von 2280 F. bei Tage, 
17, bei Nacht 20 Sylben, welches 114 F. auf eine Sylbe b 
tragen würde. Esrıı ? beobachtete, dafs ein vorzügliches. 
Echo zu Derenburg die 27 Sylben Conturbabantur Constan-"- 
tinopolitani innumerabilibus sollicitudinibus deutlich nach» 
sprach, und doch fand er die Entfernung nur 254 Schrittugg _ u 
welche er zu 550 F. annimmt. Rechnet man einen Schritt; = 
auch, wie früher: bei manchem Militär, zu 23 F., so kommeng. 
dennoch nur 677 F. heraus, auf jede Sylbe aber nur 25 F3. 
der Schall würde bei nur 5° C. Temperatur 1,3147 Secunden, 

. zum Durchlaufen dieses Raumes gebraucht haben, und es käme” 
somit:auf jede Sylbe nicht völlig 0,05 also nicht ein halbes 
Zehntel einer Secunde, welches voraussetzen würde, dals je- 
mand 20 Sylben in einer Secunde aussprechen könnte. Fragt 
man aber, wie viele Sylben durch ein vollkommenes Sprach- 
organ in einer Secunde gesprochen werden können, so ist die _ 
Beantwörtung dieser Frag&.«ebermals höchst schwierig, weil - 
die Länge derselben‘, die A und der Wechsel der Consonan«: 
ten in ihnen und die indiWiduelle Uebung, welche man in 
Aussprechen derselben sich’ erworben hat, jede genaue Be- 
stimmung unmöglich: machen. LICHTENBERG 3 giebt an, das 
Aussprechen der ersten zehn Zahlen oft mit Hülfe einer genauen , 
Pendelühr versucht, und gefunden zu haben, dals er hierzu 
im Mittel einer Secunde Zeit bedurfte. Diese 10Sylben haben 
eine sehr leichte Folge, und ein jeder hat sich an.das Aus- 
sprechen derselben seht: igewöhnt; allein es möchte dennoch 
schwer halten, sie alle in dem angegebenen Zeitraume rein ` 
hervorzubringen. Hurrox & dagegen meint, es würden ge- 
wöhnlich nur 3 bis 4 Sylben in einer Secunde gesprochen, 
und rechnet dann für 4Sylben eine Entfernung des röflectiren- 

` den Körpers von 500 engl. Fuls/ und in dem‘ nämlichen Ver- - 
hältnifs für mehrere Sylben. Dieses gäbe als gewils nahe rich- : 
tiges Mals für eine Sylbe eine Entfernung von 125 engl. F.. 
und für Sylben eine Entfernung = n X 125 F. . 






‘Natural Hist. of Oxfordshire. cap. 1. p. 7. 
Licntexsens vermischte Schriften VII. 1%. 
vermischte Schriften VIII. 221. 

Dict. 1, 449, 


rn» 


Vielsylbiges und vielfaches. 89 


Will man indefs die Entfernung der reflectirenden Fläche 
genau wissen, welches insb@dondere dann von Wichtigkeit ist, 
wenn man den bestimmten reflectirenden Gegenstand zur nä- 
heren Untersuchung seiner Wirkungsart kennen lernen will; 
so muls man nur einen Laut kurz aussprechen und das Zeit- 

intervall zwischen diesem und dem ersten Schalle des Echo’s 
wo möglich mit einer Tertienuhr, oder in Ermangelung dieser 
zsiteinerSecundenuhr durch\Viederholung des Versuches genau 

Fk messen. Hatman auf diese Weise die Zeitin Secunden möglichst 
. scharf bestimmt, die Temperatur der Luft nach Schätzung nahe 
richtig angenommen, so findet man die Entfernung des re- 


“ "Sectirenden Gegenstandes = Z >C elta F t. 1,96) mit 


binlänglicherSchärfe, wenn z die Zeitin Secunden, t aber dieGra- 
de der Temperatur nach der hunderttheiligen Scale bezeichnen. 
. In den wenigsten Fällen ist der Beobachter indels mit den 
: hierzu erforderlichen Werkzeugen, namentlich einer richtigen 
Secundenuhr versehen, und doch wird es die Neugierde des 
wissenschaftlich Gebildeten reitzen, und den Wunsch, sich 
nützlich zumachen, in ihm erregen, wenn ihm zufällig die Ge- 
legenheit geboten wird, ein vorzügliches Echo näher zu un- 
tersuchen. Um in diesem Falle eine genauere Zeitmessung zu, 
suppliren, schlägt Lich tengerg?! vor, sich überhaupt die Fer- 
„ tigkeit zu verschaffen, eine gewisse Menge Wörter gleichmälsig 
auszusprechen, um hiernach in vorkommenden Fällen die Zeit 
zu messen, und er bringt hierzu die Zahlen von eins bis zehn 
in Vorschlag, welche man alle oder deren so viele wählen 
könnte, als man sich, gerade gewöhnt hat, in einerSecunde be- 
quem auszusprechen. Dals man durch dieses bekannte Mittel 
allerdings ein ziemlich genaues Zeitmafs erhalten kann, ist ge- 
”- wils, allein es läfst sich nicht gut auf Theile einer Secunde 
p ausdehnen, wenn gleich ganze Secunden scharf. genpg dadurch 
k 
i 


nr - 


| ~ 


gemessen werden können. Noch besser dürfte es daher seyn, 
sich einer gewöhnlichen Taschenuhr zu bedienen, bei dersel- 
ben vorher oder nachher die Menge der Schläge der Unruhe zu 
bestimmen , welche auf eine Minute gehen, dann durch Di- 
s vision den Werth eines einzigen Schlages zu finden, welcher 
} meistens 0,25 Secunden beträgt und hierdurch also ein weit ge~ 
_ mueres, obgleich bei dem unregelmälsigen Gange schlechterer 


1 a. üs 0. 


90 Echo, 


Uhren nicht ganz zuverlässiges Mals kleiner Zeittheilchen 
erhalten. Die Bestimmung der’ Temperatur bleibt immer 
was unsicher, allein man wird dennoch die Entfernung ei 
Echo’s nach der angegebenen Formel nahe richtig berechr 
und mit einer auch nur unvollkommenen Messung: vergleic 
könhen. Dernaam hielt diese Art der Messung durch das £ 
intervall zwischen Ton und Wiederhall für so genau, dafı 
umgekehrt die Breite der Themse bei Woolwich durch 
Ausbleiben des Echo’s auf dem jenseitigen Ufer mals 1. 

- Rücksichtlich der Entfernung der reflectirenden Fläche 
endlich noch Folgendes zu berücksichtigen. Manche viels 
bige Echo’s werden durch Gegenstände erzeugt, welche : 
in sehr grolser Entfernung befinden, wie schon aus der Me: 
der wiederholten Sylben von selbst folgt.. Unter den ange 
 benen Echo’s war das zu Oxendon 673F., das bei Woodst 

2280 F., das bei Derenburg 677 F. entfernt. DeruAam uni 
suchte ein Echo, Woolwich gegenüber, und fand, dafs. 
über die Themse gehende und wiederkehrende Schall ei 
kurz ausgesprochenen Sylbe drei Secunden ausblieb?, welo 
für eine mittlere Temperatur von 15° C. eine Entfernung’: 
1575 F. voraussetzt. Bei den meisten .der genannten mö 
die Versuche wohl mit einem Sprachrohre angestellt seyn, ı 
so läfst sich also nicht entscheiden, ob die Entfernung, wel 
der Schall zu durchlaufen hatte, gröfser war, als wohin 
Stimme eines Menschen reicht. Am auffallendsten aber ı 
am unerklärlichsten ist das Phänomen, welches das Echo 
Derenburg darbot. Es ist nämlich schon oben bemerkt, £ 
die Entfernung ider 'reflectirenden Mauer mit der Zahl der w 
derholten Sylben in gar keinem Verhältnisse steht, denn wi 
auch angenommen würde, dafs EseLu zehn der angegeb&i 
Sylben in einer Secunde ausgesprochen habe, so setzt die 
doch eine Entfernung von mindestens 1050 F. voraus, wel, 
‘mit der Messung im Widerspruche steht. Sollten beide 
Uebereinstimmung gebracht werden, so mülste man ‘anni 
men, der Schall sey zuvor von den einzelnen Theilen | 
Mauer so lange hin und her geworfen, bis er zum Ohre zurü 
kommend die Länge des angegebenen Weges zurückgel 





1 Horrox Dict. I. 449. 
2 Ebendaselbst. 


Vielsylbiges nnd vielfaches 9 


habe. Bei den vielfachen Echo’s kommt die nämliche Frage 
in Betrachtung, Angenommen nämlich, die Entfernung der 
ersten reflectirenden Fläche sey die kleinstmögliche, so gäbe die- 
` ses 58 F., und wenn dann diese zehnmal in einer Secunde 
= miederholt würde, so mülste der Schall der letzten: Wieder- 
holong noch aulserdem einen Raum von 1050 F., im Ganzen 
-also 1108 F. durchlaufen haben, Wird aber der Schall durch 
ğe Reflection nicht verstärkt, so kann die erste Sylbe nur so 
gehört werden, als käme sie von einem 116F. entfernten Men- 
- schen, folglich betrüge der ganze durchlaufene Raum in dem 
“ angegebenen Falle 1166 F. Wie weit die Menschenstimme 
im Freien reiche, ist zwar nicht genau ausgemacht, indels kann 
mit LampERT t im genäherten Werthe etwa 800 F. angenommen 
werden; dann folgt aber, dafs die meisten vielsylbigen und 
vielfachen Echo’s gar nich gehärt werden könnten. Das Echo 
bei Derenburg machte aber nicht biols stark ‚gerufene Laute 
wiederhallen, sondern selbst das Stampfen und Schnaufen der 
Pferde wurde von demselben wiederholt, und überhaupt darf 
man im Allgemeinen annehmen, dafs gute und vorzüglich helle 
Echo’s die Laute stärker wiederhallen, als sje auf die doppelte 
Entfernung gehört werden würden, ja sogar zuweilen die Worte 
vernehmlicher wiedergeben, oder mindestens wiederzugeben 
scheinen, als sie ursprünglich gesprochen sind. Ein auffal- 
lendes und interessantes Beispiel hiervon giebt das ausnehmend 
schöne Echo, welches in der Mitte der neu erbauten katholi- 
schen Kirche in Darmstadt gehört wird, und ganz entschieden 
durch die Reflection der Schallwellen von der gewölbten Kup- 
pel entsteht, Diese Kuppel ist 150 F. hach, und der Schall 
maís also hin und her gehend 300 F. durchlaufen, eine Strecke, 
auf welche man einen im Freien Redenden nicht zu hören 
vermöchte. Dennoch ist der Wiederhall des Echo’s so laut, 
klar und vernehmlich, dafs die ursprünglichen und die re- 
#ectirten Worte von einem wenige Fuls von dem Redenden 
entfernt Stehenden mit gleicher Stärke gehört werden. 

Was für eine Ursache diese Verstärkung des Schalles her- 
vorbringe, ist deswegen schwer zu bestimmen, weil wir die 
eigenthümliche Art der Reflection des Schalles durch die ver- 
schiedenen Körper nicht kennen; auch ist mir nicht bekannt, 


1 Licarzsserg a. 2.0, p. 213.. 





2 Echo, 
dals aufser Licutensere die Physiker. eine Erklärung dieser 
Sache versucht haben. : Dieser findet die Ursache der Versti 
kung theils in den kleinen ausgehöhlten Räumen verwitterteg 
Mauern mit ihren vielen, im zerfallenen Mörtel hervorragamm 
den Steinchen, wodurch eine sehr grolse Menge solcher Ebay 
men gebildet werden, welche die auffallenden Schallstrahleg 
.zum Ohre des Hörenden reflectiren. Auf gleiche. Weise sole 
len auch die vielen Ebenen, welche namentlich Tannenbäumg 
mit ihrer rauhen Rinde bilden, zur Erzeugung eines stark schals 
lenden Echo’s vorzüglich geeignet seyn. Ferner meint Licha 
TENBERG, dafs schräg auffallende Strahlen, welche also niché 
refleçtirt werden können, doch eine Bebung'der Mauer erzead 
gen, und hierdurch die Reflection verstärken!. -© -© .. ag 
Hierin liegt allerdings. viel Wahres, und namentlich. haf 
der erste Grund manches für sich, sofern das Echo durch ei 
gerade Mauer hervorgebracht wird, von welcher nicht vice 
Schallstrahlen reflectirt werden könnten, wenn sie als völlig 
eben und gleichsam spiegelnd. gedacht würde; in welche 
Falle also die nach allen Richtungen liegenden Ebenen : dæ 
. verwitterten Theile und hervorstehenden Steinchen eine groß 
Menge solcher Flächen darbieten müfsten, von denen Mr 
fallende Schallstrahl zum Ohre des Hörenden reflectirt würde 
Im Allgemeinen aber scheinen mir folgende Ursachen zur un- 
leugbaren Verstärkung des Schalles durch katakustische Gegen- 
stände beizutragen: . r 
1. Sobald die Luft nicht völlig frei, sondein gegen eine 
festen Körper gestützt ist, sich also nachL. EvLer’s, CHLAD NAS 
und Poıssow’s oben mitgetheilter Ansicht in einer an eine 
Ende verschlossenen, am andern unendlich langen offemek 
Röhre befindet, mufs die rückwärts gehende Fortpflanzung des 
Schalles deswegen vermehrt werden, weil die Wellen dessel=t 
ben einen Widerstand finden. Befinden sich noch aulse 
an den Seiten Bäume oder sonstige feste Gegenstände, - 
gleicht die Luft um so mehr einer in eine Röhre einges 
senen, und dieSchallwellen werden daher weiter fortgepflanzt 
‘werden, da: nach den Versuchen von Bror? die Entfernung 
bis auf welche der Schall durch enge Röhren fortgeleitet wink 
unbegrenzt ist. .n. | a: 
3 a a. O, p. 214, 
2 Vergl. Schall; Fortpfiansung desselben: --- S 








sunmeln daher mehrere Schallstrahlen, und wenn gleich ein 
einselner derselben auf die gegebene Weite verschwinden 

"$ würde, so macht doch die vereinte Menge den Schall hörbar 
und lauter. Sie gleichen in gewissem Sinne den Sprachgewöl- 
ben, wie namentlich bei dem erwähnten Echo in Darmstadt 
der Fall ist. 

3. Eine Hauptsache aber ist die Mitwirkung der Bebungen, 
wertin die reflectirenden Körper gesetzt werden, und wodurch 
sie eine Art Resonananz hervorbringen. Dafs solche Schwin- 
gungen wirklich statt finden, darf in Folge der oben erwähnten 
Beobachtungen von Hassenrrartz und der zahlreichen Ver- 
sche von CHLADNI und Sıavarr nicht bezweifelt werden. 
Ven welchem Einflusse auf die Stärke des Schalles aber die 
Bebungen derjenigen Theile sind, welche bei der Erzeugung 

; eines Tones zugleich mit in Schwingungen versetzt werden, 
beweisen insbesondere die Resonanzböden, ohne deren Mitwir- 
kung viele Instrumente dumpftönend und kaum hörbar seyn wür- 
den. Einen Beweis hiefür geben ferner die neuen, und daher noch 
mehr elastischen Wände unbewohnter Häuser durch der un- 
glaublichen Wiederhall, welchen sie erzeugen, und wennLıca- 
TENBERG die Ursache des Erfahrungssatzes, dafs alte Mauern am 
leichtesteneinEcho geben, in derRauheit ihrerOberfläche und der 
q dadurch vermehrten Zahl der reflectirenden Flächen findet, so 
` mag dieses allerdings gegründet seyn, allein es ist gewils zu- 
ni gleich mehr als wahrscheinlich, dafs auch ihre vermehrte Elasti- 
: Gtit hierbei wirksam ist, wodurch sie leichter und stärker 
a schwingen, folglich auch eine grölsere Resonanz erzeugen, 
‚ Indem bei alten Mauern der Mörtel ganz erhärtet ist, und mit 
` den Steinen eine gemeinschaftliche steinartige Masse bildet. 
Giebt es mehrere Körper, welche den Schall auf 
$ ünen einzelnen Punct reflectiren, und liegen diese in unglei- 
chen Entfernungen, oder werden einige Schallstrahlen nach 
' &ner einzigen Reflection, andere nach mehreren zum Ohre 
&urückgeworfen, so entsteht ein zwei- ode vielfaches Echo. 
Eigentlich kann man dabei so viele Echo’s annehmen, als Wie- 
derholungen statt finden, denn eine jede von diesen setzt einen 
besonderen reflectirenden Gegenstand voraus, oder hat ein 
eigenthümliches phonokamptisches Centrum, und es ist daher 
mf eine jede derselben alles dasjenige anwendbar, was oben. 


Vielsylbiges und vielfaches. 9 
9. Die reflecirenden Flächen sind meistens gekrümmt, 


m 


nn 3 7. 





94$ . Echa. 


vom einfachen Echo gesagt ist. Die vielfachen sind d 
gleichfalls einsylbig und mehrsylbig, jedoch können sie we 
der sonst erforderlichen langen Zeit des Ausbleibens der 1 
"Wiederholungen nicht füglich so vielsylbig seyn, als die e 
fachen. Weil ferner der Schall so viel schwächer werd 
muls, je grölser der Weg ist, welchen derselbe ae 
so folgt hieraus nothwendig, dafs die letzten Wiederholungg 
des vielfachen Echo’s weniger vernehmlich sind, weswege 
auch zahlreichere Wiederholungen bei einem starken Schalle‘ 
gehört werden, als bei einem schwachen, auch mehrere dery: 
selben in der Stille der Nacht als bei Tage. Im Allgemeineg" 
sind die Wiederholungen ungleich an der Zahl, indem 
deren von zwei bis dreilsig und sechzig, ja noch wohl mehp 
gefunden haben will, wovon einige jedoch nur dad 
erklärlich sind, dals die Schallstrahlen von zwei parallele 
phonokamptischen Flächen dem zwischen ihnen befindlichen 
~ Ohre auf gleiche Weise vervielfältigt zugeworfen werden, alg 
eine unendliche Menge Bilder des nämlichen Gegenstandes von“ 
_ zwei parallelen Spiegeln zu dem zwischen ihnen befindlichen 
Auge gelangen müssen. 













1 a 


a 
3. Merkwürdige Echo’s. 


Es ist oben schon angegeben, dafs man unter Echo auch 
denjenigen Ort versteht, wo sich ein den Schall reflectirender 
Gegenstand befindet, oder wo man’ein Echo hört. Solche Oerter 
oder sogenannte Echo’s sind in Menge vorhanden, und ihre Zahl, 
würde übermäfsig grofs werden, wenn man auch nur die vor- , 
züglichern aufzuzeichnen sich die Mühe geben wollte. So. 
giebt es namentlich hier in Heidelberg ein merkwürdiges Echo; ; 
welches sehr geeignet ist, das Rollen des Donners "und dis; y 
abwechselnde Verstärkung und Schwächung seines Schall 
anschaulich zu machen. Ein Pistolenschufs nämlich, von ei 
etwas tieferen Stelle des Heiligenberges ausgehend, wird aus, 
einer gegenüberlie enden Bergschlucht reflectirt, so dafs man | 
etwas weiter nafs , zur Seite und hinter dem schallenden 
Gegenstande, denKnall des Geschützes nicht selbst hört, wohl 
aber den Wiederhall desselben, und zwar ganz eigentlich don- 
nerähnlich mit einigen wiederkehrenden Verstärkungen bis zum 





1 Vergl. Spiegelcabinet. 


Einige merkwürdige, 95 


allmäligen Verschwinden, Solche Echo’s giebt es gewifs noch 
viele; indels wird es genügen, blols diejenigen namhaft zu 
schen, welche schon von alten Zeiten her eine gewisse 
Celebrität erhalten haben. Aufser den schon erwähnten er- 
sähltGassenpr? von einem Echo beim Grabmale der METELLA, 
Gemahlin des Crassus, welches den ersten Vers der Aeneide 
achtmal wiederholte. Zu Rosneath bei Glasgow wiederholt ein 
Echo die Töne eines Instrnmentes dreimal deutlich ; auch soll 
beiCyzicus ein siebenfaches und bei Brüssel ein funfzehnfaches 
Echo seyn?. Aus Casran Barra 3 ist das schöne Echo am 
Rhein an den Ufern der Naha zwischen Coblenz und Bingen 
bekannt, welches ein Wort 17 mal wiederholt. Man hört da- 
bei denjenigen, welcherredet oder ein Instrument bläst, wenig 
oder gar nicht, das Echo aber sehr deutlich und mit vielfachen 
Verschiedenheiten , indem die Stimme desselben bald näher, 
bald ferner herzukommen scheint, zuweilen sehr laut, dann 
wieder leiser tönt, auch glauben verschiedene Personen das 
Echo, die eine links, die andere rechts zu hören u. s. w. 
Diesem ähnlich ist das Echo zu Genetay, welches der Bene- 
&ictiner Quzsuxt # beschrieben hat. Derjenige, welcher singt, 
hört dabei nur seine eigene Stimme, die Zuhörer aber an den 
geeigneten Stellen nur den Wiederhall, und gleichfalls so, dafs 
das Echo sich bald zu nähern, bald zu entfernen scheint; der 
eine hört nur ein einfaches, ein anderer ein mehrfäches Echo, 
dieser zur Rechten, jener zur Linken. Qvesser erklärt die- 
ses sehr gut aus der länglichten Gestalt des Hofes und der ihn 
einschlielsenden Gebäude. Ein gleichfalls ausgezeichnetes Echo 
kei Verdun ist durch Teintünızn5 beschrieben. Dieses wird 
duch zwei vom Hauptgebäude getrennte Thürme gebildet, 
% Toisen von einander abstehend , der eine mit einem niedri- 
gm gewslbten Zimmer, der andere mit einem gewölbten Ein- 
age. Stellt man sich in die Mitte zwischen beide, so hört 
Wan ein laut geredetes Wort 12 bis 13 mal in gleichen Zwi- 
schenräumen stets schwächer wiederholt. Tritt man auf einige 
Eatfenung aus der Verbindungslinie beider Thürme, so hört 
n 


In Anmerk. zu Diogenes Laertius. Lib. X. 
Hrrrox Dict. I, 449. 

Statii Thebais, XI. v. 30, Anm, 

Mém. de l’Ac. 1692. II, 87, X. 127, 
Ebend, 1710, pe 18. 


O a 2 ya 


- 


96 ` , Echo. 


das Echo ganz auf, kommt man aber auf eine Linie zwis 
dem Hauptgebäude und einem der Thürme, so hört mar 
einfaches Echo. Hier müssen also die beiden Thürme sic] 
Schallstrahlen wechselsweise zuwerfen.: . 

Eins der berühmtesten und schönsten Echo’s ist das 
Schlosse Simonetta unweit Mailand, wovan schon Kırı 
und Scuorr reden?. Es wird durch die beiden vorsprin 
den Flügel desSchlosses gebildet, und wiederholt einen F 
lenschuls aus einem der Fenster des Hauptgebäudes 54 
eine Angabe, welche Anpısow?, Misson 3 und Moncé4 b 
tigt fanden. BernouLLı® aber will sogar eine 60fache \ 
derholung gehört haben. Bei Andersbach in Böhmen. is 
merkwürdigesEcho. : Einzelne Felsen, in einem Umkreise 
fast 3,5 deutschen Meilen zerstreut, bilden das Gerippe 
Berges, und ragen grölstentheils blofs mit ihren nackten Sp 
empor. Da wo sich diese Felsengruppe schlielst, ist das I 
welches 7 Sylben dreimal wiederholt, ohne sie im mind 
zu verwirren. Das phonische Centrum ist in einer kle 
Entfernung von der höchsten Felsenspitze; dort stehend 
man auch leise gesprochene Worte sehr deütlich, entfernt 
sich aber nur einige Schritte nach der einen oder der an 
Seite, so giebt selbst ein Pistolenschufs kein Echo6, : D 
bildet also gleichsam den Uebergang zu den Sprachgewölb 

Einige der genannten Echo’s, insbesondere die durch 
bäude erzeugten, existiren nicht mehr, oder sind wenig: 
durch die allmälige Veränderung der reflectirenden Ge 
“ stände gleichfalls bedeutend verändert. Sie haben indels 
mal eine geschichtliche Celebrität erhalten, und können 
Vergleichung mit andern neu aufgefundenen dienen. 

Ein tonisches Echo nennt man das Wiederhallen _ 
cher oder harmonirender (consonirender) Töne durch sc 
Körper, welche durch die sie treffenden Schallwellen Iı 
selbst in Schwingungen versetzt werden, z. B. musikali 
Saiteninstrumente, Glockenu.dgl.m. Sie hallen hauptsäcl 





Souraweıu in Phil, Trans. XLIV, N. 480, p. 220. 
Travels. p. 3% 

Voyage d'Italie. IT, 196. 

Encyclop. Method, III. 25. 

Zusätze zu Volkmann’s Reisen p. 100. 
Bibliotheque Brit. IX, 292. 


DE WW DD mi 





Edelstein. Einfallsloth, 07 


ysn Töne wieder, welche mit ihrer eigenen Stimmung 
inkommen, oder wenn die letzte allgemein ist, wie beim 
Piano, so hört man durch einen reinen und etwas star- 
Ton meistens den harmonischen Dreiklang desselben er- 
1 
n der ausübenden Musik heifst Echo die Nachahmung des 
ien-Echo’s durch leise Wiederholung der Töne, welche 
jn abnehmender Stärke öfters wiederholt und allmählig 
inden läfst. In der Baukunst nennt man Echo eine 
Einrichtun g der Gebäude, vermöge welcher sie den Schall 
kt wiedergeben. a , M. 
Echometer. S. Metronom. 


Edelstein. 


3; pierre precieuse; precious stone. Hierunter 
ft man jedes seltenere Mineral, welches sich durch Härte, 
$ Durchsichtigkeit, Farblosigkeit oder angenehme Färbung 
b Farbenspiel, oder wenigstens durch einige dieser Eigen- 
ten auszeichnet, und sich hierdurch zur Anwendung als 
ıck eignet. Man rechnet hierher den Türkis, den Opal, 
K. Qarz (als Bergkrystall, Amethyst, Citrin, Rauchtopas, 
> Ausenquarz, Prasem, Katzenauge, Aventurin, weilsen 
ı Carneol, Heliotrop, Plasma, Chrysopras, Onyx 
F i eian), den Zirkon (mit Inbegriff des Hyacinths), 

ed (mit Inbegriff des Berylls ) Topas (mit Inbegriff des 

ggamarir ) Cyanit, Chrysoberyll, Feldspath (als ” Adular, 

lorstein und Amazonenstein) Turmalin, Jolith, Lasur- 

ya, , Kaneelstein, Granat, Chrysolith, Sapphir (als blauer, 

r, gelber, rother und als Sternsapphir) Spinell und 
G. 







$ 


nt, 


Einfallsloth. 


stus incidentiae; la perpendiculaire a la surface 
ingente ou . relechissante; the Perpendicular; 
Senkrechte, welche auf einer brechenden oder zurück- 
Henden Ebene da errichtet wird, wo der auffallende Licht- 
hl diese Ebene trifft. Ist die Fläche, auf welche der Licht- 


1 Vorgl, Resonanz. 
2 Vergl. Sprechzimmer, 
Ni. Bd. G 


. Sinus anguli incidentiae; Sinus de Pangle d'incidence 


- der Winkel, den der Strahl mit dem Einfallslothe mao 


4 


Brechung abhängt, B. 


98 Einfallspunct. Einschattige. 


strahl auffällt, gekrümmt, so ist das Einfallsloth senkrecht 
die berührende Ebene des Punctes, wo der Strahl auffällt. 


Einfallspunct. 


Punctum incidentiae; point d'incidence; point 
incidence. Der Punct, wo der Lichtstrahl die brech 
oder zurückwerfende Ebene trifft. BA 


Einfallssinus. 


the sine of incidence. Der Sinus des Einfallswinkels, 
dessen Gröfse bei der Brechung der Lichtstrahlen die Gröfse 





` 


Einfallswinkel. 


"Angulus incidentiae; angle d'incidence; angle of 
incidence; ist bei Lichtstrahlen, die auf eine Ebene falle, 






Dieser Winkel heifst auch zuweilen der Neigungswinkel. 

Bei einigen Schriftstellern bedeutet dagegen das Wort Eii- 
fallswinkel denjenigen Winkel, den der Strähl mit der brechen- 
den oder zurückwerfenden Ebene selbst macht. Man findet 
zwar leicht, in welcher Bedeutung jeder Schriftsteller das Wort 
nimmt, indels sollte man im Schreiben es immer in dere 
Bedeutung nehmen, da dies der herrschende Gebrauch ist.., 

B: 


Einklang. S. Ton. 
Einschattige. 


Heteroscii; Heterosciens; Heteroscii; (von Frepog ie 
andere, der eine von zweien, und oxı& der Schatten) heibei 
in der Geographie diejenigen Bewohner der Erde, welche u 
Mittag allezeit in Rücksicht auf sie selbst den Schatten nach dee 
nämlichen Seite, in Rücksicht auf die Bewohner der anderg 


-Halbkugel aber nach entgegengesetzten Richtungen werfen. Jey 


nes erstere liegt bei der deutschen, das Letztere bei der late 
nischen Bedeutung des Wortes zu Grunde. Einschattge sind 
demnach die Bewohner der gemälsigten Zones, insofern ihr 


Eintritt. Eis ” 


nur nach einer Seite fallt, nämlich der auf der nördli» 
i Halbkugel nach Norden, der auf der südlichen nach Sü- 
; Heteroscii aber heilsen sie, insofern jeder von beiden von 
zwei entgegengesetzten Schatten einen andern erzeugen. 
Namen sind übrigens ohne allen weiteren Wert. Mf. 
















Eintritt. 
sio; Immersion; Immersion; s. Austritt, 
alles hierher Gehörige mit erwähnt ist. B. 


E i as. 

; Glace; Jee. Wasser, das aus dem flüssigen Zu- 
in den festen übergegangen ist; gefrornes Wasser. Ein 
ganz durchsichtiger, farbloser Körper, von ziemlicher 
it, und sehr glatter Oberfläche. 

Die wesentliche Bedingung dieser Veränderung des Ag- 
des der Wasserpartikeln ist Zntziehung der Wärme 
einer bestimmten unveränderlichen Temperatur, welche 
anf unsern 'Thermometerscalen den Zispursct nennen, und 
emen der fixen Puncte ihrer Eintheilung bildet. Ueber 
Temperatur gefriert das Wasser niemals, und wir ken- 
ken keine mit demselben mischbare oder auflösliche Substanz, 
niche ginen Gefrierpunct erhöhen könnte. Dagegen giebt es 
“le, wo das Wasser, zumal in verschlossenen Gefäfsen, bis 
Bo at 12Gr. des 8Otheiligen Thermometers unter den Gefrier- 
‚, erkältet werden kann, ohne in festen Zustand überzu- 
: Mechanische Erschütterung, Zutritt der kalten Lufi, 
g mit einem kalten Körper, namentlich mit einem 
e Eis, bewirken dann ein plötzliches Gefrieren. ° 
So schnell und bestimmt dieser Uebergang vom flüssigen 
de in den festen ist, so scheint er dennoch Folge einer 
den Abgang der Wärme vorbereiteten Aenderung in der 
Anordnung der Molecülen des flüssigen Körpers zu seyn. 
1 nämlich reines Wasser von mittlerer Temperatur allmäh- 
erkaltet, so zieht es sich immer enger zusammen, und wird 
i schwerer, bis zu einer Temperatur von 3°,5R. Hier 
das Maximum seiner Dichtigkeit. Dann dehnt es sich wie- 
fus bis zum Gefrierpuncte oder O°R. nach Rumrorn um 

















1 8. Parrot Physik IT. p. 58. 
G 2 


100 .. Bis 


zz oder 0,00031, nach DaLTOoN1 um etwa q$y der Ausde 
nung zwischen 3°, 5R. und dem Siedepuncte, also um %%4 
oder 0,00028 seines Volums?, Hat das \Vasser die Tempera 
O°R. erreicht, so bilden sich allmälig vom Stande des Gefal 
aus feine Nadeln oder längliche Krystalle, selten in senkrechi 
meistens in schiefen Richtungen gegen den Rand; ihre W: 
kelräume füllen sich mit zärtem Nadeln aus, die ebenfalls un 
schrägen ‘Winkeln von den Hauptkrystallen abgehen, und, 
ganze gedrängte Büschel bilden. Zuweilen bilden sich dasel 
einzelne fünf- oder sechseckige Sterne, deren Strahlen jedi 
meistens von ungleicher Länge, einige gar nicht ausgebildet si 
Zusehends nehmen die ersten Krystalle an Stärke .zu, ı 
Zwischenräume füllen sich mit mannichfachen Gruppen zaı 
sich durchkreuzender Zweige und Büschel, bis zuletzt a 
Raum ausgefüllt ist, und das Gewebe eine zusammenkänge 
Haut über die Oberfläche des Wassers bildet, wobei denn fr 
lich, so wie diese an Dicke und Vollständigkeit zunimmt, jı 
zierlichen Kıystallisationsgebilde sich verwirren und endl 
ganz zusammenwachsen und verschwinden ®. 

Nunmehr setzt sich die Krystallbildung auch unterwä 
fort, so dafs die Eisrinde immer durchgehends die namis 
Dicke behält, und nur am Rande oder bei Berührung von fest 
Körpern etwas dicker wird. Die mannichfache Durchkreuzu 
jener Strahlen und Figuren bilden dann körperliche Zwische 
räume, deren Winkel sich mit Eistheilen ausfüllen, so dafs si 
dadurch runde und ovale Blasen im Eise bilden, welche d; 
selbe undurchsichtig machen, und deren Gröfse und Menge ı 
der Kälte oder der Beschleunigung des Gefrierungs-Processes 
washsen scheint. 


1 Mem. of the Soc. of Manchester. V. p. 294. Uebers, in 
Ann, XIV. p. 2%. 

2 Die Formeln und Tafeln T.I. pag- 615 dieses Wörterbu 
geben nur 0,00012. 

3 Diese ersten Aeste sind meistens geradlinigt, doch bil 
sich auch zuweilen ganz schmale geschweifte Zweige, an der Se 
mit feinen Federchen versehen, ähnlich den Figuren an gefron 
Fensterscheiben. 

4 Beim Gefrieren grofser Wasserflächen. Z. B. auf Seen ı 
diese Bildung einer Haut zuweilen plötzlich mit sichtbarer Schnrli 
keit vor sich gehen, wie wenn das Wasser mit einem Tach üb 
zogen würde, 


Bildung desselben. \ 101 







* Während dem Gefrieren, selbst wenn keine Blasen wahr- 
nehmen sind, dehnt sich das Wasser immer mehr aus, so 
als es nach DALTON t bei— 10°R. und + 19°R. nahe die näm- 
e Dichtigkeit hat. Eine mit feinen Eisnadeln erfüllte, bis 
i @f — 11° R. erkältete eingeschlossene \Vassermasse, zeigte im 
"Augenblicke des Gefrierens eine Ausdehnung, welche derjeni- 
| gen gleich kam, die einer Temperatur von + 42°, 6R. zuge- 
‚Mitt. Doch ist es wahrscheinlich, dafs, zumal bei schneller 
Msbildung, die Ausdehnung unterhalb des Maximums der Dich- 
'Sgkeit in stärkerm Verhältnisse zunehme, als oberhalb dessel- 
ben, da das specifische Gewicht des Eises zwischen Q, 95 und 
8,89 variirt. 

= Im Augenblicke des Gefrierens ist die Temperatur des 2 Eises 
immer gleich Null der 8Otheiligen oder 100theiligen Scale, 
und, wenn es vorher im flüssigen Zustande eine bedeutend nie- 
dneere Temperatur hat, so erhebt sich dieselbe im Momente 
des Erstarrens bis auf den Nullpunct: Auch die Ausdünstung 
wird dann stärker, als in den nähern Temperaturen über dem 
Nallpuncte. 

Diese Erhebung der Temperatur ist eine Folge der beträcht- 
lichen Wärme, welche aus dem Eise im Augenblicke des Fest- 
terdens sick entbindet, und die nach Versuchen auf 60° R. oder 
zwei Dritttheile der Thermometerscale zu setzen ist. 

Dieses sind die vornehmsten Erscheinungen, welche bei 
der Bildung des Eises sich darbieten. © Es lohnt sich der Mühe, 
dieselben nach dieser cursorischen Uebersicht näher zu betrachten. 


& Erkältung des Wassers bis zum Eis- 
puncte und unter denselben. 


Rumroan hat durch zahlreiche Versuche dargethan, dafs 
die Verschiedenheit der Temperatur in den Theilen einer Was- 
sermasse verticale Strömungen hervorbringe, indem das schwe- 
rere Wasser herabsinkt, das leichtere hinaufsteigt. Da die Er- 
kältung gemeiniglich an der Oberfläche der Flüssigkeit und den 
Minden des Gefälses zuerst sich äufsert, so werden die äulsern 
Wassertheile schwerer, und sinken an den Wänden herab, 
rährend dem das minder erkältets \Vasser durch die Mitte 
1 G. Aun. XIV. 296, 

2 Nach der Tafel T. I. p.616. dieses Wörterbuches = 0,01334- 





102 ' Eis. 


hinaufsteist, um an der Oberfläche einen Theil freier Wii 
an die kältere Luft abzugeben und dann am Rande wieder z 
derzufliefsen. Diese Wanderung dauert so lange fort, bis 
Wassertheile das Maximum der Dichtigkeit erreicht haben, ò 
die ganze Masse bis + 3°,5 R. erkältet ist. Erst jetzt kann 
Oberfläche noch unter die 3°,5 R. erkältet werden, und es ' 
die Möglichkeit des Gefrierens ein; dieser einfache Hergang 
klärt zugleich auch, warum seichtes Wasser viel früher als 
fes gefriert, und in Flüssen ‘und Seen das Eis zuerst am l 
sich bildet. So wird der Umstand, dafs das schwerste Wa 
immer noch eine Temperatur von 34° R. über dem Eispuncte 
hält, ein Mittel zur Erhaltung der stehenden Gewässer, we 
sonst von Grund aus frieren, und eine Eismasse bilden wür 
die mehrere Sommer nicht mehr zu schmelzen vermöchten. 
Auch bei kleinern Wassermassen, welche in Gefälsen 
allseitigen Zutritt der Kälte ausgesetzt werden, findet aus 
angeführten Gründen die erste Eisbildung ebenfalls an der ® 
fläche und an den Wänden des Gefälses statt, und der wärs 
Strom in der Mitte macht sich durch späteres Gefrieren, und 
von der Ausdehnung des Eises herrührende Aufthürmung ke 
bar. Die Schwierigkeiten, welche die Bildung einzelner J 
theilchen jenen Strömungen entgegen setzt, macht dafs die 
reits frei gewordene Wärme sich nicht nach der Aufsenflä 
begeben und aus der Masse entfernen kann, und so bleib 
ruhigstehenden verschlossenen Gefälsen ein merklicher Theil 
Wassers noch ungefroren, indem es jene 60 Grade Zatenter V 
me noch festhält, selbst wenn seine Temperatur bedeu 
unter den Nullpunct herabgesunken ist. FAHRENHEIT ist 
Erste, der (am 2. März 1721) diese Erscheinung wahrnal 
Er hatte in einer Glaskugel von 1 Zoll Durchmesser eine Poı 
Regenwasser durch Zuschmelzen während des Kochens luf 
eingeschlossen, und fand bei einer Kälte von — 7°,5.R. 
selbe dennoch flüssig. Als er die Spitze der angeschmolzi 
Röhre abbrach, so erfüllte sich die Kugel augenblicklich 
sehr kleinen Eissplittern. Er schrieb anfangs das Nichtgefri 
dem Mangel an Luft zu; allein als er später beim Wegtr 
einer solchen erkälteten Kugel stolperte, überzeugte er sich, 
nur die Ruhe das Gefrieren verzögert habe, und jede Ersc 





1 Philos, Transact. 172%. Nr. 882. Vol. XXXVUL p. 78, 


Bildung desselben, 103 


mg dasselbe sogleich hervorrufe. Ein Thermometer in diese 
bildung gehalten, stieg sogleich auf Null. 
ı Manrın TaıewArn, Maschinen - Director des Königs von 
weden! fand im December 1729 dafs das Wasser in einem 
Windvischen Gefälse mit Cartesianischen Männchen in starker 
Ber mgefroren blieb, aber sogleich erstarrte, als er mit der 
Epa mf die Blase drückte. MusscHENBROECK ? setzte Wasser 
bwh verstopften Flaschen die Nacht über starkem Froste aus, 
sah dasselbe beim Ausziehen des Stöpsels in einer Minute 
it unzähligen Eissplittern sich füllen. Maınan? sah dieselben 
tErschütterung des Gefälses durch eine zitternde Bewegung der 
fand, und Anklopfen mit einem Schlüssel sich bilden, am schnell- 
aber durch Berührung des Wassers mitder Spitze eines Eis- 
epfens; und er weils die Schnelligkeit, mit welcher die Bildung 
Wer Esmlitter und die daraus entstehende Undurchsichtigkeit des 
"Wassersvon der Oberfläche bis zum Boden des Gefälses sich fort- 
ßenzte, mit nichts besser zu vergleichen, als mit der Entzündung 
üssSchielspulvers. Späterhin bemerkte BnugmAnns * Professorin 
r Gèöaingen, dals ein Wasserhammer selbst in einer Kälte von 
+ 10,7 R.5ungefroren blieb, und erst dann in Eis überging, 
als er demselben sachte umwendete. Ebendasselbe fanden im 
Jahr 1709 die Herren Coormanns und Bacor in Gröningen bei 
wiederholten Versuchen. Bei allen diesen Versuchen wurde 
die eigentliche Temperatur des ungefrornen Wassers nur durch 
| Thermometer ausgemittelt; einzig MıcneLI py Caror? 
kette die Sorgfalt, ein Thermometer in die Flüssigkeit selbst zu 
‘hingen; es sank bis auf — 4", OR. und erhob sich bei der Eis- 
Aiddung sogleich aufO°.R. Eben dieses bestätigte auch Derüc 8, 
Mer in einem Kolben, worin ein Thermometer stand, Wasser 
won Luft gereinigt, einer Kälte von — 5°R. mehrere Tage lang 
ausetzte. Durch Berührung mit einem Stückchen Eise fror ein 
Theil davon plötzlich; der Rest erhielt die Temperatur des Ge- 
Tae . 
1 Ins. Briefe an Hans Sloane Philos. Trans.XXXVII. Nr. 418. p. 80. 
. 2 Additamentum ad tentem. Acad. del Cimento. p. 186. ` 
8 Dissert, sur la glace Part. II. Chap. III. et IV. p. 203, 
p aove Observ. sur le froid rigoureux da mois de Janv. 
Wien i z 119,7 R. wie es in der ältern Ausgabe des Gekller’schen 
6 Vas Swınoam ibid. p. 275. 


8 tax vom Eise (deutsche Uebersetzung) p, 165. 
liées sur la Météorologie I. 6. 207. 













-$ 


104 l Eis. 


frierpunctes und fror allmählig ganz zu, worauf das Th 
meter der äufsern Temperatur “folgte. Derüc? erklärt hie 
wie im Luftkreise Bläschen von flüssigem Wasser existiren 
nen, wenn gleich die Temperatur beim Gefrieren ist, weil 
‚ Bildung des Eises aulser dem Erkalten noch irgend ein - ‚andei* 
bestimmender Umstand nöthig sey. Wirklich muls man nag 
einem solchen sich umsehen, wenn man das Bestehen eines 
dichten Nebels bei einer Kälte von — 10°, — 11° und — 14 h. 
wie er unter andern am 13. und 30. Januar d. J. 1826 statt fand 
sich erklären will. 4 
In England hatte Bracnex 2 Fahrenheit’s Versuche mit. 
mannigfachen Abwechslungen wiederholt, Destillirtes W 
liefs sich bis auf 4° R. nach dem Kochen bis auf — 5° R. 
kälten ; hartes Brunnenwasser nur bis — 3° und 34° R.; | 
Flufswasser gefror beim Nullpuncte. Trübung schien ein bei 
ständiges Hindernils dieser Erkältungsfähigkeit zu seyn, welch 
hingegen durch Säuren und Salzauflösungen verstärkt wurde 
Buaspen fand, dals zwar die Ruhe der Erkältung günstig, des 
aber, wie bereits WıLxe ? bemerkt hatte, eine Bewegung, well 
che die innern Theile gemeinschaftlich ergreift,. das Gefriereg 
nicht herheiführe. Wasser bis — 5°R. erkältet, ertrug Rüt- 
teln des Bechers, Umrühren mit einem Federkiele, Anblasen 
der Oberfläche, ohne zu gefrieren, Dagegen brachte eine an- 
scheinend schwächere, aber die innern Theile ungleich em 
schütternde Bewegung, z, B. Aufstofsen des Bechers mit dem 
Boden, Anstolsen des Arms, der den Becher trug, Reiben mit 
dem Federkiel oder mit Wachs an der Seite des Bechers daf 
Gefrieren sogleich zu wege. Am schnellsten erfolgte dieses 
wenn man das Wasser mit einem Stückchen Eis berührte; di 
breiteten sich von ‚der berührten Stelle sogleich die schönste 
Eiskrystalle aus, und das Thermometer erhob sich alsabald vos 
von — 5° R, auf 0°. In neuern Zeiten hat GaY-Lüssıc dis 
Erkältung. des mit Oel bedeckten Wassers auf— 12° C. = 9°, 6 R: 
gebracht und Darron* hat wahrgenommen, dafs das Wasse 


Tr a 














1 Idées sur la Meteorologie II. $. 610. 

2 Philos. Trans. Vol. LXXVII. P, I, p. 125 et 977 übers, ie 
Grens. Journ, d. Phys, I, p. 87 u. 393. 
83 Schwed. Abhandl. B. XXX. 

4 Mempirs of the Society of Manchester, V, p. 374, übers, ix 
G. Ann. XIV. 295, 


Bildung. desselben, 105 
‚selbst bei einer Temperatur von — 11° 4 R. noch ungefroren 
| blieb; und da seine Versuche an einem Weasserthermometer 
. angestellt wurden, dessen Scale durch Vergleichung mit einem 
Quecksilberthermometer, bestimmt worden war, so blieb über 
die wirkliche Temperatur des Wassers kein Zweifel mehr übrig. 
; Dals zum Gelingen des Versuchs erforderlich sey, möglichst rei- 
ı nes, md von Luft befreietes Wasser anzuwenden, ist daraus 
f esichtlich, weil einerseits im getrübten Wasser die kleinen fe- 
sm Körper der Wärmeentladung und dem Ansetzen der Kry- 
ı Mlle Gelegenheit geben, andrerseits die durch den innern Wär- 
meumtausch veranlafste abwechselnde Ausdehnung und Zusam- 
‚wenziehung der Luftbläschen die Bewegung im Innern und so- 
‚mit das Entweichen der latenten Wärme aus dem Wasser be- ` 
günstisen würden. Dieses Letztere wird ebenfalls auch durch 
ı das Einsperren der Wärme vermittelst eines über dem Wasser 
` befindlichen schlechten \Värmeleiters, wie Luft oder Oel, oder 
7 darch Verhinderung des Wärme - Umtausches an die äulsere Luft 
: wermittelst Zuschmelzen, endlich, wie bei Dauron’s offener 
Glasrtöhre, durch die Kleinheit der von der Luft berührten Was- 

i serlläche verhindert. 
Dals gekochtes Wasser eher gefriere, als ungrekoohtes, ist 
durch zahlreiche Versuche von MArıoTveE, PrarrAuLT, Maı- 
J aax undBLaspen hinreichend widerlegt worden: es findet zwi- 

2 schen beiden hierin kein Unterschied statt. - 


b. Krystallisation des gefrierenden Wassers. 
> Pırxror nimmt an, die Bildung der kleinsten nock un- 
¿ Schtbaren Eistheile beginne bereits beim Punct der gröfsten 
$ Dichtigkeit des Wassers; eine Vermuthung, welche durch 
et die Erfahrung nicht begründet werden kann, und der die 
-4 Beständigkeit und scharfe Bezeichnung des sichtbaren Gefrier- 
Jrs, so wie das erst bei dieser letztern Temperatur erfol- 
:S gende Freiwerden der latenten Wärme entgegenzustehen 
4 themen, Sollten bereits bei jener .höhern Temperatur sich 
| Eistheile bilden, so. mülste dieses zuerst am Boden des Gefäs-- 
lies, der Stelle der schwersten Theile, statt finden, da hinge- 
gen die ersten und kleinsten Spuren der Eisbildung an der Ober- 
‚liche wahrgenommen werden, auch beim Aufthauen alle Spu- 
Fa nn 


1 Physik. II. p. 63. 


+ 


106 Eis. 


ren des Eises verschwinden, sobald die Temperatur des W 
sers nur um ein Zehntel Grad über 0° R. sich erhebt. Wie « 
auch sey, so belehrt uns die Thatsache, dals erst, wenn 
Oberfläche des Wassers auf 0° abgekühlt ist, vom Rande 
Gefälses aus (bei starker Kälte mit sichtbarer Schnelle) : 
feine Eis- Nadeln herauswachsen , welche meistens schiefe V 
kel mit der Kante des Gefälses bilden. Dafs diese ersten |] 


"theilchen vom Rande ausgehen, ist nicht nur der dase 


durch die Berührung eines festen Körpers bewirkten stärl 
Wärmeentziehung, und der bei allen Krystallisationen sich 
gebenden Anhängung an einen festen Körper, sondern ı 
Marras t auch der Capillaritäts- Anziehung des Gefälses zu 
schreiben, welche jeden schwimmenden Körper dem R: 
desselben zuführt. Einige dieser Nadeln vergröfsern sich 
in besonderm Malse, beim Gefrieren einer nicht sehr dür 
Wasserschicht meistens in gerader Richtung, zuweilen : 
in schönen Schweifungen. Die Zwischenräume dieser unre 
mälsig sich durchbreuzenden Radien füllen sich allmählig 
feinern Nadeln und Büscheln derselben aus; hie und da bi 
sich auch isolirte, sternförmige Gestaltungen mit fünf oder s 
Strahlen, die einer Federfahne vollkommen ähnlich, und 


. weilen am Rande mit einem feinen Saum umzogen sind. \% 


‚durch die Menge und Gestalt dieser Strahlen bedingt wer: 
ist unbekannt. Doch scheint eine mälsige und langsamer ` 
kende Kälte geradere Nadeln und weniger kühne Schwi 
zu liefern, als bei stärkerem Froste und schnellerem Gefri 
der Fall seyn möchte, 

Besonders schön und kräftig zeigt sich diese minerali 
Vegetation bei dünnen Wasserschichten und starkem Froste, 
z. B. beim Gefrieren der Fensterscheiben. Diese ergötzl 
Erscheinung ist meines: Wissens bisher noch keiner nähern 
tersuchung gewürdigt worden, im Norden wohl deswegen, ` 
sie zu häufig und alltäglich, im Süden, weil sie zu selter 
Marras spricht davon als von einer Sache, die beim Thaw 
ter sich einstelle und leitet die Blumen -ähnlichen Formen 
die Bogenschwünge theils von ’'Adern im Glase, welche 
Umrühren der Masse auf der Glashütte entstehen, theils 
der Bewegung der Hand beim Reinigen der Fensterscheiben 





4 pag. 87. der deutsch. Vebersetzung. 


Krystallform, 107 


Ex stellte auch nur zwei Beobachtungen, die eine im Januar 
1729; die andere im Januar 1743 darüberan. Bei diesem Man- 
| gel näherer Angaben erlaube ich mir daher das Wenige, was 
‚änige Wahrnehmungen im Januar 1826 mir zeigten, hier mit- 
zutheilen. 
Das Frieren der Fensterscheiben setzt gemeiniglich eine 
“Ialsere Temperatur von einigen Graden unter dem Gefrierpuncte 
- vamıs; nahe so grols wenigstens muls die Erkältung der innern 
Fliche des Fensters seyn. Daher zeigt es sich an den äu/sern 
Fenstern geheitzter Zimmer erst bei einer äulsern Kälte von 
ewa—4 bis— 5° R., weil die Zimmerwärme von etwa -+- 10° 
R. der Erkältung von Aulfsen entgegenwirkt. Er findet sich 
È mehr an.den Fenstern bewohnter Zimmer, als in ungeheizten, 
; weil in jenen mehr wässerichte Ausdünstungen entwickelt wer- 
: den. Der Gang dieser Erscheinung ist folgender: Sobald die 
y Fensterscheibe kalt genug ist, dafs Wasser daran gefrieren kann, 
setzen sich die sogleich gefrierenden Dünste in einem dünnen, 
; ®berall gleichen, undurchsichtigen, mattglänzenden Ueberzuge 
- a, der aus sehr kleinen, gedrängt beisammenstehenden, mehr 
oder weniger unausgebildeten Sternfiguren zu bestehen scheint, 
und nur hier und da durch zufällige Ursachen unterbrochen ist. 
Die Ränder dieses nebelartigen "Gewebes sind unregelmäfsig 
und fein ausgezackt, ungefähr so wie man in kleinen landschaft- 
lichen Darstellungen die Kante eines Tannenwaldes zu geben 
pflegt Oft ziehen sich auf dem unbedeckten Theile der Scheibe 
- einzelne gezackte Linien dieses Reifes fort, deren gerade oder 
gekrümmte Richtung wirklich den Zügen zu folgen scheint, die 
- wufdem Glasse durch Abwischen oder auf andere Weise vorge- 
= zichnet wurden. Bei fortdaurender Kälte häufen sich die an- 
| fierenden Dünste und bedecken die ganze Scheibe mit einer 
4 @eichförmigen undurchsichtigen Haut. Auf dieser bilden sich 
4 “dann bei zunehmender Dicke einzelne rhomboedrische Kry- 
! Wallisationen, die verworren durch einander gehen, und nur 
rs durch die Verschiedenheit des durchgehenden nnd reflectirten 
a Lichtes bemerkbar werden. Findet sodann durch Sonnenschein 
4 eder Zimmerwärme eine kleine unvollkommene Anschmelzung 
d &isser porösen Eishaut statt, so entstehen bei dem schnellen 
A Eintreten des Nachtfrostes jene schönen Blumengebilde, die auch 
. dr Ungebildete nicht ohne Vergnügen und Bewunderung be- 
: trachtet. In eleganten und kühnen Schwüngen erheben sich 


p ern 


"ur 


l 108 , Eis, 


meist von unten herauf (weil das Gefrieren unten als in d 
kältern Region anfängt, und die durch die Eisbildung selbst £ 
werdende Wärme in die Höhe steigt) dichte Büschel und sch 
gebogene Zweige, und breiten sich mannigfach verschlung 
über die ganze Tafel aus; der matte Hintergrund der erst 
Reifdecken des Glases ‚giebt diesen Blumen einen schillernd 
Wechselglanz, auf welchem die feinen Lineamente der gedrän 
ten Curven sichtbarwerden. Bald sind es kleine blätterförmi 
Büsche, Verzierungen undSchnörkel aus gedrängten Fasern t 
stehend, wie Federn eines Helmbusches, bald kräftige mit ma 
nigfaöhen Seitenzweigen versehene elegant geiwundene Stämma 
zuweilen bis auf.12 und 14 Zoll Länge in aufrechter Richtu 
bald ein Gewirre mit zarten Haaren besetzter, durch einanı 
verschlungener Stränge; alles in  gesetzloser doch schöh 
Verwirrung. . 

Um die Natur in ihrer Malerei zu belauschen, behauchte‘ 
bei einer äufsern Kälte von 7° R. eine mit dickem Reif bedecl 
Eensterscheibe so lange, bis die Eiskruste wegschmolz, und ı 
der Glasfläche nur eine dünne Wasserhaut hängen blieb, die 
zart war, dafs die Scheibe zumal an den gobern Stellen & 
Auge ganz trocken schien. Nach etwa 5 Minuten zeigten s 
zu beiden Seiten, und bald darauf auch unten kleine gera 
und gekrümmte Spitzen, die von dem noch stehen geblieben 
Eisrande aus in verschiedenen Richtungen ausgingen. Eini 
derselben schoben sich mit. besonderer Schnelligkeit vor, u 
trieben nach beiden Seiten schön geschweifte Büsche, die bı 
darauf an Grölse und Ausbreitung nochzunahmen. Es war u 
gemein ergötzend, das Entstehen und Wachsen janer buschig 
Zweige mit dem Auge zu verfelgen; sie hatten ursprüngl 
ganz das Ansehen der wohlgeformten Fahne einer Schreibfed« 
diese vorne scharf zugespitzte Fahne war anfänglich etwa 1 Lir 
breit, mit den zärtesten Seitenfasern versehen; letztere trat 
in vollständiger Anzahl ganz im nämlichen Momente aus ihr 
Stamm heraus, so wie die Spitze sich vorwärts schob, w 
mit einer sichtbaren Geschwindigkeit von etwa $ Lin. ind 
Secunde stattfand. - Das von den heraustretenden Spitzen sic} 
bar verdrängte Wasser umflofs dann in weicher Rundung è 
neuen Gewächse, so dafs nirgend etwas Scharfes, Eckigtes e 
bilden konnte, Es war unmöglich, das immer rege Spiel eñ 


` 


. Lat d " 


Krystalllormf 109 


) kräftigen Vegetation auf allen Seiten zu verfolgen; 3 ‚manches 
emerkenswerthe mulste übersehen werden. 

‚Die Figuren waren übrigens ganz klar und durchsichtig, 
wi ihnen der duftige Hintergrund der gewöhnlichen Kisfigu- 
m fehlte. Doch waren sie, wenn ein dunkler Grund nicht 
Isımahe dahinter lag, durch die verschiedene Brechung des 
ljchtes voilkommen zu erkennen. Nach einigen Tagen fingen 
jean, durch den Ansatz neuer Dünste ihre Schärfe zu verlie- 
es, und die Scheibe wurde undurchsichtiger. Um den Ver- 
xh abzuändern , gols ich eiskaltes Wasser auf eine geschliffene 
Jastafel, und liefs es bis auf eine dünne Lage ablaufen; es 
standen alsobald auf derselben, und zwar in Aoriz ontaler 
age, der Tafel, die nämlichen schönen Gebilde, in mannigfach 
rechseinden Formen, unter den nämlichen Anfängen und F ort- 
«hritten.. Ein grolses gewölbtes Uhrglas auf der convexen 
leite mit WVasser begössen, bot die gleichen Erscheinungen: 
kr. Jede neue Begielsung, so wie jede neue Schmelzung des 
ses an der Fensterscheibe lieferte ganz neue und veränderte. 
äguren; so dafs diese nicht, wie Manaw glaubte, gewissen 
puren und Faden auf dem Glase zugeschrieben werden können, 
„a Ich hatte die Glastafel mit den Figuren in nahe verticaler 
%ellung zwischen die Doppelfenster meines Zimmers gesetzt; 
md später nicht mehr betrachtet. Inzwischen war die feine 
durchsichtige Eiskruste auf derselben, die, weil auf der Rück- 
site des Glases keine Erkältung statt fand, nicht durch abge- 
sstzte Dünste sich vermehren konnte, allmählig verdunstet, und. 
ğe Tafel vollkommen trocken. Zu meiner Verwunderung fand 
X noch die Lineamente der frühern Eisgebilde in blalsgrauer 
Wabe, wenn auch nicht scharf und deutlich, doch ziemlich voll- 
ig vorhanden; es war, wie ich auch durchs Mikroskop 
x swanzigmaliger Vergrölserang bestätigt fand, ein feiner 
kab, der sich durch die innern Fenster. hindurchgezogen, 

uf die Faden der Figuren angesetzt hatte. Warum diese 
|b zung nur auf den dünnen Zeichnungslinien und nicht auf 
ganzen Oberfläche gleichförmig statt gefunden hatte, konnte 
nicht ausfindig machen. Wares eine von den kleinen elek- 
schen Wirkungen, die der Natur so wenig zu kosten schei- 
, oder hatte der Anflug des Staubes erst dann statt gefunden, 
die aus dünnerem Eise bestehenden Zwischenräume der Li- 
te bereits durch Verdunstung aufgetrocknet waren, das 













110 | Eis 


t 


konnte -ich wegen Mangel gehtriger Aufmerksamkeit 'nich 
entscheiden. Bei der Bildung der Eisfiguren versuchte ich d 
einmal, einen Magnetstab unter die} Lin. dicke Glastafel zu legei 
allein ohne merkbaren Einflufs auf die sich bildenden Gestaliet 

Wenn, wie die eben erwähnten Erscheinungen uns zeigw 
bei schnellem Gefrieren dünner Wasserschichten die krummil 
nigte Fortpflanzung der Eistheile vorherrschend ist, und höch 
stens in der Richtung der Seitenfassern jener Federbüsche ei 
Tendenz zur Gleichförmigkeit, namentlich die Anreihung un 
dem Winkel von 60° bemerkbar wird, so tritt dagegen, wi 
bei allen Krystallisationen, der eigentliche Typus der Eisfon 
desto bestimmter hervor, wenn die Operation mit möglichst 
Langsamkeit und Ruhe vor sich gehen kann. Wir finden il 
in aller Vollkommenheit ausgedrückt in den sternförmigen Flol 
ken, die zuweilen bei starkem Froste aus der unbewölkte 
Luft einzeln herunter fallen. Im Schnee selbst sind die 
Flocken zu gedrängt, und die Raschheit, mit welcher bei 
Schneefall die Dunstbläschen einer ganzen Wolke nicht dum 
gewöhnliche, sondern durch aufserordentliche, meistens vö 
Elektricität begleitete Erkältung zum Gefrieren gebracht werd 
ist der ‚Regelmäfsigkeit ihrer Kıystallisirung entgegen. D 
schönste und vollständigste Sammlung solcher gefrorener Duns 
figuren hat uns Scorzspr 1 geliefert. In allen drückt sich ur 
verkennbar die Form des regelmä/sigen Sechseckes als Gruni 
form aus; es sind wahre Bilder aus dem Kaleidoskop. Aw 
beim Gefrieren der Wasserflächen folgt die Richtung derEä 
nadeln gegen die Wand des Gefälses meistens einem Wink 
von 60°, oder '120° oft auch von 30°, und die in der Mitte sx 
bildenden einzelnen Sterne sind in der Regel sechsstrahläj 
Havy 2 glaubte hieraus folgern zu dürfen, „dafs die Molecul 
des Eises reguläre Tetraeder seyen, die, wie beim Flulsspat 
durch Zusammensetzung Oktaeder bildeten. 

Im Jahr 1805 fand H£nıcarnr de Tuurr? im der 
zu Fondeurle im Dauphiné ungeheure Stalaktisten aus Eis, 





- 1 Ins. account on the Arctic regions; und im Auszuge in de 
Ann, de Chim, XVII. p. 38, desgleichen in W, Scoresby’s Tage 
buch einer Reise auf den Wallfischfang u, s, w. übers,von F. Kawi 
Hamb. 1825, Vergl. den Art, Schnee 

2 Traité de Physique I, p. 249. 

3 Ann, de Chim, XXI. 156. nnd Journ. des Mines XXXII. 


Blasen desselben. 111 


ihrem Innern hohl, und mit vollkommen krystallisirten Eisna- 
deln besetzt; es waren sechseckige und dreieckige Prismen bis 
suf 2 Linien Durchmesser; bei einigen waren die Endkanten 
an der Basis des Prisma durch Facetten ergänzt; doch fand sich 
nirgend eine ausgebildete Pyramide. Auch der Boden der Höhle 
war mit einer Eisdecke überzogen, in welcher man sechseckige 
Prismen unterscheiden konnte. Seither hat Dr. CLARKE ! (am 
3 hmar 1821) bei einer Kälte von $ Grad unter Null, unter 
einer hölzernen Brücke in Cambridge Eiszapfen entdeckt, deren 
Oberfläche anstatt der gewöhnlichen wellenartigen konischen 
Formen, bestimmte Vorsprünge ‚mit scharfen Kanten und heraus- 
tretenden Wirbeln darbot. Es waren vollkommene rhomboidi- 
sche Krystalle, mit Winkeln von 120 und 60 Grad; wie man 
sch durch Messung am Goniometer überzeugte, die bei Kry- 
„ Mallen von dieser Gröfse (bis auf 1 Zoll Seite) keine Schwierig- 
; keit darbot. Die Krystalle behielten, als einige Tage darauf, 
‚ bei einer Temperatur + 3°R. Thauwetter eintrat, auch beim 
. Schmelzen stets ihre rhomboidische Gestalt, ein Beweis, dafs 
. die Anordnung der Theile durch die ganze Masse die nämliche 

war; mithin ist, nach Dr. CLarke’s Meinung, die Primitiv- 
; form des Eiskrystalls ein Rhomboid von 60 und 120 Graden, 
; und jene sechsseitigen Krystalle von Fondeurle waren nur Se- 
' eundärformen. Auch nach CrARrke’s Urtheil kann man nur. bei 
emer mäfsigen Kälte, die wenig vom Gefrierpunct sich entfernt, 


zegelmäfsige Krystalle erwarten 2, 


c. Blasen im Eise. 


oo. 
| Wenn das Wasser mit unzerschmolzenem Schnee, oder mit . 
. ÜUsreinigkeiten gemischt ist, so wird das Eis blasig und un- 
u _, @chsichtig, und von weilsgrauer Farbe. Der Grund hiervon 
-keet hauptsächlich in der Menge von Luft, welche theils im 
=} Wasser selbst, theils im Schnee sich aufhielt, und jenen fremd- 
_ “tigen Körpern anhing. Allein auch reines und klares Wasser 
“ Wird zuweilen mit kleinern oder gröfsern Blasen erfüllt. Dieseş 
“it namentlich der Fall, wenn das Gefrieren sehr schnell vor 
E, 
| 1 Ann. de Chim. XXI. 156. 
2 Ueber die Gestaltang des bei Thauwetter benetzten Schnees 
auf den Eisfeldern im Meere, in gefrornen, Prismen, Pyramiden und 


Polyedern sehe man Scoresbys Bemerkung in s. Journ. of a Voyageto tho 
Northern Whalfishery 1823. 8. deutsch v, Faiızoa, Kaızs. 1825. pag. 260. ° 


Me: BE ee 


Mm I L D 18 


om. 


in 


1 MA u‘ MY 


112 i Eis. 


sich geht. Dann zumal wird die Wassermasse, noch, ehe 
durchgängig eine gleiche Erkältung angenommen hat, an i 
Aufsenfläche mit einer undurchdringlichen Eiswand umschlos 
welche der im Wasser befindlichen Luft den Ausgang verspı 
diese nimmt dann beim ’Erstarren der umgebenden Wassertt 
die daraus freiwerdende Wärme auf, wird dadurch ausgede 
und bildet Blasen, die ihr ursprüngliches Volumen weit ü 
treffen. Eben deswegen.ist Eis, das bei starker Kälte sich 
dete, in den obern Schichten, wo die Wärme noch entweit 
‚konnte, durchsichtiger als unterhalb, 

- Die Luft ist jedoch nicht die einzige Utsache der Bl 
im Eise; sie entstehen auch zuweilen in Wasser, das d 
Kochen oder Auspumpen seiner Luft beraubt worden ist. Lı 
TENBERGT liefs Wasser, das er durch Kochen und Ausput 
von Luft möglichst befreit hatte, im Vacuo gefrieren, und : 
das Wasser, wie in gefrornen Schaum verwandelt voll gre 
Blasen, Eben das wiederfuhr Parror ? welċher ausgekoc 
Wasser in einer wohlverschlossenen Flasche zu gleicher Zeit 
einer auf gleiche Weise verwahrten Quantität Wasser gefri 
hefs, das mit Kohlensäure stark imprägnirt war. Beide Flasi 
enthielten-eine undurchsichtige blasige Eismasse. Dagegen 
Muncke?3 in zahlreichen Versuchen aus  gewöhnlichem Schr. 
wasser immer ein blasiges,: aus gekochtem hingegen immer 
meist blafsenfreies; sehr durchsichtiges Eis erhalten. Das \ 
dersprechende dieser Angaben hat ohne Zweifel: seinen Gr 
in der Verschiedenheit der Temperaturen, in welchen d 
Versuche angestellt wurden. Muvuncke giebt hierüber nichts 
aber LICHTENBERG sagt "ausdrücklich, dafs er seinen Ver: 
beigrofser Kälte gemacht habe, und Panot bezeichnet — 18 
als die Temperatur bei seinen Versuchen. Wahrscheinlich ı 
bei der Beseitigung des äulsern Luftdruckes der Einflufs, 
ein frühzeitiges Erstarren' der Oberfläche auf die Bildung 
übrigen Eismasse hatte, noch verstärkt; indem jene 60 G 
frei werdender Wärme: im luftleeren Raume, wo das Wa 
schon bei + 30° R. siedet,’ leicht Dämpfe erzeugen köm 
welche elastisch genug sind, um die sie umgebenden Eisth 
auseinander zu halten. | 

1 Erxleben .Naturl. $. 426. Zusatz. 


2 Physik. II. 66. 
8 Ueber d. Schielspulver. p. 97. 


Specifisches Gewicht. 113 






















, Specifisches Gewicht des FEises. 


Eis schwimmt auf dem Wasser; auch Grundeis erhebt 
die Oberfläche, sobald es vom Boden sich losgemacht 
Es ist also specifisch leichter als \Vasser ; allein sein Ge- 
ist nach der Menge der darin enthaltenen sichtbaren oder 
unmerklichen Blasen sehr verschieden. Kaarr $ liefs 
in Glasröhren gefrieren, und fand die Ausdehnung des 
wie 905: 1000, also specifisches Gewicht = (0,0905; oder 
11. Invımz 2 wog möglichst festes und reines Eis in 
ser von + 0°, 9R. Wärme; es senkte sich um +$ 
was 0,937 specifisches Gewicht giebt; eben dasselbe fand 
Sconessyr ®, beide vermuthlich mit schwimmendem Polar- 
Nach Wırrıams * Versuchen war die Ausdehnung „4; 
iisches Gewicht = 0,945. Tuomsox verdünnte Alko- 
knge, bis das eingetauchte Eis in dem Gemische in je- 
e stehen blieb, ohne zu steigen oder zu sinken; das 
e Gewicht der Flüssigkeit war dasjenige des Eises; es 
b sich = 0,92, das Wasser bei 12°,44 R. = 1 gesetzt ®. 
vs Heınaıcn ® bestimmt dasselbe zu Z$ == 0,905. 
ist das von Irvine und ScoREspY : "untersuchte 
is der wirklichen Dichtigkeit dieses Stoffes am nächsten, 
die medrigern Angaben anderer Naturforscher rühren von 
‚der gQölem oder geringern Porosität der gebrauchten Stücke 
‘her: daher nan wohl das eigentliche specifische Gewicht des 
Eses mf 095 setzen darf. — Die Eigenthünlichkeit, beim 
Bebersange in den festen Zustand sich "auszudehnen ; hat das 
Waser noch mit den meisten Salzen, wenigstens mit denen 
pRtismatischer Krystallisationsform 7 und nach Réavmun 8 
mit dem Gulseisen, dem Wismuth und Antimon gemein. 
Bemerkenswerth ist auch die Erfahrung von Pu. Heıyrıca ® 
die fortgehende Zusammenziehung des Eiseshei zunehmen- 







Comm. Petrop. XIV. 222. 

Phips Voy. to the Northpole. p. 144. 

Mem. of the Wern. Soc. of Edinb. II. 1. 

Gothaisches Mag. VIII. 176. 

$ Chimic II. 161. Franz. Uebers. 

6 G. Ann, XXVI. p. 229. 

7 Vauquelin. Ann. d. Chim. XIV. 286. 

8 Mém. d I’Acad. 1726 Berthollet Statigae Chim. If. 348. 
9 G. Ann. XXVI. 228. 

On. H 


114 | Eis, 


der Kälte, Seinen Versuchen zufolge zieht sich ein Eiscylinder une 
0,0003064 seiner Länge zusammen, wenn die Temperatur deg 
ihn umgebenden Mittels um 10° R. abnimmt 1. Hieraus life 
sich denn auch MAınAan’s Beobachtung, zufolge welcher 
Stück Eis, nachdem es 8 Tage lang dem Frost ausgesetzt ga 
wesen, sein specifisches Gewicht um 0,013 :vermindert hat 
aus der blofsen Abnahme der Kälte erklären, ohne dafs man’ nr; 
einer fortgehenden Ausdehnung desselben durch. die F ortdanig‘ 
der Kälte seine Zuflucht nehmen mülste. Vielleicht hatte sig 
auch durch Ansetzen von Feuchtigkeit neues poroseres Eis 
der Masse gebildet, und so das specifische Gewicht des 
werändert. 
e. Ausdehnung des Eises bei seinem Entsehen, $ 

Die Kraft, mit welcher das Wasser beim Gefrieren seine ` 
Raumvergrößserung bewirkt, ist so bedeutend, dafs sie de A 
stärksten Expansivkräften, die wir kennen, z. B. der Gewa 
der Wasserdämpfe und der des Schiefspulvers zur Seite gesitt: 
werden kann. Schon Huyrerns überzeugte sich davon, als 
im Jahre 1667 Wasser in einem eisernen Rohre verschlossij,tf 
gefrieren liefs, und dieses nach 12 Stunden an zwei Stellen ge 
borsten fand; ein Versuch, der drei Jahre später von Büor r 
mit gleichem Erfolg wiederholt wurde. Noch vollständigere 
Versuche wurden von der florentinischen Akademie ange, 
stellt 3. Sie liefs mehrere starke Gefälse und Kugeln aus Glaf 
und verschiedenen Metallen mit Wasser gefüllt der Kälte auf. 
setzen, die alle zersprangen; unter diesen befanden sich e$ f 
messingene Kugel von 2,9 Z. äufserm u. 1,3 Z.innerm Durchmah , 
ser. MUSSCHENBROECK berechnet die dazu nöthige Kraft 4 
27720 Pfunde; und dieses gäbe nach Parnor *# 21800 Pf. iR: 
einen sphärischen Kubikzoll Eis, 7 

Im Jahre 1785 zersprengte Wırrıams in Quebek 5 eine 
Bombe von 124 Z. Durchmesser und 14 bis 2 Zoll Metallstärke. } 

















1 VomEise p.211. deutsche Uebers. ohne thermometrische Angal 
p 2 Hist, de l’acad. 1670. 
3 Tentam. experimentorum in Acad. del Cimento captorum: 
P. van Musschenbroek. Lugd. Bat. 1731 4. 
4 Physik. II. 59. - 
5 Trans. of the Roy. Soc. of Edinb.II. und im Gothaischen Map 
VIIL. 176. - 


Ausdehnung, | 4115 


` Eine ganze Scheibe von Eis war durch den Rils hervorgedrun- 
| gen. Bei — 17° R. wurde ein 24 Pf. schwerer eingetriebener 
Stöpsel 62 Fuls weit geschleudert, und es drang augenblicklich 
' ind Zolllanger Eiscylinderheraus; und bei— 23°R. Kälte und 
_ wter einer Richtung von 45° flog der Stöpsel sogar 415 Fuls weit. 
 Waaı zu Michelstädt i im Odenwalde1 bediente sich des Eises, 
'‚waalte Bomben zu zersprengen. Unter andern wurde bei 
` mf °R. eine mit Wasser gefüllte Bombe von Gufseisen von 184 
Par. Z. Durchmesser und 23 Zoll Metalldicke so vollständig zer- 
aprengt, dafs Stücke von 130 Pf. 10 Schritte weit geschleudert 
wurden, Muncke ? berechnet die dazu erforderliche Kraft auf 
2648000 Pfunde. Aehnliche Beispiele von ungeheurer- Kraft- 
äulserung liefert das Zersprengen der Felsen und starker Bäume 
durch die Ausdehnung der in ihrem Innern gefrierenden Flüs- 
sigkeit, da sie beinoch gröfserer Kälte in unbestimmbarem Malse 
wachsen muls. 

Mehrere derältern Naturforscher, und mit diesen auch neu- 
erlich der scharfsinnige Parror 3 leiten diese Wirkung von 
der Expansivkraft der im Wasser befindlichen Luft her; und 
der Letztere schreibt derselben die nämliche Dichtigkeit wie 
dem Wasser selbst zu, da dieses auch nach dem Auspumpen 
der Luft das gleiche specifische Gewicht behält. „Die beim Ge- 
frieren frei werdende Wärme muls daher (nach Parror) jener 
Loft eine Expansivkraft mittheilen, welche dem 800 fachen 
Druck der Atmosphäre gleich ist, was auf die Oberfläche eines 
sphärischen Zolls eine Kraft von 35168 Pf. ausmachte.‘“ Allein 
dieser Voraussetzung steht einerseits die bestimmte Erfahrung 
entgegen, dals Gefälse mit ausgekochtem Wasser, vom dichtem 
blasenfreien Eise eben so gut und (nach Muncke $) weit eher 
zersprengt werden, als’ solche, in welchen das Wasser nicht 
ausgekocht wurde, und die Annahme als sey durch „das Aus- 
kochen nicht alle Luft ausgetrieben worden, und die zurück@ 
gebliebene entwickele sich beim abermaligen Kochen im Mo- 
ment des Frierens mit eben der Expansivkraft, wie im unge- 
kochten Zustande,“ möchte wohl schwerlich nachzuweisen seyn. 
Andererseits ist es gar nicht nöthig anzunehmen, dafs die dem 





1 Trans. of the Roy. Soc. of Ed, I. u. im Goth, Mag. VII. 74. 
2 Ueber das Schielspulver S, 96. 
3 Physik II. 67. 
& Ueber das Schielspulver. S. 97. 
H 2 


116 ‚Eis. 


Wasser inhärırende Luft das specifische Gewicht desselben ver- 
mindern könne; dieses wäre nur dann der Fall, wenn die Wass, 
sermasse einen geschlossenen Körper bildete, in welchem .di» 
Luft eingesperrt wäre.. Da diese aber, wie auch die Leichtig» 
keit ihres Entweichens zeigt, durch die Poren des Fluidums 
mit der Aimosphäre in freier Verbindung steht, so kann sie. 
auf das Aräometer nicht einwirken. Dieses wird auch durch 
das von Hewnnry gefundene Gesetz 1, dafs auch „bei verändei 
äufserm Drucke die Volumina der absorbirten Gasarten sich imt 
mer gleich bleiben, mithin das Gasim Wasser die nämliche Dich; 
tigkeit, wie das äufsere habe, vollkommen bestätigt ?. Endal 
lich können wir schwerlich dem' Wasser eine so grolse Am: 
ziehungskraft auf die Luft zuschreiben, die dem Druck von 78 
Atmosphären gleich käme. Mithin fällt die Basis dieser Erklä» 








1 
FH 


rungsart, die 800 fache Verdichtung der im Wasser befindlichen 
Luft, unsers Erachtens weg, undwirsind genöthigt, eine andere 
Ursache jener aufserordentlicher Ausdehnungskraft zu suchen. 

Diese bietet uns jener oben erwähnte Typus der Zusammëm | 
fügung der Eistheile, die Xrystallisation dar, die wirsowohl :| 


à 


ki 


n 


beim Gefrieren in palpabler Gröfse, als auch (z. B.:in den fæ 
nen Schneefiguren) bis in die kleinsten Nachbildungen verfolge ` 
finden. So fein wir auch diese Theile annehmen , so werden 
sich immer eckige Zwischenräume ergeben, die nicht mit Eis- | 
substanz erfüllt sind; und wenn wir auch für einmal nicht ver- 
mögend sind, eine auf glaubwürdigen Calcul gegründete Theo- : 
rie dieser Conglomeration aufzustellen, so liegen doch die bei. 
den Thatsachen, die Xrystallisation, und die Raumvergröfue, 4 
rung einander so nahe, dals esinconsequent scheint, ihnen eine 
ursächliche Verbindung abzusprechen. Schon frühere Natur- 
forscher Kerıer, DESCARTES ? und nach ihnen Barruouın ® $ 





# 1 Th. I. dies. Wörterb, Art. Absorption; S. 48. 

2 Ebenso durch die Wahrnehmung, dafs Fische im Wasser A 
Mangel an Sauerstoffgas) bald sterben, das mit einer Oelschicht be 
deckt ist. Versenkt man einen Fisch in gefrornes Wasser, das unta& 
Oel aufgethaut ist, so stibt er augenblicklich; ein Beweis, dafs die. 
Blasen im Eise keine Luftblasen sind. Auch nach Humboldt und 
Gay Lussac giebt geschmolzenes Eis nur halb so viel Luft her, ab $ 
gewöhnliches Wasser. 8. Carparori im Journ. de Phys. T. LXIL & 
473 und G. Ann. XXVIII. S. 414. Ferner G. Ann. XX. S. 135. 

3 De meteoris. 

4 Denivis usu medico. 



















Ausdehnung, 117 


die sehsstrahligen Eisfiguren aus der Anordnung von sechs 
herzuleiten, welche um eine siebente herumliegen, so dafs 
drei einander berühren. In neuerer Zeit hat DaLrox t 
Ausdehnung des Wassers beim Gefrieren durch eine Ver- 
g der Aggregation seiner Theile zu erklären gesucht 
seine Hypothese durch eine Berechnung unterstützt, deren 
ifs von der Erfahrung nicht viel abweicht. Er geht von 
oraussetzung aus, dals die kleinsten Theile des Wassers 
estalt haben, und dafs diese Kügelchen dergestalt auf 
er gelegt seyen, dafs die zweite horizontale Schicht in 
wischenräume der erstern gelagert sey, mithin jedes Kü- 
auf vier Puncten ruhe, welche um 45° über den Mit- 
der Kügelchen der ersten Schichte erhaben sind 2. Fig. 
man die Zahl der Kügelchen, welche in einem cubischenu.16, 
in einer lineären Reihe sich befinden = n , so bezeich- 
die Menge der Küpelchen in einer Horizontalschicht; 
Ada die Linie A C, welche die Centra zweier sich berüh- 
Wer Kugeln in verchiedenen Stratis verbindet, mit der Ho- 
htl- Ebene einen Winkel von 45° macht, so wird die An- 
der Lagen in der gegebenen Höhe des Cubus 


x uE = Iyi seyn, Hieraus findet sich die Zahl der 


3 
Tuiche, in dem rubischen Gefälse= 5 = n? y 2 


i, Man denke sich nun, dafs die viereckige Säule, deren Ba- 
pA eh Quadrat ist, plötzlich zu einem rhomboidalen Körper Fig. 


m gen werde. Jedes Theilchen der oberen Lage ruht dann WA 


drei andern der untern Lage, und die Richtung der Mittel- 


AC ist = 60°; mithin die Erhöhung = 5, = 
In 


Yarry Die Grundflächen der beiden Säulen} verhalten 
nun wie 1 zu Y %; ihre Höhen CD wie 4y 2 zu4 Y3; 
körperlicher Inhalt aber wie die Producte der Grundflächen 
die Höhen oder wie 4 Y 2: ¢; d. h. 0,7071 ...: zu 0,750 
wie (,943 zu 1, ein Werth, der von demjenigen des fe- 












1 Chemical philosophy. T. I. p. 155. (d. deutschen Uebers.). 
2 Von den Figuren zeigen die 15. und 17. einen Grundrils, die 
und 18, dagegen eine Profilverbindung. 


u8 Eis. 


sten Eises nach Invımz und Scorzsssy (0,937) nicht merklich 
abweicht. 

So sinnreich diese Erklärung, und so übereinstimmend mit. 
der Erfahrung sie ist, so beruht sie dennoch auf Voraussetzunz‘ 4 
gen, dje nur die Möglichkeit für sich haben und nirgends i in 4 
der Beobachtung nachgewiesen werden können; und sie dürfted 
uns noch nicht berechtigen, andere Hypothesen, z. B. dieje% 
nige Wırxkuer’s 1, noch welcher die Volumsveränderung vong 
einer Zerlegung in, "kleinere Kügelchen oder polyedrische Kör 
per herrühren sollte, von diesen Spegulationen auszuschliefsen. 4$ f 
Wie dem auch sey, diese Ausdehnung und die unwiderstel D | 
che Kraft, mit der sie sich bildet, ist Thatsache, und sie schein 
eben deswegen beim Wasser die eigentliche Bedingung ddf 
Ueberganges in den festen Zustand zu seyn, so wie hingeged$ 
bei andern Stoffen z. B. dem Quecksilber, eine bedeutende Zußt 
sammenziehung damit unzertrennlich verhunden ist, und Wı#f: 
LIAMS, mochte wohl Recht haben zu behaupten, dafs Wasset $ 
nicht gefrieren könne, so lange seine Ausdehnung durch infa, | 
Gewalt verhindert werde, K 

'Die Wirkungen dieser Ausdehnung : zeigen sich i in den E 
scheinungen des "gewöhnlichen Lebens auf mannigfache / > 
Der Frost hebt Schwellen und Steinpflaster in die Höhe, zer- 
sprengt oft mit heftigem Knalle Steine und Bäume, Mauern, Was- i 
serleitungen, und dergleichen; er zerstört durch diese Ausdeh- ' 
nung die Gefäfse der Pflanzen; daher ältere Bäume, deren Zell. 
gewebe weniger elastisch ist, mehr vom Frost leiden, als digk 
jüngern. Er wirkt dagegen wohlthätig zur Auflockerung 
Bodens, und ist die wesentlichste Ursache der Verwitterung 
Felsgebirge, wie das namentlich die zahlreichen und mä ht 
gen Trümmer, mit welchen die Gletscherthäler erfüllt s 


beweisen. 































1 De oausa frigoris et glaciei. 1737. 4. 

% Durch einen Vorgang dieser Art dürfte vielleicht beim H? 
des Stahls die Feinheit des Kornes oder die Grölse der Molecülen bg 
stimmt werden. Denn da bei einem Conglomerat von kugelförmigg® 
oder polyedrischen Körpern die Summe ihrer Zwischenräume dest 
grölser wird, je kleiner diese Körper werden, so muls, da die Au 
wände des Stahls beim Härten in einem expandirten Zustande erstarr& 
die Masse sich in kleinere Theile zerstreuen, wenn die Form ihre‘: 
Aggregation und die Zahl uud Lage der Berührungspunote sich gleich 
bleiben soll. 


N 







Wärmeentbindung 119 


f Freiwerden von Wärme bei der Eisbildung. 


Eben so wie die Ausdehnung scheint auch die Ausscheidung 
‚bestimmten Quantums von Wärme mit zu den Bedingun- 
in des Ueberganges in den festen Zustand beim Wasser zu ge- 
kren. Die oben erwähnten Versuche über die Erkältung des 
sigen Wassers unter den Eispunct geben diese plötzliche 
: Wärmeentwicklung zu erkennen, indem im Momente des Er- 
Sarens das Thermometer schnell auf den Nullpunct stieg. Ge- 
muer jedoch wurde sie durch den umgekehrten Procels bestimmt, 
a welchem man das Quantum Wärme abmals, das zur Liquesci-, 
mg eines bestimmten Quantums festen Wassers erforderlich 
mr. Der Versuch ist folgender?: Mischt man gleiche Theile 
ehnee von 0° R., und Wasser von + 60° R., mit einander,tso 
frd der Schnee geschmolzen, und das Gemisch erhält die Tempe- 
rtur vom 0° R. Die 60° R. Wärme des Wassers wurden also 
inzig darauf verwendet, denSchnee aus dem krystallisirten Zu- 
ande in denjenigen des liquiden Wassers hinüberzubringen. Ist 
e Temperatur des Wassers geringer als 60° R., so erfolgt die 
shmelzung nicht vollständig; ist sie höher, so wird die Wärme 
3 Gemisches über 0° R. Mischt man umgekehrt 1 Pfund 
ehnee von — 10° R. mit 4 Pf. Wasser von 0° R. so gefriert 
ie ganze Masse und erhält die Temperatur 0°. Eine sechs- 
ache Masse von Schnee zu — 10° ist aber gleich einer einfa- 
hen Masse von — 60°; also erzeugen gleiche Gewichtstheile 
'chnee von — 60° und Wasser von 0° keine Erkältung, weil das 
üssige Wasser beim Festwerden + 60° R. Wärme hergiebt, 
wiche sich mit jenen — 60° R. des Schnees neutralisiren. Die 
chwierigkeit, ein solches Gemisch von allem Einfluls der äufsern 
emperatur frei zu halten, hat in die Angaben hierüber einige 
erschiedenheit gebracht. WıuKE setzt diese dem Wasser 
} Bedingung des flüssigen Zustandes inhärirende Wärme auf 
$ R, Brack auf 62 2' und Lavoısıer auf 60° R., oder zwei 
fttheile des Intervalls vom Eis - bis zum Siedepuncte des 
assers. 

Als einen directen Beweis der beim Gefrieren des Wassers 
i werdenden Wärme führen wir die Versuche von DE LA 
cme in Genf an, welcher im 3. 1820 2 Theile Wasser mit 


e 





1 Parrot. Phys. II. 62. 


120° Eis 


4 Theil Oel bedeckt, einer Kälte von — 9° R. aussetzte. | 
Oel blieb flüssig, so lange das Wasser nicht gefroren war, ı 
gerann erst 3 Stunden nachher, während dem anderes dane 
stehendes Oel schon in den ersten Minuten des Versuches ge: 
ren war. Als man bei einem andern Versuche das Thermo: 
ter ins Oel setzte, zeigte es — 0°,6 R., als das Wasser zu 
frieren begann; und erst nachdem alles Wasser dem Ansci 
nach gefroren war, fiel es aut —4’R. wobei das Oel den: 
flüssig blieb. Endlich gefror auch dieses, und nun ging 
Thermometer auf — 9° R. herab, welches die Temperatur 
ungebenden Luft war. Als man die Flasche mit 2 The 
Wasser und 1 Theil darüber gegossenem Oele einer Temp 
tur von + 0°, 6 R. aussetzte, gefror das Oel alsobald, v 
rend dem das Wasser flüssig blieb. Es thaute aber um yy 
ner Dicke an der die Luft berührenden Fläche wieder auf, 
man dasselbe nachher einer Kälte von — 8° R. aussetzte, ` 
che das Wasser zum Gefrieren brachte, und wurde erst sp 
nachdem alles Wasser gefroren war, wieder fest. 


g. Festigkeit.des Eises. 


Marnas? liefs Wasser in einer 4 Linien weiten Röhre 
frieren; den herausgenommenen Cylinder legte er auf zwei 
terlagen, die 6 Z. weit von einander standen. Dieser trug | 
vor dem Zerbre:hen 1 Pf,, 1 Unze und 2 Quentchen. ‚Die 
sultate waren jedoch je nach der Porosität des Eisesund der 
gern oder kürzern Zeit, da es an der Luft gelegen hatte, 
schieden. Im Winter von 1740 wiederholte MAIRAN di 
Versuch mit einem Cylinder von 1 Z. Durchmesser, de 





1 Eine auffallende Erfahrung über die Wärme, welche be 
Krystallisation auch anderer Stoffe frei wird, berichtet Dr. Bens, $ı 
(in s. Physik. Wien 1816. 8. S. 254). Er hatte einebis zum Kry: 
sationspuncte abgedampfte Lauge von salzsauerm Kalk, im Winte: 
Fenster zum Krystallisiren hingesetzt,. Da nach einiger Zeit c 
nicht vor sich gehen wollte, nahm er die Schale herein, um die 
sigkeit weiter abzudampfen. Durch diese Erschütterung fing die ; 
Lauge augenblicklich zu krystallisiren an, die Schale wurde aber 
schnell so heils, dafs es kaum möglich war, sie noch bis zum 
sten Tisch hinzutragen. Dabei fing die Lauge sich heftig zu bey 
und zu wallen an, als ob sie im heftigsten Sieden begriffen wäre. 
Glaubersalzsolution, welche im Vacuo erkaltet ist, und durch de 
tritt der Luftkrystallisirt, entbindet hierbei Wärme. Vgl. Krystallis 

2 Vom Eise. S. 215. 


Stunden einer Kälte von — Q” R, ausgesetzt gewesen war. Bei 
dem nämlichen Abstande der Unterstützungspuncte trug es 104 Pf. 
und zerbrach von 11 Pfunden. Ein vergleichender Versuch, 
den MAIRAN mit einem Prisma aus weilsem Marmor, dessen 
' Querschnitt ein Quadratzoll betrug, und das bei 10 Zoll Abstand 
der Unterlagen 84 Pf. (zu 8 Unzen) gerade vor dem Zerbrechen 
tg, giebt, wenn man die Tragkraft des quadratischen Prisma 
a mit H auf diejenige des Cylinders von 1 Zoll Durchmesser re- 
į dacirt!, und den Eiscylinder auf 10 Z. Länge setzt, die zum 
lerbrechen des Marmors und des Eises erforderlichen Gewichte 
=61,8 und 6,3 Pf. mithin die Festigkeit des Eises 10mal geringer, 
‚ds die des Marmors. Die auffallendste Probe von der Festigkeit 
des dichten Eises lieferte die berühmte Construction, die im 
Winter 1740 zu St. Petersburg unter derRegierung der Kaiserin 
' Ausa aus behauenen, 2 bis 3 Fuls dicken, Blöcken des Newaeises 
' aufgeführt wurde. Es war eine Art Pallast von 524 Fufs Länge, 
| 164 Fuls Breite 20 Fuls Höhe, mit einer Bedachung ausEis. Vor 
, demselben standen 6 Kanonen, die auf der Drehbank gebohrt 
und gedreht worden waren, mit Rädern und Laffetten, nebst 
: zwei Mörsern nach den üblichen Proportionen verfertigt, alles 
` von Eis. Die Kanonen waren Sechspfünder, die 3 Pf. Pulver 
gebrauchen; sie wurden jedoch nur mit 4 Pf. geladen, und Ku- 
i geln aus Werch, ja selbst eiserne daraus geschossen. Eine 
solche Kugel durchschlug ein 2 Zoll dickes Brett in der Entfer- 
nung von 60 Schritten. 

Im J. 1795 liefs Wesen ? in Landshut aus grolsen Eisstücken 
der Donau Kanonen und Mörser drehen. Sie wurden mit Ku- 
geln von Eis geladen, und das Pulver durch die Zündröhre an- 
gezündet. Ungeachtet der erfolgten gewaltigen Explosion litt 
das Eis nicht im Geringsten. In den Mörser palste eine Eisku- 
gel, die 36 Loth schwer war; sie wurde senkrecht in die Luft 
geschossen , flog zu einer aulserordentlichen Höhe, und es ver- 
gingen beinahe zwei Minuten, bis sie wieder auf die Erde fiel. 
Auch beim 'Thauwetter gelang der Versuch vollkommen; nur 
mulste man den Mörser mit Löschpapier austrocknen. 

Wenn das Eis schon an sich so starke Cohäsion zeigt, so 

wird seine Festigkeit noch sehr vermehrt, wenn es über einer 


| Festigkeit desselben, 121 
d 


1 ErreLwei Statik II. 8. 318. 
2 G. Ann. XI. 353. 


122 | Eis. 

ausgedehnten Wasserfläche gelagert ist. Der Widerstand, den 
Wasser jeder örtlichen Zusammendrückung entgegensetzt, schi 
die Eisrinde gegen eine Einbiegung, welche die Trennung sei 
Theile zur Folge haben könnte, und vertheilt die Last auf mehı 
Stellen. Frisches, auf klaren Gewässern schnell gebildetes Eis zı 
eine merkliche Elasticität und Zähigkeit. Die Dicke von eir 
Zoll und weniger reicht hin, um einen Mann zu tragen, ind 
der Druck auf eine Fläche sich vertheilt, die den Raum, ı 
seine Fülse einnehmen, weit übertrifft; dagegen darf er ni 
lange auf der nämlichen Stelle bleiben; auch dürfen nicht m 
rere zusammentreten. Eis, das einen stehenden Mann kaum n 
tragen würde, bricht, eben jener Vertheilung wegen, weni 
ein, wenn er sich auf dasselbe hinlegt. Als man im J. 11 
über die gefrorene Themse mit ‘Wagen fuhr, fand sich das 

nur 11 engl. Zoll dick. Auch die Anhängung des Eises 

Ufer vermehrt seine Tragkraft bedeutend 4. 


h. Verdünstung des Eises. 

Dafs das Eis durch Verdünstung wirklich einen merklicl 
Theil seiner Substanz verliere, ergiebt sich schon aus der : 
mäligen Abstumpfung und Rundung seiner scharfen Eel 
und Kanten, selbst in einer Temperatur, bei welcher 
keine Schmelzung zu denken ist. Auch bestätigen frühere Vi 
suche diese Verdünstung. GAurERon?, Arzt in Montpelli 
fand im Jahr 1708, dafs 1 Unze Eis über Nacht 24 Gran, a 
in 24 Stunden etwa -fẹ ihres Gewichts, ein andermal 100 Gr 
oder über # desselben verlor. Das letztere stimmt mit MATR 4: 
Beobachtungen überein®, nach welchen er das Maximum die 
Verlustes in 24 Stunden auf 4 des Gewichts setzt. Wie gr 
die Oberflächen waren, wird nicht gesagt. In neuern p 
ten hat Dauron 4 zum Behuf seiner neuen Theorie der Vi 





4 Einen Versuch, eine Eisdecke mittelst Schie[spulver zu spr 
gen, von J, Menrıxs angestellt, findet man in dem Edinb. philos. Jou 
N, 4. und deutsch in G. Ann. LXVII, 111. Man bediente sich de 
des wirksamen Verfahrens, das Schielspulver in einem Fläschcl 
2 Fuls tief in das Wasser zu versenken, Durch wenige Unzen d 
selben wurde eine 'Eisschichte von 3Ł Zoll Dicke in einer Ausdehnu 
von 45 F. Länge und 33 F. Breite völlig zerbrochen. 


2 Mém, de l’Acad, 1709. S. 451. 
3 Vom Eise S. 240. | 
4 Mém. of the philos. soc. of Manchester v. u. G. Ann, XV. 14 











Verdünstung desselben. _ 193 


Benstung der Flüssigkeiten diesen Gegenstand ‚untersucht und 
gefunden, „dals die Verdünstung des Eises das nämliche Gesetz 

folge, wie diejenige des Wassers, dafs sie nämlich eine 
nction der Trockenheit der Luft, ihrer Temperatur und der 


xmen Schale von 6 Zoll Durchmesser, der nämlichen, mit 
eher er die Verdunstung des Wassers gemessen hatte, gefrie- 
wissen, und dieses (Freilich nur in Temperaturen von 0° 

24° R.) der Luft ausgesetzt. Es ergab sich, dafs diese 
che von 28 Quadratzollen etwa 9,6 Gran i in der Stunde; mit- 
a auf 1 Quadratzoll 0, 34 Gran in dieser Zeit verlor. Bei der 
pit-grolser Kälte meistens verbundenen grofsen Trockenheit der 
Mah und den dann zumal herrschenden Nordostwinden dürfte die 
Veriomstung des Eises wohl zuweilen aufs Doppelte steigen; 
i mgleich i ist es einleuchtend, dafs sie durch die beim Gefrieren 
satt findende Wärmeentwickelung, zumal wenn die Operation 
"nhnell vor sich geht, bedeutend gesteigert werden muls; daher 
sein dieser Epoche oft stärker ist, als selbst bei einer höhern 
kiem Temperatur. Setzt man Eis von 0° R. Wärme einer 
Kälte von etwa — 15°R. aus, so entsteht ein sichtbarer Dunst 
wm dasselbe1, 


‘1% Durchsichtigkeit und optisches Brechungs- 
Vermögen des Eises,. 


Das Eis giebt, wenn es frei von Blasen, und seine Ober- . 
fiche mit Wasser befeuchtet ist, an Durchsichtigkeit dem Was- 
wrselbst wenig nach, und seine Farbe ist derjenigen, welche 
eine dicke Wasserschicht zeigt, gleich, nämlich bläulichtgrün ; ; 
besonders schön zeigt sich dieselbe in den, zwei bis drei Fuls . 
‘dicken Eisblöcken, "welche man aus Seen und klaren Flüssen, 
z B. der Newa, ausbricht, in den Höhlen und Spalten der 
Gletscher, und in den schwimmenden Eismassen des Meeres. 
Sin Brechungsvermögen ist etwas geringer, als dasjenige des 
Wassers; es verhält sich nämlich nach Krarr? der Sinus des 
Enfallswinkels zu demjenigen des Brechungswinkels im Eise 
vie {1° 0,713 im Wasser wie 1 zu 0,75. Man kann daher mit 
insenförmigen Eisstücken eben so gut die Wärmestrahlen des 

1 8. die Versuche von C. Wistar in American Trans. IV. 72 u 
ei G. V. 354. - 

2 Abhandl. der Petersb. Akad. III. 466. 


124 | Eis. 


Sonnenlichtes verdichten, wie mit gläsernen Linsen, und Mar 
Ras. hat mit einer solchen Eislinse von 4 Zoll Diameter und 34% 
Brennweite Schielspulver entzündet. Nach Baewstrr! ist die 
die polarisirende Kraft des Eises = = zoor; die ‚des Bergk 


‚ stalls = yir. f: 


k. Leitungsfihigkeit des Eises für Wärme und 
Elektricität. 


 Dafs Eis einigermafsen die Wärme leitet, erhellet. be: 
aus, weil es mit der äulsern Temperatur sich mehr oder wenig 
unter dem Gefrierpunct erkälten kann. Einen directen Versud 
über die Wärmeleitung des Fises hat unsers Wissens nur Dsw 
TON? angestellt, der jedoch nicht zu dem Schlufs berechtigd 
kann, das Eis für einen noch schlechtern Wärmeleiter als dä 
Wasser zu erklären. Er setzte einen soliden Eiscylinder vdi 
3 Zoll Durchmesser und 54 Z. Höhe etwa 1 Zoll tief in eim 
Frostmischung aus Schnee und Salz. Oben im Cylinder befail 
sich ein enges Loch von 1 Z. Tiefe, in. welches ein Thhermöi 
meter gesteckt wurde. Die Temperatur der umgebenden Lad 
war + 2°,3 R.; diejenige der Mischung in den ersten anderthi 
Stunden des Versuchs — 10° bis 11°R. Das Thermometer i 
Eise stand lange unbeweglich der Temperatur der Luft gleich 
und sank endlich um 4° R. Späterhin schmolz der Cylinder 
unterhalb ab und fiel auf die Seite, so dals die Thermometer- 
kugel nur noch um 1 Z. weit von der kältenden Flüssigkeit ab- 
stand; in dieser Lage zeigte es — 1°,7R. während dem dia 
Frostmischung von — 8° R. bis — 4°,5R. zurückging. 
In der ersten Hälfte des Versuches hatte die Thermometer 
kugel 34 Z. über der Frostmischung gestanden; kein Wunde 
also, dals sie der viel nähern Temperatur der Luft folgte, und 
von der unternKälte, die niemals in die Höhe zu steigen pflegt, 
nicht afficirt wurde; doch nahm sie späterhin, als sie in gleicher 
Höhe mit der Frostmischung, und in gleichem Abstande von 
dieser und der äulsern Luft sich befand, die mittlere Temperatu 
an, so dals also dieser Versuch eher für die Wärmeleitung des 
Eises, als gegen dieselbe zu sprechen scheint. Da sie aber nu 
für die Temperaturen unter Null statt finden kann, so wird sie 





4 J. de Ph. 1817. T. II. S. 398. 
2 Mem. of the Soc. of Manchester V. S. 2. u. S. 373. .deutscl 
iu G. Ann. XIV. 191, 


Leitung für Wärme undElektrioität, 135 


lfs bei grolser Kälte bemerkbar, und dasEis dient wenigstens 
mch Abhaltung des Luftzuges als Beschützung gegen die äufsere 
älte. Es hindert, besonders wenn es noch mit einer Schnee- 
se bedeckt ist, die fortgehende Erkältung der Seen und Flüsse. 
(Sibirien? setzt man Tafeln von klarem Eise in die Fenster- 
bangen ein, und lälst sie durch Begielsen dicht angefrieren. 
dus diejenigen, welche Glasfenster besitzen, setzen auf 
t Aulsenseite eine solche Tafel als Doppelfenster ein, und die 
ımo’s finden hinreichenden Schutz gegen die grölste Kälte 
Ihren ausgehöhlten Eiskonen, was schwerlich der Fall seyn 
mte, wenn das Eis ein guter Leiter der Wärme wäre. 
Ungleich entscheidender sind die Versuche, welche über 
elektrische Leitungsfähigkeit des Eises angestellt worden 
à Das Eis ist ein völliger Nichtleiter der Elektricität. 
xax? liels in einer mit Wasser gefüllten Glasröhre zwei 
tindrähte so einfrieren, dafs sie nur $ Zoll von einander ab- 
den. Dennoch, als er diese Drähte mit den beiden Polen 
rthätigen Volta’schen Säule verband, ging keine Spur von 
itricität über; die an beiden Polen angebrachten Elektrome- 
behielten ihre völlige Divergenz, und die Säule ertheilte 
ken und Schläge von gleicher Intensität, wie im unverbun- 
m Zustande der Pole. Keine Schmelzung des Eises, keine 
änderung an andern oxydirbaren Drähten liels sich wahr- 
men, selbst wenn man die Schenkel einer aufrechten krumm- 
ogenen Röhre, in deren Biegung unten sich Eis befand, mit 
ısser auffüllte, zeigte sich keine Spur von Mittheilung oder 
nischer Wirkung. Bovvıer? versuchte es, eine Säule aus 
Lagen Zink, Silber und sehr dünnen Eisscheiben zu bauen, 
rerrieth auch nach mehrern Stunden nicht die geringste Wir- 
z Eben dieses war auch der Fall mit einer Säule von 90 
:n ans Silber, Eis und Pappscheiben, die in Salzwasser ge- 
a waren, und mit einer Säule aus Zink, Eis und Pappschei- 
Wenn man die Pole einer kräftigen Säule aus 128 Lagen’ 
ty Silber nnd mit Salzwasser benetzter Pappe, die heftige. 
äge gab, mit kleinen Eisstücken berührte, verspürte man 





. Gserıns Reise nach Sibirien in den allg. Hist. d. Reisen XIX. 286. 
auch in der Göttinger Sammlung neuer und merkwürdiger Rei- 
V. 401. | 
G. Ann. XI. p. 166. 
Journ. de Phys. p. Van Mons. Nr. 10. S. 52. übersetzt in G. 
XIT. 434. 


126 Ä Eis. 
nicht die geringste Erschütterung ; s eben so wenig irgend ein. 
Geschmack, wenn man, den einen Pol der Säule mit der Hay 
anfassend, mit einem Stückchen Eis im Munde den andern ka 
zührte. Was endlich die Nichtleitung des Eises aufser al] 
Zweifel setzt, ist die von ErmAn? beigebrachte Nachricht, A 
' ACHARD aus trockenem Eise einen drehbaren Cylinder eig 
Elektrisirmaschine verfertigt habe, die gute Funken gab. andi; 
l. Aufthauen des Eises = 
Der Uebergang in den flüssigen Zustand, oder dasjenng 
was bei Metallen Schmelzung heifst, wird beim Eise Aufthasa 
genannt. Dieses erfolgt in derjenigen Temperatur, welche u 
den Thermometern durch den Schmelzpunct des Eises . 
den sogenannten Gefrierpunct beseichnet zu werden p 
Das Zergehen des Eises geht meistens langsamer von s 
als das Festwerden desselben. Denn die Wärme ‚vermag 
dem flüssigen Stoffe schneller zu entweichen, als sie in ı 
festen Körper eindringen kann, den sie nur an der Obe 
bestreicht. Auch ist ihr Bestreben, sich aufwärts zu bew 
ihrem Entweichen aus dem Wasser auf der Erde in den fr 
Luftraum günstig, und ihre Einführung in die niedrigen 
schichten wird oft nur durch die Bewegungen der Atmos | 
durch Wind und Regen beschleunigt. Daher das Eis in solch, 
Einsenkungen, die den Sonnenstrahlen und dem Luftzuge um 
zugänglich sind, z.B. in Eishöhlen und Eisgruben, in Berg 
schluchten u. dgl. nicht leicht schmilzt. Das Aufthauen Ausg 
dehnter Schneemassen wird auch durch die Herstellung jai 
60° R., welche die Fluidität des Wassers bedingen, merki 
verzögert, so dals in Schneebedeckten, wasserreichen Gegend 
das Thermometer oft viele Tage lang nur wenig über den Ei 
punct sich erhebt. -Regen und heftige warme Winde sind d 
wirksamsten Beförderungsmittel der Aufthauung. Der erstg 
wirkt um so kräftiger, da überhaupt bei gleicher Wärme die 
tere Körper das Eis schneller schmelzen. Silber und Kop 
sollen es hierin den andern Metallen zuvorthun. Nach Hoš 
® BERG? soll in luftleerem Raume das Schmelzen des Eises 
dreimal schneller vor sich gehen, als in der Lüft. Eben dies 
ist nach LesLıe auch im Wasserstoffgas der Fall. Das Eis zen 




















1 G. Ann. II. 168 
2 Mem. de l’Acad. 1693. T. X, S. 265. 


Grundeis, 127 












geht nicht gleichförmig, sondern einige Stellen, besonders die 
isfiden, mit welchen das Gefrieren begann, widerstehen der 
Muflösung länger; daher wird es porös nnd brüchig. Auf Seen 
peiben oft lange noch dünne Eisfelder herum, die, kaum über 
fs Wasser hervorragend, nur durch ihre mattere Oberfläche 
em flüssigen zu unterscheiden sind. Diese sollen nach der 
hange von Augenzeugen plötzlich in ihrer ganzen Ausdeh- 
say su versinken scheinen ; eine Erseheinnng, die leicht statt 
faden kann, wenn die Eisrinde so dünn geworden ist, dafs 
sehnter Theil dem Zusammenflielsen des Wassers auf ihrer 
Werfläche keinen erheblichen Widerstand entgegenzusetzen 
Nach Manrensi zergeht das Eis im Salzwasser viel 
als im sülsen Wasser. 


m. Anomale Eisbildung, Grundeis, 

Der deutsche Name bezeichnet diese Art von Eis so be- 
“amt, dals sie kaum einer Erklärung bedarf, Es ist Eis, wel- 
Bes am Boden der Gewässer sich erzeugt. Es findet sich nicht 
n Teichen oder Seen, sondern nur in bewegte Wasser, und 
sscht den grölsten Theil des Treibeises aus, welches Flüsse, | 
ie nicht aus Seen ablaufen, zu Anfang des Winters mit sich 
ihren, und welches in der Folge durch die Hemmung der 
trömung das Gefrieren des Flusses an seiner ganzen Oberfläche 
eranlafst. Die Art, wie dieser Gegenstand von den meisten 
Shysikalischen Schriftstellern abgefertigt worden ist, gehört zu 
ten Schattenseiten unserer Naturlehre, und zeigt, mit welcher 
Vorsicht die Anwendung auch wohl gegründeter Doctrinen, wenn 
ie (nicht etwa mit den vermeintlichen Erfahrungen Neuigkeits- 
astiger Physiker, sondern) mit den Thatsachen des sogenannten 
’olksglaubens in Widerstreit geräth, verfolgt werden muls. 

Schon durch sein äulseres Ansehen unterscheidet sich das 
wandeis von demjenigen, das an der Oberfläche des Wassers 
ich bildet, es ist poröser, grauer, schwammiger als jenes, "und 
kht mehr einem durchnälsten Schneeklumpen, als eigentlichem: 
Ñ ähnlich. Bei näherer Untersuchung zeigt sich dasselbe 
as einer Menge kleiner, dunner, runder und durchsichtiger Eis- 
;heiben, von etwa 4 Zoll Durchmesser bestehend?, deren Zwi- 

1 Reise nach Grönland im Jahre 1671. Recueil des voyages 
ı Nord. T. II. p. 41. Ed. Amsterd. 1732. 8. 


2 Merun in d. Ann. der Allgem. Schweizerischen Gesellsch. d. 
turf. Bd. II. S. 59. Bern 1824. 8. u. Bibl. Univ. XXVII, 125. 


e 


128 Eis. 
schenräume sich in der Folge noch mehr ausfüllen. Es erscheii 
erst bei anhaltender Kälte, und soll durch Winde, welche 
Bichtung des Stromes entgegenwehen, besonders befördert 
den; am Grunde setzt es sich an hervorragenden Stellen 
Rodens an, von welchen es später, sey es durch die Ström 
oder bei erfolgendem Thauwetter, sich losreilst, und d 
seine specifische Leichtigkeit gehoben, Sand und Steine, dh 
schwere am Boden gelegene Körper als Zeugen seiner Abstami 
mung an die Oberfläche mit sich bringt. 
Der Erste, welcher die allgemeine Erfahrung der Landl 
Fischer, Müller und Schiffleute zur Sprache brachte, war Pı 
in seiner Naturgeschichte von Oxfordshire t, 1, Seine Anga 
wurden etwa drei Decennien später von Haurs? aufs Umstä 
lichste bestätigt, und nicht nur durch fremde Zeugnisse, sond 
durch eigene in den Wintern 1730 und 1731 genommene 
sicht und Untersuchung aufser Zweifel gesetzt, er fand, dafs 
‚ Gründeis sich zuerst ansetzte, wo die Geschwindigkeit des Stu. 
mes geringer war, und dals dasselbe auch ohne ‚vorhergegmm : 
genen Schneefall sich erzeuge. Es fand sich in der Themse ag 
solchen Stellen, wo Fluth und Ebbe noch wirkt, und auch & 
wo diese nicht mehr statt hatte. Die Wasserleute an der Themas . 
fühlten das Grundeis mit ihren Stangen mehrere Tage vorher ' 
ehe die Oberfläche des Flusses :überfror, und sahen es auch mit.! 
solcher Gewalt vom Boden emporsteigen, dafs es auf der schma- . 
len Kante stehend 4 bis 1 Fufs über die Oberfläche hervorschofs, . 
eine Zeitlang in dieser Stellung blieb, und dann auf die flache 
Seite sich hinlegte. Weder so evidente Thatsachen, noch di ' 
Autopsie eines Mannes, der sich so eben durch ein classisches 
Werk als gründlichen Physiker erwiesen hatte, selbst die vom | 
ihm beigefügte natürliche Erklärung, „dafs dieses Gefrieren am. 
„Grunde, da es nie in Seen und Teichen sich zeigt, der Bewe ï 
„gung des Wassers, die alle Theile durch einander werfe, und‘. 
„so eine gleichförmige Erkältung in allen Schichten bewirkę 
„zuzuschreiben sey,“ konnten den Abbé NorLLer? abhalten, 
die ganze Sache für Täuschung und fur ein Vorurtheil des Pöbels 




















1 Natural hist, of Oxfordshire 2. Ed. fol. 1705. S. 28. 


2 Vegetable Statics. Lond. 1731. 8. im Appendix. Die Ausgabe 
von 1727 enthält hiervon nichts. 


3 Mém. de l'Acad. p. 1743, p. 51. 


Grundeis, 129 | 


suerklären, für dessen Widerlegung er sich sogar entschuldi- 
gen zu müssen glaubte. Seine Einbildung, nichts gelten zu 
jsssen, was nicht in seine Erklärung palste, wich selbst nicht 
Mer eigenen Untersuchung, die er im J.. 1743, als bei einer 
‚Kälte von — 10°R. die Seine gefroren war, anstellte. Er liefs 
‚m verschiedenen Stellen, näher und ferner vom Ufer das Eis 
when, und fand die Stücke an ihrer untern Fläche nicht 
en, wie dies am Eise stehender Gewässer der Fall ist, son- 
dem schvammig und locker, wie von zerstolsenem Eise, Das 
Waser in den Löchern war nicht klar, sondern es enthielt eine 
'Menge kleiner, loser Eisstücke, ähnlich denjenigen, welche an 
‚der Unterfläche des Eises sich angesetzt hatten. Ja, was noch 
afillender war, so oft man auch die Löcher von diesen Eis- 
fagmenten reinigte, so kamen immer wieder neue hervor und 
die Arbeiter erklärten, dals dieses lose Eis, welches sie bouzin 
kannten, sich während der Nacht auf dem Grunde erzeuge, und ' 
am Tage durch die Sonne heraufgezogen werde; es sey daher 
mch meistentheils schmutzig, mit Erde, und selbst zuweilen 
ait Grashalmen vermengt. Diesem Allem setzte NouLET nur 
las, einseitig von ihm erkannte, Naturgesetz, und (allerdings 
mit besserm Rechte) die Bemerkung entgegen, dals nach seinen 
Beobachtungen das Wasser unter dem Eise bei verschiedenen 
Käkegraden und Dicken der obern Eisrinde am Grunde niemals 
die zum Gefrieren erforderliche Kälte besessen habe. Spätere 
Versuche haben uns jedoch? hierüber eines Andern belehrt. 
Noıızr’s Ansehen, und der Anschein von Wissenschaft- 
lichkeit im Gegensatze zum Volksglauben überwog die Zeug- 
nisse der englischen Physiker; ihm pflichtetMAaınAanw 3 unbedingt 
bei, und selbst der gründliche Geutxn * in den frühern Ausga- 
ben dieses Wörterbuches fertigte die Sache als ein altes Vorur- 
heil kurz ab. Ihm waren vermuthlich DesmArxst’s® und 
3aauns ô Untersuchungen unbekannt geblieben, deren zahl- 
miche Thhatsachen jeden Zweifel über diese Sache ausschlielsen. 
Jzsuanesrt erklärte vor der Akademie, dafs er im Winter von 


Mém. de l’Acad p, 68. 
Siehe unten die Versuche bei Strafsburg. 
Vom Eise p. 157. | 
Phys. Wörterb. I. p. 676. 
Mém. de Acad. 1776 und Journ, de ph. 1783. I. p. 30. 
Journ. de Ph. 1788. U, p. 59. 
Bit. DT. 1 


NO» 8 10 m 


"` trug. Brauns sah in der Elbe ebenfalls das Eis vom G 


130 > | Eia 

1780 am Boden des Canals, der Montgolfiers Papierfabrik -mi 
Wasser versieht, das Eis habe sich bilden und aufsteigen g 
hen; eben das hatte er auch in der Drome an solchen St 
wahrgenommen, wo der Strom zu reilsend war, um an 
Oberfläche zu gefrieren. Er bemerkte, dals das Grundeis vo 
unten her wachse, und dafs die dadurch bewirkte Erheb 
seiner obern Fläche zuweilen in einer Nacht 5 bis 6 Zoll bagg 






aufsteigen; er liefs eines Abends in mehr als 20 Fuls tief 
Körbe hinunter, um Aale darin zu fangen, zur Zeit als der 
noch frei von Eis war. Als sie Tags darauf in der Mittagss | 
herausgezogen wurden, fand man sie inwendig (wo das Wassai 
ruhiger gewesen war) ganz mit durchsichtigen iben von ha 
krustirt. Das Innere war mit kleinen Eisscheiben, von, 
stens 2 Quadratzollen Fläche und $ Zoll Dicke erfült. Brausr 
bemerkt, dals nach der Ordnung dieser Körbe das Eis nicht habi 
von Aulsen eindringen können. Eine Menge unzweifellakee. 
Beobachtungen über das Grundeis, von verschiedenen Beobachey 
tern entlehnt , stellt Brauns? zusammen, und Desmarest 
fügt noch aus den Denkschriften der Haarlemer Societät de- 
merkwürdige Factum hinzu, dals versunkenes Holz, und soğ 
einmal ein. Boot, das im Spätjahr bei Krimpen im Lech ver 
sunken war, durch ansitzendes Eis erleichtert, an die Oberfläche 
des Wassers gehoben worden sey. Brauns bemerkt, dals die 
haarigen Stoffe, Hanf, Wolle, Moos u. dgl. am leichtesten mě 
Eis besetzt werden. Unter den Metallen hänge es sich am ehe 
sten an Kupfer, Messing, Stahl, Zinn an; von den Steis. 
an den weichen Sandstein,. und alle rauhen Steine; weniger.d. 
gegen an glatte, oder auch an Backsteine. Ein runder. Ste 
vulcanischer Natur wurde nie besetzt. Eben so wenig die Harz, 
Siegellack, Pech, Colephonium, Wachs, Wachstuch, Seide 
gegerbtes Leder, und abgehobeltes Holz. 

Die Zahl der Zeugen, welche das Grundeis im Boden. ie 
Flüsse selbst gesehen haben, lälst sich noch täglich vermehreiß 
Besson? beobachtete es am Niederrhein; Lesum® behauptet es. 




















1 Hannöv, Magazin. 1783. Nr. 20—22. . 
2 J. de Ph. XXXIII. 68. 

3 J. de Ph. XXXIV. 387. 

& On heat and moisture. Vorrede. 


\ 


Grundeis, 131 


n mehrern Flüssen in Sibirien, in der Schweiz u. s. w. 
ARNET erzählt, dafs ein Wehr des Flusses Wharfe in Yorkshire 
weilen am Boden mit einer dicken Eiskruste bedeckt werde, 
) dals diese zuletzt einen förmlichen Damm bildet. Merian t 
wiolgte das Phänomen im St. Albancanal in Basel; und ich 
bet habe das Grundeis im Januar 1826 im Canal der Sihl in 
Bich oft gesehen. Es lag fest auf den Kieseln des Flulsbettes 
&awlörmlichen Klumpen von 2 bis 3 Fuls Länge, weilslicht 
gm, gerade wie Merran es beschreibt. Das auffallendeste 
Beispiel dieser Eisbildung‘ aber berichtet der K. Preus. Lootsen- 
Eommandeur STEEnxe in Pillau?2. Am 9. Februar 1806 kamen 
ki einem starken Südostwinde und.» 1° R. Wärme die 6 Klaf- 
kr langen eisernen Ketten, woran die Tonnen des Seegatts he- 
keist sind, und die seit Jahren bei Schappelts-\Vrack in einer 
Tiefe von 15 bis 18 Fuls verloren gelegen hatten, plötzlich an 
die Oberfläche des Wassers herauf, und schwammen auf derselben; . 
Be waren aber mit Eis in einer starken Mannsdicke ringsum 
rllig candirt. Eben so stiegen Steine, 3bis6 Pfundschwer, von 
wibst auf die Oberfläche; sie waren mit einer starken Eiskruste 
wgeben. Auch kam ein Tau :von 3% Zoll Dicke und etwa 
WKlsfter Länge, das im verwichenen Sommer in 30 Fuls Tiefe 
rrloren gegangen war, wieder zum Vorschein, und lag hori- 
sontal auf dem Wasser; es war abex auch von Eise ringsumher 
2 Fals dick befroren. An eben diesem Tage mulste. ein Schiff, 
das aus der See kam, gegen den Ostwind eingewarpt (d. h. an 
änem vorwärts ausgebrachten Anker in den Hafen gezogen) 
werden. Der Anker, den man dazu gebrauchte, war, nachdem 
& eine Stunde im Grunde gelegen hatte, dergestalt mit Eis be- 
foren, dafs es nur der Hälfte der gewöhnlichen Kraft bedurfte, 
wa ihn in die Höhe zu bringen. :- 

Die eigentliche Erklärung, wie die Bildung des Grundeises 
Möglich sey, wird uns, wie schon Hauzs einsah, durch die 
Beebachtung selbst zugewiesen, nämlich durch den Umstand, 
dls das Grundeis nnr in bewegten, niemals im ruhigen Wasser 
ich findet. Im bewegten Wasser kann jene Lagerung der Was 


erschichten nach dem Verhältnifs ihrer durch die T’emperatu 





1 2.0.0, 8. 6%; 
2 Gilb. Ann. XXII, p. 332, u. Hamb. Corresp. Nr. 41. u. 48. 1806. 
llau ist der Ilafen von Königsberg am Ausfluls der Pregel. 


I? 


132 | Eis, 


bedingten Dichtigkeit unmöglich statt finden. Die Ströme 
bringt unaufhörlich so mannigfache Bewegungen, Wälzung 
Windungen und Sirudel hervor, welche den geringen Unt 
schied des specifischen Gewichts der zwischen 0° und dem Pum 
der gröfsten Dichtigkeit nur yahoo ausmacht, leicht überwi 
den, so dafs die ganze Wassermasse so ziemlich gleiche Schwi 
und somit auch gleiche Temperatur erhält. Wird nun die Obe 
fläche des Stromes erkältet, wozu eine entgegengesetzte Luftsty 
mung durch das Aufwühlen der Wasserfläche besonders win 
sam ist, so theilt sich diese Abkühlung allmählig der ganz 
Masse mit, so dafs diese durchgehends bis auf Null erkältet wi 
In diesem Falle bieten dann die Hervorragungen des Bode 
und die ruhigern Stellen des Wassers der Krystallbildung wi 
kommene Stützpuncte dar, während dem eben die Bewegu 
sie in den übrigen Theilen des Wassers unmöglich macht. -: 
aber, wie wir oben unter a. gefunden.haben, die Erschütteruz 
gerade ein Beförderungsmittel des Gefrierens wird, wenn d 
Wasser unter Nali erkältet ist, so folgt, dafs auch selbst bei grofi 
Kälte die Oberfläche des Wassers immer noch so viel Wins 
festhalten ünd an sich ziehen müsse, dafs sie nicht merktä 
unter den Eispunct etkültet werde. , Diese Wärme steigt ihr a 
den untern Schichten zu. Ist einmal durch die beständige A 
kühlung der Oberfläche alle entbehrliche Wärme der Wase 
masse in ihrer ganzen Tiefe 'aùfgezehrt, so müssen’ die geschìñi 
ten Stellen in den festen Zutand übergehen, damit aus jenen fr 
werdenden 60 Graden (s. oben bei f.) das bewegte Wasser m 
so viel Wärme versehen werden könne, als nöthig ist, um 
bei Null zu erhalten. Es ergiebt sich hieraus 1. dafs vor] 
die ganze Masse eines Stromss mit seinem Zufluls durchgän 
bis auf Null erkältet seyn mufs, ehe ein Flöckchen Grundeis m 
bilden kann. 2% Däfs die "Temperatur des Stromes nirge 

unter Null gehen kannt; . 3. Dafs bei fortgehender Erkälts 
diejenigen Stellen, wo das Wasser ruhiger ist, sey es am Ras 
der Oberfläche, oder hinter schützenden Erhöhungen auf 4 















1 Dieses wird auch durch directe thermometrische Untersuc 
gen, die am 11. Febr. 1816 bei Strafsburg im Rhein bei 12° Ki 
angestellt wurden, bestätigt. Das Wasser zeigte an der Oberf ch 
auf 6 Fnfs Tiefe am Grunde, und in der mittlern Tiefe vor 8% 
beständig Null. Auch das Grundeis hatte eben diese Temperatur. 
Bibl, Univ. VII, 304, 


Gletscher. 133 


ande, gefrieren müssen, um die zur Fluidität der bewegten 
Wasermasse erforderliche Wärme herzugeben.. Durch diese 
Ansetzung wird die Zahl der ruhigen Stellen. im Strome 
ehrt; die Zwischenräume füllen sich aus, und es entstehen 
pen, deren Volumen bald grols genug jst, um durch 
Unterschied des specifischen Gewichts die Adhäsion am Bo- 
m überwinden; die Massen steigen empor, und der Flufs _ 
weitGrundeis. Mit der Vermehrung desselben wird der freie 
Iaaf des Stromes gestört, es bilden sich rubige Zwischenstellen 
der Oberfläche, die bald gefrieren und, mit jenen schwim- 
Fragmenten vereint den Strom mit einer, gegen fernere 
g beträchtlich schützenden, Eisdecke überziehen, de~ 
Bildung ohne das Grundeis unmöglich gewesen wäre. 












fr . 
ù Eisbildungen der. Natur im Grofsen. 


1. Gletscher; Glacier; Ice-Aill. 


Die ungeheuren Ablagerungen von unvergänglichem Schnee 
pæd Eis in den Thälern und auf dem Rücken der Hochgebirge, 
.: Die Temperatur des Erdballs ist in den grofsen Höhen der 
i$idem Zonen , und in den weniger erhöhten Gebirgen der Po- 
so niedrig, dafs die atmosphärischen Niederschläge, die 
dem flachen Lande und dem Meere als Regen herabströmen, 
meistensals Schnee. niederfallen, der unverändert und unge- 

r kbaolzen, nur von Stürmen umhergeworfen, in immer wach- 
jandan Lagen sich aufhäuft. Seine breiten Gefilde. verdecken 
n Abhängen die Felsklüfte des zerrissenen Gebirges, 

bahnen dem muthigen Ersteiger den Weg zu sonst -unzu- 
Höhen. Wenn der überwiegende Druck eigener 

re diese verjährten Lasten zum Faller bringt, oder eine 
Éiere Kraft sie vom steilen Abhange herabwirft, so zerfallen 
km Wolken von feinem Gestöber, das der Wind verweht. 
Rauch stürzt die verdichtete Schneelast als Lawine in die Tiefe. 
s Thales, und mehrere Sommer vermögen nicht sie zu schmelzen. 
lagern sich die Schneemassen zu beiden Seiten des Gebirgszuges 
ienQuerthälern desselben, während dem das breitere Läugen-. 
von einem Strome durchzogen wird, der die Producte ihrer 
älisen Schmelzung dem niedrigern Lande zulührt. Je mehr 
der Zug der Gletscher dem Grunde des tief eingeschnittenen 
les nähert, desto mehr wirkt das mildere Klima der tiefern 







134 Eis, 
Gegenden auf seine Verwandlung ein, Sonnenwärme ch 


und der Hauch warmer Winde zur Zeit des Sommers d 
hen die zusammengedrückte Schneelagerung mit Wasser," 
so wird bei der Rückkehr der Kälte aus der Masse ein => 
gebildet, das unterhalb dichter, in den höhern Regionen 
vollständiger und lockerer ist; die obersten Höhen, weldi 
nie Schmelzwasser oder Regen durchdringt,. werden nur leidi 
von einer dünnen glänzenden Eiskruste überzogen, die uf 
dem Fuls des: Wandernden einbricht. A 
Die nämlichen Umstände, welche die Entstehung ` eimú 
Gletschers bedingen , sind auch seiner Erhaltung günstig. -4 
Höhen, wo ein heunmonatlicher Winter den Regen der Th 
gegend in Schnee verwandelt, kann der kurze Sommer: ii 
einen geringen Theil jener zwischen hohen Felswänden ein 
schlossenen, gegen Wind und Sonne geschützten Ei 
schmelzen. Es mülste sich also Schnee auf Schnee häufen, al 
das Gerippe des Gebirges so hoch überdecken, dals nur unge 
heure, zerstörende Schneestürze die Ueberlast entladen könnte 
und die jetzt fruchtbaren Thalgegenden weit umher unb i 
bar würden. Die Natur jedoch, immer schaffend und ver 
dernd, weils das Gleichgewicht durch einfachere und gelindd] 
. Mittel wieder herzustellen. Sie läfst die Gletscher weit und 
ihren Entstehungspunct in die Ebene des Hauptthales hinun 
gleiten. Dicht an beblümte Wiesen, zwischen obstreiche Bi 
me, und in reifende Saaten hineingedrängt, kann die Eismadl 
der Hitze und den erwärmenden Regengüssen eines | 
Sommers nicht widerstehen; und wenn auch die immef 
nachschiebende Masse zuweilen keine Verminderung zu erl 
scheint, so sind doch die reichen Wasserströme, die dem # 
des Gletschers entfliessen, unverwerfliche Zeugen seiner 29 
nahme. u 
Der Gletscher läfst sich seiner äulsern Beschaffenheit e” 
einem gefrornen Strome vergleichen, der zwischen den 
wänden eines Gebirgthales in einer Länge von 2 bis 4 deutsat 
Meilen und % bis 4 Meile mittlerer Breite in verschiedenen s 
kungen ins tiefere Thal hinabsteigt. Da wo er wenig gend 
ist, gleicht seine Oberfläche einer rauhen hügelichten Eb 
mit körnigem Schnee bedeckt, der hie und da in der Nähe d 
Ufers vom Sande und Staube der verwitterten Felsen beschmu 
ist. Hier zeigen sich sparsamer jene weiten nnd tiefen Spalt 







Gletscher. 135 

































be, oft von einertrügerischen Schneebrücke verdeckt, dem Rei- 
Inden verderblich werden, Wo aber die Unterlage des Glet- 
hers sich stärker senkt, da findet er sich in gewaltige Eisblöcke 
prklüftet, die bei jähen Abschüssen wild über einander gestürzt 
wunderbaren. gigantischen Formen von Thürmen und Gewöl- 
ı vom prächtigsten Blau erglänzen. Am Ausgange des Glet- 
ns ist seine Oberfläche mit Sand und herabrollenden mäch- 
ign Felstrümmern bedeckt, die zu einem Damme (Moraine 
pnnt) sich anreihen, der beim Schmelzen abgelegt auch nach 
Althunderten die Stelle zeigt, bis zu welcher die Eismasse vor- 
mückt war. Hier bildet das Eis oft prächtige, haushohe Grot- 
1, deren Tiefe graulichtweils der Strom entrinnt, und deren ' 
Winde das reinste Dunkelblau wiederstrahlen. 
+» Woher dieses Vorrücken der Gletscher komme, darüber 
Mà die Meinungen verschieden. Saussunei erklärt dasselbe 
einfach dadurch, dafs durch die Wärme der Erde, für 
niche die auch im Winter dem Fufs des Gletschers entfliefsen- 
a Quellen zeugen, im Sommer durch die Erwärmung des Bo- 
überhaupt und durch die Einwirkung der Luft die unter- 
a Lagen des Gletschers geschmolzen werden, wodurch die 
feste Verbindung der Eismasse mit:dem Boden aufhört, und 
Bene hauptsächlich in der mildern Hälfte des Jahres durch die 
Nikung der Schwere auf der schiefen Fläche des Bodens in 
Rlangsamer und anhaltender Bewegung allmälig hinunter rutscht. 
jè Diese ganz natürliche Erklärung schien jedoch einigen Na- 
forschern nicht genügend; sie verwarfen die allmälige Be- 
ping durch die mächtige Kraft der Schwere, und glaubten 
fine weit geringere Wirkung zu Hülfe nehmen zu müssen) 
Malich die Ausdehnung des in den Gletscherspalten befindlichen 
Wassers, wenn es zu Eis gefriert. Besonders ist diese Idee 
ton dem Bergrath Tooussaınt DE CHARPENTIER in einer zu 
Breslau gehaltenen Vorlesung? umständlich entwickelt worden. 
me Widerlegung derselben verdanken wir einem gründlichen 
ipenforscher, dem verstorbenen EscHER vos DER Linra ?. Es 
ig hier genügen, das Unzulässige jener Hypothese mit wenigen ` 


ünden darzuthun: 


. 4% Voy. dans les Alpes I. p. 459, 
) 2 G. Ann..LXill. 388. 
3 G. Ann. LXIX. 114. 


| 
136 Eis. 

1. Sind jene Querspalten selbst das Erzeugnifs der Fi 
bewegung des Gletschers,-da sie, wie eine unbestrittene Erf 
rung zeigt!, vornehmlich da sich ergeben, wo der Abhang s 
ler wird; sie sind sehr selten in den flachern Gegenden ol 
halb des Abhanges, und die Fortschiebung der Masse an 
steilern Stelle kann also nicht von dem Keildrucke .des spärlic 
Eises jener unbedeutenden höher liegenden Spalten bew 
worden seyn, sondern sie ist das Resultat des Gewichtes 
Masse, die, über das convexe Bord des Abhanges geschol 
nothwendig nach der Richtung dieses Standes, d. h. quer 
den Thalweg, gebrochen werden mufs. Eben deswegen mü: 
diese Spalten keilförmig, d, h. oberhalb weiter als unten s 
Einige dieser Spalten sind auch zuweilen ganz durchgehend 
auf den Boden des Gebirges, zu welcher Durchbrechung 
erwärmende Kraft des von der Sonne geschmolzenen Eiswas; 
in welchem nach den oben unter a. entwiokelten specifisı 
Schweren des Wassers die wärmsten Schichten die unter 
sind, vieles beitragen mag. 

2. Die Bewegung der Gletscher findet nicht im Wi 
sondern in der wärmern Jahreszeit statt, wie das die öfters 
zwar im Sommer angestellten Messungen, und die mit Do 
ähnlichem Getöse begleiteten Erschütterungen der Gletsche 
dieser Jahreszeit beweisen?, Allein nach Saussune’s sory 
tiger Beobachtung # gefriert das Wasser in jenen Spalteı 
Sommer höchstens einen Finger dick zu, so dafs von eine 





1 Auch Pater Bıserx in s. Abhandl. von dem Schnee, de 
winen und Gletschern in den Alpen. (Bibl, Univ. 1819. u. in G. 
LXIV. 183) bemerkt, dafs diese Spalten sich stets da finden, 
das Thal stärker sich neigt. 


2 Uebereinstimmend mit der schmelzenden Kraft, durch w 
das auf dem Gletscher durch die Sonne erwärmte Wasser sich t 
wärts in das Eis einfrifst, nnd Löcher von einiger Tiefe bildet, 
Entstehen Rumford ans dem Niedersinken der wärmern Wasser 
befriedigend erklärt hat. G. Ann, 1800. 


3 Cnanpestier behauptet zwar, (a. a. O. 5.400) ohne näher 
weis, das Vorrüeken der Gletscher finde im Frühjahr, nicht im 
mer oder Herbste statt. Wenn wir auch, mannigfachen Erfahr 
entgegen, das Letztere zugeben wollten, so wäre doch weni; 
Thauwetter dazu nothwendig. Niemand aber wird dem aufthau 
Eise eine so grofse Ausdehnungskraft zuschreiben. 


4 Voy. T. L Chap. VIL pe 445. 


Gletscher. 137 


‚ dünnen Eistafel keine Wirkung zu erwarten ist. Sollte später 
bei vermehrter Kälte das Wasser auch im Innern gebildet wer-. 
‚den, so würde es mit leichterer Mühe die, bei der Erweiterung 
-der keilförmigen Spalte nach oben leicht zu hebende, obere 
Bisdecke sprengen, als Lasten von vielen Millionen Pfunden 
; sseinander treiben. | 
..  &% Wäre die Bewegung der Gletscher das Resultat einer 
. kiden Ausdehnung des Eises im Augenblicke des Gefrierens, 
s mülste sie stolsweise und zwar entweder in den ersten Herbst- 
fiösten oder zur Winterzeit erfolgen. Beides ist nicht der Fall; 
der Gletscher bewegt sich langsam und allmälig mit einer Ge- 
schwindiekeit, die nur nach Tagen und Wochen durch seine 
Amäherung an abgesteckte Zeichen bemerkbar wird; und dieses 
afte Fortrücken geschieht gleichwohl mit einer so,unwider- 
@eklichen Macht, dafs auch feste Felsen sie nicht aufzuhalten: 
vemögen. Ein glaubwürdiger Alpenforscher, Kvun? führt 
. liervon ein merkwürdiges Beispiel an. Auf dem Gletscher des 
Mattenberges bei der Ortfluh sah er im Jahr 1779 einen mächti- 
gen Granitblock zwischen der Seitenwand des Gletschers und 
mer vorspringenden Felsenecke eingeklemmt, Dieser wurde . 
durch das weitere Vorrücken der Eismasse so geprelst, dafs er 
"I einigen Wochen nach und nach in kleine Stücke zerbrach, 
"von denen keines mehr einen Kubikfuls hielt. 
Es gehört wahrlich ein wenig Paradoxie dazu, um die 
_ Bewegung der Gletscher von einer im Verhältnifs der zu bewe- 
genden Masse so kleinen, vereinzelten Kraft, wie diejenige des 
- $efnerenden Wassers in den Gletscherspalten ist, herzuleiten, 
~ ,@d den diametralen Gegensatz der Zeiten, in welchen die ver- 
g Ztinte Ursache und hingegen die Wirkung statt hat, übersehen 
m wollen, wenn dieser Ursache gegenüber uns eine Kraft zu 
; Gebote steht, welche, von keinen Zufällen abhängig, stetig 
wirkend, und mächtig genug ist, um alle Erscheinungen im 
J Yallange mit der Erfahrung auf eine ungezwungene Weise zu 
| ekliren. Selbst ein Laie in der Statik wird, wenn er die un- 
:} leugbaren Spuren der Bewegung einer solchen ungeheuern Eis- 
1 masse, ihr Zerbrechen an stärker geneigten und convexen Stel- 


$ kn, ihr ganz allmäliges Fortrücken wahrnimmt, und dabei die 
















1 Höpfuer’s Magazin f. d., Naturkunde Helvetiens. 1787, &. 
T. I S. 130. 


138 Bis 
beträchtliche Neigung der Ebene, auf welcher diese wenig- co- 
härente Masse aufgelagert ist, betrachtet, des natürlichen Ge- 
dankens sich nicht erwehren können, dafs hier die allgemeine 
und allmächtige Kraft der Schwere thätig sey. Nehmen wir die 
Reibung des Eises an der Fläche des. Berges, und die Summg, 
aller localen kleineren Widerstände auch zu 4 der Last an, s, 
wird sich bei einer Neigung von 20 Grad gegen die Horizontal. 
linie die Masse dennoch in Bewegung setzen. Die neuern Um” 
tersuchungen über die Wärme der Erde belehren uns, dals w 
in den Tiefen beträchtlich erwärmt, und ihre Temperatur w` 
der Oberfläche nur eine durch Ausstrahlung bewirkte, von.de.. 
Sonnenstrahlen nicht in allen Klimaten hinlänglich ee anf 






Erkältung sey. Unter dem Gletscher ist die Erde gegen di 
Ausstrahlung geschützt, und selbst eine bedeutende atmosphärkp 
sche Kälte würde Eismassen von einigen hundert Fuls Dide” 
nicht durchdringen. Wir dürfen also annehmen, dafs die Tem 
peratur des Bodens der Eismasse selbst im Winter nur wu 
unter Null sey, und beim Eintritt der mildern Jahreszeit durd 
den Zutritt des Regens und der wärmern:Luftströme, die dusch 
jene Grotten unter den Gletschern hinaufsteigen, bald um #. 
viel über den Eispunct erhoben werde, als nöthig ist, um diẹ- 
beiden berührenden Flächen nafs zu erhalten. Rechnen we 
dazu die, aus dem oben angeführten Experimente mit den Felses 
hervorgehende, -zermalmende Kraft so ungeheurer Eislasten, # . 
werden wir das Bette des Gletschers so ziemlich ausgeebne# 
annehmen müssen, so dals eine Reibung von 4 wohl noch a 
hoch angeschlagen seyn dürfte. Da die Curve des Thalabbe- 
ges oberhalb meist stärker gekrümmt ist, als bei ihrem Auslad, 
so ersetzt die steilere Senkung des Abhanges und der losere Za- 
sammenhang der Schneemasse die Hindernisse einer stärkeren 
Reibung und den Mangel der nachschiebenden Masse; und s 
können wir. uns getrauen, zur Erklärung des Fortschiebens der 
"Gletscher mit der einfachen Wirkung der Schwere auf der ge- 
neigten Ebene auszureichen, ohne weiter der Ausdehnung des 
gefrierenden Wassers, .noch der innern Einstürze unterhöhlter 
Eisgewölbe t zu bedürfen. 

Der oben aufgestellten Ansicht zu Folge erhält also der 
Gletscher sein Wachsthum von dem Schnee, welcher jährlich 





a ad 


1 Nach der Meinung Escaens von ner Lista. G. Ann. LXIX. 115. 


Gletscher. . 139 


n den höheren Theilen des Gebirges fällt und von den schrof- 
ien Felsenabhängen, wo er nicht festhalten kann, in die Ein- 
yenkung herabrutscht. Die der Tiefe allmälig zugleitende Masse 
wird noch durch Lawinen und Schneestürze oft beträchtlich ver- 
wehrt. Thauwetter, Regen und Sommerwärme befördern das 
Hinabgleiten des Gletschers, daher er zuweilen mehrere Jahre 
kindurch bedeutend ins Hauptthal hinaustritt. In warmen Som- 
men wird er dort beträchtlich geschmolzen, weniger in nafs- 
hilten; daher bei gleicher Fortschiebung das Hinaustreten in die 
Ebene (das Jorrücken des Gletschers) nach nassen Som- 
mern stärker erscheint, als nach trockenen; auch mufs dazu die 
in der Höhe, eben der nassen Witterung wegen, häufigere 
Schneeablagerung mitwirken. Nach mehreren warmen und 
trockenen Sommern wird die Abschmelzung am untern Theile 
wemehrt, die Zunahme in den höheren Regionen, des heitern 
Wetters wegen, verringert, und der Gletscher zieht sich zurück, 
weil mehr geschmolzen wird, als nachkommt: An eine Periode 
dieses Vorrückens und Zurücktretens ist nicht zu denken. Oft 
aimmt ein Gletscher mehrere Jahre hindurch beträchtlich zu, 
während dem ein anderer benachbarter abnimmt?. Auch die 
Schnelligköit der Fortbewegung ist sehr verschieden. Der Bos- 
son-Gletscher im Chamounithale war vomAugust 1815 bis Juli 1816 
um % Fuls vorgeschritten?, nach CuAnrentier’s Angabe? so- 
gar in 3 Jahren 1048; oder jährlich 350 Fuls. Auch Kvux*® 
erwähnt vom Grindelwald - Gletscher, im.Jahr 1773 dafs er 
eines Tages hart an einem Felsblocke gestanden habe; am fòl- 
genden Morgen war er auf die Mitte desselben vorgerückt, und 
am nämlichen Abend war der Block bereits ganz vom Eise 
bedeckt. | | 
Dafs das Vorrücken der Gletscher auch in den Höhen des 
ewigen Schnees statt finde, davon zeugen die Unglücksfälle, 
welche im Frühjahr 1818 das Bagnethal in Wallis an der südli- 
chen Grenze der Schweiz betroffen haben. Die Abstürze des 
hohen Getrozgletschers hatten die Thalverengung;, durch wel- 





1 Zahlreiche Beispiele hiervon finden sich in Biblioth. Univ. 
XIV. 285. 


2 Bibl, Univ. 1816. Janiheft u. G. Ann. LXIV, 200. 
8 G. Apn. LXIII. 409. 
& Höpfuers Mag. I. 125. 


140 E is. 


che die Drance abfliefst, ausgefüllt, und das Wasser zu eine 
grolsen See aufgestauet, dessen plötzlicher Durchbruch dur 
das ganze Thal hinunter die gräfslichsten Verwüstungen anricl 
tete, indem in weniger als einer halben Stunde mehr als 53 
Millionen Kubikfufs abflossen., Die Anhäufung dieser Gletsche: 
masse ist nun seither durch die sinnreiche Idee des dortigen In 
genieurs Venetz, den Gletscher durch Quellwasser, das au 
der Entfernung in hölzernen Rinnen auf derselben hingeleite 
wurde, zu zerschneiden, mit dem besten Erfolg verhinder 
worden t, 

Bemerkenswerth sind auch die uralten mit Erde bedeckteı 
Gletscher, welche Dr. EscaoLz auf Korzegur’s Reise auf de 
Wordwestküste von America entdeckte *. Ein Gletscher vor 
mehr als 100 Fufs Dicke, war in seiner ganzen Länge # Fuli 
hoch mit einer Mischung aus Lehm, Sand und Erde bedeckt 
auf welcher dasüppigste Gras wuchs. ImEise fanden sich viele 
Mammut-Knochen und Zähne. Die nämliche \Vahrnehmung 
hatten am 21. Aug. 1596 die Gefährten von HEEMSKERK au 
Nova Zembla gemacht. Sie bestiegen einen Eisberg von (| 
Fuls Höhe über dem Wasser, der oben mit Erde bedeckt war, 
wo sie an 40 Eier fanden 3, 


3. Eisberge im Meere. 


Montagnes de glace; Ice-berg.. Schwimmen'de 
Eismassen, Eisfelder; Champs de glace; Fields 
Floes. Meereis, Treibeis, Polareis; Ballots de 
glace; Loose ice. Alle diese Benennungen machen nur einen 
geringen Theil der besondern Namen aus, mit welchen die See- 
fahrer die verschiedenen Arten von Eis bezeichnen, die ihnen 
oft hinderlich, bisweilen Gefahr und Verderben bringend sind. 
Sie lassen sich hauptsächlich unter drei Classen bringen: Zis- 


Jelder; Treibeis; Eisberge. Die Erstern bilden zusam- 
menhängende Ebenen von geringerer Höhe über dem Wasser, 





1 S. Bibl, Univers. XXV. 240. 

2 Entdeckungsreise in die Südsee und nach der Behringstralse. 
1821. 4. 8. 146. 

3 „Ce banc de glace étoit couvert de terre sur le haut.“ Recueil 
des Voy. T. I, pag. 75. 


ur 


Meereis. 441 


aber von solcher Ausdehnung, dafs sie selbst von der obersten 
Hiühe des Mastes sich nicht absehen läfst. Das zweite bezceich- 
net loses, offenes Eis, Trümmer eines Eisfeldes, zwischen wel- 
chen man hindurch segeln. kann. Æisberge endlich sind Eis- 
massen von ungeheurer Höhe und Grölse ; welche bald schwim- 
mend, bald fest in den Polar - Meeren angetroffen werden. 
Gefrieren des Meeres. Die iur. von Wenigen in Zweifel 
gene Thatsache, dafs das Meereis beim Schmelzen sü/ses 
Wasser liefere!, brachte verschiedene Physiker auf die Meinung, 
„dafs das Eis nur an den Küsten, am Abhange der Inseln und 
Continente, und an den Mündungen der Flüsse sich bilde, weil 
salziges FVasser nur salziges Eis liefern könne 2.“ Allein die 
Verwandlung, welche im Augenblick ‚des Gefrierens mit dem 
Wasser überhaupt vor sich geht, ‚ist zu bedeutend, als daly 
micht, eben so wie bei der Dampfbildung, . seine. Verbindung 
mit einem fremden Stoffe dadurch merklich ‚gestört und verän- 
dert werden sollte; und die Anziehung, die beide Stoffe auf 
einander haben, kann höchstens die Trennung: derselben ver- 
zögern, so.dals Salzwasser, je nach Malsgabe seiner Dichtig-. 
keit, bei einer grölsern Kälte gefriert, als reines Wasser, Dann 
zumal aber wird, wie das auch bei der Krystallisation anderer 
füüssigen Mischungen der Fall ist, ` der fremde Stoff ausgeschie- 
den, und was gefriert, ist nur Wasser allein.. Nur bei grofser 
Kälte, und (etwa beim künstlichen Versuche) in abgesonderten 
geringen Portionen, wenn die Erkältung schnell von allen Sei- 





1 Für diesen Satz sprechen zahlreiche Erfahrungen aus verschie- 
denen Zeiten: Schon Frosisner fand (1578) 100 Meilen weit vom Lande 
Eis, welches geschmolzen sülses Wasser lieferte. 8, Reinhold Forster’s 
Gesch, der Schifffahrten in Norden 1748, 8. 8& 826. Joms Davıs 
(1585) lud ein ganzes Boot voll, das ein gutes Trinkwasser gab. (For- 
ster 8.345). Eben dieses that Wzmouru im Jahre 1594, (Ebend. S. 362), 
Späterhin noch mehrere. Unter den Neuern bediente sich dieses 
Hilfsmittels Coox auf seiner Reise nach’ dem Südpol (1773) A Voy. 
tovards the Southpole; SEd. 4, T, I. p. 37) derdafür unverdieut von Sir 
John Pringle als der erste Erfinder desselben gepriesen wurde; und 
Ross. (Voy. to the Baffinsbay. p, 48.) 

2 Büffon, (Hist, nat, ed. in 12. T. 1, p.. 518. T. IL 91). Lomo- 


- mssof(Schwed. Abhandl. Bd. XXV.) und: Cranz (Hist. ve Grönland T. 


3, 38 und 42), Jn neuern Zeiten auf Versuche gestützt, Dr. Higgins 
(Probability of reaching the Northpole. Suppl, p. 121) und Parrot 
(Physik, II. S. 71 und TH, 369, u. 6. Ann. LVIl. 144). 


442 Eis. 


ten wirkt, gefriert das Salzwasser zu einem porösen, undurcl 
sichtigen Eise von grünlicher Farbe 1 und etwa 0,7 specif. Gi 
wicht. Das auf der Oberfläche des Meeres sich bildende E 
ist hingegen schön, dicht und durchsichtig, gerade wie das gi 
wöhnliche reine Sülswassereis, und wie die Erfahrung geleh 
hat, frei von Salzgeschmack. Es ist hart und brüchig, un 
springt in scharfkantige Stücke; es ist nur um „ły leichter a 
Seewasser in der Temperatur des Frostpunctes; in sülsem Was 
- ser ragt z'5 desselben über der Oberfläche empor. 

Dem Gefrieren oft vorangehend, für den Seefahrer höch. 
wverdrüfslich und selbst gefährlich, ist ein Phänomen, das auc 
oft auf Flüssen, seltener auf stehenden Wassern sich zeigt, de 
Frostdampf. Diese Art von Nebel, die den höhern Breite 
eigen ist, scheint;. wie die sichtbare Verdunstung des Wasser 
wenn es durch künstliche Mittel erhitzt wird, aus der grölser 
Wärme des Wassers im Verhältnifs zur umgebenden Luft £ 
entstehen. Das Meer ist bei dieser Erscheinung gemeinigbel 
um 10 bis 14° R. wärmer als die Luft; es entsteht daher ein 
beträchtliche und srölsere Verdunstung, als. die Capacität de 
Luft für die Dühste mit sich brächte, und der Wasserdamp 
wird verdichtet. Der dickste Frostdampf wird nur bei heftige 
Winde wahrgenommen, und nimmt, bei gleicher Temperatu 
und Feuchtigkeit der 'Lüft mit der Bewegung des Meeres zt 
Ebenso ist er auch stärker über bewegten, strömendem, al 
über stehendem Wasser, Auf dem Meere bildet er bei unruhi 
ger See eine dicke Nebelschicht von 80 bis 100 Fuls Höhe 
welche sich an das Tauwerk der Schiffe und alle Hervorragum 
gen eben so ansetzt, wie unser Reif. Er ist häufiger ‚bei wo 
kenlosem Himmal und: trockener Witterung, als bei feuchte 
und bedecktem Häinmel, : Während dem er unten eine höchs 
beschwerliche und (da er immer:in Begleitung eines 'statkel 
Windes erscheint) auch gefährliche Finsternils. verbreitet, ' '# 
kann man von der Höhe des Mars aus ‚Schiffe i in einer Entfernun; 





1 Wenn Parrot.:(G: Ann, LVII. 146) das geringe Quantum vo 
12 Unzen Salzwasser eine ganze Nacht hindurch einer Kälte von — 
bis — 90 R, aussetzte, so.ist dieses. wohl keine mä/sige Kälte (S, 152 
zu nennen, da sie den Gefrierpunct derSoole um mehrere Grade übez 
trifft, und an eine Ausscheidung des Salzes ist freilich bei einer 3 
totalen Erkältung nicht zu denken. Bei seinen übrigen Versuchen wa 
die Kälte gar — 13, — 17 und— 24° R. 


Meereis. 143 


m 5 bis 6 Seemeilen, und ein hohes Land auf 10 bis 15 Stun- 
m weit erkennen, Nach MırcnıLL? muls das Salzwasser 
4° R. wärmer seyn, als die Luft, um sichtbare Dämpfe aus- 
ıstofsen, da hingegen Regenwasser dazu nur einen Ueberflufs 
on8l°R. bedarf. 
Eisfelder. Die Natur, auf dem Meere überall grofs i in 
hen Wirkungen, verfährt in der Bildung dieser Eismassen 
nach einem so ungeheuern Mafsstabe , dafs alle Vorstellungen, 
de wir vom beengten Festlande dorthin übertragen, gegen die 
Wirklichkeit in Nichts verschwinden. DieEisfelder haben nach 
KoRESBY 3 gewöhnlich nur etwa 4 bis 6 Fuls Höhe über dem 
Wasser und gegen 20, Fufs Tiefe unter demselben, sind aber 
sauchmal gegen 100 nautische Meilen (25 deutsche) lang und 
$ breit. 4. Zuweilen sind sie am Lande fest; häufig aber trei- 
ben sie in freier See herum. Ungeheure Eisfelder machten seit 
hhrhunderten die Ostküste von Grönland unzugänglich. Nach 
Sconzspx kommen sie von Norden her, und haben ihren Ur- 
sprang zwischen Spitzbergen und dem Pole. Die Auhängung 
an das Land oder der Schutz der Küste ist, wie eben dieser 
Schriftsteller behauptet, zum Gefrieren der See gar nicht noth- 
wendig; er sah das Eis auf 20 Stunden weit von Spitzbergen 
sch bilden. Selbst die Wellen vermögen sein Entstehen nicht 
zu hindern. Erst erzeugen sich kleine Krystalle, deren Menge 
das Wasser in eine Art Schlamm zu verwandeln scheint, als 
wenn es mit Schnee vermischt wäre. Gleich Oel macht dieses 
die krause Fläche des Wassers glatt. Die Krystalle vereinigen 
sch dann zu Scheiben, die aber der beständigen Bewegung we- 
gen nicht über 3 Zolle Durchmesser, erhalten können; allmälig 
werden diese dicker, und in eben dem Malse können sie auch 
m ausgedehnten Flächen sich vereinigen. Reibung und Wely 
grundetsie ab, und giebtihnen einen aufstehenden schar- 


| aana, daher ihnen der Witz der Seeleute der Namen Pfann- 





i Siehe hierüber Scoresby Voy, to the Northern Whalefisherye 
ı Deatsch, Ubers. 8. 53. 

2 Medical Repository, Vol. IV. übers, in Albers american, Ann, 
td Arzneikunde, Naturgesch. Chemie und Physik, Bremen 1802. 8. 
iek I, $. 105. G. Ann. XI. 74. 

3 Ann. de Ch. et Phys, 1817 und G. Ann, LXII. p, 4. 


å Eben diese Grölse giebt auch Cranz an; Hist, v. Grönland. T, 
t L 8,42. 


e a a g gea -Ml m a ~.. 


144 Eis, 


kuchen (pancäkes) ertheilt hat. Die gröfsern dieser 
‘cakes haben jedoch über 1 Fufs Dicke und mehrere ] 
Uinfang, u 

-Ist die See rrhig, so bildet‘ sich eine zusammenhät 
YEisdecke, die von unten her immer dicker wird. Währe 
Stunden scharfen Froftes kann die Eisdecke 2 bis 3 Zoll 
‚und in weniger als 48 Stunden stark genug werden, einen 
zu tragen. In geschützten Lagen kann ein solches Eis: 
von einem Monat 1 Fuls dick werden, woraus sich abn 
läfst, dafs in einer Reihe von Jahren die dicksten Eisfelde 
nur auf diesem Wege sich bilden können. Sie werde: 
wach durch Zuwachs von Oben vergröfsert: Während de 
Monate anhaltenden Frostes jener Gegenden fällt 2 bis 
hoch Schnee, welcher dann beim Thauwetter im Juni u! 
mit Schneewasser durchzogen, im September. wieder szt 
und so wird im Laufe der Jahre eine Masse gebildet, dereı 
dehnung und Höhe allen Elementen trotzen könnte, we 
Natur nicht durch einfache und stillwirkende Mittel sich 
zu entledigen wülste. 

Einige Eisfelder sind so eben, ohne Spalten oder E 
dafs ein Wagen ohne Anstols viele Meilen weit gerade au 
sie hinfahren könnte. Doch finden sich auf den meisten € 
trächtliche Zrhöhungen (Hlummocks) , die entweder vor 
‚geschobenen grolsen Eisstücken oder zusammengeweheten! 
herrühren ; und durch wunderbare Gestalten und den Gla 
res durchscheinenden Grüns das Auge ergötzen. 


Treibeis. Jene ungeheuren Eismassen, deren Anh 
eine immer mehr sich ausbreitende Erkältung hervort 
mülste, werden durch südwestliche Strömungen den w: 
Klimaten zugeführt, die selbst bei Windstillen und gegi 
Wind so wirksam sind, dafs jene Massen in Monatsfr 
100 Seemeilen (25 geographische)‘ fortschwimmen, was ei 
schwindigkeit von 24 Fufs in der Secunde giebt, grols' 
am mit einer so furchtbaren Last multiplicirt, eine unwid: 


liche Kraft zu bilden. Stürme und Wellenschlag zerb 


' 1 Barenz faud auf seiner dritten Reise nach Norden 159 
das Meer schon ïm September in einer Nacht zwei Finger dic 
Recueil des Voy, qui ont servi à l’etablissement dela Comp. de: 
Orient. T. T, p. 82, 


Meereis. - 145 


siein kleinere Eisfelder und Treibeis, und gewähren der schmel- 
zenden Kraft der wärmern Gewässer bessern Zugang. Die im 
hohen Norden entstandene Leere der Meeres - Oberfläche wird 
bald wieder mit neuen Erzeugnissen des Frostes ausgefüllt; und 
‚kommen an die Stelle der zerstörten Eisfelder neue herab, 
' weilen weilse Bären, die einzigen Bewohner jener erstarrten 
‘Gegenden, entführend. ' 
Winde, Ungleichheit der Strömung und der Anstofs ande- 
m Massen bringen nicht selten den Eisfeldern eine drehende 
Bewegung bei, vermittelst welcher ihr Stand einen Raum von 
mehreren Seemeilen in einer Stunde (5 bis 8Fulsin der Secunde) 
durchläuft. Kömmt ein solches Eisfeld mit einem ruhenden, 
oder gar mit einem in Berührung, das nach entgegengesetzter 
% Richtung sich dreht, so giebt das einen Stols, der bei Massen 
= ron30 Quadratseemeilen Oberfläche und 13 Fufs Dicke, also 
& etwa 200000 Centner Gewicht, ein fürchterliches Schauspiel 
darbietet. Das schwächere Feld wird unter heftigem Krachen 
termalmt; manchmal zertrümmern sich beide, und nicht selten 
schieben sich dabei Stücke von ungeheurer Gröfse so über ein- 
: mider, dals sie 20 bis 30 Fuls über dem Wasser hinausragen. 
- Wehe dem Schiffe, das etwa im Nebel oder bei Windstillen 
zwischen solche Eisfelder geräth; ` es wird zerquetscht, oder 
z wenigstens sehr beschädigt, zuweilen auch auf das Eis hinauf- 
p; ‚geschoben; Unglücksfälle dieser Art sind gar nichts seltenes 1. 
= Die Wallischfänger sind genöthigt, zur Verfolgung ihrer Beute 
. Sichzwischen das Treibeis zu wagen; oft auch bietet ein enger 
Canal zwischen schwimmenden Eismassen den einzig möglichen, 
‘bz zweifelhaften Ausweg dar, um einer gänzlichen Einschlie- 
bmg des Schiffes, die unfehlbar zum Ueberwintern nöthigen 
wärde, zu entgehen. 





Eisberge. Diese sind, wenn auch an Volumen und Aus : 
dehnung geringer als die ‚Eisfelder und manche treibende Eis- 
= waste dieser Art, durch ihre Aufthürmung auffallender und 
rd Sewähren einen erstaunenswürdigen , erhabenen Anblick. Ihre 

„| berichtliche Erhebung über dem Wasser lälst auf eine etwa 











1 Scoresby im J. 1804 und 1818. (Account of the arctic regions, 
. ©. Ann, LXII. 16) Capt. Ross im J. 1818. Voy. to the Baffinsbay. p. 
4 wi 76. Im J. 1777 gingen 5 holländische Schiffe auf diese Weise 

an Grunde,- í 
| MM. K 


'446 Eis, 

8 oder 9 mal gröfsere Einsenkung in die Tiefe schlielsen , 
dafs ihre ganze Höhe zuweilen bis auf tausend Fuls gehen kan 
Sie scheinen in der Nordsee weniger zahlreich als in der Ba 
finsbay zu seyn,, was auf ihre Entstehung am Lande hinzuwe 
sen scheint. Der grölste Eisberg, den Scorzssr an der Küs 
Grönlands sah, hatte etwa 3000 Fufs im Umfange, eine vie 
eckige Gestalt, eine regelmälsige Oberfläche, die etwa 20 Fu 
über den Wasserspiegel erhoben war, und bestand aus der dich 
testen Art von Eis, er mochte noch etwa 160 Fuls unter die Wai 
serfläche herabgehen, und ungefähr 2 Millionen Tonnen (jed 
zu 20 Centner) wiegen. In der Davisstrafse hingegen fande 
sich zuweilen Massen von 12000 Fuls Länge, 4000 Fuls bre 
mit Berggipfeln und Hörnern von mehr als 100 Fuls Höhe, di 
also auf eine Tiefe von 500 Fufs unter der Wasserfläche sie 
erstrecken mulste, ja selbst ebene Massen von 180000 Qut 
dratfuls Oberfläche und 150 Fuls sichtbarer Höhe, welche in A 
bis 100 Klafter tiefem Wasser auf den Grund liefen und derer 
Gewicht mehr als 2000 Millionen Tonnen betragen mulsts 
Auch Wepperr auf seiner Reise nach dem Südpole in den) 
1822, 3 und 24 traf auf Eismassen von? Meilen Länge und 2$ 
Fuls Höhe über der Wasserfläche. Ihre Menge ist nicht weni 
ger erstaunenswürdig, als ihre Höhe. Coox fand am 23. Dei 
1773 im südlichen Eismeere 186 solche Eismassen um sich he 
deren keine geringer als das Schiff war 1, und Rofs zählte ai 
10. Juny 1818 i in der Baffinsbay in 70° N. Br. nur auf der eine 
` Seite des Horizonts an 700 Eisberge ?. 

Von beiden Polen her werden diese Eismassen , Eisfeläi 
sowohl als Eisberge, der- gemäfsigten Zone zugeführt. In 5i 
südlicher Breite am 12. Dec. 1772 traf Coox auf einen schwim 
menden Eisberg von? Seemeilen im Umfange und 60 Fuls Höhe 
Dennoch brach sich die stürmische See über ihn hin 3. Faé 
ZIER begegnete am 13. März 1714 in 58° südl. Breite und 6$ 
W. Länge einer Eismasse von ein paar tausend Fuls Länge un 


wenigstens 200 Fuls Höhe*. Im nördlichen Atlantischen Meen 


1 Forster’s Bemerk. auf der Reise um d. Welt gesammelt S. 60, 

2 Voy. pag. 48. 

3 Voy. to the South pole, T. I. p. 23. 

4 plus de trois encablures de long. Relation du- Voy. de la Me 
dn Snd. aux côtes da Chily et du Perou. Paris 1716. 4. pag. 260. 


Meereis. 147 


Capt. Beauront Eisberge in 46° N. Br.; Lt. Panny trieb 
h am 4. Oct. in 44° Breite südlich von Neufundland 3 
k in Grönländischem Treibeise, und das Packetboot von 
fax traf mehrere ausgedehnte Eisinseln in 42° Breite, deren 
ke 200 bis 250 Fuls Höhe zu haben schienen. Am 19. Ja- 
+1818 wurde die Brigg Anna bei ihrer Abfahrt von Neu- 
land (im 47° N. B. ganz vom Treibeise besetzt, so dafs 
tvon der Spitze des Mastes keine Oeflnung zu erblicken 
Sie trieb mit demEise 15 Tage lang 60 Seemeilen in süd- 
her Richtung; die Eismassen wurden nun mächtiger, in- 
sie etwa 14 Fufs aus dem Wasser hervorragten; und unter 
m befanden sich mehr als 20 höhere Eisberge. Erst in 44° 
N. B. und über 300 Meilen östlich vom Lande fand sich end- 
sa 17. Febr. eine einzige Oeffnung in der unabsehbaren 
Beisung von Eise, durch die man der 29 tägigen gefahr- 
t Gefangenschaft entrinnen konnte 1. 

l Die Seefahrer sprechen mit Lebhaftigkeit von den seltsamen 
R , unter welchen diese ungeheuren schwimmenden Eis- 
ke zuweilen als gigantische Werke der Kunst sich darstel- 
$ Kolossale Abbildungen menschlicher Figuren, Eisbären 
ES Eus hohen Fulsgestellen; Löwenköpfe, Büsten, antike 
he, hohe Thore und Eishallen, Thürme und Pyramiden 
| I imen hie und da mit solcher Bestimmtheit, dals es keines- 
..Wegs einer fruchtbaren Einbildungskraft bedarf, um sie dafür 
[der erkennen 2, 

“ Allein, während dem das Auge an diesen kolossalen Spie- 
der Natur sich ergötzt, wird das Gemüth von Schauer durch- 
, wenn man die Gefahr bedenkt, welche die Nähe so 
r zerbrechlicher Massen, die nur auf dem Fundament 
Vtrüglichen Gewässers ruhen, dem Seefahrer bringen kann. 
b Hindernils, das sie beim Forttreiben unter dem Wasser 

































1 Alle diese Beispiele nebst noch Andern finden sich im Quar- 
Rewiew in einer Recension von Burney’s Abhandlung über die 
raphie des Nordöstlichen Asiens in den Philos. Trans. for 1818, die 
a Betörderer der neuesten Nördlichen Expeditionen, Barrow, zum 
r hat. Versinnlichende Zeichnungen von Eisbergen finden 
ia den Kupfern zu Ross Reise, auch zu Scoresby’s angegebenen 
«keo, Vergl. Manby Journal of a Voyage to Greenland, 2, ed, 
n 1823. 8, ` 


2 Scoresby Tageb. und Reise auf den Wallfischfang. S. 107. 
K?. 


148 Eis \ 


antreffen, der Anstofs an einem andern Eisgebirge, da 
brechen eines überhangenden Theils reicht hin, um sie ar 
Gleichgewichte zu bringen, und mit donnerndem Getös 
zustürzen. Schon viele Schiffe sind, durch abstürzende E. 
' sen zerschmettert, und die Boote vom Strudelin den Gru 
rissen worden 1. Zuweilen kann irgend eine Erschütterun 
Einhauen mit der Axt, ein solches Gebirge zerspalteı 
einstürzen machen. 2. 

Schon oben?wurde aus der Seltenheit der Eisberge : 
Grönländischen Küste und ihrer grofsen Anzahl in der B 
bay auf ihre Abstammung von der Küste geschlossen. 
wahrscheinlicher wird dieses durch den Umstand, dafs 
wie auf den Gletschern des Festlandes, auf den schwimm 
Eismassen Sand und Steine antraf, Schon Lucas Fox ar 
ner Reise nach der Hudsonsbay 1631, sah auf einem Eis 
einen Felsblock liegen, den er auf 120 Centner an Ge 
schätzte3®. Aehnliches berichten auch spätere Seefahrer 4. 
durch gewinnt die Vermuthung, dafs die eigentlichen Eis 
wirkliche, aus den Quer- Thälern der 2000 bis 4000 Ful 
hen Gebirge hervorgetriebene, Gletschermassen, mithin 
Meereis, wie die Eisfelder, sondern ein Erzeugnifs von S 
und Regenwasser seyen, eine grolse Wahrscheinlichkeit. 

. äufsern sich Scorzssy 5 und auch R. Forster ô dahin, 
der gröfsere Theil der Eisberge in den geschützten Buchte 
Küstenländer aus sogenanntem Bay- Eis gebildet, dann ı 
Regen und Schnee vergrölsert, nach Jahren hinausgetri 
und durch Stürme über einander geschichtet, zu so hohen 
sen aufgethürmt werden. Sconzssy glaubt, dals so wie i 





1 So das holländische Schiff Wilhelmine im J. 1777 S. aucl) 
ster’s Bemerk. auf s. Reise um die Welt S, 64. u, s. Gesch. der. Schif 
ten im Norden. S, 365. 

2 Scoresby a. a. O. G. Ann. LXII. 25, und dasjenige was 
8.'78. s. R. erzählt. Cranz Hist. v. Grönland I. 35. 

3 R. Forster in einem Briefe an Höpfner, den Herausgebe 
Magazins f. d. Naturkunde Helvetiens. T. II. 276. 

4 Auch Weddell auf s. Reise nach dem Südpol in den ]J. 18 
2%. fand in 68° südl. Br. eine Eisinsel, von welcher ein Theil 
schwarzer Erde bedeckt war, so dals man sie anfänglich für einen 
sen hielt. Bibl. univ, XXXI, 200. 

5 A. a. O. S. 34. 

6 Gesch. d. Schifffahrten im Norden S, 455.' - 


Meereis. Eisblink, 149 


sen Buchten der Baffinsbay, so auch an der Ostküste 
‘Spitzbergen der Stammort dieser jährlich in so ungeheurer 
ge nach Süden geförderter Eisbildungen sey, und dafs wahr- 
Malich nahe am Pole ein Festland von Eisbergen sich befinde, 
n Kern vielleicht so alt als der, Erdball selbst ist, und das 
kljährlich vergröfsert 2, 


Der Eisblink; Ice-blink. 


So oft man sich einem gröfsern oder kleinern Eisfelde nä- 

| bemerkt man bei ziemlich wolkenlosem Horizonte, oft 
sogar bei dichtem Gewölke, einen Streif von glänzend 

m Farbe am Horizonte. Dieses Eisblinken ist der sichere 
indiser herannahender Eisfelder. Die, zumal bei hellem 

er meist sehr starke Strahlenbrechung scheint hierbei eine 
liche Rolle zu spielen. Unter recht günstigen Umstän- 
klt der Eisblink dem Auge eine vollständige Charte von 
Eise und dem darin vorhandenen offenen Wasser auf 20 
See - Meilen rund umher dar, sò dals der Kenner füglich 
Pėstalt und muthmalfsliche Gröfse aller gröfsern und kleinem 
äder innerhalb dieser Grenze bestimmen, und dichtes oder 
eres Treibeis an dem dunklern und weniger gelben Schein 
erscheiden 'kann, während jede Wasserader und jeder See 
Bich em tiefes Blau oder einen schwarzblauen Fleck ? mitten 
MeFablink das offenere Wasser zu erkennen giebt3, Ein Eis- 
PR binst den hellsten Fisblink mit einem Anstrich von Gelb 
wär; Treibeis von grolser Ausdehnung giebt sich durch ein 
jeres Weils, und neu entstandenes Eis durch ein graulichtes 
Mt m erkennen. . Auch Land, welches mit Schnee bedeckt 


Pr 


‚4 Ver etwa 20 Jahren wurde in Folge von Peron’s voreiliger An- 
„ dafs die Tiefe des Meeres mit ewigem Eise bedeckt sey, die 
Mehung der Eisberge gar einfach mit dem Ausspruche erklärt: 
ind Eismassen, die sich. vom Boden des Meeres abgelöst haben, 
zar Oberfläche empor geschwommen sind.‘ Heutzutage, da man 
so eilfertig aus der, mit der Tiefe zunehmenden, Erwärmung 
äufsern Theils der Erdrinde, uns wieder an die alte Lehre vom 
Btralfeuef verwiesen hat, dürfte diese Hypothese von ihren Ur- 
schwerlich wieder anerkannt werden. S. den Bericht üb. Pe- 
$ Reise im Journ. de Phys. T. LIX. 361 u. G. Ann. XIX, 445. 
Leop. von Bunch’s Bemerkungen hierüber. Ebend. T. XX. 341. 

2 A Water-sky nach Parry, 
3 S. Scoresbys Beochtung v.7. Juny. 1822. Tagebuch. S. 104. 


150 Bis 


ist, verursacht einen Eisblink, der jedoch gelber erscheint 
der von Eisfeldern, Die ganze Erscheinung ist wahrschein] 
das Product einer ungewöhnlichen Strahlenbrechung, wel 
durch die verschiedene Temperatur der über dem Schnee ı 
den Wasserflächen befindlichen Luftschichten hervorgebra 
wird, und die bei hellem Wetter in den Polargegenden so hi 
fig vorkommt, 


3. Eisgrotten, Eishöhlen; glacieres naturell 


Natürliche Höhlungen in den Gebirgen , in welchen | 
Eis sich das ganze Jahr hindurch erhält. Sie befinden sich į 
meiniglich in Kalkgebirgen und scheinen folgende Eigensch 
ten als Bedingungen dieser Eiskälte zu enthalten: 1. Eine h 
Lage, 2. Eine beträchtliche Abtiefnng im Innern des Gel 
ges. 3. Abwesenheit alles Luftzuges im Innern. 4. Sch 
gegen warme und feuchte Winde ; Oeffnung der Höhle nı 
Nord und Ost. Die erste dieser Bedingungen, die allen, mit Aı 
nahme der Höhle von Besançon, bisher bekannten Eisgrot 
der gemälsigten Zone gemein ist, giebt uns die Hauptursa 
der Zisbildung in diesen Höhlen an die Hand, nämlich e 
geringe Erhebung der mittleren Jahreswärme über den Ni 
punct. In Folge derselben wird in der kühleren Hälfte 
Jahres mehr Eis gebildet als die wärmere Zeit zu schmel 
. vermag, und die Frostkälte ist vorherrschend. Die zweite. 
dingung hingegen ist zu Zrhaltung des gebildeten Eises ur 
läfslich, Da nämlich warme Luftströme nur aufwärts steig 
die kalten sich herabsenken, so. bleibt die kalte Luft, w 
zur Winterszeit in die Höhle drang, immer in der Tiefe; 
Einsenkung, während dem die warmen Luftströme des Somn 
nicht hinabsteigen können. Die Eishöhle von Besançon! 
eine Senkung von 31 Toisen vom Eingange bis zum Eise, - 
dort von einem Dache von 24 Toisen Dicke bedeckt ist. C 
sıony fand daselbst im August und October 1743 das Ther 
meter im Grunde der Höhle nur 4°R. über Null, Bei eir 
andern Besuche den 22. April 1745 war es am Morgen um 5! 
auf dem Eispuncte; um Mittag nur 1° über demselben. 
Eishöhle von St. George? 281 Toisen über dem Genfersee 


1 De Lüc in den, Ann. de Chim. XXI. 215. und Pite 
der Bibl. Univ. XX. 263. 


2 Ebend, S. 121, 


Eisgrotten. 151 


pemlich jähem Absturzei 25 Fuls tief. Die Eismasse hatte, 
ucrer am 7. Juli 1822 sie besuchte, 75 Fufs Länge, bei 
mittleren Breite von 40 Fuls; sie ist mit steilen Wänden 
ehen, die auf eine merkliche Tiefe schlielsen lassen. In 
Bitte der Höhle, 2 Fuls über dem Eise, stand das Thermo- 
r auf + 1°R. In der Eishöhle auf dem Berge Vencı?, 
Toisen über dem Genfersee, ist die Einsenkung weniger 
doch ist derBoden immer hinabwärts geneigt; die horizon- 
Eismasse hat 70 F. Breite und 30 Fuls Länge. Am 17. Juli 
2 fand Pıc rer 1 Fuls über dem Eise die Temperatur + 1°,2 R. 
fisgrotte von Fondeurle? ist 200 Fuls tief. Das sogenannte 
och am Rothhorn im Canton Bern*, 3700 Fuls über dem 
mersee ist ebenfalls ziemlich steil absteigend. Duroun fand 
n Theile desselben 1 Fufs über dem Boden die Tempe- 

+ 23° R., bei einer äufsern Luftwärme von 18 bis 20°, In 

ı Höhlen, deren Eingang meistens beträchtlich verengt ist, 
wkt man keine Spur von Luftzug®, Ihre Tiefe ist mit 
pectem Eise ausgefüllt; und nur am Eingange der weniger 
Besenkten Höhle auf Vergi befand sich einmal etwa 2 Fuls 
» desselben einiges Wasser, das aber 0° Temperatur 

fe. Die Oeffnungen aller dieser Hählen sind den kältesten 
| trockensten Winden ausgesetzt, indem sie in der Regel 
m Nord oder Ost ausgehen. Dals übrigens die Erkältung 
er w atmosphärischen Einwirkungen, nicht von einer innern 
te des Gebirges herrühre,, erweist sich auch durch die Tem- 
Inter einer Quelle die nur auf Schulsweite von der Grotte von 
George aus einer senkrechten Felswand herausspringt. Peter 
d sie +- 8°,5 R. was der mittlern Wärme des Berges in jener 

he entspricht. Pıcrer’ leitet die Eisbildung in diesen Grot- 
R von Luftstrüömen her, welche durch Verdunstung erkältet 
; und bringt diese Erscheinung mit den Kellern am 


peen; 
te testaceo bei Rom, denen auf Ischia bei St. Marino , bei 


1 Man steigt anf Leitern hinunter. 
' 2 Pictet Bibl. Univ. XX. 272. Deluc a. a. O. S. 123. 
3 Ebend. 125. 
à Ebend. XXI. 113. 
$ Siehe das bestimmtere. Zeugnifs von Colladon u. Pictet. Ann. 
P Ch. et Phys. XXI. 122. 124. 
6 DeLüc a. a. O. S.120, u. Dufour a. a. O. S. 115. 
7 Bibl, Univ. XX. 278, 





152 Eis | 
Terni, bei Chiavenna, in Hergiswyl und bei Lugano in Ver: į 
bindung, in welchen aus Löchern im Berge eine Luft heraus-& 
strömt, deren Temperatur in den südlichern Italienischen Ge- 
genden 54 bis 6° R., in denen von Lugano und Hergiswyl î 
der Schweiz 3 bis 4°. R, ist!, Er findet es sogar wahrscheinlich, 
dals die Eisbildung in den Eishöhlen im Sommer stärker sey als 4 
im Winter, weil in der wärmern Jahreszeit wegen der grölsern 
Ungleichheit der Temperaturen jene Luftströme lebhafter seyen, : 
und vergleicht ihr Auf- und Niedersteigen durch (vorausge- | $ 
setzte) verticale Hühlungen und Spalten im Innern des Bergés ġ 
mit dem Luftstrame, der im Sommer im Schacht eines Berg+.4 
werkes niedergehend, und heim Stollen ausströmend ist, weil 
die kühlere Luftsäule im Schachte schwerer ist als die äufsere; 
da hingegen im Winter das Umgekehrte statt findet. Diese veri 
ticalen Luftströme nun, indem sie durch die feuchten Spalteif 
des Berges ziehen, werden durch die Verdunstung jener Feuch# 
tigkeit so sehr erkältet, dafs sie nach Pıcrer im Innern d 
Berges sogar Eis erzeugen können. Allein Sıussürr, welch 
wir die sämmtlichen Beabachtungen über die Temperatur jenti 
Bergkeller zu verdanken haben, hat durch Versuche gezeigt 
dafs jene Verdunstungskälte nur etwa 3° R. betrage. Sie reidi 
daher gerade hin, um die Erniedrigung jener Luftströme untl 
die mittlere Wärme des Ortes zu erklären, aber nicht um Frost% 
kälte hervorzubringen, oder gar jene 60° Wärme, deren Ente” 
fernung dem Gefrieren vorangehen muls, zu absorbiren. Eigen] 
liche kalte Luftströme, die aus Löchern aus dem Berge herauk " 
- kommen, fand Pıcter nur in der Nähe der Eisgrotte auf a, 
Brezon; jedoch nicht in der Höhle selbst. Pıoren s Behauptung: 
dafs das Eis in diesen Höhlen mehr im Sommer als im Wintit 
sich bilde, verdient allerdings, so paradox sie auch kli 
mag, die Beabachtung der Naturforscher, da sie mit der allg 
meinern Meinung der Landleute in der Umgegend ühereinstimi 
wenigstens könnte dieses bei der einen oder andern Höhle de 
Fall seyn, Die Reobachtung einiger Bauern, welche die Ei 
höhle von Vergi gegen Ende Octobers, Novembers und Dei 
cembers besuchten, und des Eises immer weniger, im Decem-' 
ber sogar Wasser statt Eis fanden, scheint dieses zu bestätigen e 


























1 $Saussüre Voy, dana lea Alpes, T. II. $. 1404—1815. 
2 Bibl. Univ, XXV. 248. 


Eisgrubeu, 153 


a dürfte es zu gewagt seyn, das Nämliche von allen diesen 
ten zu behaupten. Fortgesetzte Beobachtungen, selbst nur 
De -Luc anräth, Versuche an einer wohl eingerichteten 
ttlichen Eisgrube würden uns über diesen Gegenstand zu 
schlüssen führen, die wir auf dem Wege der zufälligen 
hrnehmung nur langsam zu erhalten hoffen können. 


b Eisgruben; glacieres artificielles; Zce- house. 


Ein verschlossener Ort zur Aufbewahrung des Eises. Die 
lingungen, welche die Entstehung natürlicherEisgruben begün- 
en, sind auch gerade diejenigen, welche bei künstlichen 
lagen dieser Art in Acht genommen werden müssen, Eine 
ühete Lage, z. B. in einem Hügel, Trockenheit, Ausschlie- 
ng alles Luftzuges, Vertiefung im Innern; verlängerter Zu- 
ng, Krümmung desselben und Verschlielsung durch zwei 
œ mehrere Thüren; Abzug für das Schmelzwasser, endlich 
kleidung des Bodens und der Wände mit schlechten Wärme- 
tern, mit Stroh, Bast, Schilf. Man füllt diese Gruben des 
inters mit Eis oderSchnee, den man in denselben feststampft, 
}dienen nicht nur zur Erhaltung eines schätzbaren Erfrischungs- 
ttels, sondern sie sind auch zur Aufbewahrung von Speisen . 
der Haushaltung von wesentlichem Nutzen. Der Gebrauch, 
ı Eis im Boden aufzubewahren, ist übrigens schon sehr alt, 


. Eisbildung bei einer äufsern Tempe- 
ratur über Null. 


ünstliche Eisbereitun g. 1. Durch Ausstrahlung der Wärme. 


Ein Beispiel dieser Art von Eisbereitung findet sich in dem 
efahren, welches in Bengalen, wo es sonst niemals friert, 
gewandt wird, um Eis zu erzeugen. Es haben zwar berühmte 
hysiker der neuesten Zeit Tuomson, Youse, DavY, LESLIE u. m: 
m Eisbildung einer Verdunstungskälte zugeschrieben, allein 
Wris? hat gezeigt, dals sie von den nämlichen Ursachen ab- 
Winge, durch welche die Erscheinung des Thauens begünstigt 
wid. Das Verfahren selbst, so wie es von einem dortigen 
Eisfabricanten Sıg RoBERT BARKER? j und später von Wirm 





1 Essay on Dew. S. 261, 
2 Philos. Trans. Nr. 65. 


154 Eis. 


LIAMS? beschrieben wurde, besteht kürzlich in Folge 
Auf einem offenen, ebenen Felde von etwa vier Morge: 
des werden quadratische Plätze von 4 bis 5 Fufs Seite 
4 Fuls tief ausgegraben und mit dürrem Zuckerrohre od 
Stengeln von Indischem Korn so hoch ausgefüllt, dafs x 
kleiner Erdwall von etwa 4 Zoll Höhe übrig bleibt, A 
ses Lager werden reihenweise kleine unglasirte irdene E 
von ¿å Zoll Dicke und $ Zoll Tiefe hingelegt, und mit g 
tem weichem Wasser vollgefüllt*. Am frühen Morgen w. 
Eis eingesammelt, und in die Eisgruben gebracht?. D: 
schreibung von Wirrıams enthält noch folgende thermc 
sche Angaben. Am Morgen zwischen 5 und 6 Uhr zeig 
das Strohlager zwischen den Becken berührendes, Therm 
nie weniger als 35° F. (+ 1°, 3 R.) und es fand sich so; 
in den Becken, wenn es auf 42° F. (+ 4°,5R.) stand 
anderes Thermometer 54 Fufs über dem Boden aufgehäng 
gemeiniglich 4°F. (1%, SR.) höher, als dieses. Die Eist 

ing also selbst dann noch vor sich, wenn die Temperatur d 
+6,2R. betrug. Banker bemerkt, dafs die hellste 
stillsten Nächte diejenigen seyen, die am meisten Eis ] 
dafs hingegen Wolken und wechselnde Winde unverke: 
Vorzeichen einer geringen Eisproduction seyen; eben die: 
zeugt auch WıunıÄms, mit dem bestimmten Zusatze, dafs 
die Eisbildung gänzlich verhindere. In diesem letzterı 
stande liegt das sicherste Kennzeichen, dafs Yerdunstun, 
hier nicht im Spiele sey, weil Luftzug das entscheidens 
förderungsmittel der Verdunstung ist. "Auch ist nach den 
gen (litt. a.) eine kleine Bewegung. des Wassers dem Ge 
günstiger, als Ruhe; denhoch bildet sich bei stiller La 
Eis eher, weil der Wind dem durch Ausstrahlung erk 
Wasser die Wärme der umgebenden Luft zuführt.: Dies L 
soll auch durch die eingesenkte Lage jener Strohlager ver? 
werden, da bekanntlich in vertieften kesselförmigen Plätzer 





1 Philos. Trans. Nr. 83. 

2 Nach Barker; nach Williams mit ‚ungekochtem Pumpi 
S, oben unter a. ' 

8 Die Ausdehnung solcher Anstalten läfst sich daraus beı 
Jen, dals nach Williams 300 Personen bei einer derselben ang 


. waren. 

















Künstliche Eisbereitung. 155 


Reif stärker ansetzen, als an offenen Stellen. Ueberdem 
ft die Verdunstungskälte nach Saussunx bei 18°R. Wärme 
pe R.1, sie ist also lange nicht vermtigend, eine Temperatur- 
lrigung von 6°R. zu bewirken. \Vohl aber vermag die- 
bie Susstrahlung. Wıısox fand in einer hellen und wind- 
Nacht die Oberfläche des Schnees 16° F, (oder 7° R.) 
t als die Luft nur 2 Fuls über demselben?, und WELLS 
loft die Grasfläche um 12 bis 14° F. (5°,4..6°, 3 R.) kälter als 
imgebende Luft. Diese Data mögen hieran die Stelle der noch 
telnden Versuche über die Wärmestrahlung des \Vassers tre- 
slie wir aus keiner Ursache geringer anzunehmen haben, als 
BesSchnees, oder des Rasens. Dals bei der erwähnten Eisbil- 
keine Verdunstung, sondern im Gegentheil noch die durch 
ing bewirkte Thauabsetzung statt finde, zeigt einVersuch von 
ts, der in England in kühlen Nächten vom Mai und Octo- 
te Operation der Indier nachahmte. Er setzte in einer hel- 
acht zwei Untertassen mit 2 Unzen Wasser jede, auf einem 
k von Stroh dem freien Himmel aus; am Morgen waren 
le gefroren, und der eine Eiskuchen hatte 24, der andere 
ran an Gewicht gewonnen. Das Gras war in jener Nacht 
F. (4° R.) und das Stroh 12° F. (54° R.) kälter als die Luft. 
dieser Erkältung durch \Värme-Ausstrahlung beruht auch 
Brmehmlich die Erfahrung der Anwohner an Seen und Flüssen, 
as ürse Gewässer auch bei grolser und anhaltender Kälte oft 
Hage nicht gefrieren, sobald nur die Nächte bewölkt sind, 


2. Eisbildung durch Verdunstung. 

Dals Verdunstung Kälte erzeuge, war zwar längst bekannt, 
dieses Mittel wurde zur Abkühlung von Getränken durch 
wi elung der Gefäfse mit befeuchteten Lappen benutzt, 
mman war (aus Gründen, die so eben angeführt worden sind) 
imStande, durch Verdunstung ein wirkliches Gefrieren her- 
ringen. Dieses ist erst seit wenigen Jahren durch LesL.ıe in 
burg ? insolchemMalse bewerkstelligt worden, dals seinVer- 

n hinreicht, mitten im Sommer Quecksilber zum Gefrieren zu 










$ Voy. aux Alpes. T. II, S. 219. Nach Versuchen von Werts 
19° R. ebenfalls 6—7° F. (2°,8R.) und bei 4e 30,5 R. Wärme 
noch 0°,7 R. On Dew. 8. 268. 
' 2 Essay on Dew. 8. 269. 

3 Ann, de Chim. 1811. G. Aun. XLIU. 873. 


, 


Fig. 
19. 


150 Eis. 
bringen. Das Ganze beruht auf der Benutzung zweier Mittel, 
eine schnelle und immer erneuerte Verdunstung der Flüssigkeit 
hervorzurufen. Diese sind: eine die Feuchtigkeit sehr anzie- | 
hende Substanz, und schnelle Verdünnung der Luft. Die 
Erstere, indem sie die eben entwickelten \Vasserdämpfe absor- 
birt, giebt nenen Entwickelungen Raum, und die Letztere be- " 
schleunigt die Dampfbildung “durch Verminderung des Luft- , 
druckes. Unter den verschiedenen Stoffen , welche die Feucht 
tigkeit absorbiren, giebt LesLır der Schwefelsäure den Vorzug; : 
Sie wirkt nach ihm stärker, als der salzsaure Kalk, und ihre „ 
Kraft bleibt sich so ziemlich gleich, bis sie ein dem ihrigen | 
gleiches Volumen Wasser in sich gesogen hat. Durch 
kochen läfst sie sich leicht wieder von dem aufgenommene; 
Wasser befreien. Das Verfahren ist folgendes: "Man ni 
einen Recipienten mit tragbarem Teller, am besten von de 
Form einer Halbkugel; setzt unter diesen in einem breiten und 
flachen Gefälse die concentrirte Säure; 2 oder 3 Zoll höher b- 
findet sich auf Glasfülsen eine Schale mit reinem, gekochtem _ 
Wasser. Nun wird rasch ausgepumpt, und nach einer etwx $ 
100maligen Verdünnung beginnt unter Entwickelung zahlreicher j 
Luftblasen das Gefrieren. Nachher reicht eine 10 bis 20fache:. 
Verdünnung hin, das Wasser gefforen zu erhalten. Das Eis : 
verdunstet dann allmälig , während dem die Säure eine hoh ` 
Temperatur behält, so dafs ein Eisstück von 1 Zoll Dicke auf 
diese Art in 5 bis 6 Tagen verschwindet. Die Wirkung wird beż 
deutend verstärkt, wenn man die erste Glasglocke mit einer 
zweiten bedeckt, um den Einfluls der äufsern Wärme abzuhal- 
ten. Noch auffallender wird der Versuch, wenn man eine, 
Recipienten nimmt, durch dessen Obertheil ein Stängelche, 
luftdicht geschoben werden kann. Man hält die Schale mit 
dem Wasser während des Auspumpens bedeckt, hebt au | 
plötzlich den Deckel auf, so dals das Wasser mit dem verdünnten .' 
Luftraume in Berührung kommt. In wenigen Minuten sieht man . 
die Eisnadeln sich bilden, und bald verwandelt sich das Gun 
in eine feste Masse von sehr durchsichtigem Eise. Nimmt man .: 
Eis und kältende Mischungen zu Hülfe, so lälst sich selbst im 
Sommer das Quecksilber zum Gefrieren bringen. Lesure hat 
einen vollständigen Apparat angegeben, mit welchem unter meh- 
rern Glasglocken, die auf einem mit Luftpumpe und Leitungs- 
röhren versehenen Tische sich befinden, Eis gebildet werden 







Eisen, 157 


kannt. Nach Crement und Desornmes? fst Lesuıe’s Ent- 
deckung von grolsem Nutzen zur schneller Austrocknung so!cher 
Stoffe, welche keine Erhitzung vertragen, wie auch animalischer 
und vegetabilischer Substanzen, die man lange aufzubewahren 
wünscht. 

Dals auch eine relative Verdünnung, oder die Ausdehnung 
sark verdichteter Luft Kälte hervorbtinge, ergiebt sich aus der 
Eabildung, welche bei der Höll’schen Maschine im Schemnitz 
(einer Art Herons Brunnen) statt findet, wenn man den Hahn 
des untern Compressionsgefälses öffnet. Die etwa bis aufs fünf- 
fache comprimirte Luft in diesem Kessel strömt dann mit gro- 
Isem Geräusche und Heftigkeit heraus, und wenn man vor die 
Oeffnung einen festen Körper hinhält, so setzen sich an dem- 
selben die condensirten \Vasserdämpfe in Gestalt von weilsen 
wad dichten Eiskörnern an; das Phänomen hat in allen Jahres- 
zeiten statt; und die umgebende Temperatur der Grube ist 10 
bs 12° R. Die Erscheinung erklärt sich sehr einfach dadurch, 
dals die ausströmende Luft bei ihrer Verdichtung eines Theils 
ährer Wärme beraubt worden ist, und nun, da der äufsere Druck 
eufhört, den zu ihrer Expansion erforderlichen Wärmestoff aus 
der umgebenden Luft oder einem dargehaltenen festen Körper 
an sich reilst, und so eine plötzliche locale Erkältung erzeugt, 
welche die mitgebrachten oder in der umgebenden Luft vorhan- 

denen Wasserdämpfe verdichtet und gefrieren macht?, H. 


Eisen. 


Ferrum, Mars; fer; Iron. Die Natur liefert dieses nütz- 
lichste Metall reichlich theils im geschwefelten, theils im oxy- 
daten Zustande, und im letzten Falle oft in Verbindung mit 
verschiedenen Säuren und andern Metalloxyden ; aulserdem ge- 
Gegen in Meteormassen. Man scheidet es aus den natürlichen 
Dzyden des Eisens durch heftiges Glühen mit Kohle, gewöhnlich 
ia den Hoheisenöfen. Das so erhaltene Gu/seisen, Roheisen, 
wird von den fremdartigen Stoffen durch das Eisenfrischen be- 
reiet, bei welchem Procels dieselben nebst einem Theile des 


1 Supplement to the Encyclop. Britann, Art. Cold, Vol. NI. 
ut. L 8. 255. G. Ann. XLIII. 373, 

2 G, Ann. XLII. 378. | 

8 S.Jonrn. de Phys. XLVIII. 166 u. G. Ann. XVIII. 412. 


150 Eis. 


bringen. Das Ganze beruht auf der Benutzung zweier Mittel, 
eine schnelle und immer erneuerte Verdunstung der Flüssigkeit 
hervorzurufen. Diese sind: eine die Feuchtigkeit sehr anzie- 
hende Substanz, und schnelle Verdünnung der Luft. Die 
Erstere, indem sie die eben entwickelten \Vasserdämpfe absor-- 
birt, giebt neuen Entwickelungen Raum, und die Letztere be- 
schleunigt die Dampfbildung “durch Verminderung des Luft-- 
druckes. Unter den verschiedenen Stoffen , welche die Feuch- ! 
tigkeit absorbiren, giebt Lesure der Schwefelsäure den Vorzug 
Sie wirkt nach ihm stärker, als der salzsaure Kalk, und ihre + 
Kraft bleibt sich so ziemlich gleich, bis sie ein dem ihriges ` T 
gleiches Volumen Wasser in sich gesogen hat. Durch Aur 
kochen läfst sie sich leicht wieder von dem aufgenommene 
Wasser befreien. Das Verfahren ist folgendes: "Man ni 
einen Recipienten mit tragbarem Teller, am besten von de _ - 
Form einer Halbkugel; setzt unter diesen in einem breiten ud. . 
flachen Gefälse die concentrirte Säure; 2 oder 3 Zoll höher be - 
findet sich auf Glasfülsen eine Schale mit reinem, gekochten ` 
Wasser. Nun wird rasch ausgepumpt, und nach einer etwe‘ 
100maligen Verdünnung beginnt unter Entwickelung zahlreicher 
Luftblasen das Gefrieren. Nachher reicht eine 10 bis 20fache‘} 
Verdünnung hin, das Wasser gefforen zu erhalten. Das Eis, 
verdunstet dann allmälig, während dem die Säure eine hohé 
Temperatur behält, so dals ein Eisstück von 1 Zoll Dicke auf ! 
diese Art in 5 bis 6 Tagen verschwindet. Die Wirkung wird be- 
deutend verstärkt, wenn man die erste Glasglocke mit einer 
zweiten bedeckt, um den Einfluls der äufsern Wärme abzuhi- ` 
Fig.ten. Noch auffallender wird der Versuch, wenn man eina, : 
19. Recipienten nimmt, durch dessen Obertheil ein Stängelchen;, 
luftdicht geschoben werden kann. Man hält die Schale mit 
dem Wasser während des Auspumpens bedeckt, hebt dang 
plötzlich den Deckel auf, so dals das Wasser mit dem verdünnten. 
Luftraume in Berührung kommt. In wenigen Minuten sieht ma , 
die Eisnadeln sich bilden, und bald verwandelt sich das Ganse 
in eine feste Masse von sehr durchsichtigem Eise. Nimmt man; 
Eis und kältende Mischungen zu Hülfe, so lälst sich selbst im k 
Sommer das Quecksilber zum Gefrieren bringen. Lesure ha 
einen vollständigen Apparat angegeben, mit welchem unter meh- 
rern Glasglocken, die auf einem mit Luftpumpe und Leitunge 
röhren versehenen Tische sich befinden, Eis gebildet werden 











Eisen, 157 


anni, Nach CrLemen# und Desonmes? fst Lesuıe’s Ent- 
eckung von grofsem Nutzen zur schneller Austrocknung solcher 
koffe, welche keine Erhitzung vertragen, wie auch animalischer 
md vegetabilischer Substanzen, die man lange aufzubewahren 
wünscht. 

Dals auch eine relative Verdünnung, oder die Ausdehnung 
úk verdichteter Luft Kälte hervorbtinge, ergiebt sich aus der 
Bildung, welche bei der Höll’schen Maschine im Schemnitz 
mer Art Herons Brunnen) statt findet, wenn man den Hahn 
es untern Compressionsgefälses öffnet. Die etwa bis aufs fünf- 
che comprimirte Luft in diesem Kessel strömt dann mit gro- 
em Geräusche und Heftigkeit heraus, und wenn man vor die 
effnung einen festen Körper hinhält, so setzen sich an dem- 
Nben die condensirten \Vasserdämpfe in Gestalt von weilsen 
ad dichten Eiskörnern an; das Phänomen hat in allen Jahres- 
eiten statt; und die umgebende Temperatur der Grube ist 10 
512° R. Die Erscheinung erklärt sich sehr einfach dadurch, 
s die ausströmende Luft bei ihrer Verdichtung eines Theils 
rer Wärme beraubt worden ist, und nun, da der äufsere Druck 
hört, den zu ihrer Expansion erforderlichen Wärmestoff aus 
m umgebenden Luft oder einem dargehaltenen festen Körper 
ı sich reilst, und so eine plötzliche locale Erkältung erzeugt, 
reiche die mitgebrachten oder in der umgebenden Luft vorhan- 
enen Wasserdämpfe verdichtet und gefrieren macht?, H. 


Eisen. 


errum, Mars; fer; Iron. Die Natur liefert dieses nütz- 
äste Metall reichlich theils im geschwefelten, theils im oxy- 
ten Zustande, und im letzten Falle oft in Verbindung mit 
schiedenen Säuren und andern Metalloxyden; aulserdem ge- 
gen in Meteormassen. Man scheidet es aus den natürlichen 
syden des Eisens durch heftiges Glühen mit Kohle, gewöhnlich 
‚den Hoheisenöfen. Das so erhaltene Gu/seisen, Roheisen, 
ind von den fremdartigen Stoffen durch das Eisenfrischen be- 
et, bei welchem Procefs dieselben nebst einem Theile des 





1 Supplement to the Encyclop. Britann, Art. Cold, Vol. II. 
ut. IL 8. 255. G. Ann. XLIII. 373. 

% G, Ann. XLII. 378. 

8 8. Jonrn. de Phys. XLVIII 166 u. G. Ann. XVIII. 412. 


158 Eisen. 


Eisens oxydirt, und so als Gas und Schlacke entfernt werden; 
Das so gereinigte Eisen, Stab- oder Frischeisen, hat eii 
specifisches Gewicht von 7,788, und ist ductil, jedoch hi 
und zusammenhängender, als alle andere ‘Metalle. Es ist n 
tractorischmagnetisch. Es erweicht sich in der Rothglühhitz 
läfst sich in der Weilsglühhitze schweilsen und schmilzt erst bi 
einer noch höheren Temperatur. 
` Seine Verbindungen sind: 
Das Eisenoxydul (28 Eisen auf B Sauerstoff) ist ni 
für sich bekannt, sondern blofs in Verbindung mit Wasser 
Säuren. Das Eisenoxydulhydrat (durch Niederschlagu 
eines Eisenoxydulsalzes mit einem Alkali erhalten) ist wei 
wird aber an der Luft durch Oxydation schnell grün, dann br Ä 
die Bisenoxydulsalze sind meistens grühlich oder weils 
färbt, entziehen der Luft und vielen andern Körpern Sauersta 
wodurch sie sich in Eisenoxydsalze verwandeln, und geben m#* 
reinen und kohlensauren Alkalien und mit blausaurem Eisen- y 
oxydulkali einen weifsen, mit blausaurem Eisenoxydkali ei 
blauen, mit hydrothionsaurem Alkali einen schwarzen Nie 
schlag. Die wichtigsten Eisenoxydulsalze sind: das salzsa ! 
Eisenoxydul , erscheint in blafsgrünen, leicht in Wasser ur 
Weingeist löslichen, an der Luft zZerflielsenden Krystalle 
Schwefelsaures Eisenoxydul oder Eisenvitriol, das b 
kannte blalsgrüne, leicht im Wasser lösliche und leicht 
lisirende Salz, welches beim Auflösen von Eisen in verdünnt 
Schwefelsäure erhalten wird, und beim Erhitzen zuerst in en 
wässertes weilses Salz übergeht, dann sich durch Anziehen wi 
Sauerstoff aus der Luft in den rothen gebrannten Vitriol vit- 
wandelt. Hydrothionsaures Eisenoxydul bildet si $ 
beim Vermengen von Eisenfeilicht mit Schwefel und Wass 
durch Zersetzung des Letztern , als eine schwarze Materie, 
che aus der Luft begierig Sauerstoff anzieht, und dabei sovi 
Wärme entwickelt, dafs bei grölseren Massen wirkliche En ü 
dung eintreten kann F worauf die Darstellung der künstli 
Vulcane nach LEMERY beruht. Das kohlensaure Eisenoxy 
kommt natürlich als Eisenspath vor; durch Ueberschufs von 
Kohlensäure in Wasser gelöst bildet es die meisten Stahlwasser.- 
Das einfach- blausaure Eisenoxydul ist eine gelbe, küt- 
nige, nicht im Wasser lösliche Materie, welche mit vielen 
andern blausauren Salzen zu Doppelsalzen verbindbar ist. Das 

























































| Eisen. 159 


innteste von diesen Döppelsalzen ist das blausaure Ei- 
frydulkali oder Blutlaugensalz, welches gelb und 
im Wasser löslich ist, -und mit der Auflösung der mei- 
schweren Metalloxyde in Säuren verschiedenartig gefärbte 
sschläge hervorbringt (aus diesem schweren Metalloxyd, 
fisenoxydul nnd aus Blausäure bestehend) und deshalb 
agens für viele Metalle gebraucht wird. 
Das Eisenoxyd (28 Eisen auf 12 Sauerstoff) findet 
în eisenschwarten spitzen Rhomboedern krystallisirt als 
nglanz, aulserdem als Rotlieisenstein, besitzt in 
zgestalt eine braunrothe Farbe, und ist nicht magnetisch, 
Adet mit Wasser das Eisenuxydlıydrat, das als Braun- 
Bsteisz natürlich vorkommt, sich beim Aussetzen des feuch- 
jens an die Luft ale Eisenrost bildet und beim Glühen 
IWasserverlust in rothes Eisenoxyd verwandelt wird. Die 
zydsalze sind meistens braun und roth gefärbt, 
iken zusammenziehender, als die Eisenoxydulsalze, wer- 
darch verschiedene Substanzen, welche Sauerstoff aufzu- 
fähig sind, in Eisenoxydulsalze verwandelt, geben 
inem nnd kohlensaurem Alkali gelbbraune Niederschläge, 
kasırem Eisenoxydulkali einen blauen, mit Galläpfeltin- 
m blauschwarzeni, mit Hydrothionsaurem Alkali einen 
i, und färben sich lebhaft roth mit Schwefelblausäure 
PR mit Mohnsäure. Hierher gehören unter andern: das sal- 
re und das salzsaure Eisenoxyd, welche fast 
þó d gelbbraune Flüssigkeiten bekannt sind, das basisch 
wefelsaure Eisenoxyd, welches aus der, der Luft dar- 
pienen Auflösung des Eisenvitriols als ein braunes Pulver 
miit, und das saure, welches dabei zu einer braunen 
igkeit gelöst bleibt. Das basischphosphorsaure Ei- 
Eyd, welches als Raseneisenstein vorkommt. 
Kin oder mehrere Oxyde, welche mehr Sauerstoff, als das 
xydul, weniger als das Eisenoxyd enthalten, und als 
ungen des Eisenoxydul’s mit Eisenoxyd nach verschie- - 
# Verhältnissen betrachtet werden können, werden unter 
Mmen des Bisenoxyd-Oxyduls zusammengefalst. Die- 
det sich in der Natur als Nlagneteisenstein, bildet sich 
Verbrennen des Eisens an der Luft als Hammer- 
Rg u. s. w. Es ist eisenschwarz, krystallisirt in regel- 
Ren Oktaedern, und ist magnetisch, bald blofs retractori: ch 


160 Eisen. 


‚ bald auch attractorlsch, Mit Wasser bildet es ein sc 
grünes Hydrat, mit. Säuren die Bisenoxyd-oxyd 
Diese sind häufig grün oder brau geben mit Alk: 
schmutzig grünen Niederschlag, und zeigen übrigens t 
Reactionen der Eisenoxydule, theils die der Eiseno: 
Das natürliche Berlinerblau ist phosphorsaures F d 
liche ist blausaures und das JV i ürfelerzi ist arseni 
Eisenoxyd-Oxydul, 

‘Das Chloreisen im Minimum (28 Eisen auf £ 
ist grauweils, und löst sich im Wasser zu salzsauren 
oxydul auf. Das Chloreisen im Maximum (28 E 
$4 Chlor) ist braun und verdampfbar, und liefert mii 
salzsaures Eisenoxyd. — Das Schwefeleisen im Mi 
(28 Eisen auf 16 Schwefel) kömmt ziemlich rein als M 
kies vor und wird künstlich durch Erhitzen von Schx 
Eisen dargestellt, Es ist bräunlichgelb, metallglänz 
megnetisch, und löst sich in wässerigen Säuren, un 
wickelung von Hydrothionsäure auf, Das Schwefele: 
Maximum (28 Eisen auf 32 Schwefel) findet sich als ` 


| Jelkies und W asserkies und lälst sich nicht künstli« 
ten. Es ist gelb, verliert beim Glühen in verschlosse 
fäfsen die Hälfte desSchwefels, und entwickelt mit Säur 
Hydrothionsäure. — Das Phosphoreisen‘ ist grauweils 
glänzend und spröde; es findet sich in manchem Ei 
macht es kaltbrüchig. 

Zum Kohlenstoffeisen ist vorzüglich der Sta 
Gulseisen und der Graphit zu zählen, von denen d 
am wenigsten, der Graphit am meisten Kohlenstoff enth 
Stahl bereitet man theils, indem man dem Gulseise 
Schmelzen an der Luft blofs einen Theil seines Koh 
entzieht, durch welches Stahlfrischen der Fris 
oder natürliche Stahl erhalten wird; theils indem man 
von Stabeisen, mit Kohlenpulver geschichtet mehrere ’ 
Glühen erhält, wobei der Kohlenstoff allmälig das Eisen 
dringt, uud dasselbe in Cementirstahl oder Brer 
umwandelt.e. Wird ein solcher Stahl unter einer De: 
grünem Glaspulver geschmolzen, so erhält man den Guj 
Der Stahl ist eine Verbindung von Eisen mit ungefähr 0), 
lenstoff. Mancher Stahl hält aulserdem einige andere M 


Eisen... 161 


einer Menge beigemischt, die zum Theil seine Härte ver- 
o So verdankt ‘der indische Stahl oder J ootz seine 
und Damascirung der Beimischung von etwas Alumium 
m Theil auch Silicium; auch der Zusatz von Chrom, Sil- 
latin u. s. w. zum Stahl in ganz kleinen Mengen ertheilt 
ıeils grölsere Härte, theils andere gute Eigenschaften. 
bis zum Glühen erhitzt und langsam abgekühlt, ist fast so 
wie Eisen, rasch abgekühlt, gehärtet, ist er sehr hart 
öde, und zeigt einen feinkörnigen Bruch, Wird er 
reder gelind erwärmt, angelassen, so verliert er um so 
ron seiner Härte und Sprödigkeit, einer je höheren Tem. 
' er ausgesetzt wurde. Diese wird durch die Farben be- 
, mit welchen der Stahl anläuft; bei schwacher Erhitzung 
r sich hellgelb, dann dunkelgelb, dann kermesinroth, 
ellviolett; dann dunkelblau; bei noch stärkerem Erhitzen 
er grau und matt werden. Diese verschiedenen Farben, 
h auch bei der allmäligen Oxydation anderer Metalle, wie 
ıpfers u. s. w. an der Luft in derselben Ordnung einstel- 
ühren ohne Zweifel nicht von verschieden gefärbten 
n her, sondern von verschieden dicken Lagen desselben 
(beim Stahl vom Eisenoxyd-Oxydul) welche, so lange 
w dünn sind, das Licht noch bis auf die Oberfläche des 
n Metalles dringen lassen, aber, je nach ihrer Dicke, eine 
üedene Färbung des von da aus reflectirten Lichtes zu 
ı bringen, welche aber bei gröfserer Dicke undurchgänglich 
Licht werden, und dann ihre eigene glanzlose Egrbe 
. Der Stahl ist ein wenig dichter und schmelzbarer, als ` 
ine Eisen, läfst sich nicht so gut schweilsen, nimmt den 
tismus in gehärtetem Zustande schwieriger an, hält ihn 
iel fester, rostet nicht so leicht und lälst bei der Auflösung 
wen Graphit in Gestalt eines schwarzen Pulvers zurück, 
Salpetersäure auf Stahl einen schwarzen Flecken macht. 
las Gu/seisen enthält aufser 0,02 bis 0,04 Kohlenstoff 
Phosphor, Schwefel und verschiedene Erdmetalle und 
re Metalle. Je nach dem Verhältnifs dieser Stoffe zeigt 
schiedene Eigenschaften. Man unterscheidet vorzüglich 
8, graues und schwarzes, von dem das weilse am wenig- 
das schwarze am meisten Kohlenstoff enthält. Das weilse 
hr hart und spröde, das schwarze ist von Graphitblättchen 
zogen, nnd das graue ist wegen seiner Weichheit und 


im L 


162 Ekcentricität, 


seines Zusammenhalts zu 'den meisten technischen Zwecl 

' am geeignetsten. Das Gulseisen rostet nicht so leicht und 
schmelzbarer als Eisen und Stahl, läflst sich nicht schweils 
und ist in der Glühhitze so weich, dals man es zersäg 
kann. 

Der Graphit oder. das Reifsblei, welcher sow 
natürlich vorkommt, als bei der Bereitung des Gulseisens si 
erzeugt, enthält 0,90 bis 0,96 Kohlenstoff, ist weich und a 
färbend, nicht magnetisch, fast unschmelzbar, nicht in Säur 
löslich, und verbrenat nur sehr schwierig. G, 

y 


Ekcentricität. 


Eccentricitas; eccentricité; eccentricity. Die Ekee 
tricität der Ellipse oder Hyperpel ist der Abstand des Brem 
Fig. Punctes von Mittelpuncte. Wenn C den Mittelpunct der E 
13,lipse, S ihren Brennpunct, CA die halbe grofse Axe vorstell 

"so ist CS die wahre Grölse der Ekcentricität, oder wenn ma 


sie sogleich mit der halben grofsen Axe vergleicht, = 


die Ekcentricität, für die = 1 gesetzte halbe Axe. Im letst 
Sinne ist sie bei der Ellipse immer ein ächter Bruch, und4 
pflegt man sie bei den Planetenbahnen in Vergleichung gege 
die als Einheit betrachtete halbe grolse Axe anzuführen, | 
Fig. der Hyperbel hingegen ist der Brennpunct S weiter als 
Schgitel A vom Mittelpuncte C entfernt, und daher < d 
fser als 1. Hieraus erhellt, was bei den elliptischen Planes 
und Kometenbahnen die Ekcentricität ist, und da sich nad 
den neuesten Berechnungen Kometen finden, deren Bali 
hyperbolisch zuj seyn scheint, so kommen in den Verzeich 
nissen der Kometenbahnen auch solche vor, deren Bikoonti 
tät > 1 ist. 

Wenn die grolse Axe der Bahn = a, die kleine == b ii 
so ht man b = a. y (1— e?) für dieEllipse; die Hyper 
'hat keine zweite begrenzte Axe. 

Da die Erde und die Planeten, auch die meisten Kom 
in Ellipsen laufen, in deren einem Brennpuncte die Som 
steht, so ist für ihre Bahnen die Ekcentricität der Abstand dä 
Sonne vom Mittelpuncte. Der Abstand in der Sonnennäh 



















Ekliptik, 163 


T = a (1 — e) =der halben Axe weniger der Ekcen- 
Pt; der Abstand in der Sonnenferne = a(1-Fe) = 
salben Axe addirt zur Ekcentricität. 
Die Alten sahen die Sonnenbahn, worin nach ihrer Mei- 
' die Sonne sich um die Erde bewegen sollte, als einen 
$ an; aber die ungleiche scheinbare Bewegung der Sonne 
ılste auch sie, die Erde nicht in den Mittelpunct zu 
m, sondern ihr eine Ekcentricität beizulegen. 
‚Die Gröfse der Ekcentricität für die einzelnen Planeten- 
n istin den Artikeln angegeben, wo von den einzelnen 
lten die Rede ist. Andere sie betreffende Betrachtungen, 
‚die Mittel, die Gestalt der Bahn, folglich auch die Ekcen- 
it zu finden, s. im Art. Bahn der Planeten. B. 


Ekliptik. 


ica, orbita solis annua; Ecliptique; Ecliptic; 
barie) scil. ygauun; von &xkeıpıs, Finsternils); ist derje- 
größste Kreis am Himmel, den der Mittelpunct der Sonne 
| seiner jährlichen Bewegung unter den Sternen scheinbar 
Er heifst bei den griechischen Astronomen der 
ele Kreis (Aö&og xuxAog) weil er eine schiefe Lage gegen 
k Aegnator hat. 
i Selbst oberflächliche Beobachtung mufste schon früh die 
Bee Bewegung der Sonne wahrnehmen lassen. Denn nicht 
fi binerkte man, dafs die Sonne nicht alle Tage gleich hoch 
è den Horizont herauf kommt, sondern wenn man auf die 
mach ihrem Untergange in der Gegend, wo sie untergegan- 
‚war, sichtbar werdenden Sterne achtete, so mulste man 
|gewahr werden, dals sie eine eigne Bewegung von Westen 
Osten unter den Sternen habe. Waren die Sterne ziem- 
É genau nach ihrer wahren Lage auf einer künstlichen Him- 
iekugel aufgezeichnet, so konnte schon diese Beobachtung 
ähr dienen, um den Weg der Sonne nnter den Sternen 
finden, und da man im Frühling und Herbst die Sonne 
{Sternen im Aequator fand und bemerkte, dafs sie um diese 
k einen eben solchen Bogen oberhalb des Horizontes be- 
ieb, wie die Sterne im Aequator, statt dals sie im Sommer 
Gr. höher und im Winter 23% Gr. tiefer bei ihren Culmi- 
konen stand, so mulste man leicht schliefsen, dafs die’Son- 
L2 


4 


164 | Ekliptik, 


nenbahn, schief geneigt gegen den Aequator, diesen in 3 
einander gegenüber liegenden Puncten schneidet, und sich 
ten zwischen diesen Puncten 23 bis 24 Grade vom Aeq 
entfernt. ° | | 


Durch solche Beobachtungen waren schon die A 
im Stande, die Ekliptik sehr gut aufzuzeichnen und zu 
merken, dals die Finsternisse des Mondes eintreten, w 
der Mond sich in der Ekliptik befindet, Die Alten bedie 
sich zu den Beobachtungen, worauf sie solche Bestimn 
gen gründeten, der Ringkugel; unsere Beobachtungen 
Meridiankreise geben uns viel genauere Mittel um zu 
stimmen, ôb die Ekliptik ein gröfster Kreis sey, und we 
Lage gegen den Aequator sie habe, 

Denken wir uns nämlich die Polhöhe des Ortes als wi 
genau bekannt, und den Meridiankreis vollkommen genau 
gestellt, so lälst sich 1. die Zeit und der Ort des Aequint 
-9. die Zeit und der Ort des Solstitu, und 3. auch für je 
andern Mittag die Lage der Sonne finden und folglich giebt 
Beobachtung an, ob ihr wahres Fortrücken dem Fortgehen 
dem durch jene Angaben festgesetzten grölsten Kreise ge: 
istr Um das Aequinoctium zu finden, muls man gegen.die | 
wo die Sonne durch den Aequator geht, ihre Mittagshöhe n 
rere Tage hinter einander beobachten ; findet man nun zwei 
einander folgende Tage, wo sie am einen die Höhe = E 
des Aequators — u, und am. andern die Höhe = E 
des Aequators 4- v hatte, so istsehr nahe die Zeit des Aegnin 

u 
o. u+ | 
tungen. Und wenn man den Durchgang der Sonne durch 
Meridian an beiden Tagen: mit dem Durchgange eines bekam 
Sternes verglich, so kann man nach eben dem Verhältnifs 
_ Abstand des Aequinoctialpunctes von jenem Sterne in Rectas 
sion zwischen den Rectascensions-Unterschieden der Sonne 
jenes Sternes, so wie sie sich an jenen Tagen fanden, einsc 
' ten. Um die grölste Entfernung der Sonne vom Aequator 
finden, dienen zwar gie beobachteten grölsten und klein: 
Mittagshöhen der Sonne um die Zeit der Solstitien, da es : 
aber sehr selten trifft, dals. das Solstitium genau auf einen A 
tag an dem Beobachtungsorte fiele, so würden diese Beoba 


>< 1 Tag nach der ersten dieser beiden Beob 


um : 





Ekliptik. 165 


fen allein jene Abweichung meistens etwas zu klein geben; 
hellet aber leicht, dafs man aus mehreren um das Solstitium 
tellten Beobachtungen, indem man durch die vermittelst 
ben, bestimmten Puncte einen grölsten Kreis legt, finden 
, welche in die Zwischenzeiten der Beobachtung fallende 
e Declination die Sonne erreicht habe. Hat man durch 
} Beobachtungen die Lage des gröfsten Kreises bestimmt, 
sf sich die Sonne bei den Aequinoctien und Solstitien be- 
‚ so ergiebt jede tägliche Beobachtung, wenn sie von 
kction, Parallaxe und allen Fehlern des Instrumentes u. s. w. 
it ist, eine Bestätigung der Behauptung, dals die Sonne 
r sich auf jenem grölsten Kreise befindet, — Die Abwei- 
gen, welche wegen der Perturbation statt finden, können 
r als völlig unbedeutend unerwähnt lassen. 
Ja man aber bei Untersuchungen von dieser Wichtigkeit die 
amungen unabhängig von der Polhöhe des Ortes, deren ab- 
genaue Bestimmung höchstschwierig ist, zu erhalten wünscht, 
dient die’ Methode, die man zu diesem Zwecke anwendet, 
moch erwähnt zu werden, Die Neigung der Ekliptik gegen 
pAequator oder die Schiefe der Ekliptik findet man un- 
gig von der Polhöhe, wenn man in beiden Solstitien die 
k güisten Declination entsprechende Mittagshöhe gehörig be- 
Diese Bestimmung setzt eine genaue Kenntnils der 
Br Reirction voraus, indem die wahre Mittagshöhe bei den 
Br Sinden der Sonne im Sommer eine ganz andere Cor- 
an ils bei den sehr kleinen Höhen im Winter erfordert; ist 
aber genau bekannt, und nimmt man darauf Rücksicht, 
eine sehr kleine wechselnde Aenderung wegen der Nutation 
findet, so giebtder Unterschied der richtig hergeleiteten gröls- 
‚und kleinsten Mittagshöhe halbirt die Schiefe der Ekliptik. 
‘Der Ort des Aequinoctii wäre bekannt, wenn man die von 
jen Puncte an gerechnete Rectasçension irgend eines Sternes 
genau kennte, Man findet nun leicht den Unterschied der 
ascension der Sonne und des Sterns an einem bestimmten 
è, aber da die Rectascension der Sonne unrichtig bestimmt 
$, wenn Polhöhe und Schiefe der Ekliptik unrichtig angenom- 
seyn sollten, se mufs man mit jeder kurz nach dem Frühlings- 
inoctio angestellten Beobachtung eine eben so lange vor 
` Herbst - Aequinoctio angestellte Beobachtung verbinden. 
Fehler nämlich, den man bei der Berechnung der Rectascen- 


166  Ekliptik, 


sion der Sonne begeht, indem man diese aus der beobach 
Mittagshöhe mit einer etwas fehlerhaften Polhöhe und Sc 
herleitet, giebt im einen Falle die Rectascension eben so vi 
grols, als im andern zu klein, und zwei bei gleichen Mit 
höhen im Frühling und Hörbst angestellte Beobachtungen 
ben verbunden also eine richtige Rectascension des Sterns. 
Correction wegen der Refraction und wegen Fehler des In 
ments muls freilich genau seyn, und man muls sich nich 
zwei solche oombinirte Beobachtungen allein verlassen, soı 
aus zahlreichen Paaren solcher Beobachtungen ein sichere: 
sultat herleiten?,. 

Die Ekliptik behält nicht immer einerlei Lage gegen 
Aequator, aber diese Aenderungen hängen fast ganz allein 
der veränderten Stellung der Erde oder der veränderten 
des Aequators ab; die Artikel yV orrückung der Nacht, 
chen und Schiefe der Ekliptik geben dieses nähe 

Die Ekliptik wird zwar wie jeder Kreis in 360 Grad 
theilt; aber bei ihr kommt noch die besondere Eintheilu 
12 Zeichen vor, daher zum Beispiel die Länge der Sonı 
irgend einem Tage durch Zeichen, Grade, Minuten, Seo 
angegeben wird. Jedes Zeichen enthält 30 Grade, und d: 
ste Zeichen geht vom Frühlings-Nachtgleichenpuncte bis zu . 
Länge. Die Himmelszeichen haben zugleich ihre Nameı 
die sie andeutende Bezeichnung vonden Gestirnen, d 
Thierkreise, d. i, dem Streifen, der die Ekliptik am Hi 
umgiebt, stehen; sie sind folgende: | 

Y Widder, in dessen Anfang sich die Sonn 
21. März befindet, 

% Stier, in welchen die Sonne am 20. April tritt 

IL Zwillinge, 21. Mai, 

& Krebs, 21. Juni, 

Q Löwe, 22. Juli, 

NY Jungfrau, 23. August, 

I Waag 23. September, 

m Scorpion, 23. October, 

T Schutze, 22. November, 

Æ Steinbock, 21. December, 

ns Wassermann, 20. Januar, 


%# Fische, 18. Februar. 


1 Bessel fundamenta astronomiae Cap. IÍ. 


i Elasticität. 167 


Der Nullpunct des Widders ist der Punct der Frühlings- 
thtgleiche, der Nullpunct der Waage der Punct der Herbst- 
ıtgleiche; die Sonne hat ihre gröfste nördliche Declination 
jicht, wenn sie in 0° des Krebses, und ihre grölste südliche 
elination, wenn sie in 0° des Steinbocks ist. 

Dafs diese Theile der Ekliptik nicht mehr den Sternbildern 
prechen, von denen sieihre Namen haben, und dafs daher der 
Hruck : die Sonne tritt in den Widder , — nicht mehr heifst, 
kängt nun an durch das Sternbild des Widders zu gehen, 
À durch die Präcession der Nachtgleichen bewirkt, und soll 
näher erklärt werden. 

| Die Ebene der Ekliptik ist die Ebene, worin die Erde 
wahre Bewegung um die Sonne vollendet, und ihre Lage 
lurch jene Bestimmung der scheinbaren Sonnenbahn bestimmt. 
age dieser Ebene ist zwar nicht ganz unveränderlich, aber 
t sich doch ungemein wenig, und daher dient sie zur 
pdlage für alle auf lange Zeiten hinaus gehende Bestimmun- 
Eigentlich sollte man freilich alle Angaben auf die völlig 
feränderliche Ebene beziehen, welche Laracz aus der Lage 
Planetenbahnen und aus der Kenntnils der Masse aller Pla- 
m herleiten lehrt. B. 


















F Elasticität. 
Federkraft, Schnellkraft, Spannkraft, 
Aprin gkraft; Elasticitas, Elater, Contentio, Pa- 
. Elasticite „ Ressort; Elasticity, Elastic force. 
äus , hatis, èhatrno (law) der bewegt, treibt]. 
Man bezeichnet hiermit diejenige Eigenschaft der Körper, 
möge welcher sie, wenn sie ganz oder an einem Theile zu- 
mmengedrückt, zusammengebogen oder theilweise um eine 
ter Axen gedrehet wurden, wie auch im entgegengesetzten 
de, wenn man sie durch irgend eine Gewalt in einen grölse- 
r Raum ausdehnte, ausspannte, nach dem Aufhören der diese 
zänderungen bewirkenden Ursachen ihre vorige Gestalt wieder 
nehmen. Die erstere jener genannten Erscheinungen zeigt 
h bei allen Körpern, sowohl den festen als auch den flüssi- 
1, und zwar nicht blols der tropfbar flüssigen, sondern auch 





1 Exposit. da systöme du monde Livre IV. Chap. 3. 


168 Elasticität, 


den expansibelen oder elastisch flüssigen, die letzteren dagı 
werden allgemein bei festen Körpern beobachtet, bei tropfb 
zwar nicht durch Erfahrung gefunden, allein es lälst sich ı 
der Analogie mit Grunde schliefsen, dafs auch diese sich in i 
früheren Raum wieder zusammenziehen würden, wenn maı 
durch irgend eine mechanische Gewalt (aufser dem Einf 
der Wärme) in einen grölseren Raum auszudehnen vermöc 
den luftförmigen Körpern aber, also den Gasarten und Dämj 
kommt die Eigenschaft , sich nach aufhörender äufserer, me 
nisch wirkender, ausdehnender Kraft in ihren vorigen R 
wieder zusammen zu ziehen, überall nicht zu, indem sie ` 
mehr allezeit einer äufseren zusammendrückenden Kraft en 
gen sich auszudehnen, sich zu expandiren streben. Inder 
aber zum Wesen der Elasticität gehört, dals ein Körper, ' 
chem diese Eigenschaft zukommt, allezeit das Bestreben äuf 
sein durch den Einfluls der Wärme bedingtes Volumen be 
behalten, folglich seinen früheren Raum wieder einzuneh: 
mag derselbe durch äulsere mechanische Gewalt verkleinert 
.vergrölsert seyn, so können die gasförmigen Körper nicht 
lich elastisch genannt werden. Man hat dieses lange gef 
und sich daher durch die Benennungen der absoluten, spe 
schen, permanenten Elasticität u. s. w. zu helfen gesucht 
scheint mir indels der Sache am meisten angemessen zu ! 
den angegehenen Begriff der Elasticität festzuhalten, und 
semnach die festen und tropfbar flüssigen Körper elastisch, 
gasförmigen aber nach Gren?, Genuer?, J. T. Mar 
DE Luc u. a, expansibel zu nennen, jenen also Zlasticität, 
sen dagegen Expansibilität als bezeichnende Eigenschaft bı 
legen®, Diesem nach wird also blols von der Elasticitäi 





1 Der Ableitung nach liefse sich die Bedeutung des Wortes 
auf gasförmige Körper ausdehnen. Die individuelle Elasticität 
festen und wahrscheinlich auch der tropfbar flüssigen Körper ist 
den gasförmigen nicht vollständig eigen, 

2 Grundrifs d, Nat, S. 260. 

3 Th. V. S. 244, 

4 Anfangsgründe d, Nat, $. 9, 97, 98. 

5 Gren a. a. O. S..79. will diejenigen Erscheinungen, w 
zur Elasticität gerechnet werden, trennen, und die einen mit E 
cität, die andern mit Gontractilität bezeichnen, eine Unterscheis 
welche auf seiner 'nicht ganz richtigen Theorie der Elasticitäl 



























Allgemeine Betrachtungen 1 


p und tropfbar flüssigen Körper die Rede seyn, die Expan- 
fit aber, welche den gasförmigen Körpern zukommt, am 
gen Orte gleichfalls untersucht werden. 


I. Allgemeine Betrachtungen. 


linige der gemeinsten Erscheinungen, welche aus der 
tät der Körper folgen, zeigen sich beim Federharze, 
'elfenbeinernen, marmornen, gläsernen oder achatenen 
f» einer Darmsaite oder Metallsaite u. dgl. m. Wird ein 
| Cautchouc, wegen seiner vorzüglichen Elasticität auch 
genannt, zusammengedrückt, oder in einen längeren 
fen ausgezogen , so zieht es sich bei nachlassender Gewalt 
min seine frühere Form zurück. Am interessantesten in 
Hinsicht, und das Wesen der Elasticität am deutlichsten 
l ist eine elfenbeinerne Kugel. Alle solche elastische 
r von Elfenbein, Glas, Achat, Marmor, Stahl, Krystall, 
, gepolsterte Bälle u. dgl. werden mit grofser Kraft 
ksestofsen , wenn sie auf irgend eine harte oder elastische 
e fallen. Um die nächste Ursache, wodurch dieses ge- 
und den dabei statt findenden Procefs anschaulich zu 
Ken nimmt man eine geschliffene Marmorplatte oder eine 
že Glasplatte von möglichst ebener Fläche und überzieht sie 
keme dünnen Lage Kienruls, indem man sie über der Flamme 
Stakchens Kienholz oder eines mit Terpentinöl getränk- 
ı Balens Baumwolle, an einem kleinen Stäbchen befestigt, 
fwit. Der hierdurch entstandene Ueberzug hat eine geringe 
ko, und indem eine elfenbeinerne Kugel "lie ebene Fläche 
ich nur in einem geometrischen Puncte berühren kann, 
dieselbe bei einer so leisen Berührung, dafs man diese 
durch das Gehör vernimmt, nur an einem kleinen Puncte, 


Die nachfolgenden Untersuchungen werden zeigen, dafs eine 

Unterscheidung unnöthig iste Das Wort: expansibel, von ` 

ere, ausdehnen, ausbreiten, drückt zwar, genau genommen 

Wihigkeit aus, durch irgend eine Ursache ausgedehnt, ausgespannt 

en, also ausdehnsam, nicht aber das innere Bestreben nach 

ung, Ausbreitung, welches doch den gasförmigen Körper 

ist; allein es ist auf allen Fall eben so bezeichnend als das 

t elastisch, und verdient um so mehr aufgenommen und beibe- 

a zu werden, als es in der englischen und französischen Sprache 
allgemein gebräuchlich ist., 


Tig. wird. Bezeichnen nämlich ab cd die körperlichen Grenzen ‚des 


I 


470 . Elasticität.. 


der Dicke des färbenden Ueberzuges proportional, schwarz g 
färbt seyn. Läfst man darnach die Kugel aus einer Höhe v 
3 bis 6 Fuls auf die Platte fallen und fängt sie beim Aufspri 
gen wieder auf, so wird sie einen runden gefärbten Fleck v 
2 bis 3 Lin. Durchmesser zeigen, dessen Gröfse die Berührung 
fläche beider Körper angiebt, und woraus hervorgeht, dals ei 
gewisse Menge Theile der Kugel zurückgedrückt seyn mulste 
deren Zurückspringen an ihren früheren Ort die Kugel in d 
Höhe trieb. Hierin zeigt sich also das eigentliche Wesen. & 
Elasticität sichtbar, indem allezeit Theile der Körper zusammen 
gedrückt werden, und mit einer der Zusammendrückung pro 
portionalen Kraft ihren früheren Ort wieder einzunehms 
streben. p 
So wie hierbei eine Verminderung des Volumens statt fand 
geben ausgespannte Saiten, sowohl von Metall als auch aus Schaf 
därmen, Streifen Leders, vegetabilische Stränge, selbst Ham 
Spinnfäden, Seidencoconfäden u. dgl, vielmehr eine scheinbet 
oder wirkliche Vermehrung ihres Volumens, wenn sie da 
Länge nach ausgedehnt werden; und bei nachlassender Gem] 
sich wieder zusammenziehen. Beides aber, sowohl Zusammen: 
ziehung als auch Ausdehnung zugleich zeigt sich, wenn mg 
einen elastischen Stab von Metall, Glas, Elfenbein odą 
Holz u. s. w., eine Stahlfeder, einen Streifen Fischbein u. del 
aus der geraden Richtung krumm biegt, und der Körper be 
nachlassender Gewalt vermöge seiner Elasticität wieder gerad 


geraden Stabes, beide parallel und gleich lang, und man biegt 
denselben krumm, so werden die Bogen aab und c Ad panl- 
Jel bleiben, ersterer ist offenbar länger als letzterer, die Theil- 
chen müssen daher in beiden der halben Differenz ihrer Länge 
proportional zusammengedrückt und ausgedehnt seyn. Es lalt 
sich also bei festen Körpern ihre Elasticität sowohl rücksichtlick 
der Ausdehnung als auch der Zusammendrückung der einzelne 


‚Theile derselben anschaulich nachweisen t. 


Eine eigene Art der Elasticität zeigt sich bei denjenigm 
Körpern, welche als Cylinder von weit grölserer Länge als ipe 
Durchmesser ist, z. B, Stäbe, Drähte, Saiten u. dgl. duch sich 
selbst steif oder durch irgend eine Kraft gespannt, um ihre 





1 Vergl. Leslie Elements of Natural Philos. Edinb. 1823. L 2! 


® 
Allgemeine Betrachtungen, 171 


T 
igenaxe gedrehet werden. Hierbei winden sich einige Theile 
t die andern, einige werden einander näher gebracht, andere 
t von einander entfernt; es findet also eine partielle Ver- 
tung und Verdünnung statt, und indem die Theile bei auf- 
nder Einwirkung der drehenden Kraft ihre vorigen Stellen 
r einnehmen, entstehen drehende Oscillationen um ihre 
benaxe. Etwas diesem ähnliches findet auch bei gedreheten 
jern statt, z. B. bei Seilen, Darmsaiten u. dgl. Im Allge- 
sen werden alle Körper durch solche Drehungen verkürzt, 
jeisten aber findet dieses bei Seilen und Stricken statt, oder 
inzelnen neben einander herabzgehenden Fäden, bei denen 
Jmwinden der einen um die andern auffallend sichtbar wird; 
s werden Metallsaiten durch solche Drehungen verkürzt, 
selbst die Spinnefäden 1. 

Man darf annehmen, dafs alle Körper elastisch sind, aber 

















tem sehr ungleichen Grade, und in sofern unterscheidet 
die elastischen von den nicht elastischen. Zu den elasti- 
fs gehören unter den Melallen vorzugsweise der Stahl bei 
an gewissen Grade der Härtung, das Platin, Kupfer, Silber, 
iden unelastischen das Gold und Blei; überhaupt aber wird 
ken Körpern eine grölsere oder geringere Elastcität durch 
isse eigenthümliche Behandlungen mitgetheilt, als dem Stahle 
À m weit geringerem Grade auch dem Eisen durch das Feder- 
Wntmachen, dem Silber, Platin, Kupfer, Zink, Nickel, in ei- 
&em geringen Grade dem Zinn und Molybdän durch Hämmern, 
Walzen und Ausziehen zu Drahte, das Gold und Blei 2 sind so 
biegsam, dafs man sie, insbesondere das letztere, völlig unela- 
zu nennen geneigt seyn könnte, und die übrigen sind 
so spröde, dals ihre Elasticität nur schwer beobachtet 
Keine andere Arten von Körpern gehen durch verschie- 
kartise Behandlung und durch Verbindung mit einander so 

in die verschiedenen genannten Zustände über, als die 
alle. So ist Eisen mit viel Kohlenstoff als Gu/seisen zum 
il sehr spröde 3, mit weniger Kohlenstoff als Staki nach 









1 8. Th. I. S. 698. 

2 Das Blei wird nach den Versuchen von Guyton de Morveau w 

durch Hämmern noch durch Pressen und Drahtziehen dichter, son- 

nur unbedeutend in Verhältnifs von 11,358: 11,388 durch starkes 
iuen in einer genau schlie[senden Form. S8. Ann. de Chim. LXXI 196. 


!' 8 Vergl. Dehnbarkeit Th. II. S. 506. 


® 
172 | Elasticität. 


Umständeu sehr spröde oder höchst elastisch, im reinen Zod 
stande sehr weich; Kupfer an sich und mit Zink verbunden 
biegsam, durch Hämmern sehr elastisch, mit Zinn verbundef 
aber spröde; Zink im gewöhnlichen Zustande sehr spröde, 
einer Temperatur zwischen 100° und 150° C. gewalzt abali 
ziemlich elastisch; Gold und auch Silber werden durch Zussis‘ 
- von Kupfer härter und fähiger zum Elastischwerden, Die Ex‘ 
‚den, und unter ihnen hauptsächlich die Kieselerde, verbind# 
mit dem Zustande der Härte meistens einen hohen Grad de 
Elasticität, Unter den thierischen Stoffen sind das Fischbeisg‘ 
die Gräten, das Elfenbein, Schildpatt, Perlmutter, Horn, &# 
. Federn, Nägel, Haare u. s. w. vorzugsweise elastisch, die Ve 
getabilien aber zeigen im Durchschnitte sämmtlich einen hohs 
Grad der Elasticität, und indem den Flüssigkeiten, folglich aut 
den durch diese erweichten Körpern, ein hoher Grad der Elasticitit ` 
nicht abzusprechen ist, ‘so darf man mit Recht alle Körper für "meh 
oder wenıger elastisch halten, und die Frage könnte blofs sen 
' ob sich dieses auch auf die genannten sehr weichen Metalle und 
einige andere Körper ausdehnen lielse. Man hat als Beweis ars 
geführt, dafs alle Körper den Schall leiten, und folglich elasti 
seyn müssen, Ob aber die Fortpflanzung desSchalles bei ein 
Körper diejenige Elasticität beweise, wovon nach der oben auff 
gestellten Definition hier die Rede ist, bleibt so lange fraglich, 
als wir die eigenthünlichen Schallwellen, welche zur Fortle& 
tung des Schalles erfordert werden, nicht genau kennen. Im 
defs ist das Blei und das Gold den Beobachtungen må 
doch etwas elastisch, und da eben diese Metalle, so wie andet 
weiche Körper, durch grofse mechanische Gewalt nur wenig, 
oder gar nicht. zusammendrückbar sind, selbst auch das noch 
glühende, also sehr weiche Glas, nach den Versuchen des Grav? 
fen Bucgvoınicht melsbar zusammengedrückt werden kann, 5, 
müssen wir sie allerdings für elastisch halten ; weil wir sie sog 
gegen alle Wahrscheinlichkeit für absolut harthalten mülsten N 
Diese Eigenschaft ist daher als eine allgemeine aller Kö 
anzusehen, Dabei ist indels zugleich wohl zu berücksichtigen 
dafs die Tiefe, bis zu welcher ein Körper zusammengedrückt _ 
werden kann, oder die Raumverminderung,, welche er dabei ` 


erleidet, nicht als das Mals seiner Elasticität gelten darf. Eine 


PP 













- 







1 G. XLII, 98. 


4 


Allgemeine Betrachtungen. 173 


ugel von gehärtetem Stahle, von Glas oder Achat istinsbeson- 
we durch gleiche Kräfte bei weitem weniger zusammendrück- 
r als eine von Holz, oder ein mit Haaren ausgestopfter Ball, 
er dennoch ohne Zweifel elastischer zu nennen, insofern die 
edergedrückten Theile mit weit mehr Kraft und ungleich voll- 
mmener nach aufhörendem Drucke bei jenen ihre vorige Stelle 
eder einnehmen, als bei diesen. Obgleich man hiernach also 
e Körper allerdings elastisch nennen kann, und. die Eigen- 
baft der Elasticität somit eine allgemeine ist, so ist sie doch 
gleich auch eine relative, d. h. der Unterschied der Elastici- 
:bei den verschiedenen Körpern ist so grols, dafs man hier- 
ch im gemeinen Sprachgebrauche und insbesondere für die 
aktische Anwendung einige elastisch, andere aber micht ela- 
isch nennt 1. 

Unter die merkwürdigsten Körper, rücksichtlich der Ela- 
kitit gehört das Glas. Es wird weiter unten gezeigt werden, 
s dasselbe in kleineren und gröfseren Stücken in sofern voll- 
mmen elastisch ist, als seine Theile bei nachlassendem äus- 
m Drucke auf ihre vorige Stelle genau wıeder zurückkommen. 
iervon abgesehen zeigt sich kein ‘anderer Körper auf gleiche 
Feise im höchsten Grade spröde und zugleich auch höchst ela-- 
isch, und das Glas dient eben daher hauptsächlich dazu, diese 
den Eigenschaften anschaulich darzustellen._ Die Elasticität 
kigen schon mälsig dicke Glasröhren, indem sie sich biegen 
lassen, noch mehr sehr dünne, bis zu den feinsten Glasfäden?, 
ehr dühn geblasene Glaskugeln und Scheiben. Insbesondere 
eichnen sich die sogenannten G/astrompeten aus, trompeten- 
Oizmige Flaschen mit einem sehr dünnen, etwas gewölbtem Bo- 
len, welcher concav wird, wenn man durch Saugen die Luft 
a der Flasche etwas verdünnt, und convex, wenn man hin- 
imbläfst. Diesen ähnlich sind die hohlen Glaskugeln von 5 bis 
}Z. Durchmesser, welche durch eine Glaswand von sò feinem 
Mase halbirt sind, dafs dieselbe beim Hineinblasen oder Er- 
pekättern der ganzen Kugel klirrt. Noch mehr wird die Elasti- 
Weit des Glases dargethan durch einen Versuch, welchen Les- 
tar 3 erzählt. Wenn man ein Thermometer mit grolser Kugel 

1 Vergl. Musschenbroek Introd, 1. $.63. 


2 Vergl Dehnbarkeit Th. II. S. 511. 
$ Elements of natural Philosophy. Edinb. 1823. I. 24. 


174 Elasticität 


und langer Röhre bis an das Ende der letzteren mit Ques 
füllt, und umkehrt, so wird das Quecksilber herauslaufen, 
man dasselbe schräg hält, noch mehr aber, wenn man 
kehrt, aber sogleich wieder sinken, wenn man es lc 
hält, die Kugel herabwärts hängend. Hieraus geht 

dafs der Druck des schweren Mietalles in Verbindung n 
Luftdrucke das Glas der Kugel ausdehnt 1. 

Auf gleiche Weise auffallend sind die Erscheinun 
Sprödigkeit beim Glase. Abgesehen von der Unbieg 
gröfserer Stücke und dem leichten Zerspringen oder Zers 
desselben durch mechanische Gewalt zeigt man dieselbe 
sondere an den bononischen Flaschen oder Sprin; 
chen (phialae bononienses; mstras de Bologne 
logna jars) und den Springgläsern, Glastrı 
Glasthränen (lacrymae vitreae;larmes batavique 
mes de verre; glass drops, Prince Rupert’s ad 
Die ersten sind gegen 3 bis 4 Z. lange, birnförmige , 
von weilsem oder grünem Glase, oben von 0,5 unten vo 
1,5 oder 2 Lin. Glasesdicke. Man kann dieselben an 
untern Ende mit einem Stücke Holz ziemlich heftig sc 
ohne dafs sie zerbrechen wirft; man aber ein kleines Sti 
einem Feuerstein, nur eine Linse grols, hinein, so ze 
gen sie in viele Stücke. Ein gröfseres Stück Quarz wirl 
bei oft geringer als ein kleineres, wahrscheinlich weil 
sie minderleicht mit einer scharfen Spitze ritzt; gröfsere : 
uud weiche Körper, auch mit gröfsrer Heftigkeit in ihı 
wegt, bringen keine Wirkung hervor. Sie werden auf 
wöhnliche Weise der Glasarbeiten geblasen, aber ni 
Kühlofen gekühlt, wodurch sie aufserordentlich spröde x 
indem die äufsern Theile früher als die innern erkalte 
daher durch die inneren noch stark aus gedehnten Thei 


unverhältnilsmäfsige Ausdehnung behalten, wodurch di 
ren wiederum sich nicht gehörig "Zusammenziehen könne: 
daher beim Geritztwerden zerspringen. Eben daher vi 


1 Diesen Versuch hat schon früher v. Servieres angegeb 
tete aber die Ursache von einer Zusammendrückung des Quec 
durch sein eigenes Gewicht ab, nicht von der Elasticität des 
S. Journ. Encyclop. 1778. Nov. p. 155. Zwar wirken beide U 
vereint, vorzugsweise aber die Elasticität des Glases. 


Allgemeine ‚Betrachtungen. | 175 


e ihre Eigenschaft, wenn man sie auf Kohlen langsam er- 
itzt und allmälig kalt werden läfst, oder in einem Kühlofen 
bkühlt. P.B. BALpUS war es, welcher ihre Eigenschaft zuerst | 
kannte, und in Bologna Versuche damit anstellte, woher sie 
pen Namen erhielten 1. Die Glastropfen sind langgezogene, 
p einen meistens krumm gebogenen, zuweilen etwas schrauben » 
imig gewundenen Schwanz endigende Tropfen von grünem 
Ghse, welche man glühend in kaltes Wasser tröpfeln lälst, so 
$b sie schnell darin erkalten, und auf gleiche Weise eine aus- 
peeichnete Sprödigkeit erhalten, als die Bologneser Flaschen, 
der dicke Theil derselben läfst sich mit einem hölzernen Ham- 
per schlagen und sogar auch abschleifen, ohne dafs sie zer- 
pangen, welches sogleich erfolgt, wenn man die Spitze ab- 
licht, und zwar so sehr, dals sie in ein grobes Glaspulver 
wie zerstolsenes Glas, jedoch ohne scharfe Splittern, zerstie- 
ben. Weil dieses mit nicht unbedeutender Gewalt geschieht, 
wist es zur Sicherung der Augen nothwendig, sie zugleich in 
fer hohlen Hand festzuhalten. Auch bei diesen sind die Theile 
i starker Spannung, das Zerbrechen der Spitze leitet ein Zer- 
pingen der oberen Theile ein, und dieses theilt sich sofort 
en übrigen mit. Dals dieses die richtige Erkläring sey, hat 
Ineıst Homperg erkannt 2, und Hooxe ausführlich gezeigt 3, 
wech folgt es aus dem Verhalten der bononischen Flaschen und 
Wieden andern analogen Erscheinungen, namentlich daraus, dafs 
viele schlecht gekühlte Gläser, Glasröhren und Scheiben nach 
vielen Seiten hin zerspringen, wenn sie an einer Stelle geritzt 
werdn. Mit Unrecht hat man dia Erscheinung von dem Ein- 
dringen der Luft in die zahlreichen Blasen abgeleitet, welche 
sich allerdings oft in den Glasthränen finden, denn sie zersprin- 
gen auch im luftleeren Raume; und es giebt deren viele ohne 
beso Blasen; auch hatBosc nr’Anrıc gezeigt, dafs diese klei- 
pen Bläschen nichts anders als in Dampf aufgelösete Glasgalle 
ad 4 Man kann die Glastropfen auch aus weilsem Glase 
Talertigen, jedoch gerathen diese seltener als die grünen, wel- 
bes zu dem Glauben veranlalst hat, als könnten sie nur aus 
Ietzterem verfertigtwerden. An Sprödigkeit ihnen ähnlich sind 
nn ad 

t 1 Comm. Soc. Bonon., I. I, 828. 

. 2 Mém. de l’Ac. X. 147. 


3 Microgr. obs. VII, 
4 Mém. pres. IV. 


176 ù Elasticität. 


die schraubenförmig gewundenen Glasfüden (vermiculi v 
welche ihre gewundene Gestalt ohne Zuthun der Arbeiter 
das Herabfliesen in das Wasser annehmen. ZErhitzt ma 
Glastropfen auf Kohlen und läfst sie langsam in denselber 
im Kühlofen erkalten, so verlieren sie ihre Sprödigkeit. 
gleichen dem gekühlten Glase 1. 

Etwas diesem Aehnliches findet auch bei den Metaller 
mentlich dem Stahl statt. Wird derselbe glühend in V 
geworfen, so erhalten seine Theile eine eigenthümliche Span 
er ist spröde, und zwar oft auf gleiche Weise, als da: 
.(glashart), wird er aber dann wieder erhitzt, und erkaltet 
sam (angelassen), so wird er weich oder federhart, je nac 
die Hitze, welcher man ihn wieder aussetzt, grölser ode 
ringer war, und seine Federkraft ist nach diesen Beding 
schwächer oder stärker. Man erklärt diese Erscheinun 
beiden genannten, und bei allen andern Körpern, wo sie 
findet, daraus, dafs die Theile beim langsamen Erkalten 
der Cohäsion günstigere Lage annehmen, so dafs sie nic 
leicht über die Grenze derselben hinausgerückt werden könı 

Bleibend oder permanent? elastisch heilst ein Körper, 
sen Theile nach der Zusammendrückung oder Ausdehnung, 
lange diese Einwirkung auch dauern oder wie oft sie wi 
holt werden mag, dennoch allezeit wieder die frühere G 
und das ursprüngliche Volumen des Körpers wieder herst 
abgesehen vom Einflusse einer höheren oder geringeren " 
peratur. Den Erfahrungen zu Folge können blofs die Fl 


keiten permanent elastisch genannt werden. Von den ex 
sibelen nämlich ist dieses so weit erwiesen, als überhauj 


was durch Erfahrung erweislich ist 3, von den tropfbaren ] 





1 Kästner diss. math. et phys. n. VII. p. 59. 125. Er 
Naturlehre, S. 855. 

2 Young Course of Lectures on Natural Phil. Lond. 1807, I 
4,164 | | 

3. Permanente Elasticität, hat man bisher als unterscheide 
Charakter der expansibelen Flüssigkeiten angesehen, und diese E 
schaft den Gasarten,. im Gegensatze der Dämpfe beigelegt. N 
man’'aber die Gasarten expansibel, so kann der Ausdruck, perm: 
elastisch, wieder in seiner eigentlichen Bedeutung genommen weı 
Ohnehin bleiben die Dämpfe, so lange sie wirklich Dämpfe sind, ' 
so gut permanent elastisch, als die Gasarten. 

4. Vergl. Ezpansibilität, 


\ 


Allgemeine Betrachtungen. 177 


gkeiten aber läfst sich dasselbe nur in so fern annehmen, als 
;aus theoretischen Gründen im höchsten Grade wahrschein- 
h wird; auch entscheidet die oben erwähnte Erfahrung des 
afen Bucovoı dafür, indem das noch zähe, mithin nur un- 
llkommen flüssige Glas durch wiederholte Schläge mit dem 
ımmklotze nicht dichter wurde, folglich seine Theile durch 
ahrfache starke Compressionen einander nicht bleibend näher 
men. Unter den festen Körpern haben einige einen sehr ho_ 
n Grad der Permanenz ihrer Elasticität. So wird eine Stahl- 
der oder eine gutgeschlagene Messingfeder, eine dünne Stange 
schbein, Horn, Schildpatt und dergl. eine unbestimmbar 
nge Zeit elastisch bleiben, jedoch unter zwei Bedingungen, 
imlich zuerst wenn ihrer Elasticität nicht über eine gewisse 
renze hinaus entgegengewirkt wird, so dafs ihre Theile nach 
Xhörendem Drucke vollkommen an ihren früheren Ort zurück- 
ommen; und zweitens wenn die Zusammendrückung nicht zu 
age Zeit anhaltend wirkt. Beispiele unglaublich anhaltender 
lasticität unter diesen angegebenen Bedingungen geben unter an- 
em die Federn der Taschenuhren und die feinen Spiralfedern der 
nruhe in denselben. Wenn man diese übrigens längere Zeit, 
imlich Monate oder Jahrelang gespannt lälst, so verlieren sie 
on ihrer Elasticität, und kommen nicht wieder auf ihren frü- 
wen Standpunct zurück. Eigentlich permanent elastisch sind 
laher nur die Flüssigkeiten, welches auch mit den theoretischen 
Vorstelkingen über das Wesen der Elasticität übereinstimmt. 
Schwieriger ist die Entscheidung der Frage, ob es poll- 
wuumen elastische Körper giebt oder nicht. Vollkommen ela- 
tisch nennt man insgemein diejenigen Körper, deren Kraft der 
Ussticität der zusammendrückenden Kraft genau proportional 
ú, deren Theile also bei nachlassendem Drucke ihren vorigen 
taum vollständig wieder .ausfüllen . Untersucht man -zuerst 
ks Verhalten der festen Körper, so könnte man viele derselben 
ülerdings nach dieser Feststellung des Begriffs vollkommen ela- 
sisch nennen. Wenn man nämlich Versuche mit der Dreh- 
Wage anstellt, und den an einer Metallsaite hängenden Körper 
ws dem Zustande der Ruhe um die lothrechte Axe der Saite 
durch einen nicht zu grolsen Bogen bewegt; so wird derselbe sich 


„Selbst überlassen seinen ursprünglichen Stand wieder einnehmen, 
a 
‚1 Muschenbroek Introd. I. 761. Robison Mech. Phil. I. 874. 
` Bit Traité, I, 469, 
. Bd. IM, o M 


178 Elasticität. 


wie oft man auch diesen Versuch wiederholt . Die Fedem 
der Uhren und noch mehr die Spirglfedern der Unrnhe in den- 
selben stellen sich, mindestens die letzteren, mehrere Decen- 
nien hindurch wieder auf ihren ursprünglichen Standpunet ein, 
Wenn man aber berücksichtigt, dafs alle feste Körper, wenn 
sie sähr lange Zeit in unausgesetzter Spannung erhalten werden, . 
von ihrer Elasticität verlieren, so muls zugleich auch ngak 
nothwendig angenommen werden, dafs ein der kürzeren Zeit 
proportionaler Verlust der Elasticität gleichfalls statt finde, wena 
derselbe auch so geringe ist, dafs er in dieser Ausdehnung nicht 
gemessen werden kann. Versteht man ferner unter vollkoui- 
mener Elasticität diejenige Eigenschaft, vermöge welcher dis 
Körper nach aufhörendem Drucke durch ihre Elasticität ihr vos 
riges Volumen mit einer der zusammendrückenden völlig gleis: 
chen Kraft wiederherstellen, so kann ihnen eine solche auf keins 
Weise beigelegt werden; denn sonst mülste z. B. eine valk 
kommen elastische Kugel, eine federharte Stahlkugel, auf.sne 
vollkommen elastische oder harte Platte fallend durch ihre Fli- 
sticität wieder zu einer gleichen Höhe emporgeschnellt ‚werdem,- 
als von welcher sie herabfiel, und der Waagebalken einer Coue ' 
lombschen Drehwaage an einer vollkommen elästischen Seite‘ 
mülste um einen Bogen—x gespannt und losgelassen einen Bow 
gen=2x durchlaufen, welches beides, eben wie eine gespannt. 
und schwingende Saite eine beständig fortdauernde Bewegung 
geben würde. - Dafs dieses nicht stattfindet, kann man nicht vom 
Widerstande der Luft herleiten, weil im luftleeren Ranme di 
Oscillationen zwar länger dauern, aber doch bald genug außle 
ren, und obgleich kein Vacuum ein absolutes ist, so kann msi 
doch ohne Schwierigkeit zeigen, dals die Bewegungen wei . 
früher aufhören, als aus dem geringen Widerstande der modiy 
übrigen verdünnten Luft erklärlich ist. Man leitet daher Fe 
sen Abgang einer vollkommenen Elastieität nicht ohne Grund: 


. is 





1 Robison a. a. O. S. 375 versichert Thon durch eine ‘Oeffamg 
geprefst, und so zum Drahte formirt zu haben. Ein solcher, 0,05% 
im Durchmesser und 7 F. lang, verstattete zwei ganze Umdrehungen: 
um seine Längenaxe, und der Zeiger kam stets wieder auf seinen um 
sprünglichen Stand zurück. Ein Draht von Blei, viermal um eine ganze 
Umdrehung gedreht, brachte den Zeiger nicht wieder auf seinen ur- 
sprünglichen Stand, bei der Vergleichung aber zeigte sich der . Thon 
elastischer als das Blei. = 


Allgemeine Betrachtungen. 179 


ron einer Reibung der zusammengedrückten und an ihren ur- 
prünglichen Ort zurückkehrenden Theile ab, wodurch noth- 
rendig ein Theil der Kraft verloren werden mufs . Mer- 
zuue ? z. B. fand, dals eine aus 12 Darmhäutchen verfertigte 
nd durch 8 & Gewicht gespannte Saite mit einer 0,25 Lin. dik- 
m und mit 6,375 %: gespannten Metallsaite den Einklang gab, 
als aber die erstere nur 40 Secunden, die letztere 64 Sec. lang 
ebte, woraus er schlielst, dals sich die Theile des Metalles bei 
feränderung der Gestalt weniger reiben, als die Theile der. 
Jırmsaite 3. 

Flüssige Körper sind allerdings nach der zuerst aufgestell- 
en Bedeutung dieser Bezeichnung vollkommen elastisch, inso- 
ern die tropfbaren nach den wenigen darüber vorhandenen Ver- 
scher bei aufhörendem Gegendrucke ihren früheren Raum wie- 
ler ausfüllen*, bei expansibelen aber ist dieses noch mehr der 
Fall, unter der Voraussetzung, dafs man stets von irgend einem 
pringeren Grade ihrer Zusammendrückung zu einem stärkeren 
ibergeht, und so umgekehrt. Ob sie auch in der zweiten Be- 
lutung des Ausdrucks vollkommen elastisch genannt werden 
önnen, läfst sich zwar nicht durch Versuche ausmitteln, al- 
ein wenn schon die Reibung der Theile an einander bei ihnen 
win Hindernifs macht, so lassen sie sich doch in dieser Hin- 
ücht nicht wohl als vollkommen elastisch ansehen, weil bei 
ihrer Compression allezeit Wärme entbunden, bei ihrer Ausdeh- 
mung aber gebunden wird; dafs Letzteres aber geschehe, erfor- 
dent einige Zeit, während welcher auch etwas Kraft verlo- 
en geht. 

Unter vollkommen elastisch könnte man drittens die Ei- 
iinschaft der Körper verstehen, wenn sie einer jeden Zusam- 
sendrückung, Biegung, Drehung durch eine willkürlich grofse 
Kraft ohne Ende Widerstand leisteten , und nach aufhörender 
Yawirkung derselben ihr ursprüngliches Volumen wieder er- 
üelten. In diesem Sinne ist kein Körper vollkommen elastisch, 
md ihre gröfsere oder geringere Elasticität wird nach der Stärke 
les Widerstandes gemessen, welchen sie den ihr Volumen ver- 





1 Musschenbroek Introd. $. 763. 
2 Harmonic. L. UI. prop. 13. 
3 8. Coulomb’s Versuche bei Biot Traité. 1. 501. 


4 Vergl. unten Elasticität der Flüssigkeiten. 
M 2 


180 -o Elssticität 


ändernden Kıäften entgegensetzen. So hat eine Stahlfeder eins 
sehr hohe, ein Blech aus Zinn oder Blei eine sehr geringe Ela, 
sticität. Feste Körper zeigen sich in dieser Hinsicht vorzüglich 
merkwürdig. Alle sind nämlich elastisch, und in der ersten 
Bedeutung des Wortes auch in so fern anscheinend vollkommen 
elastisch, als sie bei einer geringen und kurzdauernden Verän- 
derung ihrer Form diese. vollständig wieder herstellen. Wächs 
aber die ihre Form verändernde Kraft, so wächst zwar auch 
der Widerstand, welchen sie derselben entgegensetzen, allein 
nur bis zu einer gewissen Grenze, über welche hinaus derselbe 
entweder ganz aufhört, indem sie zerbrechen, wie z. B. das 
Glas; oder geringer wird, und die Körper bei nachlassender 
Einwirkung ihr voriges Volumen nicht wieder erhalten. Fast 
. alle Körper nämlich, mindestens die meisten Metalle, wenn sia 
als Drähte um ihre :Längenaxe gedreht, ausgedehnt oder gebo- 
gen werden, kommen über diejenige Grenze hinaus, bis zu wel- 
cher sie ihre vorige Gestalt völlig wieder annehmen, ohne dals 
dennoch ihre Cohäsion hierdurch überwunden wird, aufser dis 
Glas, welches nach Rozısox 2 früher bricht, als es über diesen 
Punct.hinaus kommt. Die Elasticität der Körper hat daher eins 
gewisse Grenze, und wenn sie über diese hinaus beschwert were 
den, so zerbrechen sie entweder sogleich, oder geben der eins 
wirkenden Kraft stets mehr nach, bis der Zusammenhang ihrer 
Theile überwunden wird, welches Letztere dann am leichtesten, 
geschieht, wenn eine Biegung abwechselnd nach verschiedener 
Seiten wiederholt wird, :weswegen man z. B. Drähte abbricht; 
indem man sie nach entgegengesetzten Seiten krumm biegt 2.. : 
Ob die flüssigen Körper in der angegebenen Bedeutung des 
Wortes vollkommen elastisch, sind, ist-schwer zu entscheiden, 
Die tropfbaren Flüssigkeiten zuerst lassen sich durch einen seht: $ 
großsen Druck nur wenig zusammendrücken,‘ und. ihr Wider- 
stand scheint hierbei der zusammendrückenden. Kraft jederzeit! 
proportional. Lielsen. sie sich sämmtlich in feste Körper ver 
wandeln, und:wären, sie in diesem Zustande sämmtlich dichter 
als im flüssigen, so tülsten sie durch fortgesetzte Zusammen- 
drückung zuletzt fest werden, und den Gesetzen der festen Kör- 





1 a.a. O. p, 376. 
2 Vergl. Coulomb in Mém, de PAc. 1784. p 265. , Tredgold 
Practical Essay on th: strength of cast Iron. Lond. 1824. p. 2. -~ 


Allgemeine Betrachtungen. 181 


per unterliegen. Allein auch bei diesen letzteren zeigt sich die 
Grenze ihrer Elasticität nur dann, wenn sie nach der Länge 
msgedehnt, gebogen, gedreht, oder so zusammengedrückt wer- 
den, dafs ihre Theile getrennt werden und seitwärts auswei- 
chen können, indem sie, der einwirkenden Gewalt nachgebend, 
sch zerdrücken lassen. Bei tropfbaren Flüssigkeiten ist Letz- 
wres unmöglich, indem sie stets in einen begrenzenden Raum 
wngeschlossen seyn müssen. _ Werden feste oder flüssige:Kör- 
per unter dieser ebengenannten Bedingung zusammengedrückt, 
so läfst sich wegen der ungeheuern, hierzu erforderlichen Kraft 
durch die Erfahrung nicht ausmitteln, ob sie der zusammendrük- 
kenden Kraft einen derselben stets proportionalen Widerstand 
entgegensetzen, oder vollkommen elastisch sind; wir wissen 
bofs, dafs sie insgesammt dichter. werden, und können aus theo- 
ztischen Gründen blofs schließsen, dafs dieses nach der atomi- 
stschen Ansicht so lange fortdauern wird, bis sie den Zustand 
vellkommener Dichtigkeit erreicht haben, welchen wir indels 
zicht kennen , und also darüber nichts zu entscheiden vermögen. 
Die expansibelen Flüssigkeiten endlich sind bis so weit 
vollkommen elastisch, als das Mariotte’sche Gesetz reicht. In- 
dem dieses aber nicht allgemein gültig seyn kann, und auch 
die Erfahrung ergeben hat, dafs gewisse Gasarten durch wach- 
senden Druck tropfbar flüssig werden, der Analogie nach aber 
geschlossen werden kann, dafs dieses bei allen unter den ge- 
eigneten Bedingungen der Fall seyn wird 2, so lälst sich auch 
diesen Körpern die Eigenschaft der vollkommenen Elasticität 
nur his so weit beilegen, als, sie den, Zustand der Expaision | 


beibehalten. 


I, Nähere Untersuchung der Elasticität. 
Aufser diesen allgemeinen Betrachtungen ist es erforderlich, 
je Erscheinungen und Gesetze der Elasticität etwas näher zu 
wtersuchen, und zwar zuerst, wie sie sich bei festen Körpern 
eigen. | 
A. Feste Körper: 


1. Die Elasticität derfesten Körper zeigtsich zuerst, wenn 
an dieselben nach ihrer Länge ausdehnt. Hierüber sind al- 


1 Vergl. Dichtigkeit, 
2 Vergl. Gas. 


182 Elasticität 


lerdings viele Versuche angestellt, jedoch zunächst blofs in der 
Beziehung, um die absolute Cohäsion der verschiedenen Kir . 
per, also das Maximum desjenigen Gewichtes zu ‚bestimmen, 
welches sie zu tragen vermögen, ohne zu zerreilsen, oder man 
hat gesucht, in näherer Beziehung auf die Elasticität, diejenige 
Last aufzufinden, wodurch sie nicht weiter ausgedehnt werden, : 
als dafs sie sich bei nachlassender Dehnung wieder zu .ihrem 
ursprünglichen Volumen zusammenziehen. Beide Arten vos, 
Untersuchungen, in Beziehung auf die Festigkeit der Körper 
von grölster Wichtigkeit, sind bei der Aufsuchung der Cohäsi- 
onsgesetze t benutzt. Eigentliche Untersuchungen über die Ge- 
setze der Elasticität bei der Spannung der Körper nach ihre 
Länge, namentlich bei Metallsaiten, sind indels nicht zahlreich‘ 
= vorhanden. Unter die vorzüglichern gehören die von 3’Ga4+ 
vesaupe 2. Die Saiten, deren Elasticität er untersuchen wollte: 
Fig. wurden von dem Brette M N zwischen zwei Klemmen vermity 
‘telst der Schrauben V V’ festgehalten, und so stark gespamity 
dafs sie eine gerade Linie bildeten. Wird eine solche Saite 
A B dann in der Mitte mit einem Gewichte beschwert, so ver- 
längert sie sich, und nimmt die Gestalt A C B an, und dies 
Verlängerung kann gemessen werden, wenn man die Sehne Co 
kennt. Zu diesem Ende schob s’GaAvzsanune auf die Mitte 
der Saite das kleine Kupferblech on, durch dessen oberes Lë» 
chelchen o die Saite gezogen war, am unteren Ende n aber hing 
mittelst eines Häkchens die kleine Waagschale W, welche mit 
verschiedenen Gewichten beschwert die Saite tiefer herabdrückts 
Um das kleine Blech on nebst der Waagschale W zu baland 
ren, war am oberen Ende des ersteren ein feiner Faden f ange 
‚bracht, über die Rolle r geschlungen, und durch das Gegenge- 
wichtjp balancirt. An der Rolle war zugleich der in seinem 
Schwerpuncte genau balancirte Zeiger d b befestigt, welcher 
mit seiner Spitze die Grade auf dem getheilten Kreise E G durch- 
lief, und dadurch anzeigte, wie tief die Waagschale mit ver- 
schiedenen Gewichten beschwert herabgesunken war, welche: 
die Gröfse c C angab. Damit diese Messung genau wird, zieh 
man nach Wegnahme der Saite A B die Waagschale W so 





1 S8. Cohäsion. 


2 Phys. Elem. math, I p. 375, In der Darstellung folge ic 
Biot Traité. I. 470 ff. 


‚der festen Körper. 183 


therab, dafs sie den Boden genau berührt, beobachtet den 
des Zeigers, legt unter die aufgehobene Waagschale 
m Körper von genau gemessener Dicke, bringt sie mit die- 
; wieder in Berührung, und zählt die vom Zeiger durchlau- 
m Grade. 
"Zu seinen Versuchen nahm s’Gravzsanne Claviersaiten ' 
iZ. lang und von einer Dicke, dafs diese Länge 24 Gran 
p Er gab derselben drei verschiedene Spannungen, indem 
ie zwischen der Klemme V festschrob, und am andern Ende 
h Gewichte straff ziehen liefs, ehe erdie Schraube V’ an- 
‚, Durch verschiedene, in die Waagschale gelegte Ge- 
kte drückte er dann die Saite um 0,04 bis 0,4 Z. herab. Um 
iss die Elasticität zu berechnen, mufs man aufser der Sehne Fig. 
noch das Gewicht P kennen. Dabei läfst sich annehmen, 21- 
idie beiden Theile A C und CB einander an Länge — Rund 
ung = T gleich sind, indefs muls aulser dem Ge- 
e P auch noch das sehr geringe Gewicht der Saite selbst 
n Rechnung genommen werden. S’GnAVESANDE nimmt 
: dafs die beiden Theile C A und C B einander gleich und 
ida sind , und auf die beiden Unterstützungen A C und B C 
itken. Wäre die Saite horizontal, so könnte man anneh- 
m, dafs jeder Punct die Hälfte des ganzen Gewichtes, mit- 
aC als doppelter Unterstützungspunct die Hälfte des Gewichts 
«guun Saite oder 12 Gran der gebrauchten trüge, und da 
ie Sehne c C gegen. die ganze Länge der Saite sehr klein ist, 
iilt sich diese Voraussetzung auch bei der Berechnung als 
&-Wahrheit genähert annehmen. Die von s’GrAvESANDE 
en Gewichte waren eine, zwei, drei und vier Drach- 
Ř, und da das eigene Gewicht der Saite 12 Gran = 0,2 
ıchmen betrug, so war das gesammte Gewicht = P + 0,2 
Drachmen. Dieses Gewicht wurde balancirt durch die Ela- 
tät der Saite = T oder ihrer beiden Theile A C und B C, 
che aber nicht directe dem niederdrückenden Gewichte ent- 
enwirkten, sondern im Verhältnisse des Cosinus A B c, 







5 ist. Es wurde aber oben C c durch 





Cc 
cher = = AC oder, 
nd A C durch R bezeichnet , die Elasticität oder die Span- 
g der Saite aber durch T, folglich ist T —-der Widerstand, 


chen die Spannung jedes Armes, A C und BC in der Rich- 


184 . Elasticıtät 












tung Cc äulsert, und das Gleichgewicht wird hergestellt seyn, wenn . 
die spannende Kraft P -+ 0,2 der Summe der Widerstände gleich | 


ist, welches 2 au = P 0,2 giebt, wenn P in Drachmen aus- $ 





gedrückt wird, woraus dann T = Pt 2 2 = gefunden wird. | 


Um hierin R zu finden, darf man nur berücksichtigen, dals dis 4 
Figur zweirechtwinkliche Dreiecke bildet, in deren jedem A C 
B c die Hypotenuse ist. Hieraus folgt, wenn A B= 2 L is 

R2? = L? 4 F? oder R = y (L? + F?) 
und wenn man berücksichtigt, dafs die Sehne Fin den Versuches 


stets gegen L sehr klein war, so kann man (L? -+ F 2)? in eine ge 
gend convergirende Reihe entwickeln, undin genähertem W 


Neu FE) =r Hias 


setzen. In 8’GaAvesanne’s Versuchen war L= 34,52. x i 


die grölste Sehne c C = = 0,4 Z., welches 7) F 
JT = 0,00463768 und Ts — 0,0000006234 giebt; und di. 2 
die letztere Größe so klein it, so kann 0 

R=L +r =L (1+5) 4 


gesetzt werden, welches in die obige Gleichung substituirt 
T = 7 — 1+ FL? giebt. 


Ist die Saite nicht schwerer als die von s’GRAvEsAnDE gebrauch, 





2 i 
so ist rr = 0,0002688, welches bei dem grölsten gebrauch - 


ten Gewichte von 86 Drachmen oder 5160 Gran nur  . ` 
5160><.0,00026 == 1,34 Gran, oder eine hierbei verschwin- 
dende Grölse beträgt, und füglich vernachlässigt werden kaniy _ 


so dafs also T = rt oder für L= = Z. genau ge 
nug = 8,622 (P Tr gefunden wird. 


In den drei Versuchen von s’GaavzEsanpe bei verschiede- 
nen Spannungen der Saite waren 


4 


der festen Körper, 485 


Spannungen der | Gewichtein Drachmen 
Saite P + 0,2 


Länge der Sehne in 
Zollen = F ' 














0,05 

nung 70 | 0,40 
e Span- | 8 0,04 
nung 86 0,40 





Werden aus diesen drei Reihen die Spannungen zuerst für 
ie geringeren Gewichte berechnet, so erhält man 


L Reihe ..T= 3% 8,625 — 646,875 Drachmen 





0,04 
8 x 8,625 380.000 
Beihe e.o — mp gap 
+ T 0,05 1380, ; 
_8 x 863 _ 
3. Reihe... T = 0,04 == 1725, — 


‚Für die gröfseren Gewichte erhält man auf gleiche Weise í in 


- Drachmen 
Pi Reihe... T = 26 >< 8625 = 776,250 = T + 129,375 
É a nie... p — 70x 8625 
u 04 
, ehe... T = OS = 18354,3753 = T + 129,375. 
© Diese Versuche ergeben, dafs die reagirenden EJasticitäten 
einer Metallsaite für gleiche Vermehrungen der Spannung, von 
ș Welcher früheren man ausgeht, einander gleich sind, und da 
die Sehne bei allen drei vermehrten Gewichten 0,4 Z. betrug, 
t% waren auch die absoluten Verlängerungen der Saite einander 
eich, welches zu dem Satze führt, dafs wenn eine Metallsaite 
durch irgend ein Gewicht = T gespannt ist, eine Vermehrung 
des Gewichtes = t eine gleiche Verlängerung der Saite hervor- 
bringen wird, welches auch die frühere Spannung durch T seyn 
mochte, vorausgesetzt, dafs dieSaite nicht über die Grenze ihrer 
Elasticität hinaus ausgedehnt wurde, welches sich dadurch zeigt, 
dafs sie bei nachlassender spannender Kraft stets wieder zu ihrer 
ursprünglichen Länge zurückkehrt. Wenn man also unter 


— 1509,375 = T +129,375 


m 


186 ‚- Elasticität 


dieser letzteren Bedingung einer Saite durch irgend ein 
die Spannung T giebt, wodurch ihre Länge = L wir 
der Kraft fortwährend neue hinzufügt, deren jede eine V 


“rung der Spannung = t und der Längeg 1 erzeugt, so | 


zu den Spannungen T; T +1; T+ 2t....T+ 
Längen L; L +1; L+21....L+ nl, also s 
Vermehrungen der Längen den Spannungen direc 
portional. 

Den hieraus folgenden, für das Wesen der Elasticii 
wichtigen Satz hat zuerst R. Hooxz 1 als allgemein gülı 
gestellt, indem er es anfangs als Chiffer nach der Reih 
der Buchstaben bekannt machte, nämlich ceiiinossst 
und dieses später erklärte: ut tensio sic vis. Alle s 
Untersuchungen haben dieses Gesetz bestätigt, voraus 
dafs die Spannung der Körper nicht weiter geht, als sow 
Elasticität vollkommen scheint, indem ihre Theile übe 
Grenze hinaus eine andere Lage gegen einander annehme 
sich zwar elastisch zeigen, aber nicht wieder zu ihrem i 
lichen Volumen zurückkommen ?. Eben dieses Gesetz gi 
bei der Zusammendrückung der Körper, und es ist alsc 
flüssig, die Erscheinungen der Elasticität für diesen Fall 
ders zu untersuchen 3, l 

Aus den Versuchen von s’GRAYESANDE über Saiten, 
an beiden Enden befestigt sind, alsdann angezogen werd 
pendelartig schwingen, folgt, dafs die Schwingungen is 
nisch erfolgen, wie grols auch der durchlaufene Boge 
mag, ein bekannter Satz der Mechanik. Sind die Saiten i 
und gleich gespannt, aber von ungleicher Länge, so ve 
sich die Schwingungszeiten wie die Längen; sind sie ül! 
gleich, aber von ungleicher Dicke, so verhalten sich d 
ten wie die Durchmesser. Nennt man daher allgemein be 
gleichartigen Saiten P pnd p die spannenden Kräfte, L un 
Längen, D und d die Durchmesser, T und t die Sı 
gungszeiten, so ist 
L? D? 1? d2 

Ä T2P 7 t2p' 
4 Philos. Tracts and Collections, Lond. 1679. & L 
Springs. L..C. ' 
2 Tredgold practical essay on the strength of cast iron. 
1824, 117. . 
' 8 Young Lectures on Nat. Phil. I. 137. 


der festen Körper, 187 


Indem ferner bei Saiten ihre Massen, und somit auch ihre Ge- 
ichte sich verhalten wie die Producte ihrer Längen in die Quadrate . 
per Durchmesser, also, wenn ihre Gewichte G und g heilsen, 
G: g = LD? : 1d2, 

LG ~. _ lg 
T2P .&p 


ie T?: = : lg. 


W heifst: die Quadrate der Schwingungszeiten verhalten 
B wie die Producte der Längen in die Gewichte und um- 
Behrt wie die spannenden Kräfte. Bei elastischen Blechen 
kl Streifen finden die nämlichen Gesetze statt A weil man sie 
vereinigte Saiten ansehen kann, 
P Auch mit dünnen Blechen stellte s®’Gravzsanne Versuche 
kyund gebrauchte dazu den oben beschriebenen Apparat. Er 
mèm nämlich eine nicht aufgewundene Uhrfeder, gleichfalls 
M3 Z. lang und 67 Gran schwer. Auch hierbei mufs also die 
Bife dieses Gewichtes zu dem in der Waagschale = P ad- 
en, um die gesammte drückende Kraft zu finden. Bei 
be Kleinheit dieses Gewichtes gegen P nahm indels s’GrAve- 
awae in genähertem \WVerthe nur 30 Gran, oder 0,5 Drachme, 
d das Ganze in Drachmen auszudrücken, und sonach wird für 
ep Bleche 


ist auch —— 


_ (P4 05) 8,625 


wam die übrigen ercichnungen wie oben für Metalldrihte 
beibehalten werden. 

Vier Reihen von Beobachtungen gaben folgende Gröfsen: 
Spemmungen | Gewichte in Drachmen 
des Bleches P +- 05 


Länge der Sehne 
in Zollen = F 








188 .  Blastichrät 


Diese Resultate nach der angegebenen Formel ber 
geben folgende Werthe: Ä 
1. Reihe T = 1725; T = 310 =T + 
92, Reihe T = 2760; T = 440 =T+ 
3. Reihe T = 7885,71; T = 9271,87 =T + 
4. Reihe T = 9200; T = 10608,75= T + 


Die geringen Differenzen kommen als Theil des T 
wichtes in Betrachtung, indem sie nicht mehr Hundertthei 
selben betragen würden, und man darf daher die Zun 
der Spannung allgemein. 1380 setzen, welches, wie b 
Saiten eine Vermehrung der Länge == 0,00927536 Z. t 
so dafs also auch hieraus das oben gefundene Gesetz herv« 
wonach die Verlängerung der spannenden Kraft propo 
ist. Solche Bleche lassen sich daher als eine Zahl neben 
‚ der liegender Drähte ansehen. | 

Wenn man diesemnach das hier aufgestellte Gesetz. ; 
lich dafs bei der Ausdehnung sowohl als auch bei der Z 
mendrückung der verschiedenen Körper derjenige Wideı 
welchen sie vermöge ihrer Elasticität der einwirkenden 
entgegensetzen, dieser letzteren so lange direct propor 
und ihre Verlängerung oder Verkürzung diesemnach de 
nahme der Gewichte gleich ik, so lange sie nicht üb 
Grenze ihrer Elasticität hinaus beschwert werden, 50 
für die praktische Anwendung vorzüglich nützlich , für di 
schiedenen Körper von einer gegebenen Dimension diej 
Lasten durch Versuche aufzufinden, durch welche sie | 
dieser Grenze gebracht werden?, und den aliquoten The 
Vermehrung oder Verminderung ihrer Länge, welcher € 
Gewichte zugehört. Beide Gröfsen hat man durch die zahl 
sten Versuche über die absolute Festigkeit der Körper z 
stimmen von jeher sich eifrigst bemühet, indem sie aber b 
Untersuchungen über die Cohäsion schon ausführlich er 
sind, so darf ich hier nur. auf jenen Artikel verweisen: 


1 T, Young Lectures I. 141. sagt: A permanent altera! 
form limits e strength of materials with regard to practical pu 
almost as much as fracture, since in general de force which is 
of producing this effect, is sufficient, with a small addition, 
crease it till fracture takes place. - | 


3 S. Cohaesion II. 153 u. 164. 


der festen Körper. 189 


9. Die Elasticität der festen Körper zeigt sich zweitens, 
enn dieselben mit beiden Enden auf einer festen Unterlage lie- 
ad in.der Mitte, oder an einem Ende festgeklemmt am an» 
un durch eine Last niedergebogen werden. Versuche hier- 
her. sind i in Menge angestellt, meistens aber nur gelegentlich, 
pan man die relative Festigkeit erforschen wollte. Unter die 
ksichtlich angestellten Versuche gehören die von CovLoms?, 
piber, ein Stahlblech nahm, 11 Lin. breit 0,5 Lin. dick, dien 
m einer Seite zwischen zwei eisernen Platten festklemmte 
| mit einer Klemmsghraube an einem Tische in horizontaler. 
befestigte, an das. andere Ende, aber in einer Entfernäng 
7 Z. ein Gewicht fügte und die Theile, um welche der 
streifen niedergebogen wurde, an einer getheilten Scale 

‚ Die gebrauchten ‚Gewichte waren 0,5; 1 und 1,5 %; 
che den gehärteten und nachher den. his zur blauen Farbe. 
audassenen Streifen 8; 15,5 und 23 +. Lin. herabdrückte, 
woas also abermals hervorgeht, dafs die Elasticität der span- 
mien Kraft direct proportional ist. Viele ähnliche Versuche 
Bsavror zugleich mit den Untersuchungen über die relative 
it der Körper verbunden, und sich dazu der oben 2 be- 
en Maschine bedient, welche wohl ohne Zweifel die 
kmälsigste ist, indem der Zeiger genau die durchlapfenen. 
| giebt, und der zu prüfende Stab- allezeit in gleicher 
Tieng von seinem Stützpuncte und in lothrechter Richtung 
‘mi sein eines Ende durch das Gewicht niedergedrückt wird. 
Aserdem wird die Berechnung sehr. ‚dadurch erleichtert, dals 
Sa durch das Gegengewicht sowohl das aufgesteckte Bogenstück. 
wi die Waagschale, als auch das eigene Gewicht des unter-. 
Stabes balanciren kann , und demnach blofs die ange- 
n Gewichte zu beachten hat. Obgleich BEAuroy zunächst 
W dasjenige Gewicht zu bestimmen suchte, wodurch die ver- 
Kiedenen Stäbe zerbrochen wurden, so hat er zugleich doch 
mh das allgemeine Gesetz bestätigt gefunden, dals. die Bie- 
innerhalb der Grenze der unveränderten Elasticität den. 
fiıkenden Kräften direct proportional sind. 

Verschiedenes, in Beziehung auf die Elasticität Wichtiges 

‘erörtert durch TRED GOLD bei einem erst neuerdings bekannt, 
















1 Mém. de l’Ac, 1784. 266. Biot Traits I. 509, - 
2 Vergl. Cohäsion Il. S, 151. 


190 Elasticität 


gewordenen Versuche über das Verhalten des Stahls bei 
. schiedenen Graden der Härtung. Covzom» schlofs nämlic! 
seinen ‘oben erwähnten Versuchen, dafs die elastische Kraf 
Stahls bei verschiedenen Graden der Härtung gleich sey, 
eben dieses folgerte Tu. Youne aus seinen Beobachto 
ächwingender Stäbe. Um diesen Satz Zu prüfen, bediente 
Trevcorn? einer Vorrichtung, welche mit der von s’Ga 
saune gebrauchten grofsen Aehnlichkeit hat, mit dem U 
schiede, dafs bei derselben die zur Untersuchung bestim 
Stahlstäbe auf Unterlagen von’Eisen gelegt wurden. Der 
Stab von gameiriem Stahl (blistered steel ) war 0,95 en; 
breit , 0,375 Z. dick und lag auf 13 Z. von einander abstehe 
Unterlagen. Bei vier verschiedenen Graden der Härtung 
Seilenharten , der tiefstrohgelben, der federblauen und 

weich gemacht, zeigte der Stab gleiche ° Elasticität, 

herab mit 54 % beschwert um 0,02 Z. 

— 2— — — 003 

— 110— —  — 004 
und zeigte keine bleibende Beugung, wenn er auch durd 
letztere "Gewicht einige Stunden hindurch beschwert } 
Nimmt man mit geringer’ "Abänderung die Reihenfolge d 
Größsen, so "geben 

` 27,5' Q eine  Biegung | = 001 Z. 

2 Xx 275 = 55 £ — = 0,02 Z. 

3 X 27,5 = 825% — = 0,03.Z. 

- 4 X 27,5 = 108 — = 0,04 Z. 
also ohne weitere Rechnnung eine regelmäfsige F olge. 
Stab wurde dann abermals stark gehärtet,. zeigte die nä 
Biegungen, und es gaben ferner _ 

300. @ eine Biegung von 0,115 Z. 

350 œ’ —  —  — 0180 Z. 

580 ® brach der Stab. 
Das erste Gewicht hätte nach der oberen Progression 0,11 
Biegung geben müssen, indels scheint hierbei der Stab ı 
über die Grenze seiner vollständigen Elasticität belastet gev 
zu seyn, denn 350 12% gaben ihm eine bleibende Biegung 
0,005 Z., welche durch 10 & Vermehrung bis 0,01 Z. zu 





1 In dessen Lectures II. 203. 
2 Phil. Trans. 1824, Il. 354. 


der festen Körper. 191 


Um mit einem ‚längeren Stabe die feineren Unterschiede 
er beachten zu können nahm TREDGOLD einen anderen Stab, 
demselben Stahl, 0,92 'Z. breit 0,36 Z. hoch, und entfernte 
Interlagen bis 24.2... Zuerst wurde derselbe so weich ge- 
w, dafs er der Feile. nachgab, und in ı diesem Zustande 
rkten . 

18,6 & eine Biegung von 0.05 Z Ze 

37 — — =— — 0,10 — 

I — — — — 017 — 


dem der Stab gehärtet war, erhielt TaencoıD die nämlichen 
itate. Er würde dånn strohgelb angelassen, und es gaben 
47 % eine Biegung von 0,127 Z. 
1308 — — — 0,350 — 
150% — — — 940 — 


nt man hierbei 37 & als Einheit; so gehört zu 130 & 
Biegung von 0,351 Z. Bei dieser Belastung zeigte der 
noch keine bleibende Veränderung, wohl aber bei 150 &, 
war = 0,012 Z. Die Belastung wurde fortgesetzt, und. 
ben 


185. & eine Biegung von 0,50 Z. 
385 R — — — 1M4. | 
Bsist merkwürdig, dafs beide Grölsen die obige Reihen- 
genau geben, denn zu. 185 & gehören 0,500 und zu 385 %. 
> Z., woraus folgt, dals bei gestähltem Stahle, wie etwa 
aim Glase, die Elasticität bis 'zum Zerbrechen desselben 
gelmälsig bleibt. Bei der letzten Belastung nämlich hörte 
ich einer Minute ein leises Knacken, und ohne Vetmeh-. 
les Gewichtes brach der Stab: nach 15 Minuten, Ausge- 
ist aber durch diese Versuche, dafs die elastische Kraft. 
his bei jeder Härtung desselben gleich ist; es verhält sich . 
e Festigkeit desselben bis zu derjenigen Grenze, wobei 
bleibende Veränderung erleidet, zu der absoluten Festig- 
. hartem Stahl wie 1: 1,66; bei strohgelb angelässenem 
ie 1: 2,56. 
n den übrigen zahlreichen Versuchen zur Bestimmung 
tiven Festigkeit derKörper, bei denen zugleich die Gröfse 
asticität beobachtet wurde, können nur einige der wich- 
tier namhaft gemacht werden. Dahin gehören die von 


192 © Elasticität 


Joux Bawxs! mit Stäben von Gufseisen, welcher fand, 
_ diese sämmtlich Zengl. F, lang um 1 engl. Z.’herabsanken, eh: 
‚zerbrachen,, welches nebst der regelmälsigen Zunahme der . 
gung auf eine vorzüglich elastische Sorte schliefsen läfst. R 
DELÈT?. hat viele Versuche mit Stäben von. 3,83 und 1,91 
Länge zwischen den Unterlagen angestellt, woraus hervorz 
dafs die Biegung nur so lange regelmälsig wächst, als der F 
per nicht über die Grenze seiner Elasticität beschwert v 
Diese Grenze liegt indels -oft bei den nämlichen Körpern 
ungleich entfernt, was sich aus der verschiedenen Beschaf 
heit. derselben erklären läfst. So fand TaxDcoLn, dals Schr 
deeisen sich um 0,000714 seiner Länge ausdehnen läfst, eh 
über die Grenze seiner Elasticität hinaus kommt, Durzau3: 
fand unter seinen zahlreichen Versuchen diese Grölse ein 
= 0,000441 als Minimum, ein anderesmal = 0,001167 
Maximum. 

Viele Versuche mit einem zweckmälsigen Apparate 
G. Rennır* angestellt, am zahlreichsten und genauesten a 
jedoch blos mit Gufseisen, sind die von TreneoLn 6, wek 
zugleich’ auch fremde Versuche verglichen, und aus einer È 
derselben dasjenige Gqwicht gefunden hat, wodurch Gulse 
bis zur Gränze seiner Elasticität belastet werden darf, näm 
42, in einer andern 4% ‘derjenigen Last, wodurch dasselbe 
- rissen wird, eme Bestinimmung, ' welche mit der aus Banx’s 
Reunwıe’s Versuchen erhaltenen übereinstimmt. : TREDGOLD 
tersuchte auch das Verhalten des geschmiedeten Eisens. Hi 
nahm er Stäbe von'nabe 1 Quad. Z. Querschnitt und 6F.Lä 
legte sie auf Unterlagen, welche 66,5 engl.:Z. von eins 
abstanden , beschwerte sie mit veischiedenen Gewichten, 
erhielt folgende Biegungen derselben gleichfalls in englis 
Zollen: : 





1 Qn the Power of Machines, Kendal 1803. S. 96. 
2 Traits Théorique et Pratique sur VArt de Båtir. Par. 1 
VI Tom. 4. IV. 514. 0 


8 ey théorique et expérimental su sur la résistance du Fer fc 
Par, 1820, 4 


& Phil. Trans. 1818. 1. 
5 Practical Essay on the strength of cast Iron. 8, 66 £, 


‚der festen Körper. | 193 
1. Bei englischem Eisen 
Biegung in Zollen 


Gewicht der Stäbe . bei Belastung mit 
58 | 1148 | 170€ 


0,0625 | 0,10 | 0,1875 











3e — — 

25 — — — 0,1250 | 0,25 į 0,3750 
2 — — = 0,1500 | 0,32 ! 0,5000 
24 — — — 0,1250 | 0,25 | 0,3750 
17— — — 0,2500 | 0,50 | 0,8000 


2, Bei schwedischem Eisen 
Biegung in Zollen 


Gewicht der Stäbe -| Dei Belastung mit 
. 58 | 114® | 170 & 


32e — — 0,0625 | 0,125 f 0,190 
1. — 0,0800 | 0,161 | 0,250 


Auch ohne ‚nähere Berechnung sieht man bald, dafs das 
ebene Gesetz durch die hierbei erhaltenen Gröfsen gleich- 
‚Bestätigt wird. Dals aber die Biegungen ungleich werden 
wsregelmälsig wachsen, sobald die Körper über die Grenze 
mEissticität belastet wezden, ersieht man deutlich aus den- 
gek Versuchen, welche Tarpeonn mitStäben von Glocken- 
ia anstellte, welche 0,5 Z. hoch, 0,7 Z. breit waren und 
Unterlagen von 12 Z. Abstand ruheten. 

Bie gaben mit folgenden Gewichten: die denselben zuge- 
æn Biegungen in engl. Zollen. 








Gewichte. Biegungen. Gewichte. Biegungen. 
19 & 0,01 120 % 0,06 
38 — 0,02 200 — 0,17 
56 — 0,03 230 — 0,34 
18 — 0,04 320 — 3,00 
10 — 005 


So lange die Last nicht mehr als 100 @ betrug, wurde sie 
derholt abgenommen, ohne dals eine Biegung merklich war, 
oft aber die 120 & aufgelegt und wieder weggenommen wur- 
1, zeigte sich eine bleibende Biegung von 0,005 Z. Ein Stab 


n gegossenem Messing 0,45 Z. dick 0,7 Z. breit und auf 122. 
Bd. IIT, N 


14. ‚Elasticoität‘ 



















entfernten Unterlagen ruhend, gab mit folgenden Gewich a: 
beschwert die zugehörenden Biegungen in engl. Zollen. 


Gewichte. Biegungen. ' -> Gewichte. Biegungen, 
12 .% 0,01 52% 0,04 
23 — 0,02 _ 69 — 0,05 
38 — . 0,03 110 — 0,18 


Bei 52 % Belastung zeigte der Stab nach der We 
keine bleibende Biegung. 

Diejenige Curve, welche ein elastischer, an beiden Ende 
unterstützter, durch ein aufgelegtes oder sein eigenes Gewi 
herabgezogener Stab, oder ein an einem Ende eing 
horizontaler, am andern Ende mit einem Gewichte be 
bildet, heifst die elastische Curve (curva elastica ; co 
elastique; elastic curve). . Sie ist untersucht durdi 
Jacos Berwovrrıt, und später durch seinen Neffen Daris | 
BerxouLLI? durch L. Euren? und andere. Ist’ der an beiden} 
Enden befestigte, durch sein eigenes Gewicht herabgezoguf® 
Körper eine vollkommen biegsame Linie (eine Kette), so I; 
die entstehende Curve eine Kettenlinie (catenaria; chainetie 2 
catenary) welche mit ihr verwandt und vielfach untei sach 
ist“ Sie gehören in das Gebiet der Mathematik.. 4 

3. Die Elasticität der Körper zeigt sich ferner durch dig 
Widerstand, welchen sie einer Drehung um ihre Axe entgegik® 
‚setzen (force de reaction de torsion, élasticité & 
torsion; resistance to torsion, against twistin 
Dieser Gegenstand kommt vielfach in Betrachtung, | 
Grundlage der Drehwaage®, theils bei der ee en Bar 
Wellen und Bäume der Maschinen, welche mit grofserer od 
geringerer Kraft um diese ihre Längenaxe gedrehet wer Si 





1 Acta Erud. 1694. u. 1695. 
2 Acta Petrop. 1729, N 
3 Methodus inveniendi curvas maximi minimigue ‘proprietate gi | 
dentes. Genev. 1744, 4. Addit. II, Com. Pet. III. 70. Acta Petrop, 3 
JI. 188, Lexel ebend. V. II. 207, p 
4 Joh. Bernoulli in Acta Erud. 1791. Bernoulli Opp- I. 48. NI. S: 
Gregory in Phil. Trans. XIX, 637. XXI. 419. Clairaut Mém, de Bei. 
VII. 270. Kraft N. Com. Pet. V, 145. Legendre Acta Pet. 37 
20. u. v. a. f 


5 8, Drehwaage. 


_- 


‘der festen Körper. 195 














tlich der ersteren haben wir die gehaltreichsten Unter- 
gen von CouLomB?, welche in der Hauptsache hier mit- 
ilen nicht zweckwidrig seyn wird 2, l 
' Die durch CouLoms befolgte Methode, die Elasticität lan- 
etalldrähte gegen eine Drehung um ihre Axe zu untersu- 
„ war folgende. Er hing an einen oben befestigten Draht 
inen Cylinder von Metall P so auf, dafs die Axe desselben Fig. 
it der des Drahtes eine gerade Linie bildete, brachte un- 2 
inen Zeiger RL, und unter demselben einen getheilten 
an. Wurde dann der Cylinder um seine Axe gedrehet, 
ief der Zeiger die der Drehung zugehörigen Grade auf 
;getheilten Kreise. Ist hiernach AB ein Stück dieses in BË pig. 
igten Drahtes, und wird derselbe so um seine Axe gedre- 
dafs ein Streif seiner Oberfläche aus der Lage MA in die 
mX gebracht wird, also der Punct A mit der Axe den 
inkel ACX zugehörigen Bogen durchlaufen hat, so wer- 
f die Puncte M, M,, M,, M,.... an die Oerter m, m,, 
yM} .... gerücktseyn, und vermöge der anziehenden Kräfte, 
khe die Festigkeit des Körpers bedingen, wieder an ihre 
bere Stelle zu kommen sich bestreben. Eben dasjenige, was 
x über den einen Theil der Oberfläche ausgesprochen ist, 
kvon allen Theilen des ganzen Drahtes. Würde der Bogen 
X verdoppelt, so würde die Abweichung eines jeden der ge- 
annten Puncte von seinem früheren Orte verdoppelt werden, 
wid mach dem oben über das Verhältnifs der Elasticität aufge- 
ukenen Gesetze würde auch die Reaction der Theile gegen 
s.drehende Kraft doppelt seyn, folglich mufs auch der ganze 
iht mit doppelter Kraft der Drehung entgegenstreben. Denkt 
m sich um die Axe des Drahtes einen mit seiner Oberfläche 
ıcentrischen Kreis gezogen, um auf diesem die Winkel der 
ehung zu messen, nimmt man ferner einen diesem Kreise 
ıehörigen Radius als Einheit an, auf welchen eine horizontale 
aft — n wirkend den Draht durch den Bogen = X umdrehet, 
wird diejenige Kraft, welche den Draht nach dieser Drehung 
nStillstande bringt, oder der Reaction des Drahtes das Gleich- 
vicht hält —= nX seyn. Bezeichnet man die halbe Peripherie 
Kreises durch z und führt einen Radius == R statt der an- 





1 Mém. de !’Ac. 1784. 
2 Nuch Biot Traité. I. 489. 
N2 


- 196 O Elasticität 


genommenen Eiuheit desselben ein, so ist die elastische Kraft, 
des Drahtes, welche der auf das Ende des an eich als nich 
schwer gedachten Radius wirkenden drehenden Kraft entgegem: 


o . 
strebt = en X Hörte die Kraft auf zu wirken, so würd 
























180 R’ 
die Theile des Drahtes sich wieder in ihr früheres Gleichg 
zu setzen streben, der Winkel X also abnehmen, zuletzt =& 
werden, dann aber vermöge der erhaltenen Bewegung nach de 
entgegengesetzten Seite übergehen, bei vollkommener Elasticitik 
des Körpers und abgesehen vom Widerstande der Luft eine dä 
vorhergehenden positiven gleiche negative Grölse erhalten, um 

. so die Bewegung ohne Ende fortsetzen. Indem ferner die Kräfte 
welche den Körper sollicitiren, an den ursprünglichen Ort sei 
Ruhe zurückzukommen, dem Abstande von diesem Puncte dire 
proportional sind, so würden diese Oscillationen alle in gleiche 
Zeiten geschehen, wie grols auch der zu durchlaufende Bogag' 
seyn möchte. or 

Behalten n und R die angenommenen Bedeutungeny ak | 
heilst M die Masse des oscillirenden Körpers, diese in: 
einzigen Puncte vereinigt gedacht, zz das Verhältnifs des 
zu seinem Durchmesser oder 3,14..., T aber die Zeit ei 
einfachen Schwingung, so ist nach mechanischen Gese 


T= x GE 


Bezeichnet dann ferner dm ein Theilchen der Masse da’ 
‚Körpers, denkt man sich ein jedes in der Entfernung r vom Cette.. 
der Oscillation, und wird sònach die ganze Masse des Kith» - 
mit dem Quadrate dieses Abstandes multiplicirt durch fa àn. 
ausgedrückt, so ist 


T =x 


Es ist aber für einen in seiner Axe lothrecht aufgehangene, 
um seine, mit der des tragenden Fadens zusammenfallenden Ass 
oscillirenden Cylinder das Trägheitsmoment 

Ma2 
2 


nd 


wenn a den Halbmesser seiner Peripherie bezeichnet, und wem 
man statt des Cylinders einen dünnen Draht in der Mitte seiner 








r? dm \$ T 





r? dm = 





2 Poisson Traité de Mécanique I. 402, 


g der festen Körper. 197 
an dem Faden oder der Saite horizontal schwebend 


Jeng 


ı I die halbe Länge desselben bezeichnet, und so erhält 
ir diese beiden Fälle die zwei Gleichungen 
T =z VY Ma?und Teny Mi? 
Sn 3n’ 

man sich gur Erforschung der Elasticität eines um seine 

gedreheten Drahtes nach Covnom»’s Methode hedienen 

















m in dieser Formel die Öscillationen gegebener Massen 
stimmte Bewegungen in bekannten Zeiten zurückzubrin- 
darf man nur berücksichtigen, dafs bei fallenden und so- 
pendelartig oscillirenden Körpern die Geschwindigkeit 
2gt ist, wenn t die Zeit in Sexagesimalsecunden und g 
migen Raum bezeichnet, welchen ein Körper in einer Se- 
frei herabfällt. Wird die Gröfse g, im Mittel=15,1 Par. F., 

sa nämlichen Malse ausgedrückt, worin a und lin den an- 
Formeln genommen sind, M aber durch das Gewicht, 
daher — P gesetzt, so wird für einen an dem Drahte aufge- 


bgenen Cylinder: 
at und also T = ma —)" 
4 g T? 4gn 

W fir einen S vaagerechten Hebelarm : 
= rn und also T = zI CAK 

" CovLomB bediente sich bei seinen Versuchen der Drähte 
ı Messing und van Eisen mit einem an ihnen aufgehange. 
: Cylinder. Die Beschaffepheit derselben zeigt folgende 
jersicht : 














Absolute Festigkeit 
3 & 12 Unzen 





3 — 0 — 

2 3 — 

Hessing 14— 0 — 
2 — 0 — 


198 Elasticität 


Mit diesen erhielt er folgende Resultate, 
Länge | Gewicht | Grenze des | Zeitdauer vı 
in Zol-|desOylin-| Bogens für | 20 isochro: 
len |dersin®| isochronische | Schwingung 








Nr. Schwingungen 
12) 9 0,5 180 ` 120 
12} 9. | 230 180 242 
Eisen { 7| 9 | 05 180 ` 42 
7 9 2,0 180 85 
1| 9 2,0 45 23 
12| 9 0,5 360 -220 
12|) 9 | 20 360 442 
Messin 7\ 9 0,5 360 . 57 
"8\7| 9 2,0 360 110 
7\ 36 2,0 1080 222 

11 1 


Indem der Durchmesser der aufgehangenen Cylinder ı 
19 Lin. betrug, somit also a eine constante Gröfse ist, so 1 


nach der Formel für n das Verhältnils „nz einen beständ 


Werth geben, oder die Zeiten müssen sich verdoppeln, v 
das Gewicht vierfach wird. Dafs dieses so sey, geht aus 
Versuchen hervor, indem das Verhältnils der Gewichte 
0,5 : 2,0 die Verhältnisse der Zeiten = 1% : 242; 42 : 
220 : 442 und 57 : 110 mit der Formel nahe genug überein 
mend giebt. Die "grölsere Ausdehnung der Saiten durch 
mehrtes Gewicht hat also auf die Elasticität keinen Ein 
eben wie bei s®’GnAvzsanne’s Versuchen ohngeachtet einer 
fseren Spannung der Saiten gleiche Vermehrungen der Gew 
gleiche Vermehrungen der Herabdrückung hervorbrachten. 
zwischen darf die Drehung gleichfalls nicht so stärk seyn, 
die Theile des Körpers eine andere Lage bleibend annel 
(take a set), weil gonst n einen andern Werth erhält 

Der eine der erwähnten Versuche, wonach ein Messing 
Nr. 7. von Q Z, bei gleicher Länge des Cylinders für 20 Sch 
gungen 110, ein anderer von 36 Z..Länge hierzu 222 Sı 
dien erforderte, ergiebt, dals für ein Verhältnils der Zeiten = 
ein Verhältnifs der Längen =1 : 4 gehört, oder aber die 2 


` 


der festen Körper. 199 


n im Verhältnisse der Quadratwurzeln der Längen, ein Satz, 
ien CovLomB durch viele andere Versuche bestätigt fand 1- 
ferner die Dicken der elastischen Fäden einen Unterschied 
iführen, liegt schon in ‚der Natur der Sache. Nimmt man 
en Versuchen die Resultate mit Drähten von gleicher Länge 
deicher Belastung, die Dicke derselben durch ihr Gewicht . 
ausgedrückt, ŝo geben bei Eisendraht 
Nr. 12 . . p = 5g5.,T = 242 Sec, 
— 7.. p} =14-,T= 85 — 

1 . . p= 56 —, T= B — 
find die Gewichte und Schwingungszeiten einander umge- 
proportional, so müssen die Produçte pT, p' T’... eine 
ınte Grölse geben. Wirklich ist p T=1210; PT=119; 
= 1288. Nimmt man aus allen das arithmetische Mittel 
30, und sucht hiernach die Gewichte, so ist 

Nr. 12 . . p = YW? = 508 gr. 

— 7.. p = 4 = 1447 — 

— 1p. p’ = 1430 = 53,49. — 
Die Abweichungen sind so geringe, dafs man sie als Fehler 
leobachtungen ansehen kann, insbesondere da der Unter- 
ù bei Nr. 1 am stärksten ist, welcher Draht übrigens durch 
Gewicht wahrscheinlich nicht hinlänglich gespannt wurde. 
miman unter der Voraussetzung der Richtigkeit dieses Gesetzes 
fite des nämlichen Metalles von gleicher Länge, so ist das Ge « 
Atpderselben deinQuadrate der Durchmesser proportional, und 
sind die Zeiten der Oscillationen diesen Quadraten umgekehrt 
wetional, und danach der oben aufgestellten Formel die Gröfse 
m Quadraten der Zeiten gleichfalls umgekehrt proportional 
w steht sie auch im umgekehrten Verhältnisse der 4ten Potenz 
Durchmesser der Drähte?. Heilst also die Länge des Drah- 
, der Durchmesser desselben d und wird ein von der Steif- 
les Metalles abhängiger Coefficient durch u bezeichnet, so ist 


dê nil 
n=% also u = Fy 





ach u für ein beliebiges Metall gefunden werden kann, wenn 





L Ein gleiches Gesetz fand Caraosı bei den Transversalschwin- 
sen elastischer Stäbe. Vergl. Schall. 

2 Auf eine andere Weise ist dieser Satz bewiesen in John Leslie 
aents of Nat. Phil. Edinb, 1824. 8. I, 244. 


N 


200 Elasticität 


man n lund d in einem gegebenen Falle gefunden hat. Wir&: 
dieses auf den oben angegebenen zweiten Fall mit Eisendrah@l 
Nr. 12 angewandt, worin P = ? &, a = 95 Lin. und für. 
20 Oscillationen T = 242“ also für eine Oscillation T = 17,t. 
Pn?a 
4gT 
substituirt, die Linie als Einheit, des Längenmalses und das P 
als Einheit des Gewichtes angenommen, so ist n= erh 
d. h, diese letztere Gröfse, lothrecht gegen einen Hebelarm v 
der Länge einer Linie wirkend, würde eine Saite von der geg 
benen Länge und Beschaffenheit durch einen Bogen von 
Länge einer Linie, den Kreis selbst mit dem Halbm 
ser = 1 Lin. gezogen, um ihre Axe zu drehen im Standi 
seyn. Wollte man sie aber um einen Bogen = XP vermittelt 
eines Hebelarmes = R drehen, se würde die dazu erforder . 


nn X°? _ z X° | 
liche Kraft = = 180 A ~ 714732 10A & seyn. | 















waren, und werden diese Werthe in die Formel n = 








Ist hiernach n bekannt, so wird u aus der angegebenen 
Formel leicht gefunden, sobald der Durchmesser des Drahtes =å: 
bestimmtist, dessen Grölse entweder durch unmittelbare Messung. 
gefunden, oder aus der Länge desselben, seinem Gewichte unè. 
dem specifischen Gewichte der Substanz berechnet werden kann, 

Als Beispiel der Rechnung diene das von Bıor? aus Com 
LOMB’S Versuchen genau berechnete. Um hierbei zuvördent 
den Durchmesser des angewandten Drahtes-aus seinem Gewich, 
zu finden, sey À das Gewicht eines Kubikfulses der Masse, weii 
der Draht besteht, eder zur Reduction auf Linien als Eingi 
von (144)? Lin. Der Draht, als Cylinder betrachtet, hat ei 
Volumen = r? zL, wenn L die Länge, r den Halbmesser nad 
# die Verhältnilszahl des Kreises bezeichnet. Hiernach ist ' 





u L m LE P und also p = u saal: 


wenn p, das Gewicht des Drahtes, und A in gleichen Gewichts 
theilen genommen werden. Von dem Eisendraht Nr. 12 wogen 
6 F, oder 864 Lin, 5 grains = p, Ein Kubikfufs Eisen wiegt 
etwa 540 @, wonach (das & == 16Unzen, die Unze = § gros 


nn re md 
` 


1 a. a. 0. S. 498. ' 


der festen Körper. 201 


Tos — 72 grains genommen) A = 540, 16. 8. 72 grains. 
gt. Dieses substtuirt giebt 
5.(144)? = 4 Lin, 


3,14 .864.540.16.8.72 


td == „4; Lin. Die Länge l des im Versuche gebrauchten 
es betrug 9 Z. oder 108 Lin. Diesen Werth, und den 
für n gefundenen = fyz substituirt ist 
= 14 __108_ __ 15°.108 
TE 
Mr Seden andern iendraht von der nämlichen Beschaf- 
it, aber vom Durchmesser == d’ und von einer Länge: 


wäre also 





n = 7646,9 Sn 
Sucht man auf die nämliche Weise, wie dieses oben für 

geschehen ist, auch für Messing den Werth von n', 
ar für den Messingdraht Nr. 12 mit einem Cylinder von 
Gewicht belastet 

` a = 9,5 Lin.; P = 2 &; T = 92,1 Sec, 
Dieses in die Formel substituirt, wird 

‚ _Pa?a? 1 
N 4:72 0 382 

Da Verhältnifs von n zu n’ ist also 2384,2 : 714,7 oder 
w334:1.d.h. man bedarf nur „4% des Gewichtes, um 
fa -Messingdraht unter gleichen Bedingungen auf gleiche 
Se um seine Axe zu drehen, als für einen Eisendraht er- 
lich ist. Die Elasticität des Eisendrahtes ist also rück- 
fich: der Stärke des Widerstandes 3,3 mal grölser als des 
ängdrahtes, obgleich seine absolute Festigkeit nur 1,7mal 

efunden war. 

Es ist oben ł schon angeführt, dafs die elastischen Kör- 
wenn sie eingedrückt, gebogen oder gedreht werden, nicht 
eit mit vollkommener Elasticität und ohne einigen Verlust 
früheren Lage ihrer Theile wieder zurückkommen, eine 
heinang, welche mit Grunde aus einer Reibung ihrer Theile 
inander bei der Herstellung der ursprünglichen Lage, und 
der hierzu verwandten Kraft abgeleitet wird. So Jange ìn- 
die einen Körper verändernde Kraft das Mafs seiner Ela- 





l 8S, allgemeine Betrachtungen, 


202 Elastieität 
sticität nicht übersteigt, wird er die ursprüngliche Lage 
Theile wieder erhalten, soweit dieses durch Messung be 
werden kann. Diesemnach mufs, rücksichtlick auf. di 
sticität gegen Drehung, ein an einer lothrecht aufgehaı 
Saite oscillirender Körper stets kleinen Bogen durchlaufen 
endlich auf seinem ursprünglichen Orte zum Stillstande 
men. CGouLomB untersuchte bei einem Eisendrahte von. 
welcher 6,5 Z. lang und mit einem Gewichte von 2% t 
war, die Abnahme der durchlaufenen Bogen, indem er d 
cillationen zählte, nach denen der von der Spitze des 2 
am Cylinder durchlaufene Bogen um 10° vermindert v 
wobei er von einem Drehungswinkel = 90° ausging, d 
cillationen zählte, bis dieser = 80° wurde, dann den 
weiter bis 45° abnehmen liefs, und abermals die Oscilla 
zählte, bis derselbe = 35° wurde u. s. w. Hierdurch 
er folgende einander zugehörige Grölsen: 
Drehungswinkel Zahl. der Oscillationen. 
90° 00... a. | 35 
45O . 2... 0.105 

22° 30:2: 2 2 e o o 23,0 

1° 15 ..... o 460 
Man sieht bald, dafs die für eine Abnahme von 10° erí 
liche Zahl der Oscillationen bei kleinen Bogen der Gröf: 
ser letzteren umgekehrt proportional ist, bei grölseren C 
tionsbogen aber eine bedeutende Abweichung von diese 
secze zeigt. Der Thatsachen sind indefs zu wenig vorh 
um ein allgemeines Gesetz hierüber aufzufinden. Versuc 
einem Messingdrahte von gleicher Länge, Dicke und Bel 
gaben ein gleiches Resultat. Es gehörten nämlich hierb 
gende Werthe einander zu: ` 


Drehungswinkel Zahl der Oscillationen 
90° 00' 6 
45° 00° | 16 
27 30 40 
11° 45 80 


Uebersteigt die den’ Körper verändernde Kraft das Ma 
ner Elasticität, so wird ihren Theilen eine bleibende \ 
_ derung ihrer Lage mitgetheilt (take a set), und sie ko 
nicht wieder zu ihrer ursprünglichen Stelle zurück, weı 
Kraft zu wirken aufhört, zerbrechen aber, wenn ihre Wi 


der festen Körper. 203 


frtduert. CouzLoms drehete den oben beschriebenen Eisen- 
draht zunehmend mehr um seine Axe, liefs nach jeder neuen 
Drehung den Cylinder an demselben oscilliren, bis er zum Still- 
tande kam, drehete ihn dann abermals um seine Axe, bemerkte 
kderzeit den Stillstandspunct und dessen Abweichung vom vo - 
isen Standpungte, und fuhr damit fort, bis der Draht brach. 
Ñe hierbei erhaltenen Gröfsen zeigt folgende Zusammenstellung, 
orin P den ganzen Umfang des Kreises bedeutet: 

Summe der Abwei- 











vade d Abweichung des hunsen vom ur- Grenze der 
ade deri Zeigers vom An- | >, Elasticität 
Drehuns. d sprünglichenStand- . 
©° | fangspuncte. der Saite. 
puncte an. 
+ P 8° 8° 172° 
P 50 58 310 
2 P 310 P+ 8 | P4 50 
3 P P + 300 2P+ 308 | P+ 60 
AP |2 P4 20| 5P+ 23 |P+ 70 
5 P 3P +4 280 9P+ 158 | P4 80 
6 P 4P + 260 | 14 P + 58 | P4- 100 
10 P 8P + 240 |22 P+ 29 | P+ 120 


44 P Zerbrechung 


er Draht brach in der Mitte, und hatte die Gestalt eines aus 
wei Strängen gewundenen Seiles. Die letzte Columne ist durch 
ubtraction der zweiten von der ersten erhalten, und giebt an, 
ie weit der Zeiger beim Stillstande hinter seinem ursprüngli- 
wn Stande zurückblieb. Aehnliche Versuche mit dem schon 
rwähnten Messingdrahte gaben folgende Resultate : 





. Summe’der Abwei- 
Crade der Abweichung des chungen vom ur- Grenze ‚der 
Zeigers vom An- . Elasticität 
Drehung sprünglichen Stand- . 
fangspuncte. der Saite, 
puncte, 
2P | 160° 160° | P-4+200° 
4P 2P 4 0 2P+ 160 I2P+ 0 
6 P 3P -+ 300 6P-+ 100 I2P+ 60 
10 P 7P+ 30 |14P+4 40 12P+ 60 
WP |7P+ 340 |32P+ 20 |2P+ 20 


23P | Zerbrechung 


` 


204 Elasticıtät i 
























In diesem Sinne ist also die Elasticität des Messinge pin 
[ser als die des Eisens, 

So wie die Erforschung der Elasticität der verschiedeneg si 
Körper, welche sie gegen eine ausdehnende oder zusammer 
drückende und eine beugende Kraft ausüben, vorzüglich des 
wegen vielfach angestellt ist, um die Lasten zu kennen, 
che dieselben auf die eine oder die andere Weise zu trageg 
vermögen 1, so hat man auch diejenige Stärke der verschiedene 
- Körper untersucht, womit sie einer sie um ihre Axe drehendo 
Gewalt Widerstand leisten. Inzwischen sind Versuche hier 
über ungleich seltener als diejenigen, welche zu Erforschunf 
der absoluten, relativen und rückwirkenden Festigkeit der Kön 
‚per angestellt wurden, und sie machen meistens nur eine u 
bedeutende Zugabe zu diesen aus 2. Die wichtigsten und« 
meisten brauchbaren Resultate werden unten bei den praktische" 
Anwendungen benutzt werden. Im Allgemeinen ist das Ver’ $: 
halten der Körper hierbei so, dafs die mittleren Theile rahat `; 
die äulsern aber um so weiter verrlickt werden, je grölser iii 
Abstand vom Centrum ist. Denkt man sich aber gröfserer Be-} 
stimmtheit wegen einen Cylinder, und nimmt an diesem eins: 
Reihe von Theilchen, welche mit der Axe parallel laufen, i88 
mülste diese durch die Drehung verlängert werden, welche 
auch allerdings der Fall ist. Wegen des Widerstandes abe} 
welchen sie einer solchen Ausdehnung nach den Gesetzen der Cofi 
häsion entgegensetzen, drücken sie die mittleren zusammagf: 
und es findet also im Allgemeinen eine Verkürzung Statt, Na 
Youne ê wird hierbei ein Draht um den vierten Theil son ? 
verkürzt, als die äufseren Theile sich verlängern müssen, wen; 
die ganze Länge unverändert bliebe, wonach die Kraft dat 
Cubus des Drehungswinkels proportional seyn mülste. Da die! 
ser aber nur der einfachen Potenz des Drehungswinkels der Bei 
fahrung nach proportional ist, so folgert er hieraus, dafs keine | 
absolute Längenansdehnung der T'hejle, sondern hauptsächlidk , 

0 
1. S. Cohäsion. 


2 Für die Literatur dienen die unter dem Artikel Cohäsion an- 
gegebenen Werke über die Festigkeit der Körper Th. II. Ueber das 
Verhalten des Gufseisens s, Tredgold practical Essay on the strength 
of cast Iron. p. 96. 


3 Lectures on Nat, Phil. I. 141. 


% 


der tropfbaren Flüssigkeiten. 205 


‚blos eine laterale Verschiebung derselben, eine Ueber- 
lung der Starrheit, statt findet. 


Elasticität dertropfbaren Flüssigkeit ` 


Die Frage, ob die tropfbaren Flüssigkeiten, und unter ih- 
namentlich das Wasser elastisch seyen, hat die Gelehrten 
len frühesten Zeiten an beschäftigt. Wenn man nach theo= 
ken Gründen berücksichtigt, dafs die Körper ihre Natur 
Wesen nicht ändern, wenn sie auch durch stets vermehrte 
ne zuerst stärker ausgedehnt und dann tropfbar flüssig wer- 
so muls man sie hiernach schon für elastisch halten, weil 
sin-Grund vorhanden ist, warum sie diese ihnen im Zu- 
a der Festigkeit zukommende Eigenschaft durch den Ue- 
hg zur tropfbaren Flüssigkeit verlieren und als expansibele 
iskeiten in einem so hohen Grade wieder erhalten sollten. 
hat indefs nicht sowohl auf diese Weise argumentirt, als 
ehr die Frage auf dem Wege des Experimentes zu beant- 
m gesucht, wahrscheinlich weil Franz Baco von Veru- 
af diesem vorangegangen war. Dabei ist es übrigens un- 
mnbar, dafs die Theorieen, woraus CAarrtzsıus und New~= 
die Elasticität-der expansibelen Flüssigkeiten zu erklären 
schten 1, zugleich auf die Frage führen mufsten, ob auch 
üwfbaren Flüssigkeiten diese Eigenschaft zukomme, da 
a dieselbe bei diesen ungleich weniger beobachtet, als bei 
uw, oder sie vielmehr ohne künstliche Vorrichtungen gar 
t wahrnimmt. Hauptsächlich aber führten zwei bekannte 
ımene zur näheren Untersuchung dieser Sache, nämlich 
ns die Beobachtung das Ricochettirens solcher Körper, 
be unter einem spitzen Winkel gegen die Oberfläche des 
vers geworfen werden, und zweitens die Sinneswerkzeuge 
sehörs der Fische, welche ohne eine Foitleitung der Schall- 
n durch das Wasser ohne Nutzen seyn würden, woraus 
also indirect die Elasticität desselben folgerte. Indem die- 
tztere Gegenstand zunächst zur Lehre vom Schalle gehört, 
ergehe ich ihn hier ganz, um so mehr, als die Frage selbst 
ts auf einem andern Wege hinlänglich entschieden ist. Ob 





Vergl. Expansibilien. 
' 8. Schall; Fortpflanzung desselben durch tropfbare Flüssig- 
be 


' 206 Elasticität 


das Ricochettiren der Körper auf der Wasserfläche die Elast-, 
cität der tropfbaren Flüssigkeiten beweise, darüber ist lange ge 
stritten. Vorzüglich suchte BerLocrAnı ? die Elasticität das 
Wassers sowohl hieraus, als auch aus dem Aufspringen 
Wassertropfen von einer Wasserfläche oder einem Marmorblo 
worauf ‚sie herabfallen, darzuthun. Hiergegen erklärte si 
SrALLANZANI ?, sprach dem Wasser fast alle Elasticität 
erklärte das Abprallen fester Körper vom Wasser aus dem Wi 
derstande des letzteren und dadurch veränderte Richtung in 
Bewegung der ersteren, das Emporfliegen von Wassertrop! 
wenn Wasser oder feste Körper in diese Flüssigkeit geworf 
werden, aus dem Seitendrucke der verdrängten einzelnen Schi 
ten, das Aufspringen von Wassertropfen aber von einer 
morplatte, auf welche man sie herabfallen läfst, aus der 
cität der letzteren allein. Obgleich SeALLANZANT‘ seine Be- 
hauptungen mit den Resultaten seiner Versuche unterstützte, 
‘wonach geworfene Körper auch von weichem Thone, zähem 
Schlamme und Eiergelb abprallen, so begreift man doch bald, 
dafs dieses Argument eigentlich nichts sagt, weil die letzterek 
Körper gleichfalls elastisch seyn können und vielmehr seyn müm 
sen, insofern ihnen eine Menge Wasser beigemischt ist. Demi 
Aufspringen der Wassertropfen von Steinen, worauf sie fallen, 
stellte SraLLanzanı das Argument entgegen, dals auch unt 
lastische Körper durch eine gespannte Saite zurückgeworfe 
würden, und er setzte die Ursache dieser Wirkung also eigen 
lich in die Elasticität der Steine. Allein die Wassertropfen Spüle 
gen auch von einer Wasserfläche zurück, welches zwar zww* 
len, aber nicht allezeit eine Folge der comprimirten : Luft ih 
und die Art und Höhe ihres Aufspringens ist überhaupt eiùs 
ganz andere, als wenn nur wenig elastische Bleikugeln z.B, 
von einer Glasplatte zurückspringen , wodurch die Elastici 
der Flüssigkeiten schon genügend erwiesen ist 3. 
Rücksichtlich auf die Versuche, wodurch man die Elastis 
cität des Wassers anfangs blofs zu beweisen, später die Stärke, 
derselben zu messen suchte, sind die wichtigsten derselbe 
















1 Dela Riflessione de’’Corpi dall Acqua u. s.w. In Parma 1753. & 

2 Physikalische und mathematische Abhandlungen. 5te Abh, 

3 Ueber die Herleitung des gleichen Niveeu’s tropfbarer FI 
sigkeiten in communicirendcn Röhren aus ihrer Elasticität verglei a 
Art. Hytrostatik. 


der tropfbaren Flüssigkeiten, 207 


p früher erwähnt 1. Es wird hier also genügen, nur die 
Denen Resultate anzugeben, um daraus die Stärke der Ela- 
jt tropfbarer Flüssigkeiten zu finden. Zu den Versuchen 
aco, der Florentiner Akademie, Boxır, Musscnen- 
Pk. u. a., welche gar kein Resultat gaben oder vielmehr das 
her als völlig unelastisch zeigten, gehören duch diejenigen, 
ke Franc px Lawıs 2in Vorschlag brachte. Man soll ein 
p gläsernes Gefäls mit Wasser füllen, worin kleine Kügel- 
von unmerklich grölserem spec. Gew. als das Wasser ist, ge- 
niedersinken, dann eine 'Thierblase überbinden und das 
ser mit dem Finger zusammeudrücken, damit es dichter 
d, und die Kügelchen aufsteigen. Will man diesen Ver- 
auch sinnreich nennen, :so ist er doch in der hier ange- 
aen Art ganz unzulässig und auch keiner Verbesserung fähig, 
es keinen bekannten festen Körper giebt, welcher weni- 
pmpressibel ist als das Wasser, und daher sein spec. Gew. 
a das Wasser in demselben befindlich auf die hier angege- 
Weise ändern könnte. 
Die ersten Versuche, welche richtige Resultate gaben, sind 
æm 1762 durch Caxrox angestellten 3. Er wurde dabei 
keine neuerdings bei der Construction der Thermometer 
lerin Anregung gebrachte Beobachtung geleitet, indem er 
ly dals. Flüssigkeiten in einer Röhre‘ mit einer Kugel höher 
„en, wenn der Apparat luftleer war, als wenn die Luft 
‘e Flüssigkeit drückte, wobei er annahm, dafs diese Ver- 
dnmg des Volumens eine Folge des Luftdruckes gegen die- 
ısey, da sie vielmehr hauptsächlich der Elasticität des Gla- 
beizumessen ist. Inzwischen bestimmte diese Beobachtung 
flethode, welche Canrom bei seinen Versuchen befolgte, 
n er eine Kugel_mit einem Rohre, welches in ein Haar- 
hen endete, und wobei das Inhaltsverhältnifs der einzel- 
Theile genau bekannt war, mit den zu untersuchenden 
ügkeiten füllte, unter eine Glasglocke setzte, und unter 
r die Luft erst exantlirte, dann comprimirte, um die Ver- 
ung und Verminderung des Volumens als Folge des aufge- 
nen oder verstärkten Luftdruckes kennen zu lernen. Auf 





S. Compressionsmaschinen für Wasser. Th. II. S. 220 f. 
Magisterium naturae et artis., Brixiae 1686, Fol. p. 176. 
Phil. Trans. LII. JI. 641. 


208 Elasticität 


diese Weise fand Canton, dafs ein Druck, doppelt so stark ak 
der atmosphärische, das Volumen des Wassers um „ykyy sei- 
nes Volumens verringerte, ohne dafs ein Unterschied bemerk- 
bar war, das Wasser mochte lufthaltig seyn oder nicht, Car 
son will ferner gefunden haben, dals das Wasser im Win 
(also bei niedrigerer Temperatur) sich stärker zusammendrüickeg 
lasse als im Sommer, welches bei Weingeist und Baumöl sid 
gerade umgekehrt zeigte. Bei 27,66 P. Z. Barometerstand 
10° C. Temperatur erhielt er durch den Druck einer Atmosphi 
folgende Verminderungen: 


Bei . Weingeist — 0,000066 des Volumens 











—- Baumöl = 0,000048 — — 
— Regenwasser — 0,000046 — — 
= Seewaąsser — 0,000040 — — y 
-—- Quecksilber — 0,000003 — — : ; 


Es èrgiebt sich hieraus, dafs die dichtesten Flüssigkeiten e- 
wenigsten zusammendrückbar. sind, jedoch ohne ein bestimminp. 
Verhältnifs zwischen den Dichtigkeiten und den Graden dik: 
Compressibilität. Dals übrigens die Flüssigkeiten in so 
vollkommen elastisch sind, als sie beim nachlassendeh Dn 


ihr voriges Volumen wieder einnehmen, ist oben schon & 


wähnt. 
Canrton’s Versuche haben lange Zeit als einzige. Antoni! 


gegolten, und verdienen diesen Vorzug mit Recht, indem gp.: 
durch einige spätere nicht erreicht, durch die neuesten aber ug i 
bestätigt sind, Zu erwähnen sind vorzüglich die durch Hgg . 
BERT t und die noch viel bekannteren durch Asıcz angestalisg, i 
Versuche, welche ZımmErmAnn ? beschrieben kat. Die y i 
schine, deren er sich hierbei bediente, ist früher 3 schon bey 
schrieben und dabei gezeigt, dals mit derselben unmöglich ge 
naue Resultate zu erhalten waren, obgleich der Heräusgei 
der Schrift die Unvollkommenheiten des Apparates und di 
hieraus nothwendig entspringenden Fehler zu entschuldise® 
sucht. Es würde daher überflüssig seyn, mehr als die Resal-$: 
tate, und diese blols des geschichtlichen Interesses wegen, herr. f: 
j 
1 Diss. de aquae aliorumque nonnullorum fuidorum elasticitat, 
Viennae 1774. 8. | 
2 Ueber die Elästicität des Wassers theoretisch und historisch: 
entworfen von E. A.W. Zitimermann, Leip. 1779. 
8 S. Compressionsmaschine Th. II, S. 223. 





















` i ` 


der tropfbaren Flüssigkeiten. © 209 


setzen, welche ohnehin nicht mit den durch Canton erhal- 

nen übereinstimmen. Asıck fand nämlich die Zusammen- 

ückung von 26,75 Kub. Zoll `. | Bu 
durch den Druck von 


745,181 & 509,591 A 


bei Brunnenwasser . . qst rg. TEEST 
— satur. Salzwasser . 04,77 77,577 
— Milch . ° 2 » . SIE TT TEOT 
— Branntwein . . . vwzere TT kr 


fenn man annimmt, dafs die Zusammendrückungen sich wie 
eGewichte verhalten, so würde der Druck einer Atmosphäre 
ıs Wasser um 0,000075 seines Volumens comprimiren, also 
eit mehr, als Caxton gefunden hat, wie dieses aus der Beschaf- 
nheit des gebrauchten Apparates nothwendig folgt. Dals aber 
tanntwein weniger und saturirte Salzsolution mehr compressi- 
el seyn sollte als Brunnenwasser, streitet nicht blofs gegen 
“sro sondern auch gegen jede Theorie, und überhaupt ist 
ie Mangelhaftigkeit der Versuche und : ihrer Resultate ausführ- 
ch geprüft durch F. G. Busse 1. 

Die neuesten Versuche, die Gröfse der Elasticität des Was- 
rs zu finden, sind durch Perkıns und Oerstepr angestellt. 
rsterer bediente sich hierzu des von ihm sogenannten Piezo- 
wiers, dessen doppelte Einrichtung am gehörigen Orte be- 
ehrieben ist ?. Mit dem ersteren, nach seiner Meinung unvoll- ` 
ommèner eingerichteten Apparate glaubte er gefunden zu hba- 
en, dafs die Gröfse der Zusammendrückung des Wassers durch 
DO Atmosphären nahe 0,01 seines Volumens betrage, allein 
oerT ? zeigt durch eine genauere Berechnung, dafs sie 
ar 0,0047 beträgt, und also nur um 0,000001 von Cawron’s 
esimmung abweicht. Nach GILBERT’s4 Berechnung beträgt 
ie gesuchte Grülse 0,0048, also findet auch hier nur eine Ab- 

1 Gang und Grölse der Weichheit des Wassers aus den Versu- 
hen. des Hrn. Zimmermann gefolgert. Leipz. 1806. 8. Oerstedt 
5 Schweigg. J. XXI. 348 will durch Verbesserung. der Rechnungs- 
hler mehr Uebereinstimmung in die Versuche gebracht, und die Zu- 
mmendrückang fast dreimal so grofls als Canton gefunden haben, wel- 
es aber mit seinen später Versuchen nicht übereinstimmt. 

2 S. Compressionsmaschine Th. UI. S, 324. 

3 Ann. of Phil. N. S. If. 135. 

4 Ann. d. Phys. LXXII. 176, on 
If. Ba, | | O 





210 _ Elasticität. 
weichung von 0,000002 statt, . und es spricht sehr für die Ge- . 


nauigkeit beider Versuche, dafs sie nach so ganz ungleichen 
Methoden angestellt, so übereinstimmende Resultate gegeben 
haben. Die späteren, mit dem verbesserten Piezometer ang 
stellten Versuche gaben dagegen durch einen Druck von 3% 
Atmosphären eine v ermehrung des Gewichtes von 3,5 Procent, 
welches eine Zusammendrückung durch 100 Atmosphären von fat 
0,01064 des Volumens giebt. Diese letztere übertrifft die erster 
um mehr als das Doppelte, und muls daher fehlerhaft seyn, audi 
ist es leicht möglich, dafs beim Eindringen des Wassers in den Oy- 
inder Luftbläschen i in den Ecken zurückblieben, welche man seing 
Undurchsichtigkeit wegen nicht gut bemerken konnte. Pr- 
xıxs’s Apparat steht auf allen Fall dem einfachen und leicht a 
handhabenden Caxrton’s nach. Wirklich sind auch die vor 
diesem erhaltenen Resultate vollständig durch diejenigen besti- € 
tigt, welche Oerstedr mit dem von ihm sehr zwec | 
construirten Apparate erhalten hat, wonach die Grölse dero- $ 
lumensverminderung des \Vassers der comprimirenden Ku ı 
directe proportional gefunden ist, und für 100 Atmosphären | 
0,0047 beträgt, das ursprüngliche Volumen als Einheit a- 
genommen. 









t, 
IL Theorie. 

Da die bisher erörterten Thatsachen darthun, dafs die Eh ` 
sticität der Körper auf der Lage ihrer Theile und ihrem gegen- - 
seitigen Verhältnisse beruhe, wir aber weder die Elemente de . 
Körper noch auch ihre Abstände von einander und die indiv» 
Quelle Art ihrer Zusammenfügung genau kennen, so ist nur gè 
ringe Hoffnung vorhanden, dafs es uns gelingen sollte, das 
Wesen dieser Eigenschaft genau zu erforschen. Indels könnes 
wir dieselbe mit andern Erscheinungen und erkannten Nator §' 
gesetzen in Uebereinstimmung bringen. | 

Früher leitete man diese Eigenschaft von der Luft her, ' 
welche in den Zwischenräumen der Körper eingeschlossen seys, 
und durch ihre Reaction gegen die zusammendrückenden Kräfte 
die Erscheinungen der Elasticität hervorbringen sollte. Borız, I 
DernAM, HAWKSBEE und MrsscueExBROEK prüften indels die | 
verschiedensten Körper im luftleeren Raume, und fanden sie 











1 S. Comoressionsmaschine Th. II. S. 225, 


Theorie: 21 
daselbst auf gleiche Weise elastisch 1. Carrtesıus 3 nahm sei- 


nem Systeme gemäls einen feinen Aether an, welcher durch 
seine Strömungen Zwischenräume in den Körpern gebildet ha- 
ben, und nach der Beugung oder Zusammendrückung dersel- 
ben gegen die feste Masse stolsen und somit Wiederherstellung 
der früheren Form veranlassen sollte. Spätere Anhänger dieser 
Hypothese, als MAresnancuhe, Menrsense, Danıen-3 und 
Jonauw - BERNOULLI Ê suchten dieselbe durch Annahme ver- 
ichiedener Formen der Zwischenräume und eigenthümlicher Be- 
wegungen des Aethers plausibeler zu machen. - Andere hielten 
den Aether selbst für absolut elastisch, oder liefsen, wie D4- 
sıeL BERNOULLI, hauptsächlich in Beziehung auf die Flüssig- 
keiten, die Elasticität durch die Wärme entstehen, welche den 
Aether in Bewegung setzen sollte. MusscHENBROEK 5 ver- 
wirft indels jede Erklärung aus einem Aether, theils weil ein 
solcher überhaupt nur hypothetisch sey, theils weil die versuch- 
ten Erklärungen überall innere Widersprüche enthielten, und 
er glaubt, dafs die Naturlehre noch nicht weit genug gebildet 
ey, um die Ursache dieser Eigenschaft befriedigend aufzufin- 
len. Die Anhänger der Kantischen Dynamik leiteten die Ela- 
ticität von der Wirksamkeit der Dehnkraft ab, welche iiber- 
aanpt eine zu grolse Annäherung ihren Theile gegen einander 
hindern soll; wogegen aber Gruuer ® erinnert, dafs eine sol 

che Repulsivkraft mit der unbestreitbar existirenden Anzie- 
kumgskraft nicht wohl verträglich sey. 

Nach Garen 7 ist die Elasticität fester Körper eine unmit- 
elbare Folge der Cohäsion, und er verwirft den Ausdruck Æla- 
#icitöt, um hierfür den andern, Federkraft einzuführen, weil 
dastische Körper die Fähigkeit haben sollen, zusammenge« 
rückt zu werden, und dann durch Expansion ihren früheren 
taum wieder einzunehmen, wie dieses bei den Gasarten der 
'all ist. Die Hypothese übrigens, welche hiernach als phy- 
ikalisches Gesetz aufgenommen werden mülste, dals bei festen 


Musschenbroek Introd. I. $. 766. 

Princ. Phil. P, IV. prop, 132. 

Hydrodyn. Sect. X. 

Opp. III. 81, 

A. a. 0. 

Wörterb. I. 701. 

Grundrifs d, Naturlehre Halle 1797. 8. $. re 


200 2 Ws m 


212 Elasticität. 


Körpern alle Erscheinungen der Elasticität von einer Ausdeh- 
nung ihrer Theile und dem Bestreben derselben, sich wieder į 
zusammenzuziehen, abgeleitet werden müsse, eine Zusammen- 
drückung oder Näherung dieser Theile aber ganz unstatthaft 
sey, hätte Grex bei näherem Nachdenken sich selbst leicht 
widerlegen können. Die bekannte Erfahrung an .einer elfen- 
beinenen Billardkugel, welche auf eine ebene, wit Kienrab: 
gefärbte, harte Platte geworfen, flach gedrückt wird, erklärt 
er zwar daraus, dafs die Theile seitwärts ausweichen , 
durch ihr nachfolgendes Zusammenziehen das Aufspringen der 
Kugel veranlassen sollen. Als Beweis hierfür dient ihm en 
stählerner Ring, welcher bei der Zusammendrückung an den 
gedrückten Stellen Bogen mit grölserem Radius bildet, also aus 
gedehnt wird, und durch Zusammenziehung der gedehnten 
Theile seine ursprüngliche Form wieder erhalten soll. Obgleick:- 
dieser Versuch keineswegs beweisend ist, um somehr, als ba. 
der Erklärung desselben auf die kleineren, von den gröleren 

um 90° entfernten, Bogen gar keine Rücksicht genommen wird,. 
so läfst sich doch bei beiden Erscheinungen, sowohl an der 
Kugel als auch am Ringe, nicht darthun, dafs die Elasticiit. 
eben so gut eine Folge der Zusammenziehung als auch der Aur ` 
dehnung der weiter entfernten und der mehr genäherten Theik 
sey. Allein zuerst ist es schon an sich eine gewagte Voraus 
setzung, dafs z. B. bei einer aufgewundenen Stahlfeder oder ei- ` 
nem gebogenen Stabe keine Zusammendrückung der Theile a 

der inneren Seite der Biegung stattfinden sollte, zweitens aber 

beweisen die zahlreichen Beispiele der Compression tropfhaer _ 
Flüssigkeiten und fester Körper hinlänglich, dafs die Theile der- | 
selben durch äulsere mechanische Gewalt einander wirklich »#- 
her gebracht werden 1, endlich aber zeigt das Ausweichen der: 
zusammengedrückten Theile bei zu starker Krümmung elasti- 
scher Körper genugsam, dafs ebensowohl eine Zusammendrik- $ 
kung als eine Ausdehnung der Theile die nächste Ursache der 4 
Reaction elastischer Körper gegen äuflsere Gewalt sey, nicht $ 
zu gedenken desBeweises, welcher aus den Schwingungen elasti- f 
scher klingenderKörper folgt,indem diese auf keine Weise als blolse $ 
Ausdehnungen anzusehen sind. Ohne Zweifel ist auch die beim 
Diegen elastischer Drähte freiwwerdende \Värme, wenn die Bie- 










4 





1 Vergl. Compressibilität. 


pan 


Theorie, 213 


r 


gung insbesondere schnell nach entgegengesetzten Seiten wie- 
derholt und dadurch ein Zerbrechen bewirkt wird, eine Folge 
lieser Compression der Theile. 

Parror t leitet gleichfalls die Erscheinungen der Elastici- 
ät von der Cohäsion allein ab, jedoch in der Art, dafs er dabei 
llerdings Zusammendrückung annimmt, aber ohne Mitwirkung 
iner repulsiven Kraft, deren Existenz er überhaupt verwirft. 
{ach ihm wirkt nämlich dieCohäsion theils longitudinal, theils 
keral; im ersten Falle bei der Entfernung der Theile von ein- 
nder, im letzten dann, wenn die gedrückten Theile indie 
iwischenräume der benachbarten geprefst, und von diesen nach 
\rt eines mit Fett bestrichenen Keiles wieder zurückgestolsen 
verden. Es ist dann ferner die longitudinale Cohäsion bei ge- 
treckten Körpern wirksam, die laterale beim Zusammenstolsen 
Blsstischer Kugeln, beide vereint aber geben die Eirschei- 
mgen gebogener Stäbe. Die Kenntnils der Elasticität der Kör- 
er gäbe uns, nach seiner Ansicht, dann ein Mittel, die Cohä- 
donsweite ihrer Elemente zu berechnen, wobei es’ aber auf die 
Kenntnifs der Gröfse dieser letzteren ankäme, welche bis jetzt 
och nicht erforscht ist. Für die Erklärung der Elasticität fester 
\örper reicht dieses allerdings hin, die Elasticität flüssiger Kör- 
er ist aber ohne die Annahme einer Repulsivkraft unmöglich, 
rie sich weiter unten zeigen wird. 

Dafs die Erscheinungen der Elasticität, mindestens bei fe- 
ten Körpern, als eine Folge der veränderten Lage der Elemente, 
iner Verschiebung derselben,‘ zu betrachten, wird jetzt allge- 
ein angenommen, und ist als unmittelbares Resultat der Beob- 
tung anzusehen.: Am ausführlichsten und gehaltreichsten 
t diese Ansicht erläutert durch Bror ?, welcher sie zugleich 
it der Hypothese über die verschiedene Lage und das gegen- 
itige Verhältnifs der Elementartheilchen in den Körpern, je- 
ıchdem sie expansibel,, tropfbar flüssig oder fest sind, in Ver- 
ndung bringt. Hiernach können auch bei festen Körpern die 
estandtheile durch äufsere mechanische Gewalt gezwungen 
erden, ohne Aufhebung der Cohäsion einander veränderte 
iten zuzuwenden, welches auf eine aus den Erscheinungen 
T Krystallisation entnommene Anziehung nach der Richtung 





1 Grundrifs d. theor. Physik. I. 54, 
2 Traité I. 468, 


214 , Elasticität. 


der Axen jener Elemente führen würde. Die Verschiebung der- 
selben kann ferner allgemein seyn, oder partiell, indem einige 
in ihrer Lage bleiben, auch beruhet hierauf im Allgemeinen dis 5 
Formänderung der Körper und ihre Verwandlung in Drähte, 
Bleche u. s. w. verbunden mit einer ungleichen Dichtigkeit des. 
Gefüges, wie solches z. B. bei der Oberfläche der Drähte und. 
bei getriebenen Blechen statt findet 1. Ist die Einwirkung id 
ner äulsern Gewalt minder stark, und eine gewisse Grenze nicht; 
überschreitend, so werden die Theile nach eiuigen Oseillatior 
nen wieder in ihre frühere Lage zurückkommen, und dieses‘ 
ist der eigentliche Charakter der Elasticität. Bıor hält hiernack:' 
die Elasticität für wesentlich verschieden von der Cohäsion,; 
indem die letztere die absolute Kraft bezeichnet, womit in 
Theile der Körper an einander hängen; indels ist nicht 
verkennen, dafs eben das Bestreben der Körper, den Zusam-' 
menhang der Theile.in ihrer ursprünglichen Lage zu erhalten, 
und gegen die durch äulsere Kraft erlittene Veränderung wieder 
herzustellen, das Wesen der Elasticität ausmacht. 

Ist die gegenseitige Lage der Theile durch Streckung, ‚Beugug;; 
Druck oder Drehung verändert, jedoch innerhalb der "Grenze vi 
Elasticität des individuellen Körpers, so dafs also bei nachlae; 
sender Kraft die anfängliche Form vollkommen wieder herga;' 
stellt wird, so müssen die in eine veränderte Lage gebrachten 
Theile bei der Herstellung der ursprünglichen Form die frühe ! 
erlittenen Veränderungen rückwärts wieder herstellen, oder de ` 
nämlichen Räume wieder durchlaufen, welche sie bei der mitg® : 
theilten Veränderung almälig durchlaufen haben. Insofern dieEr 
scheinungen der Elasticität nothwendig auf das Gesetz dei 
traction zurückgeführt werden müssen, da sie durch die Cobie 
sion bedingt sind und nicht statt finden, sobald die letztere zum ; 
Theil oder völlig überwunden ist, so könnte. man argumem. 
tiren, dals die Reaction durch die Elasticität mit der Ze! 
nahme der einwirkenden Kraft abnehmen müsse, wem- 
man annehmen wollte, dafs die Theile sich zunehmend vo 
einartder entfernten. Die Erfahrung ergiebt aber das Gegen 
theil, indem vielmehr innerhalb der Grenzen der vollkomme- 
nen Elasticität die Reaction der einwirkenden Kraft nach dem 
angegebenen, durch Hooke aufgefundenen und nachher allge- 









1 Vergl. Robison Mech, Phil. I. 386. 


Theorie 215 


mein bestätigten Gesetze direct proportional ist. Hieraus folgt, 
dals keineswegs eine Entfernung der Theile von einander statt 
‚Bndet, welche auch bei Zusammendrückungen nicht einmal an- 
gedeutet wird, aber auch bei Streckungen und Beugungen nicht 
‚anzunehmen ist, insofern keine absolute Vermehrung des 
Volumens statt findet; vielmehr beruhen die Erscheinungen 
der Elasticität blols auf einer Veränderung der Lage der 
Theile gegen einander und des mechanischen Gleichgewichts 
(équilibre stabile), worin sie sich im Zustande der Ruhe 
%efinden 1, wahrscheinlich nicht ohne Einfluls der Richtung 
ihrer Axen gegen einander, wenn man anders gewisse An- 
ziehungsaxen, nach der Analogie der Krystallisationsaxen, 
anzunehmen geneigt ist. Diese Ansicht weiter zu verfol- 
‚gen würde indels zu sehr in das Gebiet des blofs Hypotheti- 
schen führen. Wenn aber der Satz begründet ist, dafs die 
"Bextion der Elasticität allezeit der die Form verändernden 
Gewalt proportional wächst, so muls nach dem Aufhören der 
kisteren die Oscillation, vermöge welcher die Theile in den 
wiprünglichen Zustand des Gleichgewichts zurückkehrt, dieser 
Gewalt gleichfalls proportional seyn, und hiernach sind diese 
Öscillationen isochronisch, wie grols auch der Bogen seyn mag, 
welchen die Theile dabei durchlaufen, ein hauptsächlich in der 
Lahre.vom Schalle höchst wichtiger Satz. Dafs hierbei wegen 
der Reibung der Theile an einander der Oscillationsbogen der 
Theile nicht doppelt so grols wird, als derjenige ist, durch 
Welchen sie anfänglich bewegt wurden, somit also die Oscilla- 
joen endlich selbst aufhören müssen, ist oben schon bemerkt. 
Nerden die Theile der Körper durch äufsere Gewalt über die 
tenze der Elasticität hinausgerückt; so kommen sie nicht ganz 
ı ihre frühere Lage zurück, und es muls daher eine Verschie- 
mg derselben statt gefunden haben, welche so sehr wachsen 
mn, dafs die Gohäsion zuletzt überwunden wird, und der Kör- 





1 Nach Robison Mech. Phil. I. 379 befinden sich die Elemente 
e Körper, wenn diese in ihrem gewöhnlichen Zustande sind, in ei” 
m Zustande des Gleichgewichts anziehender und abstofsender Kräfte, 
lem sie sich entweder nur in einzelnen Puncten berühren, oder nach 
scovich durch attractive und repulsive Kräfte im Gleichgewichte ge- 
ten werden, Nach Poisson in Mém. de Y’Inst. An. 1812. p. 171 ist 

Elasticität Folge einer Repulsion zwischen den Theilen (molécules) 

Körper, welche sich blo[s auf unmelsbgre Fermen erstreckt, 


216 Elasicıtät 


per zerbricht, zerreifst. Nach dieser Ansicht mufs 'die Lage E 
der Theile verändert werden durch das Hämmern, Drúahtziehen, ` 
Walzen, zugleich auch durch das Härten, Anlassen, Kühlen‘ 
u. dergl. m. und hiernach zeigen sich auch die Erscheinungen 
der Elasticität verschieden, obgleich es schwer ist, in den ein- $ 
zelnen Fällen den Einfluls dieser Veränderungen der Körper auf $ 
die Elasticität genau nachzuweisen. Indels können wir mit: 
Wahrscheinlichkeit schlielsen, dafs z. B. durch das Kühlen des $ 
Glases die Sprödiskeit vermindert, die Elasticität aber vermehrt: 
werde, weil die Theile beim langsamen Erkalten eine regel- 4 
mälsigere Lage annehmen, und daher weiter über einander hin- 
geschoben werden können, ehe die Grenze ihrer Cohäsion über- ; 
schritten wird. Eben dieses findet statt bei dem Stahl, wel«: 
chem ein schnelles Abkühlen (Härten) eine grölsere Sprödigkeit 
ertheilt, die durch stärkeres Anlassen mehr und mehr vermin- `- 
dert wird. 

Indefs dürfen wir solchen Schlülsen hinsichtlich der Anord- 
nung der Elemente der Körpernicht zu grolses Vertrauen schen- 
ken. Wären sie auf ein nothwendiges "Natufgesetz- gegründet, 
so mülsten die Erscheinungen allgemein seyn, welches keine» 
wegs der Fall ist, Das Härten nämlich, welches von so gro- 
(sem Einflusse beim Stahl ist, zeigt eine unmerkliche oder ga 
keine Wirkung beim Golde, Silber, Zinn, Kupfer und ander 
verschiedenen Metallen, und was das merkwürdigste ist, e 
` zeigt sich gerade das Gegentheil bei derjenigen Metallmischung, 

welche zu dem indischen Instrumente Gong - gong’ genommen 
wird, und aus 78 Th. Kupfer mit 22 Th. Zinn besteht. Dar- 
cer nämlich und nach ihm Bror haben gefunden, dafs dassebe 
nach langsamen Erkalten höchst spröde und brüchig ist, wib- . 
rend es durch schnelles Ablöschen im Wasser hämmerbar wird? ; 
Im ersten Falle ist sein Bruch glänzend weils, wie Zinn, im : 
letzteren kupferbraun. Indem nun auch die Bruchfläche des 
Stahls nach der Verschiedenheit der Härtung verschieden, und 
überhaupt anders ist, als beim Eisen, so führt dieses auf den 
Schluls, dafs diese Verschiedenheit eine Folge der ungleichen 
Aggregation und Lage der Bestandtheile sey. Dafs aber eine 
verschiedene Behandlung der Körper eine solche Verschieden- 









1 Vergl. Gong- gong. 
2 Biot å. 8. 0. S. 515. 


\ 


Theorie, . 217 


t hervorbringe geht aus andern Erscheinungen hervor. So 
die Polarisation des Lichtes anders in nicht gekühltem, als ` 
gekühltem Glase; mechanischer Druck, ungleiche Erwär- 
ıng bringt gleichfalls eine Veränderung hervor, auch fand 
ıEmARD den bis 60° C. erwärmten und langsam erkalteten 
iosphor weils und durchsichtig, schnell abgekühlt aber wurde 
sselbe schwarz und undurchsichtig wie Kohle 1. 
Dafs eine andere Aggregation der Elemente bei flüssigen’ 
Srpern als bei festen statt finde, geht unverkennbar aus den 
sscheinungen ihrer Elasticität hervor. Berücksichtigen wir zu- 
örderst die tropfbar flüssigen, indem mur diese im oben angege- 
enen Sinne des VVortes elastisch genannt werden können, so sind 
liese zuerst in sofern vollkommen elastisch, als sie der Erfahrung 
sch gegen jeden auch noch so grolsen Druck mit einer dieser zu~ 
emmendrückenden Kraft proportionalen reagiren, und beim Nach- 
huen desselben ihr früheres Volumen wieder erhalten. Dals die- 
ses Gesetz nicht bis ins Unendliche gültig seyn könne ist als wahr- 
scheinlich anzunehmend schon oben bemerkt, und es scheint das 
sbsolutUnendliche überhaupt nicht in derNatur vorhanden zuseyn, 
weilsie selbst endlich seyn muls, wenn gleich ihre Grenzen nicht 
überall aufgefunden werden können, und Parrot? schlägt daher 
sicht ohne Grund vor, das unmefsbar Kleine physisch unendlich 
kleinim Gegensatze des geometrisch unendlich Kleinen zu nennen, 
Die Erscheinung der Elasticität tropfbar flüssiger Körper können 
wirmsnach LA Pı.Acz, Bror? u. a. hypothetisch aus der verhält- 
ailmälsigen Lage ihrer Bestandtheile gegen einander recht gut 
erklären. Nach Bror nämlich ist bei diesen das repulsive Prin- 
ap (die Wärme) nicht in dem Grade thätig, als bei den gasför- 
migen, deren Theile sich daher stets mehr zu entfernen streben. 
Vielmehr wirken die Anziehungskräfte bei ihnen so stark, dafs 
sie ihr durch äufseren Druck und die Wärme bedingtes Volumen 
stets beibehalten. Indels zeigen sich bei ihnen, so lange sie 
im Zustande der tropfbaren Flüssigkeit bleiben, keine Anzie- 
kungsgesetze, welche von der Gestalt und Lage ihrer Elemen- 
tartheilchen abhängen, und welche mit der Entfernung dersel- 
ben von einander weit schneller abnehmen, als die Anziehun- 
zen überhaupt. Die Theilchen werden sich daher anziehen, 





1 G. XL. 842. 
2 Theor, Physik. I, 65. 
3 Traité 1. 467. Vergl. Festigkeit und Flüssigkeit. 


r 


\ 


218 Elasticität 


welches auch immer die gegenseitige Lage derselben rücksicht-, 
lich ihres Schwerpunctes und ihrer Attractions-Axen seyn magi 
woraus dann eine freie Beweglichkeis ihrer Theile folgt. Bro 
leitet hieraus ferner den grolsen Widerstand her, welchen si 
vermöge ihres repulsiven Princips jeder zusammendrückendaf 
Kraft entgegen setzen/ und welcher hiernach, eben wie d 
Erfahrung gemäls, jederzeit der Zusammendrückung direct prof: 
portional ist, bis sie durch dieselbe in eine unveränderliche Lag 
kommen oder fest werden. Hiermit würde nämlich die kürali 
beobachtete Erscheinung zusammenhängen, dafs aus manchag 
Flüssigkeiten durch heftigen mechanischen Druck Krystalle aus 
geschieden werden sollen. Bei ihnen kann daer, so lange sig 
tropfbar flüssig sind, weder eine Biegung noch eine Drehung; 
elasticität statt finden, insofern die Anziehungsgesetze ihrer Theil 
chen in jeder Lage derselben ‘sleich sind, sie daher auch kei 
Bestreben äulsern, eine veränderte Lage dieser Theilchen wis 
der herzustellen, und ihre Elasticität kann sich daher blofs ger h 
gen einen Druck äufsern, welcher jene einander absolut nihe ¢ 
zu bringen strebt, als dem Verhältnisse ihrer Attraction und, 
Repulsion angemessen ist, mithin sind sie blofs gegen absolute 
Zusammendrückung in einen engeren Raum elastisch, und keb 
ren zu ihrem früheren Volumen, als dem stabilen Gleichgewichts 
ihrer repulsiven und attractiven Kraft angemessen, zurück, so ` 
bald dieser Druck aufhört. Dieses kann indels nur so lange = 
statt finden, bis ihre Theile entweder durch den Druck selbst. -: 
eine feste Lage gegeneinander annehmen, worüber uns indels bis 
jetzt genügende Erfahrungen fehlen, oder bis sie durch ander 
weitige Bedingungen, hauptäschlich durch Entziehung der Wir 
me, eine feste, entweder äulserlich erkennbare regelmälsigeLage ‚_ 
ihrer Theile annehmen (krystallisiren) oder anscheinend unregel- 
mälsige Lage derselben erhalten, in welchem Falle sie den Ge- | 
setzen fester Körper folgen 1. 
Durch diese Demonstration ist allerdings die Erscheinung 
so bezeichnet, wie die Erfahrung sie darbietet, wobei jedoch. ; 
tie Bemerkung nicht entgehen kann, dafs sowohl über die Lage 
und Anziehung der Elemente, als auch über den Conflict at- 
tractiver und repulsiver Kräfte etwas angenommen wird, was. 
nicht auf unmittelbare Erfahrung gegründet ist. Zu den letzte- . 























1 Vergl. Young Leetures on Nat, Phil. I. 136. 


Praktische Anwendungen, 219 


mufs man indels nothwendig seine Zuflucht nehmen, wenn. 
san consequent argumentiren will. Denn wenn man annimmt, 
als die Elemente der Flüssigkeiten einander durch mechanischen 
ruck mehr genähert, oder dals die einen mehr in die Zwischen- 
fame der andern eingedrückt sind, so müssen sie nothwendig 
pi der auf Erfahrung beruhenden gleichmälsigen Lage aller 
Fheile gegen einander durch Repulsivkraft wieder zurückgestöfsen 
perden , ohne dafs blofse anziehende Kräfte dieses Phänomen 
Br vermögen, 


E IV. Praktische Anwendungen. . 


e Eine vorzügliche Anwendung der vorhergehenden Betrach- 
gen geben die aufgefundenen Gesetze, nämlich dafs die Elasti- 
oder die elastische Kraft der Körper einer auf sie einwir- 
Inden, ausdehnenden, beugenden oder zusammendrückenden 
so weit proportional ist, bis die dadurch erzeugte Verän- 
derung derselben über die Grenze ihrer Elasticität hinausgeht, 
wad dafs eine über diese Gränze hinausgehende, auf die Kör- 
ger fortdauernd wirkende Gewalt dieselben allmälig und mit 
Suhnehmender Geschwindigkeit, oder auch durch öftere Wie- 
ve lung endlich zerstören muls. So wird ein Geschütz, wenn 
a mit einer über die Grenze seiner Cohäsion hinausgehenden 
„Jadung geladen wird, zwar nicht das erstemal, wohl aber bei 
“wiederholten Schüssen zerrissen werden, und ein auf gleiche 
« "Weise übermäfsig beschwerter Balken zwar nicht augenblicklich, 
aber mit der Zeit brechen, nachdem seine Biegung fortwährend 
zugenommen hat?. Man darf daher beim Maschinenwesen kei- 
sen Theil über die Grenze seiner Elasticität hinaus belasten. 
Körper, welche eine nicht grofse Elasticität, aber bedeu- 
ende Härte haben, können unter geeigneten Umständen fgrolse 
Lasten tragen, weil sie der beugenden Gewalt nur wenig nach- 
‚geben, wenig herabsinken, und nicht leicht über die Grenze 
ihrer Cohäsion hinaus gebracht werden. Wirkt aber eine ihre 
Spödigkeit treffende Gewalt auf sie, dann zerbrechen sie leicht. 





1 Eine, nach meiner Ansicht, ungenügende Erklärung des We- . 
sens der Elasticität von Barruel in Journ. de Ph. XLIX. 251 ansge- 
sogen in Journ. de l'École polyt. cah. XI. 295 erwähne ich eben des- 
wegen blofs beiläufig. 


2 Tredgold on cast Iron, 8. 5. 


220 Elasticität, 


So wird eine Glassäule und ein Balken von sprödem Gulseisen : 
eine grofse Last zu tragen vermögen, beide aber können durch 
einen Schlag oder Stols leicht zerspringen!. 

Um die Stärke der Elasticität, hauptsächlich in Hinsicht 
auf den Widerstand , welchen die Körper vermöge dieser ihrer$ 
Eigenschaft einerihre Form verändernden Gewalt entgegensetzen, | 
auf einen allgemeinen Ausdruck zurückzubringen, hat Trowss: 
Youss2 den Ausdruck Modulus der Elasticität einge ; 
führt, welcher nachher in den Werken der Engländer über Mes 
chanik beibehalten ist. Dieser stütztsich auf das oben erwähnte, 
durch die Erfahrung aufgefundene Gesetz, dals die Veränderung, 
welche ein elastischer Körper durch eine gewisse Kraft erleidet, 
dieser letzteren so lange direct proportional ist, als die Th 
des Körpers keine Veränderung ihrer Lage erleiden; also wenas 
z. B. ein an beiden Enden unterstützter Stab durch ein Gewidt'= 
von 10% in der Mitte desselben ruhend um 0,1 Z. herabgedrück. _ 
wird, so sinkt er durch 20 ® unter gleichen Umständen um ` 
0,2 Z. herab. Hiernach kann also die Elasticität der Körper 
durch den Modulus der Elasticität ausgedrückt werden, wem, : 
man hierunter eine Säule von der nämlichen Substanz versteht, 5 
welche fähig ist einen Druck auf die Unterlage hervorzubrür. ~ 
gen, und sich zu dem Gewichte, wpdurch eine Zusammen -"' 
drückung. des Körpers hervorgebracht wird, verhält wie da 
Länge des zusammengedrickten Körpers zu seiner Verkürzung: 
Nennt man also den Modulus der Elasticität = M, das Gewielt, 
welches eine Säule von der Länge l um eine Grölse == f ver- 
kürzt, = P : so ist 

P I 


M: P = l: f; also M = — 


Drückte z, B. ein Gewicht von 1000 Ẹ eine Säule von = 
.100 Z. Länge um 1 Z. zusammen, so wäre der Modulus der | 
Elasticität für diesen Körper 


m = ZI — 100000, 
wobei vorausgesetzt wird, dafs der Erfahrung nach ein gleich 
grolses Gewicht, an einer gleich langen Säule hängend, sie auch | 
um eine gleiche Gröfse herabziehen oder ausdehnen würde. Um | 











“ur ML 





1 Tredgold on cast Iron. S. 32. 
2 Lectures on Nat, Phil. I: 137, II. 46. 


“ Praktische Anwendungen, . 221 


ieses deutlicher darzustellen sey AB eine Prisma von einerFig. 
villkürlichen Substanz, und BC eine Verlängerung desselben, 2A. 
welche die ganze anzuwendende Kraft darstellt, wodurch das . 
Prisma um die geringe Grölse a'A ausgedehnt wird. Während 
am AB unverändert bleibt, muls aA dem herabziehenden 
Gewichte BC proportional seyn, also 

A BX<BC _ 


eA:BC=AB: CD - 
u aA 
der aA: ABmBC: AB x< Be = CD 


wonach also CD eine constante Grölse ist, und da BC das näm- 
Eche Verhältnils zu CD hat, als aA : AB, so muls ein Theil 
von CD durch sein Gewicht eine verhältnifsmälsige Ausdehnung 
wm AB hervorbringen. So würde also eine Säule von 0,001 
der Länge von CD die Säule AB um 0,001 herabziehen und 
auf se drückend um eine 'gleiche Gröfse zusammendrücken 4. 
Es geht hieraus hervor, “dafs man eben sowohl von dem Ge- 
wichte, als auch von der Höhe des Modulus der Elasticität re- 
-den könne , indem man sich allezeit eine Säule von der gegebe- 
zen Substanz denkt, welche durch ihr eigenes Gewicht die be- 
‚ simmteGrölse ihrer Verkürzung oder Verlängerung hervorbringt, 
auch liest es am Tage, dafs man vermittelst dieser Normalgröfse 
die zur Elasticität der verschiedenen Körper gehörigen Erschei- 
nungen construiren könne. Die Höhe des Modulus derElasticität 
ist allezeit die nämliche, wie auch die Form des Körpers seyn 
mag, auch wird nach dem Gesetze der Elasticität eine Vermeh- 
zung oder Verminderung derselben eine proportionale Verände- 
rang der Zusammendrückung herbeiführen. Für die Luft ist 
dieHöhe des Modulus der Elasticität etwas über eine geographi- 
sche Meile; denn wenn man das Verhältnifs des Wassers zur 
Luft = 779,44:1 und des Quecksilbers zum Wassers = 13,6 : 1, 
die Höhe des Barometers aber = 2,3 F. annimmt, so würde eine 
gleichmälsig dichte Luftsäule von 24381 F. diejenige Elasticität 
derselben hervorbringen , welche ihr jetzt eigen ist, jede Vex- 
nehrung oder Verminderung aber eine dieser proportionale Zu- 
ammendrückung oder Ausdehnung zur Folge haben. Das Ge- 
richt des Modulus der Elasticität eines gegebenen Körpers.muls 
llezeit iiber die Grenze seiner Cohäsion hinausgehen; denn_da 





1 Vergl. Leslie Elements of Nat, Phil, I. 215. 


292 Be Elastıcıtät, 












dasselbe ihn einmal seiner Gröfse proportional ausdehnt, so wii 
diese Ausdehnung nicht nachlassen, bis der Körper zer 
een ist. 
Will man bei der Berechnung und Messung des Wide 
etandes, welchen elastische Körper einer ihre Gestalt ver: 
dernden Gewalt entgegensetzen, von dieser Bezeichnung 
Modulus der Elasticität Gebrauch machen, so führen hierzu f 
gende Betrachtungen!. Bezeichnet f ein Gewicht in Pfunde 
welches ein Prisma von einem Quadratzoll Querschnitt zu trag 
vermag, ohne über die Grenze seiner Elasticität ausgedehnt ı 
werden, W aber ein anderes Gewicht, welches von eine 
Prisma getragen werden kann, dessen Breite == b und Dick. 
== t ist, so ist 
E: W=1:btjdo U = br, 
Ist ferner e die Gröfse, um welche ein Prisma von eine 
Quadratzoll Querschnitt und einem Fuls Länge durch ein Ge- 
wicht = f ausgedehnt wird, und ist l irgend eine andere g 
bene Länge, so ist 
1:1=e:le, 4 
da bei elastischen Körpern die Ausdehnung dem Gewichte pë 
portional ist, wonach also auch 
We 


f: W =e: f 
oder wenn man aus der vorhergehenden Proportion auch dè . 


=A diejenige Ausdehnung, ni 





Länge =l mit einführt, so ist w 


welche für eine gegebene Länge == l durch ein Gewicht =W; 
würde hervorgebracht werden. Geht man nun von dem Grund: 
satze aus, dafs wie sich die Länge einer gegebenen Säule zuti 
Verminderung dieser Länge, so der Modulus der Elasticität zà, 
der die Verminderung bewirkenden Kraft verhält, so hat mat 
für das Gewicht des Modulus der Elasticität = m die Pro- 
portion 










.e:f=1:malom= T? 


und wenn p das Gewicht einer Säule der Substanz von {1 F. Länge: 


1 Tredgold Practical Essay on the strength of cast Iron. Lond. 
1824, S. 119. 


Praktische Anwendungen. 223 


ad einem Quadratzoll Querschnitt bezeichnet, M aber die Höhe 
e Modulus der Elasticität, so ist 

pM= 2 also M = £, 

pe 

$. Um an einem Beispiele zu zeigen, wie beide Gröfsen m 
pà M gefunden werden, so ist nach englischem Mafs und Ge- 
eht bei weilsem Marmor die Cohäsionskraft eines Paralle- 
änedon von einem Quadratzoll Querschnitt = 1811 & avoir- 
-poids Gewicht, und die Ausdehnung seiner Länge bei 1 Fuls 


op mithin ist 
f : e = 1811: Bg = 29594534 = m. 


' Das Gewicht eines solchenParallelepipedon aber beträgt1,17, 
. f. 1,17 | 
Bin ist — = 1811: 7394” = 2151102 = M. 

- Die Größe f oder die absolute Festigkeit der Körper bis 
k. Grenze der Ueberwindung ihrer Elasticität ist unter dem 
ikel Cohäsion nach den Resultaten der genauesten bekann- 
Í Beobachtungen auf rheinländisches Mafs und Cölnisches 

ksewicht reducirt mitgetheilt. Es wird daher hier genügen, 

Gröfse f, desgleichen e, p; mund M nach Trensonn?, 
icher hieriber am vollständigsten ist, jedoch. ohne Reduction, 
se in englischem Fulsmals und in avoir-du-poids Gewicht 

flheilen, wobei ferner noch zu berücksichtigen ist, dafs die 

n unter e den Nenner eines Bruches angeben, welchem die 


p it als Zähler zugehört. 


3 1 8, Cohäsion Th. IL S. 153, 


2 a. 2. 0. S. 269. 
















24 . Elasticität. 


Substanzen ef e p 


. 
n || a a tete | nassen 


‘Stahl 45000] 645 | 3,400 


= 


— nach Tredgold?!| 51000} 585 | 3,400 88 
Schmiedeeisen 178001 1400 ! 3,300 75. 
Gufseisen 15300| 1204 | 3,200 |: 57. 
Messing 6700] 1333 | 3,630 24 
Glockenspeise 10000] 960 | 3,540 27 
Zinn 2880| 1600 | 3,165 14 
Blei 15001 480 | 4,940 1 
Zink 57001 4200 | 3,050 | 44 
Quecksilber — — 15,938 7 
Esche 3540| 464 | 0,330 . 49 
Buche 2360| 570 | 0,315 46 
Ulme 3240| 414 | 0,236 46 
Rothtanne 42901 470 | 0,242 83 
Weilstanne 3630| 504 | 0,204 89 
Lerchenbaum 2065| 520 | 0,243 44 
Mahagoni 3800] 420 | 0,243 65 
Eiche 3960| 430 | 0,360 47 


Fichte 7 3900| 414 | 0,186 
Weifser Marmor | 1811| 1394 | 1,170 
SchiefervonWallis| 11500| 1370: | 1,190 |15800000|132 
—a.Westmoreland| 7870: 1640 | — 112900000| — 
„— a. Schottland | 9600| 1645| — [15790000] — 
Portland - Stein 857} 1789 | 0,920 | 1533000] 16 
Wasser — 10,434 | 325000] 7 
Fischbein | 5600] 146 |-0,562 | 820000] 14 

Die bekannten Gesetze der Elasticität sind oben a 
Versuchen gefolgert, und es sind demnächst einige unmi! 
Anwendungen derselben nachgewiesen, welche. übrig 
der Einfachheit der Sache selbst nicht weitläuftig seyn b 
In der Anwendung kommt auch die Elasticität der Körper 
weit wehiger in Betrachtung, als vielmehr der Widerstan: 
chen dieselben vermäöge jener ihrer Eigenschaft so lange zt 
"vermögen, bis ihre Theile eine solche Veränderung ihr 
erleiden, dals sie dieselbe nicht vollständig wieder he 
(take a set). In wie fern dieses zur Bestimmung 





1 Phil. Trans. 1824. II. 358. 


Praktische Anwendungen. 225 


pn Lasten benutzt werden kann, womit die verschiedenen 
ser nach ihrer Länge und nach ihrer Quere, ohne eine blei- 
Veränderung zu erleiden, beschwert : werden . dürfen 
lute, relative und rückwirkende Festigkeit), ist unter dem 
l Cohösion gezeigt, und es bleibt daher hier nichts weiter 
ie, als eine Anwendung davon auf diejenigen Fälle zu ma- 
pP, in denen Körper um ihre Axe gedrehet werden, z, B. 
iden Wellen der Räder, den Winden, den Schrauben u, a. ıq. 
the wegen ihres unmittelbaren Zusammenhanges mit den 
etzen der Elssticität der Körper, wenn sie um ihre Axe ge- 
þet werden, dort nicht erörtert werden konnten. 
a Es ist oben gezeigt, dals die Kraft, womit die Körper in 
m Falle der einwirkenden Gewalt \Viderstand leisten, der 
ten Potenz ihres Halbmessers directe und dem einfachen 
hältnisse ihrer Länge umgekehrt proportional sind. Nennt 
\ also den Coefficienten ihrer Elasticität æ, ihre Länge l, 
} Durchmesser d, und berücksichtigt zugleich, dafs nach 
a Gesetze des statischen Momentes die Kraft ihrer Entfernung 
Umdrehungspuncte proportional ist, nennt man also die 
ge des Hebelarmes, an welchem dié Last den gegebenen Kör- 
tzu winden strebt, von der Umdrehungsaxe an, = R, so 
‚ülgemein die Kraft W, welche mit der Elasticität des ge- 
a Körpers ohne bleibende Verrückung seiner Theile 
Ar Gleichgewichte steht, 
k ad* 
t- Für die praktische Anwendung würde erforderlich seyn, 
} Coefficienten æ bei denjenigen Körpern, wovon im Maschi- 
sen vorzüglich Gebrauch gemacht wird, durch Versuche 
kzufinden. Indefs ist dieses, so weit mir bekannt, noch bei 
| wenigsten Substanzen geschehen , und bleibt dieses daher 
ıftisen Untersuchungen vorbehalten. Einen’andern Weg hat 
meoLn! betreten, um praktische Regeln über die erforder- 
e Stärke des Materials gegen die dasselbe drehende Gewalt 
kufinden. Hierbei nimmt er an, dafs ein rectangulärer 
her Körper, etwa ein Blech, entweder durch eine denselben 
htwinklig theilende Linie, oder in zwei seiner Kanten un- 
fützt sey, und durch eine an die zwei freischwebenden Sei- 


1 a. a. O. S. 216 f. 
Y. Bd. P 


226 ' Elasticität, 


ten gehangene Last gebogen werde, so lange als seine Elastici- 
tät den beugenden Kräften ohne bleibende Formänderung Wi- , 
-derstand zu leisten vermag, wovon er dann zur Auffindung dem‘ 
jenigen Kraft übergeht, mit welcher ein Körper von Beliebiger 
Form einer ihn um seine Längenaxe drehenden oder windenden 
Last widersteht. Auf diese Weise findet er für einen Balken 
von quadratischem Querschnitt, dessen Seite in Zollen = s, dis 
Länge in Fufsen = 1, der Abstand der Last von seiner Axe 
gleichfalls in Fulsen == R ist, das Gewicht = W in Pfunden, 
welches in diesem Anstande auf denselben wirken darf j 
w= — + 7212) CE A 
worin f dasjenige Gewicht in Pfunden begeichnet, womit 
Parallelopipedon von einem Quadratzoll Querschnitt ohne blet 
bende Formänderung nach seiner Länge belastet werden darf; 
und welches in der vorstehenden Tabelle enthalten ist. Fix 
einen Cylinder ist auf gleiche Weise, wenn d den Durchmesser . 
in Zollen bezeichnet, die übrigen Bezeichnungen aber beibelnk-, 


ten werden, 


W = SFAT (a? +1412). i. n ji 


Es findet sich, dafs der Widerstand gegen die | 
bei einem tylindrischen Körper ein Minimum wird, wen” 
12 1 = d, oder die Länge dem Durchmesser gleich ist. Subsi- - 
tuirt man diesen Werth in die angegebene Formel, so ist 
f d3 7 
W = SR t’ 8 00 38 I, 

welche bequeme Formel in allen denjenigen Fällen ang 
werden kann, wenn die Länge des Cylinders den 
übertrifft. Unter dieser nämlichen Bedingung ist für einen hok 
len Cylinder von einem äulseren Durchmesser = d und eine 
inneren = nd 


W = asrli — =) e. è} ; V, 


Tarpeorp giebt n == 0,6 als das beste Verhältnils 
die Durchmesser an, in welchem Falle 


— fæ l 
W = TR ê gt 0 9 ’ ə v 


wird. ~ 









$ 
BL. 
-_ 






Elaterometer, | 227 


Als Beispiel zur Erläuterung mögen folgende dienen. Würde 
c Durchmesser einer Mühlenwelle aus Gufseisen verlangt, 
Iche ein Rad von 9F. Radius tragen sollte, gegen dessen 
nfang das Wasser im Maximo mit einer Kraft von 2000 & 
kte, so wäre nach der Formel IIE das Gewicht W = 2000 &, 
r Halbmesser R= 9 F., die Stärke des Gulseisensf nach der 
stehenden Tabelle = 15300 gesetzt, 

15300 d? 
200 = x 
oraus d3 — 144,477 . . . also-d nahe genau 5,25 Z. als Durch- 
esser der Welle gefunden wird. Soll dagegen der Cylinder 
n hohler mit dem angegebenen Verhältnisse, c der Durchmesser 
'yn, so wäre nach der Formel V, die nämlichen Werthe 
abstituirt, 
23 — 2000 >< 141,7 x 9 
15500 

bo d nahe genau 5,5 Z. Auch bei diesen aus T'rensoLn ent- 
ehnten Formeln und Beispielen ist englisches Fulsmafs und Ge- 
richt beibehalten, M. 


Elaterometer. 


Elasticitätsmesser; Index mercurialis; Baro- 
mètre d’epreuve; dir gage, air gauge, steam-gage. 
Eine Vorrichtung an Luftpumpen und Dampfmaschinen, um die 
Elasticität, mit welcher verdünnte oder verdichtete Luft unter 
dem Recipienten, oder auch die Dämpfe im Cylinder einer 
Dampfmaschine dem Drucke der atmosphärischen Luft entgegen 
Das Elaterometer für die Luftpumpe ist eigentlich ein Ba- 
ameter A, B, C, dessen oberes Ende, A, anstatt " zugeschmolzen 
a seyn, offen ist, und durch eine Zuleitungsröhre D mit dem 
ınern Raum des Recipienten in Verbindung steht. Vor der 
erdünnung steht das Quecksilber in beiden Schenkeln des he- 
rförmigen Barometers gleich. z. B. bei ff; so wie aber die 
uft im Recipienten verdünnt wird, drückt die Atmosphäre durch 
m offenen Schenkel GB nach, und es erhebt sich in AB. Die 
5hren sind von f aus auf und niederwärts nach Zollen und Li- 
en eingetheilt, und ein in derNähe hängendes Barometer giebt 
s Verhältnils der Fer dünnung durch die Luftlpumpe zu der 
P 9) 


Fis. 
25. 


228 | Elaterometer. 

























Torricelli’schen Leere zu erkennen, den äufsern Barometerstanl 
gleich 1 gesetzt. Das Letztere lälst sich entbehren, wenn d4f 
Schenkel BC bei C zugeschmolzen ist, so dafs CB ein wirkg 
liches Heberbarometer vorstellt, i in welchem die Quecksilbersäck 
von i bis h geht. Vor der Verschlielsung der Hähne ist di 
Luft unter dem Recipienten an Dichtigkeit der äufseren gleic 
und das Instrument zeigt in der Röhre BC, den wirklichen Bad. 
rometerstand, den man für die kurze Zeit "les Versuchs als 
veränderlich annehmen kann. So wie man zu pumpen anfäng 
fällt das Barometer, und der Unterschied der Quecksilberhöhäl. 
in beiden Schenkeln giebt den der Verdünnung entsprechenddi. 
Barometerstand zu erkennen, Stände dasselbe in beiden Sche 
keln auf gleicher Höhe, so würde dieses eine völlige Luftle 
im Recipienten anzeigen. N | 
Es hält nicht schwer, das hier angegebene Heberbaromeil. 
in ein Gefälsbarometer umzuwandeln, wobei man bei der erste 
Art, wo das Quecksilber durch den äulfsern Atmosphärendrelg 
heraufgetrieben wird, noch den Schenkel BC ersparen w 
Man darf nur unten, bei B ein Gefäls anbringen, in welche 
die Röhre AB eingesenkt wird. Die Construction ist auch wi 
lich diejenige des ersten Erfinders, HAwWKSBEE t; nur mit dag 
Unterschiede, dals dieser die Barometerröhre dırect in den T& 
ler des Recipienten eintreten liefs, da hingegen späterhin Nam 
und Bunt bei der Verfertigung einer Smeaton’ schen Luftpump 
eine Seitenröhre mit einer messingenen, inwendig mit ema ! 
deckenden Kitt überzogene Büchse anbrachten , welche das et- = 
wan überspritzende Quecksilber aufnehmen sollte. Allen de 5 
grolse Ausdehnung, die man einem solchen Gefälse geben mh, 
wenn man nicht mit beschwerlichen Reductionen sich plaga 
will, scheint dem Heberbarometer, zumal bei der zweiten dg 
angeführten Constructionen, die ein eigentliches Barometer if 
der Luftpumpe in Verbindung bringt, wesentliche Vorzüge ik 
genauere Messung zuzusichern. Diese Idee findet sich in 
zwar reducirten, aber für den Gebrauch meistens genügen 
Fig. Form ausgeführt, in dem abgekürzten Barometer, (Barometrl 
26. tronqué) welches Dür4xr2 beschreibt. Es ist ein Gefälsbarr-]. 
meter (dem man auch wegen der Capillardepression und del‘ 


1 Physico-mechanical experiments etc. London 1709. 4. 
2 Mém. de l’Acad. 1734. 


Elateroıneter. 229 
























chmeidigern Form ein Heberbarometer substituiren kann) von 
ht mehr als 5 bis 6 Zoll Höhe, auf einem platten Fulse ste- 
, das unter die Glocke der Luftpumpe gesetzt wird. Seine 
sksamkeit fängt erst an, wenn der Luftdruck unter dem Re- 
jenten nur noch einem Barometerstande von 3 bis 4 Zollen 
h ist. 

Die Bestimmung der Dichtigkeit der eingeschlossenen Luft 
h diesen Barometern ist einfach. Da die Dichtigkeiten oder 
Klasticitätten sich wie die Quecksilbersäulen verhalten, welche 
au tragen vermögen, so braucht man nur die am Elaterome.-. 
! ich ergebende Höhe des Quecksilbers mit dem jedesmaligen 
ade desselben zu vergleichen, um auf das Mafs der Verdün- 
ie zuschlielsen. Bei der erstern Einrichtung, (nach HAwKSBEE) 
[der äulsere Luftdruck das Quecksilber in die Röhre AB 
eibt, verhalten sich die Dichtigkeiten der eingeschlosse- 
(Luft, wie die Ergänzungen der Höhen des Quecksilbers 
Barometerstande, oder wenn a den beobachteten äufsern 
pneterstand, h die Höhe der angesogenen Quecksilbersäule, 
he Dichtigkeit der äufsern, d die der innern Luft bezeichnet, 


dD x, Wäre also a = 28 Zoll; h = 24, 


Wa — h, oder die Elasticität der eingeschlossenen Luft 
EA, mithin ihre Dichtigkeit = „fy oder 4 von derjenigen 
t äußern Luft. Bei dem Elaterometer nach Düray hin- 
pe hat man, wenn die Quecksilberhöhen h an dem Ba- 
fester in der oben luftleeren, Röhre CB gemessen worden, 





ED—h: a; also d = D X< =; wenn daher dieses Barome- 


von 28 Zoll auf 24 Zolle fällt, so ist die Dichtigkeit der ein- 
hlossenen Luft = 3% oder $ der äulsern. 

Smearow hat noch ein anderes Elaterometer angegeben, 
hes von demjenigen des HawxsBer nur darin verschieden 
‚ dafs nicht der aörostatische Druck der freien Luft, sondern 
Expansivkraft eines gewissen Quantums eingeschlossener 
t das Quecksilber in die Röhre AB hinaufdrückt. Seine 
kung wird am deutlichsten eingesehen, wenn wir ihm die 
ran gedeutete heberförmige Gestalt geben, wobei man nur dig. 
chalb des Verschlusses bei C ein gewisses Quantum atmosphä-25" 
er Luft eingeschlossen sich denken muls. Es gehe dieses 
C bis f, und das Instrument sey so regulirt, dafs vor dem 


230 Elaterometer. 


Auspumpen das Quecksilber in beiden. Schenkeln gleich hoch 

stehe, was wohl am besten durch einen in C angebrachten dicht ` 
verschlielsenden Hahn bewerkstelligt wird, durch welchen zos,’ 
vor die atmosphärische Luft eindringen kann. So wie die Ver- 
dünnung beginnt, entsteht ein immerfort verändertes Verhältnifst 
zwischen der unverminderten Elasticität der eingeschlossenen 
Luft im Schenkel BC, und derjenigen im Schenkel AB, dere | 
gestalt, dafs dasjenige, was der Letzteren an Elasticität abg hte 
durch den Druck der in AB sich erhebenden Quecksilbersäul 
ersetzt wird!. Es bezeichne d die (in Zollen der Barometers hi 
auszudrückende) Dichtigkeit der Luft im Recipienten, D dis 

jenige Dichtigkeit, welche dem äufsern Barometerstande enk 
spricht; a bedeute das Volumen der eingesperrten Luft in Höhen 
Zollen der cylindrischen Röhre BC ausgedrückt; h die Erh 
bung der Quecksilbersäule im Schenkel AB über die Höhe de 
selben im Schenkel BC, mithin die daraus erfolgende Depre 
sion in diesem Schenkel oder die Vergrölserung des eingespeiiig 
ten Luftraumes $ h, so ist die Luft, welche vorher den Rau 
a einnahm, aufa n + h ausgedehnt; ihre Federkraft, die vol 

her: gleich dem Barometerstande war, ist nun: im umgekel A 
Verhältnifs der Räume, a : a -+ 4 h geschwächt worden: K 
dieser verdünnten Luft steht auf der andern Seite die Luft un 
dem Recipienten, nebst der Quecksilberhöhe h im Gleichgewicht 






















: es ist also d + h = ar daraus die gesuchte Dichtig ni 

a D „> 

d= a-yh — h. Essey D =28 Zolle, a=12Z.; h=fty; 
so ist d = a: E 16 == 0,8 Zollen Quecksilberhöhe. : 


Das nämliche Instrument läfst sich auch zur Abmessung ' | 
Verdichtung der Luft gebrauchen, wenn man h oder den- 


henunterschied der Quecksilberflächen negativ nimmt. Es 
=: 


alsdann d’ = er + h; wäre nun der Stand des Qued 


silbers im verschlossenen Schenkel über dem tuntern Ni 
oder h == 10 Zoll, so hat man für d = 5 -+- 10 = 58 


oder eine mehr als zweifache Verdichtung, Es wird hie 





4 Philos. Trans, Vol. XLVII. art. 69. 


Elaterometer. 231 


vorausgesetzt, dals die angewandten Röhren von gleichem Caliber 
seyen, und dieser Umstand mag dazu beigetragen haben, dafs 
dieses Elaterometer nicht in Gebrauch gekommen ist, und dals 
selbst bei Luftpumpen nach ‚Smzaron’s Angabe die Einrichtung 
‘von HAWKSBEE angewandt wurde, 

Bei dem vor Zeiten angewandten Verfahren , die Glasglocke 
zu besserer Verschlielsung auf ein nasses Leder zu setzen, wurde. 
‚ia Vacuum so viel Wasserdampf erzeugt, dafs das Elaterometer die 
begentliche Verdünnung der Luft beträchtlich geringer angab, 
Fals sie wirklich war. Diesem Nachtheile :half Sme4rox: durch 
die sogenannte Birnprobe ab, vermittelst.welcher die Verdün- 
sung durch das Zusammendrücken eines gegebenen Quantums 
werdünnter Luft bis zu gleicher Dichtigkeit mit der äulseren, 
essen wurde, bei welcher Verdichtung jene Dämpfe nicht 
‘Mehr statt finden konnten. Die neuen Mechaniker haben durch 
Famanes Aufschleifen der Recipienten auf- 'den Teller der Luft- 
pumpe jene Quelle der Feuchtigkait entfernt, und se dürfte das 
Iterometer allmälig wieder in seine Rechte treten, aus wel- 
sn es durch die nach ihrer gewöhnlichen Einrichtung auch 
t ganz tadelfreie Birnprobe verdrängt worden ist!. 

„Ganz die nämlichen Apparate wurden auch bei den Dampf- 
hinen von ihrem. berühmten Verbesserer J. Warr in An- 
Meng gebracht. Es sind derselben zweierlei. . Das eine 
Äiterometer dient, um das Vacuum, welches..durch die plötz- 
| k$ Verdichtung der Dämpfe entsteht, oder die Elasticität der 
"üiggebliebenen Dämpfe zu beurtheilen2, das andere giebt die 
der Wasserdämpfe an, welche aus dem Kessel in das 
" Verdichtungsgefäls übergehen, 
'.  Ausdeminder TiefestehendenVerdichtun gsgefäfse: steigt eine 
e Röhre ab auf, ‘welche bei b umgebogen und niederwärts pig. 
d, bei c wieder aufwärts gerichtet ist; die Verlängerung 
d von circa 30 Zollen Länge ist entweder von Glas, oder auch 
n Eisen und mit einem” Schwimmer versehen. . Durch das 
ne Ende d wird Quecksilber hineingegossen, bis es etwa 
bei f,f in beiden Schenkeln gleich steht. Der Haha K dient, _ 
um den Apparat verschlossen zu halten, bis die Dämpfe abge- 
kühlt sind, weil diese sonst das Quecksilber bei d herauswerfen 



















t S. Art. Birnprobe. I. 977. 
2 $., Art. Dampfmaschine MI, 473, 


i . 
232 Elaterometer. 


würden. Das Fallen der Flüssigkeit in der Röhre. cd gibt die 
Leere im Verdichtungsapparate zu erkennen. Ist dieser und dio, 
Luftpumpe in gutem Stande, so fällt das Quecksilber um 14 bis . 
15 Zolle, was einem. Druck von ungefähr eben sọ viel Pfunden 
-auf den Quadratzoll gleich ist?. i 

Ein diesem sehr ähnliches Elaterometer bringt CUTHBERT- 
son? bei seinen Luftpumpen an, und zwar bei den grölseren mit . 
der gewöhnlichen Barometerröhre zugleich, bei den kleirieren . 
aber nur dieses allein, und giebt ihm den Namen Doppelheber | 
‚oder Doppelheberpröbe (double syphon)- Dasselbe besteht | 
‚ ats einer doppelt heberförmig gebogenen Glasröhre abcd, etwas 
über 2 Lin, dick und etwas über eine Linte weit, deren aufste- 
hendes, oben bei d zugeschmolzenes Ende de bis über die 
untere Krümmang bei 6 mit Quecksilber gefüllt und wie ein 
Barometer ausgekocht ist. Die Zeichnung stellt alle drei Theile - 
der:Röhre in einer Ebene liegend dar, zur Ersparung des Rau- 
mes und ‘für die Bequemlichkeit des Aufschraubens ist es aber ` 
besser, sie so zu biegen, dals sie die Kanten eines dre- 
jeitigen:Prisma bilden. Die so gebogene, gefüllte und gehörig 
ausgekoclite Röhre wird in die männliche Sohraubenfassung gg - 
gekittet,''und vermittelst derselben auf ein mit der Oeffnung des. 
Tellers der Luftpumpe in Verbindung stehendesRohr geschraubt, 
so dafs das Quecksilber in den Sohenkel dc herabsinkt, sobald 
die Elasticität der Luft unter der exantlirten Campane geringer 
ist, als dafs sie die Höhe der Quecksilbersäule dc zu tragen 
vermöchte. Um dann die Differenz der sogenannten Guericke schm 
Peere unter der Gampane und der Torriċellischen über dem 
Quecksilber im Schenkel cd besser und genauer messen zu kön- 
nen, ist an dem aufstehenden Arme n der federnden und auf der 
Röhre verschiebbaren Zwinge:m die bewegliche elfenbeinerae 
Scheibe ff befestigt, welche etwa einen Zoll hoch, und durch 
feine Striche-in Linien und deren Zehntheile getheilt ist, durch 
die an zwei Drähten hängende Kugel p stets horizontal gehalten 
wird, und dadurch. das Mittel darbietet, die Höhe der Queck- 
silbersäule'in den beiden Schenkeln der Röhre nach Zollen und 





1 Das andere Elaterometer, als wesentlicher Theil der Dampf- 
maschine ist Th. II, S. 467 beschrieben, und Fig. 150, abgebildet. 

2 Description of an improved Air-pump cet. by J. Cuthbertson 
Amst. 1787. 8. S. 18. Daselbst abgebildet Taf. Il. Fig. 9. 


Elektricität . 233 


ren Theilen scharf zu bestimmen. Der Unterschied derselben 
ebt dann unmittelbar die Elasticität der unter der Campane. . 
‚ch zurückgebliebenen expansibelen Flüssigkeiten an. 
Einfache heberförmig gebogene und: auf die angegebene 
Yeise mit Quecksilber im einen Schenkel gefüllte und ausge- 
ochte Glasröhren, werden oft von den Physikern nach dem 
desmaligen Bedürfnils grölser oder kleiner verfertigt, um un-, 
m die Campane zur Bestimmung des Grades der Verdünnung als; 
laterometer gesetzt zu werden, deren detaillirte Beschreibung, 
sdels überflüssig scheint. - o H 


Elek tricität. - o 
Blectricitas; Electricité; Electricity. Mit diesem Na- 


men bezeichnet man den Inbegriff gewisser Erscheinungen, 
welche von einem eigenthümlichen Zustande eines Körpers ab- 
länsen,, in welchem derselbe leichte Körperchen aller Art, die 
Jm genähert werden, anzieht, dann wieder zurückstöfst, und 
þei einer gewissen Intensität dieses Zustandes gegen gewisse 
Ihm genäherte Körper, z.B. den Finger, einen leuchtenden 
und für das Gefühl stechenden Funken mit einem knisternden 
Schalle giebt, einen eigenthümlichen, dem des an der Luft sich 
langsam oxydirenden Phosphors ähnlichen, Geruch verbreitet, 
und doch andere weiter unten umständlich "anzuführende Wir- 
kungen äufsert, auch andere Körper, die mit ihm verbunden 
werden, in den Stand setzt, eben diese Wirkungen hervorzu- 
heigen. Alles dieses nennt man Elekiricitätserscheinun- 
Em, oder elektrische Erscheinungen und den Körper 
selbst in diesem Zustande elektrisch. Bisweilen bezeichnet 
man auch durch das Wort Elektricität ( E ) die Ursache dieser 
Erscheinungen in demselben Sinn, wie man durch das Wort 
Wärme die Ursache der Wärme -Erscheinungen, durch das 
Wort. Licht die Ursache der Licht - Erscheinungen bezeichnet. 
ch werde indefs in den Artikeln, welche sich auf die E bezie- 
ien, dieses Wort in der Regel in dem zuerst aufgestellten Sinne 
ebrauchen, und wo von der Ursache selbst näher die Rede ist, 
ntweder dieselbe, soferne sie als eine noch nicht hinlänglich 
enau bestimmte anzusehen ist, durch den allgemeinen Namen 
lektrische Materie oder durch elektrisches Fluidum 
ezeichnen. 


2% Elektricität. 


Der Name dieser ganzen Lehre hat seinen Ursprung voı 
dem griechischen Worte des Bernsteins oder Agtsteins FAexreor 
an welchem obige Eigenschaften unter gewissen Umständen zu 
erst bemerkt wurden, daher auch einige deutsche Puristen, wà 
der Abt Hrmurr in allen von diesem griechischen Worte ab 
geleiteten Worten, das deutsche Agtstein unterschieben wollte 
was aber wegen der barbarisch klingenden Zusammensetzungeg 
wie z. B. Beagtsteinkräftigen statt elektrisiren, Beagtsteinkrä 
tigungsrüstzeug statt Elektrisir - Maschine mit Recht keinen 
gang gefunden hat. Die wahrscheinlichste Ableitung 2 des Woni 
tes 7Asxıgov selbst aber ist die von seiner anziehenden 
hergenommene, die das alte Hellas mit der des Magnetes 
sammenstellte, und welche beide den THALES dahin bra 
auch leblosen Dingen eine Seele zuzuschreiben, — also 
. Axeıv, ziehen, die härtere Form &Axrgov, welche zunächstd ' 
aus hervorgehen würde, zu 7A4&xrgov gemildert, wie etwa Jiii 
zu 7ucg wird. Um derselben Kraft willen, an Stroh und AR 
den und Blättern bemerkt, nannten die Syrer den Berzeiil 
Räuber ?, die Perser Strohräuber (Karuba, wovon auch | 
noch jetzt den Bernstein bezeichnende Wort Carabe herstammt 
der französische Trivialname Zire -- paille ist bekannt. Gleid 
wie aber bei uns Deutschen der Name Bernstein nach einer I 
beneigenschaft, der Brennbarkeit (bernen, brennen) gebildet ik 
so ward bei den Griechen das blässere, stark mit Silber n 
mischte Gold, welches Herovor * Weifsgold nennt, weil sch 
Farbe an tò 7Asxrgov erinnert, 6 YAexrgog (yovoóç) genau 5 

Da die nähere Betrachtung dieser höchst merkwiirdiger i. 
mannigfaltigen Erscheinungen in verschiedene besondere Arthik- 
der Einrichtung eines Wörterbuchs gemäls vertheilt 
muls, so werde ich in diesem allgemeinen Artikel eine Uch 
sicht aller wesentlichen Verhältnisse geben, unter welchen dmg, 
Erscheinungen vorkommen können, und von denen ihre 
tigsten Modificationen abhängen, und zwar dieselben betr 


















1 S. Geschichte der Elektricität. 
2 Diese für manche Leser gewils nicht uninteressante Notiz 
‘danke ich meinen hochgeschätzten Collegen Dauunann. 
"$ Plin, H. N: XXXVIL c, 2. 
4 Hist. I. 50. 
5 Gründlichere Aufklärung giebt Burrmann über das Elektron # 
Abh. der Berlin, Ak, d. W. 1818 — 19. S, 38 f. 


Allgemeine Erscheinungen, 235 


in sich‘ überhaupt 3 9, die Hauptverschiedenheiten derselben, 
die Mittel sie zu erregen, 4. die Mittel diese Wirkungen 
sr zu verbreiten und die Gesetze für diese Verbreitung, 5. die 
tze für die Hauptformen der elektrischen Thätigkeitsäufse- 
i ; entwickeln, 6. eine gedrängte Geschichte der Eelektricität 
reine Nachricht von den Meinungen der Physiker über die 
khe derselben beifügen und 7. mit einer allgemeinen Be- 
tung über das Verhältnifs der Elektricität gegen andere Na- 
is e und über das, was in dieser Hinsicht noch aufzuklären _ 
bt, schließen. 










‚Elektrische Erscheinungen im allge- 
meinen. 


Wenn man eine reine und trockene Glasröhre mit der el- 
| Hand hält, und mit der andern reinen und trockenen Hand, 
m wollenen Lappen, . oder am besten mit einem mit Amal- 
1 bestrichenem ledernen Lappen durch abwechselndes Auf- 
HNiederwärtsstreichen reibt, dann aber dieselbe einem klei- 
leichten Körper, z. B. einem Stückchen Papier, einem Me- 
ttchen, oder noch besser, einem kleinen an einem seide- 
\ Faden hängenden Kügelchen von Hollundermark oder Son- 
khlumenmark oder Kork nähert, so wird die geriebene Röhre 
pr läcten Körper zuerst aus einer merklichen Ferne anzie- 
‚ bald darf wieder von sich stolsen, dann, wenn der- 
e den Tisch wieder berührt hat, oder das aufgehängte Kü- 
chen mit dem Finger berührt worden ist, abermals anziehen, 
l sa eine Zeitlang abwechselnd fortfahren. 
~ Wenn man sich der geriebenen und dadurch el. gewor- 
1 Glasröhre mit dem Finger etwa bis auf einen halben Zoll 
hert, so sieht man zwischen beiden einen leuchtenden Fun- 
, der mit einem schwachen knisternden Schalle hervorbricht, 
aM im Finger ein schwaches Gefühl von Stechen hervorhringt. 
Dunkeln ist obige Lichterscheinung auffallender, ‘auch sieht 
an einen bläulichen Schein an der Glasröhre dem Reibzeuge 
igen, so wie man dasselbe fortbewegt. Ist die Glasröhre zu 
lichen Versuchen vorzüglich geschickt, von gutem grünen 
lase, und recht gleichförmiger glatter Oberfläche, und hat man 
» länger gerieben, so dals sie recht stark elektrisirt worden ist, 


—— 

















4 S. Elektrisirmaschine und Amalgaına. 


236 | Elektricität. 


so wird man einen eigenthümlichen Geruch wie nach Phosplıor 
verspüren, und wenn man ihr mit dem Gesichte nahe kommt, 
etwas fühlen, gleichsam als ob ein feines Spinnengewebe ge- 
gen die Haut flöge, 

Diese angeführten Merkmale sind die allgemeinsten der E 
Das erste, die Anziehung leichter Körperchen, zeigt sich schon 
bei den schwächsten Graden derselben; die beiden letzteren i 
aber nur bei den stärkeren Graden der durch blofses Reiben em 
regten E. anzutreffen, insbesondere wenn das Glas zu ei | 
eigentlichen Elektrisir- Maschine vorgerichtet, . und’ durch ei 
Reibzeug in den el. Zustand versetzt wird. Auch scheint 
Phosphorgeruch der Glas- oder positiven E, ausschliefse 
zuzukommen. Andere el. Erscheinungen äufsern sich n 
unter besondern Umständen unh Veranstaltungen. 

Eben das, was durch das Reiben des Glases erregt werden 
kann, erfolst "auch, wenn man ein Stück ‚Bernstein, ‚Grohe 
Colophonium, Siegellack, Schwefel, einen hölzernen im Bad- : 
ofen wohl ausgetrochneten und erwärmten Stock, Porcellan, i 
ein seidenes Band u. s. w. reibt. Doch stehen diese Körpe: 
im Ganzen in Ansehung der Intensität der angeführten Erschei- 
nungen, z. B. was die Entfernung betrifft, bis zu welcher 
die leichten Körperchen anziehen u. s. w., demGlase weit nach. 
zumal wenn ihre Oberfläche mehr rauh, und sie nicht durch 
Erwärmung vollkommen trocken gemacht sind. Ein feines recht . 
glattes Siegellack kommt dem Glase am nächsten. Sehr oftbe 
merkt man, dafs solche, durch Reiben el. gewordene Kir , 
per, leichte Papier- oder Strohstückchen, Metallblättchm u 
s. w. zwar anziehen, aber dann nicht wieder abstofsen, sondets 
letztere daran hängen bleiben, welcher Fall vorzüglich dannstatt ; 
findet, wenn die erregte E. nur schwach ist, und sich darum 
mit mehr Schwierigkeit von der geriebenen Oberfläche, vd- = 
lends wenn diese recht glatt ist, mittheilt. 

Man kann im Allgemeinen sagen, dals beim Reiben aller. £ 
Körper dasselbe wie beim Glase eintritt, nur bei vielen in è £ 
nem sehr schwachen Grade, und nur bei Beobachtung ander- § 
weitiger Bedingungen, indem z. B, an Metallen, wenn sie, in f 
der Hand gehalten, gerieben werden, auch eine sehr starke F 
Elektricität, die etwa durchs Reiben an ihnen erregt würde, 
nicht zum Vorschein kommen könnte, wegen der augenblick- 
lichen Ableitung derselben. 



















Allgemeine Erscheinungen. :237 


Solche Körper, wie die oben genannten, die durch Rei- 
en merklich elektrisch werden, heilsen elektrische an sich 
der eigenthümlich elektrische, idioelektrische Körper, 
nd sind zugleich Nichtleiter oder Isolatoren der E.; 
je durch Reiben nicht merklich elektrisch zu werden scheinen, 
vie die Metalle, nennt man unelektrische, anelektrische 
Körper, und sie sind zugleich Leiter der E. Es lassen 
üch in Hinsicht dieser Eigenschaft, unter den obenangegebenen 
Bedingungen durch Reiben el. zu werden oder nicht, womit 
he Eigenschaft die E. zu leiten oder nicht zu leiten im Gan- 
ken gleichen Schritt hält, alle natürlichen Körper unter die an- 

gebenen zwei Hauptclassen bringen, doch so, dafs die Grenz- 
Knie nicht scharf gezogen werden kann, indem es eben so we- 
We einen vollkommenen Leiter, als einen vollkommenen Isola- 
'#r giebt, und die sogenannten Halbleiter den Uebergang von 
er einen Classe zur andern machen; endlich unter abgeänder- 
ten Umständen auch die Leiter durch Reiben merklich el. wer- 
den können, worüber das Nähere unter den Artikeln: J/sola- 
hren, Halbleiter und Leiter, so wie unter der folgenden Ru- 

nachzusehen ist. 

Man nennt die Hand, oder überhaupt das, was den el. 
ne Reibzeug, und eine Maschine, die durch ein 
bätindiges Reiben ein Glas oder einen andern an sich el. 
Körper elektrisirt, eine Zlektrisirmaschine. Es versteht sich 
indessen von selbst, dals beim Reiben zweier Körper an einan- 
dr jeder wechselseitig als der geriebene oder als das Reibzeug. 
betrachtet werden kann. 

Wenn man an das Ende der elektrisirten Glasröhre einen 
Ketalldraht, so lang er auch sey, anbringt, und eine metallene 
Ingel daran befestigt, so zeigen Draht und Kugel jene el. 
kupterscheinung, leichte Körperchen aus der Entfernung an- 
ziehen und dann wieder abzustolsen, so wie bei Annäher- 
ig des Fingers einen stechenden Funken zu geben, eben so- 
hl als die Glasröhre selbst. Man sagt daher, die E Uer 
ısröhre gehe in den Metalldraht und in die Kugel über, oder 
ile sich denselben mit. Zum Unterschiede nennt man die 
chs Reiben erregte E. des Glases ursprüngliche, die in 

Metall übergegangene aber, mitgetheilte E. Verbindet 
ı dagegen die Metalkugel mit der Glasröhre durch eine sei- 


238 Elektricität, 


dene Schnur, so giebt in diesem Falle die Kugel kein 

einer E. Man sieht hieraus, dafs die Seide die E. ni 
überführt, oder dafs sie die Mittheilung derselben verhinde 
So verhalten sich alle an sich el. Körper, und eben das ist 4 
Grund, warum sie auch Nichtleiter oder Isolatoren genar 
werden. Der Medalldraht in dem ersten Falle leitete die 
der Glasröhre in die Kugel, das thun auch alle sogenannt 


unelektrischen Körper, und eben darum heifsensie Leiter odi 
Conductoren. | 
Wenn ein Körper mit lauter Nichtleitern umgeben ist, 


heifst er isolirt.' Da die trockene Luft unter die Nichtleitergi# 
hört, so ist ein Körper, der in trockener Luft an seidenen 
ren hängt, auf einemGlasfulse oder Harzkuchen und dgl. e 
isolirt. Ein solcher Körper kann seine E. nicht mittheilgg, 
weil er lauter Nichtleiter berührt, die sie nicht überführen. IM . 
jedoch keiner von diesen Körpern ein absoluter Nichtleiter À 
so wird auch der am besten isolirte Körper durch eine langs 
Ableitung seine E. doch allmälig verlieren. 
Das Wasser und alle flüssigen Körper, Luft und Odlo 
genommen, sind Leiter. Daher verwandeln sich alle M 
‚leiter in Leiter, wenn sie feucht werden, da, wie wir DM 
Folge sehen werden, die E. im gewöhnlichen Falle ne | 
der Oberfläche der festen Körper fortgeleitet wird, und folgas 
dann an der Oberfläche die Schicht eines Leiters findet, s dh 
nen die Körper um so weniger zum Isoliren, je stärker in 
hygrometrische Eigenschaft ist. Selbst die Luft leitet, wen 
sie feucht ist; daher kommt es, dals el. Versuche in feuchter 
Zimmern schlecht oder gar nicht gelingen, weil jeder elektus 
Körper seine E. bald an die ihn berührende Luft abgie 
Der feuchte Erdboden ist ein sehr guter Leiter, durch eine | 
tende Verbindung mit demselben, oder mit einem flie sendi 
Wasser, welches mit der ganzen Wassermasse der Erdkugd i8 
Verbindung steht, vermag man die stärkste E. abzuleiten, 1 
jode Wirkung eines Körpers, die von sogenannter freier i 
abhängt, aufzuheben. 











U. Entgegengesetzte Elektricitäten.. 


Die Person, welche die Glasröhre reibt, oder überhauf Ä 
das Reibzeug wird durch dieses Reiben zugleich mit elektrisirt 


I 


Entgegengesetzte Elektricitäten. 239 


, mit Leitern, und durch diese mit dem Erdboden verbtın- 
so wird man seine E. zwar nicht wahrnehmen, weil 
ch augenblicklich durch durch die Leiter der Erde mittheilt, 
aber isolirt, so zeigt es die für den el. Zustand im all- 
inen charakteristischen Erscheinungen gleichfalls. So wer- 
te B. zwei Personen, welche beide auf einem kleinen, durch 
üfse wohl isolirten Schemel, einem sogenannten Isolato- 
1 stehen, und wovon die eine die Kleider der andern mit 
n recht trockenen Katzenfelle wiederholt schlägt, beide 
leichte Körperchen anziehen, und sich auch wohl, wenn 
Versuch unter den günstigsten Umständen angestellt wird, 
aselseitig einen kleinen Funken geben. Aber es findet sich 
chen der E. der Röhre und des Reibzeugs oder jener bei- 
Personen ein merkwürdiger Unterschied, der durch die 
folgenden Versuche ausgemittelt wird. 
Wenn ein leichter isolirter Körper, z.B. ein an einem 
enen Faden hängendes Kügelchen von Hollundermark der 
wegenähert, vonihrangezogen und dann wieder zurückgesto- 
ıworden ist, so wird dieses Kügelchen, wofern es nicht inzwi- 
en einen Ableiter zur Erde berührt hat, nicht weiter von der 
se angezogen, sondern zurickgestolsen. Nähert man ihn 
gm diesem Zustande dem Reibzeuge, vorausgesetzt, dals 
malbe an sich ein Nichtleiter ist; oder im Falle es ein 
Me: it, auf eine schickliche Weise beim Reiben mit 
meräolirenden Handhabe gehalten wurde, so zieht ihn die« 
u duk an. Es stölst ihn aber dann, nach erfolgter Be- 
kang, wieder ab, undin diesem Zustande der Abstolsung 
wht ihn nun die Röhre von neuem an. 
- Mehrere bewegliche isolirte, z. B. an feinen seidenen Fä- 
a hängende Kork - oder Hollundermarkkügelchen, welche 
! Röhre angezogen und dann wieder abgestofsen hat, stolsen 
h unter einander selbst zurück. Auch Kügelchen, welche 
s Reibzeug angezogen und wieder abgestolsen hat, stolsen 
ander selbst ab. Beide behalten dieses Merkmal der E., 
nn sie gut isolirt sind, was vorzüglich eine recht gut isoli- 
de, also eine recht trockene Luft voraussetzt, eine ziemli- 
r Zeitlang. Bringt man aber ein Kügelchen, das die Röhre 
ührt hat, gegen ein solches, welches das Reibzeug berührt 


DA 


€ Veorgl. Isolatorem, 


WM .  Elektricitätß. 


` 

hat, so ziehen beide einander an, und verlieren (vorausgeseta 
dafs sie gleich sind, und die el. Spannung beider gleich grok 
äst) sofort ihre E. gänzlich, so dafs auch nicht die mindest 
Spur davon zurückbleibt, und werden dann beide gleichmäl 
sowohl vom Reibzeuge als von der geriebenen Glasröhre ar 
zogen. 
Wenn man Gröfsen, die beim Zusammenkommen ei 

der vermindern, und wenn sie gleich sind, aufheben, enteg. 
gengesetzte nennt, so kann man hier die Elektricitäten des SR: 
ses und seines Reibzeuges als entgegengesetzte betrachten, u 
nach der Analogie entgegengesetzter Grölsen mit dem Zeichf 
e} und — E. belegen, wobei, da überhaupt nur zunöc 
dieser Gegensatz ausgedrückt werden sollte, willkürlich 
-+- oder — der einen oder andern E. beigelegt werden kön 
aus andern, in der Folge zu entwickelnden Gründen aber: 
E. des Glases das 4 Zeichen erhalten hat. 
Die angeführten Erscheinungen geben alsdann den $ 
Gleichartige Elektricitäten sto/sen sich zurück, ungleie 
tige ziehen sich an. Die Glasröhre zog die Hohlundermit 
kugel an, theilte ihr + E. mit, und stiels. sie darauf zu 
weil beide nur + E. hatten. Derselbe Fall fand in Hingi 
-auf die vom Reibzeuge angezogene Kugel statt, und eber 
stielsen dje mehreren Kugeln die + E. oder — E. hui 
einander zurück. Aber eine mit ++ E. und eine mit —È 
zogen sich an und hoben durch ihre wechselseitige Eimmr- 
"kung auf einander und Ausgleichung ihrer Elektricitäten ih S 
E. auf, weil + E — E von wechselseitig gleiche Sicke 7 
== () ist. 
Reibt man statt der Glasröhre eine Stange Siegellack od 
einen Harzkuchen mit der Hand, oder noch besser. mit ei 
Hasen - oder wildem Katzen-Balge, so bekommt das Sieg 
lack, das Harz dieselbe E., welche in dem obigen V 
wo Wollenzeug, Seidenzeug, oder ein mit Amalgama ei 
riebener Lappen von Leder zum Reiben angewandt 
das Reibzeug angenommen hatte, und welche wir vorläufig- 
E. genannt haben, und das Reibzeug, wenn es isolirt i 
bekommt die E. des Glases, oder+ E. Denn ein 
lundermarkkügelchen, dem man an einer geriebenen Gl 
die Glaselektricität oder + E. gegeben hat, und wel | 
von dieser dann zurückgestolsen wird, wird von der gerie 


























Entgegengesetzte Elektricitäten. 241 


2 Siegellackstange, oder von einer Hollundermarkkugel, die 
rch Berührung der Siegellackstange die E. derselben an- 
nommen hat, angezogen, und von dem Reibzeuge, oder ei- 
r Kugel, die die E. desselben erhalten hat, abgestolsen. 
aher hat pu Far, der die entgegengesetzten Elektricitäten 
ierst bemerkte t, ihnen den Namen der Glas - und Harz -. 


dektricität (electricité vitreuse et resineuse) beige- 
gt, eine Benennung, welcher die französischen Physiker seit- 
em treu geblieben sind. FrAnkLın nannte sie positive und. 
egative oder Plus und Minus E., weil er die Erscheinungen 
er Glas E. von einem Ueberflusse oder einer Anhäufung der 
© die der Harz E. dagegen von einem Mangel oder "Ent. 
iehung derselben E. herleiten zu können glaubte, und Lıca- 
zusenG ? hat dafür die bequemeren Beziehungen + und — 
ingeführt, die über die Natur dieser beiden Elektricitäten an 
ich nichts entscheiden, sondern nur die Uebereinstimmung ih- 
es wechselseitigen Verhaltens mit dem von entgegengesetzten 
irölsen gegen einander ausdrücken sollen, welche ich hier 
urcheängig beibehalte. 

Alle el. Erfahrungen bestätigen den Hauptsatz, und die 
Eheorie hat die Notliwendigkeit dieses Erfolges nachzuweisen» 
ksfs nämlich beim Reiben zweier Körper an einander, wenn 
Bedurch E. erregt wird, das Reibzeug, wenn es isolirt ist, 
allezeit die entgegengesetzte E. von derjenigen zeigt, welche 
der geriebene el. Körper erhalten hat. Man kann aber fast 
üllen el. Körpern nach Belieben: + E. oder — E. gè- 
ben, je nachdem man das Reibzeug oder andere Umstände beim 
Reiben verändert. Um dergleichen Versuche anzustellen, ist es 
kothwendir, beide Körper, die man an einander reiben will,zu iso- 
Èren. Sind sie starr, so kann man sie am passendsten an Handhaben 

ton Glas oder Harz befestigen. Ist es thunlich, so thut man am 
esten, die Substanzen in Form von Platten anzuwenden, um 
iein einer grölsern Oberfläche an einanderzureiben. Man kann 
ufdiese Weise einen starren Körper, und ein Stück Zeug, oder 
uch zwei Stücke Zeug, Pelzwerk u. s. w. an einander reiben. Hat 





4 Mémoires de Paris 1733. 
2 Comment, super nova methodo etc. in Comment: Societ, Goet- 
ıg. Class. Math. Tom. I 


III. Bd. Ä Q 


242 Elektricität. 


man das Reiben einige Augenblicke fortgesetzt, sp trennt man 
beide Körper, und prüft ihre E., indem man sie an der iso, 
lirenden Handhabe hält. Man erkennt und unterscheidet sig; 
am leichtesten vermittelst eines Kork oder Hollundermarkki 
gelchens, das an einem seidenen Faden an einem Glasstäbcheg 
isolirt herabhängt, und dem man zuvor eine beliebige E 
mitgetheilt hat, oder die schwächsten Grade noch sicherer a 
einem Goldblatt - Elektrometer!., Man theilt den Goldblättcheg 
desselben entweder + oder — E. mit, wodurch sie nur u 
einen gewissen Winkel divergiren. Findet die Divergenz durd 
e} E. statt, so wird bei Annäherung eines Körpers, der d 
gleiche E. hat, die Divergenz zunehmen, bei Annäheru 
eines mit — E. versehenen dagegen abnehmen, Bei 
ker E. der gegebenen Körper muls man vorsichtig mit í 
Annäherung derselben seyn, und die Art der Veränderung z 
malbei den so empfindlichen Goldblättchen, schon aus einer Br 
(sen Entfernung versuchen, denn nach dem Gesetze der d#. 
Wirkungskreise kann bei schneller Annäherung, wenn =z. 
die Goldblättchen mit — E. divergiren, eine starke positi 
E., welche schon aus grölserer Entfernung das schwac 
— E. gebunden und die Divergenz aufgehoben hat, 
dann erfolgende Vertheilung von O und Zurücktreibung 4 
e} E. eine neue gleiche Divergenz, wie sie im Anfange wif 
— E, herrührte, hervorbringen, welche bei weiterer Annk ' 
herung zunimmt, und dädurch die Täuschung veranlassen, & 
wenn der el. Körper mit — E. einwirkte. Umgekehrt 
gilt dasselbe in Beziehung auf die durch + E. diverge- ; 
den Goldblättchen, wenn ein mit starker negativer E. vite ` 
sehener Körper zu schnell genähert wird. Am einfachsten, lei 
testen und sichersten bedient man sich des durch Bruazss 
BOHNENBERGER angegebenen Blattgold-Elektrometers, welch: 
die Art der mitgetheilten E. unmittelbar angiebt. St]. 
eines Elektrometers kann man auch ein einfaches, sehr bewegi- §. 
ches an einem seidenen Faden von einem Glasstabe herunter 
gendes Hollundermarkkügelchen, dem man vorher -+ oder — ES: 
mitgetheilt hat, in Anwendung bringen, das durch die erfolgt è 
Anziehung oder Abstofsung die mit der seinigen ungleichartigt 
oder gleichartige E. des "geriebenen Körpers verrathen wird. 






























1 S. Elektrometer. 


Entgegengesetzte Elektricitäten. 243 


k besondere Art, diese Versuche über die Erregung der E. 
Wi Reiben derKörper an einander anzustellen, ist das Durch- 
en der Körper in Pulvergestalt durch Siebe von verschie- 
w Beschaffenheit, wobei gleichfalls eine Reibung statt findet, 
die ‚Siebe jedesmal die entgegengesetzte E. des durch- 
ten Pulvers zeigen. Wenn man auf diese Weise ein Ge- 
Be von zwei Pulvern z.B. Mennig mit Schwefelblumen oder 
ki Iycopodii gemengt und in ein leinenes Läppchen gebun- 
auf positiv und negativ elektrisirte Stellen einer Glas ~ oder 
latte beutelt, so wird dasjenige Pulver, das an dem an- 
‚negativ geworden ist, von den positiven, das andere von 
1egativen Stellen angezogen, jene Stellen stellen Sterne, 
h.rundg Flecken dar!. 

Es sind dergleichen Versuche von der Zeit an, dals Durar 
t den Unterschied der beiden Elektricitäten entdeckt hat, 
vielen Physikern angestellt worden, unter denen be- 
ders BOULANGER 2, SymmER 3, Wırsom%, Crena $, Wırke®, 
wayu?, Hensent®, Kortum? , Aunını!°, vi Arsis 
andere genannt zu werden verdienen. Man hat aus diesen 
mchen Tabellen gezogen, in denen sich leicht übersehen 
k welche E. gegebene Körper erhalten, wenn sie mit andern 
ben werden. CAvALLO, Licntensernc%, Haury? der sehr 
Ba Wineralien in dieser Hinsicht prüfte, Donnorri* haben 
sich dergleichen Tabellen geliefert. Am vollständigsten 























N: 8. Figuren elektrische. 

k; Traité de la cause et des phénomènes de l’electricite. Paris 
8. 

Phil. Transact. I. 1. P. I. n. 36. i 

Ebend. 1760. vol. LI. 

i Miscellan. Societ. Taurinens. anni 1765 S. 31 u. f. 

$ De electricitatibus contrariis Rostock 1757. 

7 Dessen Opusc. phys. et chem. Edit. Hebenstreit V. 399. 

è Theoria phaenomenorum electricorum. Editio altera et emen- 
ı Vindob. 1788. 

) Voigt’s Mag. X. St. 2. S. 1. Cavallo a. a. O. II. 19. 

>) G. IV, 42%, 

L G. V. 33. 

> In Erzlebens Anfangsgründen. 

3 Der Naturlehre VI. Auflage 1794. S. 478, 

b Lehre von der Elektr. Erfurt 1784. 


02 


244 Elektricität. 


hat aber J. W. Rrrreni diesen Gegenstand bearbeitet. Diese. 
hat nicht blofs alle Versuche seiner Vorgänger in einer Baihe 
von Tabellen zusammengestellt, sondern sich auch bemüht, ge 
wisse allgemeine Gesetze aufzustellen, sch welchen sich zug 
voraus die Art der E., welche von je zwei an einander geri 
benen Körpern jeder derselben erhält, bestimmen läfst, 
welche auf die Kräfte selbst, welche hierbei thätig sind, | 
leiten können. Was zuerst die ideoelektrischen Körper oder d, 
Isolatoren betrifft, mit welchen dergleichen Versuche am häufig 
sten angestellt sind, so sucht Rırren für diese das Hauptgese 
zu begründen, dals sie eine grolse el. Spannungsreihe 
einander bilden, die der Hauptsache nach dieselben Eigenscl 
ten besitze, welche die Spannungsreihe der Erreger- des G 
vanismus, die durch blolse wechselseitige Berührung das 
Gleichgewicht stören, eharakterisirt?. An dem einen Ende dë 
Reihe würde ein mit allen übrigen Iselatoren negativ, an aii 
_ andern ein mit allen übrigen positiv werdender Körper sich k 
finden, und die Körper so auf einander folgen, dafs der du 
negativen Ende näher liegende mit allen darauf folgenden neg 
tiv, diese positiv durch Reiben mit ihm werden. Die Möglic 
keit der Anordnung der Isolatoren in eine solche Spannungsre 
beruhet auf dem Erfahrungssatze , dafs wenn von drei Körpe 
a, b, c der Körper a mit dem Körper b positiv, letzterer nel 
tiv, und b mit c positiv, letzterer negativ wird, um se miè $- 
auch a mit c positiv ausfallen werde. Dem Gesetze der gan í 
nischen Spannungsreihe gemäls, wenn es in seinem vollen Us- . 
‘fange hier seine Anwendung fände, mülste ferner jeder Köpe :- 
a, der dem negativen Ende näher steht, mit irgend einem Kin į 
per x um so stärker negativ, und dieser um so stärker posing- 
damit werden, je mehrere Körper in der Reihe zwischen dıes_ 
beiden sich befinden, oder je näher jener Körper x dem posi 
ven Ende stände. Vergleicht man nun die mannichfaltigen Ve 
suche, die von so vielen Experimentoren angestellt worda 
sind, unter einander, so scheint sich wirklich eine solche de 
besagten Spannungsgesetze unterworfene Reihe zu ergebei 
Folgende Tabelle stellt einige der bekanntesten Isolatoren diesem 
Gesetze gemäls geordnet auf: > 































1 Das elektr. System der Körper. Leipzig 1805. 
2 S. Galvanismus. 


Entgegengesetztie Elektricitäten. 25 


— Schwefel, Bernstein, Colophonium, Siegellack, schwarze. 
ide, wei/se Seide,- Papier, Wolle, Glas, Turmalin,. Ha- 
sfoll, Kaninchenfell, Diamant, Katzenfell + 

Von diesen Körpern wird der dem abern negativen Ende 
her liegende Kärper mit allen darauf folgenden negativ‘, und- 
ese mit ihm positiv, so dals also gleichsam der Schwefel der 
solut Negative, Katzenbalg der absolut positive ist. Aber 
iht blols die Isolatoren unter sich, sondern auch die Isolatoren 
WLeiter, scheinen eine solche, beide zugleich umfassende, 
he zubilden, von welcher beifolgende Aufzählung einige der 
erkwürdigeren in ihrer gesetzmälsigen Folge zeigt: 

- — Schwefel, natürliches Braunstein-Oxyd (Grau Mangan- 
Is), schwarze Seide, Silber, Wolle, Kupfer, Glas, Zink, 
amant +. 

. Rırren zieht aus dieser zweiten Zustmmenstellung, ver- 
ken mit der Spannungsreihe der galvanischen Erreger, welche 
gleich die Reihe der Leiter ist, das allgemeine Resultat: dafs 
e Spannungsreihe der Leiter mit derjenigen der Isolatoren 
v eine allgemeine Spannungsreihe ausmache, indem die. 
äeder der Reihe der Leiter zwischen denen der Reihe der 
Matoren eben so vertheilt, als gegen sich unter einander selbst 
gen; und so umgekehrt auch die Glieder der Reihe der Isola- 
sen, zwischen denen der Reihe der Leiter, und die Zwischen- 
iame in der einen gleichsam nur die Lücken waren, die durch 
W Glieder der andern ausgefüllt wurden, dafs es nur ein el. 
ystem giebt, welches Alles und Jedes, was von Körpern über- 
upt anf Erden ist, umfafst. v 

Rrrren hat einige interessante Ansichten über die Abhän- 
keit dieses merkwürdigen und gesetzmälsigen Verhaltens der 
iper in der Elektricitätserregung durch Reibung von ander- 
itigen Eigenschaften derselben aufgestellt, Ansichten, welche 
‚die Theorie der Elektricitätserregung überhaupt wichtig sind, 
e Theorie, welche dahin streben mufs, diese Erregung, ge- 
ehe sie nun auf gewöhnlichem Wege, durch eine dem ersten 
scheine nach blofse mechanische Einwirkung der Körper auf. 
mder oder auf galvanischem Wege durch einen sogenannten 

mischen Procels, wie die meisten Physiker anzunehmen ge- 
rt sind, womöglich aus einem Principe abzuleiten. In der 
ıe der vollkommenen Leiter scheint allerdings eine solche 
nschaft nachgewiesen werden zu können, von welcher die 


% 


: 246 | Elektricität. 





















Stelle, welche ein Körper in dieser Reihe einnimmt, gesetz- k 
mälsig abhängt, nämlich der Grad der Oxydirbarkeit desselben; $: 
oder seiner Verwandtschaft zum Sauerstoff, so zwar, dals mi 
geraden Verhältnisse derselben ein Körper näher nach dem posi-f: 
tiven Ende zu gelegen ist, und von je zwei solchen Leiten}: 
der oxydirbarere stets der positive wird. Dagegen scheint ef: 
mehr Schwierigkeit zu haben, eine, dasselbe Gesetz befolgenda, 
Abhängigkeit der isolatoren in ihrem el. Verhalten unter eim-$ 
ander und mit den Leitern nachzuweisen, da sehr viele 
latoren sich einem solchen chemischen Processe, nach wel 
die Oxydirbarkeit bestimmt wird, gänzlich entziehen. Vielmelgj: 
bestimmen hier mehr gewisse physische Eigenschaften und in 
besondere die Beschaffenheit der Oberfläche vorzugsweise die: 
Verhältnils. In dieser Hinsisht scheint besonders die Ririditik 
oder der Grad der Starrheit und die Modification derselbe 
welche durch Härte und Weichheit bezeichnet wird, einen vo 
züglichen Einflufs zu äulsern. Die härtesten unter den Isolate 
ren sind auch diejenigen, welche vorzüglich geneigt sind, pë 
sitive Elektr. anzunehmen, und der härteste unter allen, def 
Diamant, ist auch der am meisten positive. Alle wirkli , 
Edelsteine, die härter als Glas sind, werden mit diesem positif 
das Glas negativ. Bernstein ist härter als Schwefel, und | 
auch mit diesem positiv, Siegellack ist härter als Talk und Bil- 
stein, und weicher als Glimmer; mit ersterem wird er Haors 
Versuchen zufolge, positiv, mit letzterem negativ. Auch de ~ 
Art, wie die verschiedene Temperatur, welche die Rigidiit . 
modificirt, zugleich das elektrische Verhalten der Körper gga - 
einander bestimmt, stimmt mit dem angegebenen Gesetze ihi- 
ein. Jederzeit erhält nämlich von zwei sonst völlig gleichen : 
Exemplaren eines und desselben Isolators beim Reiben an 
der der wärmere — E., der kältere + E. von HERBERT, 
solche Versuche an Schwefel , Siegellack, Seide und Glas 
stellte, fand schon einen Temperaturunterschied von nicht 10°% 
vollkommen dazu hinreichend!. Auch die Art der Vertheilungg 
der Elektricitäten an zwei Körper von gleicher Beschaffenhe 

wenn sie so an einander gerieben werden, dafs für den ei | 
der Werth der Reibung grölser ausfällt, als für den and 
reducirt sich grölstentheils hierauf. Es gehören hierher : 













1 S.dessen Theoria phaeaomenorum electricorum. Ed, alt. p.i. 






















Entgegengesetzte Elektricitäteu 247 


Versuche, wenn man Siegellackstangen, Glasstäbe, Wollen- 
len, Seidenfäden, seidene Bänder u. s. w. so über einander hin- 
‚ dafs das eine von ihnen hierbei beständig nur an einer 
s gerieben wird, während bei dem andern die Reibung sich 
ber seine ganze Länge erstreckt. Die erstere Stelle wird näm- 
h dabei um vieles wärmer, als die, mit ihr in Conflict kom- 
inden Stellen des andern Körpers, und sobald dieser Unter- 
ied eingetreten ist, geht die ihr proportionale el, Span- 
gssetzung vor sich, es tritt nämlich die negative E. stets 
(dieser wärmeren Stelle auf. 

Es läfst sich vielleicht auf diesen Unterschied der verschie- 
en Erwärmung beim Reiben auch der Einfluls zurückführen, 
'Glätte und Rauheit der Oberfläche auf die Art der E. hat, 
beim Reiben zum Vorschein kommt. Von zwei sonst gleich- 
igen Körpern nämlich, die an einander gerieben werden, er- 
kt unter übrigens ganz gleichen Umständen beim Reiben der- 
ise mit rauher oder matter Oberfläche — E. der andere mit 
ter dagegen + E. Der Körper mit rauher Oberfläche (das 
tt geschliftene Glas z. B.) muls nämlich beim Reiben wärmer - 
reden, womit denn auch die Rigidität relativ abnimmt. Der 
Bufiuls, welchen bei seidenen Bändern, Taffent die Zarbe auf 
Pie Elektricität, die an ihnen hervortritt, ausübt, scheint auch 
m der Glätte und Rauheit der Oberfläche abzulıängen, die al- 

ings durch die Natur des Pigments bestimmt wird, so wie 
weilse Seide, die sich gegen schwarze, (die ihre Farbe ` 

Galläpfeln verdankt) positiv verhält, in die Kategorie die- 
ur letztern tritt, wenn sie in Galläpfeldecoct getaucht wird. 
Pamit stimmt auch die allgemeine Regel überein, die CouLomB t 

seinen Versuchen für die Art der E., die an jedem Körper 
eint, gezogen hat, dafs diejenigen Substanzen, welche sich 
Aneinanderreiben am meisten ausdehnen, welche also 
lie relativ weniger cohärenten werden, — E., jene hingegen, 
elche sich dabei am wenigsten ausdehnen/+ E. erhalten. 
linen Beleg hierzu giebt nach seinen Versuchen wollenes Zeug, 
velches &alt an polirten Metallen + E., Zalt an unpolirtenMe- 
flen — E., erwärmt an polirten und unpolirten Metallen 
ts — E. giebt. 





4 Aus dessen handschriftlichem Nachlafs von Biot in s. Traité 
» physique expérimentale et mathématique II. 354. 


248 Elektricität, 


: Dafs Körper im Fortgange des Reibens an einander die zu- 
erst an ihnen aufgetretenen Elektricitäten in umgekehrter Ve A 
theilung zeigen, reducirt sich in manchen Fällen auf die eben $ 
angeführten Gesetze. Reibt man z. B. weilses seidenes Zeug 
mit einem Stücke trockenen Papiers, so wird die-Seide gewöhn-' 
lich — el. erwärmt man aber das Papier, so wird dieses $. 
— el. die Seide + el. Dieses durch die Wärme erregte Vere 
mögen nimmt aber wieder ab, wenn das Papier wieder er-§: 
kaltet, und es giebt einen Moment, in welchem seine ely 
Disposition der Seide völlig gleich ist; in dieser Periode bringi 
das Reiben beider Körper kein merkliches Zeichen irgend einer: 
E. hervor. Ist dieser Zeitpunct vorüber, so werden die Uma$: 
stände für die Positivität des Papiers durch weiteres Erkalte 
desselben allmälig noch günstiger, während dieselben der Neg 
tivität der Seide gleichgünstig bleiben, und diese tritt dann wies 
der mit — E., jenes mit + E. auf. 

C. H. Mirrer, der in seinen Anmerkungen zu Snore: 
Elementen der Elektr. diese und mehrere andere Erfahrunge, 
über die Vertheilung. der beiden Elektricitäten an die Körpe 
beim Reiben zusammengestellt hat, glaubt das allgemeine Prin 
cip, aus welchem sich jene gesammten Erfolge bei aller schein: 
baren Regellosigkeit und Wandelbarkeit gesetzmäfsig ableite 
und jedesmal bestimmen lassen, in folgendem Ausdrucke aw 
naturgemälsesten aufgefalst zu haben. Werden die Oberflächen 
zweier Körper an einander gerieben, so ist diejenige, deren in 
tegrirende Theile am wenigsten von einander weichen, und ihre. 
Lage unter sich wenig oder gar nicht verändern, am geneigte- 
sten + E. anzunehmen , und diese Neigung vermehrt ich: 
durch einen vorübergehenden Druck (das Streben nach Aufsen: 
zu wirken ist mit Widerstand gegen Einflüsse und Eindrücke von 
Aufsen verbunden). Im Gegentheile erlangt die Oberfläche, deren 
Theilchen durch die Rauheit der andern Oberfläche oder durch : 
irgend eine andere Ursache am meisten von einander entfernt. 
werden, hierdurch ein Streben — E. anzunehmen und diee 
ses Streben vermehrt sich, wenn die Oberfläche eine wirkliche , 
Ausdehnung erfährt (dasStreben, Wirkungen von Aulsen in sich: 
aufzuuehmen, ist mit der Eigenschaft des Nachgebens eins). 
Je mehr in diesem Act die Oberflächen entgegengesetzt sind, 
desto energischer ist die E., die sich auf ihnen ‚entwickelt, 
und sie wird in dem Mafse "schwächer, als sie sich. einander 





















- 
+ 
= 


Entgegengesetzte Elektricitäten. 249 


chen; wäre eine vollkommene Gleichheit möglich, so würde 
Null werden, Wenn auch diese Bestimmung das fragliche 
hältnifs auf ein zu allgemeines des Wirkungsvermögens und. 
Receptivität, des Widerstandes und des Nachgebens zurück- 
t, um einen bestimmten Begriff von el, Erscheinungen 
solchen geben zu können, so hat meiner Meinung nach 
LLER doch die richtige- Beziehung aufgefalst, und es läfst 
ı nicht absehen, wie derselben, vor der Hand wenigstens, 
e andere auf irgend eine chemische Eigenschaft gegründete, 
stituirt werden könnte, wie RırreRn es zu thun versucht 
, da er Hydrogeneität als Aequivalent der Rigidität aufstellte, 
l somit das Verhalten der Isolatoren unter einander und ait 
a Leitern unter dasselbe Gesetz zu bringen bemüht war, das 
ı Leiter selbst befolgen, indem Hydrogeneität als eins mit ` 
sydabilität betrachtet werden könnte. Wenn auch der Dia- 
mt, vermöge seiner rein verbrennlichen Natur, eine solche 
wallelisirung noch zulielse, so sieht man doch auf keine 
leise ein, wie von den meisten Edelsteinen und künstlichen 
üisern, welche aus am vollkommensten verbrannten aufs 
ëchste oxydirten Metallen bestehen, Etwas dergleichen be- 
mptet werden kann. v. Arnnım? sucht die Elektricitätserre- 
mg dur Reiben, so wie auf jede andere Weise und die Art 
er Vertheilung der beiden Elektricitäten unter das allgemeine 
>esetz zu bringen, dals hierbei jedesmal eine Aenderung der 
Wärmecapacität eintrete, und dafs der Körper, dessen Wär- 
Recapacität im Verhältnils zu einem andern sich vergrölsert, 
westiv, derjenige dagegen, dessen Wärmecapacität sich ver- 
Wadert, positiv el. werde. Die einfache Erfahrung der po- 
kiven E. des Wasserdampfes, der negativen des , zurück- 
nden Wassers spricht indessen schon dagegen, da ja die 
Taaa des Wasserdampfes offenbar erhöhet ist, nicht 
gedenken, dafs bei Reibungsversuchen eine solche Wärme- 
itätsänderung nicht nachgewiesen. werden kann. 
Uebrigens giebt es noch manche Erfahrungen, die sich bis 
unter kein Gesetz recht bequemen wollen, wie namentlich 
von Dessaıenes? beobachtete Erscheinungen, so wie 
auch Umstände, die unserer gewöhnlichen Beobachtung 
vollkommen entziehen, auf die Art der in solchen Ver- 









> 1 Dessen elektr. Versuche in G. V. 33. 
2 8, Schweigger’s Jownal IX, 111. 


250 Elektricität, 


suchen zum Vorschein kommenden E. ihren Einflufs äufsern, 
Der Cyanit (Hauy’s Disthene) giebt ein auffallendes Beispiel - 
hiervon. Einige Krystalle von diesem Mineral erlangen ver-'; 
mittelst des Reibens beständig + E. andere — E. und be 
einigen contrastiren beide Elektricitäten auf zwei entgegen 
gesetzten Flächen, ohne dals weder Auge noch Gefühl das 
geringste Merkmal dieses Unterschiedes in Glanz-Politur oder 
Farbe der Flächen entdecken können. Uebrigens hat Havr 
dem wir diese el. Beobachtung verdanken, das Verhalten 
Mineralien beim Reiben mit als ein Unterscheidungskennzeich 
derselben von einander in Anwendung gebracht, und eine Men 
Versuche zur Ausmittelung desselben angestellt. Um bei Leiter 
also namentlich den Metallen und Erzen, dieses Verhalten 
prüfen, klebte er ein Stückchen des Minerals, das er, wenn d$ 
z. B. ein Metall war, zuvor eben feilte, durch Wachs an eine! 
Stange Siegellack, führte es dann 5 oder sechsmal auf ein 
Stücke Tuch hin und her, und berührte dann damit die 
lectorplatte des Condensators. Diese Operation wiederholte 
mehrmals. \Vurde dann der obere Deckel aufgehoben, so 
gen die Strohhälmchen des Elektrometers, auf welchen 
Condensator aufgeschraubt war, mit + E. oder — E. aus emd 
ander. Hierbei erhielt er folgende Resultate: + gaben: Zink _: 
(stark) Silber, Wismuth (stark) Kupfer, Blei, Eisenglaın ` 
— gaben Platin, Gold, Zinn, Antimon, Kupferfahlerz, (stark) 
- Kupferglanzerz (stark) Bleiglanz, Schwefelerz (stark) Antimon- 
silber, Glaserz (stark) Kupfernickel, Glanzkobolt, gemeiner 
Speiskobolt, graues Antimonerz, Schwefelkies, magnetischer 
Eisenstein. Im Ganzen zeigte sich dieses Verhalten als ein rein 
constantes, nur Eisenglanz, magnetischer Eisenstein und auch- ; 
Stahl zeigten in verschiedenen Exemplaren ein abwveichendef: 
Verhalten von einander. Die Stärke der E. welche einig 
annehmen, wie Kupferfahlerz und Kupferglanzerz, die, wenas 
sie 8--10mal über das Tuch hingeführt sind, die Strohhälmches 3 
zum Anschlagen bringen, ist vorzüglich charakteristisch für die 
selben. 
Auch durch Reiben von flüssigen Körpern an starren kën- 
nen ebensowohl die entgegengesetzten Elektricitäten erregt wer § 


den. Dies beweisen schon auffallend genug die luftleer ge 



















1 S. Annales du Museum d'histoire nat. III. 309. 


Entgegengesetzte Elektricitäten 251 


machten Röhren, in welchen Quecksilber hin und her bewegt 
wird? und Dessärenes’s oben angeführte Versuche beziehen 
sich vorzüglich auf Elektricitätserresung durch Eintauchen ver- 
schiedener Körper in ein Quecksilberbad von verschiedener 
Temperatur und Wiederherausziehen aus demselben. Doch 
‚fehlt es in dieser Hinsicht noch an einer hinlänglichen Anzahl 
von genauen: Versuchen, und die Hauptschwierigkeit hierbei 
Aegt in der Adhäsion der Flüssigkeiten an den starren Körpern. 
Damit nämlich die durch Reiben erregte E. zum Vorschein 
mme, ist eine nothwendige Bedingung, dafs die Körper von 
der getrennt, und jeder für sich untersucht werde, denn 
so lange sie sich mit einander in Berührung befinden, binden 
ihre Elektricitäten wechselseitig, und wirken nicht nach 
n. 
© Auch gasförmige Körper erregen durch eine Art von Rei- 
Wag an den starzen Körpern E., wie man daraus ersieht, 
‚des, wenn man wiederholt mit einem Blasebalge Luft gegen 
Glasplatte hinbewegt, diese auffallende Spuren von 4- E.. 
“nimmt und die Luft folglich — el. geworden seyn muls. 
` Wir haben oben gesehen, dafs die beiden klektricitäten 
Are Natur vorzüglich in ihrem Conflicte mit einander verrathen,. 
"da welchem sie gleichsam als entgegengesetzte Kräfte gegen ein- 
=. wder sich verhalten und sich wechselseitig aufheben. Man 
- . Kamn diesen Gegensatz durch einen Versuch auffallend darstel- 
` ka. Zwischen zweien Körpern, wovon der eine + E. der 
adere — E. in gleichem Grade zeigt, sey nun diese E. 
durch Reibung ursprünglich oder durch Mittheilung von aufsen 
ereust worden, spiele ein dritter leicht beweglicher z. B. eine 
m Hollundermarkkugel an einem seidenen Faden hängend hin und 
"ber, und werde wechselsweise von dem einen und dem andern 
angezogen und abgestolsen. Dadurch wird immer ein Theil 
der E. des einen in den andern übergeführt, und neutrali- 
sat, bis endlich beide scheinbar ihre E. völlig verloren ha- 
ben, d. h. keiner derselben weitere Spuren von el. Wirk- 
’ samkeit zeigt. Auch wird ein isolirter Leiter gar nicht elektri- 
"sit, wenn er mit einem + el. und einem gleich starken 
'— el. Körper zugleich verbunden ist. | 
Aufser diesem Gegensatze, der bei der Prüfung gegen die 


















1 9. Leuchten, elektrisches. 


252 Elektriciıtät 


E. einer geriebenen Glasröhre oder Siegellackstange jedes- 

mal die besondere Natur der zu untersuchenden E. anzeigt,.. 
kann man beide Arten von E. auch an den Erscheinungen 
ihres Lichtes im Dunkeln, ihrer verschiedenen Einwirkung auf 
unsere Sinnenorgane, und ihrem verschiedenen chemischen Ver- 
halten unterscheiden, welche Unterschiede jedoch nur unter 
bestimmten Umständen, bei Anwendung eigenthümlicher Vor- 
richtungen und für bestimmte Grade derselben auffallend werj: 
den. Wenn man einem positiv elektrisirten Körper eine le 
tende Spitze entgegen hält, so zeigt sich an derselben, je nachd: 
dem sie mehr fein zugespitzt oder etwas abgestumpft ist, ei 
leuchtender Punct oder Stern mit Zischen begleitet, hält may 
hingegen eben diese Spitze gegen einen Körper, der — I 
hat, so zeigt sich statt des Punctes oder Sternes ein Fene 
büschel, dessen violette Strahlen von der Spitze aus divergire, 
ünd mit merklichem Knistern wie sich ausbxeitende Aeste mil: 
Seitenzweige von einem kurzen Stamme ausgehen. Ist | 
eL: Körper selbst mit einer Spitze versehen, und hält ı 
einen platten Leiter dagegen, so sind die Erscheinungen umge 



















Spitze verbunden ist, — E., der Feuerpinsel, wenn def 
Körper + E. hat. Indessen ist diese Verschiedenheit, wenti 
man ohne vorgefalste Meinung die Erscheinung blols an sic 
auffalst, mehr nur eine gradative als specifische, und die Fom 3 
jener Lichtausströmung gewährt an und für sich kein sichere: 7 
Unterscheidungsmerkmäl. \Vas die früheren Vertheidiger der 5 
Franklin’schen Theorie, namentlich Beccarıat, Cavar wè 
andere nur als einen leuchtenden Punct gelten lassen wollten, 
ist in der That nur ein Feuerpinsel im Kleinen mit wenige. 
Knistern als beim positiven Feuerpinsel begleitet. Steht ein: 
nicht zu feine Spitze dem abgerundeten Ende eines durch ei 
sehr starke Maschine zu hoher Spannung geladenen Leiters en» $ 
gegen, so zeigt sich an derselben ein sehr merklicher Feue- 
pinsel und eine etwas abgestumpfte Spitze, die mit dem Leiter 
des Reibzeuges meiner sehr kräftigen Elektrisirmaschine ? ver- 
bunden ist, giebt mir im Zustande der vollen Wirksamkeit die 
ser letzteren einen merklichern und stärker zischenden Feuer- 













i Elettricismo artificiale 1753. 4. S, 63. 


2 S5. Elektrisirmaschine. 




















Entgegengesetzte Elektricitäten. 253 


, als eine sehr feine Spitze, die mit dem positiven Con- 
uctor einer mittelmälsigen Elektrisirmaschine verbunden ist. 
xh kann ich in der Farbe der Strahlen beider Feuerpinsel kei- 
n wesentlichen Unterschied finden. In dem Falle, wenn zwei 
nitzen gegen einander gekehrt sind, wovon die eine mit einem, 
iter verbunden ist, dem fortdauernd + oder — E. zuge- 
wird, sind an beiden die bestimmten Feuerbüschel auf 
s deutlichste zu erkennen welche ihre Grundflächen gegen 
Mander kehren, nur dafs bei gleicher. Feinheit der Spitzen 
gröfsere allemal an derjenigen Spitze ist, welche + E. 
siebt. Dals aus stumpfen Spitzen die Feuerpinsel ansehnli- 
ausfallen, hat seinen Grund in der grölsern Spannung, zu 
her der Leiter elektrisirt werden kann!. Diejenigen Phy- 
er, welche in dem Lichte der negativen Spitze mehr nur 
n blofsen Punct, als einen kleinen Feuerbüschel erblickten, 
diesen leuchtenden Punct mehr von einem Ein- als Aus- 
imen ableiteten, wollten im Allgemeinen den wesentlichen 
Exterschied zwischen + E. und — E. finden, dals sich 
Bü verschiedenen Versuchen ein entschiedenes Ausströmen einer 
terie aus denjenigen Körpern zeige, welche + E. haben, 
md ein Eindringen in diejenigen, an welchen — E. sich 
"ade, gerade so als ob das -+ E. in einem Ueberflusse, das 
d ~E in einem Mangel von el. Materie bestände; wir 
P Werden aber an seinem Orte bei der nähern Kritik dieser Ver- 
` dhe, die unter dem Artikel: Zilektrisirmaschine und 


Flasche, elektrische, ihre Stelle am schicklichsten finden, 
Sschzuweisen suchen, dafs sie dieses auf keine Weise darthun, 
dls vielmehr ebensowohl aus dem — E. habenden Kör- 
Der etwas auszuströmen, oder vielmehr von ihm in den Raum 
kinaus mit bewegender Kraft thätig zu seyn scheint, als aus 
bm + el. Ein merkwürdiges Unterscheidungsmerkmal für 
ie beiden Arten von E. hat LICHTENBERG in den verschie- 
enen Harzstaubfiguren, welche sie unter gewissen Umständen 
"vorbringen, nachgewiesen ?. 

Die verschiedene Art der Einwirkung beider Elektricitäten 
f unsere Sinnenorgane zeigt sich nur in ganz einzelnen Fällen, 


d wird bei Betrachtung der Wirkungen der Volta’schen Säule 





1 S. Spitzen. 
2 S. Elektrophor. 


054 Elektricität. N ` 


näher erörtert werden, Nur möge hier vorläufig die Bemerkung 
stehen, dafs der aus Spitzen ausströmednde positive Feuerbüschel 
auf der Zunge einen sauern Geschmack, der negative dagegen 
mehr eine brennende Empfindung verursacht. Auch die merk-- 
würdige Verschiedenheit in dem chemischen Verhältnisse der 
beiden Arten von E., wodurch man sie in bestimmten Fäl- 
len erkennen und von einander unterscheiden kann, wird am 
schicklichsten unter dem Artikel Galvarismus Räher beleuch- 
tet werden. 


Il. Erregung der ursprünglichen 
Elektricität. 

















Es giebt wohl keine Art von Naturprocessen, in we 
. zwei auf irgend eine Art verschiedene Körper oder Materien ii 
Wechselwirkung mit einander treten, ohne dafs zugleich das 
el. Gleichgewicht zwischen ihnen gestört, und dadurch E, 
in Thätigkeit gesetzt würde. Diese Störung des el. Glei 
gewichtes ist nach Verschiedenheit der Umstände und Bedim, 
gungen des Processes entweder von der Art, dafs die Ele 
täten mit freier Spannung auftreten, und in relativer Ruhe, 
doch mit dem Bestreben, sich wieder auszugleichen, an dg 
Oberfläche der Körper verweilen, oder dafs sie in einer forte; 
dauernden Strömung, in einer Art von el. Kreislaufe #1. 
Folge des Processes selbst, durch welchen das Gleichgewidk | 
gestört worden ist, sich wieder ausgleichen. Die erstere Art von r 
Elektricitätserregung wird durch die Reaction auf das Elektro- 
meter, die letztere am besten vermittelst eines Galvanomėteri 
durch die Wirkung auf die Magnetnadel erkannt. Im ersteren". 
Falle haben wir es mit den reinen Wirkungen der E., im 
letztern mit den Wirkungen des Stromes, in welchem die È 
mehr unter der Form des Magnetismus auftritt, zu thun. W$ 
gewissem Sinne läfst sich behaupten, dals dem Strome stets eint 
el. Spannungssetzung vorangehe, oder dals zur Bewir 
des Stromes mit den Bedingungen, unter welchen von der eines, 
Seite das el.. Gleichgewicht gestört wird, sich zugleich die $ 
Bedingungen vereinigen, unter welchen nach der andern Seite 
hin wieder eine Ausgleichung des gestörten Gleichgewichts ein- 
treten kannt. 


1 S. Galvanismus. 


Erregung derselben. 255 


Was nun die Processe selbst betrifft, so lassen sie sich un- 
er gewisse Hauptclassen bringen, nach Verschiedenheit .der 
{räfte, welche hierbei thätig sind, der Natur der Körper selbst, 
le auf einander wirken, und der Veränderungen der Körper, 
Me dadurch bewirkt werden. Entweder wirken die Körper im 
3onflicte mit einander mehr mechanisch auf einander, oder sie 
virken chemisch. — Dann findet der Conflict entweder. zwi- 
chen den ponderabeln Körpern unter einander statt, oder 
twischen diesen und den Impoderabilien (Licht, Wärme. und 
Magnetismus), und endlich sind die in den Körpern hervorge- 
Wachten Veränderungen blofse Veränderungen ihrer physischen 
Bigenschaften, insbesondere ihrer Cohäsion und ihres Aggregat- 
witandes, oder es sind damit zugleich Qualitäts- oder Mi- 

gsveränderungen verknüpft. 

Was die erste Art der Einwirkung der Körper auf einan- 

betrifft, so wird hierbei vorausgesetzt,. dals die Störung 
Is el. Gleichgewichts der mechanischen Einwirkung selbst 
Wopostional sey. Diese mechanische Einwirkung setzt also 
fae bewegende Kraft voraus, wobei die Gröfse der Bewegung 
Nbft das bestimmende Moment wäre. Indels giebt es wohl 
| el. Conflict, bei welchem nicht zugleich die eigen- 
Wimliche Qualität der Körper neben der Grölse der Bewegung, 
Wt welcher sie auf einander einwirken, in Betrachtung käme, 
velche also nicht aus diesem Gesichtspuncte zugleich eine che- 
mische oder eine chemisch - dynamische wäre, insofern die ei- 
watkämliche Qualität eines jeden Körpers der Ausdruck seines 
meren Kräfteverhältnisses ist. 

“Die erste leiseste mechanische Einwirkung der Körper auf 
mander, ist die der blolsen wechseiseitigen Berührung. Sie 
lein reicht schon hin zur Störung des el. Gleichgewichts und kann 
gewisser Hinsicht als die reichste Quelle der Elektricitätser- 
gung in der Natur betrachtet werden. Von ihr wird unter.dem 
tikel Galvanismus näher gehandelt werden. Die näch- 
‚Stufe der mechanischen Einwirkung der Körper auf einander 
reiner Druck ohne Reibung. Counomß hat zuerst auf die 
aufmerksam gemacht, die von einem schnellen Druck 
änst, nach ihm hat Dessaısyes die Sache weiter verfolgt, 
r mannigfaltige Anomalien und Regellosigkeiten i in den Wir- 
gen des Druckes nach Verschiedenheit der begleitenden 
tände beobachtet; auch Haury machte gelegentlich eine der- 


256 Elektricität, 


gleichen Beobachtungen namentlich an kleinen Kalkspafhkry- 
stallen, die durch den Druck zwischen den Fingern lange und, 
stark el. werden; besonders aber hat BECQUEREL in neuere 
Zeiten eine Reihe interessanter Versuche über die Erresus 
der E. durch Druck bekannt gemacht !. Er bediente sich s 
seinen Versuchen kleiner Stäbchen von $ bis $ Zoll Durchn 
ser, wovon jedes durch etwas Siegellack an einen Glasstab, da 
selbst an einer hölzernen Handhabe gehalten wurde, befestig 
war. Ist blofs die eine Scheibe isolirt, so bemerkt- man di 
E. auch blols an dieser. Auch weichere Körper werden durdi 
Druck el. z. ‚B. Kork, Caoutchouc, frische Pommeranzed. 
schalen, selbst zähe Flüssigkeiten, z. B. Terpentin über da. 
Feuer eingedickt, wenn es durch eine Korkscheibe gedrüdg 
wurde. Je schneller die Trennung der Scheiben nach de 
Druck bewirkt wird, um so stärker fällt die E. aus, glei 
sam als bekäme sie durch Langsamkeit Zeit, größstentheils mi 


der i ins Gleichgewicht zu kommen. Wenn eine oder hend 



























mı 


herstellung langsamer, und innerhalb einer gewissen Zeit Br 
ten daher solche Scheiben nach einem vorhergegangenen sti- 
ren Druck stets eine stärkere E., als der Druck, dem sie $ l 
letzt unterworfen waren, für sich allein hervorgebracht higi 
Man konnte also gleichsam den Druck als die Kraft betrachti 
welche, so lange er bestand, und nach dem Mafse, in wk: 
chem er bestand, die Störung des el. Gleichgewichts unte , 
hielt, und das Streben ‘der beiden getrennten Elektricitäten ar 3 
Wiedervereinigung balancirte, welches beim Nachlasen ds _ 
Druckes dann nur noch einigermalsen durch den Widesged,. 
den die isolirende Eigenschaft leistete, beschränkt wurde, ke 
standen daher die beiden Scheiben aus vollkommenen, | 
so zeigten sie eben daher keine Spur von E., weil in dem 
genblicke des Aufhörens des Drucks, der dem Augenblicke i 
Trennung gleichsam voraus ging, die Bedingung ' zur Wied 
vereinigung beider Elektricitäten und zur Ausgleichung des 
störten Gleichgewichts in der vollkommenen Leitungsfähi 
beider Körper gegeben war. 

Auch in der Erregung der E. durch Druck scheint in 
sicht auf die Art von E., die an jedem der beiden Körper 


p 
3 


1 An. de Chemie ct de Physique Tome XXI. p. 1. 


Erregung derselben, 257 


t, das allgemeine Gesetz zu herrschen , welches oben für die, 
egung der E. durch Reibung z aufgestellt worden ist, dafs wenn 
ı einer Reihe von Körpern a, b, c u. s. f. a im Conflicte. mit 
positiv, letzteres negativ, und in dem Conflicte von b mit 
ersteres positiv, letzteres negativ wird, dann auch a mit o 
sitiv ausfällt. So wurden z. B. in jenen Versuchen Becoue- 
ts Kork, Caoutchouc und Orangenschalen, von denen iso- 
te Scheiben an einander gedriickt wurden, die Orangenschalen 
t Caoutchouc—, dieses +, der Kork mit dem Caoutchouc + 
eses —, aber auch der Kork mit den Orangenschalen + , diese 
-, so dafs also von dem positiven Ende ausgegangen, diese 
ei Körper so aufeinander folgen: 4 Kork, Caoutchouc, Oran- 
mschalen —., Ob übrigens die Körperin Absicht auf die Erre- 
mg der E. durch den blolsen Druck dieselbe Ordnung wie 
ei der Erregung durch Reibung beobachten, läfst sich.aus dem 
Mangel an einer hinlänglichen Anzahl von Versuchen bis jetzt 
écht mit Sicherheit entscheiden, ist indessen nach den bereits 
wwhandenen sehr zweifelhaft. Die meisten Versuche, die dar- 
ber entscheiden können, hat BECQUEREL mit einer Korkscheibe 
a Absicht ihres Verhaltens gegen verschiedene andere Kör- 
er angestellt. Mit isländischem Doppelspath, Flufsspath, 
Wps, Glimmer, Schwerspath, mit allen thierischen Theilen, 
Wann sie nicht feucht sind, wird die Korkscheibe negativ, jene 
Werden positiv, dagegen mit Cyanit, Retinasphalt, Steinkoh- 
‚Bernstein, Kupfer, Zink, Silber, den Haaren des Men- 
und der Thiere wird eben diese Korkscheibe positiv, jene 
werden negativ. Hygrometrische Feuchtigkeit verhindert die 
Wlektricitätserregung durch Druck, und jene aben angegebenen 
Körper, wie Flufsspath u. s. w. müssen daher vorher gelinde 
erwärmt werden, um sie von der anhängenden Wasserhaut zu 
befreien. Auch die Wärme äußsert einen bedeutenden Einflufs 
mf diese Phänomene, und modificirt sie im Wesentlichen äuf 
lieselbe Art, wie bei der’ Elektricitätserregung durch Reiben. 
Der. Unterschied der Temperatur ist allein hinreichend, zwi- 
chen zwei Scheiben, die sonst in allem vollkommen gleich- 
etig sind, und die also eben so wenig durch Druck als durch 
leiben Elektricitätserregung zeigen würden, diese zu vermit- 
In. Zwei ganz gleichartige Scheiben eines vollkommen trok- 
enen Korks, die man dadurch erhält, dafs man denselben mit 
'nem recht scharfen Messer in der Mitte durchschneidet, zei- 
II. Bd. R 


258 Elektricität. 


gen auch nach dem stärksten Druck bei der Trennung kein 
Spur von E.; erhöht man aber die Temperatur der einen an ei 
ner Lichtflamme, so tritt sogleich E.auf, und zwar negativ 
an dem wärmeren. Dasselbe gilt auch für zwei Scheiben vo 
Doppelspath, wenn selbst die Verschiedenheit der Temperatu 
beider nur sehr geringe ist. Erhitzt man eine Scheibe Doppek 
spath hinlänglich stark, so wird sie zuletzt mit einer Korkscheile 
negativ, mit der sie sonst bei Gleichheit der Temperatur odei 
bei geringem Uebergewichte ihrer Wärme stark positiv wird, ' | 
So weit die Versuche gehen, scheint die Stärke der erre 
E. mit der Stärke des Drucks zuzunehmen, wovon sich 
QUEREL durch einen sehr genauen el. Versuck überzeugt hat, ! 
BECQUEREL leitet das Licht, das in manchen Fällen b 
heftigen Stofsen verschiedener Körper entsteht, aus dieser 
her. So will man im Eismeere oft ein lebhaftes Licht be 
haben, wenn grolse Eismassen an einander stolsen. Sie minii- m 
in diesem Stolse eine starke Zusammendrückung erfahren, wi 
che jede dieser Massen in einen in Beziehung auf die 
entgegengesetzt el. Zustand versetzt. In dem Augenblicke, 
welchem der Druck aufhört, verbinden sich die beiden Eldi 
tricitäten wieder wegen der relativ grolsen Leitungsfähigkeit 
Eises, und diese schnelle Wiedervereinigung wird, wie in 
len andern Fällen, wo sich grolse Quantitäten E. schnell a 
gleichen, mit Lichtentwickelung verbunden seyn. Diese Br 
klärung setzt indessen voraus, dafs jene Eismassen von eint 
der selbst in irgend einer Eigenschaft merklich abweichen. Dad, ® 
Licht, welches entsteht, wenn Stücke von Zucker, Blende, Qurt, -= 
Chalcedon u. d. g. gestolsen oder an einander gerieben werden, 
rechnet BEcQUEREL gleichfalls zu den el. Pressionsphän 
Doch ist diese Erscheinung schon complicirter, da wenig 
stets Reiben zugleich damit verbunden ist, und sich mindest@# 
beim Quarz und Chalcedon ein ganz eigenthümlicher empyrhe®* 
matischer Geruch entwickelt. Aber wohl kann man fragen, Á 
nicht alle Entzündungen brennbarer Körper mit chlorsauren 
salpetersauren Salzen, die durch einen schnell vorübergehef: 
den heftigen Druck, durch einen starken Hammerschlag einge 
leitet werden, von der dabei statt findenden Elektricitätserres 
abhängen, die gleichsam eben so wirkt, wie wenn man ei 
el. Entladungsschlag durch diese Körper hindurch gehen lielse‘ 
Soferne der Druck in einem bestimmten Verhältnisse ge Ñ 


















Cad 


Erregung derselben. 259 
n dìe Cohäsion steht, die gleichsam durch ihn verstärkt wird, so 
ht sich an diese Art der Elektricitätserregung durch mecha- 
che Einwirkung gleichsam die entgegengesetzte an, wo auf 
ıe eigenthümliche Weise die Cohäsion aufgehoben wird. 
ıch über diese Art der Elektricitätserregung verdanken wir 
werlich BEcQueERrEL einige interessante Versuche 1. Macht 
ın an einem Glimmerblättchen einen kleinen Spalt, befestigt 
e getrennten Blätter an einer Handhabe, und reilst die Blätt-. 
en von einander, so wird die ’Trennungslinie im Dunkeln 
ıchten, und jedes Blattist entgegengesetzt el, Dies geschieht 
ch mit andern krystallisirten Mineralien, die auf dieselbe 
t behandelt werden können, z. B. Gyps, Kalkspath u. s. w., 
en so mit einer auf dieselbe Art behandelten Spielkarte. Dafs 
eses Phänomen eine Beziehung auf die Cohäsion habe, und 
gewisser Hinsicht das Entgegengesetzte des Vorhergehenden 
y, leuchtet ein: BEcQuEREL bemerkt richtig, dafs, da d.s- 
lbe Phänomen auch für das dünnste noch trennbare Blättchen 
eichmälsig gelte, man den Schlufs machen könne, dafs auch 
i der Trennung der kleinsten Theilchen von einander das 
eiche Phänomen sich einstellen müsse. Er vermuthet mit 
scht, dafs die Intensität des Phänomens, sich wie der Grad 
m Cohäsion, die aufzuheben ist, verhalten müsse. Die von 
mams 2 bemerkte Erscheinung, dals wenn man eine Siegel- 
whstange zerbricht, das eine Ende + E., das andere Ende — 
kmeigt, möchte auch hierher zu zählen seyn. 

Die häufigste Art der Elektricitätserregung durch mechani- 
$e Einwirkung der Körper auf einander, ist endlich die durch 
iben, die zwar nie ohne Druck statt finden kann, aber doch 
ı ihrer Wirkungsart vom Druck noch wohl unterschieden wer- 
m muls, da das el. Verhalten zwischen zwei Körpern entge- 
mgesetzt ausfällt, je nachdem sie durch Druck oder Reiben 
feinander wirken, wie aus einem.Versuche von Lises er- 
llet. Er besteht nämlich darin, einean einem isolirenden Hand- 
iffe gehaltene Metallscheibe durch hinlänglich starken Druck 
f einfachen oder mehrmals 2usammengelegten Weachstaffent 
rken zu lassen. Dadurch wird der Taffent + das Metall —. 
m Effect ist um so grölser, je stärker der Druck ist, aber er 





1 a. A. 0. 
2 Versuch über die E. 8. 3. 


R? 


260 Elektricität. 


hört sogleich auf, sobald der Taffent jene Klebrigkeit ı 
hat, die seine Oberfläche leicht zusammendrückbar macht 
man dagegen das Metall mit Reibung über den Wacl 
hin, so wird der Taffent —, das Metall +. 

Es gilt übrigens für die Erregung der E. durch Reit 
jenige, was von der Erregung durch‘ Druck gesagt wo) 
‘unter einigen besondern Einschränkungen, So werden a 
kommene Leiter an einander gerieben, keine Spur von 
gen, wenn sie nicht isolirt sind, weil die. erregte E. : 
gleich wieder mit derjenigen des Erdbodens zu O aus; 
kann; dagegen wird der wesentliche Unterschied statt 
dafs da beim Reiben die Puncte, welche durch ihre ] 
kung auf einander, die gegenseitigen Elektricitäten hervo 
ten, durch den Act des Reibens selbst von einander | 
werden, die Ausgleichung zwischen zwei isolirten Leite: 
so erfolgen wird, wie beim Aufhören des Druckes. Ue 
ist es eine irige Ansicht, wenn einige Physiker, wi 
GEHLER 1, den Grund, warum die E., die beim Reil 
vollkommenen Leiter an einander zum Vorschein komr 
so schwach ist, darin suchen, dals sich dieselbe augenb 
durch die ganze Substanz derselben vertheile, da bei N: 
tern ein Theil den andern isolirt, und der erregten E. ni 
_laubt, sich zu verbreiten. Da jede frei auftretende E., wi 
ter unten gezeigt werden wird, nicht in die Substanz de 
per eindringt, sondern sich nur an der Oberfläche ausbrei 
kann, wenn zwei gleiche Flächen eines Leiters und Ni 
ters gerieben werden, und die ganze Ausdehnung des ge 
nen Körpers sich blofs auf die geriebenen Fläche! 
schränkt, der Unterschied der el. Intensität von dieser Ve 
denheit offenbar nicht abhängen, da ja die erzeugten Ele 
täten dann anf gleichen Flächen ausgebreitet sind. Anı 
' freilich der Fall, wenn die geriebenen Körper aufser c 
riebenen Fläche noch eine anderweitige Ausdehnung habe 
sich allerdings über der ganzen Fläche des Leiters die er 
E. aüsbreiten, und in dem Verhältnisse der vergröfserten 
fläche an Intensität abnehmen wird, während bei dem. 
leiter die erregte E. an der geriebenen Oberfläche mit 
schwächter Intensität haftet. oo 





1 in seinem physikalischen Wörterbuche. 


Erregung derselben. 261 


Um stärkereGrade von E. zu erhalten, reibtman die Nicht- 
ter am besten durch Reibzeuge, die eigends dazu eingerich- 
» durch Federn u. s$. w. anxedrückt werden , Man erhält in 
chen Fällen stets das Maximum von Ean den geriebenen 
irpern, wenn das Reibzeug mit dem Erdboden in leitender 
bindung sich befindet. 

An diese mechanischen Erregungsarten der E., in welchen 
ae deutliche Beziehung auf die Cohäsion zu erkennen ist, 
hlielsen sich am passendsten diejenigen an, welche von’ einer 
mderung des Aggregatzustandes der Körper abhängen. Eine 
t durch Veränderung des Aggregatzustandes der Körper E. zu 
pegen, ist das Schmelzen. So kann man die E. des Schwe- 
Is, \Wachses, Siegellacks, der Chocolade hervorrufen. Schwe- 
kin einem irdenen Gefälse geschmolzen, auf einem Leiter 
bgekühlt, und dann aus diesem Gefälse genommen, erscheint 
jak el. In einem gläsernen Gefälse geschmolzen und abge- 
Kik, erhält er starke — E. und das Glas + E., besonders 
won die Abkühlung auf Leitern geschieht, oder das Glas mit- 
ietall belegt gewesen ist. Geschmolzener Schwefel, in me- 
Bene Gefälse aus Zinn oder Kupfer gegossen, zeigt abgekühlt 
fine E.; nimmt man ihn aber heraus, so hat er + E., das Me- 
B—E.; die E. hört auf, sobald man ihn wieder in das Ge- 
Ms setzt. Chocolade zerlassen und in zinnernen Pfannen ab- 
Sühlt, wird stark el., behält auch, wenn man sie heraus- - 
tpm, diese Eigenschaft eine Zeitlang. Sie wird von neuem 
L, wenn man sie wiederum zerläfst und auf Zinn abkühlt, und 
gun sie nach einigen Wiederholungen diese Eigenschaft ver- 
ut, so kann man “ihr dieselbe durch etwas Baumöl wieder ge- 
w Die el. Ladung der Chocolade erreicht, besonders wenn 
in sie recht heils in die Blechkapsel bringt, und darin schnell 
kalten läfst, oft einen so hohen Grad, dals die herausgenom- 
tben Tafeln im Dunkeln sichtbare weilse knisternde Funken 
F einige Entfernung geben. Auch scheint die bisweilen auf 
t Oberfläche der Chocolade nach dem Erkalten in den Blech- 
seln beobachtete Zeichnung von besonderen, kleinen, ge- 
längelt - netzförmigen Figuren eine Folge der el. Entladung zu 
a 2. Diese Beobachtungen, besonders den Schwefel be- 





4 S. Elektrisirmaschine. 
2 Vergl. Kastner’s Archiv VI. 472 wo sich die hierher gehörige 


‚haben durch Versuche gefunden, dals geschmolzene Massai 


262 Elektricität. 
















treffend, sind zuerst von Wırke 1 bekannt gemacht worden, 
welcher die auf diese Weise erregte E. von der durch Reiben 
entstandenen durch die Bezeichnung einer E. spontanea unte 
scheidet. Indels hängt die in diesen Fällen erzeugte E. nid 
vom Schmelzen an sich, oder von der Veränderung des Ag 
gregatzustandes, als nächster oder unmittelbarer Ursache, soid 
dern ohne Zweifel vom Reiben ab, das unter besonders gün 
stigen Umständen in diesen Fällen eintreten kann, Die Hollä | 
dischen Physiker van Marum und Parts van Traoostwri®® 


wie Gummilack, Harz, Pech, so lange sie ruhig in den Gef 
fsen stehen, nicht die mindeste Spur von E, zeigen, und uf 
isolirte Metallplatten, die man in diesem Zustande anf sie hi 
unter vorsichtiger Vermeidung aller Reibung, und dann wied 
nach dem Erkalten davon trennt, so wenig als die geschmols# 
nen Massen selbst die mindeste Spur von E. zeigen. Erst 
Ausschütten, oder vielmehr das Auseinanderfliefsen des 
schmolzenen bringt die E. hervor, die also in diesem Fak 
nicht ohne Reibung auftritt. Dies findet noch weit mehr! 
den oben angeführten Versuchen statt, denn ein geschmolzen 
Körper kann nicht ohne Treiben erhärten oder vom Gefälse ø 
trennt werden, auch geschieht hier das Reiben unter sehr ve 
theilhaften Umständen, nämlich bei genauer Berührung më 
höchster Trockenheit. Endlich sind die Elektricitäten an də 
beiden Körper gerade so ausgetheilt, wie sie auch beim wit- 
lichen Reiben derselben an einander zu Vorschein kommen, 
Dagegen scheint diese Zurückführung der Elektricititsere- 
gung auf dabei statt findendes Reiben als Quelle derselben kam; 
Anwendung auf die Erklärung der el, Erscheinungen, 













— 


Literatur findet. Für die in der dortigen Anmerkung aufgestellte 
hauptung des Herausgebers, dafs Schwefel in silbernen Gefäfsen 
schmolzen während der Schmelzung und| des Geflossenseyns ne 
el., das Silber hingegen stark positiv sey, beim Erkalten aber die 
sich umkehren, hätte ich die Nachweisung einer glaubhaften A 
tät gewünscht. Ich bezweifle aus mehr als einem Grunde, dafs 
Schwefel, so lange er geflossen ist, merkliche E. zeigt, weni 
haben mir die empfindlichsten Elektrometer keine Spur davon ge 


1 S. Disputatio physica experimentalis de olectricitatibus. 
stochii 1757. 


2 J. d, P. 1788. Oct, ps 248, 


Erregung derselben. 203 ' 


s Wasser bei Veränderung seines Aggregatzustandes zeigt, 
zulassen, worüber vorzüglich Tu, von Grorrauss 2 Ver- 
che angestellt hat. Wasser, das in einem, wie eine Leid- 
w Flasche von aufsen belegten, Glase in einer sehr niedrigen 
emperatur (— 24°R.) schnell gefror, wurde positiv, in hoher 
emperatur schnell geschmolzen, zeigte es negative E. Da Eis 
it Glas gerieben — E. giebt, so konnte die E. nicht von einer 
rt von Reibung des werdenden Eises am Glase hergeleitet 
erden, auch gab dieser Versuch in einem blechernen Gefälse 
ısselbe Resultat. Ob hierbei nicht vielmehr ein starker Druck, 
m das zu Eis werdende Wasser nach allen Seiten, und so auch 
f das Glas ausübte, diese Elektricitätserregung verursachte ? 
ıhen wir ja auch in einem oben angeführten Versuche bei zwei 
örpern durch Druck gerade die entgegengesetzte E. von der- 
migen durch Reiben erregt, 

;„ Dafs Wasser beim Verdampfen aus Gefälsen diese negativ 
grücklälst, ist schon eine alte Erfahrung?. Gxkorruuss erhielt . 
leses Resultat, die Verdampfung mochte in Gefälsen von Ei- 
m, Kupfer oder chemisch reinem Silber geschehen. Wasser 
if an der Luft zerfallenes Glaubersalz oder gebrannten Alaun 
tröpfelt zeigte negative E., also beim Festwerden in die- 
m Falle die entgegengesetzte von derjenigen beim Eiswer- 
en. Dals nicht Verdampfung, welche sonst das Wasser ne- 
ya zurückläfst, die Ursache seyn konnte, bewies der Um- 
tand, dals auch der gebrannte Kalk, noch ehe Erhitzung ein- 
rat, diese E. entwickelte, wenn Wasser darauf getröpfelt 
rarde. . 
Unter die Kategorie der von der Aenderung des Aggregat- 
sstandes abhängigen Elektricitätserregung gehören vielleicht 
ch die meisten Lichterscheinungen, welche so oft bei der 
rystallisation der Salze beobachtet worden sind. Das Licht 
igt sich gewöhnlich in lebhaften Funken, die bald von diesem, 
ld von jenem Puncte der Krystalle ausgehen. Die Erschei- 
ng dauert oft mehrere Stunden, so wie die Kryställisation fort- 
ıreitet, die Flüssigkeit, aus welcher sich die Krystalle bilden 
hr und mehr verdunstet, aber sonderbar ist es, dafs dieselbe 
sse von Krystallen, welche die auffallendste Lichterscheinung 





41 Schweigg. J. IX. 221. 
2 8. Condensator. 


r 
È 


264 Elektricität 


gaben, frisch wieder aufgelöst , und ejner neuen Krystallisation 
ganz unter denselben Umständen unterworfen, diese Lichter- | 
scheinung zum zweitenmale dann nicht wiederzeigen. Von dem: 
schwefelsauern Kali, bei dessen Krystallisation diese auffallende 
Lichterscheinung am häufigsten beobachtet wurde, führen schon $: 
ältere Chemiker dies an, und Gıozerr sieht es als eine noth- 
wendige Bedingung zur Lichtentwickelung an, dafs die Lauge: 
vorher dem Lichte und der Luft ausgesetzt war; dasselbe be-. | 
merkte ich bei einer Auflösung von salpetersaurem Strontian’ 
die vorher längere Zeit dem Lichte und der Luft ausgesetzt die»# 
auffallendsten Lichtfunken beim Krystallisiren zeigte, nicht abet 
von neuem, als die Krystalle wieder aufgelöst und sogleich zu.#' 
neuen Krystallisation gebracht wurden!. Eine gleiche Erf 
rung machte BerzeLIus bei der Krystallisation einer gesättigten" 
Auflösung von flulssaurem Natron?, dasselbe bemerkte auc.: 
Wöuer an einer Auflösung von schwefelsaurem Kalı?, Ma. 
könnte daher gegen die wirkliche el. Natur dieses Phänomens | 
noch einige Zweifel hegen, und dasselbe als ein phosphorischs“ 
im engern Sinne betrachten, wenn nicht andere Erwägungen, 
die aus der elektrochemischen Theorie herzunehmen sind, fir. 
die el. Natur desselben sprächen®. Ohne Zweifel gehört aud ` 
hierher das glänzende Lichtphänomen, welches Bucaszr be, 
der Sublimation der Benzo&säure beobachtete, wo die feinen 
Krystalle, die sich aus dem Dampfe ausschieden, wie die glän- » 
zendsten Lichtfunken erschienen. Krystallisirte Salze zeigen‘ 
auch unmittelbar nach ihrer Krystallisation ihre E. am Elektro- 
meter. Doch fand Grorrauss in Absicht auf die Beschafen- 
heit der E. nichts Constantes, da Alaun, Salmiak und Sapia 
bald positiv, bald negativ erschienen. 

Wenn jede Veränderung des Aggre egatzustandes wesentlich" 
von einem veränderten Verhältnisse gegen die Wärme abhängt; 
so folgt hieraus eine nahe Verwandtschaft der Elektricitätserr- 
gung durch eine solche Veränderung mit derjerigen durch arf- 


















1 Schweigg. Je XIV. 275. i 
2 Jahresberichte von Berz. IV. Jahresbericht S. 45. | 
3 Ebendas, 

4 Vergl. vorzüglich einen interessanten Aufsatz: von dem Her 


ausgeber: Ueber Lichterscheinung bei der Krystallisation in Sohweigg. 
Journ, N, R. XI. 221. auch IX. 29 and X. 271. 


Erregung derselben. 265 
lenden Wechsel der Temperatur, ohne dafs dadurch. der 


'gregatzustand selbst verändert würde, Ich meine hier das 
ervorrufen einer el. Polarität an vielen, krystallisirten Minera- 
m, welches in so vielen Fällen sich zeigt, dafs mehrere Phy- 
ker diese Classe von Erscheinungen mit einem eigenen Namen 
x Pyro- oder Thermo- Elektricität zu bezeichnen 
ıgefangen haben. 

Von Elektricitätserregung durch hlofse Zichtbestrahlung 
hit es an einer Erfahrung, und immer würde eine solche es . 
weifelhaft lassen, ob nicht vielmehr die Wärme .das thätige 
rincip dabei gewesen sey. 

Wenn man erwägt, dafs die neuere Theorie der Chemie 
Ne Wirkungen der Verwandtschaft auf das Spiel. el. Kräfte 
wrückzuführen bemüht ist, so sollte man glauben, dafs die chemi- 
khen Processe durch die Elektricitätserregung vorzüglich ver- 
mittelt werden. , Dieser Ansicht huldigen viele Physiker, und 
wir werden unter dem Artikel Galvanimus Gelegenheit ha- 
sen, dieselbe näher zu prüfen. Hier möge nur im Allgemeinen 
vemerkt werden, dafs keine einzige sichere Thatsache vorhan- 
ken ist, durch welche der Beweis geführt werden könnte, dafs | 
lurch den chemischen Procels als solchen das el. Gleichgewicht 
gestört, und die vorher ruhenden Elektricitäten entweder in 
eine freie Spannung versetzt oder zum el. (galvanischen) Kreis- 
anf in einer geschlossenen Kette aufgeregt würden. Der fran- 
zösische Physiker BECQUEREL glaubte zwar, durch sehr unzwei- 
dentige Versuche diese Elektricitätserregung als Folge chemischer 
Wechselwirkung bewiesen zu haben. Er bediente sich dazu 
eines elektromagnetischen Multiplicators, der so zugerichtet 
war, dals das eine Ende des mehrmals umschlungenen Metall- 
Brabts in eine angelöthete, etwas geräumige, Vertiefung, oder 
einer Art Schälchen von Platin, das andere in eine Zange von 
demselben Metalle ausging. Gols nun BECQUEREL eine Säure 
in die Vertiefung, und wurde ein Stück kaustisches. Alkali oder 
rgend eine andere basische Substanz mit der Zange gefalst und 
un die Säure gebracht, so zeigte die Abweichung der Magnet- 
adel, welche sich im Wirkungskreise des Multiplicators be- 
ınd, die Entstehung eines el. Stromes an. Von der Säure ging 
ositive, von dem Alkali negative E. aus, und der el: Strom 





1 8. Krystallelekıriciät. N 


` 


266 Elektricität. 


war um so kräftiger, je grölser die Verwandtschaft zwischen den 
Körpern war, die sich verbanden. Um die Verbindung lang- 
samer zu bewerkstelligen kann der eine der hierzu anzuwenden-. 
den Körper in eine nasse Blase eingeschlossen werden. Metall-' 
oxyde wirkten gegen Alkalien wie Säuren; dasselbe thaten Er- 
den und Metallsalze, Durch doppelte Zersetzungen, wo die 
Basen und Säuren gesättigt blieben, erhielt BECQUEREL kein 
Zeichen von el, Strömung, ausgenommen wenn Eisenvitridl $ 
durch blausaures Eisenkali gefällt wurde, wobei ersterer nach. 
Art einer Säure wirkte!, Selbst bei Auflösung von trockener 
Säuren in Wasser, ja beim Zusammenkommen von concentrirten‘ 
` flüssigen, wie der Salpetersäure oder Schwefelsäure mit Was- 
ser, zeigte sich jene el. Wirkung. Nur wurde bei Anwendung: 
der flüssigen Säuren, weil sie nicht unmittelbar von der Platin-- 
‚zange gehalten werden konnten, Platinschwamm damit getränkt, :f. 
der von der Platinzange gefalst nunmehr in das destillirte Was». 
ser des Platinlöffelchens getaucht wurde. Die Richtung des d;i, 
Stromes war hierbei eben dieselbe, als wenn das Wasser eim 
Base wäre, und umgekehrt, wenn kaustisches Alkali in Wasser. 
aufgelöst wurde, so gab der el. Strom zu erkennen, dafs ds: 
Wasser wie eine Säure wirkte, Nur die Salzsäure machte eine" 
Ausnahme, indem sie sich gegen das Wasser el. positiv ver 
hielt, worin sich diese Säure andern durch Wasser verdünnte ` 
Säuren gleich verhielt, die, wie ich schon früher von de 
Schwefelsäure gezeigt habe?, ihren el. Werth durch die Ver- 
dünnung mit Wasser umkehren, was auch mit SEsBEecx’s Vere ` 
suchen über die thermomagnetische Reihe der Körper überem- 
stimmt. Beider Auflösung von Salzen in Wasser fand Becgumam _ 
wenig oder keine el. Wirkung, nur bei der Auflösung von 
schwefelsausem Natron und salzsaurem Baryt wurde eine ge- 
ringe Spur davon bemerkt, wobei sich das Wasser gleich eine 
Säure verhielt. BECQUEREL untersuchte ferner die el. Phäm- | 
mene, welche bei der Vereinigung zweier Säuren entstehen, & 
erhielt aber nur veränderliche und anomale Wirkungen. 

Da die Capillarität auf der Anziehung der kleinsten Theil- 
chen einer Flüssigkeit gegen die Materie des Haarröhrchens | 
beruht, die gleichsam die erste Stufe der Anziehung ist, so 






















1 Schweigg. J. N. R. IX. 385. 
2 Gehlen's Journ. d. Ch. und Ph. V., 82. 


Erregung derselben, 267 


aenen die Versuche über die Elektricitätserregung durch Capil- 
ität durch ihre Resultate, jene über die Elektricitätserregung 
rych eigentliche chemische Action noch. weiter zu hestätigen, 
n diese Wirkung darzustellen, bediente BECQUEREL sich eben 
des aus dem Platinsalmiak bereiteten Platinschwammes, wie 
‚den oben angeführten Versuchen, falste die poröse Masse an. 
sn einen Ende mit der Zange des Multiplicators und tauchte 

ein die im Platinlöffel am andern Ende des Multiplicators ent- 
ältene Salpetersäure. Dabei entstand, so lange der Platin- 
chwamm die Säure einsog, ein el. Strom in ‚entgegengesetzter 
lichtung, als es hätte der Fall seyn sollen, wenn die Säure das 
fetall angegriffen hätte, und sobald die Poren mit Säure ge- 
üllt waren, hörte alle Wirkung auf, Wasser statt der Säure, 
hat keine Wirkung, weil, wie BECQUEREL meint, es ein zu. 
schlechter Leiter der E. ist, aber auch concentrirte Salpetersäure, . 
wenn gleich ein besserer Leiter als verdünnte, brachte eine 
schwächere Wirkung wie diese hervor. 

Alle diese Versuche beweisen aber meines Dafürhaltens. 
durchaus nicht, was BECQUEREL dadurch bewiesen zu haben 
glaubt, da sich alles sehr gut aus den Gesetzen der Contact-E. 
erklären lälst, und kein Grund vorhanden ist die chemische. 
Action als solche als die Quelle der el. Strömung anzusehen. 
i allen obigen Versuchen wirkte nämlich eine einfache galva- 
tische Kette aus zwei Leitern der zweiten Classe (feuchten Lei- 
tem) und einem Leiter der ersten Classe, dem Platin, das an 
beiden Enden des Multiplicators angebracht war, und wovon 
das eine, den einen, das andere den andern feuchten Leiter 
berührte, und die Stärke und Richtung des el, Stromes war 
dann jedesmal das Resultat der combinirten Zusammen- und 
Entgegenwirkung der Störung des el. Gleichgewichts in den drei 
Berührungspuncten, zwischen dem Platin (der Zange oder dem, 
Schwamme) und dem einen feuchten Leiter, dem Platin (dem 
Löffelchen) und dem andern feuchten Leiter und. den beiden 
feuchten Leitern unter einander selbst, Diese Kettenwirkung 
nulste so lange fortdauern, als noch in irgend einem Theile des 
laumes die wechselseitige chemische Verbindung zwischen den 
eiden feuchten Leitern nicht erfolgt war, d. h. so lange noch, 
ie feuchten Leiter in ihrer Heterogeneität in einer endlichen 
a 


4 Schweigg. Journ. N. R. X. 408, 


268 Elektricität. 


Menge neben einander existirten, folglich in Berührung mit 
einander waren und schon vermöge dieser allein das el, Gleich- 
gewicht stören mulsten. Dasselbe hat auch Berzerıus bemerkt 
wenn er? nach summarischer Anführung obiger Versuche hinzu- . 
fügt. Er müsse bemerken, dafs diese Versuche von ganz glei-. 
cher Natur mit denen seyen, die mittelst Säulen von einem 
Metall und zwei Flüssigkeiten gemacht werden, zu deren Be- 
weiskraft sie nichts zulegen können 2, “ 

Was die Elektricitätserregung durch Capillarität betriff, 
so scheint auch hier alles sich auf die Wirkung einer galvanischen 
Kette aus zwei Metallen und einer Flüssigkeit zurückführen zu 
lassen, indem es aus andern galvanischen Versuchen bekanıt : 
ist, dals die Verschiedenheit eines und desselben Metalls an 
Politur, Glanz, Wärme u. s. w, schon hinreicht, zwei solche 
Stücken oderEnden gleichsam zu Aequivalenten von zwei hete- 
rogenen Metallen zu machen, und die Verschiedenheit zwischen 
einem polirten Stücke Platin und dem Platin in Form de 
Schwammes die gröfstmöglichste ist, die in dieser Hinsicht statt 
finden kann, Ä 


IV. Mittheilung der E.. Austheilung der: 
selben an die Leiter. Gesetze für die 
Capacität isolirter Leiter. CouLomB% ; 
Untersuchungen. Wirkungen der mit `` 
getheilten E. auf Thiere, Pflanzen, ver 
dunstende Materien und Gasarten. 


Ein elektrisirter Körper theilt seine E. andern ihn berib- 
renden mit, und verliert dadurch soviel, als er mitgetheilt hat. 
Ist er 'ein Leiter, so vertheilt sich dieser Verlust über den gan- 
zen Körper, und alle seine Theile zeigen die el. Erscheinungen 
schwächer; ist er aber ein Nichtleiter, so triftt der Verlust nur 
die berührteStelle, weil die nicht leitende Eigenschaft dem Stre- 
ben nach Ausgleichung Widerstand leistet. So benimmt man 
einer geriebenien Glasröhre durch Berühren mit dem Finger ihre 
E. nur an dieser Stelle, um sie ganz zu entziehen, mufs man 
sie mehrmals und an vielen Stellen berühren. Einem Metall- - 





1 IV. Jahresbericht $. 25. l, | 
2 Vergl. Galvanismus. 















Mittheilung derselben. 269 


iabe aber entzieht die Berührung eines mit der Erde verbun- 
en Leiters alle seine E. auf einmal. 
Wieviel ein Körper durch die Berührung anderer verliert, 
kommt darauf an, ob die andern wenig oder viel annehmen. 
r kommt also die Lehre von der Capacität der Körper für E., 
je bereits in dem Artikel Condensator berührt worden 
, aus einem neuen Gesichtspuncte in Betrachtung, und gerade 
über haben wir die allergenauesten, in mathematischen For» 
darstellbaren Bestimmungen vorzüglich den scharfsinnigen 
oelektrometrischen Untersuchungen des berühmten franzö= 
schen Physikers CovLomB zu verdanken. Der Fundamentalsatz 
alle diese Bestimmungen ist, dals die freie, mit Spanhung 
bte d. h. durch repulsive Kraft nach allen Seiten wirk- 
ne E., sie sey nun positive oder negative, sich lediglich nur 
if der Oberfläche der Körper verbreite und anhäufe, und nicht 
das Innere der Substanz derselben eindringe, dafs also die 
fasse der Körper als Masse, und wenn von der verschiedenen 
elligkeit der Verbreitung abgesehen wird, auch die Quali- 
ft derselben hierbei gar nicht in Betrachtung komme , sondern 
#2 sich alles nur auf die Oberfläche der Körper, jedoch nicht 
Wofs der Quantität, sondern auch der Qxalität ihrer Ausdeh- 
þang, d. h. ihrer Grölse sowohl als Gestalt nach beziehe, 
wad dadurch bestimmt werde. Zum strengen Erweise dieses 
"Hauptgesetzes durch Versuche, und zur empirischen Bestäti- 
‚gang der theoretischen Gründe, die -auf dasselbe Resultat füh- 
ren, war es vor allen Dingen nöthig, ein genaues Mals für die 
E ausfindig zu machen, das noch die kleinsten Grade von E. in 
Jestimmten Zahlwerthen anzugeben geeignet war. Wir verdanken 
sin solches dem Scharfsinne CouLom»’s in der el. Waaget, wo 
Bie Drehkraft eines feinen Silberfadens, oder der Widerstand, 
belchen derselbe der Drehung leistet, zum Malse für die el. 
Bepulsivkraft dient, nachdem durch anderweitige Versuche die- 
bes Mals selbst durch genaue Bestimmung aller Momente, welche 
hif die Grölse dieses Widerstandes ihren Einfluls äulsern, erst 
ewonnen ward ?. 
Wenn die freie E. auf einer gegebenen Oberfläche, z. B. 
iner Kugel, an jedem Puncte derselben durch jenes Mals ge- 





1 S. Waage, elektrische. Vergl, Drehwaage. 
2 Vergl. Elasticität gegen Drehung. 


270 Elektricität. 


‚prüft die gleiche Repulsivkraft zeigt, so folgt daraus, dafs die 
.E. auf dieser Oberfläche ganz gleichförmig vertheilt ist. Daß 
nun CovLomB»’s Drehwaage durch die Drehkraft als Mafs der Re- 
pulsivkraft unmittelbar die wirkliche Menge der freien E. a 
jedem Elemente der Oberfläche messe, beweiset ohne Wider- 
rede der Versuch mit zwei Leitern von ganz gleicher Beschaf- 
fenheit in Rücksicht auf Gröfse und Gestalt, z. B. zwei Cylin- 
dern, oder zwei Parallelepipedis, von denen einem zuerst E. 
mitgetheilt, dieStärke derselben durch die Drehwaage bestimmt, 
und dann der andere Leiter ganz symmetrisch an den andern i ` 
parallele Lage und in leitende Verbindung mit ihm gebracht 
wird, wo, wegen des ganz gleichen Verhältnisses beid 
Leiter in Beziehung auf einander, die E. sich unter beide 
nothwendig zu gleichen Hälften vertheilt, die Drehwaage dam 
‚aber auch die Hälfte der Repulsivkraft an jedem Leiter anzeigt” 
Es folgt hieraus eben so nothwendig, dafs wenn die freie B. ~ 
nur an der Oberfläche haftet, eine Kugel von doppelter Ober- Ä 
fläche, bei gleicher Repulsivkraft an jedem Puncte, das dop- 2 
pelte Quantum von E., und so überhaupt Kugeln bei gleiche. 
Spannung der E. Quantitäten im Verhältnisse ihrer Oberfläche‘ 
besitzen werden, da für jedes gegebene Element die Menge de; 
‚E. bei gleicher Repulsivkraft dieselbe seyn mufs, wie der obig ` 
Versuch beweiset. Die gleichförmige Verbreitung der E. af 
Kugeln, die von allen Seiten gleichmäfsig mit Luft oder irgend 

einem andern ganz homogenen Nichtleiter umgeben sind, folgt 

schon aus dem Wesen einer Kugel, weil jeder Punct ihrer . 
Oberfläche in Beziehung auf alle übrigen Puncte ganz dieselbe 
Lage hat, wie jeder andere, und also jeder ganz denselben Ein- $ 
flüssen der Repulsion von allen übrigen Puncten her unterworfen 
ist. Dals nun die freie, mit Spannung begabte, und in diese 4. 
Spannung relativ ruhende E. wirklich nur an der Oberfläche 4 
hafte und nicht in dem Innern der Körper mit verbreitet sg, 
folgt schon mit Nothwendigkeit aus dem Begriffe einer nach ak 
len Seiten thätigen Repulsivkraft, ihre Intensität mag nun nad 
den einfachen oder quadratischen Verhältnissen der Entfernung 
abnehmen, wenn zwischen den Theilchen, die durch diese 
"Repulsivkraft sollicitirt werden, und den materiellen Theilch@ 
des Körpers, an welchen die E. auftritt, keine weitere Beziehung, 
weder von Anziehung noch von Repulsion statt findet. Directe 
Versuche mancherlei Art beweisen aber auch den Satz unmit- $ 





















Mittheilung derselben. | 271 


ar. Man nehme z. B. einen leitenden Körper von sphäroi- 
her Form wie S, man verfertige sich zwei sehr dünne Kap-Fig. 
E E gleichfalls von einer leitenden Substanz, wie von 29, 
dpapier, und gebe ihnen eine solche Krümmung, dals, wenn 
an einander stolsen, sie den Körper S genau einschlielsen 
. umhüllen; man befestige an diese Kappen nach Aulsen 
»ı passende Handhaben von SchellackM, M, so dafs man 
gut anfassen kann, ohne ihnen ihre E. zu entziehen. Man 
ire den Körper S durch einen gläsernen Fufs oder hänge ihn 
nem wohl mit Schellack überzogenen seidenen Faden auf, 
. theile ihm irgend einen Grad von E. z. B. durch Funken 
dem ersten Leiter der Elektrisirmaschine mit. Nunmehr 
licire man mit Hülfe der isolirenden Handhaben jene oben 
;hriebenen Kappen gehörig an den Körper S, um ihn ganz 
ımhüllen; ziehe sie sogleich wieder mit derselben Vorsicht 
on ab, und prüfe sie durch ein Elektrometer. Man wird 
en, dals sie dem sphäroidischen Körper alle seine E. geraubt 
:n, der auf dieselbe Weise untersucht Reine Spur davon 
en wird. Man erhält dasselbe Resultat durch eine andere 
von Versuchen, die den Satz auf eine allgemeinere Art be- 
en. Man bohre in einen Leiter von beliebiger Gestalt ein 
' mehrere cylindrische Löcher von beliebiger Tiefe und 
4—5 Linien Durchmesser, verfertige sich einen Faden von 
lack, von einigen Zollen Länge, und befestige an das 
à desselben eine Scheibe von Goldpapier, oder ein Kügel- 
ı von Hollundermark, von einem Durchmesser, der etwa 
$ der Weite jener Löcher beträgt. Dann isolire man den 
enen Löchern versehenen Leiter, elektrisire ihn hinlänglich 
durch einen Funken aus dem ersten Leiter der Elektrisir- 
hine, und führe mit aller Vorsicht, indem man den Faden 
Schellack an seinem freien Ende hält, das eine Ende mit 
zoldscheibe oder dem Hollundermarkkügelchen in eines je- 
‚cher, wobei man sich aber wohl in Acht zu nehmen hat, 
die Ränder der oberen Oeffnung desselben nicht berührt 
en. Auch wenn der Boden des Loches oder die innern 
dungen berührt worden sind, wird doch die Goldscheibe 
das Hollundermarkkügelchen keine Spur ‚von E. zeigen, 
lie Prüfung an einem hinlänglich empfindlichen Elektroskope 
iset. Hieraus ergiebt sich unwidersprechlich, dals die 
‚ aber nicht in wirklicher Strömung begriffene, sondern nur 


272 Elektricität. 


"mit einem gegebenen Grade von Spannung nach Aufsen 
bende E. blofs an der Oberfläche der Körper haftet, Denk 
‘sich nun die Ursache der el. Erscheinungen als ein sehr 
ätherisches Fluidum, eine Vorstellungsart, mit welche 
Phänomene am besten zusammenstimmen, so muls mar 
dasselbe an den Leitern unter der Gestalt einer höchst di 
Schicht vorstellen, deren äufsere Oberfläche mit der Li 
Berührung ist, wo sie durch den Druck und die isolirend 
genschaft derselben zurückgehalten wird, und ganz mi 
Oberfläche des Leiters selbst zusammentrifft, deren Dicke 
wie dünn sie übrigens an. sich seyn mag, sich nach der N 
der Theilchen, welche an jedem Elemente der Oberfläch 
Leiters angehäuft sind, richten muls. Dals die. Qualitä 
Körper bei der Vertheilung der freien E. über ihre Ober! 
nicht den geringsten Einflufs auf die Menge derselben hat, 
nur insofern in Betrachtung kommen kann, als die in vers 
denen Graden isolirende Eigenschaft der Körper der Verbre 
der E. auf der Oberfläche mehr oder weniger Widerstand 
stet, hat CouLoms durch einen entscheidenden Versuch be 
sen. Er theilte der kupfernen Kugel seiner Drehwaage ı 
bestimmten Grad von E. mit, welcher durch die Drehungs 
kel der zurückgestolsenen Scheibe ven Goldpapier gem 
werden konnte, berührte die kupferne Kugel schnell mit ı 
‘andern von Hollundermark von gleichem Durchmesser, 
entfernte diese sogleich, dann zeigte sich die Repulsivl 
welche die kupferne Kugel ausübte, nur noch als dieH 
der vorhergehenden, woraus folgt, dafs da die Repulsf 
bei derselben Oberfläche im Verhältnisse der Quantität d 
Fluidums steht, die kupferne Kugel gerade die Hälfte desse 
an die Kugel von Hollundermark abgegeben haben mulste, 
folglich die verschiedene Qualität beider Körper nicht der 
ringsten Einfluls auf die Vertheilung geäufsert hatte. Aud 
dere Versuche gaben durchaus dasselbe Resultat, wvenigster 
alle diejenigen Körper, welche in ihrem Leitungsvermögen 
nig von einander abweichen, und also’ namentlich für die 
talle. Um so auffallender muls ein Versuch Parror’s in D 
erscheinen, der bei ganz gleicher Oberfläche und Gestalt 
sehr verschiedene Capacität verschiedener Leiter, nach 
schiedenheit ihrer besondern Qualität beweisen würde. 


N 


Mittheilung derselben, 273 


ehme, sagt Pınror! zwei Metallplatten, jede mit einem iso- 
renden Handgriffe, beide gleich grofs und gleich geschliffen, 
ber die eine von Kupfer, die andere von Zink, und stelle jede 
uf ein besonderes isolirendes Gestell. Dann lege man an sie 
inen gemeinschaftlichen Leiter in Gestalt eines >, der mit ` 
einer Spitze auf einem dritten Isolator ruhe, und berühre diese 
pitze mit dem Knopfe einer sehr schwach geladenen Kleist’schen 
tasche, fasse jede der Platten am isolirenden Handgriffe, und 
erühre damit ein. Goldblattelektrometer; so wird dieses jederzeit 
sehr Divergenz zeigen durch die kupferne Platte als durch die 
on Zink, nnd in’ einer Anmerkung fügt der Verfasser hinzu, 
mís sich aus 34 Versuchen als Mittelzahlen :die Divergenzen 
um Elektrometer 59° für das Kupfer, und 14° für das Zink er- 
mben, woraus er die, wie er bemerkt, wichtige Folgerung 
fieht, dafs wenn man die Leidner Flaschen mit Kupfer belegte, 
Ís eine weit gröfsere Menge von E. aufnehmen würden, da 
Wien und Zinkin obiger Hinsicht nicht weit aus einander stehen. 
Wiederholte Parrot den Versuch so, dafs man jede Platte 
mmittelbaran die Flasche und dann an das Elektrometer brachte, 
Re war die Mittelzahl der Divergenz 20°,8 für das Kupfer, 9°,6 
Wär das Zink. Es ist schwer abzusehen, worin die Ursache die- 
ie sonderbaren Anomalie von allen el. Gesetzen gelegen haben 
‚Bei Wiederholung dieser Versuche bei gleich grofsen und 
dicken, wohl polirten, kreisförmigen Zink - und Kupfer- 
von verschiedenem Durchmesser habe ich durchaus keine 
verschiedene Spannung durchs Goldblattelektrometer be- 
können, und es ist selbst, wenn man den verschiede- 
im Metallen eine verschiedene Capacität. für die E. in dem 
me der verschiedenen Capacität der Körper für Wärme zu- 
iben wollte, doch jenes oben erwähnte, von PAnror erhal- 
, Resultat unbegreiflich, da nach jener Analogie zwar un- 
Raeitig verschiedene Quantitäten von E. erforderlich seyn wür- 
-um in verschiedenen Metallen, von übrigens gleicher 
und Gröfse dieselbe el. Spannung, die durch das Elektro- 
Inter gemessen wird, hervorzubringen, diese Spannung selbst 
über, nach dem Gesetze des Gleichgewichts in ihnen, da sie 
Biss demselben Quell schöpfen, und sich mit diesem ins Gleich- 


i icht setzen, dieselbe seyn mülste, gerade so, wie verschie- 


1 CGrandrils der theoretischen Physik If. 517. i: 1265. 
III. Bd. 
















274 _Elektricität. 


dene Körper, ohngeachtet ihrer verschiedenen Capaciti 
Wärme die gleiche Temperatur mit dem Medium anne. 
. das für sie die Quelle der Erwärmung ist. 
Ä Wenn nun nach Uebereinstimmung aller Versuche (b 
obige Ausnahme) die verschiedene Qualität der Körper k 
Eintiluls auf die Capacität derselben für E. äulsert, so üb 
verschiedene Gestalt einen um so grölseren aus, \vovoi 
Grund in der verschiedenen Wechselwirkung der auf der ( 
fläche verbreiteten E. auf sich selbst durch die Repulsiy 
ihrer Theilchen, die von dieser Gestalt wesentlich mit abk 
liegt. Schon Vorra? hat eine Reihe interessanter Ver: 
hierüber angestellt. Er fand im Allgemeinen, dafs die I 
.eines Leiters seine Capacität für E. in einem viel höheren ( 
vermehrt, als die Zunahme seines Durchmessers. Von 
Cylindern, wovon der eine einen Fuls Länge 4° Durchm: 
= der zweite zwei Fufs Länge und 2”, und der dritte acht 
Länge und $” Durchmesser, und demnach sämmtlich ı 
Quadratfuls Oberfläche hatten, wobei die halbkugelförn 
Flächen der Enden nicht in Anschlag gebracht sind, so 
also die Oberfläche des dicksten Cylinders noch etwas gr 
war, hatte Letzterer bei weitem die grölste Capacität. ` Die 
gab sich daraus, dafs wenn alle drei so lange geladen wu 
bis sie von selbst Funken ausströmten, der dritte die ersc 
terndsten Funken gab, dafs ferner, um den dritten zu glei 
Spannung, wie die beiden andern zu laden, mehr Umdrel 
gen der Elektrisirmaschine nöthig waren, auch eine an ihn 
entladende Leidner Flasche vergleichungsweise mit den be 
andern, den längsten Funken gab. Man würde demnach 
: einer weiter gehenden Verlängerung bei gleichbleibender Ol 
fläche die Capacität fortschreitend‘ vermehren können, w 
nicht eine gewisse Dünne wieder Grenzen setzte, bei wel, 
die E. sich zu leicht zerstreuet, besonders wenn der metallis 
Draht, den man als Leiter gebraucht, ungleiche Stellen 
Eine Dicke von 6 Linien ist indessen noch sehr brauchbar. N 
genauere Versuche hat indessen CouLomB durch Hülfe se 
el. Waage hierüber angestellt, die auf dasselbe Resultat füh 
Es werden nämlich bei der Mittheilung der E. von einem Le 





1 Dessen Schriften über E. nnd Galvanismus übers. von 
C. F, Nasse I. Band 1803. S. 1. If. 


Mittheilung derselben. 275 


n einen andern isolirten Leiter die Quantitäten von E., die der 
ine zurückbehält und der andere empfängt, durch die Bedin- 
sungen des Gleichgewichts bestimmt, welches im Au&enblicke 
ler Berührung zwischen den Repulsivkräften der el. Flüssigkei-. 
ten, die sich zwischen den beiden Oberflächen vertheilt haben, 
eintreten muls. Vertheilt sich z. B. die Flüssigkeit unter Ku- 
geln von ungleicher Oberfläche, so weichen die Quantitäten in 
einem geringeren Verhältnisse von einander ab, als die Ober- 
Bichen, oder die kleinere Kugel bekommt immer mehr, als 
Bach Verhältnifs ihrer Oberfläche. Das Gleichgewicht erfordert 
kämlich, dafs das Verhältnils zwischen der Quantität der klei- 
heren und der grölseren dasjenige, welches zwischen den Ober- 
Bichen statt findet, hinlänglich übersteige,; damit sein Ueberge- 
wicht dasjenige 'ersetze, was die kleinere Kugel im Verhältnifs 
ährer weniger ausgedehnten Oberfläche verliert. Betrug die 
Mberfläche der kleinern Kugel ungefähr „. der grölseren, so 
ir ihre Quantität ungefähr q von dem Fluidum der Andern. 
Be die el. Dichtigkeiten an jedem Puncte bei Kugeln, auf wel- 
dhen die E. wegen gleichförmiger Lage aller Puncte gegen ein- 
wi gleichförmig vertheilt ist, . die Quotienten der Quantitäten 
el. Fluidums dividirt durch -die'Oberflächen sind, so war 
$ CovLoms leicht, durch directe Versuche das Gesetz zu finden, 
welchem die el. Dichtigkeiten. der Körper, unter welche 
die E. vertheilt hatte, variiren. -CovLoms fand so, dals 
Mk zwei Kugeln, wovon die eine dieselbe bleibt, während man 
Be dere immer kleiner und kleiner nimmt, das Verhältnifs 
nie el. Dichtigkeiten nach einer immer langsameren Progression 
‚ welche das Verhältnifs von 2 : 1 zur Grenze hat, so 
im Falle dieser Grenze die zweite Kugel unendlich klein 
ommen werden muls, und nur an dieser Grenze die klei- 
Kugel noch einmal soviel E. aufnimmt, als sie nach dem 
ältnisse ihrer Oberfläche aufnehmen sollte. 
Bei isolirten cylindrischen Leitern, welche mit Kugeln in 
ng kommen, gilt im Allgemeinen das Gesetz, dafs bei 
icher Oberfläche der cylindrische Leiter verhälmifsmäfsig um 
mehr aufnimmt, je länger erist, dafs aber auch der Ort, an 
belchem die beiden Leiter sich bei der Mittheilung berühren, 
en Einflufs äufsert, indem der cylindrische Leiter am mei- 
aufnehmen wird, wenn die Mittheilung an einem seiner 
dpuncte geschieht, und in dem Verhältnisse weniger, in 


S 2 














. 
» 


276 | Elektricität. 


welchem die Berührung der Mitte des Cylinders 
rückt. 

Die stärkeren Grade der E. verbreiten sich an de: 
Leitern von  beträchtlicher Länge mit einer bewunderun 
digen Geschwindigkeit. Man hat über diese Geschwir 
vorzüglich durch Hülfe der Entladung von Leidner F 
und Batterien Versuche angestellt, und für die bisher unt 
ten Entfernungen, wovon die gröfste 12276 Schuhe w: 
Fortleitung der E. instantan gefunden. Indessen entsı 
diese Versuche nach der Art, wie sie angestellt wurden. 
sicher über diese Geschwindigkeit, da VoLTA gezeigt he 
bei solchen Entladungen von Flaschen und Batterien durch 
Strecken von Leitern jede Belegung sich ihrerseits entlad 
sich die Elektricitäten der beiden Belegungen nicht unm 
mit einander ausgleicheri, folglich auch, es mag nun h 
Bewegung einer Flüssigkeit oder die blofse Fortpflanzun; 
Bewegung angenommen werden, diese Flüssigkeit oder 
gung nicht den Weg von der einen Belegung zur andern 2 
zulegen hat, und folglich auch über die Geschwindigke 
selben nichts daraus hervorgeht. Um über die Geschwin 
der Fortpflanzung der el. Leiter ein sicheres Resultat zu 
ten, mülste man grolse, Batterien oder Volta’sche Säulı 
grofser Spannung und vorzüglicher Leitung im Innern m 
einen Ende eines wohl isolirten, mehrere tausend Fuls 
Drahtes in Berührung bringen, wobei man bei der sel 
Fortleitung des mit der Mittheilung der E. zugleich her 
chenden Schalls durch den Draht, die nach Bıor’s Ver 
für eine Strecke von 12000 Par. Fufs nur 1,125 Sec. } 
sich vielleicht kein Unterschied in der Zeit ergeben wün 
welcher an dem andern Ende des Drahtes dieser Schall 
wird, und das damit in Berührung stehende Elektrometer 
die Divergenz seiner Strohhalme die bis dahin vorgedn 
Leitung der E. anzeigt, sofern, wie Rırrer1 sinnreich be 
das was im Innern schwingender Körper während ihrer Sı 
gung vorgeht, eine Reihe oscillatorisch abwechselnder 
gengesetzter el. Processe ist, und folglich die Fähigk: 
Fortleitung jener Schwingungen und damit des Schalle: 
Tones selbst unmittelbar an die Fähigkeit zur Fortleitu: 


1 Schweigg. J. II. 8. 231. 






















Mittheilung derselben, 277 


v el. Processe_gebunden zu seyn scheint, in welchen aber 
bst nichts als die zu ihnen gehörige E. fortseleitet wird. 
jls jedoch die Schnelligkeit der Fortleitung von der Stärke der 
mit abhänge, und dals schwächere Grade von E. einige Zeit 
rauchen, wenn sie lange, vollends nicht ganz vollkommene 
piter durchdringen sollen, scheint wohl keinem Zweifel unter- 
pefen, womit dann freilich, so weit bis jetzt unsere Versuche 
jhen, eine Verschiedenheit zwischen der Art der Fortleitung 
$ Schalles und der E. auch durch die vollkommenen metalli- 
jen Leiter sich ergiebt. 
Es folgt aus den bisher vorgetragenen Sätzen in Betreff der 
ftheilung der E. sehr natürlich, dafs man, um die E. eines Kör- 
s eine zeitlang zu erhalten, ihn isoliren oder mit lauter 
ıtleitern umgeben müsge, die wenig oder nichts von seiner 
annehmen. Dafs die Luft ein solcher ist, kommt uns sehr 
| statten. Wäre sie ein Leiter, so würde man fast gar 
w el. Versuche anstellen können, jeder Körper würde seine 
Bihr augenblicklich mittheilen und diese sichin der Atmosphäre 
Bstreuen. So aber ist ein Körper in der Luft isolirt, wenn er 
p seidenen Schnüren hängt, auf Glas oder Pech ruht u. s. w. 
lefs ist auch diese Isolation keine vollständige, sondern der 
sktrisirte Körper verliert sowohl durch Mittheilung an die 
jngebende Luft, als an die nicht absolut, sondern nur relativ 
kelirenden Träger, die ihn stützen, oder an denen er hängt, 
Almälg, wenn gleich in abnehmender Progression, seine E. 
ginzlich. ` | 
Da die Bestimmung der durch die umgebende Luft und di 
Zräger statt findenden Zerstreuung der E, für den Gebrauch der 
-Waage zur Beurtheilung und Festsetzung der Gesetze. der 
und besonders ihrer Abnahme bei der Mittheilung an andere 
und der Abhängigkeit ihrer Wirksamkeit von der Ent- 
ung von der grölsten Wichtigkeit seyn mufste, so hat auch 
über ÇouLom» eine Reihe von Versuchen angestellt 1. Die 
sft scheint schon an und für sich zur Zerstreuung der E. bei- 
agen,, indem die an den elektrisirten Körper unmittelbar 
nzenden Lufttheilchen ohngeachtet ihres so unvollkomme- 
kn Leitungsvermögens doch allmälig das el. Fluidum aufneh- 
en, wenn-sie mit demselben getränkt sind, von dem elektri- 










‚1 Biot Traité II. 24. 


278 Elektricität, 


sirten Körper zurückgestofsen werden, und neuen Theilchen Platz 
machen, ohngefähr anf dieselbe Weise wie die Flüssigkeiten 
die \Värme leiten. Noch mehrals die eigentlichen Lufttheilchen 
scheinen die Theilchen des }Fasserdunstes, der sich stets in de 
Atmosphäre befindet, zur Zerstreuung der E. beizutragen, wes 
wegen denn bei sehr feuchter Beschaffenheit der Luft alle di; 
Versuche so schlecht gelingen. Auch ziehen die Isolatoren, 
welche die elektrisirten Körper tragen, aus dieser feuchten Lat 
leichter Wasser an, und überziehen sich vermöge der Adhäsioa f 
mit einer \Vasserhaut, welche, wenn sie stärker adhärirt, ak f- 
sie, nachdem sie da, wo sie an den elektrisirten Körper an- 
grenzt, von diesem E. aufgenommen hat, nunmehr von ihi 
zurückgestoľsen wird, zu einer Fortleitung der E. längs de 
Ausdehnung des isolirenden Trägers Veranlassung giebt. Am 
CovLos»’s Versuchen über die allmälige Zerstreuung der E: 
durch die Luft ergab sich das Resultat, dafs wie verschiedes 
auch dem Grade nach die dadurch veranlafste Zerstreuung nach | 
Verschiedenheit des hygrometrischen Zustandes, der Tempe i 
tur und des Lultdruckes an verschiedenen Tagen war, der Ven 
lust doch jedesmal in einen constanten V erhältnisse mit derjeda 
maligen el. Spannung blieb, oder einen gleichen verhä er, 
mäfsigen Theil in derselben kurzen Zeit z. B, in einer Mimik‘ 
ausmachte, aber freilich zu verschiedenen Zeiten, besonders mè. 3 
der hygrometrischen Beschaffenheit sehr verschieden ausfiel, $ $ 
verlor, durch Hülfe der Drehwaage gemessen, ein elektrisite 
ter Kürper das eine mal in jeder Minute nur y, an einem ar. į 
dern Tage aber „!; von seiner jedesmaligen mittleren Kraft. An- | 
ders verhält sich die Zerstreuung der E. durch die isolirend 
Träger. Im Anfange, so lange die Intensität der E. noch gi 
[ser ist, ist dieselbe sehr merklich, nimmt aber bald ab, 
erreicht eine Grenze, wo alle weitere Zerstreuung durch de 
isolator aufhört, und dieser den elektrisirten Körper völ 
isolirt, während die Zerstreuung der E. durch die Luftine 
nem gleichmälsigen Verhältnisse zu der Intensität der E., werd‘ 
die Beschaffenheit der Luft dieselbe bleibt, fortdauert. 
Die Mittheilung der E . geschieht. nicht allein bei da 
unmittelbaren Berührung, sondern auch schon in einiger Enb 
fernung. In diesem Falle ist sie mehrentheils sichtbar, wenig- 
stens im Dunkeln, und geschieht entweder durch Uebergang ï 
talt eines Zunkens, oder durch Ueberströmen in Gestalt ei 


| 






























t 


Mittheilung derselben. 279 


es Licht- oder Feuer- Büschels. Man kann behaupten, dals 
ın der Regel Funken entstehen, wenn die Enden der einan- 
ler genäherten Körper stumpf oder abgerundet sind, dals sich 
Ströme oder Feuerbüschel zeigen, wenn beide Körper oder auch 
nur einer sich in Spitzen enden , und dals die ebene oder platte 
Gestalt der genäherten Flächen der Mitteilung sehr hin- 
derlich ist. 

Wenn nämlich einem elektrisirten Körper in gehöriger 
Entfernung ein anderer nicht elektrisirter, vorzüglich ein Lei- 
ser genähert wird, so äulsert sich zwischen beiden eine An- 
ziehung, die desto stärker ist, je näher sie einander kommen 
(st der eine Körper leicht und beweglich genug, so reilst ihn 
Wiese Anziehung bis zur andern fort). Wird endlich die An- 
Biehung sehr stark durch gehörige Annäherung, und sind die 
Körper abgerundet, so entrteht zwischen beiden der el. Fun- 
m, durch welchen so viele E. übergeht oder mitgetheilt wird, 
-a zur Herstellung des Gleichgewichts zwischen beiden Kör- 

nöthig ist 1. Die Weite, in welcher dieses geschieht, heilst 

bin Schlagweite. Nachher findet man die E. ebenso unter bei- 

Körpern vertheilt, als wenn sie sich berührt hätten. Sind 

Bde Körper Leiter, und ist der, welcher den Funken em- 
eg, mit der Erde verbunden, so wird durch denselben die E. 
= hinweggenommen, jedoch nie so vollständig, wie 
penn jener mit der Erde verbundene Leiter in unmittelbare 

ng damit gekommen wäre, da der Uebergang der E. 
“yon dem elektrisirten Leiter zu dem andern nur successiv, wenn 
wach gleich für die Beobachtung instantan, ist, und daher bei 
Abnahme der E. in diesem Vebergange ein Punct eintritt, 
für die mit viel geringerer Spannung begabte E. die Schlag- 
zu grols geworden ist, und dieser immer nur sehr schwa- 
e-Rückstand nicht weiter übergehen kann. Ist der elektri- 
Körper ein Nichtleiter, so ist der Funken schwach; ertheilt 
ich nur die E, derjenigen Stelle mit, welcher der andere 
am nächsten ist. 

Bei Versuchen, wo man starke Funken oder überhaupt 
farke Uebergänge der E. zur Absicht hat, werden aus diesem 
de die Funken nie aus dem geriebenen Nichtleiter selbst 
ssogen. Man verbindet vielmehr mit dem geriebenen Körper 













1 8. Funken, elektrischer. 


280 Elektricität. A 
einen isolirten metallischen Leiter, welchem jener seine E. mit- 
theilen mufs, und aus dem man die Funken zieht. Dieses ist | 
der sogenannte Zlauptleiter, erste Leiter, Conductor,: 
dessen Einrichtung bei dem Worte Zlektrisirmaschine beschrie- | 
ben wird. Endigt sich der Leiter, der dem elektrisirten Kör- 
per entgegengestellt wird, in eine Spitze, so entsteht nicht s $ 
leicht ein Funke, und überhaupt nur bei sehr grolser Intensität 
der E. des elektrisirten Körpers und auf sehr kurze Entfernus- 
gen 1. Aber die Mittheilung oder el. Ausgleichung erstrect 
sich nun auf eine viel gröfsere Weite, und erfolgt durch em 
anhaltendes, oft mit einem Geräusch begleitetes Ueberströmes, $ 
wobei sich im Dunkeln die schon mehrmals erwähnten Feuer- 
büschel zeigen 2. N 

Ebene Flächen theilen sich, wenn sie einander genähet 
werden, die E. nicht leicht mit, und können einander in paral- 
leler Richtung sehr nahe gebracht werden, ehe der Uebergang 
. durch einen Funken erfolgt, der nur dann aus einer groben , 
Entfernung hervorbricht, wenn etwa auf der einen oder and 
Fläche eine Erhabenheit hervorragt, und dann immer an dise 
ser Stelle. Auf einen geriebenen ebenen Harzkuchen kann me 
eine glatte Metallfläche ganz auflegen und eine Zeitlang 
lassen, ohne dafs sie dem Kuchen das Geringste von seiner’ 
entzöge?”. Wenn den Nicht- Leitern E. mitgetheilt wird, #' 
breitet sich dieselbe nicht über ihre ganze Fläche aus, sondem 
bleibt auf die Stelle, die sie getroffen hat, eingeschränkt, Um 
die Mittheilung zu befördern und über die ganze Oberfläche zu 
verbreiten, pflegt man die Fläche der Nicht-Leiter mit einer ; 
leitenden Materie z. B. Zinnfolie, Goldblättchen u. d. g zu 
belegen #, 

Ueber die Wirkung der mitgetheilten E. auf organische 
Körper, Thiere und Pflanzen, hat man sehr viele Versuche ane: 
gestellt, deren Erfolge indels nicht ganz übereinstimmend aur 
gefallen sind. Was insbesondere die Wirkung der an isolirte 
Menschen mitgetheilten E, betrifft, so hatten mehrere Phys- 


`~ 




















S. Elektrisirmaschine, 
Vergl. Spitzen. 

S, Elektrophor 

S. Flasche, elektrische. 


"> 0 DD mw 





Ñ | Mittheilung derselben. 281 


r, unter andern GERHARD! und CavAaro ? das Resultat auf- 
stellt, dafs eine stärkere E. auf diese Weise ‚mitgetheilt den - 
ils schneller gehen mache, die Ausdünstung befördere und 
e Absonderung der Drüsen vermehre, Indels ist dieses Re- 
tat durch eine erste schon im Jahre 1785 mit aller Sorgfalt an 
3 nach Alter und Geschlecht verschiedenen Personen, gröls- 
mtheils Aerzten und geübten Beobachtern mit der gro-. 
en Teyler’schen Maschine zu Haarlem angestellte Reihe 
on Versuchen, wovon van Marum 3 Rechenschaft gegeben, 
ehr zweifelhaft gemacht worden. Die Veränderungen des 
Yulses, welche bei der Elektrisirung der wahl isolirten Perso- 
en durch jene so kräftige Maschine eintreten, blieben im Gan- 
‚en innerhalb der Grenzen, in welchen sie auch natürlicher 
Weise ohne alle Elektrisirung bei den meisten dieser Personen 
satt fanden, da der Puls bei den meisten innerhalb einer Mi~ 
zute bald um einige Schläge sich beschleunigte, bald verlang- 

Bemerkenswerth ist es jedoch, dafs in den Versuchen, 
ia welchen auch negativ elektrisirt wurde, sich bei allen eine 
Werlangsamung des Puises zeigte, welche in einem Falle bis 
0 Pulsschläge in der Minute betrug, während die positive E, 
sich so gut wie ohne Wirkung zeigte. Am auffallendsten war 
dieses Resultat bei einem 10jährigen Mädchen, wie folgende 
Zahlen beweisen: 


Minute. Pulsschläge vor den Am positiven Am negativen. 
Versuchen. Leiter. Leiter, 

... 92 aa‘. 02 ax a 8. 

° e o 97 ` . >. o 97 . ‘5 ° 86. 

.. 100... . 10 2.2.0.9. 

e. e a 1... ., 97 s aa o Q2. 

... 10... . 101... 93 

Bpätere Versuche von vas Marum an11 andern Personen 4 ga- 

ben dasselbe Resultat der Nichtbesohleunigung des Pulses durch. 


oe RD a. 





1 In den nouveaux mémoires de l’acad, Boy, de Berlin de l’annde 
772. p. 145. 

2 Essay on the theory and practice of medical electricity. Lon- . 
on 1780. p. 13, 

3 8. Beschryring eener ongemeen groote Electrizeermachine etc, 
oor Martinus van Marum Haarlem 1785. &. Deutsch Leipzig 1786, 
‚ Abthl. II. Kap. I. 8. 46. 

4 2te Forts. der Beschryving etc. S. 50 und G. I. 83. 


282 Elektricıität. 
die blofse Anhäufung der E, in dem Körper, ohne dafs sich je- 


doch in diesen neuen Versuchen ein solcher deprimirender Ein- 
flus der negativen E. bestätigt hätte, so dafs vielleicht eine be- 
sondere Idiosynktasie einzelner Personen mit in Anschlag ge- 
bracht werden muls, die hierbei überhaupt sehr in Betracht | 
kommt, indem die Empfindlichkeit. verschiedener Personen für 
die E. sehr verschieden ist ‚ wie dann sogar Fälle von Personen 
vorgekommen sind, die ganz unempfindlich für E. waren, wi® 
z. B. jenes Frauenzimmer, das die stärksten el. Schläge auf an- 
dere überleiten konnte, ohne selbst die geringste Empfindung: 
davon zu haben 1, was auch beiandern Personen in Beziehung 
auf die Schläge des Zitterals beobachtet worden ist?. Garu 
führt einen Fall eines Menschen an, dem jedesmal, so oft æ 
das Isolatorium betrat, und durch Verbindung mit dem ersten 
Leiter elektrisirt wurde, das Blut aus der Nase flofs 3 und Sur- ` 
TeLın * erzählt von einem Bekannten, dafs er sich nich langs 
in der Nähe einer in Thätigkeit gesetzten Elektrisirmaschine 
habe aufhalten dürfen, ohne mit Leibweh und Durchfall ge 
straft zu werden. Man hat neulich wieder das negative Resul- 
tat van Marum’s in Beziehung auf die Beschleunigung des. 
Pulsschlages in Anspruch nehmen wollen, und namentlich be 
haupteteDr. Böckn 5in 360 Versuchen gefunden zu haben, dal 

sowohl die positive als negative E. den Puls meistens beschleu- 

niget, und nur selten denselben verlangsamethabe, Wenn mar. 
indefs die obige Bemerkung van Manum’s über die natürlichen : 
Variationen des Pulses und den. Einflufs mitwirkender. Umstände 
berücksichtiget, so wird man auf jene Behauptung des Dr. Böcke 

um so weniger Gewicht lesen, da die Versuche anderer so voll- 

kommen mit. denen van MAarun’s zusammenstimmen , nament- 

lichSuwreLıw’s®, der ausdrücklich bemerkt, er glaube sich durch 

genaue Versuche überzeugt zu haben, dafs die blofse Anfüllung : 
mit E., das sogenannte el, Bad, weder den Puls zu beschleuni- ' 













1 Gilb. Ann, XIV. 424. 

2 ebendas. S, 420. 

3 Gilb. Ann, VII. $. 355. 

4 Anweisung zur medicinischen Anwendung der E. u. s. vw. 
Berlin 1822 S. 17. 

5 Beiträge zur Anwendung der E. auf den menschlichen Körper 
Erlaugen 1791. 

6 a.a. O. S. 44, 


Mittheilung derselben, 283 


'm, noch ihn voller zu machen vermöge, und dafs, wo Aus- 
ılımen durch eine besondere Idiosynkrasie statt finden, die 
ulsschläge zwar schneller aber nicht voller und stärker, son- 
ern vielmehr kleiner und schwächer wurden, in Folge der 
ngstlichen Empfindung, welche bei solchen Menschen durch 
len el, Einfluls geweckt wird. 

Bei Gelegenheit obiger Versuche stellte van Marum auch Ver- 
mche über den Einfluls der E. auf die unmerkliche Ausdünstung an, 
mdem er den Gewichtsverlust von verschiedenen Kindern von 
$ -—— 8 Jahren durch die unmerkliche Ausdünstung während ei- 
ner halben Stunde, wenn sie nicht, und Wenn sie elektrisirt wa- 
ten, bestimmte, wo sich’indessen keine Vermehrung dersel- 
ben ergab. Gaımm hat indels gegen diese letzteren Versuche 
einige erhebliche Einwendungen gemacht 1 und behauptet, so~ 
whi an sich als an mehreren Kranken, die er elektrisirte, die 

Asslünstung bis zum Hervorbrechen des Schweifses beobach- 
zu haben, Auch SuxrteLıs 2 fand die Ausdünstung in sei= 
zen mit verschiedenen Personen angestellten Versuchen durch 
das el Bad etwas vermehrt, indem ein Spiegel dem Arme der- 
selben in einer gewissen Entferming gegenüber gehalten getrübt 
"wurde, der unter denselben Umständen, nur dals-die Elektri- 
airong unterlassen worden, klar geblieben war, leitet aber diese 
"Wirkung von einem blofsen Fortreilsen der Feuchtigkeit der 
Maut durch die zurückstolsende Kraft der E. ab, so wie die 
Weschtigkeit einer Spitze durch den von ihr ausströmenden el, 
Feuer - Pinsel mit fortgerissen werde. Es ist schwer auszumit- 
“en, welchen Einflufs auf den Erfolg von Versuchen, wie sie 
vas Manum anstelle, Gemüthsaffecte haben künnen, ins- 
#esondere bei Kindern die Furcht, die in einem entgegengesetzten 
Sinne wie die E. auf die Ausdünstung wirken, und damit die 
von letzterer abhängige Vermehrung wieder aufheben könnte, 
‘Soviel kann indels als ausgemacht angesehen werden, dals die 
Vermehrung der Ausdünstung auf keine active Weise durch die 
Beschleunigung des Kreislaufes des Blutes zu Stande kommt, 
da diese nach so vielen 'negativen Versuchen als nicht vorhan- 
den angenommen werden muls. Die Wirkungen der E. auf 
das aus der Ader gelassene Blut, worüber Scausuer Versu- 





284- Elektricität, 


che angestellt hat, gehören mehr in die Physiologie als hier- 
her 1, WVebrigens wird unter dem Artikel; Zilektricitat, 

medicinische von den Wirkungen der E. auf den kran- 
ken menschlichen Organismus noch besonders gehandek 
werden. Auch auf die P/anze und ihr Weachsthum. 
hatte man nach früheren Versuchen der an diese im isolirten 
Zustande mitgetheilten E. einen besondern Einfluls zugeschrie- 
ben, Macuraar in Edinburgh war der erste, der ein Beför- 
dern desKeimens der Pflanzen durch Elektrisiren beobachtet 
haben wollte, ein Resultat, welches Norzer durch seine Ver- 
suche 2 bestätigte. Indels ist dasselbe von Dr, Inexwnouss #. 
dürch sehr genaue Versuche völligungegründet befunden. Die- 
ser schafsinnige Beobachter schreibt die vorgegangene Täu- 
schung dem Umstande zu, dafs das Lichtauf das Wachsthum jum. 
ger Pflanzen einem sehr nachtheiligen Einflufs hat. Nun, sagt er, 
legte man bei solchen Versuchen die Samenkörner auf den Bo- 
den elektrisirter Gefälse, welche nahe bei der Elektrisirmaschine‘ 
im Dunkeln standen. Wenn sie dann ungleich besser fortka- 
men und keimten, als die im Lichte oder an der Sonne stehen-i 
den unelektrisirten, so schrieb man [dieses bessere Gedeihes: 
ganz ehrlich auf Rechnung der E. Die Ingenhouss’schen’ 
Versuche, die mit möglichster Sorgfalt angestellt sind, leh- 
ren überzeugend, dafs zwischen dem Wachsthum_ elektrisirter 
‘und unelektrisirter Pflanzen nicht der mindeste Unterschied statt 
findet, wenn man nur Sorge trägt, beide in einerlei Lage ge- 
gen das Licht des Tages und der Sonne zu erhalten. Eben 
dieses bestätigen auch die von Ingexuouss und SCHWANKHARD 
gemeinschaftlich angestellten Versuche mit Senfkörnern und 
Kresse 4, wobei noch bemerkt wird, dafs Zwiebelgewächse, = 
B, Hyacinthen, Jonquillen u. d, g. wegen der in verschiedenen. 
Subjecten äulserst verschiedenen Vegetationskraft bei dergleichen 
Versuchen niemals sichere Resultate geben. Durch neuere Ver- 
suche will indessen MULLER ° allerdings einen wohlthätigen 





4 Schw. Journ. II. 292. 

2 Recherches sur les causes des phénomènes électriques Paris 
1749. 4. 

3 Versuche mit Pflanzen Ster Band Wien 1790. 8. Tte und dte 
Abtheilung S. 65. 83. 

& Gothaisches Magazin für das Neueste u. s. w. V. 1St. S. 161 £. 

5 Zusätzo zu Singers Elementen der E. S. 384. 


Mittheilung derselben. 985 
infinfs der Es anf das Keimen beobachtet haben, den er jedoch 


ar dann am sichersten erhielt, wenn er die Pflanzen blols in 
er el. Atmosphäre des positiven oder negativen Conductors iso- 
rt stellte. Derselbe will auch bei Elektrisirung von verschie- 
enen Aufgüssen beobachtet haben, dafs sich die Infusionsthier- 
hen viel schneller entwickelten und zu einer vollkommenern 
rtübergingen, doch bemerkt er selbst, dafs sowohl dieser Er- 
lg als derjenige der Beförderung des Keimens und Wachsthums 
er Pflanzen nie mitGewilsheit voraus bestimmt werden konnte. 
s bleibt also bis weiter dieser Einfluls wenigstens pro- ` 
lematisch. 

BerTHoLon De St. Lazare erzählt in Beziehung auf die 
anzen ? einige Versuche, welche Le Dru im Jahre 1776 mit 
ler Mimosa (M. sensitiva L.) angestellt haben will. Diese 
Manze, welche sonst ihre Blätter bei jeder Berührung schliefst, 
soil diesem Versuche zufolge sie nicht zusammenziehen, wenn 
Še Berührung mit glatten Stäbchen von Glas, Siegellack, Bern- 
tein oder jeder andern nicht leitenden Materie geschieht. 'In- 
defs wurden diese Versuche von Isernhovss falsch befunden. 
Die sorgfältigste Erfahrung bewies ihm, dafs dergleichen Stäb- 
chen nicht mehr und nicht weniger thun, als andere von polir- 
tem Metall, und dafs allesnur darauf ankomme, ob die Berüh- 
rung erschütternd oder nur vorübergehend ist. Wenn man: die 
Blitter an einen elektrisirten Leiter brachte, so senkten sie 
sich eben so, als wenn man darauf bliefs, ‘und wenn man die 
Pflanze mit zusammengefallenen Blättern auf einem Isolirgestelle 
elektrisirte so erhoben sich dieselben tum nichts schneller, als 
wenn sie unelektrisirt stehen blieben. Auf die Bewegungen 
der Blätter des Hedysarum gyrans (Moving Plant der Eng- 
änder) hat man die Wirkung der E. vielmehr nachtheilig ge- 
ünden 2. Verbindung mit elektrisirten Leitern, und Berüh- 
ung damit, hatte auf diese Blätter gar keine Wirkung, aufser 
lafs sie, wie andere leichte Körper, angezogen und abgesto- 
ten wurden. Ward aber das Blatt mit einer geriebenen Sie- 


ellackstange berührt, so sank es allmälig nieder, und erhob 





1 In seinem Buche über die E. aus dem Französischen, Leipaig 
85. 8. S. 177. 

2 8. Gothaisches Magazin für das Neueste u, s. w. V. Bd, 3 St. 
18. 


286 Elektricität. 


sich erst nach einigen Stunden. Funken, wenn sie länger ’fot- 
gesetzt wurden, trieben das aufgerichtete Blatt noch schneller | 
nieder, so dafs es sich den ganzen Tag nicht wieder erhob. 
Ward das Elektrisiren mit Funken und Erschütterungen einige ` 
Tage lang, obwohl nur Minutenweise fortgesetzt, so verlor ' 
das Blatt seine ganze Beweglichkeit und blieb auf immer hän- 

gend an den Stiel geschlossen. In diesem Zustande blieb es 

noch vierzelin Tage bei völlig frischem Ansehen; dann aber 

ward es gelb, welk und fiel ab. Das Sonderbarste war, dafs 

dadurch auch alle andern Blätter anf dieser Seite hängend wur- 

den, und sich nicht mehr so lebhaft, wie'zuvor, bewegten. 

Auf diekleinen Seitenblättchen dieser Pilanze, welche eine 
eigene, fast willkürlich scheinende Bewegung zeigen, wirk- 
ten Funken, Erschütterungen und Berührung mit elektrisirten 
Körpern gar nicht, Dagegen brachte die Verbindung der gan- 
zen Pflanze mit einem elektrisirten Leiter, welche auf die gro- 
fsen Blätter ganz unwirksam war, ein weit lebhafteres und 
schnelleres Balanciren der Seitenblättchen hervor, welches noch 
geraume Zeit nach dem Elektrisiren fortdauerte. 

Auch vas Manum t konnte in seinen Versuchen keins 
eigenthümliche Einwirkung der E. auf die sogenannten reizba- , 
ren Pflanzen und ihre so merkwürdigen Bewegungen beobach- 
ten. Die Nähe der Conductoren, diese mochten positiv ode ` 
negativ geladen seyn, wirkte so wenig, wie ein el. Bad. Geb | 
indefs der Conductor während letzterem Funken an benachbarte 
Körper, so schlossen sich die Blätter der Mimosa, und knick- 
ten nieder, was aber van Marum nicht sowohl aus der Wir- 
kung der E. als solcher, als vielmehr daraus erklärt, dafs diese 
empfindlichen Blätter sehr viel bei den abwechselnden Bewe- 
gungen leiden, welche der el. Stols hervorbringt, da die Blätter 
auch dann sanken, wenn man ihnen auf eine andere Art ab- 
wechselnde Bewegungen mittheilte. Van Marum konnte auch 
weder bei der positiven noch negativen Elektrisirung so wenig . 
des isolirten als nicht isolirten Hedysarum gyrans die geringtt ' 
Veränderung in der Bewegung der kleinen Blättchen desselben 
wahrnehmen 2. Indefs hat J. WV. RITTER später eine Reih 
von el. Versuchen an der Mimosa pudica L. in Parallele mit 


Bw 





Mittheilung derselben. 287 














geichen Versuchen an Fröschen 1 angestellt, nach welchen er 

für unzweifelhaft hält, dafs die E. als ein ganz eigenthünli- 
[ber Reiz, und nicht blofs durch die mit gewissen Wirkungs- 
inen derselben verbundene mechanische Erschütterung 
if die Reizbarkeit der Mimosa wirke, dafs in dieser Ein- 
kung sogar ein polares Verhältnife der beiden Elek- 
Peiräten statt finde, indem die positive E. am stärksten auf Zu- 
Iamenziehen der Blätter und Sinken der Zweige wirke, wenn sie 
i Innen nach Aulsen, vom Stamme nach den Enden der 
k ıbtheilungen ihre Bewegungsrichtung hat, die negative E, 
i stärksten bei umgekehrter Richtung, worin sich die Mimo- 
gerade auf die entgegengesetzte \Veise wie die Thiere ver- 
jiten sollen, wo bei hoher Erregbarkeit vielmehr die negative E., 
an sie von Innen nach Aulsen, vom Nervenstamme nach sei- 
Endigungen in den Muskeln gerichtet ist (oder bei der An- 
hme nur einer el. Materie der el. Strom die Nerven aufwärts 
jh ihrem centralen Ende hin sich bewegt) den stärkeren Reiz 
kübe. Uebrigens bediente sich Rırren bei diesen Versuchen 
prohl der Entladungsschläge schwach geladener Leidner Fla- 
ben, als auch des ununterbrochenen el. Stromes, der von 
Mm ersten Leiter durch die Mimosa hindurch nach dem Reib- 
e ging,. und der in der Mimosa noch Zusammenziehungen 
Wwerbrachte, während er auf ein höchst empfindliches Frosch- 

t ohne Wirkung war. 

Wasser, das aus isolirten Gefäfsen durch enge Röhren aus- 
Bei, wird durch Mittheilung der E. schneller herausgetrieben. 
Und es Haarröhrchen, durch "welche das Wasser im natürlichen 

de nur tröpfelt, so wird durch die E. ein ununterbroche- 
Strom hervorgebracht, der sich noch in viele andere Strah- 
zertheilt, die E. treibt sogar das Wasser aus den engsten 
hrehen, durch welche es vorher nicht einmal durchzu- 
Iefeln i im Stande war?. Ueber dieses Auslaufen des Wassers 
‚engen Röhren hat Dr. Carnmor? genaue Versuche angestellt. 
blieb nämlich ungeachtet der Verwandlung des Auströpfelns 





1 Schweigg. J. d. Ch, I. 409. 

2 Nollet Recherches. S. 827. 

3 Journ. de Phys. Nov. 1789, übers. im Gothaischen Maga- 
u, s. w. VII. Bd. 1. St. 8. 63. ff. . 


288 | Elektricität, 


durch Mittheilung der E; in ein ununterbrochenes Ausflelen” 
in einem Strome immer: noch die Frage, ob durch dieses Strö- 
imen in gleicher Zeitmehr Wasser aus dem Gefälse getrieben werde 
als durch das Tröpfeln. Canmor fand, dals in einem Zeitraum 
von 75 Stunden 10 Minuten unter übrigens gleichen Umstände 
' ohne E. 2 Pfund 12 Unzen 2 Qt. 65 Gr. v 
mit E.2 — 1 — 5 — 36} — l 
Wasser aus einem Gefälse gelaufen waren. Dieses war wenig- 
stens das Resultat der meisten Versuche, nach welchen es nicht, 
scheint, dafs durch die E. die Geschwindigkeit des Wassers 
Haarröhren in der That vermehrt, und also vielmehr nur 
Tropfenbildung wegen der zurückstolsenden Kraft, welche 
elektrisirten kleinsten Wassertheilchen gegen einander ausü 
verhindert werden. Andere Versuche mit Auslanfröhren vol 
verschiedener Länge, Gestalt und Durchmesser, oheen v 
andere Resultate, wobei auch manchmal die mit E. ausge 
fene Wassermenge etwas grölser war, 'es schien aber blols 
zufälliger Beschaffenheit der Gefälse abzuhängen. 

Ob die Verdunstung des Wassers durch. die Mitthei 
der E. befördert werde, darüber fehlt es bis jetzt gänzlich- 
genauen Versuchen. In früheren Zeiten hielt man die 
der E., die Verdunstung zu befördern, selbst für so wi 
dafs mit Hülfe derselben Substanzen sogar durch die Zwi 
räume des Glases verdunsten sollten. Pıvarı in Venedig 
trisirte Glasröhren,, in die er Arzneien einschlofs, und glaubt 
Kranke dadurch geheilt zu haben, auch WINKLER in Lei 
meinte zu finden, dals Schwefel-Zimmet, peruvianischer Be 
sam u. d. g. durch elektrisirte Glaskugeln verdunsteten, es 
aber dies alles durch NoLLeT’s, Warson’s und Brancusi 
Versuche gänzlich widerlegt. 

CAvArıo führt! Versuche an, nach welchen er zwei glei 
gröfsen zinnernen Tellern, auf deren jeden gerade soviel W. 
gegossen wurde, als nöthig war, um den Boden zu bede 
das eine, welches auf einem isolirten Stative sich befand, 
mit dem Conductor der Elektrisir-Maschine in Verbindung 
setzt wurde, innerhalb einer halben Stunde, während welch 
es fortdauernd in bedeutendem Grade elektrisirt wurde, d 












1 Versuche über Theorie und Anwendung der medicinischen J 
8. 65. 2. Ausg. der Uehers. 


g 












Mittheilung derselben. 289 


ferdanstung mehr verloren hatte, als das andere, das sich mit 
fenselben unter sonst gleichen Umständen befand. Dieselbe 
Firkung erhielt CavauLo, gleichviel ob er die positive oder 
ipestive E. anwendete. Diese Versuche sind indels selbst in 
sicht auf ihre Resultate mit so wenig Genauigkeit beschrie- 
fen, dafs sie eben darum kein grolses Vertrauen einflölsen. 
fies gilt noch weit mehr von den Behauptungen Herms- 
winr’si, nach welchen die Erfahrung bewiesen haben soll, 
bb die E. in Verbindung mit der Wärme eine stärhere 
erdunstung veranlasse, als die Wärme für sich allein, ja 
selbst bei verminderter Temperatur das gebildete expansible 
idum seine Form unverändert behalte. Letztere Behauptung 
fein muls schon hinreichen, das gröfste Milstrauen einzutlö- 
n, da überdies von den Versuchen selbst garnicht die Rede ist. 
Bei dieser Lage der Sachen entschlols ich mich, sie mit aller 
rgfalt zu wiederholen: Ich elektrisirte daher isolirte Gefäfse 
ı verschiedener Gestalt und Materie mehrere Stunden lang bald 
itiv, bald negativ, konnte aber nicht den geringsten Unter- 
jhied in der Menge des verdunsten Wassers zwischen ihnen 
den Gefälsen, die sich mit ihnen ganz gleich verhielten 
unter sonst gleichen Umständen, nur dafs sie nicht elektri- 
bt wurden, befanden, beobachteten. Um die E. dem Wasser 
feichsatn mehr einzuverleiben, brachte ich bei gläsernen Ge- 
" m Stanniol auf den Boden derselben, und machte mit die 
die leitende Verbindung. Ich bediente mich dabei meiner 
hst kräftigen Elektrisirmaschine, welcher die von CavaLLo 
Iprnchte weit nachsteht. Ohngeachtet also hier vorausgesetzt 
krden kann, dafs die E. allmälig aus dem Wasser in die Luft 
wströmte, nahm sie doch kein Wasser in Dunstgestalt mit 
h fort, znm Beweise, dafs die E.an und für sich nicht das 
incip der Aenderung des Aggregatzustandes der Körper ist. 
Wenn man einem durch die Luft-Pnmpe gemachten so- 
sannten Juftleeren Raume (Bolye’s Leere) E. mittheilt, so 
tchdringt sie ihn fast ebenso frei, als den besten Leiter, und 
kiet dabei ein sehr ausgebreitetes starkes Licht, Ein el. Feuer- 
ischel, der in einen solchen Raume strömt, breitet sich aus, 
A erfüllt alles mit strahlenförmigem Lichte. Eine luftleere 
jlasröhre zeigt gerieben oderan einem elektrisirten Leiter ge- 














1 Gehlen n. allg. J. d. Ch. IT, Bd. 339. 
JII. Bd. , T 


290 ` Elektricität. 


halten ein starkes, dem \Vetterleuchtenähnliches Licht, Wem 
man eine Reihe solcher Glasröhren, die durch die Dämpfe des | 
kochenden Quecksilbers erst so vollkommen luftleer wie mög- 
lich gemacht worden sind, und die man dann an der Schmelz- ` 
lampe von dem Theile, in welchem sich das Quecksilber be- 
findet, abgetrennt hat, von einer Länge von einem oder andert- 
halb Schuhen theils gerade, theils schlangenförmig gekrümmt 
in paralleler Richtung neben einander durch kleine Kett- 
chen, die durch ımessingene Fassungen mit ihnen zusam- 
menhängen an einem isolirten Metalldrahte aufhängt, und 
an ihrem untern Ende durch ähnliche Kettchen mit einem 
gleichen Metalldrahte verbindet, von welchem man eine Ablei- 
tung nach der Erde führt, und den obern Metalldraht mit dem, 
ersten Leiter einer hinlänglich wirksamen Elektrisirmaschine 
in Verbindung setzt, so findet durch alle Glasröhren ein 
beständiges zuckendes, ins blaue oder violette sich ziehendes- 
helles Leuchten statt, das mit den Radiationen des Nordscheins `- 
einige Aehnlichkeit hat. Mehrere solche luftleere Glasröhres 
die sich in einem Mittelpuncte durchkreuzen, bilden einen schö-- 
nen grolsen Stern oder eine Sonne, deren Strahlen, oder dis .: 
einzelnen Glasröhren beim Durchleiten der E. bisweilen mit ver- į 
schiedenfarbigem Lichte, die eine mit grünem, eine andere, 
mit mehr purpurfarbigem Lichte erfüllt sind, wovon der Grund - 
weiter unten erhellen wird. Dieses Leuchten findet auch statt, | 
wenn die E. dem innern Raume der Glasröhre gar nicht mitge $ 
theilt werden kann, weil kein Zuleiter zu demselben führt, | 
und hängt in diesem Falle von der durch Vertheilung errestm 
E. ab. Haswxsee hat das Leuchten des Barometers ? schon. 
ganz richtig für eine el. Erscheinung erklärt. Beim Schütte 
nämlich reibt das Queksilber die innern Fläche des Glases, ud $. 
erregt dadurch E., die sich mit ziemlich lebhaftem Lichte in dem 
relativ leeren Raume ausbreitet. Man hat durch Quecksilber- 
dampf luftleer gemachte- Glasröhren, welche ein wenig Quec- 
silber enthalten. Sie leuchten im Dunkeln, wenn man da 
Quecksilber hin und her laufen läfst, und dieses Licht ist selbst 
noch intensiver, als wenn man von Aulsen mitgetheilteE. durd 
solche Röhren strömen läfst. HAwKSBEE und nachher Jomart 














1 Vergl. über diesen Gegenstand Th, I, S, 940. dieses Wär 
terbuches. 


Mittheilung derselben. 291 


RKEOVLLI t haben ihnen den Namen des Quecksilberphosphors 
geben. Eben dies geschieht nun im Barometer. Lunorr in 
Berlin zeigte, dafs die Barometerröhre während des Leuchtens 
Mierchen anzog, wenn der äulsere Raum verdünnte Luft ent- 
Welt. Musscaensnork ? glaubte dagegen aus seinen Versu- 
jen den Schlufs ziehen zu können, dafs das Leuchten im völ- 
t Juftleeren Raume nicht statt finde. Wenn man ein recht 
ktes Barometer zweimal auskocht, so leuchtet es gewöhnlich 
dem zweiten Auskochen stärker, weil das Quecksilber und 
s dadurch in einen vollkommener trockenen Zustand durch 
i Verjagung auch der letzten Spur des anhängenden Wasser- 
htchens versetzt werden, wodurch erst die unmittelbare Be- 
rang und Reibung zwischen beiden, und damit die Elek- 
kcitätserregung eintritt, was in einzelnen Fällen auch durch 
h länger fortgesetztes erstes Kochen erreicht werden könnte. 
bcht man es aber zum drittenmal, so wird das Leuchten schwä- 
fer, oder hört ganz auf, weil die Luft nun ganz weggenom- 
er ist. Damit stimmen auch im wesentlichen die späteren 
tahrungen J. A. pe Lüc’s ® überein, der jedoch bemerkt, dafs 
kch die Beschaffenheit des Glases darauf Einflufs habe, da 
fee Röhre, derer innere W andungen mehr rauh sind, auch 
Mer den günstigsten Umständen dieses Leuchten nicht zeigt. . 
Miisu und Morean * stellten noch anderweitige Versuche 
M,durch welche besonders Letzterer es aufser allem Zweifel 
iett zu haben glaubte, dafs in der Torricellischen Leere das 
licht vollkommen verschwinde. DessAısnes wollte sogar 
einer so weit getriebenen Verdünnung unter der Glocke ei- 
Luftpumpe, däls die an dem Drahte, durch welchen der. 
'Strom in die Boyle’sche Leere geleitet wurde, hängenden 
ügelchen gar nicht mehr divergirten, alles el. Licht ver- 
twinden gesehen haben. Indels wurde die Nichtigkeit die- 
"Resultate durch neue Versuche von Canpı 5 in Anspruch 
men, weil aber diese Versuche manche Gegeneinwen- 


| 1 De Mercurio lucente in Vacuo. Opp. Tom. II. p. 112, 


i2 Essai de Physique. Leiden 1751. 4. p. 640. 

‘ 3 Untersuchungen über die Atmosphäre I. 301. 
4 Philos. Trans. 1785. p. 272. 

«5 Mémoires de l’acad. royale des Sciences à Turin. Tome V. 

bern, in Gren’s. Journ. IV. 93. ` ' 




















“ 


T2 


f 


292 ElektricitLät. 


dungen zuliefsen und die Sache nicht vollkommen zur Entschei- 
dung brachten, so war es von grolsem Interesse, dafs ein so. 
scharfsichtiger, sinnreicher und geübter Experimentator wie | 
H. Davy eine nene Reihe von Versuchen über das Verhalten ` 
der E. in einem möglichst leeren Raume, so weit sich ein sol- 
cher auf Erden darstellen läfst, anstellte 1, Versuche, die auch 
in anderer Hinsicht wichtig sind, da ihre Resultate auf die An- 
sicht der Natur der E. und die Erklärung der mit ihrer Bewe- 
gung verbundenen Lufterscheinungen von Einfluß sind. Davy 
bemerkt richtig, dafs die Torricelli’sche Leere, wenn sie auch, 
gehörig veranstaltet, als eine vollkommene Luftleere angenomf 
men werden könne, doch keinen absolut leeren Raum darstells; 
da den neuern Untersuchungen über die Verdunstnng zufolg 
eine wenn gleich in gewöhnlicher Temperatur höchst dünn 
Quecksilberdampf darin existire, und es kam also vorzüglich]. 
darauf an, diesen soviel möglich aus dem Spiele zu bringey 
um beurtheilen zu können, welchen Antheil er in dem gewöln] 
lichen Falle an den Phänomenen habe. Davy bediente sich 
seinen Versuchen einiger gebogener zweischenklicher Glasrö 
ren mit einem längeren bis 20 Zoll langen Schenkel. Der lim 
gere Schenkel war an seinem- Ende zugeschmelzt, und entwe 
der mit einem eingeschmelzten Platindrahte versehen, bestinst] 
die E. hinein oder heraus zu lassen (der Sprache Davys, dff 
hierin die Franklin’sche Ansicht befolgt, gemäls) oder statt def 
selben mit einer kleinen cylindrischen Kappe aus Zinn - oùt f 
Platin - Folie, deren er sich bediente, als er die Ladungsfähl 
keit des leeren Raumes erproben wollte. An dem kürzer, 
offenen Schenkel befand sich eine messingene Fassung, in v 
che sich ein Hahnstück einschrauben liefs, das durch ein be 
wegliches Rohr mit einer vortrefllichen Luftpumpe in Verbin 
dung gesetzt werden konnte. Um nun einen leeren Raum 4 
bewirken, wurde erst der längere Schenkel mit Quecksilbt; 
oder geschmolzenem Zinn gefüllt, und dann durch Verbindus 
mit der Luftpumpe der leere Raum erzeugt, indem im Verhit- f 
nisse der Verdünnung das Quecksilber oder das geschmolzen; 
Metall in gem längeren Schenkel herabsinken mufste, wodard [= 
man es in seiner Macht hatte, den leeren Raum in einer größe 




















tE - 


1 Aus dem I Part. der Philos. Tr.ns. für 1822 frei überse# $ . 
ven Gilb. Ann, 1822, IIT, 357. . 





Mittheilung derselben, 993 


n oder kleineren Ausdehnung zu bilden, indem man die Luft 
ler das Gas (in einigen Versuchen war das Rohr und der Ap- 
rat vor dem Auspumpen mit \Vasserstoffgas gefüllt worden) 
‘dem kürzeren Schenkel so weit zu verdünnenim Stande war, 
fs es einer Säule des flüssigen Metalls von jeder beliebigen 
inge von 20” bis y” durch seine Elasticität das Gleichgewicht 
elt. Das Quecksilber wurde immer erst kurz vor dem Ver- 
che gereinigt, und in der Röhre 6 oder 7 mal von der Spitze 
ch der Grundfläche und von da nach der Spitze hin ausge- 
cht. Die so bereitete, wenigstens von Luft gänzlich befreite 
orricelli’sche Röhre fand mun Davy für die E. durchgänglich, 
ı wurde sowohl durch den gewöhnlichen el. Funken als durch 
e Entladung ‚einer Leidner Flasche leuchtend, und das belegte 
bs, das die Leere umgab, nahm dabei eine Ladung an. Der 
rd der Stärke dieser Erscheinung hing aber von der Tempe- 
tarab. War die Röhre sehr heils, so zeigte sich das el. Licht 
dem ( Quecksilber - ) Dampfe mit lebhafter und sehr intensiver 
üner Farbe, in dem Grade aber, als die Temperatur abnahm, 
rlor die Farbe an Lebhaftigkeit, und in einer künstlichen 
ilte von — 20° F. (nahe — 23°R.) war das Licht so schwach, 
[s es sehr dunkel seyn mulste, wenn man es wahrnehmen 
ke. Auch fand sich die dem Stanniol- oder Platinbleche 
tgetheilte E. um so stärker, je höher die Temperatur war, 
din 0° F. (— 143° R.) Kälte nur äulserst schwach. Beide 
ben yon Erscheinungen haben, wie Davy bemerkt, ihren 
and in der grölseren Dichtigkeit des Quecksilberdampfes in 
ı höheren Temperaturen. Während des Kochens in dem 
tenkel der Röhre, in welchem der leere Raum gemacht wur- 

zeigte sich das el. Licht in dem ganz reinen und dichten 
npfe des Metalles mit einem solchen Glanze, dafs dieses ein 
r schönes Schauspiel abgab. Während der Quecksilber- 
apf sich zu Kugeln verdichtete, drang die E., die durch 
ben des Quecksilbers an den Glaswänden erregt wurde, durch 
c Dampf in so glänzenden Funken hindurch, dafs sie im hel- 
Tageslichte sichtbar waren!. Wenn man in dıe Leere über 


1 Diese Erfahrung ist für die Theorie der Elektricitätserregung 
onders wichtig, da sie eine reichliche Erregung derselben auch 
n Ausschlufs alles Sauerstofls und jedes chemischen Processes be- 
et 


294 Elektricität. 


dem Quecksilber die geringste Menge verdünnter Luft hinein- _ 
liefs, so verwandelte sich jedesmal die Farbe des durch dasHn- : 
durchgehen der E. entstandenen Lichtes aus Grün in Meergrün, 
und liefs man noch mehr Luft hinein, so ging sie in Blau oder 
Purpur über. Dieser Versuch Davr’s erklärt vollkommen jens 
verschiedenen Farben in den Strahlen (luftleeren Röhren) de 
el. Sonne, von denen oben die Rede war. | 
Um allen Quecksilberdampf zu vermeiden, und also da 
Phänomen in einem, wo möglich absolut leeren Raume darz 
stellen, versuchte DAvy sich statt des Quecksilbers eines leidt$: 
zu schmelzenden Zinn-Amalgams zu bedienen, das beim Erf: 
kalten in der Röhre anschlofs; die Resultate blieben aber g 
nau dieselben, als da er blolses Quecksilber genommen hat 
woraus erhellte, dafs in der Hitze, wobei das Amalgam schmol 
ein Theil Quecksilber sich als Dampf verflüchtigt haben mul 
der beim Abkühlen nicht ganz verschwinden konnte, sonde 
nur auf eine geringere Dichtigkeit zurückging. Eine Les: 
über der leicht schmelzbaren Wismuth -Legirung (das Row“ 
sche Metallgemisch) hervorzubringen, mufste Davy nach 
nigen Versuchen aufgeben. Diese Legirung ist so äulserst lei 
oxydirbar, dafs sie die Glasröhre mit Schmutz dicht üben 
und undurchsichtig machte, Dagegen hat Davy viele Versuch 
mit Zinn angestellt, welches er in kleine Stücke zerschnitt, w§ 
sogleich in die Röhre brachte, worauf diese mit Wasserstofg 
gefüllt, ausgepumpt und einer Hitze ausgesetzt wurde, beiwe#.: 
cher das Zinn schmelzte.e. Wenn mit dem Erhitzen eine Zeit: 
lang unter Schütteln und daran Klopfen fortgefahren wurde, $- 
erhielt er eine Säule geschmolzenen Zinns, die von aller Lif- 
vollkommen befreit war. Dennoch zeigte der leere Raum ih 
dem Metall dieselben el. Erscheinungen, als in Temperats@@E 
unter 0° F. das über Quecksilber gebildete Vacuum. Das LA 
war gelb und von der schwächsten Phosphorescenz, so 
es fast vollkommen dunkel seyn mulste, wenn man es gewn- 
werden sollte; die \Värme verstärkte dieselbe nicht merk: 
Davy fand auch in der Leere über dem Quecksilber feine s$- 
Kügelchen versehene Platindrähtchen beim Einströmen de M- 
in dieselben eben so divergiren, als in der Luft selbst. Bei d 
Art, wie Davy diese Versuche anstellte, ergab sich zuge®- 
der entscheidende Beweis, dafs die Schwäche des Lichte 
der vollkommenen Luftleere nicht davon herrühre, dafs dt 


[PT 7 





Mittheilung derselben, 295 


:ere ein Nichtleiter.der E. sey, sondern vielmehr umgekehrt, ` 
{s dieselbe ein sehr vortrefflicher Leiter ist, und der Ausbrei- 
ng der E. kein Hindernifs in den Weg legt. Als nämlich die 
ersuche so abgeändert wurden, dals die Verbindung, die zwi- 
hen dem Quecksilber und dem kürzeren Schenkel und dem 
ahnstücke sonst durch einen Draht unterhalten war, aufge- 
ben wurde, und die E. ihren Weg von jenem Quecksilber 
ch dem Hahnstücke durch. die verdünnte Luft, die sich darin 
fand, , nehmen mulste, so entband dieselbe Entladung von 
„ welche in dem oberen leeren Theile des längeren Schen- 
ls ein schwaches grünes Licht erzeugte, in dem unteren 
ftverdünnten Raume ein lebhaftes purpurfarbenes Licht, und 
bin der Atmosphäre einen starken Funken. 
Auch über Baumöl und Spiefsglanzbutter widerholte Davx 
m Versuch mit dem el. Lichte im luftleeren Raume. Es fand 
d, dafs die E. durch den Dampf des Chlorantimon’s mit viel 
änzenderem Lichte als durch den Dampf des Baumöls hin- 
wch ging, und in letzterem mit mehr Glanz als im Quecksil- 
xdampfe, bei gewöhnlicher Temperatur erschien, so dafs also 
ch hier die Dämpfe im Verhältnisse ihrer Dichtigkeit den 
anz vermehrten. Im Dampfe des Chlorantimon’s war das 
cht von reinem Yei/s und im Dampfe des Baumöls roth in 
wrpur spielend, und es erzeugte sich in beiden Fällen beim 
ndurchgehen der E. ein bleibend elastisches: Fluidum. Wenn 
a DaıTton’s Gesetz zum Grunde legt, dafs die E. aller Dämpfe 
gleichen Temperaturabstäuden von ihrem Siedepuncte von 
icher Grölse sey, so ergeben sich bei 52° F. für die Dämpfe 
ı Quecksilbers, Olivenöls, Chlorantimon’s und Zinns, von 
sen die drei ersteren ihre Siedepuncte bei 652; 592 und 
3° F. haben, und des letzten Siedepunct von Davy zu 
)0° F. angenommen wird, in Zollen von Quecksilber- 
len ausgedrückt, Elasticitäten von 0,000 156; 0,0168 und 
169, und 370 mit vorstehenden 48 Nullen, woraus erhellet, 
» aulserordentlich gering die Menge von Materie in den Däm- 
n ist, deren Wirkung auf die el. Erscheinungen noch wahr- 
ommen wird. Bis ohngefähr 20° F. (— 54°R.) schien die 
sältung der Leere noch Einfluls auf die Verminderung der 
ht- Erscheinung beim Durchgehen der E. zu äulsern, aber 
ischen 20° und — 20° F (— 233° R.) schien dieses Vermö- 
a der Leere nicht weiter vermindert zu werden. Die el. Er- 


296 Elektricität. 


scheinungen zeigten sich hier fast von derselben Intensität, als 

die welche Davy in der Leere übergeschmolzenem Zinn wahr- ` 
genommen hatte, und damit in.diesem Falle Leuchten eintreten 
sollte, mufste die Elektrisirmaschine schon sehr wirksam seyn. 
Die Torricelli’sche Röhre vermochte nicht eine schwach gelade- 
ne Leidner- Flasche mit Explosion zu entladen, ohngeachte 
sich ihre E. langsam durch sie hindurch verlor. Wenn aber. 
die Flasche stark geladen war, hatte sie durch den leeren Raum |! 
fast eine eben so grolse Schlagweite, als durch die gewöhnliche £ 
Luft, und zeigte beim Entladen im Schatten sichtbares Licht 
In allen Temperaturen unter 200° F. (747 R.) war, wie sià $ 
Davy ausdrückt, die Leere über dem Quecksilber ein vid# 
schlechterer Leiter, als die sehr verdünnte Luft, und als sich 
die Röhre mit der Leere unter dem ausgepumpten Recipientef, 
der Luftpumpe in einer Temperatur von ohngefähr 5% 
F, (8° R.) befand, war die Schlagweite in der Boyl 
schen Leere 6 mal so grofls, als in der Torricelli’schen Ler 
re über dem Quecksilber. Diese letztere Erfahrung schent£ 
mir indels nicht unbedingt auf ein grölseres Leitungsve- 
mögen, der verdünnten Luft wie der Leere, für die E. hi 
zudeuten, denn es konnte die Leere vielmehr wegen ihres vi 
bessern Leitungsvermögens eine fortdauernde Ableitung, ea 
Durchgang der E. durch sich hindurch, veranlassen, und č 
zu einer prölseren Schlagweite nöthige Spannung nicht gesta- 
ten, gerade so wie eine Flasche, die mit einer Spitze versehen §- 
ist, die das Ausströmen erleichtert, nie zu derselben Schla» 
weite geladen werden kann, wie dieselbe Flasche ohne Spitze 
Damit würde denn auch die Erklärung der Abnahme der Lichte 
erscheinung in der Leere sehr gut zusammenstimmen, indes F : 
el. Lichterscheinungen nur da zum Vorschein kommen, wo diè 
E. in ihrer Fortbewegung Widerstand findet, welcher in dë 
Leere gänzlich, oder so gut wie gänzlich fehlt (wegen der aulse- 
ordentlichen Dünnheit des Quecksilberdampfes bei der gewöhrT- 
lichen Temperatur), aber in der verdünnten Luft bereits statt 
findet. Indels kann sich in dieser die E. bei derselben Spannung, 
wegen des relativ geringeren Widerstandes, doch auf gröfen 
Entfernungen entladen, als in der Luft von gewöhnlicher Did- 
tigkeit, und bildet dann mehr eine ausgebreitete Lichterschti- 
nung, selbst wenn sie von stumpfen Körpern ausgeht, weil se 
wegen des geringeren Widerstandes zugleich von mehrer, 
















vorn 


Wirkungskreis derselben, 297 


en ausstrahlen kann, Uebrigens werden einige besondere 
ificationen der el. Lichterscheinungen in der verdünnten 
weiter unten, wo die Frage über zwei el. Materien zu 
tern ist, passender betrachtet werden, da man in dem über 
Frage herrschenden Streite sich vorzüglich auf sie beru- 
hat. 
; Bei der Mittheilung der E. an verschiedene Körper und 
ihrem, mit dieser Mittheilung verbundenen, Durchgange 
dieselbe merkwürdige chemische Veränderungen her- 
F, die ich unter den Artikel Elektrisirmaschine und 
che, elektrische, verweise, da sie nur durch Hülfe 
r beiden zu Stande gebracht werden können, 

















Elektrische Wirkungskreise und Ver- 
theilung der Elektricität. 


‚. Die merkwürdigsten Erscheinungen der E., welche für die 
orscher lange Zeit räthselhaft geblieben sind, hängen von 
p Gesetzen der el. JV irkungskreise ab, deren richtige Un- 
eidung von den bisher angegebenen Gesetzen und Wir- 
pgen der Mittheilung der Schlüssel zu allen Geheimnissen 
ker Lehre ist, und selbst über den Vorgang der Mittheilung 
E. erst die richtige Ansicht eröffnet. 

‘ Ein elektrisirter Körper nämlich wirkt auf andere Körper 
Won in Entfernungen, welche für die Mittheilung viel zu 
%ß% sind. Der Raum, durch welchen sich diese Wirkung er- 
reckt, heilst sein 77 irkungskreis, oder nach andern seine 
, Atmosphäre. Das Hauptgesetz, nach welchem sich diese 
zbreitung richtet, ist folgendes: Jeder elektrisirte Körper 
t das Bestreben, in denjenigen Körpern, welche in seinen 
irkungskreis kommen, eine der seinigen enigegengeseizte, 
zu erwecken, und das Vermögen, das in einem Körper 
her bestandene el. Gleichgewicht, oder das Q E. aufzuhe- 
by gegen sich die der seinigen entgegengesetzte E. hinzu- 
hen, und die gleichnamige zurüuckzusto/sen. 

Dieses Gesetz, welches unzählige Erfahrungen bestätigen, 
eine. ganz neue Quelle von Wirkungen, die von den Wir- 
agen der Mittheilung sehr weit unterschieden sind. Man 
m sie unter dem Namen: Jertheilung der E. zusammen- 
ven, und in gewissem Sinne der Mittheilung entgegensetzen. 


Sa 


298 Elektricität. 


Jener Name wird dadurch gerechtfertigt, dals ein, durch Ver- | 


theilung el. gewordener Körper keine E, von Aulsen durch Mit- 
theilung empfangen hat, sondern dafs nur seine eigene E. im 
Raume anders vertheilt ist, und dadurch nunmehr als nach 
Aufsen freithätige E. auftritt, da sie vorher, als 0, unwirksam 


nach Aulsen war. Die Erscheinungen der Vertheilung, obschon f 


nach dem gleichen Gesetze erfolgend, fallen verschieden au, 
je nachdem der Körper, auf welchen ein anderer elektrisirter 


durch seine Atmosphäre wirkt, ein Leiter oder Nichtleiter, und £ 


ersterer isolirt ist, oder mit dem Erdboden in Verbindung steht, 

Der erstere Fall stellt diese Erscheinungen am deutlichsten 
und in ihrer grölsten Mannigfaltigkeit dar, und man kann die 
dieselben darstellenden Versuche gleichsam die Fundamental- 
versuche der el. Atmosphärenwirkung nennen. Man neh- 


an beiden Enden versehen. Die zu einer kleineren Elektrisir- 
maschine gehörigen Gonductoren können sehr gut zu diesen Ver- 
suchen gebraucht werden. Der eine Leiter A sey elektrisirt, m 
dem andern befestige man mit weichem Wachs in verschieden® 


"Entfernungen mehrere Paare von kleinen, an leinenen Fäden 
hängenden Hollundermarkkügelchen, welche als Anzeiger de 


el. Vorgänge im Leiter B dienen. Operirt man mit schwächeren 
Graden von E., so kann man sich auch mehrerer Goldblattelektr- 
meter bedienen, die an verschiedenen Stellen von vorne nad 
hinten mit dem Leiter B in Berührung gebracht werden können, 
um auf die oben schon angegebene Weise den Grad und di 
Art der E., welche an den verschiedenen Stellen des Leites 
B auftritt, zu prüfen. Man nähere nun den mit +E. elektrisirten 
Leiter A dem Leiter B, und bringe ihn in die Lage, wie die Figu 
andeutet, so dafs ihre Entfernung von einander etwas grölser 
ist, als die grölste Entfernung, bei welcher ein Funken von A 
nach B noch übergehen würde; mit der Annäherung werden die 
Hollundermarkkügelchen aus einander gehen,und zwar die am vor- 
dern und hinternEnde bei der in der FigurangegebenenEinrichtung 
am stärksten, die in der Mitte weniger stark, vielleicht auch 
bei nicht starker Intensität der E. des Leiters A gar nicht. Prüf 
man dagegen die E. durch ein Goldblattelektrometer, das man 
mit dem Leiter B an verschiedenen Stellen in Verbindung bringt 
naehdem schon die Annäherung des Leiters erfolgt ist, so wird 


i 


-me zwei el. Leiter, beide gehörig aufGlasfiifsen isolirt, A und B F 
. am besten von länglicher cylindrischer Form mit Halbkugels 





Wirkungskreis derselben.’ 299 






















an die Divergenz der Goldblättchen von vorne nach hinten 
anehmend finden. Um die Art der E. des Leiters an verschie- 
fenen Stellen zu prüfen, kann man sich eines an einem mit 
k gesteiften Faden hängenden Hollundermarkkügelchens be- 
Renen, das man mit den verschiedenen Stellen des Leiters B 
fr Berührung bringt, uud dann einen andern an einem seide- 
pen Faden hängenden Hollundermarkkügelchen nähert, dem 
ı vorher --E. mitgetheilt hatt. Man wird finden, dals. letz- 
res von jenem abgestolsen werden wird, mit welchem Puncte 
Bes Leiters B dasselbe auch in Berührung gebracht worden war, 

s es aber von dem hintern Ende V nach dem vordern R ge- 
immer schwächer und schwächer mit + E. geladen.ist. 
asselbe werden auch die Goldblättchen der verschiedenen Gold- 
bhttelektrometer zeigen, die bei Annäherung einer geriebenen 
Alasröhre noch stärker divergiren werden. Es hat also nach 


‚em Leiter A Elektricität empfangen habe, da er sich in der That 
À seiner ganzen Längen-Ausdehnung + el. zeigt, und dieser 
Känschein gewinnt noch dadurch, dafs die positive E. des Leiters 
A,solange er in der Nähe des Leiters B sich befindet, durch Elektro- 
'weter geprüft, geschwächt erscheint. Dals dies aber in der That 
‚Sch nicht so verhalte, erfährt man sogleich durch einen zweitenVer- 
į ch. Man entferne nämlich nunmehr den Leiter B aus dem Wir- 
: kungskreise des Leiters A, in dem Augenblicke gehen alle Hollun- 
‘ markkügelchen zusammen, und bei gehöriger Entfernung sind 
l ach die leisesten Spuren von E. in dem Leiter B gänzlich ver- 
ı hwunden. Untersucht man den Leiter A, dessen el. Spannung 
l man vorher durch irgend ein genaues Elektroskop ausgemittelt 
r kat, so wird man finden, dafs er von seiner eigenen E. nicht 
' mehr (ja vielmehr noch etwas weniger wegen des mehr gebun- 

denen Zustandes seiner E.) verloren hat, als er auch ohne dies 
i durch die Berührung der Luft verloren haben würde, 

Man bringe den Leiter B in die vorige Lage zurück, die- 
selben Erscheinungen erneuern sich; man berühre nun das vom 
‘ Leiter abstehende Ende V des Leiters B mit dem Finger, man 
wird einen kleinen Funken erhalten, und jede Spur von freier 
E. wird in dem Leiter B. verschwunden seyn, wie man auch 





1 Noch besser gebraucht mau zu diesem interessanten Versucho 
Bohnenberger’s Elektrometer. 





3 Elektricität 


aus dem Zusammenfallen der vorhin von einander abstehenden , 
Hollundermarkkiielchen erkennen kann. Entfernt man dên Lei- 
ter D in diesem neuen Zustande von dem Leiter A, so werden, 
ganz anders wie im vorigen Falle, die säinmtlichen an ihm hän- 
genden Hollundermarkkügelchen von neuem aus einander gehn, 
und zwar mit einer derjenigen des Leiters A entgegengesetzten 
E., also im vorliegenden Falle mit negativer E. Der elekti- 
sirte Leiter A, in Rücksicht auf seinen el. Zustand untersucht, 
wird auch diesmal keinen andern Verlust zeigen, als den e 
auch ohnehin durch Berührung der Luft erlitten haben würde: 
Um das Zusammenfullen der Korkküselchen, und also die Auf- 
hebung der {freien positiven E. des Leiters B, so lange er sich 
un Wirkungskreise des Leiters A befindet, zu bewirken, ist a 
übrigens nicht nöthig, gerade das abgekehrte Ende des Leiten 
R zu berühren, sondern die Berührung an jedem andern Orts 
wird denselben Erfolg haben, nur wird der Funken nach vorm 
immer kleiner ausfallen. Dies beweiset unter andern folgende 
von RösLıx f angegebene Versuch, dessen Resultat er indels mi 
Unrecht als einen Beweis gegen die Franklin’sche Theorie ange- 
sehen hat. Man schraube an das eine Ende eines auf einem $ 
Glasfufse isolirten cvlindrischen Leiters, an dessen anderen 
Ende zwei Hollundermaräküzelchen hangen, eine ganz glatte 
und breite Metallplatte ar, und nah-re dieser eine geriebene, al- 
e — E. haltige Glasstang>. so gehen die Kügelchen mit +E 
aus einander. DBerükrt man run die der Glasstange zugekehrte 
Flache der Ment pilare wit einen Leiterz. B. dem Finger, so fallen 
sie eben so aut zusunmen, wie warn man das abzekehrte Ende 
urmitteldar derchre hamer entierat man zuerst die Finger und 
darn sa dieGissstange, s? „Sen cie Helendermarkkügelchen 
abermais, ader mir negativer E. ses eirender. und der Leite 
ist ant seiner ganzen Oberlarhe resıziv el, Resrıx glaubt hiena 
men M \denseuch er der Farrilo’schen TEeorie zu finden, 
weil ash nesıme E., weise rawi From in einem Mangel 
Destetr, emen Leiser vor Auer onbe mönteilen lasse, abe 
gie Brurkln'sche Tharnes mr zu Aczasme eizer enichen Mit- 
r= sie wird das The 


herurg ant isime Weise gewruat, srela 
r ġ»iz nasigven E. de 


A 





1 5 imen Kama Puing uni Bercicemg der bishenget 
Leizeunaene INA S IS 


Wirkungskreis derselben, 301 


Vertheilung el. gewordenenLeiters, die aus allen Puncten 
liben, jedoch mit sehr verschiedener Intensität sich | 
erlieren strebt, befriedigend erklären können. Ein ganz 
ws Phänomen (und insofern bedurfte es nicht erst dieses 
ches) zeigt sich auch beim Deckel des Harzkuchens eines 
rophors, dessen durch die negative E. des Harzes zurück- 
bene negative E, nicht blo[s an’ der abgekehrten Fläche 
am Rande des Deckels, sondern selbst von der auf dem 
tuchen unmittelbar aufruhenden Fläche abgeleitet oder 
FnankLıs mit E. von Aulfsen ausgeglichen werden 


Zinige Physiker, unter andern Parrot?! haben eine ganz 
ılte Ansicht der Vertheilung aufgestellt, wenn sie den in 
tmosphäre des z. B. mit + E. elektrisirten Leiters A be- 
zhen Leiter B gleichsam als einen el. Magnet darstellen, 
n eine abgekehrte Hälfte freies +- E., die andere zugekehrte 
> freies — E. habe, welche durch eine Sphäre von el. 
'enz oder 0 E. in der Mitte von einander getrennt seyen, 
[s Hollundermarkkügelchen, die an verschiedenen Puncten: 
eiters aufgehängt würden, in gleicher Entfernung von die- 
itte gleich stark. divergirten, jedoch mit entgegengesetzter. 
ın der dem + E. zugekehrten Hälfte nämlich mit nega-' 
‚, an der abgekehrten Hälfte mit positiver E., dals 
a der Mitte angehängten Kügeschen ohne alle Divergenz 
‚;„ und wenn man das abgekehrte Ende des Leiters mit 
inger berühre, mit dem Aufhören der Divergenz der an ihm 
mden Kügelchen die der an der vordern Hälfte hängenden 
ıme. Schon aus blofsen Begriffen läfst sich die Unrichtig-. 
lieser Ansicht einsehen, da ja das — E. am vordern Ende 
urch die stärkere Wirkung des Leiters A, in dessen. Wir- 
skreise sich B befindet, von seinem + E. getrennt worden 
nd getrennt gehalten wird, also auch eben so vollkommen 
ıden seyn muls, als es vorher gebunden war, und folglich 
ieine Weise als freies — E. nach Aufsen wirken kann. Je- 
’ersuch kann aber auch zur Widerlegung dienen, welcher- 
n wird, dafs das Probekügelchen, mit welchem Puncte des 
ws B, ob an der vordern, nach Panror negativ seyn sol- 





l S. unter andern dessen Entretiens sur la Physigue Tome Ve 
1822. p. 28. 


302 Elektricität, 


Jenden, oder an der abgekehrten positiven Hälfte man es in | 
Berührung bringt, stets positiv el, erscheinen wird, Aber frei- 
lich kann es sich ereignen, dafs die an der vordern Hälfte hän- 
genden Korkkügelchen stärker divergiren werden, als die in der 
Mitte hängenden, weil die dem vordern Ende des Leiters $ f 
nähere positive E, des Leiters A mehr --E. in diese Korkkügel- 
chen herabtreiben, und dieselbe in höherem Grade spannen wird, $ 
indem die — E., dieses vorderen Endes durch die + E. des ge- f 
näherten Leiters A am meisten gebunden ist. Die richtige f 
Ansicht eines in der Atmosphäre eines + elektrisirten Leiters A f 
befindlichen Leiters B ist vielmehr diese, dafs er von vorne- md f 
hinten gleichzeitig % el. ist, so zwar, dals wenn A -FE. ha, 
die — E. am vordern Ende am stärksten .angehäuft ist, und ab- § 
nehmend nach hinten, aber in ihrer ganzen Ausdehnung vob 
kommen gebunden, die 4 E. dagegen am stärksten angehäufl 
nach hinten, abnehmend nach vorne, aber in ihrer ganzen Aus. 
dehnung frei ist, daher sie an jedem Puncte entzogen werde: 
konn, während die — E. zurückgehalten bleibt. Dasselbe gilt 
nur mit verkehrten Zeichen, wenn der Leiter A — el. ist. Ir 
dels lassen sich doch durch eine eigenthümliche Art des Verfab-' 
rens die beiden Elektricitäten im Raume getrennt und doch jedr 
für sich frei thätig darstellen, die noch weiter zur Erläuterung i 
des ganzen Vorganges der Vertheilung dient. Dieser Versuch # 
schon von WırKe angestellt worden. Man setze einen Metallcy-' 
Fig.linder AB aus zwei von einander trennbaren Stücken AC ui ` 
3t. CB in C zusammen , und zwar so, dafs beide Theile isolirt mit 
einander in Berührung gebracht und auch wieder von einander | 
getrennt werden können. Man setze sie in Berührung mit ein- & 
ander, und halte dem einen Theile AC eine geriebene, und 
also + E. haltige Glasröhre, oder auch einen mit + E. gelade- T 
nen Leiter, wie im obigen Versuche, gegenüber, doch in hin- f 
länglicher Entfernung, dafs kein wirklicher Uebergang von È | 
erfolgen kann. Während dieser Stellung ziehe man den zwöi-. | 
ten Theil BC des Leiters ACB weg, entferne dann auch | 
die Glasröhre oder den elektrisirten Leiter, und untersuche nun 
den el. Zustand der beiden Hälften AC und BC. Man wird 
dann AC negativ, BC positiv finden, so lange A C in der Nähe 
des elektrisirten Leiters sich befand. Wird indels die durch 
den genäherten elektrisirten Körper gebundene negative E. der 
vordern Hälfte mit der Entfernung desselben vor der Trennun; 















Wirkungskreis derselben, 303 


wieder frei, so kann sie mit der + E., die in der hin- 
, Hälfte angehäuft war, wieder zu O zusammentreten. 

wr- Mian hat es indels in seiner Gewalt, durch eine besondere 
michtung vermöge der Vertheilung beide Elektricitäten in 
m Leiter im freien Zustande darzustellen, so dafs die zwei 
sn Hälften durch eine Zone von Indifferenz oder 0 E. von . 
der getrennt sind. Einen interessanten Versuch dieser Art 
Remen bekannt gemacht, Er bediente sich hierzu einer 
findermaschine, deren Reibzeug mit einem gleichen isolirten 
nductor verbunden war, wie der sogenannte erste oder posi- 
je Leiter. A ist der positive, B der negative Conductor, beide Fig. 
Hört; c und d sind geschärfte Drähte, welche auf die Con- 32. 
oren gesteckt werden, pnd EF ist ein gebogener Draht, der 
irt über dem Cylinder der Maschine so aufgehängt ist, dafs 
#Ende E desselben von der Spitze c und das Ende F von der 
fe d nur 1,5 Zoll absteht. Wurde der Cylinder der Maschine 
wegung gesetzt, so zeigte sich auf der Spitze d ein Strah- 
gunct, an F ein Büschel, an E ein Punct, an c ein Büschel. 
Raus ergiebt sich also, dals die beiden entgegengesetzten 
æn des Drahtes EF mit freier entgegengesetzter E. auftraten, - 
km der Strahlenpunct an E auf negative, der Strahlenbüschel 
f auf positive E. hinweiset. Aber nicht blofs diese Endpuncte 
ken entgegengesetzte Elektricitäten, sondern auch die beiden 
äiten des Drahtes; denn an seidenen Fäden hängende Hollun- 
markküzsselchen, positiv elektrisirt, wurden von allen Puncten 
Rfinen Hälfte von F nach I abgestolsen, von allen Puncten 
f andern Hälfte angezogen, und umgekehrt verhielten sich ne- 
Ëv elektrisirte Hollundermarkkügelchen; nur von der mittlern ` 
Mle i in I wurden beide gleichmälsig angezogen, was nur un- 
' der Bedingung möglich war, dafs I, 0 E. hatte. Die Stelle 
b el. Indifferenzpunctes an dem Drahte konnte dadurch ver- 
dert werden, dals man den positiven oder negativen Leiter 
t dem Erdboden i in Verbindung setzte. Wurde z. B. der ne- 
ive Leiter B mit dem Erdboden verbunden, so war zwar in, 
tehung der Lichterscheinungen an den Spitzen alles wie im. 
igen Versuche, aber der Indifferenzpunct lag nun nicht mehr 
l sondern der Draht war von F bis x positiv elektrisirt, von 
is E hingegen negativ, und der Indifferenzpunct lag in x. 























1 Gilb. Annalen XVII. 15. 


30 Elektricität. 


Als darauf der Conductor A mit dem Erdboden verband: 
B wieder isolirt wurde, so fand sich bei fortdauernden g. 
Lichterscheinungen der Draht zwischen E und y negativ. 
schen y und F positiv, Folglich war nun y derIndifferer 
geworden. Esist zwischen diesen Phänomenen und de 
nomenen der gewöhnlichen Vertheilung, wo es nicht zuı 
lichen Bewegung der E., zum Ausströmen kommt, der] 
kenswerthe Unterschied, dafs auch diejenige E., welche 
die ihr entgegengesetzte aus dem 0) entwickelt und ang 
wird, im ersteren Falle nicht gebunden ist, sondern mit 
Spannung auftritt, wovon der Grund in der eigenthün 
Wirkung der Spitzen und in der dadurch eingeleiteten ' 
chen Bewegung der Elektricitäten zu suchen ist!. 
Anders als bei den Leitern verhalten sich die Phän 
der Vertheilung bei den Nichtleitern. Ein Nichtleiter wir 
an dem Ende, welches in den Wirkungskreis eines elektı 
Körpers gebracht worden ist, ganz nach dem obigen Gesi 
werden, aber dieses wird sich wegen des Widerstandes 
der Nichtleiter als solcher der Verbreitung der E. entgege 
nur auf eine geringe Weite erstrecken und nicht sehr starl 
Weiterhin wird der Leiter abwechselnde Zonen von 
und — E. erhalten, von denen stets die folgende dur: 
Wirkungskreis der vorhergehenden hervorgerufen word 
Eine lange Glasröhre z. B. gegen +E. gehalten, wird am 
sten Ende auf einige Zolle weit — E., dann einige Zoll 
e- E., dann wieder — E. u. s. f. zeigen, welche Elektri 
aber weiter hin immer schwächer werden und sich endlicl 
verlieren. Die nicht leitende Eigenschaft des Glases ni 
verhindert den wirklichen Uebergang, und so zeigen sich 
die Wirkungen der Atmosphären, welche abwechselnd 
weil jede folgende Zone im \WVirkungskreise der vorhergeh 
liegt, und abnehmend,, weil jede E., die aus der Ferne 
eben darum nur eine kleinere Quantität, als sie selbst b 
aus dem Q freimachen kann. Etwas ganz ähnliches bemerk 
auch bei der Magnetisirung eines längeren Stabes von Stah 
gleichfalls ein Nichtleiter oder wenigstens schlechter Leite 
Magnetismus ist, durch einen Magnet, der mit seinem 
Pole blofs an das Ende des Stabes gehalten wird. Auch 





1 S, Spitzen. 


Wirkungskreis derselben. | 305 


ı sich längs dem Magnetstabe abwechselnde Schichten oder 
t von nördlicher und südlicher Polaritit, die abnehmend sind. 
3ringt man in den Wirkungskreis eines elektrisirten Körpers 
andern schon elektrisirten, so werden sich gleichfalls Er- 
rungen zeigen, die dem obigen Gesetze gemäls sind. Wird 
örper mit der-Erde verbunden, so wird er seinen Zustand 
aesetze gemäls ändern. DerFall ist dann eigentlich gleich 
ıd mit dem obigen, da durch diese Verbindung mit der 
jeder Körper aus dem + Zustande in den O el. Zustand 
ktritt; ist er isolirt, so wird er seinen el. Zustand so weit 
n, als die Umstände es zulassen, und übrigens ihn noch 
zu ändern fähig seyn. Bringt man z.B. + E. in den 
ungskreis von — E., so wird die +-E., wenn sie mit 
irde verbunden wird, nach Malsgabe der Umstände sich 
—E. aus dem Erdboden zum Theil, ausgleichen, oder un- 
ıdert bleiben, oder einen Zuwachs von + E. aus dem Erd- 
a erhalten, je nachdem im Verhältnisse der jedes- 
en Entfernung, aus welcher — E. wirkt, und ihrer 
ünglichen Intensität, sie entweder nicht im Stande ist, die 
ndene + E. vollkommen zu binden, oder gerade hinrei- 
le Wirksamkeit hierzu hat, oder noch mehr + E. binden 
Ist der Körper, an welchem sich + E. befindet, isolirt, 
ird er-fähig werden, mehr + E. anzunehmen und unfähi- 
+ E. zu verlieren oder mitzutheilen, d. h. mit andern 
ten, der Körper wird unter diesen Umständen mehr Capa- 
für + E, und .eine grölsere Tenacität in Beziehung auf 
nige, was sich bereits an ihm befindet, erhalten. Dies 
rt die Erscheinungen des Collectors, Condensators, 
Hicators ; Multiplicators 1, Ist die E. des isolirten 
vers, welcher in den Wirkungskreis eines andern elektrisir- 
Körpers kömmt, gleichartig mit derjenigen des letztern, so 
ält sich alles umgekehrt; seine E. wird an Spannung zu- 
nen, er wird unfähiger, neue von derselben Art aufzu- 
nen, fähiger sie zu verlieren, oder seine Capacität für die- 
e Art von E. welche er besitzt, ist vermindert. 
Aus dem Gesagten erhellet nun auch von selbst, dafs jeder 
theilung von E. Vertheilung vorangeht, und dafs sie, so- 
ne hier die Theorie zweier Materien zum Grunde gelegt, 
— 
1 d. diese Artikel. 
I, Ba. | ' U 


306 | Elektricität. 
\ 


oder den beiden durch + und — bezeichneten Elektricitäten 
eine zweckmälsige Wirksamkeit , jedoch eigenthümlich für jede 
zugeschrieben wird, nichtin einer blofs einseitigen Einwirkung, 
sondern in einem wechselseitigen Geben und Empfangen be- 
steht. Ehe zwei Körper, wovon der eine elektrisirt ist, und 
sich also in dem Falle der Mittheilung an den andern unelek- 
trisirten befindet, einander so nahe kommen, dafs eine wirk- 
liche Mittheilung oder Ausgleichung vorgeht, hat der elekti- 
sirte Körper bereits durch Vertheilung in dem andern die der 
seinigen entgegengesetzte E. gegen sich gezogen, und die Ver 
minderung, die er an E. erleidet, ‚beruht daher nicht blofs af 
einem Uebergange eines Theils seiner E. an den andern Kir- 
per, sondern zugleich auf dem Uebergange jener entgegenge- 
setzten E. zu ihm selbst, und davon abhängiger Ausgleichung 
eines verhältnilsmälsigen Antheils zu 0, wodurch in jenem ar 
dern Körper, wenn er isolirt ist, ein verhältnilsmälsiger Ar. 
theil der entgegengesetzten, und mit derjenigen des elektrisirtea 
Körpers gleichnamigen E. freigeworden ist, die folglich eba 
so sicher seinen Zustand, nachdem es zur Ausgleichung gekom 
men ist, mitbestimmt, als denjenigen Theil, welchen er em 
pfangen hat. Indels irren diejenigen, welche der Meinung sind, 
dals alle E. welche ein solcher Körper nach dem Vorgange dat 
Mittheilung, und also nach vollendeter Ausgleichung zeig 
lediglich aus seinem eigenen 0 hervorgegangen sey y denn nott 
wendig muls die freie E. des el. Körpers, da sie die entgeger 
gesetzte des nicht elektrisirten an Intensität übertrifft, den Zw 
schenraum, wenn es zu einer wirklichen Ausgleichung durà 
einen vorübergehenden Funken kommt, eher durchbrechen ul 
folglich kann sie eben wegen ihrer gröfsern Intensität auch nic 
durch den von ihr hervorgerufenen Gegensatz völlig ausgegliches 
werden, und mufs demnach neben der ihr gleichnamigen E., die 
sie gleichzeitig aus jenem () frei gemacht hat, zugleich zu des 
neu gewordenen el. Zustande jenes Körpers mit beitragen. 
Aus dem Gesetze der Atmosphärenwirkung erklärt sich 
auch das Anziehen und Zurückstolsen leichter Körper. Ei 
geriebene + E. haltige Glasröhre, leichten Körpern genäheh 
` erweckt in ihnen, sobald sie in ihren Wirkungskreis komme, 
— E., und dann ziehen beide einander an. Sobald diese K% 
perchen aber die Röhre berühren, erfolgt Mittheilung in den 
eben angegebenen Sinne, die Körperchen ‘haben + E. vud die 





















\ 


Wirkungskreis derselben. 307 


jlasröhre stölst sie zurück. So lange sie isolirt bleiben (wenn 
ie z. B. an einem seidenen Faden aufgehängt sind) behalten sie, 
venigsteng eine Zeitlang, ihre 4- E., und werden nicht wieder 
ngezogen, sondern fortdauernd abgestolsen. Sobald sie aber 
inen Leiter von hinlänglicher Gröfse berühren, z. B. auf den 
nit.der Erde verbundenen Tisch zurückfallen, gleichen sie sich 
nit diesem aus, d. h. gehen auf 0 zurück; sind sie dann noch 
m Wirkungskreise der Glasröhre, so wird von neuem E. in 
hnen hervorgerufen und zunächst dieses, mit demselben aber . 
mgleich werden auch die Körperchen angezogen, und so er- 
olgt ein fortgesetztes Hin - und Hergehen, wodurch endlich die 
}lasröhre oder wenigstens eine Stelle derselben wieder in den 
\el. Zustand versetzt wird. Darauf gründen sich die Versuche 
ut Zanzenden Figuren von Papier, oder um sie recht 
echt leicht zu machen, von Goldschlägerhaut, zwischen einer 
lektrisirten und einer mit der Erde verbundenen Metallplatte, 
vobei es gewöhnlich nicht bis zur Berührung jener elektrisirten 
ommt,, weil die Puppen wegen ihrer zugespitztenGestalt ihre ent- 
: E. schon aus einiger Entfernung abgeben; ferner der 

such mit der Flaum feder, die zwischen einer gerie- 
enen Glasröhre und Siegellackstange wie ein Federball hin und 
er fiegt; mit den Kork -— oder Hollundermarkkiigelchen, 
ie auf dem Tische unter einer elektrisirten Glocke auf- und abtan- 
en, und wenn `sie von grolser Anzahl und von hinlänglicher 
Ueinheit sind, (noch besser Schnitzelchen von Goldpapier) durch 
hrGeräusch bei dieser Hin- und Herbewegung den sogenannten 
J, Regen darstellen. 

Bemerkenswerth ist bei diesem zuletzt erwähnten el. Spiel- 
verke, dafs wenn die Kügelchen nicht mehr in die Höhe sprin- 
ten, sondern alles ruhig geworden ist, man den Tanz erneuern 
ann, wenn man die Glocke von aufsen mit der Hand um- 
pannt, und zwar zu wiederholtenmalen, was sich aus den 
3esetzen der Ladungsflasche erklärt, mit welcher eine solche 
Jocke zu vergleichen ist, deren innere Wandung man durch 
las Ausströmen einer Spitze elektrisirt hat, während man sie 
von Aufsen mit der Hand umfalst hält. 

Aus dem Gesetze der Vertheilung erklären sich auch die 
Resultate der Versuche und Beobachtungen, welche HeLLER $ 
nn 

1 8. Gron’s neues Journal der Physik II. 397, 

| U2 


‘S 


308 Elektricität. 


üher den Einflufs des verschiedenen hygrometrischen Zustandes 
der Luft auf gewisse el. Erscheinungen gemacht hat. Der Ap- 
parat zu diesen Versuchen bestand in einem auf einem vertica- 
len Glasfuls= horizontal liegenden isolirten Messingstäbchen, das 
an beiden Enden mit Knöpfen versehen war. An einem dieser 
Knöpfe hängen an leinenen Fäden zwei Hollundermarkkügelchen 


herab. Zur Prüfung der E., mit welcher in den angestellten. 


Versuchen die Hollundermarkkügelchen divergirten,, bediente 
er sich nach der bekannten Weise einer geriebenen Glasröhre 
oder Siegellackstange. Die Feuchtigkeit der Luft mals er durch 
ein Federkielhygrometer. Berührte er dann das Messingstäbchen 


in seiner Mitte mit der geriebenen Glasröhre , so divergirten die 


Fäden, fielen aber auch kurz darauf wieder zusammen. Alı 


hierauf die Glasröhre von dem Stäbchen entfernt wurde, diver-' 


girten die Fäden zum zweitenmale. Diese beiden Divaricationea 


hingen von entgegengesetzten Elektricitäten ab, die erstere von. 


positiver E., die zweite von negativer. Dieses erklärt sic 
nach dem Gesetze der Vertheilung so, dafs die Glasstange nach 
der Mitte, wo sie die Messingstange berührte — E. 

und nach den beiden Enden 4 E. zurücktrieb, die die Hollun 


markkügelchen an .dem'einen Ende zur Divergenz brachte, sd ` 


aber auch in die Luft zerstreute,, weswegen die Kügelchen wit- 
der zusammenfielen, während die negative E. gebunden durch 


die positive der Glasröhre sich nicht zerstreuen, aber auch 
nicht an die Glasröhre übergehen konnte, wegen der wer 


gen Berührungspuncte mit dem Glase und der Hindernis, 
die das Glas durch seine nichtleitende Eigenschaft und sein 
glatte Oberfläche diesem Uebergange entgegensetzte, weswege 
dann nach Entfernung der Glasröhre diese negative E. in de 
freien Zustand überging, und da die + E. der O, aus dem sè 


et _ 


angezogen worden war, sich inzwischen zerstreuet hatte, nicht 


wieder zu 0) gebunden werden konnte, und eine zweite Div 
rication der Hollundermarkkügelchen bewirkte. Das Intere 
sante bei diesen Versuchen war nun, dafs es lediglich auf de 
hygrometrischen Zustand der Luft ankam, ob nur die eine oder 
beide Divergenzen eintraten, und ob die erste oder die zweite 
die grölsere war. Bei sehr trockener Luft, wie sie schon bei 
45° seines Hygroıneters statt fand, und noch gewisser bei höhe“ 
ren Graden desselben fand keine zweite Divarication statt, $0 
dern nur eine erste, und diese war dauernd und grofs. Diest 


1 


t 


Wirkungskreis derselben. 309 


erklärt sich daraus, dafs in diesem Falle in derkurzen Zeit des 
Versuchs die freigemachte E, sich nicht zerstreuen konnte, und 
folglich nach Entfernung der Glasröhre oder Siegellackstange 
seinen inzwischen gebundenen Gegensatz wieder zu 0 ausglich, 
weswegen die Rügelchen nicht zum zweitenmale aus einander 
gehen konnten. Bei 40° bis gegen 26° des Hygrometers (also bei 
zunehmender Feuchtigkeit) wechselten die eine und die zwei 
Divaricationen ab, letztere wurden immer häufiger, je tiefer 
der Grad wurde. Endlich bei einer Feuchtigkeit unter 20° 
war,weder die erste noch die zweite Divarication zu sehen, 
sondern die E. zerstreute sich augenblicklich. In der Epoche 
der Divaricationen -war es angenehm. zu bemerken, wie die 
Grölse der zweiten Divarication mit der Anzeige des Hygrome- 
ters correspondirend war, nämlich wenn die zweite Divarication 
m einer Stunde des Tages gröfser als zu einer andern war, so 
latte die Feuchtigkeit der Luft zugenommen, und umgekehrt. 
Durch eine kleine Uebung brachte HELLER es dahin, diese Zu- 
nahme der Feuchtigkeit blols aus der Beobachtung der Grölse 
der zweiten Divarication mit Gewilsheit vorauszusagen , so dals 
dieser so einfache Apparat wenigstens für die Epoche der zwei 
Divaricationen ihm statt eines Hygrometers diente. Nach der 
eben zum Grunde gelegten Erklärung ist es begreiflich, dafs, so 
wie die Feuchtigkeit der Luft zunahm, - die Epoche der zwei 
Divaricationen eintreten mulste, weil nun während des auch 
guz kurzen Anhaltens der Glasröhre ein Theil der +E. sich 
durch die feuchte Luft zerstreuen mufste, und folglich bei Ent- 
dernung der Glasröhre die durch dieselbe gebunden gehaltene 
=E. nicht vollkommen zu 0 gebunden werden konnte, son- 
den zum Theil zu überwiegend bleiben mulste. Ehen ‚so be- 
‚gräiflich ist es, wie die zu einer Zeit verhältnilsmäfsig srölsere 
Zweite Divarication als zu einer andern Zeit für jene erstere eine 
gölsere Feuchtigkeit anzeigen mulste, weil eben darum in der 
‚gleichen Zeit sich mehr von der + E. zerstreuen, und also 
von der gebunden gewesenen — E. ein verhältnilsmälsig grö- 
berer Theil als frei auftreten mulste!. 

So einfach die Gesetze der E. sind, so mannigfaltig werden 
doch ihre Anwendungen durch die fast unzähligen einzelnen Fälle 





1 Aus dieser Darstellung ergiebt sich, dafs hierbei von einer 
"enigen Divarication , welche Fischer pha, 1 Wört. VI. 267. hinein- 
8t; nicht die. Rode seyn kann.. -; ' ' 


310 Elektriecität. 


die sich daraus erklären lassen. Es ist sehr bequem, sich über 
Ausdrücke zu vergleichen, mit welchen man das, was in je- 
dem einzelnen Falle vorgeht, verständlich und übereinstimmend - 
bezeichnen könne. Aus diesem Grunde sollen hier die wenigen 
Fundamentalgesetze der E. in der Sprache angeführt werden, _ 
in welcher sich die neueren Physiker über dieselben ausdrücken. - 
Wie weit diese Sprache, diese angenommenen Zeichen, die 
nur dadurch unzweideutig sind, dafs sie als blofse Formeln oder 
Gleichnisse für bestimmte sichere Erfahrungen gelten sollen, 
richtig gewählt sind, wie weit sie das Wesen der Erscheinungen 
selbst gehörig darstellen, darüber wird erst weiter unten in der 
Untersuchung der Ursache dieser Erscheinungen entschieden 
werden können. 


VL Uebersicht der Gesetze derElektricität, 


Man nenne eines Körpers Elektricität überhaupt E.; im 
natürlichen Zustande, wo er keine el. Erscheinungen zeigt, it 
dieses E = 0, was gleichbedeutend mit el. Indifferenz ist. 

Da es aber, .wie schon oben im Allgemeinen gezeigt wor- 
den, zwei verschiedene Elektricitäten giebt, die sich gegen 
einander wie entgegengesetzte Grölsen verhalten, oder deren 
jede für sich ähnliche Wirkungen zeigt, eine aber die andere auf- 
hebt, so nenne man diejenige, welche das geriebene Glas zeigt, 
und jede andere mit derselben specifisch gleichartige, + È, 
die ihr entgegengesetzte, welche die geriebene Siegellackstange 
zeigt, und jede andere mit ihr specifisch gleichartige — E 
Man betrachte ferner den natürlichen Zustand der Körper, i 
welchem sie keine el. Erscheinungen zeigen, als 4-E —E =ù, 
d. h. man schreibe jedem Körper, der keine el. Erscheinunget 
zeigt, eben soviel + E. als — E. zu, die sich beide völlig 
aufheben, wechselseitig binden und im Gleichgewichte halten. 
So ist der Zustand eines elektrisirten Körpers nichts anders al 
Aufhebung der Gleichheit der beiden E., oder Störung de 
Gleichgewichts. Zu dieser Annahme ist man dadurch berech 
tigt, dafs gleiche Mengen von freiem + E. und — E, gemes 
durch das Product der “mittleren Spannung i in die Oberfläche, @ 
welcher sie sich befinden, mit einander stets O geben, und #3 
dem natürlichen Zustande oder dem 0 E. in allen Fällen, wo® . 
freithätig wird, beide Elektricitäten zugleich hervortreten, und 
zwar gerade in dem Verhältnisse um wieder 0 E m geber 


Fr RB BER een 


m. 


Gesetze derselben. | 311 | 


Gleichartige Elektricitäten sto/sen sich zurück, entgegen- 
gueiste ziehen sich an; die Weite, auf welche sich dies>s 
zingsum erstreckt, macht den Wirkungskreis einer E, aus. Die 
+E., oder der Theil der + E., der auf Anziehung seines Ge- 
gensatzes verwendet, und von diesem nach dem Gesetze der 
Gegenwirkung wieder angezogen wird, kann natürlich nichts 
weiter bewirken. Man nennt ihn gebunden. Hört das Anzie- 
hen auf, so Sagt man, er werde frei oder sensibel, er wird 
nämlich nun fähig nach Aufsen zu wirken, und sich durch 
anderweitige von ihm abhängige Anziehungs - oder Repulsions- 
erscheinungen zu offenbaren. 

Im natürlichen. Zustande binden sich beide Elektricitäten 
des Körpers völlig; durch das Reiben u. dgl. wird das Gleich- 
gewicht gestört. Immer treten .hierbei die gegen einander wir- 
kenden Körper in den entgegengesetzten el. Zustand. Es sind 
dann drei Fälle möglich. Wird z. B. eine Glaskugel durch Rei- 
ben mit einem angemessenen Reibzeuge +, dieses — el., so 
kann dieses entweder daher rühren, dafs das Glas + E. aus 
dem Reibzeuge,, oder dieses — E. aus dem Glase anzieht, oder 
beide Processe gleichzeitig statt finden. (Auf einen etwa hierbei 
wirksamen chemischen Procefls durch die Concurrenz der Luft 
and die Herkunft der E. aus dieser, nehmen wir hier keine wei- 
tere Rücksicht, werden aber weiter unten die Grundlosigkeit 
siner. solchen Annahme nachweisen)... Auf welche Weise nun 
wch das Reibzeug — el. geworden ist, so wird dieser Procels 
ehr bald eine gewisse Grenze haben, weil jeder Körper seiner ` 
Natur nach nur ein endlicher Quell vonE..seyn kann. Das Reib- 
ug wird also nur bis auf einen gewissen Punct — E. anneh- 
uen, und nur indem seine — E. durch eine leitende Verbin- 
lung mit dem Erdboden neue + E. anzieht, wird der Procels 
ortdauernd erhalten werden können, wenn nicht etwa die Kör- 
er während des Vorgangs selbst ihre Natur verändern. Fand‘ 
m obigen Falle ein Uebergang von -+ E. des Reibzeugs zum 
Hase statt, so wird dasselbe dadurch von neuem befähigt, + E. 
bzugeben, fand dagegen ein Uebergang der — E. vom Glase 
u das Reibzeug statt, so wird dieses aus dem neugebildeten 
abermals -- E. anziehen und an das Reibzeug — E. absetzen 
innen. 

Hat ein Körper mehr + als - — E., sozieht seine freie 4 E. 
anerhalb seines Wirkungskreises alle — E. an, und stölst alle 


312 Elektricität. 


+ E. zurück, desto stärker, je näher sie ihm kommt. Bringt 
man also in diesen Wirkungskreis einen isolirten Leiter, so 
wird dessen — E. an den näheren Theil gezogen, und gebun- 


den, die + E. hingegen in den entfernteren Theil zurückge- 


stofsen und frei, weil sie von der — E., von der sie vorher 
gebunden war, verlassen ist, und von dem Uebergewichte der 
Repulsivkraft der + E. zurückgestoflsen wird.. Diese freie +E, 
würde ‘herausgehen, oder sich mit — E. sättigen,: wenn ihr 
nicht durch Isolirung der Weg zu beidem abgeschnitten wäre, 
Wird aber eine leitende Verbindung mit dem Erdboden ge- 


macht, so zieht die + E.:soviel — E. an, als erforderlich 


ist, um wieder 0 zu werden, der Leiter zeigt weiter keine 
el. Erscheinungen. Hebt man die Verbindung wieder auf, und 
entfernt ihn aus dem’Wirkungskreise der + E.; so wird die 
vorher gebunden gewesene — E. frei oder sensibel, da sie die 
+-E., durch die sie vorher gebunden war, nicht mehr als tE 
sondern als O vorfindet. 

Hat ein Körper mehr:— E. als + E., so zieht seine freie 
— E. alle -+ E. in seinem Wirkungskreise an, und stöfst alle—E. 
zurück. Bringt man also einen isolirten Leiter gegen ihn, # 
erfolgt alles, wie vorher gezeigt ist, nur mit Verwechselung de 


Zeichen 4 und —. Man sieht hieraus, dafs das Gesetz der 
IWirkungskreise nichts anderes ist, als das Gesetz der Ansie : 





hung ungleichnamiger und der Zurückstofsung gleichnamige ' 
Elektricitäten, und dafs diejenigen, welche zwei el. Materim 


annehmen, die durch wechselseitige Anziehung auf einander wir- 
ken, und das O oder den natürlichen Zustand als den Zustand des 
Gleichgewichts beider Elektricitäten mit einander betrachten, ein 
ganz falsche Ansicht zum Grunde legen, wenn sie in ihre Erkli- 
rungen noch eine besondere Anziehung der Körper selbst zur 
aufnehmen. Von einer solchen Anziehung zeigt sich wenigstess 
in den gewöhnlichen el. Versuchen durchaus keine Spur, & 
die elektrisirten Körper in Beziehung auf andere, und diese wie 
der wechselseitig auf jene sich ganz gleichförmig verhalten, vo 
welcher Beschaffenheit sie übrigens seyn mögen, auch die Mas 
der Körper hierbei nicht im geringsten in Betracht kommt, auke 


insoferne sie als Widerstand gegen die wirkliche Bewegus - 


durch Tfägheit und Schwere die Erscheinungen modificirt. Selt 
das verschiedene Leitungsvermögen der Körper für E. ändert 
unmittelbar nichts in der. freien Wirksamkeit der an ihnen t- 


„m o 


Gesetze derselben. 313 
n E., soferne diese auf das O, auf 4 oder — E. anderer 


per wirkt. 

Wie in Folge der Anziehung, welche die freie E. auf ih- 
Gegensatz ausübt, jene selbst wieder gebunden wird, wie 
der freien Communication eines Leiters, auf welchen ein 
ktrisirter Körper wirkt, mit dem Erdboden jene Bindung zu- 
ımt, wie in Folge dieser Bindung die Capacität der Körper 
E. und die Tenacität, womit sie eine gegebene Menge yon 
zurückhalten, erhöht wird, ist bereits an mehreren Orten, 
wohl in diesem Artikel, als in dem Artikel Condensator 
seinem nothwendigen Zusammenhange mit dem allgemeinen 
setze der Anziehung und Zurückstolsung hinlänglich klar 
macht worden. 

Nach welchen Gesetzen die Annäherung eines noch in sei- 
m natürlichen Zustande befindlichen, mit dem Erdboden in 
#ender Verbindung stehenden, Körpers, auf die Bindung 
m freien E. eines. elektrisirten Körpers wirke, ' steht mit der 
age, wie die Wirksamkeit der E. mit der Entfernung, auf 
elche sie wirkt, abnehme, in der genauesten Verbindung, oder 
llt vielmehr ganz damit zusammen. Hat man das Gesetz für 
ie Abnahme der repulsiven Kraft der E. im Verhältnisse der 
atfernung bestimmt, so ist auch das gleiche Gesetz für ihre 
miehende Kraft ausgemittelt, da beide stets gleichen Schritt 
sit einander halten. Soferne auf dieser Besitminung die -ganze 
Blektrometrie beruht, so wird es am .passendsten seyn, 
liess Gesetz dort genauer zu erörtern. ' 

Indem die wechselseitige Anziehung der entgegengesetzten 
Bektricitäten mit der wechselseitigen Annäherung zunimmt, 
mtt endlich eine gewisse Weite ein, wo sie stark genug wird, 
las isolirende Mittel, das beide aus einander hält, z. B. die 
Laft, zu durchbrechen, und einen wirklichen Uebergang der 
E. zu veranlassen. Alsdann erfolgt wirkliche Mittheilung, 
wobei der ursprünglich elektrisirte Körper, von welchem der 
Procels ausging, stets einen Theil seiner + E. an den, andern 
absiebt. 

Die Weite, bei welcher dieser Uebergang geschieht, ist 
bei Spitzen sehr grols, bei stumpfen oder rund geendeten Kör- 
pern kleiner, bei platten Flächen erfolgt oft, selbst im Falle 
der Berührung, kein Uebergang, wenn auch selbst die eine 
Fläche dem besten Leiter zugehört. Auch erfolgt bei Spitzen 


314 Elektricität 


der Uebergang durch Ausströmen, bei stumpf geendeten Köm ; 
pern hingegen durch den Ausbruch eines Funkens. Dieser. 
merkwürdige Unterschied des Verhaltens der Körper nach Ver- 
schiedenheit der Gestalt ihrer Oberfläche, ihre E. leichter ode. 
schwieriger abzugeben, hängt im Allgemeinen von der Ven 
schiedenheit ab, mit welcher die an der Oberfläche dieser ver, 
schiedenen Leiter verbreiteten Elektricitäten in den verschie | 
denen Puncten derselben durch ihre repulsiven Kräfte auf em- 
ander wirken, und durch welche sie sich in dem Webergangt; 
zu den in ihren Wirkungskreisen befindlichen Körpern entwe; 
der begünstigen, und für einzelne Puncte,eine erhöhte Anhin- 
fung, Drang oder Spannung der E. veranlassen, wodurch da]. 
Widerstand der Luft, der eigentlich das Haupthindernils au 
macht, leichter überwunden werden kann, oder aber im er« 
gegengesetzten Sinne wirken 1. 

Wenn glatte Flächen, deren eine + E., dieandere gleich, 
viel — E. hat, in Berührung kommen; ohne dafs ein Uebers 
gang erfolgt, so zeigen sie in diesem Falle gar keine freie B 
Trennt man sie aber wieder von einander, so erhalten sie ihr 
vorigen Elektricitäten wieder. Der Pater Beccarra ? glaubte, 
sie legten ihre Elektricitäten an einander ab, und bei der T 
nung ergriffe jede Fläche die ihrige wieder. Er gab di 
Gesetze den Namen: der sich selbst wieder herstellenden B 
(electricitas vindex, quasi quae sibi vindicat locum suum.) Mas. 
hat aber dieses Phänomens wegen nicht nöthig, ein neues Ge- 
setz anzunehmen. Dieses Verschwinden der Elektricitäten ist 
kein Verlust derselben, kein Ablegen und Wiederergreifes- 
Es ist nichts weiter als das gewöhnliche Binden entgegengesei# 
ter Elektricitäten, wenn eine in der andern Wirkungskreis komot, 
wodurch ihre Intensität geschwächt, und in der unmittelbare. 
‘Berührung bei Gleichheit derselben vollkommen aufgehoben ; 
‚wird. Nach der Trennung wird alles ‘wieder sensibel, weil 
kein Uebergang erfolgt ist. Das Nichterfolgen des Uebergan- 
ges hat in den meisten Fällen seinen Grund in der dünnen Luft- 
schicht, die nicht ganz ausgeschlossen werden kann, undur, 


ter den aus der Glätte und dem Parallelismus der Oberflächen . 








































1 S. Spitzen. 
2 Elettricismo artificiale P. II Sect. vi. vergl. Exp. atque obsert: 
quibus electricitas Vindex late construitur. Aug. Taur. 1769. 4 


rg 


Geschichte, 315 


j er Körper für den Uebergang überhaupt entstehenden un- 
kstigen Umständen bei schwächerer E. einen hinlänglichen 
lerstand leistet, weswegen dann auch die wechselseitige 
dung keine vollkommene ist, aber der Rest von freier Span- ` 
Be kann wegen der noch nicht hinlänglich grofsen Empfind- 
eit unserer Elektroskope nicht erkannt werden. 
t Die Wirkungen der el. Anziehung und Zurückstofsung 
x der el. Atmosphären werden durch dünne solide Nichtlei- 
nicht aufgehoben, wohl aber die Wirkungen der Mitthei- 
Wenn daher eine Glastafel auf beiden Seiten mit Metall 
gt, die eine Belegung mit der Erde verbunden, und der 
tern +- E. zugeführt wird, so nimmt jene verhältnilsmäfsige 
FE. aus der Erde an oder giebt + E. an dieselbe ab. Hier- 
‚erklärt sich die Ladung t. Macht man alsdann zwischen 
den Seiten eine leitende Verbindung, so erfolgt ein Ueber- 
pe, der das Gleichgewicht herstellt. Dies ist die Entladung 
Wr der Leidner Versuch. 


| VI. Geschichte der Elektricität. 
Die Anziehung leichter Körper ist unter allen übrigen el, 


Wöheinungen zuerst bemerkt worden. THALES 2 soll sie ge- 
kit, und dem Körper, in welchem dasselbe zuerst erkannt 
fanis, eine Seele zugeschrieben haben. TurorurAast von 
ker 3, 300 J. vor C. G. führt an, dafs nicht blofs der Bern- 
in, sondern auch der Lynkurer (ivyxovg:ov ) diese Eigen- 
besitze, und dafs letzterer nicht blofs Strohhalme und 
pähne, sondern auch Metallblättchen an sich reilse. War- 
hat den Lynkurer des Theophrat für den Turmalin erklärt, 
er mit Unrecht; da die Alten und namentlich Theophrast 
ihrem Lynkurer unsern Hyancith verstanden 4. Auch 
Einıus 5 SraaBo`® und Pıurancn? gedenken dieser anzie- 
o 
u 1 8. Flasche, geladene. 
` 2 S. den Anfang dieses Artikels. 
~ B` neo liwy c. 53. 

& S. Hills Commentar über Theophrast’s Abhandlung von Steinen. 
w dem Englischen übersetzt und mit Anmerkungen von Baumgärt- 
w, Nürnberg 1770. 

5 Hist. Nat. XXXVII, 3. 

6 Geograph. L. XV. T. II. c. 100. 

7 Sympos, Í, 7. 






















. 
[2 


316 . Elektricität. 


henden Eigenschaft des Bernsteins. Nach einigen soll 
die el Eigenschaften des Gagats sehr frühe bekannt ge 
seyn. WıuLıam GiLBERT i war‘ der erste der seit der 
der Alten etwas Neues hinzufügte. Er vermehrte das Vı 
nils der Körper, welche el. Erscheinungen zeigen, sehr : 
lich, brachte vornehmlich das Glas, die meisten Edı 
den Schwefel und das Siegellack zu denselben, und ze 
‚Reiben als das Mittel an, ihre E. zu erregen. Für ih 
indels die el. Anziehungserscheinungen mit den magni 
noch in eine Classe zusammen, und es ist charakteristisc 
für diesen Theil der Geschichte der Wissenschaften, d 
selbe Einheit auf ihrer höhern Entwicklungsstufe wieder 
kehrt, die die Periode ihrer Kindheit bezeichnet. Or 
Gurnıcke ? stellte Versuche mit einer geriebenen Schw 
gel an. Er bemerkte, dafs ein von ihr angezogener 
wieder zurückgestofsen, und nicht eher wieder angezoge 
als bis er sich einem leinenen Faden oder der Lichtflam 
nem Leiter) genähert hatte, dafs Fäden, diein der N: 
Schwefel-Kugel hingen von seinem nahe daran gehalten 
ger zurückgestolsen wurden, und dafs eine von der Ru 
rückgestolsene Flaumfeder der Kugel beständig einerl 
zukehrte; Erscheinungen, welche nachher auf die Gese 
Anziehens und der \Virkungskreise geführt haben. Erb: 
auch das el. Licht und das Geräusch desselben. Boy 
mehrte um das Jahr 1670 das Verzeichnils der el. Köı 
einigen neuen, fand, dafs Trockenheit und \Värme der | 
stig seyen, dals auch leichte el. Körper z. B. Bernsteinpu 
gezogen würden, dafs das Anziehen wechselseitig sey, dafs 
riebene Diamant im Finstern leuchte, und dafs man a 
luftleeren Raume E. erwecken könne. Er erklärte übrigens 
Erscheinungen durch klebrige Ausflüsse. Auch Newros ? 
einige el. Vesuche. Er rieb eine Glasplatte, die auf einem: 
genen Ringe auf dem Tischeruhete, ohne den Tisch zu be 
auf ihrer oberen Fläche, und sah darunter liegende Papierc 
gen die untere Seite hüpfen. Diels ist wohldas erste Deisf 


einer Ladung. Er ward auch gewahr, dafs die Wahl de 


f de Magnete London 1600. fol. 

2 Experim. Magdeburg. de vacuo spatio, Amsterd. 16 
L. IV. c. 15. 

3 Philos. Transact, 1675. 


Geschichte. 317 
Wags nicht gleichgültig sey, "weil der Versuch besser gelang, 


pan er mit seinem Rocke (Wollenzeug) als wenn er mit ei~ 
t Serviette rieb. Er erwähnt auch der E, in seinen, der Op- 
beigefügten Fragen. Dr. WALL ! bemerkte zuerst el. Fun- 
fü. Er hatte eine Hypothese über den Phosphor, die ihn 
f die Vermuthung leitete, ‘dafs Bernstein ein natürlicher Phos- 
er seyn dürfte. Er rieb also Bernstein mit der Hand oder 
k wollenen Lappen, sah dabei ein starkes Licht und hörte 
k Knistern. Hielt man den Finger gegen den Bernstein, so 
x ein heller Funken gegen denselben. Er bemerkte auch 
ht beim Reiben des Siegellacks und Diamants, und zog dar- 
sden Satz , dafs alle geriebene el. Körper leuchteten. Es ist 
ıkwürdig, dals er schon bei dieser ersten Entdeckung des 
Bekens und Knisterns diese Erscheinungen mit dem Blitze 
d Donner verglichen hat. Dies sind die geringen und lang- 
m Fortschritte der el. Versuche bis zum Jahre 1709. In 
| Jahre machte Hıwxsper? seine Versuche und Entdk- 
Magen bekannt. Er machte zuerst aufmerksam auf die grolse el. 
haft des Glases, welchem man seitdem den Vorzug vor allen 
tigen el. Körpern beigelegt hat. Er beobachtete die Erschei- 
fingen des el, Lichtes, besonders im luftleeren Raume, genauer, 
Mind die Quecksilberphosphore, bemerkte das Geräusch des 
$l Ausströmens, und das Gefühl von Spinnewebe, das sich 
i starker E. äulsert, stellte auch Versuche mit Siegellack, 
Wnwefel, und Harzkuchen an, ob er gleich darin irrte, dals 
®die E. derselben mit der des Glases für einerlei hielt. Er 
sich auch zuerst einer Maschine zur Umdrehung der Glas- 
Agel bedient, obwohl nach ihm noch einige Zeit nur Röhren 
Pbraucht, und die Elektrisirmaschinen erst später eingeführt 
orden sind. + 
| Zu jener Zeit beschäftigten Newron’s grolse Entdeckun- 
M die Physiker mit andern Gegenständen, und veranlalsten 
' den el. Untersuchungen einen zwanzigjährigen Stillstand, bis 
bernan Gray vom Jahr 1728 bis 1731 dieselben auf’s Neue 
kt wichtigen Zusätzen bereicherte. Dieser um die Lehre von 
w E. sehr verdiente Engländer entdeckte die Mittheilung, fand 
fs hänfene Schnüre sie zulielsen, seidene oder härene aber 





















1 Philos. Transact. 1708. Vol. XXVI, No. 314, 
2 Physico - mechanical exsperimeuts. London 4. 


318 Elektricität. 2 


hidenrten, und wurde durch.einen Zufall auf die Entdecku) ' 
des für die Ausbildung der Elektricitätslehre so wichtigen Um | 
terschiedes zwischen Leitern und Zerstreuern der E. und Nicht 
leitern oder Isolatoren geführt. Als Gray nämlich im Jahn: 
4729 seinem Freunde \VneEELER, seinem Gehülfen bei den me- 
sten seiner Versuche, die Entdeckung mittheilte, wie durdi: 
hänfene Schnüre, welche an die Glasröhren befestigt ware; 
beim Reiben derselben dis E. an elfenbeinernen Kugeln, die = 
diesen Schnüren hingen, selbst bei grolser Länge derselbe i 
wenn sie frei durch die Luft herabhingen, mitgetheilt werde; 
könne, war WHEELER begierig, zu untersuchen, ob nicht e 
die el. Kraft auf eine grolse Distanz auch horizontal fortg 
werden könne. GaAr hatte diesen Versuch bereits vergeblit 
angestellt, weil er sich zur Unterstützung der Schnur, wel 
die elfenbeinerne Kugel mit der geriebenen Glasröhre in Vet 
bindung setzte, eines Bindfadens bedient hatte. Warn 
schlug einen seidenem Faden vor, von dem auch Gaay in Ask 
sehung seiner Dünne einen bessern Erfolg erwartete. DerVei 
such gelang auch über alle Erwartung. Er, wurde den 2 
Juli 1729 angestellt. Ohngefähr 4 Fuls von dem Ende der 
Matten belegten Gallerie zogen sie eine Schnur quer über å 
Platz hinweg, der mittlere Theil der Schnur war Seide, ó 
übrige Bindfaden, dann legten sie die Schnur, woran die efen 
beinerne Kugel hing, und durch welche die el. Kraft zu dene 
ben von der Glasröhre geleitet werden sollte, und welche sof 
Fufs lang war, quer über die seidene Schnur, so dafs die Kes 
gel ungefähr Q Fufs unter derselben hing. Beim Reiben t á 
Glasröhre zog nun die elfenbeinerne Kugel leichte Körperc 
aus der Ferne an. Indem sie die Versuche in Rücksicht 
Verlängerung der die E. mittheilenden Schnurinoch weiter trê} 
ben wollten, brach der feine seidene Faden. Sie substiturtk 
ihm nun einen nicht weniger dünnen Messingdraht. Aber m 
blieb aller Erfolg aus. Sie hatten damit die Ueberzeugung g” ge 
wonnen, dafs es nicht von der Dünne abhänge, warum & 
seidene Faden die E. nicht wie der dickere Bindfaden zerst 
habe, da der Metalldraht trotz seiner Feinheit dies noch in #* 
herem Grade that, als selbst der dickere Bindfaden, sondem 
dafs hierbei die eigenthümliche Natur der Körper in Beine 
komme, Wir haben absichtlich diesen Versuch um 

erzählt, ‚weil er einen neuen Beleg giebt, wie so oftan wich- 

































Geschichte. 819 



















ben Entdeckungen ein glücklicher Zafall einen wesentlichen 
Mheil hat, wie er aber auch diesen Antheil nur dadurch et- 
k, dafs der Scharfsinn des Experimentators ihn zu benutzen 
kd mit seinen Forschungen zu verknüpfen weils. Gray machte 
ih die ersten Versuche, Wasser, ingleichen Menschen und 
fiere durch Mittheilung zu elektrisiren. Da er hierbei die | 
sonen in seidene Schnüre hing, und sah, dafs sie den Me- 
len ziemlich starke Funken gaben, so kam er darauf, metal- 
> Cylinder in seidene Schnüre zu hängen, und die Funken 
Personen herausziehen zu lassen, welches der erste Ur- 
fung des Hauptleiters oder ersten Leiters bei den Elektrisir- 
schinen gewesen ist. Er bemerkte zuerst das freiwillige Aus- 
men der Feuerbüschel aus leitenden Spitzen, wenn ihnen 
flache Hand genähert ward,’ ingleichen, dals selbst aus 
fa Wasser Funken hervorbrachen. 
Dieser Versuch brachte auch bei ihm im Jahre 1734 den Ge- 
an hervor, dafs „die el. Kraft, si magnis licet comparare 
,„ mit der Natur des Donners und Blitzes von gleicher 
zu seyn scheine‘‘ Bei einem ähnlichen Versuche im 
| wenden Jahre hat er, wie Beckmann t bemerkt, schon die | 
k Erschütterung gefühlt, ohne jedoch weiter darüber nach- 
Pedenken. 

' Gaays Versuche wurden in Frankreich von Du Far? 
Pepe wiederholt, und mit neuen vermehrt. Dieser Natur- 
Becher trieb die Wirkungen der Mittheilung viel weiter, und 
te sie genauer. Er zog noch eher als Gray selbst, 

jen aus dem menschlichen Körper, da jener damals erst so 
genommen war, Metallblättchen durch denselben anziehen 
en. NorLer, welcher bei diesen Versuchen gegenwär- 
war, kann die Bestürzung nicht stark genug schildern , die 
wohl ihm als Du Far bei den ersten el. Funken, die aus dem 
iper dieses Letzteren gezogen wurden, ergriff3. Dü Fay ent- 
ækte, was unstreitig einer der grölsten Schritte in der Elek- 
kitätslehre war, den Unterschied zwischen den beiden Elck- 
fitäten, die er Glas-und Harz-E. nannte, nebst dem Ge- 
$e. ihrer wechselseitigen Anziehung, irrte aber darin, dals 








G——— 

1 Geschichte der Erfindungen I. Band. Leipzig 1783. 8. 
3 Mémoires de Paris 1733 — 37. 
8 Leçons de physique, Tome VI. p. 408. 


320 Ä Elektricität. 


er sie nicht für entgegengesetzt, sondern nur für verschieden 
hielt. Dr. DESAGULIER $ dessen Dissertation sur Velectrictt 
des Corps im Jahre 1742 bei der Akademie zu Bourdeaux dm 
Preis erhielt, brachte die bisher angestellten Versuche auf al- 
gemeine Gesetze, und führte zuerst den Namen, „an sich el 
Körper“ und Leiter ein. 

Um diese Zeit fingen die deutschen Gelehrten an, sichdurc 
wichtige Entdeckungen in diesem Fache auszuzeichnen. Have, 
SEN in Leipzig machte hierzu den Anfang, und führte statt da 
bisher gewöhnlichen Glasröhren, die durch eine Maschine 
gedrehte Kugel ein. Bose in Wittenberg, WısKLer in 
zig und der P. Gorvor in Erfurt gelangten auf diesem W 
zu sehr verstärkten Graden der E. und zu vielen neuen 
dungen. Dr. Luporr in Berlin entzündete zuerst im Jah 
1744 Vitrioläther durch den el. Funken, WınKkLer erwärmt 
Branntwein durch den Funken aus seinem Finger, Grau 
in Danzig den Rauch eines eben erloschenen Lichtes, und Boa; 
den Dampf von schmelzendem Schieflspulver. Der jü 
Luoorr in Berlin bewies, dafs das Leuchten der Barometer 
der That el. sey, Grummerr bemerkte das Leuchten hıftleer 
Glasröhren in ziemlicher Entfernung von der in Bewegung 
setzten Elektrisirmaschine, Kruser die Veränderung der Fl 
der Blumen durch el. Ausströmen und WAırz 2 machte enm 
schönen Versuch, die el. Erscheinungen zu ordnen, unis 
allgemeine Gesetze zu bringen. Mırıs in England bemerkt 
1745 zuerst die freiwillig ausströmenden Feuerbüschel aus di 
geriebenen Glasröhre selbst, und Dr. Watson, durch de 
Briefwechsel mit den Deutschen die Entdeckungen | 
nach England kamen, wiederholte ihre Versuche, entzü 
brennbare Geister, wenn sie von einer isolirten elektrisi 
Person gehalten wurden, und eine nicht elektrisirte Person a8 
Funken “dagegen brachte, und entdeckte, dafs Rauch und Fas 
me Leiter sind. 

Durch so viele neue und zum Theil belustigende Versu 
war schon eine allgemeinere Aufmerksamkeit auf die E. en 
als am Ende des Jahres 1745 der Kreısr’sche Versuch oder Ò 
Leidner Flasche bekannt wurde, deren unerwartete {und hek 















2 Abhandi. von der E. nnd deren Ursachen, Berlin, 1785. 4 


Geschichte. 321 


e Wirkungen jedermann in Erstaunen setzten 1. Diese 
se Wirkung der E, machte das Studium derselben allgemein, 
d führte zu den Wohnungen der Experimentatoren eine 
ange von neupierigen Zuschauern. Seit dieser Zeit ist die 
ızahl von Kennern und Liebhabern der E., und der Versuche 
d Beobachtungen über dieselbe mit jedem Tage gewachsen, 
dafs es die Grenzen des Artikels weit überschreiten würde, 
mn die vielen Entdeckungen einzeln aufgezählt werden soll- 
and wir uns daher nur auf die wichtigsten Momente ein- 
ıwänken können. Dr. Warsow entdeckte bald hernach, dafs 
im Isoliren des Reibzeugs der Elektrisirmaschine nur schwache 
zum Vorschein komme, und schlofs, dafs das Reiben nicht 
erzeuge, sondern nur überführe.. Der Abt NoLLer beob- 
htete um diese Zeit, dafs Körper im el. Wirkungskreise eben- 
is el. Erscheihungen zeigten, ohne jedoch zu bemerken, dafs 
rs E. die entgegengesetzte von jener sey, wie er denn über- 
mpt die Verschiedenheit der + E und — E fast ganz über- 
hen hat. Von ihm rühren auch die ersten Versuche über den 
influls der mitgetheilten E. auf den Umlauf des Bluts im thie- 
schen Körper, auf die Ausdünstung. und das Durchströmen 
es Wassers durch Haarröhrchen her. 

Keiner der damaligen Naturforscher aber verfolgte diese 
hitersuchungen mit so vielem Scharfsinne und philo „phischen 
eiste, als Dr. FrankLın in Philadelphia. Ihm gelang es, die 
sanigfaltigen, damals schon bekannten Wirkungen der E., 
Mzüglich aber den vorher unerklärbaren: Leidner Versuch auf 
ine Theorie zurückzuführen, die mit allgemeinem Beifall auf- 
tmommen ward, und, wenn sie auch gegenwärtig ihr ehema- 
ges Ansehen nicht mehr behauptet, dennoch auch jetzt noch 
er sorgfältigsten Prüfung werth ist, und stets als ein Denkmal 
iner seltenen geistigen Verknüpfungsgabe in ihrem Erfinder 
erkannt werden wird. Was aber für das menschliche Ge- 
chlecht von wichtigeren Folgen geworden ist, es gelang 
RANKLIN aus seinen Erfahrungen die Erklärung des Blitzes 
nd die wohlthätige Erfindung der Blitzableiter zu. ziehen, die 
im in der Geschichte der Physik einen unsterblichen Ruhm 
ichert. Seine hierher gehörigen Entdeckungen und Bemühun- 
en sind bereits unter dem Artikel: Blitz, Blitzableiter, Dra- 





1 Vergl. Flasche, 
XL Rd, x 


322 | Elektricität, 


che, elektrischer, näher gewürdigt worden. Von seiner Theo- 
rie der E. wird weiter unten ausführlicher die Rede seyn. 
Unter InankLın’s Behauptungen gehört auch die von der 
Undurchdringlichkeit des Glases für die von ihm angenommene 
el. Materie. Sein Freund Kıwseasırr in Boston fand, dab 
die Glas- und Ilarzelektricität des pu Fay mit FR ANKLIN’S po- 
sitiver und negativer E. ühereinkomme,. Gewisse, jedoch zwei- 
deutige Phänomene bestimmten Frıskuın die Glaselektricitä 
für die positive oder den relativen Ueberflufs, die Harzelekti- 
cität für die negative oder den relativen Mangel zu erklären, 
Übrigens fallen diese wichtigen Entdeckungen der nordamen- 
kanischen Naturforscher in die Jahre 1747 bis 1754. Cauror 
in England und BeccArıA in Italien entdeckten um eben diese: 
Zeit, dafs sich die E. der Luft mittheilen lasse. Der erstere 
fand auch, dals ihr das Wasser einigen Widerstand leiste, und 
zeigte den el. Funken unter Wasser, welche Versuche lehrten,. 
dals es weder vollkommen oder absolut el. Körper noch vol. 
kommene Leiter gäbe, soferne namentlich das Wasser frühe: 
als ein solcher angesehen worden war. CANTON zeigte au; 
im Jahre 1753, dafs es blols von der Glätte der Oberfläche und 
vom Reibzeuge abhänge, das Glas und andere el. Körper ent. 
weder positiv oder negativ zu elektrisiren, welche Versuchs‘ 
nachher von BeccAarıa, Wırsow, BERGMANN, Wırks, Ar 
PINUS u. a. 2 noch weiter getrieben wurden. | 
Eine der gröfsten Entdeckungen dieser Zeit ist die von das 
el. Wirkungskreisen. CaNnroN machte seine Versuche hier- 
über ım Jahre 1753 zuerst bekannt, welche nach PRIESTLETI 
Ausdrucke einer Zauberei ähnlich sehen; FRANKLIN setzte die | 
selben fort, behielt aber immer noch die gemeine Meinung be 
dals die Wirkungskreise aus el. Materie beständen, und gleich 
artige E. mittheilten; daher es ihm unmöglich war, die Phän- 
mene ungezwungen zu erklären. Wırxe löste endlich & 
Räthsel auf und gab zuerst 3 das wahre Gesetz der Wirkung 
kreise an, welches Arrınus durch neue Versuche noch met 










1 Franklin’s new exper, and observ. on electricity in several let- 
ters to Mr, Collinson. London 1717. 4. Benj, Franklin’s Briefe "#2 
der E. übers. von J. C. Wilke, Leipzig 1758. 

2 S. oben die hierher gehörige Literatur. 

3 De electricitatibus contrariis, Rostockii 1757. 4 


Geschichte. 323 


te. Beide befanden sich damals in Berlin, setzten diese 
ıchungen gemeinschaftlich fort, erklärten die Ladung der 
nu. s. w. noch deutlicher, erfanden die Ladung einer 
icht oder den unter dem Artikel „Blitz“ angeführten 
h mit zwei Metallplatten, und legten den Grund zu den 
Erweiterungen der Lehre von der E. und besonders von 
rtheilung derselben, welche mehrentheils nur auf deut- 
Entwickelung der in ihren Schriften schon enthaltenen’ 
mgen hinauslaufen  Roszerr Symmer’s sehr merk- 
e Versuche über die E. geriebener seidener Bänder und 
fe vom Jahre 1759, welche Crena weiter fortgesetzt hat, 
ı auf die Vermuthung zweier el. Materien, die den. For- 
en in der Elektricitätslehre gleichsam eine neue Richtung 
and besonders viele Versuche veranlafste, um der einen 
ıdern Einsicht, in welche sich von nun an die Physiker 
t, derjenigen der UnıtARıER oderDuAuıstEen der Frank- 
»n oder Symmer’schen Theorie den Sieg zu verschaffen, 
welche Versuche die ‚Blektrieitätslehre mannigfaltig be- 
t worden ist. 

OLTA, den'man den zweiten FaAnkLın in der Elektrici- 
te nennen kann, und der ein treuer Anhänger des Sy- 
jeines grolsen Vorgängers auf dieser Bahn blieb, erwarb 
sonders grolse Verdienste durch die sinnreiche Anwen- 
ler Lehre von den el. Wirkungskreisen, welche er ganz 
aklin’schen Geiste gegen das durch Beccarra eingeführte 
esetz der sich selbst wiederherstellenden E. erklärte, und 
Anwendung verdankte die Elektricitätslehre die Berei- 
g mit zwei sehr interessanten Instrumenten, dem Elektro- 
n Jahre 1775 und dem Condensator im Jahre 1783. In- 
hlte es noch immer an genauen messenden Versuchen, 
‚es allein möglich machen, die Gesetze einer physischen 
mit mathematischer Strenge zu entwickeln. Diese Ver- 
und eine Reihe höchst wichtiger Folgerungen daraus ver- 
diese Lehre vorzüglich dem in mikrometrischen Versu- 
wahrhaft grofsen französischen Naturforscher CouLomB 
$ dadurch in Stand setzte, die el. Erscheinungen, soferne 
nächst nur als Wirkungen repulsiver und anziehender 
>», die überall nach Gleichgewicht streben, und deren 


nn 


S. Wirkungskreise, el. 


x 2 


(G 


394 Elektricität. 


Wirksamkeit in einem bestimmten Verhältnisse der D 
abnimmt, in Betracht gezogen werden, dem feinsten 
matischen Calcüle zu unterwerfen, welches seitdem ~x 
zelnen Physikern, namentlich von Bror und Poıssow mi 
lichem Erfolge geschehen ist $. Bei den grofsen Forts: 
welchen die Chemie in diesem Zeitpuncte machte, kc 
nicht fehlen, dafs die Ei, die in dem chemischen Proces: 
eine so grolse Rolle spielt, von einer neuen Seite das: 
und den Forschungsgeist der Physiker auf sich ziehen 
nämlich von der Seite ihres innern \Vesens, welches du 
trächtung eben dieser Kraft als blolser Ursache von Be 
gen (Anziehungen und Zurückstofsungen) lange nicht e 
werden konnte, und auf welchem ihre specifischen ode 
tativen Beziehungen in der Natur beruhen. Van : 
hatte bereits durch 'Hülfe der grolsen Teyler’schen El, 
maschine und seiner grofsen Batterieen eine grofse Rei 
Versuchen angestellt, durch welche ein helleres Licht i 
chemischen Wirkungen .der E. verbreitet wurde?; dor 
eigentlich erst durch die gröfste Entdeckung neuerer 
auf dem Gebiete der Physik, durch die Entdeckung de: 


vanısmus, und insbesondere durch den grofsen Schri 
chen VorLr4 am Ende des Jahres 1799 in dieser Lehre m 
in dieser Hinsicht die Bahn gebrochen. Die chemische 
hältnisse der E. beschäftigten von nun an am meisten di 
siker; mit ihrer tiefern Kenntnils gestaltete sich eine gaı 
chemische Theorie, die sogenannte Elektrochemie, für 
von H. Davy die wichtigsten Entdeckungen gemacht, ı 
vorzüglich von J. BerzeLıus und von ScHuWEIGGER unt 
Namen der Xrysiallelektrieität ausgebildet wurde. Zi 
diesen wichtigen Untersuchungen und Entdeckungen kaı 
als folgenreich die glänzende Entdeckung Oersteo’s in F 
hagen | über die Erregung des Magnetismus durch den gah 


el. "Stkom i ım Jahre 1820 hinzu, wodurch die E. immer 





. 1 8. des ersteren Traité de Physique mathématique et 
mentale Tome Il. Livre III. De l’Electricitd p. 209 f. 

2 vorzüglich in dem Eerste Vervolg Proefncemingen geda 
Teylers Electrizeermachine. Haarlem 1757. 4. deutsch. Leipši 
4. und im Tweede Vervolg etc. Haarlem 1795, 4. ` 

3 S..Galvanismus. 


+ 


Franklin’ und Symmer’s Theorie. 325 


a. die geheime Triebfeder der Processe erschien, durch welche 
k ($teten Metamorphosen in der Natur unterhalten werden. 

h So ausgedehnt nach dieser kurzen historischen Darstellung 
{Gebiet unserer Erfahrungen und Kenntnisse in der Elektri- 
ehre erscheinen mag, so müssen wir doch gestehen, dals 
‚noch lange nicht tief genug in das Innere dieser Kraft ein- 
kungen sind, wie am deutlichsten die gleich folgende Auf- 
Hung der mannigfaltigen Hypothesen über die Natur der E. 
ihun wird, von denen zwar die meisten veraltet sind, aber 
fh noch mehrere wesentlich von einander abweichend sich 
wnder gegenüber stehen, ohne dafs irgend eine derselben bis 
die hierbei vorkommenden Probleme genügend zu lösen 
Stande wäre. Man kann auch hier anwenden, was für an- 
je Sphären der Wissenschaft gilt, dals die Wurzel um so tie- 
geht, und um so verborgener wird, je mehr sich der Stamm 
ex, Wissenschaft in Aesten und Zweigen ausbreitet 1. 







I. Hypothesen über die Ursache der 
Elektricität oder Theorien dieser Er- 
scheinungen. 


‘Die ersten Experimentatoren‘, welche noch keine andere 
Erscheinungen, als das Anziehen und Zurückstolsen kannten, 
tlärten dasselbe durch ölichte oder klebrige Ausflüsse, welche 
‚den geriebenen Körpern ausgehen und in dieselben wieder 
ückkehren sollten. Sie glaubten, diese Ausflüsse hingen sich 
alle Körper, und rissen die leichten und beweglichen mit 
ifort, die, wenn sie den geriebenen Körper berührt hätten, 
ch neue Ausflüsse zurückgestofsen würden. Diese Meinung 
GILBERT und Kexerm Dıcsy 2. Auch Borre hat sie an- 
ommen. Dafs man sich diese Ausflüsse um den Körper her- 
in Gestalt eines Dunstkreises versammelt dachte, hat un- 
tig zu der Benennung der el. Atmosphäre Anlals gegeben. 
vros scheint die E. als eine Art der Anziehung betrachtet 
aaben, die auf eine ähnliche Art, wie die Schwere be- 
ct werde. Wenigstens stellt er in seinen der Optik beige- 





4 Rücksichtlich der neuen Entdeckungen s, d. Artikel: Elektri- 
aschine; Elektrometer ; Galvanıismus ; Flasche, geladene; Krystall- 
tricität; Luft- Elektricität; Säule, Voltaische. 


2 Demonstratio immortalitatis animae ‚1664. 8, T. I. cap. 16. 


3% Elcktricität. 


füsten Fragen mehrmals Attractiones gravitatis; pirtutesque 
gneticae et electricae zusammen. Das heifst bei ihm zwar ni 
weiter, als dafs er die Schwere sowohl als die el. Kraft 
llofse Phänomene betrachte und die Ursache von beiden ı 
wisse. Aber seine Schüler glaubten das Phänomen erklär 
haben, wenn sie es von einer den Körpern wesentlichen 
sondern Art der Anziehung und Zurückstolsung herleiteten. 
Fay erklärte das Anziehen und Zurückstofsen aus gewissen 
el. Körper umringenden Wirbeln, dergleichen schon 
BENS 1 angenommen hatte. Allein obgleich Dū Far die 
den von ihm entdeckten Elektricitäten für zwei vers 
dene annimmt, die sich unter einander selbst anziehen, 
erklärt er sich doch nirgends darüber, wie er sich den 
terschied zwischen den Wirbeln derselben und die 
sache ihrer Anziehung vorstelle. Die Erscheinungen des 
strömenden Lichts, das Blasen, das man dabei fühlt, de 
Funkens und des phosphorischen Geruchs, fingen an die | 
siker auf die Vermuthung einer eigenen el. Materie zu fü 
‘ welche einige für einen ganz eigenen Grundstoff, ander 
das Elementarfeuer, noch andere für den Aether oder die 
terie des Lichts, manche auch wie BouLAnser ? für die f 
ren Theile der Atmosphäre ansahen, welche sich beim Rı 
nach \Wegnahme der gröberen Theile auf den Oberflächer 
Körper anhäuften. Man glaubte, diese Materie habe ihren 
vorzüglich in den elektrischen Körpern, werde durch das 
ben losgemacht und in Thätigkeit gesetzt, und fahre aut 
geriebenen Körpern in die daran gebrachten Leiter über. 
Die merkwürdigste der damaligen Theorien ist Non 
Hypothese der gleichzeitigen Aus- und Zuflüsse. 
fluences et affluences simultandes). Dieser gesch 
F.xperimentator bewiels zuerst aus den oben angefül 
Phänomenen das Daseyn einer el. Materie, die weit feine 
die Luft sey, auch sich nicht in Wirbeln, sondern in 
raden Linien bewege, und Atmosphären um elektrisirte . 
per bilde. Diese Materie strömt nach seiner Meinung 
dem el. Körper aus, zu gleicher Zeit strömt eben soviel 
von aus den benachbarten Körpern, ja selbst aus der 





1 Philosophia magnetica, Ferrara 1629. Fol. 
2 Traité de la cause et des phen, de l’dl. Paris 1750, 8. 


Franklin’s und Symmer’s Theorie. 397 


liegenden Luft in den Körper hinein. Bei starker E. entzünden 
sich diese Ströme durch den Stols ihrer Strahlen und werden- 
leuchtend. Die Zwischenräume, aus welchen die Materie aus- 
geht, sind nicht so zahlreich als die, wodurch sie eingeht. Die 
susströmende Materie bildet Büschel von divergirenden Strah- 
len, welche, wenn sie auch in einiger Distanz nicht mehr sicht- 
bar sind, dennoch immer weiter fortgehen. Diese Materie 
durchdringt die Leiter sehr leicht, die- Nichtleiter schwer oder 
gar nicht, wenn sie nicht gerieben od erwärmt werden. Sie 
ist überall verbreitet, und wahrscheinlich einerlei mit dem 
Elementarfeuer, nur dals sie sich bisweilen mit einigen feineren 
Theilen der Körper verbindet. Aus diesen Sätzen erklärt Nor- 
uT das Anziehen und Zurückstolsen leichter Körper auf folgende 
Art. Die Ausflüsse geschehen aus wenigen Puncten, und bü- 
%helförmig, die Zuflüsse nach allen Puncten. Ein leichter 
einer Körper wird also in einiger Distanz von den zufliefsen- 
den Strömen ergriffen, und stärker fortgeführt, als ihn die durch 
Divergenz geschwächten Ströme der Ausflüsse wegtreiben. So 
Siegt er bis an den elektrisirten Körper, wo die ausflielsenden 
Büschel näher beisammen sind, und ihn also zurückstofsen. 
Während dieser Zeit wird er selbst durch Mittheilung elektrisirt, 
{h es entsteht Ausfluls aus seinen eigenen Poren und Einströmen 
i dieselben. Unter diesen Umständen kann er nicht wieder an- 
zogen werden, weil seine Ausflüsse den Ausflüssen des andern 
 Kirpers entgegengesetzt sind. Verliert er aber seine E. durch die 
Berährung mit andern Körpern, so kehrt er wieder in seinen 
isfinglichen Zustand zurück, und wird aufs Neue angezogen. 
inen augenscheinlichen Beleg zweier solcher Ströme, die sich 
&nander begegnen, schienen besonders die Erscheinungen, die 
Man beim Puppentanze bisweilen beobachtet, zu geben, wo 
die tanzenden Puppen nur bis zu einer gewissen Nähe gegen 
tie elektrisirte Metallscheibe hinschweben , und dann gleichsam 
durch den entgegen kommenden Strom wieder zurückgewoıfen 
werden. Indels findet auch diese Erscheinung ihre genügende 
tklärung i in dem Umstande, dals diese Puppen vermöge der 
Pitzenwirkung schon vor der unmittelbaren Berührung und in 
terklicher Entferuung in den gleichartigen el. Zustande mit der 
!heibe versetzt, und nach dem allgemeinen Gesetze der Re- 
ılsion, welche gleichartige Elektricitäten auf einander ausüben, 
wrückgestolsen werden müssen. Zwischen den beiden ver- 


328 Elektricität. 


schiedenen Elektricitäten des Glases und des Harzes, scheint 


NouLer weiter keinen Unterschied anzunehmen, als dals jene i 


stärker, diese schwächer sey. 


Die unerwartete Entdeckung des Leidner Versuchs legte den | 
Physikern der damaligen Zeit ein unerklärbares Räthsel vor. ° 


NoLLer versuchte seine Hypothes darauf anzuwenden, ohne 
jedoch gehörige Rücksicht auf die verschiedenen Elektricitäten 
der beiden Seiten des Glases zu nehmen. So hatte er nichtein- 
mal den richtigen Begrifåðer Ladung der Flasche, die er über- 
haupt nur für Ueberfüllung mit el. Materie annahm. Die Er- 
schütterung beim Entladen erklärte er durch das Zusammensto- 


[sen zweier el. Ströme, deren einer aus der innern, der andere | 
aus des äulsern Seite der Flasche komme, die sich im Körper 


der entladenen Person begegneten, und dadurch die in ihr enthalten 
el. Materie erschütterten. Ganz wider die Erfahrung nahm er 


an, man könne auch isolirte Flaschen laden; denn seine Hypo- 


these’ enthält keinen Grund, warum dieses unmöglich seyn sollte. 





Eben so leugnet er beim Entladen die Nothwendigkeit der Ver- ° 


bindung beider Seiten, und meint, man dürfe nur die äulsere . 


Seite mit dem Conductor der Maschine verbinden, gerade als 


ob dieses nicht auch eine Verbindung beider Seiten wäre. In 
seinen Versuchen nämlich ist der Conductor mit der innem ` 


Seite durch ein Vacuum verbunden, welches so gut als ein Le- 
ter ist. 

Sogleich nach dem Leidner Versuche ward auch Dr. Wart- 
sox’s Entdeckung bekannt, dafs der geriebene Körper die E. 
nicht aus sich selbst hervorbringe, sondern aus dem Reibzeuge 


sammle, Dies änderte die bisherigen Vorstellungen der Phys-. 


ker von der Erregung der E. und brachte schon Watson selbst 
auf den Begriff von plus und minus E. oder davon, dals de 
den Funken ziehende Person aus der Kugel eben das erhalte, 
was ihr das Reibzeug gegeben habe, daher vor dem Ziehen de 
Funkens die Kugel mehr E., das Reibzeug weniger, als sonst, 
müsse gehabt haben. Warson hat seine Abhandlung hierüber! 
schon im Anfange des Jahres 1747 eingereicht, FrassuiMf 
hatte inzwischen eben dasselbe bemerkt. Wenn zwei Perso- 
nen auf Wachs standen, deren eine die Röhre rieb, die Andere 
den Funken darauszog, so waren beide elektrisirt, und gaben 


1 Philos. Transact, Vol, XLIV. XLV, 


Franklin’ und Symmer’s Theorie. 329 


anter einander selbst einen stärkeren Funken, als wenn jede . 
smer dritten berührt wurde. Er schlofs daraus, dals eine 
beiden das hergebe, was die andere erhalte, und dals also 
dem hergestellten Gleichgewichte die eine inehr, die andere 
ger gehabt habe. Dies gab ihm Anlals, die E. der einen 
peitive, der andern die negative zu nennen, und zur Er- 
‚der el. Erscheinungen überhaupt folgende Sätze anzu- 
gn. 
4. Durch die ganze Körperwelt ist eine einzige feine Ma- 
verbreitet, welche den Grund aller el. Erscheinungen 
$ die Theile dieser Materie stofsen sich ab, werden aber 
Theilen der Körper angezogen. 
‚ Jeder Theil eines Körpers kann eine gewisse Menge die- 
rie in sich nehmen, ohne dafs sie sich an seiner Ober- 
äufen darf; hat er gerade diese Menge, so ist er nicht 
birt, oder in seinem natürlichen Zustande. 
„Hat er mehr, als diese ihm natürliche Menge, so ist 
iv; hat er weniger, so ist er negativ elektrisirt. 
Alle el. Erscheinungen entstehen durch einen Ueber- 
An welchem sich der relative Ueberfluls mit dem relati- 
gel ausgleicht, oder durch proportionirte Vertheilung 
terie. Hieraus erklären sich nun zuerst das Anziehen und 
stolsen. Sind zwei Körper beide positiv, so werden sich 
, Materien stärker zurückstolsen, als eine jede von ihnen 
Mm Theilen des andern Körpers angezogen wird; daher 
t sich die Körper zu fliehen. Ist der eine positiv „ der 
negativ, so wird der Ueberflufs des positiven von den 
des andern stärker angezogen , als er die wenige el. 
b desselben abstolsen kann, daher gehen die Körper zu- 
‚en. Sind beide negativ, so stofsen "die Theile der in der 
Befindlichen el. Materie sich selbst stärker zurück, und 
an von den Theilen der Körper stärker angezogen, als 
hrer zu wenigen el. Materie abgestolsen, daher dringt die 
iht bewegliche Luft dazwischen, und die Körper. flie- 
von einander, 
So folgt aus Frankuın’s Sätzen das Gesetz des Anziehens 
"yrückstofsens; undalso auch das Gesetz der Wirkungskreise, 
hes, wie oben gezeigt worden, mit jenem ganz einerlei ist. 
mt ein Körper, der im natürlichen Zustande sich befindet, 















330 Elektricität. 


in den Wirkungskreis eines positiv el., so treibt der Uet 
der E. desLetzteren die relativ geringere Menge des natür 
Antheils stärker zurück, als dieser von den Theilen des K 
festgehalten wird, und zieht diesen Letzteren, und som 
Körper selbst an, so wie auch er selbst seinerseits angi 
wird, gerade so, wie ein positiv und negativ elektrisirte: 
per einander anziehen. Kommt dagegen ein im natüı 
Zustande befindlicher Körper in den Wirkungskreis eines 
tiv elektrisirten , so häuft sich der natürliche Antheil nac 
Seite hin an, wo weniger zurückstolsende Kraft wegen de: 
tiven Mangels von E. in dem negativ “el. ihm entgegenwir 
entsteht Ueberfufs, oder diese Seite wird positiv, und £ 
hung tritt wieder auf dieselbe Weise ein, wie zwischen 

positiv und negativ elektrisirten. Zwar sind diese Erklär 
nicht Fraukuın’s selbst, der sich von den Atmosphären ( 
noch den Begriff machte, dals sie aus, der um den K 
umherschwebenden el. Materie beständen. Erst Wııkı 
Arrınus haben die Wirkungskreise besser kennen gelehrt 
dadurch selbst im Franklin’schen Systeme den Zusamine: 
der Erklärung erleichtert. 


Was aber dieser Theorie den meisten Glanz gab, wi 
schöne Erklärung des Leidner Versuchs, der dadurch in ı 
über alle Erwartung deutlichen Lichte erschien. FRANKLI 
hauptete nämlich, das Glas sey undurchdringlich für d 
Materie selbst, nicht aber für die Wirkungen ihres Anzi 
und Abstofsens. Werde daher die eine Seite der Flasche 
tiv elektrisirt, so stolse dieser Ueberfluls eine gleiche N 
el. Materie in der andern Seite ab, daher werde diese 
so stark negativ, wofern sie nur ihre el, Materie wirklic. 
geben könne, d.i. wenn sie nur nicht isolirt sey. Die 
durchdringlichkeit des Glases hindere die Ausgleichung des! 
gels auf der einen Seite durch den Ueberfluls der andern. ] 
bestehe die Zadung. Werde nun eine äulsere leitende Ve 
dung zwischen beiden Seiten gemacht, so gebe die po: 
Seite auf einmal ihren Ueberflufs an die negative ab, er 
den Mangel derselben und stelle des Gleichgewicht her. 
sey die Entladung. Es bleibt bei der geladenen Flasche 
Hauptphänomen übrig, das man nicht auf diese Art mit hinl 
licher Deutlichkeit begreifen und vorhersagen könnte. Å 


® 
Franklins und Symmer’s Theorie. 331 


Erscheinungen des Elektrophors lassen sich aus diesem 
em erklären, wenigstens damit vereinigen?. 

Diese Vorzüge einer, wie es schien, vollkommen befrie- 
enden und einfachen Erklärung der mannigfaltigen el. Er- 
jeinungen, haben dem Franklin’schen Systeme ein grolses 
dauerhäftes Ansehn verschafft. Die schwachen Waffen, 
it es NoLLET bestritt, konnten ihm nicht schaden. Gerade 
ße Theile, die Noer tadelte, z. B. die Undurchdringlichkeit 
fs Glases, die verschiedenen Elektricitäten beider Seiten der 
Asche , stehen am festesten, und gerade der Punct ist zweifel- 
aft, den Norzer selbst annahm, nämlich die Einheit der el. 
Naterie«e RoBERT SymMer? zog, wie schon oben bemerkt, 
hs- seinen Versuchen über die E. geriebener seidener Bänder 
hd Strümpfe die Vermuthung, dafs es zwei el. Materien gäbe, 
Be beide einander stark anziehen, indem die Theilchen einer 
kden sich unter einander selbst stark abstolsen. Nach dieser 
Eypothese sind also 4- E und — E zwei wirklich verschiedene 
Materien, die gegen einander gleichsam eine innige chemische 
Verwandtschaft haben, einander in der Entfernung anziehen, 
and durch diese Anziehung die einer jeden eigene repulsive 
Kraft ihrer Theilchen gegen einander schwächen, oder sich 
schon aus der Ferne binden und bei wirklichem Uebergange sät- 
tigen können. Wo nach Frang ın der Uebergang allemal nur 
von der Seite, die zu viel hat, d. h. von seiner positiven Seite 
ms, in die andere, die zu wenig hat, oder die negative Seite 
geschieht, da findet nach der richtig verstandenen Symmer’schen 
Theorie stets wechselseitiger Uebergang statt, oder es kommen . 
dch beide Elektricitäten stets entgegen. Bei der obigen Aus- 
nandersetzung der el. Erscheinungen haben wir eigentlich diese 
Theorie zum Grunde gelegt. Sie hat auch dem ersten Anblicke 
łach in ihren speciellen Anwendungen so viele Aehnlichkeit 
nit der Franklin’schen, dafs Einige sie blols eine Verdoppelung 
ler Letzteren genannt haben, indem in dieser dualistischenTheorie 
lie negative E. auch ihrer Seits eine gleiche Rolle zu spielen 
scheint, wie die eine positive in dem Franklin’schen Systeme. 
Untersucht man aber die Sache gründlicher, so fallen die Ab- 
weichungen doch viel grölser aus, da nach dem consequenten 









Ir 


1 S. Elektrophor. 
3 Philos. Transact. Vol, LI. P. 1. 


Fig, 
33. positiv elektrisirte Hollundermarkkügelchen seyn. Die el. Flüs- t 


© 
332 - Elektricität. 


Dualismus alles auf einem blofsen \Vechselverhältmisse der el. 


Materie selbst beruht, und die Theile der Körper selbst sich - 


ganz passiv verhalten. Daher halten wir für nöthig, von den 
Haupterscheinungen im Geiste der Symmer’schen Theorie, wie 
sie zwar von SyumĮmen selbst noch nicht vorgetragen wurde, 
aber in den Principien desselben liegt, und nach Anleitung der 
lichtvollen Darstellung vorzüglich durch Bıor, hier die speciel- 
lere Erklärung zur Vergleichung mit der Franklin’schen mitzu- 
theilen. 

Diese Haupterscheinungen, sofern sie hier nur erst in Be- 
tracht kommen, sind die Aepulsions - Erscheinungen gleich- 
artig elektrisirter Körper und elekirisirter gegen indifferente 
oder im Q el. Zustande befindliche Körper. AB sollen zwei 


siekeiten, welche diese Kugeln einhüllen, stolsen sich wech- 
selseitig ab, und ihre Theilchen würden sich durch entgegen- 
gesetzte Bewegung im Raume verbreiten, wenn nicht die um- 


u ae. A... . 


gebende Luft sie um jeden Körper zurückhielie. Sie können ` 


daher nur nach den entgegengesetzten Seiten der beiden Kugeln 


hingleiten und sich daselbst anhäufen, so dafs die Flüssigkeit ' 


der Kugel A nach dem hintern Theile d derselben zurückge- 
drängt wird, und ihre Kraft auf die in der Nähe des Puncta 
befindliche Luft selbst ausübt. \Veil alsdann das Gleichgewicht 
zwischen dieser Luft und derjenigen, welche dem vordem 
Theile c zunächst liegt, aufgehoben ist, so wirkt dieser letztere 
Theil durch seine E. auf die Kugel A, um sie nach der Rich- 
tung c h fortzustolsen. Das ähnliche Raisonnement gilt umge- 
kehrt auch von der Kugel B. Hieraus folgt dann nothwendig, 
dals beide Kugeln nach entgegengesetzter Richtung aus einander 
gehen und fliehen müssen. Man könnte hier bemerken, dal 
man die Mitwirkung der Luft gar nicht nöthig habe, um das 
wechselseitige Auseinandergehen beider positiv elektrisirter Rör- 
per zu begreifen, weil es schon eine nothwendige Folge der 
zurückstolsenden Wirkung sey, welche die Theilchen der el 
Flüssigkeit unmittelbar auf einander ausüben, genau so wie die 
gleichartigen Pole der Magnetnadeln sich wechselseitig zurück- 
stolsen und fliehen. In der Wirklichkeit kann man indels die 
Mitwirkung der Luft auf die oben angegebene \Veise nicht leug- 
nen, weil die E. an der Oberfläche der Körper selbst beweglich 
ist, und sobald sie sich also an der einen Seite anhäuft, was 





oe, 


#Franklins und Symmers Theorie 333 


P 
+ 
.- 
bD’ 
? 
» 
.. 











nothwendige Folge der wechselseitigen Repulsion ist, an 
ber Seite auch der Elasticität der Luft stärker entgegen wir- 
mufs, wodurch dann das Uebergewicht der Elasticität der 
ft von Innen heraus nothwendig folgt. \Väre die E. an der 
äche der Körper selbst nicht beweglich, so würde aller- 
die blofse Repulsivkraft ihrer Theilchen in Beziehung auf 
der als die einzige physische Ursache der Bewegung zu 
chten seyn, wie dieses bei Magneten wirklich der Fall ist, 
&i welchem die nördlichen oder südlichen Fluida, die sich 
Wücktreiben, ihre Stelle nicht verändern. 

Die obige Erklärung findet auch ihre Anwendung, - wenn 
hide Kugeln negativ elektrisirt sind, da die negativen Flüssigkei- 
Irgegen einander dieselbe repulsive Thätigkeit ausüben, wie die 
Bsitiven. Wenn die Kugel A positive, B negative E. besitzt, 
F werden die el. Flüssigkeiten einander so anziehen, dafs sie 
Eh an der innern oder vordern Seite anhäufen, und also z. B, 
k in A an der Stelle C angehänfte Flüssigkeit, durch Zurück- 
lsung auf die benachbarte Luft, wirken, folglich die an den 
Üatern Theil grenzende Luft die Kugel A nach der Richtung 
Instoßsen wird. Der nämliche Erfolg findet im entgegenge- 
Ätten Sinne in Hinsicht der Kugel B statt, und folglich bewe- 

en’sich die Flüssigkeiten und die Kugeln gegen einander. 

‘Um den Fall gehörig zu würdigen, wo einer der beiden 
Körper im natürlichen Zustande sich befindet, und nur der an- 
lre elektrisirt ist, wo also das Gesetz der Vertheilung oder der 
“setzung des O in + und — eintritt, mus erst das Gleich- 
wicht der beiden Körper betrachtet werden, die sich im 
ttürlichen Zustande‘ befinden, und zwar ist es hinlänglich, die 
rt zu bestimmen, wie A auf B wirkt, weil alle Wirkung wech- 
lseitig geschieht. | 

Es finden hier vier Wirkungen von A auf B statt, welche pig. 
on den Abstolsungen seiner beiden el. Flüssigkeiten auf die 
leichnamigen in B, und von den Anziehungen gegen die n- 
leichnamigen Flüssigkeiten herrühren. Das Gleichgewicht 
ingt von dem Gleichgewichte dieser vier Wirkungen ab. 
- E (von A) zieht — e (von B), — E stölst — e ab, 
-E zieht + e an, +E stöfst + e ab. Nun sind die bei- 
s ersten Kräfte einander gleich, denn wenn — e mehr oder 
eniger von -+ E angezogen als von — E abgestolsen würde, so 
iirde es eine Bewegung annehmen, welches aber mit der Vor- 


334 | Elektricität. 


aussetzung des Gleichgewichts streitet. Aus demselben Grande | 


sind auch die beiden letzten Kräfte einander gleich, nämlich 
die Anziehung von + e durch — E, und die Abstofsung von 
-} e durch + E. Ferner ist die dritte Kraft der ersten gleich, 
d. h. so stark als + E — e anzieht, zieht auch — E -+ ea, 
Denn die Gröfse der Totalkraft, mit welcher — e sich nach 
-> E zieht, ist gleich dem Producte — e 5< + E; eben so ist- 
die Totalkraft, mit welcher + e von — E gezogen wird, dem 


Producte + e 5< — E gleich. Weil nun die beiden el. Flüs- 


sigkeiten in jedem Körper wechselseitig durch einander neutra- 


lisirt sind, so folgt daraus, dals sich die Flüssigkeiten — Eund: 
— e und + E und + e in einer geometrischen Proportion be- 
finden, d.h. — E >X 4 e = 4 e X — E. Da nun drei von 


den hier betrachteten Kräften einander gleich sind und ei ' 
Gleichgewicht dabei statt findet, so muls natürlich die vierte . 


"Kraft jeder der drei andern, gleich seyn. Diese Gleichheit der 


vier Kräfte macht, dafs zwei Körper im natürlichen Zustande 
nicht’auf einander wirken. Nun betrachte man einen positiv . 
elektrisirten Körper A in Beziehung auf B, das sich im natürk-® 


chen Zustande befindet. Die positive Flüssigkeit, womit k 
umgeben ist, übt eine zurückstofsende Kraft auf die gleichartig! 
el. Flüssigkeit, welche den einen Theil von dem natürlichen 
Fluidum des Körpers B ausmacht, und eine anziehende auf sein 
-— E aus. Das — zieht sich nach der Seite, die A am nächsten 
liest, das + nach der entgegengesetzten Halbkugel von B. 
Wenn man nun auf die zu A hinzugekommene el. Flüssigkeit, 
von welcher sein el. und damit thätiger Zustand abhängt, die- 
selbe Schlufsart anwendet, wie bei derjenigen, welche einen 
Theil seines natürlichen Fluidums bildet, so ist leicht einzuse- 
hen, dafs sie bei gleicher Entfernung Wirkungen auf die beiden 
Flüssigkeiten von B ausüben würde, die sich wechselseitig zer- 
stören. Da aber die Entferı uns nicht mehr dieselbe ist, $ 
wird das — e von B stärker angezogen als das -F e zurückge- 





na N a 


stolsen werden, wovon dann die wechselseitige Annäherung bis 


zur Berührung die Folge seyn wird, wenn die Körper frei auf- 
gehängt und beweglich sind. Wenn sich dann jene überschüs- 
sige Quantität der positiven Flüssigkeit von A mit der auf der 
Oberfläche von B verbreiteten negativen verbindet, so entsteht 
aus dieser Vereinigung eine gewisse Quantität natürlicher Flüs- 
sigkeit oder O, welche in B zurückbleibt. Derjenige Theil der 


Franklins und Symmer’' Theorie. 335 


pitiven Flüssigkeit, der nothwendig aufser dem Zustande der 
indung bleibt, vertheilt sich unter die beiden Körper nach 
bestimmten Gesetze der Oberflächen, und weil sich die 
rper nun in gleichartig elektrisirtem Zustande befinden, so 
n sie sich, wie auch die Erfahrung lehrt, einander ab. 
ps Angeführte palst auch auf den Fall der negativen Ladung 
pA, nur mit Veränderung der Zeichen. Die bisherige Dar- 
fong bezog sich auf Leiter der E., an welchen diese sich frei 
Wegen kann. Wird ein Nichtleiter von einem elektrisirten 
kter angezogen, so bleibt ersterer an letzteren hängen, denn 
Anziehung mufs fortdauern, weil nach der Berührung die 
erschüssige el. Flüssigkeit von A den Körper B nicht durch- 
Ingen kann, um sich mit der ihr entgegen gesetzten zu verei- 
jen. Da alle el. Erscheinungen von einem gleichen Wechsel- 
ältnisse entweder der beiden freien ungleichnamigen oder 
f gleichnamigen Elektricitäten, oder der positiven oder der 
iven gegen das O oder die neutrale Verbindung beider 
icitäten abhängen, wobei jedesmal eine Zersetzung der- 
ben, oder wie wir es oben bezeichnet haben, eine Verthei- 
wg statt findet, so sieht man leicht ein, dafs die gegebene 
klang überall ihre Anwendung finden mus, 

- Was namentlich noch den Leidner Versuch anlangt, so 
ch das der inneren Seite der Verstärkungsflasche zugeführte 
Edurch Zurückstolsung einen nach der Dicke der dazwischen 
indlichen Glaswand verschiedenen verhältnilsmälsigen Antheil 
E der äufsern Seite frei, und bindet eine gleiche Menge — E 
tch Anziehung derselben. Ist also die äufsere Seite mit hin- 
glichen Leitern verbunden, so giebt sie demselben soviel 
E ab, als frei wird, und soferne ihr \Virkungskreis sich 
h noch auf diese Leiter selbst erstreckt, so treibt sie auch 
h aus diesen + E zurück, und zieht ihr — E an. Dies 
ht die Ladung aus, deren genauerer Vorgang indefs erst 
er dem Artikel FZasche , geladene, erläutert werden 
d. Die entgegengesetzte E. auf der äufsern Seite ist voll- 
amen durch die der innern Seite gebunden, welche letztere 
egen stets einen verhältnifsmälsigen Antheil freier E. zeigt. 
ed zwischen beiden Seiten eine leitende Verbindung gemacht, 
nacht sich auf einmal alles — E und + E von beiden los. 
ı der innern Seite geht das + E heraus, welches das — E 
äulsern band, die äulsere entläfst das — E, welches einen | 






336 Elektricität 


verhältnifsmälsigen Theil des + E der innern Seite geb 
gehalten hatte. Beide Seiten befreien also einander: selb: 
ihren Elektricitäten. Die Phänomene des Elektro 
erklären sich nach dieser Theorie eben so genügend, 
nach dem Gesetze der el. Vertheilung erfolgen. 

Wie verschieden auch sonst die Ansichten der Physikerü 
nähere Natur der E. sich gestaltet haben, so lassen sie sici 
immer auf eine dieser beiden Haupttheorien zurückbringe: 
um über den Werth derselben entscheiden zu können, 
also vor allen Dingen nöthig, den Vorzug der einen deı 
vor der andern dargethan, oder, was das letzte Zie 
mufs, womöglich die eine als unhaltbar gänzlich besei 
haben. 

Bei Gegeneinanderhaltzung derselben erscheint beim 
Anblicke ein wesentlicher Vorzug der Franklin’schen 1 
darin zu bestehen, dafs sie da nur eine Materie gebrauch 
der Dualismus zwei zu Hülfe nehmen mufs. Man sol 
Newron’s weisen Regeln nie mehr Ursachen annehmen, 
Erklärung der Erscheinungen nothwendig sind, also nich! 
wo eine hinreicht. Aber es ist hier eben die Frage, ol 
eine wirklich hinreichend sey, und ob nicht die Annahme: 
Materien durch Analogie mit andern schön fest begründet: 
klärungen sich mehr empfehle. Man kann in Hinsicht a 
Für und Wider gleichsam zwei Epochen in der Geschich 
Elektricitätslehre unterscheiden, jene vor der Entdeckur 
Galvanismus und insbesondere der Volta’schen Säule, in w 
das Uebergewicht der Gründe für zwei el. Materien noch 
so entschieden war, und daher auch die Franklin’sche T. 
noch immer die meisten Anhänger zählte, und die neue 
der Volta’schen Säule beginnende, in welcher die neu eni 
ten, chemischen Verhältnisse der E. der Waagschale av 
des Dualismus den völligen Ausschlag zu geben scheinen. 
auch ohne Rücksicht auf diese chemischen Verhältnisse 
sich schon in jenem ersten Zeitpuncte mannigfaltige Schw 
keiten bei der Erklärung verschiedener Erscheinungen 
Franklin’s Weise dar. 

Zuerst läfst sich einwenden, dafs noch niemand durch 
entscheidenden Versuch habe darthun können, welcher 


1 S. Elektrophor, 


Franklin's und Symmer's Theorie. 337 


sl. Zuständen der wirklich positive $ey, d.h, auf welcher 
h derÜeberflufs befinde. Nach Franklin’s Theorie mülste 
nämlich mit +E, 0, und —:E wie mit verdichteter, 
licher freier, und verdünnter Luft verhalten. Wie es 
der Luft sogleich in die Augen fällt, wo sie verdünnt 
dichtet ist, so sollten sich doch hier auch deutliche An- 
inden, wo man den Ueberschuls, und wo den Mangel 
Fraskuın ward hierüber schon von Kınnersıer be- 
md nahm die Glaselektricität für die positive an. Beine 
für diese Behauptung sind folgende: 
Die Glaselektricität giebt weit stärkere und längere Fun- 
s die einer Schwefelkugel. Dieses erklärt er dadurch, 
» Körper weit geschickter sind, mehr E. anzunehmen, 
ihnen eigene aus sich herzugeben, daher der Conductor 
las, wobei er mehr erhält, stärker elektrisirt werde, als 
chwefel, wobei er etwas abgeben müsse. Jedoch kann diese 
lich angenommene Behauptung keinen Beweis abgeben, 
Wenn die Glaselektricität aus Spitzen ausgeht, sind die 
ischel lang, stark und prasselnd; kürzer hingegen, 
her und mehr zischend , wenn eine Spitze Harzelektrici- 
iert. FRANKLIN nimmt die starken Büschel für Ausströ- 
ı des Ueberflusses, die schwachen für Eindringen an, 
h Mangel ersetzt werde. Die Vertheidiger seines 
s haben noch angeführt, dafs Spitzen, wenn sie + E 
ıen, oder nach der dualistischen Ansicht — E abgeben, 
nen Büschel, sondern einen leuchtenden Punct zeigen, 
auch wohl einen Stern nannten. Hiermit stimmen aber 
rsuche nicht immer überein, denn negative Spitzen zei- 
i stärkerer Intensität ihrer E., namentlich wenn sie mit 
‚nductor des Reibzeuges einer starken Elektrisirmaschine 
den sind, wirkliche divergirende Feuerbüschel. Noch 
An beiderlei Spitzen fühlt man ein Blasen, wenn man 
he Hand dagegen hält, und dieser Wind kommt jederzeit 
w Spitze her, geht aber nie auf sie zu. ‘Man kann durch 
Blasen Körper in Bewegung setzent, und diese drehen 
lezeit nach einerlei Seite, es sey nun + E was sie treibt, 
— E. Ja eben das geschieht auch im luftleeren Raume. 
her, den man auf dem Conduotor einer Elektrisirmaschine 


neu 


8. Flugrad, elektrisches. 
Bd. Y 


BB. . Klektricität . 


‘ anzündet, wieder ausbläst und dann plötzlich elektrisirt, wird 
in lange divergirende Fäden ausgesponnen, der Conductor mag 
+ E oder — E haben. Auf ein gleiches Resultat führt auch- 
das Verhalten der Spitzen gegen die Lichtflamme, an welch 
sich überhaupt die Physiker wegen ihrer vorzüglich leichten Be- ; 
weglichkeit gewandt haben, um über die Richtung der E. ia 
ihrer Rewegung und also namentlich darüber, ob_einerseits ein 
Ueberilufs, andererseits ein Mangel statt finde, ins Reine zu kom». 
men, die aber eben wegen dieser Beweglichkeit leicht zu Tän- 
schungen Anlals geben kann. RemeRr hat einen solchen hierher 
gehörigen Versuch mitgetheilt, der, ihm zufolge, gegen Fnauzur 
zu sprechen scheint 1. „Wenn man einer am positiv elektri 
„sirten Conductor befindlichen Drahtspitze eine brenne 
„Wachskerze nähert, so wird diese anfänglich weggeblasen, 
„als wenn ein Wind aus der Spitze auf sie hinwehete. Bring, : 
„man sie näher, so wird sie zuletzt gänzlich ausgelscht,. d 
„wenn die Flamme nicht zu grofs ist. Nach Faanxuın’s Theorie. . 
„hätte nun an einer ebenso mit dem negativ elektrisirten Conducto: 
„verbundenen Spitze das Gegentheil erfolgen müssen. Ich brachte . 
„eine kleine brennende Wachskerze in den bewegten Luftstrog: 
„vor einersolchen Spitze, und sogleich entfernte sich die Flanze 
„von derselben, wurde kleiner und drohte zu verlöschen, wis 
„beim positiv elektrisirten Conductor. Dies dauerte so lage | 
„als ich die Kerze zwei bis drei Zolle von der Spitze entiem ; 
„hielt. Näherte ich sie aber der Spitze bis auf wenige Linien. 
„so erholte sich die Flamme sichtbar, fing scheinbar an, leb- 
„hafter zu brennen, zog sich mit ihrem mittlern Theil nach de | 
„Spitze hin, und nahm eine bauchige halbmondförmige Gesk ; 
„an, so dafs die Spitze der Flamme von der Drahtspitze abge 
„wendet war, ihr Körper aber sich dem Drahtende nähert® . 
„Am positiven Conductor löschte sich die Flamme sogleich auy ' 
„als ich sie der Drathspitze nahe brachte, und selbst bei de 
„schwächesten E. konnte ich es nicht dahin bringen, dafs sie 
„eben die Gestalt erhielt, welche sie am negativen Conducto 
„angenommen hatte.“ 
Dals dieses Phänomen doch nicht’ ganz entscheidend fü 

das dualistische System und gegen Frankuın’s Theorie spricht, 
bemerkt indels Remer selbst, da auch bei der grölseren Anni- 












1 G. VIM. 330. 


Franklins und Symmers Theorie. 339 


rung der Flamme die negativ elektrisirte Spitze derselben eben 
gut hätte verlöschen sollen, wie die positiv elektrisirte Spitze. 
eniger zweideutig sind ähnliche Versuche von Munucke!. 

egen eine brennende Kohle, eine Lichtflamme, am besten eine 
ennende Räucherkerze, sie mochte auf den positiven oder 
'gativen Conductor gesetzt werden, blies der Wind gleichinälsig 
m einer einen halben bis ganzen Zoll entfernten nicht isolirten 
pitze, und wenn einer der genannten Gegenstände auf ein 
icht isolirtes Gestell gesetzt wurde, so blies der Wind eben 
) gut von einer solchen Spitze aus, die an einer isolirenden 
Iandhabe gehalten, und mit dem Conductor in Verbindung 
esetzt wurde, es mochte der positive oder negative seyn. Dals 
leses Phänomen nicht, wie GıLzerr glaubt, auf das wechsel- 
mitige Zurückstolsen negativ elektrisirter leicht beweglicher Kör- 
per, für welches die Franklin’ sche Theorie einen Grund in der 
Asziehung derselben durch die umgebende Luft anzugeben weils, 
imückgeführt werden kann, ist einleuchtend Denn wie sollte 
Kine negative Spitze, ohne dafs etwas aus ihr ausströmt, die 
imgebende Luft in den negativen Zustand zu versetzen im 
Mande seyn, da ja die relativ gegen sie positive Luft viel- 
mehr gegen sie hinströmen muls. 

Auch Rösrın ? beruft sich auf die Erscheinungen, welche 
de Lichtflamme in ihrem Verhalten gegen die beiden Elektrici- 
tten zeigt, als auf einen Hauptbeweis gegen Faaukuın’s Theorie. 
Eine Lichtflamme in einer Entfernung von 14 Zoll, entweder 
%a den Cylinder der Elektrisirmaschine während des Reibens 
deselben oder an eine an den isolirten Conductor des Reibzeu- 
ges gesteckte Kugel gebracht, wird in ihrer Richtung gleich- 
mäfsig so verändert, dafs sie unten einen Bauch gegen den Cy- 
Ender oder die Kugel hin bildet, und ihre Spitze sich davon 
Satternd abwendet. Es ziehe also, meint RösLın sowohl das 
+ als das — den untern dem Talge am nächsten liegenden Theil 
der Flamme an, wobei diese, weil das Fett ein Halbleiter ist, 
ia gewissem Grade mit-+ E oder — E el. werden soll, was 
das Abgestolsenwerden ihrer Spitze und das Flattern der- 
elben zur Folge habe. (Dann sollte ja aber auch der auf gleiche 
irt elektrisirte Bauch der Flamme abgestolsen werden.) Wurde 


1 G. N. F. XI. S. 95.' 
2 Dessen kritischen Prüfungen n. s, w. Ulm 1823. S. 40 f. 
Y2 


340 Elektricität. 


dagegen die Lichtflamme zwischen den geriebenen Glascylinda 
und den ersten Leiter, welcher an dem der Flamme zugekehrte 
Ende mit einer 14 Linien weiten, 14 Zoll langen, an ihrem vot: 
dern Ende recht glatt abgeschliffenen kupfernen Röhre versehef 
war, oder zwischen jene Kugel des Reibzeugs und einer zwei- 
ten, mit einer ähnlichen Röhre versehenen Leiter gebracht, so dif 
die Röhre gegen die Mitte der Flamme gerichtet war und ei 
1 Zoll davon abstand, so nahm sie, wenn die Maschine in Be 
wegung gesetzt wurde, eine umgekehrte Richtung, wie im vo 
rigen Versuche an, indem nunmehr der Bauch der Flam 
gegen jene Röhre gezogen, die Spitze dagegen in dem ein 
Falle gegen den Glascylinder‘, in dem andern gegen die Kuga 
des Conducters des Reibzeugs gelenkt wurde. Diese Versuch 
sind in soferne wichtig, als sie eine gleiche Art der Wirkung 
sowohl des + E als des — E auf die Lichtflamme beweis 
Indessen haben andere Versuche ein solches ganz gleichmälsg j 
Verhalten der beiden Elektricitäten gegen die Lichtflamme ni 
bestätigt. Sıhon die oben angegebenen von RemeR stim a 
mit Rösuın’s Angaben nicht ganz überein, eben so wenig d 
von CuTHBeRTson angestellten. Er isolirte zwei Dril 
welche sich mit Metallkugeln von etwa 4} Zoll Durchmesser di: 
digten, verband den einen mit dem positiven, den ander ı 
dem negativen Conductor einer Elektrisirmaschine, entfe i 
beide Kugeln etwa 4 Zoll von einander und setzte zwisch@ 
sie.ein brennendes Licht, so dafs der Mittelpunct der Flamm 
sich ungefähr in der Mitte zwischen den Mittelpuncten beidt 
Kugeln befand. Wurde nun die Maschine gedreht, so fing IM 
Flamme an, sehr stark zu flattern, dabei schien sie sich nad 
der negativen Kugel hinzuneigen, doch war dies Letztere zwi- 
deutiz. \Vurde nun mit Drehen fortgefahren, so fing b- 
einer Scheibe von 2 Fuls Durchmesser etwa-nach 50 Umdrehugf; 
gen) die negative Kugel an, warm zu werden, indels die př'f- 
sitive kalt blieb. Nach 200 Umdrehungen war die negativeke#j' 
gel so heifs, dafs man sie nicht mehr anfassen konnte, und #4" 
positive noch eben so kalt, als zu Anfange. CUTHBERTSON bed 
trachtet diese Thatsache als ein Zeichen, dafs sich das el. Fur}: 
dum von der positiven nach der negativen Kugel hinbewegsl: 
und demnach als einen Beweis für die Richtigkeit der Frank- 















i 


ui f Wi n 












1 Nicholsons Journal Vol. III. p. 188. 





Franklin’ und Symmer's Theorie. 341 


schen Theorie. W. T. Branne kam aber auf den Gedan- 
ty dafs diese Erscheinung noch eine andere Erklärung zu- 
®©, und zwar aus der elektrochemischen Theorie. Er fand 
Wiederholung des Versuchs, dals wenn die Wirkung der 
ktrisirmaschine nur schwach war, die negative Oberfläche 
ht nur schneller heils wurde als die positive, sondem auch 
Flamme und den Rauch sichtbar anzog. Als er nun an die 
ile der Kerzenflamme brennenden Phosphor brachte, gab die 
mme desselben die umgekehrten Erscheinungen. Die posi- 
: Oberfläche wurde beträchtlich heifser als die negative, und 
Flamme und der Rauch des Phosphors kräftig nach ihr hin- 
mgen. Er schlofs hieraus, die Lichtflamme werde, weil sie 
hlenstoff und Wasserstoff in Menge enthalte, von dem ne- 
isen Pole angezogen, die Flamme und der Rauch des Phos- 
m dagegen von dem positiven Pole, weil beim Verbrennen 
HPhosphors Säure entstehe, und so würden diese Erschei- 
gen unmittelbare Folgen der bekannten Gesetzeder elektrisch- 
nischen Anziehungen seyn. Zur weiteren Bestätigung die- 
Ansicht stellte Braune noch fernere Versuche an. Hierzu 
auchte er ein kleines Tischchen, auf welches der brennende 
ver gesetzt wurde, und an dessen entgegengesetzteh Seiten 
solirenden Säulen, die einander genähert oder von einander 
wnt werden konnten, sich zwei hohle Kugeln aus dünnem 
ingblech befanden, von denen jede die Kugel eines mit 
r ganzen Scala über sie hinausragenden Thermometers in sich 
Is. Die innere Seite des Messingblechs und die äufsere 
der Thermometerkugeln war mit Lampenrufs matt ge- 
irzt, um das Aus- und Einströmen der Wärme zu erleich- 
' Die eine Kugel wurde mit dem positiven, und die andere 
em negativen Leiter einer kleinen Nairne’schen Patentma- 
B in leitende Verbindung gesetzt, so dafs der ganze Ap- 
vollkommen isolirt war. 
Inerst leitete er zwischen die beiden Kugeln einen kleinen 
ülerzeugendes Gas, und steckte ihn an; die Flamme 
: offenbar nach der negativen Kugel hingezogen. Sie-blieb 
Iinute lang brennen; beide Thermometer hatten vorher 
° Fr. gestanden; am Ende des Versuchs aber stand das in 
sitiven Kugel auf 62°, und das in der negativen Kugel 





Philos. Trans. for 1814. P. I. 


342 Elektricität, 


auf 72° F. Eine sehr kleine Flamme von Phosphor- Wister- 
stoffgas neigte sich ein wenig nach der positiven Kugel hip, : 
und sie machte in einer Minute das positive Thermometer um $: 
und das negative nur um 3° steigen.. Eine grölsere Flamme. 
schien nach beiden Kugeln gleichmälsig hingezogen zu werd 
der saure Rauch zog aber i immer nach der positiven Kugel. Di 
Flamme des Arsenikwasserstoffgases wurde von der negativa! | 
Kugel angezogen, der Rauch vom weilsen Arsenik aber, de: 
während des Verbrennens entstand, wurde ein wenig nach de 
positiven Kugel gezogen. — Die Flamme des Wasserstoffgas $ 
gab nur einen geringen Ausschlag von grölserer Erwärmung ic, 
die negative Kugel. Eine gröfsere Flamme von Kohlenoxydg 
zog sich augenscheinlich nach der positiven Kugel, und nachd: 
- jene 2 Minuten gebrannt hatte, war diese Kugel um 24 bis 3’ 
wärmer, als die negative. Die Flamme des Schwefelkohlenstel 
wurde von der negativen Kugel angezogen, während. die sk! 
steigenden sauren Dämpfe die entgegengesetzte Richtung nah) 
men. Ein kleiner Strom salzsaures Gas und ein ähnlicher v 
salpetersaurem Gas, welche Baaype zwischen beide Kupili- 
treten liefs, verhielten sich auf ganz gleiche Art, sie wurden, 
gleich von der positiven Kugel angezogen, und dies wurde nf 
sichtlicher, wenn in die Luft um den Apparat Ammoniakgas 8 
bracht "wurde. Auch bei einer Entfernung der Kugeln mg 
6 Zoll wurde das Lakmuspapier, womit die Kugeln omklede 
waren, von einem in der Mitte zwischen beiden aufsteigen 
Strome von salzsaurem Gase augenblicklich an der positing. 
Kugel geröthet, während das der negativen Kugel ihr Blau u 
verändert behielt. Die Flamme und der alkalische Rauch ai 
‚zwischen beiden Kugeln verbrennenden Kalium’s begab AR 
nach der negativen Kugel. Ammoniakgas gab keine recht desk 
“liche Resultate, es schien von beiden Kugeln gleichmälsig 

- gezogen oder oder abgestolsen zu werden, und wenn gleich W 
Kurkumäpapier, womit die beiden Kugeln überzogen 3 wurde 
eher an der negativen Kugel bräunlich zu werden schien, # 
waren doch nach kurzer Zeit die Färbungen auf beiden Sei 
gleich stark. Ein von mäfsig erhitztem Benzoe sich erhebendt@_ 
Dunst von Benzoesänre, schien von der positiven Kugel nr 
zogen zu werden;: als sich aber das Benzoeharz entzünddhE 
wurden die Flamme und die ölige Materie sogleich zu der neg* 
tiven hingezogen. Etwas reine Benzoesäure, die zwischen ð 

































7 





: . Franklins und Symmers Theorie, 343 


iden Kugeln aus einer silbernen Schale sublimirt wurde, zog 
À nach der positiven Kugel, sobald aber die Säure sieh ent- 
adete, nahm der rufsige Rauch den Weg zur negativen Ku- 
k Xampher und die Harze brennen bekanntlich mit vielem 
fs. . Flamme und Rauch wurden von der positiven Kugel 
rückgestofsen und von der negativen sehr deutlich angezogen, 
se überzog sich bald dick mit Ruls, indels die positive Ku- 
davon nur sehr wenig annahm. Der Bernstein verhielt sich 
h Art des Benzoe. Bei blofser Schmelzung zogen sich seine 
ren Därhpfe nach der positiven Kugel, sobald er sich aber ent- 
ıdete, gingen die Flamme und der Rauch zur negativen Ku- 
„ Bei diesen Versuchen kommt es vorzüglich darauf an, dals 
Luft ganz in Ruhe und die el. Kraft nur schwach sey; .er- 
tman zu starke E., so werden Flamme und Rauch, beson- 
s wenn sie isolirt sind, von beiden Kugeln abwechselnd an- 
ogen und abgestolsen. 

Die Resultate dieser Versuche liefern eine auffallende Ueber- 

timmung des Verhaltens der Reibungselektricität mit dem- 
igen der Berührungselektricität, und deuten auf eine gleiche 
ache. So wie in der Gasentbindungsröhre die verbrennlichen 
Í basischen Materien sich nach dem negativen, die verbrann- 
t; und im engeren Sinne die aciden Materien sich nach 'dem 
tiven Pole hinziehen und diese Anziehung von dem relati- 
ı Gegensatze der el. Ladung dieser beiderlei Classen von 
rpern abzuhängen scheint, so zeigte sich auch in obigen, 
tsuchen die gleiche Beziehung. Insofern entscheiden diesel- 
ı an und für sich nichts wider die Franklin’sche Theorie, 
em sie die Bewegungen der Flamme auf das allgemeine Ge- 
; der Anziehung entgegengesetzt, und der Zurückstolsung 
ickartig elektrisirter Körper zurückführen t. 

2. FRANKLIN glaubte zu bemerken, dafs der Funken zwi- 
en der Schwefelkugel und seinem Finger sich über des letz- 
m Oberfläche zu verbreiten schien, als ob er aus dem Finger 
se; bei derGlaskugel aber war der Fall anders. Indels sieht 
a leicht ein, dafs ein so zweideutiges Phänomen, vollends 
die Verbreitung über eine Fläche ebensowohl Einflielsen als 
fliefsen anzeigen kann, unmöglich zum Entscheidungsgrunde 
»s Systems dienen kann. 





1 Vergl. den Artikel: Galvanismus. 


344 | Elektricität, 


3. Er führt endlich an, dafs das Blasen negativer Spitze 
schwächer sey, als das von positiven. Dies ist aber mehr w}; 
der ihn, indem er dadurch doch eingesteht, dals negative., 
Spitzen auch blasen, welches doch eher ein Ausströmen als ei; 
Einströmen anzeigt. Höchstens folgte hieraus, dals + E unten‘ 
den gewöhnlichen Umständen sich leichter mittheile, als — Ẹ $: 
sey es nun, dafs sie bei gleicher Quantität eine grölsere Exp- 
sivkraft besitze, oder die Luft dieselbe weniger isolire. Dis 
Anhänger Franxuın’s haben nach ihm mancherlei Versuche 
erdacht, um zu beweisen, dafs die Richtung der el. Bewegung 
oder Thätigkeit von der positiven Seite nach derjenigen hingehs, ` 
welcher die negative zukomme. CAavarıo hat insbesondere $: 
mehrere solche Versuche: geltend zu machen gesucht. Es ht §: 
aber keiner dieser Versuche die zur Entscheidung erforderlicht 
Deutlichkeit. Bei allen wird eine fast ängstliche Sorgfalt em~ 
pfohlen, wenn sie nicht fehlschlagen oder " zweideutig erschein 
nen sollen; bei einigen wird sogar eingestanden, dals das Be- 
sultat bald so, bald anders sey. Die Versuche, welche sick 
auf die Phänomene der Entladung der Leidner Flaschen bezir; 
hen, werden an ihrem Orte gewürdigt werden, und wir bey 
merken hier nur vorläufig, dals, weit entfernt ein der E 
schen Theorie günstiges Resultat zu geben, einige derselben nid#? 
wohl vereinbar mit derselben sind. Da wo die Lichtersche 
nungen über die Richtung und den Gang der E. entscheia . 
sollen, ist eine Täuschung leicht möglich, und die Bewegu$ 
ist gewöhnlich so rasch, dafs sie keine genaue Beobachtung %7 
lälst. Doch deuten selbst diese Phänomene mehr auf das Ze 
sammentreffen zweier. Materien, als auf eine einseitige Thätig; 
keit. So erscheint in der That der gewöhnliche el. Funke 
der zwischen dem positiven Conductor und dem Knöchel ds 
Fingers oder einer auffangenden Kugel ausbricht, aus wé ' 
Hälften zusammengesetzt, die von beiden Seiten nach der Miti 
zusammenfahren. An den Enden beider Seiten ist er dick und 
von intensiverem weilsem Lichte, in der Mitte schmäler met 
violett, fastkupferfarben, ja bisweilen ganz unterbrochen. Eben# 
verhält sich die Sache, wenn zwischen dem negativ elektrisirted 
Conductor des Reibzeugs und einer Auffangkugel ein Funke 
durchbricht, nur dafs der Funken in diesem Falle unter gleichen 


Umständen stets kürzer ist. 


1 3. Funken, el. 




















Franklins und Symmers Theorie. 345 


. Van Manum glaubte aus folgenden mit der grofsen Tayler- 
ien Maschine angestellten Versuchen ein entscheidendes Ar- 
ment für die Franklin’sche Theorie erhalten zu haben. Setzt 
n nämlich bei günstiger Witterung. die Maschine in Bewe- 
ıg, und stellt vor den Haupt- Conductor einen zweiten, so 
kt man im Dunkeln einen Funken zwischen beiden hervor- 
ingen, welcher statt einen einzigen Feuerstrahl zu bilden, 
ie dieses bei schwächeren Maschinen der Fall ist) sich beim 
berspringen in eine grolse’Zahl von Aesten theilt, welche die 
ur eines Baumes annehmen, wovon der Stamm gegen den 
dtiv geladenen Conductor gerichtet ist, die Aeste aber gegen 
ı zweiten (relativ negativen) Conductor gewendet sind. Um 
w den Beweis ganz entscheidend zu machen, verband er 
a Hauptconductor mit dem Reibzeuge, der dadurch negativ 
laden wurde, und liefs einen Funken auf einen zweiten mit’ 
m Erdboden in Verbindung stehenden Leiter springen. Auch 
diesem Falle sprang der Funken nicht minder sichtbar in ge- 
ülten Strahlen von dem nicht elektrisirten Conductor, zu dem 
gativ elektrisirten. Die Aeste des Funkens waren nicht so 
Æ, wie im ersten Versuche, aber eben so deutlich. 
esem letzteren Versuche steht aber ein von G. Bıscuorr* 
gestellter geradezu entgegen, und hebt eben damit die Beweis- 
aftdes ersteren auf. Es diente ihm zu demselben eine Cylin- 
mmaschine, an welche der erste oder positive Leiter und derje- 
ge des Reibzeugs einander ganz gleich waren. Steckte er zuerst 
Éden positiv elektrisirten Conductor, während der des Reib- 
mgs mit dem Erdboden in leitender Verbindung war, einen 
essingenen Knopf von ungefähr 4 Zoll Durchmesser, und näherte 
' demselben einen miteinem gleichen Knopfe versehenen mes- 
usenen Leiter, den er in der Hand hielt, so sprang in einer gewis- 
mEntfernung ein Funken über, der ungefähr $Zoll lang einen ein- 
igen Feuerstrahl bildete, dann oben in zwei.Aeste sich theilte, 
eIche auf ihrem fortgesetzten Wege in immer mehrere Aeste 
rtheilt wurden; in grölserer oder geringerer Entfernung zeigte 
ch blofs ein einziger Feuerstrahl, Steckte er hingegen jenem. 
nopf anf den Conductor des Reibzeugs, und verband den an- 
rn Conductor leitend mit dem Erdboden, so war ganz dieselbe 





1 Schweigg. Journ, XXIX. 475. 
2 Kastner’s Arch. U. 207. 


346 Elektricität 


Erscheinung wahrzunehmen , nur in umgekehrter Richtung, die 
Aeste waren gegen den in der Hand gehaltenen Leiter, und der 
Stamm gegen den negativ elektrisirten Conductor gekehrt. Ic 
selbst habe öfters ein ähnliches Phänomen beobachtet, dafs näm- 
lich bei Annäherung eines mit einer nicht zu grolsen. Kugd 
versehenen metallenen Leiters, den ich in der Hand hielt, ge- 
gen den negativ elektrisirten Conductor des Reibzeugs von jener 
Kugel mehrere Aeste, die gleichsam die Krone eines Bauma 
vorstellten, hervorsprangen, die gegen den negativen Leiter 
convergirten, und dicht an demselben in einem Stamme sich 
vereinigten. Man sieht hieraus, dals der van Marum’sche Be F: 
weis gegen die dualistische Theorie gänzlich über den Haufen §: 
fällt, denn es würde ganz willkürlich seyn, in dem einen Falle 
die Aeste als eine Divergenz, in dem andern als eine Conve : 
genzbewegung anzunehmen. 

Dieselbe Bewandtnils hat es mit den el. Lichtphänomenes 
in der verdünnten Luft, an welchen die Franklinianer einen # 
augenscheinlichen Beweis der einseitigen Richtung der Bewe- 
gung von der positiven nach der negativen Seite zu besitze 
glauben. CavarLo beruft sich besonders auf einen Versuc, 
wo zwei Metallstäbe mit Kugeln von etwa zwei Zoll Durc- 
messer in einer Entfernung von 4 Zollen oder noch besser etwa 
darüber einander unter einer Glocke gegenüberstehen, wo nah 
dem Exantliren sich nur nm die positive Kugel ein Lichtscheit. 
zeigen soll, mag dieselbe unmittelbar positiv elektrisirt oder dx 
durch positiv seyn, dafs man die ihr gegenüberstehende Kuge 
negativ elektrisirt, welche letztere auch in diesem Falle nicht 
von einer leuchtenden Atmosphäre zeigt!. Hingen die el, Er 
scheinungen von zwei Naterien ab, so mülsten um beide Kr 
geln sich leuchtende Atmosphären zeigen, wenigstens auf je- 
den Fall auch eine um die negativ elektrisirte Ku gel. Mit die- 
ser Angabe CAvALLo’s stimmen aber so wenig meine eigenen 
als die Versuche anderer Experimentatoren üuherein. Insbeson- 
dere hat HıLneBRAND Ê? eine grofse Reihe von Versuchen ar- 
gestellt, aus welchen hervorgeht, dals zwar in der verdünnten 
Luft der Lichtnimbus und die Lichtströme sich vorherrschend 
von der positiven Kugel aus verbreiten, dafs aber auch an der 
negativen ein nur beschränkterer Lichtnimbus und Lichtaur- 





1 Vollständige Abhandlung etc. S. 206, ff. 
2 Schweigg. J. 1. 237, 


p ` 
+ 
+ Franklins und Symmers Theorie. 341 
@ sich zeigt. Es findet in dieser Hinsicht im Wesentlichen 
pe dasselbe Verhältnifs statt, wie zwischen den Lichtausbrei- 
n der positiven und negativen Spitzen. CAvALLO selbst 
Mätigt dieses in der Beschreibung der Lichterscheinungen, 
che der leuchtende oder sogenannte Henly’sche Leiter dar- 
iet i, ja RösLım will aus den el. Phänomenen in der verdüunn- 
k Luft gerade den Gegenbeweis führen?. Auf 10 Seiten hat 
fels dieser weitschweifige Schriftsteller zu den bereits von so 
Wen Beobachtern schon früher beschriebenen nichts Neues 
azugefügt, sondern nur wieder bestätigt gefunden, dals eben- 
wohl aus einer negativ elektrisirten abgestumpften Spitze ein 
gelförmiger violetter Lichtstrom ausgeht, als aus der positi- 
n, dals ersterer vielmehr ausgebreitet ist, als in Luft von 
ittlerer Dichtigkeit,1dals jedoch der positive Lichtstrom unter 
sichen Umständen denselben an Länge bedeutend übertrifft, 
I5, wenn der Abstand der Spitzen nicht zu grofs ist, und der 
ne Draht + der andere — elektrisirt wird, beide Ströme sich 
der Mitte begegnen u.s. w. Bei einer unpartheiischen Wür- 
gung der so mannigfaltigen Versuche über die el. Lichtströme 
langt man zu dem Resultate, dafs der Augenschein mehr für 
aAusströmen und Entgegenströmen von zwei Seiten her, als für 
neinseitiges Ausströmen von einer einzigen Seite her spricht. 
Es spricht ferner gegen die Franklin’sche Theorie die so 
öllkommene Gleichheit der Erscheinungen der Abstolsung po- 
üv und negativ el. Körper, welche augenscheinlich auf eine 
eiche Ursache in beiden Fällen hinweiset, wie sie die duali- 
ische Theorie in der, beiden Arten von E. gleichmäfsig zu- 
ımmenden, Repulsivkraft aufstellt, während FRANKLIN zur 
tklärung der wechselseitigen Abstolsung negativ el. Körper 
n ganz anderes Princip zu Hülfe nahm. Zwar hat van MA- 
gm dieser Einwendung dadurch zu begegnen gesucht?, dafs 
: diese Abstolsungin beiden Fällen auf eine Anziehung zurück- 
!hrte, indem die umgebenden Lufttheilchen, die in einem re- 
tiv negativen Zustande sich befinden, gegen das im Ueber- 
husse vorhandene el. Fluidum der positiv el. Körper, und so- 
it gegen diese selbst, eine ähnliche Anziehung ausüben sol- 
n, wie bei den negativ el. Körpern die relativ überschüssige 
4 a.a. O, S. 201, 


2 Kritische Prüfungen u. s. w. S. 51—61. 
3 Schweigg. Jourval der Ch. XXIX. 479. 


348 Elektricität. 


E. der umgebenden Luft gegen die Materie dieser Körper aus- 
übt; indefs kommt bei den positiv el. Körpern die eigene Re- 
pulsivkraft der Theilchen ihres el. Fluidums noch als eine zweite 
Ursache hinzu, die der Abstofsung in diesem Falle doch eins 
etwas andere Gestalt geben sollte. Hierzu kommt, dafs wenn 
ınan die Lehre von einer einzigen el. Materie zur genauen und 
der Berechnung fähigen Erklärung der Erscheinungen anwen- 


den will, man durchaus mit /epinus zu der sonderbaren Hy- 
pothese seine Zuflucht nehmen mufs, dafs die Theilchen der “ 
Körper sich einander auf Entfernung gerade wie die Theilchen 
der E. unter einander zurückstolsen, und dafs es nur von der 
Gegenwart des el. Fluidums herrührt, dafs die Theilchen aller 
Körper auf einander nicht eine der allgemeinen Gravitation ent- 
gegengesetzte Wirkung ausüben. Eben so wenig ist es aus der ` 
Theorie einer einzigen Materie, deren Theilchen von den Theil- 
chen der Körper selbst angezogen werden, zu begreifen, war- 
um die E. auf den Obertlächen der Leiter sich nach Verhält- 
nissen verbreitet, die ganz unabhängig sind von ihrer chemi- 
schen Natur und ganz allein durch ihre Dimensionen bestimmt 
sind, warum ferner die negative E., die doch nur eine Bera- 
bung, ein Mangel an E. ist, blofs auf der Oberfläche diese 
Körper zum Vorschein käme, und in jedem Puncte dieser Ober- 
fläche sich ganz in Gemälsheit von strenzen hydrostatischen Ge- 
setzen verhalten sollte, von Gesetzen, welche ein wirkliche 
Fluidum befolgen würde, dessen Theilchen sich nach dem um- 
gekehrten Verhältnisse des Quadrats der Entfernungen zurück- 
stolsen. 

Dasselbe zilbt ferner auch von den besondern Modifcatio- 
nen der Verbreitung der beiden Elektricitäten auf den Oberfl- 
chen der Leiter nach Verschiedenheit ihrer Gestalt, wenn sie 
in Berührung kommen oder aus derselben treten, welche die 
Rechnung aus der Hypothese zweier Materien mit Genauigkeit 
entwickeln, und wovon Brott interessante Belege liefert, wäh« 
rend sich der Theorie einer Materie hierbei die srülsten Schwie- 
riekeiten entgesensetzen. Endlich scheinen noch besonders 
diejenigen Erscheinungen, in welchen die Körper mit ihren 
kleinsten Theilchen in ein Verhaltnifs mit der E. treten, wie 
bei der Durchleitung eines el. Stroms durch Flüssigkeiten aller 





i S. a. a. O. vorzugl. Chap. 4 u. 5. S. 280. 





Franklin’s und Symmer’s Theorie. 349 


ET: we 


in den Galvanischen Versuchen, auf ein verschiedenes che- 
ches Anziehungsverhältnifs dieser kleinsten Theilchen ge- 
h die beiderlei Arten von E. hinzudeuten, was mit der Annahme, 
És die negative E. in einem blofsen Mangel besteht, nicht 
bhl vereinbar ist, wohin denn auch noch die Erscheinungen 
b specifischen Leitungsvermögens gewisser Körper für die 
iderlei Arten von E. gehören, wovon unter Galvanisınus 


A Leiter noch weiter die Rede seyn wird. 
Eben wegen der grolsen Leichtigkeit, womit die mannig- 
ügsten el. Erscheinungen nach der Theorie zweier Materien 
lärt werden können, ist schon WıuLxe, der sonst in den Er- 
inngen dem Franklin’schen Systeme sehr glücklich folgte und 
' weiteren Ausschmückung desselben beigetragen hat, seit 
aen im Jahre 1762 und 1763 angestellten Versuchen ? über 
'entgegengesetzten Elektricitäten mehr auf die Seite der Sym- 
wschen Theorie getreten, und hat sich nachher in seinen Ab- 
ıdlungen über den Elektrophor ? noch bestimmter dafür er- 
tt. Auch nahmen schon in früherer Zeit Bercmanxs 3 Krı- 
ENSTEIN * Kansten 5 und Fonster © lieber zwei ver- 
üedene el. Materien, als eine einzige an. LICHTENBERG 
ilag zwar vor, die Phänomene durch die Bezeichnungen + 
WÙ — zu erklären, welche man nach beiden Systemen über- 
tsen kann, doch räumte er gleichfells dar Symmer’schen Theorie 
a Vorzug ein. Durch die Entdeckung des Galvanismus hat 
llich die dualistische Theorie das entschiedenste Ueberge- 
ıht über die Franklin’sche erhalten. Die französischen, die 
isten deutschen und englischen Physiker haben sich für die- 
»e erklärt, doch glänzen auch noch auf Seiten der Unitarier 
ige grolse Namen, und schon die Autorität eines VoLTA, je- 
ruhmbedeckten Nacheiferers von FaaukLın würde sehr 
scheidend seyn, wenn nicht die Macht der Gründe entge- 
stände. 





4 Schwed. Abhandl. Bd. 23. S, 271 und Bd, 25. S. 207 u. f 
2 S. ebend. Bd. 39. S. 68. 

3 Ebend. für 1765 Bd. 27. S. 145. 

# Vorlesungen über die Experimentalphysik. Copenh, 1781. 8. 


b 
5 Anleitung zur gemeinnützlichen Kenntuifs der Natur. Halle 
‚8, S. 497. 

> S. v. Crell’s neueste Entdeckungen in der Chemie 12 Bd. 9. 154 


350 Elektricität. 


IX. Vorstellungsarten der Physiker über 
das eigentliche Wesen der el. Materie 
und jetziger Standpunct der Elektrici- 
tätslehre in dieser Hinsicht. 


In der letzten Abtheilung haben wir die Theorie der el 
Erscheinungen nur im Allgemeinen und zunächst blols aus dem 
Gesichtspuncte einer bewegenden Kraft betrachtet, um die Ge- 
setze der Anziehung und Abstolsung, der Leitung, Vertheilung 
u.s. w. aus dem Wesen dieser Kraft nach den beiden Hauptonsich- 
ten begreiflich zu machen. Aber eine Menge von Verhältnissen 
bleiben noch zu erklären, die nur dadurch klar werden können, 
dafs auch das Specifische dieser Kraft etwas näher bestimmt wird. 
Wovon hängen die Geruchs - die Geschmacks ~, die Wärme -und 
Lichtserscheinungen ab, die in so vielen Fällen jene el. Bewe- 
gungen begleiten; wie wird das Hervortreten bald der negati- 
ven, bald der positiven E. durch die Beziehung der besondern 
Natur der Körper auf das innere Grundwesen der E. und af 
das Verschiedene in diesem Grundwesen zweier Elektricitäten 
bestimmt; welchen Antheil haben die übrigen Inponderabilie 
an der Entstehung und Zusammensetzung der E.; in welche 
Verwandtschaft und Abhängigkeit stehen sie überhaupt mit und 
von einander; wie hat man sıch das O zu denken, welches nach 
der dualistischen Theorie aus zwei Realitäten, aus einem eben 
so positiven — als positiven 4 besteht u. s. w., alles das sind 
Fragen und Aufgaben, die sehr frühzeitig den Scharfsinn de 
Physiker in Anspruch genommen haben, und worüber die Hy- 
pothesen viel mannigfaltiger und von einander abweichende 
ausfallen mulsten, als jene allgemeinen Bestimmungen, die mu 
zwei Partheien zuliefsen. Zur Vervollständigung dieses die È 
überhaupt betreffenden Artikels wird es daher nothwendig seys, 
von diesen verschiedenen Theorien, soferne sie durch den Nr 
men des Erfinders und ihren innern Gehalt Anspruch auf eu 
allgemeines Interesse haben, wenigstens die Hauptumrisse m 
geben, und sie mit wenigen Noten kritisch zu beleuchten. 

Die ältesten Beobachter hielten die el. Materie für einen 
ölichten Ausflufs aus den Körpern selbst; als man aber ihr 
"Licht, ihren Funken, ihre zündende Kraft u. s. w. bemerkte, 


war es sehr natürlich, sie dem Feuer ähnlich zu finden, und .|: 


daher kommt die Benennung des el. Feuers, welche bei den 





eier ee ee. ee. ne 


s 
a 
k 
s 


Wesen derselben, 351 


physikalischen Schriftstellern seit Gray’s Zeiten so gewöhnlich 
geworden ist. So sehr nun verschiedene Wirkungen der E. 
mit den Wirkungen des Feuers übereinstimmen, so konnte doch 
ch selbst dem oberflächlichen Beobachter die Verschiedenheit 
zwischen diesen beiden Kräften nicht entgehen, auch wenn er 
nur darauf Rücksicht nahm, dafs oftin den Körpern viel Feuer 
oder Wärme anzutreffen ist, ohne dafs sie einen eigentlichen 
Grad der E. zeigen, dafs das Feuer durch allebekannte Körper 
kindurch dringt und sich nach gewissen Verhältnissen der be- 
sondern Natur dieser Körper durch ihre ganze Masse verbrei- 
tet, da hingegen die freie el. Materie die längsten Leiter mit ei~ 
ner aulserordentlichen Geschwindigkeit durchströmt, dafs end- 
ich die el. Materie Anziehungs- und Abstofsungs Erscheinun- 
gen aus der Ferne hervorbringt, die in der Sphäre der Feuer - 
oder Wärmeerscheinungen ganz fehlen. 

Acnıanp t hat jedoch mehr die Aehnlichkeiten der E. mit 
der Wärme als ihre Verschiedenheiten aufgefafst, und in einer 
eigenen Abhandlung zusammengestellt. Er bemerkt, dafs alles 
Reiben sowohl E. als Wärme errege, dals Wärme sowohl als ` 
E. die Körper ausdehne, die Vegetation und Ausdünstung be- 
dere und den Umlauf des Bluts beschleunige, dafs beide das 
Ambrüten der Eier bewirken, Metalle schmelzen und sich 
geichförmig durch die Körper zu verbreiten streben, dals.end- 
itb eben die Körper, welche die Wärme am schnellsten an- 
sehmen und verlieren, auch die E. am schnellsten annehmen und 
kiten. Wie manches Irrige indels in dieser Zusammenstellung 
kege, ergiebt sich aus einer Vergleichung mit den bisher mit- 
$etheilten Erfahrungen. 

Dr. Prıestuex 2 findet, dafs der el. Funke, wenn er in 
verschiedene Luftgattungen geht, einerlei Wirkungen mit ei- 
em zugesetzten Phlogiston hervorbringe, und nimmt diesem 
gewäls an, dafs die el. Materie entweder das Phlogiston selbst 
ley oder dergleichen enthalte. J. F. Mayer ? hält dagegen 
eine fette Säure für den Hauptbestandtheil der el. Materie, die 





1 Mém. de l’academie de Prusse 1779. 

2 Observ. on dilferent Kinds of air. Vol. II. Sect. 13, 

3 In seiner zu ihrer Zeit nicht uninteressanten Schrift: Chemi- 
She Versuche zur nähern Erkenutnils des ungelöschten Kalks, der 
\astischen und el. Materie 2. vcrb, Aufl. Hannover 1770. 


352 - Elektricität. 

























beim Reiben des Glases, das einen ansehnlichen Vorrath davin 
enthalte, aus demselben heraustrete, Beide Ansichten benh- F 
ten auf chimärischen Vorstellungen, die längst widerlegt sind, # 
und trugen auch damals nichts zur weitern Aufklärung der Eld- f 
trıcitätslehre bei. Henwıyv 1 sieht die el. Materie für eine be 
sondere Modification eben desjenigen Grundstofles an, derm 
Zustande der Ruhe PAlogiston, bei gewaltsamer Bewegung be F 
Feuer genannt werde. Er beruft sich darauf, dafs beim Ref 
ben solcher Körper, welche verschiedene Mengen von Pho. 
giston enthalten, diejenigen, welche viel Phlogiston enthalte f 
(z. B. vegetabilische Materien) die el. Materie abgebe, 
d. h. negativ el. werden, dals hingegen diejenigen, welchewe 
nig Phlogiston enthalten (z. B. animalische Materie) d: 
Materie annehmen, d. i. eine positive E. erhalten. Has 
hat zahlreiche Versuche angestellt, welche zu diesem Res. 
tate führten 2 Da indels die blolse Abänderung der Oberli- 
che eines Körpers sein el. Verhalten beim Reiben ändert, ®, 
ist kaum abzusehen, wie der grölsere oder kleinere Gehalt vos 
Phlogiston, wenn man auch diesen blofs hypothetischen Sf 
zugeben wollte, den negativen oder positiven Charakter eins 
Körpers bestimmen solle. Auch steht dieser Ansicht der Ur 
stand entgegen, dafs in der wechselseitigen Berührung gent 
die am meisten verbrennlichen oder am meisten oxydirbares 
Metalle, die also in Hexıy’s Vorstellungsart am meisten Pib- 
giston enthalten, die positiven sind. Endlich giebt diese The 
rte, die nur eine el. Materie annimmt, keine Rechenschaft ww : 
den specifischen Eigenschaften der negativen E. 

Alle diejenigen Physiker, welche zwei verschiedene & ` 
Materien annahınmen, mulsten von selbst darauf geführt werde, 
Gegensätze, welche sich auch sonst in der Natur in ande 
Processen und zwischen andern Materien zeigen, zur Aniki- 
rung des el. Gegensatzes zu gebrauchen undin den el. Matens 


zu suchen. So nimmt zuerst Wır&e in den beiden el. Mir- 
rien einen Gegensatz zwischen Feuer und Säure an, und lit 
auch in seinen oben angeführten Abhandlungen statt der Be- 
zeichnungen + E und — E stets die Namen Feuer und Swe 


1 Cavallo vollst. Abh. I. Bd. S. 108. 
2 Philos. Transact. für das Jahr 1777. 


ER 


Wesen derselben. 353 


Braucht. Doch lag hierin nur eine Ahnung, die erst die 
wsten Zeiten zur Reife bringen konnten. Dieselbe Bewand- 
rhat es mit Krartzensteiss damit verwandter Vorstellungs- 
p Er nennt + E die acide, — E die phlogistische E.-und 
$t alle el. Erscheinungen von Dunstkreisen her, die aus fei- 
» Theilen des Acidums und des Phlogistons, d.i. aus schwef- 
und phosphorischen Ausflüssen bestehen, die aus den 
pern herausgetrieben und in eine zitternde Bewegung ver- 
ft werden. Licarzupeng ? giebt von dieser Theorie einen 
W lehrreichen Auszug mit seinen Bemerkungen begleitet. 
IASTEN 3 nimmt den Stoff der + E für reine, mit Elemen- 
feuer gesättigte, Luft, den des— E für das an eine zarte 
we gebundene Phlogiston, und erklärt hieraus die Haupt- 
etze der E. sinnreich in völliger Uebereinstimmung mit 
swronn’s Theorie der Verbrennung, Er glaubte das Da- 
n jener 4 Materien unwidersprechlich in dem Conflicte der 
den el. Materien nachweisen, und diesen Conflict selbst ge- 
jend aus der wechselseitigen Anziehung dieser Materie be- 
iflich machen zu können. Beim el. Funken zieht seiner Er- 
mng zufolge das Feuer die Säure, die Luft das Phlogiston 
jalle diese Stoffe verlassen ihre vorigen Verbindungen, das 
wr vom Phlogiston getrennt, wird frei und als ein Funken 
bibar, die Säure röthet die Lakmustinctur, und die Luft wird 
gistisirt. Schade dafs neuere genaue Untersuchungen zu 
er ganz andern Ableitung dieser Erscheinungen geführt ha- 
1, da nicht eine der E. inhärirende Säure, sondern die Sal- 
zsäure, die sich durch Verbindung des Stickstolfs der Luft, 
ch welche der Funken schlägt, mit dem Sauerstoff dersel- 
bildet, die Röthung der Lakmustinctur bewirkt, die ein- 
ildete Phlogistication auch weiter nichts als auf einer Bin- 
g des vorher freien Sauerstoffs in der gebildeten Salpeter- 
e beruht, womit nothwendig ein Uebergewicht von Stick- 
(damals sogenannter phlogistisirter Luft) in der rückständi- 
Luft gegeben ist, endlich der Funken, so wie er sich dar- 
t, mit gewöhnlichem Feuer nicht zu verwechseln ist. 





t£ Vorles. über die Exper. Phys. 4. Aufl. Copenh. 1781. 8, 
2 Magazin für das Neueste aus der Physik. I. Bd. 4 St. S. 113. 
3 Anl. zur gemeinnützigen Kenntuils der Natur $. 497. 


» Bd, Z 


a 
4 


Wesen derselben. 355 


ý nehmen. In dieser Hinsicht hati anch die de Lüc’sche An- 
der E. ihren unverkennbaren Werth, indem sie Zersez- 
i und Zusammensetzung des el. Flusdums zu Hülfe nimmt, 
wine Betrachtung der Erscheinungen in dieser Beziehung 
Bicht zu einer nähern chemischen Kenntnifs dieses räthsel- 
Stoffs führen kann, ohne welchd’die wichtigsten Bezie- 
der el. Thätigkeit in den Natun-/Processen, besonders 
galvanisch- chemischen, stets im "Dunkel begraben blei- 
Pwerden. 

Die Hauptidee der De Lüc’schen ‘Hypothese 1 ist, dals er 

nur eine el. Materie annimmt, diese aber als eine zusam- 
gesetzte betrachtet und in den el. Phänomenen sich einer- 
$ zersetzen, andererseits wieder aus ihren Bestandtheilen 
immensetzen läfst, wodurch er gleichsam in der Mitte zwi- 
ın dem Franklin’schen und dualistischen Systeme steht. Diese 
k el. Materie sieht er als eine zur Classe der Dämpfe oder 

gehörige an, bei welcher sich also alle diejenigen Be- 
mangen nachweisen lassen müssen, welche für die Dünste 
allgemeinen gelten; und da die Natur des Wasserdampfes 
keser Hinsicht am meisten aufgeklärt ist, so sucht pe Lüc 
eh eine durchgreifende Vergleichnug der el. Meterie mit dem 
sserdampfe nach allen Praedicamenten auch die Natur dei 
teren in ein helleres Licht zu stellen. Daraus ergeben sich 
i folgende Sätze: 

1. Das el. Fluidum besteht wie der Wasserdampf aus einem 
leitenden (gleichsam expandirenden) Fluidum (fluide dé- 
at), das er das el. fortleitende Fluidum nennt, und aus ei- 
Blofs schweren Substanz der eigentlich el. Materie. 

2. Es zersetzt sich eben so wie der Wasserdampf durch 
k (den es gleichsam auf sich selbst ausübt), wenn es eine 
grolse, sein Maximum überschreitende, Dichtigkeit erhält, 
alsdann sein fortleitendes Fluidum frei wird. Auf dieser 
nschaft beruht die Erscheinung des el. Lichtes, welches 












Neue Ideen über die Meteorologie. Berl. und Settin 1787. 
d. S. 186. f. nach welcher hier die Hanptsache kurz mitge- 
wird. Vergl. auch Lampadius Versuche und Beobachtungen 
‚die E. und Wärme der Atmosphäre, Berl. und Stettin 1793. 
H. $. 20 u. f.; ferner de Lüc’s 5ten Brief an Herrn de la Metherie 
das el. Fluidum in Gren’s Journal der Physik IV, Band S. 91, 
Je Lüc Introduction à la Physique terrestre Tome. ]. Il. 


22. 














356 . Elektricität. 


als ein Bestandtheil dessfrei werdenden fortleitenden Fluidwns. } 
bei der Zersetzung her#örgeht, eben so wie das Licht (das fort- 
leitende Fluidum in d&#'Wärme) beim Verbrennen (durch eis 
Zersetzung des sehr -yerdichteten Wärmedampfs) zum Væ- 
schein kommt. 7 , 

3. Das Feuer als.fortleitendes Fluidum des Wasserdampf: 
verläfst das Wasser in-Folge seines Strebens nach gleichfänsky 
ger Verbreitung (nacht gleicher Temperatur). Eben so, m 
weit schneller, verläfst das fortleitende el. Fluidum die el, Mai 
terie, um zu den Körpern hinzuströmen, welche verhältnis 
mälsig weniger davon besitzen. A 

4. So wie das Feuer der Wasserdämpfe alle Körper durd 
dringt, um sich ins Gleichgewicht zu setzen, und sein Wasser al 
der Oberfläche derselben absetzt, eben so, aber augenblickici 
durchdringt das el. fortleitende Fluidum alle Körper, um ni, 
Gleichgewicht wieder herzustellen und setzt gleichfalls son, 
el. Materie auf den Körpern ab, die es durchdringt, aber a 
 einemauf der Natur der Substanzen , beruhenden Unterschiede 
l 5. Gebundenes oder latentes Feuer und Wasser in di 
Dünsten geben sich nicht mehr durch ihre vorigen Eigenschh 
ten zu erkennen, äufsern aber dennoch ihre Verwandtschafi 
wodurch sie die hygroskopischen Erscheinungen erzengā ! 
Auch die Bestandtheile des el. Fluidums behalten bei ihrer Ve- 
‚bindung ihren Hang und ihre Verwandtschaften zu andern Sob- 
stanzen, welches die Ursache der meisten el. "Erscheinungen i$ 

6. Das Wasser und die el. Materie, die vorzüglich ih 
- Verwandtschaften behalten, sind einander auch darin ähnlich, 
dafs so wie das Wasser diese Verwandtschaft in den hygrodi® 
pischen Phänomenen ohne Wahl äufsert, eben so auch die d fe 
Materie ohne Wahl ihre Verwandtschaft zu andern Substanze 
zeigt. 

7. Wenn das Feuer eine Masse von Wasserdünsten ve 
läfst, um das Gleichgewicht der Temperatur wieder here- 
stellen, so bleibt dennoch etwas an dem Orte, wo das mat 
dieser Dünste ist, aber ein Theil dieses Fluidums wird latest: $- 
ebenso, wenn das Gleichgewicht des fortleitenden el. Fluidos $x 
in den benachbarten Körpern wieder hergestellt ist, enthal 
diejenigen, welche verhältnifsmäfsig mehr el. Materie hab 
das meiste von diesem fortleitenden Fluidum, aber dieser Ur 
berschufs ist gleichfalls in dem el. Fluidum verborgen. 























d 
$. 


Br 


Wesen derselben. ` ` 957 


q 


.8. So: wie die ausdehnende Kraft zweier Massen von Was- 
pfen im Gleichgewicht seyn kann, obgleich die eine we- 
er. Wasser als die andere im Verhältnißs mit ihrem Volumen 
t, wenn bei letzterer zugleich die Menge des Feuers grölser 


| eben so kann die ausdehnende Kraft (die Intensität oder 






ng) zweier Massen des el. Fluidums im Gleichgewichte 

#, obgleich die eine eine geringere verhältmälsige Menge 

ien besitzt, wenn nur zu gleicher Zeit die Menge ih- 

è fortleitenden Fluidums grölser ist. Die vorzüglichsten 

jerschiede, worin das el. Fluidum von den Wasserdämpfen 
veicht, sind folgende: 

„4. das Feuer, welches die Wasserdämpfe verläfst, um das 
ichgewicht der äulseren Temperatur herzustellen, wird nicht 
eh andere Substanzen angezogen, sondern dehnt sich so 
je aus, bis es im Gleichgewichte ist. Das el. fortleitende 
idum hingegen, welches seine el. Materie verläfst, wird zu 
ler Bewegung durch seinen Hang zu allen Substanzen be- 
imt, und weil in diesem Augenblicke eine benachbarte we- 
er davon besitzt, als diejenige, wovon es sich trennt. 

i 2. die Verwandtschaft des Wassers, wodurch eine Zersez- 
ig des Wasserdampfes bewirkt wird (oben N. 6), bezieht sich 
kauf.die hygroskopischen Substanzen, statt dafs die analoge 
swandtschaft der el. Materie alle Substanzen betrifft, selbst 

Dämpfe und luftförmigen Flüssigkeiten. | 

3. Die Verwandtschaft des Wassers gegen hygroskopische 
ıstanzen äulsert sich nur dann, wenn es dieselben berührt, 
el. Materie hingegen äulsert ihren Hang zu allen Substan- 

schon in Entfernungen, welche nach der verschiedenen 
chaffenheit der Körper verschieden sind. 

4. Da jede el. Lichtentwickelung nach pe Luc von einer Zer- 
ung der E. abhängt, dessen fortleitendes Fluidum frei wird, 
iegt zwischen beiden auch darin eine Verschiedenheit, dals 
el. Fluidum durch die blofse Ausbreitung im leeren Raume 
‚zersetzt, ohne dals man hierbei einen Druck, den es in 
re der Verdichtung auf sich selbst ausübt, annehmen könnte, 
wend die Wasserdämpfe sich unter sonst gleichen Umstän- 
im leeren Raume nicht anders wie i im lufterfüllten Raume 
alten. 

De Lüc hat diese allgemeine Theorie sehr sinnreich auf 
Erklärung der wichtigsten Wirkungsformen der E. ange- 


N 




















958 Elektricität. 


wandt, insbesondere der Erscheinungen der Vertheilung uè 
der davon abhängigen verstärkten E. in dem Vorgange der Læ 
dung 1. Im Allgemeinen erklärt er die Erscheinungen der d, 
Wirkungskreise, oder wie er sie nennt, der el. Einflüsse, va 
welchen die Vertheilung abhängt, auf folgende Weise, Pos 
tive und negative E. unterscheiden sich durch verhältui- 
mälsigen Ueberflufs und Mangel an el. Materie bei übrigen 
gleicher ausdehnender Kraft, oder positive E. ist das Analoga $: 
von dichterem Wasserdampf, der also, bei gleichen Voluma fi: 
mehr von der schweren Materie hat, als der dünnere Wasser 
dampf, welcher mit der negativen E. überein kommt, und m$ 
jenem das Gleichgewicht zu halten, eine grölsere Menge fortia 
tendes Fluidum besitzen mufs. Doch kann nach seinem Sysm 
ein Körper auch dadurch positiv el. werden, dafs sich ühe- 
haupt melır el. Fluidum an seiner Oberfläche angehäuft hat, $ 
seinem natürlichen Zustande zukommt. Wenn nunin den Wi- 
x Fig kungskreis des positiv elektrisirten Leiters P C der isolirte Id 
.3% ter AB kommt, so wird sein fortleitendes Fluidum in derselbe 
überströmen nach dem allgemeinen Gesetze des Strebens dr 
selben nach Gleichgewicht, aber das Ende A ist dieser Wr- 
kung mehr als B ausgesetzt, daher wird die dem Leiter Aé 
gene el. Materie bei A mehr ausdehnende Kraft als bei Be; 
halten; daaber hier nichts ist, was sie hinderte, sich ins Glad- 
gewicht zu setzen, so wird sie sich so vertheilen, dals die i- 
dehnende Kraft durch die ganze Länge AB gleich groß it 
woraus dann nothwendig folgt, dafs bei A mehr fortleitenda 
Fluidum und weniger Dichtigkeit der el. Materie, bei Bi 
gegen weniger fortleitendes Fluidum und mehr Dichtigkeitd# 
Materie Statt finden muls. Daher zeigt unter diesen Umstindas 
A,—E;B, + E. Um diesen Vorgang durch die Anag 
mit den Wasserdämpfen noch deutlicher zu machen, vergleich 
man AB mit Wasserdämpfen in einem verschlossenen Gefiit 
die von C aus durch ein heftiges Feuer erhitzt werden, Ar 
fangs werden die Dämpfe durch den ganzen Raum. AB gleid- 
förmig verbreitet seyn. Wenn aber nun das Feuer von Cbf: 
wirkt, so wird das Ende A heilfser als B, und die Dämpfe iÅ 
erhalten mehr Elasticität. Siedehnen sich also aus, und dr 
ken dagegen die in B mehr zusammen, so dafs sich bei A w 





1 Vergl. Flasche, elektrische. 


` 
ù i 


Wesen derselben. 359 


iger, bei B mehr Dichtigkeit oder Wasser (schwere Materie) 
Mindet, die Hitze aber umgekehehrt bei A grösser als bei B 
ù In diesem Zustande ist bei A mehr Trockenheit (—E), 
ú B mehr Flüssigkeit (+ E) anzutreffen, die Elasticität ist 
er gleich grols an allen Stellen des ganzen Gefälses A B. Nach 
ksen Begriffen besteht die ganze Erscheinung der el. Wir- 
mgskreise in dem Ueberströmen oder der Fortpflanzung des 
‚fortleitenden Fluidums, welches sich eben so, wie der freie 
färmestoff, durch alle Körper bis zu einem gewissen Gleich- 
wichte zu vertheilen strebt, und die schwere el. Materie ver- 
ge seiner Verwandtschaft da mit sich nimmt, wo sie frei ist, 
er schwächer zurückgehalten wird, da aber zurückläfst, wo 
ı durch ihre Verwandtschaft stärker an andere Körper gefesselt 
a Weil das Medium dieser Fortpflanzung gemeiniglich die 
ift ist, so hat diese auf die Erscheinungen der Wirkungskreise 
erdings einen bedeutenden Einfluls, denn ein jeder Körper 
sitzt z. B. nur insofern + E, als er einen Ueberschuls an el. 
kterie in Vergleichung mit der umgebenden Luft hat, und 
sofern — E, als er in Vergleichung mit eben dieser Luft 
Lel. Materie Mangel leidet. Dieser Einfluls oder diese Mit- 
kung der Luft, oder überhaupt des umgebenden Mediums 
ufsert sich nun ganz besonders bei den durch die E. veranlafs- 
m Bewegungen der wägbaren Körper, und nur durch Hülfe 
essselben kann das de Lüc sche System Rechenschaft davon ge- 
m, die uns indels nicht vollkommen genügend scheint, wenn 
eich De Luc durch eine grolse Menge mannigfaltig abgeänder- 
r Versuche ? und sehr scharfsinniger Erörterungen derselben 
rade von dieser Seite seine Theorie in ein besonders günsti- 
8 Licht zu stellen vermeint hat. 

Das Eigenthümliche und Unterscheidende der de Lüc’schen 
klärung liegt darin, dafs derselbe keine Repulsivkraft zu 
ülfe nimmt, sondern alles auf blofse Anziehung und zwar in 
n meisten Fällen auf eine solche, die auf das umgebende 
ittel gerichtet ist, zurückführt. Um diese Erklärung gehörig 
. begreifen und zu würdigen, mufs man von dem Hauptsatz® 
sgehen, dals diese Anziehungen einzig an die Menge der 
om el. Fluidum wohl zu unterscheidenden) el. Materie, wel- 
e die Körper besitzen, gebunden sind. Die el. Materie, die 





1 Im dem VI. Ahschnitte. Von den el. Bewegungen, 


360 Elektricität 


einem Körper zugehört, widersteht nämlich der Trennung von : 
demselben, obgleich sie fortfährt, sich nach andern Körpem, ` 
die davon weniger besitzen, Ainzuneigen, jedoch geschieht 
diesesin einigem Verhältnisse mit der Entfernung schwächen 
Der positive und der negative Zustand der Körper mit Bezie- 
hung auf das umgebende Mittel, das selbst nicht aus seinem 
natürlichen Zustande getreten ist, sofern beide Bewegungen 





1 


veranlassen, beziehen sich nicht auf das ganze el. Fluidum, : 


$ 


sondern auf die el. Materie, welche einen Theil davon aus 
macht, oder anders ausgedrückt, sie zielen. nicht auf den Grad 
der ausdehnenden Kraft des el. Fluidums, welche nach ps 
Lüc nur von dem Verhältnisse des fortleitenden Fluidums ab- : 
hängt, sondern nur auf die Dichtigkeit, d. h. die verhältuil- | 
mälsige Menge, der el. Materie an einer gegebenen Oberfläche, ` 
und die mannigfaltigen Modificationen der von der E. abhängt 
gen Bewegungen frei beweglicher Körper, welche von einam 
der divergiren, oder zusammenfallen und sich aus Entfernur- 
gen anziehen, sind stets den Veränderungen proportional, wa- 
che die Dichtigkeit des el. Fluidums in den Körpern selbst e- 
leidet in Vergleich mit der wirklichen Dichtigkeit des el. Fir 
dums in dem umgebenden Mittel. Wenn also zwei frei bewe 
liche Körper, noch unbeweglich, weil sie in demselben d 
Zustande mit dem umgebenden Mittel sind, eine gleich 
Menge el. Fluidums erhalten oder verlieren, so könnte dies 
Veränderung des Zustandes an und für sich und bei ihn 
allein betrachtet, noch keine Ursache der Bewegung seys 
weil diese Körper, was die Menge der el. Materie betrifft, im- 
mer im Gleichgewichte bleiben; wenn man sie aber als ww, 
Luft umgeben ansieht, so findet man alsdann eine Ursache det 
Bewegung. Die Lufttheilchen, welche die Seiten ‚berühres, 
die die Körper einander gegenseitig. zukehren, haben eine dop- 
pelte Ursache der Modification, weil diese beiden Seiten das 
beitragen, diese Theilchen empfangen oder verlieren, also dop- 
pelt el. Materie erhalten, anstatt dafs die Lufttheilchen, welche 
an ihre entgegengesetzten Seiten anstolsen, hier nur durch jede 
dieser Seiten für sich allein modificirt werden. Der Zustand 
eines jeden dieser beiden Körper ist also dieser: Auf einer sei- 
ner Seiten befindet sich der andere Körper und die Luft dazwi- 
schen, wovon jener, und die Luft nahe dabei, in demselben 
el. Zustande mit ihm ist, während auf der entgegengesetzte 





i 


u 


Wesen derselben, 361 


w die Lüft nur schwach durch ihn selbst modificirt wird 
lich strebt jeder Körper mehr gegen diese äulsere Seite als 
m die innere durch Anziehung, in dem einen Falle, bei 
stiv elektrisirten Körpern wegen des Uebergewichts der el, 
erie der Luft, in dem andern Falle, bei positiv elektri- 
n Körpern wegen des Uebergewichts ihrer el. Materie, 

dadurch entfernen sie sich von einander (scheinbares Ab- 
en gleichartig elektrisirter Kärper nach dem ersten Funda- 
talgesetze der el. Bewegungen.) Ist einer der beiden Kör- 
positiv, der andere negativ el., so haben sie unmittelbar in 
selbst eine Ursache der Bewegung, nämlich den Mangel 

Gleichgewichts der el. Materie unter ihnen. Die Luft setzt 

hier eine neue Ursache hinzu, denn jeden der beiden Kör- 
modificirt sie anf der äulsern Seite nach seinem besondern 
ande, statt dals auf der innern Seite einer die Wirkung des 
wn zerstört, daher streben sie um so weniger sich gegen 
auswendige Luft zu bewegen, und um so vielmehr gegen 
innere. Dieses vermehrt ihren Hang gegen einander, und, 
ähern sich (zweites Gesetz: ungleichartig elektrisirte Kör- 
ziehen sich an). Was den dritten Hauptfall betrifft, wo 
lich nur einer der Körper elektrisirt ist, wo also der andere 

Zustande des Mediums verbleibt, so müssen sie sich eben 
er Theorie zufolge schwach gegen einander bewegen, weil 
el. Materie nicht unter ihnen im Gleichgewichte ist, und 
Luft, indem sie denselben Zustand um den el. Kërper um- 
annimmt, nichts in der unmittelbaren Ursache ihres Hanges 
rt, aber eben darum, weil die Luft nichts hinzusetzt, kann 
ar Hang nur schwach seyn. In der Wirklichkeit ändert sich 
ch dieser Fall nach dem Gesetze der el. Einflüsse in den 
ten um, indem der nicht elektrisirte Körper, vorzüglich 
n er ein Leiter ist, sich auf eine entgegengesetzte Art an 
sr entgegengesetzten Oberfläche verändert, und er sich 
ann bewegt, weil sein Theil, der dem elektrisirten Körper 
nächsten ist, sich mehr bestrebt, ihm sich zu nähern, als 
entgegengesetzte Theil sich davon zu entfernen. 

Noch hat pe Loc in eben diesem Abschnitte seine Theorie 
die Erklärung einiger sonderbaren el. Bewegungen ange- 
dt, die dem ersten Anscheine nach so wenig aus der Frank- 
‚chen als der dualistischen in ihrer gewöhnlichen Gestalt be- 
fich sind, wobei aber px Luc selbst in Irrthümer verfallen 


362 Elektricität. 


ist. Ich will einen dieser Versuche hier kritisch beleuchten, 
weil er zugleich dazu dient, pe Lüc’s Theorie in ein noch hd- 
leres Licht zu setzen. Mit einer auf einem isolirenden Fuls 
vertical aufgerichteten metallenen Scheibe B von etda 8 Zoll im 


Durchmesser befinden sich an ihrer vordern und hirftern Fläche t 


zwei Paar Elektrometer verbunden, deren Kugeln von hohlen 
Metallblech von etwa 2%’ Durchmesser von isolirenden Armen 
getragen werden, die sie in der Höhe des Mittelpunctes 
der Scheibe halten, an Trägern in einer mit der Ebene der 
Scheibe parallelen Ebene frei beweglich, die vordern überdieß $ 
noch durch lackirte Glasstäbchen, von denen sie getragen wer- f 
den, isolirt, aber mit der andern Fläche der Scheibe B in u- 
mittelbarer leichter Berührung, die hintere an Strohhälmchen 
aufgehängt, in einer geringen Entfernung von der hintern Fläche 
der Scheibe, aber durch einen Metalldraht mit dem obern Rand 
derselben verbunden. Nähert man nun der Scheibe B die sich 
mit ihren zwei Paar Elektrometern im natürlichen Zustande be- 
findet, eine gleichfalls isolirte Scheibe A in gleicher Höhe der 
Mittelpuncte in paralleler Richtung mit B, welche stark positiv 
elektrisirt ist, so divergiren die beiden Paar Kugeln, und zw 
nach ve Luc’s Behauptung die vordern mit negativer, die hir 
tern mit positiver E. Berührt man die vordern Kugeln, so ge 
ben sie einen eben so starken Funken als jeder andere Thel 
ihrer Gruppe (nämlich der Scheibe B mit ihren Elektrometen), 
und zwar divergiren sie alsdann noch mehr, weil sie negativer 
geworden sind, und sie fahren fort zu divergiren, ob man sie 
gleich in Verbindung mit dem Boden durch kleine leitende 
Drähte setzt, die ihre Bewegung nicht hindern. In dem Av- 
genblicke, dafs man den Funken aus den vordern Kugeln, oda 
aus jedem andern Theile der Gruppe, nimmt, fallen die hinten 
Kugeln zusammen, und divergiren von neuem, weil sodan 
die ganze Gruppe negativ geworden ist. In diesem Augenblicke 
ist die ausdehnende Kraft der el. Flüssigkeit aller Theile der 
Gruppe auf einerlei Grade mit der des el. Fluidums im Boden, 
denn welchen Theil der Gruppe man auch berührt, wird in sei- 
nem Zustande nichts geändert. Inzwischen divergiren die bei- 
den Paar Kugeln, weil die gesamınte Dichtigkeit des Fluidums 
der Gruppe geringer ist, als die des el. Fluidums des Bodens 
und umgebenden Mittels, und eines divergirt mehr als das an- 
dere, weil dieser Unterschied der Dichtigkeit bei dem einen 


/ 





Wesen derselben. 363 


gröfßser ist, als bei dem andern. Hier verwechselt aber px Luo 
zwei Wirkungen, die ganz verschiedene Ursachen haben. Das 
vordere Paar Kugeln divergirt offenbar durch die unmittelbare 
Wirkung der Scheibe A, die mit ihren ausgebreiteten Seiten- 
theilen ein Uebergewicht über die Mitte, welcher die Kugeln 
gegenüber stehen, ausübt, und also die Kugeln so weit von 
einander entfernt, bis die Anziehungen nach allen Seiten hin 
im Gleichgewichte mit einander stehen. Eben darum hat es 
nichts Auffallendes, dafs diese Divergenz auch noch fortdauert, 
wenn diese Kugeln durch leitende Fäden mit dem Erdboden in 
Verbindung gesetzt werden, während es mit allen Versuchen 
in directem Widerspruche steht, dals die Divergenz zweier 
gleichnamig el., und zunächst nur durch ihre eigene E. aus ein- 
ander gehaltener Körper fortdaure, wenn eine Verbindung zwi- 
schen ihnen und dem Erdboden eingeleitet wird. Auch streitet 
es mit allen anerkannten el. Erfahrungen‘, dafs die Körper, die 
bereits negativ el. sind, wenn ihnen ein mit dem Erdboden ver- 
bundenier Leiter genähert wird, durch den zwischen ihnen 
überschlagenden Funken noch negativer werden sollten, wie 
DE Luc von dem vordern Paare von Kugeln voraussetzt. Es 
findet hier allen Versuchen zufolge keine. andere Wechselwir- 
kung statt, als eine Verminderung des negativen Zustandes durch 
einen positivenFunken. Allerdings geben die Kugeln in jenem 
Versuche einen Funken, weil sie mit der ganzen Gruppe in lei- 
tender Verbindung stehen, die sich an jedem Puncte der von 
der positiven Scheibe A frei gemachten und in Spannung ver- 
setzten positiven E. zu .entledigen sucht, und da die vordern 
Kugeln zugleich die mehr nach ihrer äulsern Seite zurückgetrie- 
bene positive E., welche der Anziehung von den Seitentheilen 
der Scheibe A entgegenwirkte, in diesem Funken mit verlieren, 
so können sie dann von jenen Seitentheilen noch etwas mehr 
‚nach Aulsen gezogen werden, d. h. ihre Divergenz muls etwas 
zunehmen. Dafs die hintern Kugeln im Augenblicke, da die 
Gruppe berührt wird, zusammenfallen, ist eine nothwendige 
Folge der Entziehung (oder Ausgleichung) ihrer positiven E., 
. durch welche sie vorher divergirten, dafs sie aber dann nachher 
wieder, wenn gleich schwächer als die vordern Kugeln, diver-, 
giren, ist abermals blols eine Wirkung der Anziehungskraft der 
positiven Scheibe A, welche gleichfalls wegen der grälseren 
Ausbreitung ihrer Seitentheile diese Kugeln etwas seitwärts zie- 


361 - Elektricität 
hen muls, aber freilich in geringerem Grade, als das vordere 


Paar, weil ihre Wirkung aus grölserer Entfernung auf sie aus- 
geübt wird. So sind also alle Modificationen dieser Bewegungen 
aus der von uns oben entwickelten Theorie vollkommen be- 
greiflich, und man hat nicht zu jenen aufserordentlichen Annah- 
men seine Zuflucht zu nehmen, die mit allen Versuchen im Wi- 
derspruche stehen, dafs Körper, welche durch eigene E. diver- 


giren, diese Divergenz auch noch behaupten, wenn sie gleich . 


mit dem Erdboden in leitende Verbindung gesetzt werden. 
Ueberhaupt stellen sich der de Lüc’schen Theorie, so sinn- 
reich sie auch die Analogie der Wasserdämpfe angewandt hat, 
aus dieser selbst nicht unerhebliche Schwierigkeiten entgegen. 
Wenn in ein verschlossenes Gefäls voll Wasserdämpfe, womit 
DE Luc einen Leiter vergleicht, neue Feuermaterie einströmt, 
so findet allerdings im ersten Augenblicke ein Unterschied der 
Dichtigkeit bei gleicher ausdehnender Kraft in den verschiede- 
nen Theilen des Gefälses statt, indem auf der Seite des Einströ- 
mens der Dampf dünner, auf der entgegengesetzten Seite dichter 
werden wird; doch findet, wenn nicht dieses Einströmen un- 
unterbrochen fortdauert, sehr schnell eine Ausgleichung statt, 
und das Gefäls wird überall Wasserdampf von gleicher Dichtig- 
keit enthalten. Dasselbe sollte auch statt finden, wenn ein in 
natürlichen Zustande befindlicher Leiter in den Wirkungskreis 
eines positiven versetzt wird. Letzterer kann offenbar nur em: 
gewisse Menge fortleitendes Fluidum an jenen abgeben, im er- 
sten Augenblicke wird also das el, Fluidum an dem zunächst 
gelegenen Ende des Leiters gleichsam verdünnt werden (das 
Ende wird —), und nach dem entgegengesetzten Ende el. Ma- 
terie sich anhäufen (das Ende wird +), aber in sehr kurzer 
Zeit mülste sich doch das fortleitende Fluidum mit der el. Ma- 
terie im ganzen Leiter ins Gleichgewicht setzen, und dieser 
Unterschied der Dichtigkeit aufhören, welchem indefs die Er- 
fahrung widerspricht. Ich übergehe hier noch manche andere 
Schwierigkeiten, die sich besser unter andern Artikeln nament- 
lich Zlektrophor und Flasche, auf deren Erklärung pe Lüc 
seine Theorie sehr sinnreich angewandt hat, entwickeln las- 
sen. Gerade da, wo man den meisten ÄAufschluls von pe Luc 
erwartet, wird man von ihm im Stiche gelassen, nämlich in Betreff 
der nähern Natur jener beiden Bestandtheile des el. Fluidums. 
Im XIV., Abschnitte, wo er von den Phänomenen handelt, wo- 


Wesen derselben. 365 


isich das el. Fluidum zersetzt, reducirt er diese Zersetzung 

f das allgemeine Gesetz, wonach sich überhaupt die Flüssig- 

ten, mit denen die el. zu einer Classe gehört (die dampfförmi- 

1) zersetzen, nämlich auf Verdichtung, und leitet daraus die 

iht- und Feuererscheinungen und den phosphorischen Geruch 
‚stellt aber verschiedene Möglichkeiten auf, wie sich deren 

ıcheinungen erklären lassen , ohne jedoch zwischen ihnen zu 
scheiden, nur dals er bemerkt, dafs das Licht für sich allein 
; fortleidende el. Fluidum nicht ausmache, sondern nur einen 

tandtheil desselben bilde, dessen anderer Bestandtheil viel- 
iht die Feuermaterie seyn könnte, jedoch in einem geringe- 
ı Verhältnisse, als nöthig ist, um Wärme zu bilden, woraus 

m begreiflich werde, warum beim Entweichen von Licht in 

a el. Funkeu nun auch Wärme auftrete, indem alsdann die 

den Bestandtheile in das zu ihrer Bildung gehörige Verhältnifs 
reten sind. Ueher die nähere Natur der eigentlichen el. Ma- 
ie läfst er uns vollends im Dunkeln. 

Kaum verdient die sog. neue Theorie von J. H. Voıer, die 
ser sonst verdienstvolle Physiker in einer eigenen Schrift? 
itläuftig vorgetragen hat, eine Erwähnung, da sie keine neue 
asalerklärung enthält, sondern in einem blofsen Ausdrucke der 
änomene besteht, der von dem Symmer’schen Dualismus, ins- 
sondere wie er von LICHTENBERG dargestellt worden ist, nur 
a Worten nach abweicht. Die Lichtenberg’schen und über- 
ıpt alle folgerichtigen Darstellungen nach dem dualistischen 
steme verwandeln sich buchstäblich in die Voigt’schen Erklä- 
gen, wenn man statt + und — männlichen und weiblichen 
ft, statt Sättigung und Bindung Paarung und Streben nach 
wang setzt. Wenn Bezeichnungen wie + und — positiv 
l negativ darum ächt wissenschaftliche genannt zu werden 
dienen, weil sie auf die strenge Anwendung der Begriffe, 
Iche diese Namen in einer andern Sphäre, nämlich. der Ma- 
matik, bezeichnen, auch in der Sphäre dieser Erscheinungen 
deuten, die allerdings nach allem, was in ihnen zeitlich 
] räumlich (quantitativ) bestimmbar ist, eine solche mathe- 
tische Betrachtungsweise zulassen, so erscheinen dagegen aus 





"1 Versuch einer neuen Theorie des Feners, der Verbrennung, : 
ıstlicher Luftarten, des Athmens u. s. w.\ Jena 1793. 8. auch im 
haischen Magazine für das Neueste u. s. w. IX, Bd. 2.$t. 8.110u.f, 


366 Elektricität, 


einer so ganz heterogenen Sphäre hergeleitete Benennungen als 
blolse Auswüchse eines unwissenschaftlichen Witzes, und es 
verräth sich sogar ein gänzliches Verkennen der Gesetze de 
el. Wechselverhältnisses, wenn Vorort an einzelnen Orten sià 
so erklärt, als wenn das + oder der männliche Stoff zu dem — 
oder eigenthümlichen weiblichen Stoffe, mit welchem er in den 
OEoder in der gepaarten Ex verbunden war, eine besondere Ver- 
wandtschaft habe, und diesen ihm zugehörigen weiblichen Stof 
vorzugsweise anziehe. Uebrigens hat Vorer über die nähen 
Natur dieser nach Paarung strebenden Stoffe uns keine weiten 
Aufschlüsse verschafft, wenn wir etwa einige Versuche ausneh- 
men, durch welche er zu beweisen glaubte, dafs die positive 
Materie stärker, als die negative wirke, Versuche, deren Be- 
weiskraft indefs durch spätere wieder vernichtet worden sind, 
Denn wenn Voısr als einen solchen Beweis anführt, dafs wem 
man beim Henly’schen allgemeinen Auslader den Finger zwischen 
den positiven und negativen Knopf halte, man ihn von jeder 
Seite wie mit Ruthen gepeitscht aber stärker ven der positiven 
Seite her fühle, se ist nicht zu vergessen, dafs von der posit- ' 
ven Seite die Ladung ausgegangen ist, und also sich hier 
relatives Uebergewicht von E., wovon die freie Spannung ar 
hängt, befindet, und dann zeigt sich in den Entladungsvers- 
chen der Volta’schen Säule stets die stärkere und unangenehmen 
Empfindung auf der negativen Seite. \Vas aber die Erscheinung 
der Flamme eines zwischen zwei Drähten stehenden Lichtes be- 
trifft, dals sie beim Elektrisiren eine fächerförmige Form ar 
nehme, aber auf der Seite der negativen E. noch eine Spitze 
bekomme, wie ein Aderlafsschnepper, als ob der positive Con- 
ductor sanft hineinbliese, so zeigt die oben mitgetheilte Prüfung 
dieser Phänomene die gänzliche Unzulässigkeit einer solchen 
Ansicht. 

J. G. F. ScnrAper hat es versucht1, die nähere Natur der 
E. weiter aufzuklären. In gewisser Hinsicht hat er pe Luc’ 
Ideen zum Grunde gelegt, der Versuch ist aber gänzlich miß- 
rathen und verräth allenthalben eine grofse Verwirrung der 
Ideen. Sauerstoff, Lichtstoff und Wärmestoff sollen die Be- 
standtheile des el. Fluidums seyn, der Lichtstoff gleichsam das 
fortleitende Fluidum, doch soll der Wärmestoff die E. erst zur 





1 Versuch einer neuen Theorie der E. Altona 17%. 


Wesen derselben, 367 


ıhlenden machen. Uebergewicht des Lichtstoffs macht den 
terschied der positiven und negativen E. Das Daseyn des 
ıerstoffs in der E. glaubt er dadurch bewiesen zu haben, dafs 
kl auch in irrespirablen Luftarten durch den el. Schlag oxy- 
werde, wovon wir übrigens das Gegentheil wissen. Seine 
Härung der Ladung ist eine ganz milsglückte Anwendung 
de Lüc’schen Theorie. 

Keinen größsern Werth hat dasjenige, was Lamranıust 
r die Natur der E. vorgetragen hat, wobei er gleichfalls von 
de Lüc’schen Ansicht über ihre, den Dämpfen analoge Zu- 
mensetzung ausgegangen ist. Lamranıus glaubt in dem 
Fluidum folgende Substanzen anzutreffen 1. das Feuer, weil 
E. Körper entzünde, verkalke und andere Wirkungen des 
etzten Feuers äulsere. 2. Phlosiston, weil sie metallische 
ke wiederherstelle und die Luft phlogistisire, welche Wir- 
gen man doch dem Phlogiston zuschreibe. 3. Licht sey nicht 
m mit Feuermaterie verbunden, als Feuer in dem el. Flui- 
ı vorhanden, sondern es enthalte selbiges auch als gebun- 
es Licht, wovon vielleicht seine Zartheit und erstaunliche 
chwindigkeit herrühre. Dieses beweise der starke Glanz 
-die Geschwindigkeit des Blitzes. 4. Sey im el. Fluidum 
h eine unbekannte Substanz vorhanden, die sich durch den 
sphorgeruch beim Elektrisiren zu erkennen gäbe, nach 
STRUMB’S Vermuthung Phosphorsäure,. Nähme man zwei 
Haterien an, so lasse sich vielleicht ihr Unterschied durch 
erflufs oder. Mangel von Feuer bei ihrer Ladung erklären, 
rie bei chemischen Zusammensetzungen bisweilen die Säure, 
eilen ein anderer Stoff das Uebergewicht habe. Dies scheine 
‚ dadurch eine Bestätigung zu erhalten, dafs diese beiden 
rien einander anziehen, und dadurch alle E. vernichten, 
hes mit dem in der Theorie der Wärme bekannten Gesetze 
einstimme, nach welchem sich das Feuer durch alle Sub- 
‚en gleichförmig zu verbreiten strebt. 

Grey? machte sich eine viel einfachere Vorstellung von 
Jatur der E. als die beiden vorhergenannten Physiker. Ihm 
‚ge ist sie wesentlich nichts anders als Lichtmaterie, welche 





Versuche und Beobachtungen über die E. und Wärme der 
sphäre. Berlin und Stettin 1793. 8. Kap. 2. 


Grundrifs der Naturlehre. Halle 1797. 8. $. 1408. 


365 Elektricität. 
durch Adhäsionsverwandtschaft an der Oberfläche der Leiter 


festgehalten, und nur an und in Nichtleitern frei, wirksam und 
thätig wird. Das el. Licht zeigt sich daher nur bei dem Ueber- 
gange oder Eintritte aus einem oder in einen Leiter durch eina 
Nichtleiter. Die Anhäufung der el. Lichtmaterie auf isolirks 


Leitern würde indels durch die Anziehung derselben dagega. 
allein nicht geschehen können, oder diese würde nicht himi- f 


chend seyn, der Repulsivkraft ihrer Theile unter einander hir- 


länglich das Gleichgewicht zu halten, so dafs sie sich als Lidt f 


entwickeln und entweichen mülste, wenn nicht die Repulsiv- 
kraft der el. Atmosphäre die Anziehungskraft des Leiters dagegen 


unterstützte. Die Erscheinungen des el. Lichts in der torricd- 


E’schen Leere beweisen dies, in welcher die Lichtmaterie, weder 
durch Anziehung noch durch jenen Widerstand von Aula 
zurückgehalten, am freiesten sich ausbreiten kann: und das 
stärkste Licht zeigt. Beim Uebergange der E. als Funken ode 


beim Aus- und Einströmen durch Spitzen wird nicht alles d 


Fluidum frei und zum Lichte, sondern es wird etwas an de 
Luft mitgetheilt, weil diese kein vollkommener Nichtleiter it 
So wie das Licht nach Gres aus seinem hypothetischen Bras- 
stoffe als seiner eigentlichen Basis und dem Yärmestoffe, w- 


chem es eigentlich seine Expansivkraft verdankt, zusammen 


setzt ist, so müssen auch diese beiden Bestandtheile in dem 
el. Fluidum nachgewiesen werden können. Das Daseyn ds 
Wärmestoffs als Bestandtheil der el. Materie, habe van Mars 
direct dargethan, und erhelle hinlänglich aus den Wirkunge 
der verstärkten E. Das Daseyn der eigenthümlichen Basis da 
- Lichtes folge nicht blofs aus dem Lichte selbst, zu welchem ds 
el. Materie bei ihrem Freiwerden übergehe, sondern auch ıs 
andern Versuchen wie z. B. aus der Zersetzung des Wassen 
durch den el. Funken, dessen Wasserstoff, wenn er WVasserstof- 
gas bilden soll, nothwendig die Basis des Lichtes enthalte 
müsse, die er nirgend anderswoher als aus dem el. Fluidum 
empfangen könne. Die Geruchs - und Geschmacksempfindungen, 
welche die E. hervorbringen, bewiesen keinesweges das Daseya 
eines eigenthümlichen Riechstoffs einer Säure u. dgl. in der d 
Materie, sondern nur, dals unsere Nerven durch Strömung der 
el. Materie gereizt würden. Es folge aus dieser Hypothese, "ab 
die el! Materie in den Körpern zusammengesetzt und zersetzt 
werden könne. Die ursprüngliche Erregung der E. bei so mar- 





Wesen derselben, ` 369 


ügfaltigen Processen des Schmelzens, Verbrennens, Verdam- 
fens u. s. w. lasse sich hieraus erklären. Beim Reiben sey es 
hne Zweifel der dabei entwickelte Wärmestoff, welcher der 
larch Anziehung derKörper unthätig gemachten und ins Gleich- 
sewicht gebrachten el. Materie die nöthige Expansivkraft er- 
heile, vielleicht auch sich mit der in den Körpern befindlichen 
ächtbasis erst zur el. Materie vereinige. Das einerseits ganz 
Willkürliche, andererseits Ungenaue dieser Darstellung leuchtet 
ron selbst ein, und nur der Name des berühmten Urhebers gab 
Veranlassung, derselben so viele Zeilen zu widmen. 

H. C. Oersteot falste die el. Thätigkeit aus einem hö- 
reren Standpuncte auf, indem er in derselben gleichsam nur 
sine besondere Wirkungsform der allgemeinsten Naturkräfte zu 
Knden glaubte. Seine Ansicht hat ihre erste Wurzel in Kants 
dynamischer Physik, und ihre besondere Richtung ohne Zwei- 
fel vorzüglich durch Wınterr’s geistreiche Träumereien? er- 
halten. Alle el. Erscheinungen hängen, ihm zufolge, von den- ' 
selben zwei Grundkräften ab, welche dem chemischen Procefs 
eum Grunde liegen, und welche in dieser Sphäre von ihm den 
Namen der Zündkraft und Brennkraft erhalten haben. 
En ihrer ganzen Consequenz durchgeführt fallen nach dieser An- 
dicht die Körper selbst mit den Kräften zusammen, indem auch 
der Baum nur durch diese Kräfte körperlich wird. Indefs ist 
in der wirklichen sprachgeimälsen Darstellung die Unterscheidung 
dieser Kräfte von den Körpern selbst unvermeidlich. Für sich 
äst jede dieser Kräfte durch Repulsiv- oder Ausdehnungskraft 
frei thätig, und strebt sich im Raume zu verbreiten, in Bezie- 
hung auf einander wirken sie durch gegenseitige Anziehungs- 
Kraft, heben so wechselseitig ihre Repulsivkraft auf, und fixiren 
sich im Raume. Da 7 ärme, Licht und Magnetismus nur be- 
sondere WVirkungsformen eben dieser Kräfte sind, so ist leicht 
begeiflich, wie unter besondern Umständen die el. Kräfte in 
Xhrer Wirkung auf einander Wärme, Licht, und seibst magne- 
tische Erscheinungen hervorbringen können. Wınrterz hatte 
unsefähr auf dieselbe \Veise früher, wie OErsTen in seiner 
Zündkraft, in den Principien der Acidität und Alkalität oder 

1 Ansicht der chemischen Naturgesetze. Berl. 1812. 


2 Darstellung der vier Bestandtheile der anorganischen Natur. 
Jena 1804. 
IU, Bd. Aa 


370 Elektricität, 


den von ihm sogenannten begeistigenden Principien die letzten 
chemischen Kräfte aufgestellt, auf deren wechselseitiger Anzie- 
hung alle chemischen Verbindungserscheinungen (und damit 
auch alle Zersetzungen, die dann nur Folge einer neuen Verbin 
dungsind)beruhen, und diese Kräfte als identische mit den beida 
Elektricitäten nachzuweisen gesucht. Zugleich hatte er behauptet, ; 
dafs die beiden Elektricitäten durch ihre Einung stets Wärme erzeu | 
gen die also ein Product, ein Zusammengesetztes, aus ihnen beides 
als ihren Bestandtheilen sey, Dagegen erinnerte Oxasren mi 
Recht, dafs \Wärme-Erzeugung nur unter besondern Umständen 
ein Resultat der Ausgleichung beider Elektricitäten sey, inden 
auch die grölsten Quantitäten entgegengesetzter E., wenn sit 
sich in hinlänglich vollkommenen Leitern ausgleichen, keine 
Temperaturerhöhung veranlassen. Indem er nun mit viela 
Sorgfalt alle die Phänomene der \Värmeerzeugung durch E. zu- | 
sammenstellte, gelangte er zu dem Resultate, dafs ein Körper 
warm wird, wenn er gezwungen ist, eine grölsere Elektric- 
tätsmenge zu leiten, als er frei geleitet haben würde, und m 
dem Fundamentalsatze seiner Wärmetheorie, dals derjenige Zo- 
stand, wo das Gleichgewicht in jedem Puncte des Körpers ge 
stört ist, aber so, dafs es zu keiner sinnlich erkennbaren Tre= 
nung der Kräfte komme, die Erscheinung der Wärme gebe, 
Die nähere Prüfung dieser Theorie gehört in den Artikel: 
Wärme, nur das mag hier beistimmend bemerkt werden, dab 
OEasTeD aulser allen Zweifel gestellt hat, dals eine blolse Ver- 
einigung der beiden Elektricitäten an und für sich noch keine 
Wärme giebt, oder dals diese nicht in demselben Sinne als 
ein Product derselben betrachtet werden kann, wie etwa ein Salz 
als dasjenige der Vereinigung einer Säure und einer Base. 
WourAston? suchte die Natur der E. vielmehr aus der 
Natur ihrer Quelle oder der Art ihrer Erregung aufzuklären. 
Erst bewies er durch mehrere scharfsinnig ausgedachte Versucht 
die Identität der gewöhnlichen Reibungs E. mit der galvanisch 
ertegten auch da, wo man vorher nur Verschiedenheit gesehen 
‚hatte. Es gelang ihm durch den blofsen el. Strom der Elektr- _ 
sirmaschine (eines Glascylinders von 7 Zollen im Durchmesser) 
die Wasserzersetzung auf eine ähnliche Weise wie durch die 
Zuleitungsdrähte einer Volta’schen Säule zu bewirken, wenn er 
diesen Strom nur durch eine hinlänglich feine Spitze in da 


1 G. xt. 104, 





r Ae 


Wesen derselben. | 371 


Waser leitete. Er bereitete sich dazu die feinsten Goldfäden 
joh Verjagung der Säwze einer Goldauflösung in einem Haar- 
wchen , das auf diese "Weise innerlich mit einem höchst dün- 
t Goldhäntchen überzogen worden war, und zusammenge- 
molzen wurde. Verband er zwei solche Drähte, wenn man 
so nennen darf, den einen mit dem positiven, den andern mit 
b negativen Conductor seiner Maschine, so zeigten sich an 
den Enden Gasbläschen, doch immer noch mit dem Unter- 
iede von dem Verhalten der galvanisch durchströmten Gas- 
angsröhre, dals Sauerstoffgas und Wasserstoffgas jedesmal 
leich an beiden Drähten, und nicht getrennt jedes für sich 
einem respectiven Drahte auftreten. Eine andere Aehnlich- 
:.beiderlei Arten von E. zeigte sich in der Wirkung eines 
nes elektrischer Funken zwischen zwei, einen Zoll von 
, einander abstehenden, Goldspitzen, die über ein mit 
kmus blau gefärbtes und beinahe trockenes Kartenblatt ge- 
st wurden und am positiven Drahte das Papier sichtlich roth 
ten, am negativen dagegen die blaue Farbe des rothgefärb- 
wieder herstellten. Doch erfolgte diese Wirkung schneller 
ch den Volta’schen Apparat. Bei dieser Aehnlichkeit der 
len Elektricitäten in ihrer Wirkung kam WorLAsTon auf die 
gerung, dafs sie auch auf gleiche Art erregt werden möchten, 
1 wirklich wurde dies durch Versuche bestätigt. Das Silber. 
| Platin - Amalgama die sich nicht oxydiren, zur Einreibung 

Reibkissens gebraucht, hinderten die Erregung der E., und 
' kleine Elektrisirmaschine gab unter einem Recipienten, in 
chen kohlensaures Gas gelassen worden war, keine Spur 
E. So wie nun hier das Reibzeug, an welchem sich das 
dirbare Amalgam befindet, negativ elektrisch wird, so wird 
ı in der Säule der sich oxydirende Zink negativ (wovon je- 
ı bekanntlich gerade das Gegentheil statt findet). 

Auf dieser von WALLAsTON (scheinbar) zur Aufklärung 
Natur der E. aus dem Vorgange ihrer Erregung gebrochenen 
n ist später ParrorT noch weiter fortgeschritten, und ist so 
ner Theorie der E. gelangt, die wegen ihrer specielleren 
führung hier näher gewürdigt zu werden verdient!. Das 
»n längst bekannte Phänomen, meint PauroT, dals ein nur 





4 S. Grundrifs der theor. Physik IL, Theil drittes Kapitel. All- 
eine Theorie der E. S. 588. 
Aa 


372 Elektricität/ 


mälsig gut gekochtes Barometer bei dem Schwenken der Quec- | 


silbersäule E. zeigt, ein völlig luftleeres.aber nicht, hätte schon 


andeuten sollen, dafs die atmosphärisehe Luft bei allen unsen ; 
Reibungsvereuchen zur Entstehung der E. nothwendig sey, ` 


Diesen wichtigen Satz habe D. Hzıpmams in Wien durch fl 
gende Versuche aufser allen Zweifel gesetzt. Eine kleine Elek- 


trisirmaschine wurde unter die Glocke einer Luftpumpe so apti, 


dafs sie ohne Communication mit der äulsern Luft gesetzt wer 
den konnte. Die Glocke stand aber ‚mit einem Gasometer m 
Verbindung, welcher die Glocke mit verschiedenen Gasarten 
versehen konnte, nachdem die vorhergehende ausgepumpt wor- 
den war. Hierauf wurden folgende Gase nach und nach einge- 
führt, die Elektrisirmaschine in Thätigkeit gesetzt, und die 


Länge der Funken mit einem Auslader gemessen. 1. Atmosphi- 
rische Luft von der Dichtigkeit der äufseren lieferte Funken 


von3”. 2. Atmosphärische Luft, welche nur noch 3”, 5 Quec- 
silber trug, lieferte keine melsbare Funken mehr, sondern ze 


ein schwaches Knistern. Bei möglichster Verdünnung hörte dies 


auch auf, und nur noch ein Korkkügelchenelektrometer gab einie 


Spuren von E. zu erkennen. 3. Sauerstoff gas gab ununterbrochen 


Funken von 5,5. 4. Kohlensaures Gas von ziemlicher Re® 


heit liefs keinen Funken zu. Am Elektrometer wurde nur 7 


Schwanken der Kügelchen bemerkt. 5. Ebenso verhielt sich 
das Wassersioffgas und Stickgas. 

Diese Versuche sollen beweisen, dafs nur die Geger 
wart des freien Sauerstoffs die Elektricitätserregung zulass. 
„Die Wirkung des freien Sauerstofls ist aber Oxydation de 
„oxydablen Stoffe, welche ihm dargeboten werden. In de 
„Reibungselektricität zeigt sich auch diese Oxydation. Bein 
„Reiben einer Scheibenmaschine am (reinern) Quecksilber sieht 
„man diese Oxydation mit grolser Schnelligkeit entstehen, so 
„entsteht am Kienmayer’schen Amalgama, welches weiter nichts 
„ist, als ein an der Luft sehr oxydabeles Gemisch. Sie findet 
„sich an der Hand des Experimentators, der sie als Reiber ge 


„braucht, in den ausdünstbaren, oxydirbaren Stoffen; sie ent- - 


„steht am blofsen Leder und andern Substanzen, die man abs 


„Reiber anwendet, und wir finden durchaus, dafs die Grade 





1 Vergl, Dr. Heidmann vollständige Theorie der E, Bd. I. 
3, 191—210. 


t 





1 
l 
i 
l 
l 


Wesen derselben. 373 


er E. an der Elektrisirmaschine mit der Oxydirbarkeit des 
eibers zunehmen.“ 

Das Resultat hieraus ist, defs die Reibungselektricität so _ 
‘als die galvanische ein Product der Oxydation ist. Die Rei- 
ig befördert die Oxydation 1. durch eine gelinde Erwärmung. 
Durch eine vollkommene Trituration der atmosphärischen 
t mit der oxydabelen Substanz. 3. Durch eine beständige 
ahr von neuer Luft in den Procefs. Sie erhöht endlich die 
Wirkung, indem sie den Körper, der 4- E hat, schnell 
dem, der — E hat, entfernt. Die stärkere Spannung der 
yungs-E. gegen die der galvanischen beruht auf der Abwe- 
weit einer leitenden Flüssigkeit, welche beide E. bald nach 
r Entstehung in der Säule wieder vereinigt, aber auch darauf, 
jeder physisch unendlich schmale Streifen der Scheibe als 
Schichtung in der Säule angesehen werden kann, welche 

Conductor, dem Pole der Maschine, ihre erhaltene E. zu- 
t, und da dieser Streifen unendlich viele auf der Fläche der 
ibe sind, so haben wir hier nicht eine Summe von 100 oder 
einfachen Graden, sondern eine unzählige Summe derselben. 
e wenig diese Vergleichung passe, ergiebt sich schon daraus, 
alle diese Streifen . eine gleiche Spahnung beim Reiben an- 
nen). Parror huldigt dem Dualismus, und zwar soll 
ositive E. Wärmestoff, die negative Lichtstoff seyn, denn 
t und Wärme zeigen sich auch ohne Oxydation beim. el. 

en und beim Ausströmen aus Spitzen. Der Wärmestoff ist 

xpandirende Stoff für das Oxygen (aber die + E in der 

»rsetzungsröhre stellt den gebundenen Sauerstoff in Gasge- 

dar) der Lichtstoff ist das expandirende Princip für das 

ogen. (aber die — E stellt auch den gebundeuen Wasser- 

n Gasgestalt dar). Diese Annahme stimmt auch vollkom- 

nit der Erregungsweise der E. überein. An den gewöhn- 

ı Elektrisirmaschinen oxydirt sich das Amalgama, diese 

ndliche Substanz (eine Lucide) verliert dadurch ihre Ent- 

ichkeit, d. h. ihren gebundenen Lichtstoff, welcher aber 
vernichtet werden kann. Daher erscheint er als — E am 
le. Der Sauerstoff der atmosphärischen Luft, indem er 
xit der Lucide verbindet, verliert seinen Wärmestoff, der 
so wenig vernichtet werden kann, daher erscheint er als 
ınd hängt sich dem Glase an. Auf ähnliche Weise erklärt 
or die Elektricitätserregung in der Säule. Die Kohle, 


374 Elektricität 


durch welche ein mächtiger galvanischer Strom hindurch geleitet 
wird and welche am + Ende und am — Ende zugleichglüht, zeige | 
gleichsam dem blofsen Auge die + Ein Gestalt des Wärmestfi, | 
und —EinGestalt desLichtstoffs. Jene im +Ende gehäuft erheite 
die Kohle bis zur Entzündung (aber das Glühen findet nach Davy 
auch beimAusschlufs allesVerbrennens derKohlein der so stak wis 
möglich verdünnten Luft im Wasserstoffgas u. s. w. statt), diese | 
am — Ende gehäuft liefere den Lichtstoff des Entzündungspbi- 
nomens, der angehäuft bekanntlich die Glühhitze bewirkt, Uebi- 
gens hängen die el. Phänomene von der vereinten Wirkung de 
Expansionsstrebens jener beiden Stoffe, welches das Ueberws- 
gende ist, und der Anziehung der ponderabelen Stoffe zu ihne 
ab. Die Anziehung äulsere sich bei den Metallen und wälsrige $È 
Flüssigkeiten nur an der Oberfläche nach Art einer Adhäsione # 
verwandtschaft, beim Glase, den übrigen Isolatoren (den L» 
ciden) bis ins Innere, durch eine Art von chemischer Verwand 
schaft, aber nur langsam, wie eine Säure nur langsam in u $F 
Wasser, das darüber gegossen wird, eindringe. Parrot ge 
steht aufrichtig, dafs wir in der Lehre des \Värmestoffs und ds 
Lichtstoffs keine Anziehung dieser beiden Imponderabilien 2 #: 
einander wahrgenommen haben, glaubt aber, diese ma F 
Schwierigkeit leicht umgehen zu können, wenn er hinzofig, 
dafs nur die Elektricitätsphänomene im Stande sind, sie uns dë- 
zustellen, weil sie allein uns diese beiden Stoffe frei von anden $ 
Stoffen, und auf einander einwirkend zeigen. Endlich sol 
im hervorbrechenden Funken beide Stoffe frei mit einander be 
vortreten, sie haben sich als Elektricitäten gebunden, aber ı 
Stoffe wechselseitig frei gemacht. 

Diese Theorie und damit auch die Wollaston’sche Ef 
rung der Erregung der E. durch Reibung hält indels eine ge $- 
nauere Prüfung nicht aus, Schon das Hauptfactum, von wi 
chem Parrot ausgeht, die Abwesenheit der el. Lichtersch* 
nung in einem vollkommen ausgekochten Barometer, verglich l 
mit den verwandten Phänomenen, liefert vielmehr einen Geger $- 
beweis. Wenn Oxydation des Quecksilbers durch den klema 
Rückstand von atmosphärischer Luft in dem nicht so volk 
men ausgekochten Barometer die Quelle der E. wäre, wie kös 
ten durch Kochen des Quecksilbers soviel möglich luftleer $ F 
machte und dann hermetisch verschlossene Röhren, in weld” 
man etwas Quecksilber zurückgelassen hat (die sogen 










Wesen derselben. 375 


awksbee’schen Quecksilberphosphore) viele Jahre hin- 
sch ihr phosphorisches Licht mit ungeschwächter Stärke ge- 
n. Ich besitze dergleichen bereits 30 Jahre, mit denen ich 
de hundert Male mehrere Minuten lang den Lichtversuch an- 
ellt habe, und noch zeigt das el. Licht seinen ursprünglichen 
mz und das Quecksilber sein unverändertes metallisches An- 
n. Auch ist es bekannt genug, dafs reines Quecksilber, 
a stark und lange man es auch in Berührung mit der atmosphä- 
ihen Luft oder auch mit Sauerstoffgase in einem Glase schüt- 
;; sich doch nicht im Geringsten oxydirt. In wie viele Fäl- \ 
‚ findet Zlektricitätserregung statt, wo auch nicht die ge- 
gste Oxydation anzunehmen ist, z. B. beim Erkalten des ge- 
inolzenen Schwefels in metallenen Gefälsen , beim starken 
ıcke der Körper an einander, bei der blolsen Veränderung 
Aggregatzustandes derselben u. s. w. Die königliche Socie- 
der Wissenschaften zu Göttingen hatte für das Jahr 1809 die 
isfrage aufgegeben: Was haben Sauerstoff, Stickgas und an- 
e Gasarten für einen Einflufs auf die Erregung der E. duroh 
ben, und wie verhalten sich andere el. Erscheinungen, wie 
I. Anziehen und Abstolsen, Funken, Strahlenbüschel in den 
züglichsten Gasarten. Es war nur eine Abhandlung einge- 
fen, in welcher ähnliche Versuche wie die Heidmann’sche 
schieben und Pınror’s Theorie wörtlich vorgetragen war. 
? Societät fand aber die Abhandlung nicht genügend, und 
chte gegen die Theorie mehrere treffende Bemerkungen. Ins- 
ondere erinnerte sie, dals bei Elektrisirmaschinen aus seide- 
‚und wollenen Zeugen, die man mit Pelzwerk reibt, seit 
len Jahren, während welcher sie gebraucht werden, keine 
änderungen in dem Reibzeuge wahrzunehmen seyen, dals 
' hier wenigstens die Oxydationstheorie nicht anwendbar sey. 
wird von derselben auch noch erinnert, dals die Oxydation 
Amalgams auch blofs ein begleitendes Phänomen seyn könne, 
lurch dasselbe wegen veränderter Beschaffenheit seiner Ober- 
he untauglich zum Reibzeuge werde. Ehe jene 'Heidmann’- 
sn Versuche zur Grundlage einer so umfassenden Theorie 
acht wurden, hätten sie billig von PArror durch Wieder- 
ang bestätigt werden sollen. Hieraus würde die Ueberzeu- 
g hervorgegangen seyn, dafs Hrınmann entweder gesehen 





1 S. Gött, Gel. Anzeigen Nr, 17. 1809. 


376 Elektricilät, 


hat, was er sehen wollte, oderirgend einen wichtigen Umstand 
übersehen hat, Was nämlich die Abnahme der el. Phänomue 
in verdünnter Luft betrifft, so berechtigte sie an sich noch nid 
zum Schlusse, dafs Mangel an Sauerstoff dieses veranlasse, d 
auch die blofse Zerstreunng der E, in einem weniger isolirenda 
Medium die Ursache davon seyn konnte. Eine ähnliche Ze. 
streuung der E. durch das kohlensaure Gas, das VVasserstoffga 
und Stickgas, als weniger isolirende Medien wie die atmosphi- .f 
rische Luft, ist dagegen freilich nicht zulässig, da aus Grott- 
uuss’s Versuchen das Verhalten des el. Funkens in den beiden 
ersteren? hervorgeht, dafs sie keine bessere Leiter, als die ge- 
wöhnliche atmosphärische Luft sind. Indessen haben wir auch 
zu diesem Auswege nicht unsere Zuflucht zu nelimen, da Hem- 
MANN'S Versuche bei der Wiederholung sich wirklich nich 
bestätigt haben. Ich beziehe mich in dieser Hinsicht af 
DessAaıenzs’s Versuche über den Einfluls des Luftdrucks af 
die Kraft der E.?. Die kleine Elektrisirmaschine, mit der a 
sowohl in verdünnter als verdichteter Luft, in verschiedene 
Gasarten und Dämpfen, diese Versuche unter einem Recipiente 
anstellte, bestand aus einem 2”,6 dicken Cylinder von Siege 
lack, der sich an einem wollenen Reibzeuge rieb., Die Stih 
der jedesmaligen Elektricitätserregung wurde durch die Grüß 
der Divergenz der Kügelchen eines Saussüre’schen Elektrometes 
nach einer gewissen Anzahl von Umdrehungen gemessen, das 
mit einer metallenen Spitze bis auf 0,5 Linie mit dem Cylinder 
nahe war, Für die gehörige Austrocknung der Gasarten wurd 
durch geglühetes ätzendes Kali, oder salzsauren Kalk gesorgt, 
Da fand sich denn, dafs sich die durch Reiben erzeugte el, Kraft 
im kohlensauren Gase, Wasserstoffgase und Stickgase, 9 
wie in der atmosphärischen Luft und im Sauerstoffgase äulsett 
und dafs sie beim Yerdünnen und Verdichten dieser Gasartes, 
dieselbe Zunahme und Abnahme an Stärke und dasselbe Ver- 
löschen erlitt. Dessaıenes glaubte einen Einfluls der jeder 
maligen el. Spannung der Atmosphäre auf die Stärke der E, u 
auf die früher oder später eintretende Abnahme bei der Ve- 
dünnung und Verdichtung, die erst einen verstärkenden Eir 
flufs äufserten, beobachtet zu haben. Dabei bemerkte er my 








1 Schweigg. III. S. 142, 
2 G. XLVII. 40.. j 


Wesen derselben. 977 


3 an Tagen starker Spannung die E. im kohlensauren Gase 
mehr Intensität, als im Sauerstoff gase, und in diesem 
als im Stickgase und Wasserstoffgase halte, . dessen unge- 

tet aber beim Verdünnen und Verdichten im kohlensauren 

we und überhaupt in den dichteren Gasarten eher als im \Vas- 
stoffgase erlosch. ‘An Tagen schwacher Spannung schien ihm 
egen die E. im Stickgase und WVassertoffgase viel stärker als 

Sauerstöffgase und besonders im kohlansauren Gase zu seyn, 

l so erklärt er sich den entgegengesetzten Erfolg des Wolla- 

»schen Versuchs im kohlensauren Gase daraus, dafs er an 

em Tage schwacher el. Spannung angestellt worden sey, wo. 

Elektricitätserregung in der atmosphärischen Luft noch ziem- 

ie Intensität habe. Da man gegen DessAaıenes’s Versuche 

wenden könnte, dals sie mit einem ganz andern el. Körper 

l Reibzeuge, wie die des Dr. Heınmaun und WoLLASTOoN 

estellt seyen, und da es mir überhaupt von dem höchten 

əresse schien, diese Sache aufs Reine zu bringen, so habe 
selbst Versuche mit einer kleinen sehr wirksamen englischen 
entschejben-Maschine angestellt, deren Scheibe 9” im Durch- 
sser hatte, und mit welcher eine Leidner Flasche verbunden 

r, ‘die sich durch Hülfe eines Lane’sehen Ausladeelektro- 

ters nach einer grolsen Anzahl von Umdrehungen nnd davon 

hängiger Stärke der Ladung von selbst entlud. Die bis zur 

[bstentladung nöthige Anzahl der Umdrehungen war hier ein 

w sicherer Malsstab für die Stärke der Elektricitätserregung. 

ı kleine Maschine befand sich mit der Flasche unter einem 

länglich grofsen Recipienten, und die Axe der Maschine 

g durch ein seitwärts in der \Vendung der Glocke angebrach- 

Loch durch eine Lederbüchse. Die Glocke wurde von der 

ıosphärischen Luft entleert und dann mit den Gasarten gefüllt. 

: Versuche wurden öfters wiederholt. Hier zeigte sich nun, 

s im kohlensauren Gase nicht mehr Umdrehungen zur Entla- 

ıg der Flasche nöthig waren, als in der atmosphärischen Luft, 

n manchen Tagen erfolgte die Entladung sogar früher, näm- .- 

ı nach 8 bis 9 Umdrehungen , da die in der atmosphärischen 

ft erst nach 12—13 Umdrehungen erfolgte. Auch im Was- 

stoffgase ging die Ladung der Flasche eben so gut vor sich. 
rselbe Fall war im Stickgase, das ich durch Schwelelleber 

. der Luft bereitet hatte. Hiermit fällt also das ganze Funda-. 
nt der Pannor’schen Theorie über den Haufen, Endlich 


+ 


378 Elektricität. 


aber ist gar nicht zu begreifen, warum Wärmematerie und Licht- 
materie in den el. Erscheinungen mit so gänzlich abweichenden 
Eigenschaften von denjenigen auftreten sollten, die sie somt 
zeigen. Eine grölsere Reinheit derselben kann doch wahrlich 
nicht der Grund davon seyn, da vielmehr alles, besonders de 
Einwirkung auf unsere verschiedenen Sinnenorgane eine grölsen 
Zusammengesetztheit der E. wie der Licht- und \Värmematerie 
anzeigt. Man kann unmöglich eine Uebereinstimmung zwischen 
dem positiven Feuerbüschel, der mit schönem purpur-violettem 
Lichte in divergirenden, von einem Stamme ausfahrenden, 
Strahlen hervorbricht, auf der Zunge einen säuerlichen Ge- 
schmack bewirkt, einen deutlichen Phosphorgeruch verbreite, 
und nur unter besondern Umständen eing Temperaturerhöhung 
bewirkt, mit reiner Wärmematerie finden. 

RunLanp 1 hat einen neuen Versuch gewagt, die Natur der 
E. weiter aufzuklären. Seine Ansicht über das Verhältnils de 
beiden Elektricitäten gegen einander steht in der Mitte zwischen 
der Franklin’schen und dualistischen Theorie. Zur Verdeuti- 
chung dieses Verhältnisses bedient er sich der Analogie da 
Lichtes. Die Elektrisirung şey ähnlich der Polarisation ds 
letzteren zu Farben. + E und —E verhalten sich gegen eina 
der wie rothes und violettes Licht, sie seyen gleichsam ve 
schiedene Spannungen, es komme an ihnen weniger ihr Gege 
satz als ihr Gemeinschaftliches in Betrachtung, doch ziehenst 
hier wie zwei Hälften einer Substanz einander an. -Esey vo 
grölserer Spannung, und so wie das Licht beim Durchgang 
durch trübe Mittel als rother Strahl mit gröfsrer Spannung her- 
vortrete, so werde die E. auch um so mehr + E, je mehr se 
Widerstand bei ihrem Heraustreten zu überwinden habe. Dod 
finde nicht blols diese qualitative Spannungsverschiedenhei . 
zwischen -} E und — E statt, vermöge welcher das -+ E auch 
bei allen gradativen Verschiedenheiten doch stets seine charak- 
teristische Verschiedenheit von dem — E behaupte, so wie 
die rothe Farbe bei den verschiedensten Abstufungen der Stärke 
gleichfalls beständig roth bleibe, sondern es setzen alle an den 
beiden Elektricitäten vergleichungsweise untersuchten Wirkungen 
es aulser Zweifel, dafs das + el. Fluidum die gröfste Masse habe, 
folglich der — el. Körper im Verhältnifs der Aufnahme zu dem-+el. 





1 System der allgemeinen Chemie, Berlin und Stettin 1819. 


Wesen derselben, 379 


e, der dagegen durch den el. Procefs ärmer daran werde. Den 
eis hiervon findetRunuaun besonders in der grölseren Kraft 
+ E zu zünden, zu schmelzen, in den Erscheinungen beim 
!hschlagen eines Kartenblatts, in dem stärkern Schlage einer 
inischen Batterie vorzugsweise an dem Gliede, welches das 
nde begiihrt (wovon ich und alle diejenigen, die schon so 
liesen Versuch mit mir anstellten, gerade das Gegentheil 
en). Mit der Wärme und dem Lichte habe das el, Flui- 
gemein, dals sie alle drei gleicherweise der Cohäsion ent- 
ngesetzt seyen. Dieses Gemeinschaftliche könne man durch 
Collectivum Phlogiston bezeichnen. Es strebe bei dieser 
'egensetzung auch umgekehrt die Cohäsionskraft ei- 
jeden Körpers dahin, dieses Phlogiston, als die ihm 
egegengesetzte Action anszutreiben, da erstere nur auf 
> Weise eine Zunahme : erhalte; dieses könne aber nur 
ıgen, wenn ein Körper mit einem andern zusammentrete, 
m welchen er sich eines Theiles seines Phlogistons zu ent- 
n im Stande sey. Da aber auch jeder andere Körper das 
reben habe, sich seines Phlogistons zu entledigen, so könne 
das Uebergewicht der 4ction des einen in Beziehung auf 
andern allein diese Dephlogistication des einen an den an-. 
ı möglich machen. Jedes el. Verhältnils zweier Körper be- 
e daher auf gegenseitiger Erregung, welche ihren Grund 
n habe, dals ein Körper den andern el. zu setzen suche, 
rend “jeder zugleich gegen die Einwirkung des andern rea- 
;„ wodurch dann beide zu einem Grade von Thätigkeit sich 
iben, welchen sie ursprünglich nicht hatten. Es folgt auch 
diesem Verhältnisse, dafs nach dem el. Processe beide Kör- 
nicht mehr sind, was sie vor demselben waren, sondern 
derjenige Körper, welcher in der Verbindung mit + E 
ritt, und der pAlogistischere ist, sich in Beziehung auf den 
| nach der Entladung depklogistisirt, dieser phlogistisirs 
Wält. Ein relatives Steigen der Cohäsionskraft von jenem. 
. ein Sinken derselben von diesem, somit Contraction auf 
r Expansion auf dieser Seite, sind nothwendige Folgen 
on. | 
Ich habe absichtlich etwas ausführlicher die Hauptideen 
ALAND’S, die sich auf die E, beziehen, mitgetheilt, um auf 
es oben angeführte Werk, das fast gar nicht beachtet wor- 
ı ist, und doch viele originelle und mitunter fruchtbare 


350 Elektricität. 


Ideen enthält, und besonders auf manche Schwierigkeiten hin- 
weist, die man in den gebräuchlichen Erklärungen ganz über- 
sieht, aufmerksam zu machen. Übrigens scheint mir Ruauam 
die Verschiedenheit der positiven und negativen E. durch Ver- 
schiedenheit derSpannung und: Masse eines und desselben Flui- 
dums eben nicht deutlicher gemacht zu haben, dep. dals hier 
nicht von einer Tension in "dem gewöhnlichen el. Sprachge- 
. brauche die Rede sey, feuchtet in die Augen. - 
Auf einem ganz andern \Vege, als den die bisher vorge- 

tragenen Theorien eingeschlagen haben, glaubte Bror ? zu einer 
befriedigenden Erklärung einiger der wichtigsten, die E. beglei- 
tenden Erscheinungen gelangt zu seyn. Da nämlich verbrenn- 
liche Körper"durch Comprimiren der Luft entzündet werden 
können (wie z. B. Schwamm in dem sogenannten pneumatischen 
Feuerzeuge) und BERTHoLTtET in seiner statique chimique ge- 
zeigt haben sollte, dafs die E. beiihrem Durchgange durch die 
Körper in ihren kleinsten Theilchen eine wahre Compression 
bewirke, so wurde er auf die Idee geführt, dals in dem el. 
Funken ein blofs mechanisches Resultat der Compressos 
wahrzunehmen sey, Denn vermöge der aufserordentlichen Ge- 
schwindigkeit, womit die E. durch die Körper gehe, deren 
Theile sie comprimire, sey es nicht anders möglich, als dal 
sie aus der Luft Licht entbinden müsse, indem es uns schon 
gelinge, dieses durch ein weit minder schnelles Comprimiren 
zu bewirken. In der Compressionspumpe müssen wir die Luft 


durch Glas einschliefsen, weil wir dem Kolben nur eine sehr ° 


beschränkte Geschwindigkeit zu geben vermögen, indels beim 


= 
nm nme. 


el. Funken die Theilchen mit einer so aufserordentlichen Ge- ` 


schwindigkeit comprimirt werden, dafs sie nie schnell genug 
ausweichen können, weshalb selbst in freier Luft die Compres- 
sion ‘sammt der Lichtentbindung oder dem Funken, der eine 
Folge derselben sey, vor sich gehen könne. Aber diese Wirkung 
sey local, und wenn Gasarten,die nicht fähig seyen, in einen andern 
Zustand durch Verbindung überzugehen, nach jeder Explosion zu 
ihren anfänglichen Dimensionen zurückkämen, wie dies der Ver- 
such mitdem Kınnärsuey’schen Luftthermometer beweise?, so 
nehmen sie bei dieser Dilatation sogleich alle Wärme wieder in 


1 Ann. de Chemie. Tom, LII. p. 324 ff, 
2 8. Elehtrometer. 


Wesen derselben, 381 


auf, die sie hergegeben hätten, so dafs in ihrer Beschaffen- 
keine bleibende Veränderung vor sich gehen könne. Die- 
Licht, welches die E, aus den Gasarten durch Compression 
ickele, müsse sie aus ihnen selbst auch in verdünntem Zu- 
le, ja wegen der ungeheuern Geschwindigkeit, die ihr ei- 
wy,. selbst aus den Dämpfen entbinden, wenn man im 
erdünnten Raum oder in der Torricelli’schen Leere operire, 
n letztere selbst in dem am vollkommensten ausgekochten 
meter noch einen, wenn auch noch so dünnen Quecksilber- 
t enthalte. Diesemnach erfolgen alle el. Lighterscheinun- 
wf eine rein mechanische Weise, und enthalten nichts ei- 
ieh el. in sich, Indels steht dieser Erklärung die Schwie- 
it entgegen, dals die el. Funken auch im Oele erscheinen, 
lie Zuleitungsdrähte einer mächtigen Volta’schen Säule, auch 
ı sie im Wasser sich berühren einen sichtbaren el. Funken 
ı, endlich das anhaltende starke Leuchten luftJeerer Röh- 
wobei doch an eine Compression durch einen schnell be- 
an Körper gar nicht zu denken ist. 

BaucnaArteLııs Versuche t, durch welche er die el. Ma- 
als eine"wahre Säure, die er el, Säure nannte, und selbst 
bindung mit Metalloxyden, zu el. - sauren Salzen darge- 
haben will, werden ihren schicklichen Ort unter dem Ar- 
Galvanismus finden, wobei ich vorläufig bemerke, dafs 
as diesen. Versuchen gezogenen Folgerungen über die Na- 
38 el. Fluidums keinen Beifall verdienen. 

Auch Rösın? hat sich in Erörterungen über die Natur der 
ricitäten eingelassen, und glaubt durch eine sehr weitläuftige 
ınstration bewiesen zu haben, dals gebundener Wärmestoff- 
esentlicher Bestandtheil der beiden E. sey, jedoch im ge- 
ren Grade der negativen E. zukomme, woraus dann folge, 
ich bei gleicher Intensität, durch den Grad der anziehen- 
nd abstofsenden Kraft gemessen, die freie — E weniger 
hnsam und weniger für das Entzünden brennbarer und 
chmelzen schmelzbarer Materien wirksam zeige, weswe- 
ie kleinere, intensivere und stärker stechende Funken gäbe, 
auch mit anderen Lichte leuchte als die freie + E, dafs 
: der gebundene \Värmestoff der beiden Elektricitäten bei 





G, VIII, 23. ` 
Kritische Prüfungen u. s. w. Cap. IX u. X,. 


982 ‚Elektricität, 


ihrer wechselseitigen Ausgleichung zu O jedesmal frei werde, 
dafs aber die Lichtmaterie keinen Bestandtheil der Elektridt- 
ten ausmache, sondern jedesmal erst, wenn die E. mit eim 
gewissen Grade von Dichtigkeit hervorbreche, die gebundes 
Lichtmaterie der umgebenden Luft oder Dünste, durch welis : 
sie hindurchströme (die auch in der Torricelli’schen Röhre x | 
ganz fehlen ) 'anziehe, und so erst leuchtend werde. 

An diese Behauptungen werden sich am besten noche- 
nige Bemerkungen über den jetzigen Standpunct der Elektrid- 
tätslehre in Betreff einer eigentlichen Theorie der el. Ersch«- 
nungen, wie die sich beim nochmaligen Rückblicke auf die new 
sten Bemühungen in dieser Hinsicht ergeben, anknüple 
lassen. 

Es scheint mir zuvörderst ganz ausgemacht zu seyn, dıb 
den el, Erscheinungen eine eigenthümliche Materie, die z 
den ätherischen Flüssigkeiten -zu rechnen ist, zum Gruss 
liege. Auf dem Standpuncte der dynamischen Physik, auf wè- 
chen OrrsTen in seiner Theorie sich befindet, würde freilich 
diese Materie in ein blofses Spiel von Kräften sich auf, 
jedoch in keinem andern Sinne, als gleichfalls jede ändere Me 
terie, Indem ich also der E. ihre Materie vindicire, soll w 
ter nichts behauptet werden, als dafs sie einen Bestand für sd 
habe, dafs sie also nicht in einer blofsen besondern Thätigkt 
der ponderablen Körper, etwa in einer eigenthümlichen zitte- fi 
den Bewegung derselben bestehe. Der Beweis hiervon lieg 
unwidersprechlich darin, dafs die Fortpflanzung dieser Thätf 
keit durch einen Raum um so leichter und ungehinderter s 
findet, jemehr er sich der vollkommenen Leere nähert. Dis 
also an einem anderweitigen Träger dieser Thätigkeit fehlt, somh 
sie ihn selbst mit sich bringen, d. h. die E. "hat eigenthinl‘ 
chen materiellen Bestand, 

Eben so ausgemacht scheint es mir zu seyn, dals es gt- 
erlei Arten von E. giebt. Alle Gründe, welche aus denir f 
scheinungen des el. Conflicts für die Annahme einer eigenthüf 
lichen Thätigkeit, und damit einer eigenthümlichen ith- 
rischen Flüssigkeit auf der einen Seite dieses Conflicts # 
geführt werden, gelten durchaus und ohne Ausnahme auch ft 
die andere Seite, jede neue Erfahrung diente nur zur Bestit- 
gung hiervon, und zugleich zum Erweise, dafs auf jeder Set 
eine specifische Thätigkeit statt findet, wovon die eine von è 







Wesen dergelben, 383 


ga bei allet Aehnlichkeit, die sie mit einander zeigen, durch 
eigenthümlichen Reactionen mit den verschiedenen Kräften 
Eigenschaften, sowohl der organischen als unorganischen 
F£ sich merklich unterscheidet. Von diesen Eigenthümlich- 
n einer jedem der beiden Thätigkeiten konnte in diesem 
el noch nicht im ganzen Umfange gehandelt werden, doch 
ahon genug davon angeführt, um jede einzelne erkennen 
innen. Es mufs hier noch ausdrücklich bemerkt werden, 
m den merkwürdigsten ‘Verschiedenheiten der Reactionen 
glich die chemischen und die Leitungsverhältnisse gehö- 
welche durch die Entdeckungen Erman’s über unipolare 
polare Leiter, und namentlich noch durch die späteren 
che über das Verhalten der Glühlampe ? für den Dualis- 
io bedeutend geworden sind, und von welchen an seinem 
säher die Rede seyn wird. Diesen specifischen Thätigkei- 
Wissen also auch nach dem ersten "Satze eigenthümliche 
sche Flüssigkeiten zum Grunge liegen, deren eine die 
annte positive, die andere die negative E. ausmacht. 
Nas nun das Verhältnils dieser beiden ätherischen Flüs- 
ten gegen die übrigen Inponderabilien betrifft, insbeson- 
regen diejenigen, von welchen die Wärme und Lichtthä- 
t abhängt, so ist es als eben so ausgemacht anzusehen, 
de mit diesen nicht identisch sind, möge man nun diese 
aedenheit mit Orrsten als eine blofse Verschiedenheit 
’irkungsform derselben Grundkräfte, oder als eine Ver- 
enheit der Materien selbst betrachten. Eben so unleuk- 
aber auch, dafs sie mit diesen Inponderabilien in einem 
:n Verkehr stehen, der jedoch bis jetzt noch nicht voll- 
ən genügend aufgeklärt werden konnte. Was zuerst die 
ung auf die Wärme betrifft, so haben noch vor den 
ischen Versuchen schon die früheren, vorzüglich von 
‚ARUM angestellten? wenigstens den negativen Werth ge- 
dafs sie für die Beseitigung irriger Ansichten ganz ent- 
:nd waren. Es folgt nämlich aus denselben unwider- 
lich, dafs keine von den beiden Elektricitäten an und für 
wch Wärme thätig ist, da auch die durch die stärkste 
ine aufs Maximum der Spannung geladenen Conductoren 





Schriften der Berl. Akad. der Wissensch. Berl. 1820. S. 351. 
Seconde continuation etc. p. 84 f. 


384 Elektricität. 











an der möglichst geringen Masse nicht die mindeste Tempen- 
tarerhöhung erzeugen, dafs dagegen die Wärme im Conflict 
der beiden Flektricitäten oder im Processe ihrer Ausgleich 
zum Vorschein kommt. Dafs zu dieser \Värmeerzeugung de 
Luft nicht wesentlich nothwendig sey, ja dafs sie vielmehr: : 
Wärmeerzeugung vermindert, indem sie vermöge ihrer C 
cität einen Theil der thätig gewordenen Wärme latent madt, 
ergab sich gleichfalls aus diesen Versuchen, indem derselbe d, 
Strom, über die Kugel eines Thermometers geleitet, in dene 
nigen Verhältnisse mehr \V ärme erzeugte, in welchem die Lat 
mehr verdünnt war. Die \Värme hat also ihren Ursprung we 
der einer mechanischen Compression der Luft, noch einem che- 
mischen von der Luft abhängigen Processe (entweder einerVe- 
bindung des Sauerstefts mit dem Stickstoffe, oder einer Oxyde 
tion der Körper, über welche der el. Strom hingeht) zu ve- 
danken. Würde die Ausgleichung der beiden Elektricitäte, 
ohne durch die Natur des Körpers, an welchem oder-um wẹ- 
chen herum sie sich befindet, modificirt zu werden, ledieid $ 
im Verhältnisse der sich ausgleichenden Quantitäten eine Ta F 
peraturerhöhung geben, so könnte man unbedingt den Satz a$ 
stellen, dafs die Elektricitäten selbst gebundenen ZYärmaif 
enthalten, der frei werde, sobald das + E seinem stärkernZe 
zum + E folge, um sich zu () zu vereinigen. Aber diesem w 
derspricht die Erfahrunz. Wärme entsteht nur in dem Ve 
hältnisse, in welchem die Elektricitäten, wenn grsfe Qua 
titäten mit einander in Conflict kommen, in ihrer Ausgleichwg 
Widerstand finden, oder in dem Verhältnisse, in welchen se 
nicht vollkommen geleitet werden. Gier bleibt also immer md f` 
der mögliche Fall, dafs eine Reaction der Elektricitäten gen F 
den relativ unvollkommenen Leiter, auf eine ähnliche Wes 
wie sonst durch Druck oder Reiben die höchsten Grade vos 
Hitze erregt werden können, die Quelle der Temperaturerhöhu 
werde. Indefs stimmen hinwiederum manche Versuche, dod 
nur unvollkommen mit einer solchen Erklärung überein w 
mentiich der oben erwähnte vas Mantyw’sche; wo es nid 
recht zu begreifen ist, wie ein von dem Ende eines kleine 
hölzernen Cylinders ansgeherder und um die Kugel des Ther 
mometers sich verbreitinder el. Strom an dieser Kugel sel 
eine Reibung hervorbringen soll. Auch mülste man annehmen 
dafs sehr dünne Tlatind:athe, die durch einen fortdauernd® }. 


Wesen derselben. . 385 


trom eines Häre’schen Calorimotors 1 in beständigem Weils- 
hen erhalten werden können, und also fortdauernd Licht 
„Wärme ausstrahlen, gleichsam ein unerschöpfliches Maga- 
von beiden wären. Es ist also allen übrigen Erklärungen 
oger , dals die-Quelle der Wärme sich in den Elektricitäten 
st finde, und dals dieselbe durch ihre Reaction auf einander 
werde. Da nun nicht jede Art der Ausgleichung oder Ver- 
lung der beiden Elektricitäten zu O Wärme erzeugt, son- 
ı nur eine mit Widerstand verbundene, so läfst sich an- 
nen, dafs in Folge der damit gegebenen starken Verdich- 
: der Elektricitäten eine wahre Zersetzung derselben statt 
>», und dals mit dieser Zersetzung ihr vorher gebundener 
‚mestoff frei werde. Es folgt daraus aber auch, dafs der 
ersetzte Antheil für die Bildung von O verloren gehe, und 
lofser Wärmestoff an und für sich noch nicht E. ist, so fragt 
, unter welcher Gestalt dann etwa jene andern Stoffe, wel- 
im engern Sinne das eigentliche Grundwesen der Elektri- 
en.bilden, zu Vorschein kommen. Hier stellt sich uns in- 
eine noch in Dunkel gehüllte Seite der E. entgegen. Dals 
ır der Wärme (und demLichte) noch etwas anderes bei die- 
wersetzung frei werde, zeigt der so höchst eigenthümliche 
auffallende PAosphorgeruch. Auch manche Erscheinungen 
a Einschlagen des Blitzes, wo durch schnelle Verdichtung 
e Massen von E. auf einmal zersetzt werden, deuten auf 
ölches Präcipitat ?. Rırrer schlug vor, sehr vielmal nach 
ıder grofse Batterieen durch einen Eisendraht sich entladen 
ıssen, und dann nachzusehen, welche Veränderung er er- 
ı haben möchte. Vielleicht würde man dann jenen eigen- 
lichen el. Stoff, den wir noch immer suchen, finden. 

Auch den Lichtstoff hat man aus denselben Gründen wie 
Wärmestoff in den Elektricitäten selbst anzunehmen. Wenn 
r, wie Rösıın weitläuftig zu beweisen sucht, durch die 
rst bei ihrem Ausbruche, weil sie dann die umgebende 
an Dichtigkeit übertreffe 3, der Luft entzogen' werden soll, 
zwar durch eine dann stärkere Anziehung, als die der Luft 
n ihn, so ist nicht abzusehen, wie er im Augenblicke der 





S. Galvanismus und Trogapparate, 

Vergl. Blitz. 
; Wie Luft und E. in Rücksicht auf Dichtigkeit einander ver 
abar seyen, ist nicht wohl begreiflich. 


Rd. Bh 


aA" 


' gesetzt wurden, das Quecksilber am — Pole nach 20 Minuten 


386 | Elektricität 


Anziehung auch wieder frei zu strahlendem Lichte wird, Auch 
steht dieser Erklärung der glänzende el. Funke bei der Berüh- 
rung der Leitungsdrähte einer starken Volta’schen Säule unter 
Wasser, Oel u. s. w. entgegen. Die Befreiung des Lichtes be- 
ruht auf einem ähnlichen Zersetzungsprocesse durch blofse Ver. . 
dichtung (wobei px Lüc’s Theorie vollkommen anwendbar ist), . 
doch entweicht das Licht noch leichter als die Wärme, daes 
mit viel gröfserer Expansivkraft als diese begabt, und daher, 
loser gebur.den ist; daher viele el. Lichterscheinungen ohne ; 
Wärmeveränderung, j 
Der Unterschied und Gegensatz der beiden Elektricitütm ; 
kann nicht blofs in dem quantitativen Verhältnisse dieser bei- 
den Inponderabilien (Wärme und Licht) liegen, da die so starke 
Anziehung jener gegen einander aus einer solchen Zusammen- 
setzung gar nicht begreiflich wäre. Wir müssen vielmehr für } 
jede derselben wie schon oben bemerkt ist, eine eögenthümliche 
Grundlage annehmen, die wir das Elektrikon im engern Sinne 
nennen wollen. Doch kann allerdings auch das verschiedess ` 
quantitative Verhältnils jener Inponderabilien mit Antheil = 
ihrem verschiedenen Verhalten haben. Bei gleicher relativer 
Quantität des — E in Beziehung auf das + E, so dafs nie wk- ` f 
kommene Neutralisation aus ihrer Verbindung resultirt, bringt 
Letzteres gröfsere Wärme hervor. Dies zeigt sich sowohl in 
gewöhnlich el. als galvanichen Versuchen. Erstere sind in die- 
ser Hinsicht weniger sicher,’ weil z. B. beim Entladen emer 
Leidner Flasche jedesmal Uebergewicht auf derjenigen Seite ist, 
von wo aus die Ladung erfolgt, und wo sich die freie Spannung 
befindet. Dagegen geben die galvanischen Versuche ein un- 
zweideutiges Resultat, weil die beiden Pole einer Säule in der 
Grölse ihrer Spannung einander vollkommen gleich sind. So 
fand z. B. CHILDERN in seinen Versuchen mit seinem galvani- 
schen Riesenapparate von 20 Plattenpaaren von Zink und Ku- 
pfer, von 6 Länge und ? 8” Breite oder von 32 Quadratfuls 
auf beiden Seiten zusammen, dafs unter ganz gleichen Umstän- 
den, als nämlich gleiche Menge von Quecksilber in zwei Schae 
len von gebranntem Thon mit den beiden Polen der Säule und 
unter sich durch Platindrähte von solcher Dicke und Länge, 
dafs der el. Strom sie stets rothglühend erhielt, in Verbindung 





Wesen derselben. | 37 


‘11%, -am -+ Pole dagegen auf 121° F, stieg $, und wenn 
a eine mächtige Volta’sche Säule durch einen Kohlenstiftvon _ 
m2— 3° Länge und 1” Dicke entladet, so fängt dieser 
tan beiden Enden an zu glühen, jedoch am -+ Ende etwas 
her. Vonıdiesem geringeren Verhältnisse des gebundenen 
irmestoffs in der negativen E. mag es auch herrühren, dafs 
gleicher Intensität die Funken aus dem negativen Conduc- 
stets kürzer sind, als aus dem positiven, und die negativen 
werbüschel sich viel weniger als die positiven ausbreiten. Ei- 
e Versuche scheinen darauf hinzudeuten, dafs der in beiden 
ktricitäten gebundene Lichtstoff nicht von gleichartiger Be- 
ıffenheit ist, sondern in demselben eine Art von ı polarischem 
rensatze wie im Sonnenspectrum statt finde. 

Wenn man auf den el. Funken genau achtet, so kann man 
ehr vielen Fällen die beiden Hälften, aus denen er besteht, 
jn an der Farbe von einander unterscheiden, besonders 
ın die Funken nicht zu kurz sind, sondern die Auffangku- 
beinahe die gröfste Entfernung hat, bei welcher noch Fün- 
überschlagen ; die positive Hälfte erscheint dann stets mehr 
purfarben, und die negative Hälfte blau, auch ist der weit 
zebreitete positive Feuerbüschel mehr von der erstern, der 
ze negative Feuerbüschel mehr von der letzteren Farbe. Es 
kt aber gerade auch die positive E. gleich dem rothen Lichte 
ıroxydirend underwärmend, und die negative E. gleich.dem 
wen Lichte vielmehr desoxydirend und weniger erwärmend. 
indessen die Farbe. des el. Funkens noch durch manche an» 
» Umstände, insbesondere durch die Natur des Mediums, 
sh welches er hindurch schlägt, bestimmt wird ?, so ist 
e auf einem Farbengegensatze in den beiden Elektricitäten 
ründete Anzeige zweideutig. 

Was endlich die Erregungsart der E. durch Reiben betrifft, 
che hier vorzüglich in Betrachtung kommt, so scheint we- 
tens soviel ganz ausgemacht, dals sie von einem chemischen 
sesse, namentlich von einer Oxydation eines der beiden 
‚inander geriebenen Körper durch die umgebende Luft ganz 
bhängig ist, in welcher Hinsicht ich auf die obige Prüfung 
Parrot’schen Oxydationstheorie verweise. Uebrigens ist der 





1 G. XXII. 353, 
2 S. Funhen, elektrischer. 
Bb2 


388 Elektrieität. 


Vorgang hierbei noch in ein tiefes Dunkel gehüllt, dessen Zer- 
streuung weiteren Untersuchungen überlassen bleiben muls. 
Dafs man solche Dunkelheiten durch blofs Worte, die im Grunde 
nichts mehr enthalten als die nackte Erscheinung, nicht aufm- 
hellen vermöge, bedarf nicht erinnert zu werden. Dieses git 
z. B. von dem „Resultate aller Resultate,“ welches Jos. Wese 
aus seinen vielfachen Reilungsversuchen mit seidenen Bänden 
gezogen hatt, wonach die E. nichts weniger als materiell, sow 
dern die allgemeine Kraft in Form der Fläche sich manifestirend, 
und zwar das 0 E. die Synthese von Expansion und Contraco- 
tion oder indifferent, das + E die dynamische Flächenknl 
von positivem Charakter — Expansion, das — E die dynamische 
Flächenkraft von negativem Charakter = Contraction seyr 
soll, und der ganze Reibungs- Procefs darin bestehe, dafs sich 
die indifferente Flächenkraft differenziire!! Ohngefähr von 
derselben Art sind die sogenannten naturphilosophischen Cor- 
structionen der E., welche Jos. Weser zum Vorbilde gedient 
haben, wie z. B. von Oxex ?, wo Elektrismus eine Flächer- 
function obne alle Linie genannt wird, welche nur die Spar 
nung der Oberflächen der Körper gegen einander sey. Wei 
hin wird aber derselbe Elektrismus auch Spannung der Lf 
‘ mit den einfachen Elementen, und also auch Spannung de 
Luftprincipien selbst genannt, ferner Duplicität geheftet an de 
beiden Luftprincipien Licht und Aetherspannung, erscheinen 
unter zwei Formen als Zichtstoff - und als Schwerestoff- elek 
trismus, ersterer das + E, das energischere, in sich selb 
active, der Lichtelektrismus dargestellt im Sauerstoffe. Weni- # 
ger willkürlich und sich genauer an die Erscheinungen anschlie- 
[send ist die gleichfalls aus gewissen höheren Principien eine 
a priorischen Physik abgeleitete Construction der Phänomen 
der E. von Dr. BARTELS 3, doeh ohne dafs auch durch dies 
Darstellung die wahren Dunkelheiten in dieser Lehre weite 
aufgeklärt worden wären. Eine weitere Darstellung solche 





1 Das Wesen der E, u. s, w. Sulzbach 1819. 

2 Lehrbuch der Naturphilosophie I, 112. 

3 Anfangsgründe der Naturwissenschaft, 1stes Bänd., Leif: 
1821. S. 227 IF, 





Wesen derselben. 389 


erphysischer Theorien liegt aufser dem Plane eines physi- 
chen Wörterbuchs 1. P. 


] 





I‘. Zur Literatur über die Elektricitätslehre mögen aus der gro- 
Menge von Schriften, worin dieselbe im Ganzen abgehandelt 
aur diejenigen hier erwähnt werden, die auf irgend eiue Weise 
he machten, undauchin unsern Tagen noch einiges Interesse haben. 
‚6, Krünırz. Verzeichnifs der vornelimsten Schriften von der 
rd den el. Curen. Halle 1769. 8. Jos. Priestuer. Geschichte und 
iwärtiger Zustand nebst eigenthümlichen Versuchen, übersetzt 
. G. Krünitz 1772. gr. 4. K. G. Künw. Geschiehte der medici- 
en und physikalischen E. und der neuesten Versuche in dieser 
chen Wissenschaft. Leipz. 1783. 1785. 2 Thle. 8. K. G. Künn. 
euesten Entdeckungen in der physikalischen und medicinischen 
eine Fortsetzung der Geschichteu, s. w. iter Thl. Leipz. 17%. 
tr Thl. Leipz. 1797. Lettres sur l’electricit@ par Mr. l’abbe Noz- 
Paris 1753. 8. J. Alb. Eurer disquisitio de causa physica ele- 
atis ab acad. scient. petropol. praemio ornata Petrop. et Lips. 
B. Faunxuin’s Briefe von der E, aus dem Engl. übers. mit An- 
mgen von Wilke, Leipz. 1758. 8. F, U. Tr. Arrınus tentamen 
ae Electricitatis et Magnetismi. Petrop. (1759) 1787. 4. Tis. 
Lo vollständige Abhandlung der theoretischen und praktischen. 
von der E, aŭs dem Engl. übers. von J. S. T. Gehler 1777. 
ıg. von Baumann. Leipze 1797. 2. Bd. 8. J. Incexnouss. An- 
wünde der E. aus dem Engl, von Molitor Wien. 1781. 8. J.A. 
war. Lehre von der E. theoretisch und praktisch äuseinander 
t Erfurt 1784. 2 Thl. 8. Apax’s Versuch über die E. aus dem 
Leipz. 1785. 8. Joms Gurnsentson’s Abhandlung von der E. 
em Holländischen. Leipz. 1786. 8. Manrısus van Marum. Be- 
bung einer ungemein grolsen Elektrisirmaschine und der damit 
yler’schen Museum zu Haarlem angestellten Versuche. Aus dem 
Leipz. 1786. 4. Erste Fortsetzung aus dem Holl. Leipz. 1788- 
reite Fortsetzung. Leipz. 1798. 4. Lorp Mamon. Grundsätze 
aus dem Engl. mit Anm. von Seeger. Leipz. 1789. 8. Licn- 
cs Zusätze zu Erzlebens Anfangsgründen der Naturlehre. Sechste 
e. Gött. 1794. 8. Jon. Ant. Heınmans, Vollständige auf Versu- 
ıd Vernunftschlüsse gegründete Theorie der E. zwei Bände 
1799. 8. Hauv’s Darstellung der Theorie der E. und des Ma- 
nus. Aus dem franz. übers, von D. .Karl Murhard. Altenburg, 
3. J. W. Ritter das el. System der Körper, Leipz., 1805. 8. 
LLE. Beiträge zur Erweiterung und Vervollkommung der Elek- 
slehre.. Salzburg. 1816. 8. 2 Bde. G. J. Sıscer. Elemente 
und Elektrochemie. Aus dem Engl. von C. H. Müller. Berlin 
Cur. L, Rösııs Kritische Prüfung und Berichtigung der bishe- 
Elektricitätslehre. Ulm 1823. 8. Sammlung elektrischer Spiel- 
für jange Elektriker. 9te Auflage mit 9 Kupfern. gr. 8. Nürn- 
1803. 


300 Elektricität, medicinische. 





„` Elektricität, medicinische, 
Electricitas medica; Electricité medicale; Medical 
Electricity. Unter diesem Namen werden die Anwendu- 
gen der E. in der Medicin als Heilmittel gegen verschiede 
Krankheiten, und als Widerbelebungsmittel im Scheintode be- 
griffen. 
So wie die Wirkungen der E. durch Erfindung der Elek- 
trisirmaschine, noch mehr aber durch die der Kleist’schn. 
Flasche vorzüglich auf den menschlichen Körper in einem y 
hohen Grade verstärktworden waren, konnte der Gedanke nich 
lange ferne bleiben, die E. auch als Heilmittel in Krankheiten 
anzuwenden. Einige auffallende Curen bedeutender Krank- 
heiten brachten dieses Mittel erst in sehr grofsen Ruf; dade 
zu hochgespannten Hoffnungen indefs nicht immer erfüllt war 
den, und bei der damals noch unvollkommenen Theorie and 
. Milsgriffe unvermeidlich waren, kam das erst so hoch gepi 
sene Mittel wieder in Mifscredit. Erst nach Irrthümern ud 
Uebertreibungen kam man allmälig zur richtigen Würdigug 
desselben, und da in spätern Jahren bei dem steigenden Inte 
esse an der E, sowohl Physiker als Aerzte sich häufig mitit 
Anwendung dieses Mittels in Krankheiten beschäftigten, so b 
ben wir dadurch einen reichen Vorrath von Erfahrungen ge 
wonnen, aus welchem sich jetzt mit hinlänglicher Sicherht 
allgemeine Resultate über die Wirkungsart und die Heilkrift 
der E. so wie Vorschriften für ihre Anwendung ableiten lassen. 
Wir schränken uns hier nur auf das \Vesentlichste ein, soweit 
die eigentliche Physik hierbei eine Stimme hat und zur Av- 
klärung und Leitung des Arztes beitragen kann, da das genauer 
Detail vorzüglich über die glückliche Anwendung derE. in ve- 
schiedenen Krankheiten mehr in die Arzneikunde gehört. 


I. Das Historische.‘ 


KrATZERSTEIN wird als der erste angeführt, der im Ja 
1744 zu Halle die Lähmung eines Fingers durch E. gehobr 
hat. Im Jahre 1748 heilte JaLLABERT zu Genf eine durch ds 
Schlag eines Hammers entstandene Lähmung des Arms dè 
Elektrisiren mit Funken und Erschütterungen, worauf Sir 
vAszs zu Montpellier diese Curen vervielfältigte und beris 
machte. Die unschickliche Wahl der Behandlung verund” 


Geschichte derselben. 391 


' gerade in dieser ersten Periode, dafs die Proben nicht stets 
usfielen, als man wünschte, unstreitig darum, weil man die 
‘ken durch allzustarke Schläge aufs heftigste angriff und 
mifshandelte.e Daher wurden die Meinungen sehr getheilt 
häufige Streitschriften gewechselt. Dr. Hartt und FrANK- 


® führen Fälle an, wo die E. nicht geholfen, vielmehr wohl | 


geschadet haben soll, aber FrANxLIN verfehlte die erst 
r in ihrem ganzen Umfange erprobte gelindere Anwen- 
sart der E. Lower ? schlug zuerst diese gelindere Behand- 
durch einfaches Elektrisiren auf dem Isolirgestelle, Funken 
höchstens schwache Erschütterungen vor, und verrichtete 
hesem Wege so wie der berühmte WesLEY eine grolse 
re glücklicher Curen. - Auch pe Harn # erklärte sich sehr 
en medicinischen Gebrauch der E., wovon Ferguson 5 und 
rMANN 9, in ihren damals erschienenen Schriften viele vor- 
ıafte Beispiele anführen. Von dieser Zeit an ist der Ge- 
ih der E. in Krankheiten vorzüglich durch die englischen 
'eempor gekommen, namentlich durch Parrınerton 7, dem 
nsbesondere die Einführung der sogenannten Direcioren ver- 
‘, Forsercıun 8 Bırcn ® u. a. CaAavarıo erwarb sich 
wsonderes Verdienst durch eine diesem Gegenstande ei- 
s gewidmete Schrift 10. Doch auch die deutschen und hol- 
schen Physiker und Aerzte blieben nicht zurück, unter 


hen vorzüglich genannt zu werden verdienen: Kuus it, 





Philos. Transact. XLVIII. P. II. p. 786. 

Philos, Transact. Vol, L. P. 1I. p. 481. 

Electricity rendered useful. Lendon 1760. 8. 

Ratio medendi Vol, I. p. 234. n 

Introd. to electricity. London 1770. 8. Sect. 8. 

Die angewandte E. bei Krankheiten des menschlichen Kör 

Hannover 1770. 8. 

Cavallo’s vollst. Abhandl. der E. Bd. U. Leipz. 1797, S. 57 f. 

Philos. Transact. Vol. LXIX., 

Considerations on the efficacy of electricity in removing fe- 
obstructions etc. übers. in der Sammlung auserlesener Abhandl. 
ebrauche praktischer Aerzte. V. St. 4. N. 1. 

) Essay on the theory and practice of medical electricity 
m 1780. 

L Geschichte der medicinischen und physikalischen E, und der 
ten Versuche, die in dieser nützlichen Wissenschaft gemacht 
m sind. Leipz, 1785. 2 Thle. 


392 Elektricität, medicinische 


r 


Böckmann 1, WILH. vAN BARNEVELD 2, vAN TROOSTWICK, 
Kaavenuorr 3 und Demans # Trotz der vielen günstigen, 
Erfahrungen, welche diese verschiedenen Schriften enthalten, 


wird indels die E. in der jetzigen medicinischen Praxis doc . 


nur selten angewandt, weil die Mittel dazu zu umständlich 
und wohl auch zu kostbar sind, und in neuern Zeiten ist sie 


vollends durch die Anwendung des Galvanismus verdrängt 


worden. 


“Lu. ı 


I. Verschiedene Anwendungsarten der } 
E. in Krankheiten und dabei gebräuck-, 


liche Werkzeuge. 
Man kann die E. zur Heilung der Krankheiten in sehr 


verschiedenen Graden anwenden, welche nach der besonder | 


Form, in welcher die E. hierbei wirkt, auf fünf Hauptabstu- 4 


fungen zurückgebracht werden können, nämlich 1. das el. Bad.; d 
9. das unmerkliche el. Durchströmen. .3 der el. Hauch ode 3 
das el. Ausströmen; 4. die Funken; 5. die’ el. Schläge oder . i 


die verstärkte E. Jede dieser 5 Hauptarten läfst wieder in Ric- 
sicht auf die Stärke ihrer- Einwirkung mannigfaltige Modiila- » 
tionen zu. 

1. Das el. Bad. Hierbei wird der Körper des Kranken 
gleichsam mit E. angefüllt, indem man denselben isolirt, und mit 
demLeiter der Elektrisirmaschine in unmittelbare Verbindung setzt. 


Zu dieser so wie zu einigen dernachfolgendenAnwendungenistein . 
gut eingerichtetes /solatorium erforderlich, Dieses wird am , 
besten aus einem hinlänglich grofsen und starken Brette von gut ; 


ausgetrocknetem Holze, um nöthigenfalls einen Stuhl darauf 
setzen zu können, verfertigt, das an den Ecken abgerundet, 
gut lackirt ist, und auf vier starken, einen guten halben Fuß : 
langen, wohl überfirnifsten, massiven Glassäulen ruht. Böck- 


MANN hat für gewisse Fälle ein el. Bette vorgeschlagen, wo- 





1 Ueber die Anwendung der E. bei Krankheiten. Durlach 1787. 
2 Medicinische E. Aus dem Holländischen. Leipz. 1787. & 
3 De application de l’electricit à la médecine 1788. 4. 

4 Von den guten Wirkungen der E. in verschiedenen Krankher- 


‚ten. Aus dem Holländischen. Mit Anmerkungen und Zusätzen vos 
Kühn, Kopenhagen 1793. 2 Bde. 


Anwendungsarten, 393. 


‚das Wesentliche in Folgendem besteht. Das Betigestell 
Ì von einem sehr trockenen, mit Firnils überzogenen, oder 
h besser von einem im Backofen gedörrten und mit Oel ge- - 
kten Holze gemacht, und von 6—8 gläsernen mit Siegellack 
tzogenen Fülsen getragen. Die Bettstücke bestehen aus 
is 2 Haar-Matratzen, :1 oder 2ähnlich gefüllten Kissen und 
m leichten Decke. Die übrigen Apparate, die zu diesem 
æ gehören, beziehen sich auf die zweckmälsige Zuleitung 
. Einwirkung der E. auf den Kranken und die einzelnen 
ile desselben, von denen im Fortgange die Rede seyn wird. 
schen dem Kranken, der sich auf dem Isolatorium oder in 
ı isolirten Bette befindet, und dem Conductor der Maschine 
1 eine Verbindung durch eine Kette gemacht, an welcher 
Spitzen und scharfe Ecken, um das Ausströmen zu verhü- 
, so viel möglich zu vermeiden, und deren Gelenke von 
as dickerem Metalldrahte zu verfertigen sind. CAvarıo 
fehlt zu eben diesem Zwecke sehr passend die leitende Ver- 
lung aus Gold-, Silber- oder Kupferfäden zu machen, der- 
chen man zu den Tressen gebraucht, und welche aus dün- 
Metallblättchen bestehen, die um einen seidenen oder lei- 
en Faden gewunden sind. Um einige solcher Metallfäden 
kelt man ein seidenes Bändchen dicht herum, und näht es 
ammen, so dafs nur an jedem Ende ein kleines Stück der 
tallfäden unbedeckt bleibt, von welchem das eine an dem 
en Leiter, das andere an einem Theil des Kranken, der zu 
‚em Behuf eine Hülle von Flanell mit Rauschgold oder unäch- 
Goldschaum gefüttert und mit einem Oehre versehen, be- 
kt seyn kann. In andern Fällen kann man die E, auch mit 
ern Instrumenten unmittelbar auf den Kranken einwirken 
en. Die Verbindungskette wird der Zuleiter genannt. 
ı der Anwendung des el. Bades ist wohl am wenigsten zu 
arten, da die E. überhaupt nur in ihrem freien Durchströ- 
ı sichtbare Wirkungen auf den menschlichen Körper hervor- 
igt, und da schon oben? angeführte Versuche bewiesen ha~- 
:. dafs die Beschleunigung des Pulses und Vermehrung der 
- und Aussonderungen, insbesondere der unmerklichen Aus- 
ıstung, welche man dieser Anhäufung der E. im menschli- 
n Körper, an dessen. Oberfläche sie indels nur verdichtet ist, . 





1 Vergl. Elektricisät. ° 


394 Elektricität, medicinische, . 


zugeschrieben hat, in der Erfahrung der Regel nach nicht ge- 
gründet sind. Da indels gewisse Personen für die E. sehr em- 
pfindlich sind, und doch immerfort ein Abfluls der zum Kran- 
ken geleiteten E. durch die Haare und durch die unmerkliche 
Ausdünstung geschieht, der bei einem reichlichen Zuflusse von 
einer sehr wirksamen Maschine aus in Betracht kommen kann, 
so lälst sich der Nutzen, welchen das el. Bad in einzelnen Fil- 
len geleistet hat, nicht durchaus bezweifeln. 

2. Das mehr unmerkliche Durchströmen der 
E. durch den Körper. Die Bedingung zu demselben ist, 
dafs die E, durch einen ununterbrochenen Leiter, von dem Con- 
ductor aus, welchem die E, von der Elektrisirmaschine zuge- 


. führt wird, nach dem Erdboden oder dem entgegengesetzten ' 


Conductor abgeleitet werde, und der Theil des menschlichen 
Körpers, auf welchen dieser ununterbrochene Strom wirken 
soll, einen Theil dieser Leitung bilde. Wenn man irgend einen 
Theil zwischen zwei Zuleiter einschliefst, wovon der eine mit 
dem positiven Conductor, der andere mit dem isolirten Reib- 
zeuge verbunden ist, so geht gleichsam ein doppelter el. Strom 
durch denselben, der negative von dem Reibzeuge, der positive 
von dem Conductor her, und diese Anwendungsart des soge- 
nannten unmerklichen el. Stromes ist unstreitig die wirksamere, 
wenn gleich auch bei einer blols einseitigen Verbindung des zu 
elektrisirenden Theils mit dem einen oder andern Conductor 
und der Ableitung von der andern Seite nach dem Erdboden in 


gewissem Sinne ein doppelter Strom statt findet, der nur von _ 


der 0 Seite her immer schwächer ist, als von derjenigen Seite 
aus, von welcher der Strom durch die freie E. eingeleitet wird. 
Wenn gleich dieser unmerkliche el. Strom, selbst von der stärk- 
sten Elektrisirmaschine ausgehend, keine Empfindung oder son- 
stige unmittelbar bemerkliche Veränderung in dem durchström- 
ten Theile hervorbringt, so ist demselben doch nicht alle Wirk- 
samkeit abzusprechen, da namentlich die Erfahrung einen be- 
merklichen Einflufs auf die Beförderung der monatlichen Reini- 
gung bewiesen hat, wenn dieser Strom quer durch das weibliche 
Becken geleitet worden ist, indem man einerseits den positiven 
‘ Zuleiter in die Gegend der Lendenwirbel in ein Häkchen ar 


den Kleidungsstücken, oder noch besser, in einem die Haut un | 


mittelbar bedeckenden, mit unächtem Golde gefütterten Flanell 
einhängte, während der negative Zuleiter in den Schools der 


” mma. daa Win. ARD (ana -na 





' Anwendungsarten. 395 


„Tem: 


‚üizenden Kranken gelegt wurde. Es gilt übrigens für die An- 
' vendungsart dieses doppelten el. Stromes alles dasjenige, was 
moch unter dem Artikel Galvanismus und Yolta’sche Säule 
über die Anwendung des Stromes dieser letztern vorkommen 
hpird, mit dem er im Wesentlichen übereinstimmt, dem er je- 
doch an Intensität weit nachsteht. 
= ő. Der el. Hauch oder. Wind, oder das el. 
Ausströmen. Dies ist eine vorzüglich wirksame Methode des 
Blektrisirens in Krankheiten, die vorzüglich. der Engländer- 
Paarıxoron eingeführt hat, welche oft allein zur Heilung hin- 
ticht, und mit welcher man in sehr vielen Fällen am besten 
&en Anfang macht, Sie besteht wesentlich darin, dafs man den 
ms Spitzen, nach Beschaffenheit dieser letzteren, mit verschie- 
er Stärke ausströmenden el. Feuerbüschel auf den kranken 
Theil wirken lälst. Zunächst bringt er zwar die Empfindung 
lines sanften Windes. oder Hauches hervor, aber länger auf 
behr empfindliche Theile z. B. die Augen einwirkend , erregt er 
tuletzt das Gefühl einer leichten Wärme, und vermehrt die 
Absonderung der Thränen, Man bedient sich eigener soge- 
annter Directoren, welche aus geraden oder am Ende 
gebogenen messingenen Stäben bestehen, die durch gut über- 
kmilste Handgriffe in Glas isolirt, mit einem Haken versehen 
sind, um den Zuleiter bequem einhängen zu können, und auf 
deren Enden zugespitzte Kegel theils von Metall, theils von 
Holz sich aufschrauben lassen. Metallene in eine feine Spitze 
auslaufende Kegel geben den mildesten Strom, einen stärkeren 
etwas abgestumpfte, den stärksten aber Kegel von nicht zu 
trockenem Holze, am besten Buchsbaumholze, die man von 
einer Länge von 1 bis 1,5 Zoll mehr oder weniger spitz auslau- 
fend nimmt, und deren Strom aus einer grofsen Anzahl unge- 
mein kleiner Funken besteht, die sehr'bald in dem Theile, auf 
welchen sie wirken, Wärme erzeugen. Man kann auch diesen 
Strom auf den Kranken wirken lassen, indem man ihn auf dem 
lolatorium mit dem isolirten Leiter in Verbindung setzt, und 
-die Spitze, die dann selbst mit dem Erdboden leitend verbun- 
den seyn muls, dem zu elektrisirenden Theile nähert. Da man 
diese el. Ausströmung am häufigsten auf die Augen anwendet, 
b ist es zweckmälsig, den Kegel in einer weiten Glasröhre zu a 
befestigen, und zwar so, dafs sein hinteres abgestumpftes Ende 
&s der Glasröhre hervorragt, das bei der zweiten Art der An- 


396 Elektricität, medicinische. 


wendung zum Handgriffe dient, das vordere zugespitzte Ende 
hingegen einige Linien tief in der Röhre zurücksteht, um jede 
Verletzung des Auges durch die Spitze zu vermeiden. Inden 
man die hölzerne Spitze mit angemessenen Flüssigkeiten z.B, 
mit Kamphergeist, Rosmarninöl, Kajaputöl u. s. w. befeuchte, 
oder bei Anwendung eines Mletallconus an ihrem zugespitztn 
Ende ein mit diesen Flüssigkeiten getränktes Schwammstückchn 
befestigt, so kann man sehr bequem jene in Dunst sich verwar- 
deinden Flüssigkeiten auf eine gelinde Art auf das Auge em- 
wirken lassen. | 
Um den el. Strom tief in das Innere des Gehörganges m 
‚ bringen, bedient man sich einer Glasröhre von der Dide 
Fig. eines Pfeifenstiels, welche hinlänglich stark in ihren War- 
dungen ist, damit sie nicht leicht zerbrochen werden könne, 
3 bis 4” lang, in ihrem Innern einen dünnen Messing- 
draht _ enthaltend, welcher von dem einen Ende kam 
aus der Oeflnung der Glasrühre hervorragt. Um ihn in dieser 
Lage zu erhalten, schmelzt man die Glasröühre an diesem Ende 
um ihn her zu. Dadurch wird dieser Theil, welcher bestimmt 
ist, in den Gehörgang gebracht zu werden, kuglich und abge- 
rundet, das entgegengesetzte Ende des Messingdrahtes sek 
aus der Glasröhre hervor und ist hakenförmig umgebogen, ua 
den Zuleiter einhängen zu können. 

4. Einfache Funken. Man kann sie entwede 
aus dem Theile des auf dem Isolatorium befindlichen, und mit 
dem Conductor leitend verbundenen Kranken ausziehen, ode | 
dem’ nicht isolirten Kranken vermittelst des am isolirten Hand- 
griffe gehaltenen, und durch den Zuleiter mit dem Conductor , 
der Maschine verbundenen, Directors zuführen, an dessen 
Messingdraht vorn statt des zugespitzten Conus eine Kugel aut- 
geschraubt ist. Kleine, aber sehr stechende, empfindliche Fur 
ken giebt eine auf den Director aufgeschraubte Kugel von har- 
tem Holze. Führt man über den mit Flanell oder Baumwolle 
bedeckten, zu elektrisirenden Theil den Funkenzieher mit sei- $ 
ner Kugel unmittelbar hin und her, so bekommt dieser Theil 
eine Menge kleiner Funken, welche sehr bald Röthe der Hast 
und vermehrte Wärme hervorbringen. Um die Funken zu ver ' 
stärken, kann man die Haut mit Oel einreiben; sie werden 
dann viel lebhafter empfunden und eine viel stärkere Röthe 
hervorbringen, als dieselben Funken an andern Stellen. Der 


A en a a nn 





Anwendungsarien. 397 


türkere Widerstand des nicht leitenden Oels verursacht bei 
lerselben Entfernung ‘des Funkenziehers die Nothwendigkeit 
iner grölseren Anhäufung der E. im Conductor. 

Sollen sehr empfindliche Theile z. B. die Zunge, die Au- 
en, das innere Ohr die Wirkung der Funken empfinden, so 
edient man sich im Anfange sehr kleiner Kugeln, oder auch 
ur abgerundeter Drähte. Aus den geschlossenen Augenliedern 
immt man kleine Funken, und zugleich dann und wann aus 
em obern und untern Rande der Augenhöhle, um den Ober- 
nd Unter-Orbitalnerven zu treffen. Doch kann man auch aus 
em Augapfel unmittelbar Funken zu ziehen veranlalst seyn. 
Im Funken in das Innere des Gehörorgans zu leiten, bringt Fig. 
aan den oben beschriebenen Draht in den Gehörgang. so tief 36. 
rie möglich, isolirt den Kranken, und zieht aus dem zum 
Haken umgebogenen Ende des Messingdrahtes den Funken aus. 
BeiGehörkrankheiten kann man auch stärkere Funken aus dem 
ützenförmigen Fortsatze ausziehen © v. - 

5. Elektrische Schläge. Den stärksten Grad der Elek- 
Bsirung gewähren endlich die el. Schläge oder Erschütterungen. 
ar Anwendung derselben bedient man sich am besten einer 
“dungsflasche mit dem Lane’schen Ausladeelektrometer, durch 
ls man dieselbe von den schwächsten Graden an bis zu jedem 
üürkeren sicher reguliren kann. Um die Schläge durch einen 
eliebigen Theil des Körpers zu leiten, bringt man diesen Theil 
n den Entladungskreis, indem man denselben zwischen zwei 
aleiter bringt, wovon der eine in den Ring der isolirten Me- 
lstange gehängt wird, welche mit ihrer Kugel der Kugel des 
aleitungsdrahtes zur innern Belegung der Flasche gegenüber- 
eht, und der andere mit der äulsern Belegung ver bunden ist. 
k Beispiel diene -die Art, wie z. B. eine el. Erschütterung 
f diese Weise durch den vordern Theil des Armes hindurch- 
leitet wird. GH ist die Ladungsflasche, B die Kugel des Pig. 
leitungsdrahtes zur innern Belegung C E D F das Lane’sche 
isladeelektrometer, dessen isolirte "Metallstange mit ihrer Kugel 
einer bestimmten Entfernung der Kugel B gegenüber ist, von 
cher Entfernung die Stärke des Schlages abhängt, die beiden 
leitungsdrähte der positiven E. (wenn nämlich die Flasche im 
tern mit positiver E. geladen ist) und der negative I sind mit 





1 S. Elektrometer. ` _ 


308 Elektricität, medicini 


den Metalldrähten der Directoren KL un: 
die vorzüglich geschickt sind, den Schlag d 
gen Theil zu führen, indem sie auf die End: 
werden. In dem gegebenen Falle geht der 
Arm abwärts. Bei entgegengesetzter Verbi 
würde er die umgekehrte Richtung nehme: 
Kugel der Metallstange des Ausladeelektrom: 
nie oder selbst noch näher der Kugel der in: 
genüber, so kann man bei einer Flasche vc 
Quadratschuh Belegung auf der einen Seite n 
Schlägen den Anfang machen, und allmälig 
Ausziehen der Stange bis zur Entfernung vr 
darüber steigen. Hat man kein Ausladeelel, 
man auch mit den blofsen Directoren, wie l: 


ausreichen, wobei die Stärke der Ladung, . 


selben Sicherheit, nach der Zahl der Umdre! 
oder des Cylinders der Elektrisirmaschine b 
der Durchleitung des ‘el. Schlages ist es of 
den zu elektrisirenden Theil eine mit ein 
hängen des Zuleiters versehene Bleiplatte an 
Schlag nicht zu heftig auf einen einzelnen 
eigenthümliche Modification der Entladur 
wenn eine nasse Schnur einen Theil des I 
der inneren Belegung aus bildet, wodur: 
malsen mehr successiv gemacht wird. Zı 
terungen in krankhaften Alfectionen ist e; 
stens einem Quadratfuls Belegung auf dı 
men hinreichend, wozu man sich eines } 
stens 32 Unzen hält, und das innen un: 
Zoll vom oberen Rande abwärts mit Stan 
kann. 

‚ Wenn man die Zuleiter auch n 
Theil, durch welchen man el. Sch 
anbringen kann, so muls man solch- 
demselben am nächsten und so gele: 
in dem Zwischenraume zwischen den 
findet, auf welchen die E. einwirken 
hierbei auf die Lage und Richtung de 
den zu elektrisirenden Theil verbrei 


Wirkuugsart derselben | 399 













DL Wirkungsart der E. im Allgemeinen 
i auf den menschlichen Körper. 


"Die E, in ihrem Durchgange durch reizempfängliche Theile 
jeweist sich im Allgemeinen als ein mächtig eindringendes 
uzmistel für die Nerven, durch welche sie ihre Wirkung auf 
Me Theile ausdehnt, die ihr Leben hauptsächlich der Nerven- 
tigkeit verdanken; vorzüglich kräftig ist die Einwirkung die- 

ps Reizmittels auf die Muskeln. Schon blofse Funken, noch 
el. Erschütterungsschläge bringen unwillkürliche Zuckun- 
in den unterhalb der Stellen, auf welche die E. unmittel- 
einwirkt, gelegenen Muskeln hervor, die nicht immer durch 
Empfindung vermittelt werden, denn selbst in gelähmten, 
Empfindung beraubten, in ihrer thierischen Wärme herab- 
enen und geschwundenen Gliedmalsen erregt sie noch 
bemerkbare: Zuckungen, die nur in den seltensten 
en! fehlen. Durch diesen Nervenreiz wirkt aber die E. 
cht blols auf die eigentlichen Muskeln, sondern auch auf 
Gefälssystem, erhöht die Thätigkeit desselben, befördert 
den Zufluls der Säfte und die Fortbewegung derselben, 
iad beschleunigt in Folge dieser erhöhten Thätigkeit auch die 
‚aimalisch chemischen Processe, womit Wärmeerhöhung gege- 
Ben st. Es versteht sich von selbst, dafs die E. durch ihren 
Jeäftigen Einflufs auch die Thätigkeit der eigentlichen Empfin- 
ngsnerven erhöht, und durch den Schmerz, den sie verur- 
feucht, noch einen accessorischen Reiz hinzufügt. Da die Er- 
er; und Wiederherstellung der Lebenskraft wesentlich 
der Lebensthätigkeit der Theile selbst und insbesondere des 
efälssystems beruht, so begreift man leicht, dals die E..in 
issem Sinne auch als ein unmittelbar belebendes, die Reiz- 
Barkeit und Empfindlichkeit selbst wieder herstellendes, Mittel 
chtet werden kann. Dieselbe E. vermag aber auch durch 
en Reiz und davon abhängige Ueberreizung die Reiz- 
Impfänglichkeit eines Theiles entweder gänzlich oder auf einige 
Beit aufzuheben, welche nach Umständen durch gelindere Grade 
kr E. wieder hergestellt werden kann, wie man dann merkwür- 
ige Fälle hat, dals durch einen heftigen Blitzschlag in den Zu- 











1 Kühn fand in 150 Fällen, die er von verschiedenen Beobach- 
pn gesammelt hat, nur einen, in welchem sie ausgeblieben waren. 


400 l.lektrieität, medicinische, 


stand des Scheintodtes versetzte durch gelinde el. Schläge wie- 
der ins Leben zurückgerufen worden sindi. Die genannte 
Wirkungen werden nur durch lebhafte Durchbewegung derE. 
mit einem grofsen Grade von Spannung durch die belebten Their ' 
des menschlichen Körpers hervorgebracht, und eine blolse Ar 
häufung derselben mit relativer Ruhe, wie im el. Bade, kn 
nur in soweit als wirksam betrachtet werden, als durch da 
Ausströmen doch auch eine gewisse Bewegung desselben w- 
terhalten wird. 

Zwischen der Wirkung der positiven und negativen E. af 
den menschlichen Körper als Heilmittel hat man bis jetzt keina 
eigentlichen Unterschied wahrnehmen können. Wenn man die 
Analogie der galvanischen Erscheinungen zu Hülfe nimmt, » 
kann man annehmen, dafs die von dem Centralende nach den 
peripherischen Ende der Muskelnerven abwärts strömende +E 
einen stärkern Reiz auf dieselben ausübt, als die in gleiche 
Richtung sich bewegende — E. Ob aber letztere bei: diem 
Art ihrer Einwirkung die Reizbarkeit der Muskeln auf- eine & 
recte Art zu erhöhen im Stande sey, wie dieses von demi F: 
dieser Richtung sich bewegenden negativen Strome der gai» $ 
nischen E. gilt, darüber fehlt es bis jetzt gänzlich an Er 
rungen. 

Nach dieser allgemeinen Darstellung der Einwirkung dırb 
auf den menschlichen Organismus, läfst sich ihre Anwendaf 
im Allgemeinen leicht bestimmen. In allen ächt entzündliche 
Krankheiten und namentlich in allen Schmerzen, welche et f 
zündlicher Art sind, in allen activen Congestionen und dava 
abhängigen anderweitigen krankhaften Zufällen kann die E ff 
schädlich wirken. Nützlich ist sie dagegen in allen Krankhe f“ 
ten, welche von Torpor und Atonie der Gefälse, und g 
schwächtem Nerveneinflusse abhängen, namentlich in allen Ar 
ten von Lähmungen sowohl der Sinnes - als der Bewegungsnerv& f 
in manchen krampfhaften Krankheiten, entweder durch Ak 
reizung der Antagonisten der im Krampfzustande befindlicha 
Muskeln, oder durch Hebung einer kränklichen Reizbarkeit, # Ẹ - 
Krankheiten der Ab- und Aussonderungsorgane, welche va 
Unthätigkeit der Gefälse oder von einem krampfhaften Zustande 
abhängen, davon abhängigen passiven Congestionen, # 
























1 S. Blitz. 


Regeln der Anwendung. 401 


hwülsten, und sogenannten Verstopfungen, endlich in ner- 
sen Schmerzen, welche sich zu den entzündlichen Schmerzen 
e Kälte zu Hitze verhalten. Nur insofern, als die E. durch 
lichen Reiz das Leben eines äufseren Theils erhöht, Zufluls 
r Säfte zu demselben, Röthe und Wärme hervorbringt, kann 
nach Art der sogenannten Ableitungsmittel auch in entzünd- 
hen Krankheiten innerer Organe von Nutzen seyn. 


l Allgemeine praktische Regeln bei 
Anwendung: der E. 


CavArto hat diese Regeln sehr gut nach den vielen Er- 
ungen englischer Aerzte festgesetzt. Sie sind folgende; 
Man mufs jedesmal mit den schwächeren Graden der E, 
n Anfang machen, da es manche Kranke giebt, die für die- 
n Reiz auch in seiner gelindesten Einwirkung sehr empfindlich 
adt, und durch die gleich zu Anfange angewandten stärkeren 
rade leicht überreizt werden könnten. Hat man die Behand- 
ag einige Tage lang unwirksam gefunden, welches man daran 
kennt, dafs keine merkliche Reaction, insbesondere keine 
the der Theile, auf welche die E. unmittelbar eingewirkt 
t, erfolgt ist, so kann man zu den stärkeren Graden überge- 
n, von denen man nachher wieder abwärts steigt, so wie sich 
‘Laufe der Versuche eine erhöhte Reizempfänglichkeit für 
selben entwickelt. 

2. Da die el. Ausströmungen und Funken sich vorzüglich 
rksam bewiesen haben, von diesen aber und insbesondere 
n den ersteren in keinem Falle eine zu heftige Einwirkung zu 
Fürchten ist, ihr Nutzen aber doch wesentlich darauf beruht, 
[s sie mit einer gewissen Intensität wirken, so ist zur medi- 
iischenE. stets eine elwas stärkere Elektrisirmaschine nöthig, 
re solche nämlich, die aus ihrem ersten Leiter Funken von 
nigstens drei Zollen giebt, denn el. Schläge, die man auch 
t Hülfe kleiner Maschinen sehr weit treiben kann, können 
> Ausströmungen und Funken in keinem Falle ersetzen. Daher 
td die kleinen englischen Patentscheibenmaschinen, deren 
heiben etwa 9” im Durchmesser haben, und bei ‚denen eine 


1 Sexterıx führt ein Beispiel von einer Person un, die schou 
der durch die Bewegung einer Elektrisirmaschine elektrisirten Lüft 
:ibweh und Durchlauf bekam. \ 
Al. Bd, Cc l 


402 Elektricität, medicinische, 


‚ Leidner Flasche statt des ersten Leiters dient, für den ganzen ' 
Umfang der medicinischen Anwendung der E. nicht geeignet, 
da sie eigentlich nur den Gebrauch el. Schläge zulassen, jedoch 
für einen Rettungsapparat sind sie allerdings zu empfehlen, da 
sie bei ihrer Kleinheit ungemein leicht transportirt werden kön- 
nen, und bei der Wiederbelebung von Scheintodten el. Erschit- 
terungen die Hauptsache thun müssen, 

3. Die Zeit und die Dauer der Anwendung betreffend ist 
.. die Vormittagszeit in der Regel die angemessenste, die Dauer 
aber nach der Form der Anwendung und nach dem Zeitraums, 
während dessen man die E. bereits angewandt hat, zu bestim- 
men. Die el. Ausströmung muls man wenigstens 3, höchstens 
40 Minuten einwirken lassen, Funken kann man 50 bis 100 
nach der Reihe geben, und im Fortgange mit der Zahl steigen, 
doch mit der Vorsicht, dafs man bei fortgesetztem Gebrauche 
sie nicht immer auf dieselbe Stelle schlagen läfst, da sie sonst. 
Geschwüre, die oft hartnäckig zu heilen sind, verursachen. 
Erschütterungsschläge darf man höchstens 15 nach der Reihe 
durch einen Theil gehen lassen. Die totale Dauer der Anwen- 
dung der el. Kur läfst sich schwer bestimmen, doch hat dis 

Erfahrung gelehrt, dafs bisweilen erst nach mehreren Wochen 
die Besserung sich einzustellen angefangen hat. 

4. Nach der allgemeinen Regel, dafs ein Reizmittel bei 
lange fortgesetzter Anwendung an Wirksamkeit verliert, und 
wenn der Gebrauch desselben eine Zeitlang ausgesetzt wird, 
die Reizempfänglichkeit für dasselbe wieder zunimmt, beson- 
ders wenn in der Zwischenzeit ein antagonistisches Reizmittel 
gebraucht worden ist, sollte man die positive Elektrisirung von Zeit: 
zu Zeit mit der negativen abwechseln lassen, sowohl beim Ge- : 
brauche der el. Ausströmung, als auch bei demjenigen der el 7 
Funken und Schläge, indem man die Anlegung der Zuleiter so - 
ändert, dafs wenn einige Tage hindurch die positive E. die ; 
Nerven nach ihrem peripherischen Ende hin durchströmt hat, 
ihr alsdann einige Tage hindurch die entgegengesetzte Richtung 
gegeben wird, ehe man sie auf die erste Art anwendet. 

5. Bei Schwangern müssen alle el. Erschütterungen über- 
haupt und selbst alle el. Strömungen durch die untere Gegend -, 
des Leibes sorgfältig vermieden werden, da sonst leicht zum 
Mifsgebähren Veranlassung gegeben werden könnte. 





5 Regeln der Anwendung. 403 
F 


:%, Einzelne Krankheiten, in welchen 
sich die E. vorzüglich wirksam bewie- 
' sen hat, und besondere Regeln für den. 

! Gebrauch derselben. 


1. Lähmungen der Muskeln. Ueber den Nutzen der 
Bektrisirung in dieser Classe von Krankheiten findet man die 
isten Beispiele in den Schriften über medicinische E., und 
Wear sowohl in Lähmungen nach Schlagflüssen als in gichtischen 
Hihmungen, i in solchen, welche durch mechanische Gewalt, z. B. 
bach einem heftigen Falle entstanden, endlich selbst in solchen, 
welche auf Bleikolik folgten. Man fängt gleich mit der el. Aus- 
Ítömung an, indem man den Kranken auf das lsolatorium bringt; 
das äulsere Ende des gelähmten Gliedes durch einen Zuleiter mit 

isolirten Reibzeuge in Verbindung setzt, und dem, dem 

pfe am nächsten gelegenenEnde, besonders aber derjenigen 
Gegend, wo sich die grolsen Nervengeflechte, die das Glied 
versorgen, am nächsten befinden, den hölzernen Conus, der 
durch einen Zuleiter mit dem positiven Conductor verbunden ist, 
gegenüber hält. Man kann diese Einwirkung 4 + bis $ Stunde 
fortsetzen, und nachdem man einige Tage damit fortgefahren, 
zu einfachen allmälig stärkeren Funken übergehen, welche längs 
dem Verlaufe der Hauptnerven des gelähmten Gliedes aus dem 
isolirten und mit dem positiven Conductor verbundenen Kranken 
ausgezogen, oder auch demselben im nicht isolirten Zustande 
darch den mit der Kugel versehenen Director beigebracht wer- 
den. Bei gichtischen oder rheumatischen Lähmungen nimmt 
man den Funken aus dem vorher mit Flanell umwundenen Gliede. 
Bei angeborener Schwäche der untern Gliedmalsen, die in ihrem 
Wachsthum zurückbleiben, werden’ die Funken aus der Gegend 
der untern Lendenwirbel gezogen. Auch die mit Zittern ver- 
fbundene Schwäche der Glieder der Arbeiter, welche vielQueck- 
Wilber einathmen (Vergolder, Barometermacher) hat man mit 
Erfolg durch E. behandelt. | 
’ 9, Contracturen. besonders in Folge krampfhafter Krank- 
“keiton und nicht so eingewurzelte, dals schon organische Ent- 
öttungen eingetreten sind. Hier richtet man die Wirkung der 
-E vorzüglich auf die Antagonisten der in Zusammenziehung be- 
&ifenen "Muskeln. Tawny erzählt einen -merkwürdigen Fall 
Yon einer Zusammenziehung der Zunge in Folge eines Streif- ` 


Cc ? 


404 | Elektricität, medicinische. 


“ schusses am Kopfe dureh eineKanonenkugel, die durch Elektri 
siren glücklich gehoben wurde. In krampfhaften und gichtischen 
Anchylosen, wo also auch keine eigentliche Desorganisation 
oder Verwachsungen der Gelenke zum Grunde liegen, können 
die el. Ausströmungen, Funken und leıchten Erschütterungen, 
die in verschiedenen Richtungen quer durch das Gelenk geführt 
werden, heilsam: seyn. 
3. Lähmungen der Sinnesnerven. 

a. Schwarzer Siaar. Hier fängt man mit der gelindesten ` 
Ausströmung aus Metallspitzen an, geht dann zur stärkeren Aus- 
strömung aus dem Holzconus über, nimmt auch Funken aus 
dem untern und obern Augenbogen, um auf die Orbitalnerven . 
zu wirken, dann aus den geschlossenen Augenliedern, und ' 
endlich aus dem geöffneten Auge selbst. Zuletzt kann man zu 
schwachen Erschütterungsschlägen übergehen, welche man quer 
durch den Vorderkopf vom Nacken aus nach der Supraorbital- 
gegend, und selbst durch das Auge vom Hinterkopfe nach vorne : 
führt, so dafs der positive Strom die Richtung des. optischen 
Nerven nach dem Auge hin hat. Fıscuer heilte durch ds 
blofse el. Ausströmen durch eine hölzerne Spitze den schwarzen 
Staar. bei einer A3jährigen Frau innerhalb 4 Wochen t. F 

b. Taubheit. Man lälst die E. durch den oben beschriebe- 
nen Zuleiter in den Gehörgang erst als unmerklichen Strom, 
dann als Hauch, endlich als Funken einwirken. SuNtELNE 
will in hartnäckiger Taubheit guten Erfolg wahrgenommen ha-. 
ben, wenn er einen abgerundeten Draht in den Mund so ein- 
“brachte, dafs sein abgerundetes Ende der Gegend, wo sich die 
Eustachische Röhre öffnet, gegenüber stand, diesen Draht mit 
dem äulsern Belege einer kleinen, schwach geladenen Leidner Ä 
Flasche verband, und nun mit einem andern in den Gehörgang ' 
gebrachten Drahte den Erschütterungskreis am Knopfe der : 
Flasche schlols. 

4. Krämpfe und Convulsionen. Vorzüglich hat man im 
St. Veits - Tanze die E. heilsam befunden, selbst in Form von 
gelinden Schlägen, die man durch das Rückenmark gehen liefs. : 
Wiırxınsos will einen Trismus, der schon einen ganzen Monat 


gedauert hatte, durch E. geheilt haben. SunteLım fand in 





1 6. XLVII. 108. | 
2 Phys. Wörterb. VIIf. Bd. S, 363. 


Regeln der Anwendung. : 405 


krampfkrankheiten durch die starken Grade der E. die Krampf- 
nfälle vielmehr entstehen. 

9. Chronischer Rheumatismus, Vortrefflich durch einen 
Ilgemeinen Hautreiz, wenn man den mit einer Kugel versehe- 
en, mit dem positiven Conductor verbundenen Director über 
en mit Flanell bedeckten, mit dem chronischen Rheumatismus 
ehafteten, Theil hin und her führt. Nach Umständen sind 
xch schwache Erschütterungen durch den leidenden Theil ge- 
ihrt, wohlthätig. Im rheumatischen Zahnweh habe ich Funken 
ıs dem Backen gezogen von schneller Hülfe beobachtet. Zur 
etäubung der Nerven im Zahnweh von tariösen Zähnen, und 
w Linderung ja gänzlichen Unterdrückung des Schmerzes, ist 
n el. Schlag, durch den Zahn geleitet, . oft von augenblicklicher 
firkung, zu welchem Behuf man die Zuleiter zur einen Bele- 
ıng an den leidenden Zahn, den zur andern Belegung i in den 
acken bringt. 

6. Chronische Augenentsündung, besondeis mit vermehr- 
r Schleimabsonderung, nur durch den el. Hauch bisweilen 
it Erfolg behandelt. 

7. Kalte Geschwülste, Gegen skrophulöse Drüsenanschwel- 
ngen, rheumatische Auftreibungen, weilsen Kniegeschwulst, 
ilchversetzung, selbst Frostgeschwülste, hat man die E. in 
wselben Reihenfolge, wie in Nr. 1, mit Nutzen gebraucht. 

den rothen Frostbeulen folgen gewöhnlich auf den Gebrauch 
r Funken. weilse Flecken. In allen. solchen Geschwülsten 
als aber aller entzündliche Zustand vorüber seyn. 

8. Amenorrhoe. Die kräftige Wirkung der E. auf die Ge- 
Ise und Muskelfasern der Gebärmutter ist durch vielfache Er- 
rungen aulser Zweifel gesetzt. Schon der unmerkliche Strom 
ingt den Monatsfluls in Gang, wenn Schwäche und Atonie der 
:»bärmutter und ihrer Gefälse seinem Ausbleiben zum Grunde 
gt; noch wirksamer sind gelinde el. Schläge von dem Kreuz- 
ine in den Schoos oder nach den Schenkeln hingeführt, in- 
m man auf das erstere den Zuleiter vom positiven an die 
zteren denjenigen vom negativen Belege anbringt. 

09. Bandwurm. Die Beschwerden und Schmerzen, welcha 
m Bandwurm herrühren, weichen augenblicklich, wenn man 
tige el. Erschütterungen quer durch den Unterleib führt. Die- 
 Eingeweidewurm scheint dadurch betäubt und gleichsam ge- 
ımt zu werden, und kann in diesem Zustande durch ange- 


46  Elektricität, medicinische, 


messene, selbst gelindere, Purgirmittel, wie namentlich durch 
Ricinusöl, abgeführt werden. 

10. Scheintod. Vorzüglich i im Scheintode vom Ertrinken, 7 
auch von einem Blitzstrahle, hat man die E, in einzelnen Fällen 
‘von einem glücklichen Erfolge gekrönt gesehen. Hier sind ge- 
linde eL Schläge durch die Gegend des Herzens und Zwergfells ge- 
leitet die passendste Form, denn sowohl die el. Ausströmung 
als die el. Funken möchten in den meisten Fällen zu schwach 
wirken. Doch muls man mit den schwächsten el. Schlägen den 
Anfang machen, weil stärkere Schläge durch zu heftigen Reiz 
auch die letzte Spur von Reizempfänglichkeit vollends vertilgen 
könnten. Man setzt, um der el, Erschütterung die oben be- 
merkte Richtung zu geben, den positiven Zuleiter abwechselnd 
auf die eine oder andere Seite des Halses, und in den Nacken, 
und den negativen Zuleiter unter die linke Brustwarze,, auch an 
die untere Seite des Brustbeins. Man muls längere Zeit fort- 
fahren, jedoch in dem Durchleiten aller Schläge von Zeit zu 
Zeit Pausen machen, auch die Anwendung anderer zweckmäls- 
: ger Mittel, besonders des Lufteinblasens und der Wärme, de 
mit verbinden. Ein schlimmes Zeichen ist es, wenn die&. 
Schläge, von denen man anfangs nichts empfand, wenn sa 
die beiden Zuleitungsdrähte in seinen Händen hielt, allmälig 
fühlbar werden, weil man daran erkennt, dafs der Körper des 
Scheintodten die E. mehr und mehr unvollkommen leitet, wi 
ein Beweis ist, dals er, statt dem Leben sich mehr zu nähern, 
sich weiter davon entfemt‘. P. 

Elektricität,thierische S. Galvanismus 

Elektricitätssammler S. Colector. 


Elektricitätsverdoppler S. Duplicatog 


Elektricitätszeiger. 
Index s.Gnomon electricitatis. Man hatte diesenNamen eint 


gen Vorrichtungen beigelegt, deren sich die Beobachter der Gewit- 
ter-Elektricität bedienten, um dasDaseyn derselben zu bemerker 





1 Tıb. Cavarıo Versuch über die Theorie und Anwendung de 
medicinischen E. Aus dem Engl. übersetzt. Zweite vermehrte Auflage 
Leipzig 1799. Jos. Franc. Domis Ars electricitatem aegris tuto at 
hibendi Pestini 1796. Karl Sunteti Anleitung zur medicinische 
Anwendung der E. und des Galvanismus 8. Berlin 1822. 


I 


Elektricitätszeiger 407 


i 


nd ihre Stärke zu messen. Jetzt werden zu dergleich `n Beobach- 
mgen selten andere, ‘dls die gewöhnlichen atmosphärischen Elek- 
ometer gebraucht. Man könnte inzwischen den grölsern und im- 
ier bleibenden Veranstaltungen hierzu den Namen Zlektricitäts- 
siger lassen und die kleineren portativen Werkzeuge Zuftelektro- 
seternennen. Man hatihnen auch den Namen Blitzmesser beige- 
>gt, der dem Unerfahrnen sehr sönderbar vorkommen muls; auch 
en halb lateinischen und halb griechischen Namen Fulguro- 
seter, wofür man schicklicher Brontometer sagen würde. Diese 
iamen scheinen mir aber unschicklich. Man milst doch nicht 
len Blitz oder den Funken, sondern nur die Stärke der E.. 

FRANKLIN ? setzte, nachdem er die Gleichheit des Blitzes 
md der E. entdeckt hatte, zuerst eine isolirte eiserne Stange auf 
ein Haus, und befestigte an derselben zwei Glöckchen so, dafs 
ke ihm durch ihr Läuten die Elektrisirung der Stange andeu- 
teten 3, Am 12. April 1753 fand er dadurch zum ersten Male 
bei einem Gewitter die E. der Wolken negativ. Man kann auch 
die Veranstaltungen, durch welche Darızsarn und Deror die 
Aeichheit des Blitzes mit der E., bestätigten %, unter die Elek- 
ricitätszeiger rechnen. Diesen Beobachtern, so wie dem Abbé 
Tazeas, sammelte die einfache Stange noch nicht genug E., 
ie verbanden sie daher mit mehreren isolirten Metallstangen, 
nd nannten die ganze Vorrichtung ein Zlektricitäts - Magazin 
magazin d’electricite). CAmron bediente sich einer isolir- 
nStange, brachte aberam Ende derselben, wo sie auf derisoli- 
nden Glassäule ruhte, einen ainnernen Deckel an, um den 
egen vom Glase abzuhalten. 

Rıcumans erfand sich eine’ eigene , Veranstaltung 5 und 
gte ihr den Namen /ndex s. Gnomon electricitätis bei. : Sein 
‚hicksal und seine Verdienste sind es wohl werth, dafs man 
esen Namen zu seinem Andenken in der Wissenschaft beibe- 
lte. Er hatte am Dache seines Hauses einen Ziegel ausge- 





1 Vergl. Luftelektrometer. _ 

2 Briefe über die E. nach Wilke’s Vebers, S, 146. f. 

3 S. Glockenspiel, elektrisches. 

4 S. Blitz. , 

§ De indice electricitatis, in Nov. Comm. Petrep. To. IV. ad 
1. 1752 et 1753. p. 310. ingl. Wırzıer de avertendi fulminis ar- 
cio. Lips, 1753. 4. 


408 Elektricitätszeiger. 


hoben und auf die nebenliegenden Ziegel einb gläserne Flasche 
gesetzt, durche welche eine eingekittdte eiserne Stange hine 
durch ging. Ihr oberes Ende ragte —5 Schuh über das, Dach 
hervor. Am untern Ende hing eine Kette, welche, ohne Lei- 
ter zu berühren in ein Zimmer geführt war, in welchem si 
noch 16 Schritt weit an der Decke bis an die Fenster fortlief, 
wo von ihr ein Metalldraht herab hing. Dieser war mit eine 
kleinen Metallstange verbunden, welche in einem mit Kupfe- 
feile gefüllten Glase auf einem 4 F. hohen Schranke stand. An 
der Metallstange hing vom obern Ende herab ein leinener Faden, 
der, wenn sich E. zeigte, von der Stange abgestolsen ward, 
Ein nebenstehender getheilter Quadrant gab den Winkel des abge- 
stolsenen Fadens mit derStange an. Die Gewitterelektricität hob 
diesen Faden nie über 30°, die künstlicheaber über 55°. Am, 
August 1752 wardieE, so stark, dafs der obere Theil der Metall- 
stange freiwillig mit Geräusch ausströmte, und die Berüh- 
rung derselben Hand und Arm erschütterte, . Bisweilen setzte 
. Rıcumans eine isolirte leidner Flasche daneben, deren innere 
Seite mit dem herabhängenden Drahte verbunden ward, und 
fand dadurch die E. noch mehr verstärkt. Am 6. Aug. 175 
tödtete ihn bei dieser Veranstaltung der unglückliche Schlag, 
dessen Wirkungen bei dem Worte: Blitz, angeführt wor- 
den sind, | 

Um nun den Beobachter für ähnliche Gefahren zu sicher, 
gab Wınkrer t eine andere Vorrichtung an, bei der man Fur 
ken, welche die Gewitterelektricität zwischen zwei Körpern 
schlägt, aus der Ferne beobachten kann. Sie gehört ebenfalls 
zu den Zlektricitätszeigern,, giebt aber die Funken alsdann erst, 
wenn die E, stark genug wird, um in der Schlagweite, anf 
welche die Körper gestellt sind, zu wirken, und dient also nicht 
zu Abmesgung schwächerer oder stärkerer Grade. 

Priestrey ? schlägt zur Beobachtung der Luftelektnciti! 
folgende Einrichtung vor. Man errichte auf dem Gipfel eines 
Gebäudes eine Stange, welche oben ein dickes Stück Glas, 
etwa einen Schuh lang, hat, das mit einem zinnernen Trid- 
ter bedeckt wird, um den Regen davon abzuhalten. Uebe: 
demselben lasse man eine hohe zugespitzte eiserne Ruthe her- 


1 De fulminis avert, artificio. Lips. 1753, 4, 
2 Gesch. der E. durch Krünitz $. 344, 


Elektricitätszeigern. ` 409 


orragen, von dem Trichter aber einen Draht an dem Gebäude 
erabgehen, der von der Stange und den Theilen des Gebäu- 
es etwa einen Schuh weit entfernt bleibt. Diesen führe man, 
hne dafs er Leiter berührt, durch ein Fenster ins Zimmer und 
erbinde ihn mit einem isolirten Conductor, an welchem man 
ie E. durch die gewöhnlichen Erscheinungen wahrnehmen, 
uch ihre Stärke und Beschaffenheit mit Elektrometern unter- 
achen kann. Zur nöthigen Sicherheit räth Pazıstıex an, ne- 
en dem Drahte einen gewöhnlichen Blitzableiter herabgehen 
u lassen. 

Le Roy ! beschreibt unter dem Namen des Fulguremeters 
olgende Veranstaltung. Er errichtet eine hohe hölzerne Stange 
n einem so viel möglich ,- von Häusern, Bäumen etc. entfern- 
Orte, kittet darauf eine gläserne Flasche und auf diese ei- 
sen blechernen Trichter in Gestalt eines 4 F, langen Sprach- 
rohrs, dessen unterer. Rand auf allen Seiten einen Schuh weit 
über die Flasche hinaus geht. Auf das obere enge Ende des 
Trichters wird eine 4—5 F. lange zugespitzte eiserne Stange 
mfgekittet, und von der Spitze aus ein Draht weit durch die 
æft bis ins Zimmer des Beobachters geleitet, in dessen Fenster 
lie Oeffnung weit seyn muls; doch müssen die Fenster zuge- 
malten werden, um keine Feuchtigkeit ins Zimmer zu lassen. 
Eur nöthigen Beschützung geht von dem Trichter noch eine Ab- 
eitungskette gerade herunter, bis auf einen F. weit von. der 
2rde; unter diese Kette wird eine Metallstange tief in die Erde 
singelassen, und hat oben eine leichte blechene Platte mit ei- 
2em Charniere. Wenn die E. zu stark wird, soll nämlich das 
Ende der Kette (an das man hierzu wohl eine Kugel, oder noch 
Bine Platte anbringen möchte) die Platte anziehen und sich da- 
durch in die Erde ausladen. Im Zimmer steht ein hölzernes 
Kästchen, dessen eine Wand eine Glasscheibe ist, wodurch der 
Draht geführt wird. Sie ist inwendig mit schwarzem Taffent 
überzogen, damit das Innere des Kästchens dunkel bleibe. An 
einer Seitenwand ist ein Glasfensterchen, um hineinzusehen. 
Im Kätschen liegen auf zwei Glasfülsen zwei kleine zugespitzte 
Metallstangen mit metallenen Scheiben so, dafs sich immer die 
Spitze der einen Stange gegen die Scheibe der andern kehrt. 
Man mufs sie näher oder weiter von einander stellen können. 
oo | 


1 Rozier. Observ, et mem. sur la physique To. III. Jauv. 1774. 


410 Elektricitätszeiger. 


An die eine Stange wird der Draht des Blitzmessers, an die an- 
dere ein anderer Draht angebracht; der in den Boden desZin- 
mers herabgeht. Wenn nun die E. der Atmosphäre positiv ist, 
so wird die mit ihr verbundene Spitze gegen die mit der Erde 
verbundene Scheibe einen Feuerbüschel, und die andere ei- 
nen leuchtenden Punct zeigen; ist sie negativ, so werden dis 
Erscheinungen die umgekehrten seyn. Ich zweifle, dafs diese 
sehr zusammengesetzte Einrichtung Beifall finden werde, zu- 
mal da die Phänomene des el. Lichtes nie ein bestimmtes Mals 
gewähren. Man kann aber das ganze Kästchen weglassen und 
die E. mit dem Elektrometer untersuchen. 

Eine andere hierher gehörige ziemlich weitläuftige Veran- 
staltung finde ich von Donnponrr 1 beschrieben. Es wird ein 
Haus von Brettern leicht erbaut; mitten durch dessen Dach geht 
eine 20 F. hohe Stange, oben mit Spitzen versehen, unten auf 
Pech isolirt. Am Dache halten sie viele seidne Schnüre, da- 
mit sie nicht schwanke. Einige Fuls über dem Dache sitzt an 
ihr eine grolse kupferne Haube, die den Regen auffängt, und 
durch eine Rinne in ein isolirtes Gefäls führt. Inwendig ist 
die Stange mit der innern Seite einiger Verstärkungsflaschen, 
und mit einer Metallplatte verbunden , die an seidenen Sehu- 
zen aufgezogen und niedergelassen wird. Die äufsern Seiten 
der Flaschen sind mit einem unter dieser Metallplatte stehen- 
den Stative verbunden. So laden sich die Flaschen durch die 
Gewitterwolke, und entladen sich, wenn man die Metallplatte 
nahe genug ans Stativ herabläfst. Die Beobachter können an er- 
nem entfernten sichern Orte stehen, an welchen die seidnen 
Schnüre zum Aufziehen der Metallplatte hingeführt werden, ; 
Aus der Schlagweite zwischen dieser Platte und dem Stative | 
kann man auf die Stärke der E. schlielsen. 

Der Abt Hemmer ? hatte in dem churfürstlichen phys- 
kalischen Cabinette zu Manheim einen Elektricitätszeiger ange 

38.legt, dessen Wirkungen nach seiner Versicherung vortrefflic |. 
waren und dem er den sonderbaren Namen eines Blötzfänger }: 
oder Wolkenelekiricitätsmessers beilegte.. A ist eine 30 Schuh 


4 Lehre vonder E, II. Bd, S. 491; Erfurt 1784. 8. 

2 Ephemerides Societ. meteorol. Palat. To. I. p. 85— 87 ingl 
Anleitung , Wetterleiter an allen Gattungen von Gebäuden auf die $+ 
cherste Art anzulegen. Offenbach am Mayn 1786. 8. S. 26. 
















Elektricitätszeiger, 41 


‚Inge, in eine kupferne Spitze auslaufende eiserne Stange, die 
{sf einer starken mit einem metallenen Hute zur Abhaltung des 
Bhegens gedeckten Glassäule stand. BCDE ist eine mit dieser 

Stange verbundene 0,5 Zoll dicke metallene Ruthe, die aus- 
mdig am Schlofse herunter, und durch einen Fensterrahinen 
is ins Cabinet ging, wo sie an die eiserne Querstange V M 
estigt war. Diese Querstange war an beiden Enden mitKu- 
eln versehen. An dem einen Ende hingen zwei Fäden mit 
Mollundermarkkügelchen R, in der Mitte ein el. Glockenspiel 
EB. Am andern Ende der Stange, V M gegenüber, ein metal - 
jener Leiter S mit der Erde verbunden. Die ganze übrige Ge- 
mithschaft war isolirt; nur die erforderlichen Theile des Glok- 
kenspiels konnten, wenn man es haben wollte, mit der Erdo 
Merbnnden werden. 

Diese Geräthschaft zeigte folgende Erscheinungen: 1. Zog 
fäne Wetterwolke , sie mochte blitzen oder nicht, so vorüber, 
fials ihr Wirkungskreis die Spitze A berührte, welches oft in 
| -grofser Entfernung g geschah, so gingen die Fäden R aus einan- 
‚der, und war die E. der Wolke etwas stark, so zeigten sich 

- Fanken zwischen den Kugeln V,S, und das Glockenspiel läu- 

tte 2. Bisweilen, wiewohl selten, zog ein Gewitter, auch 

wt Blitz und Donner, über die Geräthschaft hinweg, oh- 
“ me dafs diese ein Merkmal der E. zeigte. In diesem Falle 
mulste die Wolke so hoch gehen, dafs die Spitze A ihren Wir- 
kıngskreis nicht erreichte. 3. Die E. der Geräthschaft war 
_ bald positiv, bald negativ. 4. Diese Verschiedenheit und Ab- 

. wechselung der E. hatte nicht nur bei verschiedenen Gewrittern, 
- iondern oft auch bei einem und demselben Gewitter, ja sogar 
- uch dann statt, wenn man von diesem nicht mehr als eine éin- 
` zige zusammenhängende Wolke entdeckte. Hemmer fand einst 
' die Art der E. in einer Viertelstunde achtmal verändert. 5. 

So oft die E. wechselte, fielen die Kügelchen R zusammen, gin- 

gen aber oft augenblicklich, oft etwas langsamer, zu ihrer vo- 

tigen Stellung zurück. So lange sie beisammen blieben , zeigte 
die Geräthschaft nicht die mindeste E. Oft war der Uebergang 

Von einer E. zur andern so schnell, dafs die Kügelchen kaum 

ganz zusammen fielen, sondern schon vor der Berührung ein- 

ander wieder zu fliehen schienen. Wenn sie aber zusammen- 
fielen, sò folgte auch nicht immer eine andere E., sondern oft 


kam dieselbe « wieder zurück. 6. Bisweilen hielt die E. dexsel- 


k 
re 


412 Elektricitätsgzeiger. 


ben Art nur einige Minuten, bisweilen auf eine halbe Stunde 
und drüber an. 7. So oft es bei einem nahen Gewitter blitzte, 
veränderte sich in dem Augenblicke der Abstand der Kügelchen, 
Bisweilen zeigte sich auch in eben dem Augenblicke ein Fm- 
. ken zwischen den Kugeln V, S, obschon kurz vorher nur eim 

schwache oder gar keine E. in der Geräthschaft gewesen war j 
8. Fiel ein Gewitterregen auf den Apparat, so empfing derselbe 

augenblicklich eine starke E., wenn er vorher keine hatte, oder 

seine vorige ward merklich verstärkt. Während desselben Re- 

gens wechselte die E. der Geräthschaft ebenfalls oft ab. Q` 
Wenn die Funken zwischen den Kugeln V,$, mit grolser Ge- 

wals‘und Geschwindigkeit schlugen, so dafs sie dazwischen ge- 

haltene Körper beschädigten, und man dann diese Kugeln bis 

zur Berührung zusammenbrachte, so war in dem Augenblicke 
keine. Spur von E. mehr in der Geräthschaft zu finden. Schob 

man die Kugeln wieder von einander, so fingen die vorigen 

Funken sogleich wieder an. 

HErmmeRr zieht aus diesen Erscheinungen einige Folserun- 
gen, die wir hier noch mittheilen wollen . Die Spitze 4, 
sagt er, könne die E. nicht unmittelbar .aus den Wolken, sor 
dern nur aus ihren Wirkungskreisen ziehen, Sie erreichen 
die Wolke selbst nicht, die oft in einer übermälsigen Entier- 
nung über ihr vorbeiziehe. Es gäbe aber in dem Wirkung- 
kreise einer Wolke immer abwechselnde positive und negative, 
gleichsam concentrisch die Wolke umringende, Luftschichten, 
und so zeige der Apparat positive oder negative E.; je nach 
dem die Spitze in eine Schicht von dieser oder jener Art eim- 
gesenkt sey. Es sey daher auch nicht nöthig, negative Wol- 
ken anzunehmen, indem sich die negative E. der Geräthschaft , 
hinlänglich aus den negativen \WVirkungskreisen erklären lasse. 
Ohne diese abwechselnden Schichten der Wirkungskreise wäre 
es auch nicht möglich, von den vielfältigen Abwechslunges 
der E. in der Geräthschaft einen hinlänglichen Grund anzugeben, 
oder das Zusammenfallen der Kügelchen zu erklären, welches 
sich zeigt, wenn die Spitze an die Grenze zwischen zwei 
Schichten kommt, deren eine positiv, die andere negativ ist, 
Die oft so lange anhaltende E. der Geräthschaft komme aus den 
entferntern Schichten des Wirkungskreises der Wolke; also 





1 Vergl. Luftelekiricität. 


.Elektrisirmaschine, 413 


rerde der Letzteren selbst dadurch nichts von ihrer E. entzo- 
en. Der Blitz aber verursache eine Entladung der Wolke selbst 
weiche auf alle Schichten des Wirkungskreises zugleich, mit- 
im auch auf die Geräthschaft wirke. Die Analogie eines Nicht- 
eters, wie z. B. einer Glasstange, noch mehr einer Siegellack- 
fange, welche in dem Wirkungskreise eines elektrisirten Kör- 
ers abwechselnde Zonen von entgegengesetzter E. bis auf eine 
ewisse Strecke annimmt, scheint für diese Erklärung zu spre- 
hen, doch giebt es unstreitig auch noch andere. Umstände, 
telche eine negative E. ir den Wolken selbst, und eine Ver- 
andlung derselben i in positive veranlassen können. Bequemer 
s durch diese kostspieligen und selbst nicht immer gefahrlosen 
orrichtungen erreicht man indessen seinen Zweck, die E. der 
aft und der Wolken auszumitteln durch den el. Drachen und 
ie portativen Lufielekirometer, von welchen in besondern 
irtikeln gehandelt wird, P. 


Elektrisirm as chine. 


ılektrische Mas chi ne; Machina_ electrica; 
Iachine électrique; Electric Machine. 

Ein Apparat um die ursprüngliche E. eines fürsich el; Kör- 
srs durch Reiben stark und anhaltend zu erregen, und andern 
örpern mitzutheilen. 

Die grolse Masse von Thatsachen, welche sich auf diesen 
egenstand beziehen, wird sich am leichtesten zur Uebersicht 
ünen lassen, wenn wir, nach vorangeschickter kurzer histori- 
her Notiz von den unvollkommenern früheren Einrichtungen, 
ıter den zwei Hauptrubriken der Cylinder- und Scheiben - 
faschinen ausführlicher von den Bemühungen der neueren 
kysiker zur möglichst vollkommeuen Einrichtung dieses eben 
‚ sehr zur Belehrung als Ergötzung dienenden Werkzeugs han- 
In, und in der Beschreibung einiger Mustermaschinen von 
der der beiden Hauptlcassen die Grundsätze entwickeln, auf 
elchen die Vorzüge ihrer Einrichtung beruhen. In einer be- 
dern Rubrik wird dann noch von andern Arten von Elek- 
isirmaschinen Rechenschaft gegeben, und am Ende noch von 
>m Gebrauche und den Hauptversuchen, welche man mit 
«sem Apparate anstellen kann, gehandelt werden, wobei durch 
ngabe dessen, was verschiedene Elektrisirmaschinen wirklich 


414 Elektrisirmaschine, 


geleistet haben, die Vorzüge der einen Einrichtung vor der an- 
dern sich noch weiter ergeben werden. | 
Man kann den Ursprung der Elektrisirmaschinen, wem 

man weit zurückgehen will, von Orro vow GuErıcke hw- 
leiten, der eine Schwefelkugel auf einem hölzernen Gestik 
mit einer Kurbel umdrehte, und mit der andern Hand riebi, 
Hawessee ? verfuhr eben so mit einer Glaskugel, nur brachte 
er statt der Kurbel ein Rad an, das er durch eine Schnur ohne 
Ende mit einem an der Axe der Kugel befindlichen Würtl 
verband, und mit einer Kurbel umdrehtee Dem ungeachtet 
bedienten sich Gray und pu Far noch blofs der Glasröhren, 
welche entweder mit der blolsen Hand, oder durch ein an die ; 
selbe gehaltenes Reibzeug el. wurden, wodurch wegen Emä- 
dung der Hand, und der Unmöglichkeit einen ersten Leiter a- 
zubringen, nie starke Grade von E. erhalten wurden. Da 
Verdienst, die Elektrisirmaschinen in die Experimentalgerit- 
schaften eingeführt zu haben, gehört den deutschen Gelehria, 
und unter diesen vornehmlich Hauses 3. Dieser wurde af 
das Umdrehen der Glaskugel mit Hülfe eines Rades nicht dud 
Hawxsser’s Beispiel, sondern, nach einer Note in der ems 
Ausgabe dieses \Vörterbuches, durch den Gedanken eines ser 
Zuhörer geleitet. Dieser war Lırzenporr, Führer des Gras 
JuLıus GeBHARD von Hovym, mit dem er bei Hausen died 
mals noch sehr neuen el. Versuche sah. Die beständige Une- 
brechung des Reibens der Röhren mit der Hand brachte ih 
auf den erwähnten Gedanken, den sein Lehrer mit Vergnüge 
annahm und ausführte. Durch Bose’s und Wıwxrer’s mek- 
würdige Versuche wurden diase Maschinen allgemeiner bekant 
und mit Beifall aufgenommen. Der Pater Gornox in Er 
liefs zwar das Rad weg, und drehte einen Glascylinder ı 
Würtel durch eine Schnur, die über einen Bogen gespannt w% 4 
nach welcher Methode auch WINKLER * eine Maschine verter- 
tigen liels, bei welcher der Würtel an der Axe des Cylinda, f 
wie bei den Drechselbänken vermittelst einer Schnur an ei 


"m 


' 
i 


















1 S. Exper. nova de. vacuo spatio, Amsterd, 1672. fol. pag, M, 

2 Physico- mechanical experiments. London 1709. 4. 

3 Hausen novi profectus in historia electricitatis. Lips. 178.4 

4 Gedanken von den Eigenschaften, Wirkungen und Ursache 
der E. Leipzig 17H. 8. S, 12. 


_ l) 


Geschichte, 45 


e dutch Treten mit dem Fulse bewegt wurde. Ein ge- 
iches Bietglas war der geriebene Körper. WınKLen Fig. 
ıber bald zu der Hausen’schen Einrichtung zurück, die er ! 39. 
schreibt, wie er sie selbst zu größseren Versuchen ge- 
ıt hat, dals nämlich mit einem einzigen Rade vier Kugeln 
ch gedreht, und durch das Anhalten der Hände zweier 
xen gerieben wurden, 

bese Winkler’schen Maschinen sind darum vorzüglich merk- 
g, weil bei denselben zum erstenmal Kissen als Reibzeug 
racht worden sind. Man hat also die nützliche Erfindung 
issen dem Leipziger Drechsler Gıxssıse zu danken, der 
Wıs&ıer’s eigener Versicherung ? seine erste Maschine 
eben hat. Das Kissen machte eine Person, welche sonst 
and anlegen mulste, entbehrlich, allein noch war es un- 
mmen. Es war unter dem Glas- Cylinder angebracht, 
iels sich zwar durch eine Stellschraube höher oder niedri- 
tellen, gab aber doch den Ungleichheiten der Rundung 
ylinders zu wenig nach, und erwärmte das Glas zu sehr, 
auch WINKLER selbst wieder davon abging. Zuletzt kam 
och aus Mangel an Personen, deren Hände zur Erregung 
„ geschickt waren, wieder auf den Gebrauch der Kis- 
wück , und versah dieselben mit Federn, welche sie ge- 
an die Kugeln oder Cylinder, die WısKkLer ohne Un- 
ied gebrauchte, andrückten. 

GAUD DE LA Fonn 3 versichert, dals er im Jahr 1754 
ills auf den Gedanken gekommen sey, die Kissen seiner 
ine mit Federn zu versehen. Der Abt NoLLET*® gab sei- 
[aschine die nämliche Einrichtung, welche bereits die 
shen Gelehrten erfunden hatten, indem er seine Glaskugel 
. ein grolses Schwungrad, das durch ein Seil ohne Ende 
em Würtel an, der Glaskugel verbunden war, in eine sehr 
lle Bewegung versetzte. Er erklärte sich aber wider den 
wch der Kissen, und liels stets eine Person die Hand an 


ugel legen. Seine eigene Hand war dazu sehr geschickt, 


S 


Eigenschaften der el. Materie Leipz. 1745. 8. 
a. a, O, S. 13. 


Précis historique et experimental des phénomènes dlectriques. 
1781. 8. 
Essai sur Vélectricité des corps. Paris 1746, p. 48. ff. 


416 Elektrisirmaschine, 


und brachte stets eine starke E. hervor. Den ersten Leite 
er mit seidenen Schnüren an die Decke auf, und verba 
mit der Kugel durch eine Kette. Dr. Wırrısm Wa 
legte ebenfalls die Einrichtung der deutschen Gelehrten 
denen er in Briefwechsel stand, zum Grunde, liefs aber 
sein Rad vier über einander stehende Glaskugeln auf 
drehen, die sich an vier Kissen rieben. Prısstıe 
diese Maschine abgebildet. Zu ihrer Erfindung gab d 
gierde Boses Beatification® nachzumachen, Anlafs, 
welcher man sich in England allzugrofse Vorstel 
machte, und daher bemüht war, sehr starke Elektri 
hervorzubringen. Wırsow gab bald nachher eine Maschi 
welche weniger Raum erfordert. Ein Glascylinder wird 
ein daneben stehendes Rad gedreht, und reibt sich an 
unten angebrachten Kissen. Der erste Leiter ruht auf sei 
Schnüren, die an vier hölzernen Säulen auf das Gestt 
Maschine selbst gebunden sind. An dieser Maschine* 
man zum erstenmale den Zeiter mit dem Cylinder durch 
Zuleiter oder Collector, d. i. durch einen Kamm mit meta 
Spitzen, verbunden. Wınkıer hatte sich, um die F 
den geriebenen Körpern nach dem Leiter zu bringen, sil 
Fäden bedient, die am Ende des Conductors hingen, un 
geriebenen Körper unmittelbar berührten 5. 

Um Kugeln von grolsen Durchmessern in ziemlich k 
Gestellen sehr schnell bewegen zu können, versahen sie dii 
lischen Künstler mit Zahn und Getriebe, welches sie : 
messingenes Gehäuse einschlossen. Ein mit der Kurbel 
drehetes Stirnrad greift in ein Getriebe, das an der A; 
Kugel fest ist. MusschexgBroek lobt diese Maschinen 
sie verursachen aber, wenn sie nicht sehr fein und gena 
gearbeitet sind, ein unangenehmes Gerassel. Man kann 
die Axe der Kugel oder des Cylinders vertical stellen, odı 
rizontal legen. Brıcworı® kam gar auf den Gedanken 


Axe mit der Weltaxe parallel zu legen; allein die Lag 





Exper. and observ. on electricity Lond, 1745. 
Geschichte der E. Taf, V. Fig. 1. 

S, Spitzen. 

Priestley’s Geschichte der E. Taf. VI. Fig, 1. 
Die Eigenschaften der el. Materie u. s. w. S. 37. 
Hamb. Magazin Rd. III. S. 565. 


OQ O a SD m 


Glascylinder. MT 


ixe thut an und für sich nichts zur Sache. Eine solche mit 
lahn und Getriebe versehene Maschine mit verticaler Axe vo 
Naınwe beschreibt Prıestuev!. Der Leiter ruht auf seidenen 
$chnüren, die an vier aus dem Gestelle hervorragenden Armen 
befestigt sind. Das Kissen wird an die Kugel durch eine fe- 
dernde Stange angedrückt, an der es fest ist, und die auf dem 
Gehäuse des Räderwerks aufsteht. Diese Maschine ist tragbar 
und läfst sich auf einen ‚Tisch aufschrauben. Eine andere, 
gleichfalls von englischen Künstlern ausgeführte Cylinder- 
Maschine zeichnete sich durch ihren Sammler aus, der aus 
sinem Drahte von vergoldetem Kupferblech, vorne breit ge- 
schlagen, besteht, und vermöge seiner E. sich unmittelbar an 
den Cylinder anlegt. Rean gab seinem Cylinder eine senkrechte 
Stellung. Die Axe hatte unten einen Würtel, und wurde durch 
eiae hölzerne, dem Tische parallel liegende Scheibe, vermit- 
Wt einer Schnur ohne Ende gedreht. Dieses Umdrehen der 
Jeritontalen Scheibe erfordert aber eine unbequeme Bewegung 
der Hand?. Ich übergehe noch einige andere Maschinen, na- 
æntlich zwei von PRIESTLEY selbst angegebene Glaskugel- 
Maschinen, da sie nichts ausgezeichnetes,haben, und will "die 
Bonstigen wesentlichen Verbesserungen, die ein historisches In- 
keresse haben, bei den beiden Arten von Elektrisirmaschinen, 
fie mit Recht jetzt allein noch in Gebrauch sind, nämlich den 
Cylinder - Maschinen und Scheiben - Maschinen an dem dazu 
sehicklichen Orte bemerken. 


I. Elektrisirmaschine von Glas. 
A. Cylinder-Maschine. 


Die drei wesentlichen Stücke einer jeden Elektrisirmaschine 
Ind 1. der idioelektrische Körper, durch dessen Reibung die 
sprüngliche E. erregt werden soll. 2. das Reibzeug mit sei- 
wm Conductor, 3. der erste Leiter, der durch Wechselwirkung 
it dem geriebenen Körper in einen demselben gleichartigen el. 
UStand versetzt werden soll 4. der mit dem ersten Leiter. ver- 
ündene mehr ausgedehnte zweite Leiter, durch dessen Bei- 
ilfe die E. noch beträchtlich verstärkt werden kann. 





1 Gesch. der E. Taf. V. Fig. 1. 

2 Die Abbildung derselben findet sich gleichfalls in Priestley” 
schichte der E . Tab, VI, 
UN, Bd. Dd 


418 Elektrisirmaschine, 


d 


Bei der Cylinder-Maschine besteht der idioelektrische Kör- 
per aus einem Glascylinder. Diese Art von Maschinen ist vor- 
züglich in England im Gebrauch, und um ihre möglichst voll- 
kommene Einrichtung haben sich besonders NAıase, Anam 
und Nıcnousos Verdienste erworben. Die Cylinder haben mt 
Recht die Kugeln verdrängt, da sich an letztere das Reibzeug 
nie so gut anlegt, auch eine verhältnifsmälsig viel gröfsere Fläche 
bei den Cylindern als bei den Kugeln zugleich gerieben werden 
kann. Die Cylinder, welche zu den Maschinen gewöhnlich. 
gebraucht werden, wechseln von der Grölse von 4” Durchme- 
ser und 8” Länge bis 12” Durchmesser und zwei Fuls Länge, 
doch hat man auch in London Maschinen von 24” Durchmesser 
des Cylinders verfertigt. Die besten englischen Cylinder sind 
von Flintglas, das im Ganzen sehr el. ist. Cylinder von wei- 
fsem, recht durchsichtigem, hellem, reinem Glase sind nad 
mehrfachen Erfahrungen? allen andern vorzuziehen.. Weihe 
Glas, welches milchicht aussieht, leistet schlechte Dienste 
Cylinder von blauem Glase sind nur dann wirksam, wenn de 
Grundmasse, aus welcher sie bestehen, von weifsem .Glase it, . 
durch Zusatz von etwas Kobaltoxyd blau gefärbt. Dals ds 
blaue Glas an und für sich keine Vorzüge habe, erfuhr ich st 
zu meinem Schaden an einem sehr grofsen blauen Glascylind 
aus einer westphälischen Glashütte, der wenig leistete. Da- 

selbe gilt vom grünen Glase. Hartes Glas, in welchem der Gt- 
halt an Kieselerde überwiegend, und weniger Laugensalz it, 
hat in jedem Falle Vorzüge vor weicherem Glase. Ueberhaupt 
müssen die Glascylinder recht glatt gearbeitet, ohne Sandkömer 
und Blasen seyn, An Blasen, wenn sie oberflächlich liegen, 
und also nur mit einer dünnen Glasdecke versehen sind, reibt 
sich das Glas nach und nach ab, und es entsteht eine Vertiefug 
in welcher sich das Amalgama anhängt, welches die Entladung, 
des Conductors nach dem Reibzeuge begünstigt, auch wird de - 
Taffent allmälig zerrissen. Hat man sich einen Cylinder em 
zu wählen, so kann man ihn auch auf sein el. Vermögen durch 
Reiben mit einem mit Amalgama eingeriebenen Stücke Tafet 

vorher prüfen, wo er schon aus der Ferne leichte Körperch® 
‚anziehen muls. 













1 Vergl. auch: Praktische and gründliche Anleitung, anf o 
4eichte und wohlfeile Art gute Elektrisirmaschinen za bauen, !M 
Horrxasn. Leipz. 1795. 8. 


~y 


/ Glascylinder. 419 


Manche Cylinder (und auch Glaskugeln) welche keine gute 
"Wirkung leisten, werden durch einen inneren Deberzug von 
Sarziger Materie wesentlich verbessert, ohne Zweifel, weil da- 
durch die Feuchtigkeit abgehalten wird, womit sie sonst leicht 
fi Innern beschlagen, welche F euchtigkeit nach Art der Bele- 
gung einer Flasche, die durch Reiben auf der äulseren Oberfläche 
“regte E. bindet. Eine gute Composition zu einem solchen ° 
Üeberzuge besteht aus 4 Theilen venetianischem Terpentin, 
einem heile Wachs, und einem Theile Pech, welches Ge- 
misch &ine Zeitlang über einem gelinden Feuer unter häufigem 
Umrühren erwärmt wird, um alle Feuchtigkeit daraus zu ver- 
jagen. Von der erkalteten und erhärtetgn Masse wirft man eine 
genugsame Menge in kleinen Stücken in den Cylinder, hält 
diesen darauf ans Feuer, lälst die Mischung schmelzen, und 
sich gleichförmig über die i innere Fläche des Glases etwa in der 
Digke einer Viertellinie verbreiten. Die nöthige Vorsicht bei 
der Erwärmung des Glases, besonders durch beständiges Um- 
drehen desselben, versteht sich von selbst. Statt dieser Masse 
kann man ich auch mit grofsem Nutzen des Bernsteinfirnisses 
bedienen, den man, wenn man dem Cylinder eine rothe Farbe 
geben will, mit etwas Zinnober durch das sorgfältigste Zusam- 
menreiben zu einer ganz gleichförmigen, nicht mehr griesigen, . 
Masse vermischt, mit etwas Kienöl verdünnt in den Cylinder 
hineingielst, und durch fleilsiges Umdrehen desselben über die 
ganze Fläche sich verbreiten lälst, wobei das Umdrehen über 
einem gelinden Kohlenfeuer geschehen muls, welches man so 
lange fortsetzt, bis die Masse nicht mehr läuft, sondern sich 
anlegt. Bei Cylindern, die schon an sich sehr wirksam sind, 
ist dieser innere Harzüberzug entbehrlich. Auch das blofse 
längere Aussetzen an die Luft und Sonne macht bisweilen Glas- 
cylinder, die anfangs sehr unwirksam waren, stärker el. _Da 
wo das Glas gerieben wird, muls es verhältnilsmälsig am dünn- 
ten seyn, weil dann die E. vollkommener entwickelt zu wer- 
%en scheint, doch muls es bei gleichförmiger Dünnheit, nach 
dem Halse zu an Dicke allmälig zunehmen, und daselbst sehr 
stark seyn. Es hat sich öfters zugetragen, dals grofse Cylinder 
und auch Kugeln während des Drehens mit grofser Gewalt, und 
mit augenscheinlicher Gefahr der Umstehenden in unzählige 
Stücke zersprungen sind. Man sucht die Ursache dieses Zufalls 
darin, „dals solche Cylinder oder Kugeln nach dem Blasen zu 

Dd? 


420 Elektrisirmaschine. 


plötzlich erkalteten. Da die im Cylinder eingeschlossene Loft 
möglicher Weise durch ihre Erhitzung oder die Zurückstolsuns 
ihrer Theilchen durch die im Innern nach dem Gesetze der Ver- 
theilung frei werdende E. daran Antheil haben könnte, so mh 
man in die Fassung auf der einen Seite ein Loch machen, damit 
die Luft frei ausweichen könne. Zur gehörigen Fassung sind die 
Cylinder an beiden Seiten mit einem Halse versehen. Nick 
selten werden diese Halsstücke, oder wenigstens eins derselben, 
an der verschlossenen Seite des Cylinders, die dem , wo 
` hineingeblasen wird, gegenübersteht, erst nach dem Erkalten 
des Cylinders angeschmelzt, wo es denn nicht selten geschieht, 
dals sie losgehen. Diese Hälse werden in Büchsen oder Kappen 
eingekittet, die man entweder von Messing oder noch besser 
von einem recht gut ausgetrockneten, in Oel getränkten harten 
Holze verfertist. Eine gute Art Kitt wird aus zwei Theilen 
Pech, zwei Theilen Wachs und einem Theile rothen Ocker ver- 
fertigt, die über einem gelinden Feuer unter fleilsigem Umrüh- 
ren zusammengeschmelzt werden. Bloflses Pech würde z 
brüchig seyn. Einen noch stärker bindenden und gleichiall 
vollkommen isolirenden Kitt verfertigt man aus 3 Theilen gel- 
bem Pech und einem Theile Gummilack in Tafeln, das m 
fein geriebenem und von allen Sandkörnchen freiem Ziegelmel 
vermischt und zu einer Masse zusammengeschmelzt wird, die 
man, ehe sie erhärtet, in Stangen formt. Damit der gefalte 
Cylinder concentrisch laufe, legt man ihn vor dem völligen Er- 
kalten des Kittes in sein Gestell, dreht ihn langsam um, und 
pafst ihn so auf, dafs er sich in derjenigen Lage befindet, bei 
welcher in seinem Laufe die meiste Gleichheit und Rundung 
statt findet. Da aber nur eine Fassung auf einmal angekittet. 
werden kann, so macht man die andere Fassung vorläufig nur 
mit Zwirnsfäden, die man um den Hals des Cylinders gewickelt 
hat, fest, dann kittet man die zweite Fassung eben so ei 
wobei man vorzüglich darauf zu merken hat, dals der Lauf des 
Cylinders so gleichförmig als möglich geschieht und derselbe 
in seiner Bewegung sich nicht wirft. Sollte der Fall seyn, de 
"sich oft zuträgt, dafs die Zapfen weit aus dem Mittelpuncte ste- 
hen, so muls man die Fassung auf einer Seite etwas ausstechen, 
und auf der andern Seite etwas Pappe oder Kartenblatt bein 
Einkitten einlegen, um so die Axen der Kappen in den Mittel- 
` punct zu bringen. Beide Fassungen, so wie ein Theil der bei- 





O S | 
Glascylinder. ` 421 


ı Seiten des Cylinders bis an die Enden des Reibzeugs wer- 
ı dann recht gut lackirt. Beide Kappen sind mit hinlänglich, 
ngstens einen halben Zoll dicken stählernen Spindeln ver- 
en, die in dieselben vorher hineingetrieben worden sind und 
ihrem innern schraubenförmig eingeschnittenen Ende durch 
zaubenmuttern.noch mehr befestigt werden, mit denen der 
inder in seinem Gestelle ruht. Ehemals’ liefs man die Axe 
ch den Cylinder durchgehen, was aber schädlich ist, da das 
en die an der äufsern Oberfläche durch Reiben erzeugte E. 
det, und dadurch ihre Wirkung auf den ersten Leiter 
wächt. Findet bei aller getroffenen Vorsicht im Erkalten 
h noch eine ungleichförmige Bewegung, ein Werfen des 
inders statt, so wird dem davon abhängenden Nachtheile nur 
ch eine recht zweckmaälsige Einrichtung. des Reibkissens, das 
ch eine starke Feder angedrückt der Bewegung nachgiebt, 
eholfen. 

Muncket erinnert gegen diese gewöhnliche Art der Fas- 
g, dafs das Ueberziehen der inneren Seite der Cylinder mit 
masse wegen der Erhitzung leicht gefährlich ist, . in die 
Inung der Fassung feuchte Luft dringt und selbst fester Kitt 
sehr heifsen Sommern erweicht, so dals die schweren Cylin- 
herabsinken und excentrisch werden. Diesen Uebeln be- 
nete derselbe durch folgende Art der Fassung. Der an einem 
r beiden Enden offene Cylinder wird an einem warmen. 
benofen bei sehr trockner Luft allmälig möglichst und anhal- 
lerwärmt, und mit hineingebrachten heilsen Handtüchern 
ırmals ausgeschwenkt, um durchaus recht trocken zu seyn. 
ın wird über die Oeffnung der Zapfen ein geeignetes seidenes 
pchen ausgebreitet, und ein palslicher Kork so in die Oeff- 
g hineingedrückt, dafs ihn das seidene Läppchen überall 
eb. Was vom Korke übersteht, wird abgeschnitten, und 
Zapfen mit erweichtem Siegellack oder Elektrophormasse 
netisch verschlossen, wodurch aller Feuchtigkeit der Zutritt 
as Innere der mit etwas erwärmter Luft erfüllten Cylinder 
schnitten ist. Demnächst werden ausgehöhlte Kfkstücke 
lie Zapfen gepalst, und mitHausenblasen oder Schreinerleim 
'eleimt, deren genaues Anschlielsen an die Wandungen des 
es da, wo die Zapfen angesetzt sind, durch hineingeleimte 





L Aus brieflicher Mittheilung. 


422 Elektrisirmaschine 


L 


Keile oder Stücke von Kork bewerkstelligt werden kann, Dies 
Korkstücke werden dann mit einer Raspel sorgfältig so gefomt, 
dals nach gleichfalls aufgeleimten hölzernen Kappen mit den 
eisernen Zapfen der Cylinder möglichst concentrisch umläuf, 
wobei man zu stark weggenommene Stellen des Korkes durch 
aufgeleimte Stücke Leinwand wieder erhöhen kann. 

Das Gestell, auf welchem der Cylinder aufruht, muls hin 
'länglich stark und zugleich breit genug seyn, dafs sowohl das 
Reibzeug mit seinem Conductor, als auch der erste-Leiter Platz 


darauf finden, und sich noch auf jeder Seite wenigstens einen | 


Zoll verschieben lassen. Gewöhnlich wird dieses Gestell aus 


zwei starken senkrechten breiten Pfeilern, die hinlänglich fest | 


in das Bodenbrett vernietet sind, verfertist, wozu man sehr 
wohl ausgetracknetes, in Oel gekochtes, Holz nehmen muls, 
die man überdiels noch mit Bernsteinfimils wohl überzieht, Die 
stählernen Spindeln des Cylinders laufen zur Verminderung der 
Reibung in Lagern von Messing. Vor einem solchen Gestell 


hat indefs eines von zwei starken Glassäulen, nach Art desjeni- 


gen, welches die Abbildung meiner Scheiben-Maschine? dar- 
stellt, unstreitige Vorzüge wegen der vollkommenern Isolirung, 
da die Axe leicht zur Ableitung der E. Veranlassung geben kam 
Da aber ein solches Gestell die Nothwendigkeit mit sich führt, 
den Cylinder durch eine blofse Kurbel zu drehen, so kann ma 
bei der Anwendung eines Rades das Gestell wenigstens zar 
einen obern Hälfte ihrer Länge aus zwei kürzeren Glassäulen 
machen, die in den unteren hölzernen Theil eingelassen sind, 
an welchen das Rad angebracht ist. Um nämlich dem Cylinder 
eine sehr schnelle Bewegung geben zu können, wovon gam 
vorzüglich die Menge der in einem gegebenen Zeitraume erres- 
ten E. abhängt, bringt man gewöhnlich an der einen Seite des 
Gestells ein Rad an, welches mit einer Kurbel gedreht wird 
und rings herum auf seinem Umfange eingeschnitten ist. An 
der einen Spindel des Cylinders wird ein \Vürtel angepaft, 
dessen Durchmesser etwa den vierten Theil von dem Durch- 
messer @es Rades beträgt, und welcher durch eine um ih 
und das Rad geschlungene Schnur ohne Ende umläuft, Eine 
allgemeine Unvollkommenheit dieser Einrichtung ist, dafs die 


Schnur bisweilen schlaff wird, und die Maschine still steht. 


1 S. unten, 


mn ma 


+ 


on Glascylinder. . 423 


Diesem wird abgeholfen , wenn man das Rad so einrichtet, dafs 
‚a dem Würtel genähert, und davon entfernt werden kann, 
‘adem man es durch eine Schraube jedesmal in der gehörigen 
Entfernung befestigt, sonst kann man auch in die Peripherie des 
"Mürtels mehrere Einschnitte von verschiedenen Halbmessern 
machen, Bedient man sich zur Drehung des Cylinders einer 
Wlelsen Kurbel, so muls der Hauptstiel derselben eine massive 
«wohl überfirnifste Glassäule seyn, die in wohl getrocknetes und 
'polirtes Holz gefalst ist, um jede Ableitung der E. zu ver- 
meiden, Versuche haben mich gelehrt,:. dafs diese Vorsicht 
micht ohne Einfluls auf die Verstärkung der Wirkung einer Ma- 
‘achine ist. Wenn'sich gleich diese Einrichtung durch ihre grö- 
Bere Einfachheit vor derjenigen mit demRade empfiehlt, s so gewährt 
ich die Letztere, besonders bei Versuchen mit grolsen Batte- 
sen den Vorzug der viel schnelleren Ladung, die auch auf 
sinen höhern Grad getrieben werden kann, weil in der viel 
kürzeren Zeit die E. durch die umgebende Luft weniger abge- 
leitet wird. ehr 
Ein vorzüglich wichtiges Stück zur Vollkommenheit einer 
Elektrisirmaschine ist die gute Einrichtung des reibenden Kör- 
pirs, Bei den Cylinder-Maschinen kann man die Einrichtung am 
besten so treffen, dals das Reibzeug mit dem negativen Leiter 
unmittelbar verbunden ist. Man nimmt am besten dazu ein sei- 
denes mit Rofshaaren festausgestopftes Kissen, über welches ein 
Stück dünnes Kalbleder gezogen wird, worauf man das Amal- 
gama einreibt. Dieses Kissen wird an eine metallene Platte, 
welche seine Rückseite bildet, oder auch an’eine der Krümmung 
des Cylinders gemäls gebogene Holzplatte, die mit Stanniol 
überzogen ist, befestigt, in welche nach den beiden Enden zu 
hinlänglich starke messingene Stifte eingelassen sind, durch 
welche vermittelst einer starken Feder das Kissen gleichförmig 
angedrückt werden kann. Um das’ Kissen schicklich 'einzzrich- 
ten, bemerkt CAvALLo, müsse man es auf-eine solche Art ver- 
fertigen, dafs diejenige Seite, an. weleher sich die Oberfläche 
des Glases beim Herumdrehen andrängt, ein so vollkommener 
Leiter als möglich sey, damit sie (im Sinne der Franklin’schen 
Theorie) die E. só geschwind als.möglich hergebe, ‚die andere 
Seite aber so viel als möglich ein Nichtleiter, damit nichts von . 
ler am Glase angehäuften el, Materie wieder hinter das Kissen 
zehe. Um aber diesen Zweck zu erreichen, ohne ‘dafs man 


424 | Elektrisirmaschine., 


‚darum nöthig hat, den hintern Theil des Kissens aus einem 
Nichtleiter zu machen, der vielmehr aus einer gut leitenden | 
Platte bestehen muls, um beim negativen Elektrisiren zwischen 
dem negativen Conductor und dem Kissen eine gute leitends 
Verbindung zu unterhalten, ist der vorne am Kissen angemachk: 
Lappen von Wachstaffent, der von dem obern Rande des Kir 
sens über die Fläche des Cylinders bis nahe an den ersten Leiter 
hinweggeht, vollkommen hinreichend. Diese Verbesserung, 
die unstreitig eine der wesentlichsten in der Einrichtung de. 
Reibkissens ist, verdankt man dem Dr. Nooru! Wenn man ei: 
simples Kissen ohne einen solchen Lappen anwendet, so be- 
merkt man eine Feuerlinie an dem vordern Rande desselben, 
wo das Glas dasselbe verläfst, welche BeccArıA aus der vom 
Glase zurückkehrenden E. ableitete?, Eben dieses leitete den 
Dr. Nooru auf jene wichtige Verbesserung. Nıcuousor® ht 
- eine Reihe von- Versuchen angestellt, um den Dienst des seide- 
nen Lappens mehr „aufzuklären. Sie sollen nach ihm zeigen, 
dafs er das vornehmste Wirkungsmittel zur Erregung der E. sey, 
indem das Kissen die E. nur hergebe, und den Druck am vor 
dern Theile verstärke. Wenn aber Reibung die wesentlidt 
Bedingung zur Erregung der E. ist, und wenn das Reibkisss, 
wie sich Nıc#oLsos in der Franklin’schen Sprache ausdrüdt, 
die E. hergiebt, so mufs man doch wohl dieses als das eigent- 
liche Erregungsmittel der E. betrachten. Dagegen ist die Be 
merkung Nıcuouson’s vollkommen gegründet, dafs die Entwe- 
chung der E. von der Oberfläche des .Cylinders nicht sowohl 
durch die Dazwischenkunft der Seide, als eines Nichtleiters, als 
vielmehr durch eine Bindung verhindert werde, indem die 
Seide eben so stark negativ wird, als der Cylinder positiv ist 
Die Hauptversuche NicnoLson’s sind übrigens folgende. Wenn 
das Kissen einen Zoll von dem Cylinder entfernt, und die Er- 
regung durch den seidenen Lappen allein bewerkstelligt ward, 
so sah man einen Lichtstrom zwischen dem Kissen und den 
Seidenzeuge, und der Conductor gab weit weniger Funken | 
Legte man eine Rolle trockenes Seidenzeug dazwischen, 50 








1 Phil. Tr. LXIII. Nr. 81, 
2 Philos, Trans. LVI. S. 117. 


3 Phil. Trans. Vol. LXXIX. P.II. S.273. übers, in Gren’s Jour- 
nal der Physik III. 49, u. f. 


Glascylinder. _ 425 


e der Lichtstrom auf, and man bekam noch weniger Fun- 
, Legte man aber eine nicht isolirte Metallstange dazwischen, 
sonst keinen Theil des Apparats berührte, so sah man einen 
ten Strom zwischen der Stange und dem Seidenzeuge, und 
Conductor gab sehr viele Funken. Eine Leidner Flasche, 
m Knopf man an die Stelle der Metallstange brachte , war 
ativ geladen. Das Seidenzeug allein mit einem nach hinten 
angebrachten Stück. Zinnfolie, vetschaffte viel E.; mehr. er- 
t man, wenn das Kissen leicht angedrückt ward, noch mehr, 
m man die Hand an das Seidenzeug statt des Kissens an- 
hte. Der Rand der Hand that eben so gute Dienste als die 
she. Ein dickes oder zwei'und mehrmal über einander ge- 
es Seidenzeug elektrisirte schwächer, als ein einfacher sehr 
mer Lappen. Nahm man das Seidenzeug vom Cylinder ab, 
entstanden Funken zwischen beiden. Das erstere. „ward 
wach negativ, der letztere positiv. 

Auf folgende Weise will NicnoLson die stärkste E. mit 
ıem Cylinder erhalten haben. Er reinigt denselben, und 
cht den seidenen Lappen ab, läfst hierauf den ersteren so 
ge an einem mit Talg bestrichenen Reibzeuge umlaufen, bis 
gleichförmig undurchsichtig geworden ist. Dann dreht er 
so lange um, bis der seidene Lappen. so viel Talg abge- 
cht hat, dafs er halb durchsichtig wird. Er bringt nunmehr 
ras Amalgama auf ein Stück. Leder, vertheilt es gleichförmig 
l bringt es an den Cylinder. Hierbei nimmt die Friction un- 
telbar zu, und man muls das Leder nicht. eher wegnehmen, 
bis sie aufhört, grölser zu werden. , Nimmt man es aber 


lann weg, so wird die Wirkung der Maschine sehr stark 


n. Das Reibzeug seiner Maschine besteht aus. einem seide- 
ı Lappen von dem Zeuge, welches die Kaufleute Persian 


ınen. Dieser wird an ein Leder geleimt. Das Kissen wird ge- 


ı den Lappen durch eine dünne Spiralfeder, die in der Mitte 
nes Rückens angebracht ist, angepreflst (wogegen sich die 
ler selbst stemmt, ist nicht näher angegeben) so dals es ihn 
seiner ganzen Länge berührt. Man sollte nach dieser von 
CHOLSON gegebenen, nicht sehr deutlichen, Beschreibung 
ıehmen, dafs nicht eigentlich der seidene Lappen, sondern 
cmittelst des Leders der gläserne Cylinder selbst mit dem 
algama gleichförmig eingerieben werde, was aber durchaus 
‘ht zu billigen.ist, da vielmehr sorgfältig vermieden werden 


7 


496 Elektrisirmaschine, 


muls, dafs sich keine Theile des Amalgam’s an den Gla- 
Cylinder anhängen, weil sie den Rückgang der E. vom post- : 
ven Leiter nach dem Reibkissen erleichtern. Ob das Reibkise. 
blofs mit Taffent überzogen, oder über den Taffent vom untsi 
Rande des Kissens noch ein Leder übergeschlagen ist, wi 
an sich gleichgültig seyn, da es ja doch eigentlich die Amb 
gamafläche ist, an welcher sich der Cylinder reiben soll — i 
dels scheint mir letztere Einrichtung den Vorzug zu verdi 
da sich das weiche geschmeidige Leder viel besser anlegt 
weniger leicht abgenutzt wird. Der an das Reibkissen m 
angenähte Lappen braucht eben nicht von Wachstaffent zu sep 
jedoch mufs er folgende Eigenschaften haben: 1. er muls durd» 
aus nicht leiten, also auch die Feuchtigkeit nicht anzia; $% 
9, er muls keine Unebenheiten haben, besonders an der Seite nick, 
wo er das Glas berührt; 3. er mufs nicht start seyn, damit er da 
Glas gleichfürmig berühre ; 4. er mufs nicht zu dick seyn, dust 
die Falte, womit er an das Reibzeug befestigt ist, sich nicht z 
sehr über dasLeder erhebe; 5. er mufs nicht zu dünn seyn, m 
die el. Flüssigkeit nicht durchzulassen. Mit diesen Eigenscht- 
ten wird jeder Taffent, er sey geölt, gefirnilst oder gewidi, $$ 
bder habe auch nur seine ursprüngliche Beschafferheit, A 
gute Dienste leisten. 

Das Kissen selbst muls wenigstens 4, höchstens 4 des 0y- 
linders umfassen. Bei geringerer Breite wird jeder einzel 
Glasstreifen nicht hinlänglich lange gerieben , um das Maxime 
von E. zu ‘entwickeln, bei gröfserer Breite würde sein hinter? 
Rand dem ersten Leiter zu nahe kommen, und von da aus Ù $- 
Entladung desselben zu sehr begünstigen. Was seine Ling 
betrifft, so ist es bei guter Isolirung der Axe hinreichend, we & 
die Enden desselben nach Verschiedenheit der Länge des (y 
linders einen, höchstens zwei Zoll vom Rande, wo sich W$, 
Cylinder nach den Hälsen zu verschmälert, abstehen, Bei nd 
so guter Isolirung der Axe wird beim negativen Elektrisiren # 
Wirkung bei einem solchen Abstande immer geschwächt. SW 
viel kommt auf die gehörige Anpressung des Reibkissens # 
'hinlänglicher Nachgiebigkeit desselben an. Bei meiner Masch# 
befindet sich die andrückende Feder im negativen Conduct 
selbst eingeschlossen, und an das hinlänglich starke Blech der 
selben an seiner Hinterfläche der Länge nach befestigt. D€ 
' Conductor und mit ihm. die Feder haben eine mit dem Re 















Glascylinder, 497 


a gleichlaufende horizontale Ausdehnung, Dieser Con- 
ist auf eine starke Glassäule gekittet, welche ihrerseits in 
ı passenden Fuls eingekittet ist, der in dem Bodenbrette der 
'hine in einer eigenen Nute verschiebbar ist, und durch eine 
schraube in jeder Lage fixirt werden kann. In die vordere, 
. dem Reibkissen gerichtete, Fläche des Conductors sind | 
‚ hinten und vorn offene Hülsen gelöthet, in welche jene 
ı beschriebene Zapfen oder Stifte der hintem Wand des 
ıkissens passen und auf die von der Blechwand abstehenden 
:nflügel der zu diesem Ende gehörig gebogenen, starken 
Meder ‘aufstehen. Durch das verschiedene Anschieben des 
ıtiven Conductors an den Cylinder kann man den Druck des 
skissens beliebig reguliren, und die starke Feder wird dase 
e immer gehörig andrücken, wenn auch der'Cylinder in sei» 
Umdrehung etwas ungleich wegen nicht vollkommen cen- 
er Fassung oder nicht vollkommener Rundung seines Umfan- 
gehen solltet, 

Der dritte Haupttheil der Maschine ist endlich der erste 
‘er, ein isolirter, vollkommen leitender Körper, der an sei» 
p dem Cylinder zugekehrten , Seite nach der Gröfse des Cy- 
ers mit einer oder einigen Spitzen, die in gleicher Richtung 
dem untern Rande des Lappens etwa 4 Zoll unterhalb ste~ 
s versehen ist, und dem man auch wohl den Namen des 
ectors gegeben hat. Sonst gebrauchte man statt eines sol-' ` 
3 Zuleiters eine Quaste von Goldfäden, aber wenige Spitzen 
a weit bessere Wirkung. Nıchonsow nach dem Vorgange 
r Marum’s liefs sogar die Spitzen ganz weg, und begnügte 
, den dünnen cylindrischen Zuleiter unterhalb dem freien 
de des Wachstaffents und von gleicher Länge mit diesem 
ahe wie möglich an den Glascylinder zu bringen. Ich hab 
fs durch vergleichende Versuche gefunden, dafs bei sönst 
cher Einrichtung, namentlich bei gleicher Ausdehnung -des 
ductors, die Anhäufung der E. an demselben einen höheren 
d erreicht, wenn der sogenannte Einsäuger mit einigen 
zen bewaffnet ist. Es beruht nämlich alles darauf, dafs in 
sem Einsauger die Dichtigkeit der E., welche derjenigen des 





1 Die Einrichtung, welche J. C.. Horrmans in der oben ange- 
cten Schrift S. 32 dem Reibzeuge zu geben vorschlägt, habe ich 
einer von ihm verfertigten Maschine nicht bewährt gefunden. 


428 Elektrisirmaschine. 


Cylinders entgegengesetzt ist, den höchst möglichen Gr: 
nehmen könne, um mit der grülsten Leichtigkeit in hinlän; 
Menge auszuströmen, und die durch das Reiben erzeu 
fortdauernd auszugleichen, wodurch dann die (derjenig: 
Cylinders gleichnamige) im isolirten Conductor zurückblei 
E. auf den höchsten Grad gebracht wird, und in dieser Hi 
haben feine hervorragende Spitzen vor allem den Vorzug 
Bıor nach CovLoms’s Versuchen mit aller Schärfe gezei: 
Ehemals hing man den ersten Leiter an seidenen Schnüre: 
er steht aber auf Glasfülsen weit fester und sicherer. Mar 
fertigt ihn am besten von Messingblech, und nur bei seh: 
fser Ausdehnung, um die Kosten zu vermindern, aus Hol 
Pappe mit Zinnfolie überzogen. Einen solchen weit ausge: 
ten Leiter kann man nun als zweiten Leiter von.dem ı 
gleichsam noch unterscheiden und auf seine zweckmälsige 
zichtung kommt zur Verstärkung der Wirkungen der Elekı 
maschine sehr viel an, worauf ich noch bei der näheren Bet 
tung dieser Wirkungen zurückkommen werde. Zur wei 
Erläuterung und Veranschaulichung des bisherigen mag 
kurze Beschreibung und Abbildung einer sehr einfachen ( 
dermaschine nach CAvALLO dienen, an welcher fast all 
von mir angegebenen Verbesserungen angebracht werden. 
Fig. Ihr Gestell besteht aus dem Brette ABC, welches mit 
° eisernen Klammern an den Tisch geschraubt werden kann. 
diesem Brette stehen zwei starke hölzerne Säulen AH und 
die den Cylinder und das Rad tragen. An der messin 
Haube, worin der eine Hals des Cylinders FF gefalst ist, 
‘eine stählerne Spindel durch die Säule KL hindurch, und 
jenseits dieser Säule einen Würtel. Auf der Peripherie d 
‚Würtels sind 3—4 Einschnitte, um der veränderlichen I 
der Schnur nachgeben zu können, welche um den \Vürtel 
den Einschnitt an der Peripherie des Rades D gezogen wire 
der andern Haube des Cylinders ist ein kleines Loch, in wel 
das. conische Ende einer starken Schraube geht, die durch 
Säule H geschraubt ist. Das Rad D wird vermittelst 
Handgriffs E um eine starke Axe gedreht, welche in 
Säule LK befestigt ist. 
Das Reibzeug dieser Maschine besteht"aus einem dün 
mit Haaren ausgestopften, seidenen Kissen, welches an je 
Ende um zwei Zoll kürzer als der Cylinder ist, und auf einmale: 


Glascylinder. 429 
en vierten Theil von dem Umfange des Cylinders berührt. 


ls ist mit seidenen Schnüren an ein Holz gebunden, das eine 
ẹ der Oberfläche des Cylinders passende Gestalthat. Am obern 
ade des Kissens befindet sich ein Stück Wachstaffent, das fast 
ganzen oberen Theil des Cylinders bedeckt; an das untere 
Di des Holzes, woran das Kissen gebunden ist, wird ein 
Leder befestist, welches sich über das Kissen biegt, dag 

it es. zwischen dieses und den Cylinder kommt, und auf 
ches das el. Amalgama mit etwas Schweineschmalz einge- 


aa 


wird. Das Kissen wird von zwei Federn gehalten, die 


n an dasselbe angeschraubt sind, und aus der hölzernen 
einer starken gläsernen Säule hervorkommen, die auf 

Bin untern Brette steht. Sie muls wohl lackirt seyn und hat 
gen hölzernen Fuls, der sich in einem Falze im Fulsbreite 
ieben und durch eine Schraube feststellen läfst, damit 

Ban nach Belieben das Kissen stärker oder schwächer an den 


Dylinder andrücken könne. Der erste Leiter ist von Messing- 


mick, und ruht auf zwei mit Siegellack überzogenen Glassäu- 
De, die mit messingnen Fülsen in das Fulsbrett befestigt sind. 

Hangt die E. (nach der Franklin’schen Ansicht gesprochen) 
ch die Spitzen des Rammes oder Collectors L ein, welche 
einen halben Zoll von der Oberfläche des Cylinders abge- 
kt werden. 

; Vom Kissen hängt gewöhnlich eine Kette herab, welche 
Erde berührt, und in diesem Falle erhält der erste Leiter 
Æ. Verlangt man — E so wird diese Kette abgenommen und 










hen — E. erhält. Verbindet man mit demselben einen 
isolirten Leiter, der dem ersten völlig ähnlich ist, so. 
‚auch dieser — E erhalten. 
"Was an dieser Maschine zu tadeln ist, sind die Messing- 
Ñe, in welche die Glassäulen, die den ersten Conductor tra-. 
ip, eingekittet sind, da sie zur Ableitung der E. Veranlassung 
n, in, welcher Hinsicht die von van Manum angegebene 
Bun, solcher Fülse weit vorzuziehen ist1. Auch kann 
ich bei der Unterstützung des Cylinders auf der einen Seite 
shl ereignen, dafs die conische Spitze aus der Vertiefung in 
a Haube ausweicht, und der Cylinder dann durch sein eigenes 
nn em 
1 8. unten. 


n ersten Leiter gehangen, wonach das isolirte Kissen beim | 


430 Elektrisirmaschine. 


Gewicht einen Bruch des Hals in der entgegengesetzten Hmb f 
herbeiführt. Endlich scheint die von mir oben näher beschi! 
bene unmittelbare Verbindung des Reibkissens mit dem negatimi 
Leiter wegen ihrer Einfachheit den Vorzug zu verdienen 
Ananus! beschreibt zwei Cylinder- Maschinen, die bij ĝ:; 
mit einander übereinkommen, nur dafs die eine mit einer Wi 
sen Kurbel, die andere vermittelst eines Rades bewegt wei 
Sie sind sonst beide völlig wie Cavarro’s Maschine eingerd 
tet. Nur am Kissen fehlt das Leder, statt dessen geht em$tä 
Wachstaffent oder Seidenzeug vom untern Rande des Kis 
aus, und über den Cylinder so weit hinweg, dafs es fest iif 
die einsaugenden Spitzen des ersten Leiters anstölst. Derld 
ter zam — E ist an einem hölzernen Arme auf der Glassäule, & 
das Kissen trägt, fest, eine Vereinfachung, die eigentlich Nang 
zuerst eingeführt hat, der die meisten Glascylinder- aschist 
in England, zum Theil von sehr grolser Wirksamkeit, verfertiie $ 
Die einzige, wesentlich neue, Einrichtung an den Cylinda- 
Maschinen, die zu den bisher beschriebenen noch hinzuseker 
men, ist die von Nıcaorsov angegebene, um vermittelst emt 
Cylinder-Maschine, wie dieses durch vaw MARUM spät af 
den Scheiben-Maschinen so sinnreich ausgeführt worda if 
an einem und demselben Leiter beide Elektricitäten darzustlkl ! 
Zu diesem Behuf schlug er vor, an eben demselben Leiter s 
Kissen eines auf jeder Seite zu befestigen, das Reibzeng ġe 
mit dem seidenen Lappen beweglich zu machen. WVill maní 
entgegengesetzte E. haben, so löst man das Leder von dè 
Reibzeuge ab, und befestigt es an dem andern Kissen auf iif 
entgegengesetzten Seite des Cylinders, der selbst nun nach 
entgegengesetzten Seite umgedreht wird?. Indels sind derc« 
chen Maschinen nie in Gang gekommen, und Nicnorsow’s i 
schreibung derselben ist selbst zu kurz, um sich eine re 
deutliche Vorstellung davon zu machen. | 


B. Glasscheiben-Maschinen. 

Um das Jahr 1766 wurden die Maschinen mit runden Glor $ 
scheiben bekannt, welche der englische Künstler Ramsnes st 
vielem Beifalle verfertigte. Er gab sich für den Erfinder de- 
selben aus, wofür ihn auch PrızstLex in der ersten Ausgabe 











1 Versuch über die E. S. 14 £. 
2 Vergl. Gren’s Journal der Ph. III. 56, 


5 Glasscheiben, 43 


ner Geschichte der E, erklärt, in der zweiten aber wird 
‚ Inernnouss als Erfinder genannt. Sı6GAUB DE LA FonDi 
&hlt, dafs er schon 1756 eine Scheibe von Krystallglas an 
er Axe gedreht mit Vortheil als Elektrisirmaschine gebraucht 
ve; als sie ihm aber durch den allzustarken und ungleichen 
ack des Kissens zersprungen sey, so habe er diesen Gedanken 
der aufgegeben. Nach einer Nachricht in der allgemeinen 
itschen Bibliothek 2 ist der eigentliche Erfinder dieser Ma- 
inen PLANTA, Stifter und ehemaliger Director des Halden- 
>, e . 

suschen Seminariums, der sich derselben um das Jahr 1760. 
lient hat. Dr. Insenuouss® sagt, dafs er seit dem Jahre. 
54 angefangen habe, sich der Glasscheibe zu bedienen, weil 
won der Reibung derselben an beiden Seiten sich viel ver- 
ochen. Er habe eine noch sehr unvollkommene Probe davon 
m Dr. FRANKLIN und andern Freunden in London gezeigt, 
meuf sie bald. von RAmspen und andern Künstlern nachge- > ' 
whi worden. , 

Nach der ersten Einrichtung bestanden diese Maschinen aus 
rer kreisrunden Glasscheibe, welche in verticaler Stellung mit 
er Kurbel gedreht wurde, die an einer eisernen, mitten 
‘ch die Glasscheibe hindurchgehenden Axe befestigt war. 
Scheibe wird von vier ovalen Kissen gerieben, die ungefähr 
ei Zoll breit sind, und von denen je zwei an jeder Seite der 
xeibe an den beiden Enden des verticalen Durchmessers ste- 
t. Das Gestell besteht aus einem Brette, das man mit einer 
grnen Klammer auf einen Tisch befestigen kormte. Auf dem 
*te stehen zwei Pfeiler von Holz, die mit einander parallel 
Een; und oben durch ein Querholz verbunden sind. Diese 
wen in ihrer Mitte die Axe der Glasscheibe, und an sie sind 
'h die Kissen befestigt, die durch Schrauben mehr oder we- 
er festgedrückt werden können. Der Leiter war ein hohler 
linder von Messing, an dessen Ende sich zwei Arme ausbrei- 
n, welche bis nahe an das Glas reichten, und an ihrer in- 
n gegen die Scheibe gekehrten Seite mit Spitzen versehen 
ren. Eine umständliche Beschreibung dieser damals ge- 





1 Précis des Phen. el. P. I. Sect 1. Chap. 2, 

2 Anhang zum 13—24. Bande fter Abtheilung 8. 549. 

3 Vermischte Schriften herausgegeben von Molitor, 2. Aufl. 
en 1787. gr. 8. I. Bd. 8, 172. u. f. 


432 Elektrisirmaschine. 


bräuchlichen Maschinen liefern Scuminr 1 und d’Inanar?, So- 

viel auch diese Maschinen gleich im Anfange leisteten, » p- 

ben sie doch bei dieser Einrichtung zu der Klage Veranlassung 

dafs die metallene Achse sehr viel von der erregten E. annchs 

und ableite. FowtamsA hatte für das Cabinet des Grofsherug 

von Toskana eine solche Maschine mit einer doppelten Schek 

von 18 Zoll Durchmesser verfertigen lassen, wo jede.Sche 

auf beiden Seiten an zwei Orten gerieben wurde. Diese gab 
starke E., dafs der Leiter Funken gegen die Axe schlug, welds 
durch die Kurbel und den Körper der drehenden Person u. 
den Boden gingen. 

Curasertsox in Amsterdam half dem erwähnten Fehle 
dadurch ab, dafs er die kupferne Achse zwischen beida |. 
Glasscheiben ‚mit einem gläsernen Ringe umgab, den er mit$ie- 
gellack an die Scheiben ankittete. Die beiden Arme des erstea 
Leiters führte er zwischen die beiden Scheiben hinein bis nahe» 
den Glasring, so dals sie alle dazwischen erregte E.,.aufnehmen 
mulsten. Bei der ersten Einrichtung dieser Scheiben-Maschie 
war es nicht leicht möglich, die Kissen zu isoliren und negatie 
E. zu erhalten. Le Rory in einer’schon 1772 vorgelesenen Ab 
handlung? schlug daher vor, die Kissen an eine Glassäuk a 
befestigen, und zwei Leiter anzubringen, wovon einer ut 
dem Kissen verbunden, der andere gegen die Scheibe gericht 
ist, wodurch man in Stand gesetzt würde, beide Arten von& 
wie bei den Cylinder-Maschinen zu erhalten. Lic#rexses 
in Gotha hatte sich schon im Jahr 1773 eine sehr vollkommen 
Scheiben-Maschine zu positiver und negativer E. nach seine 
eigenen Erfindung verfertigen lassen. Der Graf von Baıuast 
gab eine Maschine mit zwei Glasscheiben an *, welche vermittelt 
eines grolsen Rades, eben so wie sonst die Glas-Cylinder, umge- 
dreht wurden. Dadurch würde in dem Verhältnisse, in wer 
chem in einer gegebenen Zeit mehr Glasfläche, als bei der ge- 
wöhnlichen Einrichtung, gerieben werden konnte, die Elektr- 
citätserresung unstreitig vermehrt werden können. lndefs gebt 





1 Beschreibung einrr Elektrisirmaschine und deren Gebrauch, 
Jena 1773. 4. 

2 Von der E, Erster Theil. Frankfurt 1784. 8. S. 23 u.f. Taf. I. 

3 Rozier observations sur la Physique. Tome IV. Janv, 17%. 
p. 53. fl. 

4 Observ. sur la Physique May 1780- 





Glasscheibe = 433 


durch der Vortheil einer mehr confpendiösen Einrichtung ver- 
ren, und bei grofsen Glasscheiben nimmt die Gefahr des Zer- 
echens sehr zu. Daher ist diese Einrichtung nicht in Gang 
kommen, so wenig als die vom Abt BeRTnOLON vorgeschla- 
ne einer umgekehrten Scheibenmaschine, nach welcher sich 
ı runder Reiber zwischen zwei Glastafeln bewegte, so wie 
> Vorrichtung cines gewissen Franz MAcıoLLo in Venedig, 
ran dem Rande eines buchsbaumenen Rades von 3 Fuls im 
ırchmesser 8 Glas-Platten von # Fuls Breite setzte, welche 
ıen Glasring um dasselbe bildeten. Ingennouss? stellte seine 
nze Maschine auf 4 Glasfülse, wodurch also die Kissen zur 
haltung der negativen E. isolirt werden können. Die Kissen 
lbst waren mit Leder ‘und Flanell überzogen und wurden 
rch Federn angedrückt. Von ihnen gingen zwei Flügel von 
Tachstaffent nach Art des Lappens des Dr. Noora bei den 
ylinder-Maschinen aus bis ganz nahe an die Arme des er- 
en Leiters. 

.Um die E. zu verstärken, wurden selbst drei Scheiben auf 
ne Axe gefalst, wodurch aber die Isolirung der Reibkissen fast 
ımöglich, so wie die Bewegung der Maschine sehr erschwert 
arde, Besonders suchte man aber durch Gröfse der Scheiben. 
e Wirkung zu verstärken. Sıcavo oe LA Fonn führt als die. 
öfste in Frankreich, die ihm damals bekannt geworden war, 
e des Herzogs von CHuAuLxes an, deren Scheibe 5 Fuls im 
urchmesser hatte und bei günstiger . Witterung Funken von. 
! Zoll Länge gab?. Die grölste Maschine dieser Art -wurde in, 
x: Zeit, in welcher die bisher angeführten Verbesserungen all- 
älıg bei den Scheibenmaschinen angebracht worden waren, 
mÜCUTHBERTSON für das Teyler’sche Museum in Haarlem ver- 
Ftigt, welche durch die mit ihr von van Marum angestellten 
ersuche so bekannt geworden ist. Sie besteht aus zwei Glas- 
heiben, jede von 65 englischen Zollen im Durchmesser, die 
s Frankreich gekommen sind. Sie stehen 74 Zoll weit aus. 
Rander, und werden an 8 Kissen, jedes 154 Zoll lang gerie- 
m. Die Axe und um sie an der Scheibe selbst ein Kreis von 
Zoll Durchmesser ist mit einer harzigen Mischung bedeckt. 





1 Licht. Magazin Bd. If. St, 1. S. 137. 
2 Vermischte Schriften 1784, 8. S. 147. 
3 Journ. de Phys, 1788, Nov. p. 62. 
u, Bd; . R Ee 


434 Elektrisirmaschine, 


Die Achse liegt auf Glassäulen, auch steht das ganze Gestell de 

Maschine auf Glasfiifsen, um die Reibkissen dadurch isoliren 

und negativ elektrisiren zu können. In gerader Linie mit da 
Achse 68 Zoll weit von den Scheiben steht eine gläserne 57 Zul 
hohe Säule, die einen kupfernen, 22 Zoll langen, Cylinder mi 
kupfernen Kugeln von 9 Zoll Durchmesser an seinen Endes 
trägt. Am Ende von der Maschine abwärts hat dieser Cylinda 
eine Röhre mit einer Kugel von 4” Durchmesser, (von welche 
die gröfsten Funken erhalten werden s. u.) am andern Ende zwei 
rechtwinklich angesetzte Arme 9 Zoll lang am Ende mit Kugel 
von 6 Zoll. Auf jeder Seite der Maschine parallel mit der Achse 
steht noch eine 57 Zoll hohe Glassäule mit einem solchen Cylin- 
der. Aus jedem geht ein rechtwinklich gebogener Arm 14 Zoll 
lang hervor. Beide Arme kommen zwischen die Scheiben, und 
haben an jeder Seite vier Spitzen zum Einsaugen. Diese drei 
Hauptstücke des Leiters sind noch durch zwei kupferne Cylinder 
verbunden,- der ganze Leiter aber hat 234 Quadratfuls Oberfläche, 
Zwei Personen, bei langer Dauer vier, die bei. negativer Elektri- 
sirung auf einem eigenen Gestelle isolirt sind, drehen die Sche- 
ben an ihrer langen Kurbel um. So riesenhaft auch die Wir 
kungen dieser Maschine sind, so ist sie doch weit entfernt we 

dem Ideale einer vollkommen gebauten Scheibenmaschine. Im 

besondere gilt dieses von der Einrichtung derselben für ds 

negative E, die daher auch viel schwächer als die positive au 

fällt. Da man nämlich die Reibkissen nicht für sich allein ise 
liren kann, sondern das ganze Gestell und mit diesem die zwä 

Personen, die sie drehen, mit isoliren muls, so wird der Luft 

eine allzugrofse leitende Fläche dargeboten, und dadurch diè 

Zerstreuung der negativen E. und die Zuleitung von positiva 

aus der Atmosphäre zu sehr begünstigt. 

CuTHBERTSON, der diese grofse Maschine verfertigt hatta 
führte eine ähnliche in einem kleinern Malsstabe aus, derm 
Einrichtung hier noch eine nähere Angabe verdient, da sie 2 
einer Reihe interessanter Versuche der berühmten holländische 
Physiker J. R. Deımans und A. Pırrs van Taoosrwiıx gr 


dient hat!. 
Diese Maschine besteht aus zwei Glasscheiben von 31 eng. 





von Jons Gortnssntson Leipz. 1790. 8, 


l 
! 






S Glasscheiben, 435 


Zıllen Durchmesser, welche 7 Zoll weit von einander parallel 
Ñi einer Achse stecken und durch vier Paar Kissen gerieben 
Werden, welche 8 Zoll lang, 2 Zoll breit, auch wie bei der 
eylerschen mit Leder überzogen, und an ihrem vordern Randa 
Éi Streifen von Wachstaffent versehen sind. Die Achse der 
Scheiben ist von Messing und hat 1,5 Z. Durchmesser. In der 
e der Scheiben ist sie mit hölzernen Cylindern umgeben, 
welche 4 Zoll dick mit einem el. Kitt überzogen sind, so wie 
die Scheiben selbst bis auf 3 Zoll weit von der Achse einen 
Überzug von’ Siegellack haben. In das Ende der Achse, wo 
dich die Kurbel befindet, sind Schraubengänge geschnitten, mit- 
telst deren ein Stück massives, mit Siegellack überzogenes Glas 
40 Zoll.im Durchmesser und zwei Zoll dick an die Achse ge- 
schraubt wird. An dieses Glas ist auf der innern Seite ein 
Stück Messing mit einer Schraubenmutter, und an der äufsern 
pine viereckige messingene Platte mit einer Schraube befestigt. 
An dieser sitzt die Kurbel, die einen Kreis von 22 Zoll Durch- 
iesser beschreibt. Die Achse wird von drei Säulen aus massi- 
vem Glase getragen; zwei davon befinden sich an dem vordern 
Theile, jede 4 Zoll weit von der Kurbel entfernt, die dritte 
trägt der Achse hinteres Ende. Ihre Höhe ist 3 Fuls 4 Zoll; 
jede Säule besteht aus zwei Stücken, die in der Mitte durch 
einen messingnen Cylinder verbunden sind.‘ Das Fulsstück und 
Gebälke der Maschine, an welche auch die Kissen befestigt 
iind, ist von Mahagoniholz, Das Gebälke, welches die obern 
Kissen trägt, hat keine grölsere Oberfläche, als eben nöthig ist, 
um die Vorrichtung, an welcher die Kissen sind, zu halten. 
Unter der zwei’ Zoll dicken Mahagonitafel, auf welcher die Glas- 
säulen befestigt'sind, welche die Maschine tragen, befindet sich 
eine andere Tafel von Mahagoniholz, von eben der Gestalt und 
Dicke, wie das Fulsstück; diese ist an Letzteres angeschraubt, 
wmten ruht sie auf drei massiven Glassäulen, die 2 Z. dick und 
%6 Z. lang sind. Diese Säulen sind mit ihrem Fufse in eine 
ğtidere Tafel’ von Mahagoniholz befestigt, welche eben die 
Form hat, wie die vorigen, nur etwas gröfser ist, mit welcher 
Ketztern Tafel die Maschine den Fufsboden berührt, und ihrer 
eigenen Schwere überlassen, hinlänglich fest steht, was auch 
‚den Vortheil gewährt, dafs man die Maschine zu jeder Zeit ver- 
zücken kann. Der erste Leiter besteht aus 5 hohlen messingnen 
:Cylindern. Zwei derselben, welche Curuseatson die Arme 
Ee?2 


430 Elektrisirmaschine, 


nennt, haben die Gestalt eines Winkelhakens; an ‘dem einen 
Ende derselben befinden sich die Zmpfangstücke, ‘welche die 
E. aufnehmen, am andern Ende gehen unter einem rechten 
: Winkel zwei Arme heraus, die sich in das Hauptstück des Con- 
ductors endigen. Bei allen Absätzen dieser Stücke sind Kugeln 
angebracht. Die Empfangstücke haben an jeder Seite fünf stäh- _ 
lerne Spitzen, und ihre Entfernung von der Achse beträgt 8 Zoll. 
Der ganze erste Leiter ruht auf einer 2 Zell dicken und 2 Fuß 
hohen massiven Glassäule, welche da, ‘wo der Conductor avf- 
liegt, in einer Länge von 6 Zoll mit einem dicken, nach unten 
hin dünner werdenden, Ueberzuge von Siegellack -bedeckt ist. 
Um die Mitte der Säule befindet sich abermals ein solcher spin- 
delförmiger Ueberzug. Beim positiv Elektrisiren wird ein Mes- 
singdraht von 4 Zoll Durchmesser mit dem Gebälke der Maschine 
verbunden. Dieser ist an der Decke des Zimmers befestigt, an 
‚einer Ward auf den Fufsboden herab und zwischen den Tafeln 
desselben bis an das andere Ende des Zimmers fortgeführt, wo 
er durch ein Loch im Boden bis in eine Grube geht, die bestän- 
dig mit Grundwasser angefüllt ist. Mit diesem leitenden Drahte 
wird auch das Fulsstück verbunden. Auf diese Art wird dem 
Kissen die el. Materie zugeführt, und wenn man die E., welke 
die Maschine einem andern Körper mitgetheilt hat, wieder hin- 
wegschaffen will, wird dieser letztere ebenfalls mit dem le- 
tenden Drahte verbunden. 

Zum negativ Elektrisiren nimmt man die Empfangstücke 
von den Armen ab, und stellt den Conducter so auf die Glas- 
sänle, dafs die Arme in einer Verticalebene stehen, und Kopf 
"und Fuls des Pfeilers, welcher die Achse trägt, berühren. Um . 
die positive el. Materie, welche die Scheiben durch. das Reiben 
an den Kissen erhalten, wieder abzuführen, und dadurch die: 
. Anhäufung der — E an den Kissen zu erhalten, wird bei der ` 
Teyler’schen und andern Scheiben-Maschinen der gewöhnliche | 
positive Leiter mit dem Fulsboden verbunden. Hier aber wer- 
den zwei besondere Stücke dazu gebraucht, die zu beiden Ser 
ten der Mitte des Fulsstückes zwischen die Ränder der Scheiben 
gestellt werden. Von diesen beiden Stücken besteht jedes aus 
einer massiven Glassäule, oben mit einer hölzernen Bekleidung 
versehen, in welche das Empfangsstück, das sich vorhin am 
Arme des ersten Leiters befand, mit seiner Kugel gesteckt wird. 
Auf dieser Kugel sitzt noch eine kleinere, von der ein Døbt . 






Glasscheiben., . 437 


sam Boden herabgeht und die el. Materie abführt. Diese Vor- 
iichtung kann auch gebraucht werden, um Batterien ohne den 
thesen Conductor positiv zu laden, indem man sie mit dem 
jewähnten Drahte verbindet. Eben so kann zur negativen La- 
dung einer Batterie ein kleinerer Leiter gebraucht werden, der 
ans einer gebogenen messingnen Röhre von 1 Zoll Durchmesser 
besteht, und zwei Fuls von dem hintern Pfeiler der Maschine 
absteht. Diese Einrichtung verschafft also den Vortheil, Batte- 
gen sowohl positiv als negativ ohne einen Conductor von gro- 
bem Umfange laden zu können, der sonst der feuchten Luft 
zu viel Fläche darbietet. Man hat auch noch den Nutzen, dafs 
man auf diese Art kein so grolses Zimmer zu den Versuchen 
bedarf. | 
: Van Marum beschäftigte sich aber besondersmit der Verbes- 
serung der Scheiben-Maschine, und wir verdanken ihm die voll- 
kommene Einrichtung, welche sie nunmehr besitzet, und wodurch 
sie jede andere Art von Elektrisirmaschinen übertrifft. Im Jahre 
1789 machte er zuerst eine bessere Einrichtung der Reibzeuge 
bekannt!, welche vorzüglich darin bestand, dafs er an dem Ende 
lerselben, wo die Scheibe bei ihrer Bewegung sie verlälst, den 
Wachstaffent von Dr. Nooru anbrachte mit einer angemessenen 
Einrichtung, um-ihn recht glatt zu spannen, auch richtete ex 
die Reibkissen selbst so ein, dafs sie an dasGlas auf eine gleich- 
förmige Art angedrückt wurden. lm Jahre 1791 erschien aber 
die Beschreibung und Abbildung der ganz neuen Einrichtung der 
Scheibenmaschine selbst in einem Schreiben an Ingenuouss?, die 
wir hier wieder ihrem Wesentlichen nach mittheilen, da diese 
neu eingerichtete Maschine als eine Mustermaschine zu be- 
trachten ist. == | 





1 Lettre de M. van Marum à Mr. le Chev. Landriani a Milan, 
contenant la description des frottoirs électriques, dont l’effet sur 
passe de beaucoup celui des frottoirs ordinaires. à Haarlem 1789. 4; 
æch im Journal de Physique Avril 1789 S. 274. ff.; übers. in Gren’s 
Journal der Physik If, 167. 

2 Description d’une Machine electrique construite d'une manièro 
Rouvelle et simple, et qui réunit plusieurs avantages sur la con- 
Struction ordinaire im Journal de Physique Juin 1791, auch - ange- 
hängt der Tweede Vervolg der Priefaemingen u. s. w. Haarlem 1795. 
Uebers, im Gothaischen Magazin für das Neueste aus der Physik 
VI Bd. 4tes St. S. 461 f. ingl. in Gren’s Journ, der Physik 
IV, 3 u- F; - or . 


' 


4338 Elektrisirmaschine. 


Das Hauptaugenmerk vas Manum’s bei der Errichtung 
seiner Maschine war, dasselbe mit der Scheibenmaschine zu 
leisten, was NıchoLsow durch eine neue Einrichtung an de 
Cylindermaschine bewirkt hatte, nämlich an einem und dem- 
selben Leiter beide Zleltricitäten, die positive und die . 
negative darstellen zu können, demnächst aber auch die 
negative E. von derselben Stärke wie die positive zu e-. 
halten, was bei der früheren Einrichtung, wo die nega- 

vig 5YE E. nur durch lsolirang der ganzen Maschine erhalten | 

4iu.werden konnte, unmöglich gewesen war. Die beschriebene 

42. Maschine hat eine Scheibe von 32 Zoll. Die Reibzeuge an 
derselben sind unmittelbar isolirt, indem jedes Paar von einer 
eigenen Glassäule A getragen wird. Bei den Scheibenmaschinen, 
wie sie sonst eingerichtet waren, sind die Reibzenge vertical ge- ` 
stellt, es müssen also zwei Seitenpfosten dabei seyn, die oben 
ein Querstück tragen, an welchem die oberen Reibzeuge be 
festigt werden. _Um bei dieser Einrichtung eine vollkommenen 
lsolirung der Reiber erhalten zu können, sind Anstalten nötlig, 
welche vaw Manum früher bei einer aus zwei Scheiben beste- 
henden Maschine angebracht hatte, die aber eine unbequem 
‚Ausdehnung herheiführten. Die neue bequemere horizontk 
Stellung und damit erreichte vollkommene lsolirung der Reb- 
kissen wird nur dadurch möglich, dafs die Axe der Scheibe Bh 
auf einer einzigen Säule C ruhet und auf derselben gedreht 
wird. Diese letztere Säule hat aus diesem Grunde ein verläm 
gertes Gesimse K, welches zwei kupferne Pfannen D trägt, die 
ganz nahe an den Enden des verlängerten Gesimses angebracht 
sind, worin sich die Achse drehet, und an welchen zwei ent- 
sprechende, über die Achse greifende, Ueberlagen durch zwi 
starke Schrauben befestigt sind, um die Achse gehörig festzu- 
halten. Letztere hat ein GegengewichtO von Blei, um zu ver- 
hüten, dafs das Gewicht der Scheibe nicht zu viel Reibung ia 
den Üeberlagen D verursache. Man sieht gleich beim ersten Blicke, 
dafs die Reibzeuge von allen umgebenden Gegenständen durch 
ihre gläsernen Träger hinlänglich entfernt sind, um beim nega- 
tiven Elektrisiren E. aus ihnen anziehen zu können, die Achse 
etwa allein ausgenommen, die aber zum Theil aus einem Nicht- 
leiter verfertigt ist, um die Anziehung des-+ und die Zerstreuung 
des — nach ihr zu verhindern. Der Bogen des Conductors EB; 
welcher die beiden Zuleiter (Einsauger des -+ E) FF trägt, i$ 





Glasscheiben ` 439 


Achse G fest, welche sich in der Kugel H dreht. Die- 
gen oder Halbkreise EE gegenüber an der andern Seite 
ieibe befindet sich ein anderer Bogen JJ aus Messingdraht ` 
Zoll Dicke, an dessen Enden zwei kleinere Zuleiter L L 
finden, der auf die Achse durch eine Scheibe, von wel- 
ine. beiden Arme ausgehen, aufgesteckt ist, und frei um 
ə gedreht werden kann, wie der Bogen EE, um ihn 
er in die verticale oder horizontale Stellung bringen zu 
, in welcher letzteren er einerseits den obern, andrerseits 
teren Rand der Reibkissen berührt, um sie beim posi- 
lektrisiren mit (positiver) E. zu versehen. Will man 
ı Gegentheile desselbigen Conductors für die negative 
enen, so hat man nichts weiter nöthig, als den Bogen 
drehen, bis seine Zuleiter FF die Reibzeuge berühren, 
ı Bogen JJ in die verticale Stellung zu bringen, um die 
bsorbiren, welche durch das Reiben auf der Oberfläche 
eibe haftet, zu welchem Behuf die kleinen Zuleiter L L 
r 4 Zoll von der Scheibe abstehen. Die sonstige Ein- 
; des ersten Leiters an dieser Maschine gewährt durch 
abilität, indem er mit derselben ein Stück ausmacht, 
‚deutenden Vortheil vor den sonst gebräuchlichen ersten 
der gewöhnlichen Elektrisirmaschine, denen man stets 
ihre rechte Stellung geben muls, und die selbst wäh- 
c Versuche wegen der Erschütterung des Bodens ihre 

Beziehung auf die Scheibe verändern können. Der 
or besteht blofs aus einer Kugel H von 9 Zoll Durch- 
lurch drei Schrauben auf eine kleine Haube M befestigt, 
ın eine Zwinge gelöthet ist, die auf den Träger N ge- 
ird, und dieser Träger ist auf dem Bodengestelle der 
e festgemacht. Die Zuleiter FF sind ohne Spitzen, 
Cylinder von 6” Länge und 2% Breite aus dünnem 
die sich in Halbkugeln endigen. Van Marum beab- 

vorzüglich dadurch das Ausströnlen der E. gegen das 
r zu verhindern, welches aus den demselben am näch- 
genen Spitzen der Saugarme bei der gewöhnlichen Ein- ` 
statt finde. Indefs haben mich Versuche mit einer 
sh dem Muster der beschriebenen eingerichteten Ma- 
slehrt, dafs diese Art von Zuleitern, wenn sie auch der 
noch so nahe gebracht werden, (van Marum näherte 
af $ Zoll) doch die E. nicht so vollkommen einsaugen, 


440 Elektrisirmaschine. 


als Spitzen, und dafs man auch das Ausströmen nach dem Reib- 
kissen (und nach der Achse, welches nicht weniger in Betrach- 
tung kommt) hinlänglich verhütet, wenn man an die Enden der 
beiden Bogen zwei runde, etwa 5” im Durchmesser haltende, e- 
was ausgehöhlte Scheiben anbrinst, die an ihrer der Glasscheie 
zugekelhrten ausgehöllten Fläche mit drei Spitzen versehen sind, 
Um die Zerstreuung der E. des Conductors längs den Trägern 
zu verhüten, sind diese mit Kugeln TT von Mahagonihok 


versehen, welche zugleich die kupfernen Zwingen, die auf di‘ 
Träger eingekittet sind, bedecken, deren Ränder, wenn ss’ 


unbedeckt wären, den Verlust eines grofsen Theils der dei 
Conductor mitgetheilten E. verursachen würden. Alle drei Tri- 
ger haben auch unten Ringe von Mahagonihoulz, V, V, V, um 
die kupfernen Zwingen zu bedecken, in welche die Träger ge- 
kittet, und welche mit breiten Fülsen versehen sind, um æf 


der Basis des Apparats vermittelst eiseruer Schrauben recht 


gut befestigt zu werden. 

Eine besondere Sorgfalt hat vas Marum darauf verwende, 
die Achse an seiner neuen Maschine isolirend zu machen, un 
alle Zerstreuung der E. durch dieselbe möglichst zu verhindern. 
Die Mitte des nicht leitenden Theils der Achse ist ein Cylinde 
von Nulsbaumholz aaaa, der am Feuer so stark ausgetrockne 
worden ist, dafs er so gut isolirt als Glas. Er wird nachhe, 
wenn er noch heils ist, mit Bernsteinfirnils überzogen, Di 
beiden Enden dieses Cylinders, welche von einem kleineren 
Durchmesser sind, werden durch starke Hammerschläge in starke 
kupferne Kappen oder Zwingen b und c eingeprefst, und durch 
drei eiserne Schrauben dd festgehalten. Der Cylinder aa und 
die beiden Zwingen b, c sind mit einer Lage von Gummilak 
eeee bedeckt, um den hölzernen Cylinder desto besser in sei- 
nem isolirenden Zustande zu erhalten und zu verhindern, dal 
der Stand der Zwinge c nicht gegen die andere Zwinge ausströmt, 
was verursachen würde, dafs es auch die Zuleiter des Conductors 
gegen die Achse thäten. Der Boden der Zwinge b ist auf da 
Ende der eisernen Achse B festgeschraubt. Der Boden der 
Zwinge c, der 4” im Durchmesser hat, endigt sich in eine 
Achse, von 1” Dicke und 2” Länge, deren Ende zu einer 
Schraube geschnitten ist. Man stellt die Glasscheibe daral 
und drückt sie durch eine Schraubenmutter h von Buchsbaum- 
holz, die zu einer Halbkugel abgedreht ist, fest. Zwischen 


Dei 


Glasschejiben. | 441 


r Fläche der Zwinge und der Scheibe und zwischen dieser 
d der Schraube h sind zwei Ringe von Filz, und in dem 
che der Scheibe, das zwei Zoll im Durchmesser hat, ist 
ch ein Ring von Buchsbaumholz, damit die Scheibe auf keine 
eise das Kupfer berühre und keine Risse darin entstehen. 
e Schraubenmutter h hat zwei Löcher ii, um die Spitzen eines 
ernen Schlüssels aufzunehmen, mit welchem man auf und 
schraubt. Diese Art der Fassung der Scheibe gewährt man- 
zfaltige Vortheile vor der sonst gewöhnlichen, wo die Scheibe 
rischen zweiBacken fest gekittet wurde. Die Gefahr, welche 
am Aufkitten -der Backen für das Springen der Scheibe statt 
ıdet, fällt hier ganz weg, die Maschine wird ungemein leicht 
ınsportabel, da die Scheibe für sich allein, wie jedes Spiegel- 
as leicht verpackt, uud auch die übrigen Theile, von einan- 
‘r getrennt, bequem zusammengelegt werden können; endlich 
t, wenn man ein Unglück mit der Scheibe gehabt haben sollte, 
er ganze übrige Apparat unverändert zu gebrauchen, indem 
1an blofs eine neue Scheibe anpalst. Aufser allen diesen Ver- 
esserungen empfiehlt sich diese neue Maschine auch noch durch 
hr zweckmälsig eingerichtete Reibzeuge von der Art, wie sie. 
au Manum in jenem früheren Schreiben an Lanpaıanı be~ 43, 
‘hrieben hat. Sie werden aus einer Holzplatte, die die Rück- 
rand derselben bildet, verfertiget, dieses Holz wird mit einem 
afserst locker gesponnenen dicken und elastisehen Wollengarg 
əder auch mit Rolshaaren) belegt, und mit schwedischem 
Eundsleder oder dünnem Kalbsleder überzogen. Nach einer 
esten Einrichtung hatte van Manum die Scheibe an Taffent 
erieben, der durch ein mit Sammet überzogenes Holz an das 
rlas angedrückt wurde; hei grölseren Maschinen, wie nament- 
ch bei der Teyler’schen, bei welcher er diese Einrichtung an- 
ringen wollte, war aber die Reibung zu stark, und er mulste 
aher zum Leder-wieder seine Zuflucht nehmen, das unter al- 
an Umständen den Vorzug verdient. Ihre Länge beträgt bei 
-ær van Marumschen Maschine 9”, wodurch also die Scheibe in 
iner sehr grolsen Ausdehnung gerieben wird, und wobei zwar 
las vordere Ende der Reibkissen der Achse sehr nahe kommt, 
rei der isolirenden Beschaffenheit derselben aber darum doch, 
venn negativ elektrisirt wird, kein Ausströmen nach derselben 
:u befürchten ist. Agfserdem ist dieses vordere Ende mit 
Scheiben von Gummilack y y bedeckt, welche auf drei Seiten 


442 © Elektrisirmaschine. 


hervorstehen, und verhindern, dafs die Ränder und Ecken die- ` 


Fig. 


41. 


ses Theils im erwähnten Falle keine E, einziehen (nämlich m 
Sinne der Franklin’schen Theorie). Auch ist ein Paar der: 
Reibzeuge mit einer Kugel J versehen, um zu verhindern, dafs. 
die Enden der hölzernen Stäbe aa, an welchen der Wachsta- | 
fent ‚befestigt ist, nicht E. einsaugen. Am andern Paare der‘; 
Reibzeuge ist es dadurch verhindert, dafs die Stäbe £ so kors ; 


` gemacht werden, dafs die Kugel T das Einsaugen verhindert. 


Fig. 
43. 


Die Breite dieser Reibzeuge beträgt nur 24”. Sie werden durch, 
eiserne (oder messingene) Federn e, e festgedrückt, welche‘ 
durch eine gemeinschaftliche Schraube nach Belieben angezo- | 
gen werden können. An jedes Reibzeug ist eine 'Eisen.- (oder: 
Messing-)Platte x, x angemacht, welche 3” lang und 1” breit, 
ist. Sie ist durch Schrauben auf dem Rücken des Reibzeuges | 
befestigt, und diese Platte ist an das Ende der Feder durch ein 
gewöhnliches Charnier festgemacht. Jedes Paar der Reibzeuge . 
ist durch eine Schraube auf eine kupferne Platte befestigt, welche 
die Form eines Schwalbenschwanzes hat, und welche in eine 
Kugel Z von 6” im Durchmesser, die auf die Zwinge des gli- 
sernen Trägers A geschraubt ist, palst. Der Theil der Kugel 
Z, welcher dem Rande der Scheibe gegenüber steht, ist ba 
4 des Durchmessers abgeschnitten, so dals der Schnitt fast 5” im 
Durchmesser hat. An dieser Stelle ist eine Kupferplatte as 
von ł” Dicke angelöthet, welche in Form eines Schwalben- 
schwanzes ausgehöhlt ist, um den Schieber oder die Platte von 
Kupfer aa aufzunehmen. Die Mitte dieses Schiebers ist vier- _ 
eckt durchbohrt, um eine Schraube c durchzulassen. Die Ei- Ä 


'senplatte dd, welche die beiden Federn ee durch Charniere 


verbindet, wird über diese Schraube gesteckt, und auf dem 
Schieber œ œ durch Hülfe einer starken Schraubenmutter f fest- 
gehalten. Man bringt die beiden Schieber œa an ihre respecti- 
ven Stellen an der Kugel Z von oben her, und da sie unten 
schmäler sind, als oben, so müssen sie fest halten, wenn sie 
weit genug herabgedrückt sind. Die dünnen Eisenbleche, wo- 
mit die Reibzeuge auf ihrem Rücken versehen sind, und welche 
das Charnier xx’ berühren, indem sie die ganze Breite des 
Reibzeugs bedecken, schliefsen sich an die mit Amalgama be- 
strichene Fläche an. Die Bleche haben hier den doppelten 
Nutzen, den Uebergang des el. Fluidutas gegen das Amalgam 
zu erleichtern, wenn man positiv elektrisirt, und die Communi- 





' | Glasscheiben, 443 


zwischen dem reibenden Amalgama und dem Conductor 
llkommensten zu machen, wenn man sich der negativen 
lient. Die-Art der Befestigung und die Form der Flügel 
Vachstaffent, die an diẹ Reibkissen angebracht werden, 
et aus der Zeichnung hinlänglich, und die erforderlichen 
schaften des Taffents sind oben angegeben. 
\ufser dieser Einrichtung der Scheiben-Maschine scheint 
och diejenige eine nähere Beschreibung zu verdienen, 
welche der Zweck gleich starker positiver und negativer 
ssirung eben so vollkommen, aber auf eine viel einfachere 
» erreicht wird, und welche neben diesem Vorzuge noch 
röfßsere Wirkungen durch die sogenannte einfache, nicht 
rkte, E. am ersten Leiter 'hervorbringt, wenn sie 
‚ in Rücksicht auf die wirkliche Quantität der durch das 
n erregten E., und eben darum beim Laden von Flaschen 
batterien nachsteht. Ich theile zu diesem Behuf eine Be- 
ibung und genaue Abbildung meiner eigenen Maschine mit. 
t von einem schon verstorbenen, sehr geschickten, Künst- 
ur in Hamburg gearbeitet, welcher viele empirische Kennt- 
in diesem Fache besals, und aus langer Erfahrung die Ver- 
sse der Conductoren, ihre Länge, Dicke, ihre Endungen, 
as Maximum von Wirkung zu ‘erhalten, sehr richtig zuFig, 
amen wulste. Das Eigenthümliche dieser Maschine be-t 
darin, dafs die Scheibe nur von einem einzigen Paare 
tissen, die wie an der van Marum’schen Maschine eine 
ontale Stellung haben, gerieben wird, und dals diesem 
' Reibkissen gegenüber sich der Einsauger befindet. Alle 
> sind nach Pariser Mas bei jedem Theile genau bemerkt. 
Scheibe von dem besten polirten weilsen Glase, deren 

am Umfange sehr genau abgeschliffen ist, worauf bei 
ben sehr viel ankommt, ist auf eine sehr einfache und 
solide Weise auf ihre hölzerne Axe gefalst- An dieser ist 
ich auf der einen Seite des Glases, welche nach der Kur- 
ingerichtet ist, eine hölzerne Halbkugel, aus einem Stücke 
‚het, angebracht, in der andern Hälfte der Axe dagegen, 
o sie an das Glas angrenzt, ein Schraubengewinde einge- 
itten. Nachdem die Axe durch das Loch der Scheibe, das 
: ausgefüttert zu seyn braucht, durchgesteckt ist, wird 
andere gleich grolse Halbkugel, in welche eine, jener männ- 
n entsprechende, weibliche Schraube eingeschnitten ist, 


444 © Elektrisirmaschine. 


auf dieselbe auf und fèst an die Glasscheibe angeschraubt, und 

um dieses Anschrauben recht dicht machen zu können, werden 
die nach der Scheibe hingekehrten Flächen der beiden Halbku“ 
geln mit Scheiben von weichem und recht gleichförmigem Schals- 
leder versehen, die zu diesem Behuf in der-Mitte ein Loch he 
ben, um auf die Axe aufgesteckt zu werden. Das feste And 
schrauben geschieht vermittelst eines starken zweiarmiged 
Schraubenziehers, zu dessen Anbringung in jener aufzuschrant 
benden Halbkugel die nöthigen Löcher angebracht sind!. DM 
hölzerne Axe ist von einem recht trockenen und harten Holza 
und um sie noch isolirender zu machen, so wie die Halbkugeh 


, mit einem guten Firnifs dick überzogen. Diese Axe ruht as 


beiden Seiten auf zwei hohen massiven Glassäulen, welche ia 
eine starke hölzerne Fassung von Mahagoniholz mit einem eim 
geschnittenen Lager für die Axe eingelassen sind. Die oben 
Hälfte dieses Lagers ist durch zwei starke Holzschrauben mit 
wohl abgerundeten Köpfen fest angeschraubt. Die Kurbel ist 
eine starke Glasstange, deren Handgriff ebenfalls von wohl 
polirtem Mahagoniholze gemacht ist, und die am andern Ende 
in eine grolse ringförmige Fassung von Mahagoniholz , welche 
über die Achse greift, eingekittet ist. Das Reibzeug besteht 





1 Muxcke vermeidet die Pressung, welche die Scheibe hierzach 
in ihrer Mitte erleidet, dadurch, dafs er die ledernen Scheiben af 
beiden Seiten mit etwas venetianischem Terpentin bestreicht, w0- 
durch sie so fest an das Glas und Holz kleben, dafs es keines Ar 
ziehens der Schraube bedarf. Hiermit ist inde[s der Nachtheil vets 
bunden, dafs nach dem unglaublichen Erhärten des Terpentins die 
Halbkugela von der Scheibe nicht wieder getrennt werden können 
Deswegen pflegt derselbe den kugelförmigen Theil der Axe aus vier 
Segmenten verfertigen zu lassen, wovon die zwei, welche an def 
Scheibe anliegen, etwa 0,75 bis’ 1 Z. dick am Glase auf die angeg® 
bene Weise festgeklebt, und dann nach dem Durchstecken der Achse 
mit den beiden andern durch Pflöcke verbunden werden. Fig %, 


46, zeigt eine solche Fassung für zwei Scheiben, wobei aa eine masıit 


Fi 


gläserne Axe ist, h deren messingene Fassung mit einem Theile der 
gläseruen Kurbel b; die parallelen Scheiben e, é liegen zwischen des. 


a7 uufgeklebten Stücken aa; ««, deren Befestigung auf dem hölzerner | 


4g, Veberzuge der gläsernen Axe ans der Zeichnung ersichtlich ist, ß, f: 


endlich sind die halbkugelförmigen Schlufsstücke, Man kann sonack ı 
beide Scheiben mit den augeklebteu Stücken ææ; d& von der As 
nehmen, und durch zwischengelegte Stücke Papier ihre Flächen leicht 
völlig parallel machen. 


Glasscheiben, | 445 


wei Stücken, einem hölzernen an welches die das Kissen 
Bkende Feder befestigt ist, und dem eigentlichen Reib- 
igg, welches davon getrennt werden kann, Das untere 
ist mit einem Ansatze in die hölzerne Kugel d fest ein- 
, und mit dieser Kugel auf die Glassäule pp, wodurch 
ungsapparat auf das vollkommenste isolirt ist, festge- 
Auf der innern Seite dieser in die Kugel eingelassenen 
ğe ist eine starke gabelförmige, eiserne, wohl lackirte Fe~ 
@ngebracht, die mit ihrer Krümmung an die dem Rande der 
je zugekehrte Fläche der hölzernen Kugel durch eine 
À be befestigt ist, mit ihren beiden Armen längs den An- 
jener Holzstücke an ihrer innern Seite hinläuft, mit de~ 
anf beiden Seiten eine aufwärts gehende gabelförmige Fe- 
#erbunden ist, die mit ihren weit aus einander stehenden 
in zwei Höhlungen des eigentlichen Reibkissens ein- 
Zu diesem Behuf besteht dieser Theil des Reibers aus 
ken Holzplatte mit einem Rahmen, über welchem das 
he mit gutem Kalbsleder überzogene Kissen gespannt 
dessen Rückseite noch kreuzweise federnde Streifen von 
ech angebracht sind, an welchen die gleichförmige Fe- 
mliest. Um diesen für sich beweglichen und abnehm- 
‚Theil des Reibzeugs an der gabelförmigen Feder festzu- 
y. sind die Enden ihrer Arme in Ringe umgebogen, durch 
he der messingene Stab pp gesteckt wird,. der an seinem 
.mit der elfenbeinernen Kugel r versehen ist, um alles 
men zu verhindern. Um das Reibkissen beliebig stark 
Beken zu können, geht auf jeder Seite durch den Rücken 
‚festen Theiles eine hölzerne Schraube, welche auf die, auf- 
gehende Feder, da wo sie sich in die Gabel spaltet, auf- 

‚ und nach dem Grade, wie sie angezogen wird, diesen 
ke oder weniger stark an den gegen die Scheibe gekehrten 
#ischen Theil des eigentlichen Reibkissens andrückt. Der ' 
izontale Theil der Feder ist an einem Messinsstab ange- 
mbt, der durch die Kugel d hindurchgeht, und an seinem 
de eine hölzerne, wohl lackirte, Kugel e trägt. Alle Rän- 
der Reibzeuge sind auf das vollkommenste abgerundet, und. 

s Holzwerk ist wohl überfirnifst. 

Der Einsauger c ist eine Gabel von wohl lackirtem nach BiR- 
en abgerundeten Holze, von derselben Länge, wie das 
kissen, deren innere Fläche ausgehöhlt und mit einigen 


















wm -r——n) m Tr =m ——  —.- -e w a (ni wr ~ m vv... 


hölzerner Stab eingesteckt, der sich in eine Glassäi 
von welcher ein hölzerner Querarm ausgeht, der zw 
Scheibe in einer Richtung befindliche, an ihren bei 
durch eine Kugel von Elfenbein zusammengehalte 
trägt, zwischen welchen der Taffent geklemmt ist 
dem untern Rande der nach den Reibkissen gerichte 
an diese selbst angenäht ist. 

Zu dieser Maschine gehören zwei Conductoren 
singblech, die auf beinahe 3 Fufs hohen Glassäulen 
hen, von cylinderischer Form, 3 1” lang und 4” 2” im] 
ser, die sich in zwei Knöpfe von einem etwas gröfser 
messer endigen, in deren Mitte messingene Röhren, 
einer Länge von 1'2” ausgezogen werden können, einge 
wovon sich die eine in eine kupferne Kugel von 4”3 
dere in eine Kugel von 2” 4” endigt. Beim Geb 
Maschinen werden diese Conductoren mit ihren klein 
in dichte Berührung mit den messingenen Stäben in s 
Richtung auf dieselben gebracht, und da unter diese 
den auf beiden Seiten sich alles auf gleiche Weise v 
werden die Aehnlichkeiten und Verschiedenheiten de 
und negativen E. um so entscheidender, und es ist eii 
sonderer Vortheil dieser Einrichtung, dafs man mit 
zu gleicher Zeit ganz unter denselben Umständen ex 


ren kann. Da nur ein Paar Reibzeuge hier angebra« 
wnnnahi.ke J:!. Tann nun ~ 3:!.... y DOn ta uf... T - 


` 


von Glasglocken, ' 447 


»ktrisiren) erschwert wird, und die Anhäufung und Intensität 
> E. in dem Conductor und eben damit die Länge und Stärke 
s einfachen Funkens, die Grölse der Feuerbüschel u. s. w. 
h viel weiter treiben läfst. Wie aufserordentlich viel die 
»n beschriebene Maschine zu leisten vermöge, werden wir 
Ater unten bei der Vergleichung ihrer Wirkungen mit denje- 
en von gleich grolsen Scheiben deutlich ersehen. Ohne 
eifel hängt übrigens. die aufserordentliche Wirksamkeit der- 
sen, aufser der Güte der Scheibe, von der vollkommenen 
lirang ab, indem alles Metall auf das sorgfältigste vermie- 
t, alle Kugeln am Reibzeuge und: dem. Einsauger von wohl 
‚tlackirtem Holze gemacht, die Glassäulen blols in Holz ein- 
assen sind u. d: g. m. Beim Gebrauche dieser Maschine 
' Ladung von Batterien wird der grolse Leiter gar nicht ge- 
ucht, sondern die Verbindung unmittelbar mit dem aus der 
‚gel des gabelförmigen Einsaugers hervorstehenden Messing- 
be gemacht, so wie denn auch, wenn man blols Versuche 
t positiver E. anstellen will, der andere grolse Conductor 
ht gebraucht, sondern das Reibzeug durch einen starken 
aht unmittelbar mit dem Erdboden in Verbindung gesetzt wird. 


C. Glas-Glocken - Maschine. 


Wourram hat eine neue Art von Elektrisir-Maschinen in Fig. 

schlag gebracht, die aus ähnlichen Glasglocken bestehen, 50 
: diejenigen, die zu Recipienten bei der Luftpumpe dienen, 
e solche Glocke dreht sich, ihren gewölbten Theil nach 
m gekehrt, auf einer senkrecht stehenden Achse, und wird 
ı nur an der äufsern, sondern auch an der innern Fläche ge- 
en, wodurch sie sich von der Cylinder-Maschine wesent- 
unterscheidet, und gleichsam mit der Scheiben-Maschine 
nlichkeit bekommt. | 

Das Gestell A gleicht einem Säulenfulse, ist aber eigentlich Fig. 
hölzerner 36 Zoll hoher Kasten. Die Grundfläche desselben 5} 
23°, der horizontale Durchschnitt des Rumpfes 21” und die 
kplatte ab 24° im Quadrat. Die Deckplatte, um sie nach 
tänden leicht abnehmen zu können, wird blols festgehalten 
h vier im Innern des Gestells befindliche und in Oesen der 
te eingreifende Hacken, und schliefst überdies mit 4 an ih- 
üntern Fläche befindlichen Leisten. an den Rumpf des Ge- 

. Gilb, Annalen 1823. U, S. 53. 


d 


z von Glasglocken, 449 


” ex, die des andern etwas concav. Die Puncte an 
-»tellen beinerne Knöpfchen von V” Durchmesser vor; 
ı Anzahl befindet sich auch an dem ‚andern, auch. 
” an der Mitte seines obern Randes ein solches Knöpf- 
Zwei dünne Latten p, v, 8,5 lang, ? breit und 
‚3. ein Stück Holz qr 3” hoch, von der Breite der 
~ „d übrigens so gestaltet, wie die Figur zeigt. 4. Ein 
_.t, bei s mit einemKnopfe, bei t mit einem Gewinde 
.. Schraubenmutter versehen, alles vom festesten und 
1 Holze. Nahe am Knopfe ist dieses Stäbchen vier- 
‚er übrige Theil ist abgedreht, die ganze Länge be- 
Die beiden Lattchen sind durch Charniere oben mit 
_&e qr und unten mit den Brettchen nu verbunden, 
~ T diesen Zweck in der Mitte ihrer Länge einen Absatz 
Jas Stück qr ist von der vordern Seite nach der hintern 
rt, um den kleinen Stab st durchzulassen. Das Lätt- 
t zu gleichem Behuf eine vierkantige, das Lättchen v 
ʻe Oeffnung. Noch gehören zum Reibzeug 5. die bei- 
erxx. Sie bestehen aus mehreren Lagen eines wei- 
lenen Zeuges, und das Ganze ist mit Seidenzeug über- 
Jedes Polster wird an die vorhin gedachten Knöpfchen 
st, eben so das mit Amalgama bestrichene Leder oder 
ug. Die leitende Verbindung dieses mit dem Brettchen 
rch ein um den Polster gelegtes Blatt Stanniol, und die 
rettchens mit dem Conductor durch einen Metalldralit 
.° Nur an den Kissen des äufsern Reibers befindet sich 
lene Lappen. 
re Verbindung des Reibzeugs mit der Maschine dienen 
e insgesammt von Messing; nämlich 1. zwei horizontal 
ə Röhrchen in dem für die negative E. bestimmten Con- 
` 2. Zwei mit Kugeln versehene Stäbe yz, welche sich 
t Röhrchen leicht hin und her schieben lassen , ohne im 
en zu schlottern. 3. Die beiden oben und unten mit 
versehenen Stäbchen aa, welche mit den Kugeln 4” 
ad; 4. endlich zwei Querstäbchen, wovon eins bei b 
:ist, dessen Zapfen durch die Kugeln cc hindurchgehen, 
hin die Kugeln dd endigen, in welchen sie sich leicht 
en lassen. Das andere Querstäbchen ist durch das Stück 
i e gesteckt, seine aus demselben hervorragende Zapfen 
lurch die Kugeln ff, und haben, so weit sie aus diesen 
d, Ff 


Fig. 


Fig.an der, der Glocke zugewandten, Seite hat das Röhrchen eine 


34. 


sÈ r eine messingene Röhre 1” weit und 74” lang, die Kugeln k, Ì 


U Elektrisirmaschine 


hervorragen, Gewinde, an welchen die kleinen Kugeln gg 
vorgeschraubt. werden. Ä 

Die beschriebene Einrichtung des Reibzeugs gewährt den 
Vortheil, es immer an die rechte Stelle bringen zu können, 
die Glocke mag eng oder weit seyn, dem Schwanken der Glocke 
nachzugeben, ohne dafs die Stärke des Reibers im mindesten : 
geändert wird, durch Anziehen oder Nachlassen der Schrauben- 
mutter bei t eine Vergrölserung oder Verminderung des Druckes 
nach Belieben zuzulassen, und bei nicht ganz cylindrischer 
Krümmung der Glocke den an dem einen Reibkissen zu gerin- 
gen Druck durch den stärkeren des andern gleichsam zu er- 
setzen. | 

Die beiden Hauptleiter der Maschine sind hohle messingens. 
Cylinder 3” im Durchmesser und 16” lang. An ihren Enden 
haben sie Kugeln von 4” Durchmesser, mit welchen sie auf 
massiven überfirnilsten und 27” hohen Glassäulen ruhen. Un- 
ten ist jede dieser Glassäulen in ein Fulsgesimse gekittet, wel- 
ches sich an einem viereckigen, auf dem Deckblatte des Ge- 
stells befestigten Untersatz aufschrauben läfst. Oben haben die :: 
Säulen keine Fassung, und die in den Kugeln befindlichen 
unten offenen, Röhren werden unmittelbar auf. die angeschife- 
nen Zapfen der Glasstäbe gesetzt. Die unter der Kuga an 
jeder Säule befindliche Hülse ist von Holz. 

Zur Aufnahme der E. von der Glocke dient die in der 
Zeichhung angegebene Vorrichtung am vordern Leiter. Es | 











haben 1,5 Zoll im Durchmesser. Von einer zur andern ist ein 
Clavierdraht gespannt, welcher die Stelle der einsaugenden 
Spitzen vertritt, und vor diesen Vorzüge hat. Ueber der Ku 
gel k befindet sich die engere 3,5 Zoll lange Röhre mit det 
durchbohrten Kugel m, welche sich längs des Stäbchens n, æ 
dessen einem Ende die Kugel w befindlich ist, verschieben und 
mittelst der Schraube o feststellen läfst. Quer durch die 
des Hauptleiters geht in horizontaler Richtung ein Röhrcheg 
welches zu beiden Seiten etwas hervorsteht; an der vordett 
"Seite wird die Kugel J, mittelst welcher sich ein Quadran 
"elektrometer und manche zu den Versuchen nöthige Vori 
tungen leicht an den Leiter befestigen lassen, vorgeschraub, 


wohl abgerundeten Ring mit einer Sehraube, mittelst welche 


aus verschiedenen Stoffen, .451 


n das Röhrchen passende Stäbchen n, nachdem man es so 
hineingeschoben, dafs der Clavierdraht von der’umlaufen- 
Glocke nicht mehr berührt wird, festgehalten werden kann. 
einem doppelten Einsauger würde nur dann Gebrauch zu Fig. 
hen seyn, wenn. die Schwankung der Glocke beträchtlich ” 

» In der Wirkung der Maschine fand kein Unterschied 

, ob nur der einfache Einsauger an.der äulsern oder innerz 

he der Glocken, oder der doppelte angebracht war. 

Auf der Deckplatte des Gestells ist unter der Kugell einFig. 
bhnlicher Funkenmesser angebracht, dessen Kugel n sich in 
chiedene Entfernungen bringen läfst. Eine kurze Würdi- 

s der etwaigen Vorzüge dieser Art von Maschinen vor den 

en bisher abgehandelten, wird weiter unten ihren Platz 
en. 


Elektrisirmaschinen aus andern Ma- 
terien als Glas. 


Es ‘ist nach dem bisher Angegebenen und nach dem im 
kel Ælektricität über die Erregung derselben im All- 
einen Vorgetragenen leicht einzusehen, dafs sich äus noch 
m'andern sogenannten eigenthümlich. elektrischen Substan- 
wirksame Elektrisirmaschinen verfertigen lassen, wenn sie 
in eine passende Form gebracht werden können, um. ein 
elles fortgesetztes Reiben zuzulassen. Man sieht auch leicht 

dals man solche Maschinen durch schickliche Wahl des 
lektrischen Körpers und des Reibzeugs unmittelbar für ne- 
re E. einrichten kann. Und wirklich sind auch mehrere 
ie nicht unwirksame Maschinen von verschiedenen Physi- 
ausgeführt. 

Vorra gab in einer Dissertation? Nachricht von einer 
trisirmaschine, die aus einer blolsen Scheibe von wohlaus- 
yckneter Pappe verfertigt war, aus welcher er schöne grolse 
ken erhielt, eine Leidner Flasche ziemlich stark lud u. s. w. 
1 Dr. Insesnovss versuchte schon 1772 den, wenn sie 
> sind, kostbaren und doch leicht zerbrechlichen, Glas- 
iben runde mit Copal-- oder Bernstein-Firnils getränkte 





L De corporibus eteroelectricis quae fiunt ıdioelectrica experi- 
a atque observationes. 1771. 


Ff 2 


452 Elektrisirmaschine 


Scheiben von Pappe unterzuschieben!, Er drehte drei sihe $h 


Pappdeckel an einem Gestell, in welchem sie sich an -zw $ 


-. PE 


schenliegenden, mit Flanell und einem Hasenbalge über 


nen, Brettern rieben und erhielt dadurch eine starke E. Ñ 


5 Zoll langen Funken, die sich sehr geschwinde folgten. Ak $ 


in einem kalten Zimmer zog die Pappe Feuchtigkeit an und w 
lor alle Kraft. Van Manum verfiel auf dgn Gedanken? cm 


Scheibe von Gummilack, deren unterer Theil in ein ei 


fäls von Quecksilber reichte, und sich also beim Umdrehe « 


Quecksilber rieb, den Glasscheiben zu substituiren, die A 
bei feuchter Witterung unwirksam sind, wenn sie nicht vor 


stark erhitzt werden, wobei die Gefahr des Springens einn 
Da aber die Verfertigung von dergleichen Scheiben beschwerkd 


und die Geräthschaft kostbar ist, so hat dieser Vorschlag adi 


den erwarteten Beifall gefunden. Pıekeın schlug zu Scheiben 


Maschinen für negative E. im Backofen wohl ausgedörrtes Hak = 


vor® und machte selbst glücklichen Gebrauch davon. Ask. 
VorTA beschreibt eine solche Scheiben-Maschine von gedr 
tem Holze, die von bedeutender Wirkung war. Komu 


brachte an seiner Scheiben-Maschine hölzerne Scheiba # & 


wenn er— E dadurch erhalten wollte. Sie werden au nk 


chem Holz, das wenig Harz hat, verfertigt. Die Scheibe wil $ 


geglättet, und bei öfterem Umkehren über einem Kohlafst 
stark geröstet, aber nicht gebrannt. Die schicklichsten Rebe 
hierzu sind kurzhaariges Rauchwerk z.B. gut gegerbte Maulwul* 
oder Ratzenfelle. Das Krümmen def#Scheiben beim Rösten it 


kaum zu vermeiden, man mufs sie aber gleich nach dem Risa $ 


X 


zwischen weiches Papier legen, und mit einem Gewichte br: 


schweren. Sie sind auch biegsam und bequemen sich beim 


Umdrehen nach dem Kissen. Noch besser eignen sich gewi 


vorzüglich aus der Classe von Seiden -, Wollen- und Baum 


wollenzeugen genommene Materien zu Elektrisir- Mascha 


von cylindrischer Form. Eine der wohlfeilsten Maschinen ek 


ser Art, und welche dennoch die gewöhnlichen Elektust §k 





1 Verm., Schriften von Molitor. Wien 1784. gr. 8. 8.18 £ 


2 Abhandlung über das Elektrisiren aus dem Holländ. übers @ F 


Möller, Gotha 1777. 8. ~ 
3 Experimenta physico-medica de electricitate. Wirceb. ira 
4 S. Lichteub, Magazin Bd. I. St. 3. S. 103. 





Ħ 


aus verschiedenen Stoffen. - 453 


aen an Stärke zuweilen übertrifft, weil man sie durch 
ıen so leicht gegen die schädlichen Wirkungen der 
gkeit schützen kann, ist die von LICHTENBERGI im 
781 angegebene. Das vorzüglichste Stück an derselben, 
h sie sich von andern unterscheidet, ist-die mit schwar- __ 
tten wollenen Zeuge überspannte Trommel aaaa.. (Mang E 
» auch mit Seidenzeug, Glanzleinwand oder Papier über- 57, 
. Zeug und Leinwand werden blofs mit Stiften befe- 
m sie im Nothfall von neuem zu spannen). Die an beiden 
les Gerippes befindlichen hölzernen Scheiben mm sind 
nnern Seiten mit Streben versehen, damit sie sich nicht 
; beugen, und derSpannnng des Zeuges nachtheilig wer- 
ınen. Die beiden Axen-Enden der Trommel bb gehen, 
as Gestell aus einander genommen werden kann, durch 
jeiten. Ist das Gestell fest zusammengefügt, so kann 
Trommel auch hinter vorgeschraubten eisernen Platten 
ı. Der Reiber dd ist ein mit langhaarigem Katzenfelle 
enes Kissen, ' das an eine starke Glasföhre, oder in 
rmangelung an einem Stab von gebackenem und mit Fir- 
rzogenem Holz befestigt wird; die Röhre oder der Stab 
ch den obern Theil des Gestelles, wo eine Schraube £ 
ch ist, sie in der gehörigen Stellung festzuhalten. Von 
;sen geht mitten durch die Röhre oder den Stab ein star- 
allener Draht bis zu der oben befindlichen metallenen 
. Diese Zurichtung dient dazu, das Kissen zu isoliren, 
ırch die entgegengesetzte E. zu erlangen. An der vor- 
te des Kissens gegen den Zuleiter hin ist ein Streifen 
ıffent h h befestiget, der über einen. Theil der Trommel 
t. In einiger Entfernung unter der Trommel ist auf 
stelle ein Brett, auf welches eine Kohlenpfanne i gestellt 
kann, um der Trommel im Sommer die nöthige Wärme 
‚ckenheit zu verschaffen ; im Winter ist es schon hinrei- 
die Maschine in die Nähe eines. Ofens oder Kamins zu 
Die Kette k am Halse der Kugel g, dient sowohl die 
rie abzuleiten, da das Kissen isolirt ist, oder wenn sie 
əm isolirten Conductor verbunden wird, die entgegen- 
E. zu erhalten. Der metallene Conductor ist mit dem Fig. 
o verbunden, und steht auf einer starken Glassäule p." 





‚othaisches Magazin für das Neueste u, s. w, Bd.I. St.1, 8.83. 


454 Elektrisirmaschine 


Die Kette 11 ist nöthiz, die E. weiter zu führen, oder wen in 
Conductor mit dem Kissen verbunden ist, und man die postin F 
E. desselben in jenen anhäufen will, die negative E. abzuleiten, 

Doxxponr! beschreibt diese Maschine unter dem Namen da fr 
Lichtenberg’schen Luftelektrophors (der ganz unpassend nl 
dieselbe ist) in einer etwas veränderten Gestalt, die ihr der b- 
kannte Mechanicus Steswaxs (zuletzt Professor in Mara) 
gegeben hatte, wodurch sie aber nur vertheuert wurde. W arrus 
oe St. Amasp hat 1784 eine sehr wirksame, zu dieser fi 
gehörige Elektrisirmaschine angegeben und ausführen laset; fi 
. Sie besteht aus zwei hölzernen Cylindern von 2 Fufs Durchnese $i 
und 6 Fufs Länge, die in zwei 7—8Fuls von einander eıtten- 
ten Gestellen mit Kurbeln umgetrieben werden. Ueber diebeida E 
Cylinder selbst ist ein gefirnifster Taffent, der an beiden Esia 
zusammengenäht ist, gezogen und mälsig gespannt, so dab dr fe 
Maschine fast wie ein Seidenweberstuhl oder wie eine horixe- 
tal geleste Garnwinde aussieht. Wenn man die Cylinder mt 
den Kurbeln dreht, so wird der hinlänglich stark gespannteT& $: 
fent mit gedreht, und bewegt sich nach und nach über le |: 
Puncte der Cylinder. Die Breite des Taffents ist 5 Fuls. Du 
' Reibzeug besteht aus 7 Fufs langen und 7’ im. Durchmst 
haltenden Cylindern, die mit Katzenbalg überzogen sind, # 
werden durch Schrauben an den Taffent gedrückt, und beit Ẹ 
ren ihn immer nur in einer Linie, Mitten durch den lem f“ 
Zwischenraum beider Taffentflächen geht ‘der Conductor, dr 
6 bis 7” im Durchmesser hat, über die Ränder des Taffents an beiden 
Seiten beträchtlich hervorragt, und in seidenen Schnüre m $- 
Gestelle herabhängt. An den Stellen zwischen den Taffent# 
chen hat er Spitzen. So wird die erregte (negative) E. n% ft 
von benachbarten Körpern geraubt, sondern häuft sich ganı i fi 
dem Conductor an. Die Arbeiter, welche drehen, stehen A: 
dem Gestelle und geben ihm durch ihr Gewicht einen festen ft 
Stand. Ein Jahr später als WALKIERS seine grofse Maschi 
ausgeführt hatte, verfertigte RovLaun eine von derselben At fü 
nurin etwas kleinerem Malsstabe und mit einigen Abänderungm’. i 







1 Lehre von der E. Th. I. S. 26. 
2 S, Lichtenb. Magazin Bd. TII, St. 1. S. 118. 


8 Description des machines électriques à taffétas par M. Road 
Amsterdam 1785. G. XXIII. 809. 


\ 


aus verschiedenen Stoffen. 455 


den Ständern CDEF auf einem Fufsgestelle senkrecht auf- Fig- 
‚chtet, sind zu oberst Löcher geschnitten, welche die Pfan- ``" 
für die nicht völlig einen Zoll dicken buchsbaumenen Axen 
rier leichter, von Brettern zusammengeleimter, und mit Serge 
rzogerier, Cylinder enthalten. Diese Cylinder sind 27” lang, 
en 8° im Durchmesser, und ihre beiden Endplatten ragen 
m halben Zoll über sie hervor. Nur eine der Achsen ist mit 
x 6Zolllangen messingenen Kurbel versehen. Der gefirnilste 
cnt KNL (von der Art, deren man sich zu den A&rostaten 
ient) geht um beide Cylinder,.ist an den Enden zusammen- 
iht und läfst sich durch Zurückschieben des einen Cylinders 
seines Gestells so straff anziehen , dafs beide Cylinder um- 
en, wenn der eiņe vermittelst der Kurbel gedreht wird. 
Länge des Seidenzeugs beträgt 11 Fuls oder 132”, die 
ite 26”, also einen Zoll weniger, als die Länge der hölzernen 
der. Die Reiber sind wie an der Walkier’schen Maschine, 
ch seidene Fäden an die Ränder der Cylinder befestigt und 
th Ketten v, v mit der Erde in leitende Verbindung gesetzt. 
Stücke gefirnilsten Wachstaffents p, q gehen von den Reib- 
sen bis. zum Leiter, nach Art des Weachstaffents bei den 
maschinen. Der erste Leiter S besteht aus Messingblech 
gewöhnlicher cylindrischer Form, ist 3” dick und 36” lang, 
webt an seidenen Schnüren, welche an den Rändern der 
inder befestiget sind, zwischen den beiden Ebenen des Taf- 
s, und hat oben und unten nach seiner ganzen Länge ein 
trecht stehendes Blech y, y, welches als sogenannter Ein- 
er dient, und nur #’ vom Seidenzeuge. entfernt bleibt. 
'NENBERGER hat in der ?ten und 3ten Fortsetzung seiner Be- 
eibung einiger Elektrisirmaschinen und elektrischer Versuche 
;hfalls Einrichtungen zur negativen Elektrisirung angegeben, 
mit denen von WALKIERS und LiCHTENBERG im Wesent- 
an übereinkommen. Eine solche Trommel-Maschine? hat 
etwas einfacheres Gestell, wo an der Trommel nicht blols 
erlich oben und unten, sondern auch inwendig Reiber von 
renfell angebracht sind, damit das aufgespannte Zeug auf 
en Seiten gerieben, und zugleich das Runzeln desselben 
ütet werde. Dem gefirnilsten Taffent gibt er den Vorzug vor 
Wollenrasch; 'Tamis oder andere geglättete Wollenzeuge 





L Ste Fortsetzung, 


456 Elektrisirmaschine, 


räth er nicht zu nehmen, da sie ihm zufolge nur schwache E, 
geben. Zum bequemen Gebrauch im Kleinen hat Inszmovss! 
eine von ihm im Jahre 1780 erfundene Maschine beschrieben, die 
wenig Beschädigungen ausgesetzt ist und an der Wand aufa- 
hangen werden kann. Sie besteht aus einem- starken 8 
breiten und 24—3 Schuh langen Stück Seidenzeug, welche 
überfirnifst, am besten mit aufgelösetem Siegellack überzoge 
ist, und zwischen einer doppelten Kupferplatte mit Hirschhat 
oder Katzenbalg überzogen gerieben wird. Diese Kupferplıtis 
ist durch Glasstangen mit zwei messingenen Stäben verbunde, 
die einen Spalt zwischen sich lassen, durch den ds Seidenzeg, 
gleich nach der Reibung durchgeht, daher diese Stangen die È 
annehmen und die Dienste eines ersten Leiters thun. Zur An- 
spannung befinden sich am obern und untern Ende des Seiden- 
zeugs Leisten mit hölzernen Kugeln, durch die seidene Bänder 
gezogen werden, woran man das Ganze oben an einen Nagd 
. hängen , und unten mit der Hand spannen kann. Mit der a- 
dern Hand wird eine cylindrisch gestaltete Leidner Flasche s 
angesetzt, dals ihre äufsere Belegung die reibenden Platten, u 
ihre obere mit der innern Seite verbundene Haube die zum le 
ter dienenden Stangen vermittelst angebrachter Stifte festik. 
Mit dieser Flasche fährt man nun auf und ab, und nimmt = 
gleich das Reibzeug und den Leiter mit sich. Dadurch wim 
die E. erregt und zugleich die Flasche geladen, die der Erin- 
der übrigens so eingerichtet hat, dafs man in ihr Alles zum 
Lichtanzünden durch den el. Entladungsschlag nöthige aufbe- 
wahren kann, 

Durch diese Masohine ist Muspr? auf eine ähnliche, je 
doch schon. als eigentliche Elektrisirmaschine zu betrachtends, 
Einrichtung geleitet, die bei dem geringen Preise (von höch- F 
stens 4 Thalern), um den sie angeschafft werden kann, dem ge- ff 
ringen Raume, den sie einnimmt, und dem, was sie dennod 
leistet, immerhin einige Beobachtung verdient und deren Be- 
schreibung ich hier aufnehmen würde, wenn sie nicht melt 


Raum erforderte, als viele Leser billigen dürften, 





1 Vermischte Schriften 1784. Th. I. 9, 145 f. 
2 Gren’s Journal Bd. VII. S. 319. 


/ 


Wirkungen derselben, 47 


I. Wirkungen der Elektrisirmaschinen 
und Vergleichung der verschiedenen 
"Arten derselben in Rücksicht auf ihre 
‘Wirksamkeit. 


Alle el. Erscheinungen, welche ‘durch das Reiben eigen- . 


ümlich el. Körper hervorgebracht werden, zeigen sich. durch 
ülfe der Elektrisirmaschine im verstärkten Grade,:und können 
arch die zweckmälsige Einrichtung und Vergröfserung_ dersel- 
m aufserordentlich gesteigert werden. Jener eigenthümliche 
aosphorische Geruch verbreitet sich sehr bald, so wieman eine 
äftige Maschine in Bewegung setzt, und es brechen nach allen 
aiten ohne Unterlafs knisternde Funken in ganzen Büscheln aus 
snjenigen Theilen des Cylinders oder der Scheibe, die nitht mit 
em Wachstaffent bedecktsind, hervor. Wird der erste Leiter 
it der Maschine in Verbindung gesetzt, so kann man sehr 


arke Funken aus ihm ziehen. Diese Funken varliren in Rück-' 


icht auf Geschwindigkeit, mit der sie sich einander folgen, auf 
änge, Dicke, Farbe und sonstiges Ansehen aulserordentlich 
ıch Verschiedenheit der Gröfse und Bauart der Maschine, des 
omductors, des Körpers, der den Funken auffängt, des Mediums, 
arch welchen der Funken schlägt u. s. w. wovon ich hier blofs 
esjenige mittheilen werde, was sich auf den Bau der Elektri- 
maschine bezieht. 

Es kommt aufser der Grölse und Beschaffenheit der Elektri- 
maschine an und für sich vorzüglich die Beschaffenheit des 
weiten Leiters, an welchem die E. angehäuft wird, und des 
körpers, auf welchen der Funken überschlägt, in Betrachtung» 
olange die E. nicht in irgend einem Puncte eine Dichtigkeit an- 
enommen hat, um den Widerstand der Luft zu überwinden, 
rird der allmälige Verlust der E. vom Leiter aus, an welchem 
e sich anhäuft, ein constanter seyn, wenn die auf dem zwei- 
m, an den ersten gebrachten, Leiter verbreitete E. von der- 
Iben Intensität ist, welches auch die Gestalt seiner Oberfläche 
y. Aber die explosive Distanz, auf welche diese zwei Lei- 
e ihre Funken schlagen, wird nach Verschiedenheit ihrer Form 
hr verschieden seyn, denn die Leichtigkeit der Explosion 


ngt von dem Drucke ab, welchen die E. auf die umgebende - 


e 
Kd 





1 Vergl. Funken. 


458 Elektrisirmaschine. 


Luft ausübt, und durch welchen sie dieselbe auf ihrem Weg $ 
entfernt, Dieser Druck ist proportional dem Quadrate derDic- $ 
tigkeit der el. Schicht; man muls also solche Leiter nehae, 
welche, wenn sie in Berührung mit dem ersten Leiter sin, $: 
sich mit einer el. Schicht bedecken, deren Dicke die gröfstmie $ 
liche sey, verglichen mit der Dicke der el. Schicht dieses e- 
sten Leiters; und die Theorie übereinstimmend mit der Erh- 
rung lehrt, dafs Cylinder von grolser Länge und kleinem Durd- 
inesser vorzüglich geschickt dazu sind. Darüber hat Covuom 
sehr genaue elektrometrische Untersuchungen angestellt!, 

An einem isolirten Cylinder, der sich in Halbkugeln er 
digt, und auf welchem sich die E. ohne sonstigen äulsern Eis- 
fiuls frei ins Gleichgewicht setzen kann, verhält sich mà $ 
CovLom»’s genauen elektrometrischen Untersuchungen die Dide 
der el. Schicht an den Enden zu derjenigen in der Mitte we $ 
2,30 : 1. Es mufs aber, wenn ein solcher Cylinder mi §: 
einem elektrisirten Leiter in Verbindung gesetzt wird, de 
Dicke noch mehr an dem freien Ende zunehmen, weil die Re- 
pulsivkraft der E. des hinzugekommenen Leiters die E. mà 
mehr nach diesem freien Ende treibt. Da ferner an einemby- 
linder, dessen Durchmesser nur 1”” beträgt, bei der Berühmg 
einer elektrisirten Kugel von 4” die el. Dichtigkeit im Dud 
schnitte Qmal so grols ist, als die der Kugel, so ist sie am frea 
Ende wenigstens 9x 2,3 so grols, und da die Pressionen g- 
gen die Luft sich wie die Quadrate der Dichtigkeit verhalten, 
so begreift man auch, wie es aus solchen Cylindern so leidt f.. 
zum Ausströmen kommt. Die cylindrischen Leiter geben dabe fy 
stets die längsten Funken an ihren Enden, die kürzesten in ik f} 
rer Mitte, und die Länge der Funken wird noch sehr vert- f 
fsert, wenn in den grölseren Cylinder ein recht dünner, nid fy 
über zwei Linien dicker, Draht hineingesteckt wird, der sià f 
mit einer nicht zu kleinen Kugel endigt. Diese Einrichtung fi 
bei den Conductoren meiner Maschine, und derjenigen der hok f 
ländischen Physiker befolgt, und bei den kugelförmigen (er fı 
ductoren, wie sie an der van Marum’schen verbesserten Sche f, 
benmaschine angebracht sind, wird eine grölsere Länge d# 
Funkens nur dadurch erhalten, dafs in die Mitte der von dt 
Scheibe abgewandten Hälfte der Kugel ein dünner cylindrisbe 














1 Biot Traité de Physique etc. II. 315 f. 


. Wirkungen derselben, 459 
Draht gesteckt ist, der sich in eine kleinere Kugel endigt. 


È ser diesem Momente der Gestalt des ersten und zweiten Lei- 
Wrs kommt es noch in Ansehung der durch eine Elektrisir- 
‚maschine hervorzubringenden Wirkungen und besonders der 
„türke und Länge des Funkens vorzüglich auf die Gröfse und 
«die von dieser Gxölse so wie zugleich von der Gestalt des. Lei- 
- fers abhängige Capacität.desselben für die E. an. Es versteht 
nämlich von selbst, dafs bei einer ausgedehnteren Grülse, 

ses Leiters ein grölserer Vorrath von E. angehäuft werden kann, 
‚der sich dann auch in verhältnifsmäfsig diekern und stärkern 
‚Funken entladen läfst, welche dann wiederum im Verhältnis 
‘der grölseren Menge von E., die in ihnen hervorbricht, stär- 
tre Wirkungen hervorbringen werden. Indels läfst sich durch 

He Vergröfserung eines mit dem ersten Leiter verbundenen 
"weiten Leiters die Wirkung der Elektrisirmaschine nicht ins 
:Unbestimmte verstärken, da mit der Ausdehnung des Leiters 
fr auch die Berührungspuncte mit der Luft vermehren, womit 
ine verhältnilsmälsig wachsende allmälige Zerstreuung der E. 
verknüpft ist, abgesehen davon, dafs auf einer sehr ausgedehn- 
fen Oberfläche sich leicht da und dort Spitzen und dergleichen 

‚Unebenheiten einfinden können, durch welche eine solche Zer- 

tenung der E. noch besonders begünstigt wird. Jede Elektri- 

maschine wird also nur ein gewisses Maximum der Vergrö- 

“Berung ihres Leiters zulassen, über welches hinaus die Wir- 
dung wieder abnimmt, und dieses Maximum wird um so weiter 

hinausfallen, je wirksamer die Elektrisirmaschine an und: für 

ich ist. So bemerkt z. B. Grimm, dafs als an den bereits 
Schon eine beträchtliche Ausdehnung habenden Conductor einer 
übrigens 5 Fuls im Durchmesser haltenden Scheibenmaschine 
Noch ein messingener Conductor gesetzt wurde, der einen rheinl. 
Fufs dick und 10 Fufs 2 Zoll lang war, die Maschine weniger 
als zuvor leistete. Mit der Ausdehnung des Leiters werden 
Yann auch die Funken gebenden Kugeln ihrer Grölse nach. im . 
Verhältnisse stehen müssen, worüber für jede Maschine nur 





Versuche entscheiden können. 

Bei der grofsen Teyler’schen Maschine ist die Funken ger 
bende.Kugel am Ende des grolsen, aus drei Hauptstücken ber- 
"tehenden, cylindrischen Conductors von 234 Quadratfuls Ober- 
nis 
4 Gilb. Ann. IV. 361. 


460 Elektrisirhaschine. 


fläche nur Azöllig, und der auffangende Leiter ist ein 9” hu- 

ger und 8” im Durchmesser haltender Cylinder, der in 12zölige 
Kugeln endigt. Bei trockener Witterung schlägt der Leiter ge- 
gen die auffangende Kugel 24” lange Funken von der Dide 
eines Federkiels 300mal in einer Minute, die sich schlängel, 
und an den Krümmungen 6” bis 8” lange Strahlen schief 
lassen. Ueber die Fläche eines schlechten Leiters geführt, wird 
der Funken 6Fuls lang. Gegen äulserst scharfe stählerne Spitzen 
entstehen noch Funken von $^. Die Lichtbüschel am Ends 
des ersten Leiters verbreiten sich ringsum auf 16”. Ein'isolirte 
207 Fuls langer Draht am Leiter ward in seiner ganzen Länse 
bei jedem Funken erleuchtet, und schofs überall Lichtbüsche 
von 1” aus. Der negative Funken dieser Maschine steht indef 
wegen der unvollkommenen Isolirung der Reibkissen in keinem 
rechten Verhältnisse mit ihrer sonstigen Wirksamkeit, da er nur 
10 bis höchstens 11 Zoll beträgt. Schielspulver, Zunder, Zünd- 
schwamm, Terpentin- und Olivenöl wurden entzündet und 
Streifen Goldblättchen 1,5 Lin. breit und 20” lang geschmolzen. 
Ein 6 Fufs langer leinener Faden 38 Fuls weit vom Cor 
ductor wurde unten,6 Zoll weit von der senkrechten Lage d- 
gezogen. Die Luft ward so stark elektrisirt, dafs die Kugla 
am Cavallo’schen Elektrometer 40 Fufs weit von der Maschin 
schon um $ aus einander gingen. 

_ Die von GurusBeatson für die holländischen Physiker 
Deımann undPArtsv. Taoostwvk verfertigte, oben beschrie- 
bene, Maschine stand wenigstens nach einigen dieser Proben 
der Stärke der grolsen Teyler’schen nicht sehr viel nach, unge- 
achtet die beiden Scheiben mehr als noch einmal so klein wa- 
ren, nämlich 31 englische Zolle im Durchmesser hielten, wo- 
von der Grund ohne Zweifel in der vollkommeneren Isolirung 
aller Theile dieser Maschine lag. Um die stärksten Funken zu 
erhalten, wurde an die letzte Kugel, womit der grolse Leiter 
sich endigte, in der Entfernung von 0,5 Zoll durch einen Stift 
eine kleinere Kugel von 2” Durchmesser aufgesteckt. Die Fur- 
kenlänge betrug dann gewöhnlich 11,5 Zoll, wenn der Funken 
‚mit einer zweiten Kugel von 5” Durchmesser hervorgelockt 
‚wurde, bisweilen war er einen halben Zoll kürzer, oft auch 
einen Zoll länger. Er bewegte sich im Zickzack, und war, die 
Gröfse ausgenommen, dem der Teeyler’schen Maschine ähnlich. 
Seine Dicke betrug % Zoll, und es schossen aus ihm häufige 






Wirkungen derselben, 461 


itenstrahlen von 2 bis 4” Länge, In Rücksicht auf diese Wir- 
mgen ist also diese Maschine ungefähr halb so stark, als die 
eyler’sche, ungeachtet ihre Oberfläche mehr als Amal so klein 
, -Der negative Funke hätte die gröfste Länge, wenn er aus 
ner Kugel von $ Zoll auf eine zwölfzöllige überging. Seine 
inge betrug dann 8,5, bis höchstens 9 Zoll. In dieser Rück- 
‚ht leistete also diese Maschine verhältnifsmälsig weit mehr 
‚ die Teyler’'sche, was von der viel vollkommeneren Isolirung 
rer Reibzeuge abhing. Auf einem überfirnifsten und mit Mes- 
igfeile bestreuten Brette konnte man die Funkenweite bis auf 
Fals und wohl noch weiter treiben, wenn das Brett länger 
nommen wurde. Aufserdem Hauptstrahle selbst, der längs den 
ilspähnen von der funkenschlagenden Kugel zu der grölsern 
ffangkugel in einer Menge Krümmungen überging, fuhr noch 
ie grolse Anzahl anderer Strahlen aus jenen aus, und: diese 
ülten sich wieder in eine Menge kleinerer, so dafs die ganze, 
streute Fläche mit Strahlen bedeckt wurde, die im Dunkeln 
1e artige Mischung von gelbem und grünem Lichte darstellen. 
i der negativen E. betrug die Funkenweite auf diese Art nur 
Fuls. Auf sehr feine Stahlspitzen, die 2” über die Kugel 
vorstanden, schlug der Funken aus dem positiven Leiter 
zoll, gegen die an der Endkugel des negativen Leiters selbst 
gebrachte Spitze aber von der genäherten Kugel aus einer . 
Hernung von $”. DieF euerstrahlen aus dem positiven Leiter 
ren 4,5 Zoll lang, wenn die Spitze 3 Zoll, 7,5 Zoll lang, 
nn die Spitze 2 Zoll über die Kugel am Leiter hervorstand, 
m negativen Conductor wurde die Spitze gegenüber gestellt, 
l die Strahlen waren in allen Fällen’ 6,5 Zoll lang, die Spitze 
chte 2 oder 3Zoll über ihre Kugel hervorragen. Lichtbüschel 
Kugeln entstanden durch positive und negative E., bei j jener, 
nn man eine zweizöllige Kugel % Zoll weit von den grofsen 
gel des Conductors ansteckte, bei dieser, wenn man einer 
{ölligen Kugel eine von 4 Zoll gegenüber hielt, die mit dem 
eitenden Drahte in Verbindung stand. Die positiven Büschel 
ren 9—10 Zoll, die negativen nur 2 Zoll langen breit, 
l beide unterschieden sich von einander nur durch die Gröfse. 
: Erschütterung welche der positive Funken gab, wann er 
einer grolsen Kugel in der Hand ausgezogen, und zugleich 
leitende Draht mit den Fülsen berührt wurde, war so hef- 
‚ dafs genaue Beobachter sie eben so grols schätzten, als 





462 ‘ Elektrisirmaschine. 







diejenige, die man von einer bei einer gewöhnlichen Elekti- 
sirmaschine geladenen Leidner Flasche von einem Quadratıl 
Belegung erhalt. Die Menge der E., welche der Conductor af 
dem Maximum von Ladung unter den günstigsten Umständen». 
einem einfachen Funken mittheilte, wurde so grols gefunds $ 
als diejenige, welche erfordert wird, um eine Flasche va 
einem Quadratfuls Belegung bis auf den vierten Theil der stik- 
sten Ladung, die sie noch annehmen kann, zu laden. Di 
indefs diese Bestimmungsart nur einen unsichern Mafsstab abgebw 
kann, leuchtet ein, wenn man bedenkt, dafs die Stärke de 
Ladung einer Flasche nicht blols von der Gröfse ihrer Belegug $ 
sondern auch von der Dicke des Glases, der Gröfse des unbe $: 
legten Randes und andern Zufälligkeiten mit abhängt. Ind 
giebt die Menge der Umdrehungen, welche bei verschiede fr 
Elektrisirmaschinen erforderlich sind, um dieselbe Flasche ode $ 
Batterie von bestimmter Gröfse der Belegung auf densele 
Grad zu laden, doch immer den sichersten Malsstab zur Ve 
gleichung der Wirksamkeit verschiedener Elektrisirmaschns, 
oder der Menge der el. Materie, welche sich durch ihre Re- 
bung entwickelt, da die Länge, Dicke und Wirksamkeit % 
einfachen Funkens, so wie die Länge und Breite der Far 
büschel von andern Umständen mit abhängen, nämlich von it 
Gröfse und Gestalt des Conductors, der Funken gebenden Kog, 
der auffangenden Kugel u. d. g. Nach jenem Mafsstabe va- 
glich namentlich van Marum die Wirksamkeit seiner neu er 
gerichteten Elektrisirmaschine mit derjenigen der grolsen Tey- 
ler’schen? und constatirte dadurch den aulserordentlichen Fot- 
zug der neuen Einrichtung vor der ältern. Eine Batterie voa 
90 Flaschen , deren jede über einen Quadratfuls belegter Fläche 
enthielt, wurde durch 150 Umdrehungen der verbesserten Schei- 
benmaschine mit einer einfachen Scheibe von 31” im höchsten 
Grade geladen, so dafs sie sich von selbst entlud. Die grob 
'Teyler’sche Maschine mit zwei Scheiben von 65 engl. Zollen, 
lud bei ihrer alten Einrichtung, ehe van Marum sie verbessert $: 
hatte, di e Batterie selbst unter den vortheilhaftesten Lm- fi 
ständen mit weniger als 66 Umdrehungen. Die kleine 
Scheibe leistete folglich $ und bei günstigen Umständen gwib |: 
= ı viel als die großse Teyler’sche Maschine bei ihrer ertet 


U ud 


. Vergl. Gilb. Annalen XXIII, 804. 


u Wirkungen derselben. 463 


ichtung. Da die Kissen der kleinen Scheibenmaschine 9”, 
ler grolsen 454” lang sind, so beträgt die Glasfläche, welche 
‚ Kissen bei einmaliger Umdrehung reibt, bei der kleinen 
“bei der grolsen 2410,1 -Quadratzoll, die 4 Kissen jener 
'n folglich bei jeder Umdrehung 2488, die acht Kissen die - 
0283 Quadratzoll.e Da nun jene 150, diese 66 Umdrehun- 
bedurfte, um dieselbe Batterie bis zum Ueberspringen zu 
ı, und die Intensität der el. Kraft zweier Maschinen der 

der Umdrehungen und der Grölse der geriebenen Fläche 
3ewirkung desselben Effedts umgekehrt proportional ist, ‚so 
ielt sich die Intensität der el. Kraft der kleinen Maschine 
erjenigen der Teyler’schen nach der alten Einrichtung, wie 
< 19283 : 150 X< 2488 oder ungefähr wie 3,5 : 1. Diese 
immung der Intensität der Erregung kann auch aus dem Ver- 
tisse der geriebenen und der geladenen Glasfläche abgeleitet 
Len, indem man aus der Zahl der Umdrehungen, der Grölse 
geriebenen Glasfläche, und der Gröfse der Batterie, die 
uch zum Maximum geladen worden ist, die Menge von ge- 
»nen Quadratzollen oder Quadratschuhen berechnet, die er- 
rt werden, um einen Quadratzoll oder Quadratfuls belegter 
ae bis zum Maximum zu laden, wo denn diese Menge bei 
zrofsen Teyler’schen Maschine 98, bei der kleinen 28 Qua- 
:oll beträgt, um einen Quadratzoll gleich stark zu laden. 
Die Einrichtung, welche meine grolse Scheibenmaschine 
zt, macht sie allerdings nicht so brauchbar zur Ladung von 
rien, weil die Grölse der in einer Umdrehung geriebenen Glas- 
e noch einmal so gering ist, als wenn die van Marum’sche 
ıchtung mit vier Reibkissen befolgt wäre, dagegen gestattet 
lie grölstmögliche Anhäufung der E. am Conductor, wegen 
stöfseren Abstandes der Reibzeuge vom Conductor, indem 
geringerer Entfernung die Entladung längs dem Glase hin 
. dem Reibkissen eher eintritt, als das freiwillige Ausströ- 
der E. in die Luft, welches in allen Fällen die Grenze der 
äufung bestimmt. ‚Bei recht günstiger Witterung beträgt 
in gerader Richtung gemessene, Länge des positiven ge- 
ngelten Funkens, welcher von der Kugel von 4’3” auf 
zrofse Auffangkugel von 8” überschlägt, 18 Pariser Zoll,, 
Dicke die einer dünnen Schreibfeder, und aus den Seiten 
n in der Richtung nach der Auffangkugel an mehreren 
m Strahlen von ansehnlicher Länge. Bei noch grölserer 


u} 


































464 Elektrisirmaschine, 
Entfernung der Auffangkugel verwandelt sich der Funken i 


den schönsten Feuerbüschel, der sich von einem dicken kmza 
Stamme bis zu einer Breite von 14” und einer Länge von if 
ausbreitet. Wird die kleinere Kugel von 2’ im Durchmesr 
der grofsen Auffangkugel gegenübergestellt, so erreicht derFæ 
ken höchstens eine Länge von 14 Zoll und verwandelt sich 
gröfserer Entfernung bereits in einen Feuerbüschel. Der Fa 
ken verursacht, wenn man mit den Fülsen auf dem nach 
Erdboden ableitenden Drahte steht, eine Erschütterung, 
derjenigen einer kleinen Kleists’chen Flasche sehr nahe komm, 
und durch eine Reihe von zwanzig und mehreren Personen, d 
sich mit den Händen anfassen, sehr fühlbar ist. Der. negatin 
Funken ist ungeachtet der so vollkommenen Isolirung des Rei- 
zeugs doch viel kürzer, und erreicht unter den günstigsten Us $. 
ständen nur eine Länge von 6 bis 7”, ist nicht geschlängd, 
hat aber gleichfalls seine gröfste Länge, wenn er von einerÄr 
gel von 4” auf jene grofse Auffangkugel überschlägt, welde 
mir einen ganz entscheidenden Beweis zu geben scheint, di 
eben so gut am negativen Conductor etwas Reales durch Ro F. 
eivkraft Thätiges existirt, wie am positiven, weil, wemi 
Beziehung auf den negativen Conductor die ganze Thätge 
von dem gegenüberstehenden (durch sogenannte Verthelm $: 
positiv gewordenen) Conductor ausginge, die längsten Funke 
erhalten werden mulsten, wenn der negative Conductor ut $- 
einer $zölligen Kugel endigte, und ihm gegenüber eine vierzd- f. 
lige stäinde. Für das Gemeingefühl ist dieser negative Fuks $.. 
unangenehmer, wenn gleich nicht so erschütternd,, wie der pr É. 
sitive. Mir ist keine Maschine bekannt, die im Verhältiß I 
rer Grölse einen eben so grofsen und energischen Funken lie $., 
ferte, wie die meinige. Dals die Teyler’sche und die oben b & 
schriebene Cuthbertsonsche in dieser Rücksicht ihr weit nd]. 
stehen, erhellet aus der Vergleichung mit den von diesen bé 
den Maschinen angeführten Wirkungen, auch die größte® fi 
Deutschland befindliche Maschine, von welcher Grimm‘ em 
kurze Beschreibung geliefert hat, dem Prinzen Hkınnıca 10 
WÜUnTENMBERG gehörig und von dem Mechanicus Klinger # N 
Breslau verfertigt, steht, wenn man auf ihre Gröfse Rücksı# 
himmt, der meinigen bedeutend nach; denn bei einem Dud 


n 


4 Gilb. Annalen IV. 359. 


Wirkungen derselben. 465 


ser ihrer einfachen Scheibe von 5 vollen rheinländischen 
ahen, einer, Länge jedes Reibkissens. von 12” und einer 
te von 3’,25 und einem Conductor, der denjenigen meiner 
chine wenigstens um das Fünffache übertrifft, gab sie doch 
ie längere Funken als von 18—20 Zoll von der Dicke’ eines 
elmälsıgen Federkiels. Das grolse Uebergewicht meiner 
eibenmaschine ist um so bemerkenswerther, da nach frühe- 
Versuchen von vax Marum? bei Vergleichung der grolsen 
ler’schen Maschine mit einer andern von völlig gleicher Ein- 
tung , deren Scheiben aber kleiner waren, die Stärke beider 
t im Verhältnisse der Grölse ihrer Scheiben, sondern in 
m merklich gröfseren fortschreitend sich zeigte. 

Dieses Zunehmen .der Wirksamkeit in einem höheren als 
s dem einfachen Verhältnisse der Vergrölserung der Schei- 
und die so weit getriebene Vervollkommnung ihrer Ein- 
tung hat den Scheibenmaschinen allmälig den Vorzug vor 
ıCylindermaschinen verschafft, Zur Würdigung der Stärke 
ser letzteren theilte NicnoLson, der, wie wir oben gesehen, 
ı vorzügliche Verdienste um ihre Verbesserung erworben, 
liche Bestimmungen mit, wie sie bei den Scheibenmaschinen 
ewandt wurden. Mit einem im Durchmesser zwölfzölligen 
inder und einem Reibzeuge von 7,5 Zoll gab eine 5zöllige 
zel häufige Blitze aufwärts von 14” Länge, der 7zöllige 
inder gab 10”,75 lange Funken, der Conductor des neun- 
igen, dessen isolirender. Fuls nicht hoch genug war, schlug 
en den Tisch Funken in einer Entfernung von 14”. Eine 
dner Flasche von 350 Quadratzöll oder fast 2,5 Quadratfufs 
egung, wurde bis zur freiwilligen Explosion geladen. Die 
zahl der Quadratfufse von der Oberfläche des Cylinders, 
tche gerieben werden mulste, um ‚diese Ladung von einem 
adratfulse hervorzubringen, war nach diesem Versuche (nach 
Anzahl der Umdrehungen und der Grölse der reibenden Fläche 
‚Reibkissens berechnet) zum wenigsten 18,03 und höchstens 
34. LicHTtenBerg bemerkte damals?, nach diesen Bestim- 
agen leiste ein gläserner Cylinder von 9” Durchmesser mit 
m Reiber von 7”,5 in der Länge gerade soviel, als vax 


Fern 


l S. dessen Beschreibung n. s. w. Erste Fortsetzung. Leipz. 1786. 


® Ersleben’s Anfangsgründe der Naturlehre Gte Auflage 1794. Anm. 
S0. 
Bd. Go 


466 Elektrisirmaschine. 


Manus eigene Maschine aus zwei Scheiben von 33 Zolen 
die doch fast 30mal soviel koste. Aber dieser Vorzug der Cy 
lindermaschine verschwand allmälig, so wie dieScheibenmaschina 
mehr und mehr vervollkommnet wurden. Nıczousos selt. 
stellte später eine neue Vergleichung der Cylinder- und Shë 
benmaschinen in Hinsicht auf ihre Wirksamkeit an, welche za 
Vortheil der Letztern ausfiel‘. Er glaubte nämlich aus einig 
Umständen schliefsen zu können, dafs die el. Materie in eima 
geladenen Cenductor durch unregelmäfsiges Zuströmen aus dn 
Cylinder in einen Zustand von Undulation versetzt werd 
könne, in welchem sie schneller entweicht, als wenn sie i 
einem mehr stetigen und regelmälsigen Strome zugeführt wi 
Wenn z. B. der Cylinder keine ganz regelmäfsige Figur hat, # 
drückt das Kissen an einer Seite desselben stärker als an der w $ 
dern, und diese Unregelmäfsigkeit könnte noch durch and 
Ursachen ve:mehrt werden. Diese Unregelmäfsigkeiten im e 
strömen liegen bei Cylindern mit blofsen Kurbeln weiter s fi 
einander, als bei Cylindern mit Rädern; bei Scheibenmacha 
fehlen sie vielleicht ganz. "F 
Die Wirkungen solcher Undulationen lassen sich, 4t 
Nıcnorsos nach verschiedenen Thatsachen beurtheilen: aM 
dünner Draht. der von einer isolirten Kugel nach der Erde kr 
abgeht, wird durch Funken positiver E., welche man af® 
Kugel schlagen läfst, in seiner ganzen Länge leuchtend, wi: 
rend die E. durch ihn unsichtbar in den Boden strömt, we | 
man die Kugel in Berührung mit dem Conductor bringt. (Da $: 
Grund dieses Unterschiedes liegt offenbar nur darin, dafs inda $r 
zweiten Falle die E. nie eine solche Intensität erlangt, um nit Ik 
an dem Drahte vollkommen abgeleitet zu werden.) b. Einer fi 
lirte Metallröhre an beiden Enden mit Kugeln von salcher Grab 
versehen, dafs, wenn die eine mit dem Conductor in Berührug Și 
gesetzt wird, aus der andern kein Lichtpinsel ausströmt, zeit 
wenn sie abgerückt wird, bei jedem Funken, der auf die est 
- Kugel fällt, einen ausströmenden Lichtpinsel an der zweit 
obschon sie in diesem Falle sicher nicht stärker als im ers 
elektrisirt wird. (Hierbei kommt aber das Moment der Zeit nd 
in Betrachtung, da im ersten Falle die Kugel nicht in ein k 
Augenblicke die ganze Menge von E. erhält, wie im zwet 



























1 8. Gilb. XXT. S. 300. 


Wirkungen derselben. 467 


h den Funken eines vorher nur erst nach einiger, wenn 
h nur sehr kurzen Zeit, auf das Maximum geladenen Con- 
ərş.) c. Eine messingene Kugel von 4” Durchmesser, die 
h einen 6° langen Metallstab mit dem hinteren Ende des 
iyen Condactors verbunden war, liefs nur von Zeit zu Zeit 
ı Lichtpinsel ausströmen ; als aber der Metallstab mit einem 
‚so langen Stabe aus Fichtenholz vertauscht wurde, ström- 
aus der Kugel unaufhörlich Lichtbüschel aus. d, Ein spitzex 
ıt wurde auf dem ersten Leiter einer Nairne’schen Gylinder- 
shine mit der Spitze aufwärts befestigt, und mit einer rei- 
Florentiner Flasche bedeckt, so dafs sich die Spitze in der ' 
e der Flasche befand. Bei jedem positiven Funken, den 
aus dem Conductor zog, zeigte sich an der Spitze das ne~ 
rel, Licht. Wurde dagegen .der Versuch am negativen 
lactor angestellt, so zeigte die Spitze bei jedem Funken das 
iv el. Licht, so dals die Lichtbüschel mit ihren Ramificatio- 
das ganze Glas füllten. Es sey wahrscheinlich, meint 
10Lson, dals in diesen Versuchen das Entweichen an den 
'en durch Undulationen veranlafst worden sey. (GILBERT 
t, dieser Erfolg sey von dem Stande der Spitze auf dem 
luctor und von der Vertheilung der E. in dem Conductor 
h Annäherung des Funkenlockers abhängig; indels ist diese 
inbare Umdrehung der E. des Conductors Isicht daraus .er- 
ich, dafs durch die Spitzen jedesmal die Luft in den Fla- 
n, und selbst die innere Glaswand in einen mit dem Con- 
or gleichartigen el. Zustand versetzt wurde, der jedesmal, 
rie der Conductor durch Abgeben eines Funkens seine ange- 
te E. verlor, und augenblicklich wenigstens relativ auf 0 E 
skyebracht wurde, in diesem Conductor und zwar insbe- 
lere in der zunächst gelegenen Spitze einen entgegengesetzt 
'ustand, der sich durch die entsprechende Beschaffenheit 
Fenerpinsels charakterisirte, hervorbringen mulste.) 

Aus einer von Nıc#oLson mit seiner Cylindermaschine in 
hung der Schnelligkeit der Ladung- mit der kleinen van 
am’schen verbesserten Scheibenmaschine von 32” angestellten 
leichung, und weil es ihm wahrscheinlich ist, dals wegen 
cht eintretenden Undulationen eine Scheibe Flaschen und 
rien stärker lade, bevor sie sich von selbst entladen, als 
ıder, und weil endli Scheiben eine grölsere reibende 
re darbieten, schlielst Nıcuouson, dafs die van Marum’sche 


Gg 2 


468 -Elektrisirmaschine. 


kleine Scheibenmaschine der stärksten Cylindermaschine, dis 
je ausgeführt worden, an stetiger Intensität der Erregung nm 
mindesten gleich sey, und dals sie sie an Kraft zur Ladung wiit 
übertreffe. 

Noch mehr ist aber die Streitfrage, welcher von beide 
Arten von Maschinen der Vorzug einzuräumen sey, dam 
CurnuBeatson’s und Sınarr’s Versuchet ins Reine gehradii 
worden. Beide gaben sich vorzüglich Mühe, alle Umstände | 
ähnlich als möglich zu machen, um sichere Resultate zu erhal 
ten. Zu diesen Versuchen gebrauchten sie einen Cylinder vağ 
14 engl. Zoll Durchmesser mit Würtel, Rad und Schnur, we 
durch die Geschwindigkeit gegen die Drehung durch die Kur 
vervielfacht wurde, und eine Scheibe von 24 engl. Zoll Durc- 
messer, welche sie mit einer Kurbel, wie gewöhnlich drehe 
BeideMaschinen waren von einem und demselben Künstlermitg n 
cherSorgfalt gearbeitet. Nach mehreren V eränderungen in derGrät 
und Lage der Endkugeln gelang es endlich so ziemlich gleic*; 
förmige Resultate zu erhalten. Das mittlere Resultat aus 1001 
verglichenen Versuchen‘ war, dafs diese beiden Maschinen a; 
ganz gleiche Kraft in Hervorbringung el. Ladung besafsen. Ak, 
Schätzung der el. Kraft wurde eine und dieselbe belegte G 
fläche geladen, und diese Ladung durch CuruzerTtson’s Eleket‘ 
meter und durch die Länge von Draht von gegebener Dids, 
welcher durch die Entladung geschmolzen wurde, gemese 
Am entscheidendsten erhellete die gleiche Stärke beider Maschi 
nen in Erregung von E. durch den Versuch, dafs beide Mascht 
nen zugleich in Bewegung gesetzt, um eine Batterie zu lade 
genau mit der Hälfte der Umdrehungen dasselbe als jede em 
zelne bei der vortheilhaftesten Wirkung leisteten. Die grë 
Weite, bis zu welcher die Scheibenmaschine Funken von il 
Hauptconductor auf eine Kugel von 2” schlug, war 6,5, & 
Cylindermaschine gab bei Anwendung derselben Kugel Funke 
von 8,5, und mit gröfseren Kugeln liefs sich der Funken | 
auf eine Weite von 12” treiben. Es ist indels zu bemerke 
dafs jene Gleichheit der Wirkung beider Maschinen in Lada 
von Batterien ganz wegfällt und das Uebergewicht auf S 
der Scheibenmaschine sich findet, wenn berücksichtigt vi 


D 
fd 
è 


1 Nicholson Journ. of natural Philosophy Bil. 
XXXIX. 241. . 


i fhe 





\ 


Wirkungen derselben, 469 


fs jede Umdrehung des Rades an der Cylindermaschine vier 
ndrehungen desselben in sich begriff; als daher Sınser den 
linder bei unverminderter Reibung durch eine Kurbel drehen 
fs, bedurfte es der vierfachen Menge von Umdrehungen wie 
vor, um dieselbe Wirkung hervorzubringen. Auch bewies 
ı analoger Versuch mit der Scheibenmaschine , dafs die Men- 
der erregten E. und damit die Schnelligkeit der Ladung le- 
lich durch die Menge der Umdrehungen bestimmt wurde 
d dafs daher die Wirkung jeder Elektrisirmaschine durch die 
schleunigung der Umdrehung sehr verstärkt werden könne. 
wurde nämlich Rolle und Rad an die Scheibenmaschine 
gebracht, und es erfolgte die Entladung derselben Batterie 
\. desselben Belastung des Cuthbertson’schen Elektrometers 
115 Gran: mit einer blofsen Kurbel nach 75 Umdrehungen; 
¿Rolle und Rad, welches die 


n Geschwindigkeit verzweifachte nach 42 — 
i- — verdreifachte nach 28 — 
. — vervierfachte' nach 19 — 


“Wach dieser Vergleichung räumt nun SıneeR mit Recht den ` | 
bibenmaschinen einen entschiedenen Vorzug vor den Cylin- 
maschinen ein und zwar bestehen ihre Vorzüge darin, dafs 
‘1. minder kostbar als die Cylindermaschinen von gleicher 
ške sind; 2. dafs sie weniger Raum einnehmen; 3. dafs sie 
§ in viel gräfseren Dimensionen verfertigen lassen; 4. dafs 
leichter ist, mehrere Scheiben als mehrere Cylinder in einen 
parat zu vereinigen; 5. dafs sich bei ihnen die Geschwindig- 
kt viel besser als bei den Cylindern vervielfachen läfst, ohne 
p die Bewegung zu schnell wird; ‘6. dafs sich mit Scheiben 
ı, gleichem Durchmesser und einerlei Glasart gleiche und ähn- 
i Wirkungen erhalten lassen, während zwei vollkommen 
ich wirksame Cylindermaschinen wohl kaum darzustellen sind. 
ı zwei Vorzüge, welche Sınger den Cylindermaschinen vor 
(Scheibenmaschinen noch einräumt, dafs sie vollkommen isolirt 
{den können, und eben darum die positive und negative Wix- 
g in gleicher Stärke zu geben im Stande seyen, fallen weg, 
ald man die van Marum’ sche oder die von mir beschrie- 
è Einrichtung befolgt. 

Dals die. negative E. aller Glas-Elektrisirmaschinen in An- . 
ang der Länge und Dicke des Funkens schwächer als die 
ätive ausfällt, und selbst durch die stärkste bis jetzt gebaute 































470 Elektrisirmaschine. 


Maschine, die Haarlemer keine längere Funken als vo ff" 
haben erregt werden können, ist bereits bemerkt worden. h 
dieser Hinsicht werden diese Maschinen durch die oben b- 
achriebenen von Wauxıens merklich übertroffen. Die Cons 
missarien der Pariser Akademiet, welche diese Maschine põ 
ten, zogen aus dem Conductor mit einer grofsen Kugel 15 
17 Zoll lange sehr schallende und dicke Funken, die unausteh 
lich schmerzhaft waren, wenn sie mit blofser Hand aufschne 
wurden, aus Spitzen sprangen merkbar Funken nach dem Lé 
ter über, und eine Batterie von 50 Quadratfuls Belegung wurke 
bei 30 Umdrehungen der Maschine geladen, welche 19 Qw 
dratfuls geriebene Fläche des Seidenzeugs auf die Ladang a 
Quadratfulses belegten Glases geben würde, in welcher He- f? 
sicht demnach diese Machine der grofsen Nicholsonschen Cini 
dermaschine vollkommen gleich kommt. 
Was die oben beschriebene Glasglocken-Maschine beti, 
so sollte man nach den Wirkungen, welehe Worrus w 
der einzigen bis jetzt ausgeführten beschreibt, diese Gattung des 
wirksamsten beizählen. "Es schlägt nämlich jene Maschine, é 
ren Glocke mit Einschluls des Halses nur eine Höhe va $ 
und einen Durchmesser von 12” hat, unter günstigen Umsiela 
Fig. aus I auf die Kugel ndes Funkenmessers 10” lange Funken vatt. 
"Dicke eines Strohhalms , 7—8 zöllige schneller, als man aha 
kann. Der Lichtbüschel ist 6—7 Zoll lang, und breitet 9A 
unter einem Winkel von 60—70 Graden nach allen Seiten = f 
eine llasche von einem Quadratfuls äufserer Belegung wird bi È 
8maliger Umdrehung der Kurbel bis zum Ueberschlagen gr $° 
den. Einen besonders auffallenden Beweis der starken Elektr 
citätserregung durch diese Maschine gab aber der Versuch, dal 
aus dem tiefer liegenden Theile einer "Regenröhre, welche dard 
einen Draht mit dem Reibzeuge verbunden war, bei jeder Est E 
ladung des positiven Conductors schwache Funken erhaltet 
werden konnten. Bei alle dem zweifle ich doch sehr, de 


zu verschaffen, dafs sie nicht in "ihrem U.ndrehen bed 


schwanken, was ihre BDeschadi: zung nur zu leicht veranlasst a 


kann, auch ist nicht zu übersehen, dafs die Tsolinng a 





1 S. Mém. de Paris 1784 und in Licht. Magazin a. & 0. 


Wirkungen derselben. 471 


schine unvollkommen, und die Zerstreuung der E. nach 
» Fassung unvermeidlich ist. 
Es ist schon oben bemerkt worden, dafs man die Wirkun- 
ı einer Elektrisirmaschine, die an und für sich nicht zu den 
fseren gehört, durch die Ausdehnung des Leiters und be- 
‚ders durch eine solche Einrichtung desselben, wodurch seine 
zacität für E. vermehrt wird, ungemein verstärken, und die 
fachen Funken dem erschütternden einer Ladungsflasche ganz 
ich machen kann, Es ist in dem Artikel Elektricitat, 
hgewiesen worden, wie sehr die Capacität eines Leiters 
ch Verlängerung und verhältnilsmälsige Verdünnung dessel- 
vermehrt werden kann, Eine Verminderung des Durch- 
ısers bis auf 6% veranlalst nach VorrA’s Versuchen noch 
m eigentliches Ausströmeni. VoLTA verfertigte sich einen 
hen Leiter von 12 hölzernen, mit Stanniol überzogenen: 
>en von obigem Durchmesser, so dafs er bei 96 Fuls Länge 
12 Quadratfußs Oberfläche hatte, sein Umfang also nicht 
Der als derjenige eines Leiters von 6 Fufs Länge und 8g” 
rchmesser war. Die Capacität des ersteren war um soviel 
[ser als die des letzteren, dafs 25 bis 30 Umdrehungen sei- 
Scheibenmaschine nöthig waren, um ersteren auf das Maxi- 
m zu laden, während letzterer schon-durch 4—5 Umdrehun- 
-darauf gebracht wurde. Diese grolse Länge des Conductors 
n man auch in einem beschränkten Local dadurch erhalten, 
; man mehrere kurze Stäbe über einander hängt, jedoch dür- 
sie nicht zu nahe seyn, sondern müssen drei bis vier Fuls 
‚, einander abstehen; denn stehen «sig einander näher, so 
dern sie wechselseitig ihre Capacität, indem sie ihre Span- 
ig steigern. VOLTA gab jedem seiner Stäbe eine Länge, yon 
»ls, die in drei Vierecken geordnet und durch seidene Fäden 
zehängt, übrigens mit einander ‚durch Stäbe von Messing 
bunden waren. Die Capacität dieses so ausgedehnten Lei- 
; fand VorrA gleich der Capacität einer ‚Flasche oder mälsig 
ınen Glasscheibe von 4 Quadratzoll Belegung. Er gab wirk- 
ı erschütternde Funken, die his in die Brust gingen, beson- 
$ wenn man einen in einen Brunnen reichenden Eisendraht 
alste, um der grolsen Menge von E. hinlängliche Ableitung 
verschaffen. Der Pater Gonnos verstärkte auf diese Art 





1 S. Alex, Volta’s Schriften übers, von Nasse iter Bd. 1803, 


2. Zlesiv:sivHäasczıme. 


ch kmewmmzt nnes NW) Zen (armen Eisemirahtes des 
SOLI np eRT, ta T 12 o maggTt gcra, me Wrosur at 
uinte ad line tav ansevtrgentilinan  ortancemn des Le- 
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fen "ia eaw ien maY Tieae r-r urei ien -ınmachen fur 
irn ter umit stan laseine onttinger vergen sann. 

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Imi „„Ichtikeit r 2 0m m lme, ‘vn ter Fınien here 
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F mien. væ=cie ir anre iber uie: rinne Leirer seben, d 
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zan indzeeien Leer |n priiserem Zrclmesser. So fand 
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ne ım neur Sara zu apen. 

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ter, an? namen Kazal ie Finzin berei Tasen. ia Verbindan 
zegatzt vardan, waza maz la mëi lingsten Fonken eul 
ten Xl Eze wichtig: Regel besteht PR dirin, dieScheibt 
„der der. Coiiader vin allem sisi azke = rden Amalzama # 
reinigen, das 3-4 Fesonders an den Gissscheiben nach da 
eoncentrischen Pinzen derselben. und ei den Cylindem @ 
den kleiner Blattchen, die bei manchen derselben hie und & 
über die Oberfiache hervorragen, leicht anhänet, und zur Est- 


ladung des Cardactors nach dem Reibkissen V eranlassung g gelt 





1 T-eede Vervolg etc. Haarlem 1795. 


t 


Elektromagnetismus. 473 


einer so kräftigen und im höchsten Grade el. Scheibe, wie 
meinigen, schlagen ununterbrochen, wenn der Funkenzieher 
weit entfernt ist, in bogenförmiger Richtung Funken nach 
ı Reibkissen hin, die stets schon bei einer viel geringeren 
Kernung sich einfinden, wenn die Scheibe mit Amalgama 
ınrein st ist. 

Das Jmalgama! wird am besten mit etwas Schweine- 
malz oder Cacaobutter auf das Leder des Reibkissens aufge- 
en, und so gleichförmig als möglich zum metallisch 'glän- 
den Ueberzuge in dasselbe eingerieben. Die Erneuerung 
selben richtet sich nach dem mehr oder weniger häufigen 
»rauche, den man von der Maschine gemacht hat?. 

P. 


E lektromagnetismus, 


ter von den Franzosen meistens Elektrodynamismus 
zannt,, bezeichnet den Inbegriff derjenigen magnetischen Er- 
einungen, welche durch die Elektricität hervorgebracht wer- 
t, oder die Wechselwirkung elektrisirter Körper und der 
gnete auf einander. Der zuerst gewählte Ausdruck bezeich- 





1 S. Amalgama Th. I. S. 286. 


2 Ueber chemische Wirkungen der einfachen Funken und ihr 
hältnifs gegen verschiedene Medien u. s.w. S. Funken, elektrischer. 
Aulser den Schriften, welche das Ganze der E. behandeln, na- 
atlich Priesteev’s Geschichte der E., Doxnnorr’s, AnDam’s, CAvALLO’S 
rken über die E. u. s. w., verdienen über Elektrisirmaschinen noch 
Onders verglichen zu werden: Martın van Marum Abhandlung über. 
Elektrisiren, enthaltend die Beschreibung und Abbildung einer 
erfundenen Elektrisirmaschine u, s. w. Aus dem Holländischen 
. Mörren, Gotha 1777. M. G. C. Bonxensencer’s Beschreibung 
er auf eine neue sehr bequeme Art eingerichteten Elektrisirmaschine 
ttgart 1784—1791. Derselbe Beschreibung einiger Elektrisirmachinen 
l elektrischer Versuche nebst sechs Fortsetzungen. Stuttgart 1783 
791. Beschreibung einer Elektrisirmaschine und einiger damit von 
R. Deian und A, Pırıs van Troosrwyx angestellter Versuche 
"ausgegeben von Joux CGurtnsentsox. Leipzig 17%. Marrınus VAN 
Rtu Tweede Vervolg der Proefnemingen etc. Haarlem 1795. (ent- 
E die Beschreibung seiner verbesserten Elektrisirmaschine). Jon. 
sy. Horrsann praktische und gründliche Anleitung auf eine leichte 
waohlfeile Art gute Elektrisirmaschinen zu bauen u. s. w. Leip- 
17798. 










474 Elektromagnetismus. 


net die Sache genau und vollständig; der spätere, nämlich 
dynamische Elektricität, welcher von Ameène den Wir- 
kungen der geschlossenen Volta’schen Säule beigelegt ist, u 
sie von denen der nicht geschlossenen , daher Funken gebendeg 
und denen einer gemeinen Elektrisirmaschine sich ähnliche 
zeigenden, zu unterscheiden, als welchen er den Namen de 
elektrustatischen beilegt, hat in sich gar keinen empfehle 
den Grund. Auch die Ausdrücke: chemischer Magnetism, 
Folta’scher Magnetismus und Galranomagnetismus bezeichna 
die Sache ungleich schlechter. 


L Geschichte des Elektromagnetismus, 


Seitdem die Anhänger der dynamischen Naturphilosopis 
sich bestrebten, die verschiedenen Naturerscheinungen nicht s 
wohl als \Virkungen individueller Substanzen anzusehen, sr 
dern vielmehr das Materielle selbst als das Resultat sewise 
Urkräfte darzustellen, ınulste ihnen vorzüglich daran gelesa 
‚seyn, die unwägbaren Stoffe als unmittelbare, und nur uwe 
sentlich ınodificirte, Aeulserungen einer einzigen Urkraft md- 
zuweisen. Licht, Wärme, Elektricität und Magnetismus sb 
demnach ihrem Wesen nach in eins zusammen. Als insbe - 
dere ALEXANDER Vor'rA in der nach ihm benannten elektrischa 
Säule die gelehrte Welt mit einem unschätzbaren Apparate be 
schenkte, welcher an seinen beiden Enden die zwei Eleknd- 
täten bleibend erhielt, glaubte man in dieser die Pole eins 
Nlagnetes sichtbar dargestellt, und hielt die Identität der Elektr 
cität und des Magnetismus für begründet, welche als ähnlich a 
betrachten schon die frühere Bezeichnung von + und — J $: 
ähnlich dem + und — E veranlafst hatte. Insbesondere W 
es J, W. Rırren!, welcher den Satz aufstellte, jede Volta'ck 
Säule sey ein wirklicher Magnet, und müsse als solcher auch 
magnetische Polarität zeigen. Verschiedene Physiker zeig fi 
zwar durch die Erfahrung, dals eine solche \Virkungsart des . 
Volta’schen Säule fremd sey, allein Rrryer’s hoher Schw | 
der Phantasie erhielt ihm eine Menge Anhänger und Verehr", 
da es allerdings viel leichter ist zu phantasiren als zu philos 
phiren. Ich selbst habe in Verbindung mit Gruxen in Han | 
ver damals viele Mühe darauf verwandt, durch ungew 





1 Beiträge: zum Galvanismus If. 55. Ann. de Chim. LXIV. & 


Geschichte . 475 


ke magnetische Batterien eine der Volta’schen Säule ähnliche 
rkung hervorzubringen, oder ganz kleine und möglichst be- 
sliche Säulen durch jene zu afficiren, aber vergebens. Hätte 
2 amgekehrt den Einfluls grolser Säulen auf leicht bewegliche 
gnetnadeln geprüft, so wäre die Wahrheit vielleicht früher 
gefunden. Dals es übrigens unmittelbar vor der Auffndung 
"Elektromagnetismus noch Physiker gab, welche die durch 
PTER behauptete Identität der Elektricität mit dem Magnetis- 
svertheidigten, beweiset unter andern die gegen dag Ende des 
res 1818 durch v. Yerın über diesen Satz ‘gehaltene Rede, 
rin aber, aulser schwachen, wenn man wollte zwischen je- 
a beliebigen Paare gegebener Stoffe aufzufindenden, Analo- 
en kein genügender Beweis, auch keine neue Thatsache zur 
terstütZung der aufgestellten Behauptung beigebracht ist. 
n kann daher mit Wahrheit sagen, dals man bis zu jener 
t von einer Wechselwirkung beider Potenzen auf einander 
ch nicht mehr wufste, als schon seit vielen Jahren bekannt 
z, nämlich dafs insbesondere Blitzschläge, aber auch starke 
ktrische - Batteriefunken den Magnetismus im Stahle sowohl 
rvorzurufen, als auch zu zerstören, die Polarität zu erzeugen, 
J umzukehren vermögen, welches indels nach den entschei- 
aden Versuchen van MAanum’s für eine blolse Wirkung des 
»Íses und der Erschütterung durch Elektricität angesehen 
ırde®. Wenn endlich nicht sowohl Moson aus Genf, als 
mehr Romanes aus Trident zufällig elektromagnetische Er- 
reinungen wirklich beobachtet haben, so ist dennoch keines- 
'gs einer von diesen als der Entdecker dieses wichtigen Zwei- 
s der Naturlehre zu betrachten, weil sie die Neuheit und 





1 Ueber Magnetismus und Elektricität als identische und Ur- 
fte., München 1818. 4. .Genau genommen könnten wohl beide, 
ın sie wirklich identisch wären, nicht Urkräfte, sondern nur eine 
raft seyn. 

2 Mehreres hierüber von Scuweiccer findet man in dessen Journ. 
R. XVI. 1. Bwccanıa leitete sogar schon den Magnetismus über- 
Pt, wie Anpeae, von beständigen elektrischen Strömungen ab. 
Priestley Gesch. d. El. S, 221. Cıcna in Misc. Taur. I. 43. redet 
chfalls von d. Aehnlichkeit der Elektrieität und des Magnetismus. 
3 Beschreibung einer vorzüglich grofseu Elektrisirmaschine u. & w. 
Iitsche Uebers, Leipz. 1786. 


476 Elektromagnetismus. 


Wichtigkeit des Fundes übersahen, und diesen also selbst nicht 
kannten und gehörig würdigten!. 

Aus demjenigen also, was bis dahin bekannt war, konnte 
‘unmöglich die später entdeckten Erscheinungen des Elekto- 
magnetismus gefolgert werden, im Gegentheil ist vielmehr jetz, 
nach so aufserordentlich verfeinertenund vervollkommnetenMek $ 
werkzeugen, so gut als erwiesen, dafs die Volta’sche Säule wede 
"selbst ein Magnet ist, noch auch dafs ihre Pole magnetische sind 
Dessen ungeachtet hielten allezeit noch einige Physiker festa 
dem’durch 'Thatsachen keineswegs begründeten Glauben, Elk- $ 
tricität und Magnetismus seyen ihrem Wesen nach identisch. Ein 
Anhänger dieser früher 2 von ihm ernstlich vertheidigten Mein 
blieb auch später noch Oensten, und bemühete sich daher inse 
nen Vorlesungen einen Einfluls der Pole einer Volta’schen Säuleaf 
die Pole der Maynetnadeldarzuthun, welches aber stets vergeblih 
seyn mulste. Eine solche magnetische Polarität konnte die Sänb 
nur zeigen, wenn ihre Pole nicht geschlossen oder wenn s 
durch einen leitenden V erbindungsdraht geschlossen wart; 
dafs aber der letztere selbst einen Einfluls auf die Magnetni 
äufsern solle, konnte aus den damals herrschenden Ansidës 
nicht gefolgert werden, indem man sonst bei der erwiesa 
Identität der Reibungs- und Berührungs-Elektricität auch da 
Verbindungsdrahte beider Pole einer Leidner Flasche Polar 
zugeschrieben hätte. Man mufs es daher unter Vgraussetzuy 












einer consequenten Argumentation für einen Zufall erklären, 
welcher Orrsten auf eine der wichtigsten Entdeckungen im 
Gebiete der Naturlehre führte, die aber nichts destoweniger se- 
nen Namen unsterblich machen wird. Als nämlich im Winter 
1819 auf 20 in seinen Vorlesungen ein feiner Tlatindraht, wel- 
cher beide Pole einer starken Volta’ schen Säule verband, un 
dadurch glühend gemacht war, über eine Magnetnadel hergin 
zeigte diese eigenthiunliche Schwankungen, und mulste in die- 
sem ihrem Verhalten räthselhaft erscheinen, weil man nach den 
bestehenden Kenntnissen nur Anziehung oder Abstolsung der- 
selben erwarten konnte. \Venn OERsTED später? darzuthu 





1 Traité sur le Galvanisme publié par le Prof. Aldini. à Par. 100 
S. 191, Vergl. G. LXVIII, 208. 

2 Ansicht der chemischen Naturgesetze. Berlin 1812. 

3 Schweigg. Journ. N. F. Il. 199. 


Geschichte... . 477. 


hte, dafs das Bestreben, den Einfluls beider Elektricitäten 
Augenblicke ihrer Ausgleichung auf die Magnetnadel 'aufzu- 
en, ihn unmittelbar auf diese Entdeckung geführt habe r- so 
n hierbei nur von der magnetischen Polarität der Pole einer 
shlossenen Säule die Rede seyn. Es scheint auch fast, als 
weder OERsTED selbst, noch seine Zuhörer die Wichtigkeit 
merkwürdigen Entdeckung sogleich in ihrem ganzen Um- 
se aufgefalst haben , weil es sonst unerklärlich seyn würde, 
um nicht früher etwas davon ins Publicum kam, als bis der 
nder selbst sie etwa sechs Monate später in einer eigenen 
rift bekannt machte 1. 

Als am Ende des Sommers 1820 die grofse Entdeckung 
ptsächlich zuerst den Akademien und gelehrten Gesellschaf- 
bekannt wurde, dauerte es noch einige Zeit, bis sie ganz 
ntlich ins Publicum kam. | 

Hierzu lag die Veranlassung theils in der ursprünglichen, 
ras schwerlälligen und verworrenen, Darstellung der Sache, 
ıptsächlich aber darin, dafs der Erfinder selbst und die ersten 
ysiker, welche die Versuche wiederholten, zum Gelingen 
selben eine so starke Volta’sche Säule verlangten, dafs. der 
"bindungsdraht zum Glühen gebracht wurde. Auffallend 
ibt es immer, warum OeRrstED in dem langen Zeitraume, 
ı der ersten Entdeckung bis zum Erscheinen seiner Schrift, 
ht auffand, dals zwei nur mäfsig grolse Platten von Zink 
l Kupfer die Wirkung nicht blofs gleichfalls, sondern sogar 
h besser zeigen, als starke Volta’sche Säulen von vielen 
tten. Die Forderung eines so mächtigen Apparates hielt 
ache Physiker ab, die Versuche zu wiederholen, einige zogen 
ar die Sache in Zweifel, weil sie glaubten, dals der. starke 
ktrische Strom wohl gewisse Schwankungen der Nadel als 
es leicht beweglichen Körpers erzeugt haben könne, die 
n fälschlich einem erregten Magnetismus beigemessen, habe. 
» ersten, welche die Sache selbst bestätigten, und die Auf- 
rksamkeit der Physiker rege machten, waren J. T. Mayen, 


1 Experimenta circa efhaciam conflictus electrici in dcum magne- 
m., Hafniae 21, Jul. 1820. Vergl. C. H. Pfaff der Elektro-Magne- 
aus, eine historisch-kritische Darstellung der bisherigen Entdeckun- 
‚auf dem Gebiete desselben, nebst eigenthümlichen Versuchen. 


nb, 1824. 8. 


















478 Elektromagnetismus. 


durch eine Anzeige der Oersted’schen Schrift? mit dem Zus $ 
dafs auch ihm die wiederholten Versuche gelungen seyen, wi 
DE LA Rive, welchem es gleichfalls gelang, in Grgenmi 
ArAco’s und mehrerer Gelehrten das merkwürdige Phänomd 
wahrzunehmen 2. Kaum waren aber diese Nachrichten ių 
Publicum gekommen, als nicht blofs alle Physiker, sonim 
auch eine Menge Naturforscher, Aerzte, Dilettanten und sg 
solche, welchen wissenschaftliche Forschungen’ übrigens fresi 
zu seyn pflegen, sich mit einer unerhörten Leidenschaftlicht# 
der neuen Entdeckung bemächtigten. Man kann den damals 
allgemein erregten Enthusiasmus füglich demjenigen vergleiche, 
welcher sich äußserte, als die ersten a@rostatischen Maschinei $p 
ein bis dahin für unmöglich gehaltenes Problem löseten, mit des $ 
einzigen Unterschiede, dals zu jener Zeit selbst Könige, Fir § 
sten, Provincialstände und städtische Corporationen jene sidt $: 
selten halsbrechenden Schauspiele freigebigst unterstützten ul fr 
durch Aeulserungen ihres Beifalls beförderten. Indels hàn 
sowohl einzelne Gelehrte als insbesondere die gelehrten Guck 
schaften sich wetteifernd bestrebt, dem berühmten Erfinderie 
Achtung und ihren Dank für seine höchst merkwürdigei+ & 
deckung auszudrücken. Die Ursache einer so allgemeinen Tè $ 
nahme lag wohl hauptsächlich darin, dafs die räthselhafte Poat 
des Magnetismus, welche zum Ueberdrufs forschender Physa 
allezeit ganz isolirt und gleichsam blofs an das starre Eisen # 
bunden da gestanden hatte, jetzt auf einmal mit einer der allge- 
meinst verbreiteten Potenzen in Verbindung trat, theils an des 
Imposanten einer merkwürdigen Thatsache, welche nach ern* 
denden Speculationen, namentlich in Deutschland, jetzt plöt- 
. lich in ihrer ganzen Wichtigkeit hervortrat, theils endlich # 
der Leichtigkeit, womit sich diese merkwürdigen Erscheinunga 
hervorrufen liefsen, und der Kleinheit der hierzu erforderliche 
Apparate. Sobald nämlich mehrere Physiker die Versuche m 
wiederholen angefangen hatten, entdeckten sie allgemein, dab 
mian hinlänglich starke Abweichungen der ` del schon mit Plat- 
ten von 3 bis 4 Zoll Seite hervorbringen köu und noch ober 
drein stärkere, als mit vielplattigen Säulen von kleinerem Durch- 
messer. Boeckmans unter andern mühete sich vergebens ab 





1 Gött. Gel. Anz. 1820. N. 171. 
2 Bibl. univ. XIV, 281. 


Apparate. - 478 


iner Säule von 200 Doppelplatten von der Gröfse eines 
thalers die angekündigten Phänomene hervorzubringen, 
: am folgenden Tage durch weit geringere Mittel zum Ziele 

And ich selbst brachte es endlich dahin, eine Säule von 
)oppelplatten, grölstentheils 6 Z. Seite haltend, aufzubauen, 
a des als Bedingung des Gelingens angegebenen Glühens 
latindrahtes versichert zu seyn, fand aber beim Auseinan- 
'hmen der grolsen: Säule, dafs die Wirkung bis auf 5 Plat- 
are hetab nicht abnahm, und sah am folgenden Tage die 
insungen der Nadel durch ‘zwei der gebrauchten Platten 
auffallend hervorgebracht. Von rüri'an machten in den 
n 1821, 92 und bis in 93 hinein die Versuche und Theo- 
iber den Elektromagnetismus den: Hauptinhalt ‘der pliysi- 
hen Zeitschriften aus, der vielen einzeln erschienenen Ab- 
ungen nicht zu gedenken; die Geschichte kann die ver- 
lenen Erweiterungen der ursprünglichen Entdeckung nicht 
n verfolgen , da sie ohnehin bei der Frklärung der Sache 
kurz erwähnt werden müssen. Nur zwei Entdeckungen 
nen wegen ihrer Wichtigkeit besonders genannt zu wer- 
nämlich die durch Araco und v. Yerin gleichzeitig get 
'e, dafs unter geeigneten Umständen ein Leitungsdraht det 
ingsekektiicität gleiche Wirkungen auf-unmagnetischen Stahl 
t, als der Verbindungsdraht beider Pole einer Volta’chen 
; und die zweite von Scuw£isetn und PogseENnDonr 
nach einander aufgefundene leichte fsolirung ‘des elektri- 
ı Stromes im leitenden Drahte bei nicht stattfindendef Iso: 
z seines 'erregten Magnetismus, wonach mehrere Drähte 
nigt werden können, um die Wirkung zu verstärken, was 
den elektromagnetischen Multiplicator hervorrieft. 


Apparate zur Erregung des Elektro- 
magnetismus. 


Jas schon erwähnte lebhafte Interesse, womit OersTED 3 
:ckung allgemein aufgefalst wurde, die häufigen Wieder- 
‚gen des anfänglichen Hauptversuches nebst dem Bestreben, 
igentliche Wesen dieser Sache zu ergründen und die Er- 
ag wo möglich zu erweitern, haben in einem kurzen Zeit- 





Vergl. Historical sketch of Electro-magnetism. in Ann. of Phil, 
Ser. Il. 195. 274, III. 107, 


480 Elektromagnetismus. 


raume die elektromagnetischen Erscheinungen und die Apparat, 
womit diese hervorgebracht werden, so über alle Vo- 
stellung vervielfältigt, dals es in der That schon jetzt schw- 
zig ist, das Ganze zu übersehen, ohne sich in der Menge ie 


T'hatsachen bei der vielfachen Gestaltung derselben zu verwe : 


zen. Indem aber viele der beobachteten Phänomene nur a 
aulserwesentlichen Puncien von einander abweichen, die App- 


rate vielfach nur unbedeutend abgeändert sind, zur leichtes $: 


Uebersicht des Ganzen aber wesentlich erforderlich ist, č 
hauptsächlichen Erscheinungen in einer gewissen Ordnung w 
sammenzustellen, so wird es am zweckmälsigsten seyn, de 
Zeitfolge der allınäligen Entdeckungen zu verlassen, dagegen 


aber die ähnlichen Phänomene zusammenzustellen, und = f 


gleich die zu ihrer Erzeugung erforderlichen zweckmälsigsa 
Apparate zu beschreiben. Hierbei ist aber nothwendig zet 
Folgehdes im Allgemeinen vorauszuschicken. 
Die zahlreichen elektrischen Apparate, wodurch der Mage- 
tismus in den verschiedenen leitenden Körpern hervorgenia 
wird, und dann auf den Magnet oder blofses Eisen wit, 
und zugleich auch dem Einflusse des Erdmagnetismus unted, 


sind am gehörigen Orte beschrieben, und müssen daher ie | 


übergangen werden!. Im Allgemeinen gehören dazu die je 
meine Elektrisirmaschine und die Leidner Flasche, dann akt 
hauptsächlich die verschiedenen Arten der Volta’schen Säulen. 
Die letzteren lassen sich füglich unter zwei Haupteclassen ordnen 
deren eine aus zwei getrennten Metallen besteht, welche durch 
einen metallenen Leiter verbunden ihre ungleiche elektrische 
Spannung vermittelst eines feuchten Leiters ausgleichen. lı 
den Metallen wählt man in der Regel Kupfer und Zink, word 
ich mich für den vorliegenden Zweck allein beschränken kam; 
die einer näheren Untersuchung bedürfenden feuchten Leite 


sind entweder in einer stark damit getränkten Tuch - oder Papr Q 


scheibe enthalten, oder befinden sich frei in einem Gefälse. Die 


andere Classe bilden alle diejenigen Apparate, welche aus meb- è 
reren, paarweise verbundenen, und durch feuchte Leiter ad 
einander einwirkenden heterogenen Metallen bestehen. Hier- | 


unter gehören die gemeinen stehenden oder liegenden Säule, 
die verschiedenen Trogapparate, Becherapparate u. dgl. Es# 





1 S. Galvanismus, Elektrisirmaschine u. S. W. 





Mu 


Apparate. l 481 


ar hier nicht der Ort, die Wirkungen dieser beiden Arten 
t einander in jeder Hinsicht zu vergleichen, noch weniger. 
an die individuelle Art der Erregung der Elektricität durch 
selben hier erörtert werden, oder die schwierige Frage, ob. 
n den Erscheinungen gemäfs nur eine oder zwei verschiedene . 
ıktricitäten anzunehmen habe; inzwischen hat eben der 
ıktromagnetismus einen wesentlichen Unterschied jener ver- 
iedenen Apparate erst recht augenfällig gemacht, welcher 
a manchen bei ihren 'Versuchen nicht beachtet war, und da- 
' vielfache Verwirrung rücksichtlich derjenigen Richtung her- 
brachte, welche die Magnetnadel entweder östlich oder west- 
ı abweichend gezeigt haben sollte. Um daher ähnlichen 
[sverständnissen zu begegnen, ist es nothwendig, einige we- 
liche Bestimmungen über diejenigen Vorstellungen voraus- 
n zu lassen, welche man rücksichtlich der Erregung der 
ktricität durch Berührung oder den Conflict heterogener 
talle bisher angenommen hat. 

Wenn ein Volta’ scher Apparat aus zwei heterogenen Me- 
en und einem flüssigen Zwischenmittel besteht, und man 
leich mit FRANKLIN und VoLTrA nur eine elektrische Materie 
ummt, so strömt die Elektricität von dem minder elektrischen 
ch eine vollkommene metallische Leitung zu dem mehr 
strischen, und gleicht sich durch das flüssige Medium wieder 
. Sind daher die beiden Metalle z. B. Kupfer und Zink, 
\che rücksichtlich ihrer elektrischen Disposition weit von ein- 
er abstehen, werden sie durch einen Metalldraht innig mit 
ander verbunden, und durch eine nasse Tuchscheibe von 
ader getrennt, so theilt das minder elektrisch disponirte 
afer seine Elektricität durch den leitenden Draht dem Zinke 
Welcher sie durch die nasse Tuchscheibe oder die tren- 
de-Flüssigkeit dem Kupfer wieder zuführt. Ohne die Rich- 
eit dieser Vorstellung Vorr4’s hier prüfen zu wollen, ist 
ffenbar, dafs hiernach ein beständiger Strom der Elektricität 
ı Kupfer zum Zinke hin statt finden muls, und der Draht, 
ch welchen die Leitung dieses Stromes geht, äufsert dann 

nachher zu erwähnenden magnetischen Wirkungen. Sind 
egen mehrere Plattenpaare heterogener Metalle mit einander 
dunden, oder ist eine Säule so angeordnet, dafs Kupfer, Zink, 





1 Gilb. Aun. LXVI. 348, 
L Bd. fih 


482. Elektromagnetismus, 


feuchter Leiter; K. Z.; F....... in dieser fortgehenden Reihen- 
folge mit einander verbunden werden, so geht allerdings gleich- 
falls sowohl bei der ersten, als auch der. zweiten und jeder fol- 
genden dieser Verbindungen die Elektricität vom’ Kupfer zum 
Zink über, und theilt sich dann so verstärkt durch den feuchter 
Leiter jedem folgenden Paare mit. Allein eben hierdurch muls 
das Kupfer des ersten Paares amı stärksten negativ, das Zink 
des letzten dagegen am stärksten positiv elektrisch werden, we 
ein diese beiden verbindender metallischer Leiter wird sond 
die Elektricität vom letzten Zinke dem ersten: Kupfer wieder 
zuführen. Hierbei ist also die Richtung des elektrischen $to- 
mes die entgegengesetzte, und die Wirkungen auf den Magt 
sind daher rücksichtlich der erzeugten Ablenkung die ea 
gengesetzten der vorigen. 

Die beiden so eben beschriebenen Apparate bieten üb- $ 
gens aufser der Richtung des elektrischen Stromes noch e 
längst bekannte wesentliche Verschiedenheit dar. Indem nia- 
lich die Menge der Elektricität, welche von einer Kupfeplit 
zu einer Zinkplatte übergeht, der Gröfse derselben proportie | 
seyn muls, so scheint es, als käme man bei den aus einenP# |, 
Metallplatten bestehenden Apparaten sehr bald an die Ges 
der möglicher Weise hervorzubringenden Elektricität, inka 
eine einzelne Platte nicht füglich übermälsig grofs seyn km $ 
Allein man hat Mittel gefunden, auch auf diese Weise mächtig 
Wirkungen hervorzubringen, indem man mehrere Zinkplate €, 
und mehrere Kupferplatten durch metallische Leiter mit er $ 
der verbindet, die so vereinigten aber insgesammt, jede ir h 
zeln, von einander durch einen feuchten Leiter trennt, s0 
also die sämmtlichen Zinkplatten als eine einzige, und diesän fi 
lichen Kupferplatten wieder als eine einzige wirken, folgià I 
auch ein Metalldraht einen starken elektrischen Strom v% f 
Kupfer zum Zink überführen mufs. Die Zahl der Plattenpaf 
bei der anderen Art von Apparpaten kann leicht willkürid 
vermehrt werden , und man hat daher auf diese Weise wahrd 
tiesenmälsige Säulen zu Stande gebracht. Allein die May 
der Elektricität eines ersten Plattenpaares ist eine gegebene, 
wird durch ein folgendes nicht verdoppelt, bei schlechter Le- 
tung des feuchten Zwischenmittels oder bei trockenen Säule 
gar nicht vermehrt, wohl aber wird die Spannung derseh® 
verdoppelt, und so bei jedem folgenden um eine gleiche 












Apparate. a 483 


tärkt. "Indem hiernach also die Wirkungen beider im All- 
einen vexachieden seyn müssen, so sind sie es auch vorzüg-' 
in Beziehung auf die Hervorbringung des Magnetismus, und 
c in der Art, dafs die Stärke des erzeugten Magnetismus der 
ge der Elektricität, nicht aber der Spannung dergelben pro- 
onal ist. Hierin liegt der Grund, weswegen ‚anfangs meh- 
Physiker mit vielplattigen Säulen nur eine geringe Schwan- 
: der Nadel erhielten. Bei der Anwendung von zwei grö- 
n, 4 bis 8 Zoll Seite haltenden Platten aber sofort dje 
aetnadel stark abweichen, und sogar in einem ganzen Kreise 
ufen sahen. Schweısczkr! war wohl der erste, welcher 
s bekannt machte , bald aber wurde es durch verschiedene 
ce Gelehrte bestätigt und genauer bestimmt. Von YELIN, 
siner der ersten und eifrigsten Forscher im Gebiete des 
zromagnetismus, fand, dafs eine Säule von 50 Plattenpaaren 
» merklich grölsere Elongation gab als eine von 10 Paaren, 
dagegen bei einem Paare Metallplatten die Wirkung ihrer 
‚e fast direct proportional sey?. Zambonische Säulen dar 
2 von 5500 und 11000Scheiben, deren Durchmesser 8 Lin. 
g, hatten auf die Magnetnadel gar keinen Effect?; eine 
her vielfach bestätigte Erfahrung 4, welche -daher berech- 
die trocknen Sänlen von der Untersuchung der gewöhnli- 

elektromagnetischen Erscheinungen ganz auszuschliefsen. 
r die entscheidenden Versuche über diesen Hauptsatz in der 
e vom Elektromagnetismus gehören die von G.G.Scanmipr®. 
er nahm 3 kupferne Kasten, 5 Z. ins Gevierte und 1 Z.. 
, jeden mit einer darin hängenden Zinkplatte, füllte sie mit 
’erhältnils von 60 : 1 verdünnter Schwefelsäure, verband 
gleichartigen Metalle mit einander, und erhielt auf diese 
se mit 3 Kästen 50°; mit zwei Kästen 31° und mit einem 
Abweichung der Magnetnadel, dagegen gaben alle: drei als 
etallpaare wirkend nur 18° bis 20°. Aehnliche Resultate 





l Gött. Gel. Anz. 1820. St. 171. S. 1710. Dessen Journ, N. F. I. 1. 
2- G. LXVI. 397, 
3 G. LXVI. 324. 
l Becastein’s Säule, aus 20C00 sechszehn quadratzölligen Schei- 
bestehend , zeigte gleichfalls keine Wirkung. S. G. LXVII. 381. 
l. Ernmam ebend. 422. 
> G. LXX. 230. 

Hh? 


484 Elektromagnetismus. 


erhielten C Schranert, C. IJ. Prarr?, Davr? und viele 
andere. Nach den Versuchen von van Beex * wiskte ein Wol. 
laston’scher Trogapparat von 120 Plattenpaaren, dessen Zink 
eine Oberfläche von 11 Quadratfufs darbot, und welcher dèe 
Kohle mit grofsem Glanze verbrannte, nicht so stark auf dx 
Magnetnadel, als ein einziges solches Plattenpaar, dessen Zink 
ungefähr 3,5 Quadratf. Oberfläche hatte. Als man aber von den || 
Trogapparate nur so viele Paare auf die Magnetnadel wirken 
liefs, dafs der Zink mit dem“ einen Plattenpaare eine gleiche 
Oberfläche hatte, gaben diese nur 12° Abweichung derselbe, 
-statt dafs jenes 60° gegeben hatte. 

Nach solchen entscheidenden Thatsachen wird man schwer- 
lich geneigt seyn, die verschiedenen mehrplattigen Appt |: 
zur Erregung des Elektromagnetismus zu benutzen, und na 
hat auch bald angefangen, sie von dieser Benutzung user $ 
schlielsen. Aber auch die aus einem einzigen Plattenpaare b- fi 
stehenden Apparate sind ziemlich vielfach, und es wird dài 
genügen, die hauptsächlichsten derselben kurz zu beschwi® 


x 


A. Elektromotore. 


1. Der einfachste Apparat, dessen man sich zut Hem- 
bringung einer grofsen Zahl elektromagnetrischer Erscheinung 
bedienen kann, besteht aus zwei gleichgrofsen Platten, diem P 
von Zink, die andere von Kupfer, jede mit einem anfgelöthetm Ff 
Messingdrahte von mehreren Fufsen Länge. Man legt die em 
Scheibe flach auf eine Glasscheibe, einen gläsernen Teller, e 
Weinglas oder eine sonstige isolirende Unterlage ohne ängstlich 
Sorge für eine nicht wesentliche vollständige Isolirung, bededt 
sie mit einer mit der leitenden Flüssigkeit stark getränkten Tud- 
scheibe, und legt die andere Platte darauf. Nach Erforden 
wird dann durch einen oder durch beide Drähte die Verbind 
zwischen beiden Platten hergestellt. Bedient man sich grobtt 
Platten, welche man von einem Quadratfuls Flächeninhalt jeds 
Metalles bis zu 4 auch wohl 9 und noch mehreren Quadratfules 


1 Diss, inaug. medico-physica de Electro-Magnetismo, Haw 
1821. p. 26. 

2 Der Elektromagnetismus $, 111. 

3 G. LXXI. 231. 

& G. LXIX. 200. 





Eleklromotore., 485 


‚nwendung bringen kann, benetzt die Tuchscheibe etwas 
und belegt die obere Platte mit verhältnilsmälsig vielen 
ichten, so erhält man einen vorzüglich starken Apparat, 
hem ich vor allen andern den Vorzug geben möchte. Nach- 
ig ist, dals die Metalle während der ganzen Dauer der 
uche im Conflictg bleiben, und daher stark angegriffen wer- 
Wenigstens ist dieses beim Zinke der Fall. 
2. Gleich bequem, hinlänglich wirksam und für viele Fälle 
nd sind die schon oben erwähnten kupfernen Kasten nach 
‚LASTON, deren Form im Allgemeinen ähnlich bleibt, wäh- 
ihre Gröfse vom kleinsten bis zum gröfsten zunehmen kann. 
3hnlich macht man sie von Kupfer, etwa 6 Z. ins Gevierte, 
6 Par. Z. lang, 5 Z. hoch und {1 Z. tief, welche mit der 
ıden Flüssigkeit gefüllt werden, worin dann die etwas we- 
lange Zinkplatte so getaucht wird, dafs sie den Boden 
berührt. Man kann diese Kasten mit dem Schnelllothe 
\lempner oder auch hart löthen; Letzteres ist nothwendig, 
ı man sich der Salmiakauflösung als leitender Flüssigkeit 
nt, indem diese sonst das Schnellloth zerstört. Zum festen 
le derselben kann man ihnen irgend einen Fuls geben, auch 
rathsam, an den Seiten derselben zwei geeignete Träger 
sabeln anzubringen, die Zinkscheibe an zwei messingenen 
n über eine Glasröhre zu hängen, und letztere so in die 
In.zu legen, dafs die Feuchtigkeit von der aus dem Kasten 
benen Zinkplatte in den Kasten wieder zurückläuft. Die- 
sewährt den Vortheil, dafs. die Zinkplatte nicht zu sehr 
essen wird, die anhaltende Gasentwickelung weniger be- 
'ert, und man auf beliebig lange oder kurze Zeit die galva- 
we Verbindung herstellen oder trennen kann. An die eine 
‘des kupfernen Kastens wird das eine Ende eines Drahtes 
het, dessen anderes Ende an das obere Eck der Zinkplatte 
het ist. Hängt dann die Platte an der Glasröhre in den 
In, so ist die galvanische Kette geöffnet, wird aber ge- 
ssen, wenn man sie in die Flüssigkeit des. Kastens senkt, 
af den Rändern des letzteren an der tragenden Glasröhre 
t ruhen läfst. Solcher Kasten lassen sich mehrere mit ein- 
r vereinigen, wenn man das Kupfer derselben unter sich 
sben so die Zinkplatten unter sich durch metallische Leitung 
ındet, wonach also jene mit diesen zusammen nur zwei 
ente bilden. Diese Kasten sind ferner geeignet, um 


486 Elektromagnetismus. 


sehr grofse Apparate zu entscheidenden Versuchen zu erhalten. 
Sie lassen sich nämlich leicht in solcher Gröfse verfertigen, dals 
jede einzelne Zinkplatte 6 Par. Quadratfuls hält, und wollte 
man 1 solcher Kasten vereinigen, so gäbe dieses 72 Quadrat- 
fuls Zink, eine gewifls ins Ungeheure gehende Batterie. In 
diesem Falle müssen aber die zwei bis drittehalb Zoll weiten 
Kasten unten eine Röhre haben, um die Flüssigkeit abzulassen, 
wenn man das Ausfüllen mit einem Heber nicht vorzieht, die 
Zinkplatten aber müssen an einem hölzernen Rahmen befestigt 
seyn, und vermittelst zwei oder mehrerer Seile, welche über 
Rollen gehen, durch Gegengewichte balancirt werden, um sie _ 
bequemer herauszuheben und schnell durch Herablassen dersel- - 
ben die galvanische Kette zuschlielsen. Die geeignetste Flüssg- 
keit für diese Apparate ist verdünnte Schwefelsäure, weil durch 
diese die Kupferflächen am wenigsten beschmutzt werden, und 
man zu ihrer Reinigung blos des Ausspülens mit reinem Wasser 
bedarf, die Zinkplatten aber gar keine Reinigung erfordem, 
aufser dafs es gut ist, sie einigemale in das zum Ausspülen der 
Kasten in diese gegossene Wasser zu tauchen. Bei einem neum 
Versuche weicht die Säure den erzeugten Schmutz sehr bld 
wieder auf, ohne dafs man eine merkliche Verminderung de ` 

Wirkung wahrnimmt. 

3. Die eben beschriebenen Kasten sind theuer, wenn ma 
sie hart löthen läfst, bei der Löthung mit Zinn kann auf die 
Dauer keine Salmiakauflösung angewandt werden, wie oben schon 
erwähnt ist, die Schwefelsäure erzeugt aber bei grofsen Appara- 
ten eine solche Menge von Zinkhaltigem Wasserstoffgas, dafs 
es nicht blofs gefährlich, sondern selbst unmöglich ist, dabei 
auszudauern?. Man muls diesem daher, wenn man im Grolsen F 
arbeiten will, einen Abzug durch eine Art von Schornstein ver- |: 
schaffen, und aulserdem den elektromotorischen Apparat in 
einem besondern Zimmer aufstellen. Ein grolfser, leicht m 
handhabender, für jede Art von Flüssigkeit geeigneter und doch 
leicht aufzubewahrender Apparat ist folgender. Man nimmt 
‚eine blolse Kupferplatte, welche von 1 bis 9 Quadratfufs Fläche 
und noch darüber leicht zu erhalten ist, läfst diese spannen 
und ihren Rand nach Verhältnils ihrer Gröfse 0,75 b# 
9 Zoll hoch aufbiegen, legt sie auf einen hölzernen Rahme 







1 Vergl. unten: feuchte Leiter. 


Elektromotore. 487 | 


ler eine Tischplatte horizontal, in dieselbe eine erforderliche 

ihl Glasstücke und auf diese die Zinkplatte gleichfalls horizon- 

l, gielst dann die Flüssigkeit hinein, uud verbindet beide Me- 
le durch einen Leitungsdraht. Ist der Apparat sehr grofls, sö 

uls die Zinkplatte durch das Aufbiegen ihres Randes in der 

öhe von etwa 0,5 Zoll gesteift, und mit zwei Handhaben ver- 

hen seyn, um sie bequem aufheben und .niederlegen zu kön- 

m. Man stellt dann an die zwei Ecken der Kupferplatte zwei 

}lzerne Böcke, einige Zolle höher als die Kupferplatte und mit 

ner Gabel oder nur einem Ausschnitte versehen, legt parallel 

it der Seite der Kupferplatte eine hinlänglich starke Glasröhre 

nein, stellt zwei ähnliche, nur 0,5 Z. niedrigere Böcke neben 

ie Kupferplatte, hebt die Zinkplatte in die Höhe, schiebt unter 

e in die beiden letzteren Böcke gleichfalls eine starke Glas- 

ihre, und läfst sie hierauf ruhen, wobei die Flüssigkeit in die’ 
ertiefung der Kupferplatte abflielst, die Zinkplatte aber gegen 

u'starkes Zerfressen geschützt wird. Ist letztere zu’ schwer, 

oläfst sich das Heben derselben auch durch einen Flaschenzug 

ewerkstelligen. Im Ganzen sind aber solche Apparate im Ver- 

leich mit andern zu unbequem. 

4. Einen zweckmälsigen Apparat zur Hervorbringung eines 
arken elektrischen Stromes hat G. G. Scumipr? angegeben. 
lieser bestand aus einer Kupferplatte von 20Z. Höhe und 302. 
änge, welche gespannt und ihrer Länge nach dreifach in der 
. . > ` Fig. 
ichtung abcde gebogen war. Die Breite der dadurch entstan- 60. 
enen 4 Flächen betrug etwa 6 Zoll, der Abstand jeder einzel- 
en Fläche 2Z. Eine Zinkplatte, gleichfalls 20 Z. breit, wurde 
ann in die Gestalt f ghik`gebogen ‚und eine gerade Zinkplatte 
o durch vier halbrund gebogene Zinkstreifen m, n; m, n, mit 
w verbunden, so dafs also alle drei Zinkplatten, mit einänder 
sreinigt, als eine einzige wirkten, und der Apparat sonach als 
ıs zwei Elementen bestehend anzusehen. war. Der Zwischen- 
um der zwischen einander geschobenen Platten betrug einen 
„il. Vom oberen gekrüimmten Ende der Zinkplätte gi ging 
n 5 Z. langer und 1 Z. breiter Zinkstreifen hq horizontal her- ` 
ıs, endigte in einen Haken, und hatte 'bei q eine Vertiefung 
ır Aufnahme von etwas Quecksilber. An den gegenüberste- 
»nden beiden Krümmungen der Kupferplatte bd, war ein ähn- 





1 G. LXXU. 1. 


_—w-yj m ww DU pw aasay wasswem gy m ev vew -e= v =s = ~w- wc 


ren des entbundenen Wasserstoffgas versehen, und die 
Polarstreifen p und q ragten durch zwei Einschnitte im 
hervor. 

"Da eine Menge der interessantesten elektromagn: 
Erscheinungen nur durch grolse Apparate hervorgerufen 
kann, so muls man allezeit die Frage berücksichtigen, o 
Vorschlag gebrachten auch in grölserem Malsstabe au 
sind. Dieses läfst sich allerdings von. dem hier besch: 
behaupten; indels muls ich wegen einer gemachten Ei 
doch rathen, bei der Ausführung ähnlicher Apparate ge 
hier gegebene Vorschrift zu befolgen, wenn man eine: 
tenden Wirkung versichert seyn will. Ich habe nämli 
ähnlichen Apparat verfertigen lassen, aus 16 Zinkplatt. 
nahe 2 Quadrf. Fläche haltend, welche in einen kupfern 
mit eben so viellothrecht in denselben eingelassenen und r 
von einander abstehenden Kupferplatten herabgelassen 
ohne wie sich von selbst versteht, den Boden zu berühren 
dafs ich mich von dem Getrenntseyn der zwei Metall 
zwischengesteckte Glasröhren überzeugte. Die Gaseı 
lung war aulserordentlich stark, aber die elektrom« 
Wirksamkeit unmerklich, und ich kann daher nicht 
glauben, als dafs die in bedeutender Stärke hervor 
Elektricität die für ihre zu grolse Erregung zu dünnen S 
der Flüssigkeit durchdrang. Wahrscheinlich aber lag 


nanba Ano Mileliasana in Ann nı.ks eueranabmäfsııer «Te 


"Elektromotore, ` ' 489 


’ 


orimotor und Deflagrator bekannt gemacht hat, eini- 

noch grölsere im Besitzej begüterter Britten und die: gröls- 

von allen im Royal Institution zu London. Es giebt indefs 

einen elektromagnetischen Versuch, welcher einen so ko- 
alen Apparat erfordert, wenn das Resultat in seiner auffallen- 
Eigenthümlichkeit hervortreten soll, und weil zugleich diese 
yarate am gehörigen Orte ausführlich beschrieben werden!, 
ibergehe ich sie hier, um noch die Beschreibung eines so- 
hl im Kleinen als auch im Grosen ausführbaren: bequemen 
yarates hinzuzufügen, welcher mir unter die zweckmälsigsten zu 
ören scheint, und dem von Hare? zuerst angegebenen Ca- 
motor oder noch eigentlicher dem elektromagnetischen 
parate von Perxs? nachgebildet ist. Um zugleich die Di- 
asionen und die erhaltenen Wirkungen zu vergleichen ‚be 
reibe ich denjenigen, welchen ich selbst habe ausführen 
en. 

Drei Zinkplatten, jede 5 Par. F. lang und 2F. breit wurden ' 
einer einzigen langen Platte zusammengeniethet, wobei das 
rchschlagen der Niethe die Metalle, wie ich mich überzeugt 
se, in so innige Verbindung bringt, dafs kein Zusammenlö- 
n weiter erforderlich ist. Demnächst wurde die vereinte 
tte nach einer in natürlicher Gröfse entworfenen Zeichnung 
aant in die Spirale 8y ihrer Länge nach gebogen. Drei gleich Fi E 
he, zusammen 17,5F. lange Kupferplatten wurden auf gleiche 
t zulsammengeniethet, und in die Spirale &d gebogen, und 
chdem beide durch ihre eigene Elasticität sich in dieser Form 
üelten, wurde die Zinkplatte in die Kupferplatte von oben 
rab niedergelasseng so dafs ihre Windungen nach der Zeich- 
ng liefen, und dur&h Biegen, Richten und Schieben in nahe, 
nau 0,5 P. Z. Abstand won einander kamen. Die inneren 
indungen bei y und d müssen am genauesten gebogen seyn; 
dels erhalten sich diese, wenn gie einmal gehörig verfertigt 
ad, dursh ihre Kleinheit am leichtesten ‘m ihrer Form. Um 
defs den Abstand der einzelnen Windungen völlig genau zu 
halten, wurde ein für den Abstand von ydund die ersten Win- 


1 S8. Galvanismus, 

2 The American Journ. of Sciences and the Arts. II, 108, y, 345- 
sgl, Sohweigg. J. XXVI. 321. 

3 Phil. Trans. 1823, II. Ann. de Chim. et Ph, XXV. 217. 










490 Elektromagnetismus. 


dungen gearbeiteterStab i in der Mitte hinabgeschoben, zwisca $ 
die übrigen Windungen aber im Ganzen 60 tannene Stäbe, 2P 
lang und von 0,5 Par. Z. Seite des quadratischen Querschni 
herabgedrückt, und zuletzt das Ganze mit einem Seile me 
umwunden. Als Träger dieser Metallmasse stand eine 
Kübler aus mehreren Stäben nach Art eines Falsbodens ver d 
tigte, durch eine starke, unterhalb eingelassene Leiste befestist 
Scheibe von Eichenholz bereit, in deren Mitte eine Stange. 
eingelassen war, 2,7 E. lang 1,5 Z. breit und 1 Z. dick. W 
diese bestimmt war, die ganze Last des Metalles zu tragen, # 
wurden unten an den beiden schmalen Seiten zwei starke Kupfe- 
streifen eingelassen, welche 3Z. über die Oberfläche der Scheibe 
hervorragend vermittelst zweier starkenKupferdrähte an die Stange 
a geniethet, dann durch die Scheibe herabgelassen, unten 2? Z. lug f 
umgebogen und vermittelst kurzer, nicht durch das Holz reichender 
kupferner Nägel befestigt wurden. Der Halbmesser der Schein 
betrug 0,5 Z. mehr, als die gerade Linie vom Mittelpuncteinals 
nach a. Um die Scheibe war ein hölzerner, 0,5 Z. über ihre Flics 
hervorragender Reifen gelegt, und sie dann bis zu dieser Höhes 
schlechter Elektrophormasse übergossen, nach deren Erkle 
die Metallmasse auf dieselbe herabgelassen, ordentlich gerici, 
und von der Berührung mit dem Stabe a durch vier an derselbe 
herabgedrückte Glasstreifen abgehalten wurde. Damit dem die $ 
Metallwindungen in das Pech einschneiden möchten, wurde va # 
oben herab siedendes Wasser hineingegossen, woraufrdas e- 
wärmte Metall in die erweichte Masse durch. seiri, eigenes Ge- 
wicht einsank. Um auch oben den Abstand der Windunga 
bleibend zu erhalten, wurden zwei hölzerne Stäbe 0,5 Z. bret 
und 1,3 Z. hoch in 2 Zoll Abstand von.kder Stange a mit dr Ä 
ander parallel quer übergelegt, -fäg: die Metallränder mit da 

Säge 0,5 Z. tief eingeschnitten, dann herabgedrückt, endid, 
wurden der hölzerne Reifen’; das Seil und die zwischengesche 
benen Stäbe weggenommen, und der Apparat way so. we 
fertig. Be Bu; 

‘Um denselben bequem in einen eichenen, nach oben etw 
erweiterten, unten genau die tragende Scheibe fassenden, mi 
drei kupfernen Reifen beschlagenen Behälter der Flüssigkeit 
hetabzulassen, war oben an derStange a eine kupferne Klamm 
vermittelst zweier Niethen befestigt, welche einenkupfernen Rs 
trug, in welchen der Haken des hebenden Flaschenzuges $ 


Elektromotore. 491 


st werden kann. Damit aber der unerträgliche Einflufs des 
wickelten Gas vermieden werde, ruhet auf den oberen ein- 
Shnittenen parallelen Stäben ein Deckel, welcher den etwas 
r das Metall ‚hervorragenden Behälter genau verschlielst, und 
gebildete Gas durch ein krummgebogenes, aus dem Fenster 
sftetes Rohr entweichen läfst. Durch den Deckel sind end- 
ı zwei an die Enden a und 8 angelöthete, aufrecht stehende, 
r dem Deckel rechtwinklich umgebogene und zu Schälchen 
tiefte Kupferstreifen angelöthet, welche zur Aufnahme von 
ras’ Quecksilber, oder auch zum Anlöthen längerer Drähte 


nen. 


Die Wirkung dieses allerdings grolsen, aber bequemen 
parates, welcher ohne Schwierigkeit von einem Manne ver- 
ttelst des Flaschenzuges aus der Säure in die Höhe gezogen 
din dieselbe herabgelassen werden kann, hat mich nur in 
wr Hinsicht befriedigt. Es war nämlich seine Kraft des Ver- 
ennens der Metalle nicht stärker, als bei einer mälsigen Säule, 
e elektromagnetische dagegen war so stark, dafs ein Mes- 
ıgdraht von 1,5 Lin. Durchmesser bei einer allmälig steigenden 
itze, welche das Halten mit den Fingern nicht zuliefs, einen 
inder von Eisenfeilicht bis zur Dicke einer halben Linie um 
:h bildete. Die gebrauchte Säure bestand aus Wasser mit 
wa ein Sechzigtheil englischer Schwefelsäure und halb so viel 
uchender Salpetersäure dem Volumen nach. Reines Regen- 
asser gab eine sehr sichtbare Abweichung der Magnetnadel, 
ad eine spätere Verdünnung der gebrauchten Säure durch 
Wasser schwächte die Wirkung nicht merklich. Verdünnte 
chwefelsäure konnte ich wegen noch nicht hergestellter Gas- 
leitung bis jetzt nicht versuchen. Uebrigens stimmen diese 
@obachtungen ganz mit denen überein, welche auch Perys 
emacht hat, und es geht daraus hervor, dafs solche Apparate 
ie elektromagnetischen Erscheinungen in grolser Stärke zeigen, 
ir chemische Wirkungen dagegen und auch zum Verbrennen 
er Metalle wenig geeignet sind. "Rücksichtlich des Letzteren . 
‘heint es der grolsen Menge von erregter E. an der erforderli- 
ien Kraft zu fehlen, um schlechtere Leiter zu durchdringen, 
enn ein Messingdraht von 1,5 Lin. Durchmesser wurde so 
eifs, dafs man ihn nicht mit den Fingern halten konnte, ein 
latindraht von 0,2 Lin. Durchmesser wurde dagegen nur warm, 


492 Elektromagnetismus. 












Indefs habe ich die Versuche nicht oft genug wiederholt, un 
hierüber bestimmt entscheiden zu können. 


B. Feuchte Leiter 


Die so eben beschriebenen, und überhaupt alle zur Erzen 
gung elektromagnetischer Wirkungen dienenden Volta'sche App 
rate bedürfen eines feuchten Zwischenmittels. Nun werden zw 
diese elektromagnetischen Erscheinungen, wenn man die g 
ringsten Einwirkungen auf die Bewegung der feinsten Nadel 
mitrechnet, durch die verschiedensten galvano-elektrischen Zæ 
stände der Körper hervorgebracht ; allein wenn wir uns nicht W 
das Gebiet des Galvanismus verirren wollen, so gehören alle die- 
jenigen Untersuchungen nicht zunächst zum Elektromagnetiem $ 
bei denen man sich der höchst beweglichen Magnetnadeln be- 
dient, um von ihrer Bewegung auf das Vorhandenseyn der Elekti- $ 
cität zu schliefsen. Rücksichtlich auf den Ælektromagnedima $: 
an sich darf man es nur im Allgemeinen als Thatsache aufstelle, 
dafs die Stärke, worin derselbe hervorgerufen wird, der iois- 
sität der erzeugten Elektricität proportional ist. Eben die 
kann hier auch die Frage nicht erörtert werden, ob die Wk : 
des erzeugten Elektromagnetismus durch die chemische Einde 
kung der "feuchten Leiter auf die Metallplatten bedingt werk, 
indem dieses vielmehr von der Beantwortung der Frage abhith 
ob die im Volta’schen Apparate erzeugte Elektricität durch den 
Chemismus der bei ihnen angewandten Metalle und feuchte 
Leiter erzeugt oder verstärkt wird. Weil daher.alle diese nick 
leichten Untersuchungen hier unerörtert bleiben müssen, # 
kommt zunächst in Beziehung auf das Praktische bei der Anstel- 
lung der Versuche nur die Frage in Betrachtung, welcher Flir 
sigkeiten man sich am besten "bedienen kann, um die eklın- 
magnetischen Erscheinungen leicht und in gröjster Stärk 
hervorzurufen. 

Wenn man aus den vielen Versuchen, welche zunächt 
in dieser Absicht angestellt sind, und aus den gelegentlich mit- 
getheilten Angaben über die angewandten feuchten Leiter dè 
Hauptresultate heraushebt, so sind folgende Flüssigkeiten fü 
diesen Zweck am geeignetsten. 

1. Verdünnte Schwefelsäure, welche neben ihrem geringer 
Preise zugleich fast die stärksten Wirkungen hervorbringt, die 
gebrauchten Metalle nicht sehr beschmutzt, so dafs sie leicht 


Feuchte Leiter 493 


'einigt werden können, und das Zinn der Löthung nicht an- 
if. Eine grolse Unbequemlichkeit derselben ist indels die 
zeit bedeutende Gasentwickelung, desgleichen das allmälige 
rzehrtwerden des Zinkes, welches bei anhaltenden Versuchen 
stark ist, dafs die Apparate bald unbrauchbar werden. Ueber 
beste Verhältnifs der Mischung von Wasser und Schwefel- 
re.sind die Beobachter nicht einig. Poesewnonrr erhielt die 
kste Wirkung bei einer Verdünnung derSchwefelsäure von 184° 
' etwa 3 Th. Wasser; Szeseck? durch Schwefelsäure von 
45 sp. Gew. mit 2? Th. Wasser verdünnt; Prarr? mit eng- 
her Schwefelsäure und 4 Th. Wasser. Es scheint mir bei 
ser Bestimmung zugleich die Grölse der gebrauchten Apparate 
en Unterschied zu machen, indem ich aus verschiedenen 
suchen, namentlich mit dem oben Nr. 5. beschriebenen 
arate schlielsen zu müssen glaube, dafs bei grolsen Appara- 
die Menge der erzeugten Elektricität sich durch die concen- 
aren Säuren wegen der vollkommneren Leitung zu leicht 
n Weg balınt, als dafs sie hinlänglich wirksam seyn 
ite. 
2. Gesättigte Salmiakauflösung wirkt nach Prarr? fast 
so stark als die beste Mischung von Schwefelsäure und 
‚Ser, womit Po6GENnnoRFF übereinstimmt. Ihre Wirksamkeit 
üulserdem länger dauernd, als die der Säuren, auch kann 
die schon gebrauchte, von etwas Schmutz durch ruhiges 
tenlassen leicht zu reinigende Flüssigkeit stets wieder be- 
‘en, wenn man die unter Nr. 2 bis 5 beschriebenen Apparate 
taucht. Indefs hat sie die Nachtheile, dals sie das Zinn der 
hung zerfrilst, Kupfer und Zink sehr beschmutzt, wovon 
“res mit verdünnter Schwefelsäure leichter, letzteres aber ’ 
durch starkes Scheuern mit Sande mühsam gereinigt wer- 
ı kann. Für grofse Apparate ist diese Substanz aulserdem 
tbar. = 
3. Gesättigte schwefelsaure Zinkauflösung ist hauptsäch- 
durch Prarr 4 empfohlen, welcher ihre Wirkung der durch 
beste Mischung von Schwefelsäure und Wasser. gleichsetzt, 





Í Berliner Denkschriften für 1820 -21. S. 314. 
2 Der Elektromagnet. S. 84, 

3 a.a. 0. 

ê a, a. O. S. 8A. 


494 Elektromagnetismus. 


und ihre chemische Wirkung = 0 annimmt. Um diem ap" 
prüfen, habe ich die Versuche mit einem kleinen kupfenm In 
Kasten von 5 Z. Höhe, 6 Z. Breite und 1 Z. Tiefe wiederh $ 
und dabei gefunden, dafs das käufliche schwefelsaure Zink 4 $° 
was verunreinigendes Kupfer auf der Zinkplatte ʻabsetzt. Aug" 
das reine schwefelsaure Zink setzt mit der Zeit merklich 
Schmutz auf der Zinkplatte ab, und es entwickeln sich an die 
ser nicht wenige Luftblasen. Die Wirkung ist anfangs í 
durch verdünnte Schwefelsäure erzeugten nahe gleich, nm 
aber nach 4 Stunden bleibenderSchliefsung der Kette bedeute 
ab, und ist nach 24 Stunden fast ganz verschwunden. 

die Behauptung aber, dafs elektromagnetische Wirkungen gug 
ohne chemische Thätigkeit stattfinden. sollen, streiten sehr b- 
stimmt die Versuche von PovıLzett, wonach Nadeln ans niot: 
oxydirbaren Metallen in Theile des thierischen Körpers gesenk 
und mit einem Multiplicator verbunden, gar keinen Einflal af 
die Magnetnadel zeigen, welcher dagegen bei Anwendung ya. 
rostenden stählernen sogleich zum Vorschein kommt. Eim 
Erörterung dieser Frage gehört nicht hierher. 

4. Gesättigte schwefelsaure Kupferauflösung soll m: 
Prarr?2 unter allen von ihm versuchten Flüssigkeiten die stid 
Wirkung geben. Indels ist diese Substanz theuer, und st 
sehr bald einen starken Ueberzug von Kupfer auf der Zinkplte 
ab, wodurch ihre weitere Wirksamkeit aufgehoben wird. Beide 
genannte Flüssigkeiten können daher keineswegs dazu gebrandt 
werden, um die Elektromotoren in stets fortdauernder Thiig- 
keit zu erhalten, wie man auf den ersten Blick wohl anzund 
men geneigt seyn könnte. 

5. Sonst gebraucht man noch Salpetersäure, allein dit 
greift das Metall heftig an, und übertrifft hinsichtlich ihrer Wir 
kung die Schwefelsäure nicht. Viele bedienen sich auch eint 
Mischung von Salpetersäure, Schwefelsäure und Waun 
Davy? nahm bei den Versuchen, welche er zur Erzeuguf 
einer mächtig wirkenden Elektricität anstellte, eine Mischusf 
aus 1168 Th. Wasser, 108 Th. Salpetersäure und 25 Th. Schwe- 
felsäure. Eine ähnliche Mischung habe ich verschiedentich 





1 Magendie Journal de Physiol. V. 1. 
2 aca. 0. 
3 Phil. Trans. 1821. II. G. LXXI. 244. 


Elektrische Leiter.: 495 


em oben (Il, A. 1.) beschriebenen Apparate angewandt 
ut zwei "Platten, deren jede nur 18 Z. Seite hatte, sehr 
Wirkungen erhalten. Sie gewährt aulserdem den grolsen 
eil, dals man den unangenehmen Einfluls des zinkhaltigen ` 
erstoffgas auf die Lungen vermeidet. Für jenen Apparat 
ıt mir daher, ungeachtet der heftigen Wirkung auf das 
kostbare Zink, die Anwendung dieser Mischung bei wei- 
m vorzüglichsten zu seyn. Beim Gebrauche des grofsen 
ates (II. A. N. 5.) war der Geruch nicht unerträglich, eg 
viel Salpetergas auf, dessen Einfluls auf die Respiration 
eicht vermeidlich ist. Wenn man sich also solcher Appa- 
edient, bei denen der Zink nur so lange mit der Säure in 
wung bleibt, als man die elektromagpetischen Erscheinun- 
eobachten will, welches fast in allen Fällen nur eine kurze 
geschieht, und daher keine bedeutende Abnutzung der 
latten herbeiführt, so gebührt dieser letzterer Flüssigkeit 
Streit der Vorzug vor allen übrigen, weil sie die stärksten 
ungen giebt, und auch bei grofsen Apparaten den uner- 
chen und gefährlichen Einfluls auf die Respiration nicht 
sacht, welcher bei der Anwendung der verdünnten Schwe- 
re unvermeidlich ist. 


C. Die Leiter der Elektricität. 


Die elektromagnetischen Wirkungen werden hervorgebracht 
ı denjenigen Leiter der Elektricität, welcher dieselbe vom 
ven Pole zum negativen überführt, also im Allgemeinen 
ı die Metalldrähte, welche die Verbindung beider im Con- 
befindlicher Metalle bilden, bei den gewöhnlichen Maschi- 
iber die erregte Elektricität blols leiten oder zur Entladung 
laschen dienen. : Ueber die letzteren genügt es zu bemer- 

dafs man bekanntlich hierzu Messing- oder Kupferdraht 
at, dessen Stärke übrigens nicht wesentlich in Betrachtung 
nt, vorausgesetzt, dals der elektrische Strom denselben 
: zu zerstören vermag. In Betreff der ersteren kommt so- 
| die Länge als auch die Dicke und die elektrische Leitungs- 
‚keit der angewandten Metalldrähte in Betrachtung. Weil 
den Versuchen zufolge die auf diese Weise erzeugten 
romagnetischen Wirkungen der Menge der durch die Drähte 
nenden Elektricität direct proportional sind, so gehört die 
suchung über das Verhalten der verschiedenen Drähte in 













406 Elektromagnetismus, 


dieser Hinsicht unter den Artikel Zlektricität, und üd- fni 
sichtlich auf den Zlektromagnetismus genügt es, Foker fr N 
des im Allgemeinen anzugeben. 
a. Davr’s? interessante und entscheidende Versuch übe $ 
die Leitungsfähigkeit der verschiedenen Metalldrähte bleibe 
hier ganz unerörtert, und es folgt aus denselben für 
Zweck nur so viel, dals man bei mächtigen Apparaten Drik 
wählen mufs, deren Stärke ein zu starkes Glühen derselben ka- 
dert, in welchem Falle sie die gesammte Menge der erze 
Elektricität ungehindert fortleiten?. Für die angegebenen Il 
nen Kasten und einzelne Scheiben genügen in der Regd bi 
feinsten Claviersaiten. | 
b. Inzwischen geht doch aus.den Versuchen von Post- 
DORFF, BoECKMANN und Davy, wonach die elektrische Leitung P 
fähigkeit der Drähte bei gleicher Länge ihrer Dicke direct pr fe: 
portional ist, und meinen eigenen genugsam hervor, das sir fh 
feine Drähte auch bei gleicher Stärke des gebrauchten Elekn- 
motors geringere Wirkungen geben, als dickere. So ebat 
ich bei der Anwendung eines Kastens von 6 Z. Länge {ll 
Höhe und 1 Z. Tiefe mit einem Silberdrahte von „Lin. Ded- 
messer 5°; mit einem von „% L. 7°; mit einem Messingki® 
von 4 Lin. 8°,5; mit einem solchen von 1,2 Lin. 10° Abė È 
chung der Magnetnadel. Wird der Draht bedeutend did, 
so nimmt die Wirkung wieder ab, denn ein Messingdraht va § 
2,9 Lin. gab nur 9, und ein Bleicylinder von 34 Lin. nicht net 
als 8°,5. Die Nadel war in allen Versuchen 20 Lin. von ù 
geometrischen Axe der gebrauchten Leiter entfernt, und ws 
die feinsten Drähte wurden nicht glühend 3, 
c. Die Länge der leitenden Drähte macht nach v. Ynut' 
innerhalb mälsiger Grenzen keinen Unterschied, denn ein Dnt 





1 Phil. Trans. 1821. II. G. LXXI. 241 ff. 

2 Ich habe gefunden, dafs bei sehr grolsen Apparaten, wie bi 
dem oben II. A. 5. beschriebenen, dünne Drähte nicht so leicht heb 
werden, als dicke, vermuthlich weil nicht genug Elektricität durch 
sie strömt, und ihre verhältnifsmälsig grölsere Oberfläche eine lei 
tere Abkühlung gestattet. 

3 G. LXXI 423. Aehnliche Resultate haben Barrow S. Edinb. 
Phil. Journ. XXIII. 112, und Cuxsinc S. Transact, of the Cambridgt 
Phil. Soc. for. 1821 erhalten. 

& G. LXVI. 324. 


Elektrische Leiter.: 497. 


F. und ein anderer von 1,5 F. Länge zeigten gleiche Wir- 
ı. Inzwischen beruhet dieser Satz auf den Resultaten 
e Versuche, worin der gebraucht Draht die durch die 
‚Metalle erregte Elektricität mehr als vollständig förtzulei- 
‚mochte, und stimmt insofern mit vielen Erfahrungen anderer 
n. Weil aber H.Davy? gefunden hat, dafs die Leitungs- 
eit eines Drahtes seiner Länge umgekehrt proportional ist, 
z.B. 3 Z. Platindraht von „4 Z. Dicke die Elektricität 
) Plattenpaaren zu leiten vermochten, wenn 6 2. die von 
) Plattenpaaren leiteten, so folgt hieraus, in Verbindung 
»m ‚andern oben erwähnten Satze, wonach die Stärke der 
omagnetischen Wirkung der Menge der durch den galva- 
n Leiter strömenden Elektricität proportional ist, dafs auch 
ektromagnetische Kraft der Länge der Leitungsdrähte dann 
kehrt proportional ist, wenn sie die erregte Elektricität ge- 
vollständig zu ‚leiten vermögen. 
3 H. Prarr? beweiset durch eine Reihe von Versuchen; 
e mit Multiplicatoren von vielfachen Windungen. ange- 
wurden, dafs beireiner gegebenen ‘Dicke des Leitungs- 
3s die Länge desselben bis zu einer Gröfse vermehrt wer- 
ann, bei welcher eine vollständige Durchströmung der er- 
ı Elektricität durch denselben nicht mehr statt findet. Am 
ıeidendsten ‘sind aber die Versuche, welche BarLow? 
ıtlich zur Beantwortung dieser Frage angestellt hat, und 
enen mit fast vollständiger Uebereinstimmung folgt, dafs 
'angenten der Abweichtngen,, welche gleiche Magnetna- 
bei gleichem Abstande unter oder über den .galvanischen. 
ngsdrähten von verschiedener Länge zeigen, den Qua- 
urzeln aus den Längen umgekehrt proportional sind. 
chnet man also den Abweichungswinkel bei einer Länge 
des galvanischen Leiters durch v, bei einer Länge = L 
durch v’, so ist 


tang v = tang v rı 
Die Länge und die Dicke der Metalldrähte also, welche die 





a. a. 0, 
‘Der Elektromagnetismus u. s, w. S. 109. Aeholiche Versuche 
eeBecr S. Berlin. Denkschr. 1820—21. S. 318 if. , 
Edinburgh Phil. Journ. XXIf. 105. 
Bd, li Z 


498 Elektromagnetismus,. 


Pole der Volta’schen Säule verbinden, bedingen die Stärke der 
elektromagnetischen Wirksamkeit auf die Nadel mit Rücksicht 
auf ihr ‚elektrisches Leitungsvermögen, welches letzteres dahn. 
wieder nach Davy blofs durch die Masse, nicht aber durch die 
Größse der Oberfläche bedingt ist. 

d. In ‘der Regel ‚bedient man sich zu den elektromagneti- 
schen Versuchen eylindrischer Leiter von Metall, deren Dicke 
der Menge der durchströmenden Elektricität . pröportional ge- 
wählt wird, und wozu Kupferdrähte (sogenannte silberne Ch- 
viersaiten) wegen ihrer Biegsamkeit und Stärke am besten geeig- 
net sind. In der Hauptsache ist es indefs gleichgültig, ob statt 
deren Metallstreifen oder hohle Röhren gewählt werden, im 
dem der Unterschied in den Erscheinungen, welche sie zuwe- 
len darbieten, durch anderweitige Ursachen herbeigeführt 
wird 1, 

e. Dafs endlich auch die Beschaffenheit des Metalles ba 
gegebener Dicke und Länge der Drähte auf die elektromagneli- 
sche Wirksamkeit einen Einflufs haben müsse, liegt in der Ñ- 
tur der Sache. Allein auch hier fällt’ diese mit der Leitung- 
higkeit für die Elektricität zusammen, in welcher Hinsct 
Davr? sie in folgender Ordnung vom ‘besten Leiter anfangah 
an einander reihet: Silber, Kupfer, Blei, Gold, Zink, Zim, 
Platin, Palladium, Eisen. Hiermit stimmen die durch y. Yerim? 
erhaltenen Resultate im Allgemeinen überein. Sind die Pole 
der Säule durch mehrere Leiter verbunden, so wird der Elektro- 
magnetismus sich in dem kürzesten und besten Leiter in unge 
schwächter Stärke zeigen, wenn derselbe alle Elektricität voll- 
ständig überzuführen vermag, durch bedeutende Vermehrung 
der Länge des letzteren aber, wenn er allein die Verbindung 
der elektrischen Pole macht, und z. B. mit einem Multiplicator 
von 100 Windungen verbunden ist, nach Prarr * geschwächtere 
Wirkungen zeigen. Letzteres wird auch nach Possennoar® 
dann der Fall seyn, wenn der Verbindungsdraht durch einer f 
schlechteren Leiter der Elektricität, als Graphit, Kohle, Schwr- ‘ 


j 











1 Vergl. unten UI. A. 4. u. 9. 

2 Phil. Trans. 1821. I. G. LXXI, 250 f. 
3 G. LXVI. 324. 

4 Der Elektromagnetismus S. 91. 

A Ebend. S. 92. 


Elektrische Leiter. 499 


kies u. dgl. unterbrochen ist; ein künstlicher Magnet, wie 
‚fs auch seine Stärke seyn mag, ist in diesem Falle von kei- 
n Einflusse. Auf gleiche Weise endlich werden auch flüssige 
rper, welche den Verbindungsdraht unterbrechen, die elektro- 
gnetischen Wirkungen um so mehr schwächen, je weniger 
1 unvollkommener sie der Elektricität den Durchgang ver- 
ten. Prarrt hat sich sehr zweckmälsig des Elektro- 
gnetismus bedient, um unter dieser angegebenen Voraus- 
zung die elektrische Leitungsfähigkeit der verschiedenen Flüs- 
keiten zu prüfen. | 
f. Es lälst sich hier noch eine Frage aufwerfen, welche 
her noch nicht in ihrem ganzen Umfange beantwortet, und 
haupt schwer zu beantworten ist, nämlich ob und in wel- 
m Grade auch andere Substanzen, aufser den Metallen, in 
ı Strom der galvanischen Elektricität gebracht, elektromagne- 
he Wirkungen zeigen. So interessant die Frage auch ist, so 
hen einer Beantwortung derselben doch fast unüberwindliche 
ıwierigkeiten entgegen, weil die Strecken, durch welche 
Strom in der Flüssigkeit oder dem zu untersuchenden Kör- 
geleitet wird, so lang seyn muls, dafs man gegen den Ein- 
a der verbindenden Metalldrähte auf die Magnetnadel ge- 
iert ist. Der Analogie nach und in Gemäfsheit der hierüber 
estellten Versuche darf man mit Grunde schlielsen, dafs in 
n solchen Körpern nur geringe magnetische Kräfte hervor- 
ıfen werden, welche die Elektricität ünvollkomman und in 
inger Menge durch sich hindurchlassen. Hierbei ist der Zu- 
ıd der Festigkeit oder der' Flüssigkeit von gar keinem Ein- 
se; denn Glasröhren mit Quecksilber‘ oder Rose’schem Me- 
> gefüllt setzten die Magnetnadel nach Davy? in starke Be- 
rung. Derselbe fand, dafs Kohle, als schlechter elektrischer 
ter, nur dann einige Wirkung auf die Magnetnadel äulserte, 
ın sie den metallischen Verbinduniggdraht in einer grolsen 
he berührte, ein feiner Draht aber, durch ein Stück Kohle 
dem Leiter der galvanischen Elektricitat verbunden, zogauch 
der Einwirkung einer mächtigen Batterie kein Eisenfeilichtan, 
ın er dieKohle unmittelbar berührte, sehr wenig aber wenn 


Ende der Kohle mit einem Platinblech belegt und durch 





1 Der Elektromagnetismus 9. %. 
2 Phil, Trans. 1821. II. 


(12 


500 Elektromagnetismus. 


dieses die Verbindung hergestellt war. Davy konnte es 
nie dahin bringen, dafs einer der besten galvanischen 

nämlich geschmolzenes Kalihydrat Eisenfeilicht anzog, u 
mit getränkte Baumwollenfasern wurden von einem N 
gar nicht angezogen. Stahlnadeln, welche vermittelst K 
Kaliauflösung schwammen, nahmen durchaus keine Polar 
wenn der elektrische Strom durch diese Flüssigkeit | 
wurde, und der einzige Beweis, dals sich auch in ihr I 
tismus entwickele, lag in dem Einflusse derselben a 
Magnetnadel in dem Falle, wenn eingetauchte Metallfläch 
bedeutehder Ausdehnung sie mit der Volta’schen Batteri 
banden. Die Anziehung des Eisenfeilicht gehört indels 
unter die bedeutendsten elektromagnetischen Wirkungen, 
sehr starke Elektromotoren und eine gute Leitungsfähigk 
Körpers voraussetzen. Dafs übrigens Flüssigkeiten, we 
Strom galvan’scher Elektricität sie durchströmt, die Magn 
in Bewegung setzen, wurde gleich anfangs durch Ser 
beobachtet, und nachGaorrauss ? geschieht dieses soga 
einen mit Salzwasser hinlänglich getränkten Bindfaden. 

übereinstimmenden Resultate führen also auf allen Fall 

wichtigen Folgerung, dafs nicht blofs die Metalle, sonder 
andere feste und flüssige Körper zur Erzeugung des Magne 
vermittelst der Elektricität geeignet sind, wenn diese and 
` genügender Menge dieselben zu durchströmen vermag. . 
Schlufs läfst sich gar nicht oder nurunvollkommen auf die 
Poeszuporr? erhaltene Beobachtung gründen. Dieser 
nämlich die Zink- und die Kupferplatte in 6” Entfernun; 
einander, bedeckte jede durch eine mit Salmiaklösung 
tränkte Tuchscheibe, und verband diese durch einen br 
gleichfalls in Salmiakauflösung getauchten Streifen Tuch. 

ter letzteren stellte er eine empfindliche Magnetnadel, 

schlofs dann die Kette durch einen Multiplicator von 100 V 
dungen und gleichfalls mit einer Nadel versehen. Let 
zeigte eine merkliche Abweichung, erstere aber gar keine, ( 
Zweifel deswegen, weil die geringe Menge der durchströf 
den Elektricität hierzu nicht kräftig genug war, und erst € 





1 Berliner Denkschr. a. a. O, S. 383. 
2 Allgem, Nord. Annalen VI, 146. 
3 Pfaff: der Elektromagnetismus. 8. 95, 


Elektrische Leiter, ’ 501 


ıltiplicators bedurfte, um merkliche Wirkungen zu zeigen. 
[serdem wurde die elektromagnetische Wirkung durch "die 
site des Tuchstreifens geschwächt, indem auch breite 'metal- 
‚e Leiter einen geringeren Einfluls auf: die  Magnetnadel 
üben. 

Will man diese interessante Frage abermals zum 'Gegen- 
nde neuer Versuche machen, so ist an sich klar, dafs dazu’ 
n aus zwei Elementen bestehender Apparat gewählt wer- 
ı darf, weil die Spannung der Elektricität in diesem anf allen 
1 zu geringe ist, um die nicht metallenen Leiter auf eine so 
{se Länge zu durchdringen, dafs die Wirkung derselben auf 
‘ Magnetnadel mit genügender Sicherheit beobachtet werden 
ante, und nur Säulen aus vielen Plattenpaaren sind hierzu. 
signet. Als unbedeutenden Probeversuch benutzte ich selbst 
‚e stehende Zink-Kupfersäule aus 36 zusammengelötheten - 
‚ppelplatten von 6 Z. Seite und 96 solchen von 5 Z. S. mit 
imiakwasser aufgebauet, um das Verhalten einiger flüssiger’ _ 
äter auf die Magnetnadel zu prüfen. Eine feine Magnetnadel 
welt hierbei über Glasröhren 4 Z. lang und 0,3 Z. weit mit: 
acentrirter Schwefelsäure, mit rauchender Salpetersäure und 
t gesättigter Kochsalzsolution gefüllt, die Enden durch Pla- 
grähte in den Kreis der Säule gebracht, so starke Abweichung, - 
ls sie nur wenig geringer war, als über einem die Pole ver- 
ıdenden Platindrahte. 

Nach allen diesen Versuchen muls ich schlielsen, dafs der 
ıgnetismus in allen Körpern, ‘durch welche die Elektricität 
mt, mit einer der Intensität und Leichtigkeit: dieser Durch-' 
ömung proportionalen Stärke hervorgerufen wird.: Eben: 
raus ergiebt sich aber, dafs einige‘ Erscheinungen, z.B. das ` 
ıhängen des Eisenfeilicht nur an vollkommenen Leitungsdräh- 
ı beobachtet werden können, weil nur diese der grolsen Menge. 
t geringer Spannung versehener Elektricität zweielementi- 
* Elektromotoren eine hinlängliche Leitung darbieten. 

g. Auch die Luft, oder vielmehr der die Luft durchdrin- 
ade elektrische Strom, wenn nicht eigentlicher die durch 
ı elektrischen Strom fortgeführte Flamme ist als ein elektro- 
gnetischer Leiter anzusehen, und zeigt in dieser Hinsicht 
irkungen , welche später genauer angegeben werden sollen +, 





N 


1 Vergl. UL C. 17. 


502 Elektromagnetismus. 


.h. Wird der galvanische Leiter, auch der vollkommene, 
durch einen nach Verhältnils der elektrischen Spannung un- 
vollkommenen unterbrochen, z. B. Wasser, den thierischen 
Körper u. dgl,, so verliert er seine elektromagnetische Kraft 
ganz oder' zum Theil. 

Die durch ein einziges Plattenpaar, wie grols dasselbe 
auch seyn mag, hervorgebrachte galvanische Elektricität hat. 
eine geringe Spannung, und durchdringt daher ‘die Nichtleiter 
oder schlechten Leiter derselben nur unvollkommen oder gar 
nicht. Soll daher dieser Strom nicht unterbrochen werden, 
so müssen alle solche schlechte Leiter, wie dann sie auch 
seyn mögen, sorgfältig vermieden werden. Es genügt daher 
nicht, wie bei der Reibungs- Elektricität, sich der Ketten 
zur Verbindung zu bedienen, weil eine dünne Lage Oxyd . 
oder Schmutz leicht die innige Berührung hindern kann, auch 
muls man die Metalle, welche man in den Strom der Elek- . 
tricität bringt, an den Stellen ihrer Berührung . recht blak | 
schaben. Das einfachste und sicherste Mittel, eine innige 
und ungehinderte Verbindung hervorzubringen, ist das Quec- 
silber, welches man in kleine Vertiefungen gielst, und die 
blank geschabten Enden der Metalldrähte oder Streifen in 
dieses einsenkt, Oft genügt es auch schon, nur ein kleines 
Tröpfchen Quecksilber zwischen die Flächen zweier Metall- ' 
streifen zu bringen, durch welche der elektrische Strom un- 
gehindert fortgeleitet werden soll. Weil aber das Metall auch 
in diesem Falle leicht mit Schmutz überzogen wird, und 
hierdurch die Fortleitung des elektrischen Stromes geschwächt 
oder ganz gehindert werden kann, so ist es nach Amriar? 
rathsam, allezeit vor dem Gebrauche des Apparates die Me- 
talllächen etwas abzukratzen, damit die Verbindung dersel- 
ben mit dem Quecksilber inniger werde, Für diejenigen 
Fälle endlich, in denen die Verbindung durch Quecksilber 
auf die angegebene Art nicht hergestellt werden kann, wenn 
z. B. der elektrische Strom durch zusammengeschlungene 
Drähte geleitet werden muls, bedient man sich nach Far4- 
DAY des Mittels, sie mit etwas salpetersaurem Quecksilber 





1 S. Boisgiraud in Ann. Ch. Ph. XV. 279. 
l Ann. Ch. P. XXVI. 39%, 
3 G. LXXIL 114. 





Elektrische Leiter. 503 


ciber, Eisen und Stahl. kann vorher in schwefelsaurer 
“ersolution mit etwas Kupfer überzogen. werden. 
Ungleich zahlreicher, als die wenigen jetzt beschriebe- 
'elektromotorischen Apparate, sind diejenigen, vermittelst 
ı man die verschiedenen elektromagnetischen Erscheinun- 
beobachtet hat. Indem aber bei weitem der gröfste Theil 
elben für gewisse individuelle Phänomene construirt: ist, 
-cheint es mir am. zweckmälsigsten,, sie bei der Erörterung 
at letzteren zugleich mit zu beschreiben. 


e Elektromagnetische Erscheinungen. 


Die elektromagnetischen Erscheinungen sind ungemein zahl- 
t und vermöge des lebhaften Interesses, welches sie erreg- 
und der grolsen Zahl derjenigen Experimentatoren, wel- 
ach lange Zeit damit beschäftigten, ohngeachtet der Neu- 
ährer Entdeckung so unglaublich vervielfacht und so man- 
Ktig modificirt, dafs es in der That Mühe kostet, dieselben 
"Anen und dadurch die Sache selbst in einer klaren Ueber- 
darzustellen. Genau genommen lassen sich indels die. ge- 
ıten Phänomene füglich auf das zuerst entdeckte Haupt- 
omen zurückhringen, nämlich dafs der Pol eines Magnetes, 
wzuch die Spitze einer Magnetnadel um den Leitungsdraht 
ralvanischen Rlektricilät rundum bewegt wird. Hierbei ist. 
„eitungsdraht der Elektricität unbeweglich, und die gemei- 
auf feinen Spitzen beweglichen Dechinations- und Incli- 
nsnadeln zeigen dieses Gesetz zwar sehr leicht, aber nur 
Mständig, indem eine vermöge der Art ihrer Befestigung 
n horizontaler Ebene bewegliche Nadel nur in dieser, und - 
blo[s in verticaler Ebene bewegliche gleichfalls nur in die- 
ewegt werden kann. Ist dagegen der Pol eines Magnetes 
der Leitungsdraht der Elektricität aber beweglich, so wird ° 
rer je nach den bedingenden Umständen sich in horizon- 
oder verticaler Ebene bewegen, oder um den magnetischen 
herumlaufen. So gut aber der natürliche und künstliche 
wet dem Zinflusse des Erdmagmetismus unterworfen ist, 
dasselbe auch mit dem magnetisch gemachten Leitungs- 
te der Elektricität der Fall seyn, und eben so müssen zwei 
e Drähte einen analogen Einflufs auf einander ausüben, 
reicher zwischen zwei Magneten statt findet. Endlich muls 







504 Elektromagnetismus. 


der auf magnetischen Stahl einwirkende Leitungsdraht seine bibo 
magnetische Kraft auch gegen unmagnetisirten Stahl und Esm ' 
äufsern, wenn anders der Magnetismus desselben identisch it 
mit demjenigen, welcher sonst mit diesem Namen bezeichnet. 
wird. Wäre er letzteres nicht, so würde dieses die Untere- #1 
chung ausnehmend erschweren, indem dann im Elektromagn- 
tismus eine bisher ganz unbekannte Potenz zum Vorschein 
käme. Indefs ist dieses nicht der Fall, da der Leitungsdrak 
vielmehr Eisenfeilicht anzieht, und Stahl magnetisch macht, sich 
also als einen wirklichen Magnet zeigt. 

Diese wenigen Sätze müssen aus theoretischen Gründen d- 
les dasjenige in sich begreifen, was der Elektromagnetismus lei- 
sten kann, wenn man darunter den durch Elektricität hervor- 
gerufenen Magnetismus versteht. Wirklich läfst sich auch bi 
weitem der grölste Theil der Phänomene unmittelbar hieraf 
zurückführen, und die übrigen, bei denen dieses auf den ersa 
Blick der Fall nicht zu seyn scheint, reihen sich doch bei ge 
nauerer Untersuchung der einen oder andern dieser 'angegeb- 
nen Classen an. Ich werde mich daher bemühen, die Ers- 
nungen, welche zum Elektromagnetismus gehören, in ihrergr 
fachsten Gestalt darzustellen, dabei diejenigen Gelehrten mie 
haft machen, welche die einzelnen derselben zuerst entdeckte, ' 
nebenbei auf die spätern Untersuchungen und genaueren Er- 
terungen der schon bekannten Phänomene verweisen, und w- 
ter der grolsen Menge der mannigfaltigen Apparate nur diejeni- 
gen beschreiben, welche den beabsichtigten Zweck zu erei- 
chen dienen können, ohne zugleich zu kostbar oder zu sehr z- 
sammengesetzt zu seyn, damit auch minder geübte Künstlers fı 
verfertigen können, und die Kosten ihrer Anschaffung mälıs 


Summen nicht übersteigen. 


A. Wirkungen des elektrischen Leiters ai 
die Magnetnadel, 


1. Wenn man den Verbindungsdraht -der lektromotra 
im magnetischen Meridiane über der Axe der ruhenden Magnet- 1. 
nadel mit dieser in einer verticalen Ebene ausspannt, so db 
der elektrische Strom vom Kupfer ausgehend von Norden mè 
Süden strömt, so wird im Augenblicke der Schliessung des elek- 
trischen Kreislaufes der Nordpol der Nadel nach Osten abwe- 
chen. Die Abweichung wird durch die Oscillation der Nale 


Wirkung auf den Magnet, 909 
fomente der Schliefsung stärker, ihre Gröfse aber hängt im 


emeinen von der Stärke des elektromotorischen Apparates 
und erreicht auf allen Fall für den Zustand der Ruhe bei 
m Winkel von 90° ihr Maximum. Ein Plattenpaar von 4.bis 
Seite, im Maximo seiner Wirksamkeit, bringt eine leichte 2 
3 zöllige Nadel schon zum Durchlaufen eines ganzen Krei- 
’ Ist dagegen der Draht in der angegebnen Richtung unter 
Nadel ausgespannt, so ist die Abweichung gleich stark west- 
Lässt man die elektrische Kette geschlossen, so kommt 
eiden angegebenen Fällen die Nadel nach einigen Oscilla- 
en zur Ruhe, behält aber auch dann eine der Stärke des 
ktromotors proportionale. Abweichung von 5; 10 bis 30 Gra- 
und noch darüber. Ist die'Richtung des elektrischen Stro- 
die entgegengesetzte, ‘so sind die Abweichungen der Mag- 
zadel zwar gleich stark, aber den eben angegebenen entge- 


gesetzt, und indem diese Umkehrung der Erscheinungen . 


jemein statt findet, so ist es überflüssig, derselben in jedem 
zeinen Falle besonders zu gedenken?. Die angegebenen Er- 
einungen werden nicht abgeändert, wenn man den Leitungs- 
ht vor seiner horizontalen Ausspannung über oder unter der 
jel, oder auch bei seiner Zurückführung zum Zinke in .die 
Wachsten Schleifen und Biegungen windet, und bald rück- 
rts bald vorwärts hin und her führt, ein allerdings höchst 
tkwürdiger Umstand, welcher beweiset, dafs durch alles die- 

keine Störung weder des elektrischen Stromes noch der er- 
ıgten magnetischen Wirksamkeit entstehen kann. Führt man 
regen den elektrischen Leitungsdraht in einer horizontalen 
ene und parallel mit der Axe der Magnetnadel neben ihr hin, 
wohl an jeder der beiden Seiten derselben als auch den Strom 
e Elektricität von Nord nach Süd angenommen oder umge- 
hrt, so wird in keinem dieser vier Fälle, mindestens bei 
sht zu grofsen Apparaten und bei Declinationsnadeln, welche 
E einer Spitze balancirt sind, eigentliche Bewegung, sondern 
x eine Art von Unruhe erfolgen. Führt man dagegen den 





1 Dafs bei Anwendung eines jeden, aus mehr Plattenpaaren be- 
‘henden Volta’schen Apparates die entgegengesetzte Abweichung 
obachtet wird, ist schon erwähnt, und wird hier überall übergan- 
u, weil es leicht supplirt werden kann, und zu elektromagnetischen 
'rsuchen vorzugsweise nur die angegebenen, aus zwei Metallen be- 
'bepden, Apparate anwendbar sind. 


s 












506 - Elektromagnetismhus. 


elektrischen L.eitungsdraht neben einer im magnetischen Mer- 
dime balancirten Inclinationsnadel vorbei, beiden Axen panlld 
laufend, und die Richtung des elektrischen Stromes vonN. 
S. angenommen, so wird die Nordspitze der Nadel sich heröbt 
wärts bewegen, wenn der Draht an der Ostseite derselben hi 
geführt ist, dagegen aufwärts, wenn er sich an der W 
derselben befindet. Dals keine östliche und westliche Abwes 
chung dieser Inclinationsnadel statt finden kann, werm der Drit 
über "oder unter derselben hingeführt ist, läfst sich : aus der Ar 
ihrer Aufhängung’ leicht erklären. 

Die hier angegebenen Erscheinungen wurden zum 
durch den berühmten Entdecker derselben, Oxrnsten, be 
kannt gemacht!, und unmittelbar darauf durch ne La Am 
Scnweısgen?®, MAven®, Amrined; GiLoertô, v. Yan) 
Posasenponr® und viele andere wiederholt. Es können dnt 
alle eben angegebene elektromotorische Apparate benutzt we. ` 
den, am bequemsten die unter No. 1 und 2 beschriebenen 
nern; zu den Magnetnadeln aber wählt man willkürlich die p 
yade, zur Hand seyenden längeren oder kürzeren, auf einer% 
balancirten Declinationsnadeln, am besten die kleinen ? bulk 
langen, und die gewöhnlichen Inclinationsnadeln. Will sa 
aber ein hierzu "vorzüglich geeignetes Instrument benus, 
hauptsächlich um für alle die genannten Erscheinungen ande $ 
nämlichen Nadel zu beobachten, so dient hierzu die astatish 
Magnetnadel, und zwar vorzugsweise die durch G. G. Schnur 
angegebene sehr zweckmälsig für diesen Gebrauch construite, 
womit für alle eben beschriebene Fälle die Grade der Abwe- 
chung sowohl für die Oscillationen als auch für den Zustand 
der Ruhe genau gemessen werden können. Interessante Ver- 





1 Experimenta circa efficaciam conflictus electrici in acum mt 
gneticam. Hafniae 21. Jul. 1820. 8. 

2 Bibl. univ. XIV. 281. 
3 Schweigg. Journ, XXXI. 1 u. 35 f. 
4 Gött, Gel Anz. 1820. No. 171. 
$ Ann. Ch, et Phys. XV. 59, Ä 
6 Ann. LXVI. 331. | 
7 G, LXVI. 395. | 
8 Erman: Umrisse u. se w, S. 105. Isis. Jahrg. 1821. 
9 G. LXX. 243. 
10 Vergl. Magnetnadel, astatische. 


Wixrkung.auf den. Magnet, 507 


mit derselben sind theils durch’ den‘ Erfinder selbst®, theils 
Prarr? und andere angestellt., Auch Aurkre hat die 
raction eines solchen Apparates angegeben?, weleher ım 
ntlichen jenem gleich ist, in einigen Einzelnheiten mir 
ninder zweckmälsig scheint. Der hierher gehörige Zweck 
ach für andere-Bestimmungen tauglichen Nadel ist dieser, 
Hagnetnadel zu haben, welche ihres eigenen Magnetismus 
chtet dem Einflusse des tellurischen Magnetismus nicht 
worfen ist. Dieses erreicht man dadurch, dafs man eine 
etnadel sehr beweglich auf einer festen Axe macht, welche. 
re genau in die Richtung der Inclinationsnadel gestellt 
n kann. Indem sich dann die Nadel blofs in einer Ebene 
gt, welche auf die ihr durch den tellurischen Magnetismus 
ene- Richtung senkrecht ist, so kann letzterer keinen wei- 
Einflufs auf sie ausüben. Hiervon überzeugt man sich 
ı den Versuch, ob die so gestellte Nadel dann ; in jeder. ihr. 
enen Lage ruhet. 
In vielen Fällen, namentlich wenn man sehr geringe elek- 
ıgnetische Wirkungen vermittelst der Multiplicatoren er- 
hen will, kann indels eine solche Nadel weniger vortheil- 
n Anwendung gebracht werden, und man bedient sich da- 
ines andern unlängst bekannten Mittels, um eine für, die-- 
‚weck vorzugsweise geeignete astatische Nadel zu erhalten, 
a man zwei gleich starke feine Magnetnadeln mit entgegen- 
zter Richtung ihrer gleichnamigen "Pole an einer festen Axen 
tigt, und leicht schwebend aufhängt. Die Zeichnung g giebt 6 
weitere Beschreibung eine deutliche Vorstellung von der- 
n, und es möge blols noch bemerkt werden, dafs sie an~: 
des Balancirens auf der feinen Spitze œ hoch feiner an einem: 
zwirnten Seidenfaden oder in geeigneten Fällen selbst an 
n Spinnefaden schwebend aufgahangen werden kann. : Um 
nagnetische Kraft beider Nadeln bleibend’ zu erhalten, thut: 
wohl, die Nordpole derselben für gewöhnlich nach einer: 
s zu drehen, und blofs für die Dauer der Versuche ihnen. 


l G. LXVII, 141. 

Der Elektromagnetismus. S, 41. 

3 Darstellung der neuen Entdeckungen über die Elektricität und 
Magnetismus u, s. w. durch Ampère und Babinet A. d.‘ Fr. 
8. 1822. 8, S. 34. Aun. Chim. et Phys, XV. 198 . 


t 


-der Nadel beobachtet, welche mit zunehmender Nähe stets k 


Fir. nach das von mir gebrauchte Exemplar ausgeführt ist. Ind 
63. lothrechten Durchschnitte der Zeichnung ist a b ein flaches be 


308 . Elektromagnetismus. ' 
eine entgegengesetzte Richtung durch Umdrehen der dna 
der gemeinschaftlichen Axe zu geben. 
Ein drittes Mittel, den Einfluss des tellurischen Magne 
mus auf die gebrauchten Nadeln aufzuheben, wandten I 
und Savanr an, als sie das Verhältnils der Entfernungen 
der Stärke der magnetischen Repulsion eines galvanischen 
ters untersuchten. Dieses besteht darin, dafs man der Mag 
nadel einen starken Magnet in derjenigen genau abgemeseg 
Entfernung nähert, in welcher sein magnetischer Einflals 
der Erde vollständig aufheb. Ob man diesen Punct em 
habe, kann man prüfen, indem man aus guölserer Ferne den} 
net nähernd die in gleichen Zeiten erfolgenden Schwingug 
















samer werden, und endlich verschwinden. Der Magnet» 
dann in diejenige Entfernung gebracht, in welcher die Schwie 
gungen der Nadel langsam genug sind, um den Einful di 
Erdmagnetismus als verschwindend anzusehen 4. ak 

2. Man kann diese bisher beschriebenen sämmtlichen Endi $ 
nungen vermittelst eines von mir angegebenen bequeme 
wohlfeilen Apparates darstellen, welcher noch zu ande. 
die Theorie des Elektromagnetismus nicht unwichtigenZ 
dient, und daher hier aufgenommen werden möge?, wi N 
gleich die dazu gewählten Dimensionen willkürlich sind, 8$ 
behalte ich zur leichteren Uebersicht doch diejenigen bei, \ 


von hartem Holze, 18 Par. Z. lang und 8 bis 9 Z. breit, won“ 

die übrigen Dimensionen der Kürze wegen leicht geschätzt w 

den können. In einer, dieses Brett in zwei gleiche Hilie' 
theilenden Linie sind die beiden Glassäulen v, v’ eingelasisty 
welche oben eine messingne Fassung mit einem quer liegende 
messingnen Plättchen tragen, 0,3 Z. breit und 1 Z. lang. Um 
ber diesen liegen zwei ganz ‘gleiche messingne Plättchen 1, 
den ersten parallel, und beim Herablassen sie deckend, an bei 
den Enden mit einer Schraube so versehen, dafs ein beliebige 
Metalldraht zwischen die Plättchen gelegt, und durch Anziehes 
der oben mit einem Blatte versehenen Schrauben befestigt wer- 





1 Biot Précis element. de Phys. Par. 1824. II. vol. 8. IL. 706 
2 Vergl. G. LXX. 141. 


Wirkung auf den Magnet, 509 


kann. -Jede Fassung hat oben einen kleinen messing-« 
Behälter f, f mit einer Vertiefung, worin sich etwas 
ksilber befindet, aus welchem an jeder Seite ein oben ge- 
mter Messingdraht «, y frei mit dem unteren Ende: in eine 
cette befindliche, gleichfalls mit Quecksilber gefüllte Vertie- 
herabgeht; und um eine etwa mögliche Leitung der Elek- 
it durch das Brett zu verhüten, ist dasselbe auf seiner gan- 
)berfläche und vorzüglich in den erwähnten Vertiefungen, 
jernsteinfirnis überzogen. In die genannten Vertiefungen 
ferner die beiden krummgebogenen Enden e, e der Drähte 
ıerabgelassen, welche in einer Rinne im Brete liegen, und 
durch drei kleine Haken in derselben so festgehalten wer- 
dafs nichts über die Oberfläche des Brettes hervorragt, 
die gebrauchten Drähte abgenutzt, oder will man sie mit 
m vertauschen, so kann man diese leicht unter den Häk- 
oder Klammern hinschieben, bei e, e’ etwas krumm biegen 
in das Quecksilber eintauchen. Die Drähte laufen verlän- 
mach K und Z hin, und sind mit ihrem andern Ende der 
an die eine Seite des kupfernen Kastens, der andere an das 
der Zinkplatte angelöthet, wodurch also der elektrische 
slauf vom Kupfer zum Zink und durch die leitende Flüssig- 
wieder zum Kupfer hergestellt ist. Ein hölzerner Rahmen 
‚ 142. lang und 8 Z. breit, welcher auf dem Brete ruhet, 
in einem Falz 4 eingekittete Tafeln von hellem Glase, de- 
jeide schmälere mit m, m’ bezeichnet sind. Da wo sie mit 
ı Enden zusammenstolsen, sind sie inwendig und auswen- 
mit schmalen Papierstreifen zusammengeklebt, und bilden 
ch einen oben und unten offenen Kasten, um die Magnet- 
l bei feinen Versuchen gegen den unvermeidlichen Luft- 
zu sichern. Unten wird dieser Glaskasten von selbst durch 
Aufsetzen auf das Brett geschlossen, der obere Rand dessel- 
aber ist theils der grösseren F estigkeit wegen, theils um 
weiche Unterlage zu bilden, mit einem nach beiden Seiten 
geschlagenen, etwa 0,75 Z. breiten Riemen von Gemsenle- 
überklebt, auf welchem zwei oder drei verschiebbare Schei- 
von Spiegelglase n, n’ ruhen und oben eine Bedeckung des 
tens bilden, einige Zolle länger und breiter, als dieser ist. 
ch die kleinen Zwischenräume dieser Spiegelglasscheiben, 
wo sie an einander stolsen, werden die Magnetnadeln an un- . 
virnten Seidenfäden aufgehangen herabgelassen, durch ein 




















510 -  Elektromagnetismus, 


kleines‘, an dem verlängerten Faden hängendes, tiber die Sch 
der Scheiben herabgelassenes Gegengewicht balancirt, oderdımk 
ein srölseres, auf den Scheiben ruhendes Stück Blei am Henb 
sinken gehindert. Uebrigens lassen sich die Nadeln zwischd 
den Ritzen der Scheiben nach der einen, und durch das Ve 
schieben der sämmtlichen Glastafeln auf dem weichen Leder 
Glaskastens nach der andern Seite hin bewegen. Der 
hat unten am Rahmen zwei Ringe, an denen er aufgehobe 
und nach Befestigung der Drähte wieder aufgesetzt werdenka 
auch läfst sich derselbe nach Befinden auf dem Brette a b. 
oder links, vorwärts und rückwärts schieben, um das Verkk 
ten der Nadel in allen verschiedenen Lagen gegen den elekt 
schen Leiter zu untersuchen. Endlich steht auch das ganzehr 
a b mit seinen vier Fülsen auf einem doppelt so breiten Br #. 
als es selbst ist, welches dem Apparate zur Unterlage dient, e£ 
seiner einen Hälfte den beschriebenen Apparat trägt, af d 
andern Hälfte aber einen zur Erzeugung der Elektricität diens- 
den oben Il. A. 2, beschriebenen Kasten, mit den daselte 
wähnten Trägern und Gabeln, um die Glasröhre, worntä 
Zinkscheibe befestigt ist, hineinzuhängen. Das letztere giet 
Brett aber, welches deswegen gewählt ist, damit der Apat 
selbst nicht durch die gebrauchten Flüssigkeiten beschuit 
werde, und um verschiedene Drähte und sonstige Sachen ùt- $ 
auf zu legen, ruhet auf einem 2 Z. hohen und 12 bis 181% 
Durchmesser haltenden Cylinder von Holz, vermittelst des 
das Ganze auf jeden beliebigen Tisch gesetzt, und im Azim 
herumgedrehet werden kannt, 1 

Bei der Anwendung dieses Apparates zeigen sich die $. 
eben unter No. 1. beschriebenen Erscheinungen in etwas verschie- 
dener Gestalt. Gebraucht man nämlich zuerst die in der Figs 
gezeichnete horizontale Magnetnadel, welche 2 bis 37. IM 
aus einer an beiden Seiten zugespitzten, in der Mitte fein durd- 





1 Diesen Apparat habe ich unter verschiedenen anderen aufge 
nommen, theils weil er wohlfeil, theils weil er zur Anstellung seb 
feiner Versuche mit verschiedenen "Apparaten wegen des gegen Let 
zug schützenden Glaskastens geeignet ist. Der neueste von Auri# 
vorgeschlagene allgemeine Apparat ist unten beschrieben. Unter dt 
zweckmälsigsten einfachen gehört sonst noch vorzugsweise der rol 
Prarr in seinem mehrerwähnten Werke angegebene, aber ungleich 
kostburere. i 


Wirkung auf den. Magnet, $11. 


ten, Uhrfeder leicht verfertigt und an eiriem ungerwiurnten 
anfaden aufgehangen werden kann, so ‚wird diese über und 
. dem Drahte-schwebend die erwähnten Abweichungen nach 
a und ‚Westen gleichfalls zeigen. Man kann zwar die Na+. 
icht völlig mit ihrer Axe unter. die Axe des Leitungsdrah- 
n eine verticale Ebene bringen, allein‘ dieses ändert den 
g nicht ab, da der Faden ohne wesentlichen Nachtheil die 
des Drahtes berühren darf. Soll hierbei die Grölse. dex 
eichung in Graden gemessen werden, so bediene ich:mich 
auf Spielcharten Papier, oder .norh -besser auf eine sehr 
: und pergamentaitige Sorte englischen Papiers (sogenann- 
dristol stamp) gezeichneten, .1 .bis .2 Lin. breiten, und 
ade getheilten Kreises, welchen ich mit feinen Fädchen 
lem Leitungsdrahte, oder selbst an den’Spitzen der Nadel 
tige. Der zwischen ],ľ eingespannte Draht bekommt in 
m letzteren Falle gleichfalls ein 'aufgebundenes Stückchen 
ex mit einer Linie, wodurch beim Stillstande der Nadel 
Nallpunct der Theilung, und bei ihrer Abweichung dia 
in: dieser letzteren in Graden bezeichnet werden. Um in« 
die Erscheinungen des Elektromagnetismus' im Allgemeinen 
sobachten, bedarf es, der Messyng und des hierzu dienen», 
Ringes nicht. Befindet sich in diesem Falle der Kupferpok 
orden, und ist somit die elektrische Strömung von N. nach 
richtet, so wird die über dem zwischen 1,1 ausgespannten 
te schwebende Nadel westlich abweichen, Bringt man sie 
neben den Draht an die Westseite, ‘beider Axen in einer 
ontalen Ebene liegend, so wird bei der Schliefsung der 
nischen Kette die Nordspitze stark ‚herabgesogen werden, 
cer grölsten Tiefe aber schon das Bestreben nach einer äst- 
a Abweichung zeigen. Lälst man die Nadel so tief herab, 
se sich frei unter dem Drahte hin bewegen kann, so ist ihre 
eichung östlich, und bringt man sie endlich an die Ostseite 
Jrahtes, beider Axen’ in einer horizontalen Ebene liegend, 
ird die Nördspitze :beträchtlich in die Höhe gehoben wer- 
bei ihrer grölsten Erhebung .aber gleichfalls das Bestreben 
westlicher Abweichung äulsern, Es versteht sich von selbst, 
die Bewegung der Sidspitze der Nadel der angegebenen. 
le entgegengesetzt sey.. . 
3. Nicht so sehr die hier mitgetheilte Beschreibung, als 
weit mehr der Anblick der Erseheinungen selbst zeigt das 


512 Elektromagnetismus. 


Bestreben der Pole der Magnetnadel, sich um. den horisoielin 
ausgespannten Leitungsdraht im Kreise herumzübesm; li: 
Schwierig ist es hierbei genau zu unterscheiden, ob die indiv I 
duelle elektromagnetische Wirksamkeit in dem Leitungsindi $n 
so vertheilt ist, dafs, wenn man sich einen um die Axe dẹ 
selben gezogenen Kreis denkt, und diesen in 360 Grade thaili 
die in diesem befindliche Nordspitze genau in einem Quains! 
ten östliche, in dem gegenüber liegenden westliche Abweichug 
und in. den beiden seitwärts befindlichen das Bestreben eme 
aufwärts und herabwärts gehenden Bewegung zeigt. Um 
für die Theorie nicht ganz unwichtige Frage zu beantworte 
legte ich auf die Träger zwischen 1,1’ einen 1,5 Par. La k$ 
Durchmesser haltenden völlig geraden Draht, damit irgend dtk 
Krümmung desselben auf die Resultate keinen Einfluss hiai, 
möchte, schob auf denselben eine mit mehreren concentrish $, 
getheilten Kreisen versehene Scheibe, deren Fläche af ef: 
Axe des Drahtes senkrecht war, balancirte die Nadel villis h $k 
rizontal, liefs im Zustände der Ruhe ihre Spitze den gewähle |r 
Kreis der Scheibe fast berühren, um gewils zu seyn, üb Ik 
sich stets in gleichem Abstande von der Axe des Draht; je 
den Axen einander parallel, befände, und richtete die Sa 
so, dals die verticale Ebene durch die Axe des Drahtes td fk 
den 45sten Grad der Kreistheilung ging. Der Kupferpol bhal f 
sich in Norden, und die Strömung der Elektricität war sout ih 
nach Süden gerichtet. Die Resultate der Versuche waren dud- $ 
aus constant, und zeigten überall keine Abweichung ‚von eint 
der. . Berührte die Nordpolspitze in 45° den Kreis, oder! 
ihre Axe in einer verticalen Ebene mit der Axe des Drahtes 
war ihre westliche Abweichung dem Augenmafse nach voll 
horizontal; wurde sie aber westlich bis zum 90sten Grade gt- 
rückt, wobei sie. sich in allen Kreisen noch über der herit® 
talen, die Oberfläche des Drahtes berührenden Ebere befand 
so zeigte sie unverkennbar eine herabgehende Bewegung, d 
gleich sie nach der ersten Senkung sogleich in einer horizon 
len Ebene zu schwingen fortfuhr, aus dem natürlichen Grund 
weil auch die an einem Seidenfaden balancirten Nadeln wd 
leichter in dieser, als in der verticalen Ebene oscilliren. W 
Erfolg war ganz der nämliche, wenn die Nordspitze den 190s 
370sten und 360sten Grad der Kreise berührte, auch konst 
ich, mit Ausnahme einiger Verminderung in der Wirkung, ker 














Wirkung auf den Magnet, 513 


Unterschied: wahrnehmen, : wenn die Kreise weiter waren, 
ich die Axe der Nadel sich in einem gröfseren Abstande 
der Axe des galvanischen Leiters befand. Statt des ge- 
s;hten Messingdrahtes schob ich darauf einen flachen Zink- 
fen, 0,8Z. breit und 0,3 Lin. dick zwischen die Trägerschei- 
ll’, allein die Bewegungen der Nadel ‘waren denen durchaus 
h, welehe der runde Draht erzeugt hatte, der Streifen 
hte mit seiner. breiteren Fläche horizontal oder vertical liegen. 
Den hier erörterten Erscheinungen analog sind diejenigen, 
he ich rücksichtlich des Verhaltens einer kleinen Magnet- 
| (ich bediente mich einer stark magnetisirten englischen 
aadel) beobachtet habe, als ich diese mit ihrer Nordspitze 
echt über den Leitungsdraht oder zu beiden Seiten dessel- 
höher und niedriger herabsenkte 1, Die erhaltenen Resul- 
zeigen im Allgemeinen das Bestreben der magnetischen Pole, 
im Kreise um den Leitungsdraht zu bewegen, sie deuten 
ıf hin, dafs die um den elektrischen Leitungsdraht anzu- 
nenden Bogen, in welchen der Pol zur östlichen oder west- 
n Abweichung sollicitirt wird, um 90° von demjenigen 
!hen, worin sie das Bestreben nach einer aufwärts und nie- 
rärts gerichteten Bewegung äulsert; jedoch lälst sich auf 
e Versuche nicht mit Sicherheit ein Schlufs gründen, weil 
eigentliche Sitz der gröfsten’ magnetischen Intensität in einer 
hen Nadel nicht sicher bestimmbar ist. Uebrigens fallen 
e Erscheinungen mit denjenigen zusammen, welche von ver- 
edenen Physikern am lothrechten Leitungsdrahte der galva- 
hen Elektricität gleich anfangs beobachtet wurden, und so- 
ch näher angegeben werden sollen. 

4. Die bisher erzählten Erscheinungen erfolgen anf gleiche 
ise, man mag einen dickeren oder dünneren Draht anwen- 
, der Leiter mag rund, von quadratischem Durchschnitte, 
sutend breiter als dick, massiv oder hohl seyn. Eine runde 
' eine vierkantige massive Stange zeigten mir mit gleichge- 
eten hohlen gleiche Wirkungen bei der Anwendung des 
ır erwähnten hleinen Elektromotors. Bedient man sich sehr 
htiger Apparate, so muls nothwendig eine durch das elek- 
‚he Leitungsvermögen des gebrauchten Leiters bedingte Ver- 
edenheit sichtbar werden, und eben so ist nicht zu erwar- 


1 G, LXX, 156. i 
, Bd. l Kk 


ax 


63. benen Apparate in das Quecksilber bei e herabsenkt;, bei f mi E. 


si4 Elektromagnetismus, . 


ten, dafs übermälsig weite hohle Röhren bei kleinen Elektro- 
motoren nicht endlich einen Unterschied der Wirkung zeigen 
sollten. \Vird ferner statt eines Drahtes ein breites Blech ge- 
wählt, so erleiden die angegebenen Erscheinungen einige Mo- | 
dification. Bei der Anwendung ungleich breiter Bleche von 
Zink nämlich, 6,5 Z.; 3,25 Z.; 1,62 Z.; 0,81 Z.; 0,4 Z. und 
0,2 Z., sämmtlich 0,4 Lin. dick, zeigte die Nadel bei den brein 
testen Stücken, in der horizontalen Lage derselben, eine merk- 
lich schwächere Einwirkung auf die Magnetnadel, und aufser- 
dem war zwar die Bewegung der letzteren dann genau horizon- 
tal, wenn sie über der Mitte der Bleche schwebte; wurde sio 
aber mehr an die eine oder die andere Seite gerückt, so gu 
die Bewegung, bei allen Blechen, welche über einen Zoll bret 
waren, auch dann schon in eine verticale über, wenn die Ñe- 
del noch über der Fläche der Leiter schwebte, und beida $. 
6,5 Z. breiten Bleche schlug die vertical herabgezogene is £ 
der Magnetnadel hörbar auf das Metall auf. Noch auffallende 
zeigt sich dieses, wenn man die erwähnten Bleche mit int |. 
Ebene vertical stellt, in welchem Falle namentlich bei ia 
3,25 Z. breiten die an der Seite derselben schwebende Dad 
in der Mitte. zwar eine. genau verticale Bewegung erhielt, W. 
auf 0,25 Z. aber von der oberen oder unteren Kante abstehed 
sich völlig horizontal bewegte!. Mit grölseren Elektrom- 
ren habe ich diese Versuche nicht wiederholt, glaube aber ns 
dafs diese einen Unterschied in der Wirkung erzeugen wirds 
5. Führt man den elektrischen Leitungsdraht lothrecht v R;, 
der Spitze der Declinationsnadel herab, oder bequemer, wei $. 
man einen 0,75 Lin. dicken Draht in dem (oben No. 2) beschnt- f, 









einem Faden festbindet, in lothrechter Richtung zwischen den , 
bedeckenden Glasplatten durchführt, oben aber mit einem fer $u 
neren, zum Kupfer des Elektromotors herabgehenden Dr k 
verbindet, also auf diese Weise die ununterbrochene Forte 
tung des elektrischen Stromes durch den lothrechten Draht a° 
hält, dieSpitze der horizontal hängenden Nadel demselben ni- 
hert, diese anfängliche Entfernung der Spitze stets beibehäl, 





1 G.LXXI. 29. Achnliche noch ausgedehntere Versuche mit naht 
übereinstimmenden Resultaten von Serseck findet man in den Abhand- 
lungen der Berliner Societät der Wisseuschaften. Jahr 1820 — 21. S, 3%. 


Wirkung: auf den Magnet, :515 


hrend man den: Apparat um-die Axe des lothrechten Drahtes 
Azimuth in einem ganzen Kreise drehet, und in beliebigen 
den dieses’ Kreises die Abweichung der Nadel beobachtet; 
wird man sich vollständig überzeugen, dafs überall die Ab- 
ichung der Nadel gleich 'und gleich stark ist. Hieraus seht 
' hervor, dafs der Pol eines Magnetes um den lothrecht ste- 
den Leitungsdraht der galvanischen Rlektricität, allerorten 
gleicher Kraft bewegt, in einem gangen Kreise: herum- 
1. Um diesen wichtigen Satz im Grofsen and mit Vermei- 
g eines jeden Einflusses des über und unter der Nadel hin- 
enden, überhaupt des horizontal liegendem, Drahtes zu prü- 
‚ habe ich ein grolses Gestell aus Latten zusammen gesetzt, 
m viereckigen Rahmen, dessen Basis 12 Par. F. die Höhe 
e 14 F. betrug. Auf einem an dem einen Ende der Basis 
erhalb hervorragenden Brete stand der kupferne Kasten, wo- 

der Leitungsdraht ausging, und um den ganzen Rahmen 
ihrt war, worauf dann am andern Ende desselben die fest- 
ithete Zinkscheibe durch einen Gehülfen in die Säure des 
fernen Kastens getaucht, und sonach die galvanische Kette 
:hlossen :wurde. An derjenigen lothrecht stehenden Latte, 
an sich der Elektromotor nicht befand, war der Draht 4 Z. 
t nach Aufsen abstehend und hmlänglich gespannt, trug in 
Mitte seiner Länge einen durch Reibung auf ihm festsitzen- 
Arm von Holz, welcher um denselben in einem auf seine 

lothrechten Kreise ganz herum gedrehet werden konnte, 
von dessen anderem Ende die Magnetnadel an einem unge- 
tnten Seidenfaden herabhing, . also mit ihrer Spitze perpen- 
lär gegen die Axe des Drahtes gerichtet war. Der gänze 
arat wurde bald rückwärts bald vorwärts um die Axe des 
ı genannten lothrechten Drahtes durch einen ganzen Azi- 
halkreis herum gedrehet, und in den verschiedensten Win- 
. die Abweichung der Magnetnadel geprüft, allein das an- 
bene Gesetz fand ich durchaus bestätigt. Oraksten? hat 
einem ähnlichen Apparate diesen Satz gleichfalls bewährt 
nden, und er kann daher als ein unbestreitbarer Hauptsatz 
ler Lehre des Elektromagnetismus betrachtet werden. Ist 


| 
L Poggendorf in Isis 1821. 1. 687. Meine Versuche bei, G. 
C. 159. u. v. a. 


è Ann, of Phil. 1822. Febr. G. LXXIII. 278. 
Kk2 

















516 Elektromagnetismus, 


übrigens die Richtung des elektrischen Stromes so, dals erwa fi 
Kupfer aus über die Basis hinläuft, dann in die Höhe ght $ 
auf der oberen Latte des Rahmens durch den Draht zurückkeht, $ 
und herabwärts gehend dem Zinke zugeführt wird, so itä 
Abweichung der Nordspitze östlich. Wird der hölzerne Am 
mit der Magnetnadel um 180° im Horizonte herum gedreht, #F 
dals die Südspitze der Nadel gegen den Draht gerichtet is, nk 
wird die Richtung des Drahtes gegen diese die entgegen 
setzte, und da ihre Bewegung allezeit derjenigen der Nordspite $n 
entgegengesetzt ist, so muls ihre Abweichung jetzt g gleich r 
östlich seyn, wie dieses die Erfahrung bestätigt. 
Die Versuche zur Auffindung der Wirkungen eines P ti 
rechten galvanischen Leiters wurden gleich im Anfange der Be $r 
kanntwerdung dieser wichtigen Entdeckung von Ognrsrten selt $: 
angestellt, curch die Genfer Physiker, durch Aurire uda 
dere wiederholt, an vollständigsten aber durch Praet wi 
Farınar? Es zeigte sich hierbei eine anscheinende Ant fr 
lie, welche viel besprochen wurde, gegenwärtig aber, sà fr 
deutlicherer Einsicht der Sache und also auch in Gemälshetér f į 
von mir gewählten Darstellung wegfällt, weswegen es gef fi 
wird, das Ganze nur kurz zu berühren, ohne die Resulta# $. 
vielen Versuche einzeln anzugeben?. Es sey zu diesem Fa 
Fig, aa’ der horizontale Durchschnitt des lothrechten Leitungsink &- 
tes, bei welchem die ihn umkreisende Richtung des zblenier 
den magnetischen Stromes, oder vielmehr der um ihn in an 
Kreise herum laufenden Nordpolspitze der Magnetnadel dur 
die beiden Pfeile angezeigt ist. Ferner werde angenommen, P 
doch ohne dasjenige” hierdurch bestimmen zu wollen, was ae 
derweitige Erfahrungen hierüber als ausgemacht darthun mög 
dals die stärkste magnetische Polarität sich genau in der Spia 
der Magnetnadel aß befinde, so wird dieselbe in der Ih 
welche die Zeichnung angiebt, die durch den vor ihrer Spit 
befindlichen Pfeil gleichfalls angedeutete Abweichung erhalte & 
die wir die westliche nennen wollen, sie mag in der durch ef 
angedeuteten verticalen Ebene dem Drahte mehr genähert, odaji 
weiter von demselben entfernt werden. Wird die Nadel seit fy 





1 a. a. 0. S, 55. 
2 G. LXXL 124, 
3 Vergl. oben No. 3 am Ende. 


Wirkung auf'den Magnet. 517 


; geschoben und weiter vorgerückt, so dafs sie eine mit 
arallele Lage beibehaltend die Mitte des Drahtes nicht er- 
t, so wird die Spitze in a angezogen, in a’ aber abgesto- 
werden.. Kommt aber: der ‚Mittelpunkt ihres eigenen Ma- 
smus genau dem Mittelpuncte des Durchschnittes des Lei- 
drahtes. gegenüber, mithin genau in die Mitte zwischen 
eiden gleich starken und einander entgegengesetzten elek- 
‚gnetischen Strömungen: (oder Bewegungskräfte) zu liegen, 
ı[s sie nothwendig an jeder Seite des Drahtes, also in a und: 
ren; den einen Fall hiervon giebt die’Nadel æ #’ an. Wird 
die Nadel noch weiter vorgerückt, so dafs sie an: beiden 
ı die an der einen durch @” 8” ausgedrückte Lage erhält, 
ufs ihre Bewegung die entgegengesetzte werden, also die 
'hung in Abstofsung übergehen, und umgekehrt. Dals der 
les Centralpunctes des Magnetismus in der Nadel die Ent- 
ng bestimme, wie: weit die Nadel vorgerückt werden 
, um die entgegengesetzte Wirkung zu erzeugen, versteht’ 
ron selbst?. 
}. Wenn man den Leitungsdraht der Elektricität in einer 
>ntalen Ebene vor der Spitze einer Magnetnadel so hin- 
dafs die Axen beider lothrecht auf einander gerichtet sind, 
rd eine auf einer Spitze balancirte Nadel nur einige Unruhe’ 
n können, eine am ungezwirnten Seidenfaden hängende 
oder eine Inclinationsnadel wird sich aufwärts und ab- 
bewegen, und zwar folgt aus No. 2, dals die Bewegung 
irts gerichtet seyn mufs, wenn der Kupferpol sich im Osten- 
let, der elektrische Strom also in westlicher Richtung, vor 
Nordpole vorbeiströmt, dagegen abwärts, wenn der Ku- 
ol sich im Westen befindet, und die Elektricität von hier 
Osten hin vor dem Nordpole vorbeiströmt. Beim Südpole 
adel ist die Bewegung die entgegengesetzte, wie sich die« 
on selbst versteht. Die Erscheinung selbst folgt nothwen- 
as dem allgemeinen oben angegebenen Grundgesetze des 
romagnetismus, indem die aufwärts und abwärts gerichtete 
gung nur einen Theil des Umlaufens des Poles um den- 
nischen Leiter ausmacht. 





Die freie Umkreisung eines magnetischen Poles um den galva- | 
n Verbindungsdraht und die damit verwandten Erscheinungen 
ehe ich hier.. Man findet sie unter III. C. No. 9 und fl. 
















518 Elektromagnetismus 


7. Ist der elektrische Leitungsdraht in der angegebenen, 
mit dem magnetischen Meridiane einen rechten Winkel bilden- 
den Richtung über oder unter der Spitze einer Magnetnadel hin- 
geführt, so fallen zuvörderst alle Bewegungen der Declinations- 
nadel in einer horizontalen Ebene von selbst weg, weil kein $ 
diese erzeugende Kraft vorhanden ist; bei den in einer verta- 
len Ebene beweglichen Nadeln dagegen wird die Bewegung un 
so mehr abnehmen , je weiter der elektrische Leitungsdraht sch 
von der Spitze nach der Mitte hin entfernt, und in der Mitto 
derselben, oder vielmehr schon vor derselben da verschwinde, 
wo die stets abnehmende magnetische Kraft der Nadeln =(0 win. F 
Dieser Satz hat seinen Beweis gleichsam in. sich selbst, vorus 
gesetzt, dals sich der Leitungsdraht nicht in beträchtlicher Ente fi 
fernung von der Oberfläche der Nadel befinde, i 


8. Es lassen sich der Vollständigkeit wegen noch die mar 
nigfaltigen Modificationen betrachten, welche die erwähre 
elektromagnetischen Erscheinungen erleiden, wenn der l# 
tungsdraht mit den Magnetnadeln verschiedene Winkel bik 
Um hierüber nicht zu ausführlich zu seyn, mögen nur dir f” 
gen Fälle betrachtet werden, welche bei Magnetnadeln stati 
den, die zugleich dem Einflusse des tellurischen Magnetisme FF 
unterliegen, wobei also das weit leichter folgende Verhaltend@ fr: 
astatischen Nadeln ganz unberücksichtigt bleibt. Zur leichter fë: 
Uebersicht mögen ferner zuerst das Verhalten der Declination ff 
nadel zur Untersuchung kommen. Die Scheitel der Winkel, für 
welche der elektrische Leiter mit diesen bildet, liegen entwt- fü: 
der im Nlittelpuncte der Nadel oder an ihrer Spitze. Rücksicht wn 
lich der ersteren liegen folgende Erscheinungen unmittelbar bå fèn 
der Sache. \Venn der elektrische Leiter zuerst in einer vet | 
calen Ebene und parallel mit der Axe der Nadel über derseba Hl 
hingeführt ist, so wird die Nadel eine der elektrischen Wid- | 
samkeit proportionale Abweichung erhalten, welche eine & f 
liche seyn möge. Folgt man demnächst der Nadel mit demle 
ter, die Drehungsaxe im Centro derselben angenommen, # 
muls die Nordspitze durch O. bis S. getrieben werden, und sr “ 
bald sie über diesen Punct hinausgekommen ist, wird sie 
Bestreben äufsern, wieder nach N. zurückzukehren, woran # 
indefs durch die Einwirkung der andern Seite des Drahtendes;t 
hindert wird, indem diese die Nadelspitze -nach der entgegf" 


ti 


Wirkung auf den Magnet. 519 


ietzten Seite sich zu bewegen sollicitirt. Den Winkel, wel- 
ın die Nadel mit dem ihm folgenden Drahte bildet, für jede 
ıhtang einzeln zu bestimmen, würde sehr weitläuftige Rech- 
ngen erfordern , anfangs aber wird derselbe demjenigen gleich 
n, in welchem die Nadel unter dem Leiter bei geschlossener 
tte zum Stillstande kommt. Insofern aber der Leitungsdraht, 
nn man die Richtung des elektrischen Stromes vom Beobach- 
aus fortschreitend annimmt, den Nordpol der Nadel von der 
hten Seite her anzieht, unter sich fortführt, und nach der 
ken Seite hin abstölst, so. folgt aus mechanischön: Gesetzen 
Allgemeinen, dafs sowohl die anziehende als auch die ab- 
[sende Kraft des Leitungsdrahtes .mit der Gröfse des Winkels 
ıehmen wird, welchen die Nadel mit ihm bildet. Bei schwa- 
er Elektricität: kann auch dieser Winkel leicht eine solche 
ölse erhalten, dafs die Wirkung gänzlich verschwindet, ist 
er die elektrische Strömung stärker, danh kommen noch son= 
ge Bedingungen hinzu, welche die Erscheinungen abändern: 
findet sich nämlich die Magnetnadel im magnetischen Meri- 
m, der Leiter über derselben, wir wollen annehmen, die _ 
‘ömung sey von NO. nach SW, gerichtet uud gehe über dem 
ttelpuncte der Nadel hin, so wird der in NO. befindliche 
weil den Nordpol anziehen, der in SW. dagegen den Südpol 
ehen. Beide Kräfte werden im Minimo ihrer Wirksamkeit 
n, wenn der Leitungsdraht lothrecht auf die Axe der Nadel 
ichtet ist, oder die Strömung von O. nach W., geht. Wirk- 
nun die magnetischen Kräfte der Nadel blofs in der Rich- 
8 ihrer Axe, die des Leitungsdrahtes in einer auf seine Axe 
malen Richtung, so mülste die Nadel dann zum Stillstande 
umen. Beides ist aber nicht der Fall, und obgleich’ bei der 
'egebenen: Lage die ganze rechte Seite des Leiters den Nord- 
> die gänze linke dagegen den Südpol anzieht, also bei voll- 
amen lothrechter Richtung die Summen dieser gleichen Kräfte 
à aufheben mülsten, so ist doch ein solches Gleichgewicht 
rsisch unmöglich, vielmehr muls bei der geringsten Abwei- 
ung von dieser genau perpendiculären Richtung eine Bewe- 
1g des Nordpoles der Nadel entweder durch O. oder durch 
. anfangen, und dann wird sie nicht früher zum Stillstande 
nmen , als bis sie völlig umgekehrt ist, wobei die linke Seite 
i Leiters auf den Nordpol, die rechte auf den Südpol dersel- 
x abstolsend wirkt. Hiermit stimmt die Beohachtung voll- 


520 .. Elektromagnetismus 


‚ kommen überein!. Eş scheint mir überflüssig, die hieraus noth- 
wendig horvorgehende Folgerung eben so ausführlich zu entwik- 
keln, dafs bei der Richtung des elektrischen Stromes vom ma- 
- gnetischen W. nach O. oberhalb der Nadel gar keine Bewegung 
derselben erfolgen kann, auch bedarf es kaum der Erwähnung, 
dals die Wirkungen des Leiters die entgegengesetzten. sind, 
wenn er unter- der Nadel hingeführt ist. Hiermit übereinstin- 
mend ist dann auch das von SEEBEGK ? beobachtete Phänomen, 
dafs ein auf Quecksilber schwimmender Magnetstab unter dem 
galvanischen Leitungsdrahte sich mit seinem Indifferenzpuncte 
einstellt. . 

Bildet dagegen die Spitze der Magnetnadel mit dem Lei- 
tungsdrahte einen Winkel, so kommen unter den verschiedenen 
möglichen Lagen der Axen des Drahtes und der Deelinations- 
nadel zynächst. nur diejenigen in Betrachtung, wobei die Na- 
delspitze unter oder über dem Leitungsdrahte sich befindet, und 
die Axen der Nadel und des Drahtes in einander parallelen ho- 
rizontalen Ebenen liegen. . Ohne über diese und die sonstigen 
Fälle in weitläuftige Rechnungen einzugehen, ergiebt sich bald, 
dals für die angegebene Lage die Stärke der Bewegung derGt- 
fse des Winkels umgekehrt proportional seyn, und bei 90° væ- 
schwinden wird. Alle übrigen Erscheinungen folgen dann vor 
selbst, wenn man nur die Richtung vor Augen hat, in wel- 
eher die Nadelspitze um den elektrischen Leiter zu laufen sol- 
licitirt wird, weswegen diese Aufgabe keine weitere Untersu- 
chung der einzelnen, unter sie gehörigen Fälle bedarf. Eben 
so wenig würde es sich der Mühe belohnen, das Verhalten 
‘ der /nclinationsnadel für die verschiedenen Winkel einzeln an- 
zugeben, welche der Leitungsdraht mit ihr bilden kann, die 
Scheitel derselben gleichfalls in der Drehungsaxe der Nadel lie- 
gend oder mit ihrer Spitze gebildet angenommen. Man daf 
nämlich nur berücksichtigen, dafs bei dieser Nadel nur diejeni- 


gen Winkel in Betrachtung kommen, welche in verticalen Ebe- 


nen liegen, und nach der Voraussetzung, dals die Wirkungen 
des elektrischen Leiters in seinem ganzen Umfange einander 
gleich sind (nach No. 2) mit denjenigen zusammenfallen, welche 





1 Vergl. Pfaff a. a. O. S. 38 u, 215. Bechstein bei G. LXVI. 
371. "Gilbert ebend. LXVI. 831, A, van Beck bei G. LXVIIL 306. 
2 Schweigg. Journ. XXXI 30. ` 


1 





Wirkung. auf den Magnet. 521 


ben für die Declinationsnadel in einer horizontalen Ebene 
gewiesen sind, 

Bıor hat endlich auch den Fall untersucht, wenn statt eines, 
echt vor der. Spitze der Magneitnadel herabgeführten 'Leiters.65. 
in in einem gewissen Winkel a uy gebogener dieselbe be-. 
© Das Resultat dieser mit grolser Sorgfalt angestellten Ver- 
e ergab, dafs die bewegende Kraft allezeit dem Winkel der 
ung proportional ist, dafs folglich die Biegung an sich auf 
Wirksamkeit eines jeden einzelnen Elementes des galvani- 
n Leiters keinen Einflufs hat. Es lassen sich hiervon An- 
Jungen auf die Gesammtwirkung der wiederholten Win- 
-en bei den Multiplicatoren machen 2. 


9. Die Stärke der elektwomagnetischen Wirksamkeit eines 
anischen Leiters wird: durch die Gröfse des Winkels‘ be- 
mt, bis zu welcher er die Nadel anzieht oder abstölst?. Eine 
ae Messung kann aber nur für diejenigen Fälle statt finden, 
enen die Nadel zum Stillstande kommt, indem die Oscil- 
men, welche dieselbe beim wiederholten Oeffnen und Schlie- ` 
des Kreises macht, kein -eigentliches Mals angeben, und: 
ı schwache Apparate bei gehöriger Geschicklichkeit des Ex- 
mentators die Nadel leicht durch einen ganzen Kreis her- 
shleudern. Weil aber die Elektromotoren ihre Kraft nicht ° 
die Dauer behalten, und man sie nicht mit Sicherheit von 
rw bestimmten Stärke erhalten kann, so läfst sich auf diesem 
ze das Gesetz der magnetischen Abstolsung nicht ohne be- 
ende Schwierigkeiten auffinden. Inzwischen hat: G. G. 
mınr * aus eigenen sinnreichen Versuchen, indem erin mög- 
st kurzen Zwischenräumen zuerst den Abstolsungswinkel 
Declinationsnadel und dann der Inclinationsnadel mals, des- 
zhen aus. der Berechnung der früheren Versuche von Gıt- 
x und vorzüglich von BEecusteın folgendes Gesetz abgelei- 
„die mittlere Richtung der absto/senden oder anziehendan. 
"aft eines elektrischen. Stromes auf die Magnetnadel geht 





L Vergl. Pfaff der Elektromagnetismus u. s. w. S. 38. 
2 Biot Précis élémentaire de Physique. II. 740. 
3 Berechnungen der abstofsenden Kraft des elektrischen Leiters, 
lichen mit der des tellurischen Maguetismus von Kasura . Sr. 
weigger Journ. XXXVIII. 100. 
4 G. LXX. 249.. 

Aa 


I . d t 
4 ` 






















322 ‚Blektromagnetiemas, A 


„.perpendiculär von der Richtung- des Stromes nach de Faia 
s len der Magnetnadel, und steht im verkehrten Ve | 

. «mdrr perpmdiclaien Aietäindn de Iromas von dei Pih 
. „Magnetnadel.“ Dieses Gesetz; ‚welches -auch F 
‚ aus ‘den oft erwähnten Seebsck’schen Versuchen Kndt, 
\ und Savanr aber aus din Schwingungsseiten von Mage 
‚ deln in verschiedenen Abständen vom Schlieflsungsdraktrd 
teten? / hat Somuupr später aus dem anderen gefolgent, „d 
„Jeder einzelne. Punct des elektrischen Stromes die Poli d 
| ss Magnetnadel: im verkehrten J erhālinisso der Quadras 4 

5 ernungen añsioke oder abstofse®.. >- 

Auch BınLow will dieses Gesetz durch seine Verdi 
mit Hanr’s Calorimotor bestätigt gefunden ‚haben, dita 
aber so aus, dals die eigenthümlichė. Wirksamkeit der} 
tätigen Potenzen näher bezeichnet wird, els wozu uns dis 

. suche bis jetzt berechtigen: Er nimmt nämlich an, dab jili i 
Theilchen des galvanischen' Flaiti: -im - leitenden Draig ii 
: jedes, Partikelchen des magnetischen Fluidi in der Nudel Și 
‘einer dem Quadrate der ‚Entfernung umgekehrt proporsilß fi 
Kraft wirke, jedoch weder anziehend noch abstolsend, sis. | 
mit einer in beiden Flüssigkeiten ‘reciprok wirkenden Tafi 
. tialkraft, welche die Pole derselben in einem, rechten Wild 9 
unter einander und mit dem berührenden Puncte’bewestt, - 
Bıor und Savant? untersuchten nicht blofs die Stike de 
magnetischen Wirksamkeit, welche ein massiver galvanis nise 
Leiter gegen eine horizontal schwebende Magnetnadel i jay 
schiedenen Abständen äufsert, und verglichen diese td We 
‚kung des tellurischen Magnetismus, sondern sie fanden a 
eine kupferne Röhre von 43 Millim. Durchmesser bei dem nish $ 
lichen Elektromotor wirksamer als einen massiven Draht %8 
0,84 Millim, Durchmesser, und zwar im Verhältnifs von 1,253 
1, entweder weil eine Röhre zur Erregung des Magnetisati 


t 


1 G. LXX. 178. 
2 Biot Précis: élémentaire de physique exp. Par, 18%. IL M. 
Vergl. G. LXVI. 892. - - 
8 Dieses nämliche Gesetz fand La Prace aus den Versuche 
- von Bior und Savant. S. Biot a. a. O. S. 741. | 
4 Edinburgh Phil. Journ. VII. 281. Vergl. unten IV. D. $. 
5 a.a. 0. 8. 73. “ ' 


Wirkung auf den Magnet. 523 


licher ist, oder wahrscheinlicher weil sie die Elektricität in 
serer Menge durchleitet. 
Da die absolute'Gröfse des Winkels , bis zu welcher die 
netnadel durch den elektrischen Leiter ab gestolsen wird, 
Stärke des erregten Magnetismus proportional ist, letztere 
von der elektrischen Wirksamkeit der gebrauchten Appa- 
abhängt, so hat man sich dieses Mittels vielfach bedient, 
Jie elektrische Thätigkeit der angewandten Elektromotoren 
die Leitungsfähigkeit der gebrauchten Flüssigkeiten wie 
ı der die Metalle verbindenden Leiter zu erforschen. Alle: 
e Untersuchungen gehören aber nicht hierher, und werden 
sy nur beiläufig erwähnt. | 
Die äbsolute Entfernung , bis auf welche die Verbindungs- 
te mächtiger Elektromotoren ihre Wirkungen auf die Ma- 
nadel fortpflanzen, ist unglaublich grofs. Sersecr hat, so- 
mir bekannt ist, bishero die gröfste Weite beobachtet, in- 
er bei einem Abstande von 10 F. noch eine Abweichung 
Magnetnadel bis 4 Grade betragend wahrnahm, und es lei- 
keinen Zweifel, dafs größere Apparate ihre Wirkungen 
t weiterhin ausdehnen. 
10. Es folgt aus den bisher angegebenen Erscheinungen 
selbst, dafs die Wirkung des galvanischen Leitungsdrahtes 
die Magnetnadel verdoppelt werden muls, wenn man den- 
en zuerst über der Nadel parallel mit ihrer Axe hinführt, 
n umbeugt, auf gleiche Weise rücklaufend unter der Nadel 
zjeht, und so beide Enden mit den beiden heterogenen Me- 
:n des Elektromotors verbindet. ScHkweıcser?, und, durch 
> Andeutung von diesem geleitet, Pocsennorr? benutzten 
ses Mittel zur Verstärkung der elektromagnetischen Wirkun- 
durch den elektromagnetischen Multiplicator. Die Con- 
ction dieses höchst wichtigen Werkzeuges ist auf das eben 
egebene einfache Princip gegründet, dafs der zurücklaufende' 
ranische Leitungsdraht auf die entgegengesetzte Seite der 





1 Schweigg. Jour. XXXIIL. 31. Berliner Denksch. a. a. O. 8. 308. 
2 Joum. XXXI. 1 f. XXXII. 47. | Ä 
8 Erman Umrisse zu den physischen Verhältnissen des von H. 
Jersted entdeckten elektrochemischen Magnetismus. Berl. 1821. 8. 
105. Vergl. G. LXVII. 429. Es leidet keinen Zweifel, dals 
weıccer der eigentliche Erfinder des Multiplicators sey. 











524 Elektromagnetismus, 


Magnetnadel bei gleichem Abstände eine hinsichtlich der Rid 
tung und der Stärke gleiche Wirkung hervorbringen mi, 
Könnte man den gplvanischen Leitungsdraht auf gleiche Was 
und in gleicher Entfernung von der Axe der Nadel nochnk $ 
um dieselbe herumführen, so mülste die ursprüngliche einfıche 
Wirkung jetzt abermals verdoppelt oder durch abermalige Zu, 
rückführung im Ganzen vervierfacht werden; allgemein aber gie 
ben dann n Windungen des galvanischen Leitungsdrahtes ese 
2n fache Wirkung, die des einfachen über oder unter der Ne 
del hingeführten Leiters als Einheit angenommen. Aus. di 
allgemeinen Darstellung ergiebt sich, dafs das angegebene Væ- 
fahren nur bei Elektricität von geringer Spannung anzuwends 
sey, weil jede einzelne \Vindung des Leitungsdrahtes isit fi 
seyn mufs, damit sie nicht mit der neben oder über ihr liege; 
den einen gemeinschaftlichen Leiter, und somit ein einfach 
leitendes Element bilde; dafs aber zugleich, unter der bir f 
gung einer möglichen Isolirung, die Zahl der Windunga®- fy 
nehmend vermehrt werden kann, wodurch dann eine dii 
proportionale Vervielfachung der elektromagnetischen Wis 
kejt mit gehöriger Rücksicht auf die nothwendig vergrößerulk _ 
fernung der vermehrten \Vindungen von der Nadel gegeben 
Hieraus folgt indels von selbst, “dafs der Multiplicator die dë- $ 
tromagnetischen Erscheinungen weder abändert noch im eigen 
lichen Sinne eigenthümlich modificirt, sondern lediglich ve 
stärkt, und hierdurch die wegen ihrer Kleinheit sonst nicht 
wahrnehmbaren wahrnehmbar macht. Sofern aber die elekto- 
magnetischen, Erscheinungen blols Folge der erregten Blektr- 
cität sind, so müssen die kleinsten Spuren der ersteren auch en fi 
Vorhandenseyn der letzteren anzeigen; der Multiplicator tit | 
somit aus der Sphäre des Zlekiromagnetismus heraus, ud 

zu dem feinsten bis jetzt bekannten Elekıroskope für galvos- 
sche Elektrieität. Aulser der Angabe des Princips, worauf der- 
selbe beruhet, gehört also die vielfache Anwendung desselbe fy 
unter den Artikel Galvanismus, die verschiedene, mehr oder 
minder zweckmälsige Construction desselben wird aber besor- 
ders angegeben werden, nebst einer Untersuchung über & ft 
durch denselben zu erhaltende Verstärkung der elektromag: 
schen Kraft eines gegebenen Elektromotors®, Unter die ä 


1 S. Multiplicator , elektromagnetischer. 


Wirkung auf den Magnet, 595 


. Apparate gehören Faranay’s Ring, die Spiralen, schrau- 
örmigen Windungen u. s. w. 

11. Eine dem Multiplicator ähnliche, und gleichfalls nicht 
teressante Form erhielt der galvanisch - elektrische Leitungs- 
t durch Amrine. Dieser ging hierbei von seiner gleich 
ıgs aufgestellten Theorie aus, wonach im elektromagneti- 
n | Leitungsdrahte die polare Richtung des Magnetismus auf 
elektrischen Strom normal gerichtet seyn soll. Um daher 
Polarität dieses Leitungsdrahtes zu verstärken, bog er den- 
»n von einem Puncte ausgehend durch mehrere Windungen 
ner in einer geraden Fläche liegenden Spirale mit gleichem 
ande der Windungen von einander. Ist der hierzu ge% 
te Draht etwas stark und die Zahl der‘Windungen nicht 
‚so erhält sich die Spirale in der geraden Fläche und ohne 
hrang der einzelnen Windungen durch die Steifheit des 
tes. Man kann aber auch nach v. ALTHAUS? eine kreis+ 
? Scheibe von Pappe mit Siegellack überziehen, durch den 
Ipunct derselben den gewählten Draht stecken, am besten 
erdraht, welchen man unter dem Namen des unächten Sil- 
@htes mit einem dünnen Ueberzuge von Silber erhält, letz- 
aber durch Ausglühen und Abreiben mit etwas Kreide und, 
x oder auch darch blofses Abreiben fortschafft, wenn man 
3 wünscht, dann denselben um dieses Ende in spiralfsrmi- 
WVindungen, etwa eine Linie von einander abstehend, her- 
hren, bis die ganze Kreisfläche auf solche Weise überspon- 
st, endlich aber die an keiner Stelle sich berührenden \Vin- 
en sämmtlich durch ein heilses Eisen in. das Siegellack ein- 
ten. Am besten kann man sich, wie ich glaube, diese in- 
santen Apparate auf folgende Weise verfertigen. Mannimmt 
senannten Silberdraht von 0,1 bis etwa 0,2 Lin. Dicke, oder 
stärker, wenn man bei der Anwendung grolser Elektromo- 
ı das Glühen vermeiden will, lälst diesen.mit Seide über- 
ıen, biegt ihn einige Fufs vom einen Ende recht winklich 
windet mit Hülfe einer Spitzzange um diese Biegung die 
Windung, und befestigt sie an ihrem Ende vermittelst 

seidenen Fadens, fädelt diesen in eine Nähnadel, und 
— 

G; LXXT. 158, 

Versuche über den Elektromagnetismus u. s. w. Heidelb. 1821. 









598 Elektromagnetismus, - 


während. man fortfährt, um diese erste Winding die folsenda 
zu biegen, so befestigt man sie an einander durch Umschinsn 
des Seidenfadens. Hat man auf diese Weise eine hinlänglics 
Menge \Vindungen hergestellt, so wird ein Messingdraht va F 
0,5 bis 1 Lin. diok in einen etwa eine Linie grölseren Kreis ge ff 
bogen, als welchen dje Scheibe einnimmt, an den zusammen 
stolsenden Enden zu einem Ringe zusammengelöthet, die Scheibe; 
vermittelst Seidenfäden dazwischen ausgespannt, das letzte Enb $ 
des Nssponnenen Drahtes aber nach Zwischenlegung eines Stid- i 
chens Seidenzeug am Ringe festgebunden. Das erste Ende da 
Drahtes kann freihängend bleiben, für einige Versuche be 
muls dasselbe, um seinen Einfluls gegen den der Scheibe ve- | 
schwinden zu machen, auf die letztere herabgebogen, win ff 
dem .messingenen Ringe dem letzten Ende diametral gegmibe FF 
fest gebunden werden. Diese Verfertigungsart ist etwaslaug F 
wierig, allein da die einzelnen Windungen nur so weit wm 
einander abstehen müssen, dals zum Umschlingen des Sad | 
fadens die Nadel bequem durchgesteckt werden kann, wi 
sich auf diese Weise in-einer nicht übermälsig grofsen Sc 
eine sehr bedeutende Anzahl Windungen vereinigen, awit 
der umgebende Messingdraht beiScheiben von 2 bis 3 Z. De 
messer überflüssig, und kann unbedenklich nicht übersponzet 
Draht gewählt werden, wenn man die einzelnen \Vinduna 
desselben durch eine hinlängliche Menge Umschlingungen da 
Seidenfadens hinlänglich trennt. ~ 
Von den Erscheinungen, welche diese Spiralscheibe dır- Ẹ 
bietet, können hier nur die Wirkungen derselben auf die Me f 
gnetnadel erwähnt werden. Diese lassen sich insgesammt kuns F 
zusammenfassen, wenn man sagt, dafs die Spiralscheibe dur f 
den galvanischelektrischen Strom an ihren beiden Flächen ente 
gegengesetzt magnetisch wird, oder einen zweipoligen Maget 
darstellt, indem.ihre Polarıtät vom Rande an nach der Mitte 
hin wächst, und im Mittelpuncte selbst das Maximum ihrer Ín- 
tensität erreicht. Mag dieselbe daher horizontal niedergelegt, 
oder vertical aufsehangen werden, und wie man dieselbe im 
beiden Lagen auch um ibr Centrum bewegt, stets wird die eine 
Fläche derselben nördliche, die andere dagegen südliche Pol- 
rität zeigen, so lange der Strom der Elektricität der naämliche 
bleibt. Denkt man sich übrigens die Scheibe der leichteren 
Vorstellung wegen in einer durch den magnetischen Meridian 


Wirkung auf den Magnet. 527 


‘echten Ebene aufgehangen, die elektrische Strömung vom 
Fer ausgehend von Norden nach Süden durch die äulserste 
dung gehend und sofort. zuletzt dem Zinkpole wieder zu- . 
aend, so wird die nach Osten gerichtete Fläche nördliche, 
ntgegengesetzte aber südliche magnetische Polarität zeigen, 
igens ist die letztere auch bei kleinen Elektromotoren, z; 
em mehrgenannten kupfernen Kasten, so stark, dals die 
ibe von Osten nach Westen, also auf die magnetische Mit- 
inie senkrecht gerichtet, fein balancırte 3 bis 4 zöllige 
aetnajleln ganz umkehrt, und deren Spitze i in ihrem Mittel- 

te festhält. 

12. Seesecx t hat eine ganz eigenthünliche Wirkung des 
nischen ‚Leitungsdrahtes auf die Magnetnadel beobachtet, 
he späterhin von andem, 80 viel ich ‚weils, nicht ‚weitet p; g- 
esucht ist. Werden die beiden Elemente des einfachen 66. 
aschen Apparates Kupfer und Zink durch eine Flüssigkeit 
tennt, und dürch einen mitten über die Zinkplatte paral- 
ait ihrer Ebene hingeführten Metalldraht geschlossen, die 
tung desselben von Nord nach Süd angenommen, so wird, 
Nadel unter ‘diesen Draht gestellt mit ihrem-Nordpole bstli- 
Abweichung zeigen, welche in dem Verhältnisse abnimmt, 
nah sich weiter vom Leitungsdrahte entfernt. Stellt mas 
Nadel über den Draht, so ist die Abweichung westlich, 

nt ab, wenn man die Nadel in eine gewisse Entfernung vom 
ıngsdrahte bringt, wird endlich O und geht in östliche Ab- 
hung über. Je näher die horizontale. Ebene, worin man 
adel östlich und westlich bewegt, dem Leitungsdrahte liegt, 

‚ kleiner ist nach beiden Seiten. desselben die Fläche, in- 
alb deren die Declination westlich bleibt. Zieht man durch. 
nigen Puncte, in denen die Declination verschwindet, eine. 

+, so gleicht diese einer Hyperbel. Seeseck leitete die. 
che dieser Erscheinung aus der Einwirkung der gleichfalls: 
romagnetische Wirkungen zeigenden oberen Zinkplatte ab, 
fand auch, dafs die zwei Elektromotoren, wenn sie durch.gg 
Flüssigkeit getrennt und durch einen metallischen Bügel a 
ınden sind, ähnliche Wirkungen, als ein elaktromagne- 


sr Leiter zeigen. 


Fig. 





Abhandl. der Berl. Akad. Jahr 1820 ~=21. 8. 289. Schweigg. . 
. XXXU. 31. 















528 - Elektromagnetismus, 


Diese Erscheinungen, welche Sereseck mit seinem be- 
kannten Scharfsinne der von ihm aufgestellten Theorie genih 
zu erklären sucht, schienen mir viel zu wichtig, als dafs id 
sie für den Zweck der vorliegenden umfassenden Untersuchug 
dieses schwierigen Gegenstandes nicht hätte wiederholen s 
len. Ein so grofser Apparat, als der von Sreuecx geb 
stand mir dabei zwar nicht zu Gebote, allein die Wirkung de 
meinigen war gewils stark genug, um die Frage eben si 
cher als vollständig zu entscheiden. Serszecx’s Appat 
nämlich bestand aus einer einzigen Kupfer ~ und einer Zi 
Platte, jede 5,3 Quadratfuls haltend, und durch eine A 
von Kochsalz und Salmiak, oder durch verdünnte Schweid 
säure, verbunden; dagegen hatten die von mir geb 
Platten nur 18 Par. Zoll Seite, allein die Flüssigkeit, wot 

' die zwischenliegende Tuchscheibe stark getränkt war, besal $ 
aus einer Mischung von Salpetersäure und verdünnter Sc’ 
felsäure. Zur Sicherheit lag die untere Kupferscheibe aufm 

- isolirenden Glastafel, und die Zinkscheibe wurde zur Vese fi 

pig, kung des Effectes vermittelst schwerer Gewichte angehiik 
6 Der “Draht ba von Messing und 0,2 Par. Lin. im Durciasr t 
haltend, wurde durch einen Gehülfen straff angezogen, nii 
er überall etwa eine Linie von der Fläche der Zinktafel abstak 
Dabei schien es mir besser, ihn nicht unmittelbar und bleibal # 
auch mit der Kupferplatte zu verbinden, sondern bei y stand da È 
kleines Gefäls mit Quecksilber, in welches der am Kupfer fest- 
gelöthete Draht bleibend herabging, der an die Zinkplatte bäb 
angelöthete aber abwechselnd eingetaucht wurde, um die Wi 
kung desselben bei offener und geschlossener Kette zu beoback 
ten. Als ich auf den Verbindungsdraht eine 3 Z. lange, wd 

_ einer 0,75 Z. hohen Spitze schwebende Magnetnadel stell 
war die westliche Abweichung so stark, dafs die Nadel beit 
Schliefsen der Kette einigemale in einem ganzen Kreise umlid 
In einiger Entfernung östlich und westlich vom Verbindung 
drahte hörte indels die Wirkung auf, ich glaubte auch die er 
wartete östliche Abweichung zu entdecken, allein als ich mid 
bemühete, die Ordinaten der durch SEEBECK gefundenen Curt 
genau zu messen, wurden die Erscheinungen so abweichen 
und regellos, dafs ich nach einigen vergeblichen Bemühunges 
den Gebrauch der auf der Spitze balancirten Nadel aufgab, wd 

'gich einer 4 Z. langen, an einem ungezwirnten Seidenfade 


Wirkung auf den Magnet. 529 


ncirten, in einer Glasglocke herabhängenden, . bediente. 
rmit wurde die Sache bald klar, und es zeigte sich mit einer 
' alle Zweifel erhabenen Gewilsheit, dals hierbei blofs der 
ungsdraht ba wirksam sey. Ueber. diesem zeigte die Nadel 
siner ganzen Länge und mit einiger. nach a hin zunehmen- 
Stärke die regelmäfsige westliche Abweichung, in einer 
ernung von demselben sowohl östlich als westlich fing aber 
verticale Bewegung der Nadelspitzen, dort der nördlichen, 
der südlichen, an, und wurde in 2 Z. Abstand so stark, dafs 
Spitzen auf der Zinkscheibe fest zu hängen schienen. In 
seren Entfernungen war das Herabziehen schwächer, aber 
ıunverkennbar, und hier traten dann, allerdings die leichte- 
horizöntalen Schwingungen ein, welche.obne genauere Be- 
ıtschaft mit diesen Erscheinungen allenfalls für östliche Ab- 
hungen gehalten werden konnten. 
Dals die Sache sich genau so verhalte, wie sie hier ange- 
n ist, wird jeder finden, welcher die Versuche zu wieder- 
n sich geneigt fühlt. Ob bei Sezrsecx’s Versuchen die öst- 
und westlich vom Leitungsdrahte gestellte Magnetnadel viel- 
t unter die horizontale Ebene des Leitungsdrahtes gekom- 
sey, und daher östliche Abweichung gezeigt habe, wage. 
aicht zu bestimmen, allein ich bin mehr geneigt, dieses zu 
ben, als der Zinkplatte einen die Wirkungen des Leitungs- 
utes störenden. Einfluls beizulegen, auch kann ich mir nicht 
ken, dals der Draht in der Zinkplatte eigenthümlichen, und 
ı seinigen entgegengesetzten Elektromagnetismus hervorge- 
n haben sollte; wenigstens würde dieses mit allen bisheri- 
Erfahrungen im Widerspruche stehen. Dürfen wir aber 
es nicht annehmen, so zeigen die folgenden Versuche, dals 
Volta’schen Platten, mindestens die Zinkplatte, zwar eini- 
„ aber einen fast verschwindenden Elektromagnetismus an- 
men, und es ist überhaupt noch zweifelhaft, ob ein solcher 
rall in ihnen erregt wird. 
Um dieses zu prüfen, bauete ich den Apparat nach der zweing: 
‚ durch SeeBeck angegebenen Art auf, jedoch gleichfalls 68. 
der Abänderung, dafs "der Draht æ aus zwei Theilen be- 
d, welche von der Zink- und Kupferplatte ausgehend in 
kleines Gefäls mit Quecksilber gesenkt wurden. Diesesmal 
‚and der Verbindungsdraht aus Kupfer (unächter Silberdraht\ 
Par. Lin. Durchmesser haltend, und der Strom der Elek 
I. Bd. Li 


530 Elektromagnetismus, 


cität war so stark, dafs ich den Draht anfangs wegen zu grofser | 
Hitze nicht mit blolsen Fingern berühren konnte. Die Länce 
des vom Zink ausgehenden Endes betrug 4,5Z., des an das Ku- 
pfer gelötheten 1,5 Z., und in der Biegung war die Hitze um : 
stärksten. \Vurde die an dem Seidenfaden aufgehangene Na- 
del auf die Zinkplatte herabgelassen, so zeigte sich an der Nord- 
seite derselben allerdings eine starke Abweichung, allein | 
konnte bald wahrnehmen, dafs diese Wirkung durch den Eim- 
fluls des Verbindungsdrahtes erzeugt wurde, denn sie änderte 
sich nach der Richtung, in welche dieser gebogen wurde, und 
verschwand schon, wenn die Nadel iiber der Mitte der Scheibe i 
schwebte, und der Draht in der Richtung von Osten nach We- . 
sten horizontal gebogen, und rückwärts laufend in das Qued- | 
silber gesenkt wurde. Um eine noch feinere Messung zu er- 
halten, nahm ich eine höchst empfindliche, aus einer Uhrfede 
möglichst dünn geschliffene, 2,25 Z. lange und in der Mite 
4 Lin. breite, an einem Spinnfaden aufgehangene Nadel von de 
Art, wie v. YzLıw sie bei seinen thermo - elektrischen Ve 
chen gebraucht. Diese zeigte denn allerdings über der game 
Oberfläche der Zinkscheibe, auch an der südlichen, vomfe 
bindungsdrahte am weitesten entfernten Seite unverkemiet | 
Abweichungen, welche aber nicht mehr als etwa 5 Gradebe | 
trugen, und so dafs wegen der beim Schliefsen der Kette m- 
vermeidlichen Erschütterung kaum genau unterschieden werden | 
konnte, ob die Abweichung östlich oder westlich war, auc 
läfst sich hiernach nicht bestimmen, ob sie durch die Platte ode 
durch den Schliefsungsdraht erzeugt wurde. Inzwischen bin id |. 
meinerseits durchaus nicht zweifelhaft, dafs Letzteres der Fall war. . 
13. Der Leiter der Elektricität bei einer gewöhnliche 
Elektrisirmaschine, welcher das elektrische Fluidum in einet 
bleibenden Strome entweder vom ersten oder vom zweiten Cor- 
ductor zur Erde überführt, oder. auch das Gleichgewicht zw 
schen beiden wieder herstellt, auch wenn derselbe durch eines 
Multiplicator verlängert und wirksamer gemacht wird, bring 
auf die Magnetnadel keine der bisher beschriebenen Wirkunga 
hervor. Viele Physiker haben Versuche hierüber gemacht, %8 §. 
umfassendsten sind diejenigen, welche C. H. Prarr? mit ein 









1 Der Elektromagnetismus. S. 184. Aehnliche von Szzsecr N 
Berlin. Denksch. a. a. O. S. 333. 


r 


Wirkung auf Stahl. 531 


hr kräftigen Maschine und unter verschiedentlich abgeänder- . 
2 Bedingungen anstellte, ohne das geringste Resultat zu er- 
lten. Indem nun die Gleichheit des Wesens beider Elektri- 
äten anderweitig genügend nachgewiesen ist, und auch son- , 
ge elektromagnetische Wirkungen durch die Reibungselek- 
cität hervorgebracht werden, so hat man sich viel bemühet, 
e Ursache aufzufinden, warum sie in dieser Form ganz aus- 
siben. Man könnte annehmen, der elektrische Strom durch- 
ıfe den Leitungsdraht zu schnell, um der Nadel die erforder- 
he Zeit zur Bewegung zu gestatten, allein hierin kann der _ 
und nicht liegen, indem Prarr in dem von ihm gebrauchten 
rahte allezeit noch einige Spannung der Elektricität antraf, die 
h dem sehr genäherten Finger in kleinen Funken mittheilte, 
ungeachtet der stattfindenden vollkommenen Ableitung. PrArr 
: vielmehr geneigt zu glauben, dafs eben die stärkere Span- 
ing der Elektricität die Wirkung hindert. Zur weiteren Er- 
uterung dieser Frage diene vorläufig Folgendest: Die Rei- 
angselektricität scheint mir dann der galvanischen am: nächsten 
t kommen, wenn sie in einer Flasche aufgehäuft einseitig ab- 
leitet wird. Deswegen lud ich eine Flasche von 3,5 Quadrat- 
[s Belegung, stellte eine an einem’ Spinnefaden aufgehangene 
ine Nadel auf einen Multiplicator von 120 Windungen, setzte 
ò eine Ende seines Drahtes mit der äufseren Mauer des Hau- 
sin leitende Verbindung, näherte die Spitze des andern ver- 
ttelst einer isolirenden 'Glasstange dem Knopfe der Flasche, 
d erhielt kaum wahrnehmbare, auf allen Fall 5° nicht über- 
ngende Abweichungen der Nadel, jedoch nur unter den gün- 
&sten Umständen und nicht allezeit sicher ?. 


Wirkung des elektrischen Leiters auf 
unmagnetischen Stahl und auf Eisen. 


Aus den im vorhergehenden Abschnitte mitgetheilten Er- 
heinungen geht sehr einleuchtend hervor, dafs dem verbin- 
zıden Metalle zweier Elektromotoren in Folge der durchströ- 
=nden Elektricität zwar ein Magnetismus eigenthümlicher Art, 
doch ein ganz eigentlicher und unverkennbarer mitgetheilt 
erde. Ist dieses wirklich der Fall, so muls der Verbindungs- 

1 Vergl. unten III. B. 18. 

2 Die weitere Erklärung $. unter Theorie. 


LI? 


532 Elektromagnetism us. 


draht aüch die beiden bekannten magnetischen Eigenschaften 
zeigen, dafs er Eisen oder Stahl anzieht, und letzteres magne 
tisch macht. Wird zuvörderst die erste Erscheinung allein be- $ 
rücksichtigt, so gehören bedeutend starke Elektromotoren daz, f 
wenn der Magnetismus im Leitungsdrahte so gesteigert werden 
soll, dafs ein wirkliches Festhalten des Eisenfeilicht erfolgt; fi 
indefs ist dieses Phänomen von so vielen Physikern beobachte, fi 
dafs die Sache selbst keinem Zweifel unterliegt, und die Resa- fi 
tate der verschiedenen Versuche verdienen hauptsächlich nır a 
sofern eine nähere Betrachtung, als die Erscheinungen entwe 
der durch ihre Stärke oder durch die erhaltenen individuele $: 
Figuren ausgezeichnet waren, und hiernach zur Begründıy fi 
einer angemessenen Theorie beizutragen vermögen. 


1. Anaso war wohl der erste, welcher bei seinen Vene 


Entdeckung machte, dafs der Schlielsungsdraht eine bedeutend 
‚Menge Eisenfeilicht anzog und gleich einem Magnete fest! 
‚Wurde derselbe in Eisenfeilicht getaucht, so belud er sidst 
demselben bis zur Dicke eines Federkieles, liefs es aber sjid 
‚wieder fallen, als er aufser Verbindung mit den beiden a 
der Säule kam, auch nahm die getragene Menge mit der Wik 
samkeit der Säule ab. Die Wirkung zeigte sich auch in eine | 
ger Entfernung, und war übrigens bei Drähten von Phin 

Kupfer, Silber, Messing völlig gleich. SEEBECK? beobachtet 
nicht blols das Anhängen des Eisenfeilicht überhaupt, sondem 
fand auch, dafs dasselbe um den lothrechten Draht concenti 
sche und über einander parallel liegende Ringe bildete, beig 
horizontalen Leitungsdrahte dagegen ordnete sich das Fisenfe 
licht über und unter demselben in kenntliche, mit der A9 
gleichlaufende Streifen. Aufserdem bewaffnete SEEBECK einet 
Schlielsungsdraht von einem quadratischen Querschnitte, der 
sen Seite 4,5 Lin. betrug, mit eben so breiten und 5 Z. langes 
Schienen von weichem Eisen, welche kleine Stollen hatte 
und dann vermittelst .eines Ankers 5,5 Drachmen, und bei Ar 
wendung eines Elektromotors, dessen Metalle jedes 31,5 Qu 





ee Te 


1 Ann. Chim. Phys. XV. 93. 


2 Berlin. Denkschriften. 1820 — 21. S. 289 fi. S. 297. Schweigf 
J. N. F. IL 30 Us 38. 


Wirkung auf Stahl. 533 


ıls hielt, 2 @. 2,5 Unzen trugen4. Erman? beobachtete 
ittelst seines Rotationsapparates das Bestreben des feinsten 
feilicht, durch die einwirkende Anziehung des Verbin- 
sdrahtes auf dasselbe sich in gewissen Figuren auf geglät- 
. Papiere zu lagern, welche er den durch Brucmans ver- 
lst eines parallel transversalen Magnetstabes erhaltenen ähn- 
and. Auch der von G. G. Scumipr gebrauchte Apparat? 
at nicht stark genug gewesen zu seyn, um am blolsen Lei- 
drahte Eisenfeilichtin gehöriger Menge festzuhalten ; brachte 
es aber auf einer Glasscheibe liegend unter ihn, so legte 
h zu beiden Seiten desselben an ihn an, und stellte sich 
ich senkrecht auf seine Richtung*. Auch Davy beobach- 
ıit am frühesten das starke Anhängen des Eisenfeilicht an 
dünnen Leitungsdraht der Volta’schen Elektricität in Mas- 
deren Dicke die des Drahtes bis auf das Zwölffache über- 
und in Linien, deren Richtung er der Axe des Drahtes pa- 
fand, 


‚ch selbst habe mit dem (oben II. A. No. 5.) beschriebe- 
\pparate das Anhängen des Eisenfeilicht an Drähte von 0,1 
5 Lin. Durchmesser oft und genau beobachtet, dabei aber 
von SEEBECK angegebenen Unterschied in der Wirkung 
horizontalen’und eines lothrechten Leiters nicht gefunden, 
de das Eisenfeilicht auf Papier von unten insbesondere den 
en Drähten genähert, an denen überhaupt diese Erschei- 
: bei der Anwendung kräftiger Elektromotore besser beobach- 
verden kann, so erhob sich dasselbe wie bei einem Stahl- 
ete strahlenförmig bis zur Höhe von etwa 1,5 Lin., blieb 
bei Entfernung des Papiers nur in einer Lage von etwa 0,5 
hängen, und bedeckte so nicht völlig den halben Umfang 
‚eiters. Bewegte man aber das Papier mit dem Eisenfeilicht 
: dem Drahte hin und her, so umgab es den ganzen Um- 


anscheinend in parallelen, sehr nahen Ringen, welche in- 


a. a. O. S. 312. 

Umrisse zu den physischen Verhältnissen des von H. P. Oer- 
‚ntdeckten elektrochemischen Magnetismus, Berl. 1821. S. 32. 

S. oben II. A. No, 4. G. LXXII. 4. 

Die vielen späteren Beobachtungen dieser Erscheinung über- 
ich mit Stillschweigen. 

Journ. de Phys. XCIV. 72. 


534 - Elektromagnetismus. 


defs wahrscheinlich der angegebenen Bewegung ihren Ursprung 
verdankten. Dünne Drähte wurden sogleich völlig davon un- 
geben, trugen aber im Ganzen eine weit geringere Menge. 


2. Das Anziehen des Eisenfeilicht durch den galvanischen 
Verbindungsdraht lälst sich noch leichter sichtbar machen, wena 
man die (III. A. No. 11) beschriebene Spiralscheibe anwendet, 
indem dieselbe auch bei kleineren Elektromotoren das Phin- 
men zeigt, z.B. bei der Anwendung von zwei Scheiben mr 
in der Gröfse eines Quadratfulses und der angegebenen Mischung 
von verdünnter Schwefelsäure mit Salpetersäure. Firar! 
fand beim Gebrauche eines Hare’schen Calorimotors, dals eiw & 
solche Spiralscheibe, insbesondere in ihrem Mittelpuncte, eim §; 
aulserordentliche Menge Eisenfeilicht festhielt. Bei einem as fy 
mit Seide übersponnenem Drahte gebildeten massiven Cylinda fy 
soll nach ihm Eisenfeilicht, welches man auf Papier unter die- 
sen hält, sich in krummen Linien anreihen, die von dem ems 
Ende desselben nach dem andern gehen, und den Weg am 
gen, den ein Magnetpol nehmen würde, indem die Enden. 
solchen Cylinders sich wie die eines Magnetes verhalten, sis 
lich anziehen und abstofsen. Etwas undeutlich ist die Bedst 
bung des Verhaltens einer nicht ganz bis zum Mittelpuncte it 
gewundenen Spirale. Legt man sie mit ihrer ebenen Seite ad 
einen Haufen Eisenfeilicht, so reihet dieses sich in Line 
welche mit der Axe der Scheibe parallel laufen, biegen sich 
dann von beiden Seiten jedes Drahtes sich begegnend wie Br 
dien gegen einander, so dals sie genau die Linien darstelle 
welche ein Magnetpol um die Seiten der Ringe beschrieben be 
ben würde. Das Eisenfeilicht in der Axe der Ringe stand ob 
techt in lothrechten 0,5 Z. langen Fasern, eine wahre Axe dal: 
Ringes darstellend, indels das Zwischenliegende ebenfalls lag 
Fasern bildete, die sich vom Centrum ahwärts bogen, und zu 
desto stärker, je weiter es sich von demselben entfernte. B 
scheint mir indels, als hätten manche Beobachter, hauptsichid 
in den ersten Zeiten, in den Formen des angezogenen Eiss 
feilicht mehr gesucht und somit auch gefunden, als winid 
darin liegt. 














Sehr genau beschrieben sind diese Erscheinungen durd 





1 GC. LXXI. 156, 15% 


‚Wirkung auf Stahl, 535 


G.. Scasipr!. Die von ihm gebrauchte Spirale bestand p; ig. 
Silberdraht, welcher in Abständen von 0,5 Z. gewunden 69. 
', und vermittelst übergebundener Glasstäbehen in einer ge~ 
en Fläche erhalten wurde. Unter diese hielt er in einer Ent- 
ung von 0,5 bis 1 L. gleichförmig auf eine Glastafel gestreu- 
Eisenfeilicht in einer mit der Spirale parallelen horizontalen 
me, und schlols die galvanische Kette in kurzen Zwischen- 
nen. Bei jeder neuen Schliefsung fuhren die Eisentheil- 

o nach der Spirale, vorzüglich nach ihrer inneren Windung 

ie Höhe, hingen sich an diese und an einander, und bilde- 
einen hohlen, abgestumpften,, kegelförmigen Ring, dessen 
re Basis die Glastafel, die obere der Ring .der Spirale war. 

ər darauf Eisenfeilicht auf eine Glastafel gleichmälsig streuete 
über die Spirale brachte, so ordnete sich dasselbe durch p: 
es Klopfen zu einem schönen Sterne, dessen Mittelpunct 70, 
.em Centrum der Spirale zusammenfiel, und dessen Strah- 
senkrecht auf den Windungen derselben standen. Jedes 
ttheilchen wird hierbei nach Scumuıpr’s Ansicht zwischen : 
Jrähten der Windungeu zum wirklichen Magnete mit ent- 
ıgesetzten Polen. 

Nur mit wenigen Worten darf der Vollständigkeit wegen 
bemerkt werden, dafs..es bisher noch nicht gelungen ist, 
2 Reibungselektricität irgend eine Wirkung auf Eisenfeilicht 
orzubringen. 

Gleich wichtig sind wohl unstreitig die Wirkungen, wo- 
h der elektrische Leitungsdraht in Stahinadein bleibenden 
netismus erzeugt. Auch diese Erscheinungen zerfallen wie- 
in zwei Arten, nämlich diejenigen, welche der gerade 
at darbietet, und salche, die vermittelst eines schrauben- 
üg gewundenen hervorgebracht werden. 

3. Betrachten wir zuvörderst die ersteren, so war Anaco? 
aige, welchem es am frühesten gelang, Stahlnadeln durch 
quer über ihre Enden hingeführten Verbindungsdraht wirk- 
T Elektromotoren bleibend magnetisch zu machen. Un- 
h umfassender aber waren Seesecr’s Versuche, Dieser’ 


eckte, dals Stahlnadeln durch blofses Streichen auf einem 





L G. LXXII. 3. 
! Ann. Chim. Phys. XV. 93. 
) Berlin. Denksch. a. a, O. S. 296., Schweigg. J. N. F. II 


536 Elektromagnetismus. 







Kupferstabe, welcher zur Verbindung der beiden Elektum- Și 
toren diente, beider Axen in einem rechten Winkel gegen einn- 
der geneigt, bleibend magnetisch wurden, und zwar nach einen 
constanten Gesetze nord- oder süd — polarisch. Bedient ma $ 
sich hierbei einer ankemessenern Bezeichnung, als die val 
SEEBECK gewählte eines Streichens von der Rechten nach da $ 
Linken, dem elektrischen Strome in Gedanken selbst folgend, 
so kann man das Gesetz so ausdrücken: wenn man die Nadi 
in derjenigen Richtung am Drahte streicht, oder streichd 
- um denselben herumführt, in welcher der Nordpol der Me 
gnetnadel um denselben herumläuft, so wird die Nadel anù 
rem zuletst abgesogenen Ende südpolarisch. Dieses Gests 
wurde vorzüglich bestätigt durch H. Davr?, welcher an eins 
11 Z. langen und „4, Z. dicken silbernen Schliefsungsdrahte di $ 
Volta’schen Apparates Stahlnadeln in verschiedenen Richtmps ih 
befestigte, einige mit demselben parallel laufend, andere ge 

unter, über und an den Seiten desselben. Alle wurden mg- 
tisch, und zogen Eisenfeilicht an, die parallelen auf die nie 
liche Art, als der Draht selbst, und nur so lange, als degè 
vanische Kette geschlossen blieb; die quer gerichteten aei- 
hielten bleibenden Magnetismus, und es fand sich, daiwa 
das -+ Ende der Batterie in Osten stand, der Nordpol in $a 
unter dem Drahte in Querrichtungen befestigten Nadeln an du 
Südseite, in allen über ihm befestigten dagegen an der Nort 
seite desselben lag; auch war dieses stets der Fall, unter we. 
chem Winkel gegen den Horizont die Nadeln befestigt «fl 
mochten. Es leuchtet von selbst ein, dafs diese Bezeichnug 
gänzlich mit dem angegebenen Gesetze übereinstimmt, welches 
auf so sichere Thatsachen gegründet künftig zur Prüfung ande $: 
rer Angaben benutzt werden kann. 


4. Es ist oben (III. A. No. 13) schon gezeigt, dafs & 
Reibungselektricität nur unter sehr beschränkenden Bedinzur 
gen ausnehmend schwache Spuren elektromagnetischer Wir 
kungen von derjenigen Art zeigt, wie die dort beschriebend 
sind, desto auffallender aber zeigt sie diejenigen, welche hie 
untersucht werden, jedoch nur unter der Bedingung, wem 
man sie nicht leise überströmend, sondern in Funken, sowohl 


nennen 


1 Phil. Trans. 1821. G. LXXI. 229. 


Wirkung auf Stahl, 537 


achen 3, als insbesondere verstärkten anwendet, welch& übri- 
s nur hinsichtlich des Quantitativen von, einander verschie- 
sind. Der erste, welchem es gelang, durch starke elek- 
he Funken Stahlnadeln magnetisch zu machen , war v. Yeg- 
2, indefs beruhen die Resultate, wonach dieselben in Folge 
durch sie selbst oder durch einen der Länge nach über sie 
respannten Draht geleiteten elektrischen Funken magnetisch 
‘orden seyn sollen, vermuthlich auf einer Täuschung, indem 
durch, nach späteren übereinstimmenden Erfahrungen, min- 
ens kein Longitudinalmagnet erzeugt wird, die unlängst 
annten Folgen der Erschütterung etwa abgerechnet. Da die 
suche leicht anzustellen sind, so wurden sie seitdem von 
-e vielen Physikern wiederholt, und es wird daher genügen, 
s die wichtigsten derselben namhaft zu machen. Im All- 
reinen ist dabei zu bemerken, dals ein einziger starker Fun- 

meistens die ganze Wirkung hervorbringt, welche durch 
a beliebige Menge nachfolgender nicht weiter verstärkt wird; 
Jh zeigt sich eine einzige grolse Flasche weit wirksamer, als 
Ə Batterie, insbesondere wenn beide gleich grolse Belegun- 

haben. Ueberhaupt sind diese Versuche zwar sehr leicht 
ustellen, allein vorzüglich gut gelingen sie nur dann, wenn 
“Witterung günstig, das Versuchszimmer nicht mit Menschen . 
efüllt ist, und die Elektricität daher einen bedeutenden Grad 
Spannung hat. 

5. Die gehaltreichsten Versuche über die Wirkungen des 
tden Leitungsdrahtes der Flaschenelektricität hat H. Davy? 
estellt. Stahlnadeln, welche mit ihrer Axe quer gegen die 

Leitungsdrahtes gerichtet sind, werden, wenn'man von 

positiven Belegung ausgeht, links unter dem Drahte nord- 
arisch, über demselben südpolarisch. Vergleichen wir die- 
Resultat mit dem unter No. 3 angegebenen, durch SEzBEck 
Volta’schen Schliefsungsdrahte erhaltenen, so ergiebt sich, 
» beide identisch sind. Es befinde sich deswegen der posi- 





1 Hirr in Schweigg. Journ. XXXIV. 248. 

2 G. LXVI. 406. LXVIII. 17. Nach GıLserT a. a. O. S. 18 ist es 
rscheinlich, dafs die Nachricht von Anaco’s Versuchen im Moniteur 
r. 1820. N. 315. S. 1498 sich auf Reibungselektricität bezieht, in 
shem Falle diesem Gelehrten auch jene Versuche zuerst gelangen. 
8 Phil, Trans. 1821. G. LXXI. 233. 


538 Elektromagnetismus. 


tive Pol der Flasche als positiver eines Volte’schen Apr 
gedacht, im Norden, so mufs der Beobachter, um ihn 
su haben, nach Westen gerichtet seyn. Der Nordpol de 
gnetnadel bewegt sich aber unter dem Drahte nach Osten. 
man also den durch Davy erhaltenen Nordpol, und zi: 
Nadel vom Drahte ab, so berührt ihr Südpol denselben 
man kann demnach auch hierbei sagen, dafs eine Nadel ı 
larısch wird, wenn man sie in derjenigen Richtung um di 
tungsdraht herumführt, in welcher der Nordpol des M: 
um denselben läuft. Eine Leidener Batterie von 17 Q 
Belegung durch einen Silberdraht von 0,05 Z. Dicke en 
machte eine 2 Z. lange und 0,05 bis 0,1 Z. dicke Nadel s 
ı magnetisch, dafs sie kleine Drahtstücke anzog, auch gi 
Wirkung des Drahtes auf eine Entfernung von 5 Z. durct 
ser, Glas und elektrisch isolirtes Metall. _Ging der Batte 
ken durch die Luft quer über die Nadel hin, so wurde : 
niger magnetisch, als unter oder über einem leitenden ] 
eine 0,25.2. dicke Säule Schwefelsäure in einer Röhre] 
defs nicht genug Elektricität durch, um Magnetismus zu 
gen. Zwei an einander: befestigte Stahlstäbchen, durd 
gemeinschaftlichen Schwerpunct der Leitungsdraht ging, 
ten in ihrer Verbindung keinen bedeutenden Magnetismu 
der Trennung aber fand sich, dals die ungleichnamige 
zusammenlagen. 

6. Dem Wesen nach ähnlich, aber noch interessan 
folgender Versuch. Davy befestigte mit Zwirn auf eine 
penscheibe, von 2,5 Z. Durchmesser 6 kurze Stahlnade 
dals sie die Seiten eines im Kreise beschriebenen Sechsecl 
deten, ihr Ende einander nahe, doch ohne Berührung. | 
den Mittelpunct der Scheibe, und also auch des Sechseck: 
der Draht, welcher beide Belegungen der Flasche verband 
nach der Entladung derselben waren alle sechs Nadeln m 
tisch mit einander zugewandten freundschaftlichen Polen 
ren Lage umgekehrt wurde, wenn die Richtung des elektri 
Stromes die entgegengesetzte war. Wenn mehrere conc 
sche Polygone auf der Scheibe befestigt waren, so mach 
kräftiger Flaschenschlag sie sämmtlich magnetisch. Dies 
teressanten Versuche habe ich selbst sogleich nach ihrer Bek 
werdung wiederholt, indem ich einen Messingdraht durd 
enge Glasröhre zog, und diese vermittelst zweier Körke ir 


Wirkung auf Stahl. 539 


im, were befestigte. Auf die äufsere waren in den 
sem Bichtangen gegen den Horizont eine grolse 
m. bege und etwa 0,3 Lin. dicke Stahldrähte mit 
s s+ „ufeeklebt, dals die Durchschnitte der Ebenen 
kum mat der des inwendigen Leiters vier rechte 
mem. Warde ein kräftiger Flaschenschlag durch 
e der horizontal liegenden Röhre geleitet, so fanden 
iefrähte magnetisch, und zwar so, dafs alle gleich- 
2 mach einer Seite hin gerichtet waren, wenn man 
arz derselben eine den Leitungsdraht umkreisende 
nimmt. Aehnliche Resultate erhielt gleichzeitig 
wit Stahlnadeln, welche er auf einer Glastafel he- 
mter oder über den Entladungsdraht einer kräftigen 
chte 1. 

ter die wichtigsten, mit einem geraden Leiter der 
ektricität anzustellenden Versuche gehört ohne Zwei- 
seusung der Transversalmagnete durch denselben, 
‚dient sich hierzu seltener grolser Volta’scher Batte- 
leich sie diese Wirkung gleichfalls hervorbringen. 
künstlicher Magnete, welche sich aus kleinen, mit 
inamigen Polen zur Bildung eines langen Stabes an 
Jesten Magnetstäben. gleichfalls leicht herstellen las- 
e man schon lange. Nach der Bekanntwerdung des . 
netismus scheint mir indefs Precutr? der erste ge- 
eyn, welcher die Aufmerksamkeit auf dieselben wie- 
echte, und sie wurden seitdem vielfach durch die 
twrmittelst der Flaschenelektricität gebildet. Zuerst 
ses durch G. G. Scumıpr?, und ich selbst habe sie 
a Anweisung stets in vorzüglicher Stärke und von 
x auf folgende Weise erhalten. Ich wickele stäh- 
"saiten von No. j um eine 1,5 Lin. im Durchmes- 
e Thhermometerröhrt, indom ich das eine Ende der 
nen Ende der Röbr® mit etwas Se wichster Seide fest- 
twa 0,5 bis 0% br stehender Windungen bis 
ler Glasrëhre, "”. fi “Taħt gleichfalls mit Seide 
n wird. Wem de dung er2 sich unmittelbar 


» ' a= Jall 


XXII. 17. 
gvi. 









540 Elektromagnetismus. 


berühren, so werden nach meinen bisherigen Erfahrunzen di 
Magnete minder kräftig. Ueber dem schraubenförmigen Drakt- 
gewinde, mit der Axe der Röhre parallel, spanne ich eins 
Draht von beliebiger geringer Dicke, welchen ich an den Em 
den der Röhre gleichfalls festbinde, bringe diesen in den al- 
gemeinen elektrischen Auslader, und lasse einen kräftigen Ba» 
teriefunken durchgehen, worauf der gerade Draht weggenome 
men wird, und die umwundene Glasröhre einen kräftigen Trang 
versalmagnet darstellt, dessen linke Seite in Beziehung auf de 
elektrischen Strom nordpolarisch ist. Der der Länge nach übe 
gespannte Draht ist meistens mit Seide übersponnen, oder mi $ 
legt unter ihn ein seidenes Band, um ihn von dem Stahldnk- 
gewinde zu isoliren, welches indefs nicht einmal nothweig $ 
ist, da ohnehin die Elektricität den kürzesten Weg wählt. 

8. Wird der gerade Leitungsdraht der Elektricität ei 
grolsen Flasche oberhalb der eben beschriebenen Stahldrshige 
winde hingeleitet, so ist die dadurch erzeugte Polarität die at- 
gegengesetzte derjenigen, welche er unter demselben hingeikt 
erzeugt, einerlei Richtung des elektrischen Stromes vonage 
setat. Es scheint hieraus zu folgen, dafs ein durch diii 
eines solchen Gewindes durchgeführter gerader Draht aM 
doppelten Transversalmagnet mit entgegengesetzter Polaritit lb 
den mülste, allein es hat mir und andern, so viel ich we 
bisher nicht gelingen wollen, solche Magnete darzustele, 
indem die Drahtzewinde gar keinen, oder nur unmerklicheh 
und keiner Priifung fähigen Magnetismus annahmen. Die 
stimmt mit dem oben No. 5 erzählten Resultate überein, wt 
ches Davy erhielt. wenn er den Leitungsdraht quer durch dm iy 
gemeinschaftlichen Schwerpunct zweier parallel mit einandes 
susammenaehundener Stahlnadeln zog, und diese dam a% fi 
durch den Barteriefunken jede einzeln ma2netisirt fand, we 
sie von einander getrennt wurden. Dr La Borxe will indeks 
durch dieses Verfahren Transversalmasnete mit nur zwei eim 
der gegrnübersrehenden Folen erhalen habent, und die Pob- 
vitat derselben soll nach der Richtung der \Vindungen des Stahl 
drahtes verschtelen gewesen seyn. Letzteres widerstreitet in- 
dels der Namı dar Sache. indem die erzeugte Polarität bei 
von dem Leitungsdrahte der Elektmcität, auf keine Weise.abet 





UGS LAM I”, 


Wirkung auf Stahl, 54 


der Lage des ihm genäherten Körpers abhängt. Vielleicht 
aen doppelte Transversalmagnete aus Windungen von grö- 
»m Durchmesser vermittelst mächtiger Batteriefunken erhal- 
werden?. ' 
9. Die holländischen Physiker van Berk, van Rees und 
' Moru magnetisirten Stahlnadeln?, indem sie dieselben 
- die Schenkel des in einen Winkel gebogenen Entladungs- 
tes der elektrischen Flasche legten, und erhielten hierdurch p; g. 
polige' Nadeln, deren Polarität aus der Bezeichnung in der 71. 
tr ‘ersichtlich ist, wenn die Nadel abcd über dem Drahte 
. die Richtung des elektrischen Stromes gleichfalls so ange= 
imen, wie sie in der Zeichnung angedeutet ist. Ueber einem 
hte mit mehreren solchen Biegungen erhielt die Nadel eine 
Menge derselben proportionale Menge Pole. 

10. Noch eine Reihe interessanter Versuche der eben ge- 
nten Physiker über die Wirkungen des geraden Leitungs» 
tes der Flaschenelektricitätt nehme ich ihrer Wichtigkeit 
sen zusammen, erlaube mir indels dabei die Bezeichnungen 
 mhaltenen Polarität so abzuändern, wie, sie der Natur der 
ae nach seyn mufsten, weil sie sonst mit den eben erwähn-- 
wnd andern Beabachtungen der nämlichen Physiker im Wi- 
pruche stehen würden, und auch schon GILBERT 3 gezeigt 
. dafs nothwendig ein Irrthum dabei’ obwalten müsse. Ging p; g. 

elektrische Entladungsdraht ef der Länge nach über eine 72. 
Z. lange und 2,5 Z. breite Stahlplatte abcd, so wurde sie 
beiden Seiten magnetisch, Schivächere Schläge nachher durch 

Draht ki theilten derselben nur bis an ml, m Polarität 

Wurde der elektrische Funke vermittelst eines Drahtes 
zh eine durchbohrte Stahlscheibe geleitet, so zeigte sie sich 
t polarisch, bis sie mit einer Blechschere durchschnitten 
, worauf jede Hälfte sich entgegengesetzt polarisch zeigte. 
ses Resultat steht übrigens mit Davy’s Beobachtungen an 
ınmengebundenen Stahlnadeln*, noch. mehr aber .mit Er- 
P86 ganz gleichen directen Versuchen der Magnetisirung 





1 Vergl. unten IV. D. 1. 4. 

2 G. LXXII. 13. 

5 Ann. LXXII. 23. 

& S. oben No. 5. 

5 Seebeck in Berlin. Denksch. 1820 — 21. 9. 338. 


7Å, G in der Messingplatte ABCD eine unmagnetiscl 
steckt, dann die Glasscheibe HIK L auf die Platt 
Draht EF hinübergespannt und durch diesen mehr: 
schläge geleitet wurden, worauf sich die Nadel | 
tisch zeigte. Cylinder von Stahl, durch welche Fl: 
vermittelst eines Drahtes in einer Glasröhre gele 
verhielten sich ganz wie die erwähnte Stahlscheibe 
11. So wie das oben erwähnte Angezogenwe 
senfeilicht durch den galvanischen Verbindungsd. 
hervortritt, wenn der letztere spiralförmig gewu 
geschieht auch auf gleiche Weise das Magnetisire 
nadeln leichter und kräftiger durch gewundene Dre 
schen bediente man sich hierzu von Anfang an 
der schraubenförmigen Windungen, hatte dabei ab 
Verständigung über die entstandenen Pole, die eni 
ten Richtungen dieser Windungen gehörig zu beze 
alle Schwierigkeiten und Mifsverständnisse in der 
des rechts und links Gewundenseyns gehörig zu 
Inzwischen hat man hierüber folgende Bestimmur 
men?. Wenn man sich denkt, dafs jemand ei 
abgekehrten Cylinder horizontal hält, die obere £ 
zugewandten Endes mit dem Finger berührt, dies 
rechten Seite herab unter dem Cylinder durch uno 
wärts führt, und so bis ans Ende fortfährt, also in « 
wie die Schrauben geschnitten werden, so nenneı 


. Wirkung auf Stahl, 543, 
diese Windung rechts (dextrorsum) gewunden, die in ent- 
>ngesetater Richtung laufende aber Zinks (sinistrorsum) ge- 
iden, Es gilt dann ferner das allgemeine Gesetz, dafs, wenn 

elektrische Strom die Richtung der Windungen verfolst, 
siner rechts gewundenen an der Seite, wo er anfängt, den 
pol, und wo er endigt, den Nordpol erzeugt. Bei links ge= 
ıdenen Schraubenlinien ist die Wirkung die entgegengesetzte, 
In wie fern dieses mit dem Oersted’schen Fundamentalver- 
ıe übereinstimme, läfst sich auf folgende Weise leicht zei- 
Es folgt nämlich aus allen bisher mitgetheilten Erschei- 
gen, dals ein elektrischer Leitungsdraht, wenn man den 
m der Elektricität von sich abwärts fliefsend denkt, in der~ 
sen Richtung, in welcher der Nordpol der Magnetnadel 
ihn läuft, nordpolarischen Magnetismus erzeugt. Legt man 
eine Stahlnadel oder ein Stahlblech ‘unter den Draht, so 
s links vom Beobachter ein Nordpol gebildet werden, und 
eWirkung bedeutend verstärkt hervortreten, wenn der Draht 
mehreren Windungen um die Nadel geschlungen wird, ohne 
ws Verhältnils gegen dieselbe zu ändern. Um dieseszu ver- p; 
Hichen, sey ab der elektrische Leitungsdraht, die Richtung 75. 
Stromes 80, wie die Zeichnung angiebt, genommen; cefd 
eine Glasröhre mit einer durch sie gesteckten Nadel, so wird 
letztere unter dem Leitungsdrahte durch den elektrischen 
m die in der Zeichnung angedeutete Polarität annehmen. 
ı drehe nun die Spitze der magnetisirten Nadel gegen sich, . 
«+ Ende zugewandt, fasse den Draht a, und winde ihn um 
Glasröhre von oben nach unten in derRichtung der gezeich- 
m Linie, bis das Ende a nach a kommt, das andere Ende b 
a gleichfalls von oben nach unten herab in der Richtung der 
ie, bis es nach b’ kommt; 'so bleibt die Lage des + und — 
es der Stahlnadel gegen den Draht unverändert, und muls 
ar dieser nämliche Magnetismus, jedoch in gröfserer Stärke, . 
hr erzeugt werden. Man hat also in diesen vielfachen wir- 

n Constructionen zur Erhaltung einer klaren Vorstellung und . 
lichen Orientirung nichts weiter im Gedächtnisse zu behal- _ 
als den elektromagnetischen Hauptversuch. Uebrigens ist 

hier angegebene Windung eine links gewundene. 
12. Anacot war der erste, welcher durch die eben genann- 


L Vergl. oben No. 4. 


sik. Elektromagnotiszius. 


ten schraubenförmigen Windungen des galvanischen Leitihe, 
drahtes Stahlnadeln magnetisirte, und auch sogleich die la Ä 
deckung damit veiband, dafs in ein nnd derselben Nadel mh i 
rere abwechselnde Pole erzeugt wurden, wenn er dip Wind 
gen des Drahtes zuerst hach einer Richtung laufen lief, 
mach einer Unterbrechung durch eine kurze gerade Str 
der enigegengesetzten, und so in mehreren Wechseln. 
~ `. 13. Aehnliohe Versuche wurden seitdem in Meng o 
stellt, dienten aber nur' dazu, die einmal gemachten Rr 
gen zu bestätigen. Am ausgezeichnetsten sind diejenigen, » 
che die italienischen Physiker Gazzexı, Mancnzsz I 
Aurısorı und Graf Barr schon im Jahre 1820 und 21 nei 
ten! Sie bedienten sich dazu zweier kupferner Kasten, i 
jede einzelne Zinkplatte 507,5 Quadretzolle mals, ‚und di 
Wasser und yustel Schwefelsäure gefüllt, beide aber za ca i 
einzigen Apparate vereinigt waren. Die Stärke des hitid Bu 
in schranbenförmigen Drahtgewinden ‚erzeugten Magpelini f | 
erreichte in einer Minute ‘schon das Maximum , ‚ohne du § ı 
- gere Einwirkung. dea. elektrischen Stromes weiter al l 
‘werden, auch war.die. Verlängerung:des Leitangsdriidih f+ 
áum gewundenen:Theilè von keinem Einflusse, Es mail #4 
nér keinen Unterschied, ob das Drahtgewinde mit de bii fy 
sich von Luft umgeben, oder unter Wasser, unter Eis, Mt fu 
in einer an beiden Seiten verschlossenen Glasröhre besk fm 
Ferner wurden die Nadeln magnetisch, die .schraubenfömift Er 
Windungen mochten weiter von einander abstehen, odë Si 
zur Berührung einander genähett seyn, selbst wenn sie von#fi. 
fsen mit einem Stanniolstreifen umgeben ‚waren, nur mt: 
sinem Blechcylinder, wenn dieser einen Theil des Lets g ti 
drahtes ausmachte. Umgab dagegen der Schlielsungsinlt # ky 
schraubenförmigen Windungen eine Röhre von Messing, wihi: 
sich die Nadel befand, so wurde diese noch stärker mag w, 
als in einer Glasröhre. War das Drahtgewinde durch Unit y 
 kelung eines dreiseitigen Prisma oder eines Parallelepipe® kur 
gebildet, so wurde die Nadel darin so gut magnetisch, Á hÉ 
einem umwundenen Cylinder, dagegen waren zickzack® fui 
Biegungen, so wie hin und zurücklaufende Flechtunge “$ vi 
Drahtes ohne Wirkung, auch machte die Ait des Mall _ 
















1 Bibl. univ. XVI. 101. G. LXXI. 262. 


` 1 
` 


Wirkung auf Stahl. 545 


saus die Windungen bestanden, überall keinen Unterschied. 
s übrigens diese Physiker keinen Magnetismus in Nadeln an 
Aufsenseite der schraubenförmigen Drahtgewinde entstehen 
en, ist durch spätere Versuche vielfach berichtigt, denn hier 
d er zwar schwächer als im Innern der Windungen und von” 
zegengesetzter Polarität erzeugt, allein seine Entstehung da- 
st ist nicht minder gewils und sicher, 


14. So wie ein schraubenförmig gewundener Draht als Lei- 
der galvanischen Elektricität eine stärkere Wirkung in Her- 
bringung des Magnetismus äulsert, als ein gerader, eben so 
Jieses auch der Fall bei der Reibungsekekirieität, und da die 


‚suche hiermit so leicht anzustellen sind , und so auffallende - 


;ultate geben, so hat man sie auch weit häufiger wiederholt 
jene, welche zum vollständigen Gelingen gröfsere Apparate 
yrdern, als gegenwärtig in ‚der Regel für die physikalischen 
sinette angeschafft sind, denen eine hinlänglich' starke Elek- 
irmaschine und die zur Anstellung dieser Versuche erforder- 
ıen Flaschen überall nicht zu fehlen pflegen. Es wird daher 
jügen, nur die ausgezeichnetsten Versuche hier anzugeben. 
hin gehören vorzüglich die durch v. Yerım angestellten, 
Icher zuerst diese Wirkung der Reibungselektricität auffand, 
em er Araco’s Versuche nachmachte, die nach seiner Mei- 
ag mit einer gewöhnlichen elektrischen Batterie angestellt 
n sollten, obgleich er sich wirklich dabei eines Volta’schen 
Parates bedient hatte 2, Beide fanden auch sogleich das wich- 

: Gesetz bestätigt, dafs der Magnetismus hierbei, seinem 
igen Verhalten analog, durch keinen elektrischen Isolator 
ückgehalten wird, und es daher ganz gleich ist, ob die Win- 
gen des Leitungsdrahtes der Elektricität um Glas, Seide, 
ier, Wachstaffent, Leinewand, Holz u. dgl. gewunden sind, 

diese Substanzen die Stahlnadeln einschliefsen, oder ob 
von Luft, Wasser u. s. w. umgeben sind. V. Yerin fand 
er, dafs es auch bei dieser Art zu magnetisiren nicht sowohl 
die Menge der einfachen elektrischen, oder der Batterie- 
ken, als vielmehr auf ihre Stärke ankomme, indem eine 
ige Entladung einer starken Flasche den Magnetismus so 


m a 


R Vergl. Boeckmann bei C. LXVIII. 15. 
2 G. LXVI ° 406. LXVII. 17. ` 
- Bd. Mm 


546 Elekiromagnetismus.  , 


. vollständig ‘in der Stahlnadel. hervorruft, als es durch die ge- 
_ gebene Stärke der Elektricität geschehen kann. 
15. Die Art der Anstellung dieser Versuche ist sehr ein- 
fach, und man darf annehmen, dafs es aulser einem später zu 
"erwähnenden nur drei leicht zu verfertigende Apparate giebt, 
Fig. welche die Gesammtheit dieser Erscheinungen umfassen. Der 
| 76. eine besteht aus einer einfachen, 4 bis 6 Z. langen und so wei- 
ten Glasröhre, dafs eine Stahlnadel von etwa 0,25 bis 1 Lin. 
Durchmesser bequem hineingeschoben werden kann. Um diese 
wird ein Kupferdraht (unächte silberne Claviersaite) von etwa 
0,2.Lin. Durchmesser in Windungen, welche: 1 bis 2 Lin. von 
einander abstehen können, gewunden, und der Draht an bei- 
den Enden -der Glasröhre mit gewichsten Seidenfäden so festge- 
bunden, dafs seine Enden 0,5 bis 1 Z. in der geraden Richtung 
der Glasröhre über diese hervorragend fortlaufen. Vermittelst 
dieser Enden wird er in willkürlicher Lage und Richtung gegen 
Horizont und Weltgegenden so befestigt, dafs der elektrische 
Flaschenfunken durch seine ganze Länge strömen kann, wo- 
” durch dann die in der Glasröhre befindliche Stahlnadel in einer 
bipolaren Magnet verwandelt wird, dessen Polarität auf die oben 
in No. 11 angegebene Weise bestimmt werden kann, und durch 
Fig. die Zeichnung ausgedrückt ist, Diesem ähnlich ist ein zweiter 
77. Apparat, welcher aus zwei gleichen, parallel neben einander 
liegenden, und mit dem nämlichen Drahte auf die angegebene 
Weise umwundenen Glasröhren besteht, wobei die Windungen 
sich zwischen beiden Röhren durchkreuzen, und daher einan- 
der entgegengesetzt sind. Ein einziger durch diese Windun- 
gen geleiteter Flaschenschlag macht die zwei Stahlnadeln in bei- 
den Glasröhren zu bipolaren Magneten mit einander entgegen- 
stehenden Polen, so dafs in den vereinigten Röhren die freund- 
schaftlichen Pole an einander liegen. Der dritte Apparat endlich 
| Fig. fallt mit dem ersten sehr nahe zusammen, jedoch nimmt man 
78. dazu eine etwas längere Glasröhre, umwindet diese zuerst einige 
Zolle nach einer Seite, bindet den Draht daselbst fest, führt ibn 
etwa 0,5 Z. mit der Axe parallel fort, bindet ihn daselbst aber- 
mals fest, beginnt die Windungen aufs Neue in entgegengesetz- 
ter Richtung, und wiederholt diesen Wechsel so oft, als. man 
einen Wechsel der Pole oder die sogenannten puncta consecu- 
tiva erhalten will. Man erhält also auf.diese Weise an der näm- 
lichen Stahlnadel von æ bis # einen.bipolaren Magnet, -von y 





Wirkung auf Stahl, 547 


bis ö einen zweiten mit entgegengesetzter Lage der Pole, zwi- 
schen & und z einen dritten mit der nämlichen Richtung der 
Pole wie im ersten u. s. w. so oft die Windungen wechseln, wo- 
bei nothwendig mit Ausnahme der Endpole allezeit zwei glei- 
she Pole vereinigt seyn müssen. Die holländischen Physiker 
vas Bee, vax Morı, van Rees und van peu Bos erhiel- 
ten auf diese Weise durch achtmaligen Wechsel einen 24 Z. 
langen Stahlstab mit 16 Polen, 

16. Eine eigene Erwähnung verdienen insbesondere noch 
Borcxmann’s früh angestellte Versuche?. Dieser eifrige Ex- 
Perimentator ging bei der Prüfung des Verhaltens der schrau- 
benförmigen Windungen nicht blofs von dünneren Glasröhren 
wu dickeren und selbst sehr dicken’ Glascylindern über,’ ohne _ 
dals durch die weitere Entfernung eine merkliche Abnahme der 
Stärke des erregten Magnetismus wahrnehmbar wurde, sondern 
er verfertigte auch aus leichten hölzernen Stäben eine Art von 
Trommel, oder ein Gerippe zu derselben, welches 8 Fuls im 
Durchmesser haltend mit einem 750 F. langen Messingdrahte 
in 30 Windungen umsponnen war. In verschiedenen Abstän- 
den von diesen Windungen wurde eine Glasröhre mit einer 
Stahlnadel der Axe parallel eingelegt, und weiter vom Drahte 
bis zur Axe der Trommel entfernt. In diesem Abstande vom 
Leitungsdrahte, welcher 4 F. betrug, fingen zwar die durch 
einen Batteriefunken aus 5 Flaschen zusammen mit 1500 Qua- 
dratzoll Belegung erregten Magnetismen an zu verschwinden, 
aber es ergab sich doch so viel deutlich, dafs stärkere Flaschen- 
schläge auch auf diese und ohne Zweifel noch auf grölsere Ent- 
fernungen Stahlnadeln magnetisch zu machen im Stande seyn 
müssen, 

17. Dals man sich auch der Spiralwindungen (archimedei- 
scher Schneckenlinien) zur Erregung des Magnetismus auf die 
angegebene Weise durch Reibungselektricitätt müsse bedienen 
können, leidet aus theoretischen Gründen keinen Zweifel, un- 
ter den Versuchen aber, welche hiermit angestellt seyn mögen, 
sind mir nur diejenigen bekannt, welche W. Prarr beschrieben 





_ 


1 G., LXXII. 14. In der Zeichnung ist nur ein Wechsel ange- 

deutet, welches die Entstehung des mittleren Poles besser versinnlicht. 
2 G. LXVIII. 9. Vergl. v. Althaus Versuche über d. Elektro- 
magnetismus, Heidelb. 1821. S. 34. 
| ' Mm? 


` 


548 Elektromagnetismus. 


hati, und diesen ähnliche von Amrère?. Sie bieten im We- 
sentlichen nichts Neues dar, und bestätigen hauptsächlich mr | 
im Allgemeinen den Satz, dafs der Magnetismus im Centrum » 
dieser Spiralen bedeutend stärker ist, insbesondere wenn de | 
Windungen einander sehr nahe sind. So wurde eine Nadel von f" 
1,5 Z. Länge, welche W. Prarr in das Centrum einer Spirale I 
so legte, dafs sie als Radius von 20 Windungen durchschnitten 
Fig, wurde ‚ dwch einen einzigen schwachen Funken stark magne- | 
79. tisch. Eine symmetrisch gegen die Windungen der Spirale lie- | 
gende Stahlnadel erhält durch den elektrischen Funken an be- 
den Enden gleiche Pole, nach der Mitte hin die entgegengeset:- | 
ten, und wird in der Mitte indifferent. Mehrere andere Ersche- f 
nungen sind von ihm theils aus der Theorie geschlossen, theil 
durch die Versuche aufgefunden. Werden die Wirkungen der 
spiralförmig gewundenen Drähte mit denen der schraubenföm- 
gen verglich:n, so mufs eine über das Centrum der Spirale ge- 
legte, an beiden Enden über sie hinausreichende Nadel drei 
Pole erhalten. Weil es aber wichtig ist, alle verschiede 
Erscheinungen in einen Zusammenhang zu bringen, und ad ds 
nämliche Gesetz zurückzuführen, so hielt ich es der Mühe wat, 
diese Versuche mit einer einzigen Flasche von 11 Quad. Fib 
Belegung zu wiederholen, und erhielt hieraus folgende Resultate. 
18. Ist die Elektricität kräftig, und der Draht der Spirle 
nicht stark mit Seide übersponnen, so entsteht in den Stahluz- 
deln schwache Polarität oder gar keine, und überhaupt sind die 
Erscheinungen regellos und können leicht täuschen , weil der 
Strom der Elektricität entweder die Nadel selbst ergreift, und 
ihrer Länge nach durchströmt, oder durch einige \WVindungen 
unter ihr hinläuft, und dann an ihr selbst seinen Weg fortsetzt. 
Sind aufserdem die Windungen einer Spirale einander sehr nahe, 
so werden sie leicht vom elektrischen Strome nicht in ihrer gan- 
zen Länge durchlaufen, und auch hieraus entstehen Täuschun- ' 
gen. Wenn man aber eine Spiralscheibe anwendet, deren 
Windungen mindestens eine Linie von einander abstehen, diese 
horizontal legt, mit einer Glasscheibe bedeckt und auf dieser 
die Stahlnadel ruhen läfst, so sind die Resultate allezeit unzwei- 
deutig und mit dem angegebenen Gesetze durchaus übereinstim- 





— | __. 





1 G. LXIX. 84. 
2 Demouferrand a. a. O. $. 87, 


Wirkung auf. Stabl.: 59 


wend. Liegt .nämlioh die Nadel auf der horizontalen Scheibe 
>, dals eine durch die Axe. der Nadel gehende vertioale-Ebenie 
as Centrum der Scheibe durchschneidet, oder legt man sie mit 
ieser genannten zu beiden Seiten parallel, die Enden. mögen 
ber die Scheibe überstehen oder mit ihrer Grenze zusammen- 
len, oder einige Windungen überstehen lassen, so erhält 
te Nadel jederzeit zwei gleiche Pole an heiden Enden, und den 
atgegengesetzten in ihrer Mitte. Wenn aber die Nadel blos 
om Rande der Scheibe bis in ihr Centrum reicht, sa erhält man 
nen zweipoligen Magnet. Die Polarität selbst , eben'wie die 
ınze Erscheinung, ist dem angegebenen allgemeinen Gesetze 
ırchaus angemessen... Ist nämlich die. Richtung der Windun- 
n so, dals die Elektricität von Norden durch Osten nach Sü- 
n strömend , urd’ durch Westen zurückkehrend gedacht wer- 
n kann, so erhalten die über ihnen liegenden Theile des - 
ahldrahtes in Osten und Westen Südpolaritit a während die 
itte einen Nordpol erhält. | 
19. So wie der elektrische Strom in 'unmagnstischen Stahl- 
deln den Magnetismus hervorruft, so muls derselbe'auch bei 
erlegener magnetischer Stärke die Polarität der Nadeln umkeh- 
ı. Diese auf ‚theoretischen Gründen beruhende Folgerung i ist 
rch die Erfahrung vielfach bestätigt!, 
20. Es dringt sich bei diesen Betrachtangen die Frage auf, 
e es zugehen möge, dals ein einziger kräftiger‘ Flaschenschlag 
Stahl bleibenden Magnetismus erregt; ‘da doch die so leicht 
wegliche Magnetnadel unter dem entladenen 'Drahte nicht die 
ndeste Wirkung zeigt. Inzwischen liegt die Beantwortung 
‚ser Frage nicht fern, und verstattet ‚zugleich einen beleh- 
ıden Blick über das Verhalten der Elektricität überhaupt. Am 
stimmtesten drückt sich DEmowrerrAnuDn ? hierüber aus, wenn 
sagt, das Magnetisiren bestehe auf-allen Fall in der Hervor- 
ung einer neuen Disposition in einem Fluidum von austieh- 
nder Feinheit, wozu ‘eine Wirkung von ganz kurzer Dauer: 
ıon genügen kann, während die Ablenkung der Magnetnadel 
ordert, dafs einem Körper von bestimmbarem Volumen und 
wicht eine endliche Geschwindigkeit mitgetheilt werde, wozu 
ne, nur ein Minimum der Zeit wirkende Kraft ausreicht. 





1 S. unter andern liur in Schweigg, J. XXXIV. 290 f. 
2 Handbuch der dynam. El, S. 130. , 


550 Elektromagnetismüs, 


Eine Ablenkung der Magnetnadel wird daher nicht erfolgen 
können, wenn die, zwei elektrische Pulsus trennende, Zwi- 
schenzeit so unbedeutend ist, dafs die Wirkung des ersten dorch 
die Trägheit der Nadel und die ihrer Bewegung entgegenste- 
henden Hindernisse aufgehoben wird, bevor der zweite eintritt!, 
Inzwischen bemerkt man bald, dafs diese Hypothese Dr- 
MONFERRAND’S, welcher auch Amrkre und die Anhänger der 
Theorie des letzteren beipflichten, keineswegs hinlänglich be- 
gründet ist, und der Schwierigkeit des Problems eigentlicher 
ausweicht, als sie selbst genügend beseitigt. Es ist daher noth- 
wendig, diese schon einmal erwähnte Frage? am geeigneten 
Orte nochmals gründlich zu untersuchen. 


C. Wirkungen des Magnetes auf die elektri- 
schen Leiter. 

Die Beobachtung der durch den Magnetismus des galvani- 
schen Leitungsdrahtes bewegten Magnetnadeln mulste nothwen- ` 
dig auf die Folgerung führen, dafs auch umgekehrt durch ana 
festen Magnet der Leitungsdraht bewegt werden könne, mi 
wirklich war man auch gleich vom Anfange an bemüht, des 
Modification des neu entdeckten Elektromagnetismus genau u 
ergründen. Indefs hatte die Aufgabe, solche umgekehrte Be- 
wegungen darzustellen, grolse Schwierigkeiten, weil sich auf 
keinen Fall ein mit den ‘Elektromotoren verbundener galvan- : 
scher Leiter so leicht und fein balanciren läfst, als eine Magnet- 
nadel. Scnweiscen® war der erste, dem es gelang, Bewe- 

gen dieser Art unzweifelhaft, wenn auch weniger vollkon- 
men darzustellen. Seitdem sind aber gerade die hierzu gebön- 
gen Apparate auf eine merkwürdige Weise vervollkommnet und 
ausnehmend vervielfacht; sie zerfallen wieder in zwei Classen 











rischen Magnetismus folgend, sich polarisch in den magni- § w; 
l schen Meridian einstellen. Der Unterschied. beider ist ndt he 





4 Vergl. unten IV. F. L 
2 Oben III. A. 13. 

3 S. unten IV. 

& Journ. XXXI. 8. 


Magnet und elektrische Leiter. 351 


wesentlich, indem jeder wirklich magnetische Körper auch je- 
ler auf ihn einwirkenden magnetischen Kraft folgen muls, und 
ıleran nur durch seine geringere magnetische Kraft oder minder . 
eichte Beweglichkeit gehindert werden kann. Zur leichteren 
Jebersicht will ich indels hier blols die ersteren betrachten, und 
n einem folgenden Abschnitte die wesentlichsten der letzteren 
zleichfalls zusammenstellen, 

1. Unter den vielen für diesen Zweok vorgeschlagehen Ap- 
yaraten verdient der Zrman’sche Rotationsapparat den ersten 
Platz, sowohl rücksichtlich der Zeit seiner Erfindung, als auch 
wegen der Zweckmälsigkeit seiner Construction. Erman 1 schlägt 
leren zwei vor, wovon ich den vorzüglichsten mit einiger, >` 
nir zweckmälsig scheinender, Abänderung kurz besehreiben will. g;,, 
Ein im Durchschnitt gezeichneter Becher vom dünnsten Silber 80. 
tb hat vom Boden aus den aufwärtsgehenden hohlen Cylinder - 
:d, so dals also beide Cylinder einander parallel laufen. Die 
nnere Röhre, zwischen 0,5 bis 0,752. im Durchmesser haltend, 
ist etwas höher, und hat oben vier kleine Löcher, mit den 
lurchgezogenen und festgebundenen Seidenfäden a,a, welche 
n einen gehörig starken ungezwirnten Seidenfaden # veteinigt 
ind, damit letzterer den ganzen Apparat trägt, und leicht be- 
veglich macht. Am Boden des äufseren, grölseren Cylinders 
on 1,5 Z. Durchmesser liegt eine so durchbohrte dünne Glas 
sheibe, dafs der innere Cylinder bequem durch die Oeffnung 
erselben geht. Auf dieser isolirenden Glasscheibe ruhet der 
ohle Cylinder ee von Zink, und der Zwischenraum zwischen 
eiden Metallen wird am besten mit gesättigter Zinksolution ge- 
illt2, weil verdünnte Säuren durch etwas Spritzen, insbeson- 
ere bei der Gasentwickelung,, leicht die Seidenfäden zerfres- 
en, Salz- und Salmiaksolution aber das Zink zwar nicht so . 
tark angreifen, wie die Säuren, zugleich aber einen Ueberzug 
iber das Silber erzeugen, welcher bei diesem Apparate nicht 
hne Unbequemlichkeit weggeschafft werden kann. Der obere 
iand des äulseren silbernen Cylinders hat bei l ein kleines an- 
»lösthetes Blech mit einer Vertiefung, worin sich ein Tropfen 
uecksilber befindet, um das eine, etwas herabwärts gebogene, 





1 Umrisse zu den physischen Verhältnissen des ... elektroche- 
'<hen Magnetismus. Berlin 1821. 8. S. 9 fF 
2 $. oben Il. B. 3. 


592 .. : Blektromagnetismus. . 


Ende des Drahtes Im n op s hineinzutauchen, während da 
dere s.in dem Quecksilbertropfen eines ähnlichen. kleinm. 
ches am Cylinder von Zink ruhet, 

Indem der Ietztgenannte Draht der Leiter der erregte 
tricität ist, so lälst sich aus den bekannten Wirkungen da 
ben euf die Magnetnadel leicht durch Umkehren sein Ver 
ten gegen einen genäherten Magnetpol folgern. Nach der 
mal gewählten einfachen Bestimmung geht der elektrische & 
von l aus nach s. Denkt man sich also p im Norden undı 
Süden, go läuft die Nordspitze der Magnetnadel unter l ösl 
wird dann in die Höhe gehoben, bewegt sich über demse 
westlich, an der Westseite herabwärts, und kommt auf d 
Weise in ihre erste Lage wieder zurück. Eben diese Umk 
sung findet in der ganzen Länge des Verbindungsdrahtss s 
wenn man seine Richtung von I bis s verfolgt. Behalten 
elso für einen genäherten Nordpol der leichteren Uebersicht) 
gen die angenommene Richtung nach den Weltgegenda 
und nähern dem Drahte im Puncte l einen Nordpol ím Wu 
unterhalb einer horizontalen, die untere Fläche des Draht#i 
rührenden Ebene, so wird der Draht angezogen; komiti 
Nordpol lothrecht unter den Draht, so weicht letzterer we 
aus; bewegt man den Magnet unter einer, die untere Fi 
des Drahtes berührenden horizontalen Ebene nach Osten, 
wird der Draht abgestolsen; wäre es möglich, den in e 
Puncte vereinigten Nordpol genau in einer die Axe desD 
tes schneidenden horizontalen Ebene östlich oder westlich 
demselben zu halten, so würde gar kein Effect erfolgen; 
findet er sich aber über dieser Ebene östlich vom Draht 
wird dieser angezogen, lothrecht unter dem Magnete b: 
abweichen, und wenn der Nordpol westlich vom Drahte 

„ der letztgenannten Ebene gehalten wird, so muls der Draht 
:, der abgestofsen. werden. Denkt man sich also einen loth 
ten Durchschnitt des horizontalen Drahtes a, die Richtus 
elektrischen Stromes vom Beobachter abwärts angenomm: 
liegen um diesen bei Anwendung eines nordpolaren Ma 
zwei Puncte der Abstolsung a,@ ; zwei Puncte der Anz 
b, R; zwei Indifferenzpuncte 0,0; ein Punct der östlich: 
weichung e und ein Punct der westlichen w, welches eig 
nichts anders ist, als das Herumlaufen des Nordpols u 
Draht in der Richtung a f'a’ f umgekehrt genommen. i 


i / \ 
Magnet und elektrische Leiter 553 


len Durchschnitt des Drahtes, welchen wir hier in l ange- Eig- 
xen haben, in Gedanken über die ganze Länge des Drah- 
s $ fort, und berücksichtigt, dafs der Draht an jeder Stelle 
eiche Weise vom magnetischen Pole umkreiset wird, so 
für jeden einzelnen Punct des Drahtes die Bewegung des- 
ı leicht gefunden werden. Dabei versteht sich von selbst, 
rücksichtlich des Oben und Unten das Drahtende no dem 
nd ps entgegengesetzt ist, folglich hier auch die Wirkun- 
Les genäherten magnetischen Poles die entgegengesetzten 
müssen, auch versteht es sich von selbst, dals bei der An- 
ung eines Südpoles die Wirkung entgegengesetzt sey, also 
nziehung in Abstofsung, und umgekehrt die östliche Ab- 
tung in die westliche verwandelt werden wird, blols die 
n Indifferenzpuncte werden bleiben, weil ein so aufgehan- 
Draht sich nicht in verticaler Richtung bewegen kannt. 
>. Der eben beschriebene Erman’sche Rotations - Apparat 
zht ganz wohlfeil, wenn man auch zu dem Becher Kupfer 
Silber wählen wollte, und muls aulserdem zu dem genann- 
wecke und noch einem andern später zu erwähnenden be- 
'ıs angeschafft werden. Es lassen sich indels die angege- 
a Erscheinungen auch vermittelst einer andern Vorrichtung 
lien, welche durch v. ArTmaus? bald nach der Entdek- 
des Elektromagnetismus in Vorschlag gebracht. ist, und 
aus einem gehörig gebogenen und an einem Faden unge- 
ater Seide fein balancirten Drahte besteht. Man hat seit- 
bei den zahlreichen angegebenen Drehungsapparaten diese 
.es Aufhängens nicht weiter benutzt, sondern sich vielmehr 
salancirens auf feinen Stahlspitzen bedient; weil aber jene 
;röfste Beweglichkeit gewährt, und der Apparat aulserdem 
zu einem andern Zwecke dient, so möge er hier eine Stelle... 
n. Auf einem schmalen Brette AB wird die gebogene Glas- Pe 
: abc aufgerichtet, welche an ihrem Ende den kleinen Be- 
m mit Quecksilber trägt. In diesem Quecksilber ist der 
t mit seinem krummgebogenen Ende e frei beweglich, und 
selbst durch den ungezwirnten Seidenfaden r am Häkchen 





Die von Erman beobachteten Wiskungen der beiden Pole eines 
senmagnetes besonders anzugeben scheint mir überflüssig, da 
ch aus dem Gesagten von selbst ergeben. 

Versuche über den Elektromagnetismus, 8. 4. 


554 Elektromagnetismus, 


s getragen. Der Draht bildet dann von e und f durch 
k einen Kreis, welcher durch das Quadrat glop gen: 
cirt ist, und senkt sich wit der untersten Spitze in da: 
silberschälchen n, so dafs die obere und untere Spitze ı 
Tuncten f und p in eine lothrechte Linie fallen. Da 
Biegungen sich berühren würden, sind sie durch ein $ 
“Taffent isolirt zusammengebunden, und das Ganze kon 
mittelst der Quecksilberbecher in den elektrischen Kr 
3. Auch diese Votrichtung erfordert wieder einen ı 
für sich bestehenden Apparat, durch welche Vereinzel 
Zahl der Vorrichtungen zu den zahlreichen Versuchen : 
menà vervielfältigt wird. Weit zweckmälsiger hat ma 
einen allgemeinen Apparat zı construiren gesucht, ven 
‘dessen sich die vielfachsten Erscheinungen darstellen lasse 
sind mehrere dergleichen in Vorschlag gebracht, z, B, vo 
_ MONFERRAND? zwei, durch die mannigfachen Combinat 
welche sie gestatten, allerdings ausgezeichnete, indel x 
'mir der durch Amr&ne angegebene seiner Einfachheit und 
übermäfsigen Kostbarkeit und Zusammengesetztheit wege 
beste, schon in so fern, als es nicht zweckmäfsig ist, &1 
zichtungen zu allen Versuchen vereinigen zu wollen, wd' 
sie nicht sämmtlich zu gleicher Zeit anstellt, oder bei de 

Fig. Monstration vorzeigt. 

. Aurerx’s3 Apparat besteht aus einem Tische, welche 
Vermeidung nicht gesuchter elektrischer Einflüsse mit € 
isolirenden Firnisse überzogen ist, und von Säuren oder: 
solutionen frei erhalten werden muls. Um das unvernei 
aus den kleinen Küpen herabfallende Quecksilber wegzus 
fen, befindet sich bei P eine Oeffnung, in welche man das 
vermittelst einer Feder zusammen kehren, und in dem St 
kästchen V vereinigen kann. Als wesentliche Theile dieses 
parates sind anzusehen die zwei Paar in einer verticalen E 





'-'£ Die Wirkungen des Magnetes auf diesen Draht und die. 
tungen der erzeugten Bewegungen übergehe ich, weil sie aus des 
ter No. 1 Gesagten von selbst folgen. 

2 Handbuch der dynamischen Elektricität u. s. w. Bearl 
von Fechner: Leipz. 1824. 8. S. 12 f. 
` `$ Ann. de C. P. XXVI. 390 f. Es ist dieses eine Verb 
rung des früher nebst ‘den damit anzustellenden Versuchen be 
benen. S. ebend. XVII, 88, 


Magnet und elektrische Leiter. 655 


aden kleinen Küpen x’y’; y,x; die sich zugleich zu zwei 
m in einer horizontalen Ebene. liegenden x’,y; y’,x verei- 
ı lassen, und die einzelne Küpe S, alle mit etwas Queck- 
r gefüllt, und die beiden ersteren durch alle Azimuthe be- 
ich. Hauptsächlich mufs bei einem solchen Apparate da- 
sesehen werden, dafs die Drähte, durch welche die er- 
Elektricität zu den einzelnen Vorrichtungen geleitet wird, 
isohe unbeweglich sind, damit man sie während des Ex- 
ients nicht zu halten nöthig hat, und dafs zugleich der 
lauf der Elektricität schnell umgekehrt werden kann, da- 
e einander entgegengesetzten Wirkungen sogleich hervor- 
'e Das Erstere erreicht wan leicht, indem man die Drähte 
ttelst einer auf dem Tische befestigten Klemmsohraube p 
hen zwei kleine Brettchen festklemmt, während ihre et- 
ıımgebogenen Spitzen in die Vertiefungen A und a getaucht 
Schwieriger ist es, den elektrischen Strom augenblick- 
wı unterbrechen und seine Richtung umzukehren. Hierzu 
diejenige Vorrichtung, welche in vergrälsertem Malsstabe 
«ers dargestellt ist, mit gleicher Bedeutung der Buchsta- p; g. 
r beiden Figuren. Zwei kleine Brücken K und k, um eine 84, 
ox,a’ und 8,8 beweglich, sind ehngefähr 1 Z. über die 
æ des Tisches erhoben, und bestehen aus zwei Stücken 
ar durch gefirnilstes Holz oder Elfenbein isolirt. Die Ku- 
Leche haben an jeder Seite zwei, im Ganzen also vier Lap- 
welche vermöge durchkreuzender Verbindungen den elek- 
.en Strom entweder in der einen oder in der entgegenge- 
ın Richtung zu leiten bestimmt sind. Wird nämlich die 
dieser Brücken, die links gezeichnete, nach der rechten 
herabgedrückt, so senken sich die dort befindlichen vier 
en in die Rinnen A,B und in die Vertiefungen C,D; wird 
agegen nach der linken Seite hm herabgedrückt, sa werden 
ın dieser Seite liegenden Lappen in die Rinnen A,B und 
3 Vertiefungen C’ und D’ herabgedrückt; sind die Brücken 
‚onral, so findet keine Verbindung zwischen ihnen und. dem. 
nischen Leiter statt. Die beiden Vertiefungen stehen mit 
ader in Verbindung, nämlich © mit C’ und D mit D’. durch 
te, welche .mit Seide umwunden und durch ein Stückchen 
zwischen ihrer Durchkreuzung von einander isolirt getrennt 
. So wie diese Brücke dem Leiter des einen galvanischen 
s dient, so ist die zweite für den des andern bestimmt, mit 


558 Elektromagnetismus. 



















einander correspondirenden Buchstaben zur Bezeichnung dereu- 
zelnen Theile. Links niedergedrückt sinken also die 4 kupfer- 
nen Lappen in die Rinnen B,a und die Vertiefungen c,d; redis 
Fi niedergedrückt in B,a und c,d’. Für die erste Brücke ist eim 
4. Verbindung bewerkstelligt zwischen der Vertiefung G und da 
durch einen Draht oder Kupferstreifen verbundenen Vertiefu- 
gen C und C’; desgleichen zwischen der Vertiefung H und da 
verbundenen Vertiefungen D und D’. Auf gleiche Weise it 
für die andere eine Verbindung hergestellt zwischen cunde 
und dem kleinen Becher S, dessen Höhe vermittelst der Stel- 
schraube z regulirt wird, welche sich unter dem Tische befe- 
det; desgleichen mit der Säule E T vermittelst des federnde 
Metallstreifens JJ’, welcher gleichfalls unter dem Tische age fy 
bracht ist. Von der andern Seite findet eine Verbindung sat 
zwischen den Vertiefungen d und d’, und den beiden halbin# 
förmigen Rinnen MN, mn mit Quecksilber gefüllt, und m k 
dem Drahte tuv versehen, welcher nebst der unter ihm im 
. balancirten Magnetnadel als Galvanometer dient. Von hiaw 
geht die Verbindung zur Säule F U und der Vertiefung 0, 


in einem geschlossenen Kreise herumzuleiten,, zugleich aber üe 
aufgehangenen Schälchen x, y; x’, y’ mit in diesen Kreislal |, 
einzuschliefsen. Zu diesem Ende ist die Säule E T vermittelt I. 
eines Drahtes mit dem Schälchen X und die Säule FU auf der h, 

che Weise mit Y verbunden; beide Schälchen sind von eina- 
‘der isolirt getrennt durch ein mit Firnils überzogenes Glastäb- 
chen, woran sie festsitzen, und stehen in Verbindung X mit 
und x; Y mity und y. Je zwei dieser kleinen Schälchens 
und y; x’ und y’ bieten für die aufzuhängenden Apparate zwä 


liche, welche sich vermittelst des Knöpfchens Z durch alle As fry; 
muthe herumdrehen lassen. Mk 

Für diejenigen Versuche endlich, in denen der tellurisch fa; 
Magnetismus auf die beweglichen Leiter der Elektricität wida fry 
soll, oder die letzteren zugleich in ein Gefäss mit einem füs# fh, 
gen Halbleiter der Elektricität gesenkt werden, ist es nothwe# fim 
dig, die Rinnen A, B mit einander zu verbinden. Dieses £" fiiy 


Magnet und elektrische Leiter. 557 


ht durch Ueberschlagen des in zurückgelegter Lage gezeich- 
1, im Charniere q beweglichen MetallstreifensQ, welcher mit- 
Vorsprüngen e,f versehen ist. Hierdurch wird der elektri- 
Strom durch die beweglichen Leiter geführt, indem er ent- 
T die Säulen ET oder FU durchläuft, oder in das Queck- , 
rgefäls S geleitet wird, je nachdem die beweglichen Appa- 
in den Schälchen x,y; x’ y’ oder in S aufgehangen sind. 
4. Mit diesem Apparate versehen kann man leicht die zu 
mannigfaltigsten Figuren gewundenen Drähte in den Strom 
galvanischen Elektricität bringen, und ihr Verhalten gegen 
ı genäherten Magnetpol prüfen. Am einfachsten eignet sich 
u die quadratische Form, und es ist um so weniger erfor- 
sh, diese Vorrichtungen zu vervielfältigen und zusammen- 
zter zu machen, als durch dieselben doch nur ein ohnehir 
send bekanntes Resultat zu erhalten ist. Wird also ein Fig. 
-, etwa 0,5 bis 0,75 Lin. dick an beiden Enden mit den 85. 4 
en Stahlspitzen versehen, dann in der Richtung abcde 
nem Rectangel gebogen, werden dabei die bei a zusam- 
ommenden Theile durch ein zwischengelegtes Stückchen 
rızeug getrennt und mit einem Faden zu grösserer Haltbar- 
‚usammengebunden, die Spitzen in die mit gleichen Buch- l 
r bezeichneten Schälchen des (No. 3) beschriebenen Appa- , 
gesenkt, welche mit Quecksilber gefüllt und am Boden 

inem' Glasscheibchen versehen sind, strömt endlich die 
nische Elektricität entweder in der Richtung yabcdex 
umgekehrt geleitet, so lassen sich die oben (No. 1) be- 
}benen Wirkungen des einen magnetischen Poles und des’ 
n oder auch zweier verbundener für beide angegebene 
ungen des elektrischen Stromes hiermit nachweisen. 
3. Alle drei bisher beschriebene Vorrichtungen sind blols 
zimuthe beweglich, und zeigen daher die Erscheinungen, 
1e durch die Einwirkung eines Magnetes auf einen beweg- 
ı Leiter der Elektricität hervorgebracht werden, nicht voll- 
ig. Es läfst sich indels die verticale Bewegung leicht auf a; 
nde Weise erzeugen. Ein dem vorigen ähnlicher Draht, 8 
inen beiden Enden mit vertical herabgehenden Spitzen y’,x 
hen, dann in die rectanguläre Form y’abcdy”xgebogen, im 
ʻe y und x auf die beschriebene Weise isolirt verbunden, 

so weit an den Seiten ab und dc herabgedrückt, dafs sein 
erpunct ein Minimum unter die Spitzen y und x fällt, und 


558 Elektromaägnetismus. 


er also in einer horizontalen Ebene wie ein feiner Waagebalk 
leicht oscillirt, endlich durch Einsenken der Spitzen in die 
gleichen Buchstaben bezeichneten Schälchen gesenkt, und li 
durch in den Kreis der galvanischen Elektricität gebracht, 
die.noch fehlenden verticalen Bewegungen deutlich zeigen, 
gleicht in sofern einer Inclinationsnadel, wenn die anderen, 
her (No. 1. 2 u. 4) beschriebenen, der Declinationsnadd d 
respondirend erscheinen. Auch hierbei fügen sich die Ers 
nungen ohne Schwierigkeit einer leichten Uebersicht, wenn 
sie auf das angegebene Gesetz zurückführt, dafs der mag 
sche Pol den galvanischen Verbindungsdraht umkreiset. Y 
also die Richtung des elektrischen Stromes von y’ nach x a 
nommen, so muls der Nordpol unter dem Ende y’ a östliche } 
weichung erhalten, die Richtung dieses Endes von Norden md 
. Süden angenommen, mithin wird derselbe unter ab beiu 
änderter Richtung südlich abweichen, und nach dieser Âg 
durch die ganze Länge des Drahtes. Denkt man sich z: ia 
magnetischen Pol als fest, so kann der Draht keine Bemgay i 
erhalten, wenn der magnetische Pol sich über oder uùrde | 
Drahte befindet; hält man aber den Nordpol z. B. an dies 
Seite des Endes ab, beider Axen in einer horizontaleniim fù 
angenommen, so wird der Draht herabsinken ; denselben ha |} 
der inneren Seite gehalten wird er dagegen in die Höhe stega $ 
und hiernach lassen sich alle Bewegungen des Drahtes für ba 
magnetische Pole leicht auffinden. 

6. Der erste, welcher den bisher oft ausgesprochen 
Hauptsatz in der Lehre vom Elektromagnetismus, nämlich d 
der frei schwebende Pol eines Magnetes sich um den elektris 
Leiter umkreisend bewegt, in seiner eigentlichen Bedenn 
auffalste, und dadurch einen Apparat erfand, welcher die 
eben in No. 1 bis 5 beschriebenen Bewegungen in sich vor 
nigt, und das Gesetz selbst in das helleste Licht setzt, 
Fanapart. Nach seiner Darstellung scheint es mir nicht zw# 











} 





1 Ann. Ch. et Ph. XVIII. 837. G. LXXI. 188 ff. Fananur vol 
hierauf durch ähnliche Versuche geleitet, als diejenigen sind, 
man oben Ill. A, No, 5 erwähnt findet. Was er noch weiter i 
die Lage des magnetischen Poles in Stahlstäben beibringt, nam 
dafs diese in gröfster Stärke nicht an den Enden derselben, sot 
mehr nach der Mitte zu liegen sollen, ist hier nicht zu untersucht 
und kommt bei dem für jetzt zu erörternden Versuche nicht in Bt 


Magnet und elektrische Leiter, 3589 


kft, dafs er dieses Gesetz bestimmt auffalste, und folgenden Fig. 
arat danach construirte. In einer kleinen, im Minimo nur 87. 
Z. langen und 0,3Z. weiten Glasröhre ab, welche oben et- 
zusammengeblasen seyn kann, und daselbst mit einem Karke 
ehen ist, befindet sich oben das eine zu einem Oehre um- 
Ihlangene Ende eines recht blanken. Silberdrahtes (Kupfer= 
kes), dessen anderes Ende k zu einem der Pole eines Elektro- 
xs fiihrt. In das genannte Oehr ist das Oehr eines gleich- _ 
sehr blanken dünnen Platindrahtes geschlungen, welcher 
dem andern geraden in das im wnteren Theile der Röhre 
liche reine Quecksilber taucht. Letzteres wird durch den 
&b in der Röhre festgehalten, durch dessen Mitte das blanke, 
mstäbchen cd so gesteckt ist, dals es mit dem oberen Ende 
æ über das Quecksilber hervorragt, mit dem unteren. vom 
co etwas entblölst ist, und hier eine, ununterbrochene metal- 
æ Fortleitung zum anderen Pole des Elektromotors vermit-. 
des Drahtes z giebt. Wird dann mit dem unteren Ende 
eisemen oder auch stählernen Stäbchens d. ein kräftiger 
zugkpol in Berührung gebracht, so erhält das andere Ende c. 
entgegengesetzte Polarität, und bei geschlossener galvani- 
e Kette läuft der. Platindraht um diesen künstlichen Magnet- 
ün einer durch den elektrischen Strom und die Polarität des 
us bedingten Richtung 1. Diese zu bestimmen bedarf es 
dem einmal angenommenen Hauptgesetze keiner künstlichen 
onstration. Es sey zu diesem Ende die Richtung des elek- 
zen Stromes durch die Bezeichnung der Verbindungsdrähte. 
id z angegeben; man denke sich den Apparat horizontal im. 
zetischen Meridiane und k im magnetischen Norden liegend, 
Platindraht aber fest, so wird der Nordpol unter demselben 
sh abweichen, dann in die Höhe gehoben werden, wie- 
m westlich abweichen, herabsinken und seinen Lauf aufs . 
» beginnen. Denkt man sich nun den Magnetpol fest und. 
Draht beweglich, so muls dieser in entgegengesetzter Rich- 
ihn umkreisen, und diese Bewegung auch beibehalten, 
n man den Apparat in eine verticale Linie richtet. Ein in 
n kleinen Malsstabe verfertigter Apparat dieser Art zeigt 





tung, scheint mir aber auf einer Milskennung der eben erwähn- 
trscheinuugen zu beruhen. 


G. LXXI. 135. 


. schen Stromes sogleich die umgekehrte Bewegung des E 


7 f 


s00 | Elektromagnetismus. : 


die Erscheinung schon bei Anwendung von zwei mäăfsig gnhell ' 
- Platten Kupfer und Zink, . wobei: nur darant wu sehen is, ài a 
die Metalldrähte recht blank sind, und den Bi 
nicht unterbrechen; ein gröfserer dagegen erf na 
Elektromotore. Man kann übrigens den unteren Drakt £ ae: 
in die Höhe biegen, und den Apparat in die oben I:C$% deli 
. schriebenen Quecksilbergefälse x, y’ vermittels der Dr 
k,z aufhängen,, um durch Umkehrung-der Richting drci 





























drahtes hervorzubringemt. DER La 
7. Es ist indefs nicht su verkennen, dats de P 
durch den Widerstand des Quecksilbers bedeutend g : 
wird, welches durch Uebergielsen mit verdünnter Salpete 
wegen des entstehenden Oxydes nicht aufzuheben ist?, A 
dem hängt der Platindraht vermittelst der Schleife in 
drahte, wodurch der unmittelbare leichte Uebergang de 
trischen Fluidums gehindert und die Reibung venst wif % 
Ungleich zweckmülsiger sind daher Scuwrcera’s? Aput 
eingerichtet, woran nicht blofs das Umlaufen eines agree! Y 
Leiters äber einem Pole, sondern auch um einen F \ 
. wöhnlichen Magnetes nachgewiesen werden kann. 
8 des ersteren ist gh eine flache hölzerne Scheibe mit jana 9 
ausgedreheten Rinne rr, bestimmt zur Aufnahme des ber & 
reinsten Quecksilberss. Um den Einflufs der Zuleitungsdrike d h 
die bewegliche Nadel zu vermeiden, ist der vom positiven Pef t 
ausgehende p in das Quecksilber der Vertiefung r geleitet, @F *e 
vom negativen q geht unten in die Scheibe eingelassen Wsi 
die Mitte, ist dort umgebogen, geht lothrecht durch das ef’ 
trum der Scheibe, und endigt oben in eine angelöthete feine k 
nadelspitze. Auf dieser schwebt vermittelst des kleinen Hüte 






e 





1 Aurkar’s weitere Untersuchungen über diesen Gegenstand 
unten E, 6. a. 

2 Sturgeon’s Drehapparat aus Tilloch’s Phil. Mag. 1823 Sept 
Schweigg. XLI. 241 übergehe ich seiner anscheinenden Bequem 
ungeachtet, weil ich überzeugt bin, dafs bei der Kleinheit der ® 
tromotoren, welche sich selbst zugleich auch drehen sollen, # 
Aaupt kein Erfolg zu erwarten ist. Besser ist Cumming’s Dreb 
in Ann. of, Phil. VII. 46. Indefs steht auch dieser den i 
nen nach. 


3 Journ. N. R. XVI. 27. 


LE EE} 


s 
Ld 


Magnet:und elektrische Leiter. 561 


ie sehr leichte, aber nicht zu kurze, wohl 6 Z. lange mes- 
me oder kupferne Nadel na mit einem krummgebogenen Ende 
in, bestimmt in das Quecksilber der Rinne zu tauchen, und 
»m kleinen Gegengewichte n, um das längere Ende zu balan- 
ni, Die Lage des magnetischen Poles und die Richtung des 
‚trischen Stromes sind an sich klar. Befindet sich unter dem 
sarate der Südpol eines starken Magnietes, oder wirkt blols 
‚ wiewohl ungleich schwächere, tellurische Magnetismus 2, 
chem wir auf unserer Halbkugel südliche Polarität beilegen 
sen, so erfolgt die Drehung durch N. nach O.S. W., wenn 
—+ EL von N. her eintritt, und vom Quecksilber bei r im 
hte a aufwärts strömt. Denkt man nämlich nach dem Nor- 
versuche den Draht a bei der angegebenen Strömung horizon- 
zehalten, so wird der Nordpol unter. ihm eine östliche, mit- 
der Südpol eine westliche Richtung erhalten, und diesem 
x mufs im letzteren Falle der Draht selbst durch O. und S. 
a W. und N. herumlaufen. Ä 
& Für das Umlaufen des galvanischen Leiters um einen 
jmetischen Pol hat Scawereeer? gleichfalls einen sinnreich 
Zedachten Apparat angegeben, an welchem noch obendrein 
entgegengesetzte Wirkung der ungleichnamigen Pole gleich- p; 
ag beobachtet werden kann, AB ist ein etwas starkes Brett 89, 
hartem Holze, an dessen beiden Seiten die kreisförmigen _ 
men g h; g'h’ eingeschnitten sind, um das Quecksilber auf- 
ehmen. Im Centro dieser Rinnen sind von unten herauf die 
len Pole eines Hufeisenmagnetes N, S hinaufgeschoben, so 
s sie nur etwa eine Linie über die Fläche des Brettes hervor- 
>n, wodurch die im Kreise der Elektricität befindlichen Na- 
2 zum Umlaufen um dieselben sollicitirt werden. Es tritt 
ılich der elektrische Strom durch den Draht + E, welcher 
ı unten herauf durch das Brett gesteckt ist, bei e in das 
=cksilber der ersten Rinne, wird von diesem dem Ende a 


1 Um durchweg die Verbindung ‚vermittelst Quecksilbers zu er- 
€n, kaun man noch bequemer der Nadel. bei v eine feine verticale 
2lspitze, und dem oberen Ende des Drahtes t ein kleines Schälchen 

einem Tropfen Quecksilber geben. 

2 Von diesen Erscheinungen wird erst im folgenden Abschnitte 
>uders geredet werden, indefs anticipire ich diese kurze Andeutung 
dieser Gelegenheit, 

3 Ebend, a 
X. Bd. Nn 















s62 Elektromagnetismus. 


des beweglichen Drahtes mitgetheilt, läuft von hieraus durd 
die Spitze n, welche das Ende eines rechtwinklich gebogene 
Kupferdrahtes bildet, dessen Richtung durch das Holz zwischa. 
dem Magnete und dem Quecksilber in der Rinne nach f,f bis+ f} 
E, wo er in das Quecksilber der zweiten Rinne durch Umbie 
gung von unten aufwärts tritt, aus der Zeichnung ersichtlich ist 
In der zweiten Rinne ist der Gang des elektrischen Stromes den 
ersteren gan2 gleich, bis der Draht — E zum zweiten Elekto 
motor geführt wird. Die leicht balancirten umkreisenden Ñ- 
deln sind genau so gemacht, wie die oben beschriebene, md 
die Richtung beider ist durch die Buchstaben in der Zeichnug 
angedeutet, 

9. Dals der magnetische Pol wiederum den galvanische 
Leiter umkreisen müsse, ist genugsam erwiesen, . und essin 
die wesentlichsten hierhin gehörigen Erscheinungen oben (LA) 
erwähnt. Indels wollte Fananar eine, der eben beschrieben® 
völlig analoge, Umkreisung hervorbringen, welches ihnmd 
gelang, und wegen des innigen Zusammenhanges beide b- 
scheinungen habe ich daher die Beschreibung dieser lesie 
bis hierher verschoben. Farapar? leitete zu diesem Eseia 
Verbindungsdraht der Elektromotoren durch ein Gefäfs mit (0% 
silber, in welchem er einen Magnetstab vermittelst einer gb 
rigen Menge um seinen einen Pol umgewiokelten Platindalts 
so schwimmen machte, dafs blofs der andere Pol oben her 





1 Diese Apparate sind in einigen Stücken demjenigen nachgebi 
det, welchen Pour bei G. LXXIV. 395 angegeben hat, um das Ur 
laufen eines beweglichen galvanischen Leiters um einen oberhalb oft 
unterhalb befindlichen magnetischen Pol, oder durch den Einfluss da 
tellurischen Magnetismus zu zeigen. Ist nämlich die in No. 7 ange? 
bene Nadel leicht genug balancirt, so wird sie auch durch den mie 
ihr befindlichen tellurischen Südpol in umkreisende Bewegung verst 
werden. Ponz giebt hierbei die nützliche Regel, das Quecksilber mõ 
lichst rein und trocken anzuwenden, und ohne verdünnte Säure, 
che leicht etwas Oxyd erzeugt, auch bei der .Anwendung von bl 
kupfernen Nadeln ohne Platinspitzen die Enden mit salpetersaur® 
Quecksilber etwas zu amalgamiren, dann aber das Quecksilber dud 
sie blofs berühren zu lassen, und sie zu diesem Ende mit Siegellackfrsi 
zu überziehen, damit sie, aufser der unteren amalgamirten Fi 
nicht weiter amalgamirt und dadurch tiefer in das Quecksilber g3059 
werden. Vergl. G. LXXV. 272. 

2 G. LXXI. 139. 


Magnet und elektrische Leiter. 563 


e, welcher dann um.den Verbindungidraht im Kreise um- 

Newmans t verbindet die beiden durch Fananar aufge- p; 
lenen Rotationen mit einander auf eine aus der Zeichnung 90, 
at ersichtliche Weise. Die isolirende Säule AB trägt näm- 

einen stärkeren Kupferdraht ode, von: welchem ein din- 
x in das mit Quecksilber gefüllte Gefäls M herabgeht, und 
h den hierin vermittelst Platin’s schwimmenden Magnet p 
reiset wird. Der elektrische Strom nimmt dann seine Rich- 

durch die Fortsetzung dieses Drahtes von K aus durch den 
ıt m und den dickeren cde, dann duroh den in einem 
re leicht aufgehangenen: Platindrakt n, welcher um den 
wıetpol p’ umkreiset, während er dem Quecksilber im Ge- 

N. die Elektricität zuführt, die durch den Draht Z dem . 
uten elektromotorischen Elemente wieder zuströmt?, 


10. Dafs sich diese Erscheinungen noch-!af mannigfache 
‚se abändern und vervielfältigen lassen , ##44teht;sich von 
st. Wollte man z. B. statt eines stählernötschfagedtes einen 
Komagnetischen aus schraubenfärmigen Diiefäivihdlingen be- 
enden anwenden, so würde der Erfolg der #@liche seyn. 
: eines Gefälses mit Quecksilber kann auch eins mit Wasser 
>mmen werden, auf welchem der Magnet vermittelst eines 
Ixes schwimmend erhalten wird. Man’ kann ferner zwei 
>indungsdrähte der Elektromotoren mit gleichen oder ent- 
ngesetzten elektrischen Strömungen, und eben so zwei 
;mete mit gleichen oder entgegengesetzten Polen anwenden, 

denn auch vielfache Abänderungen der beschriebenen Er- 
:inungen von FArADAY versucht sind; allein die hierzu er- 
erlichen: complicirten Apparate, und die dadurch erhaltenen 
wickelten Resultate dienen keineswegs dazu, dieSache mehr 
‚uklären, vielmehr können sie leicht Verwirrung herbeifüh- 
» und ich übergehe sie daher um so mehr, als mir naoh 
;fältiger Prüfung kein genauer Versuch vorgekommen ist, 





1 G. LXxn. 113. ' 


2 Ampère hat diese verschiedenen Drehungen in einem sinnreich 
'truirten Apparate vereinigt, welcher unten No. 12 beschrieben 

Seinen älteren Drehungsapparat hat James Marsu verbessert, 8. 
©ch’s Phil. Mag. 1822 Juin, daraus in Bibl, univ. XX., 258. -in- 
: übergehe ich diesen der Kürze wegen. 


3 Faraday bei G. LXXI. 142. ` 
Nn 2 


564 | Elektromagnetismus, 


‚welcher sich nicht mit dem aufgestellten Hauptgesetze verein; 
. gen liefse. 

' 11. Ein Umstand ist indels allerdings von der Art, dabe 
-noch eine besondere Erwähnung verdient. C.H.Prarr enikk 
-nämlich 2, dafs er zur Widerlegung der Faraday’schen Behi- 
tung der aus dem galvanischen Schlielsungsdrahte hervorgehes- 
den anziehenden und abstolsenden Kräfte eine Vorrichtung he- 
gestellt habe, bei welcher ein Magnet um einen lothreckt 
Schlielsungsdraht umherkreisete, und dieser sich zu glece 
Zeit in entgegengesetzter Richtung um seine Axe drehete, om 
dafs hierdurch weder die Geschwindigkeit noch auch die Rid- 
tung des magnetischen Poles irgend eine Aenderung erlitt. Lei- 
terer Erfolg ist aber nothwendig und im Wesen der Sache œ- 
gründet, ohne dafs sich daraus etwas für oder wider eine de 
aufgestellten ‚„„uheorieen folgern läfst. Die elektromagnetisce 
Wirkungningssächliefsungsdrahtes hängt nämlich durchausuich |; 
von sejaes.Horm-und auch nicht von denjenigen Thea d, 
welche ‚gachwAetsginen oder der andern Seite gerichtet sind, s- 
‚dern blofsıgom.der Leitung, welche er der dürchstrisske 

. Elektricität darbietet, und es ist nicht sowohl der Drakk, 
als vielmehr der Strom der Elektricität in ihm, welche ia 
Magnetismus in ihm hervorruft, gegen welchen er selbst gẹ 
indifferent ist, aulser sofern er der an ihn gebundenen Elekti 
cität zum Vehikel dient, und seinerseits wieder den Mania | t 
mus. gebunden hält. So wie es daher rücksichtlich der elektr 
magnetischen Wirkung eines bestimmten Theiles des Ling N 
drahtes ganz gleichgültig ist, ob der Draht vor oder hinter fir 
sem Theile auf die mannichfachste Weise gewunden und g 
richtet wird, (oben III. A. 1.) eben so ist es auch ganz glei 

.gültig, ob derselbe bei unveränderter Richtung des elektrisch 
Stromes um seine eigene Axe gedreht wird oder nicht. 

Ä 12. Uebrigens liegt es in der Natur der Sache, dals de 
elektromagnetische Leitungsdraht durch den Pol eines Magnete 
sollicitirt werden muls, um seine Axe zu rotiren. Hat nämlich, 
abgesehen von jeder Theorie, und das bekannte elekiromager 

Fig. tische Hauptphänomen in seiner ganzen Einfachheit genomma, 

91. der Leitungsdraht A die von seinem Centro y ausgehende Kraft? 














1 Der Elektromagnetismus S. 166. 
2 Ueber dieses Vorhandenseyn der elektrischen Strömung, un 


Magnet und elektrische Leiter. 565 


m magnetischen Pole a eine Bewegung mitzutheilen, wo- 
:h er in die Lage a’ kommt, so muls dieser hinwiederum 
n durch den Winkel aya’ um seine Axe zy drehen streben. . 
ADAY! war der erste, welcher diesen Satz aus der ihm ge- . 
enen Umkreisung eines Leitungsdrahtes um einen Magnet- 
folgerte, ohne dafs es ihm gleich anfangs gelang, die Auf- 
durch einen Versuch zu lösen. Später hat er zwar auch 
's erreicht, allem es war abermals der unermüdete Amr&nr?, 
her diese Andeutungen weiter verfolgte, und das gesuchte . 
omen durch einen sinnreich construirten Apparat darstellte, 
ıttelst dessen sich mit geringen Abänderungen. die verschie- - 
m Rotationen hervorbringen lassen 3, "Pig, 
Der ganze Apparat besteht aus einem dreifülsigen Tische, 92. 
welchem das gläserne Gefäls X Y mit seinem Fulse M fest-, . 
Einander diametral gegenüber ist an der einen Seite der. 
"mme Stab EF befestigt, an dessen unterem Ende das Schäl- 
mit Quecksilber O. festsitzt, am oberen F aber der: auf- 
abwärts verschiebbare horizontale metallene Stab FG, mit. 
x kupfernen Ringe GIH, welcher etwas enger ist als die, 
wng des Glases, und sich von oben herab so in dieses. 
senken lälst, dafs er das Quecksilber berührt, wie die Fi- 
‚eigt; an der andern Seite dagegen ist der runde Kork U: 
ı eine Oeffnung im Tische gesteckt, und dient .als Halter, 
letalldrahtes AB mit einem Quecksilberschälchen ©’ an 
m unteren Ende, eben bei B horizontal, bei D lothrecht 
wärts gebogen, so dafs seine Spitze Z sich in der Axe des, 
efälses in das. Quecksilber tauchen lälst. Im Quecksilber 
sh schwimmt lothrecht der Magnetstahl NS mit seinem 
xragenden Pole N ynd unten mit:einem. eingeschohenen. 
ıgewichte P. Wird dann der elektrische Strom vom Ge- 
) durch den kupfernen Ring zum Quecksilber im`Glase X V, 
von hier durch ZDBA zum Gefäfse O’ geleitet oder um- 
wt, so wird der Magnet um den lothrechten Draht ZD 
der Richtung des elektrischen Stromes sich nach der einen 





adurch erregten Magnetismus im Innern des Drahtes vergleiche 


Vergl. oben No. 9 u. 10. 


566 Elektromagnetismua. 


















oder der entgegengesetzten Seite umherbewegen. Die Ursache 
hiervon liegt in diesem lothrechten Ende des Leiters, und der 
kupferne Ring dient blofs dazu, den Magnetpol allerseits durch 
den Leiter der Volta’schen Elektricität zu umgeben, und nicht 
zwischen zwei Leiter zu bringen, indem die Wirkung auc 
dann erfolgt, wenn die Leitung unten durch das Quecksilber 
geht, wie Newmann’s Apparat (oben No. 9) beweiset!, 
13. Eben diesen, nur wenig abgeänderten Apparat benutt 
Aurène?, um die Drehung eines beweglichen Leiters um sein 
pig, eigene Axe hervorzubringen. Zu diesem Ende wird auf ds 
98. kupferne Säule E F eine Glassäule gekittet, welche den kupfer- 
nen Arm LK mit der Hülse K trägt. Durch diese wird u 
ri „.Magnet cc’ senkrecht herabgelassen, und mit der Schraube Y 
98. festgeklemmt. An dem unteren Ende c’ des Magnetes ist ein 
stählerne Spitze eingeschroben, nachdem zuvor in die Vertie- 
fung der Schraube etwas Quecksilber gegossen und dam di 
Spitze so eingeschroben ist, dafs das Quecksilber zu vollständi- 
gerer metallischer Verbindung sich zwischen die Schraubenwi- 
dungen setzt. Der Draht A BD wird dann so weit heraufem- 
gen, dafs seine Spitze Z in eine mit Quecksilber gl 
Vertiefung im andern Ende des Magnetes herabgeht. In da 
Quecksilber des Gefälses schwimmt ein Kupferdraht NN, a 
dessen unterem Ende sich ein Stück Platin befindet, um imi 
lothrechter Richtung zu erhalten, am oberen aber das mt 
Quecksilber gefüllte Schälchen UV, in welches die stählene 
Spitze des in den Magnet geschrobenen Stückes herabgeht, un 
somit also den Kreislauf der Elektricität vom Gefälse O m f® 
Gefäfse O herstellt, wodurch der Kupferdraht vermöge des Eir- I 
fiusses des Magnetes in eine Drehung um seine Axe ver ki 
wird. 
= Um auch dieses Phänomen mit allen übrigen unter das a 


1 Die Erklärung, welche Aup£ae tnd seine Anhänger, na% 
lich Demonrerrano in Handbuch der dynamischen Elektr. |, 77 ™ 
dieser Erscheinung geben, lasse ich weg, weil sie nicht darch 
Beobachtung gegeben ist, sondern aus seiner Theorie folgt. Man fr 
det sie auch bei Gilbert a. a. O. Es scheint mir weit zweckmill® 
alle Phänomene vorläufig auf ein eben so einfaches als unbestreibt® 
Hauptphänomen, was der berühmte Erfinder dieses Gegomd 
zuerst entdeckte, zurückzuführen. 

2 a a. O. 8. 173. 


Magnet und elektrische Leiter. - 367 


semieine Gesetz zu bringen, darf man sich nur vorstellen, dafag,, 
die den magnetischen Pol a nach a’ treibende Kraft sich bis « 91 
erstrecke, der bewegte Magnetpol aber .nach y zu bis hinter a’ 
wnd zuletzt bis in y selbst gerückt werde, wonach dann die 
Kirehung des Kreises A nothwendig. erfolgen muss. Indels ist 
Bierbei die Hebelkraft geringe, und daher die Drehung auch 
nicht blofs langsam, sondern so sahwach, dafs man durch eini- 
xe Erschütterung den bewegenden Kräften zu Hülfe: kommen 
mals. Es wird aber die Drehung schneller und läfst sich durch 
sleinere Elektromotore erhalten, wenn statt.eines massiven. Sta- 
es NN eine kupferne Röhre genommen wird, welche dann 
mar Erhaltung einer lothrechten Lage nur eines geringeren Pla- 
ängewichtes bedarf. . Bei einer solchen hohlen Röhre ist aller- 
lings die zu bewegende Masse geringer, und würde sonach 
wich nur einer geringeren Kraft zur Erzeugung einer Bewegung 
sedürfen. Allein da das Gewicht in dem vorliegenden Falle . 
statisch im Quecksilber getragen wird, mithin 'rücksichtlich der 
Masse nur anfangs .die Trägheit zu überwinden ist, die Adhä- 
sion der Röhre an das Quecksilber aber wegen grölserer Ober- 
Häche grölser.ist als bei einem massiven Stabe, so scheint die 
Winkelkraft aya’ bei der Röhre gröfser zu seyn, weil die elek- 
romagnetischen wirksamen Puncte a «@’ (wenn man sich anders 
dieses Ausdrucks bedienen will) in ihr weiter vom Centro y ent- 
fernt liegen, oder in dem Metalle der Röhre einen stärkeren 
Widerhalt haben, als im massiven Stabe. nn 
14. Einen sinnreich construirten Apparat hat BARLOW t er- 
unden, und man muls gestehen, dafs bei demselben die Wir- 
ung. des Magnetes auf den Leiter der galvanischen Elektricität 
eim ersten Aublicke etwas paradox scheint. Barzow fand 
ämlich, dals der Draht im Färaday’schen Rotationsapparate (oben 
©. 6.) durch einen genäherten Hufeisenmagnet aus dem Queck- - 
Über gezogen wurde, und alsobald in dasselbe zurückfiel, wes- 
& gen er glaubte, man könne auf diese Weise eine dauernde 
SWwegung hervorbringen. Die hierzu gewählte Vorrichtung p; 
folgende. AB ist ein vierkantiges Brett von hartem Holze, 94 
&rauf die zweimal gebogene kupferne Stange CD E ruhet. An 
© ser befindet sich der dünnere Kupferdraht abcd angelöthet, 
=]cher unten durchschnitten, und mit feinen Pfannen versehen 
n j 
' 1 BL univ. XX. 177. 


568 Elektromagnetismus. 


Sst, damit das kupferne Rad V W mit den sehr feinen stihler- 
nen Spitzen seiner Axe aa hineingesenkt, sich sehr leicht be- 
‘wegen kann. In der Mitte hat das Brett eine Vertiefung fg nit 

einer etwas hervorlaufenden Rinne i, worin Quecksilber ansge- 

gossen und zum Ueberfluls mit einer Lage sehr verdünnter Sil- 
petersäure bedeckt ist. Endlich wird ein starker Hufeisenm- 
gnet HM in die Lage gelegt, welche die Zeichnung angiebt 

Setzt man den Kupferdraht CDE mit dem einen Pole eines stuk 

wirkenden Volta’schen Apparates in Verbindung, den andem 

mit dem Quecksilber in der Rinne i, so fängt das Rad anu I 

seine Axe zu laufen, und zwar mit einer solchen Geschwindis- 

keit, dafs das Auge nicht folgen konnte. Um indels dem elek- 
trischen Strome eine hinlänglich gute Leitung darzubieten, mir 
sen die Zapfenlager, die Zapfen selbst und auch die Zähne da 

Rades amalgamirt seyn. Barnrow bediente sich bei seine 

Versuchen eines Hare’schen Calorimotors aus 20 Kupfer- wi 

Zink - Platten, jede von 10 Z. Seite; doch soll auch ein schwi- 

cherer Apparat die Wirkung hervorbringen. Werden die Pol 

der elektrischen Leiter oder die des Magnetes umgekehrt, » 
wird die Drehung des Rades die entgegengesetzte. 

Will man diese Erscheinung auf das anfangs aufgewlu 
allgemeine Gesetz zurückbringen, dafs der magnetische Po ua 
den Ferbindungsdraht zweier Elektromotoren herumläuft, 9 

_ darf man nur auf den No. 5 beschriebenen Versuch zurückgehen, 
Fig. wonach das Ende des Drahtes ab unter den gegebenen Bedin- 
gungen durch den Nordpol des Magnetes herabgezogen wird, 
wenn dieser sich an der Aufsenseite desselben befindet, an der 
innern würde er ihn aber in die Höhe heben, und dort wird 

ihn also der Südpol gleichfalls herabziehen. \WVerden also di 

beiden freundschaftlichen Pole eines Magnetes dem Drahte a 

den entgegengesetzten Seiten genähert, so mufs derselbe mi 

verdoppelter Kraft kerabgezogen oder in die Zöke gehoben wer 

den. Denkt man sich also, dals jeder Zahn des Rades vor sei- 
ner Berührung mit dem Quecksilber das Ende eines solchen 

Drahtes bilde, so muls die Drehung hiernach nothwendig er- 
folgen, und wenn ;das ganze Rad im elektrischen Strome liest, 
eo „seht dieser auch durch jeden einzelnen Zahn desselben, wel- 

cher sonach füglich als ein Theil eines galvanischen Verbin- 





2 \Vie dieses Amalgamiren geschieht, ist oben IL a. E. gezeigt. 


Magnet und elektrische Leiter, 569 


zungsdrahtes angesehen werden kann. Es lälst sich nach dieser 
snsicht auch leicht die Richtung finden, nach welcher das Rad 
mter gegebenen Bedingungen umlaufen wird, 

-45. Hiernach bedarf eine Beobachtung Hare’s keine wei- 
me Erklärung, Dieser fand nämlich, dafs ein feiner Strahl 
"wuscksilber, weloher aus einem, mit dem einen Pole seines sehr 
"Srksamen Calorimotors in Verbindung gesetzten, Gefälse auf den - 
imen Fuls eines starken Magnetes herabflofs, dessen anderer 
“ıls mit dem andern Pole des Elektromotors verbunden war, je 
sch der Richtung des elektrischen Stromes und der Wahl der 
sagnetischen Pole einwärts oder auswärts gekrümmt wurde. 

16. Unter die bisher betrachtete Classe von Erscheinungen 
ehören auch die sehr interessanten von Davy aufgefundenen 
zindestens zum Theil, obgleich sie sammt ähnlichen Beobach- 
ıngen von Erman? und HerscueL 3 der Hauptsache nach den 
urch blofsen Galvanismus hervorgerufenen Bewegungen der 
Yüissigkeiten beigezählt werden müssen, H. Davr* senkte 
imlich zwei Enden Kupferdraht „ly bis „4 Z. tief lothrecht 
n ein Gefäls mit Quecksilber, brachte sie in Verbindung mit 
inem mächtigen Volta’schen Apparate von 200 Quad. F. Me~- 
Ulfläche, und fand beim Halten eines starken Magnetes über 
‚der unter den Drähten, noch mehr aber, wenn er die freund- 
chaftlichen Pole von zwei Magneten einen über, den andern 
enter die Drahtenden hielt, eine starke Rotation des Quecksil- 
sers um diese Drähte. Darauf steckte er zwei Kupferdrähte, 
welche an ihren Enden polirt und übrigens mit Siegellack über- 
cogen waren, von unten durch den Boden eines gläsernen Ge- 
'üfses, gols in letzteres Quecksilber, so dals es „45 bis yy Z. über 
Jie Drahtenden überstand, verband sie dann mit den Polen der 
Säule und fand eine Strömung des Quecksilbers zwischen ihnen 
in der Art, dafs das Quecksilber sich in Gestalt kleiner Kegel 
bis eine Linie hoch erhob. Näherte er diesen Kegeln einen 
Magnet, so wurden sie der grölseren Annäherung proportional 
niedergedrückt, und verwandelten sich in Wellen, welche das 





1 Ann. of Phil. N. XLVJ, 817. 

2 G. XXXII. 261. 

8 Phil. Trans. 1824, I. 162. Vergl. Edinb, Journ. of Science, 
1V. 193. Ann. Ch. et Ph. XXVII. 280. 

& Phil, Tr. 1823, 11. 153. 


570 Elektromagnetismus. 















Ende der Drähte concentrisch umgaben, anfgestreueten Kk- i 
perchen aber keine fortgehende Bewegung mittheilten, inka f 
diese letzteren vielmehr ohne Veränderung ihres Ortes ge f 
ben wurden und niedersanken, wie eine ähnliche Wirkung ad d 
bei den Meereswellen statt findet. _ r 
Es lassen sich diese Strömungen auch mit kleineren App: f 
raten erhalten, wenn man die beiden Drähte N, P einer Voli- 
Kig. schen Säule in das Gefäls X Y mit Quecksilber senkt, und de}. 
Magnet AB oder ein Bündel Magnete mit ihren gleichen Poea 
von oben herab über der Fläche des Quecksilbers Zwischen be- 
den Drähten hält. So wie aber ein beweglicher Magnet m § 
Umkreisen gebracht werden kann, so.muls auch hier eine Ur- 
kreisung um den fesitgehaltenen entstehen, welche stärker is, 
weil man einen starken Magnet anwenden darf. Um diesel 
leichter wahrnehmbar zu machen, wird etwas gesäuertes Wase 
auf das Quecksilber gegossen, damit durch die Gasentwick- 
lung kleine Bläschen entstehen, deren Bewegung die Richtus 
der Ströme angiebt. Wenn man beide Drähte so nahe an einn- 
der in das Quecksilber eintaucht, dafs ein Magnet auf beide z- 
gleich zu wirken vermag, z. B. in einem Abstande vos { bis 
2 Zollen, so werden die Blasen, welche ohngefähr an der We 
der, beide Eintauchungspuncte verbindenden, Linie befindià 
sind, nach einer auf diese Linie senkrechten Richtung fortge- 
trieben, aus welcher sich dann die Richtung der Ströme bew- 
theilen läfst. Dals diese sich ändert, wenn man die Pole des 
Magnetes oder die Schlielsung des galvanischen Kreises um- 
kehrt, oder auch den nämlichen Pol zuerst von oben dann von 
unten dem Quecksilber nähert, liegt in der Natur der Sache‘, 
Die Erscheinung selbst lälst sich auf den Fundamentalversud 
OersTED’s einfach zurückführen, wenn man annimmt, dafs di 
Leitungsdrähte ihren eigenthümlichen Magnetismus eben so den 
Quecksilber mittheilen, als er in ihrer Umgebung vorhanden 
auf die Magnetnadel wirkt, und dafs dann der genäherte Mb- 
gnet im Quecksilber die beobachtete Bewegung verursacht. 

° 17. Hieran reihet sich ein höchst interessanter Versuch, 
welcher leider nur wenigen zugänglich ist. H. Davy liefs durd 
Perys die grolse Volta’sche Batterie des Royal Institution a 
2000 Doppelplatten Zink und Kupfer in Thätigkeit 'setzen, wo 





1 Demonferrand a. a. O. S. 162. 


Magnet und elektrische Leiter. 571 


bei eine Mischung aus 1168 Th: Wasser mit 108 Th. Salpeter- 
säure und 25 Th. Schwefelsäure angewandt wurde. Die beiden 
Schliefsungsdrähte waren mit Kohlenstreifen versehen, und zwi- 
schen diesen entstand ein Flammenbogen oder eine Säule elek- 
trischen Lichtes, welche in Gemäfsheit der weniger oder mehr’ 
verdünnten Luft, worin sie hervorgebracht wurde, eine Länge 
won 1 bis 4 Z, hatte. Wurde diesem Bogen oder dieser Säule 
ein mächtiger Magnet unter einem sehr spitzen Winkel mit 
seinem einen Pole gegenüber gehalten, so wurde sie von dem- . 
selben mit einer rotirenden Bewegung angezogen oder abgesto- 
fsen, oder nach der verschiedenen Lage der Pole zum Umkrei- 
sen gebracht, und zwar, wenn die negative Seite der Batterie 
rechter Hand stand, bewirkte der Nordpol Abstolsung, der 
Sidpol Anziehung. Der Magnet wirkte auf die elektrische Flam- 
ınensäule leichter, und ihre Bewegung war schneller, wenn 


sie durch dichtere Luft ging, als durch verdünnte 1. 


18. Vor allen Dingen verdient hier noch ein Versuch von 
Ponu erwähnt zu werden?, welcher um so wichtiger ist, als 
‚durch diesen allein die so vielfach bestrittene Frage über polare 
Linien im Umfange des galvanischen Leiters ihrer Beantwortung 
etwas näher gerückt zu werden scheint. Poni verfertigte einen p; 
sehr leichten cylindrischen Reif von leichtem Kartenpapier 22.97. 
im Durchmesser und 1 bis 1,5 Z. Höhe haltend, schlofs ihn oben 
mit einem sehr dünnen Glimmerblättchen, und überzog das 
Ganze auf beiden Seiten mit Stanniol, welcher durch die punc- 
tirte Linie angedeutet ist. Eine Stahlspitze unten machte ihn in 
dem Quecksilberschälchen a drehbar, und das Quecksilber im 
oberen Behälter b stellte die Verbindung zwischen den beiden 
Polen der Elektromotore her, so dafs dieselbe von oben her 
durch den ganzen Umfang des Cylinders ging. : Eine diesem 
letzteren genäherte Magnetnadel zeigte zwar überall eine gleiche 
Abweichung, wurde aber der Pol eines starken Magnetes genä- 
hert, so zeigten sich in einem Abstande von etwa 4 des Um- 
fanges entgegengesetzte polare Linien, welche Pour von par- 
tieller Leitung ableitet, indels verdient der Versuch allerdings 
init vorzüglich starken Apparaten wiederholt zu werden, indem 





' 2 1 Phil. Trans, 1821. I. G. LXXI. 244. 
2 G. LXXIM. 252. 


572 .: Elektromagnetigmus. 


auf diesem Wege vielleicht die Theorie des Elektromagnetisuus 
zur Begründung kommen könnte. 

19. Schließlich mufs, in Beziehung auf die in diesem Ab- 
schnitte untersuchten Erscheinungen noch bemerkt werden, da 
die Einwirkung des stärksten, dem Leitungsdrahte genäherten, 
Magnetes den Magnetismus desselben weder erhöhen, nod $ 
schwächen, noch auch umkehren kann, wie solches bei einen 
natürlichen oder künstlichen Magnete der Fall ist. Schon Er. 
mau? bemerkte dieses bei seinen frühesten Versuchen, und de 
Ursache hiervon liegt ohne Zweifel darin, dafs der Stahl für dea 
Magnetismus in gewissem Sinne ein Nichtleiter ist, und dien 
ihm einmal bewirkte Trennung beider Magnetismen durch än- 
Isere Einwirkung affıcirt werden kann. Der elektrische Leitungs- 
draht dagegen ist ein Leiter des Magnetismus, die Hervorrufung ' 
desselben geschieht in jedem Augenblicke aufs Neue durch den 
elektrischen Strom, welcher, als hierbei wirkende Ursache, 
durch den Magnet nicht selbst afficirt wird, folglich auch in se- 
ner Wirkung dadurch nicht gestört werden kann. Diesem ai- 
log ist Possennonrr's Beobachtung, dafs ein Magnet, wekbe 
einen Theil des elektrischen Leiters bildet, hierbei blols akle 
tall wirksam ist, ohne Einfluls seiner Polarität, 






D. Wirkung des tellurischen Magnetismus 
auf die elektrischen Leiter. 


Es ist oben (unter C im Anf,) schon bemerkt, dafs ein jeder 
Leiter des elektrischen Stromes, welcher durch einen Magnet 
in Bewegung gesetzt wird, auch dem Einflusse des tellurischen 
Magnetismus folgen muls, wenn er anders hinlänglich bewes- 
lich ist, um durch diese geringe Kraft bewegt zu werden. Das 
aber die Kraft des tellurischen Magnetismus sehr geringe sey in 
Vergleichung mit derjenigen, welche natürliche oder künstliche 
Magnete besitzen, davon überzeugt man sich bald, wenn ma 
berücksichtigt,* wie leicht die durch den tellurischen Magnets- 
mus in ihrer Lage erhaltenen Magneinadeln durch einen nut 
schwachen Magnet abgelenkt werden. Diesem nach können 
nur wenige der beschriebenen Apparate dazu djenen, elektro- 
magnetische Magnetnadeln abzugeben; indels hat man eine gr 
nügende Menge solcher Vorrichtungen construirt, welche deut- 


` 


1 Umrisse u. s. w. S. 22. 





Tellurischer Magnetismus, 573. 


ch zeigen, dafs auch der elektrische Leitungsdraht sich in die- 
T Hinsicht als eigentlichen Magnet zeigt. 

1. Die oben (IH. A. 11.) beschriebene Spiralscheibe erhält 
ı Kreise der galvanischen Elektricität' bei nicht zu schwachen 
lektromotoren eine solche magnetische Intensität in ihrem Cen- 
3, dals sie die Pole starker Magnetnadeln ablenkt und festhält. 
t sie daher an den Enden des Drahtes, woraus sie gewunden 
urde, durch Einsenken derselben in Quecksilber in den elek- 
schen Strom gebracht, und entweder auf feinen Spitzen die~ 
r Enden oder an einem ungezwirnten Seidenfaden hinlänglich 
weglich balancirt, so wird sie sich mit ihrer Nord - und Süd- 
ite nach diesen beiden \Veltgegenden einrichten, folglich mit 
cer Fläche den magnetischen Meridian normal durchschneiden., 

2. Auch der oben (IT. C. 1.) beschriebene Ermansche Ro~ 
ionsapperat zeigt zum Mindesten einiges Bestteben, sich nach 
iner Polarität in den magnetischen Meridien zu richten, insbe- 
ndere wenn er unter einer Glasglocke befindlich gegen jeden 
ıftzug gesichert ist. Allein die Aeufserungen dieser Polarität 
ad aur schwach, und man mufs, um die Wirkungen mit Si- 
erheit zu erhalten, zu den spiralförmigen oder noch besser zu 
n schraubenförmigen Windungen des Leitungsdrahtes seine 
flucht nehmen. Aus der (oben IlI. B. 11.) gegebenen Dar- 
sllung der Art, wie ein solcher gewundener Draht wirkt, er- 
ebt sich nämlich sehr auffallend, dafs beide Polaritäten durch 
é Zahl der Windungen an Stärke zunehmen müssen. Man 
endet daher auch gegenwärtig nur solche Windungen an, wenn 
an sogenannte elektrische Magnete darstellen will. 

3. Amrkre, welcher durch seinen unermüdeten Eifer und 
ie vielen von ihm ausgesonnenen Apparate die neue Entdek- 
ang so ausnehmend gefördert hat, dafs er mit Recht der Be- 
ünder des Elektromagnetismus in dem Umfange, wie wir ihn 
zt kennen, genannt werden kann, war der erste, welcher 
ıen aus schraubenförmig gewundenem Drahte nachgebildeten 
agnet darstellte, und obgleich derselbe, wahrscheinlich we- 
rn seines zu grolsen Gewichtes und der minder leicht beweg- 
hen Balancirung sich durch den Einfluls des tellurischen Ma- 
etismus nicht in den magnetischen Meridian richten wollte, 

verdient doch dieser erste Apparat als das Muster aller spä- 
€n des geschichtlichen Interesses wegen aufbewahrt zu wer- 
ta. Dals diese Ursache die alleinige des Nichtgelingens dieses 








574 Elektromagnetismus. 


Versuches war, geht sehr augenfällig daraus hervor, dals Ax- fän 
PERE einen blolsen kreisförmigen, aber sehr leicht schwebendes Im: 
Draht durch den Erdmagnetismus bewegt werden und sich po- | 
larisch richten saht, Der eigentlich für diesen Zweck bestummis, fite 

, aber schon durch die gebrauchten Glasröhren zu schwere Ap fier 
DE parat war auf folgende Weise construirt. Ein Messingdra Sim 
dessen eine Spitze in das mit Quecksilber gefüllte Gefäls N æ 
Glasstabe ROP gesenkt war, ging in der Richtung K HF mi 


röhre gesteckt, durch dieselbe geführt, bei B in schrauben- qi 
migen Windungen um dieselbe geschlungen, ging zur zweia $r 
Glasröhre C bis A in gleichen Windungen fort, war hier we 


G in das zweite Quecksilbergefäls M senkte. Wurden dan dt Re 
beiden Leiter der Elektricität von den entgegengesetsten Pola fir. 
eines Elektromotors in die Quecksilbergefälse getaucht, # lk 
mulste dieses Drahtgewinde einen bipolaren Magnet billa: 


4. Wenn bei der grolsen Fülle elektromagnetischei® |i} 
rate die durch Negr #* angegebenen schwimmenden Nadi iri 
die durch pe La Rıvz5 diesen sinnreich nachgebildeten, § 
genwärtig durch zweckmälsigere Vorrichtungen verdin fir, 
übrigens aber nicht blofs dem Magnete, sondern auch dem tè 
lurischen Magnetismus gehorchenden elektromagnetischen Ùe fin 
deln der Kürze wegen nur geschichtlich erwähnt werden dür ftv 
so gebührt dagegen Rascuıg’s 6 mikroelektromagnetischen r f; 
pals für immer eine Stelle in vollständigen Sammlungen diese 
Apparate. Dieser ist dem eben beschriebenen Amrinrs na fy: 
gebildet, aber dem gewünschten Zwecke um so mehr angen® 
sen, als er ganz nach Art einer wirklichen Magnetnadel durd fy, 
aus freie Bewegung hat. Man nimmt zu demselben einen §® fx 





G. LXVII. 254, 

G. LXVII. 232. 

Versuche über den Elektromagnetismus. S. 18. 
Schweigg. Journ. XXXI. 82. 
G. LXIX. 81. 

G. LXIX. 207. Vergl. LXVII. 481. 


DQ NP N m 


Telluxischer Magnetismus, 575 


er, umwickelt ihn schraubenförmig mit feinem überspon- p;,, 
n Kupferdrahte, und bindet diesen an beiden Enden mit 99. 
= fest, führt das eine Ende desselben ad herabwärts, und.. 
t es bei h an eine kleine Zinkscheibe, das andere Ende be _. 
:bei i am einen etwas platt geklopften kupfernen oder sil- 
ən Fingerhuth, oder einen diesem ähnlichen kleinen Becher 
zelcher. mittelst zweier. Seidenfäden fg an dem Federkiele 
$hangen ist, bringt den Federkiel selbst an den zwei Fäden 
in eine horizontale Lage, und hängt ihn frei und leicht be- \ 
ich an einem zum Tragen desselben hinreichend starken, 
-ens möglichst feinen, Faden ungezwirnter Seide auf. Am 
m versieht man ferner den Zinkstreifen mit einer über seine 
im .kupfernen Becherchen befindlichen , Kanten. aufgetra- 
ı mälsig dicken Lage Sjegellack, und befestigt ihn in der 
des Fingerhutes stehend vermittelst zweier hervorragender 
fchen Siegellack, so dals er mitten zwischen den Seiten- 
en des Kupfers aufrecht steht, ohne metallische Berührung _ 
emselben, und ohne. die Communication der Flüssigkeit 
seiner einen Fläche zur andern zu hindern. Wird dann 
echer mit der oben (II. B. 3.) erwähnten Solution von 
felsaurem Zinke gefüllt, welche wegen. ihrer hierfür hin- 
sh dauernden Wirkung, und indem sie weder die Zink- 
noch auch die Seide:angreift, für diesen Zweck jeder an> 
Flüssigkeit vorzuziehen ist, so wird der Apparat nach eis 
Schwankungen sich mit seinen Polen in den magnetischen 
lian einstellen, und die Eigenschalten einer gewöhnlichen 
nationsnadel zeigen. 
Statt des eigenen Bechers läfst sich den ‘oben (HI. C. 1. ) be- 
ebene Erman’sche doppelte Cylinder für diesen Zwegk ein- 
:n. Zum Mindesten habe ich selbst den angegebenen, von 
m Silber möglichst dünn gearbeiteten, dazu gebraucht, ihn 
iner Federspuhle versehen, welche. etwa 60 Mal vom Drahte 
anden ist, diese in ihrer Mitte auf ein seidenes Läppchen 
ontal über den hohlen Cylinder von Zink zwischen die Fä- _. 
© gelegt, die Drahtenden in die Quecksilberbehälter s und Pig 
akt, und das Ganze unter einer Glasglocke aufgehangen. 
senäherter Magnet bringt ihn aus seiner magnetisch polaren 
ung, in welche er sich durch den Einfluls des Erdmagne- 
s stellt. 
j. AurEre suchte indels darzuthun, dals der Einfluls des 


576 Elektromagnetismus, 










tellurischen Magnetismus auch einfache elektromagnetisch la 
tungsdrähte in Bewegung setzen müsse, Statt des anfisi 
Fi, hierzu vorgeschlagenen Apparates hat er später zwei sined 
100.ausgedachte angegeben. Der kreisförmig gebogene Draht ibe 
dessen Enden mit Seidenfäden zusammengebunden und mit da 
feinen Spitzen y‚,x vereinigt sind, werden mit diesen letztem 
in die gleichmäfsig bezeichneten Quecksilberschälchen des 
gemeinen Apparates (III. C. 3.) gesenkt. Nach geschlouse 
galvanischer Kette strömt die Elektricität durch den Drakt a 
einer oder in der entgegenyesetzten Richtung, macht dadıd 
seine eine Fläche nordpolarisch, die andere südpolarisch, æl 
bewirkt hierdurch, dafs er nach einigen Schwankungen sid a 
seiner Fläche auf den magnetischen Meridian normal gericht 
einstellt. Weil aber die Arme, welche den Quecksilbendi 
chen x, y zu Trägern dienen, seine freie Bewegung hinden, a 
Fig. gab er ihm die folgende Einrichtung. Der kreisfönnig pr 
101.gene Draht hat unten eine runde Oeffnung ab, wekhe ie 
den Träger des Quecksilberschälchens S am allgemeinen Ir 
rate herabgesenkt werden kann, so dafs die feine Spesa 
dasselbe eintaucht. Am andern Ende des Drahtes beisisl 
das kleine Quecksilberschälchen d, und in dieses ist daD 
ef gesenkt, dessen andere Spitze e vermittelst der kleinenZwat 
b’ im Quecksilberschälchen y’ des allgemeinen Apparates fett || 
halten, und sonach der frei schwebende gebogene Draht inia 
galvanischen Kreis gebracht wird, durch dessen veränderte Rt 
tung derselbe sich nach einigen Schwankungen polarisch et- 
stellt, oder auch durch schnellen \Vechsel dieser Richtung #8 
anhaltenden Umkreisen gebracht werden kann. 

6. Es versteht sich von selbst, dals man statt eines ké 
förmigen Drahtes auch einen rechtwinklich gebogenen will | 
kann, und die Wirkung wird auch dann nicht ausbleiben, vo 
aber um die Halfte schwächer seyn, wenn der elektrische Sto f- 

pig, pur die eine Hälfte des Rectangels durchläuft. Ein solcher Dr 
102. dessen Spitze y’ in das gleichmälsig bezeichnete Quecksilber 
schälchen gesenkt ist, so dals der elektrische Strom dud 
abcdef bis s gelangt, welche letztere Spitze in das Quecks 
berschälchen S getaucht die Fortsetzung des elektrischen Ar 
mes zum zweiten Elektromotor gestattet, wird, dwch das 0e 








1 Ann. Chim. Ph. XXVI. 405. 


Tellurischer Magnetismus, 377 


ngewicht p balancirt, sich gleichfalls mit seiner Fläche recht- 
nklich auf den magnetischen Meridian einstellen, allein die- 
s» geschieht nicht blofs durch den aufsteigenden oder herabge- 
nden elektrischen Strom, wie Demonrennann?! angiebt, son- 
rn eben so sehr durch den horizontalen,‘ indem blofs das 
äck od.des Drahtes nichts zur Wirkung beiträgt: Wenn man 
ra Draht bei s nicht in das Quecksilber senkt, sondern von 
eran rückwärts neben dem. ersten parallel laufend wieder zu- 
:kführt, und oben mit noch einer Spitze versieht, so dals er 
h in den beiden Schälchen x’,y‘ frei drehen kann, so wird 
zuhen, weil die alsdann einander parallelen entgegengesetz- 
ı Strömungen sich wechselseitig aufheben. Eben dieses muffs p: 
> Fall seyn, wenn der elektrische Strom zwei einander gegen-1 
»rstehende Rectangel abcd und dßyd durchläuft. Ist in- pm; 
“s ein solcher Apparat so eingerichtet, dafs der Abstand des 104. 
ätungsdrahtes bc vom Mittelpuncte der Drehung gröfser, mit- 
x seine Hebelkraft ungleich stärker ist als im Drahte ad, so 
xd die Richtung des ersteren nach Osten oder Westen aller- 
2gs erfolgen, . 

7. Der tellurische südpolare "Magnetismus wirkt indefs un- 
ttelbar weder in korizontaler noch in dothrechter Richtung 
: die beweglichen Leiter, wie dieses bei den bisher beschrie- 
men und den weiter folgenden Apparaten der Bequemlichkeit 
gen angenommen ist, sondern i in derjenigen Richtung, wel- 
> unter "jedem Grade der Breite durch die Inclinationsnadel 
zegeben wird. Indem aber das Umlaufen einer Magnetnadel- 
tze um den elektrischen Leiter, und die diesem entgegenge- 
zte des letzteren um einen Magnetpol nur auf tangentielle . 
&ifte zurückgebracht werden kann, welcher Theorie man auch 
Ldigen möge, so können nur diejenigen Kräfte den bewegli- 
>n Leiter in einer horizontalen und in einer vertiealen Ebene 
licitiren, welche man durch die Zerlegung der in der Rich- 
ag der Inclinationsnadel wirkenden Kraft in ihre componiren- 
n, auf die genannten Ebenen lothrecht gerichteten erhält. 





1 Handbuch der dynamischen Elektrieität. S. 87. 

2 Der etwas zusammengesetztere Apparat, welchen Pour bei G. 
XIV. 401. angegeben hat, ist in so fern vorzüglicher, als an dem- 
ben entschieden blofs die Wirkung lothrechter Drähte beobachtet, 
cden kann. 
U. Bd. Oo 


578 'Elektromagnetismus, 


Pont hat das unverkennbare Verdienst um die elektromagnet- 
schen Erscheinungen, diese Zerlegung der richtenden Kraft m 
vollständigsten und gründlichsten vorgenommen, auf gerad, 
krumme und beliebig gegen den Horizont geneigte beweglice 
Leiter angewandt, und die theoretische Demonstration derd 
geeignete Versuche ‚erläutert zu habent, Unter den verschie 
denen von ihm beobachteten Erscheinungen verdient insbes 
dere folgende hier eine Aufnahme. 
Es folgt aus dem Gesagten nothwendig, dafs die bewe 
gende Kraft des tellurischen Magnetismus auf einen gerade, 
in der Richtung der Inclinationsnadel gegen den Horizont gr 
neigten galvanischen Leiter — O seyn mufs. Ist Letzterer am 
um eine lothrechte Axe in einem Kreise auf eine solche Weise 
beweglich, dafs er mit derselben stets einen gleichen Wind 
bildet, als welchen die Inclinationsnadel mit ihr macht, so win 
die eine der componirenden Kräfte, worein die bewegendeÄn# 
des tellurischen Magnetismus zerlegt werden kann, ihn ms 
licitiren anfangen, sobald er die der Inclinationsnadel panik 
Lage verläfst, und wird ihr Maximum erreichen, wenn asd 
dieser diametral gegenüber im Süden befindet. Das Verl 
dieser von 0) bis zu einer endlichen Grölse wachsenden I, 
welche den galvanischen Leiter im Azimuth umherbewegt, wid 
sich ändern, und mit einem endlichen Werthe anfangend mir 
oder minder zunehmen, je nachdem der Winkel ist, welche 
der bewegliche Leiter mit der Inclinationsnadel bildet, den ar 
fänglichen Stand desselben im Norden angenommen, bis sie fit 
90 Grade verschwindet, in welchem Falle der bewegliche Lei- 
ter astatisch werden würde. Um einige der vorzüglichsten Er 
scheinungen, welche aus dieser theoretischen Betrachtung fd- 
gen, durch einen Versuch zu beweisen, befestigte Pour auf t- 





1 G. LXXIV. 389. LXXV. 269. Die dort mitgetheilten Bere 
nungen und Versuche verdienen nach meiner Ansicht mehr Aufnek- 
samkeit, als sie bei denjenigen gefunden haben, welche sich noch 
später mit diesem Theile der Naturlehre beschäftigten, indem dis 
geometrischen Demonstrationen alle elektromagnetischen Phänont! 
aus einem einfachen Principe bündig ableiten. Dafs ich sie in dir 
ser Abhandlung nicht aufgenommen habe, geschah deswegen, weil ich 
bei dem ohnehin grofsen Umfange, um niemanden zu nahe zu treteh 
überhaupt keinen Calcül aufnehmen wollte. Vergl. unten Theork 
IV. D. 5. | 


Tellurischer Magnetismus. 579 


m Brette AB eine kreisförmige Rinne af mit Quecksilber, er- Tie 
chtete in der Mitte derselben den Träger ce, auf welchem bei 
ein Achathütchen befestigt war. In diesem ruhete vermittelst 
ıer feinen Stahlspitze der Kupferdraht hfg, dessen kürzeres 
‚(de durch das bewegliche Gegengewicht h balancirt wurde, 
Ihrend die untere Fläche des längeren das Quecksilber in der 
ane berührte, welchem durch das kleine Quecksilberschäl- 
en fund die aus der Zeichnung an sich klaren Leitungsdrähte 
* elektrische Strom so zugeführt wurde, dafs sich durch eine 

der Zeichnung ersichtliche zweckmälsige Vorkehrung die 
'htung leicht umkehren liefs. Der Winkel, welchen der 
aht fg mit dem Horizonte macht, ist willkührlich, und lälst 
= innerhalb gewisser Grenzen abändern, wenn man den Trá- 

ce verkürzt oder verlängert!. In einem Versuche war der- 
>e 71°, und also die bewegende Kraft in Norden = 0, wel- 
s sich auch zeigte, wenn man ihn in dieser Lage anhielt. 
. der geringsten Entfernung von diesem genau nördlichen 
ande fing er indels an sich langsam durch®. oder W., je nach- 
xı die Richtung des elektrischen Stromes war, zu bewegen, 
aanste mit dem Maximo seiner Geschwindigkeit nach S. und 
rde dann mit abnehmender Geschwindigkeit weiter getrieben, 
als er in einem ganzen Kreise umzulaufen fortfuhr. 

8. Indels erscheint beim Versuche selbst ein einfacher ge- 
rener Draht gegen den Einflufs des tellurischen Magnetismus 
'ınpfindlich, wenn sein Gewicht etwas gröfser, der galvani- 
e Strom minder kräftig und die Reibung nebst dem Wider- 
ade des Quecksilbers zu stark sind. Man nimmt daher auch 
wbei seine Zuflucht zu den Spiralscheiben, deren zwei an das 
Je einer beweglich aufgehangenen Glasröhre so befestigt sind, p; 
s ihre beiderseitigen Flächen entweder auf der Axe der Glas- 106. 
xe lothrecht stehen, oder mit derselben in der nümlichen 
x einer parallelen Ebene liegen. Die Art des Aufhängens 
3er Apparate, um den galvanischen Strom durch sie zu lei- 
>' ergiebt sich aus der Zeichnung, und die Richtung, welche 

dann nelumen werden, folgt aus dem oben (II. A. 11.) an- 





1 Die Vorrichtung, welche allerdings einen Theil der elektro- 
snetischen Apparate auszumachen verdient, läfst sich leicht so 
“ichten, dafs man sie mit dem allgemeinen Apparate von Ampère 
>indet, wobei das Gefäls S die Stelle von e vertreten kann. X 


002 












%9 £.:i2romagnelismus. 


~ merer Haces ger Spiralscheiben. Dals es übrigem 
er € wz ver n Frankreich üblichen Glasröhren zur Be- 
sem ser Sraare md Spiralen von feinem übersponnenm 
Zar zmn Pyae zach Rascuio zu wählen, bedarf kam 
aur _warzum-’. Endlich kann man auch statt derSpiralsche- 
er 2 ez isan scaranbenförmige willkihrlich weite Winden 
srz >er or anze Lire des Rohres wählen, oder wiera 
mz iervs mman bat, weite schraubenförmige Windunga 
z “zez Cvimter nhien, diese mit einer Lage Seidenzey 
eisen. Draht durch den innern Raum des Cylindes 
sizer amm siir. mch eine Lage Windungen bilden, dee § 
sergas or Senisnzeus überkleben, und auf solche Was 
Trzumen. «nen Miiriplicator aus einer beliebigen Menge it 
--ımeer i itmir schraubenförmiger Windtngen zu bids 1; 
"Y'm mon an ias ane Ende des Drahtes eine Scheibe Zink, a f; 
ws mire + ze Suäsıbe Kupfer gelöthet, und der Appant w- 
Birmes Ü.s iber einem flüssigen unvollkommenen Leite i& 
Siesimunet serwımmend oder an einem Seidenfaden ùne 
«mereng erhalten, so dafs die beiden Metallscheibes i & 
"user e: mgetaacht sind, so hat man einen beträchtlid s- 
snr „earmchen Magnet. 

Tm \.sher beschriebenen Erscheinungen lassen sich sch 
oer ac Fe Funlımentalversuch zurückführen. Hierasik 
sone, Zu ¿a Fole der Declinationsnadel von der einen Setè 
„m „im zametischen Drahtes angezogen, von der adm 
„wesen werden. Die spiralförmig gewundene Scheibe zes 
azez deuten, dals an der einen Seite derselben blols nordp- 
a~e. ız Ser andern blols südpolarer Magnetismus wirksam it 
sei nacien ein kreisfürmig gebogener oder auch ein rectan® 
amwe Date as ein einzelnes Element einer solchen angeseh# 
weuen arr, so geht hieraus nothwendig hervor, dafs als 
Are zur rer nordpolaren Seite sich nach Norden, mit ih 
NO? wah Süden richten, oder ihre Ebenen lothrecht af 
Se ma;mecsche Mittagslinie gerichtet, zum Stillstande komma 


E: A fl [59 D_ A bp 


et 


is 


Na. 


E 


Jne 

'nawschen sind die sämmtlichen genannten Apparate v 
ee hie, Kun ae zunächst nur die Erscheinungen nachbilden 
werte Su Deniuutiensnadel als Folge des tellurischen Mago 


` vas Yuamaerreud Handbuch der dyn. El. $. 46. 


Tellurischer Magnetismus. 5814 


zus zeigt, vermöge dessen sie sich mit ihrer Axe in den ma- 
tischen Meridian stellt. Der tellurische Magnetismus ist aber 
ı der Art, dafs wir in der Richtung der Inclinationsnadel un- 
einen Südpol, oben einen Nordpol anzunehmen haben. In- 
a wir aber auf unserer nördlichen Halbkugel den Einflufs des 
teren vernachlässigen können, so müssen die elektromagne- 
hen Leitungsdrähte durch den Erdmagnetismus so afficirt 
den, als würde ihnen von unten ein südpolarer Magnet ge- 
ert. i . 
Q. Man kann dieses durch einen ‘um eine horizontale Axe 
schwebenden Draht leicht anschaulich machen. Ist nämlich p;,. 
mit den Spitzen x,y’ versehene Draht rechtwinklich so ge- 107. 
en, dafs seine Seiten lothrecht herabhängen, das Stück ab 
- horizontal schwebt, wenn die Spitzen in die gleichmäfsig 
»ichneten Quecksilberschälchen des allgemeinen Apparates 
nkt sind, und besteht die eine Seite «aß des Rectangels aus. 
»m isolirenden Stäbchen, an welchem sich das Stück i befin- 
» dessen Gewicht das des Drahtes bis auf ein Minimum nach 
ımcirt, so wird der letztere sich beim Durchströümen der gal- 
ıschen Elektricität durch den Einflufs des Erdmagnetismus 
"egen. Hierbei geht nämlich die Strömung in den beiden 
echten Seiten aa und $b in entgegengesetzter Richtung, 
Rin heben sich ihre Wirkungen auf, und es bleibt also nur 
dierSeite ab übrig. Wie aber die Bewegung derselben seyn 
se, folgt von selbst, wenn man nur berücksichtigt, dafs der 
dpol unter dem Leitungsdrahte bei einer Strömung von Nor- 
nach Süden östlich abweicht, Diesemnach ist die Auṣ- 
Chung oder die dadurch bewirkte Erhebung des Drahtes über 
mordpolaren Elektricität westlich’, über der tellurischen aber 
tch, bei einer Strömung von Süden nach Norden westlich, 
Osten nach Westen südlich und von Westen nach Osten 
Mlich, oder, wie DEMONFERRAND 1 sagt, sie ist allezeit links 
der Richtung des elektrischen Stromes. Farana? beob- 
:ete diese Erscheinungen zuerst, sein Apparat war aber min- 
geeignet, die Sache auf eine leichte und sichere Weise an- 
kulich zu machen. ` 
Es folgt hieraus von selbst, dals die oben (III. C. 5.) be- 





1 Handbuch der dynamischen Elckticität. $. 39. oÑ 
2 G. LXXI. 171. 


582 Elektromagnetismus. 


schriebenen Einwirkungen eines Magnetes auf einen in der ver- 
ticalen Ebene beweglichen Leiter der galvanischen Elektric 
durch den tellurischen Magnetismus nicht hervorgebracht we- 
den können. In diesem Falle nämlich sind die obere und u- 
tere Fläche des beweglichen Leiters durch den Einfluls des m- 
gnetischen Poles nicht beweglich, die beiden Seiten aber sind 
in ihrer Wirkung entgegengesetzt, und heben einander aufi, 


E. Woechselseitiger Einflufs elekirische 
Leiter auf einander. 


Dafs die Leiter der Volta’schen Elektricität, insofern sie da 
Magnet affıciren und von diesem eben wie vom tellurischen Me 
gnetismus afficirt werden, ja sogar eine gewisse Art von Mage- 
ten bilden, auch einen wechselseitigen Einflufs auf einander 
ausüben müssen, liels sich allerdings wohl mit hoher Gewik- 
heit aus theoretischen Gründen folgern ; indefs hat Amrèas di 
sen Satz schon damals durch Versuche nachgewiesen, ab de 
Lehre vom Elektromagnetismus noch in ihrer Kindheit wa, øi 
gerade diese Erscheinungen seitdem vorzugsweise verfolg rd 
er in ihnen eine Hauptstütze seiner Theorie zu finden dat. 
Indefs lassen sich auch diese sehr einfach auf das urspründid 


von ÜERSTED aufgefundene Hauptphänomen zurückbringen. Sind 
108. 


nämlich a und & die Durchschnitte zweier Leiter der galvai 

schen K.lektricität, welche bei gleicher Richtung des galvani- 

schen Stromes parallel über einander hinlaufen, so wird de 

Nordpol über & und unter a die bezeichnete Abweichung erhal- 
ten, sie selbst aber würden durch die Einwirkung des nänlichen 
Poles nach den Richtungen ah und «£ getrieben werden, we- 
che einander entgegengesetzt sind. Nimmt man also die magne- 
tischen Pole zwischen ihnen weg, und lälst sie selbst auf eina 
der einwirken, so müssen sie bei gleichlaufender elektrische 
Strömung einander anziehen, welches auch dadurch klar wir 
wenn man sich vorstellt, dafs die entgegengesetzten Pole ur 
schen ihnen nach der nämlichen Seite hin getrieben werden. E 


D 
wird aber der magnetische- Pol durch den Elektromagnetismos 





1 Dio sonstigen Bewegungen der elektrischen Leiter, durch & 
des tellurischen Maguetismus veranlulst, lassen sich beqw 
don Erscheinungen verbinden, welche den Inhalt des nach! 
a Abschuittes ausmachen. 


Wechselwirkung der el, Leiter. 583 


mz um den Leitungsdraht der galvanischen Elektricität herum- 
führt, Folgt man diesem, führt den Draht a in einem Kreise 
m'den Draht a, zeichnet die Richtung der gleichnamigen Pole 
zischen ihnen, und folgert hieraus diejenige Bewegung, welche 
äde Drähte bei gleichlaufender elektrischer Strömung in einan- 
= erzeugen müssen, so erhält man alle hierdurch hervorge- 
achte Bewegungen, aus denen die den entgegengesetzten 
römungen zugehörigen leicht abstrahirt werden können. Am- 
Re hat diese gesammten Erscheinungen durch sinnreich con- 
wüirte Apparate anschaulich gemacht, von denen die meisten 
2e Aufnahme in die physikalischen Sammlungen verdienen, 
‚ daher hier nicht übergangen werden dürfen. 

1. Für verschiedene dieser Versuche setzt man den Rectan- py 
LMNOP auf den oben (II. C. 3.) beschriebenen Hauptap- 105. 
wat? so, dals die vier Zapfen L,L,L,L, in die mit gleichen . 
achstaben bezeichneten Löcher gesteckt werden, und die bei- 
m Spitzen G,H sich in das Quecksilber der gleichmäfsig be- 
3chneten Vertiefungen senken. Wird dann der rechtwink- pjs, 
h gebogene Draht mit seinen herabgehenden Spitzen x, y, in 110. 
æ gleichbezeichneten Quecksilberschälchen gesenkt, ist R der 
:iter des positiven Poles und sind die kleinen Brücken K, k 
ch der rechten Hand herabgesenkt, so geht der Strom der 
ektricität von A nach C, von da nach C’ und G, durchläuft 
n mit einem Multiplicator aus Streifen des dünnsten Kupfer- 
sches versehenen Rectangel in der Richtung MN, kehrt in 
s Quecksilber der Vertiefung H zurück, wird durch DD’Bc 
x Säule ET geleitet, gelangt in das Gefäls X, von da nach 

von hier aus in den beweglichen Leiter, nimmt hierin die 
chtung xabcedefghi bis y, steigt durch die Säule UF herab, 
ist durch seinen Einfluls auf das Galvanameter tuv, dafs die 
lvanische Kette geschlossen sey, und gelangt endlich durch 
in die Rinne a zum andern Volta’schen Elektromotor. Hier- 
i hat der elektrische Strom in dem Drahtende de die nämliche 
chtung, als in MN, und beide werden sich daher anziehen. 
ill man Abstofsung derselben hervorbringen, so darf nur eine 





1 Ann. Chim. Ph. XXVI. 396. 

2 Die 83ste Figur, welche den allgemeinen Apparat beschreibt. 
fs bei den meisten der folgenden Versuche ohne weitere Ange 
sglichen werden. 


~ 


584 Elcktromagnetismus, 


der Drahtbrücken K oder k nach der linken Seite hin niederge- 
drückt werden. Geschieht dieses bei beiden, so sind heide 
Strömungen, sowohl die in NM als auch in ed der vorigen ent- 
gegengesetzt, aber nach gleicher Richtung gehend, wodurh fi 
sich nachweisen läfst, dals die Bewegung nicht durch den Ein- 
flufs des tellurischen Magnetismus hervorgebracht wird, Diese 
folgt indels auch schon daraus, weil der bewegliche Draht at 
tisch ist, indem der elektrische Strom gleiche Theile desselben 
in entgegengesetzter Richtung durchströmt, Ist derselbe in da 
Bechern x,y aufgehangen, so fällt der Punct e lothrecht übe |; 
N, und die Winkelkraft ist daher geringer, als wenn man iha 
in die Schälchen x’,y’ hängt, in welchem Falle er mitten iba 
rig N herabhängt. 

111. 2. Hängt man einen Draht, welcher in der Richtung xab 
cdefghiy gebogen ist, und in welchem also die elektriske 
Strömung in den Theilen cd und gh eine einander jederet 
entgegengesetzte Richtung hat, in den Schälchen x, y al, » 
werden beide angezogen oder abgestolsen, Im Fall der Anit- 
hung findet kein hleibendes Gleichgewicht statt, weil es han 
vermeidlich ist, dafs nicht einer dieser Drähte dem Retsgl 
etwas näher kommen sollte, wodurch dann Anziehung beit 
wird. Verwandelt man aber vermittelst einer der Brückenk ot 
k die Anziehung in Abstolsung, so kommt der bewegliche Le- 
ter rechtwinklich über N schwebend zum Stillstande. Hint 
man ihn aber in die Schälchen y’, x’, in welchem Falle dis 
Strömung von y aus rückwärts geht, folglich in dem untere 
Theile von h nach g und von d nach c, so bleibt derselbe 
durch die einander entgegenwirkenden Anziehungen in Ruhe. 

Fig. 3. Eine Abänderung dieses Versuches giebt der bewegliche 

112, astatische Leiter, in welchem die elektrische Strömung in der 

Richtung x’abcdefghiy’ erfolgt. In den Schälchen x',y at- 

gehangen wird er sich sa lange drehen, bis de parallel mt 

NM ist. ` 

4. AmrEne wollte auch die Frage beantworten, ob ba 
diesen Apparaten die lothrechten Drähte zur Hervorbringug 

Fi der beschriebenen Bewegungen etwas beitrügen. Dafs die 

18 wirklich der Fall sey, zeigte ein beweglicher Leiter, in wel- 
chem der elektrische Strom von x’ durch ab, dann den Hdb- 
kreis bc, von hier durch den lothrechten Draht cd undde | 
ganzen Kreis de bis f geht, dann den andern Halbkreis foim 





Wechselwirkung der :el, Leiter. 58 


egengesetzter Richtung durchläuft, von hier nach k gelangt, 

nach durchlaufenem ganzen Kreise hi.wieder nach y’.ge- 

Wird dieser hewsgliche Leiter in die Schälehen x’ y’ 
dem festen Leiter sehwebend aufgehangen , so kännen die ' 

se keine Wirkung äufsern, aber dennoch stellen sich die 

‘echten Enden mit einer geringen Kraft über den festen 

2T, | 

5.. Auch lothbrecht neben einander herabgehende Drähte 

en sich bei gleicher Richtung des: elektrischen Stromes an 

stolsen. sich bei. entgegengesetzter ab. Um dieses zu zei-, 
setzt AMrEnE einen andern festen Leiter an die Stelle des uE 

erigen, dessen Zapfen L, L, L,L, gleichfalls in die gleich- 

ig bezeichneten Löcher des Hauptapparates passen, indem 

eich die Metallspitzen G, H sich in die mit Quecksilber ge- 

æn Vertiefungen senken, Hiernach geht der elektrische 

m dann von H aus aufsteigend durch mn und kehrt durch 

aach G zurück, oder in umgekehrter Richtung. Wird’ dann p; 

bewegliche Draht in die Gefälse x, y aufgehangen, wobei. ig 

Seite bc parallel neben nm herabhängt, so werden diese 

en Drähte bei gleicher Richtung der’ elektrischen Ströme 

uder anziehen, bei entgegengesetzter aber abstolsen. Diese 

heinungen lassen sich auch an dem (oben III. Ç. 2) beschrie- 

s, durch v. ALTHAUS angegebenen Apparate nachweisen, 

n man neben der lothrechten Seite des beweglichen Leiters 

n mit ihm parallelen Draht heraufführt, und durch diesen 

elektrische Strom in gleicher oder entgegengesetster Rich 

r leitet. 

6. Krummgebogene Drähte sind in ihrem Verhalten den 

den gleich. Um dieses zu zeigen, stellt man den eben be- p, 

iebenen Apparat so, dafs die Metallspitzen G’, H in diet: 1 

tiefungen mit Quecksilber gesenkt werden, In diesem Falle . 

t der galvanische Strom von H’ aus durch ru aufwärts, am 

genen Drahte tv herab, durch pa wieder aufwärts und 

h nm wieder herab, um durch G’ weiter geleitet zu wer- p: 
Der bewegliche gewundene Draht wird dann in die Ge- 111, 

3 X, y, so gehangen, dafs seine Seite bc zwischen den bei- 

Drähten nm und tv herabhängt, und weil derselbe für die 

iehungen nicht füglich in gleiche Entfernung von beiden ge- 

ht werden kann, so wählt man für den beweglichen Leiter 

die entgegengesetzte Strömung, in welchem Falle er von 


586 Elektromagnetismus. 


den beiden Drähten nm und tv gleichmälsig abgestolsen wi 
und in der Mitte zwischen ihnen zur Ruhe kommt. 

7. So wie’ein beweglicher elektrischer Leiter einen mag 
tischen Pol, und wiederum dieser jenen fortwährend umh 
set, so muls dieses auch bei zwei elektromagnetischen Lei 
der Fall seyn, wenn einer derselben eine hinlängliche Ber 
lichkeit bat. Es folgt dieses schon daraus, dals in den 
drähten ein ganz eigentlicher Magnetismus erzeugt wird, 

Fig, Mlst sich die Nothwendigkeit dieser Erscheinungen aus & 
108.oben untersuchten Verhalten zweier Leitungsdrähte able 
woraus zugleich folgt, dafs bei gleicher Richtung der eleki 
schen Ströme der Draht a wie ein Nordpol, bei ungleicher Bä 
tung derselben aber wie ein Südpol den Leiter a umkreisen m 

Für alle diese verschiedenen Rotationsversuche hat Au 

mit seinem oft erwähnten allgemeinen Apparate eine besos 
pi ‚Vorrichtung verbunden. Diese besteht aus einem Drei 
118. dessen Spitzen 1,1, O in die gleichbezeichneten Löchay 
Drahtenden H,G aber in das Quecksilber der gleichbezeice 
Fig, Vertiefungen gesenkt werden, Auf diesen, gleichfalls mita 
118. Multiplicator. umgebenen, Dreifuls wird ein kupferna d 
so gestellt, dafs die Metallspitze I in die gleichbezeichne 
tiefung des Dreifulses kommt, von wo aus ein Kupfa 
nach O herabgeht. Dieses Gefäls wird mit verdünnter fi 
gefüllt, in welche die rotirenden Apparate gesenkt we 
Hängen dann in den Schälchen x, y; x’,y’ keine beweghisiii 
Leiter, so geht der elektrische Strom nicht durch diese, sondei 

nachdem er den Multiplicator des Dreifufses durchlaufen k 
welcher aus einem mehrmals umgewundenen schmalen Streif 
. des dünnsten Kupferbleches besteht, dessen Enden in G uidi 
gesenkt sind, so gelangt er zur Rinne B, zur Vertiefung € 
und unter der Voraussetzung, dals die Brücke k nach der red 
ten Hand herabgedrückt ist, nach dem Schälchen S, wel 

durch die Oeffnung I’ in dem kupfernen.Gefälse in die Hi 
geschoben wird, durchläuft den darin aufgehangenen bewerie 

‚chen Leiter, dringt durch die verdünnte Säure des Gefäfses ı 
diese selbst, und gelangt durch die Rinne O o d' zum negir@ 
pig, Leiter.. Will man statt des runden festen Leiters einen gerad, 
i09. anwenden, so wird hierzu der oben beschriebene Rectangel bfi 
nutzt, indem man denselben umdrehet, die Zapfen L,L,LL#f 

dig Löcher L’, L’, L',.L’ steckt, die Spitzen G, H aber in # 


















588 Elektromagnetismus,. 


Dieser Apparat kann auch dazu benutzt werden, die durch 
FananArYr zuerst aufgefundene, "oben (III. C, 6) beschrieben 
Umkreisung des beweglichen Leiters um einen gemeinen M» 
gnetpol zu zeigen. In diesem Falle ist es besser, das hölzeme 
Stäbchen gd wegzulassen, damit der elektrische Strom vons 
aus durch beide herabgehende Drähte ba und cd zum unterm 
Ringe und dem flüssigen Halbleiter gelange, weil beide dan 
gegen einen in gleicher Entfernung zwischen ihnen befindliche 
Magnet ein gleiches Verhältnils erhalten. Es wird dann dark 
Herausheben der Metallstreifen H,G aus den Quecksilberschaks 
die Einwirkung des runden Multiplicators aufgehoben, statt des- 
sen aber wird der Nordpol eines Magnetes neben den Tree 
des Schälchens 8, oder es werden mehrere gleichnamige Pık 
stählerner Magnete um denselben herumliegend in lothrechte 
oder geneigter Richtung, selbst horizontal, gehalten. Die Rid- 
tung, in welcher die Drehung erfolgt, läfst sich aus Oxnsm' 
Hauptversuche leicht bestimmen. Ist nämlich der zwischag- 
haltene Pol ein Nordpol, und geht die Strömung in den Dita 
von ‚unten aufwärts nach s, so erfolgt die Drehung von a 
durch Norden nach Westen und Süden, 

b. Der zweite bewegliche Apparat, bei welchem die We 
kung der verticalen Arme wegfällt, erhält durch die Einwirk 
des runden Multiplicators gleichfalls eine fortdauernde Krestt- 
wegung. Ist hierbei die Richtung des Stromes im Multiplicatot 
von œ durch 8, y, ð, und im beweglichen vom Mittelpunct s 
nach dem Umfange a; so erfolgt die Drehung nach ð, y, p,a un 
bleibt die nämliche, wenn die Strömung in beiden Leitern di . 
entgegengesetzte Richtung erhält. Soll die umgekehrte erfolgen, 
so muls die Strömung in nur einem von beiden Leitern umge- 
ändert werden. Auch dieses mehr verwickelte Phänomen lilt 
sich sehr einfach auf das angenommene Hauptgesetz zurickbnit- 
gen, wenn man mit AmrERE annimmt, dals die Wirkung dur 
den gemeinschaftlichen Einfluls des in den Leitern hervorgerde- 
nen Magnetismus erzeugt wird. Ist also die Richtung des Stro- 
mes im festen Leiter nach. «ßyd, im beweglichen aber vons 
nach a, so heben sich zwar die Anziehungen und Abstolsunget 
zweier gleichweit von Q im festen Leiter liegenden Puncte af; 
allein indem beide Leiter hierdurch in gegenseitige Ruhe gesettt 
werden, so muls eine Bewegung in derjenigen Richtung erfolgen, 

in welcher sie sich abstolsen, welche im beweglichen Leiter in 


\ 


Wechselwirkung der el, Leiter. 589 


der Richtung yf a langsam anfangend, durch die aus der Be- 
wegung selbst hervorgehenden entgegengesetzten Strömungen 
und die hieraus folgende Abstolsung verstärkt, zuletzt mit dem 
zu überwindenden Widerstande gleich wird. Aus diesem ei- 
nen Schema folgen die übrigen von selbst, auch wird hieraus 
-noch leichter erklärlich, dals dieser bewegliche Leiter durch die 
#inwirkung des rechtwinklichen Multiplicators in eine stete 
Kreisbewegung versetzt wird, welche ungleich seyend das Ma- 
ximum ihrer Geschwindigkeit erreicht, wenn der Punct a dem 
tiplicator NM am nächsten ist, und das Minimum, wenn er 
am weitesten davon absteht. Nehmen wir auch hier die Strö- 
mungen nördlich von N nach M und von s nach a, setzen den 
letzteren Punct in den grölsten Abstand von NM in Westen, so 
wird die Anziehung den Punct a durch Süden nach Osten füh- 
sen, wò die Geschwindigkeit ihr Maximum erreicht, dann wird 
Abstolsung erfolgen, welche den Punct a durch Norden mit 
abnehmender Geschwindigkeit nach Westen auf den Anfangs- 
punct der Bewegung zurückführt, 
Nach Amrere und DemossenrAanp! wird dieser Apparat 
darch den Einfluls des tellurischen Magnetismus gleichfalls in ° 
‚Bewegung gesetzt. Hebt man nämlich die Verbindung des 
elektrischen Stromes mit dem Multiplicator des Dreifulses da- 
durch auf, dafs man die Enden der Metallstreifen H und G aus 
dem Quecksilber hebt, so dals also die Strömung von s nach 
a, dann durch den Ring und das gesäuerte Wasser durch 1 nach 
O gelangt, so drehet sich der Apparat von West nach Ost durch 
Süd; hat derselbe aber die Richtung von a nach s, also vom 
Umkreise nach dem Mittelpuncte, so ist seine Drehung umge- 
kehrt von Ost nach West durch Süd. Es scheint mir indefs 
diese Bewegung nicht durch den tellurischen Magnetismus, son- 
dem entweder durch den Einfluls des lothrechten Leiters IO 
auf den kupfernen Ring und den Draht sa, oder, was ungleich 
Wahrscheinlicher und fast gewils ist, durch die Wirkung des 
Retzteren und des kupfernen Ringes auf das gesäuerte Wasser 
@yzeugt zu werden. Die unzweideutigsten Versuche nämlich 
eigen, dals das Verhalten eines horizontalen und lothrechten, 
®jnes geraden und gebogenen elektrischen Leiters ganz gleich 
et. So.wie also (nach D. 1 bis 7) alle kreisförmig und recht- 


T 


1 Handb. d. dyn. El. S, 85. 












590 ` Elektromagncetismus,. 


winklich gebogenen Drähte, auch beim Ermanschen Rotation fr 
apparate, an welchem die lothrechten Theile gegen die horizos fa 
talen verhältnifsmäfsig nur kurz sind, keine rotatorische Bewe- fi 
gung annehmen, sondern sich normal auf dem magnetische | 
Meridian gerichtet einstellen, so mufs dieses auch bei ei 
einzelnen horizontalen Drahte, ohne den Einflufs der anses- 
benen Wechselwirkung, statt finden. Dafs aber ein solchi 
Einflufs wirklich vorhanden sey, ergiebt sich aus dem Vers- 
ten des folgenden Apparates. 

c. Der dritte Apparat ist in seinem Verhalten dem 
gleich, wenn er dem Einflusse des runden und des ge 
Multiplicators ausgesetzt ist. Wird dieser aber aufgehobe, 
dann ist seine Bewegung stets nur nach einer Seite gericht, 
die Strömung gehe von s nach a oder umgekehrt, weil diesel.. 
nach Amrine t selbst aus dem Einflusse der Strömungen in dm 
kupfernen Ringe und dem gesäuerten Wasser auf einudı 
entsteht. 

8. Dafs ein kreisrunder elektrischer Stiom auf einen in #- 

' nem Centro befindlichen beweglichen Leiter keinen Einfloh khe 
wenigstens ihn nicht in eine fortdauernde Rotation voti 
zeigt AMPÈRE, indem er aus dem beschriebenen Dreiful & 
Getäs mit dem flüssigen Halbleiter herausnimmt, und einen% 
beweglichen Drähte in die Gefäfschen x’, y’ aufhängt, well 
sich dann gerade über dem Centro des Dreifulses befinden. W 
dieses Letztere genan der Fall, so wird der elektrische Strom, 
welcher den kreisförmigen Multiplicator durchläuft, auf den af 
gehangenen beweglichen Draht keinen Einfluls äufsern, welche 
denselben in ein stetes Umkreisen versetzen könnte. 

9. Ein interessanter, für verschiedene Zwecke anwendir 

pi, rer, Apparat AmrEres besteht aus zwei künstlichen Magnete 
1%. von schraubenförmig gewundenem Drahte. Der eine, ein Cr 
linder aus übersponnenem und schraubenförmig gewundenen 

Drahte, dessen beide herabhängende Enden mit ihren Spitze 
in das Quecksilber der Vertiefungen G,H getaucht, und hiera 
durch den Pflock b festgehalten werden, kommt hierdurch ia 
den Kreis der elektrischen Strömung, und wird mit der Hands 
den verschiedensten Lagen und Richtungen dem anderen gesi- 

1er. hert. Dieser andere, auf gleiche Weise verfertigt, wird mit 


1 Aun. c. P. XXVI. 411. 


/ 


Wechselwirkung der el. Leiter. 591: 


sn Drahtenden in die Quecksilberschälchen x, y gehangen, 
ist sonach als ein beweglicher Magnet anzusehen, welcher 
ich dem Einflusse des tellurischen Magnetismus folgt, oder 
h den andern ihm genäherten, eben wie durch einen ge- 
nlichen Magnet, polarisch angezogen oder abgestolsen wird. 
10. Mit diesem Apparate läfst sich dann auch zeigen, dals 
solcher elektromagnetischer Magnet sich zum elektrischen 
indungsdrahte wieder als eine gemeine Magnetnadel ver- 
Bringt man zu diesem Ende den rectangulären Multiplica- 
anter den freischwebenden, aus Draht geflochtenen, und 
: den allgemeinen Apparat so, dals die Ebene des geraden 
äplicators und die Axe des beweglichen Leiters sich im 
zetischen Meridian befinden, so wird letzterer sich über 
xem gerade wie eine gemeine Magnetnadel verhalten. Die- 
änteressanten Versuch kann man noch besser auf folgende 
se anstellen. Man umwickelt eine dünngeschabte Feder- 
= mit übersponnenem feinen Drahte, in nahen Windungen, 
zieht den entstandenen Cylinder mit Bernsteinfirnifs, führt 
Draht durch die Bederspule rückwärts, umwickelt abermals 
‚er nämlichen Richtung, und fährt hiermit so lange fort, als 
für schicklich erachtet, führt die Drahtenden wieder nach 
Mitte in gerader Linie zusammen, bindet sie mit einem Sei- 
aden so fest, dals die Endspitzen herabhängen, löthet an 
= eine Platte Zink und Kupfer, stützt den umwundenen Fe- 
ñel auf einen Metalldraht, welcher nach einer Seite in ei- 
Halbkreis von einigen Linien Durchmesser ausgebogen ist, 
macht den ganzen Apparat auf einem cylinderförmigen Stücke 
x auf einer geeigneten Flüssigkeit so schwimmen, dafs die 
en Metallplatten in dieselbe eingetaucht sind. Sollen die 
suche ‚vollständig gelingen, so müssen die Metallplatten in 
etwas auge] und gehörig geformten Korkstücke so 
a gesteckt werden, klals die Enden der umwundenen Feder- 
e sich durch die Einwirkung des galvanischen Verbindungs- 
tes auf-und abwärts bewegen. Durch etwas Fett wird dann 
Anhängen des Korkes an die Glaswände des Gefälses auf- 
»ben, und es kann ein gewöhnlicher Verbindungsdraht der 
stromotoren sowohl über, als auch vermittelst der halbkreis- 
ugen gebogenen Stütze des umwundenen Federkieles unter 
em, und an beiden Seiten parallel mit demselben gehalten 
len, um alle Bewegungen einer wirklichen Nadel zu erhal- 


502 Elektromaguetismus, 













ten. Ein solcher Apparat ist eine Verbindung der von pruf Mei 
Rıvz und Rascaıe angegebenen, welche oben schon ermit tun: 
sind, 

Es ist nicht überflüssig, hier eine Vorsichtsmalsresd 
zkne’s mitzutheilen, welche bei allen den genannten A 
der sehr feinen Spitzen wegen sorgfältig beobachtet 
muls. Beim Einhängen der beweglichen Leiter in die 
silberschälchen mufs man nämlich die Schliefsung des 
schen Kreises vorher durch die horizontale Stellung der 
K und k aufheben, damit nicht im Augenblicke der B 


die feinen Spitzen der beweglichen Apparate verbrennen. Hm: 
Ba 

F. Wirkung eines galvanischen Leiterss§ in 
indifferente Drähte, ri 


Amrine hat bei seinem rastlosen Verfolgen aller edie- 
magnetischen Erscheinungen seine Versuche auch darauf ae- 
dehnt, um zu finden, ob ein mit einem elektrischen Leite 
rallel laufender Kupferdraht im Wirkungskreise von jennd* 
trisch, und hierdurch dann magnetisch würde. Zu dievai 
hing er einen kreisförmig gebogenen Kupferdraht an emae 
gezwirnten Seidenfaden mit lothrechter Ebene so auf, de 
selbe von einem gleichfalls lothrecht gehaltenen Multipat 
umgeben war, und näherte ihm dann einen Magnet. Anfas 
konnte er keinen Einflufs beider auf einander wahrnehmen, w 
hielt daher die Einwirkung eines galvanischen Leiters auf an8 
mit ihm parallelen, nicht im Kreise der Elektricität befindlida 


1 Ueber solche künstliche Magnete vergl. Farınar bei G. LO 
16%. Die Bemühungen dieses eifrigen Physikers, das Umkreisen eè 
tromagnetischer Apparate durch tellurischen Magnetismus zu bert 
ken s. ebend. LXXII. 118. Ein erst vor Kurzem von Auprès # 
gegebener Apparat, welcher die gegenseitige Anziehung elektr 
gnetischer Leiter zeigt, ist weitläuftig zu beschreiben, und sch 
mir daher nicht wichtig genug, um hier eine Aufnahme zu fois 
S. Ann. Ch. Ph. XXIX. 217. Einen interessanten Apparat hat fe 
BarLow construirt, eine Art von Terrelle, indem er eine Kugel 
der Richtung der magnetischen Meridiane und Parallele mit Dra 
überzog, und diese in den Strom der Volta’schen Elektricität bracht 
wodurch dann eine darüber schwebende Magnetnadel sich ähnlich # 
über der wirklichen Erde verhielt. S. Edinb. Je of Science Nt! 
S. 139. Die Sache ist sinnreich, bleibt aber immer nur cine 05 
nehme Spielerei. 


~ 


Wechselwirkung der el. Leiter. 593 


alldraht für unmöglich. Als er aber einen stärkeren Elek- 
ıotor und einen kräftigern Magnet anwandte, zeigte sich’s, 
ein elektrischer Sirom in leitenden Körpern, neben denen 
orbeigeht, den nämlichen Magnetismus hervorruft, welcher 
hm selbst erzeugt isit. 
Es ist sehr wahrscheinlich, dafs bei diesem Versuche eine 
ıschung statt gefunden hat. Ich selbst habe die Erscheinung 
der Anwendung des oben (Il. A. 6.) beschriebenen starken 
yarates nicht wahrnehmen können, und sie ist auch sonst von 
nanden beobachtet, steht aulserdem durchaus im Wider- 
ıche mit allen bisher bekannten Thatsachen, und man mufs 
ı daher wundern, dafs AmrEre das eigentliche Wesen, haupt- 
lich aber vorläufig die Gewilsheit derselben nicht weiter ge- 
ft hat, welches blofs daraus erklärt werden kann, dafs die- 
emsige Forscher den elektrischen Strom, als solchen, als 
eigentliche wirkende Agens anzusehen pflegt. Die Elek- 
ität eines Leiters aber, welcher zwei Volta’sche Elektromo- 
n verbindet, kann auf einen frei schwebenden, mit ihm pa- 
elen Draht keinen elektrischen Einfluls haben, da er das fein- 
Blattgoldelektrometer nicht afficirt. Dals aber der in ihm 
'gte Magnetismus in 'einem Kupferdrahte Magnetismus her- 
rufen sollte, ist den ausgebreitetsten und zahlreichsten bis- 
igen Beobachtungen entgegen. Darf man indels die Beobach- 
g als richtig ansehen, so ist es möglich, dafs der von AMPERE 
rauchte Kupferdraht ähnliche Erscheinungen gezeigt hat, als 
ı mir bei der Prüfung dieser Angabe an einem etwas eisen- 
tigen Messingdrahte beobachtet sind 2, Dabei ist es sehr 
fallend, dals AmrEne anfangs etwas für unmöglich erklärte, 
s in einem nachfolgenden Versuche als wirklich zum Vor- 
iein gekommen seyn soll, und auf allen Fall eine weitere 
äfung an verschiedenen Drähten erfordert hätte. Jene von 
r aufgefundene Erscheinung ist indels, mindestens höchst 
ıhrscheinlich, durchaus nicht elektromagnetisch, gehört also 
sht hierher, sondern in das Gebiet des Magnetismus. 
BECQUEREL? will ferner gefunden haben, dafs ein elektri= 
her Strom aus einer starken Batterie, nach WoLLAasrton’s Art, 





1 Demonferrand a. a. O. S. 184. 
2 Poggendorf Ann. d. Ph. VI. 861. 
8 Ann. Ch. Ph. XXV. 269. ' 
II. Bd. Pp 


DT ` Elektromagnetismus,. 


durch einen Schweiggerschen Multiplicator geleitet, kleinen 
deln von den verschiedensten Substanzen eine bestimmte } 
tung ertheile, dals aber ein genäherter Magnet auf dieselbenind 
Richtung anscheinend nicht wirke. Diese Thatsache, weld 
der gegebenen Darstellung weder zu den bisher bekannten eld 
noch auch den magnetischen Erscheinungen ı 
verdient vor der Beurtheilung erst genauer begründet zu wa 
IV, Theorieen des Elektromagnetism 
In den frühern Abschnitten sind die eämimtlichen elek 
magnetischen Erscheinungen, ohne Auslassung irgend eine 
- bekannt gewordenen und für die Erklärung bedeutenden, ı 
„getheilt. Soll auf diese eine Theorie gegründet werden; 
Kann dieselbe auf eine dreifache Weise gebildet seyn, ent 
der indem man die gesammten Erscheinungen auf ein gai 
sames, aus’ihnen selbst entnommenes, Gesetz zurückführt, ı 
wenn man hiermit nicht zufrieden, dieses Gesetz selbst 
auf andere Naturgesetze gründet, wonach ähnliche und: 
wandte Phänomene erfolgen, so dafs, also das neu aufgefal 
Gesetz. mit schon bekannten zusammenfsllt, oder endli 
. man "das; eigentliche, Wesen der wirksamen Potenz und ä 
eigenthümlich zukommenden Kräfte nebst ihrem gegen 
Verhältnisse zu ergründen sucht. In Beziehung auf diesel 
tere Aufgabe müssen wir uns bescheiden, dals wir bis jetzt‘ 
der irgend einen materiellen Stoff noch eine Kraft an sich 
ihrem eigentlichen Wesen nach kennen, wenn anders di 
Wesen nicht in den uns bekannten Eigenschaften und Wirke 
arten, derselben gegeben ist; wir dürfen daher nicht erwa 
das eigentliche Wesen des Elektromagnetismus anders zu er 
‚ nen, als in sofern wir das oder die allgemeinen Gesetze s 
Wirksamkeit ergründen. Sollen aber, nach der ersteren 
stimmüng, alle Phänomene blofs auf eine gemeinsame B 
eine allen zum Grunde liegende Norm zurückgebracht we 
ohne dafs man das eigentliche Wesen derselben zu bestin 
sich vornimmt, so ist dieses durch alle diejenigen gesche 
welche eine Theorie derselben aufzustellen versucht haben, 
dieses ist bei der Einfachheit der Sache durchaus nicht sch 
rig. Obgleich hierbei von den verschiedenen Physikern 
‘schiedene Ausdrücke gewählt sind, so kommen doch alle! 
stellungen auf das Nämliche zurück, und der Vorzug der e 


Theorie. 505 
der andern kann blofs in der Leichtigkeit der Uebersicht 


Ganzen liegen. So ist AmrEne’s Ausdruck einer Entstehung 
Nordpoles durch eine von Osten kommende elektrische Strö- 
ng, mit dem durch GıLent gewählten einer links gerichte- 
Abweichung des Nordpols unter dem durchströmten Lei- 
gsdrahte dem Wesen nach identisch, und eben dieses lielse _ 
ı von den übrigen Vorstellungsarten nachweisen. Die von 
gewählte Darstellung der Thatsachen schien mir deswegen 
beste, weil sie durchaus keine Theorie einmischt, sondern 
Phänomene allein in ihrer ganzen Einfachheit wiedergiebt, 
. aulserdem von dem Verhalten des magnetischen Poles nicht 
a über oder unter dem Leitungsdrahte, sondern in seinem 
zen Umfange entlehnt ist. Inzwischen ist hierdurch schlecht- 
keine Theorie , sondern blofs eine nackte Darstellung der 
ktromagnetischen Erscheinungen gegeben, und wenn jene 
langt wird, so müssen bei der Unmöglichkeit, das, eigent- 
ne Wesen des Elektromagnetismus zu ergründen, zum min- 
ten seine Erscheinungen mit andern Naturphänomenen in 
ammenhang gebracht werden, welches dann der oben ange- 
enen zweiten Forierung an eine Theorie genügen würde. 
hiermit zusammenhängenden Naturerscheinungen aber, wel- 
ihrem eigentlichen Wesen ‚nach zwar unbekannt sind, 
sichtlich der Gesetze ihres Verhaltens aber zu den unlängst 
annten gezählt werden, sind die elektrischen und magneti- 
en, welche durch die wichtige Entdeckung des Elektro- 
gnetismus in eine innige Verbindung treten, und nament- 
. steht jetzt der Magnetismus mit seinen früher allein bekann- 
höchst einfachen Erscheinungen und wenigen Gesetzen nicht 
ar fast ganz aulser aller Verbindung mit den übrigen Natur- 
Ften und Phänomenen. Diejenigen Forderungen, welche 
ach billigerweise an eine Theorie des Elektromagnetismus 
aacht werden können, betreffen hauptsächlich die Beantwor- 
g der Fragen, in welchem Verhältnifs derselbe zu jenen bei- 
ı stehe, und ob seine Erscheinungen mehr der Elektricität 
x dem Magnetismus angehören oder zwischen beiden in der 
te liegen, und eil®gewisses eigenthümliches, für sich be- 
zendes Ganzes bilden. | 
Von der Entdeckung des Elektromagnetismus an bis auf 
sen Augenblick sind alle Physiker darüber mit einander ein- 
standen gewesen, die elektromagnetischen Erscheinungen 
Pp2 


596 ' Elektromagnetismus. 


















seyen schlechthin als magnetische anzusehen, jedoch von einer 
eigenthümlichen Modification, deren Bestimmung eben die Schwie- 
rigkeit der Sache und das Abweichende in den verschiedenen 
Ansichten und Bestimmungen ausmacht, welche deswegen eine 
nähere Prüfung verdienen. Rücksichtlich auf das Verhältuil 
zur Elektricität sind die Meinungen getheilt und einander ent- 
gegengesetzt. Einige Physiker nämlich nehmen an, oder viel- 
mehr es scheint aus ihrer Darstellung die Meinung zu folgen, 
Elektricität und Alagnetismus seyen einander gleich, es ger 
die eine in den andern über; andere dagegen halten Leide fir 
verschiedene Potenzen, legen einer jeden derselben ein eiger , 
thümliches Substrat unter, sofern sie sich nicht zu der Anadı 
bekennen, dals eine Kraft ohne ein materielles Substrat für sd 
allein wirksam seyn könne, und sie müssen sonach annehma, 
der Magnetismus werde im elektrischen Leitungsdrahte auf ex 
gewisse individuelle, hierdurch erst erkannte, ‚Weise hervorge 
rufen oder freigemacht, welche dann den anderwveitigen Em- 
gungen des Magnetismus entweder ähnlich oder von diesen re- 
schieden seyn kann. 

Prüfen wir zuerst jene Ansicht, wonach Zlektriciüt w 
Magnetismus gleich seyn sollen, so zeigt sich bald, dalsä@ 
bei weitem die dunkelste sey, selbst schon hinsichtlich ds 
blofsen Ausdrucks einer Identität oder wesentlichen Gleicharig 
keit. Dafs diese letztere im strengsten Sinne zwischen zwi 
so wesentlich verschiedenen Potenzen angenommen werde, de- 
ren Gesammterscheinungen bei der Anwendung von nur wen- 
gem Scharfsinne auch durch die kühnste Phantasie nicht vere 
nigt werden können, lälst sich kaum denken. Ohnehin hat dt 
Geschichte der Naturwissenschaften genügend bewiesen, we 
weit man vom eigentlichen Ziele entfernt war, als man a 
Stoffe auf wenige Grundstoffe zurückbrachte, in allen Ersch# 
nungen der Imponderabilien aber einen Universaläther oder en f 
Universalkraft zu finden glaubte. Selbst das Phlogiston, wel- 
ches mehr durch speculirende Phantasie als durch kritisch 
Prüfung genauer Beobachtungen eingebürgert war, diente It 
dazu, die Erscheinungen in ein undurchdringliches Dunkd af ` 
hüllen, und das eigentliche Licht ging der Wissenschaft et 
dadurch auf, dals LavoısıEr das durch unterscheidende Mer 

‚male Verschiedene sonderte, und einem jeden eigenthünlict 
Stoffe seinen besonderen Platz anwies. Dals aber Elektrct 


Theorie, _ | 397 


ıd Magnetismus als wesentlich verschiedene Potenzen, und 
Ibst in den elektromagnetischen Erscheinungen durch unter- 
heidende Merkmale gesondert hervortreten, ist keinen Augen- 
ck zweifelhaft. Um nur einige der wesentlichsten dieser un- 
scheidenden Kennzeichen namhaft zu machen, so wird die 
ektricität im Leitungsdrahte durch die gewöhnlichen Nicht- 
ter isolirt, während der zugleich hervorgerufene Magnetis- 
ıS dieselben frei durchdringt, ein Argument, welches Davy? 
ein schon für genügend hält, um die Meinung einer Gleich- 
x beider für unstatthaft zu erklären. Umgekehrt zeigen auch 
stärksten Magnete keine einzige elektrische Wirkung, in- 
ra sie weder allgemein leichte Körper anziehen und abstolsen, 
sh auch durch ihren Magnetismus chemische Veränderungen 
worbringen, ja sie verhalten sich sogar im Kreise der Volta’- 
en Säule als blofse metallische Leiter (II. 3. d.) und äufsern 
dem Falle, wenn man ihre Pole auch bei gröfster Kraft der- 
ben mit den Enden eines kräftigen Multiplicators verbindet, 
: die empfindlichste Nadel durch dieses unglaubliche Verstär- 
agsmittel nicht den mindesten Einfluls. Endlich hat unter 
Lern C. H. Prarr nachgewiesen (IN. A. 13), dafs in einem 
a einfacher Reibungselektricität durchströmten Drahte eine 
'h sichtbare Funken zeigende Menge vonElektricität bleibend 
handen ist, ohne dafs derselbe auch nur die mindesten Spu- 
einer magnetischen Wirkung auf die empfindlichsten Nadeln 
worzubringen vermag. Man müfste in einem solchen Leiter 
> freie Elektricitätt —= Magnetismus als vorhandenseyend und 
h nicht wirksam annehmen, welches ein Widerspruch ist, 
r nachweisen, warum diese Art derElektricitität kein Magne- 
aus sey, wodurch aber der aufgestellte Satz wieder aufgeho- 
ı wird. Sucht man indels den Beweis für ihre Identität 
ptsächlich darin, dafs die Elektricität den Magnetismus in 
a leitenden Körper hervorruft, so ist es noch fraglich, ob 
ses nicht durch einen mechanischen Schlag mit einem hölzer- 
ı Hammer während der Dauer desselben in einem geringen 
ıde gleichfalls geschieht, und da dieser im Stahl bleibenden. 
gnetismus erregt, so könnte man hiernach auf gleiche Weise 
weder den Hammer selbst oder den Schlag mit demselben 
identisch mit Elektricität und Magnetismus ansehen. 


1 Phil. Tr. 1821. I. S. 7. Vergl. G. LXIX. 77. LXXI. 240. 


i 


598 Elektromagnetismus. 


Wenn nun aber bei so auffallenden Verschiedenheiten in 
ihren Wirkungen Elektricität und Magnetismus von den schirl- 
sinnigsten Gelehrten für wesentlich identisch angesehen werden, 
namentlich von dem berühmten Entdecker des Elektromagnetis 
thus, OERSTED, und dem um die vallständige Bearbeitung die- 
ses Gegenstandes sa verdienten AmrEnz, denen nach v. Yzy 
PRECHTL und andere zugeaählt werden künnen,, so dringt sich 
nothwendig die Frage auf, wie diese von ihnen behauptet 
Identität zu verstehen und mit den augenfälligst widersprechen- 
den Erscheinungen zu vereinigen sey, Indels ist eine genügend 
Antwort hierauf wegen der Dunkelheiten in den gewählten Ay» 
drücken nichts weniger als leicht. Im Allgemeinen lälst sid 
inzwischen so viel als gewils erkennen, dafs bei der behanpt- 
ten Gleichheit von dieser nicht in so fern die Rede sey, alıd 
beiden in den individuellen Arten ihrer Wirksamkeit ganz glie 
che Thätigkeitsäulserungen zugeschrieben würden, welchesaxk 
in der That unmöglich wäre, sondern es soll nur heiden da 
und dasselbe Princip zum Grunde liegen. Leider aber kama 
wir im ganzen Gebiete der Natur weder irgend einen wigms 
Stoff, noch auch eine einzige sogenannte unwägbare Posi 
rem eigentlichen Wesen nach in ihrem ganzen Umfang, # 
weniger aber irgend eine der wirksamen Kräfte, und man be 
also schon im Voraus wissen, was von einer solchen Besim 
mung über die Grundkräfte zu halten sey, welche noch da 
auf eine in den Erscheinungen selbst die auffallendsten Wide- 
sprüche findende Gleichheit derselben führt, Ein weit sichert 
Weg der l’orschung war vielmehr der, von den Phänomene 
auf die nächste Ursache derselben zu schliefsen, und xk 
diese Weise müssen Elektricität und Magnetismus für verschie 
dene Potenzen gehalten werden. | 

Die Vorstellungen derjenigen, welche sich zu der genante 
ten Identität beliennen, sind übrigens nicht gleich. Nach Ost 
STED, VON YELIN u. a. sind die Aeulserungen beider zwar ve 
schieden, allein sie zeigen so viel Uebereinstimmendss, 
sind in ihrer ursprünglichen Entwickelung so innig mit eine | 
der verbunden, dafs sie sich auf eine und dieselbe Grundkr 
zurückbringen lassen, welche sich in ihnen nur verschiede 
modificirt zeigt. Dieser Vorstellung kann man nicht andersb# 
treten, als wenn man dem ganzen, hierbei zum Grunde lieger 
den ©ysteme huldigt, wonach alles Materielle zuletzt auf em 


Theorie. 599 | 


‚er wenige Grundkräfte "zurückgebracht wird, eine Theorie, 
»lche die Wissenschaft nicht gefördert hat und nicht fördern 
nni, Die Ansichten Ampere’s und seiner Anhänger sind hier- 
m verschieden. Ohne die ganze Natur auf entgegengesetzte 
Kräfte zurückzuführen, welches mindestens aus seiner Dar- 
&lung des Elektromagnetismus nicht folgt, drückt er blols 
s Verhalten des Leiters der Elektricität rücksichtlich auf den 
ihm hervorgerufenen Magnetismus aus, und behauptet dabei 
ht, letzterer werde durch die erstere hervorgerufen, noch 
zh werde jene in diesen ganz eigentlich umgewandelt, viel- , 
Hr liefere die Elektricität oder die elektrische Strömung den 
‚gnetismus unmittelbar, sie sey selbst Magnetismüs. Hier- 
zh soll auch der tellurische Magnetismus aus denjenigen elek- 
‚chen Strömungen bestehen, welche durch die Sonne aufge- 
t stets von Osten nach Westen die Erde umkreisen. AMPERE 
; sich offenbar durch seinen Eifer, die höchst interessante neue 
&deckung vollständig zu erklären, verleiten lassen zu über- 
nen, dafs in seiner Darstellung der Sache derjenige Fehler 
waltet, welchen man einen Kreis im Beweise nennt. Weil 
mlich der elektrische Strom den Leiter magnetisch polarisch 
cht, so schlielst er, auch der gemeine Magnet müsse durch 
she Strömungen polarisch seyn, und weil der Magnet Pole 
zt, so müssen solche elektrische Strömungen existiren, welche 
solche, wiederam dem Stahle die ihm eigenthümlichen Pole 
en. Wollte Amrenre blols aus Erfahrungen unmittelbar seine 
'orie ableiten, so wäre es besser gewesen, diese vorausge- 
ten Strömungen künstlich nachzubilden. Ein frei schwe- 
ler Stahlstab einem auf seine Axe normal gerichteten, über 
e ganze Länge ausgedehnten elektrischen Strome aus Spitzen 
‚esetzt, wird nicht magnetisch, und doch müssen diese Strö- 
gen stärker seyn als die tellurischen, weil man jene wahr- 
mt, diese aber auch nicht mit den feinsten Instrumenten. 
ı könnte hiergegen einwenden, dafs zwischen solchen elek- 
hen Strömungen und denen über den ganzen Erdball statt- 
enden, welche diesem den tellurischen Magnetismus ertheilen 
:n, ein grolser Unterschied statt finde. _ Allein hierauf ist 
rwiedern, dals wir die Wechsel und Schwankungen der at- 
phärischen Elektricität, welche doch ohne Zweifel mit der 





1 Vergl. Materie. 


600 Elektromagnetismus. 


tellurischen in engster Wechselwirkung stehen, sehr genan ken- 
nen, dafs diese indels weder von einer polarischen noch aequ- 
torischen Strömung irgend eine Spur zeigen, und wollte ma 
also eine solche, auf keine directe Beobachtung, sondern bloi 
auf eine erst zu beweisende Wirkung gegründete, Ursache de 
tellurischen Magnetismus dennoch einer Theorie als erwiesem 
Thatsache zum Grunde legen, so gliche dieses den bekannten 
Erklärungen älterer Physiker aus dem Elementarfener, welchen 
alle Eigenschaften des gewöhnlichen Feuers beigelegt wurde, 
mit Ausnahme des Erwärmens und Brenunens, wodurch wirin 
defs allein den Begriff des Feuers erhalten haben. 
Precntu's Vorstellung von der Identität der Elektricitä 
und des Magnetismus liegt zwischen den beiden eben erwih- 
ten etwa in der Mitte, kann aber hier nur in ihren allgemen- 
sten Principien kurz angedeutet werden. Schon vor der Est- 
deckung des Elektromagnetismus glaubte Prechtl die wichtig 
sten Naturerscheinungen auf einen attractiven und einen chesi- 
schen Effect der Elektricität zurückbringen zu können, wide 
‚sich in ihrer Allgemeinheit als Magnetismus und Cheni 
zeigen sollen. Für diese Ansicht schien ihm eine unera 
Bestätigung durch Oersten’s Entdeckung gegeben zum. 
Die Volta’sche Säule nämlich soll eben diese zwei Effect si 
gen, den attractiven als grofsplattige und den chemischen ds 
vielelementige, und beide Kräfte sollen sich einander aube- 
ben. — So wie aber jener erste Satz als blolses Spiel der Phar- 
tasie erscheinen muls, so stimmt dieser letztere mit dem bekann- 
ten Verhalten der Säule selbst nicht überein, welche als bloße 
Erreger der Elektricität diese rücksichtlich des Quantitativen den 
Metallflächen, rücksichtlich des Intensiven den Mengen der Ele- 
mente proportional hervorruft, ohne ein gegenseitiges Aube- 
ben dieser beiden Thätigkeiten. Dafs aber die Elektricität w- 
ter verschiedenen Bedingungen der Leitung und Strömung ver- 
schiedenartige Effecte zeigen könne, darf nicht mehr auffallen, 
seitdem man unter andern weils, dafs ein und dieselbe und at 
gleiche Weise geladene Flasche das Schiefspulver durch einen 
nassen Bindfaden entzündet, durch einen Mletalldraht aber blof 


umherstreuet. — Der elektrische Leitungsdraht ist dann fer 


1 Ein Hauptargument gegen diese Vorstellung Ampere’s. S., u 
ten IV. F. 2. 






Theorie. aa 601 


nach Paezcutı ein eigentlicher Magnet, und als eine trockne 
le zu betrachten, in welcher die nämliche Elektricitäts- 
theilung vorhanden ist, wie in der isolirten Säule. ‚Eine 
are trockne Säule ist daher eine wahre magnetische Säule: 
wird nicht nur den Magneten affıciren, sondern sie wird 
h bei hinlänglicher Intensität (durch die Anzahl der Schich- 

bewirkt) die tellurische Polarität zeigent.“ — Hemmte 
at nach vielfachen Erfahrungen der Eifer, eine allgemeine 
estruction der Naturgesetze durch Speculation aufzufinden, 

freie Urtheilskraft selbst grofser Gelehrten, so wäre unbe-. 
ıflich, wie ein so erfahrner und scharfsichtiger Naturforscher, 
Precatı ohne Widerrede ist, in diesen letzten Sätzen ge- 
e das Gegentheil von demjenigen aufstellen konnte, was die 
»bachtung und eine hierauf gegründete Theorie ergiebt und 
eben muls. Die Elektricität nämlich sowohl allgemein als 
h hauptsächlich die der Volta’schen Säule äufsert die magne- 
shen Wirkungen so viel leichter und mit so viel gröfserer 
uke, je freier und ungehinderter sie strömt, weswegen zwei 
ktromotorische Elemente, durch die bestleitende Flüssigkeit 
rennt, dem Verbindungsdrahte den stärksten Magnetismus 
heilen. Hiermit nicht wohl’ verträglich ist Precurr’s Hy- 
‚hese, dafs in einer solchen zweiplattigen Säule die stärkste 
pulsion, in einer mehrplattigen der stärkste Chemismus gege- 
2 sey, indem bekanntlich Sınser’s Riesenapparat und Hare’s 
flagrator am feinsten Elektrometer kaum eine Spur der Re- 
‚sion ‘oder Attraction zeigen, Da aber jede unvollkommene 
itung, noch mehr aber jeder trockne Zwischenkörper , durch 
schwerung der freien elektrischen Strömung die Erzeugung 
; Magnetismus schwächt oder gänzlich aufhebt, so ist gar 
ht abzusehen , wie eine trockne Säule vorzugsweise ein Ma- 
t werden sollte, welche vielmehr den Versuchen zu Folge 
keine elektromagnetische Wirkungen zeigt. (IL i. A.) Un- 
ich richtiger, vollkommen naturgemäls und klar ist es dage- 
1, wenn SEEBECK? aus seinen Versuchen gerade den entge- 
ıgesetzten Schlufs folgert. Indem nämlich die elektromagne- 
she Wirksamkeit mit der Vermehrung der Plattenpaare ab- 
hm, wobei aber bekanntlich die elektrische Spannung wächst, 


1 G. LXVII. 82 bis 84. | 
2 Berlin. Denksch. 1820 — 21. S. 308 u. 9. \ , 










602  ı  Elektromagnetismus, 


eine trockne Säule von 800 Lagen dagegen nicht die mindest 
Wirkung auf die Magnetnadel äulserte, eiri Goldblattelektron- 
ter aber zum Anschlagen brachte , so ist eine wesentliche Vea- 
schiedenheit der Elektricität und des Magnetismus keinen Ar 
genblick zu bezweifeln. 

' Späterhin hat sich indels Parcuri selbst gegen eine lden 
tität der Elektricität und des Magnetismus erklärt, da die Wī- 
kungsarten beider verschieden sind. Allein diese Verschiede- 
heit beider bezieht sich dennoch zunächst nur auf die Ersche- 
nungen, welche sie darbieten, indem übrigens beide auf eint 
einzigen Grundursache beruhen sollen1, welches also auf One 
sren’s Ansicht zurückkommt. 


Aus dieser Darstellung geht wohl unverkennbar hervor, dh 
wir noch weit entfernt sind, die Naturphänomene aus iles 
höchsten und einfachsten Grundgesetzen ableiten oder af ča 
zurückführen zu können. Wäre dieses überhaupt möglich, # 
konnte es schon früiher geschehen, und bedurfte es hierzumct 
erst der Entdeckung des Elektromagnetismus, welcher ebas* 
ner Neuheit wegen noch obendrein am wenigsten geeigut ni, 
diesen kühnen Versuch daran zu wagen. Von einer Thesis 
Elektromagnetismus kann also nichts weiter gefordert weit 
als dafs sie die gesammten Erscheinungen desselben une i fi 
oder einige allgemeine und mit sich selbst übereinstimmend 
Hauptgesetze bringe, und wo möglich zugleich zeige, inw 
fern diese mit den bekannten Gesetzen der Elektricität und dt 
Magnetismus übereinstimmen. Diese höchst schwierige Ak 
gabe ist zwar von verschiedenen Gelehrten versucht, ohne dib 
es jedoch bis jetzt nach meiner Ansicht noch irgend einem gr 
lungen ist, sie völlig befriedigend zu lösen, welches viellidt 
hierbei eben wie bei so manchen andern Gegenständen der Ne 
turforschung dem menschlichen Geiste für immer unmögid 
bleibt. Es ist indefs erforderlich, die verschiedenen Theorien 
einzeln zu prüfen, ‘damit sie künftigen Versuchen dieser At 
zur Grundlage dienen können. Hierbei bleibt es unberückid 
tigt, welche Vorstellungen über das eigentliche Wesen der Elek- 
tricität und des Magnetismus zum Grunde liegen, wenn nur dt 


8 
Theorie die Erscheinungen selbst genügend ausdrückt und erkli 





1 Kastner’s Archiv. IH. 16%. 


>. 


u 


Oersted’s Theorie : . 603 


A. Oersted’s Theorie, 

Diese muls als die zuerst aufgestellte und noch mehr we- 

des berühmten Erfinders des Elektromagnetismus billig 
ınstehen, kann aber wegen ihrer Einfachheit dem Wesen 
ı mit wenigen Worten dargestellt werden. Schon in der 
en Schrift, wodurch die neue Entdeckung bekannt wurde 1 
te Oersten die Hypothese auf, dafs die Elektricität auf die 
netischen Theilchen der Körper wirke, welche einen Wi- 
tand dagegen ausübten, und dadurch in Bewegung gesetzt 
den, Die Bewegung der Elektricität in den Leitern konnte 
it anders als fortschreitend angenommen werden, und da 
Bewegung ‚des magnetischen Poles um den Leitungsdraht 
sförmig erschien, sa konnten beide nicht anders als in einer 
anbenförmigen Umkreisung vereinigt werden, weswegen - 
sten der Elektricität oder vielmehr dem hierdurch erzeug- 
Magnetismus eine solche zuschrieb, Bei der Annahme von 
i Elektricitäten sollte dann die + E. in ihrer Wirbelhewe- 
3 den Südpol des Magnetes zurückstolsen, die — E. aber 
ntgegengesetzter Richtung wirbelnd den Nordpol, beide 

auf die entgegengesetzten Magnetismen gar keinen Einfluls 
ben. Nach späteren ausführlicheren Erklärungen Orasren’s ? 
an Hauptsatz seiner Theorie, dafa in dem mit Widerstand 
zaüpften Zusammentreffen der entgegengesetzten Elektrieitä- 
diese eine eigenthümliche Wirkungsform annehmen, nach 
her die positiv elektrische Kraft den magnetischen Südpol 
$[st, den Nordpol anzieht; die negative dagegen den Nord- 
x bstöfst und den Südpol anzieht; die Bewegung beiderElek- ` 
täten geschieht aber in einer Schraubenlinie. OERsTEn er- 
rt seine Ideen durch eine graphische Darstellung. Es be-p;,, 
lanet nämlich AB eine solche in eine gerade Linie ausge- Ä 
ımte spiralfürmige Windung, deren Magnetismen von B mit 
anfangend nach A hin in — übergehen, indem jenes die Zu- 
anung der positiven, dieses dagegen der negativen Elektrici- 
»ezeichnet. In der Richtung von 4 aus wird dann der Süd- 


nn 


4 Experimenta circa efficaciam conflictus electrici in acum ma 
ticam, Hafniae 21. Jul. 1820. Für die Theorie der Wirbel hat 
. aufserdem hauptsächlich WọrrastoN erklärt. 8, G. LXVII, 82, 


2 Schweigg. J. XXXU. 199. KXXII. 128, 


604 Elektromagnetismus. 


pol der Magmetnadel, von — aus aber der Nordpol abgestolsen 
Biest man einen so geformten Stab iu einen Kreis, so stellt der- 
selbe einen Querschnitt des elektrischen Leitungsdrahtes ve, 
Ob dann die gesammten Lagen dieser magnetischen Polaritite 
schraubenförmi;re Windungen oder Kreise bilden, laälst Orn- 
step zwar in gewisser Hinsicht zweifelhaft, ist aber geneiskr 
die erstere Meinung anzunehmen. Hält man nämlich nach der 
bisher üblichen Ansicht die Bewegung der Elektricität in den 
Leiter für eine fortschreitende, so muls aus dieser und der Ue $ 
kreisung um denselben nothwendig die schraubenfürmise ex- 
stehen, wobei dann die Gründe entwickelt werden, nach dena 
man die einzelnen \Vindungen für einander ausnehmend nie 
liesend anzunehmen hat; besteht aber der Fortgang der Elek- 
tricität aus Pulsationen, wie in der Schall - und Lichtbewesmg 
so würde man Kreise anzunehmen haben. Dafs die letzte 
Vorstellungsart unzulässig sey, verdient kaum bemerkt zu we- 
den; denn ab;esehen davon, dafs auchin der Schall - und Lid- 
bewegung a:lerdings ein Fortschreiten und nicht blofs einek 
förmige \Vellenschwingung statt findet, so kann man pas 
Entladung, mithin eine eigentliche Ausströmung und Føt- 
rung der Elektricität aus solchen Körpern, worin sie anàs 
ist, nachweisen, wobei das ausnehmend schnelle Durchlaka 
der posıtivren und negativen Elektricität von einem Ende ds 
längsten Leitungsdrahtes zum andern schon daraus unwide- 
sprechlich hervorgeht, dals sie am entfernten Ende nicht eher 
wirksam seyn kann, als bis sie dort angekommen ist. Ma 
würde sich aber in einen \Viderstreit mit den ausgemachtestea 
elektrischen Erscheinungen verwickeln, wenn man annehmen 
wollte, dafs die Elektricität nicht wirklich in den Leiter ein- 
dränge, sondern demselben nur gewisse Pulsus zur Fortpilan- 
zung mittheile. Bei dem aufserordentlich schnellen Fortgange 
der Elektricität in den vollkommenen Leitern muls man geneig 
seyn, die sie nach Oersted umgebenden Schraubenlinien für 
merklich gestreckt zu halten. Weil dieses aber zu den Erschei- 
nungen nicht palst, so sollen sie vielmehr den Kreisen unend- 
lich nahe kommen, indem er die fortschreitende Bewegung fir 
verschwindend klein gegen die umkreisende ansieht, was sich 
freilich durch Beobachtung weder prüfen noch widerlegen lälst, 
bei der schnellen Fortleitung der Elektricität aber mindestens 
unvorstellbar wird. 


Oersted’s Theorie. 605 


Nimmt man einmal diese Wirbeltheorie an, so folgt das 
»ktromagnetische Hauptphänomen aus derselben sehr leicht. £;,, 
- nämlich A der Querschnitt eines verticalen elektrischen Lei-1 
S, sind B und C zwei Magnetnadeln, so werden ihre Pole 
ù de naclı der nämlichen Seite, und zwar wie es die Zeichnung aus- 
ckt, östlich abweichen,. a durch die von Westen kommende 
Bative, b durch die in eben dieser Richtung wirbelnde posi- - 
- e Elektricität. Indem aber alle elektromagnetische Erschei- 
mgen oben auf diesen einen Hauptversuch zurückgeführt sind, 

würde es überflüssig seyn, noch weiter zu zeigen, wie Oer- 
'd namentlich die durch AmrEre gemachte und so hoch ange- 
alagene Entdeckung, dals zwei parallele elektrische Leiter 
3 gleichlaufender Strömung sich anziehen, bei ungleichlau- 
ader aber abstolsen, ohne Schwierigkeit zu erklären vermag, 
ıd daher die von jenem aufgestellte Theorie nur als eine wei- 
re Ausbildung der seinigen anzusehen geneigt ist. _ 

Gegen diese Theorie sind verschiedene Einwendungen ge- 
acht, und man kann bei ihrer genauen Prüfung nicht umhin 
ı gestehen, dals sie mit einiger Willkühr erfunden ist, und we- 
r alleErscheinungen erklärt noch auch damitüberhaupt in Ein- 
ıng zu bringen ist, so gern sonst jeder gerade dieser am lieb- 
m beipflichten würde, theils aus Achtung gegen ihren Erfin-. 
r, theıls wegen der Einfachheit, womit sie aus dem zuerst 
fgefundenen Hauptphänomene abgeleitet ist. Folgende sind 
> hauptsächlichsten Gründe, welche derselben im Wege stehen. 

- 1. Die Annahme einer Wirbelbewegung der Elektricität 
er des Magnetismus ist an sich willkührlich und durch keine 
satsache hinlänglich begründet, steht vielmehr mit einigen 
. Widerspruche. Der Elektricität, als solcher, können zu-. 
rderst keine solche Wirbel zugeschrieben werden, denn was 
m bei Wasserhosen und Landtromben wahrnimmt, ist secun- 
re Wirkung der elektrischen Anziehung, und daraus zu er- 
iren, dals freischwebende Massen durch ungleichen Druck, 
centrischen Stols, partielle Anziehung u. dgl. eine solche Be- 
‚gung nach mechanischen Gesetzen sehr leicht annehmen, 
e namentlich durch die Rotationen der Luftballons und der 
[sen Massen des Polareises genugsam erwiesen ist. Die Elek- 
sität wirkt nach zahllosen und unzweideutigen Erscheinun- 
n nur in gerader Linie anziehend und abstolsend, und jeder 
chte Körper wird durchaus nur in dieser Richtung einem elek- 


606 Elektromagnetismus, 


trischen Leiter genähert oder von ihm zurückgestofsen. Die : 


- Wirbelbewegung kann daher dem erregten Magnetismus keines- 


wegs durch die Elektricität mitgetheilt werden, sondern sie | 


mülste in ihm selbst zu suchen seyn, zu welcher Annahme aber 
wieder kein Grund in dem Verhalten desselben bei gemeinen 
Magneten zu suchen ist, indem diese vielmehr sich wechselsei- 
tig gleichfalls in geradliniger Richtung anziehen und abstolsen. 
Ueberlegt man aber weiter, dafs die elektromagnetischen Wir- 
kungen eines in die vollkommensten Isolatoren eingeschlgsseuen 
Verbindungsdrahtes durchaus unverändert bleiben, so würde 
hieraus folgen, dafs die magnetischen Wirbel erst aufserhal 
der isolirenden Zwischenmittel anfangen mülsten, wonach das 
Willkührliche einer solchen Hypothese noch mehr in die Augen 
fällt t. 


2. Die Theorie ist in sich nicht consequent und kaum . 


vorstellbar. Da die Elektricität die angenommene rotirende 
Bewegung erweislich nicht hat, so mülste man es als eine indi- 
.viduelle Wirkung derselben ansehen, dafs sie dem Magnetismus 
. diese Umkreisung mittheilte, und hiergegen wäre nichts eissi- 
wenden, wenn man eine solche als durch das Verhalten der 
Magnetnadel fattisch erwiesen ansehen wollte. Ist aber der Leie 
ter in einen vollkommenen elektrischen Isolator eingeschlossen, 
durch welchen die Elektricität nicht dringt, so ist nicht abzu- 
sehen, wie dann, aufserhalb des isolirt abgeschlossenen elek- 
trischen Leiters, noch beide Magnetismen in entgegengesetzter 
Richtung umkreisen, und stets von einander getrennt die ihnen 
eigenthümliche Anziehung und Abstolsung gegen jeden genä- 
herten Pol, nur nicht gegen sich selbst ausüben sollten, in- 
dem sie im letzteren Falle sich zur Indifferenz neutralisiren müls- 
ten. Hier tritt also der Fall ein, dafs man ihnen eine bekannte 
wesentliche Wirksamkeit zugleich beilegen und auch absprechen 
müfste. Unfalsbar wird aber die Vorstellung solcher Wirbel, 
wenn man die Geschwindigkeit berücksichtigt, welche die äu- 
Ssersten Theile derselben erhalten mülsten. Nach Borckaurt 
(II. B. 15.) wirkt ein elektrischer Funken aus einer Flasche von 
mittlerer Grölse bis auf 4 F. Entfernung noch so stark auf eine 
Stahlnadel, dafs diese Spuren des erregten Magnetismus zeigt, 


und nach Szzseox (III. A. 9.) übt der Verbindungsdraht unge- |, 


1 Vergl. Pfaff der Elektromagnetismus u. s. w. S. 216. 


x 


` Oersted’s Theorie 607 


hnlich starker Elektromotoren bis auf 10 F. noch ablenkende 
aft auf eine Nadel aus. Hiernach mtifsten die Wirbel einen 
länder um den Leitungsdraht bilden, dessen Durchmesser 
F. betrüge, und wenn dann die bekanntlich grolse Geschwin= 
keit. der durohströmenden Blektricität verschwindend klein 
en die der Wirbel- wäre, wie Oersten deswegen annimmt, 
zit die schraubenförmigen Bahnen nahe kreisförmig werden,’ 


znülsten die äulsersten magnetischen Theilchen eine Geschwin+ ` 


keit erhalten, welche die des Lichtes um ein Vielfaches über- 


Fen würde, Strömte aber die Elektricität gar durch Spira= 


oder Multiplicatoren, so ist nicht abzusehen, wie diese 
kcen Wirbelcylinder neben einander ohne gegenseitige Stö- 
& bestehen könnten. 


Ferner aber zeigt sich in dieser Theorie eine Inconsequenz, 


she aus der Annahme einer Identität der Elektricität und des 
gmetismus nothwendig entstehen mulste, indem das Bestre- 
L diese zu demonstriren mit dem unbezwinglichen Gefühle 
sr reellen Verschiedenheit in Widerspruch kommt. OzR- 
Eu gesteht nämlich die Bewegung der Elektricität als solcher 
Heitungsdrahte als eine wirkliche Strömung oder als wellen- 
ge Pulsus zu, und in soweit ist sie Elektricität und kein Ma- 
“ismus. Zugleich aber erzeugt sic magnetische Wirbel, wel- 
"den Leiter umkreisen, aber keine elektrische Wirkungen 
sern, mithin gum Magnetismus und nicht zur Elektricität ge- 
en. Ist nun die Rede insbesondere von einem in eine iso- 
mde Hülle eingeschlossenen Leiter, so bleibt um so auffal- 
3er die Frage unbeantwortet, woher der aufserhalb der Iso- 
mg wirksame Magnetismus komme. Die im Leiter befindli- 
> der Isolirung unterworfene, Elektricität kann es nicht seyn, 


„ 


diese sich fortschreitend bewegt und durch ihre zerlegende . 


ıft auf Alkalien und Säuren, desgleichen durch die Erhitzung 
Metalle ihre Natur und Wirksamkeit beurkundet,, ohne die 
znetischen Wirkungen dadurch aufzuheben, auch kann diese 
ht durch die Isolirung dringen, und eine Hauptfrage über 
t Ursprung des Magnetismus in den Wirbeln bleibt sonach 
ız unerörtert. 
3. Endlich erklärt diese Theorie nicht alle Phänomene 


l steht vielmehr mit einigen im Widerspruche, so einfach - 


h die anfängliche Haupterscheinung in derselben dargestellt 
Jede Bewegung zuvörderst, welche einem magnetischen 


ie ~ 





u8 Elektromagnetismus. 


Körper durch die umkreisenden \Virbel gegeben werden km § x 
liest in gleichem Abstande von der geometrischen Axe deli m 
tun;sdrahtes, und kann sich dieser unmöglich nähern, weit ce i 
von derselben vermöge der Schwungkraft entfernen, mithin it$ x. 
das Anhangen des Eisenfeilichts an den Verbindungsdrakt ief ġ 
Elektromntoren hiermit im \WViderspruche. Auch die de kü 
(lil. A. 8; angegebene völlige Umkehrung der Nadel ist ans defn 
ser Theorie nicht erklärlich, sobald man die Wirbel als fa ke 
kreisfürmig betrachtet, und wollte man zu der schraubenfüni- pi 
gen Bewegung seine Zuflucht nehmen, so mülste es einen wa fpi 
rechten Winkel wenig abweichenden geben, bei welchem d fa 
Tangente an die Richtung des \Virbels mit der Axe der Nali 
zusammenfiele, und daher jede Bewegung der letzteren un 
lich würde, was der Erfahrung widerstreitet1, Endlich bemeit 
Scaweıscen?, dafs die Wirbel verschiedener neben einar 
esender Leiter einander stören mülsten, indem die zwisce 
je zwei Drähte fallenden bei gleicher Richtung der elektida 
Strömungen einander begegnen. OErsten könnte dieses A 
gument allerdings für sich benutzen, indem der magic 
Pol genau in der Mitte zwischen zwei Leitern indiffemis# 
(UL. E. i A.), allein dann ist unbegreiflich, warum eine ge 
Kirmize Scheibe an der einen Seite blofs nordpolarisch wia 
Ger andern südpolarisch wirkt (Il. A. 11.), da doch beider 
auetisinen jedes Theil des Leitungsdrahtes mit gleicher Stärke 
smäreisen sollen. 
Wlan sieht bald, dafs OERSTED seine Theorie zu frühe ab 
gestellt habe, ehe noch alle Thatsachen genügend bekannt w- 
wen, weswegen sie denn gerade mit den später aufgefundma | 


unvereinbar ist. 


B. Faraday’s Princip der kreisförmigen 
Bewegung. 


Fınınax? hat keine vollständige Theorie des Elektr 
unten mus aufgestellt, allein bei seinen vielen, für die Er 
wealerung dieses Theiles der Naturlehre höchst wichtigen Ve- 


t Vogl, Prave der Elektromagnetismus u. s. w. S. 215. Po 
yaanyar dber G LXVIII. 207. 

È tvau, XXX 123. 

3 A LAN 108 


Amptre’s Theorie, 609 


en geht er vorzugsweise von dem Grundsatze aus, dals der 
netische Pol um den galvanischen Leiter oder letzterer um 
n eine kreisförmige Bewegung erhalten müsse’ (III. C. 6), 
seine Ansichten schlielsen sich daher im Allgemeinen an 
eben erörterten an.. Ohne inzwischen’ seine Meinung aus- 
klich zu äulsern, scheint er doch der Autorität Worr.asron’s 
olgen, nach welchem ein nach einer Seite um einen Volta- 
n Leiter kreisender elektrischer Strom alle Erscheinungen 
igend erklärt. Was er übrigens von tangentialen Kräften 
art, welche hierbei gleichfalls thätig seyn sollen, und wor- 
ər die Phänomene zurückführen zu wollen scheint, ist dun- 
und da er das Ganze nicht zu einem vollständigen Systeme 
Anet hat, so übergehe ich die Sache lieber ganz. 


C. Ampere’s Theorie. 


Amrère, welcher sich vom Anfange der Entdeckung des 
*romagnetismus an um diesen Zweig der Naturlehre bei wei- 
am meisten verdient gemacht hat, stellte bald nachher eine 
orie auf, unter welche er alle die verschiedenen Phänomene 
rereinigen suchte, und auf welche er die von ihm selbst 
achteten und aufgefundenen Erscheinungen mit anscheinend 
ser Consequenz zurückführte. Er selbst hat diese später nur 
ı wenig ausgebildet; dargestellt ist sie aulserdem aber ins- 
ndere durch GıLBERT!, Basıner?, Savarı?, Demors- 
RAND und andere. Man erhält eine vollständige Ueber- 
t derselben aus den zahlreichen Aufsätzen des Erfinders in 
bekannten Zeitschrift von Gar-Lussac und ARAGO vom 
'm Bande an, oder mit manchen hinzugefügten erläuternden 





L In allen aufgenommenen Abhandlungen Aupkae’s. In seinen 

alen Bd. LXVII. ff. hat Gizsent diese Theorie auf die einzelnen 

heinungen angewandt. | l 

2 Darstellung der neuesten Entdeckungen über die Elcktricität 
den Magnetismas u. s. w. durch AmrpÈne u. BABINET, a. d. Fr. 

»z.e 1822, 8. , 

3 Mém. sur l'application du calcul aux phénomènes cl. par M.F. 

iry. Par. 1823. Vergl. Ann. Ch, et Ph. XXI. 91. 

4 Handbuch der dynam. El. u. s. w. insbesondere §. 67 u. 68, 

F Eine mathematische Theorie ist ferner gegeben durch Hanstcen 

Vlagazin for Naturvidenskaberne af Lund. 1823. H. 2. p. 274. H, 

e 72. 

E. Bd. Qq 


610 Elektromagnetismus. 


Bemerkungen durch die ganze Reihe dieser Abhandlungen Ax- 
r&ax's, wie sie durch Gın.neRT in den Annalen wiedergegeben 
sind, kurz und vollständig in einer kleinen Ahhandlung vo 
Asrkae! selbst, am ausführlichsten und mit einer sehr umis. 
senden Anwendung auf die meisten bis jetzt bekannten elektro- 
magnetischen und thermomagnetischen Phänomene in der ar 
gezeigten Schrift von DEmosrERRASD, aus welcher ich dahe 
die folgende kurze Darstellung entnehme. 

Asırkre wurde auf die Idee, die Elektricität mit dm 
Magnetismus für identisch zu halten, anfangs durch die Beo- 
achtung gelihrt, dafs zwei freischwebende elektrische Verim 
dungsdrälite bei gleichlaufender Strömung einander anziehen, wi 
bei entgeten, esetzter einander abstolsen , mithin sich als wir 
liche Magnete zeigen. Eigentlich mülste man hieraus eine Ve- 
schiedenheit der Elektricität und des Magnetismus folgen, d 

` gleichartige I lekticitäten sich abstolsen, allein Amrinr fis 
insbesondere den Umstand auf, dafs die in den Leitern thätige 
anziehenden Kräfte einander nicht zur Erzeugung der Indifies 
neutralisiren, welches allerdings mehr mit dem Verhalte de 
Magnete als elektrischer Conductoren übereinstimmt. bi 
aber spiral- oder schraubenfürmig gewundene Drähte inba 
wesentlichen Verhalten sowohl gegen einander, als auch gga 
galvanische Verbindungsdrähte und wirkliche Magnete die 
letzteren vollkommen gleichen, so veranlafste dieses Auriit 
zu der Hypothese, den Magnetismus elektrischen Strömungrt 
zuzuschreiben, welche in senkrecht auf die Axen der Magnet 
gerichteten Ebenen liegen. Einen Beweis für die Existenz sd- 
cher Strömungen findet er in der Beobachtung CouvLom»’s, dal 
abgerissene Stückchen eines Magnetes noch doppelte Polarıtät 
zeigen, weswegen man die angenommenen magnetischen Strii- 
mungen nicht als die ganze Masse des Mygnetes umgebend a 
denken habe, sondern vielmehr als um Theilchen kreisen, 
welche auch nach ihrer Trennung vom Magnetstabe ihre magit- 
tischen Eigenschaften behalten, d. i. um solche, welche klei 
sind, als man sie durch mechanische Theilung erhalten kan 


1 Précis de la théorie de phénomènes Electro - dynamiques. Fi 
1824. Eine andere kleine Abhandlung von nur 32 S. in 8. ist: Esp% 
méthodique des phénomènes électro- dynamiques et des lois de o! 
phénomènes; par M. Ampère. Par. 1824. 





Ampere’s Theorie. 611 


er Hauptsache sollen hiernach die krystallinischen Theilchen 
Magnete den elektrischen Theilchen des Turmalins gleichen, 
dem Unterschiede, dals bei ersteren das elektrische Leitungs- 
aödgen hinzukommt, dessen Mangel letzteren hindert, ein 
net zu werden 1. Die Wahrscheinlichkeit des Vorhanden- 
$ solcher elektrischen Strömungen im Eisen und Stahl soll 
ı vermehrt seyn durch die Entdeckung des Thermomapnetis- 
, (Die leicht mögliche Aufhebung des elektrischen Neutra- 
szustandes durch die verschiedensten Ursachen kannte man 
n vorher, namentlich bei den Nichtleitern, und es.mülsten 
r entweder diese die besten Magnete seyn,. wenn der Ma- 
ismus auf einer Aufhebung des elektrischen Gleichgewichts 
hete, oder alle Leiter mülsten bleibend magnetisch seyn, am 
iten Silber, Kupfer und die andern vorzüglich leitenden. Me- 
, wenn das Leitungsvermögen der-Elektricitäb dio Bedingung 
Magnetismus wäre.) 

Um‘ die Entstehung des Magnetismus darch dlektrische 
ime nachzuweisen, geht Drmon#zraann von den:schrauben- 
nig gewundenen Drähten aus, welche allerdings ganz. eigent- 
e Longitudinalmagnete bilden. .Hiernach hat man also eine 
he Theilchen , welche mit der Axe des Magnetes parallel 
en, so anzusehen, als ob sie durch Vereinigung ihrer elek- 
hen Ströme einen jenen Schrauben ähnlichen Apparat bilde- 
‚und ein Magnet mülste also aus einer grolsen Menge pa- 
eler, sämmtlich von solchen nách einer Richtung kreisenden 
itrischen Strömen umgebener, Cylinder bestehen, welche 
n, in einen Stab vereinigt, allerdings einen bipolaren Ma- 
t erzeugen könnten. Dieses zu. 'wersinnlichen sey A der jaf. 
chschnitt eines cylindrischen Magnetstabes normal auf seine 
, jedes einzelne Cylinderchen a,a,a..., im gleichen Durch- 
itte gezeichnet, stellt- ein Element desselben vor, wobei 
Pfeile die entgegengesetzten Strömungen der Elektricität an- 





1 Obgleich es zweckwidrig seyn’ wärde, hier alle Argumente kri- 
. zu prüfen, so muls es dem nachdenkenden Leser doch auffal- 
dafs aus diesem an die Spitze gestellten gerade das Gegentheil 
~ Das angegebene Verhalten der Magnete ist nämlich ganz rich- 
und im Wesen derselben gegründet; wenn man dagegen elek- 
rte Körper trennt, so wird jedes Theilchen nur eine Elektricität 
en, und nicht wie das magnetische beide Magnetismen. Pulreri- 
x Schwefel z. B. ist durchaus negativ u. 8. w. 


Qq 2 







612 Elektromagnelismus. 


deuten, und der nämliche Effect, welcher durch diese letzteren 


rücksichtlich der Erzeugung eines aus Draht zewundenen M- 


ap, vereiniat sind. \Verden dann die schraubenförmigen M- 
gnete mit den gemeinen rücksichtlich ihrer Lage nach den We- 
gesenden und der Richtung der elektrischen Strömungen ver- | 
glichen ‚so gleichen die letzteren rücksichtlich dieser ihrer Po- 


tung von W . nach O, unten die entgegengesetzte von O. md 
W. haben. Berücksichtigt man aber weiter, dafs der tellunde 
Magnetismus der entgegengesetzte des im künstlichen Stahle 
gnete vorhandenen seyn mufs, so folgt hieraus nach Auriıy 


südpolaren Magnete machen müsse. Auf diese im elekude br 
Leiter angenommenen entgegengesetzten Strömungen hat Agat an 


führt, sie liegen bei den mit grolsem Scharfsinn von ihm ak 
gestellten Formeln zum Grunde. Indels ergiebt eine näherefi 
fung bald, dals hierbei eigentlich die jedem Elemente des el- 


dungen empfiehlt, indem sie bedeutende Aufschlüsse über & 
Entstehung des tellurischen Magnetismus giebt, und noch bede 
tendere selbst hinsichtlich der Rotationen der Erde verspricht‘; 





1 Mehrere Physiker, ich selbst schon 1822, Herarars 18% wi 
Stunceox bald nachher haben die Idee geäulsert, dafs sich die Rote 
tion und der Umlauf der Planeten um die Sonne vielleicht auf ih 
elektromagnetischen Zustand zurückführen lasse. S. Phil, Məg > 
LXY. 179. Indels ist die Sache zu sehr hypothetisch. 


Ampere’s Theorie. 613 


zeigt sie doch bei näherer Prüfung auffallende Schwächen, 
l kann deswegen nicht unbedingt als Grundlage einer Theorie 
'enommen werden. Es lälst sich zwar im hohen Grade wahr- 
einlich machen, dafs der tellurische Magnetismus das Resul- 
des Thermomagnetismus ist, welcher als elektrischer Zustand, 
ch den Impuls der Sonnenstrahlen erzeugt, sowohl die Pola- 
t überhaupt, als auch die täglichen und jährlichen Variatio-. 
. der Magnetnadel bedingend gedacht werden könnte. Man 
fte ferner ohne den Vorwurf allzukühner Hypothesen, an-. 
men , dals die Erde vermöge ihrer Grölse auf gleiche Weise 
> so starke magnetische Kraft durch die ungleiche Erwär- 
ag in Vergleichung mit kleineren Thermomagpeten zeige, als 
auffallender Unterschied zwischen der Elektricität im Ge- 
er, und der kaum merkbaren bei der Bildung und Zersetzung 
Wasserdampfes entstehenden statt findet. Wie unzulässig 
agegen sey, den Magnetismus im Stahle von solchen elek- 
hen Strömungen abzuleiten, dieses mufs auch ohne Rück- 
t auf den Umstand, dals die elektrischen Ströme in dem aus . 
wbenförmig gewundenen Drahte bestehenden elektrischen 
nete die im Stahlmagnete fehlende Isolirung nothwendig 
'rn , insbesondere auch daraus hervorgehen, dafs jeder Ma- 
‚ wie grols oder klein und von welcher Gestalt er auch seyn 
. in jeder Lage und Richtung seiner magnetischen Axe im 
ae der galvanischen Elektricität zum Leiter der letzteren, 
lem einem solchen allgemein zukommendeu Magnetismus, 
„ wodurch also der Unterschied beider Arten von Magneti- 
g in ein und demselben Exemplare gegeben ist. Wenn 
die Richtung der elektrischen Strömungen den Magnetismus 
tahlmagnete erzeugte und bedingte, wie im elektrischen , 
r, so mülste bei der Unveränderlichkeit jener Strümungen 
Nordpol des gemeinen Magnetes stets nach Norden ge- 
ət seyn, wenn man denselben auch durch einen ganzen 
s im Azimuthe herumdrehete. Die Nichtleitung des Magne- 
ıs im Stahle hebt dieses Argument nicht auf, wie aus dem 
Gesagten folgt, wenn man nicht einen Unterschied zwi- 
ı den natürlichen und den künstlich galvanischen elektri- 
ı Strömungen einführen, und damit die ganze Theorie wie- 
ufheben will. 

Eine Hauptstütze für seine Theorie findet AmrEre darin, 
sich die verschiedenen Formen, in denen sich ein gemei- 


614 Elektromagnetismus, 


ner Magnet als blofser Stab, als Inclinationsnadel, Declinations- 
nadel und sogar als astatische Nadel zeigt, durch den galvani- ` 
schen Leitungsdraht gleichfalls darstellen lassen. Dieses hat 
allerdings etwas überraschendes, und die Bemühung, alle diese 
verschiedenen Formen künstlich darzustellen, veranlafste die f 
Erfindung der verschiedenen interessanten Apparate, welche | 
grölstentheils oben beschrieben sind. Genau genommen besagt 
dieses indels nichts anders als die ohnehin anerkannte, aller- 
dings höchst wichtige Thatsache, dals im elektrischen Leitungs- 
drahte ganz eigentlicher Magnetismus hervorgerufen werde, und 
man also durch zweckmälsige Benutzung seiner Polaritäten die 
Stahlmagnete künstlich nachzubilden vermöge. Eben hiernad 
mus sich indefs dem unbefangenen Forscher nothwendig die f 
Bemerkung aufdringen, dafs es beim gemeinen Magnete de 
elektrischen Strömungen nicht bedarf, um den Magnetismus | 
hervorzurufen, welcher vielmehr bleibend in demselben enthal- 
ten ist, und dafs diesemnach zwar in beiden die nämliche Po- 
tenz wirksam ist, jedoch durch ganz verschiedene Bedingungen 
in ihnen hervorgerufen wird, und sich auf zwei nicht gams m- 
wesentlich abweichende Arten äufsert. 

Dals ein von einem kräftigen galvanischen Strome dorch- 
strömter Leiter Eisenfeilicht anzieht, ist allerdings schwierig m 
erklären, wenn man berücksichtigt, dafs eben derselbe den 
Pol einer Nadel nicht sowohl anzieht oder zurückstöfst, sondera § 
zum Umkreisen sollicitirt. Amrkre erklärt indefs dieses Phi- 
nomen in Gemälsheit seiner Theorie und insbesondere mit 
Rücksicht auf den oben (F) angeführten Versuch , wonach ea 
elektrischer Strom in einem mit ihm parallelen Leiter gleichfalls 
den Magnetismus hervorruft, auf folgende Weise. Er nimmt f> 
an, dals entweder in jedem Eisentheilchen die elektrische 
Strömungen schon präexistiren, oder nach allen Seiten gerich“, 
tet sind, und sich daher neutralisiren, bis sie durch die elek- 
trischen Strömungen eines andern Magnetes erst eine bestimmte 
Richtung erhalten; oder dafs keine in demselben vorhandes 
sind, sondern durch einen genäherten Magnet erst hervorger f' 
fen werden. Welche von diesen beiden Ansichten die richtige 
sey, darüber -wagt er bei unserer Unkenntnis vom eigentliche 
Wesen der Elektricität nicht zu entscheiden. Hierbei dımjl 
sich indels abermals die Frage auf; warum die in einem Magnet 
vorhandenen elektrischen Ströme nicht ganz gleiche elektrisch‘ 






























Amptre’s Theorie, 615 


rkungen hervorbringen, als die in einem galvanischen Lei- 

warum ferner der Magnetismus im Eisen nicht auf gleiche 
ise bleibend erhalten wird als im Stahle, da doch beide 
sichtlich der elektrischen Leitungsfähigkeit nicht von ein- 
er abweichen, und warum endlich die den Magnetismus im 
ile erzeugenden Strömungen nicht auch eine gleiche Wirkung 
ındern Metallen (aufser Nickel und Kobalt) hervorrufen, da 
h der Stahl rücksichtlich seiner elektrischen Leitungsfähigkeit 
ler zu den besten noch den schlechtesten elektrischen Lei- 
ı gehört. 

Es ist bei der Darlegung dieser Theorie schon beiläufig auf 
darin herrschende Willkühr und den Mangel an innerer Con- 
ıenz hingedeutet?, welche Fehler indels hauptsächlich aus 
Voraussetzung der Identität der Elektricität und des Magne- 
us hervorgehen. Eine weitere willkührliche Annahme, nicht 

dem Wesen der Sache hergenommen und nicht wieder 
lahin verfolgt, liegt gleich in der Einleitung zu dieser Theo- 
der Voraussetzung zum Grunde, nach welcher AmrEae, in 
ereinstimmung mit OErsTEnD, zweierlei Wirkungsformen 
Elektricität annimmt, nämlich die mitSpannung versehenen, 
h Stofs und Druck sich äufsernden, und die in freien Strö- 
gen bestehenden, in den chemischen, erwärmenden und 
netischen Phänomenen sich zeigenden. Allein dals diese, 

einigen wenigen Naturerscheinungen hergenommene An- 

t auf andere nicht passe, fällt dem unbefangenen Forscher 
sich in die Augen. Unter andern zeigt sich nämlich die 
tricität nicht wohl in stärkerer Spannung, als beim Blitz- 
le, und dennoch bringt dieser nicht blofs dicke Stangen zum 
en, sondern erzeugt auch im Stahl bleibenden und starken 
netismus. Dafs ein Unterschied in den Wirkungsarten der 
ungselektricität und der Volta’schen statt finde, ist zwar 
en Augenblick zu bezweifeln, allein allgemein und scharf 
enzt ohne Rücksicht auf die verschiedene Stärke und an- 
reitige Modificationen kann man denselben nicht nennen. 





Vergl. G. G. Schmidt bei G. LXXIV. 262. 
' Dieses findet insbesondere auch Bıor, dafs namentlich stets 
neue Hypothese zur Unterstützung der schon aufgestellten ge- 
: werden muls, weswegen er geneigter ist, die Erscheinungen am 
rischen Leiter als rein magnetisch zu betrachten. S. Précis dlem. 
hy. 11. 772. Vergl. Journ. des Savans. 1821. Avril. 


6516 Elektromagnetismus. 


Aufserdem läfst sich noch ein Mangel innerer Consequens 
bei dieser Theorie nachweisen. Anrkne hat nämlich die b- 
fahrung dabei zum Grunde gelegt, dals ein schraubenförnig ge- 
wundener Draht einen bipolaren Magnet darstellt. Diese Acın- 
lichkeit ist richtig, indels folgt die Art der Wirksamkeit solche 
schraubenförmig gewundenen Drähte aus der anfänglichen Beo- 
achtung Osrsten’s, wie oben nachgewiesen ist, statt da 
nach Anmräne eigentlich dieses letztere Phänomen aus jenen e- 
klärt werden mülste. Allein hiervon abgesehen geht dieser «- 
lehrte von solchen schraubenförmig gewundenen Drähte, & 
einen mefsbaren Durchmesser haben, in seinen Schlüssen ie 
die Wirkungen der natürlichen Magnete zu solchen über, wè 
che kleiner sind, als unsere Messungen umfassen, und von& 
nen es daher fraglich ist, ob sie dann noch als solche Spirde, 
oder als massive Stahltheilchen, und nicht um einen, væ 
auch noch so kleinen Raum gewundene Schraubenwinduza 
anzusehen sind. Die \Villkühr in dieser unbewviesenen Vons- 
setzung muls so viel mehr auffallen, wenn man berücksichtigt 
dafs in der Länge des Stahlmagnetes diese hypothetischen Wir- 
dungen ohne Unterbrechung von einem Ende zum anmi ' 
vollkommener Leitung vorhanden seyn müssen, indem m 
Unterbrechung die Wirksamkeit aufheben würde; nach ù 
Dicke des Stahlmagets soll dagegen eine Isolirung der ein 
nen Schraubenwindungen statt finden, ohne welche sie in em- 
ander fallen, und sich aufheben mülsten. Da man aber au «- 
nem Jängenmagnete einen Transversalmagnet machen kann wi 
umgekehrt, so mülste ja nach der \WVillkühr des Operirende 
in einem Stallstücke die elektrische Leitung nach jeder Seite Wa 
hervorgebracht und aufgehoben werden können. Anmeere bä 
um einigen Einwendungen zu begegnen, erst später diese eit- 
zelnen verschwindend kleinen, durch ihre Gesammtwirkung & 


nen Stahlmagnet bildenden, Schraubenwindungen in seim 
Theorie aufgenommen. 







Dasjenige, was mir selbst und gewifs auch vielen anden 
die genauere Kenntnils und Uebersicht der Ampere’schen Theo 
rie ausnehmend erschwert hat, ist der Umstand, dafs ihr be 
rühmter Erfinder das ursprüngliche Hauptfactum, nämlich d 
eigenthümliche magnetische Wirkungsart des einfachen elek 





1 G. LXXII. 257. 


Ampere’s Theorie, 617 


trischen Leiters auf die Magnetnadel eigentlich ganz unerklärt 
läfst, während er mit vielem Scharfsinn die Entstehung eines 
Stahlmagnetes aus elektromagnetischen gewundenen Leitern ab- 
leitet, und den gegenseitigen Einfluls beider auf einander unter 
den mannigfaltigsten Modificationen mit bewundernswerther 
Kunst entwickelt. Auch seine mit grolser Gewandtheit-im Cal- 
cül und Anwendung der scharfsinnigsten Combinationen durch- 
geführte geometrische Construction der gesammten elektroma- 
gnetischen Erscheinungen legt die gegenseitige Einwirkung zweier ` 
elektrischer Ströme auf einander zum Grunde, und übergeht so- 
mit die Wirkung des einfachen Leiters auf die Magnetnadel, 
welche Amrire übrigens als Thatsache mitzutheilen keineswegs 
verabsäumt. \Venn man aber in der aufgestellten Theorie rück- 
wärts von einem Magnete zu einem einfachen galvanischen Lei- 
tungsdrahte übergeht, so kann man in demselben nur einen bi- 
polaren Transversalmagnet finden, welcher indels die Phäno- 
mene nicht erklärt; oder man muls zu den Wirbeln nach Ozr- 
8TED Seine Zuflucht nehmen, wie denn auch dieser Physiker 
die. Ampere’sche Theorie nur als eine Erweiterung seiner eige- 
nen betrachtet, wonach aber die Erklärung der gemeinen Ma- 
gnete aus den elektromagnetischen Strömungen sich in ein noch 
weit mehr unauflösliches Gewirre verlieren würde, als dieses 
schon bei den aus schraubenförmig gewundenen Drähten beste- . 
henden Cylindern und den Multiplicatoren der Fall ist1. 
Verschiedene Physiker haben Amrkre’s Theorie dadurch 
zu widerlegen gesucht, dafs sie einen Widerspruch derselben 
mit den Erscheinungen aufgefunden zu haben glaubten. Allein 
AmrEre ist allen diesen Einwürfen begegnet, und hat bei den 
meisten nachgewiesen, dals die ihm entgegengestellten Phäno- 
mene vielmehr aus seiner Theorie nothwendig folgten, welches 
übrigens nicht schwer seyn kann, wenn man einmal die Prä- 
misse zugesteht, dals ein elektrischer Strom seinen Leiter an 
der einen Seite nordpolar, an der andern südpolar magnetisch 
macht, hierbei die obere Seite der unteren, die rechte der lin- 
ken entgegengesetzt, und hieraus ein Umlaufen der Pole um 
den ganzen Umfang des Leiters erzeugt werden läfst, aus wel- 
chem letzteren Gesetze alle elektromagnetischen Erscheinungen 
in ihren vielfachen Modificationen oben abgeleitet sind. Der 





1 Vergl. Pfaff der Elektromagnetismus u, se w» S. 246. 


618 Elektromagnetismus. 


Kürze wegen wird es daher am besten seyn, die bereits erle- 
digten Einwürfe nur namhaft zu machen, bei denjenigen aber 
etwas länger zu verweilen, welche mir von gröfserer Bedeutung 
zu seyn scheinen. 

Unter die erstere Classe gehören hauptsächlich folgende. 
1. Vox Autnausi zeigte, dafs die Anziehung von zwei Dräh- 
ten bei gleichlaufender elektrischer Strömung aus der Theorie 
eines doppelt bipolaren Transversalmagnetismus weit leichter 
und consequenter, als nach Amrène erklärt werden könne; al- 
lein dieser Einwurf war zunächst nur gegen die anfänglich ver- 
suchte Ableitung dieser Erscheinung aus elektrischen Strömun- 
gen, als solche, gerichtet. 2. De La Rıve? und, wie es 
scheint mit ihm übereinstimmend, FarAanar? glaubten, dals 
die Erscheinungen, welche der von ersterem angegebene schwin- 
mende elektromagnetische Apparat darbietet, aus AmrEaE's 
Theorie nicht wohl erklärlich sey, wovon aber das Gegentheil 
schon ausführlich gezeigt ist. 3. Einige Verschiedenheiten, 
welche FanapAxy 5 zwischen einem Stahlmagnete und einem as 
schraubenförmig gewundenem Drahte bestehenden auffindet, sind 
nach dem Urtheile dieses Physikers selbst nicht sehr bedeutend, 
indem übrigens die Aehnlichkeit noch viel zu grofs ist, als dals 
sich hieraus ein entscheidendes Argument gegen die Zulässig- 
keit der Theorie hernehmen lielse.. 4. Endlich verdient em 
Einwurf, welchen ne La Rıvez® aus dem Verhalten einesm | 
einer horizontalen Ebene beweglichen horizontalen Leiters mit 
zwei herabhängenden Armen hernimmt, nur deswegen kurz er- 
wähnt zu werden, um nicht übersehen zu scheinen. Uebr- 
gens aber sind alle Bewegungen solcher elektromagnetischer 
Drähte so vielfach untersucht, wie auch die mitgetheilte Be- 
: Schreibung derselben darthut, dafs hieraus kein Gegenbeweis 
hergenommen werden kann, und aufserdem stimmt das von DE 
LA Rıve beobachtete Verhalten genau mit den übrigen Phäno- 
menen solcher Leiter überein, 


| 














Versuche über den Elektromagnetismus u. s. w. S. 21 f. 
G. LXXI. 113. 

Ebend. S. 149. 

"Demonferrand a. a. O. $. 50. 

G. LXXI. 164. 

G. LXXII. 130. Vergl. Giusent ebend. S. 221, 


D'a e O N m 


Ampeöre’s Theorie. , 619 


Unter die zweite Classe, nämlich die noch nicht vollstän- 


dig beseitisten Einwürfe scheinen mir folgende zu gehören. 


1. Im Ganzen ist Oersten’s Argument?!, mindestens von einer 
Seite betrachtet, noch keineswegs genügend beseitigt. Wenn 
man nämlich zwei Magnetnadeln als durch elektrische Ströme 
magnetisch seyend betrachtet, so würde aus dem oft von Am- 
PÈRE aufgestellten Satze, dafs Ströme von gleicher Richtung 
einander anziehen 2, nothwendig folgen, dafs sie sich mit ih- 
ren gleichnamigen Polen an einander legen mülsten, wovon in- 
defs die Erfahrung gerade das Gegentheil darthut. Amrkre 
sucht diesen Einwurf dadurch zu beseitigen, dals er zu den 
von allen Seiten her gerichteten Strömungen in einem Stahlma- 
gnete seine Zuflucht nimmt, woraus dann die Abstolsung ihrer 
gleichnamigen Pole erklärlich werden soll; allein wenn man 
streng bei der Sache bleibt, so lälst sich eben so wenig die 
gleiche Richtung der elektrischen Ströme in Magnetnadeln nach 
Amerkae’s Theorie zurückweisen, als das Factum der demnach 
statt findenden Abstolsung leugnen. Das Verhalten beider Po- 
tenzen, sowohl der Elektricität als auch des Magnetismus, spricht 
aulserdem ganz entscheidend für Oerstep; denn man nähere 
einem + elektrischen oder magnetischen Pole so viele andere 
gleichnamige, als man will und in allen denkbaren Richtungen, 
so wird allezeit Abstolsung und nirgends Anziehung sichtbar wer- 
‘den. Wirklich zeigt sich in dieser Hinsicht auch selbst ein 
elektromagnetischer schraubenförmig gewundener Draht mit 
"einem Stahlmagnete völlig übereinstimmend. Hierbei tritt aber 
eben die oben schon bemerkte Schwäche der Ampere’schen 
Theorie und die Unzulässigkeit der Hypothese von der Identi- 
tät der Elektricität und des Magnetismus sichtbar hervor. Wenn 
es nämlich darin heilst: , swei elektrische Ströme von gleicher 
Richtung ziehen einander an,“ so ist dieses falsch, und mülste 
vielmehr heilsen: zwei von der Elektricität in gleicher Rich- 
tung durchströmte Drähte ziehen sich vermöge des in ihnen er- 
zeugten Magnelismus an. Denn wirklich stolsen sich hierbei 
die gleichartigen Elektricitäten ab, allein viel zu schwach, als 
dals dieses merklich seyn sollte; die Magnetismen ziehen sich 





1 Schweigg. J. XXXI. 222. 


2 Biot Préc. élém. de Phy. II. 772 nennt diese Hypothese allen 
bekannten Erscheinungen widersprechend, 


. 


620 Elektromagnetismus. 


dagegen an, weil die Leitungsdrähte nicht in einander, ihr 
Magnetismen daher nicht zusammenfallen können, wie diem 
den ganzen Leiter überall gleichartigen Elektricitäten, Hin 
sichtlich des Magnetismus derselben ist aber oben und unte, 
rechts und links einander entgegengesetzt, und so müssen bei 
gleichartiger und gleichgerichteter elektrischer Strömung zwa 
gleiche Elektricitäten, zugleich aber ‚entgegengesetzte Magu- 
tismen zusammenfallen, welche letztere allein und im Wider- 
streite mit den elektrischen Wirkungen einander anziehen. 

2. Je mehr Mühe Aurine aufgewandt hat, die ldentit 
eines aus schraubenförmizen \Vindungen bestehenden, undeins 
stählernen Magnetes durch die Annahme gleichgerichteter el- 
trischer Strömungen darzuthun, um so viel schwerer wird a 
ihm werden, einem zweiten Einwurfe zu begegnen, En 
schraubenförmig gewundener Drahtcylinder kann nämlich «= 
 Stahlnadel nur dann magnetisch machen, wenn beider Länge 
axen zusammenfallen. Soll nun ein Stahlmagnet seinen Mæ- 
tismus gleichen elektrischen Strömungen verdanken, so ba 
gar kein oder blols ein transversaler Magnetismus in aa 
Stahlstabe erzeugt- werden, wenn man ihn mit: einem sa 
Magnete so streicht, dafs ihre beiden Axen normal auf ame 
der gerichtet bleiben; es entsteht aber statt dessen ein Lop 
tudinalmagnet!. 

3. Ein sehr gewichtiges, und, wie mir scheint, gar nid 
zu beseitigendes Argument geht aus den interessanten Vest- 
chen hervor, welche G. G. Scustipr bekannt gemacht hat 
Auf welche Weise durch einen elektrischen Leiter in Stablo 
deln, welche quer unter oder über demselben liegen, bleiber- 
der Magnetismus hervorgerufen wird, ist oben (I. B.4f) 
angegeben. Hiernach klebe man einen 3” bis 3°” breiten Ste 
fen Blattgold auf eine Glasplatte, lege quer darüber ein Stid 
Uhrfeder 1 bis 1,5 Z. lang, nachdem man dasselbe vorhent 
Lackfirnils überzogen hat, über diese wieder eine Glasplatte 
und auf diese einen Magnetstab so, dafs er mit seinem Nord- 
pole das nördliche Ende der Uhrfeder decke , wodurch der Süd- 
pol so weit entfernt wird, dals seine Wirkung nicht in Betrac- 
tung kommt. Es habe dann grölserer Deutlichkeit wegen der 





1 Pfaff: der Elektromagnetismus. u, s. w. S. 242. 
2 G. LXXIV. 263. 





Transversalmagnetismus, ez 


tgoldstreifen und die ihn durchströmende Elektricität die 
tung von O. nach W. In diesem Falle muls ohne den Ein- 
des Stahlmagnetes das nördlich gerichtete Ende der Uhr- 
r gleichfalls nordpolarisch. werden. In dem Stahlmagnete 
aber nach Amrni die elektrischen Strömungen unten gleich- 
von Osten nach Westen gerichtet, die Uhrfeder liegt also: 
‚hen zwei von O. nach. W. gerichteten elektrischen Strö- 
, und mülste um so mehr am nördlichen Ende nordpolarisch 
len, wird aber statt dessen södpolarisch. Legt man: unter 
gens ganz gleichen Bedingungen den Südpol. über die Uhr- 
r, so wird das nördliche Ende stärker nordpolarisch, und 
kann nicht umhin zu gestehen, dafs beide Resultate. mit 
Amptre’schen Wirbeln im Widerspruche stehen. Die Er- 
inung selbst wird übrigens durch G. G. Scumipr eben sp. 
ach als genügend dadurch erklärt, dals sowohl der elektri-. 
: Strom als auch der Stahlmagnet den Magnetismus im Stahle 
egen, urd dals hierbei die entstehende Polarität durch die 
ıme dieser gleichen oder entgegengesetzten Kräfte bedingt: 
l, wonach sie also aowohl positiv als auch negativ oder a: 
yn kann?. , -r 


Theorieen vom Transversalmagnetismus: 


Eine grofse Anzahl von Physikėrñ sehen in dem Leitungs- 
ze der Elektricität nichts anders als einen Fransversalmagnet 
ler Axe parallel laufenden nördlichen und südlichen magne- 
an Polaritäten. Wirklich kündigt’ sich derselbe sowohl in 
r seiner einfachen Gestalt, als insbesondere in seinen schrau- 
Ssrmigen Windungen durch die alsdann su beiden: Seiten 
>rtretende entschiedene nördliche und südliche Polarität so 
Ach als einen solchen an, dafs diese einfachste unter allen 
irungsarten viele Anhänger finden mufste, um-so mehr, als 
n der Bipolarität aller bekannten magnetischen Erscheinun- 





L Es scheint mir aus diesem Versuche, wie aus verschiedenen 
rn hervorzugehen, dals die grölste magnetische Kraft sich an 
Enden der Stahlmagnete befinde, welches Farınar bei G. LXXI, 
aus ungenügenden Gründen bezweifelt: 

2 Verschiedene andere Einwendungen, obwohl nicht unbedeu- 
.e, übergehe ich der Kürze wegen; z. B. Leor. Nosi in Que- 
ui sul Magnetismo. Modena 1824. Vorzüglich Qu. 5. 


622 ~- Elektromagnetismus, 





























gen eine bedentende Unterstützung hat. Jeder Querschnitt des 
elektrischen Leiters bildet sonach eine Fläche, in welcher um 
den Mittelpunct des elektrischen Stromes die entgegengesetzten 
magnetischen Pole liegen, deren Zahl von den Anhängern die- 
set Ansicht sehr verschieden angegeben wird. Alle diese man- 
nigfaltig modificirten Theorieen haben mit Orasren und Fa- 
nınar den Vorzug gemein, dafs sie von dem ersten Funda- 
mentalversuche bei ihren Erklärungen ausgehen, und sie lassen 
sich .bei allen Abweichungen von einander gur leichteren Ueber- 
sicht doch deswegen füglich zusammennehmen, weil sie minde- 
> stens in einem wesentlichen Puncte mit einander übereinkon- 
mean.. Ueber das eigentliche Wesen..der Elektricität und des 
. Magnetismüs und die Erzeugung des letzteren darch erstere er- 
klären sie sich nicht weiter, als dafs sie beide für verschiedene 
Potenzen halten, und die dargebotenen Erscheinungen selbst 
als: gegebene Thatsachen ansehen. G, G. Scumipr äuler 
sich hierüber am bestimmtesten, indem er sagt!: „dafs der elek- 
trische Strom immer :transversalmagnetisch erregend wirkt, und‘ 
zwar in Beziehung auf seine Richtung nach derselben Seite im- 
mer dieselbe Polarität erzeugend, das kann nicht weiter erklärt 
werden, wie so vieles andere in der Physik. Es ist T’hatsache“ 
. Etivas über die Sache selbst entscheidend drückt sich Serszcı? 
aus,. wenn er annimmt, dafs nicht die Elektricität an sich, nicht 
das Heraustreten derselben aus ihrem Indifferenzzustandı oder 
die Trennung des + und — den Magnetismus hervorrufe, son- 
dern die hierdurch bewirkte Veränderung ins Innern der Kir- 
per. Könnte .dürch die blofse Ausgleichung von -+ und —E 
Magnetismus erregt werden, so würden auch diejenigen Leiter 
derselben sich magnetisch zeigen, durch welche sie still hin- 
strömt, welches nicht der Fall ist, und es kann daher diese 
Wirkung nur dann statt finden, wenn die Metalle auf eine solch # 


durch Spitzen in sie ein- und ausströmt, kein Magnetismus €- 
regt wird, spricht allerdings sehr für diese Ansicht; wenn ma 
aber berücksichtigt, dals selbst die langsamen und schwach“ 





1 G. LXXIV. 265. 
2 Berlin. Denksch. a. a. O. S. 334. 


Transversalmagnetismus. ' 623 


nungen durch Säuren und Laugensalze bedeutende Abwei- 
gen der Magnetnadel hervörbringen, so wird auch dieser 
t wieder zweifelhaft, und wir müssen also'zu dem Bekennt- 
zurückkommen, dafs wir die eigenthümliche Art der Er- 
ag des Magnetismus durch die Elektricität noch nicht zu 
ren wissen. 
Es scheint auf den ersten "Anblick, als wenn alle einen 
sversalmagnetismus annehmende Theorieen ah dem einfa- 
Phänomene scheitern mülsten, dals die Spitze der Nadel 
elektrischen Leiter an einzelnen Stellen micht sowohl angea 
und abgestolsen wird, als vielmehr unter, über:und ne- 
eimselben oscillitt. Am scheinbarsten ist dieses Argument; 
eine feine, an einem Seidenfaden dicht über dem elektri- 
Leiter schwebende; Nadel beim Schliefsen der Kette durch« 
'ī ne Neigung zeigt, abgestolsen oder ‚angezogen ‚zu. wer“ 
> ndern mit grolser Energie östlich oder westlich abweicht, 
acht selten in einem ganzen Kreise hberumgeschleudert 
Es scheint mir daher ein nicht ganz unbedeutender:Bei- 
x- Lehre vom Elektromagnetismys zu seyn, dafs ich selbst | 
durch einen Versuch das zur Erklärung dieser Erschei- " 
ıforderliche Gesetz aufgefunden, später aber, durch eine 
5 chaftliche Belehrung von G. G. ScumıpT erinnert, das- 
aus dem bekannten Verhalten des Magnetismus abgeleitet 
= wiesen habet. Dieses etwas paradox klingende Gesetz 
Der Pol einer Magneinadel wird von zwei combinir- 
enter sich freundschaftlichen, magnetischen Polen we- 
= gesogen noch abgestofsen, sondern durch die vereinte 
eng derselben nach der Seite der verlängerten Richtung 
sadlichen Poles hingezogen , vor diesem und dem freund- 
Zöchen Pole vorübergeführt und vor letzterem hin forige- 
ze Dals dieses Gesetz aus dem bekannten der Anziehung 
bstolsung ungleichnamiger und gleichnamiger magnetischer 
mit einer dem Quadrate der Entfernung umgekehrt pro- 
malen Kraft nothwendig folge, ersieht man bald, wenn’ 
nur die Linien ba, ca, in welchen die magnetischen Kräfte Tig. 
[send und anziehend auf den Pol a wirken, in ihre Com- 
enden zerlegt, wobei man bald überzeugt wird, dafs der 
ve Pol a nothwendig nach d getrieben werden muls. 





G. LXXI. 411. Vergl. LXX. 161. 























624 Elektromagnetismus. 


Noch deutlicher ergiebt sich die Nothwendigkeit dieses Erfol- 
ges, wenn man die gleichzeitige Wirkung der andern beiden 
Pole der combinirten Magnete auf den genäherten Pol und die 
vereinte aller vier Pole auch auf das entgegengesetzte Ende der 
Wadel mit berücksichtigt; eine genaue Berechnung erhebt aber 
den aufgestellten Satz über allen Zweifel, indels lasse ich diese 
hier weg, da sie an sich leicht zu finden ist, und: ich überhaypt 
keinen Calcül in diese Untersuchung aufnehmen mag, deren 
Gegenstand mir noch zu neu scheint, als dafs das Nothwe- 
dige von dem minder Nöthigen schon hinlänglich geschieden 
wäre. Die Berechnung ergiebt dann ferner, bis zu welche 
Entfernung von den combinirten Polen mit Rücksicht avf iha 
Abstand und ihre eigene Ausdehnung das Gesetz noch gültig it 
indem es bei zu grolser Annäherung keine Anwendung meh 
finden kann, wie in der erwähnten Abhandlung ausführlich ge- 
zeigt ist!. 

Nach dieser allgemeinen Betrachtung, welche einen, œ- 
gen jede auf den Transversalmagnetismus gebauete Theone#- 
gleich sich aufdringenden, Einwurf ein für allemal beseitigt 
will ich dieselben einzeln kurz darzustellen mich bemüha, sd 
dabei blofs die allein erforderliche Hauptfrage berüchsichigs, 
ob und in wie fern sie das elektromagnetische Hauptphänome, 
nämlich das Umlaufen des magnetischen Poles um den eleitt 
schen Leiter vollständig erklären, indem jede Theorie a 
Forderungen Genüge leistet, wenn man dieses vollständig va 
ihr nachweisen kann. 


1., Schmidt’s Theorie vom bipolaren 
Transversalmagnetismus. 


Nach G.G. Scaxuıpr ist der elektrische Leitungsdraht nicht 
anders, als ein einfacher Transversalmagnet, welcher an sei 
beiden Seiten in seiner ganzen Länge an der einen nordpol- 
schen, an der andern südpolarischen Magnetismus zeigt. E 





1 Die Nichtbeachtung dieser, von mir erst später angegebr 
Bedingung, so wic das Erfordernils, dafs die Pole der gebraucht“ 
Mugnete, mindestens sehr nahe, gleich stark seya müssen, hat t 
anlafst, dafs einige Physiker beim Versuche nicht ganz die erwarte” 
Resultate erhalten haben. Vergl. Krırs bei G. LXXI., 58. Prae t 
Elcktrom. S. 270. 


Bipolarer Transversalmagnetismus. 695 


JIcher mufs deginach in Folge des eben erläuterten Gesetzes 
ine östliche und westliche Declination der Magnetnadel her- 
orbringen, wenn er über der Declinationsnadel, beider Axen 
arallel laufend, gehalten, und dann um 180° um seine Axe 
edrehet wird. Von unten auf gleiche Weise genähert und 
mgedrehet zeigt er die nämlichen Wirkungen: Auffallend ist 
lerdings die Uebereinstimmung des Verhaltens eines künstli- 
en Transversalmagnetes mit dem des elektrischen Leiters. 
erfertigt man jenen so, wie oben (IlI. B. 7.) angegeben ist, 
i erhält man einen Apparat, welcher nach meinen eigenen Er- 
hrungen Jahre lang die östliche und westliche Abweichung der 
agnetnadel deutlich bewirkt, wenn man ihn auf die angege- 
ne Weise über und unter dieselbe hält, und die Aehnlich- 
it seiner Wirkungen mit denen eines Leiters der galvanischen 
lektricität rücksichtlich dieser beiden Erscheinungen ist so spre- . 
end, dafs man im Augenblicke der Beobachtung kaum um- 
n kann, dieser Theorie anzuhängen. Noch mehr aber: G. G. 
cumıpr umwickelte einen Streifen dünnen Messingblechs, etwa 
F. lang und 2 Lin. breit, mit Stahldraht, machte diesen auf 
© angegebene Weise zu einem Transversalmagnete, wickelte 
m dann um einen hohlen Cylinder von dickem Kartenpapier 
hraubenförmig, und erhielt hierdurch einen dem schrauben- 
irmig gewundenen elektrischen Leiter vollkommen nachgebil- 
sten bipolaren Magnet. Auf gleiche Weise bildete er mit dem- 
siben die elektromagnetische Spiralscheibe nach. 

Die hier in ihren wesentlichsten Elementen mitgetheilte 
"heorie empfiehlt sich ausnehmend durch ihre grolse Einfach- 
eit und innere Uebereinstimmung mit anderweitigen Naturer- 
sheinungen. Ueberall, wo der Magnetismus sonst hervortritt,' 
"igt sich derselbe bipolar, und man dürfte daher nur anneh-». 
en, dafs die Elektricität den Leitungsdraht derselben auf eine 
eiche Weise temporär magnetisch machte, als sie dem Stahle 
ter geeigneten Umständen bleibenden Magnetismus mittheilt, 
a die ganze Reihe der elektromagnetischen Erscheinungen 
n bekannten magnetischen anzufügen. Leider aber reicht die 
Ypothese nicht hin, um das elektromagnetische Hauptphäno- 
en vollständig zu erklären. Man hat gegen dieselbe einge- 
andt, dals am elektrischen Leitungsdrahte keine Indifferenz- 
T 


1 G. LXX. 229. LXXI. 397. LXXI. 1. 
TII Bd. Rr 


626 | Elektromagnetismue. 


linien anzutreffen seyen, wie’ am künstliche, Transversalm- 
gnete, und dafs das Eisenfeilicht sich rund um den ersteren an- 
lege, an letzterem aber nur in den Richtungslinien der beiden 
Pole festhänge!. Allein beide Argumente sind ungenügend. 
Beim elektrischen Leiter berühren sich beide entgegengesetzte 
Pole in seiner Axe, beim künstlichen Transversalmagnete da- 
gegen befinden sie sich in mefsbarer Entfernung von derselben, 
jener kann daher keine Indifferenzlinien zeigen, wie dieser, und 
das Eisenfeilicht muls sich daher auf seiner ganzen Oberfläche 
anlegen. Der elektromagnetische Draht nämlich, woran dieses 
letztere Phänomen beobachtet wird, ist entweder dünn ode 
. dick. Im ersten Falle liegen die beiden Pole einander so nah 
dafs keine Stelle von demselben unbedeckt bleiben kann, i 
zweiten Falle aber wird überhaupt kein Anhängen des Eiser 
feilicht beobachtet werden, wenn der erregte Magnetismus nich 
bedeutend stark ist, und dann kann gleichfalls keine Stelle w- 
bedeckt bleiben. Schwerlich wird dieses Phänomen ninlid 
schon an dickeren Drähten, als solchen beobachtet seyn, we- 
che zwei Lin. im Durchmesser hatten, und diese sind nod æ- 
mer zu dünn, als-dals bei der Anziehung von zwei magndd- 
polaren Linien eine Stelle unbedeckt bleiben sollte. Es shx 
mir in dieser Erscheinung vielmehr ein Beweis für die Theott 
der transversal polaren Linien zu liegen; denn wenn man zw 
Magnetstäbe mit ihren freundschaftlichen Polen neben einandt 
lest, und auf ihre Vereinigungslinie Eisenfeilicht streuet, ® 
dann 0,5 bis,1 Lin. von einander entfernt, so bietet das Eisen- 
feilicht gerade solche streifige Gestalten dar, als ein stark m- 
gnetischer Leitungsdraht sie zeigt. Es wäre allerdings der Mühe 
werth, mit Hülfe der riesenmälsig grolsen Apparate, welch 
manchen Instituten zu Gebote stehen, diese Versuche in einen 
größseren Mafsstabe zu wiederholen, weil hierdurch vielleicht 
die endliche Entscheidung der Streitfrage herbeigeführt werde 
könnte. Ich selbst habe zu diesem Ende eine Glasröhre von 11. 
Durchmesser mit Stanniol so überklebt, dafs die Enden desse 
ben etwas mehr als einen Zoll über die Enden der Glasröhr 
hinausragten. In die Glasröhre waren an beiden Seiten durch 
bohrte Körke gesteckt, in diese die Enden von zwei 1,5 Lu. 
im Durchmesser haltenden Messingdrähten, um welche die Bär- 





1 Prarr: der Elektromagnetismus, u. s. w. p. 278, 


Bipolarer Transvers almaguetismus. 627 


der des Stanniols herumgelegt, mit einem schmalen Streifen 
Stanniol umwunden , und so auf den Drähten festgelöthet wur- 
den. Allein der oben (ll. A. 6.) beschriebene Apparat war zu 
schwach, oder vielmehr die Bedingungen waren zu ungünstig, 
als dafs er die Anziehung des Eisenfeilicht auf der Oberfläche 
dieses hohlen Metallcylinders bewirkt haben sollte, obgleich ich 
nicht zweifle, dafs bei Sıncer’s und andern ähnlichen Batte- 
rieen noch grölsere Cylinder angewandt werden könnten. 

Inzwischen reicht diese, in so mancher Hinsicht empfeh-- 
lenswerthe Hypothese nicht hin, um die wichtigsten elektro- 
magnetischen Phänomene zu erklären, und zwar stehen ihr fol- 
gende Argumente entgegen. 

1. Sie läfst das ursprüngliche elektromagnetische Haupt- | 
phänomen unerklärt. Hält man einen künstlichen Transver- 
salmagnet über eine Declinationsnadel , beider Axen in einer 
verticalen Ebene liegend, so ist allerdings die östliche oder west- 
liche Abweichung der Nadel derjenigen völlig gleich, welche 
sie unter dem galvanischen Verbindungsdrahte zeigt, hält man 
ihn aber, ohne Umdrehung um seine Axe unter die Nadel, so 
ist die Abweichung derselben mit der vorigen identisch, anstatt 
ihr entgegengesetzt zu seyn, wie beim elektrischen Leiter. Es 
folgt dieses so ziemlich nothwendig aus der Erzeugung des Trans- 
versalmagnetes durch die Einwirkung der unteren Seite eines 
elektrischen Leiters, welcher über ihm hingeführt ist, wonach 
er also nur die Wirkung dieser einen Seite erhalten kann. Auf 
gleiche Weise wirkt der Transversalmagnet östlich oder west- 
lich von der Nadel, mit dieser in einer horizontalen Ebene ge- 
halten, nur anziehend auf den einen und zugleich abstolsend 
auf den andern Pol der Declinationsnadel, ist dagegen indiffe- 
rent gegen die Inclinationsnadel, statt dafs der galvanische Ver- 
bindungsdraht vielmehr indifferent gegen jene ist, diese dage- 
gen in einer verticalen Ebene bewegt. Hierbei wird jedoch 
vorausgesetzt, dals der künstliche Transversalmagnet keine Dre- 
hung um seine Axe erhält, sondern diejenige Lage behält, in 
welcher er über der Declinationsnadel gehalten eine Abwei- 
‘chung derselben bewirkte. 

2. Auch das Umlaufen des Poles um den lothrechten gal- 
vanischen Leiter ist aus dieser Hypothese nicht erklärlich. Wie 
man sich nämlich die Lage der beiden polaren Linien am ver- 
ticalen Leiter auch denken mag, so muls npthwendig die in 

Rr 2 


628 Blektromagnetismus, 


einer horizontalen Ebene um ihn bewegliche Nadel zwei Maxima 
und zwei Nullpuncte der sie bewegenden Kraft finden, erstere 
da, wo ihre verlängerte Axe auf die Ebene beider Linien senk- 
recht gerichtet ist, letztere da, wo sie mit derselben zusan- 
menfällt. Rücksichtlich der ersteren mufs die Abweichung der 
genäherten Magnetnadelspitze auf beiden Seiten des elektrischen 
Leiters entgegengesetzt seyn, was der Erfahrung widerstreitet; 
in Beziehung auf die Indifferenzpuncte könnte man allerdings 
sagen, dals diese geometrischen Puncte in der Wirklichkeit 
durch die physische Nadelspitze nicht eingenommen werden 
könnten. Allein es wäre doch in der That auffallend, wen 
dieselben bei allen zahlreichen Versuchen niemals zum Vor 
schein gekommen seyn sollten, und auf allen Fall bliebe di 
überall im ganzen Umfange des lothrechten Leiters ganz glei- 
che Ablenkung der Nadelspitze durchaus unerklärlich. 

3. Das Verhalten zweier elektromagnetischer Leitug- 
drähte gegen einander stimmt mit der Annahme des bipolaren 
Transversalmagnetismus nicht überein. \Venn nämlich we 
solche Drähte bei gleichgerichteter Strömung über einander ke 
gen, so mülsten sie sich in verticaler Richtung abstolsen, wi ` 
dafs sie in parallelen horizontalen Ebenen sich einander zm w 
hern suchen und dann in verticaler Richtung angezogen we- 
den. Bei ungleicher Richtung der Strömungen mülsten sie sich 
dagegen in verticaler Richtung anziehen, statt dafs sie in die 
ser abgestolsen werden, und sich in parallelen horizontale 
Ebenen von einander zu entfernen streben. Für die horizon- 
tale Lage beider neben einander stimmt die Hypothese meb 
mit der Erfahrungüberein. 

4. Genau genommen lälst diese Hypothese das Verhalten 
der spiralförmig gewundenen: Scheibe unerklärt. \Väre näm- 
lich jeder Draht ein bipolarer Transversalmagnet, so mülst 
diese Scheibe einen bipolaren Cylinder von nördlichem und süd- 
lichem Magnetismus bilden, dessen Stärke an jeder Stelle eines 
Querschnittes desselben völlig gleich wäre, statt dafs die Mitte 
beider Seiten die gröfste Intensität der magnetischen Kraft zeigt 

5. Endlich beantwortet diese Hypothese auch die Frage 
nicht genügend und mindestens nicht direct, warum der elek- 
trische Leitungsdraht blofs über oder unter den schraubenlör- 
mig gewundenen Stahldrähten hingeführt diese letzteren bipe 
lar magnetisch macht, und nicht auch dann, wenn er mitte 
































Tetrapolarer Transversalm. 629 


„ durch die Axe eines solchen Cylinders geleitet wird, welches, 
, so viel ich weils, noch niemanden gelungen ist. Ich selbst‘ 
habe, aufser manchen Versuchen mit engeren Winduhgen, eine 
Glasröhre von einem Zall im Durchmesser mit Stahldraht um- 
wunden, vermittelst zweier durchbohrter Körke in den Enden 
derselben eine engere Glasröhre in dieselbe geschoben, und in 
dieser einen Kupferdraht in der Axe der ersteren ausgespannt, 
durch welche 5 Batteriefunken geleitet wurden, deren jeder 
einen 1,5 F. langen stählernen Clavierdraht von No. 12 zu 
schmelzen vermochte, ohne dafs dadurch Magnetismus im Stahl- 
drahte erzeugt wurde. \Väre aber der elektrische Leitungsdraht 
selbst ein Transversalmagnet, so mülste er auf diese Weise eben 
so gut 'Transversalmagnetismus erzeugen, als wenn er über oder 
unter den Stahldrahtwindungen hingeführt wird, und eigentlich 
noch wohl stärker, 


2. Theorie des tetrapolaren Transversal- 
magnetismus. 


BerzeLIvs t äulserte zuerst beiläufig, der elektrische Strom 
scheine ihm in einem schmalen Streifen Stanniol an jeder Seite 
desselben zwei über einander liegende ungleiche magnetische ` 
Pole zu erzeugen, und auch H. Davr? hegte anfänglich diese 
Meinung. Nicht sowohl hierdurch bewogen, als vielmehr durch 
die Beobachtung des oben (Ill. C. 2.) beschriebenen bewegli- 
chen Apparates, bei welchem unter andern der lothrecht herab- 
gehende elektrische Leiter durch einen, in einer horizontalen 
Ebene von der einen Seite genäherten Magnetpol angezogen, 
von der andern abgestolsen wird, und wobei die gegenüberste- _ 
hende Seite des elektrischen Leiters sich gerade entgegengesetzt 
verhält, wurde v; ALTHAUS? veranlalst, in die Peripherie des 
elektromagnetischen Leiters vier polare Puncte zu setzen, und 
zwar zwei nordpolare einander diametsal gegenüber dahin, wo 
der Draht Abstofsung gegen den Nordpol des Magnetes zeigte, 
und zwei südpolare gleichfalls einander diametral gegenüber da- 
hin, wo der Südpol zurückgestofsen wurde. Vox ALTHAUS, ` 


1 Ann. Chim. Phys, XVI. 117, Schweigg. XXXI. 100. 

2 Journ. de Phys. XCIV. 77. Vergl. G. LXXI. 235. 

$ Versuche über den Elektromagnetismus u. s, w. Heidelberg, 
1821. 8. 


630 Elektromagnetismus, 


in der Kunst’ des Rxperimentirens durch seine Bekanntschaft mit 
dem zu frühe verstorbenen Boeckmans trefflich geübt, erklärte 
aus dieser Hypothese sehr scharfsinnig die Einwirkung des elek- 
trischen Leiters auf die Magnetnadel, die Wirkung der Spiral- 
scheiben, der schraubenförmig gewundenen Drähte, die Be- 
wegungen eines gebogenen frei schwebenden Leitungsdrahtes 
durch einen genäherten Magnet, insbesondere aber die damals 
eben bekannt gewordene Erscheinung der Anziehung zweier 
beweglicher elektrischer Leiter durch einander bei gleichgerich- 
teter Strömung, und der Abstolsung bei. entgegengesetzter. Es 
mufste nothwendig auffallen, dafs dieses Phänomen, dessen Er- 
klärıng damals Amrene wegen des darin liegenden Widerspru- 
ches gegen die bekannten elektrischen Gesetze so sehr beschäf- 

Fi..tigte, aus der Hypothese der tetrapolaren magnetischen Linien 

127. unmittelbar und nothwendig folge, wie schon der Augenschein 
lehrt, wenn man nur die Durchschnitte von zwei solchen Lei- 
tern a und b über einander zeichnet. 

Als ich selbst diese Theorie genau und sorgfältig prüfte, 
war es mir auffallend, dals sich nirgend am Umfange des eld- 
tromagnetischen Leiters eine Anziehung und Abstofsung derbe- 
den Pole auch der feinsten Nadeln mit Sicherheit zeigen wohe, 
obgleich zuweilen ein Festhängen der Magnetnadelspitze aneini- 
gen Stellen desselben zum Vorschein zu kommen schien. Aus 
diesem Grunde glaubte ich diese Hypothese verlassen zu müs- 
sen, als ich das oben erwähnte Gesetz auffand, wodurch aller- 
dings eine Hauptschwierigkeit gehoben wurde, indem hieraus 
hervorging, warum keine einzige der polaren Linien, ihres 
wirklichen Daseyns ungeachtet, durch die Spitze einer Magnet- 
nadel sichtbar werden konnte. Hiernach suchte ich also die 
elektromagnetischen Erscheinungen dadurch zu erklären, dals 

Fig. ich annahm, jeder elektromagnetische Leiter sey ein tetrapo- 
128.larer Transversalmagnet, dessen Querschnitt a einen Kreis mit 
vier Polen bilde, und zwar, bei einer elektrischen Strömung 
von N. nach S., unten östlich und oben westlich einen Nordpol, 
unten westlich und oben östlich einen Südpol!, Diese Hypo- 
these empfiehlt sich hauptsächlich dadurch, dafs sie das entge- 


1 G. LXX. 141. LXXII. 20, In den dortigen Figuren findet 


sich eine Verwechslung der elektrischen Strömung, wie Prarr richtig 
erinnert. S. der Elektrom. S, 266. 


Tetrapolarer 'Transversalm, 631 


gengesetzte Verhalten der Magnetnadel über und unter, des- 
gleichen zu beiden Seiten des elektrischen Leiters, so wie auch 
. die wechselseitigen Einwirkungen zweier solcher elektromagne- 
tischer Drähte auf einander recht gut darstellt, endlich auch bei 
der Annahme von zwei entgegengesetzten elektrischen $Strömun- 
gen einer jeden derselben ähnliche, aber entgegengesetzte Wir- 
kungen rücksichtlich der Hervorrufung des Magnetismus bei- 
legt; allein vor einer genauen Prüfung besteht auch diese nicht. 

Einige Gelehrte, namentlich Rıscaıs!, Krızs?, Gir- 
BERT? u. a. haben gleich anfangs Einwendungen gegen dieselbe 
gemacht, deren einige sich zwar beseitigen lassen, z. B. dals 
map vermittelst einer Zusammensetzung von vier Stahlmagneten 
den Querschnitt eines elektromagnetischen Drahtes nicht künst- 
lich nachbilden kann (wobei aber die Pole nicht vom Mittel- 
puncte ausgehen), ferner dals Eisenfeilicht sich im ganzen Um- 
fange des elektrischen Leiters anlegt (wovon die Nothwendig- 
keit übrigens schon oben bei der Prüfung des bipolaren Trans- 
versalmagnetismus nachgewiesen ist), endlich dafs die stets sich 
gleich bleibenden Abweichungen der Magnetnadel noch in so 
grolsen Entfernungen vom lothrechten elektromagnetischen Lei- 
ter statt finden (indels muls die gleichzeitige Einwirkung aller 
vier polaren Linien sich eben so weit hin erstrecken, als die 
magnetische Kraft überhaupt reicht, wonach also die einmal 
statt findende Wirkung in jeder Entfernung der Art nach die 
nämliche bleibt, bis sie abnehmend überhaupt verschwindet). 
Folgende Argumente scheinen mir aber nicht füglich einer Be- 
seitigung fähig zu seyn. 

1. Die Theorie ist in einem Hauptpuncte unvollständig.. 
Zugegeben nämlich, dafs das Umlaufen eines Magnetpoles um 
den ganzen Umfang des elektrischen Leiters, selbst auch mit 
gleicher Stärke, durch Benutzung des oben angegebenen Ge- 
setzes erklärt werden könnte, so ist kein genügender Grund 
beigebracht, warum diese Bewegung stets nur nach einer Rich- 
tung erfolgt, indem sie eben so gut auch nach der entgegenge- 
setzten erfolgen kann. Um sich hiervon zu überzeugen, darf 
man nur die Nadel in die Richtung der zwei gleichen Pole brin- 





1 G. LXXI. 89, 
2 Ebend, P- 58. 
3 Ebend, p, 64, 


= 


62 Elektromagnetismus, 


gen, wobei sich bald ergiebt, dafs sie dann eben so gut nach 
der einen als nach der andern Seite abweichen könnte. Es liefse 
sich zwar diesem Argumente mit einer nicht schwierigen Vor- 
aussetzung begegnen, "allein man muls nicht stets zu neuen Hy- 
pothesen seine Zuflucht nehmen, um die alten zu retten, 

9, SeeBeck’s und Davy’s oben (III. B. 5.) angegebene 
Versuche über die Magnetisirung der Stahlnadeln um die ganze 
Oberfläche des elektromagnetischen Leitungsdrahtes so, dals 
der Nordpol und Südpol derselben stets nach einer Seite hin 
liegt, stehen mit dieser Hypothese im Widerspruche 1. 

3. Die Wirkungen der schrauben - und spiral - förmigen 
Windungen, so bestimmt, mindestens die ersteren, aus der 
Hypothese des bipolaren Transversalmagnetismus folgen, sind 
mit der Theorie des tetrapolaren Transversalmagnetismus ent- 
weder völlig unverträglich, oder auf allen Fall nicht gut ver- 
einbar. Zwar hat von ALTHAUS versucht, diese Erscheinung 


‚zu erklären, indem er annimmt, dals bei einem schraubenför- 
-mig umschlungenen Cylinder ab die nordpolaren Magnetismen 


&%,0,&....&%,@,% ... sich nach a bin unten vereinigen, wodurch 
dann ein Nordpol in der Richtung œf entstehen müsse, nach 
Aufsen aber zerstreuen; dafs dagegen die südpolaren Magneis 
men ß,ß,ß,-..... BBB... sich nach der entgegengesetzten 
Seite nach b hin vereinigen, wodurch dann in £ ein Südpol 
entstände, nach Aufsen aber auch diese sich zerstreuen. Hier- 
nach mülste dann von b aus nach Aufsen sich nordpolarer, und 
von a aus gleichfalls nach Aulsen südpolarer Magnetismus zei- 
gen, welchen von ALTHAUS auch wahrgenommen haben will, 
obgleich dieses weder mit meinen eigenen Beobachtungen, noch 
auch namentlich mit denen von G. G. Scumipr ? übereinstimmt. 

4. Auch nach dieser Hypothese ist nicht erklärlich, warum 
ein mitten durch ein Stahldrahtgewinde gehender elektrischer 
Flaschenschlag keinen Magnetismus erzeugt, indem hierdurch 
nothwendig auf gleiche Weise ein tetrapolarer Magnet entstehen 
mülste, als nach der Schmidt’schen Theorie ein bipolarer. 

5. Endlich könnte man der Theorie noch einen Mangel an 
innerer Bündigkeit entgegensetzen, indem die durch sie erklär- 
ten elektromagnetischen Erscheinungen eben so gut auch dann ' 





1 Vergl. Pfaff: der Elektromagaetismus. S. 267. 
2 G. LXXII, 3. | 


PrechtPs Theorie. 633 
) 


folgen, wenn man 6,8... . überhaupt 2? n polare Linien am elek- 
tromagnetischen Leiter annimmt, 


5. Prechtl’s Theorie. 


Da es hier nicht darauf ankommt, die Vorstellungen 
PRECHTL’S von dem Wesen des Magnetismus und der Elektri- 
cität überhaupt zu erörtern, und die Meinung desselben von 
der Identität beider ohnehin oben im Wesentlichen schon ge- 
prüft ist, hier dagegen zunächst nur diejenige Theorie zur Un- 
tersuchung kommen kann, woraus derselbe die Wirkungen des 
elektromagnetischen Leiters erklärt, so läfst sich dieses aus sei- 
nen Abhandlungen? hierüber mit wenigen Worten heraushe- 
ben. Jeder elektromagnetische Leiter ist nach ihm ein Trans- 
versalmagnet, dessen polare Linien der Zahl seiner Seiten cor- 
respondiren. Ueber den Fall, dafs dieser Leiter aus einem 
dreiseitigen Prisma bestände, finde ich nichts besonders er- 
wähnt, die übrigen Formen aber, deren Querschnitte reguläre 
Figuren bilden, sind sämmtlich berücksichtigt. Ist demnach 
der Leiter der Elektricität ein viereckiger Stab, so drückt die „ 
Zeichnung eines Querschnittes desselben sowohl die Lage der’: pig. 
polaren Linien als auch die Richtung der Magnetnadel um den- _, 
selben aus?. Eben dieses ist der Fall für ein Sechsseitiges Pris- 15T. 
ma, bei welchem also die magnetischen Richtungen je zweier 
an einander liegender Seiten entgegengesetzt seyn sollen. Min- 
der nicht gilt dieses für Vielecke von gleicher Seitenzahl; ist 
aber die letztere ungleich, so stellt sich in der Magnetisirung 
die Gleichheit dadurch her, dals zwei an einander liegende Sei- 
ten sich in der nämlichen Richtung magnetisiren, denn die 
Gleichheit der Seiten hat hier keinen Einflußs, Nimmt man zum 
Schliefsungsdrahte z. B. ein zwölfseitiges Prisma von unend- 
lich kleinem Durchmesser, oder was dasselbe ist, ein Prisma 
von endlichem Durchmesser und "unendlich vielen Seitenflä- 
chen, d. h. einen Cylinder, so liegen hier die einzelnen Polari- Tig. 
täten sehr nahe an einander, und es vereinigt sich also auf eine 
Magnetnadel von endlicher Länge die Gesammtwirkung aller 

der Polaritäten, welche über dem Durchmesser desjenigen Quer- 





1 G. LXVII 259. LXVII. 187.208. Schweigg. Joum.XXXVI.899, 


2 Dals die letztere unrichtig sey, eben wie bei der nächstfol- 
genden Figur, möge hier uur beiläufig bemerkt werden. 


` 










634 Elektromagnetismus.. 


schnittes, mit dem die Macmetnadel parallel steht, befindlich 
sind. Nur auf eine unendlich kleine Magnetnadel würde die |, 
Elementarwirkung, wie beim Vielecke erfolgen. 


Bei einem Schlielsungsdrahte,, der ein Cylinder oder ein 
viereckiges, Prisma ist, dessen Durchmesser gegen die Länge | 
der Nadel, auf welche er wirkt, verschwindet, gehen also die 
magnetischen Polaritäten scheinbar nach einer und derselben 
Richtung, — scheinbar deswegen, weil diese Wirkung nidt 
die den einzelnen Seiten eines Vielecks zukommende, sondem 
die Gesammt - Wirkung derselben ist, 


Gegen diese Theorie scheint mir einzuwenden, dals # 
unklar und in sich selbst nicht consequent ist. Entweder si 
nämlich die Richtungen der Magnetismen bei den verschiedeng- 
stalteten Leitern in der Wirklichkeit genau so, wie sie in da 
Zeichnungen ausgedrückt sind, so widerspricht dieses der Er 
fahrung, indem bekanntlich die Magnetnadel sich um runde 
vierseitige Leiter, deren Durchmesser gegen den ihrign k- 
neswegs verschwindend sind, ganz auf gleiche Weise bngt 
Soll aber die Darstellung der Wirkungen vier - und viehi 
Leiter blofs von solchen gelten , deren Durchmesser verschie 
dend sind, so mufs nachgewiesen werden, auf welche We 
aus diesen diejenigen mit me[sbarem Durchmesser entstehen, 0 

Fi ‚welche die Nadelspitze sich im Kreise bewegt. In dem Qw- 
182. schnitte des runden Leiters sind zwar, um dieses Phänomen fl 
erklären, die Richtungen der Magnetismen alle nach einer Seite 
hin gezeichnet, es ist aber nicht nachgewiesen, warum die dè- 
zwischen liegenden, diesen entgegengesetzten, fehlen. Wilma 
hierauf erwiedern, dafs sie einander zu nahe liegen, s bleibt 
die Frage unbeantwortet, warum die andern, gleichfalls entzt- 
gengesetzten, Pole weiter von einander abstehen. Ist endid 
die Zahl der ungleichnamigen Pole wirklich unendlich, so fil- 
len sie überall zusammen, müssen sich neutralisiren, undesit 


gar kein Effect möglich. 
So lange diese, das Ganze treffenden Einwürfe nicht b- 


seitigt sind, scheint es mir überflüssig, die Theorie an einzel- 
nen Erscheinungen zu prüfen. Paecntr hat zwar zu zeige 
gesucht, in wie fern aus der Lage der ungleichnamigen Pole" 
den Transversalmagneten das Umlaufen der Nadelspitze um da 


Seebeck’s Theorie 635 


nischen Leiter folge!, allein hierdurch werden ‘die eben 
sewiesenen Gegengründe keineswegs beseitigt, und zu- 
it trifft jede Hypothese dieser Art der Einwurf, dafs sie 
n nothwendigen Grund nachzuweisen vermag, warum das 
reisen stets nur nach ein und derselben Seite hin statt 
t. 


4. Seebeck’s Theorie. 


SEEBECK hat in seiner mehrmals’ erwähnten Abhandlung 2 
ehre vom Elektromagnetismus gleich nach der Auffindung 
rsten Hauptphänomen’s durch eine grofse Zahl mannigfal- 
geänderter, und sehr genauer Versuche fast zu demjenigen 
. der Ausbildung befördert, welchen sie bis jetzt überhaupt 
>n hat, und dabei zugleich eine Theorie derselben aufge- 
welcher er auch nachher treu geblieben zu seyn scheint. 
ach „giebt es am ganzen schlielsenden Drahte nirgend feste 
»der einzelne Stellen, an welchen entweder positiver oder 
wer Magnetismus im Uebermalse vorhanden wäre, nirgend 
feststehenden magnetischen Kern. Ein polarer magnetischer 
asatz zweier entgegengesetzter Puncte am Schlielsungs- 
>, oder in dessen Atmosphäre ist also nur dadurch begrün- 
dafs die Richtung des durch die Action der Säule erregten 
BStismus entgegengesetzt, und 4- M. nach der einen, — 
zh der andern Seite gerichtet ist. Jeder Punct in der cy- 
schen magnetischen Atmosphäre, welche den Stab erfüllt 
amgiebt, ist nordpolar und südpolar zugleich, nach der _ 
Seite zu nordpolar, nach der andern südpolar, so dafs 
tuch alle, von der Axe des Stabes ausgehende Radien in 
senkrecht auf den Längendurchmesser des schliessenden 
'es stehenden Ebene, nach der einen Seite zu als nordpo- 
aach der andern als südpolar anzusehen sind, und zwar 
eichmälsig wechselnder Folge, indem der nordpolare Ma- 
smus des einen Radius dem südpolaren des andern zu- 
hrt ist.‘ | 
Die hier in ihren wesentlichen Theilen mit den eigenen 
ten des berühmten Gelehrten wiedergegebene Theorie’ ist 
aus klar und bestimmt. Weit weniger scheint mir dieses 





Kastner’s Archiv II. 155. 
Berlfu. Denksch. 1820—21. 8. 885 f. 


63% Elektromagnetismus. 


bei denjenigen weiteren Aeulserungen der-Fall zu seyn, worin 
derselbe den Unterschied zwischen einem Stahlmagnete und 
dem elektromagnetischen Drahte zu erläutern, und die Verthei- 
lung des Magnetismus im Stahle nebst der hieraus folgenden 
Wirkungsart der Stahlmagnete aufzuklären sucht. Das Letztere 
gehört an sich nicht hierher, die Hauptäufserung über das Er- 
stere aber theile ich gleichfalls um so lieber mit SEEBecr’s ei- 
genen Worten mit, weil sie mir selbst nicht völlig deutlich ge- 
“worden ist, übrigens aber in der Hauptsache nichts abzuändem 
scheint. „Der Magnetismus im Eisen und Stahle unterscheidet 
sich also darin vom Magnetismus in ‘der Galvanischen Kette, 
dals die den diametral einander gegenüberkegenden Punctendıs 
Stahlmagnetes zugehörenden inneren Theile der magnetischen 
Atmosphäre in einander greifen, und in dem Metalle so innig 
verbunden sind, dals sie auf keine Weise von einander getrennt 
werden können, indem die Axe der ganzen, den Stab erfüllen- 
den und umgebenden magnetischen Atmosphäre, als ein mitten 
zwischen den Polen an der Oberfläche des massiven cylindri- 
schen Magnetstabes liegender Kreis angenommen werden mul, 
In der galvanischen Kette dagegen können nicht nur die doan- 
der diametral gegenüber liegenden Theile der einfachen mage- 
tischen Atmosphäre der Leiter bis zu jedem beliebigen Abstande 
von, einander entfernt werden ,. wodurch sie um so vollkomme- 
ner in dieser, vor der Entdeckung Orrsren’s gänzlich unbe- 
kannten, einfachen Form hervortreten, sondern es wird sogar 
aller Magnetismus der Galvanischen Kette aufgehoben, wenn 
die einander diametral entgegengesetzten Theile der magneti- 
schen Atmosphäre bei völliger Berührung der Metalle auf glei- 
che Art in einander greifen, als in den Stahlmagneten.“ 
Verstehe ich die Ausdrücke recht, so sind die entgeger |} 
gesetzten Magnetismen im Stahle durch einander gebunden, 9 
dafs die Polarität nur an den Enden der Stäbe in grölster Stärke 
hervortritt und in der Mitte bis zur Indifferenz verschwindet £.. 
statt dafs dieselben ‚am elektromagnetischenLeiter an allen Puno- $ 
ten zum Vorschein kommen, dann aber verschwinden und zu | 
Bildung eines gleichfalls bipolaren Magnetes sich vereinigei 
wenn die Drähte mit einander in Berührung kommen. 
Dafs auch diese Theorie den Anforderungen an eine solc# 
‚nicht genüge, lälst sich bald zeigen, indem sie in sich entwe- 
der unmöglich oder unbestimmt ist, und bei erhaltener Bestin- 








| Pohl’s Theorie, 637 


' die Erscheinungen selbst gar nicht erklärt. Nach den 
rücken SreBEck’s ist die den elektromagnetischen Cylinder 
nde Zahl der Radien mit entgegenstehenden Magnetismen 
ıren Seiten unendlich. Wäre dieses im strengsten Sinne 
‘all, so würde gar keine Wirkung möglich seyn, indem 
Punct in einer auf den Schliefsungsdraht senkrechten 
e zugleich nordpolarisch und südpolarisch seyn mülste, 
Wirkungen auf die Spitze einer Magnetnadel von mels- 
iumlichem Inhalte sich um so sicherer aufheben würden, 
»r Thesis nach auf jeden räumlichen Punct in der Spitze 
[agnetnadel eine uneAdliche Menge nordpolarer und süd- 
x Puncte im magnetischen Cylinder um den Leitungsdraht 
-ken mülsten. Wir wollen indels annehmen, die Zahl der 
: und süd-polaren Puncte sey ‘eine unendliche, so giebt 
Umfange des elektrischen Leiters für eine mit ihrer Axe 
ht auf die Axe des Leiters gerichtete Magnetnadel so 
Puncte, in welchen dieselbe auf einen gleichnamigen Pol 
>cht gerichtet ist, dessen seitwärts bewegende Kraft also 
awindet, zugleich aber sich in gleichem Abstande von 
wngleichnamigen Polen befindet, deren Wirkungen sich 
2 gleichfalls aufheben, als wie viele Paare von Polen den 
umgeben. Obgleich daher mit der Zahl der Paare die- 
le die Menge der Lagen wächst, in denen die Nadel- 
zwischen zwei ungleichen Polen befindlich nach den Ge- 
der magnetischen Wirksamkeit eine Abweichung erhal- 
afs, so wächst hiermit auch zugleich die Zahl der Indiffe- 
ıncte, und man kommt also mit zwei polaren Linien oder 
ieren eben so weit, als mit einer beliebigen endlichen 
Paare ungleichnamig magnetischer Puncte, indem auch 
iesen endlich die Richtung des Umlaufens der Nadelspitze 
en elektrischen Leiter unbestimmt bleibt. Es finden somit 
. diese Theorie die nämlishen Einwendungen statt, welche 
bewogen haben, die von mir selbst früher vertheidigte 
rie aufzugeben. 


Pohl’s Theorie der Circularpolarität. 


. F. Pour suchte anfangs! die elektromagnetischen Er- 
ıungen am Schlielsungsdrahte der Volta’schen: Säule da- 





G. LXIX. 191. 


638 Elektromagnetismus. 


durch zu erklären, dafs er jede Querzone eines solchen Leiters 
für eine in sich selbst zurücklaufende Magnetnadel hielt. Spä- 
ter? ging derselbe ganz zu Szrpzck’s Ansicht über, indem er 
den zuerst aufgestellten Satz dahin modihicirte, die beiden ge- 
näherten Pole der in einen Kreis zusammengebogenen Magnet- 
nadel gingen durch ihre unmittelbare Berührung in einander 
über, und verbreiteten sich als zwei neben einander liegende 
Pole über den ganzen Umfang der kreisförmig zusammengebo- 
genen Nadel (mit Verschwindung des sonst nothwendigen Indif- 
ferenzpunctes in ihrer Mitte), Hiernach soll dann jeder Punct 
des Schliefsungsdrahtes als Nord- und Sud- Pol zugieich wir 
ken, nur nach tangential - entgegengeselzten und durch du 
Werbindungs - Ordnung bestimmten Richtungen. 

In dieser Modification hört das Ganze aber auf eine Theone 
zu seyn, indem blofs das ursprüngliche Oersted’sche Phänomen . 
mit einem andern Ausdrucke bezeichnet wird, und anstatt zu 
sagen, die Spitze der Magnetnadel läuft um den elektromagneti- 
schen Leiter im Kreise umher, (welches der Natur der Sache 
nach nothwendig durch Tangential - Kräfte bewirkt werden 
: muls) sagt Poar: sie wird von jedem Puncte desselben darch 
eine von diesem ausgehende Tangentialkraft herumgetrieben. 
Nach Serszck liegtin jedem Puncte nach der einen Seite nord- 
polarer,'nach der andern südpolarer Magnetismus, nach Pont 
aber wirkt jeder einzelne Punct nach der einen Seite nordpola- 
risch, nach der andern südpolarisch magnetisch abstofsend. Die 
von ihm in den Figuren zur Erläuterung gezeichneten Magnet- 
nadeln können daher keinen wirklichen Abstand der Pole, wäre 
er auch nur verschwindend klein, andeuten, sondern blols die 
Richtung der Tangentialkräfte bezeichnen. Dafs aber irgend ein 
materieller Punct zugleich ein nordpolarer und ein südpolarer 
Magnet seyn sollte, also ein Gegebenes und auch sein Entgegen- 
gesetztes, ein 4 und zugleich ein —, ist undenkbar, mithin 
kann einem jeden Puncte nur eine nach einer Seite wirkende 
nordpolar magnetische Kraft, und nach der andern eine südpo- 
lare beigelegt werden, wodurch nach dem Begriff des Entge- _ 
gengesetzten der Punct selbst = 0 seyn würde 2. Will man 


1 G. LXXI. 47. Vergl. LXXIII. 259. 
2 Pont giebt dieses selbst zu, indem er bei G. LXXIV. 9. 
sagt: „Einen N. u. S, Pol giebt es hier also gar nicht, oder ma 


Pohl’s Theorie. | 639 


un auch nicht geradezu für undenkbar halten, dafs von dem 
ntlichen O aus (einem geometrischen, nicht einem räumli- 
ı Puncte) ohne ausgedehntes, materielles Substratum, zwei 
egengesetzte Kräfte nach entgegengesetzten Seiten hin wir- 
l ausgehen sollen, so bietet wenigstens die Natur kein Ana- 
n dar. Es lälst sich hierfür nicht geltend machen, dafs nach 
LOMB jedes kleinste Stück eines Magnetes wieder ein Magnet 
zwei Polen sey, denn mit solchen durch Versuche erhalte- 
Stücken sind wir noch weit von einem Stahlatome , ge- 
eige denn von einem geometrischen Puncte entfernt. Nur 
also, wenn Pour räumliche magnetische Pole, und zwar 
gengesetzte, nach der einen Seite nordpolarische, nach 
andern südpolarische in der Oberfläche des galvanischen 
rs annimmt, giebt er eine Theorie, welche der von Ser- 
aufgestellten gleich ist, und daher gleichen Gegengründen 
Liegt. 
Insofern übrigens Ponz das elektromagnetische Hauptphä- 
-n blofs genau bezeichnet hat, ohne jedoch durch eine 
xie die Aetiologie desselben nachzuweisen, und wenn 
sonach seine Bezeichnungen und Figuren als ein Mittel der 
mnlichung betrachtet, so muls man zugestehen, dals er 
ach die wesentlichsten, aus demselben folgenden Erschei-' 
ən mit grolser Consequenz erklärt hat. Letzteres ist in der 
sebenen Abhandlung nur kurz, ausführlicher aber in den 





3 uneigentlicher Weise jeden Punct als N. u. S. Pol zugleich 
sn, und mithin deren unendlich viele annehmen, welches phy- 
ch ganz in demselben widerspruchslosen Sinne zu fassen ist, in 
sm man in der Mathematik den Kreis als ein Polygon von unend- 
rielen geraden Seiten betrachtet. Man wird indefs zugestehen, 
lurch das letztere Hülfsmittel nur die Vorstellung eines Kreises 
erleichtert, und diese sinnlich darstellbarer wird. Strenge ge- 
en ist aber kein Theil des Kreises, auch nicht der kleinste . 
he eine gerade Linie, und mit derselben Strenge ist nach PonL 
Panct des elektrischen Leiters weder. ein N. noch ein 8S, Pol, 
kann weder nord - noch südpolarer Magnetismus an irgend ei- 
ıateriellen Punct gebunden seyn, indem dieser sonst hierdurch 
Icher Pol werden müfste, mithin bleibt an und um den Leiter blofs 
ie Magnetnadel bewegende, Kraft, deren Wesen und Ursprung 
weiter erklärt, auf welche vielmehr blofs aus der Beobachtung 
ossen wird. Insofern glaube ich es also rechtfertigen zu kön- 
dafs dieses keine Theorie, sondern blofs eine Construction der . 
inungen ist. 


640 Elektromagnetismus. 


Demonstrationen geschehen?, vermittelst deren die Bewegun: 

der bewerlichen Leiter durch den Einflufs des Erdmagnetismus 

nachgewiesen wird, und welche in sofern ein höchst schätzba- 

rer Beitrag zur Lehre des Elektromagnetismus bleiben, als in 

ihnen mit geometrischer Schärfe därgethan wird, dafs und auf 

welche Weise alle diese Bewegungen aus dem einfachen elek- 
“ tromagnetischen Fundamentalversuche folgen. 


© Theorie des diagonaloiden Magnetismus, 


Gleich nach der Entdeckung des Elektromagnetismus be- 
förderte Ermanm nicht blofs die Verbreitung der Kenntniss de- 
selben, sondern vermehrte auch die damals bekannten Tht- 
sachen und Apparate auf eine sinnreiche Weise?., Weil na 
aber eine Reihe zusammenhängender Erscheinungen nicht gt 
aufzufassen vermag, ohne sie in einen inneren Zusammenhang 
unter sich und mit andern bekannten Phänomenen zu bringen, 
so war es natürlich, dafs auch dieser scharfsinnige Gelehrte ne 
Theorie entwarf, nach welcher sich die damals bekannten That- 
sachen erklären lielsen. In Gemälsheit der Hypothese von zwi 
Elektricitäten, deren jede an dem.ihr zugewandten Eske des 
Leiters in gröfster Fülle einströmen muls, nahm er an, dalsie- 
nach in diesem ein diagonaloider Transversalmagnetismut- 
rest werde, wonach im Wesentlichen an der einen Seite des 
diagonal getheilten Leiters AB nordpolarer, an der andern CD 

Fig. südpolarer Magnetismus vorherrschend seyn sollte. Indel w- 
ren damals bei weitem noch nicht alle Thatsachen bekannt, de- 
nen auch deswegen die Hypothese nicht genügt, und da der Er- 
finder derselben sie später nicht weiter auszubilden gesucht ht, 
so wird diese allgemeine geschichtliche Erwähnung derselben 
genügen?. 


F. Rückblick auf die verschiedenen 


Theorieen. 


Ueberblicken wir nun noch einmal die verschiedenen Theo- 
rieen über den Elektromagnetismus, so können wir nicht gut 


1 G. LXXIV. 391 f. LXXV. 269. 

2 In seiner mehrerwähnten Schrift: Umrisse zu den physisch’ 
Verhältnissen des von H. P. Oersted entdeckten elektrochemische 
Magnetismus u. s. w. Berl. 1821. 8. 

3 Vergl. Gilbert in Annal. d. Phys. LXVII. 882. ff, 


Theorie, 641 


umhin, mit Davy zu gestehen, dafs wir bis jetzt noch keine 
einzige völlig genügende haben, und es vielleicht überhaupt 
noch zu frühe ist, ernstlich an eine solche zu denken, weil die 
Kenntnils der Naturgesetze im Allgemeinen, und der zur Erklä- 
zung der elektromagnetischen Erscheinungen erforderlichen im 
Besondern noch zu sehr in ihrer Kindheit ist!. Vergleicht man 
indels die bier, so viel ich mir bewulfst bin, mit grölster Un- 
parteilichkeit dargestellten Theorieen mit einander, so wird, wie 
mich dünkt, der Unbefangene der vom Transversalmagnetis- 
mus den Vorzug zugestehen. Durch Transversalmagnete hat 
man die hauptsächlichsten Phänomene, welche ger einfache 
elektrische Leitungsdraht darbietet, am vollständigsten nachge- 
bildet, und liefse sich die analoge Beschaffenheit beider mit 
Sicherheit nachweisen, so würde man den Elektromagnetismus 
als einen Zweig der allgemeinen magnetischen Erscheinungen 
diesen anreihen können. Dabei bleibt aber die Frage noch zu 
erörtern, wie viele Pole oder Paare von Polen im Umfange 
des elektrischen Leiters anzunehmen sind? Die Beantwortung 
dieser Frage, wozu mir Pour’s oben (Ill. C. 18) erwähnter Ap- 
parat vorzüglich geeignet scheint, liegt vor der Hand noch 
scheinbar sehr weit entfernt, um so mehr als die angestellte Un- 
tersuchung ergeben hat, dals weder zwei noch eine beliebig 
grolse Menge der Aufgabe ein Genüge leisten. Wann und ob 
überhaupt man hierüber zur Gewifsheit gelangen werde, läfst 
sich um so weniger bestimmen, wenn man berücksichtigt, dals 
in einem so langen Zeitraume die Frage über das Vorhanden- 
seyn einer oder zweier Elektricitäten nicht zur definitiven Ent- 
scheidung gebracht werden konnte. Ist es mir indels erlaubt, 
einige Hypothesen aufzustellen, nachdem ich den Gegenstand 
nach allen seinen Seiten in der vorstehenden Abhandlung genau 
prüfen mulste, so sind dieses folgende. 

Wer sich mit gegründeter Hoffnung eines glücklichen Er- 
folgs diesen Untersuchungen widmen will, der muls vor allen 
Dingen die individuelle Wirkungsart der Elektricität und des 
Magnetismus, welche in diesen Erscheinungen auf eine so höchst 
räthselhafte Weise verschlungen sind, scharf ins Auge fassen. 
Hiernach scheint es mir, als ob die Annahme der Existenz fe- 





1 Vergl. Davy in Phil. Trans. 1824. 1. Ann. of Phil. 1824. Jan. 
p- 22. Schweigg. J. XL. 332, 
III. Bd. Ss 


642 Elektromagentismus. 


ster, gleichsam starrer polarer Linien (oder Puncte, welches am 
Ende auf eins hinausläuft) um den elektrischen Leiter nicht zum 
Ziele führt. Das Verhalten der Sache scheint mir vielmehr fol- 
gendes. 

4. Die Elektricität durchströmt den vollkommenen und un- 
vollkommenen Leiter nicht als ein Continuum , sondern in ein- 
zelnen Pulsen, welche aber in unmefsbar kurzen Zeiträumen 
auf einander folgen. Diese Pulsus oder Wellen sind am merk- 
barsten bei der galvanischen Elektricität, und offenbaren sich 
den Nerven in dem simmernartigen Gefühle, welches dieselb® 
ım thierischen Körper erregt. 

2. Jede einzelne hierzu hinreichend starke Welle trennt i 
dem Leiter, und vermittelst dessen vielleicht auch in deser 
Umgebung, den überall die Erde als eigene Atmosphäre umge- 
benden, und somit überall vorhandenen neutralen Magnetismus 
in seine beiden antipolaren Theile auf ähnliche Weise, als eine 
mechanische Erschütterung diese Trennung im Stahle bewirkt. 
Die langsamere Durchströmung stark gespannter Reibungselek- 
tricität, wenn sie durch Spitzen eingesogen ist, kann daher 
keine solche Pulsus ausüben, und also auch keinen Mamtir 
mus erzeugen; ihr entgegen steht mit der heftigsten, da 
auch am kürzesten dauernden Wirkung der Flaschenschlg, 
welcher eben diese auch durch die erregte Empfindung ankün- 
digt, in der Mitte zwischen beiden liegt die galvanische Elektncitit 

Hier scheint es mir der schicklichste Ort gu seyn, die 
Frage, warum das langsame Durchströmen der Blektricitöt in 
den Leitungsdrähten keinen Magnetismus erzeugt, nochmals 
näher zu prüfen. Wären zuvörderst Elektricität und Magnetis- 
mus identisch, so wäre diese gänzliche Unwirksamkeit des elek- 
trischen Leiters auf die Magnetnadel durchaus unerklärbar, da 
sich nach den Versuchen von Prarr (lI. A. 13) in dem Lei- 
tungsdrahte eine solche Menge freier Elektricität befindet, dals 
der genäherte Finger merkbare Funken erhält. WVermöge der 
Annahme einer Identität beider Potenzen würde man also die 
Anwesenheit der Elektricitätt—=Magnetismus in einem solchen 
Leiter zugleich setzen und auch wieder aufheben, was doch e.n 
offenbarer Widerspruch ist, und als solcher mir das gewichtig- 
ste Argument gegen diese Hypothese zu seyn scheinti. Prarr 





1 Vergl. oben IV. i. A. 





Theorie >- 08 


leitet dieses Ausbleiben der magnetischen Wirkungen von der 
zu grolsen Spannung der Elektricität ab, allein hiergegen strei- 
tet die Erzeugung des Magnetismus durch den energischen Fun- 
ken, durch den Flaschenschlag und insbesondere durch den 
Blitz, worin doch eine ungleich stärkere Spannung der Elektri- 
cität anzunehmen ist. Mir scheint der Grund hiervon vielmehr 
inFolgendem zu liegen. Es ist oben? bewiesen, dafs die Elek- 
tricität sich nur auf der Oberfläche der Körper verbreitet, und 
nicht in das Innere derselben eindringt. Hiergegen streiten aber 
‚die oben (Il. C. a) erwähnten Versuche Davy’s, nach denen 
die Masse und nicht die Oberfläche der Metalle ihr Leitungs- 
vermögen bedingt, die Anwendung der medicinischen Elektri- 
cität, das Schmelzen sehr dicker Drähte durch den Blitz u. a. m, 
Sollen diese beiderlei widersprechenden Erscheinungen, und. 
zugleich auch diejenigen, welche sich rücksichtlich der Erzeu- 
gung des Elektromagnetismus herausstellen, vereinigt werden, 
so müssen wir annehmen, dafs die eigentlich strömende, in den 
angegebenen Pulsationen fortschreitende Elektricität durch ihre 
unwiderstehliche Kraft allerdings die Massen der Körper durch- 
dringt, die widerstrebenden Hindernisse überwältigt, und hier- 
bei zugleich den Magnetimus scheidet. Sofern sie dagegen sich 
langsamer bewegt, und einseitig als-+ oder — E. angehäuft nach 
Neutralisation mit dem Entgegengesetzten strebt, somit auch 
Anziehung und Abstolsung bewirkt, wird sie eben durch dieses 
Streben nach Ausgleichung auf der Oberfläche der Körper an- 
gehäuft, und trennt die Magnetismen nicht. Kein geladener 
Conductor kann daher magnetisch seyn, auch keine trockne 
Säule die Magnetnadel afficiren, die stark gespannte, nach Neu- 
tralisation strebende Elektricität scheidet weder Wärme noch 
Licht aus, sondern dieses alles geschieht blols durch die strö- 
mende, und hiernach pulsirende, in welchem Zustande die 
galvanische allein auftritt, weil in jedem Elemente des Leiters 
die Ausgleichung beider Elektricitäten statt findet. 

3. Die Trennung der ungleichen, im Zustande der Neutra- 
lität gebundenen, Magnetismen ist der Erzeugung der Elektrici- 
tät, oder eigentlicher der Aufhebung des gewöhnlich bestehen- 
den elektrischen Gleichgewichts ähnlich. So wie durch Rei- . 
bung, Mittheilung, den Wirkungskreis, Erwärmung u. s. w. ins- 


1 $. Elektricität IV. | 
Ss 2 







644 Elektromagnetismus. 


besondere aber durch einen auf Affinitätsgesetze oder wechsel- 
seitige \Vahlanziehung gleichsam zurückkommenden Einfah f p, 
heterogener Metalle auf einander beide Elektricitäten geschieden | ih 
werden, so geschieht dieses nämliche durch ähnliche Ursachen | fy 
beim Magnetismus, die Trennung erhält sich bei beiden blei- f j 
bend nur in den Nichtleitern, wobei rücksichtlich der Form de § pn, 
letzteren die Elektricität gröfsere Flächen, der Magnetismus längere | sch, 
Stäbe vorzieht. der! 

4. Die Scheidung der Magnetismen durch die Elekincä | sich 
geschieht (als Beweis der Einfachheit aller Naturgesetze) af | ie 


des Lichtes durch Wärme, der Wärme durch Licht, und wa 
bei der Elehtricität und dem Magnetismus keine Reciproa 
rücksichtlich der wechselseitigen Hervorrufung bemerkt wa, | zu 
so liegt die Ursache hiervon darin, dafs wir den Magnetismo | tie. 
in bedeutender Stärke im Zustande der Trennung mar an če | glei 
lsolatoren gelunden besitzen, welche derselbe nicht vælibt, | che 
wenn auch die entgegengesetzten Atmosphären beider Par ach | ind: 
binden. Plötrliche Trennungen beider Magnetismen ga | der 
blofs im elektrischen Leiter vor, und vielleicht werden kunfüg | geste 
einmal elektrische Wirkungen der so hervorgerufenen Napne- mne 
tismen entdeckt werden, deren eigentliche Quelle dam aber | Vors 
sehr schwer zu bestimmen seyn dürfte. ` Frag 

5. Auf welche eigenthümliche Weise und nach welchem | hin, 
bestimmten Causalverhältnils die Trennung beider Magnetismen | tise; 
durch die elektrischen Wellen geschehe, dieses kann nicht rü- | ut 
her aufgefunden werden, als bis wir das Wesen der Elektna | mi 
selbst und des Magnetismus erkannt haben, wozu für jetzt nd | Weil 
keine bestimmte Hoffnung vorhanden ist. Rücksichtlich # | wet 
Elektricität aber ergeben die Erscheinungen so viel, dafs ù | ed 
selbe im Leiter den kürzesten Weg sucht, und daher, W | it 
auch die Form desselben seyn mag, in der Richtung ihres Fot ern 
ganges einen Cylinder bildet, um welchen die elektromagnet | %ip 
schen Wirkungen sich in der Hauptsache überall gleichar j & 
zeigen. uc) 

6. Um diesen cylinderförmigen elektrischen Strom werda ke 
dann bei jedem Pulsus der Strömung die Magnetismen auf ei" leni 
an sich unbekannte, blofs aus der Wirkung ersichtliche Weis | ~ 
getrennt, so dafs die nordpolaren nach der einen, die südpoh-| ı 


\ 


Theorie. 645 


ı nach der andern momentan frei werden, und weil diese 
lsus einander der Zeit nach so nahe liegen, so scheint uns 
e Wirkung eine continuirliche, In wie vielen Sectoren des 
erschnittes eines Zz. B. cylinderförmigen. elektrischen Leiters 
"Trennung der Magnetismen erfolgt, oder mit andern Wor- 
‚ wie viele ungleiche polare Linien bei jedem Pulsus ent- 
en, ob die Zahl derselben nach der Dicke des Leiters und 
Stärke der Elektricität verschieden ist, diese Fragen lassen 
nicht beantworten,’ es ist sogar noch zu frühzeitig, hier- 
> nur einmal eine wahrseheinliche Hypothese zu versuchen, 
mnge eine Hauptfrage noch nicht völlig entschieden ist, näm- 
ob wir in Gemälsheit einer einzigen elektrischen Strömung 
eine einfache, oder in Folge einer zweifachen und entge- 
zesetzten eine doppelte Wirkung auf den Magnetismus an- 
=hmen haben, oder ob endlich in der Ausgleichung be 
momentane Erregung des Magnetismus zu suchen ist. At 
>he Weise mögte ich nicht darüber entscheiden, nach wel- 
~ Seite hierbei der nordpolare Magnetismus gerückt werde, 
-m dieses von der Ansicht abhängt, ob man den Nordpol 
Nadel z. B. durch den nordpolaren Magnetismus zurück- _ 
fsen, oder im Strome desselben bei der plötzlichen Tren- 
= mit fortgerissen werden lälst. Ohne den verschiedenen 
stellungsarten jedes Einzelnen rücksichtlich dieser beiden 
zen vorgreifen. zu wollen, indem diese Bemerkungen ohne- 
. wie gesagt, keineswegs als eine vollständige Theorie an- 
'hen sind, bin ich doch in Ansehung der ersteren geneigt, 
SEEBECK eine zwar nicht unendliche, aber doch eine sehr 
Be Menge Trennungspuncte anzunehmen, schon deswegen, 
. die Fortführung der getrennten Magnetismen durch einen 
aältnifsmälsig beträchtlichen Raum im Umfange des Leiters 
ler mit der Geschwindigkeit der einzeln erfolgenden Pulsus, 
a mit der ruhigen und wirkungslosen Herstellung des Indif- 
nzzustandes übereinstimmt. Hinsichtlich der letzteren 
te ich lieber im Widerspruche mit Pour die Trennung so 
shmen, dafs der nordpolare Magnetismus bei einer von N. 
ı S. gerichteten elektrischen Strömung von der unteren Flä- ` 
des Leiters an gerechnet, in der Richtung nach O. durch das 
tth nach W. unc so zurück zu liegen käme, weil es mir na- 


L Hiergegen ‚scheinen Ponı’s Versuche (oben III. C. 18) zu streiten. 


r} 


646 Elektromagnetismus, 


türlicher scheint anzunehmen, dafs die nordpolare Nadelspitze 
vermöge der erregten positiv magnetischen Tangentialkraft fort- 
gerissen werde. Dafs hiermit den von jenem Gelehrten geliefer- 
ten Demonstrationen und Rechnungen kein Abbruch geschehe, 
versteht sich von selbst. 

Eine Anwendung dieser Sätze auf die gesammten elektro- 
magnetischen Erscheinungen zu machen, würde zweckwidrig 
seyn. Indefs will ich doch bemerken, dafs einige schwer zu 
erklärende Erscheinungen hierdurch eine eben so unmittelbare 
als vollständige Aufhellung erhalten. Es ergiebt sich nämlich 
nach dieser Ansicht von selbst, warum die Magnetnadel unter 
dem Verbindungsdrahte der beiden Belegungen einer starken 
Flasche keine Bewegung erhält, ohngeachtet ein Stahldraht starke 
Polarität annimmt, weil nämlich der Pulsus schon vorüber, und 
der Zustand des Gleichgewichts wieder hergestellt ist, ehe die 
Trägheit der Nadel überwunden werden kann, wobei jedoch 
die Trennung der beiden Magnetismen, bei denen kein Träg- 
heitsmoment zu überwinden ist, vollständig erfolgt. Die Rück- 
sicht auf dieses Factum hat mich zu der Annahme vermogt, _ 
dals der nordpolare Magnetismus durch den gleichnamigen mit 
fortgerissen werde, indem dieses mit der Schnelligkeit des Er- ! 
folgs mehr übereinstimmt als die Annahme, dafs der im Leiter ! 
erzengte südpolare Magnetismus die entgegengesetzte Polarität | 
hervorrufe, wozu mir mehr eine Art von Stillstand gehört, die _ 
ich nach dem Verhalten der Nadel weniger anzunehmen ge- | 
neigt bin. Es folgt aus den Sätzen ferner direct, warum Stahl- . 
nadeln, quer auf den elektrischen Leiter befestigt, an jeder : 
Stelle nach einer Seite nordpolar, nach der andern südpolar m- 
gnetisch werden, endlich aber warum der elektromagnetid | 
Leiter oben, unten oder zur Seite eines um eine Glasröht 
schraubenförmig gewundenen Stahldrahtes hingeführt, Transver- 
salmagnetismus zu erregen vermag, in der Axe desselben abet 
ganz ohne Wirkung bleibt, weil nämlich dann die im ganze 
Umfange getrennten Magnetismen augenblicklich wieder zur Ir 
differenz zusammentreten. 

Wenn man diesemnach die Ungewilsheit über die 2 
der Doppelpole, in welche der Magnetismus in der ganzen Fe 
ripherie des elektrischen Leiters bei jedem Pulsus der durd- 
strömenden Elektricität sich trennend angenommen wird, # 
minder bedeutend betrachtet, die zweite Unbestimmtheit übt 


Elektromagnetismus. 647 


die Lage des nordpolaren und südpolaren Magnetismus gleich- 
falls übersieht, dann aber die von Pont angenommenen, aus 
der Natur der Sache folgenden tangentialen Richtungen der ent- 
gegengesetzten abstolsenden Kräfte als in der Sache nothwen- 
dig begründet betrachtet, diesen und den hierauf gebaueten 
Calcül desselben zur Erklärung des elektromagnetischen Haupt- 
phänomens und aller übrigen aus diesem folgenden benutzt, so 
wäre hiermit allerdings eine vollständige und genügende Theo- 
rie des Elektromagnetismus gegeben!. M. 





1 Aufser den, in der Abhandlung selbst namhaft gemachten 
Schriften können der Vollständigkeit wegen noch folgende, mit 
Uebergehung der Abschnitte über diesen Gegenstand in den neuesten 
Compendien der Naturlehre, gerfannt werden: | 

Dissertatio medico-physica de electromagnetismo cet, auct. C. 
Scaaaper Halae 1821. Auch in Schweigg. Journ, XXXIII, 1. AmpÈRE: 
Recueil d’Observations électrodymiques. Par. 1822. 8. XK. F. Bor- 
Dacu Berichte von d. Kön. anatom. Anstalt zu Königsberg. Ster Ber. 
Leipz. 1822. Kastner Observationes de electromagnetismo. Erl. 1821. 
4. Saggio di esperienze elettrometriche del Dottore Stef. Marıanınr. 
Venez. 1825. 8. Recherches sur le Mode de distribution de lÉlectri- 
cité dynamique dans les corps qui lui servent' de condacteurs ; par M.. 
DE LA Rivz, Genèvo 1825. 8. 


Tis è.