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S3
PHYSISCHE ERDKUNDE
ZWEITER BAND.
litinÜKUNDE.
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Das Ueberfictzongsrecht bleibt Torbelulten.
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INHALT.
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Da3 Uebersetzangsrecht bl«ibt Torbehalten.
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INHALT.
DRITTER THEIL.
DIE WASSER- UND LUFTHÜLLE DER ERDE.
Seite
I. Der Salzgehalt und das specifische Gewicht der Oceane .... 3
n. Fluth und Ehbe 14
III. Die Temperatur des Meeres 33
A. Die Temperaturen an der Meeresoberfläche 33
B. Die Temperaturen in den Tiefen der Oceane 38
rV. Darstellung der Meeresströmungen 56
y. Die Theorien der Meeresströmungen 81
VI. Die Höhe und der Druck des Luftmeeres 108
Vn. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche 138
A. Periodischer Wechsel der Sonnenstrahlung 138
B. Die Adh6mai*'sche Hypothese 143
C. Das Thermometer und der Gebrauch desselben 151
D. Absorption der von der Sonne zugestrahlten Wärme durch
Luft, Land und Meer 156
E. Die Wärmestrahlung der Erde 158
F. Die Abnahme der Lufttemperatur mit der Höhe 162
G. Isothermen, Isanomalen 173
H. Gleichmässiges und excessives Klima 189
J. Mazima und Minima der Luftwärme 194
K. Gleichzeitige Wärmeanomalien verschiedener Gegenden . . 198
L. Seculäre Veränderung des Klimas 200
Vm. Die Winde 203
IX. Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge 239
X. Die Quellen 287
(Anh.:) Gasquellen nichtvulcanischer Art ......... 309
XI. Die Entwicklungsgeschichte der stehenden Wasser auf der Erde . 312
(Anh.:) Salzflötze 330
Xn. Die Gletscher 336
XTTT. Die Eiszeit 856
XIV. Ueber die Namen der Ströme und die Gesetze ihrer Bewegung . 369
XV. Die mechanischen Leistungen der Ströme 375
297895
Vin Inhalt
Seite
XVI. Pathologie der Ströme 398
XVn. Die Deltabildungen der Ströme 403
XVI GL lieber den Bau der Ströme in ihrem mittleren Laufe 428
XIX. Die Thalbildungen. . 438
XX. Die magnetischen Kräfte der Erde 455
VIERTER THEIL.
DAS ORGANISCHE LEBEN AUF ERDEN.
I. Wüßten, Steppen, Wälder 489
II. Die Abhängigkeit der Gewächse von Standort und Klima . . . 518
IIL Physiognomik der Gewächse 529
rV. Die Vegetationszonen der Erde 544
V. Die Wanderungen der Pflanzen 592
VI. Mittel und Schranken der Thienrerbreitung 606
VEL Die Faunengebiete der Erde 614
Yin. Die Lehre von der Einheit der Schöpfungsmittelpunkte .... 653
DRITTER THEIL.
DIE
WASSER- UND LÜFTHÜLLE
DER ERDE.
Peschel-Leipoldt, Pbyi. Erdkunde. 11.
L Der Salzgehalt und das speeiflsche Gewicht
der Oceane.
Wie in allen Seebecken, welche während langer geologischer Zeit-
räume beständig Zufluss, aber niemals einen Abfloss gehabt
haben, so ist auch in den grossen oceanischen Becken das Wasser eine
Salzlösung. Obwohl der Salzgehalt des dem Meere durch die Flüsse
zugeflihrten Wassers ein ausserordentlich geringer ist, so concentrirt sich
derselbe doch allmählich in Folge der Verdampfung. Da nämlich die
Flüsse Tag fiir Tag neue Vorräthe aufgelöster Bestandtheile in das
Meer hinabtragen und keiner dieser Vorräthe, wie das Wasser, unter
Verdunstung vertheilt werden kann, so folgt daraus, dass hierdurch
allein schon das Meer endlich salzig werden muss. Derartige Vorgänge
lassen sich an kleineren Seen mehrfach nachweisen, so in Tibet, wo
einige Landseen, nach Muschelresten an ihren Ufern zu schliessen, ehe-
mals süsses Wasser enthielten, späterhin jedoch salzig wurden, als durch
Niveauänderungen des Bodens ihr Äbfluss gehemmt wurde. Mögen auch
längere Zeiträume erforderlich gewesen sein, den ungeheiu^n oceanischen
^Vassermassen ihren heutigen Salzgehalt zu verleihen, so muss doch
jedenfalls hier ein ähnlicher Process angenommen werden, wobei nicht
in Abrede gestellt werden soll, dass das Meer von allem Anfeng an
einen gewissen — natürlich weit geringeren — Salzgehalt besass. Da
unter den allgemein verbreiteten Mineralmassen Chlomatrium die ein-
zige leicht löshche ist, so hat sein reichliches Vorkommen im Meer-
wasser nichts Aufi&llendes. Zwar findet sich im fliessenden Wasser
noch viel häufiger kohlensaure Kalkerde aufgelöst; doch zersetzt sie
sich theils unter Entwicklung von Kohlensäure und Abscheidimg neu-
traler kohlensaurer Kalkerde, theils wird sie von den Organismen zur
Bildung ihrer kalkigen Skelete und Schalen vei-wandt.
Durch chemische Analysen hat man — abgesehen von Sauerstoff
und Wasseratoff, den beiden wesentlichen Bestandtheilen des Wassers, —
im Meere bisher folgende Stoffe ermittelt: Chlor (nächst Sauer- und
I*
4 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Wasserstoff in grösster Menge vorhanden), Brom, Jod, Fluor, Schwefel
(als Schwefelsäure und Schwefelwasserstoff), Phosphor, Kohlenstoff (als
freie oder mit Kalk verbundene Kohlensäure), Stickstoff, Silicium (als
Kieselsäure), Bor (als Borsäure), Silber (als Chlorsilber), Kupfer, Blei,
Zink, Kobalt, Nickel, Eisen, [Mangan, Aluminium, Magnesium (nächst
Oilor, Schwefelsäure und Natrium am gewöhnUchsten) , (Calcium (meist
als kohlensaurer, schwefelsaurer und phosphorsaurer Kalk oder als Fluor-
calcium), Strontium, Baryimi, Natrium, Kalium und endlich höchst
wahrscheinlich auch Arsenik und Lithium. Das Meer enthält also nicht
weniger als 29 Grundstoffe, d. h. nahezu die Hälfte der bis jetzt be-
kannten und zwar diejenigen, welche die Natur in besonders reichem
Masse aufweist und die das grosse chemische Leben in der anoi^ganischen
Welt am meisten fbrdem. In erster Linie sind ftir das Meerwasser
Chlor, Schwefelsäure, Calcium, Kalium, Magnesium uud Natrium be-
deatongsvoll ^).
In dem offenen Ocean schwankt der Salzgehalt zwischen 3,28 und
3,84 Prooent des Meerwassers, wobei auch die einzelnen Bestandtheile
unregelmässig varüren« Immerhin bleiben sich die Mischungsverhältnisse
wenigstens annähernd constant, wie aus folgenden Analysen v. Bibra's
hervorgeht*).
Betrag der Salze . .
Chlomatrium . . .
Chlormagnesium . .
Chlorkalium ....
Bromnatrium . . .
Schwefelsaurer Kalk .
Schwefelsaure Magnesia
100,00. 100,00.
Besonders bemerkenswerth ist, dass eines der edlen Metalle, das
Silber, im Meerwasser vorkommt Auf die Entdeckung dieser That-
Sache leitete eine chemisdie Analyse des sogenannten „OdbmetaUs'^
(einer Art Messing, bestehend aus Kupfer, Zinn, Zink, Blei und Eisen,
womit die Schifie zum Schutze gegen die zerfressende Wirkung des
Seewassera, sowie g^[en Bohrwürmer beschlagen werden). Platten
dieses Metalls, welche, ehe sie an die Schifie genagelt wurden, nur
unendlich kleine und selbst gar keine Spuren von Sflber zeigten, be-
^) NachForchhammer inGastav Bischofs Lehrbuch der chemischen
und physikalischen Geologie. 2. Anfl. Bonn 1863. Bd. I, S. 439 ff.
*) Annalen der Chemie und Phannacie. Bd. LXXVII, S. 90.
') Geschöpft im Hafen von Callao unter 12 • 5 ' s. Br. u. 77 • 1 4 ' w. L. v. Gr.
*) Geschöpft im Atlantischen Ocean unter 41 • 18'n. Br. u. 36^ 28' w.L. v.^r.
L»)
IL*)
3^
3,84
75,80
76,89
8,87
8,05
3,68
3,33
1,23
1,30
4,54
4,94
5,88
5.49
I. Der Salzgehalt und das specifische Gewicht der Oceane. 5
Sassen nach drei- oder vierjährigen Reisen eine ansehnliche Menge des-
selben. Eine Auflösung von salzsaurem Silber in salzsaurem Sodium
wird nämlich beständig durch metallisches Kupfer zersetzt, wobei sich
salzsaui'es Kupfer bildet und Silber auf der Kupferfläche sich nieder-
schlägt. Holland verwendet jährUch für den Schifisbeschlag 300 000
Kilogramm Gelbmetall. Der Beschlag dauert gewöhnlich 6 Jahre, und
während dieser Zeit entzieht er dem Meerwasser 90 Kilogramm Silber.
Man flige bei dieser Berechnung die Flotten England's, Frankreich's und
der Vereinigten Staaten hinzu, und die Masse des auf dem Schiffsboden
abgelagerten Silbers wird sich in 6 Jahren auf 9 Tonnen (ä 20 Centner)
belaufen. Indem man die vbn den Schiffen ziuückgelegten Wege, so-
wie die Zeit ihrer Berührung mit dem Meerwasser berücksichtigte, hat
man ermittelt, dass der Ocean mindestens 2 Millionen Tonnen Silber
enthält^): eine Masse, welche etwa einen Werth von 350 Milliarden
Mark repräsentirt. Das aus der Neuen Welt bis zum Ausbruch der
mexicanischen Bevolution nach Europa ausgeführte Silber hat nach
A. V. Humboldt's Angabe ^) ein G ewicht von 1 1 0 362 222 Kilogramm,
ist also nur etwa Vi s dessen, was die Oceane in ihren Fluthen bergen.
Finden sich auch die Stoffe, welche im Meerwasser aufgelöst sind,
nicht in allen Theilen desselben in völlig gleichem Mischungsverhältniss,
so wird man doch, worauf bereits hingewiesen wurde, wenig irren,
wenn man ein annähernd gleiches Mischungsverhältniss der Salze flir
das Wasser aller oceanischen Gebiete annimmt. Man ist daher be-
rechtigt, nach dem Salzgehalt des Meerwassers sein specifisches Gewicht
zu bemessen, was auch die bisher gemachten Erfahrungen durchaus
bestätigen. Betrachten wir die Dichtigkeit des reinen Wassers bei
4*^ C. als Einheit, so entsprechen sich nach J. Y. Buchanan folgende
Salinitätsgrade und specifische Gewichte, wobei die gegebenen Werthe
des specifischen Gewichts auf 15,56® C. reducirt sind:
Salzgehalt (per mille) 33,765 85,049 36,343 37,637
Specifisches Gewicht 1,025 1,026 1,027 1,028.
Forschen wir nach den Ursachen, durch welche der Salzgehalt der
Oceane örtlich gesteigert oder geschwächt wird, so erkennen wir gar
bald, dass dieselben in erster Linie in gewissen meteorologischen Vor-
gängen auf unserem Planeten gesucht werden müssen. Auf zwei Factoren
haben wir hierbei vorzugsweise unser Augenmerk zu lenken: auf die
Verdunstung und Eisbildung. Da die erstere ausschliesslich, die letztere
*) Sir John P. W. Herschel, Physical Geography of the Globe. 5*1»
€d. Edinburgh 1875. p. 22 sq. Nach M. F. Maury (Physical Geography
of the Sea. 16ti& ed. London 1877. p. 16) beträgt der Silbergehalt des Oceans
200 Blillionen Tonnen (?).
>) Deutsche Vierteljahrsschrift 1838. 4. Heft. S. 13.
6 Dritter Theil Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
vorzugsweise an der Oberfläche des Wassers wirksam ist, so dürfen
wir schon von vom herein erwarten, dass die Differenzen im Salz-
gehalt der Oeeane im wesentlichen auf deren obere Schichten be-
schränkt sind.
Wird einer Salzlösung, sei es durch Eisbildung oder Verdampfung,
reines Wasser entzogen, so tritt eine Concentration derselben ein;
durch reichliche Süsswasserzufiihr hing^en wird der Salzgehalt
namhaft vermindert An den beiden Polen dürfen wir daher Areale
relativ hohen Salzgehaltes erwarten, fiir welchen die massenhafte Eis-
bildung einen genügenden Erklärungsgrund gewährt Zwischen diesen
beiden Eäumen aber breiten sich nach ' Massgabe der klimatischen
Verhältnisse fünf Zonen verschiedenen Salzgehaltes aus. Besonders
markirt erscheinen diejenigen beiden Zonen, welche mit den Räumen
des vorwaltenden Nordost- und Südostpassats zusammenfallen. Sie sind
ausgezeichnet durch lebhaftie Evaporation und Armuth an Niederschlägen ;
daher kommt ihnen auch naturgemäss der höhere Salzgehalt zu. Zwi-
schen ihnen li^ die regenreiche Zone der Calmen mit relativ geringem
Salzgehalt; ebenso vermindert sich derselbe ausserhalb der beiden Pas-
satgebiete, weil auch hier die Meteorwasser reichlicher vorhanden sind.
Die beifolgende Salinitätskarte ^) (Fig. 1), welche sich sowohl auf
die älteren Untersuchungen Lenz' gründet, sowie auf diejenigen, welche
am Bord des „Challenger" und der „Gazelle" vorgenommen wurden,
giebt ein übersichtliches Bild von dem Salzgehalt der Meere. Da sich
derselbe je nach der Beschaffenheit des Klimas örtlich steigert oder ver-
mindert, das Klima selbst aber innerhalb eines Jahres gewisse regel-
mässige Veränderungen erleidet, so sind die gezogenen Curven offenbiir
kleinen jährlichen Oscillationen unterworfen; doch lassen sich diese
Schwankungen w^en mangelnden Materials zur Zeit noch mit keiner-
lei Sicherheit genau bestimmen. Die Salinitätszonen der obigen Karte
entsprechen daher nur im allgemeinen einer jährlichen ^littellage der-
jenigen Zonen, welche sie darstellen. Wie ansehnlich übrigens die Schwan-
kungen des Salzgehalts sind, welche vorübergehend durch meteorolo-
gische Vorgänge herbeigeftihrt werden, erhellt aus folgenden Beispielen :
Im Gebiete des Südchinesischen Meeres weht während der nördlichen
Declination der Sonne der Südwest-, während der südlichen Declination
aber der Nordostmonsun, von denen der erstere ein feuchter, der letztere
ein trockener Wind ist Jener müsste demnach, fSdls unsere theore-
tischen Voraussetzungen richtig sind, den Sabsgehalt des Südchinesischen
Meeres bedeutend abschwächen. In der That haben neuere genaue
^) Nach J. Y. Buch an au 's „Chart showing the distribution of saltness
in the ocean'* im Jouniai of the R. Geogr. Society of London 1877, zu p. 73.
PrüfinuTfiii d» vnlKg beisOitturt; äejin Ad&iu: NovomK»r (äw l\i>«^o t^^
Z<'itnazxD«K. in weJi^bem (i(T Südwcdtmon^Di) hensoht. « >vti^1f1 <)m^ ^jv^
ci&che Gewicbi dieses Meo^es nur l^itiMS, "«lilihTVirKl j^n^h <iss8<>l)v söhnen
im Janoar zq tniwon Werdie von 1,02^S4 orfioht m, Xivli l>oii^ork<^??
wöthar, wenn «nch weni^?er xukchluütoTid sind di^ XTirlcnt^Yi ompw^Tiev
stBzker Gf^wiaerrwren. So Woh«chi«te 0^ K. Ord ^m 4^ A^\4in<;«jt l>vvO
Tonmtüuüs 9 Uhr, dftss in Folpi* oinos; ^^li^vron !5<3$?f^nfiJK m <^^*
Dämons -Bay lOapUnd) in cantr Stande d^^ >s}^ocitR>o>iC ito>\vht d<^
MeerwuBere Tön 1,0266 «af hOlftS w»ducirt wurdo. S>hon nw i^ Vhv
Xadunittags jedodi -wät dio Dichtheit d<« Wäsäts di<«^nv \w
In dem nordAtlantischcn IWkctn otnu^Joht dto sj>ooiliÄ^l>o Si^lnxvw
des ÖberfläclienwÄSseKs wie ein BKok Ä^if dio voriiog^^do S.'^UnJt^te^kÄit^'^
leim, img€&hr nnt»- 22 ** n. Br, und 40 ^ w, L, v, lii\ ihr M^^xirnnm,
worin die Beol»ciitung«n am R>rd dos ^llv^lloiv^T** und dor ^Oäw^Ho**
mit den älteren von LenE i?iit hamH^niron« Von hior äu» oiix>lgt naoU
Süd TO dne sehr rasclio, nach Xonl hhig^^ni <Mno HUWOi>M>hi\tHoh
langsame Abnalime des specifischen Gewichts, so das» soUvjit \\\ hohen
nördlichen Breiten, wie Mohn 's grttndliche Tnti^i^uchun^n dAi>ix^(han
haben, das atlantisclie Weisser noch ein ix^lativ gixvssi^ sjHvifiÄ^hiv^ i ge-
wicht besitzt Auch die Wasser dos Oolfsttx>nu>s sind thnvh einen hohen
Salzgehalt ausgezeiclmet, namentlich weim wir sie vetgleioheu nut ih^n
kalten und süssen PolarwasscTU, welche sieh wi<^ ein Keil Rwinehen tlen
Golfstrom und die Ostküste der Vereinigten Stuaten drUi\giMU l>Mher
bietet auch der Golfeti'om hinsichtlich seiner Karln^ und wM!\e« Sul/.
gehaltes wenig Auffallendes dar, wenn man »ich von Ost her »imi^'H
Ufern nähert; hingegen wiixl man in hohem Grade dmx*h »eine eigen-
thümliche Färbung übeniischt, wenn man, von der amerikanittehen Kt\»te
ostwärts steuernd, auf einmal aus den grUiu»n Wasfiern de» „et»ld >\mI1"
an die salzreicheren und daher tief blaucMi WaHHer de» wunnen (InlT
Stromes gelangt^). Ohne Zweifel ist es eino Wirkung de« (lollHtroine»,
dass sich die Curve des spocifischcn Clewichts von 1,02(J0 »o weit liln
1) Vgl. J. Y. Buchanan: ,,0q tha Distribution of Hnlt in fhn (M'rttt.
as indicated by the Specific Gravity of its Watom'' — hi dnni tlournnl of iht«
R.Geogr. Society of London 1877, p. 7fl. Diener vor/iilgUehen Arbeit vfMtlintkf
der vorliegei^e Abschnitt xnanigfache Bcr<;ichonuig.
>) AoBland 1865, S. 894.
*) Durch die Beobachtungen am Bord der ,,Uaxo)le'' Int en t^ilÜK f^rwic
sen, dase dsB Meerwasser ein um so intensiveres Blau annimmt, Jn sMlrJiAHlM'*r
es ist; hingegen wird seine Färbung grünlich , s^ibald slcfi s(*ln Hnh^ipUHU
wesentlich verringert.
8 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
auf nach Norden schwingt*); an keinem anderen Pankte der Erde
erreicht dieselbe auch nur annähernd eine gleiche Polhöhe. — In den
äquatorialen Räumen stimmt die Zone geringsten specifischen Oewichtes
(weniger als 1,0260) ziendich gut mit dem Gebiet der Guinea-Strömung
überein.
Im südlichen Theile des Atlantischen Oceans liegt das Maxi-
mum des Salzgehalts gleichfiüls in der Passatzone; nur entfernt es sich
hier nicht so weit von dem Aequator wie im nordatlantischen Ocean,
und zugleich erscheint es der Ostküste Südamerika's sehr nahe gerückt
Der höchste Werth des specifischen Gewichts (1,02785) wurde bd den
Abrolhos-Insehi (unter 18 ^ s. Br.) gefunden. Befiremd^id ist der hohe
Salzgehalt an der Ostküste Brasüien's, weil er besteht trotz der mäch-
tigen Ströme, welche ungeheure Mengen süssen Wassers dem Meere
zufiihren. Von der Breite des Oap der Guten Hoffiiung, wo das mittlere
spedfische Gewicht des Oberflächenwassers 1,0261 ist, nimmt die Sali-
nität rasch ab, bewahrt jedoch vom 44. bis 60. ® s. Br. ziemlich gleich-
massig den Wei-th 1,0250.
In der Südsee sind die Salinitätsverhältmsse wesentlich andere
als im Atlantischen Ocean. Während in dem letzteren zwei Zonen
mit relativ hohem Salzgehalt deutlich hervortreten, Zonen, welche cor-
respondirenden Breiten des nord- und südatlantischen Beckens ange-
hören, erscheint in der Südsee nur eine solche Zone scharf markirt,
nämlich die des südpacifischen Beckens. Der nördliche Theil der Süd-
see zeigt hinsichtlich seines specifischen (rewichts die grösste flintönig-
keit. Ausserdem ist dasselbe im ]^Iittel relativ gering; denn es erreicht
im ]Maximnni kaum den Wcrth 1,0265, während in der Passatzone des
südlichen Theiles auf einem grossen Räume der Werth 1,0270 über-
schritten wird, wie denn überhaupt sein durchschnittliches specifisches
Gewicht ein viel höheres ist Offenbar ist die Schwäche der nord-
pacifischen Passate, welche im Westen durch die regenbringenden Süd-
westmonsune während eines halben Jahres verdrängt werden, die
Hauptursache des geringen Salzgehalts in dem nordpacifischen Becken.
Das Maximum in demselben ist 1,02644 (unter lat 30 ^ 22 ' n. Br.);
in dem südpacifischen Becken hingen beträgt es 1,02719 (unter 19 '^
* s. Br.). Das äquatoriale TtTinimiim von 1,02585 (unter 7^ 26' n. Br.)
fHIlt wiederum in das Gkbiet der äquatorialen Gr^enströmung. Ausser-
ordentlich niedrig ist der Salzgehalt des Seewassers innerhalb der in-
dischen Inselwelt; dehn das spedfische Gre wicht sinkt hieV durchweg
unter 1,0255, auf weite Strecken sogar unter 1,0250 herab. Die Ur-
sache hiervon ist leicht zu erkennen. Zunächst empfiingen jene Meere,
^« Vgl hierzu Petermann s Mittheilongen 1S70, S. 23S f.
I. Der Salzgehalt und das specifische Gewicht der Oeeane. 9
da der Calmengürtel durch sie hindurchgeht, reiche Nied^schläge , so-
dann aber auch die Flusswasser der zahlreichen Inseln in ihrer Nach-
barscliaft. Fast das ganze Jahr hindurch ist hier die Luft sehr
feucht, 80 dass ungeachtet der hohen Temperaturen der Betrag der
möglichen Concentration sehr gering ist.
Im Indischen Ocean, dessen Salinitätsgrade übrigens noch am
wenigsten erfoftcht sind, ist die durch den vorherrschenden Südost-
passat erzeugte Zone grösseren Salzgehalts nicht so scharf ausgeprägt
wie im südpacifischen Ocean. Für den nördlichen Theü fehlen leider
noch zahlreiche genauere Bestimmungen. Wie es scheint, ist der Indische
Ocean unter den Weltmeeren dasjenige, welches den geringsten Salz-
gehalt besitzt.
Aus diesen Betrachtungen ergiebt sich deutlich, dass klimatische
Verhältnisse, insbesondere das Vorwalten gewisser mehr oder weniger
feuchter Luftströmungen, die Differenzen in dem Salzgehalt der Oeeane
hervorrufen. Daher ist es auch, worauf B u c h an an aufmerksam macht,
nichts Zufälliges, dass wir, wie ein Vergleich der obigen Salinitäts-
karte mit einer Karte der Isobaren ^) lehrt, die Maxima des Salzgehalts
auf der nördÜchen Hemisphäre im Südwesten und auf der südlichen
Hemisphäre im Nordwesten der barometrischen Maxima finden. Sie
kommen demnach in beiden Fällen in das Gebiet der relativ trockenen
polaren Winde zu liegen. Die Variationen im Salzgehalt des Meer-
wassers sind also stets eine Function der relativen Trockenheit der
Atmosphäre; je mehr die Luft von ihrem Sättigungspunkte entfernt ist
desto kräftiger vollzieht sich örtlich der Verdunstungsprocess und desto
leichter gelingt es ihr, den Salzgehalt des Meeres örtlich zu erhöhen.
Die Zonen hoher Salinität coincidiren daher mit denen hoher atmo-
sphärischer Trockenheit und ebenso diejenigen geringer Salinität mit denen
starker atmosphärischer Trübung.
Unsere bisherigen Erörterungen galten dem Salzgehalt des Meeres
an der Oberfläche; wesentlich anderen Verhältnissen begegnen wir in
den oceanischen Tiefen. Aus mehreren Querschnitten durch den Atlan-
tischen und Stillen Ocean, in welchen Buchanandie specifische Schwere
des Seewassers auch fiir die Tiefen der Weltmeere bildlich darzustellen
versucht hat, scheint folgendes allgemeine Gesetz hervorzugehen:
Die specifische Schwere vermindert sich, von der Oberfläche an-
gefangen, bis zu einer Tiefe von 800 oder 1000 Faden, worauf sie sich,
wenn auch sehr langsam, wieder vermehrt und zwar bis zum Boden,
auf welchem sie im Stillen Ocean überall den Werth 1 ,0257 bis 1,0259
erlangt. Dasselbe specifische Gewicht besitzen auch die Grundwasser
^) Vgl. den Abschnitt: Die Höhe und der Druck des Luftmeeres.
10 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
des südatlaniischeii Oceans; aber es wächst innerhalb der Tropenzone
des nordatlantischen Beckens und erreicht hier zwischen 2000 und 3000
Faden Tiefe den Werth 1,02616, zwischen 3000 und 4000 Faden Tiefe
1,02632. Dem eben erwähnten Gesetze der Ab- und Zunahme in verticaler
Richtung gehorchen die oceanischen Wasser auch in den Passatgebieten ;
nur in der Calmenzone beobachtet man insofern eine Abweichung, als
die specifische Schwere meist von einem Minimum anMer Oberfläche
zunimmt bis zu einem Maximum in einer Tiefe von 50 bis 150 Faden,
von welchem Punkte abwärts sie demselben Gesetze folgt wie in der
Passatzone. Der Grund fiir die Existenz dieses submarinen Maximums
ist wahrscheinlich dieser: Die Passate fiihren dem Aequator relativ
salzreiches Wasser zu; hier aber wird die Meeresfläche durch die tro-
pischen Regen regelmässig mit einem ansehnlichen Quantum warmen,
süssen Wassers überschüttet, unterhalb welches jenes zu tauchen ge-
zwungen ist Wenn übrigens oben dem Oberflächenwasser eine grössere
specifische Schwere zugeschrieben worden ist als dem Wasser in der Tiefe,
so ist hierbei immer zu berücksichtigen, dass beide Gewichte auf dieselbe
Temperatur reducirt sind. Thatsächlich sind die obersten Lagen zwar
reicher an Salz, aber vermöge ihrer höheren Temperatur die leichteren.
Bemerkenswerth ist, dass wie im nordatlantischen, so auch im In-
dischen Ocean sich ein Gebiet befindet, dessen Bodenwasser durch ein
hohes spedfisches Gewicht ausgezeichnet ist, was um so aufiallender
sein muss, als das Oberflächenwasser dieses Weltmeeres durchaus kei-
nen hohen Salzgehalt aufweist Unter 45 ® s. Br. b^egnen wir nach
den Untersuchungen am Bord der „Gazelle" noch der normalen spe-
cifischen Schwere von 1,0256; Unter 42 ® s. Br. jedoch beträgt dieselbe
schon 1,02617 und wächst nach Norden zu noch mehr. Bei Mau-
ritius ist sie sogar gleich 1,02682, während hier das specifische Ge-
wicht des Oberflächenwassers nur 1,02624 ist. Wahrscheinlich wird
der hohe Salzgehalt des Bodenwassers im nördlichen Theile des Atlan-
tischen, sowie in diesem Theile des Indischen Oceans hervorgerufen
durch die submarinen Strömtmgen, welche unablässig die durch reichen
Salzgehalt bevorzugten Wasser des Mittelländischen und Rothen Meeres
den genannten beiden Oceanen überliefern.
Ueberblicken wir noch einmal die Vertheilung der Salze innerhalb
der offenen Oceane, so ergiebt sich die überraschende Thatsache, dass
die oceanischen Wasser in grösseren Tiefen einen annähernd überein-
stimmenden Salzgehalt besitzen, während die obersten Schichten erheb-
liche Differenzen zeigen. Hinsichtlich der letzteren tritt der Atlantische
Ocean mit einem Salzgehalt von c. 3,6 Procent vor dem Stillen und
Indischen Ocean, deren Salzgehalt nur c. 3,5 Procent beträgt, deutlich
hervor. Man erwartet eigentlich das Gegentheil, da die Südsee von
I. Der Salzgehalt und das specifische Gewicht der Oceane. H
grösseren Strömen nur den Amur, Hoang-ho, Yang-tse-kiang, den B^m-
bodja und Columbia emp&ngt, während sich in das Atlantische Meer
solche Riesenströme wie der St. Laurentius, der Mississippi, der Orinoeo^
der Amazonas und der La Plata ergiessen, nicht zu zählen den Congo,
Niger und Gambia. Jene eigenthümlichen Schwankungen im SalzgeLilt
der Oceane dürfen also nicht den hydrographischen Verhältnissen der
betheiligten Continente zugesclirieben werden ; vielmehr liegt die eigent-
liche Ursache darin, dass östlich vom Atlantischen Ocean sich die grössten
Ländermassen der Erde ausbreiten. Von ihnen her wehen die äusserst
trockenen Passatwinde über den Atlantischen Ocean, während die Luft-
ströme, die über den Stillen oder Indischen Ocean ihren Weg nehmen,
wesentlich feuchter sind. Hieraus resultirt die grössere Evaporation,
sowie der grössere Salzgehalt des Atlantischen Oceans ; zugleich erklärt
sich hierdurch dessen auffallend hoher Salzgehalt an den Küsten der
Sahara und von Marokko (ziemlich 3,8). Gesetzt, es seien vorläufig
nur Amerika, sowie die atlantischen Ufer der Alten Welt entdeckt,
die andere Hälfte der Erde aber läge noch für uns verechleiert da, so
Avüi-de ein Physiker aus dem grösseren Salzgehalt des Atlantischen
Oceans im Vergleich zu dem der Südsee schliessen können, dass sich
vom Atlantischen Meere aus die unbekannte Welt als Festland weit
nach Osten erstrecken müsse.
Die ßandmeere der Oceane haben meist einen wesentlich gerin-
geren oder höheren Salzgehalt als die offenen Weltmeere. Es ist dies
eine Folge davon, dass in diesen abgeschlossenen Meeresbecken Ver-
dampftmgsverlust und Süsswasserzufluss niemals einander gleich sind.
Ist der letztere grösser als der erstere, so entsteht an dem Ausgang
eines solchen Meeres eine Strömung nach dem offenen Ocean, welche
Salzwasser fortführt, während aus den Mündungen der Flüsse grosse
Massen Süsswasser ergossen werden. Zu den Meeren, welche derartige
Vorgänge aufweisen, gehören die Ostsee und das Schwarze Meer, deren
Salzgehalt nur 0,49 (ein Mittelwerth, zwischen Bornholm und Schweden
0,75, bei Kronstadt nur 0,06), resp. 1,77 Procent beträgt^). Auch das
Weisse Meer (3,22 Pr.), das Gelbe Meer (3,22 Pr.), das Japanische und
Ochotskische Meer besitzen einen geringen Salzgehalt.
Umgekehrt bewirken geringer Süsswasserzufluss und starke Eva-
poration einen hohen Salzgehalt. So verliert das Mittelländische Meöt-
(mit Ausschluss des Pontus) alljährlich durch Verdimstung eine c. 50
engl. Zoll mächtige Wasserschicht ^), während der Regenfall nur eine
*) Georg Forchbamme]; in den Philosophical Transactions of the
R. See. of London. Vol. CLV (1865), p. 251. 258.
*) Sicher ist dieser Werth nicht zu hoch gegriffen, da die beobachtete
jährliche Evaporation bei Marseille 85 Par. Zoll (» 907^ engl Zoll) beträgt.
12 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
solche von 22,3 engl. Zoll *) (die R^enhöhe von Palermo) wieder er-
setzt, 80 dass also eine ansehnliche Wassermenge (eine Schicht von
27,7 oder rund 28 engl. Zoll) mehr verdunstet, als durch Niederschlag
wieder ei^nst wird. Dieser Aosfisdl, über das ganze Becken vertheQt,
giebt ein Volumen von 508 engl. Cubikmeilen. Der Nil liefert dem
Mittelmeer jährUch nur 21,653 engl. Cubikmeilen süsses Wasser, und
wenn man annimmt, was sicherlich zu viel ist, dass von den sieben
anderen Hauptflüssen (Ebro, Rhone, Po, Donau, Dnjestr, Dnjepr,
Don) ihm jeder eine gleiche Menge Wasser spendet wie der Nil, so
würden doch ihre vereinigten Zuschüsse immer nur die Höhe von 173
engl. Cubikmeilen erreichen, so dass noch 335 engl. Cubikmeilen Ver-
lust durch Verdampfung übrig bleiben. Diesen Verlust entschädigt
der Atlantische Ocean durch Einströmung salzigen Meerwassers in der
Strasse von Gibraltar. So kommt es, dass das Mittelmeer den hohen
Salzgehalt von c. 3,80 Procent erlangt hat *) ; derselbe würde jeden-
falls noch viel grösser sein, wenn nicht in der Strasse von Gibraltar
gleichzeitig mit dem Einströmen des Oceans in grösseren Tiefen ein in
entgegengesetzter Richtung sich vollziehendes Ausströmen des i^Cttel-
meerwassers erfolgte (vgl. den Abschnitt: Die Theorien der Meeres-
8trömungen( ^).
Den absolut grössten Salzgehalt hat nach den bisherigen Mes-
sungen das Rothe Meer; der Maximalwerth desselben belauft sich
auf 4,3067.
In solchen Meeresbecken, welche nur durch eine schmale Strasse
mit dem Ocean communiciren, begegnet man zugleich noch einer an-
deren Anomalie hinsichtlich des Salzgehalts. Es findet nämlich eine
wesentliche Zunahme desselben mit der Tiefe statt, während dieselbe
^) Die mittlere Regenhöhe von 11 rings um das Mittelmeer gelegenen
Stationen ist nach Admiral Smjth gleich 23,05 engL Zoll.
*) Derselbe unterliegt nicht unbedeutenden Schwankungen; er beträgt
zwischen Candia und Afrika 3,93 Procent,
zwischen Sardinien und Neapel ... 3,87 „
östlich von Malta 3,85 „
südlich von Barcelona 3,83 „
zwischen Barcelona und Corsica . . 3,S3 ;.
* zwischen den Balearen und Spanien 3,81 „
zwischen Malta und Griechenland . 3,80 „
bei Malta 3,72 „
östlich von Gibraltar 3,70 „
in der Strasse von Gibraltar 3,64 „
<jr. Forchhammer, L c. p. 252.
') Sir John F. W. Uerschel, Physical Geographj of the Globe. h^ ed.
Edinburgh 1875. p. 26 sq.
I. Der Salzgehalt und das specifische Gewicht der Oceane. 1^
in den offenen Oceanen eine ausserordentlich geringfügige ist. Die
durch Verdunstung des Wassers an der Oberfläche ruhig stehender
Salzlösungen sich bildende stärkere Soole sinkt zu Boden und ver-
mehrt hier den Salzgehalt in nicht unbeträchtlichem Masse, während
in den offenen Oceanen eine solche Concentration durch die Bewegun-
gen und Strömungen des Meeres verhindert oder wenigstens auf ein
Minimum reducirt wird.
IL Fluth und Ebbe.
Das zweimalige Steigen und Fallen des Meeres innerhalb eines Zeit-
raumes von 24 Stunden 50 JVIinuten 28,32 Secunden (durchschnitt-
liche Länge eines Mondtages)^) bezeichnet man gewöhnlich als Flutli
und Ebbe oder Gezeiten (les marees, the lides). Die Seeleute der
deutschen Nordseeküste brauchen hierflir ausschliesslich das Wort Tiden
(mit langem i) *).
Die Elrklärung der Fluth und Ebbe gründet sich auf das von
Newton entdeckte Gesetz der Schwere, welches sich auch hier in seiner
Einfachheit und Schärfe trefflich bewährt hat. Dieses Gesetz lautet:
Alle Körper besitzen eine Anziehungskraft, vermöge welcher sie be-
strebt sind, die Körper der Aussenwelt dem Mittelpunkt ihrer kugel-
förmigen Massen zu nähern. Diese Kraft eines jeden Körpers steht in
directem Verhältnisse zu seiner Masse und in indirectem Verhältnisse
zu dem Quadrate seiner Entfernung. Zwar wirken die anziehenden
Kräfte in ungemessene Femen; doch kommen in den folgenden Er-
örterungen ausser der Erde nur Mond und Sonne in Betracht, da die
übrigen Weltkörper entweder zu weit entfernt oder zu klein sind, als
dass sie die Fluthbildung in den Oceanen unseres Planeten merkbar
beeinflussen könnten.
Fig. 2 stelle eine durch den Mittelpunkt von Mond und Erde ge-
legte Ebene dar. L sei der Mittelpunkt des Mondes, C der Mittel-
punkt der E>de, achd der starre Erdkörper. Die einzebien Theile
*) Der Mond ist nämlich während einer Erdamdrehang , also innerhalb
24 Standen, so weit fortgeruckt, dass noch 50^, , Minuten vergehen, ehe sich
derselbe Erdmeridian wieder anter dem Monde befindet.
*) Sicher ist dieser Name nicht englischen Ursprunges, da er sonst wie
die übrigen in der Seemannssprache eingebürgerten englischen Worte aach
wie im Englischen, also Teid* aosgesprochen würde. Er dürfte daher viel-
leicht dem aas einer übel berathenen Antipathie gegen das Fremdländische
hervorgegangenen hochdentschen Aasdrucke „Gezeiten" vorzuziehen sein.
Vgl. Hugo Lentz, Fluth und Ebbe. Hamburg 1879. S. 201.
II. Fluth und Ebbe.
15
Fig. 2.
der Erde befinden sich in verschiedener Entfernung von dem Monde
und werden daher auch mit verschiedener Energie von diesem an-
gezogen. Auf den Punkt a, welcher
ihm um einen halben Erddurchmesser
näher ist als C, wird d^ Mond stärker
wirken als auf C, auf C aber wiederum
stärker als auf den noch um einen hal-
ben Erddurchmesser weiter entrückten
Punkt b. Demnach haben die Punkte
a und b die Tendenz, sich von C zu
entfernen. Dasselbe gilt natürlich auch
von den benachbarten Theilen; doch
ermattet dieses Bestreben, je mehr man
sich von a und b entfernt, d. h. je mehr
man sich c und d nähert. Diese bei-
den Punkte haben unge&hr denselben
Abstand von L wie C; sie werden sich da-
her in keinem Falle von dem Punkte Czu
entfernen suchen ; im Gregentheil möchten
sie sich demselben nähern, da die Rich-
tungen, in welchen sie nach L hingezogen
werden, nicht mit der Richtung LC par-
allel sind, vielmehr mit dieser Linie in
L convergiren.
Nehmen wir einen völlig starren
oder einen zum Theil starren, zum Theil
flüssigen Erdkörper an, so würde der
thatBächliche Effect jener Kräfte schwer
zu bestimmen sein. Dies gelingt jedoch viel leichter, wenn wu*, wie
dies in dem Folgenden geschehen soll, den Erdball als eine vollkommen
flüssige Masse ansehen.
Da Punkt a stärker angezogen wird als der Erdmittelpunkt C, so
entfernt er sich von diesem, indem er sich nach a bewegt; er steigt somit
über die ursprüngliche Fläche empor. Femer werden die drei von
dem Centram des Mondes gleichweit entfemten Punkte c , C und d
kräftiger angezogen als 6 ; sie nähern sich ihm daher auch mehr als 6.
Demnach werden die Wasser bei b von dem Centram der Erde zu-
rückweichen, d. h. nach 6' gelangen, wo also gleichfalls eine Anschwel-
lung stattfindet Die Punkte c und d hingegen drängen nach dem
Erdmittelpunkte hin und rücken etwa nach c und d\ An der an-
gedeuteten Verschiebung sind natürlich auch alle anderen Punkte des
Erdkörpers nach Massgabe ihrer Entfernung von L betheüigt, und so
16 Dritter Theil. Die Wasser- und LafthOlle der Erde.
wird der kreisförmige Durchschnitt der Wasserkugel acbd in die ellip-
tische Grestalt a c' b' d\ die Eogelfonn der Erde aber in ein Sphüroid
▼erwandelt Die Fluth ereignet sich somit an allen denjenigen Orten,
in deren Meridian der Mond steht sowie an den ihnen entg^engesetasten,
also 180^ von ihnen entfernten; gleichzeitig aber haben alle Punkte
Ebbe, deren Abstand von den Orten mit culminirender Fluth 90^ be-
trägt Da nun der Mond innerhalb eines Mondtages ein Mal den
Meridian jedes Ortes passirt und ebenso täglich ein Mal den eines 180*^
entfernten Ortes, so muss sich auch täglich eine zweimalige Fluth und
eine zweimalige Ebbe an jedem Punkte der Erde einstellen.
Diese in der Theorie so überaus einfachen Vorgänge werden durch
das Eingreifen zahlreicher Nebenumstände zu sehr complicirten Er-
scheinungen. Zunächst theilen Fluth und Ebbe mit zahlreichen meteoro-
logischen Processen die Eigenschaft, dass sie erst dann das Ma^immn
ihrer Eat<ung erreichen, wenn die Kraftquelle, durch welche sie her-
vorgerufen werden, längst schon den Höhepunkt ihrer Entwicklung
überschritten hat Wie die grösste Hitze des Tages nicht gleichzeitig
mit dem höchsten Stande der Sonne, sondern 1 — 2 Stunden später
eintritt, so ftült auch die Fluth nicht in die Culminationszeit des Mon-
des, sondern bleibt immer gegen 2^\ Stunden hinter derselben zurück.
Gldches gQt natürlich auch von der Ebbe. Beides hat darin seinen
Ghmnd, dass das Wasser wegen der Trägheit seiner Masse nicht mo-
mentan der vermehrten oder verminderten Anziehung zu gehorchen
vermag, sondern erst nach Ablauf einer gewissen Zeit die henmienden
Kräfte überwältigt
Femer ist es neben dem Monde auch die Sonne, welche dne
namhafte Wirkung auf die Hebung der oceanischen Wasser ausübt
Ist auch ihre Masse mehr als 25 000 OOOmal so gross als diejenige des
Mondes, so ist doch die Kraft, mit welcher die Elrde von ihr angezogen
wird, nur ööTi = 170 mal so gross als die Mondanziehung,
weU sie 884 mal weiter als der Mond der Erde entrückt ist Nun
kommen aber, wie oben gezdgt worden ist, bei der Bildung der Fluth-
wellen nicht die gesammten Anziehungskräfte von Sonne und Mond
in Betracht, sondern nur die Unterschiede zwischen der auf den Mittel-
punkt und auf Punkte der Erdoberfläche geäusserten Kraft. Da nun
die Sonne im Mittel 11 578, der Mond hingcigen nur 30,15 Erddurch-
messer von der Erde entfernt ist, so ist auch die flutherzeugende Kraft
der ersteren nur ''11578 ihrer Anziehungskraft, die des Mondes aber
' 30.15 8^er Anziehungskraft. Demnach verhalten sich die flutherzeu-
genden Kräfte von Sonne und Mond zu einander vrie '^%i 578 • ^'so.i5»
also wie ' «g,! : Vsoa5 o^^ wie 1 : 2,26 oder rund wie 4 : 9.
II. Fluth und Ebbe. 17
Nehmen ^vir an, statt des Mondes stünde die Sonne in der ihr
entsprechenden Entfernung in dem Punkte L (Fig. 2), so würde die
flutherzeugendie Kraft derselben in den Punkten a und h unge&hr
^^ der Anziehungskraft der Erde in denselben Punkten be-
tragen, und hieraus lässt sich durch eine ein&che Rechnung ableiten,
dass die Sonne in diesen Punkten das Wasser um 0,1650 Meter, d. h.
um QQ AAA AAA ^®^ Erdhalbmessers erhebt. Da die Wirkungen der
Mondanziehung 2,26 mal so gross sind, so ergiebt sich ^ die Mond-
fluthwelle eine Erhebung von c. 0,3730 Meter. Die Senkung des
Wassers bei c und d ist in beiden Fällen nur halb so gross wie die
betreffende Erhebung; sie bestimmt sich demnach im ersteren Falle zu
0,0825 Meter, im zweiten zu 0,1865 Meter. Da unter den obigen
Bedingungen die Kugelform der Erde durch den Einfluss von Sonne
und Mond yöUig verschwindet, so kann man auch sagen, dass die
grossen Halbaxen des Erdsphäroids durch die Wirkung der Sonne um
0,2475, durch die Wirkung des Mondes imi 0,5595 Meter länger wer-
den als die kleinen Halbaxen desselben.
Sonne und Mond können sich in den verschiedensten Stellungen
gegen einander befinden; demnach wird auch ihre vereinigte Wirkung
einem ausserordentlichen Wechsel unterworfen sein. Steht der Mond
um 90^ von der Sonne ab, wie zur Zeit der Quadraturen, so suchen
sich die fluthbildenden Kräfte von Sonne und Mond zu neutralisiren;
die Höhe der Fluth wird daher ansehnlich vermindert Man bezeichnet
dieselbe als Taubefluth (Nippfluth). Stehen jedoch beide Gestirne
mit der Erde auf derselben geraden Linie, wie zur Zeit der Conjunction
(Neumond) und der Opposition (Vollmond), so erreicht die Summe der
Wirkungen von Sonne und Mond den höchsten Werth, weil sich beide
gegenseitig unterstützen. Eine solche Fluth in den Syzygien nennt
man Spring fluth. Somit vollzieht sich der Wechsel von der höchsten
zur niedrigsten und wieder zurück zur höchsten Fluth innerhalb eines
halben synodischen Monats (s. Bd. I, S. 99) imd ftüirt daher den Na-
men halbmonatliche Ungleichheit. Setzen wir ftlr die fluth-
hebenden Mond- und Sonnenkräfte die Werthe 9 und 4, so würden
beide vereint in den Quadraturen einen Werth von 9 — 4 = 5, zur
Zeit der Syzygien hingegen einen solchen von 9 -+- 4 = 13 repräsen-
tiren. Folglich verhalten sich die Höhen der Taubenfluthen zu denen
der Springfluthen wie 5 : 13. Die grossen Halbaxen des Erdsphäroids
werden zur Zeit der Quadraturen um 0,5595 — 0,2475 = 0,3120
Meter, zur Zeit der Syzygien aber um 0,5595 + 0,2475 = 0,8070
Meter länger sein als die kleinen Halbaxen desselben. Uebrigens ist
PescheULeipoldt, Phys. Erdkunde. II. 2
18 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
zu bemerken, dass die niedrigsten und höchsten Fluthen in Wirklich-
keit nicht genau an demselben Tage eintreten wie die erwähnten
Mondphasen y sondern erst gegen zwei Tage darauf.
Würden Sonne und Mond, wie wir bisher angenommen haben,
zu jeder Zeit der Erde gleich nahe sein und ihre Mittelpunkte stets in
der Ebene des Aequators liegen, so würden die Fluthen ausser der
halbmonatlichen Ungleichheit keinerlei Variationen zeigen. Berück-
sichtigt man hingegen die unendliche Manigfaltigkeit der Stellungen von
Sonne, Erde und Mond, so ergiebt sich für die Gezeiten in der Theorie
eine unübersehbare Vielheit. Der Kreb der möglichen Veränderungen
wird in Bezug auf den Mond zwar schon in 19 Jahren, in Hinsicht
auf die Sonne aber erst in 21 000 Jahren durchlaufen. Wir müssen
uns hierbei auf wenige Andeutungen beschränken.
Die Sonne ist der Erde im Wintersolstilium näher als während
des Sommersolstitiums; ebenso wechselt der Mond, da er eine elliptische
Bahn um die Erde beschreibt, ununterbrochen seinen Abstand von der-
selben. Das fluthbildende Bestreben von Sonne und Mond wird sich
daher periodisch steigern und vermindern. Da sich nun die Wellen-
grösse ändert wie die dritten Potenzen der Entfernungen, so schwankt
die Eluthgrösse der Sonnenwelle, welche bei mittlerer Entfernung der
Sonne 0,2475 Meter beträgt, im Laufe des Jahres zwischen 0,235 und
0,260 Meter. Noch grössere Unterschiede bietet die Mondwelle dar,
da die Differenzen der Mondentfemung ansehnlicher sind. Nach
H. Lentz sind die Grenzwerthe der Mondwelle, fiir welche wir oben
das Mittel 0,5595 Meter gefunden haben, 0,460 und 0,683 Meter i).
Hieraus ergiebt sich, dass die Springfluthen bis zu einer Höhe von
0,683 + 0,260 = 0,943 Meter anschwellen, die Taubenfluthen aber
bis zu einer Höhe von 0,460 — 0,260 = 0,200 Meter herabsinken
können. Sonach würden sich die höchsten Springfluthen zu den
niedrigsten Taubenfluthen etwa wie 4: 19 verhalten.
Endlich übt auch die Declination von Sonne und Mond einen
nicht unwesentlichen Einfluss auf die Entwicklung von Fluth und
Ebbe aus. Sonne und Mond umkreisen nämlich unseren Planeten auf
Ebenen, welche mit der Ebene des Aequators einen beträchtlichen
Winkel bilden ; gegen diese ist die scheinbare Sonnenbahn um etwa
23V2^, die Mondbahn um c. 28® geneigt. Die genannten beiden
Gestirne entfernen sich daher niemals über die bezeichneten Grenzen
hinaus vom Aequator, weshalb auch innerhalb des tropischen Gürtels
die W^asser stets am kräftigsten gehoben werden. Weiter nach den
Polen hin erweisen ^sich Fluth und Ebbe inmier schwächlicher und er-
^) Hugo Lentz, Fluth und Ebbe. Hamburg 1879., S. 24.
II. Fluth und Ebbe. 19
sterben schliesBlicli nahezu gänzlich in den polaren Gebieten. Indem
Sonne und Mond bald nach Nord, bald nach Süd hin den Aeqnator
bedeutend überschreiten, entfaltet sich auch die Fluth abwechselnd auf
der nördlichen und auf der südlichen Hemisphäre in besonderer Stärke.
Steht die Sonne senkrecht über dem Aequatqr, wie zur Zeit der Aequi-
noctien, so erlangt die Sonnenwelle auf dem Aequator ihren grössten
Werth. In dem Masse, in welchem sie nach Norden vorrückt, zieht
sie auch eine entsprechende Wasserschicht vom Aequator nach sich,
wodurch natürlich ein Sinken des mittleren Wasserstandes am Aequator
veranlasst wird und zwar auf Kosten jener Wasseranhäufung, welche
mittlerweile auf der nördlichen Hemisphäre erfolgt Dieser Process
währt bis zum Sommersolstitium; zu dieser Zeit ist der Wasserstand
am Aequator am niedrigsten, bis er zur Zeit des Herbstaequinoctiums
abermals ein Maximum erreicht. Hierauf wiederholt sich derselbe Vor-
gang auf der südlichen Hemisphäre. Demnach sind zur Zeit der
Aequinoctien die Springfluthen auf dem Aequator die grössten des
ganzen Jahres; die folgenden oder vorangehenden Taubentiden hin-
gegen müssen dort die kleinsten des ganzen Jahres sein. In den Sol-
stitien hingegen ist hier von alledem das Gegentheil der Fall: die
Springtiden sind unbedeutender, die Taubentiden jedoch mächtiger als
je im ganzen Jahre.
Die Verschiebungen des Wasserstandes, welche der Mond hervor-
ruft, sind an keine halbjährliche, sondern an eine halbmonatliche
(14tägige) Periode gebunden; auch sind sie, seiner grösseren fluth-
bildenden Kraft entsprechend, hinsichtUch der bewegten Wassermassen
viel bedeutender.
Endlich sind die Wirkungen der Declination von Sonne und Mond
in gewissen täglichen Ungleichheiten zu erkennen, welche sowohl die
Höhe, als auch die Eintrittszeit von Hoch- tmd Niedrigwasser betreffen ^).
Die manigfachen Modalitäten, welche hierbei möglich sind, hat Hugo
Lentz in seinem schon mehrfach erwähnten, vorzüglichen Werke „Fluth
und Ebbe", S. 24 ff., in ausföhrlicher Weise erörtert
Ehe wir ims von diesen mehr theoretischen Auseinandersetzungen
zur Betrachtung der Fluth und Ebbe wenden, wie sie sich thatsächlich
in den Meeren unseres Planeten entwickeln, dürfte es zweckmässig
sein, einige Worte über die Art der Wasserbewegung vorauszuschicken,
durch welche die Entstehung und Fortpflanzung der Wellen verursacht
wird. Man pflegt diese Bewegung gewöhnlich als eine oscillatorische
oder schwingende zu bezeichnen, weil die Wasser, pendelartig, ab-
*) Wir verstehen unter Hochwasser die Fluth im Augenblicke des höchsten,
unter Niedrigwasser die Ebbe im Augenblicke des niedrigsten Wasserstandes.
2*
20 Dritter ThdL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
wechselnd nach der einen und nach der anderen Sichtung hin sich er-
giessen. An diesen Bewegungen bethdligen sich nicht aDein die den
Wellenbeig bildenden Wasser, sondern auch die unter ihm Beenden
und zwar je nach den Verhältnissen bis zu einer geringeren oder
grösseren Tiefe hinab. Ferner ist die Bewegung des Wass^-s keines-
w^ in allen Theilen der Welle eine gleichmässige; viebnehr ist sie in
dem einen Theile nach der einen Seite, in dem anderen Theile nach
der entgegengesetzten gerichtet Offenbar fliesst hierbei ein Thdl des
Wassers bergan; denn es wäre sonst nicht zu erklären, wie das Thal
der Welle unter das Niveau der Ebene herabsinken könnte, welche
vor der Erregung der Fluth der Meeresspiegel darstellt, und ebenso
räthselhaft mtisste es erscheinen, dass sich der Gipfel der WeUe über
dieses Niveau erhebt Wenn man übrigens von einer „Strömung" der
FluthweUe spricht, so geschieht dies insofern mit einem gewissen Rechte,
als die Richtung der Wasserbewegung sechs Stunden lang völlig die-
selbe ist Wir beobachten also thatsächlich eine Strömung, von der
wir uns fireihch immer veig^enwärtigen müssen, dass sie rhythmisch
wechselt
Die Strömungen der FluthweUe gestalten sich, um dieselben wenig-
stens durch ein Beispiel zu erläutern, in der Elbe bei Cuxhaven nach
Hugo Lentz^) in folgender Weise:
Zur Zeit des Niedrigwassers, also in dem Augenblicke, in welchem
das W^asser an&ngt zu steigen, geht noch ein starker Strom (mit 1,20
Meter Geschwindigkeit per Secunde) der See zu und kommt erst etwa
1^2 Stunden darauf zum Stillstande, nachdem das W^asser berüts
nahezu einen Meter gestiegen ist und die g^en die Strömung gerichtete
Neigung des W^asserspi^els etwa 1 : 42 000 erreicht hat Nun wech-
selt die Strömung; sie kentert, und der Fluthstrom setzt ein, welcher,
allmählich an Stärke wachsend, seine grösste Schnelligkeit mit 1,15
Meter in der Secunde anderthalb Stunden vor Hochwasser erlangt
Dann wird er schwächer, hält aber auch nach Hochwasser noch an,
und erst nachdem das Wasser 0,45 Meter gefallen ist, tritt Stauwasser
ein. Der Ebbestrom beginnt wieder, gewinnt fortwährend an Stärke
und läuft sechs Stunden nach Hochwasser am schnellsten, nämlich
1,86 Meter in der Secunde. Einundfiin&ig Minuten später tritt Niedrig*
Wasser ein, und derselbe Kreislauf, wenn auch in den einzelnen Fällen
manig&ch wechselnd, wiederholt sich aufs Neue.
So reguliren sich die Strömungen und das Steigen und Fallen des
Wassers stets gegenseitig. Uebrigens wird der mittlere Wasserstand
an ii^end welchem Gestade kaum jemals durch die FluthweUe dauernd
») 1. c. S. 36.
IL Fluth und Ebbe. 21
verändert Da vielmehr jede Welle das zu ihrer Bildung erforderliche
Wasser aus dem zunächst liegenden Wasservorrath empfangt und
dieser nach dem Verschwinden der Welle genau derselbe ist wie vor-
her, so würde die mittlere Höhe des Wasserstandes ohne die schwel-
lenden Fluthwellen derselbe sein wie imter dem Einflüsse der Wellen-
erregung.
Wäre die ganze Erdoberfläche mit Wasser bedeckt und hätten
femer die Wassertheile bei ihrer Bewegung keinerlei Widerstand zu
überwinden, so würde das Fluthphänomen einen höchst ein£a,chen und
exacten Verlauf nehmen. Genau mit dem Durchgange des Mondes
durch den Meridian (wir sehen hierbei von den kleineren Störungen
durch die Sonnenfluthwelle ab) müssten alle Punkte auf demselben
Fluth haben; der Scheitel der Fluthwelle müsste sich also immer ge-
nau unter demjenigen Mittagskreise befinden, über welchem der Mond
gerade culminirt. Die von Nord nach Süd lang gestreckte Fluthwelle
aber würde gleichmässig von Ost nach West fortschreiten imd zwar
am Aequator mit einer stündlichen Geschwindigkeit von 5400 : 24*/6
= 217,45 geogr. Meilen.
Thatsächlich erfährt fireilich der hier dargestellte- ideale Verlauf
bedeutende Modificationen. Neben der Trägheit des Wassers, welche
den Anziehungskräften des Mondes durchaus nicht momentan Folge
leistet, sind es vor allem die unsymmetrische Gestaltung der Continente
und die ungleiche Tiefe -der Oceane, welche die Entwicklung von
Fluth und Ebbe wesentlich verändern. Insbesondere wird die Fluth-
welle an den Rändern der Oceane häufig in ihrer Bewegung gehemmt
durch die Seichtheit des Meeres, durch das Gitterwerk zahlreicher In-
seln und durch enge Golfe, durch welche sie sich hindurchdrängen
muss, bevor sie die Ufer der Festlande erreicht. Daraus erklärt sich,
dass die Fluthwelle nicht an allen unter demselben Meridian liegenden
Hafenorten gleichzeitig eintrifft. Der Unterschied zwischen dem Mo-
mente^ in welchem das Hochwasser thatsächlich eintritt, und demjenigen
Zeitpunkte, in welchem die vereinigte Mond- und Sonnenfluth der
.Theorie nach die bedeutendste Höhe erlangt, heisst seine Hafenzeit
(Etablissement). Doch ist nicht immer die einer Culmination des Mon-
des unmittelbar folgende Fluth auch die von dieser hervorgerufene;
durch fortgesetzte Untiefen verzögert sich hie imd da die Ankunft der
Fluthwelle an den festländischen Gestaden um mehrere Tage. Die
Kenntniss der Hafenzeiten ist übrigens fiir den Seefahrer von hoher Be-
deutung; sie erspart ihm oft Zeitverluste bei der Ausfahrt aus einem
Hafen und bei der Einfahrt in denselben. Die Hafenzeit beträgt bei-
spielsweise:
22
Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
fbr Hamburg. . . 5 St.
6 Sfin 1 für Brest . . .
. . 3 St.
45 Min.
„ Cuxhaveii . . 1 „
5 „
„ Bayonne .
.. 3 ,
30 „
„ Helgoland . . 11 „
T)
„ Lissabon .
.. 4 „
n
„ Bremerhafen . 1 „
45 „
„ Cadiz . .
•. 1 .
15 „
„ Amsterdam . 3 ^
7)
„ Gibraltar.
• • 7i
n
„ Calais .... 11 „
45 ,
jf London. .
.• 2 „
45 „
jf Cherbomrg . . 7 „
45 „
„ Liverpool.
..11 „
7J
Um das Fortschreiten der Flnthwelle in anschanlicher Weise zur
'Darstellung zu bringen, unternahm es im Jahre 1833 der Englander
W. Whewell, au; den an vielen Küstenpunkten beobachteten Ein-
trittszeiten des Hochwassers Linien zu construiren, welche die Lage
des Scheitels der Fluthwelle von Stunde zu Stunde angeben^). Whe-
well nannte diese Linien cotidal lines, woflir man in Deutschland nach
Heinrich Berghaus' Vorgang^) bisher den Namen Isorachien ge-
braucht hat Bevor wir den Verlauf dieser Linien näh^ betrachten,
machen wir darauf aufinerksam, dass das letztere Wort dem englischen
cotidal lines ebenso wenig entspricht wie der Sache, die damit gemeint
ist; denn Isorachien (von laog^ gleich stark, und ^axicLj Fluth) be-
deutet soviel als Linieii gleichstarker Fluth, was jedoch gar nidit in
dem Sinne von cotidal lines liegt An die Stelle von \ooq ist un-
bedingt bfioq zu setzen; statt Isorachien haben wir demnach Homo-
rachien zu sagen. Besser noch würde es sein, in Uebereinstimmung
mit dem englischen cotidal eine Adjectivform zu wählen, zu der wir
uns den Begriff Linien hinzudenken müssen. Wir bezeichnen darum
jene Linien als Homopleroten (von TtXr^qovv^ flillen) und werden uns
in dem Nachstehenden stets dieses Ausdruckes bedienen').
Die Wi^e der Fluth und Ebbe befindet sich nach Whewell in
demjenigen Ocean, welcher vermöge seiner ungeheuren Ausdehnung die
Entwicklung einer ansehnlichen Fluthwelle am meisten b^ünstigt: in
der Südsee. Von hier aus wandert sie, dem scheinbaren Laufe des
Mondes folgend, von Ost nach West um die ganze Erde. In dem In-
dischen wie in dem Atlantischen Ocean gehorcht nach Whewell die
Fluth jenem Impuls aus der Südsee. Sie gelangt fast gleichzeitig an
die Ostküsten von Australien- und Neu -Guinea; 13 bis 14 Stunden
nachher erreicht sie die Ostseite von Afrika zwischen dem Nadel-
cap und Cap Guardafui und abermals 7 bis 8 Stunden später die
^) Philoflophical Transactions of tbe R. Soc. of London. VoL CXXIII
(1833), p. 147 sq.
*) Heinrich Bergbaus, Physikalischer Atlas. Gotha 1S45. Erlantem-
der Text, S. 23.
') Bezüglich der obigen Controverse über das Wort Isorachien folgen
wir einem brieflichen Vorschlage des Herrn Dr. Krümmel in Göttingen.
II. Fluth und Ebbe. 23
Küste von Südamerika zwischen dem Feuerlande und dem Aeatuar
des La Plata. Im Norden dieser weiten oceanischen Fläche der süd-
lichen Halbkugel ist der Fluthwelle ihre freie Bewegung genommen.
Gezwungen durch den amerikanischen Continent, welcher ihr den Weg
nach Westen versperrt, wendet sie sich gegen Norden und bahnt sich
einen Weg durch das atlantische Thal wie ein Giessbach, der eine
Bergschlucht durchrauscht. Genau zu derselben Stunde und unter
gleichem Winkel trifft sie die unter gleichen Breiten gelegenen Küsten
Amerika's und der Alten Welt. Nach Wh e well braucht die Fluth-
welle zur Zurücklegung des Weges durch das atlantische Thal voin
Cap der Guten Hoffiiung bis zu den britischen Inseln (eine Strecke' von
c. 10000 Kilometern) ungefähr 15 Stunden; von der Entstehung
der Welle .aber bis zu ihrer Ankunft an der Mündung der Themse
würden in Folge ihrer Verzögerung an den britischen Küsten bereits
2^/s Tage verflossen sein: ein Zeitraum, in welchem sich mittlerweile
wieder vier neue Fluthwellen in der Südsee gebildet haben müssten.
WhewelTs cotidal lines entsprechen, namentlich so weit die-
selben den Gang der Fluthwelle in dem offenen Ocean darstellen,
durchaus nicht den thatsächlichen Verhältnissen. Dies hat W he well
selbst bei einem späteren Versuche, die Homopleroten in den Stillen
Ocean einzutragen, klar erkannt und unumwunden mit den Worten
eingeräumt^): ,,Ich sehe ein, dass alle Versuche, solche Linien quer
über einen weiten Ocean mittelst Beobachtungen an seinen Ufern zu
ziehen, völlig werthlos sein müssen .... Dieser Schluss wird femer
bestätigt, indem wir finden, dass, wenn wir cotidal lines quer über
weite Oceane ziehen, wie z. B. über den Atlantischen, diese nicht mit
den Gezeiten übereinstimmen, welche auf Inseln in der Mitte des Oceans
beobachtet werden, ohne dass wir den Linien solche Biegungen geben,
die sie aller Einfachheit berauben und ihre weitere Bestätigung for-
dern*)." Nach seiner späteren, gereifteren Ueberzeugung hielt dem-
nach W he well die Homopleroten (cotidal lines) auf hoher See für
*) Philosophical Transaclions of the R. Soc. of Loudon. Vol. CXXXVIII
(1848), p. 2.
*) WheweH's leider so wenig beachtete Worte lauten im Original: „I
conceive all attempts to draw such lines across a wide ocean by means of ob-
Bervations on its shores, must be altogether worthless .... This conclusion is
further confirmed by our finding that if we do draw cotidal lines across wide
oceans, as for instance, the Atlantic, they do not agree with tides observed
at islands in the mid-ocean, without ascribing to the lines such flezures as de-
prive them of all simplicity, and make them require further evidence.*' Wie
oft wurden Wheweirs cotidal lines von neuem in Atlanten und Lehr-
bücher aufgenommen, seitdem ihr Autor selbst das Urtheil über sie ge-
sprochen hat!
24 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
nichts anderes als Phantasiegebilde, und leider roht bis heute über der
Fortpflanzung der Flndiwellen durch die Ooeane ein gehdnmissvolles
Dunkel. Uebrigens sind WhewelTs Fluthlinien auch fiir die Ufer-
gebiete nicht überall zutreffend. Gegen die von Whewell angenom-
mene Bewegung der MuthweUe lässt sich z. B. die Thatsache anfiihren,
dass an der ganzen Küste vom Cap der Guten Hoffiiung bis Congo
das Hochwasser gleichzeitig eintritt, dass femer die Fluthwelle an der
gegenüberli^enden Küste von Südamerika zwischen Peraambnco und
der Mündung des La Plata Ton Nord nach Süd forfcschrdtet, während
doch nach Whewell die umgekehrte Richtung erwartet weiden müsste.
Ebenso deuten noch andere Thatsachen darauf hin, dass die Whe-
well'sehe Anschauung von dner ausschliesslidi im südpadfischen
Ocean sich bildenden MuthweUe nidit ganz dem wahren Sachverhalt
entspricht, imd es scheint sich die neuere Ansicht mehr und mehr
Bahn zu brechen, dass die Anziehungskräfte von Mond und Sonne in
jedem grossen ooeanischen Becken, also nicht allein im Stillen Ocean,
sondern auch im Indisdien und Atlantischen, eine Fluthwelle hervor-
rufen, welche sich vom Centrum jedes dieser Meere nach allen Rich-
tungen hin verbreitet^). (VgL hierzu auch S. 32,)
Waren auch Whewell' s Arbeiten nicht von dem erwünschten
Erfolge gekrönt, so müssen wir ihnen doch immerhin einen hohen
Werth beimessen. Whewell gebührt vor allem das grosse Verdienst,
nicht bloss durch theoretische Untersuchungen, sondern auch auf .dem
W^e der Beobachtung die Erkomtniss d^ auf das Fluthphänomen
sich beziehenden Gesetze gefördert zu haben. Auch hat er zum ersten
Male in exacter Weise den Verlauf der Homopleroten an den Küsten
Europa's, insbesondere an denen England's, kartographisch dargestellt.
Durch Rechnung und unmittelbare Beobachtung ist es möglich gewor-
den, auf der immer bewegten Meeresfläche denjenigen Theil der
Schwingungen genau abzusondern, welcher den Erscheinung^i der
Fluth und Ebbe angehört Fig. 3 zdgt das von Whewell entworfene
Bild der Homopleroten an den englischen Küsten >). Demnach ge-
langt die Fluthwdle 4 Stunden nach dem Meridianduichgange des Mon-
^) Auf der ,,Polari8'' beobachtete man im Jahre 1872 an der grönländi-
schen Westkäste bei Thank-God Harbonr (81 " 38' n. Br.) eine von Nord nach
Sfid gehende FlnthweUe und folgerte ans ihrer Richtung, dass sie im StiUen
Ocean entstanden sein müsse (Natnre, Yol IX« Nr. 230. 26. March 1874.
p. 404). Wir sehen die letzte Schlnssfolgenmg durchaus nicht als gerechtfertigt
an. Die Thatsache, auf welche sie sich stützt, beweist nur den Inselcharakter
6ronland*s, nicht aber den pacifischen Ursprung der Fluthwelle.
^ Aus den Philosophical Transactions of the R Soc. of London. VoL
CXXVI (1836), Plate XXVI (zu p. 307).
n. Fluth und Ebbe.
25
Fig. 3.
■* : :*.->
Die colidal lines an den englischen Küsten nach William WhewelL
26 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
des an den EingaDg des Oanal la Manche und des St -Greoig- Ganais;
erst 19 Standen später tritt sie^ nachdem sie fiist ganz Grossbritannien
umkreist hat, im südlichen TheQe der Nordsee auf, nm dann in den
Ganal einzudringen, wo sie einer anderen, direct durch den Canal
kommenden flnthweQe beg^net
Wir haben oben bereits gesehen, dass, wenn der Erdkörper eine
▼ollkommen flüssige Masse wäre, die grossen Halbaxen des Erdsphä-
roids durch die Wirkung der Sonne um 0,2475, durch die Wirkung
des Mondes um 0,5595 Meter länger würden als die kleinen Halbaxen
desselben« Der Maximalwerth der theoretischen Fluth ist also gleich
0,8070 Meter. In der Thai übertrifft die Fluth im offenen Ocean nur
selten diese Höhe um einen beträchtlichen WertL AuffiJlend niedrig
ist sie im Grossen Ocean; sie stägt im Durchschnitt bei den Sand-
wichinsdn bis zu 0,8, bei Tahiti nur zu 0,4 bis 0,5 Meter, bei den
Neuen Hebriden dagegen zu 1,4 bis 1,8 Meter Höhe. Im Indischen
Ocean erreicht sie bei Bodriguez eine Höhe von 1,8 Metern und im
Atlantischen Ocean bei St Helena von 1 Meter, bei den Azoren und
Ganarischen Inseln von 1,5 bis 2,4 Metern.
Aus den centralen Theilen der Oceane schreitet nun die Fluth-
weQe nach den Rändern derselben und zwar nach der jewdligen Tiefe
des Oceans mit grösserer oder geringerer Geschwindigkeit Wie näm-
lidi ein Bad, immer durch gleiche Kräfte bewegt, um so schndler
vorwärts eilt, je grösser sein Durchmesser ist, ebenso er&hrt die Ge-
schwindigkeit der Muthwelle dne Beschleunigung oder Verzögerung
je nach der Tiefe der Wassermasse, welche sie durchschneidet Ist
der Ocean g^en 2000 Faden (= 12 000 engl Fuss) tief, so beträgt
die Geschwindigkeit der Welle 424 engL Mdlen (= 92 geogr. M.) in
der Stunde; vermindert sich die Tiefe auf 200 Faden (= 1200 eng^
Fuss), so gelangt die Fluth in derselben Zeit 134 engL Meilen
(=29ge(^.M.) weit; liegt der Meeresgrund 20 Faden (»= 120 engl
Fuss) tief, so durchläuft die Fluthwdle nur einen Weg von 42 engl.
Meilen (= 9 geogr. M.) in der Stunde, und bei einer Meerestiefe von
2 Faden (= 12 engl Fuss) sinkt die stündliche Geschwindigkeit der
Welle sogar auf 13 engl Meilen (= 3 geogr. M.) herab (vgl. Bd. I,
S. 414). Aus dieser Verzögerung, welche ebenso manig£Edtig ist, wie
es die Meerestiefen sind, erklärt sich die vielfiu^h ganz ansehnliche Ab-
weichung der Hafenzeiten zweier Nachbarorte (s. S. 22).
Femer geht hieraus hervor, dass die Homopleroten niemak ge-
rade, sondern stets manigfiäch gebogene Linien sind. Allenthalben
entwickeln sie convexe Curven über den tieferen Theilen des ooeani-
sehen Bettes; dag^en sieht man die Woge in der Nähe seichter Stellen
und Klippen, insbesondere aber an den Ufern der festlandischen 6e-
II. Fluth und Ebbe. 27
Stade zurückbleiben. Oenaa eingetragene Homopleroten Yerrathen uns
also unmittelbar das Belief des Meeresgrundes, indem sie sich in seich-
tem Meere eng zusammenschaaren, während sie auf tiefer See weit
auseinander rücken.
Endlich gestatten sie uns, wenigstens im allgemdnen, dnen SoUoss
auf die Höhe der Fluthwelle in einzelnen Meerestheilen. Die Fluth-
welle des Oceans können wir uns gebildet denken dnrch eine grosse
Anzahl von aufeinander folgenden W(^en, die einen beträchtlichen
Theil der Oberfläche des Meeres dnnehmen. üeber tiefe Oceane yer-
breiten sich dieselben mit grosser Geschwindigkeit; aber in dem Masse,
in welchem sie sich den seichteren Bandmeeren nähern, wird ihre Be-
wegung gehemmt; es tritt eine Comdation ein, und so gewinnen sie
um so mehr an Höhe, je mehr sie an Schnelligkeit Terlieren. Wäclist
aber die Fluthwelle um so mächtiger an, je mehr die fi^e Bew^ung
ihrer Theile beeinträchtigt wird, so ist ein enges Zusammenrücken der
Homopleroten ein gutes Merkzeichen för eine stark schwellende Fluth.
Dem ent^rechoi die beobachteten Thatsachen vollständig. So
drängen seh die Homopleroten dicht an einander in dem Golfe von
Oman, im Busen von Bengalen, im Südchinesischen Meer, im Golf
von Panama, in den Bayen an der Ostküste von Patagonien, in der
Fondj-Bay (zwischen Neu-Braunschweig und Neu-Schottland), im Ca-
nal la Manche und in der Irischen See, und gerade an den Ufern
dieser Meerestheile giebt es weite üfergebiete, die vom Meere abwech-
selnd bedeckt und entblöest werden« Im Golf von Martaban (Busen
von Bengalen) erhebt sich die Fluth zu 7 Meter Höhe, im Golf von
Cambay (Arabiadies Meer) bei Sorat zu 6,4 und bei Cambay zu 9
bis 1], im Grolf von Oman und im Südchinesischai Meer eben&Os zu
11 Meter Höhe In dem Hafen von Panama beträgt dieselbe mdxr
als 7 Meter; an der Südspitze Südamerika's, in den Qolfea von San
George und Santa-Cruz (letzterer am östlichen Eingang der Magalhäes-
Strasse) hat Fitzroy sogar Fluthen von 15, 18 und 20 Meter Höhe ge-
messen. An keinem ooeanischen Ufer aber erreidit die Fladi eine
grossere Höhe als in der Fnndy-Bay, wo die Flodiwdle, dngeengt
durch die beiden Halbinseln Neu-Bnumschweig und Neu -Schottland,
sowohl dordi die Uferumrisse wie durch das Bdief des Meeresgrundes
mehr als irgend wo anders in ihrem Fortschreiten gehemmt wird.
Während der Unterschied zwischen Hoch- und Tiefwasser am Eingang
kaum 2,7 Meter ausmacht, wächst er gegen den innersten Winkd hin
allmählich auf mehr als 21 Meter. Die Fluth verwandet weite nea-
trale Striche, welche weder zum Meere noch zum Fesdande gehören,
in tiefe GoUe; gestrandete Schiffe richten sich bei ihrer Ankunft wie-
der auf und &hren fort mit vollen Segdn; Städte, wddie zur Ebbe-
28 Dritter TheiL Die Wasser- und LufthüUe der Erde.
2eit in's Innere des Landes versetzt werden, befinden sich zur Fluth-
zeit auf Halbinseln in unmittelbarer Nähe des Meeres. Francis
Duncan erzählt uns, dass er im Jahre 1864 eines Nachmittags in
Windsor an der Fundy-Baj am Tische vor einem Hotel sass und be-
obachtete, wie eben ein beladener Dampfer unmittelbar am Quai an-
löte. Am Abend unternahm er an derselben Stelle dnen Spazier-
gang und sah das Schiff auf einem Felsen liegen neben einem Ab-
grund Yon 20 Meter Tiefe; unten breitete sich eine Sohle gelben
Schlammes aus, durch welche der träge Avonfluas so dürftig schlich,
dass er kaum den strahlenden Mond spi^eln konnte. Nach Sir John
F. W. Her'scheP) soll die Fluth bei Annapolis an der Fundy-Bay
bisweilen eine Höhe von 36 V2 Metern erreichen.
Dringt die Fluth in das Aestuar dnes Stromes ein, so erleidet sie
stets eine bedeutende Henmiung und zwar nicht nur wegen der ge<
ringen Tiefe des Wassers und der Verengung des Strombettes, sondern
auch durch das allmähliche Ansteigen desselben und durch die Gegen-
strömung des Flusswassers. Dabei bew^ sich das spedfisch schwerere
Meerwasser auf dem Grunde hin , während das leichtere Flusswassor
oben zwar abfliesst, aber wie durch einen unteigeschobenen Keil eine
Hebung er&hrt. VielfiEU^h wird diese Anschwellung durch eine Kreu-
zung verschiedener Strömungen geschwächt oder ausgeglichen; bisweilen
aber vereinigen sich alle Bedingungen, ihr eine ansehnliche Entwick-
lung zu geben, und dann schreitet die Fluth wie eine quer über den
ganzen Strom gehende Mauer aufwärts. In der Elbe zieht sie 20 geogr.
Meilen, in der Weser 9 geogr. Meilen weit hinauf; sie wird von den
Uferbewohnem das Rastern genannt. Die Fluthwelle der Seine und
mancher anderen firanzösischen Flüsse heisst Barre, die der Gironde
Mascaret oder Wasserratte (Baz de mar^). Auch in der Themse und
Sevem fehlt diese Fluthwelle nicht In Hindostan, wo sie im Granges
bis HugU aufwärts gelangt, bezeichnet man sie als Bore; sie ist wegen
ihrer Grösse und Gewalt gefurchtet. Besonders mächtig ist die Bore
des chinesischen Flusses Tsien-tang (nach^ryden's Ausdruck Iger,
the eager); sie rollt als ein Wasserwall von 10 Meter Höhe mit einer
Greschwindigkeit von 25 engl. Meilen (= 5,4 geogr. Meilen) in der
Stunde, also etwa so schnell wie dn Eisenbahnzug, nach Hang-tscheu
hinauf, alles vor sich her fi^nd. Auch der Amazonas hat seine Boren
(von den Indianern Pororoca genannt). Zur Zeit der Tag- und Nacht-
^) Oatlines of Astronomy. New edition. London 1875. § 756, p. 531.
Nach einer neueren Angabc von J. D. Everett, welcher mehrere Jahre in
ier Nähe der Fundy-Bay wohnte, erreicht die Fluthwelle hier in der Chepody-
3ay das Maximum ihrer Entwicklung, nämlich eine Höhe von 70 engL Fuss
= 2P/3 Meter). Nature, Vol. XIX, Nr. 490. 20. March 1879, p. 458.
II. Fluth und Ebbe. 2&
gleichen, wenn die äquatorialen Fluthwellen sich am mächtigsten ent-
falten, kann man während drei aufeinander folgender Tage Borei^
mit 4 bis 5 Meter äöhe den Amazonas hinauft^andem sehen; bis-
weilen sind von seiner Mündung an bis 200 engl. Meilen (= 43,4
geogr. Meilen) aufwärts gleichzeitig gegen 5 Boren im Fortschreiten be-
griffen*). Bat es beobachtete sie sogar noch auf dem Cupari, einem
Nebenfluss des Tapajos, an einer Stelle, welche von. der Amazonasmün-
dung 540 engl. Meilen (=116 deutsche Meilen) entfernt ist, d. h..
ebensoweit wie Hamburg von Genf.
In einzehien Fällen mögen die ungeheuren Fluthwellen an den
Küsten nicht allein durch die Stauung der Welle in seichtem Meere,,
sondern auch durch Zusammenstoss zweier von verschiedenen Rich-
tungen her kommenden Fluthwellen entstehen : wir hätten es hier also-
mit Interferenzerscheinungen zu thun, ähnlich denen, welche wir in
der Optik imd Akustik kennen lernen. An den englischen und fran-
zösischen Küsten lassen sich mehrere hierher gehörige Küstengebiete
nachweisen. So hat Beechey durch seine gründlichen Unter-
suchungen*) gezeigt, dass die grossen Niveauunterschiede von Fluth
und Ebbe an der Mündung der Sevem und in den Bayen von Can-
cale und St Malo nicht allein durch die geringen Seetiefen, sondern
auch durch das gleichzeitige Zusammentreffen zweier Fluthwellen her-
beigeführt werden. Die Welle, welche in den St- Georgs -Canal ein-
dringt, begegnet in der Breite des Golfes von Bristol einer anderen,.
12 Stunden älteren Welle, welche von Nord her das Irische Meer be-
reits durchschritten hat. Sie vereinigen sich und nehmen nun eine
aus ihrer beiderseitigen Bewegung hervorgehende Mittelrichtung gegen
die Sevemmündung an; sie ergiessen sich also mit erhöhter Macht in
den Bristol-Canal. Ebenso trifft die Welle, welche in den Canal la
Manche eintritt, in der Gegend von Jersey eine um 24 Stunden ältere
Welle, welche bereits den Weg um ganz England zurückgelegt hat;
diese beiden Wasseranschwellungen prallen nun, eine einzige Welle
bildend, mit um so grösserer Kraft an die Felsküsten der Bretagne
(vgl. Bd. I, S. 434 f.).
Das enigegengesetzte Verhalten des Meeres beobachtet man da,
wo Fluth und Ebbe, von verschiedenen Richtungen kommend, gleich-
zeitig zur Geltung gelangen sollten. Natürlich gelingt dies weder der
Fluth, noch der Ebbe; es erfolgt vielmehr ein Ausgleich zwischen bei-
*) Sir John F. W. Her sc hei, Physical Geography of the Globe,
oth edition. Edinburgh 1875. § 75, p. 68. Vgl. v. Spix und v. Martins,.
Reise in Brasilien. München 1823. Bd. III, S. 957.
«) Philosophical Transactions of the R. Soc. of London. Vol. CXXXVIII
(1848), p« 112 sq.
30 Dritter Theil. Die Wasser- and Lnfthalle der Erde.
den, welche in dem Verharren des Meeresspiegels in demselben Ni-
veau seinen Ausdruck findet. Ein vorzügliches Beispiel hierfür ge-
währt die Westseite der Irischen See, wo bei der Stadt Courtown (süd-
Uch von Arklow) keine Spur der Fluthwelle zu bemerken ist, da das
Wasser stets &st genau dieselbe Höhe bewahrt. Es ist dies um so
auffallender, als an der gegenüber liegenden englischen Küste die Fluth
mehr als 5 Meter hoch steigt und als die Fluth- und Ebbeströmung
an dei: Küste abwechselnd eine Greschwindigkeit von mehr als 7 Ealo-
metem in der Stunde erreichen« In der Nordsee treffen sich Hoch- und
Tiefwasser unweit des Pas de Calais an einem Punkte zwischen der hollän-
dischen und englischen Küste, der je nach den herrschenden Winden seine
Lage ein wenig zu verändern scheint Hier erhebt sich die Fluth nur
zu 61 Cendmeter Höhe. Äehnliche Vorgänge vollziehen sich in dem
Aestuar des La Plata, obwohl man wegen seiner Seichtheit und seiner
der Fundy-Bay ausserordentlich ähnlichen Gestalt von vornherein ge-
rade das Gregentheil erwarten könnte. Diese Anomalie erklärt sicli
dadurch, dass sich eine Fluthwelle und ein Ebbethal am Eingange der-
Bucht begegnen. Zwischen der Ankunft der im Süden g^en Brasi-
lien, im Nord<^ gegen Patagonien vordringenden Fluthwellen liegt ein
Zeitraum ^von c. sechs Stunden. In dem Augenblick, wo von Nord
her die Ebbe eintreten will, kommt von Süd her die Fluth, und naht
dann von Brasilien her die Fluth, so senkt sich im Süden bereits wie-
der die Wasserflädie. Wir haben es denmach auch hier mit einer
Interferenz zu thun, durch welehe die Oscillation der Wasser fiist gänz-
lich vernichtet wird ^).
Die Attraction des Mondes und der Sonne wirkt nicht weniger
auf kleinere geschlossene Meere wie auf die offenen Oceane; nur hat
die Fluth hier nicht den nöthigen Baum, sich in deutUch wahmehni-
barer Weise zu entwickeln. Sie ist hier stets sehr klein, und man be-
darf meist zahlreicher Beobachtungen, um aus der Menge der zufklligen
Niveauschwankungen diejenigen regelmassigen Oscillationen zu erkennen,
welche wir als Fluth und Ebbe bezeichnen. So glaubte man früher,
dass das Mittelmeer der Gezeiten entbehre, und aus der Oeschichte be-
kannt ist der Schrecken der römischen Soldaten, als ihnen am atlan-
tischen Ufer bei Cadiz zum ersten Male die ihnen unheimliche Ejt-
scheinung entgegentrat. Indessen fehlt dieselbe auch dem Mttelmeere
nicht gänzlich. An den mediterranen Ufern Spanien's überschreitet die
Osdllation aUerdings kaum 60 Centimeter; bei livomo beträgt sie nur
gegen 30 Centimeter und bei Venedig 60 bis 90 Centimeter', doch
sinkt sie am Ostrande des Jomschen Meeres bei Corfu wieder auf 32,
^) Eiis^e Beclns, La Terre. Paris 1869. Tome II, p. 141 sq.
IL Fluth und Ebbe. 31
bei Zante sogar auf 15 Centimeter. herab ^). Die höchsten Fluthen des
Mittelmeeres finden sich m den beiden Syrien. An der Mündung des
Oued-Ghibes (im Hintergrunde der Kleinen Syrte) steigt und fällt das
Wasser abwechselnd 2 Meter, weiter im Norden in dem Hafen von
S&ks 1,5 bis 2,6 Meter; bei der Insel Dsch^ba (am Südsaum der
Kleinen Syrte) soll die mittlere Fluthhöhe sogar 3 Meter erreichen.
Die intensivere Entwicklung der Gezeiten in diesem Theile des Mittel-
meeres mag daher rühren, dass hier weder Inseln noch Halbinseln die-
selbe hemmen, dieses Becken vielmehr ein gut abgerundeter Meerestheil
ist, während sich das Mittelmeer an der europäischen Küste in zahlreiche
kleinere Meere verzweigt Die bekannten Strudel des Mittelländischen
Meerm> in der Meerenge von Messina (Scylla und Ciharybdis) und im
Golf von Euripos zwischen Euböa und dem Hellas (der cfaalcidische
Strudel) können wir ebenfalls als Zeugen für das Vorhandensein von
Fluth und Ebbe im Mittelmeer anfiihren; denn ihr Charakter wechselt
regelmässig mit der Stellung dea Mondes. Bei steigender fluth be-
wegt sich in der Strasse von Messina die Strömung nordwärts vom
Jonischen Meere zum Tyrrhenischen ; bei fallender Fluth erlangt die
von Norden kommende Strömung das Uebergewicht und wirft die
Gegenströmung südwärts zurück. An dem Punkte, wo sich die bei-
den Strömungen treffen, bilden sich die genannten Wirbel, welche be-
ständig Ort und Form verändern, aber nur dann für die Schiffe ge-
fährlich sind, wenn der Wind mit grosser Heftigkeit der Fluthströmung
entgegenweht ^).
In den übrigen geschlossenen Meeren Eutopa's sind Fluth und
Ebbe noch weniger bemerkbar, und insbesondere gilt dies von der
Ostsee. Bei ga^z ruhigem Wetter nur ist es möglich, bei Kopenhagen
eine Oscillation von einigen Centimetem nachzuweisen. An den meisten
Stellen konnte erst durch mehrjährige genaue Beobachtungen ermittelt
werden, dass in der That auch die Ostsee ihre Flujth und Ebbe be-
sitzt. Die Fluthgrösse beträgt z. B.
bei Helsingör 6 Ctentim.
„ Nykjöbing(Falster) 62 „
„ Travemünde ... 11 -
bei Thiessow (Rügen) 7 Cfentim.
„ Swinemünde ... 3 „
„ Colbergermünde . 2 „
*) K. E. A. V. Hoff, Geschichte der natürlichen Veränderungen der Erd-
oberfläche. Gotha 1834. Bd. III, S. 256.
') In ähnlicher Weise entstehen die' Wasserwirbel im Great-Gulf oder
Coirebhreacain zwischen den Inseln Jura und Scarba an der Westküste Schott-
land^s, in der Pentland - Strasse zwischen Schottland und den Orkney -Inseln,
sowie am Südende der Lofoten. Letzterer ist unter dem Namen Moskö-Strom
oder Mael-Strom bekannt.
32 DriUer Theil. Die Wasser- und LufthüUe der Erde.
bei Rügenwaldermünde 2 Centim. j bei Pillau 2 Centim.
„ Neu&hrwasser . . 2 7, j ,, Memel 1 „^).
Das kleinste Seebecken, in welchem man mit G^enauigkeit ein
rhTtImiisches Schwanken des Spiegels erkannt hat, ist der Michigan-
See. Mit grosser Sorgftdt wurde Jahre lang zu Milwaokee und Chi-
cago mit registrirenden Fluthmessem beobachtet, weshalb die gefon-
denen Resultate als vertrauenswerth angesehen werden dürfen. Es er-
gab sich hierbei
fiir Milwaukee die Springfluthgrösse 2,65 Centimeter.
die Taubefluthgrösse 1,04 „
für Chicago die Springflnthgrösse 7,32 „
die Taubefluthgrösse 3,66 „
Die Thatsache, dass selbst kleinere Seebecken eine Flathwelle her-
vorbringen, ist für uns von hoher Bedeutung; denn damit hat die
Wh ewel lösche Annahme, womach der Indische und Atlantische
Ocean zu klein sein sollten zur Erzeugung selbstst&ndiger FlathweUen,
ihre gründlichste Widerl^ung er&hren.
^HugoLentz, Fluth and Ebbe. Hamburg 1879. S. 95 f.
in. Die Temperatur des Meeres ^\
A. Die Temperaturen an der Meeresoberfläche.
Um die ordicfae Oberäächentemperatur des Meeres zu ermitteln^
schöpft man in einem ESmer ein genügendes Mass Seewasser von
der Oberfläche, steQt den Eimer in den Schatten, taucht schnell ein
gewöhnliches Thermometer in das geschöpfte Wasser und liest nach
einigen Minuten , d. h. wenn das Thermometer die Temperatur dee
Wassers angenommen hat, den Stand der Quecksilbersäule ab. Wird
eine solche Messung auf Damp&chiffen ausgefilhrt, so ist darauf zu
achten, dass das Wasser nicht hinter der Maschine geschöpft wird,
weil durch die Bewi^ung des Rades oder der Schraube oft Wasser*
theile an die Oberfläche kommen, welche relativ warm oder ktdtsind.
Die Temperatur der Meeresoberfläche erleidet innerhalb eines Tages
nur äusserst geringe Schwankungen; sie ist gegen ^^lorgen am niedrigsten
und in den ersten Nachmittagsstunden am höchsten. Im offenen Ocean
beträgt die tägliche Amplitude nur wenige Zehntel eines Urades; bei
Windstille vergrössert sie sich, erreicht aber nach A. v. Humboldt*)
auch in diesem Falle noch nicht 1 *^ C. Nur in der Nähe der Küste,
insbesondere an seichten Stellen, erlangt sie bisweilen eine Höhe von
mehr als 2^ C.
Viel deutlicher ist die jährliche Periode zu erkennen, und zwar
fliUt das Maximum der Temperatur in nördlichen Breiten in die Mo-
nate August und September, das IMinimum in die Monate Februar und
März. Li südlichen Breiten finden sich natürlich die entgegengesetzten
Verhältnisse. Innerhalb der Wendekreise ist die Amplitude am kleinsten
und wächst polwärts (im Atlantischen Ocean bis 5" C); ebenso er-
^) Die Abschnitte über die Temperatur und Strömungcu des Meeres
sind eine vöUig selbstständige Arbeit des Herausgebers, gegründet auf die
neuesten Ergebnisse der oceanographischen Forschung.
*) Voyage de Humboldt et de Bonpland. Relation historique. Porii
1814. Tome I, p. 236.
Pescliel-Leipoldt, Pliys. Erdknode. II. 3
34 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der £rde.
wdtert sie sich, je mehr man sich den Küsten nähert. In selchten,
angeschlossenen Meerestheilen, wie z. B. im Skager Rak, steigt sie so-
gar bis über 15 ® C. 0-
Sowohl die tauche als auch die jährHche Amplitude der Tem-
peraturen an der Meeresoberfläche bldbt nach alledem w^t hinter da*-
jenigen der Luft zurück. Während sich diese leicht erwärmt, aber
auch rasch «fie emp£Emgene Wärme wieder verliert, nimmt das Wasser
dieselbe langsam an, bewahrt sie aber auch um so länger. Hieraus
erklärt sich, dass die oceanische Hülle viel geringere Temperatur-
Schwankungen zeigt als die atmosphänsche und dass femer die höchsten
und niedrigsten Temperaturen der ersteren im Verglich zu denen der
letzteren sich verzögern, d. h. später eintreten. An seichten Stdloi
wirkt der Meeresboden in ähnlicher Weise auf die Entwicklung der
Temperaturen ein wie der Erdboden auf die Luft; er verschärft also
die Temperatuig^ensätze. In gleichem Sinne wird in der Nähe der
Küste die Temperatur des Meerwassers durch die abwechsehid relativ
hohen und niedrigen Landtemperaturen beeinflusst
Wie die Luftwärme, so ist auch die Meereswärme ungleichmässig
und unr^elmässig über die Oceane vertheilt. Dies ergiebt sich beim
ersten Blick auf die beiden Karten (Fig. 4 und 5), in welche wir
die Isothermen der Meeresoberfläche ftir die Monate März und Sep-
tember eingetragen haben. Diese beiden Monate wurden deshalb ge-
wählt, weil die Sonne in denselben ihren W^ über die südliche, resp.
nördliche Hemisphäre vollendet hat; im März ist daher die südlidie,
im September die nördliche Hemisphäre im Besitz der reichsten Wärme-
schätze. Ausserdem bezeichnen sie auch insofern Extreme, als xmter
äquatorialen Breiten der März die höchsten, der September die ge-
ringsten Wärmemengen aufv^eist Uebrigens beanspruchen nur die Iso-
thermen des Atlantischen Oceans dnen grösseren Grad von Oenauig-
keit^); ftlr die übrigen Weltmeere ist das Material zur Zeit noch zu
lückenhaft, als dass unserem Bilde ein grösserer Werth als der dnes
ersten Versuches beigemessen werden könnte. Wir werden uns des-
halb auch nur mit dem Atlantischen Ocean hier eingehender beschäftigen.
Ein Blick auf die März karte (Fig. 4) lehrt uns Folgendes: Die
höchsten Temperaturen finden sich im Busen von Guinea; in dem
innersten Winkel desselben, zwischen dem Reiche Dahomeh und Cap
Lopez, überschreitet die Meereswärme sogar 29 ^ C. , während an der
Westseite des atlantischen Beckens (hei Cäp San Boque) das Maximum
*) H. Mohn, Gmndzüge der Meteorologie. 2. Aufl. Berlin 1879. S. 57.
*) Einen auf die besten neueren Arbeiten gegründeten Entwurf einer
Isothermenkarte des Atlantischen Oceans finden wir auf Tafel II zu Otto
Krümmers „Aequatorialen Meeresströmungen^' (Leipzig 1877).
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IIL Die Temperatur des Meeres. 35
nur 27,5® C. beträgt. Die beiden Isothermen von 25® C. nehmen
etwa diesen Verlauf: Die nördlich vom Aequator gelegene beginnt im
Westen bei der Insel Margarita (westlich von Trinidad), steigt nord-
östlich von Barbadoes bis zum 19. ® n. Br. empor, um sich (unter 30®
w. L. V. Gr.) dem Aequator wieder bis auf 7® zu nähern, und endet
an der Küste von Senegambien unter 12® n. Br. Die Isotherme von
25 ® C. südlich des Aequators entfernt sich naturgemäss im März viel
weiter vom Aequator ab ihre nördliche Schwester. In der westlichen
Hälfte des Oceans föllt sie etwa mit dem 28. ® s. Br. zusammen, erhebt sich
aber in der Mitte desselben ziemlich rasch zu 12® s. Br. und erreicht
nördlich von Cap Negro unter 15® s. Br. die afrikanische Westküste.
Demnach ist der Baum zwischen den beiden Isothermen von 25® C.
auf der amerikanischen Seite fest doppelt so gross als auf der afrika-
nischen. Merkwürdig ist es, dass sich ausserdem — gewissermassen
inselartig in kühleres Meerwasser eingeschaltet — ein kleines Gebiet
von mehr als 25 ® Wärme von der Mitte des Busens von Mexico durch
die Floridastrasse bis zum 32. ® nach Nordosten erstreckt; wir erkennen
in diesem Gebiet den Schauplatz des Golfstromes. Ueberhaupt treten uns
hier wie in allen grossen oceanischen Räumen an den Westrändern die Wir-
kungen der polwärts ziehenden warmen, an den Osträndem aber der
von den Polen konmienden kalten Strömungen deutUch enigegen.
Weiter nach Norden reihen sich alle Isothermen zwischen 24 und 0 ® C.
längs der amerikanischen Küste eng an einander, so dass wir schon
in der Gegend von Boston der Isotherme v8n 0® C. begegnai. Hier
vermindern sich also die Meerestemperaturen ausserordentlich rasch
nach Norden hin. Femer ist es bemerkenswerth, dass die Isothermen
von 24 bis 15® C« sämmüich im Gebiete des Grol&tromes zungenartig
nach Norden ausbi^en, um sich dann in grösseren Abständen von
einander nach Ostsüdosten zur afrikanischen Westküste herabzusenken.
Die Isothermen von 16 bis 0® C. drängen sich etwa 50 geogr. Meilen
südlich von Neu-Fundland auf einem ganz schmalen Gürtel zusammen
und breiten sich dann &cherartig von hier nach Ost, Nordost und
Nord aus. Während die Isotherme von 16 ® C. in ostsüdöstlicher Rich-
tung dem Cap S. Vincente (Portugal) zueilt, schwingen sich die übrigen,
gegen Norden mächtige convexe Scheitel darstellend, nach den nord-
europäischen Küsten; die Isotherme von 0® C. steigt, zuerst nördlich
und dann nordöstlich gewendet, bis zur Nordspitze Island's, ja bis zu
dem Südende Spitzbergen's empor, um erst bei der Halbinsel Kola die
Gestade des europäischen Continentes zu treffen. Diesem höchst eigen-
thümlichen Isothermenverlauf verdanken die norwegischen Küsten ihre
Eislosigkeit (selbst in den kältesten Monaten), wie überhaupt ihre bei-
spieDos mflden Winter.
36 Dritter Theil. Die Wasser- nnd Lufthülle der Erde.
Viel emfbnniger gestaltet sind die Isothermen des südadantisdien
Beckens. Im allgemeinen ist die amerikanische Ostküste vor der a&i*
kanischen Westküste b^ünstigt, da die Isothermen an der letzteren
ohne Ausnahme nach Norden, also nach dem Aeqnator zu, sich heb^t.
In der Nähe des 40. Breitengrades findet £ast quer über den ganzen
Ocean hinweg dne rasche Temperaturabnahme von 20 zu 14® C
statt. Die Isotherme von 0® C. nähert sich unter 20® w. L. v. 6r.
ziemlich beträchtlich dem Paralld des Cap Hoom. Uebrigens zeigen
alle Isothermen zwischen dem 40. und 60.® s. Br. unmittelbar an der
amerikanischen Küste stark nach Süd ausspringende Scheitd.
Ein viel&ch verändertes Bild gewähren die Isothermen der Meeres-
oberfläche für den Monat September. Die höchsten Temperaturen,
nämlich 30 ® C, haben der Golf von Mexico, die Florida-Strasse und ein
von hier aus zungenfbrmig nach Nordost bis zum 33.® n. Br. sich er-
streckendes Gebiet, welches genau dem südlichen TheUe des Floridastromes
entspricht Das ganze Caraibische Meer, sowie ein ansehnliches Gtebiet
nördlich und ösdich desselben besitzen Temperaturen von mehr als
28® C. Die Isothermen von 27 bis 24® C. b^innen sänmitlich auf
dem schmalen Räume zwischen Cap Hatteras imd der Chesapeake-Bay
und schwingen sich, einer Doppelguirlande gleich, gegen Südost nach
der Westküste von Afiika, wo sie in geringer Entfernung von ein-
ander zwischen Cap Verde und Cap Blanco, also zwischen 15 und
21 ® n. Br., enden. Die Isothermen von 25 bis 10 ® C. rücken an der
amerikanischen Küste unft insbesondere südöstlich von Neu -Fundland
dicht an einander; die südlichsten von ihnen (23 — 20® C.) erheben mch
in der Mitte des Oceans zu 44, resp. 47 ® n. Br. und nehmen hierauf
in ostsüdöstlicher Richtung ihren Weg nach den Westküsten der ibe-
rischen Halbinsel. Die übrigen Isotliermen (von 19 bis 4® C.) erldden
durch den Stoss der Labradorströmung an der Bank von Neu -Fund-
land eine zungenartige Ausbiegung gegen Süden; sie erscheinen dort
förmlich zu einem Bündel vereinigt, worauf sie sich strahlenartig über
den ganzen Norden des Atlantischen Oceans ausbreiten. Die Isotherme
von 10 ® C. steigt bis Island und hierauf bis an die Nordspitze Europa's
empor; die von 5® C. durchschneidet in der Richtung von Süd nach
Nord die Davis-Strasse und gelangt erst südlich der Disco- Insel an die
Westküste Grönland's, während sie in dem östlichen Haupttheile des
Oceans sich bis auf wenige Meilen der Inselgruppe Spitzbergen nähert.
Bemerkenswerth ist, dass in der Davis-Strasse ebenso wie in dem nörd-
lichen Haupttheile des Oceans die östliche Hälfte stets mit wärmerem
Wasser erfüllt ist als die westliche Hälfte. Auch erkennt man deut-
lich, dass ein Strom wärmeren Wassa^ an der Westküste Spitzbergen^s
vorüberftihrt und ein anderer an dem Nordsaume Europa's nach No-
in. Die Temperatur des Meeres. 37
waja-Semlja zieht, während sich zwischen beide (an der Ostseite Spitz-
bergen's) ein Arm kälteren Wassers keilartig einschiebt.
Für das südatlantische Becken hat sich das Isothermenbild wenig
geändert; nm* ist die Temperatur üb^^ unge&hr um .5 ^ C. niedriger
als im März.
ImStillenOcean herrschen im allgemeinen ähnUche Temperatur-
verhältnisse wie im Atlantischen Ocean. Die höchsten Temperaturen
finden sich in der Nähe des Aequators, und nach Nord und Süd hin
erfolgt eine ziemlich gleichmässige Abnahme. Zwar sind die Isothermen-
abstände an der asiatischen Küste viel kleiner als an der amerika-
nischen; doch sind hier keine so grossen Ausbuchtungen nach Norden
vorhanden wie an der entsprechenden Stelle des nordatlantischen Beckens.
Ausserordentlich auffallend sind im südlichen Theile des StiUen Oceans
an der Westküste Südamerika's die mächtigen, gegen Nord hin weit
vordringenden Curven der Isothermen. Sie zeigen ebenso wie die-
jenigen an der Westküste Südafrika's relativ niedrige Meerestempera-
toren an und sind bekanndich in diesem Falle eine Wirkung der kalten
Peruanischen Strömung.
Im Indischen Ocean erfahren die Isothermen in ihrem allgemei-
nen Verlaufe von West nach Ost keine wesentlichen Störungen; nur an
der West- und Ostseite des Oceans bilden sie flache, gegen Süd, resp.
Nord gewandte Bogen, worin ein Hinweis enthalten ist auf relativ
warme Wasser an der Südostküste Afrika's, auf relativ kalte an der
Westseite Australien's.
Unter allen grösseren occanischen Räumen besitzt der nordatlan-
tische Ocean die höchsten Oberflächentemperaturen ; er ist durchschnitt-
lich um 2 bis 3^ C' hftier erwärmt als seine Südhälfte. Auch der
nördliche Theil des Stillen Oceans erfreut sich einer grösseren Ober-
flächenwärme als der südliche Theil; doch beträgt diese Differenz
wahrscheinlich nur c. 1 ^ C. Im Vergleich zum nordatlantischen
Becken ist die Temperatur des Stillen Oceans eine niedrigere, im Ver-
gleich zum südatlantischen Becken eine höhere. Auf der südlichen
Halbkugel zeichnet sich der Indische Ocean, namentlich in seinem nörd-
hchen Theile, durch relativ hohe Oberflächentemperaturen aus.
Die höchsten Temperaturen, welche man bisher überhaupt an der
Meeresoberfläche beobachtet hat, sind 34,5 ^ C. (in dem südlichen Theile
des Rothen Meeres) *) und 32,8 ^ C. (an der Küste von Siam im Süd-
chinesischen Meer). Die höchste am Bord des „Challenger'^ ermittelte
Oberflächentemperatur (gefunden in der Celebes-See unter 4® 14' n.
Br. und 124» 18' ö. L. v. Gr. am 21. October 1874) Ut 31,1 <> C.
*) Nicht zufaUig hat dasselbe Meer den höchsten Salzgehalt, welches die
höchsten Temperataren aufweist.
38 Dritter TheiL Die Wasser- und LufUiülle der Erde.
Natörlich kommen so hohe Wännegrade nur in Bandmeeren ^ niemals
aber weit abwärts von den oceanischen Ufern an der Oberfläche des
tiefen Oceans vor. Die niedrigste am Bord des ,,Challenger'^ registrirte
Oberflächentemperatmr (— 2,8 ^ C.) ergab sich bei zwei Gelegenheiten,
am 18. und 24. Februar 1874, unter 65^ s. Br. und zwar in der
Nähe Yon Eisbergen^).
B. Die Temperaturen in den Tiefen der Oceane.
H. B. de Saussure (f 1799) fand auf dem Ghimde der tieferen
Schweizerseen übereinstimmend eine constante Temperatur von 4^ C.
Die Erklärung dieser Erschdnung bietet keinerlei Schwierigkeiteii.
Süsswasser erlangt seine grOsste Dichtigkeit bei 4 ® C. Da nun in un-
seren Breiten die ganze Wassermasse grosser, tiefer Seen im Sommer
nicht über diese Temperatur erwärmt, im Winter aber auch nicht unter
dieselbe abgekühlt wird, so müssen wir noth wendig auf der Sohle
dieser Seebecken stets der Temperatur von 4 ® C. begegnen. Im Som-
mer nimmt die Wärme von unten nach oben zu; im Winter hingegen
vermindert sie sich in gleicher Bichtung. Da sich in dem letzteren
Falle das Wasser an der Oberfläche stets dem Gefrierpunkte am
meisten nähert, so ergibt sich hieraus die wichtige Consequenz, dass
die Eisbildung stets an der Oberfläche b^innt, worauf natürlich unter
dem Schutze der ESsdecke der Eisbildungsprocess nach unten nur lang»
sam. fortschreitet
Als Sir James Clark Boss im Jahre 1843 von seiner grossen
ElntdeckungsfS&hrt nach den Südpolarräumen zurückkehrte, yerkündete
er das Gesetz*), dass, sobald das Thermon^ter in den Meerestiefen
eine Temperatur von 4^0. angezeigt habe, cue Elrwärmung des See-
wassers sich nicht mehr ändere, selbst wenn man das Thermometer
noch so tief in das Meer hinablasse. Unterhalb der submarinen Iso-
therme von 4® C. breite sich demnach eine Schicht invariabler Tem-
peratur aus. Da dies allen wissenschaftlichen fkwartungen entsprach,
insofern Wasser von 4® C. die grösste Dichtigkeit besitzt und in den
Schweizer Landseen beräts diese invariable Schicht stets in grösseren
Tiefen angetroffen worden war, so zweifelte niemand an der Richtig-
keit des von Sir James Clark Ross angestellten Gesetzes.
In den heissen Meerestheilen um den Aequator musste nach Sir
James CL Ross das Thermometer mehr als 1200 Faden tief hinab-
tauchen, ehe es die unveränderUche Wärmeschicht erreichte. Je mehr
') John James Wild, Thalassa. London 1877. p. 29.
*) Sir James Clark Boss, Voyage of DiscoTery and Hesearch in tke
Soathem and Antarctic Begions. London 1847. VoL II. p. 375 sq.
III. Die Temperatur des Meeres. 39
man sich von dem Aequator nach emem der beiden Pole entfernte, um
80 mehr näherte sich dieselbe der Oberfläche, und im südatlantischen
Becken unter 56® 14' s. Br. ^), also in der Breite von Cap Hoom,
gelangte die unveränderliche Schicht an die Oberfläche. Dort also
vries das Thermometer, seicht oder tief eingesenkt, immer auf 4® C.
Ging man über diese Zone nach noch höheren Breiten, so wurde die
unveränderliche Schicht von kälterem Wasser überlagert, so dass das
Thermometer bei tieferem Einsenken stieg, bis es wieder die imver-
änderliche Schicht erreicht hatte. Nimmt man eine walzenfbrmige Ge-
stalt des Erdkörpers an, so würde nach diesen Anschauungen ein Quer-
schnitt durch die atlantische Wassermasse von Nord nach Süd die
Schicht der unveränderlichen Seewärme muldenförmig aufgebogen er-
scheinen lassen; am Aequator würde die tie&te Stelle der Mulde liegen;
ihre Abhänge würden sich dann sanft erheben nach den nördUchen
und südlichen Breiten, um dann von der Zone der unveränderlichen
Oberflächentemperatur an wieder hinabzusinken. Die äquatoriale Mulde
würde gefüllt sein mit wärmerem Wasser, während man sich ihre ark-
tischen und antarktischen Abhänge von kälterem Wasser überfluthet
und zum Theil 'mit Eis bedeckt denken müsste. Diese Theorie, welche
noch in neuerer Zeit wiederholt Vertreter gefunden hat ^) , ist jedoch
durchaus nicht mehr haltbar; es waren nämlich mehrere wichtige Fac-
toren dabei ganz übersehen worden.
Zunächst verleiht der Salzgehalt dem Wasser ganz besondere
physikalische Eigenschaften. Die Frage, bei welchem Grade das Meer-
wasser sein Dichtigkeitsmaximum habe, wurde seit Marc et 's Zeiten
(1819) von verschiedenen Physikern zu beantworten versucht, so von
Erman, Despretz, G.Karsten, Lenz und Zöppritz^). Zeigen
auch die Resultate dieser Forschungen im einzelnen kleinere Ab-
weichungen, so stimmen sie doch darin überein, dass die Temperaturen
des Dichtemaximums und des Gefrierpunktes durch Vermehrung des
Salzgehalts stetig immer tiefer hinabgedrückt werden imd dass bei
einem Salzgehalt von nur 1,6 Procent das Dichtemaximum erst bei
einer Temperatur von 0^ C. erreicht wird. Die Verschiebung der
Maximaldichte und des Gefrierpunktes durch die Salinität des Wassers
vollzieht sich nach Karsten in folgender Weise ^):
^) Diese Ziffer ist abgeleitet aus sechs Temperatormessungen zwischen
54 Mr und 58" 36' s. Br.
') Mühry, Ueber die Lehre von den Meeresströmungen. Göttingen 1869.
S. 38. 41. 72. 92. Petermann in seinen Mittheilungen 1865, S. 152; 1870,
S. 225. 232.
') Poggendorff's Annalen, Ergänzungsband V, S. 497 ff.
*) Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und Hüttenkunde. Bd. XX,
S. 98 ff.
40 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
^d'TrLöfuJ^* Maximaldichte. Gefrierpunkt.
0 3,92« C. 00 C.
1 1,460 —0,76 0
2 - 1,120 - 1,52 0
3 — 3^800 — 2,28^'
3,6 ') — 5,47 0 — 2,73 o
4 — 6,600 — 3,030
8 —18,760 —5,990
Die Meteorologen und Geographen (unter ihnen noch Mtihry
und Petermann*)) glaubten, solchen Elrgebnlssen keinen weiteren
Werth beimessen zu dürfen als sonstigen „Er&hrungen im Labors-
torium'^ Jetzt kann nicht länger Zweifel darüber bestehen, dass auch
im Laboratorium der oceanischen Becken dieselben Verhältnisse zur
Geltung gelangen. Durch zahlreiche neuere Bestimmungen von Tief-
seetemperatnren ist es mit Sicherheit erwiesen^ dass fiir das oceanische
Wasser das Dichtemaximum und d^r Gefrierpunkt niedriger liegen als
flir reines Wasser, So fimd H. Mohn in dem Norwegischen Meere
zwischen Norwegen und Island im Jahre 1876 an zahlreichen Punkten
auf dem Grunde nicht bloss Wasser von weniger als 4 0 C. , sondern
sogar vielfach von unter Oo C. Es herrschte z. B. am 8. August
unter 65 0 47,5 ' n. Br. und 3 0 7 ' w. L. v. Gr. in einer fiefe von
1861 Faden eine Temperatur von — 1,65 0 C, am 10. August unter
65 0 13^5' n. Br. und Oo 33' ö. L. v. Gr. in 1539 Faden Tiefe eben-
fiJls eine solche von — l,65o C. *). Da in beiden Fällen nach der
Oberfläche hin die Temperatur allmählich zunahm, so geht daraus her-
vor, dass auch im Ocean die Dichtigkeit des Wassers selbst noch unter
dem Nullpunkte sich vergrössert. Ebenso beträgt die Temperatur des
Boden Wassers in der tiefen Rinne zwischen den Färöem und den Shet-
hmd-Inseln nach den Messungen am Bord der „Porcupine^^ bei 640
Faden Tiefe — 1,3 0 C. Am Bord des „Challenger" sind, wie oben
bereits erwähnt, sogar zweimal imter 65 0 s. Br. Bodenwasser-Tempera-
turen von — 2,8 0 Q^ ermittelt worden. Demnach kann von einer
homothermischen Tiefenerfiillung des Oceans, wie sie einst Sir James
Cl« Ross behauptete, nicht mehr die Rede sein.
Auch der Gefrierpunkt des Seewassers sinkt unter den normalen
Druckverhältnissen ansehnlich unter den Nullpunkt unserer Thermo-
^) Salzgehalt des Meerwassers.
*) An den S. 39, Nota 2 erwähnten Stellen.
') H. Mohn, Die norwegische Nordmeer- Expedition in Petermann's
Mittheilongen 1878, S. 1 ff.
IIL Die Temperatur des Meeres. 41
meter herab. Dies musste schon als glaubwürdig ersehenen seit den
sorg^iigen Versuchen, welche Despretz mit dem von Freycinet aus
der Südsee geschöpften Wasser anstellte. Dasselbe hatte bei 20^ C.
ein specifisches Gewicht von 1,0273. Bei einigir Bewegung erstarrte
es mit — 2,55 ^ C. ; sehr vorsichtig abgekühlt verharrte es bis zu einer
Temperatiu" von — 3,67® C. im flüssigen Aggregatzustande und er-
reichte bei derselben zugleich sein Dichtigkeitsmaximum ^). Dass diese
Wahrnehmungen übrigens ganz den Vorgängen in der freien Natur
entsprechen, ersehen wir am besten aus einer Mittheilung deutscher
Polarfahrer ^). Dieselben berichten uns, dass das Wasser unter dem
Eise eine Temperatur von — 2,1 ® C. hatte und dass sie den ganzen
Winter hindurch dieselbe geblieben sei.
Nach alledem muss es in hohem Ghrade überraschen, wenn James
Clark Boss im antarktischen Meere von der Tiefe von 600 Faden
an abwärts dennoch üst überall eine Temperatur von 4 ® C. fand, zu-
mal audi andere ältere Seefahrer ähnliche Beobachtungen machten.
In der That mochte dies eine gute Stütze fiir die frühere Anschauung
sein; ihre HinMÜgkeit wird indess sofort erkannt werden, wenn wir
das Instrument prüfen, mit welchem man ehemals die Tie&eetem-
peratnren bestimmt hat.
Die Messungen von Sir James Clark Boss, Beechey, Du-
mont d'Urville u. a., sowie die meisten der von Keith Johnston
in seinem Handbook of Phjsical Geographj (Edinburgh und London
1870) veröfientUchten ^) sind mit B^isterthermometem, namentlich mit
dem sogenannten Six- Thermometer ausgeführt. Schon Lenz hatte
gegen den Gebrauch dieses Instruments den Einwand erhoben, dass
das Gefiiss desselben durch den Druck in grösseren oceanischen Tiefen
eingeengt werde und somit die Höhe der Quecksilbersäule nicht nur
von der Temperatur, sondern auch von der Grösse des Druckes und
der Widerstands&higkeit der G^ef^wandungen abhänge. Weldi mäch-
tigem Drucke aber die unteren Schichten des Meeres und somit auch
die hinabgesenkten Instrumente ausgesetzt sind, zeigt die nachstehende
Tabdie. Mittelst der von Casella hierzu eigens constmirten hydrau-
lischen Presse hat man fär versdiiedene Meerestiefen folgenden Druck
des Oceans auf den eng^ Qnadratzoll nachgewiesen^):
>) Comptes rendos. Tome lY (1937), p. 437. Poggendorff's Aonaleii,
Bd. XU :l%9^), S. 69.
*) Die zweite deutsche NordpolaifUirt in den Jahren 1869 und 1S70.
Leipzig 1874. Bd. l, Abtheflong 2, S. 378.
*) Im Aoszng wiedeigegeben in Peter mann*s Mittheilongen 1870,
S. 232.
0 Capt. J. £. Daris im Naatical Magazine 1871, S. 518.
42 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Tiefe in Faden« Drack in Atmosphären« Druck in engL Pfunden.
250 45,5 682
500 90,9 1363
750 • 136,4 2045
1000 181,8 2726
1250 227,3 3408
1500 272,7 4089
1750 318,2 4771
2000 363,6 5452
2250 409,1 . 6134
2500 454,5 6817
Wie aus dieser Tabelle zu ersehen ist, w&chst der Dmck nicht in
geometrischer Progression oder wenigstens nur höchst unbedeutend in
diesem Sinne; denn selbst bei 2500 Fad^i Tiefe wird durch den Drack
die Dichtigkeit der untersten Wasserschicht kaum um Vio vermehrt,
wodurch ein Schwereunterschied etwa wie der zwischen Süss- und Salz-
wasser hervorgerufen wird. Beiläufig ist jener Druck durchaus nicht
im Stande, Sand und Schlamm in dichte Felsarten zu verwandehi;
denn er wird allsdtig geübt und Wasser ebenso gut zwischen, wie auf
die Scblammtheile gepresst. Nur wenn die Meeresflur eine undurch-
lässige Schicht wäre, Vürde der Druck allerdings ledigUch senkredit
und deshalb auf die Verdichtung der Unterlage erfolgreicher wirken.
Auch verhindert jener gewaltige Druck in grossen Seetiefen durchaus
nicht, dass sich dn reiches Thier- und Pflanzenleben unter ihm ent-
falte; denn er ist nicht einseitig, sondern allseitig. Anders verhält es
sich nur mit Stoffen, welche wenig comprimirte Luft in sich scUiessen ;
denn diese letztere wird aus ihnen wie Wasser aus einem Schwamm
herausgepresst oder in die kleinsten Räume zusammengedrängt So ist
es erklärlich, dass das Holz eines Jagdbootes, welches von einem tau-
chenden Walfisch in grosse Tiefen hinabgerissen worden war, nach dem
HerauMehen und nicht bloss unmittelbar, sondern noch längere Zeit
nachher im Wasser sank, als ob es zu Stdn geworden wäre.
Was nun unter diesen Umständen mit. einem Thermometer ge-
scheh^i muss, hätte man sich schon firüher sagen sollen. Der Druck
auf die Glaskugel verringert deren Durchmesser, und daher steigt das
Quecksilber in der Röhre bei tiefem Eiatauchen in die See, auch wenn
die Temperatur sich nicht ändert, oder es beharrt in seiner SteUung,
wenn die Wärme sich vermindert Schon Lenz beobachtete im Ver-
ein mit Parrot, dass in dnem Falle das Quecksilber unter einem
Druck von 100 Atmosphären um 20,5 ^ C. sich erhob ^). Lenz's Be-
') Poggendorff*8 Annalen, Ergänzungsband II (1848), S. 615.
IIL Die Temperatur des Meeres. 43
denken aber erfuhren bis zum Jahre 1869 nur insofern Berücksich-
tigung, als man die Tiefseethermometer mit besonders starken Wan-
dungen versah. Allein auch diese konnten nicht vor grossen Irrungen
schützen; denn nachträglich hat man erkannt , dass selbst die besten
Instrumente mit besonderer Wandstärke viel&ch Temperaturen an-
gezeigt hatten, welche um 5 ^ C. höher waren als die geforderten.
Erst durch W. A. Miller erfuhr im Jahre 1869 das Six-Thermo-
meter jene Verbesserungen, deren es bedurfte, um die Temperaturen
oceanischer Tiefen genau anzugeben. Um die Quecksilberkugel wird
nämlich bis zur Kehle der Röhre eine zweite Kugel gel^, die als
Panzer od^ als Ueberzug dient Zwischen den Glaswänden der bei-
den Kugeln bleibt ein Zwischenraum, der bis zu drei Vierteln mit
Weingeist ausgefiillt wird, so dass der Druck nur g^gen die äussere
Kugel wirken und in ihren Hohlraum den unschädlichen Weingeist
hinauffareiben kann. Im übrigen ist das Miller-Casella'sche Ther-
mometer ein selbstregistrirendes Maximum- und Minimum-Thermometer,
welches vermitteLst zweier Schwimmer die höchste und niedrigste Tem-
peratur der durchlaufenen Wasserschicht anzeigt Mit Hilfe eines an-
deren geschützten Tie&eethermometers (constmirt von Negretti und
Zambra), eines sogenannten „Umkehrungs-Thermometers^, Termag
man auch die Temperatur in jeder beliebigen Tiefe des Wassers zu messen.
£ine mit grosser SoigfiJt ausgeßihrte Reihe von Vergleichen zwi-
schen beschützten und unbeschützten Thermometern am Lande mit
Anwendung einer hydraulischen Presse hat gelehrt, dass die beschütz-
ten Thermometer auch unter hohem Druck richtige Temperaturen
liefern, während die unbeschützten bei wachsendem Druck viel zu hohe
Wärmegrade andeuten. Da man nun mit letzteren früher in grossen
Seetiefen unrichtige, d. L zu hohe Wärmewerthe gefunden hat, so geht
hieraus hervor, dass alle älteren Tiefentemperaturen zu oorrigiren sind.
Aber welche Correction ist hier anzubringen? Offenbar wird dfe Gh^össe
dersdben schwankoi je nach der Besdiaffenheit d^ Thermometer;
denn das eine wird dem Druck besser widerstanden haben als das
andere. Mittels der Casella 'sehen Presse lässt sich durch eine Prü-
fung des betreffenden Instrumentes, wdcfaes bei der Messung verwandt
wurde, für jede Tiefe genau die Correction ormitteln« In allen den-
jenigen Fäkn aber, wo das benützte Instrument entweder nicht mit
Sicherheit festzustellen oder überhaupt nicht mehr voriianden ist, sind
die früheren Tie&eetemperaturme8Bange& völlig unbranchbar, und man
hat sie einfiich als ungesdidien aoszustreicfaen. Nach Sir James
Clark Boss' 3Iittheilangen > j hatten die von ihm bentUzten Bepater-
') Yo3rage of Diseoverr and Besearch in the Soathern and Antaretic Re-
gion«. London 1%47. Y<^ D, p. 52.
44 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
thermometer sehr starke Wandungen; trotzdem mussten sie in einer
Tiefe von 1500 Faden Temperaturen zeigen, welche wenigstens 7 ® F.
(4® C.) zu hoch waren. In solchem Falle aber weisen Boss' Mes-
sungen selbst auf Orundtemperaturen von weniger als 0 ^ C. hin. Die
ältere Anschauung, dass die Tiefen des Ooeans mit Wasser von 4 ^ C.
erfollt sden, ist denmach auch im Hinblick auf die von Ross aa%e-
zeichneten Temperaturen völlig unhaltbar.
In den offenen Oceanen vermindert sich — das ist eines der Haupt-
ergebnisse der neueren Untersuchungen — fest überall die Wärme niit
der Tiefe, weil das Meerwasser bis zu seinem Gefrierpunkte stetig an
Schwere gewinnt. Am raschesten erfolgt die Temperaturemiedriguiig
nach unten stets an der Oberfläche, doch nicht ohne ansehnliche Ab-
weichungen in den verschiedenen Jahreszeiten. Am schnellsten sinkt
die Temperatur während der wärmsten Monate des Jahres, weü zn
dieser Zeit die Luft wärmer ist als die Oberfläche des Meeres und hier-
durch sowohl, wie durch den höheren Sonnenstand und den längeren
Tag die oberen Schichten stark erwärmt werden. Da das Wasser ein
schlechter Wärmeleiter ist, so kommen diese Wirkimgen den unteren
Schichten nur wenig zu Gute, zumal das warme Oberflächenwasser als
das leichtere keinerlei Tendenz besitzt, dem kälteren, schwereren Wasser
darunter das Feld zu räumen und mit ihm sich zu mischen. In
grösseren liefen ist die Temperaturabnahme eine wesentlich geringere.
Unter höheren Breiten gilt dasselbe während der kälteren Jahr^zeit
auch von den oberen Schichten. Hier findet sogar, namentlich in der
Nähe der Küsten, in den kältesten Monaten zuweilen bis zu gewissen
Tiefen eine Temperaturzunahme nach unten statt Dies geschieht immer
dann, wenn die Luft wesentlich kälter ist als das Meer und die directe
Sonnenwirkung eine sehr geringe ist Freilich wird in solchem Falle
das sch>Yerere Wasser an der Oberfläche das Bestreben äussern, in die
Tiefe hinabzusinken, während das leichtere Wasser emporzudringen
sucht Der auf diese Weise beständig sich vollziehende Temperatur-
austausch, der also nicht bloss durch Leitung, sondern auch durch
wirkliche Wasserbewegung herbeigeführt wird, verhindert natürlich, dass
die winterliche Zunahme der Temperatur mit der Tiefe eine ebenso
grosse ist wie die Abnahme im Sonmier, wo das Oberflächenwasser
höchstens durch Wellenschlag und Strömungen mit dem Wasser der
tieferen Schichten gemischt wird.
Das Auftreten wärmerer Meeresschichten zwischen kälteren darf
nach mehrfachen exacten Beobachtungen in neuerer Zeit nicht mehr
bezweifelt werden; doch haben wir es hier jedenfalls mit einer Erschei-
nung zu thun, welche auf die Randgebiete der Ooeane und auf höhere
III. Die Temperatur des Meeres. 45
Breiten beschränkt ist. So hat der „Challenger" in 65 '^ 42 ' s. Br.
und 79 0 49 ' ö. L. v. Gr. am 14. Februar 1874 an der Oberfläche
eine Temperatur von — 1,2 ^ C, in einer Tiefe von nur 50 Faden eine
solche von — 1,7 ® C. angetrofien, dagegen in grösseren Tiefen eine
höhere Temperatur, in 200 Faden Tiefe — 0,8 « C, in 300—400
Faden Tiefe 0 ^ bis 0,4 ^ C. Hier rührte das Oberflächenwasser bis
zu 50 Faden Tiefe von geschmolzenen Eisbergen her und war in Folge
dessen salzarmer, also leichter als das salzreichere Wasser in der Tiefe,
wie sich aus einer genauen Ermittelung des specifischen Gewichtes er-
gab ^). In anderen Fällen ist jedoch diese Erklärung nicht statthaft.
So entdeckte Capt. Belknap auf dem amerikanischen Dampfer „Tus-
carora" mit Hilfe seiner Miller -Casella'schen Thermometer längs der
Kurilen und nordöstlich davon zwischen 49 und 52 ^ n. Br., 158 und
167 ® ö. L. V. Gr. nahe unter der Oberfläche eine eiskalte Schicht von
c. 200 Faden Mächtigkeit, welche in tieferen Lagen wieder in eine
wärmere überging. An einer Stelle wurde 10 Faden imter der Ober-
fläche 41 0 F. (5 0 C.) , 20 Faden unter derselben 33,7 » F. (1 « C),
in 100 Faden Tiefe 82 « F. (0 ^ C.) gemessen. In der Tiefe zwischen
100 und 200 Faden stieg jedoch die Temperatur wieder auf 34,5 ® F.
(1,4 0 C.) bis 38,7 ^ F, (3,7 » C), Mit der Entfernung vom Lande nach
Osten hin verminderte sich jedoch die Breite dieser Schicht *). Aehn-
liche Wahrnehmungen hat H. Mohn im Vestfjord, sowohl an der
Mündung wie im Innern, im Ofoteilf jord , bei Bjarkö, im Stjemsund
.und an der Mündung des Varangerfjordes gemacht*).
üeber die Tiefentemperaturen der Oceane haben uns die zahl-
reichen neueren Expeditionen, insbesondere die „Challenger"-Expedition
ein reiches Material geliefert. Freilich vertheilt sich dasselbe auf un-
geheure Bäume, und es steht daher der Forschung hier noch immer
ein weites Arbeitsfeld offen. Die zahlreichsten Temperaturmessungen ge-
hören dem Atlantischen Ocean, insbesondere seiner nördlichen
Hälfte an, weshalb wir auch diesem oceanischen Becken eine etwas
ausfuhrlichere Betrachtung widmen.
Nach den Beobachtungen am Bord des „Challenger''*) wirken
Luft- und Sonnenwärme nur bis zu einer Tiefe von 60 bis 80 Faden.
^) G. Y. Boguslawski in Behm's Geographiflchem Jahrbuch. £d. VII
(1878), S. 607.
*) American Journal of science and arts. Jan. 1878, p. 27. Vgl. Peter-
mann's Mittheilungen 1878, S. 164. Siehe auch J. J. Wild, Thalassa. p. 38.
') Petermann*8 Mittheilungen 1876, S. 434.
*) H. M. S. Challenger. Reporte of Capt. G. S. Nares. With abstract
of soundings and diagrams of Ocean Temperature in North and South Atlantic
Oceans. 1873. Vgl. Petermann's Mittheilungen 1874, S. 290 ff.
46 Dritter Theil. Die Wasser- und Lafthülle der Erde.
Demnach scUieasen sich die Wärmeverhältnisse der Oceane aach nur
bis zu diesen Tiefen enger an die klimatischen Eigenthümlichkäten der
betrefienden Meeresgebiete an. Unter dieser Schicht löst mch das Band
zwischen Meeres- und Lufttemperataren fast völlig, was specieil fiir den
nordatlantischen Ocean dadurch bewiesen wird, dass sein Wasser unter
dem Niveau von 80 Faden Tiefe überall wärmer ist als das Wasser in
gleicher Tiefe unter dem Aequator. Nur bei den Bermudas-Inseb er-
gab sich eine Ausnahme, welche jeden&Ils mit der kalten, von Xord
her konmienden Labradorströmung in Zusammenhang zu bringen ist
Unterhalb der von der Sonnenwärme beeinflussten Schicht, also
unterhalb einer Tiefe von 80 Faden, ist die Temperatur des Wasser
im nordatlantischen Ocean bis zu 1500 Faden Tiefe überall um 2^ 2^ ^•
höher als in gleichen Tiefen am Aequator und um 4 ^ C. höher als in den-
selben Tiefen im südatlantischen Ocean. Während z. B. die submarine
Isotherme von 10 ^ C. im nordatlantischen Ocean — und zwar sowohl
im Osten wie im Westen desselben — bis g^;en 400 Faden Tiefc
hinabsteigt, dringt sie zwischen dem 12. Grade n. Br. und dem 6. Grad
s. Br. nur bis zu einer Tiefe von 140, resp. 190 Faden ein. Beicht
die submarine Isotherme von 4,4 ^ C. im nordatlantischen Meere zwi-
schen dem 20. und 36. Grad n. Br. 700 bis 900 Faden tief hinab,
so erhebt sie sich innerhalb derselben Breiten südlich vom Aequator
zu 400 bis 300 Faden Tiefe, ebenso auch in dem tropischen Tfaeile des
Atlantischen Oceans zwischen dem 20. Grad s. und n. Br').
Bemerkenswerth ist, dass die Temperatur am Meeresboden an aUen
Stationen auf der Linie Bermudas - Azoren - Cap - Verdische Inseh-
Aequator fast genau übereinstimmend 35,2 ^ F. (1,8 ^ C.) ist Im
Nordosten dieser Linie, in der Bay von Biscaya ist die Bodentem-
peratur 1 » F. (^,'9 ö C.) höher, südwestlich davon ^j^^F, niedriger; im
westlichen Theile des Atlantischen Oceans beträgt sie unter dem Aequator
sogar nur 32,4 <> F. (0,2 » C), ist also 2,8 ^ F. (1,6 « C.) geringer ak
auf der ersterwähnten Linie. Diese eisige Temperatur, die sich selbst
in der Tiefe der Tropenmeere vorfindet, hat zuerst zu der Forderung
von unterseeischen Polarströmen gefiihrt, welche von beiden Polen geg^
den Aequator hin fliessen. „Ohne diese unterseeische Zuströmung,^
sagt schon A. von Humboldt^) mit Bezug auf die von Dupetit
Thouars am Bord der „Venus" ermittelten niedrigen Tiefseetempera-
turen (2,8 ® bis 2,5 ® C), „würden die Tropenmeere in jenen Abgrün-
den nur diejenige Temperatur haben können, welche dem Maximum
der Kälte gleich ist, die örtlich die herabsinkenden Wassertheilchen an
*) G. V. BogUBlawski, 1. c. S. 520.
*) Kosmoe. B<L I, S. 322.
III. Die Temperatur des Meeres. 47
der wännestrahlenden und durch Luftcontact erkälteten Oberfläche im
Tropenklima erlangen.^
Nares erkennt in der Thatsache, dass alle Stationen nördlich Vom
Aequator ein wärmeres Grundwasser besitzen als diejenigen am Aequator,
einen Beweis dafür, dass das kalte Wasser am Boden des Atlantischen
Meeres bis zur Breite der Azoren und des G0I& von Biscaya nicht
aus arktischen, sondern aus antarktischen Gebieten stammt oder rich-
tiger, dass eine ununterbrochene Verbindung mit den gleichtemperirten
Schichten im antarktischen Becken besteht Wäre das kalte Grund-
wasser der tropischen Meeresräume auch nur zum Theil aus ark-
tischen Begionen, so müsste es im nordatlantischen Becken wenig-
stens ebenso kalt sein wie das von Süd gekommene Wasser am Aequator;
auch dürfte man nach Norden eine Temperaturabnahme erwarten, wäh-
in Wirklichkeit die Temperatur der tiefsten Schicht nach Norden hin
entschieden zunimmt
Fragen wir nach den Ursachen dieser überraschenden Thatsache,
80 lautet unsere Antwort: Die antarktischen Gewässer können durch
eine weite und tiefe Pforte, die arktischen Gewässer hingegen nur durch
eine relativ schmale und seichte Strasse in die atlantischen Räume ein-
dringen; es communicirt also der Atlantische Ocean viel leichter imd
bequemer mit dem südlichen als mit dem nördUchen Eismeere, dessen
tie&ten und kältesten Wassern durch eine mächtige submarine Barriere
zwischen dem nordamerikanischen und dem europäischen Continente der
Zugang zu südlicheren Breiten verschlossen ist ^). Auch ist jedenfalls
der Vorsprung des nordamerikanischen Festlandes hierbei mit bethei-
ligt; denn er lenkt den warmen Golfstrom nach Nordosten ab und
nöthigt ihn, sich an die europäischen Gestade zu ergiessen , an denen
er sich nach Süden umbiegt. Würde das warme Golfwasser, bevor es
in die äquatorialen Gebiete zurückkehrt, erst das arktische Meer auf-
suchen, so würde das nordatlantische Becken sicher hinsichtlich seiner
Wärmeverhältnisse nicht so bevorzugt erscheinen.
Aus den von Nares entworfenen Profilen ist femer deutlich zu
ersehen, dass in der westUchen Hälfte des Atlantischen Oceans an allen
Stellen südlich der Linie Bermudas -Inseln -Azoren das Wasser am
Meeresgründe kälter ist aIs in der östlichen Hälfte. Dasselbe gilt auch
von den darüber liegenden Schichten. So erheben sich die submarinen
Isothermen von 4,4 ^ C. bis 1,7 » C. im Westen c. 200 Faden höher
als im Osten, Nur oberhalb der Tiefe von 450 Faden besteht fast
') Nach Otto Krümmel (Versuch einer vergleichenden Morphologie der
Meeresräume. Leipzig 1879. S. 62) ist der Zngangsquerschnitt gegen das süd-
liche Eismeer gegen 5 mal so tief und 6 mal so breit, also 30 mal so gross
als die arktische Oeffnongsfläche.
48 Dritter Theil. Die Wasser- and Lufthülle der Erde.
überall das enlgegengesetzte Verhältnisse cL h. hier ist das Wasser an
der Westseite wärmer als an der Ostseite. Die beobachteten Tiefen-
temperaturen erlauben den Schluss, dass die antarktischen Gewässer
hauptsächlich durch den Canal zwischen den St-Paul-Felsen und der
brasilianischen Küste in's nordatlantische Becken antreten. Sie ziehen
von hier gegen Nordwesten und lenken dann, sich allmählich ausbrei-
tend, nach Nordosten um und zwar in ähnlidier Weise wie die Ober-
flächenströmungen jener Gebiete. Den genannten kalten Strom, dess^i
Temperatur 1,7 bis 0,2 ^ C. beträgt, findet man z¥rischen 1700 Faden
Tiefe und dem Boden ; er hat eine Gksammtmächtigkeit von c. 700 Faden.
Die aufiallenden TemperaturanomaUen an der Ostküste der Ver-
einigten Staaten werden dadurch hervorgerufen, dass hier eine warme
imd eine kalte Strömung, der Floridastrom und die Labradorströmung,
über einander hinw^fliessen; wir verweisen hier auf die Besprechung
des Floridastroms (S. 59 ff.).
Wie sehr die Tiefentemperaturen des Meeres unter sonst gleichen
Umständen von dem Belief des Meeresgrundes abhängen, dafür gewährt
uns der nördUchste Theil des nordatlantischen Beckens ein lehrreidies
Beispiel *).
Die Seetiefen zwischen der Nordspitze Schottland's, den Färöem,
Island und Grönland sind so gering, dass man aus ihnen mit Becht
auf eine ehemalige trockene Landbrücke zwischen Nordeuropa und
Grönland geschlossen hat. Der Meerestheil zwischen Grönland und
Island, die sog. Dänemark-Strasse, hat an der schmälsten Stelle höch-
stens eine Tiefe von 500 Faden ^): der zwischen Island und den
Färöem erreicht nur eine Tiefe von 200 bis 300 Faden, und noch
seichter ist die Schwelle, welche von den Färöem zunächst nach Süd-
westen und hierauf nach Südosten zu den Orkney-Inseln hinüberldtet.
Südwärts von diesem unterseeischen Höhenrücken liegt der mehr als
2000 Faden tiefe Atlantische Ocean und nordwärts von demselben das
fast ebenso tiefe Polarmeer. Scheidet er auch beide nicht gänzhch von
einander, so erschwert er doch ausserordentlich den Abfluss des kalten
polaren Wassers; für die untersten, kältesten Schichten verhindert er
denselben gänzlich. Der scharfe Gegensatz zwischen dem warmen
atlantischen und dem kalten Eismeerwasser zeigt sich besonders am
Südende der Färöer - Shetland - Rinne (zwischen den Färöem und den
Shetland-Inseln). Dieselbe ist mehr als 600 Faden tief und erstreckt
') Vgl. H.Mohn, Die norwegische Nordmeer-Expedition inPetermann's
Mittheilangen 1878, S. 1 ff. und Taf. I.
*) Mitten in dem schmälsten Theil der Strasse yerlor der norwegische
Seehund- und Walfänger Capt C. Brunn im April 1873 ein Mlller-Casella'sches
Thermometer, das sich auf dem Boden in 150 Faden Tiefe festgesetzt hatte.
UI. Die Temperatur des Meeres. 49
sich in solcher Tiefe von Nord her bis nahe an den oben bezeichneten
sabmarinen Rücken. Auf der südlichen Seite desselben sind die Tiefen
des Atlantischen Oceans durchaus von warmem Wasser erfilllt, dessen
Temperatur am Boden über 0 ® C. , nämUch durchschnittlich 2,6 ® C.
beträgt. Dasselbe gilt auch noch von dem Wasser über dem Rücken
selbst, also von dem Wasser über dem Island-Färöer-Rücken , auf den
Färöer- Bänken, auf der ganzen Nordsee -Bank, in der Norwegischen
Kinne (an der Süd- und Südwestseite Norw^en's), auf den norwegischen
Küstenbänken und in den norw^ischen Fjorden bis zu den Bänken
von West-Spitzbergen. Auf der Nordseite jenes Querrückens hingegen
nimmt eine mächtige Masse eiskalten Wassers die Tiefe ein; dasselbe
hat eine Temperatur von 0 ® bis — 1,65 ® C. Doch fliessen auch hier
überall da, wo das Meer nicht selbst eistragend ist, die aus Südwest
kommenden warmen Oberflächenwasser hinw^.
Wie sich die submarinen Isothermen des Atlantischen Oceans in
der Tiefe längs des Bodens heben, um etwas nordöstlich vom E[anmie
des Rückens rasch an die Oberfläche gedrängt zu werden, so steigen
auch die unteren Isothermen von der Eismeertiefe auf die nördliche
Böschung des Rückens hinauf; die Isotherme von — 1 ^ C. gelangt
sogar noch über den. Scheitel des Rückens; das kalte Polarwasser
richtet also sein Haupt über das Niveau desselben empor, wird aber
offenbar von dem warmen atlantischen Wasser zurückgehalten. Dringt
denmach auch das kalte arktische Wasser nicht in den Atlantischen
Ocean ein, so macht es sich doch über dem Rücken , namentUch über
semem nördlichen Abhang durch eine stark abkühlende Wirkung bis
an die Oberfläche bemerklich (vgl. hierzu Petermann's Mittheilun-
gen 1878, Taf. I, Durchschnitt 1).
Hieraus erklärt sich, warum man in der Meerenge zwischen dem
Norden Schottland's und der Gbtippe der Färöer oft unter gleich stark
erwärmter Oberfläche an zwei benachbarten Stellen in gleicher Tiefe
die grössten Temperaturg^ensätze gefunden hat, wie num dies aus
folgender Tabelle ersieht:
Seetiefentemperaturen
auf warme^ Strecken. auf kalten Strecken.
Tiefe in Faden. Wfirme in »C. Tiefe in Faden. Wärme in »C.
0
11,1'
0
11,1»
150
8,3 •
100
8,9»
420
7,8«
250
3,3»
550
6,7«
320
0,0»
600
6,1»
450
— 0,6»
700
5,6 0
600
-1,1»
750
5,3«
640
1,3»
tschel-Leioo
ildt. Phn. Erdkiua«. O.
i
50 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Auf warmen Strecken sank also die Temperatur durchsdmitdich
auf c. 130 Faden Tiefe um 1 ^ C, auf kalten Strecken hingegen schon
auf etwas über 50 Faden Tiefe. Beide Temperaturreihen unterschdden
sich übrigens auch dadurch von einander, dass die erstere in der oberen
EÜÜlfte, die letztere in der unteren eine relativ langsame Wärmeabnahme
zeigt Die kalten und warmen Seetiefen rückten oft hart neben einan-
der und waren meist nur 4 geogr. Meilen von einander entfernt; wo
jedoch die Tiefen rasch abfielen, genügten bisweilen schon IVs S^ogr.
Meilen, um diesen Gegensatz hervorzubringen.
Höchst eigenthümlich sind die Temperaturverhältnisse in allseitig
umschlossenen Meerestheilen. Besitzt die Pforte zu einem solchen eine
geringe Tiefe, so können nur diejenigen Sdiichten desselben einen Aus-
tausch mit den oceanischen Wassern eingehen, welche über dem Niveau
jener Schwelle li^en. Die Wassermassen unterhalb desselben sind
völlig von dem Verkehr mit dem Ocean abgeschlossen; ihre Temperatur
wird also durch das örtliche Minimum der Oberfläche oder durch die
Wärme an der EingangsschweUe bestimmt. Daher findet die Tem-
peraturabnahme im Niveau dieser Schwelle ihre Grenze; weiter abwärts
hat das Wasser überall fast genau dieselbe Wärme. Insbesondere wurde
dies durch die zahlreichen neueren Tiefentemperaturmessungen in den
Fjorden klar erwiesen'). Aus denselben hat sich ergeben, dass die
Bodentemperatur in den südlichen norw^ischen Fjorden über 6 ^ C.
ist, dass sie sich weiter nordwärts zwar vermindert, aber selbst in Hn-
marken noch mehr als 3 ® C. über Null beträgt In dem südlichen
Norw^en bis zum NordQord ist die Tiefentemperatur d^ Fjorde von
der jährlichen Mitteltemperatur der Luft nur wenig verschieden; weiter
nordwärts aber ist sie stets höher als dieselbe (im OfotenQord und
Varangerfjord sogar mehr als 4 ^ C), woraus nicht bloss deutlich her-
vorgeht, dass die den Fjorden vorgelagerten Bänke (vgl Bd. I, S. 480 C)
dem kalten arktischen Wasser den Eintritt verwehren, sondern dass
sogar warme Strömungen rdche Wärmemengen zuftihren müssen.
Im grösseren Massstabe b^egnen wir ähnUchen Verhältnissen im
Mittelmeere, das ja ebenfEdls nur einen seichten, kaum 200 Faden
tiefen Fiingang besitzt Hier herrscht in einer Tiefe von 200 bis 2100
Faden eine nahezu gleichförmige, constante Temperatur von 12,2 bis
12,8 ^ C. '), während in dem benachbarten Atlantischen Ocean in glei-
cher Tiefe nur eine Temperatur von 3 ^ C. gefunden wird. Im Winter
^) H. Mohn: Die Temperatar-Verhältniase im Meere zwischen Norwegen,
Schottland, Island and Spitzbergen in Petermann's Mittheilnngen 187H.
S. 427 ff.
*) Carpenter in den Proceedings of the R. Geogr. Society. Vol. XVIII
(1874), p. 320.
III. Die Temperatur des Meeres. 51
hat hier das Wasser sogar von der Oberfläche bis zum Grande hinab
fast genau dieselbe Temperatur. Endlich zeigt auch das Wasser im
Busen von Mexico nach A. Agassiz' Ermittelungen von 600 bis
1920 Faden Tiefe hinab eine constante Temperatur von 4,2 ® C. '). Nur
im Pontus und in der Ostsee dürfen wegen der viel niedrigeren Minima
und zeitweiliger Eisbildung wesentlich andere Verhältnisse erwartet
werden.
Die Tiefentemperaturen der Südsee*) erinnern in manigfacher
Hinsicht lebhaft an diejenigen des Atlantischen Oceans. Wie in diesem,
so besteht auch in der Südsee die ganze Wasseimasse aus zwei leicht
unterscheidbaren Abtheilungen: einer oberen Schicht von verhältniss-
massig geringer Tiefe, deren Temperaturen sich nach unten rasch ver-
mindern und ausserdem nicht selten örtlich ihren Charakter wechseln, und
einer mächtigen Wassermasse, welche bis zum Meeresboden hinabreicht
und durch eine nahezu gleichmässige Temperatur ausgezeichnet ist. Oefter
ist es schwer, diese beiden Abtheilungen scharf von einander zu trennen ;
doch darf die submarine Isotherme von 5 ^ C. im allgemeinen als
Grenzlinie zwischen beiden betrachtet werden. Bis zu dieser Linie
hinab werden die Temperaturen allem Anschein nach vorwi^end durch
Ursachen regulirt, welche auf die Oberfläche wirken, also durch Son-
nen- und Luftwärme, sowie durch Oberflächenströmungen. Oberhalb
der Tiefe von 200 Faden erscheint der nordpacifische Ocean hinsicht-
lich seiner Temperaturen vor dem südpacifischen Ocean b^ünstigt.
Der Gang der Isotherme von 5^0. weicht von der horizontalen Rich-
tung bereits wenig ab; denn sie liegt durchweg zwisch^i 400 und 500
Faden Tiefe. Nur in der Aequatorialr^on sinkt sie bis zu einer Tiefe
von 625 Faden herab (jedenfalls durch Vermischung der unteren
Wasser mit der oberen, stärker erwärmten Wasserschicht), während
sie sich unter 40 ^ n. Br. bis 300 Faden erhebt (wahrsdieinlich in
Folge der Au&tauung von^ kaltem Wasser g^en die arktische Land-
barri^re). Die nächsten drei Temperaturgrade verlieren sich in stetig
sich erweiternden Abständen in den nächsten 700 Fad^i Tiefe; denn
die Isotherme von 2 ^ C. hat einen ziemlich ebenen Verlauf in einer
Tiefe von 1100 Faden. Jedenfedls ist die Temperatur der Wassermasse
zwischen 200 und 1500 Faden Tiefe im Nordpadfic ein wenig nied-
riger als im Südpadfic. In einer Tiefe von 1500 Faden herrscht
*) Bull, of the Museum of Compar. Zoology at Harvard College. VoL V,
Nr. 1, p. 1—8 (Cambridge 1878).
*) VgL Wyville Thomson: Preliminary Report to the Hydrographer
of the Admiralty on some of the Resalts of the Craise of H. M. S. „Chal-
lenger^' between Hawaii and Valparaiso, dat aus Valparaiso 5. Decbr. 1875.
S. 462—470. Annalen der Hydrographie 1876, S. 136—142. 230—239.
4»
52 Dritter Theil. Die Wasser - und Lufthülle der Erde.
vom 40. Qtsä n. Br. bis 40. Grad s. Br. nahezu dieselbe Temperatur
(1« bis 1,8« G, im Mittel 1,5« C); im Südpadfic betragt sie etwas
mehr (1,6® C.) als im Nordpaeifie (1,4« C). Auf dem Grunde de»
Oceans ermittelte man zwischen 40« s. und 40« n. Br. eine Tem-
peratur von 0,5 bis 1,9« C. Obwohl die Tiefe des Stillen Oceans von
Süd gegen Nord fest um 1000 Faden wächst (vgl Bd. I, S. 417 f.),
so er&hrt doch die Bodentemperatur von Süd nach Nord eine allmäh-
liehe Erhöhung; die Bodentemperaturen schwanken nämlich im Süd-
padfic zwischen 0,5 und 1,4« C. und im Nordpaeifie zwischen 0,7 und
1,9 «C. Ebenso findet eine sehr geringe Zunahme der Bodentemperatur
von West nach Ost statt; doch sind oberhalb dner Tiefe von 700
Faden die westlichen Theile beider oceanischen Hälften höher erwärmt
als die östlichen. In allen dies^ Fällen erkennen wir Analogien zu
den Temperaturverhältnissen der atlantischen Wasser.
Auch fiir die Südsee gilt, was oben bereits ftir den Atlantisdien
Ocean zu beweisen versucht wurde: dass nämlich ihr Bodenwasser aus
dem antarktischen Ocean stammt Unzweifelhaft gelangt es aus einer
kalten Quelle durch Bewegung hierher; denn es ist vid kälter als die
mittlere Wintertemperatur des Areals, welches es bedeckt Speddl
auf die Herkunft aus dem antarktischen Meere deutet das allmähliche
Steigen der Bodentemperatur nach Norden, sowie der Umstand, dass
gar keine adäquate Quelle fiir eine derartige Wassermasse im Norden
vorhanden ist; denn der einzige Zugang zum nördlichen Eismeer ist
nicht bloss sehr schmal, sondern auch nur 40 Faden tief und wird
ausserdem zum Theil durch eine nach Nord gerichtete Strömung er-
füllt Die drei Strömungen aus der Odiotskischen und der Berings-
See aber vermögen ebenso wenig jenes dsige Grundwasser herb^-
zuftihren, weil die genannten Bandmeere durch submarine Wälle von
dem offenen Stillen Ocean geschieden sind. Die Ablenkung, wdche
das kalte Bod^iwasser nach Westen er&hr^ hat jeden&Us darin ihren
Grund, dass jenes antarktische Wasser aus Brdten geringer Drdiung»-
geschwindigkdt in solche höherer Drehungsgeschwindigkdt gelangt und
somit nach West hin zurückUdbt
Veigldchen wir die Tiefentemperaturen des Stillen und Atlantischen
Ooeans mit einander (s. die Querschnitte in Wild's Thalassa, Plate 9
und 19), so ei^ebt sich, dass der südpadfische Ocean wenigstens in
seiner oberen Hälfte wärmer ist als der südatlantische, während die
bdden nördlichen Hälften in ihrer ganzen Masse gerade das umgekehrte
Verhältniss zeigen. Es sdieint uns, als ob im Atlantischen Ocean der
mächtige Arm der südlichen Aequatorialströmung, wdcher sdnen W^
in das nordatlantische Becken nimmt, in erster Linie dazu bdtriigty
dieses Meer in Hinsicht auf seine Wärmeverhältniase zum Nachtfaefl
III. Die Temperatur des Meeres. 53
des Büdatlantischen Oceans zu begünstigen. Im Stillen Ocean besteht
ein derartiger UebergrüF nicht; daher sind seine beiden Hälften gleich-
massiger erwärmt.
Schliesslich sei noch erwähnt, dass auch der Stille Ocean, gleich
dem Atlantischen, Eandmeere besitzt, welche durch submarine Barriä:«n
vor dem Eindringen des kalten Tiefseewassers geschützt und deshalb
bis zum Grunde mit warmem Wasser erftillt sind. So hat die Celebes-
See von 800 bis 2600 Faden Tiefe gleichmässig eine Temperatur von
3,7 bis 3 ® C. Noch seichter muss die Schwelle der Sulu- oder Mindoro-See
sein; denn von 400 bis 2550 Faden Tiefe beharrt hier die Temperatur bei
10,2^ C. Hingegen mag das Südchinesische Meer diunh einen tieferen
Canal (wahrscheinUch zwischen Luzon und Formosa) mit der Südsee
communiciren, da die Temperaturabuahme erst in einer Tiefe von
1000 Faden aufhört, unterhalb welcher die Temperatur des Wassers
bis zu 2100 Faden Tiefe 2,4 » C. bleibt i). Aehnliches gilt von der
Banda- und der Melanesia - See (Korallen -Meer), sowie von dem
Meerestheile zwischen den Admiralitäts- Inseln bei Neu -Guinea und
Japan. Der letztere ist durch einen unterseeischen Wall, welcher
durch die Bonin -Inseln imd die Marianen bezeichnet wird, von der
allgemeinen oceanischen Cärculation abgeschnitten, weshalb sich hier
von 1500 bis 4575 Faden Tiefe unverändert ^ine Temperatur von
1,3 ö C. vorfindet
lieber die Tiefentemperaturen des Indischen Oceans sind wir
viel weniger unterrichtet als über die des Atlantischen und Stillen
Oceans*). Der südlichste Theil ist von dem „Challenger" und der
„Gazelle'^, der Baum zwischen Mauritius und Westaustralien von der
letzteren allein durchforscht worden; fast für den ganzen nördlichen
Theil hingegen fehlen uns neuere Untersuchungen. Wir besitzen dem-
nach zur Zeit nur ein sehr lückenhaftes Bild von den Temperatur-
verhältnissen dieses Oceans.
Südöstlich vom Caplande, zwischen diesem und den Macdonald-Inseln
(53 V/ 8. Br.), haben die Bodenwasser in Tiefen von 1600 bis 1900
Faden eine Temperatur von 1,7 bis 0,8® C. Zwischen 60 und 66®
s. Br. und 80 bis 90 ® ö. L. v. Gr. wurde eine Schicht kalten Wassers
(bis — 1,7® C.) in einer Tiefe von 30 bis 200 Faden zwischen wär-
merem Oberflächenwasser und wärmerem Grundwasser beobachtet.
*) J. J. Wild, Thalassa. London 1877. p. 107 sq. Plate 16.
*) Vgl. hierzu Report Nr. 2 on Ocean Soondings and Temperatures of
U. M. S. „Cballenger**; Annalen der Hydrographie 1874, S. 263 — 268; 1875,
S. 405—419.
54 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Freilich sind die am Bord des y^ChaUenger'^ gebrauchten Miller-CaseDa'-
sehen Thermometer wenig zum Nachweis kalter Zwischenschichten ge-
eignet; es bedarf demnach jenes Ei^bniss noch der Bestätigung spä-
trer Messungen, wobei N^retti-Zambra'sche Umkehrungs-Thermometer
angewandt werden müssten.
Nach den Ermittelungen am Bord der „Ghisselle^' li^en zwischen
Mauritius und West- Australien, je nach Massgabe der Bfeite, die Iso-
therme von 15 « C. zwischen 20 und 120 Faden Tiefe, die von 10 " C.
zwischen 300 und 500 Faden, die von 5^ C. zwischen 500 und
700 Faden und die von 2,5 <> C. zwischen 700 und 1100 Faden Tiefe,
während die Bodenwasser ziemlich gleichmässig die Temperatur 0,7
bis 1,8^ C. zeigen. Offenbar stammen diese kalten Grundwasser ans
den antarktischen Meerestheilen. Verhfiltnissmässig hohe Bodentempe-
raturen finden sich in dem durch eine submarine Schwelle von dem
offenen Ocean getrennten Rothen Meere.
Die Hauptresultate der neueren Tiefseetemperaturmessungen sind
demnach folgende:
Die Temperatur des Oceans nimmt von der Oberfläche bis zum
Meeresboden ab und zwar sehr rasch bis zu 80 Faden Tiefe, d. h.
bis dahin, bis wohin Luft- und Sonnenwärme wirken, dann langsamer
bis zu einer Tiefe von c. 600 Faden, wo die mittlere Wärme des
Meeres etwa 4® C. beträgt, am langsamsten aber in noch grösseren
Tiefen. Am Grunde des Oceans herrscht in der ganzen tropischen
und gemässigten Zone eine Temperatur von 0 bis 2^ C; in den
Polargebieten sinkt sie bis über — 2^0. herab. Demnach sind die
Temperaturdifferenzen am Meeresgrunde äusserst geringfügig, während
sie an der Oberfläche zwischen -\- 3^^ und — 3 ® C. schwanken.
Die Bodentemperaturen des Oceans sind in der heissen und in der
gemässigten Zone meist wesentlich niedriger als die Oberflächentempe-
raturen des Wassers an gleicher Stelle im kältesten Monat Es ist
daher kaum zu bezweifeln, dass die kalten Grundwasser des Oceans
aus höheren Breiten hierher gelangen. Sie werden übrigens nicht her-
beigefllhrt durch die relativ wenig mächtigen polaren Strömungen, son-
dern durch ein langsames Vorwärtsdringen d^ gesammten untenan
Wassermassen. Diese Bewegung vollzieht sich um so freier und
leichte, je tiefer der Ocean ist, je weniger submarine Anschwellungen
ihr enig^entreten. Die Tiefen- und Bodentemperaturen des Stillen
und Indischen Oceans sind im Vo^leich zu denen des Atlantischen
Oceans niedriger, was sich aus der leichteren Zugänglichkeit dieser
Meere von Süd her erklärt. Ebenso hat die Erhöhung der Boden-
temperatur nach Nord hin, wie sie im Atlantischen, Stillen und Li-
III. Die Temperatur des Meeres. 55
dischen Ocean beobachtet worden ist, darin ihren Grund, dass die
Communication der beiden ersteren mit dem nördlichen Eismeer eine
sehr beschränkte ist und iiir den letzteren eine solche überhaupt nicht
existirt, während nach Süd hin weite und tiefe Thore den Eintritt der
antarktischen Wasser gestatten^).
*) VgL hierzu die bereits mehrfach erwähnte treffliche Arbeit von Georg
V. Boguslawski in Behm's Geographischem Jahrbuch. Bd. YII (1878),
S. 496 — 549.
IV. Darstellung der Meeresströmungen.
(Vgl. Fig. 6.)
Wie in Hinsicht auf seine Temperatorverhältnisse, so ist auch be-
zügKch seiner Strömungen der Atlantische Ocean, insbeson-
dere das nordatlantische Becken am besten erforscht Wir beginn^i
daher mit der Betrachtung der atlantischen Strömungen und lassen
diesen die des Stillen und Indischen Ooeans folgen«
1. Die Strömungen des Atlantischen Oceans. Zu
beiden Seiten des Aequators ziehen zwei Strömungen von Ost nach
West über den ganzen Ocean: die nördliche und südliche
Aequatorialströmung. Zwischen ihnen bewegt sich, beide von
einander trennend, die Guineaströmung in en^^engesetzter Sich-
tung, also von West nach Ost, der afrikanischen Westküste zu^).
Der Südrand der südlichen Aequatorialströmung fidlt etwa mit
dem 10. Orad s. Br. zusammen; ihr Nordrand hingegen liegt im Osten
in der Bucht von Biafia und zwar ein wenig nördlich vom Aequator,
erhebt sich aber unter dem 30. Meridian (w. v. Gr.) bis zum 5. Grad n. Br.
Uebrigens verharrt diese Strömung nicht zu allen Jahreszeiten in der-
selben Lage, sondern weicht im März um nahezu 2 Grade nach Süden
zurück. Doch wird sie auch in ihren östlichen, am weitesten gegen
Süd vorgeschobenen An&ngen wohl niemals ganz auf die südliche
Halbkugel zurück gedrängt, wie dies aus der eigenthümlichen Bildung
des Ogowai-Delta's und des Cap Lopez deutlich hervorgeht^). Noch
stärker oscillirt die nördliche Aequatorialströmung nach Süd und Nord«
Sie reicht in ihrem östlichen Theile im März vom 5. bis zum 15. Grad
^) Vgl. zu dem Nachfolgenden die Tortreff liehen Arbeiten von C. Kolde-
wej in den Annalen der Hydrographie 1875, S. 133 ff., 166 ff. und Otto
Krummel, Die äquatorialen Meeresströmungen des Atlantischen Oceans.
Leipzig 1877. S. 21 ff.
*) Vgl. Oscar Peschel, Neue Probleme. 3. Aufl. Leipzig 1878. S. 137
und Otto Krümmel, Die äquatorialen Meeresströmungen. S. 27.
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IV. Darstellung der Meeresströmungen. 57
n. Br.y während ihre beiden Ränder im September bis zum 10. ^ resp.
20. Grad nach Norden vorrücken.
Die südliche Aequatorialströmung theilt sich an dem Osthome
Brasilien's, bei Cap San Roque, in einen südlichen und nördlichen Arm,
von denen der erstere an der Ostküste Brasilien's gegen Süden fliesst^
während dem letzteren durch die Nordostküste Brasilien's der Weg
nach Westnordwesten vorgezeichnet ist. Im Verein mit diesem ergiesst
sich dann die in gleicher Richtung vorwärts dringende nördliche
Aequatorialströmung theils in das Caraibische Meer, theils in den Raum
immittelbar nördlich desselben. Die Stärke des Stromganges wechselt
innerhalb der beiden Aequatorialströmungen sowohl nach der geogra-
phischen Breite wie nach den Jahreszeiten. Das Maximum (meist 16
bis 24 Seemeilen ^) in 24 Stunden) findet sich in der Nähe des Aequa-
tors, also in der südlichen Aequatorialströmung, das Minimum (9 bis
16 Seemeilen in 24 Stunden) in der Nähe des 10. Grades nördlicher
und südlicher Breite, also an dem Rande der beiden Strömungen.
Perioden hoher Stromstärke sind Juni und Juli, sowie December und
Januar, also diejenigen Zeiten, in denen die Sonne senkrecht über den
Wendekreisen steht; doch gehört das Hauptmaximum den Monaten
Juni und Juli an. Krümmel berechnet als mittlere Bewegungsstärke
der südlichen Aequatorialströmung flir den Zeitraum von 24 Stunden
einen Werth von 16,2 Seemeilen, für die nördliche, für welche weit
weniger gute Beobachtungen vorliegen, 13,1 Seemeilen*). Die süd-
liche Aequatoriaktrömimg besitzt demnach eine viel grössere Stärke
als die nördliche. Im Vergleich zur Guineaströmung darf man die
Aequatoriaktröme ab kalte Strömungen betrachten.
Die Guineaströmung wurde bis in die Mitte dieses Jahrhun-
derts in ihrer eigentlichen Bedeutung gänzlich verkannt. Noch James
Renneil sah sie als die Fortsetzung der nordafnkanischen Strö-
mung an, welche er von der Küste Senegambien's aus nach Südosten
und Osten in den Guineabusen führte und in der Bucht von Benin
eines „natürlichen Todes verscheiden" Kess^). Maury leitete sie so-
gar die ganze Westküste von Südamerika entlang bis über das Cap
der Guten Hoffnung hinaus*). Erst Alexander Findlay wies ihr
den richtigen Raum an, indem er sie keilartig zwischen die beiden
Aequatorialströmungen einschaltete und zwar so, dass sie etwa in der
^) 4 Seemeilen =» 1 geogr. Meile.
*) Die erste Zahl nach Otto Krümmel, 1. c. S. 28, die letztere nach
einer brieflichen Mittheilung desselben Autors.
") James Rennell, Investigation of the Corrents of the Atlantic Ocean.
London 1832. p. 44.
^) Bl F. Maury , Physical Geographj of the Sea. i^^ ed. London 1877.
Plate IX.
58 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthalle der Erde.
Mitte des Ooeans und einige Grade nördlich vom Aequator begann,
nach Osten za sich fiteherartig erweiterte nnd bei ihrem Stoss auf die
Westküste Afrika's sowohl nach Norden, wie nach Süden auswich^).
Auch die Guineaströmung erleidet eine periodische Verschiebung
und zwar sowohl des Angelpunktes wie der Oeflnung jenes Fächers,
wie dies aus folgenden Angaben hervorgeht^):
Nord- und Südponkt des
Monat Anfangspunkt im Westen. Fächers unter 20" w.
L. V. Gr.
Mätz . . . . • 270 w. L. V. Gr. 8« n. Br. 2«— 8«
Juni . . . . 31« „ 5« „ 30 — 8«
September . . 37» „ 8« „ 3«— 10«
December . . 47« „ 6« „ 4<> — 10<>
Der Anfangspunkt d^ Strömung rückt im Februar am weitesten
nach Osten (25 % im October am meisten nach Westen (50 ^) ; seine
südlichste Lage erreicht er im Februar (2^ n. Br.), seine nördlichste
im März, September und November (8^ n. Br.). Eine klare karto-
graphische Darstellung jener periodischen Schwankungen der Meeres-
strömungen in der AGtte des atlantiBchen Beckens gewähren uns die
vier Kärtchen auf Tafel I zu ErümmeTs Aequatorialen Meeres-
strömungen, welche das von den genannten Strömungen im März, Juni,
September und December eingenommene Areal genau bezeichnen«
Nach den englischen Tabellen (Currents and Sur&ce Tempera-
tures etc., p. 25) erlangt die Guineaströmung im August das jVfaximuni
ihrer Entwicklung, also unge&hr zu derselben Zeit, in welcher die
äquatorialen Stömungen am weitesten nach Norden vordringen; hin-
gegen verliert die Guineaströmung am meisten an Bedeutung im Monat
Februar, wo dieselbe erst östlich vom 25. Grad w. L. v. Gr. bemerkt
wird und unter 20^ w. L. v. Gr. nur eine Breite von 3 Meridian-
graden besitzt Die durchschnittliche Geschwindigkeit der Strömung
beträgt 15 Seemeilen in 24 Stunden; doch steigert sich dieselbe an der
Küste von Guinea nicht selten bis zu 25 Seemeilen. Auch ist ein
Wechsel derselben innerhalb der jährlichen Periode, namentlich ein
Maximum im Juli und August nicht zu verkennen. Hinsichtlich ihrer
Temperatur gilt die Guineaströmung als eine warme Strömung; ins-
besondere enthält sie im März reiche Wärmeschätze, weshalb zu dieser
Zeit die Oberäädientemperatur im Busen von Guinea bis auf 29 ^ C.
steigt In den übrigen Jahreszeiten tritt dieser Charakter weniger
scharf hervor. Ihre höhere Temperatur erklärt sich dadurch, dass die
1) A. 6. Findlay, Chart of the North Atlantic Ocean. 1850.
') Currents and Sor&ce Temperatores of the North Atlantic Ocean firom
the Equator to lat 40 *N., pnbL by the Anthority of the Meteorological Com-
mittee, Nr. 12 (London 1S72), p. 25.
IV. Darstellong der MeeresströmoDgen. 59
Wasserthefle, welche sie bewegt, aus den Aequatorialströmungen stam-
men und somit zum zweiten Haie unter tropischen Breiten den Weg
über den Atlantischen Ocean nehmen« Sie emp&ngen denmach auch
doppdt soviel Sonnenwärme als die Wasser der Aequatorialströme ^).
Die nördliche Aequatorialströmung führt in ihrem weiteren Ver-
laufe an der Nordküste Südamerika's hin und ergiesst sich mit ihrer
Hauptmasse als Caraibische Strömung durch die Inselguirlande
der kleinen Antillen in das Caraibische Meer. Ein schwächerer Seiten-
arm fliesst an der Nordseite der nach West umbiegenden Inselreihen
vorüber und bleibt demnach im freien Ocean. «
Die Existenz der letzteren Strömung, welche filUier häufig ganz
übersehen wurde, bezeugen nicht bloss die dortigen Meerestemperaturen^
sondern auch directe Beobachtungen des Stromganges. So fand Ir-
minger mit Aimä's submarinem Stromweiser an derselben Stelle
(unter 25» 4' n. Br. und 65» 41' w. L. v. Gr.) in c. 500 Faden
Tiefe zweimal eine nordwestliche Strömung'), und in die Karten des
Meteorological Office sind noch zahlreiche andere Beobachtungen ein-
getragen, welche das Vorhandensein jener Strömung bestätigen*)*
Krümmel bezeichnet dieselbe als Antillenströmung im Gegen-
satz zu der in das Caraibische Meer eindringenden Caraibenströmung.
Die letztere bahnt sich durch den Canal von Yucatan einen Weg
in den Busen von Mexico, beschreibt innerhalb desselben einen der
Ufergestaltung entsprechenden kreisförmigen Weg, um dann durch die
Enge zwischen der Bahamabank und der Halbinsel Florida wieder in
den freien Ocean hinauszueilen.
Von demjenigen Punkte ab, wo diese Strömung die Floridastrasse
passirt, um zuerst in nördlicher imd dann in nordöstlicher Richtung
den Atlantischen Ocean zu durchziehen, wird sie auf unseren Kai-ten
gewöhnlich „Golfstrom" genannt. Dieser Ausdruck verbreitete sich,
wie J. G. Kohl in seiner Geschichte des Golfstromes gezeigt hat, um
die Mitte des vorigen Jahrhunderts und verdrängte nach und nach den
älteren Namen „Floridastrom''; indessen dürfte es zweckmässig
sein, den letzteren zu Gunsten einer schärferen Begrenzung des Be-
griffes Gol&trom wieder zu erneuern. Das Wort „Golfstrom" braucht
nämlich, wie Carpenter^) mit Recht bemerkt, &ßt jeder Geograph
in anderem Sinne. Petermann ^) schlägt deshalb folgende Verwen-
dung der beiden Ausdrücke vor, worin wir uns ihm gern anschliessen :
*) 0. Krümmel, 1. c S. 29.
*) Zeitschrift für Allgemeine Erdkunde. Berlin 1854. Bd. III, S. 173.
') Siehe Corrents and Snrface Temperatures etc. General Current Chart.
*) Proceedings of the R Geogr. Society. Vol. XVIII (1874), p. 367.
'^) Petermann*8 Mittheilungen 1870, S. 202.
60 Dritter Theil. Die Wasser - nnd Lufthülle der Erde.
Der Floridastrom ist die aus der Floridastrasse hervorbrechende Strö-
mung^ weiche die amerikanische Küste entlang bis Cap Hatteras fliesst
und dann, den Südrand der Neufimdlandbank berührend, nach Osten
zu ihren Weg nimmt, quer über den Atlantischen Ocean. Dieselbe
erstreckt sich bis dahin, bis wohin die Wirkungen des Floridaapparats
deutlich hervortretm, nämlich etwa bis zum 40. Grade w. L. v. Gr. ^).
Die in ihrer Verlängerung liegende Strömung, welche noch weiter nach
Nordosten vordringt, ist nicht als ein Ausläufer des Floridastroms za
betrachten, sondern als eine Fortsetzung der AntiUenstrOmung, wdche
etw% bis zum 40. Grad w. L. v. Gr. vom Floridastrom überdeckt
wird und hier erst, nachdem dieser sein Ende erreicht hat, zur vollen
und alleinigen Geltung gelangt Dieses warme, nordostwärts sich be-
w^ende Wasser östlich vom 40. Grad w. L. v. Gr. bezeichnen wir
mit Petermann als „Gol&trom''.
Dass das angedeutete Verhältniss zwischen Florida- und Golfstrom
wirklich besteht, lehrt schon eine von Findlaj angestellte Berech-
nung, welche zu dem Kesultate fcünrte, dass alles durch die Bemini-
Engen ausströmende Wasser, wenn es im nordatlantischen Becken über
die vom Gol&trom eingenommene Fläche ausgebreitet würde, höchstens
eine Wasserschicht von 6 Zoll (15^4 Centimeter) Dicke liefern würde.
Namentlich aber wird die Richtigkeit der obigen Behauptung durch
die am Bord des „Challenger'' ermittelten Tie&eetemperaturen klar er-
wiesen. Es zeigte sich nämlich, dass der Floridastrom nur eine Tiefe
von etwa 100 Faden habe und auf dem Meridian von Halifitx ein
Delta bilde '). Unter diesem zieht, wenn auch in langsamerem Tempo,
eine im Vergleich zum Floridastrom zwar kühle, aber im Vergleich zu
den Wassermassen der benachbarten Meeresthdle warme Strömung
nach Nordosten: die Fortsetzung der Antillenströmung und zugleich
die wahre Quelle des in nördliche Breiten sich ergiessenden Gt>l£Btromes.
lieber die Enstenz des Floridastromes war berdts Anghiera
im Anfang des 16. Jahrhunderts unterrichtet ^). Amerikanische Fischer
wussten jedenfidls schon im 16. und 17. Jahrhundert Genaueres über
seinen Verlauf. Ak Benjamin Franklin im Jahre 1770 in Lon-
don verweilte, ergab sich aus einer Denkschrift, welche an das Ca-
binet gelangt war, dass bei den nordatlantischen Ueberfiüurten die
>) Vgl. hierzu Taf. XII in PetermannU Mittheilongen 1870 (Isotherme
von 20 "^ R).
*) H. M. S. Challenger. Reports of Capt G. S. N a r e s. With abstract of soon-
dings and diagrams of Ocean Temperatore in North and Soath Atlantic Oceans.
1>73. § 17, p. 7. Petermann's Mittheilungen 1674, S. 296 und Tal XV,
Querschnitt 1 und 2.
*) Anghiera, De rebus oceanicis et orbe novo. Bat. 1523. Dec. WL
Lib. VI, p. 57.
IV. Darstellang der Meeresetrömangen. 61
amerikanischeii Segelschiffe immer um 14 Tage fiiiher in ihrer Hei-
math eintrafen als die britischen. Franklin erkundigte sich darüber
bei einem Walfischfänger aus Nantucket, und dieser ertheilte ihm den
einfachen Aufschluss, dass die amerikanischen Schiffer genau mit dem
Floridastrom bekannt seien und ihn zu vermeiden wüssten, während
die britischen Schiffe immer direct gegen den Strom segelten. Im
Jahre 1775 liess sich Franklin von amerikanischen Seeleuten Karten
des Floridastromes entwerfen, hielt sie jedoch aus politischen Grtlndcn
bis 1790 geheim. Als er dann das erste geographische Bild des Flo-
ridastromes veröffentlichte, wurde die Kenntniss desselben allgemein.
Der Moridastrom hat von seinem Austritt aus dem Busen von
Mexico bis Cap Hatteras eine geringe Breite. In den Engen von Be-
mini beträgt dieselbe g^en 32 Seemeilen (8 geogr. Meilen) und Ost-
lich von Cap Hatteras 75 Seemeilen (18% geogr. Meilen); doch wächst
äe weiterhin bis zu mehr als 150 geogr. Meilen. In den „Narrows",
d. i. in den Engen von Bemini ist der Floridastrom kaum 200 Faden
tief; dazu verliert er nach Norden hin an Tiefe, was er an Breite ge-
winnt; seine Tiefe ist daher bei Cap Hatteras kaum grösser als 100
Faden. Die Geschwindigkeit des Ausflusses ist natürlich in den Be-
mini-Engen am bedeutendsten, und zwar ist das Jahresmittel der täg-
lichen Geschwindigkeit gleich 48 engl. Meilen (12 geogr. Meilen); sie
erreicht jedoch ein Maximum im Juli (73,6 engl. Meilen = 18,4 geogr. M.),
ein Minimum aber im August (30 engl. Meilen = 7,5 geogr. M.)*).
Bei Cap Hatteras vermindert sie sich um ein Viertel und weiterhin tun
mehr als die Hälfte. Diese Zahlen beziehen sich auf die Strömung
an der Oberfläche; doch findet in der Tiefe eine Verzögerung der
Wasserbewegung statt, so dass ako der Mittelwerth derselben noch
niedriger sein dürfte als 48 Seemeilen. Indem CrolP) für den Florida-
strom eine Breite von 50 Seemeilen, eine Tiefe von 1000 engl. Fuss
(167 Faden) und eine stündliche Gteschwindigkeit von 4 Seemeilen
(= 1 geogr. Meile) annimmt^), berechnet er, dass derselbe in
der Stunde 5 575 680 Millionen Cubikfuss (engl.), am Tage also
133 816 320 Millionen Cubikfuss Wasser fortwälzt Wird diese Wasser-
*) Carpenterin den Proceedings of the R Geogr. Society. Vol. XVIII
(1874), p. 401. Die für August wie für die meiBten der übrigeD Monate bis
jetzt ermittelten Stromgeschwindigkeiten besitzen einen geringen Werth, weil
sie nur aof wenige Beobachtungen sich stützen und ganz regellos variiren.
Zuverlässiger^ weil auf eine grössere Anzahl von Messungen gegründet, sind
nur der März-, April- und Juliwerth (48,0, 49»7 und 73,6 Seemeilen in 24 Stun-
den). Vgl die Stromkarten zu den Currents und Surface Temperatures etc.
*) Nach dem Philosophical Magazine, Fbr. 1870, p. 3 sq. in C. Wyyiile
Thomson, The Depths of the Sea. 2^ ed. London 1874, p. 881.
') Sowohl das erste als auch das dritte Mass ist sicher zu gross.
62 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
maase auf ihrer Wanderung nach Korden von einer Mitteltemperatur
von 18 ^ C. zu einer solchen von 4,5 ^ C, also um 13,5^ C. abgekühlt,
«0 ist die gesammte Wärmemenge, welche an jedem Tage auf diese
Weise polwärts getragen wird, gleich 154 959 300 000 000 Millionen
Fusspfimden, ein ungeheurer Werth, selbst wenn derselbe um die Hälfte
reducirt werden müsste.
Die Oberflächentemperatm*en des Floridastromes sind im März am
niedrigsten, im September am höchsten. Im März beobachtet man von
den Beminiengen bis zur Breite von Tallahassee (Häuptort der Halb-
insel Florida) 25 ® C. , in der Breite von Cap Hatteras 23 ° C. und
unter 40^ n. Br. (60^ w. L. v. Gr.) 19^ C. Im September hingegen
steigt die Temperatur in den Beminiengen bis auf 30 ® C. , in der
Breite von Cap Hatteras auf 29 » C. und unter 40 « n. Br. (60 ^ w. L.
V. Gr.) auf 26 ^ C. Die rasche Temperaturabnahme nach unten ist
ein Beweis dafür, dass der Floridastrom nur eine geringe Tiefe hat.
So vermindert sich seine Temperatur zwischen Sandy Hook und den
Bermudas-Inseln von der Oberfläche bis zu kaum 100 Faden Tiefe
um 6 0 C. (un Mai von 24 ^ C. bis zu 18 » C.) ; in dieser Tiefe liegt
an jener Stelle, wie uns ein Blick auf Tafel XV (Querschnitt 1) zu
Petermann's Mittheilungen von 1874 lehrt, die untere Grenze des
Floridastroms. In Tiefen von 600 bis 700 Faden sinkt die Temperatur
an jener Stelle auf 4 ^ C, in Tiefen von 1500 Faden auf 2,5 « C. und
am Meeresboden auf 1,6 bis 1,2^ C. herab.
Da das Wasser des Floridastroms in Folge seiner hohen Tem-
peraturen minder dicht ist als das des benachbarten Oceans, so erhält
es sich dadurch an der Oberfläche; ja es erhebt sich sogar nach
Maury's Ausdruck^) dachförmig über das Niveau des Oceans, so
dass ein Boot stets östlich oder westUch treibt, je nachdem es über
den östlichen oder westlichen Abhang des Floridastromes dahinzieht
Natürlich gilt dies nur von dem südwestlichen Theile des Stromes,
nicht von dem nordöstlichen; denn weiter nach Nordosten, wo sich der
Floridastrora, ein förmliches Delta bildend, in mehrere Arme theSt,
verliert er nach und nach die Energie der Bewegung und daher zu-
gleich die scharfe Begrenzung, sowie die dachförmige Wölbung. Auch
tritt der scharfe Contrast zwischen der tief indigoblauen Farbe des
Floridastromes und der grünen Farbe der benachbarten Meerestheile
wohl nur entlang der Küste von Florida und Carolina an der West-
seite des Stromes deutlich hervor, wo man nach Maury oft bemerken
kann, wie sich die eine Hälfte eines Fahrzeuges im Floridastrom, die
*) Maury, Physical Geography of the Sea. 16^^» ed. London 1877.
p. 39 sq.
IV. DarBtellong der Meeresströmungen. 63
andere im stromfreien Meere befindet (vgl S. 7). Wenigstens dürfte
das Vorkommen scharfer Grenzlinien zwischen blauem und grünem
Wasser im höheren Norden zu den Seltenheiten gehören^).
Südöstlich von der Insel Neu-Fundland, etwa unter dem 40. Grad
w. L. V. Gr., erreicht der Floridastrom sein Ende, und cte Fortsetzung
der Caraibischen Strömung, auf deren Rücken bis dahin der Florida-
strom dahinfliesst, gelangt nun ausschUessUch zur Geltung. Wir
bezeichnen dieselbe, wie bereits erwähnt wurde, mit dem Namen
Golfstrom. Der Hauptarm desselben ergiesst sich zwischen Island
einerseits, den schottischen Inseln und Skandinavien andrerseits in
das nördliche Eismeer. Ein schwächerer Zweig dringt in die Davis-
Strasse ein und envärmt die Westküste Grönland's bis zum Smithsund,
während ein anderer, etwas kräftigerer die Westküsten der iberischen
Halbinsel trifft, sich hierauf als Nordafrikanische Strömung
nach Süden wendet und bei den Capverde'schen Insehi in die nörd-
liche Aequatorialströmimg eintritt. Diese Ströme stellen also einen
grossen Bing dar, der im Süden beständig von Ost nach West, im
Norden von West nach Ost sich bewegt Mitten in demselben liegt eine
stille elliptische Fläche, das sogenannte Sargasso-Meer, welches, un-
geheuren oceanischen Wiesen vergleichbar, weithin mit Fucus natans
und anderen Seepfianzen bedeckt ist. Verwandehi die grossen Strö-
mungen das Meer in ein lebendiges Gewässer, so ist jener träge Theil
des Atlantischen Oceans einem Teiche ähnlich, der dem Pflanzenleben
besonders günstige Bedingungen zu seiner Entwicklung gewährt.
Unter den genannten Meeresströmungen ist keine so wichtig als
diejenige, welche die W^estküsten Europa's bespült: der eigentliche
Golfstrom. Er schenkt unserem Erdtheile die Vortheile eines Treib-
hausesy das durdi warme Wasser geheizt wird. Ihm verdanken wir
die Eislosigkeit der skandinavischen Westküsten, wie überhaupt das
milde Klima Europa's, somit die überaus hohe Cultur&higkeit dieses Con-
tinents; er hat demnach auch einen wesentlichen Antheil an der hohen
Entfaltung der europäischen Civilisation und ist also einer der bedeu-
tungsvollsten Factoren unter den physikalischen Einflüssen, welche die
Geschichte des Menschengeschlechtes bestimmt haben. Unzweifelhaft
bildet er zugleich „den Stamm oder den Hauptfluss der ganzen nord-
atlantischen Bewegung''^).
Nach der älteren Anschauung, die jedoch auch jetzt noch zahl-
reiche Vertreter hat, ist der Gol&trom an den Küsten von Schottland
^) Die zweite deutsche Nordpolar&hrt in den Jahren 1 869 und 1870. Leipzig
1873. Bd. I, Abth. 1, S. 28 f.
*) Petermann in seinen Mittheilongen 1870, S. 202. Diese yorzügliche
Arbeit (S. 201 — 244) bildet auch die Hanptquelle zu der folgenden Darstellung.
64 Dritter TheiL Die Wasser- und Lofthälle der Erde.
und Norwegen eine von den vorwaltenden Südwestwinden erzeugte Strö-
mung von geringer Tiefe. Diese Ansicht ist jedoch zur Zeit mindestens
insofern nicht mehr haltbar^ als dem Gol&trome sicher eine beträcht-
liche Tiefe zuzuschreiben ist.
Völlig räthselhaft müsste es sonst erscheinen , wie eine blosse
Oberflächenströmung im Stande sein sollte, so reiche Wärmeschätze
.nach dem hohen Norden zu fiihren; sind doch die Lufttemperaturen
an den Nordwestküsten Europa's im Winter überall viel niedriger als
die Wassertemperaturen*)! Selbst unter Breiten (z. B. imter dem 70.
Orad), wo die arktische Nacht während des ganzen Januars nicht
weicht, wo in Asien und Amerika die Kälte das Quecksilber gefrieren
lässt, bewahrt der Golfstrom dem Meere noch eine Temperatur von
mehr als 3« C. (so bei Fruhohn unter 71» 6' n. Br. von 3» '4» C.)
und wird so zu einer reichen Wärmequelle fiir die Luft sowohl über
dem Meere wie über den benachbarten Küstengebieten.
Vor allem aber ist durch zahlreiche neuere Temperaturmessungen,
insbesondere durch die am Bord der ,, Porcupine '^ vom 31. Mai bis
7. September 1869 ausgeflihrten , mit Sicherheit erwiesen, dass der
Golfstrom zwischen Island und Spanien und ebenso unweit des Fel-
sens Rockall westlich der Hebriden noch eine Mächtigkeit von 900 Fa-
den besitzt Zwischen den Färöem imd den Shedand-Inseln beträgt diesdbe
immer noch den dritten Theil der ganzen Meerestiefe von 640 Faden,
nämlich 200 Faden ^). Hier kann also durchaus von keiner Ober-
flächeuströmung die Bede sein; es ist vielmehr die Annahme eines
tiefen und mächtigen warmen Stromes in hohem Grade befestigt In
Uebereinstimmung mit dem Obigen fiinden Payer und Weyprecht
in der nordöstlichen Erstreckung des Golfttromes unter 72 Vs ^ n. Br.
die Schicht warmen Wassers bis zu 50 Faden Tiefe reichend und
selbst in 77 ^ n. Br. noch immer mehr als 8 Faden mächtig '). Nur
eine so kräftige^ tief hinab reichende Strömung vermag ganz Europa
bis zum Eismeere mit einer weiten warmen Wassermasse, einer per-
manenten Warmwass^leitung zu umhüUen, „ohne welche En^and und
Deutschland ein zweites Labrador, Skandinavien und Russland ein
zweites unter Gletschern begrabenes Grönland sein würden'^
James Croll hat berechnet^), dass der Gol&trom soviel Wärme
dem Norden liefert, als 3 121 870 engl Qnadratmeilen (21 V4 e. Q.-M.
= 1 d. Q.-M.) am Aequator von der Sonne emp&ngen, und diese
>) Vgl hienm Petermann's Mittheilangen 1870, Taf. XIIL
*) Petermann's Mittheilangen 1870, S. 236.
>) J. Hann in Behm's Geographischem Jahrbuch. Bd. IV (1872), S. 134£
^) Nach James Croll („On Ocean Carrents**, Philoeophical Magasine,
Febr. 187U, p. 3 sq.) in Petermann's Mittheilangen 1870, S. 241.
/
IV. Darstellung der Meeresströmungen. 65
Wärmemengß übersteigt nach ihm die Summe der Wärme, welche
durch sämmtliche heisse Windströmungen vom ganzen Aequator dem
Nord- und Südpolargebiet zugeführt wird.
Wie bedeutend die vom Golfetrom bewegte warme Wassermasse
ist, geht auch daraus hervor, dass er niemals Eisbergen gestattet, bis
an die Küsten Europa's vorzudringen. Während in den antarktischen
Meeren das Polareis überall mindestens bis zum df . Breitengrade treibt,
an den meisten Stellen sogar bis zum 50. und 40., ja an einigen bis
zum 35. (Breite von Marokko), gelangt auch nicht die kleinste Scholle
an die europäischen Küsten. An drei verschiedenen Stellen sucht sich
der Polarstrom den Eintritt in den Golfstrom zu erzwingen: nämlich
östlich von Neu- Fundland von Nordwesten, sodann westlich von Island
von Norden und endlich bei der Bären-Insel (südlich von Spitzbergen)
von Nordosten. In den beiden ersten Fällen wird der Golfetrom durch
den Stoss der beiden Ströme nach Südosten abgedrängt; doch tauchen
diese hierauf unter seine warmen Wasser hinab. Im dritten Falle
fliesst der Polarstrom sogar stellenweise über den Golfstrom hinweg
und spaltet ihn in mehrere Theile, von denen der westliche die West-
küsten Spitzbergen's bespült und etwa bis zum 82. Grad nach Norden
reicht, während der Hauptarm am Nordcap vorüberzieht und, nach-
dem er einen schwächeren Seitenarm in die Kara-See gesandt hat,
nicht bloss die Westküste von Nowaja Semlja umfluthet, sondern so-
gar im Norden von Sibirien seinen Weg bis Neu-Sibirien, ja vielleicht,
wenn auch nur als schwache Drift, bis zur Berings- Strasse fortsetzt
Dieser erst in dem letzten Jahrzehnt befestigten Anschauung stand
von jeher der alte Wahn gegenüber, dass sich eine constante Eis-
barriere von Spitzbergen nach Nowaja Semlja hinüberziehe und die
Kara-See zu jeder Zeit mit ungeheuren Eismassen erfüllt sei. Von
den älteren Seefahrern ist es nur dem Entdecker Spitzbergen's, Wil-
lem Barent'), im Jahre 1594 geglückt, ganz Nowaja Semlja zu
ums^eln. Im Jahre 1596 kam er nochmals um das Grosse Eiscap
an der Nordostspitze herum, wurde aber im Eishafen (fest an der
Nordostspitze) vom Eise eingeschlossen und zur üeberwinterung ge-
nöthigt. Da sein Fahrzeug nächstes Frühjahr nicht eisfrei wurde, be-
nützte er mit seinen Geführten ein offenes Boot zur Heimkehr, starb
aber unterwegs und wurde an der Nordküste von Nowaja Semlja be-
erdigt. Im Jahre 1736 gingen Maluigin und Skuratow von Archangel
ab, gelangten in die Kara-See und an den Kara-Fluss, wo sie über-
^) Man sieht sehr häufig, insbesondere in englischen Werken, die Form
Barents, weil im Holländischen Barentsz. geschrieben wird. Allein Barentsz.
steht als Abkürzung für Barentszoon, d. i. Barent*s Sohn. Es ist daher nur
die Form BarcQtszoon oder Barent zu rechtfertigen.
Peschel-Leipoldt, Phys. Erdkunde. 11.
66 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
winterten. Im nächsten Jahre drangen sie weiter vor, umschiffien das
Samojedenland und liefen in den Ob ein. Dies ist die einzige ältere
Fahrt, die wir kennen, auf wdchar der Ob von Westen her errächt
worden ist Umschifft wurde Nowaja Semlja im Jahre 1760 noch von
dem Russen Loschkin, der zwei Winter und drei Sommer ausbfieb,
ohne dass Näheres über seine Fahrt bekannt geworden wäre. Von
dieser Zeit an warei^ alle auf Erforschung des Karischen Meeres aus-
gehende Expeditionen fruchtlos, und es wurde die Ansicht herrschend,
dass die Eara-See unbeschiffbar seL Karl v. Baer erklärte sie für
den „Eiiskeller'^ Sibirien's, da alles Eis der grossen Flüsse Ob und
Jenissei von den Strömungen in sie hineingetrieben werde und, weil
die Karische Pforte zu eng sei, keinen Ausw^ finda
Seit 1869, seit der kühnen Fahrt des norwegischen Gapitän Jo-
bansen^), sind diese Anschauungen nicht mehr haltbar. Johansen
passirte mit sdnem Segelboot nicht bloss Gap Nassau, welches Admünal
Lütke, gehindert durch gewaltige Eismassen, auf seinen vi^ Nord-
ost&hrten (1821 — 24) niemals zu erreichen vermochte, sondern führte
auch (im Juli und August) dnen vollständigen Periplus der Kara-See
aus, wobei er nur selten Eis gewahr wurde. Schon im Jahre 1870
konnten auch andere norw^ische CSapitäne bezeugen, dass das Eis im
Hochsommer fast aus dem ganzen Bereich des Karischen Meeres ver-
schwindet und dass in den Monaten Juni bis October vereinzdte Trdb-
eismassen die SchifTbarkeit desselben wenig beeinträchtigen. Der grösste
Theil des Karischen Meeres ist bei einer Oberflächentemperatur von 3
bis mehr als 6^ C. im September und October sogar gänzlich dsfrei.
Auch ist erwiesen, dass im Sommer zwischen 70 und 74^ n. Br. eine
warme Meeresströmung an die Westküste von Nowaja Semlja heran-
fluthet, welche eine Temperatur von 7*2, ja bisweilen selbst von
I2V2® C. hat 2). F. C. Mack fuhr im Jahre 1871 sogar aus dem
Karisdien Meere bis 77® n. ßr. (unter 78® ö. L. v. Gr.) empor in
das Sibirische Eismeer, ohne auf Eis zu stossen ') ; wir haben hier also
durchw^ im Sommer ein offenes Meer. Nordenskiöld's Fahrten
von 1875, 1876 und 1878 haben diese neueren Erkenntnisse durchaus
bestätigt M.
Ebenso darf behauptet werden, dass auch nördlich von ganz Si-
birien ein weites Meeresgebiet während ^es grossen Theils des Jahres
vom Eise entblösst ist. Schon Hedenström sah im Jahre 1810 im
Norden der neusibirischen Inseln ein offenes Meer, in welchem lieute-
^) Nicht y^Johannesen". Vgl. Petermann's Mittheilungen 1S79, S. 57.
*) Behm, GeographiBches Jahrbuch. Bd. lY (1872), S. 3S3 t
^ Petermann's Mittheilongen lg72, Tal XIX.
*) Petermann*8 Mittheilongen 1876, S. 442 f.; 1878, S. 433.
IV. Darstellung der Meeresströmungen. t)7
nant v. Anj ou im Jahre 1823 sogar Fluth und Ebbe beobachtete. Das-
selbe erstreckt sich nach späteren Ermittelungen vom Taimyr-Fluss im
Westen bis zum Cap Jakan im Osten (in gerader Linie 350 geogr.
Meilen weit) und vom 70. bis 76. Grad n. Br. Lieutenant Ferd. v.
Wrangeil ^) berichtet uns, dass hier das Nordmeer fast stets offen sei
und selbst in den kälteren Monaten nur wenig von Treibeis heim-
gesucht werde; er selbst ging in drei auf einander folgenden Jahren,
1822, 1823 und 1824, östlich von den Baranow - Klippen unter drei
verschiedenen Mittagskreisen mit Schlitten im März und April über das
Eismeer, bis er den Band der östUchen Polynja erreichte. Seit Ferd.
V. WrangelTs ßeisenistdie Existenz der Polynja von verschiedenen
Polarfahrem und erst neuerdings wieder durch Nordenskiöld's
ruhmreiche Fahrt in das nordsibirische Meer bestätigt worden. Die
Thatsache aber, dass nördlich von Sibirien ein im wesentlichen eisfreies
Meer sich ausbreitet, muss um so mehr überraÄchen, als dasselbe ge-
rade nördlich von der kältesten Kegion der ganzen Erde liegt. Be-
sondres Gewicht müssen wir darauf legen, dass jenes eisfreie Gebiet
„kein blosses Wasserloch, keine Wake ist, wie man sie zu benennen
beliebt hat, sondern ein ausgedehntes offenes Meer, von welchem wir
allerdings noch nicht viel wissen, aber dennoch so viel mit Bestinmit-
heit, dass dies weite offene Meer stets, Sommer und Winter und in
jedem Jahre an derselben Stelle gefimden wird. Im ganzen paläo-
krystischen Meere giebt es etwas Derartiges nicht. Die einzige ähn-
hche Erscheinung, wenn auch in sehr kleinem Massstabe, ist der sehr
geringe und schwache schmale Streifen warmer Strömung, die vom
Atlantischen Ocean aus an der Westküste Grönland's entlang über
Melville-Bay hinaus bis Port Foulke sich erstreckt; . . . aber die sibi-
rische Polynja scheint in jeder Beziehung von viel grossartigeren Di-
mensionen und Charakter zu sein" *). In alledem erkennen wir un-
zweifelhaft die Wirkungen einer ansehnlichen Wärmequelle, die in sol-
chem Falle kaum in etwas anderem als in einer warmen, von West
her kommenden Strömung gesucht werden darf.
Zur Lösung dieses Problems hat man mit Recht de^ Treibholz
des nördUchen Eismeeres eine grössere Aufmerksamkeit gewidmet.
Ausserordentlich häufig gelangt dasselbe an die West- und Nordküste
von Island, sowie an die norwegischen Küsten. ' Die vollständigste Zu-
sammenstellung aller amerikanischen Gewächse, von denen erkennbare
Samen und Früchte an die norwegische Küste gespült werden, ver-
^) Reise längs der Nordküste von Sibirien und auf dem Eismeere in den
Jahren 1820 bis 1824. Berlin 1839. Bd. II, S. 352 ff.
*) Petermann in seinen Mittheilangen 1877, S. 26 f.
5*
68 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
danken wir SchübelerO. Seine Loste enthält folgende Arten: En-
tada gigalobiuniy Cassia fistula, Goilandina Bonduc, Mucuna (urens),
Anacardium occidentale, Lagenaria vulgaris, Nüsse einer Palme (wahr-
scheinlich Yon Attalea funifera), Holzzweige von Jonipems virginiana
und die Alge Sphaerococcos cartilagineos. Offenbar werden diese Pflan-
zen durch den Gol&trom so weit nach Norden geführt. Aber noch
in viel höhere Breiten verirren sich diese Zeugen warmer atlantischer
Strömungen. ^Mittelamerikanische Mimosen gehen bis zur Disco -Insel
(an der Westküste Grönland's unter 70 ® n. Br.) ; ein Mahagoni-Block,
welcher ebenfidls vom Meere an die dortigen Küsten getrieben wurde,
war so gross, dass sich der dänische Gouverneur in Holsteinborg (Crrön-
land) einen Tisch aus demselben machen lassen konnte^).
Höchst bedeutsam ist die Vertheflung des Träbholzes an den
Küsten von Spitzbergen. Es findet sich nur selten an den westlichen,
sondern meist an den nördlichen, nordöstlichen und östlichen Gestaden,
am reichlichstoi am Nordostlande und an den Sieben Inseln. Fin.
Theil davon besteht aus Flosshölzem von den Lofbten, ist also nor-
wegischer Abkunft; hingegen entdeckte Tor eil bei Shoal Point (das
westlichste Gap des Nordostlandes) unter den Treibproducten eine wohl-
erhaltene Bohne von Entada gigalobium, eine westindische Hülsenfrucht
Bis zu diesem wichtigen Funde war es noch erlaubt, daran zu zwei-
feln, dass die warme Strömung längs der West- und Nordküste von
.Spitzbei^n, die eine tiefe Gasse bis über den 80. Breitengrad in den
Eismantel des Nordpols hineinleckt, wirklich aus den westindischen
Gewässern stanmie. Jene Bohne aber ist das beste Zeugniss dafür,
dass der wahrhaftige Gol&trom dem Nordpol sich bis auf zehn geo-
graphische Grade nähert^). Vielleicht rühren die Stücke Bimsstein,
welche unter dem Spitzbergen'schen Treibholz vorkonmien, von einem
antillischen od^ mittelamerikamschen Vulcan her; denn einer Seefahrt
isländischen Bimssteins sind die Strömungen nicht günstig.
Das massenhafte Auftreten der Treibproducte an der Nordostsdte
Spitzbei*gen's hatte schon früher auf den Gedanken geleitet, dass sich
hier ein Polaistrom mit einem Aequatorialstrom trifft; sanmielt sich
doch auch das Treibeis immer mit besonderer Vorliebe an solchen
Stellen, an denen sich zwei derartige Strömungen beg^nen! Jene An-
nahme gewann an Glaubwürdigkeit , seitdem man beobachtete, dass
sich ostwärts nur bis zu Gap Wrede, einem der nordöstlichsten Caps
Spitzbergen's, norw^ische Schiffisrgeräthschaften vor&nden, während
<) Die Pflanzenwelt Norwegen's. Christiania 1873. S. 31.
*) Proceedingu of the R. Geogr. Society. Vol. XVIII (1874), S. 374.
') O. Toreil and A. £. Nordenskiöld, Die schwedischen Expeditionen
nach Spitzbergen and Bären-Eiland. S. 171.
IV. Darstellung der Meeresströmungen. 69
es doch weiter nach Osten und Süden durchaus nicht an Treibholz
fehlte. Bereits im Jahre 1852 sprach daher Petermann die Ver-
muthung aus, dass der Golfetrom nicht mehr an diese Küsten gelangt,
dass sie dagegen von dem Treibholz der sibirischen Flüsse erreicht
werden. Nun haben die Schweden von dieser Stelle Treibholz mit
heimgebracht; dasselbe wurde von J. G. Agardh genau untersucht,
und es hat sich mit unbestreitbarer Gewissheit ergeben, dass es vor-
zugsweise der sibirischen Larix angehört. Hieraus aber geht hei*vor,
dass im Norden von Sibirien und hn Osten von Spitzbergen das Meer
im Sommer offen sein muss, damit das Treibholz, welches aus dem
Ob, Jenissei oder der Lena in's Eismeer getragen wird, nach Spitz-
bergen seinen Weg nehmen kann^). Wir erkennen hieraus die Exi-
stenz eines Polarstroms nördlich von Sibirien, zugleich aber auch die
unzweifelhaften Spuren einer warmen Strömung, welche hier ein hoch-
nordisches Meeresgebiet offen hält.
Grestehen wir nach alledem dem Golfstrom eine grosse Macht-
sphäre zu, so geschieht dies doch nur unter der folgenden wichtigen
Einschränkung. Wie nämlich der Golfstrom innerhalb eines Jahres
seine Temperaturen wechselt, so ändert er audi in gleichem Schritte
hiermit, namenthch im hohen Norden, sein Verbreitungsgebiet. Der
Golfstrom bewegt sich wimpelartig; er erhebt sich im Sommer zu
höheren und senkt sich im Winter zu niederen Breiten herab. Im
Winter scheint er nicht mehr bis nach Spitzbergen vorzudringen, was
W. V. Freeden*) mit Recht daraus schliesgt, dass bei Gap Lookout (Süd-
spitze von Spitzbergen) die mittleren Monatstemperaturen für November
— 10 0 C., füi- December — 15 ^ C., für Januar — 13^^ ^ 0. sind ; sie alle
sind zu niedrig, als dass in westlicher Nähe noch die See mit warmem
Golfwasser überfluthet sein könnte, während doch auf der weiter süd-
wärts gelegenen Bären-Insel noch um Weihnachten im Freien gearbeitet
werden kann, in Hammerfest an der norwegischen Küste ein Winter
herrscht wie in St. Johns auf Neu-Fundland , welches auf demselben
Breitenkreise wie Paris und Wien und um 20^ südhcher hegt als
Hammerfest. Die mittlere Januartemperatur des letzteren Platzes ist
sogar so hoch wie die von Hali&x, welches dieselbe nördliche Breite
hat wie Genua. Im Winter gelangt also das Golfwrasser nicht mehr
bis Spitzbergen, sondern kaum bis zur Bären-Insel. Auch erreicht der
nach Ost gerichtete Ann nicht mehr mit wesentlich höherer Temperatur
das Sibirische Meer, sondern erstirbt in der Mitte des Weges zwischen
*) Treibhölzer aus Sibirien, insbesondere Larix sibirica, Picea obovata,
Ahius incana und Populus tremula, sind sogar an der Ostküste Grönland's
ziemlieh häufig.
«) Petermann's Mittheiln-'--- «««« «. 209.
70 Dritter TheiL Die Wasser- and Lufthülle der Erde.
dem europäischen Nordcap und Nowaja Semlja. Ein Blick auf Peter-
mann's Sparten Nr. XllnndXni in den Mittheilungen von 1870 (der
Golfstrom im Juli und im Januar) lässt uns diesen Wechsel sofort er-
kennen. Im Juli wie Januar repräsentirt etwa die Isotherme von
2® R. (2V2® C.) die Polargrenze des Golfstromes. Während nun die-
selbe im Sommer an der Westseite von Spitzbei^n um ein Beträcht-
liches den 80. Breitengrad überschreitet und auch zwischen Spitzbergen
und Nowaja Semlja einen Arm nach Nordosten tief in das nördliche
Eismeer hineinsendet, erhebt sie sich im Winter an den isländischen
Küsten nur bis Reykjavik, zwischen Spitzbergen und dem Nordcap
kaum bis zur Bären-Insel (74^/^^ n. Br.), und im Nordosten endet sie
bereits in der Mitte des Weges zwischen dem Nordcap und Nowaja
Semlja.
Die erwähnten beiden Bilder des GU)l&tromes zeigen übrigens auch
noch einen anderen scharf ausgeprägten Gegensatz. Auf der Julikarte
greifen wir gleichsam mit Händen den kalten Eisstrom, der an der
Küste von Labrador seine Eisberge hinabfluthet und wie ein Keil oder
fingerartig selbst über Neu-Fundland hinaus in den Gol&trom einbricht.
Ebenso deutlich treten uns die kalten Ströme entgegen, welche an der
Ostküste Grönland's und Spitzbergen's herabziehen und dem Golfstrom
in die Flanke fidlen. Im Winter ist dieser Stoss, wie der kaum ge-
störte Lauf der Isothermen bekundet, viel weniger kräftig als im Som-
mer, was darin seinen Grund hat, dass sich dann das Polareis an den
arktischen Küsten und Inseln mehr oder weniger festsetzt und daher
nicht so weit nach Süden treibt, weshalb der Golfstrom an den ge-
nannten SteQen im Winter sich viel mächtiger zu entfalten vermag als
im Sommer. Den schlagendsten Beweis dafür, dass die Polarströme
in der That im Winter ihre Eismassen im hohen Norden ziirückhalten,
liefert z. B. die E[arte des Treibeises bei Neu-Fundland von W. C.
Redfield, aus Beobachtungen in den Jahren 1832 bis 1844 zu-
sammengestellt^). Unter 100 darauf verzeichneten Befunden kamen
87 auf die Monate April, Mai, Juni, Juli, von den übrigen 13 auf den
März 7, auf den August 3, auf den Februar 2 und auf den Januar 1,
gar keine aber auf die Monate September, October, November,
December. Im Winter verschwindet demnach hier das Treibeis fiist
gänzlich.
Wie schon mehrfach angedeutet, sind es drei arktische Strömungen,
welche mit dem Golfstrom unablässig um die Herrschaft ringen: die
Labradorströmung, die durch die Baffin-Bay und Davis-Strasse
^) Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. Berlin 1859. Neue Folge. Bd.
VI, Tafel ü.
IV. Darstellung der Meeresströmaogen. 71
ihren Weg nimmt und bei Neu - Fundland gegen den Golfetrom ein-
bricht, die Ostgrönländische, welche am Ostrande Grönland's
vorüber flihrt, und der Bären-Insel-Strom, der die Ostküste
Spitzhergen's umfluthet und zwischen den Südhömem dieser Insel-
gruppe und der Bären-Insel nach Südwest vordringt. Von diesen drei
Strömungen hat die letztere die geringste Wichtigkeit; es sind also im
wesentlichen die beiden ersteren, auf deren Rücken das Polareis nach
dem Süden transportirt wird. Doch wäre es ein Irrthum zu glauben,
dass das aUjährUch durch die Polarströme verfrachtete Eis die Ge-
sammtheit des in dem nördUchen Polarbecken vorhandenen Eises sei.
Vielmehr ist es nur ein kleiner Theil desselben, was C. Borgen^)
durch folgende Rechnung klar erwiesen hat.
f Das nördliche Polarbecken (nach Borgen der Raum ianerhalb
des 70. Grades n. Br.) umfasst nach Abzug der bekannten Länder-
massen und einer Fläche von 39 000 geogr. Quadratmeilen, welche das
Gebiet der in das Polarbecken sich ergiessenden warmen Strömungen
repräsentiren, noch ein Areal von 196 200 geogr. Quadratmeilen. Die
Breite der Labrador- und Ostgrönländischen Strömung beträgt etwa
600 Seemeilen (= 150 geogr. Meilen) und ihre tägliche Drifigeschwin-
digkeit c. 4 Seemeilen. Femer wurde angenommen, dass die Sommer-
wärme (= 1,5® R. oder 1,875^ C, eine offenbar zu hohe Temperatur)
im Stande sei, eine 0,54 Meter mächtige Schicht Eis zu schmelzen, und
dass sich im Winter eine solche von 2 Meter Dicke bilde. EndUch
setzt Borgen voraus, dass die Strömimg nur */§ Jahr (beinahe 5 Mo-
nate) dauert, weil sich die in den Wintermonaten durch Strömung frei
gewordenen Flächen sofort wieder mit Eis überziehen, und dass Vs ^^^
Eisfläche durch die zerstörenden Wirkungen der Stürme vom Eise be-
freit werde. Das Ergebniss diesep Rechnung ist, dass im Sommer ein
Areal von 65 000 Quadratmeilen (7 mal so gross als das Deutsche Reich)
sich seiner Eisdecke ganz oder wenigstens grösstentheils entledigt, dass
aber inmier noch Vs des Polarmeeres seine Eishülle bewahrt. Borgen
erklärt daher ein offenes, schiffbares Polarmeer für ein Ding, das dem
Reiche der Phantasie angehört.
Die mächtigen Eismassen, welche die Polarmeere alljährlich nach
Süden senden, sind übrigens doppelten Ursprunges. Da, wo sich der
polare Eismantel mit dem offenen Meere berührt, arbeitet der Wellen-
schlag ununterbrochen, die Eiskante zu zertrümmern. Die so ent-
standenen Schollen sind also oceanischen Ursprunges. Doch ist hier-
bei zu bemerken, dass dieselben kein Seesalz enthalten; vielmehr
^) Die zweite deutsche Nordpolarfahrt in den Jahren 1869 und 1S70.
Leipzig 1874. Bd. I, Abth. 2, S. 629 ff. und Bd. II, Abth. 4, S. 684 ff.
72 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
scheidet sich beim Erstarreo das Salz aus. Dasselbe bleibt also im
ungefrorenen Wasser zurück und verzögert so den Process des Ge-
fiierens nach unten.- Andere Eisberge , welche im Ocean umherirren,
stammen von den Gletschern des Festlandes, haben also von Haus
aus nichts mit dem Ocean zu schaffen. Eine Brutstätte derartiger
Eismassen ist insbesondere die Westküste Grönland's. Mächtige Glet-
scher steigen hier bis zur Küste herab und erfiillen die tiefen fjorde
mit Gletschereis. Sobald der Sommer b^innt, werden diejenigen Theile
der Gletscher, welche in das Meer hineinragen, von den Wellen unter-
graben und stürzen mit furchtbarem Getöse hinab, in dem schäumen-
den Wasser sich schaukelnd, bis sie das Gleichgewicht gewinnen,
worauf sie, von Winden und Strömungen getrieben, meist südwärts
wandern. Nur selten stellen die Eisschollen ebene Eisflächen d^;
vielmehr werden sie durch Wellenschlag und Sturm liäufig so zu-
sanmiengestaut, dass sehr oft eine vorher glatt verlaufende Eisdecke
zu einem chaotischen Trümmerhaufen sich umgestaltet.
In einzelnen Fällen haben die Eisberge einen Umfang von meh-
reren engl. Meilen ; auch ist ihre Stärke nicht selten eine ausserordent-
Uch bedeutende. Da die Eisberge oft 30, ja selbst 60 bis 90 Meter
über den Meeresspi^el sich erheben ^), das Gewicht des Eises aber zu
dem des Seewassers sich wie 8 : 9 verhält, so ergiebt sich nach einem
bekannten hydrostatischen Gesetze, dass sie bis zu Tiefen von 240, ja
480 bis 720 Metern unter die Meeresfläche hinabreichen. Nur ans
der ansehnlichen Mächtigkeit der Eismassen lässt es sich erklären, dass
sich dieselben öfter trotz Widerstand leistender Winde und Meeres-
strömungen nach Süden bewegen. Sie reichen dann sicher mit ihrem
Fusse in den kalten polaren Strom hinab, der den Eisberg mit sich
fuhrt und ihn so kräftig vorwärts <^ängt, dass er gegen den Wind
und gegen eine widrige Oberflächenströmung noch mit Allgewalt gleich-
massig fortschreiten und sich wie ein Pflug durch die dünnen Pack-
eismassen einen Weg bahnen kann.
Die Grenze dieser Treibeismassen hegt nicht in allen Jahreszeiten
an gleicher Stelle; sie osdllirt vielmehr in derselben Weise wie die
kalten Strömungen. So läuft die Ostgrenze des Polareises, welches
die Ostgrönländische Strömung südwärts trägt, im Frühjahr etwa von
der Mitte Island's über Jan Mayen nach dem Südende Spitzbergen's; hin-
gegen rückt diese grosse Eiskante, offenbar in Folge kräftigerer Ent<ung
des Gol&tromes, im Sommer viel näher an die grönländische Küste
heran und streicht etwa in der Richtung vom Westende Island's nach
dem Nordende Spitzbergen's *).
>) Gilbert^ 8 Annalen, Bd. LXTT (1819), S. /46 ff.
*) Die zweite deutsche Nordpolarfiüirt in den Jahren 1S69 and 1870.
Bd. I, Abth. 1, S. 34 f. Petermann's Büttheilongen 1877, Taf. X.
IV. Darstellung der Meeresströmungen. 73
Wie so viele meteorologische Processe ganz eigenthümliche, in
ihren eigentlichen Ursachen für uns unergrtindbare Schwankungen
zeigen, so auch die Entwicklung der arktischen Eisströme. In
einzelnen Jahren findet nämlich, offenbar in Folge grösserer som-
merlicher Wärme in den Polarräumen, ein besonders starker Eis-
gang statt. So hatte Grönland in den Jahren 1816 und 1817
aussergewöhnlich heisse Sommer; es wurden daher Buchten und
Küstenstrecken eisfrei, die seit Menschengedenken niemals vom Eise
entblösst waren. Da gleichzeitig auch in der Davis -Strasse gewaltige
Eismassen südwärts zogen, so gelang es damals dem Engländer John
Barrow, seine Landsleute zu neuen kühnen Fahrten nach der nord-
westlichen Pforte Amerika's zu begeistern. Wohl fünf Jahre lang be-
sass die Eisbewegung so grossartige Dimensionen. Damals geschah es
auch, dass ansehnliche Eisbeine, durch Winde oder untere Strömungen
getrieben, in welche sie mit ihrem Fusse hinabreichten, den Floridastrom
überschritten. Bemerkenswerth sind besonders die Berichte der Zei-
tungen in Havana vom Juli 1818, in welchen es hiess: „Seit mehreren
Monaten haben wir in den westindischen GewäBsem ein grosses
Naturwunder. Ungeheure Massen Eises, die seit 2 bis 3 Jahren
in dem Atlantischen Ocean ungewöhnlich häufig waren, ^/2 bis ^/4
Mdlen im Umfang, 60 bis 90 Meter über den Spiegel des Meeres
emporragend, sind nun auch zum ersten Male an imseren Küsten er-
schienen" *).
Hervorgehoben zu werden verdient noch, dass bei Gap Farewell
(an der Südspitze Grönland's) die Ostgrönländische Strömung in die
Davis-Strasse einbiegt und unter 62 und 63® n. Br. quer über die
Davis-Strasse ihren Weg nimmt, um sich am Westufer derselben mit
der aus der Baffin-Baj kommenden Labrador-Strömung zu vereinigen.
So wandern die ungeheuren Eismassen zweier bedeutenden polaren
Strömungen gemeinsam nach Süden, ungei^hr bis zum 45. Grad n. Br.
Hier treffen sie auf den Floridastrom und werden von dessen warmen
Wassern geschmolzen. Zugleich sinken die von den Eisbergen ge-
tragenen Erd- und Steinmassen zu Boden (natürlich sind hierbei nur
diejenigen Eisberge betheiligt, welche Gletscherfi*agmente sind), so dass
die Bank von Neu-Fundland eine grönländische Schuttablagerung ge-
nannt werden darf. Daher bezeichnen Untiefen die Berührungsstelle
der beiden verschieden temperirten Strömungen. Die schmackhaften
Fische der arktischen Gewässer gehen nur bis hierher nach Süden;
sie scheuen vor dem warmen Floridastrom wie vor einer Flammen-
^) £. £. Schmid, Lehrbuch der Meteorologie. Leipzig 1860. S. 252.
74 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
barri^ zurück, weshalb sie aof der Bank ^on Nea-Fimdland in so
reicher Menge gefangen werden.
Uebrigens endet hier die kalte Labradorströmung nicht TöDig;
viehnehr bewegt sich ein schmaler Arm, der „Cold Wall" der Ameri-
kaner, zwischen dem Floridastrom und der Ostküste der Vereinigten
Staaten weiter nach Südwesten, während ein anderer Theil ihres Was-
sers unter den Floridastrom hinabtaucht
Im Vergleich zu den Strömungen des nordatlantischen Beckens
sind die der übrigen oceanischen Gebiete zur Zeit nur wenig bekannt.
Wir b^nügen uns daher hinsichtlich der letzteren mit einer gedrängten
Darstellung.
Die südliche Aequatorialströmung theilt sich, wie bereits
oben erwähnt worden ist, an der Ostküste Südamerika's, bei Cap San
Boque, in zwei Arme, von denen der eine die Nordostküste Brasilien's
begleitet und hierauf in das Canfkibische Meer eindringt, während der
andere nach Südwesten seinen W^ nimmt und als Brasilianischer
Strom der Ostküste Südamerika's folgt £in schwächerer Zweig des-
selben beharrt in dieser Richtung nicht bloss bis zur Südspitze des
südamerikanischen Continents, sondern ergiesst sich sogar, zwischen
der patagomschen Küste und den Falklandsinseln eine Schwenkung
nach Südost vollziehend, in die antarktischen Meeresgebiete. Der
Haupttheil der Brasilianischen Strömung hing^en biegt etwa unter
35^ s. Br. nach Osten um und durchschreitet als Südatlantischer
Verbindungsstrom den Atlantischen Ocean, um sich hierauf an
der Südspitze von Afrika als Benguela-Strom wieder nach Norden
zu wenden« Ist der Brasilianische Strom, wie ein Blick auf die Elarten
der Meeresisothermen (Fig. 4 und 5) lehrt, als ein entschieden warmor
Strom zu bezeichnen, so gilt der Benguela-Strom mit gleichem Rechte
als ein kalter; denn er veranlasst in demsdben Masse eine Wölbung
der Isothermen nach Norden, wie der Brasilianische Strom nach Süden.
Der Benguela-Strom ist übrigens nicht dne ein&che Fortsetzung der
südatlantischen Verbindungsströmung; vielmehr empfängt er seine
kalten Wasser zum grössten Theil aus der antarktischen Drifiströmnng,
mit welcher er sich im Südwesten des Caplandes vereinigt Der Ben-
guela-Strom verlässt die Küsten Afrika's erst bei Cap Lopez, wo er in
die südliche Aequatorialströmung eintritt
Demnach findet im südatlantischen Becken ein ähnlicher Kreis-
lauf des Wassers statt wie im nordatlantischen. Nur bewegen sich die
Strömungen beider nicht in gleichem Sinne. In diesem entsprechen
sie dem Grang eines Uhrzeigers; in jenem ist ihre Richtung gerade die
umgekehrte.
IV. Darstellung der Meeresströmungen. 75
2. Die Strömungen des Stillen Oceans. Wie im atlantischen
Becken, so begegnen wir auch hier zwei Aequatorialströmen,
welche von Ost nach West ziehen, und einer zwischen beide keilartig
eingeschalteten äquatorialen Gegenströmung, die wir recht gut
mit der Guinea-Strömung vergleichen können. Auch erscheinen sie sämmt-
lich wie im Atlantischen Ocean beträchtlich nach Norden verschoben; denn
die nördUche Aequatorialströmung erfüllt imgefkhr den Baum zwischen
dem Wendekreis des Krebses und dem 8. Grad n. Br.*, während die
südliche mit ihrem Nordrande bis zum 5. Grad n. Br. nach Norden
rückt Der Südrand der letzteren liegt, wenigstens in der östlichen
Hälfte des Oceans, unter dem 20. Grad s. Br.; es ist demnach die
südpadfische Aequatorialströmung der nördUchen an Breite bedeutend
überl^en. Die äquatoriale Gegenströmimg gehört, wie im Atlantischen
Ocean, ganz der nördlichen Hemisphäre an.
Die nördliche Aequatorialströmung wendet sich, an den Küsten
der Philippinen und Formosa's angelangt, nach Nordosten, und so ent-
steht die wichtigste aller pacifischen Strömungen: der Kuro Siwo,
d. h. der Schwarze Strom (von den Japanesen so genannt wegen seiner tief
dunkelblauen Farbe, die sich auffallend von der des übrigen Meerwassers
unterscheidet). In ein enges Bette gebannt imd zwischen scharf be-
grenzten Ufern geht er raschen Laufes im Osten von Formosa vor-
über. Hierauf erweitert er sich, die Liu-Kiu-Inseln imihüllend, fecher-
artfg und bespült, beständig nach Nordost gerichtet, die Ostküsten von
Japan. Einen Seitenarm sendet er (wenigstens im Sommer) durch die
Broughton- und Krusenstem-Strasse in das Japanische Meer; doch ge-
lingt es demselben, diesem Meere durch die Tsugaru- und La-Perouse-
Strasse zu entweichen und sich wieder mit dem Hauptarme zu ver-
einigen. OesÜich von Japan legt dieser tägUch einen Weg von 32 See-
meilen (= 8 geogr. Meilen) zurück imd gewinnt zugleich eine Breite
von mehr als 400 Seemeilen (= 100 geogr, Meilen). Auch fernerhin
wächst er nach Nordosten hin mehr und mehr an Breite, nimmt aber
an Tiefe wie an Schnelligkeit ab. Etwa unter dem 50. Grad n. Br.
trifft der Kuro Siwo auf eine aus dem Berings-Meere kommende kalte
Strömung. Sie ist bei weitem nicht so mächtig wie die Labrador-
Strömung des Atlantischen Oceans, da ja die seichte Berings- Strasse
nur einen äusserst beschränkten Zufluss arktischen Wassers gestattet;
auch bringt sie nur selten Treibeis bis an jene Berührungsstelle herab.
Und doch veranlasst dieser Einbruch der arktischen Strömung nicht
bloss permanente und dichte Nebel, sondern hat auch eine Theilung
des Stromes in mehrere Arme zur Folge. Der eine derselben, der Kam-
Ischatka-Strom, fliesst an der Ostseite der Halbinsel Kamtschatka
vorüber, um sich durch die Berings - Strasse in das nördliche Eismeer
76 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
zu ergiessen; wahrscheinlich wendet er sich dann nach der amerika-
nischen Nordküste, wofür nicht bloss theoretische Gründe sprechen,
sondern auch die Thatsache, dass sich dort häufig angesdiwemmtes
Holz vorfindet, welches an der benachbarten asiatischen Küste sehr
selten ist. Bei der Laurenz-Insel (südlich der Berings-Strasse) zweigt
sich von der Kamtschatka-Strömung wieder ein kleiner Seitenarm nach
Osten ab, biegt dann nach Süden und Südwesten um und fährt den
Bewohnern der baumlosen Aleuten das Material zu ihren flscher- und
Hausgeräthen zu. Der Hauptarm des Kuro Siwo aber schreitet, den
weiten Raum zwischen dem 40. und 50. ParaDel erfiillend, von West
nach Ost quer über den Stillen Ocean nach der Westküste Nord-
amerika's, durch welche er nach Südosten abgelenkt wird. So ge-
langen seine Wasser wieder in die nördliche Aequatorialströmung zu-
rück. Nur ein kleinerer Seitenzweig dieser rücklaufenden Strömung, die
Mexicanische Küstenströmung, zeigt insofern eine ünr^elmässig-
keit in diesem Circulationssystem , ab seine Wasserbew^ung zwar
vom December bis April nach Südosten gerichtet ist, vom Mai bis
December jedoch mit dem Winde in die entg^engesetzte Richtung
umschlägt
Die höchste Temperatur des Kuro Siwo beträgt (bei Formosa)
26® C; in der Breite von Jedo ist seine Wärme noch um c. 5®C.
höher als die des benachbarten Oceans. Auch ist seine Tiefe ohne
Zweifel eine ganz ansehnliche; denn sämmtliche submarine Isothermen
steigen unter der von ihm eingenommenen Fläche tief hinab (so östlich
von Jedo die Isotherme von 2,5 ® C. von 700 zu mehr als 1000 Fa-
den Tiefe) '). Ihm verdanken die japanischen Insehi ihr müdes Klima ;
ebenso erwärmt er den südlichen Theil von Kamtschatka, sowie die
Westküsten von Nordamerika; noch im Puget-Sunde (Territorium Wa-
shington, unter 48^ n. Br.) bewirkt er Wintertemperaturen, bei denen
sich nur selten ein Schneefoll ereignen kann.
Ausser der schwachen, aus der Berings-Strasse konunenden kalten
Strömung begegnet der Kuro Siwo noch einer etwas kräftigeren, welche
aus dem Ochotskischen Meere, der alldnigen Bildungsstätte der fSsberge
im nördlichen Theile des Orossen Oceans, hervortritt Durch drei ver-
schiedene Strassen (die Tatarische Str., die La-Perouse-Str. und die
Tsugaru-Str.) dringt der Ochotskische Strom in das Japanische Meer
ein, fiiesst hart an der Küste der Mandschurei und der Halbinsel Korea
vorüber, durchschneidet das Ostohinesische Meer, begleitet hierauf die
Ostküsten Cliina's und passirt endlich noch die Fukian-Strasse (zwischen
') Vgl. den Querschnitt auf Plate 18 in J. J. Wild, Thalassa. Lon^
don 1877.
rV. DarstelluDg der MeeresBtröinuiigeii. 77
dem Festlande und der Insel Formosa), so dass Formosa im Osten von
einem warmen, nordwärts eilenden, im Westen von einem kalten, südwärts
sich ergiessenden Strome bespült wird. So geringe Bedeutung auch
an mid iiir sich der Ochotskische Strom hat, so ist er doch deshalb
wichtig, weil er die delicatesten Fische südwärts entfUhrt und zwar bis
an diejenigen Stellen, wo er sich mit dem warmen Euro Siwo berührt.
Hier finden sich die ausgedehnten und ergiebigen japanischen Fische-
reien, die an Wichtigkeit denen der neufundländischen Bank kaum
nachstehen.
Nach alledem weisen die Strömungen des nordatlantischen und
nordpacifischen Beckens zahlreiche verwandtschaftliche Züge auf. Hier
wie dort vollzieht sich die Wassercirculation in demselben Sinne; auch
umschliesst dieselbe im nordpacifischen Becken eine der atlantischen
Sargassowiese entsprechende Ansammlung von Seetangen. Insbesondere
gleichen die beiden Hauptströmungen der genannten Meerestheile, der
Golfstrom und der Kuro Siwo, einander wie ein paar Geschwister.
NamentUch gilt dies hinsichtlich ihrer Richtung, ihrer fächerartigen Er-
weiterung nach Nordosten, ihrer hohen Temperaturen und ihrer tief-
blauen Farbe. Femer senden beide Seitenarme und mit ihnen süd-
ländische Treibproducte bis in das Polarmeer, und endUch werden
beide durch kalte Strömungen von den westlichen Wandungen der
beiden Oceane geschieden.
Die südliche Aequatorialströmung des Stillen Oceans ent-
faltet sich nur in ihrem östlichen Theile in normaler Weise. Im
Westen der Tuamotu- Inseln scheint ihre Kraft gebrochen zu sein;
denn sie theilt sich hier, vielleicht durch die zahllosen Inselsschwärme,
noch mehr aber jedenfalls durch die wechselnden Monsune in ihrer
Entwicklung gehemmt, in mehrere schwächere Arme. Von ihnen um-
kreist der nördliche, der Hauptarm, in weitem, nach Nord gewandtem
Bogen die ostpolynesische Inselwelt, während der kleinere südUche
Arm etwa unter dem Wendekreise des Steinbocks von Ost nach West
quer über den ganzen Ocean hinwegschreitet und bei den Tubuai-
Inseln einen Zweig nach den Ostküsten von Neuseeland sendet. Die
Wasser des nördlichen Hauptarmes gelangen in dem Inselmeere des
Monsun-Gebietes grösstentheils zum Stillstand. Der südliche Arm
schickt einen Zweig durch die Korallen -See nach der Südküste von
Neu-Guinea, sowie einen anderen, die Ostaustral-Strömung, nach
der Ostküste von Neu-Holland, an welcher diese in der Richtung von
Nord nach Süd vorüberfliesst, um dann nach Osten umzubiegen und
an der Westküste Neuseeland's zu enden. Ebenso wendet sich jener
Seitenstrom, welcher sich von den Tubuai- Inseln nach der Ostküste
Neuseeland's bewegt, unter dem 50. Grad s. Br. nach Osten und lenkt
78 Dritter Theil. Die Wasser - und Lufthülle der Erde.
schliesslich in die Gewässer der aus dem südlichen Eismeere kommen-
den antarktischen Driftströmung ein. ^
Diese letztere erfilllt unter dem 60. Grad s. Br. den weiten Raum
zwischen dem 100. und 160. Grad w. L. v. Gr. Von Südwest her
konmiend trifft; sie ungefähr zwischen dem 40. und 50. Grad s. Br.
auf die patagonischen Küsten. Hier spaltet sie sich, indem sie nach
Nord wie nach Süd ausweicht, in zwei Arme. Der eine zieht als
Cap-Hoorn-Strömung südwärts und dringt jenseits des Feuer-
landes in den Atlantischen Ocean ein; der andere hingegen begleitet
nach Nord hin die Ufer des südamerikanischen Continentes. Der letz-
tere Arm wird auf unseren Karten gewöhnlich als Peruanischer
Strom bezeichnet^). Bis zur Parina-Spitze ftihrt sein Lauf dicht an
der südamerikanischen Westküste hin ; hierauf tritt er, nach Nordwesten
und Westen fortschreitend und an Breite mehr und mehr wachsend,
in die südliche Aequatorialströmung ein. Der Peruanische Strom ist
ein ausgesprochen kalter Strom. Unter dem Wendekreise hat er nur
eine durchschnittlich^ Wärme von 16 bis 17® C, während der offene
Ocean sonst unter gleicher Breite eine mittlere Temperatur von 23 ^ C.
aufvv^eist Selbst bei den Galapagos macht diese Differenz immer noch
gegen 5 ^ C. aus. Ein Blick auf imsere Karten der Meerestemperaturen
(Fig. 4 imd 5) zeigt uns deutlich, dass es einzig die kalte Peruanische
Strömung ist, welche die Temperaturcurven an der Westküste Süd-
amerika's tief nach dem Aequator hin zurückdrängt. So weicht die
Isokryme*) von 20*^ C. (die Grenzisokryme fiir die Korallenzone) vom
25. Grad s. Br. bis über den Aequator, nämlich bis zum 3. Grad n.
Br. zurück (s. Fig. 5). Da die tägliche Geschwindigkeit der Perua-
nischen Strömung 12 bis 15 Seemeilen beträgt, so fördert sie die
Küsten&hrten nach Norden in ausserordentlicher Weise, während sie
diejenigen nach Süden ebenso sehr hemmt In glächer Weise wie die
Bank von Neu - Fundland und die japanischen Küsten sind auch die
Meeresgebiete zwischen den Galapagos -Inseln und Peru das Paradies
aller Fischesser.
3. Die Strömungen des Indischen Oceans. In dem
^) Vielfach wird ihr auch der Name Humboldts-Strömang beigelegt. Wie
wenig man hierzu berechtigt ist, beweisen folgende Worte A. y. Humboldts:
„Ebenso protestire ich (auch allenfalls öffentlich) gegen alle „Humboldt^sche
Strömung.** .... Die Strömung war 300 Jahre vor mir allen Fischerjungen von
Chili bis Payta bekannt; ich habe bloss das Verdienst, die Temperatur des
strömenden Wassers zuerst gemessen zu haben.'' (Briefwechsel A. ▼. Hum-
boldt's mit Heinrich Berghaus. Leipzig 1863. Bd. H, S. 294 f.)
*) Unter Isokrymen versteht man Linien, welche die Temperatur im käl-
. testen Monat des Jahres angeben.
IV. Daratellung der Meeresströmungen. 79
nördCchen Theile des Indischen Oceans, nämlich im Bengalischen und
Arabischen Meerbusen, bewirken die Monsune periodische Drifiströ-
mungen; südlich vom 5. Grad s. Br. hingegen findet sich ein ähn-
liches Circulationssystem wie in den beiden anderen oceanischen Becken
der südlichen Hemisphäre. In der Gegend der Keeling-Insehi setzt
zwischen dem 7. und 20. Grad s. Br. der Aequatorialstrom ein
(es giebt hier nur einen, da der nördliche Aequatorialstrom fehlt)
und geht, immer in derselben Breite verharrend , genau in der Rich-
tung von Ost nach West quer über den Indischen Ocean. Oestlich
von Madagaskar, in der Nähe der Maskarenen, erweitert er sich föcher-
artig und theilt sich hierauf in drei Arme. Der eine derselben wendet
sich nach Norden und fliesst (wenigstens während unseres Sommers)
zwischen 0 und 4^8. Br. von West nach Ost über den Indischen
Ocean zurück, um an der Ostseite desselben wieder in den Aequatorial-
strom zurückzukehren. Er repräsentirt gewissermassen, wenn auch nur
unvollkommen, die äquatoriale Gegenströmung des Indischen
Oceans. Die anderen beiden Arme umschliessen im Westen und Osten
die Insel Madagaskar. Während der nördliche dieser beiden Arme
als Mozambique-Strom den Canal gleichen Namens passirt und,
stets in unmittelbarer Nähe der afrikanischen Küste, bis zur Südspitze
Afrika's vordringt, gelangt der andere Arm, die Insel Madagaskar zur
Rechten lassend, auf directem Wege ebenfalls nach den Küsten des
Caplandes, wo sich beide vereinigen. Südlich vom Caplande (etwa
unter dem 40. Grad s. Br.) biegt diese warme Strömung nach Osten
um, schreitet quer über den ganzen Indischen Ocean bis zur West-
seite Australien's, sendet jedoch vorher, etwa unter 60^ ö. L. v. Gr.,
einen schwächeren Arm warmen Wassers nach der Kerguelen- Insel
und weiter südwärts mitten durch die kalte antarktische Driftströmung,
von welcher die rücklaufende Strömung des Indischen Oceans im Sü-
den begleitet wird. Die genannte antarktische Driftströmung aber be-
wegt sich von West und Südwest her der Südwestspitze Australien's
zu. Hier spaltet sie sich in zwei Arme, von denen der eine als
Westaustral - Strömung der Westküste Australien's folgt, um
dann in die Aequatorialströmung wieder einzulenken, während der
andere, die Südaustral - Strömung, südlich von Australien der
Insel Tasmanien zusteuert und sich im Norden und Süden derselben
in den StiDen Ocean ei^esst.
Auch die südhemisphärischen Oceane zeigen eine überraschende
Aehnlichkeit in ihren Strömungen. In ihnen allen vollzieht sich ein
Kreislauf in gleichem Sinne, d. h. in entgegengesetztem Sinne wie
in den nordhemisphärischen Becken. Sie alle besitzen ohne Ausnahme
80 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
ihre Aeqoatoriaktrömuiigen , sowie ihre rücklaufenden Strömiiiigen ;
zu der kalten Peroanischen Strömung finden wir Nachbilder, wenn
auch schwächlicherer Art, in der Benguela- und Westaustral - Strö-
mung, und ebenso wiederholt sich die warme Brasilianische Strö-
mung in der Mozambique- und Ostaustral- Strömung. Eine genauere
Erforschung namentlich auch der Unterströme, flir ii^elche bis jetzt
nur ein äusserst geringes Material TorÜegt, dürfte vielleicht zur Ek*-
kenntniss noch mancher ^deren Analogien fuhren.
V. Die Theorien der Meeresströmungen.
n^ur mit innerem Widerstreben begeben wir uns aus dem Bereich
X 1 der Thatsachen hinüber auf das Feld der Hypothesen und Theorien,
hinüber in ein Gebiet, auf welchem sich die Anschauungen der grössten
Physiker noch unvermittelt einander gegenüber stehen. Es kann natür-
lich nicht unsere Absicht sein, hier ein Problem zu lösen, welches einem
der schwierigsten Theile der theoretischen Physik, der Hydrodynamik,
angehört; wir werden uns vielmehr bescheiden, die wichtigsten Theorien
mitzutbeilen und kritisch zu beleuchten.
Sehr oft wird bei Behandlung hierher gehöriger Fragen darauf
hingewiesen, dass die Strömungen des Wasser- und Luftoceans genau
denselben Bildungsgesetzen untergeordnet seien und dass daher auf die
einen wie auf die anderen die gleichen Erklärungsprincipien angewendet
werden müssten. Indess ist dies doch nicht völlig zutreffend. Wir
machen nur auf folgende Gegensätze zwischen Wasser- und Luftocean
aufinerksam. Das Meer wird nicht wie die Atmosphäre von unten
erwärmt, sondern von der Oberfläche; daher fehlt im Ocean das Ana-
logen zu den aufsteigenden Luftströmen am Aequator. Femer ist die
Bedeutung der Temperaturdifferenz für die Entwicklung von Strömungen
eine viel geringere in den Oceanen als im Luftkreise. Der Unterschied
der Meereswärme am Pol und am Aequator ist verhältnissmässig klein ;
denn er beträgt selbst an der Oberfläche höchstens 35 ® C. , auf dem
Grunde des Oceans aber nur 4 ® C. Femer sind die täglichen Schwan-
kungen der Meerestemperaturen kaum bemerkbar, und selbst die jähr-
lichen sind, verglichen mit denen der Luft, äusserst geringftkgig. Auch
dehnt sich die Luft bei gleicher Temperaturerhöhung viel mehr aus als
das Wasser; die Luft würde bei einer Temperaturerhöhung von 30 ® C.
um Vio> das Wasser hingegen nur um Vss ^^ Volumens vergrössert
werden. In Folge dessen sind die Gleichgewichtsstörungen bei -gleichen
Temperaturveränderungen für jenes Element 8V2 nial so gross als für
Pescliel-Leipoldt, Phys. Erdlrancle. II. 6
82 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
dieses^), weshalb auch die Luftströme heftiger und mächtiger, daftir
aber weniger beständig sind als die Meeresströme. Endlich ist den
Luftströmungen ein yid fi*eierer Spielraum gewährt als den Meeres-
strömungen, denen der Weg zu einem nicht geringen Theile durch den
Verlauf der Küsten vorgezeichnet ist
Die Gresammtheit der Meeresströmungen lässt sich im allgemeinen
in zwei Gruppen zerlegen: in Strömungen, die sich von Ost nach West
oder in umgekehrter Richtung bew^en (unter ihnen vor allem die
Aequatorialströmungen) , tmd in solche, die im Sinne der Meridiane
fortschreiten. Bei Mühry finden wir fiir die ersteren auch die Aus-
drücke longitudinale oder ßotationsströmungen, ftir die letzteren die
Namen latitudinale oder Thermalströmungen.
Die von Ost nach West gehenden Aequatorialströmungen
haben Kepler*) und nach ihm Kant^) von der im entgegengesetzten
Sinne sich vollziehenden Kotation der Erde abgeleitet Nach die-
ser Anschauung werden die nur locker auf dem festen Erdkörper auf-
liegenden Wasser in Folge ihres Trägheitsvermögens durch die Botation
der Erde „gleichsam zurückgeschleudert^. Diese Ansicht lässt einmal
die in drei Oceanen vorhandene Aequatorialg^enströmung unerklärt.
Vor allem aber darf man mit Bestimmtheit annehmen, dass, wenn
selbst im AnfEuig der Ocean der rotirenden Erde nicht in gleichem
Schritte gefolgt wäre, er doch im Laufe so langer Zeiträume von einer
ununterbrochen wirksamen Kraft zu einer mit der Erde vöDig gleichen
Bewegung genöthigt worden sein müsste. Kant hat dies übrigens
ftir die Luftströmungen selbst zug^eben; ebenso gilt dasselbe unzwei-
felhaft ftir die Meeresströmungen, da die Beibung der Wassertheilchen
unter einander und an dem festen Erdkörper während unendlich langer
Zeiträume sicher im Stande ist, der Wassermasse eine der Rotation
der Erde völlig entsprechende Bewegung mitzutheilen ^).
Eine andere Theorie ftihrt die Aequatorialströmungen auf das Auf-
steigen der Bodenwasser am Aequator zurück. Nach dieser
Theorie entftdten sich die Aequatorialströmungen in folgender Weise :
Stünde die Erde still, so würde sich w^en der stärkeren Erwärmung der
äquatorialen Wasser eine verticale CSrcuiation entwickefai : Die warmen
äquatorialen' Wasser würden an der Oberfläche nach den Polen zu ab-
■) A. Mühry in der Zeitschrift der österr. Gesellschaft far Meteorologie.
Bd. IX (1874), S. 279.
^ A. Mührj, lieber die Lehre tod den Meeresströmungen. S. 6.
*) Kant, Schriften zur physischen Geographie. Bd. VI (Rosenkrans-
Schubert'sche Ausgabe), S. 490.
*) Otto Krümmel, Die äquatorialen Meeresströmungen. Leipzig 1877.
S. 31 f.
y. Die Theorien der Meeresströmongen. 83
fliessen, dort erkaltet zu Boden sinken, als kalte Wasser submarin dem
Aequator zueilen und sich hier wieder erwärmt erheben. Nun aber
besitzt die Erde eine Rotation von West nach Ost. Demnach gelangen
die am Aequator empordringenden Wasser in inmier schneller rotirende
Schichten, und da sie das Bestreben' haben, ihre ursprtlngliche Bota-
tionsgeschwindigkeit zu bewahren, so bleiben sie nach West hin zu-
rück, d. h. sie bilden eine gegen West gerichtete Strömung.
Scheinbar bestätigt wird diese Theorie durch die eisigen Grund-
wasser der äquatorialen Meeresgebiete, durch das örtlich beobachtete
(freilich vielfiach auch vermisste) Emporsteigen der submarinen Iso-
thermen nach dem Aequator hin, sowie durch die vom Aequator aus
nach Nord imd Süd hin abnehmenden Geschwindigkeiten der Aequa-
torialströmungen ^).
Indess regen sich auch gegen diese Theorie sofort ernste Bedenken.
Zunächst ist es sehr zu bezweifeln, dass am Aequator ein intensives
Aufsteigen stattfindet. Hiergegen zeugen vor allem die Oberflächen-
temperaturen. Würde sich nämlich das Wasser rasch erheben, so
müssten sich in der Nähe der Oberfläche fast dieselben Temperaturen
vorfinden wie in der Tiefe, da das Wasser nur von oben her erwärmt
wird und seine Wärmeleitungsfähigkeit eine sehr geringe ist, die Wärme
siao auch nur äusserst langsam in die Tiefe hinabdringt. Statt dessen
aber zeigen die Oberflächenschichten der äquatorialen Meere sehr hohe
Temperaturen. Und selbst wenn ein rasches Emporsteigen der äqua-
torialen Wasser nachgewiesen werden könnte, so liesse sich immer noch
daran zweifeln, dass hierdurch kräftige Aequatorialströmungen entstehen
könnten. Würde ein Körper aus einer Tiefe von 2100 Faden unter
der mathematischen Erdoberfläche (unge&hre Tiefe des Meeres am
Aequator) frei emporgeschleudert bis zu dem genannten Niveau, so
würde er allerdings mit einer Rotationsgeschwindigkeit hier anlangen,
vermöge deren er am Aequator täglich 13 Seemeilen nach Westen zu-
rückbUebe. Nun aber kann hier von einem freien Emporschnellen
nicht die Rede sein. Vielmehr ist jedes Wassertheilchen ein Glied
einer grossen Masse, mit welcher es durch innere Kräfte verbunden
ist; die durch die Theorie geforderte rückläufige Bewegung erfahrt da-
her thatsächlich eine bedeutende Abschwächung^). Es bezeichnet dem-
nach die gefundene Bewegungsgrösse von 13 Seemeilen einen unter den
thatsächlichen Verhältnissen unerreichbaren Maximalwerth, und doch
beträgt die wirkliche Geschwindigkeit der Aequatorialströmungen im
Mittel wahrscheinUch noch über 13, in einzelnen Fällen aber sogar
») Otto Krümmel, 1. c. S. 40 f.
«) Vgl. hierzu OttoKrümmel, 1. c. S.41 f. K.Zöppritz, Göttingische
gelehrte Anzeigen. 24. April 1878. Stück 17. S. 522 f.
84 Dritter TheiL Die Wasser- and Lufthülle der Erde.
20 bis 25, ja nahessa 30 Seemeilen. Mithin kann ssam mindesten das
Aufsteigen der äquatorialen Wasser nicht die alleinige Ursache der
nach West gerichteten äquatorialen Strömungen sein.
Von allen Versuchen^ die Aequatorialströmungen zu erklären, er*
fi^ut sich seit einem Jahrhundert unter Geographen und Seelenten
keiner eines grösseren BeifaUs als derjenige, welcher die Passate zum
Motor jener Strömungen macht.
Schon Franklin betrachtete den Passatwind als den Uibeber
des seinen „Gol&trom^ erzeugenden Aequatorialstromes; ebenso scheint
A. y. Humboldt den Passaten eine gleiche Bedeutung zuerkannt zu
haben^). Vor allem aber war es Rennell, welcher die Lehre von
den durch Winde hervorgerufenen „Driftströmungen^ (Drificurrents)
ausbildete. Hiain folgten ihm Sir John Herschel, Croll, Laugh-
ton, Carpenter u. a., obwohl es auf d^ anderen Seite auch nicht
an Gegnern dieser Anschauung fehlte. Der schwerste Einwand, wel-
cher Yon Seiten der letzteren gegen die Passattheorie geltend gemacht
wurde, war der, dass die zwar beständig, aber sanft wehenden Passate
das Meer nicht über 5 — 6 Faden tief in Bewegung zu setzen ver-
möchten'), während doch nach zwei Beobachtungen Irminger's^) die
nördliche Aequatorialströmung des Atlantischen Oceans bis zu einer
Tirfe von gegen 500 Faden hinabreicht
Dieses Bedenken, welches noch vor wenigen Jahren völlig gerecht*
fertigt war, ist jedoch hinfiillig geworden durch eine ausserordenüidi
werthvolle Arbeit von K. Zöppritz, betitelt: „Zur Theorie der
Meereströmungen^ ^), in welcher durch eine eingehende physikalische
Analyse gezeigt ist, wie oberflächliche Impulse auf flüssige Massen
wirken und sich durch die Reibung der Flüssigkeitsschichten gegen
einander in die Tiefe fortpflanzen.
Die wichtigsten Resultate dieser Arbeit sind folgende: Wird eine
ebene Flüssigkeitsschicht durch irgend eine Ursache in ihrer eigenen
Ebene mit gegebener Geschwindigkeit fortbewegt, so kann die ihr an-
U^ende Schicht nicht in Ruhe bleiben, sondern erfährt in Folge des
molecularen Zusammenhangs mit jener einen Antrieb zur Bewegung
in gleicher Richtung und erlangt bei fortdauernd gleichförmiger Bewe-
gung der ersten Schicht sdbst eine G^eschwindigkeit, die sich derjenigen
der ersten Schicht immer mehr nähert Die zweite Schicht wirkt nun
auf die dritte wie die erste auf die zweite, und so schreitet die Be-
>) Kosmos. Bd. I, S. 326.
')Findlay, A Directory for the NaTigation of the Pacific Oceao.
London J851. Part 11, p. 1238.
') Zeitschrift für Allgemeine Erdkunde. Berlin 1S54. Bd. III, S. 173.
*) Wiedemann*8 Annalen. Nene Folge. Bd. III (1S78), S. 582—607.
Y. Die Theorien der Meeresstromiingeik. 85
w^ang nadi unteo Ton Sdiidit sa Schicht weiter bis dahin, wo sich
die letzte Flüssigkdtsschicht mit &net faeskea Gnmdlage baOhrt
W^in sdt oneiidlich langer Zeit die OberflSchenachicht dner in
horizontaler Richtung unbegrenzten Flüssigkeitsmasse immer in der-
selben Geschwindigkeit ehalten worden ist, so befindet sich die ganze
Wassermasse in dnem stationären, d. h. mit der Zeit nicht mehr ver-
änderiichen Bew^nngszostand. Die Greschwindigkeit ist dann nur
durch die Tiefe unter der Oberfläche bedingt, und zwar nimmt sie in
demselben Masse ab, wie die Tiefe zunimmt, bis sie am Boden gleich 0
ist, was durch die Gleichung ausgedrückt wird:
wenn x eine gewisse Tiefe, tr, die Greschwindigkeit in derselben, t^o
die Geschwindigkeit an der Oberfläche und h den Abstand der un-
tersten und obersten Schicht bezeichnet.
Bei dem nach unendlich langer Zeit hervorgerufenen Bewegungs-
zustand ist die Gkschwindigkeitsvertheilung vom Reibungscoefficienten
völlig unabhängig; sie ist demnach in einer dünnen Flüssigkeit, wie
Wasser, dieselbe wie in einer dickflüssigen, z. B. in Syrup. Die Ab-
hängigkeit vom Reibungscoefficienten kommt erst bei zeitlich veränder-
lichen Bewegungen zur Geltung und gewährt ein Mass fUr die Tiefe,
bis zu welcher hinab der Oberflächenantrieb innerhalb einer gewissen
Zeit wirkt
Für die Geschwindigkeit in der Tiefe einer ursprünglich ruhenden
Wassermasse ermittelte Zöppritz das Gesetz, dass eine beliebige,
zwischen 0 und Wq ^) feilende Geschwindigkeit zu verschiedenen Zeiten
in Tiefen eintritt, welche sich verhalten wie die Quadratwurzeln aus
den Zeiten. Eine weitere Berechnung ergab, dass 239 Jahre nöthig
sind, damit die Wassertheilchen in 100 Meter Tiefe die halbe Ge-
schwindigkeit der Oberfläche erlangen, doch nur 41 Jahre, damit ein
Zehntel der Oberflächengescbwindigkeit so tief eindringt Dieselben
Geschwindigkeiten sind demnach in 10 Meter Tiefe schon nach 2,39,
bez. 0,41 Jahren erreicht. Der Reibungscoäfficient des Meerwassers
wurde dabei nach O. E. Meyer' s Bestimmungen zu 0,0144 ange-
nommen, wobei Centimeter und Secunde die zu Grunde liegenden Ein-
heiten sind. Für zähere Flüssigkeiten würden natürlich die entspre-
chenden Werthe kleiner sein.
Die oben angefahrten Zeiten belehren ims, dass sich Bewegungen
nur äusserst langsam in die Tiefe fortpflanzen ; dasselbe gilt aber auch
fbr das Eindringen einer Geschwindigkeitsänderung von der Ober-
^) Wo bezeichnet die constante Geschwindigkeit an der Oberfläche seit
einer gewissen Zeit.
N
86 Dritter Tbeil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
fläche her, deren Einfluss sich zu der fiiiher vorhandenen Bewegung
einfach addirt Wirken deshalb Gegenwinde oder Stürme vorüber-
gehend auf eine stationäre, linear mit der Tiefe sich verzögernde Strö-
mung ein, 80 werden dadurch nur die oberflächlichsten Schichten Ge-
schwindigkeitsveränderungen erfahren; weiter abwärts hingegen wird
eine mittlere, mit der Zeit nur sehr wenig veränderUche Geschwindig-
keit herrschen, welche durch die mittlere Geschwindigkeit an der
Oberfläche bedingt ist. Für die Richtung derselben sind die vorwal-
tenden Winde massgebend; von ihrer Stärke ist zugleich die Schnel-
Ugkeit der Strömung abhängig.
Wechseln die Winde periodisch mit den Jahres- und Tageszeiten,
so wird, nachdem dieser periodische Zustand eine unendlich lange Zeit
gewährt hat, die Geschwindigkeit in jeder Tiefe eine periodische Func-
tion der Zeit von gleicher Periode, aber mit nach abwärts schnell sich
verringernder Amplitude der Veränderlichkeit und verzögertem Eintritt
der Maxima und Minima. In einer Tiefe von 10 Metern wird die
Amplitude der jährlichen Oscillation schon auf weniger als Via verrin-
gert; in 100 Meter Tiefe wird sie ganz unmerklich. Dort entspricht
die Geschwindigkeit dem stationären Zustande; sie ist dieselbe, wie
wenn der Oberfläche die mittlere jährliche Geschwindigkeit ertheilt
würde. Wenn die Tiefen in arithmetischer Reihe abnehmen, so nehmen
die Amplituden der Oscillation in geometrischer Reihe ab, der Art, dass
in vier Tiefen a?! , x^, x^j x^j die so gelegen sind, dass 0:4 — Xs =
X2 — Xiy die Amplituden ^^ , ^27 ^3 > ^4 ^ den Verhältnissen
stehen:
i9"4 : i9'3 = i9"2 : fl*!.
Je ein Maximum imd das darauf folgende Minimum der Oscillation von
der Dauer eines Jahres finden sich gleichzeitig in einem Tiefenabstand
von 11,9 Metern.
Zöppritz bat femer ermittelt, welche Zeit eine constant bleibende
Oberflächenbewegung gebraucht, um im Innern eines 4000 Meter tiefen,
vorher ruhenden Oceans den stationären Zustand herbeizuftihren. Nach
10 000 Jahren herrscht in der halben , d. h. in 2000 Meter Tiefe erst
die Geschwindigkeit 0,037 Wq, während doch im stationären Zustand
(vgl. S. 85) die Geschwindigkeit 0,5 iVg betragen muss. Nach 10 000
Jahren ist somit in solchem Falle der Ocean noch weit vom stationären
Zustand entfernt Nach 100 000 Jahren ist in der genannten Tiefe die
Geschwindigkeit schon 0,461 Wq^ also dem definitiven Werthe schon
sehr nahe. Nach 200 000 Jahren weicht sie nur noch in der dritten
Dedmalstelle um zwei Einheiten davon ab. — Ausserdem ist noch
hervorzuheben, dass flir einen Strom im stationären Zustande der Ein-
fluss der Ufer auf die Geschwindigkeitsvertheilung ein ausserordentlich
V. Die Theorien der MeeresBtrömuDgen. 87
geringer ist, sowie dass in einer Fltissigkeitsscliicht von constanter
Tiefe sehr wohl zwei parallel derselhen Geraden, aher in entgegen-
gesetzten Bichtongen verlaufende stationäre Strömungen, ohne sich zu
stören, an einander grenzen können. Ihre Scheidefläche ist dann eine
ihrer Richtung parallele Verticalebene, in welcher die Geschwindigkeit
= 0 ist, die sich also gegen jeden Strom wie ein festes Ufer verhält.
Ueber.die hohe Bedeutung der Z ö p p r i t z ' sehen Untersuchimgen flir
die Lehre von den Meeresströmungen kann kein Zweifel bestehen; sie
sind besonders insofern von grosser Wichtigkeit, als sie den Winden
die bisher nur als schwächliche Motoren der oceanischen Oberflächen-
wasser angesehen wurden, eine ausserordentliche Machtflllle zuerkennen.
Hervorzuheben sind namentlich folgende den bisherigen Anschauimgen
mehr oder weniger widersprechende Sätze: Constante Oberflächen-
ströme, wie die durch die Passatwinde erzeugte Drift in den tropischen
Oceanen, machen sich mit linear abnehmender Geschwindigkeit bis auf
den Grund hinab bemerkhch. Aendem sich die periodisch oder un-
periodisch an der Oberfläche thätigen Kräfte, so pflanzen sich ihre
Wirkungen nur äusserst langsam in die Tiefe hinein fort; ftir die
periodischen vermindert sich die Amplitude nach der Tiefe zu sehr
schnell. Aus alledem, aber geht hervor, dass die Bewegung des Haupt-
körpers einer periodisch-veränderlichen Oberflächenkräften unterworfenen
Wasserschicht durch die mittlere Geschwindigkeit der Oberfläche be-
stimmt ist und dass die periodischen Veränderungen nur in eine dünne
Oberflächenschicht eindringen.
Prüfen wir nun nach diesen theoretischen Erörterungen, ob die
Meeresströmungen der äquatorialen Gebiete mit den dortigen Wind-
strömungen im Einklang stehen, so lässt sich allerdings eine allgemeine
Harmonie dieser beiden Gruppen von Erscheinungen nicht verkennen.
Sie beide beherrschen im wesentlichen ein und dasselbe Terrain. Auch
erleiden die Aequatorialströmungen im Atlantischen Ocean in ganz
ähnlicher Weise wie die Passate und nahezu gleichzeitig noit ihnen eine
Verschiebung nach Nord und nach Süd, während, wenigstens vom
Juni bis September, zwischen beiden Passaten (genau auf dem Gebiet
der Guinea -Strömung) ein Südwestmonsun nach der afrikanischen
Küste weht
Wenn g^en den behaupteten Causalnexus zwischen Passaten und
äquatorialen Strömungen der Einwand erhoben wird i), dass die Passate
in der Nähe des Aequators schwächer blasen, während die Stärke der
Meeresbewegung dort am grössten ist, so dürfte zwar das letztere,
^) A. Mühry in Petermann's MittheiloDgen 1874, S. 373. Zeitochrift
der österr. Gesellschaft für Meteorologie. Bd. X (1875), S. 173.
88 Dritter Theil. Die Wasser- and Lufthülle der £rde.
ab^ nicht das erstere mit Sicheriieit erwiesen sein. Leider fehlt es
in dieser Hinsicht noch sehr an genauem und nmBsissendem Beobach-
tmigsmateriaL Vielleicht setzt auch das Wasser, enigegen dem Ver-
halten der Luft, nur deshalb seinen Weg nach dem Aequator mit be-
schleunigter Geschwindigkeit fort, weil es in der einmal angenommenen
Bewegung beharrUcher ist als die Luft und stets unter dem (wenn
auch ein wenig schwächer werdenden) Antrieb der Luft bleibt.
Viel wichtiger dünkt uns dine andere, längst schon allgemein an-
erkannte Thatsache zu sein, welche eben&lls die Intensitäten der Passate
betriffl;: dass nämlich der Südostpassat auf der Diagonalzone zwisdien
dem Cap der Guten Hoffnung und Gap San Boque sich viel stärker
und steter entfaltet als der Nordostpassat. Maury^) hat dies ermit.
telt durch die Berechnung der durchschnittlichen Greschwindigkdten,
mit welchen die von Ostindien nach Nordamerika heimkehrenden Schiffe
die Passatregionen durchschneiden« Es ergab sich, dass sich die Stärke
des Südostpassates zu der des Nordostpassates verhält wie etwa 4 : 3.
Dieses Resultat ist fbr uns in doppelter Beziehung von Bedeutung.
Erstens hilft es uns mit erklären, warum die Aequatorialströmungen in der
Nähe des Aequators (insbesondere zwischen dem 2. Grad n. Br. und dem
6. Grad s. Br.)'am kräftigsten sind^; denn dieses Gebiet steht noch unter
der Herrschaft des Südostpassats. Zweitens stimmen mit jenem Inten-
sitätsverhältniss der Passate (4 : 3) die aus den bisherigen Au&eich-
nungen berechneten mittleren Geschwindigkeiten der nördlichen und
südlichen Aequatorialströmung auffallend überein; denn die mittlere
Bew^ungsstärke der südlichen Aequatorialströmung beträgt 16,2 See-
meilen, der nördUchen 13,1 Seemeilen ^); wir begegnen hier also Strom-
intensitäten, die sich annähernd ebenfsLlls verhalten wie 4 : 3.
Besondere Schwierigkeiten scheinen der Passattheorie aus einer
Thatsache zu erwachsen, auf die Otto ErümmeP) aufinerksam ge-
macht hat An der ganzen Westküste Südafirika's vom Capland bis
zu den Guineainseln wehen die Passate, „detrahirt^^ durch das süd-
afrikanische Hochland, von Süd nach Nord; erst mehr als 100 Md-
len westwärts von der Küste tritt der regelmässige Südostpassat auf.
Das Gebiet der Calmen li^ dort im Mittel zwischen dem 2. und
5. Grad n. Br. Man erwartet demnach, dass die Wasser der Ben-
guela-Strömung durch den Südpassat bis zum ^gerdelta nach Norden
gedrängt und hier ent durch den afiikanisdien Continent nach Westen
^) M. F. Manry, ÄTerage force of the trade winds in: Sailing direc-
tions etc. S^ ed. Washington 1 859. Vol. II, p. 857 sq.
«) Vgl. oben S. 57.
») L c. S. 34 f.
V. Die Theorien der Meeresströmungen. 89
abgelenkt würden. Statt dessen aber wendet sich die südliche Aequa-
torialströmang wider Erwartung mit scharfem Knie schon bei Gap
Lopez nach Westen.
Vielleicht lässt sich diese Anomalie in folgender Weise erklären:
Das Gebiet des Südostpassats reicht nach Norden zu fast genau bis
zur Breite von Cap Lopez. Bleibt nun dieses Gebiet auch zu weit von
der afrikanischen Küste entfernt, als dass man jenes Knie der directen
Wirkung des Passats zuschreiben könnte, so ist derselbe doch mittel-
bar die Ursache jener plötzlichen Crirsveränderung der Benguelaströ-
mung. Der Passat treibt die Wasser der südUchen Aequatorialströmung
nach Westen. Da sich nun nach hydrostatischen Gesetzen keine Lücke
im Ocean behaupten kann, so muss zur Bewahrung des Gleichgewichts
eine Strömung nach dem Orte des Abflusses hervorgerufen werden,
welche die vom Passat fortgeführten Wasser ersetzt. Dies ist aber
"der bei Cap Lopez scharf umbiegende östliche Theil der südlichen
Aequatorialströmung. Das Motiv ist demnach aspirativ, nicht propul-
siv wie bei den durch den Passat direct erzeugten Strömungen.
Die Guineaströmung entsteht offenbar dadurch, dass die bei-
den Aequatorialströme nach ihrem Anprall an die Westufer des Oceans
nicht allein polwärts nach Nord und Süd abfliessen, sondern auch je
einen schwächeren Zweig nach innen senden ; beide vereint bilden dann
die Guineaströmung, deren Geschwindigkeit ja auch, wie die Theorie
verlangt, mit derjenigen der sie erzeugenden Ströme annähernd über-
einstimmt. Aber warum taucht dieselbe nicht am Westrande, sondern
erst in der IVIitte des Oceans auf? Sicher dringt sie nicht aus der Tiefe
desselben empor, wie schon ihre relativ hohen Temperaturen zeigen.
Die Ursache hiervon ist vielmehr darin zu suchen, dass sich die Con-
tinente nicht vertical, sondern in sanften Böschungen aus dem Meere
erheben und ausserdem der Verlauf der Küsten, besonders der süd-
amerikanischen, ein sehr unregelmässiger ist; hierdurch wird das Zu-
standekommen regelmässiger Stromfiguren wesentlich gestört. Femer
ist die viel geringere Geschwindigkeit der nördlichen Aequatorialströ-
mung gegen die südliche nicht ohne Bedeutung für die Eigenthümlich-
keiten im Auftreten des Guineastromes ^). Vor allem aber scheint uns
das Fehlen des Passats an jener Stelle entscheidend zu sein für die
Lage und Entwicklung des Guineastromes. Er wird im westlichen
Theile des Atlantischen Oceans besonders deshalb vermisst, weil hier
die ziemlich genau von Ost her wehenden Passate fast unmittelbar zu-
sammenstossen , ohne eine Zwischenzone zwischen sich zu haben. Er
entfaltet sich jedoch auf demselben keilfbrmigen , nach Westen zu-
*) K. Zöppritz in Wiedemann's Annalen, Bd. ^ '>6.
90 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
gespitzten Raum, welcher aof den Windkarten Stillten und wechselnde
Südwest- und Nordostmonsune (jene im Sommer, diese im Winter)
aufweist, also da, wo die Macht der Passate gebrochen ist Nun ist
es klar, dass die Guineaströmung nicht durch die Südwestmonsune
verursacht wird, da diese nur vom Juni bis September wehen, wäh-
rend die Guineaströmung in keinem Monate erstirbt Sie bemächtigt
sich aber gerade jenes passatlosen Raumes, weil sie hier den geringsten
Widerstand zu bewältigen hat Ihr ansehnHches Wachsthum während
der Sommermonate hat offenbar darin seinen Grund, dass sie sich vom
Juni bis September in gleichem Sinne mit den Südwestmonsunen
bewegt
Wir leugnen nicht, dass der obige Versuch, die äquatorialen
Strömungen des Atlantischen Oceans den ihn beherrschenden Winden
dienstbar zu machen, zum Theil noch den Charakter des Hypothetischen
an sich trägt. Bekräftigt würde die Passattheorie, sobald auch im
Stillen 'und Indischen Ocean Luft- und Meeresströmungen in harmo-
nischer Uebereinstimmung sich beiden. Zwar fehlt es hier noch
mehr an vollständigem Beobachtungsmaterial; doch sind wenigstens im
allgemeinen die verwandtschaftlichen Züge beider Gruppen von Er-
scheinungen nicht zu verkennen. In dem ösüichen und mittleren
Theile des Stillen Oceans entsprechen sich die Grenzen der Passate
ujid der Aequatorialströmungen ziemlich gut; besonders bemerkenswerth
ist, dass innerhalb der grossen Inselflur westlich von den Tuamotu-
Inseln, also im Gebiet der wechselnden Südost- und Nordwest-Mon-
sune, eine Ermattung, resp. Theilung des südlichen Aequatorialstromes
in schwächere Arme eintritt. Viel umfangreicher als das Terrain des
Südostpassats ist im Stillen Ocean dasjenige des Nordostpassats; denn
der letztere weicht erst westwärts der Marianen den ^Monsunen. Doch
erreicht auch er nicht die Westufer des Stillen Oceans. Wenn trotz-
dem der nördliche wie der südliche Aequatorialstrom im westlichen
Theile dieses Weltmeeres bis an die Ostränder des asiatischen und
australischen Continents und der Inselwelt zwischen ihnen vordringen,
so ist dies wohl die Folge davon, dass eine so starke, über den
grössten aller Oceane sich erstreckende Wasserbewegung nicht durch
so schwache ]Mittel, wie es die periodisch entg^en wehenden Monsune
sind, plötzlich zum Stillstand gebracht werden kann ^). Zudem er&hrt
die westwärts gerichtete Strömung des Wassers periodisch eine Unter-
stützung durch den Nordost-, resp. Südostmonsun während der süd-
lichen, resp. nördlichen Declination der Sonne, Was die äquatoriale
') Vgl. hierzu K. ZÖppritz in WiedemauD's Annaleo, Bd. VI
(1879), S. 608.
Y. Die TUeonen der Meeresstroimiiigeii. 91
Gregenströmiiog b^riffi, so fiegt sie aadi hier in der S^^dickeii Hafte
des Ooeans nöidEch Tom Aeqaativ und Mit mit emem nadi West
hin Zugespitzten Baum zusammen, in ^reichen auf den Windkaiten
Stillten und für den Sommer Südwestwinde eingetragen sind« Sie ist
vielleicht eine Aus^eichsstromung für den in da- Mitte des Oceans in
seiner flntwickfamg gehemmten und stark nach Xord hin gedri&ngteu
südlichen Aequatorialstrom. Im übrigen gilt fär sie das mdste« was oben
über die Guinea -Strömung gesagt wurde.
Endlich stimmt auch das Passatgebiet des Indischen Oceans mit
dem Grebiet des indischen Aequatorialstromes vorzügHch überdn. Nur
der schmale Arm, welcher die Nordspitze Ton Madagaskar umfliesst,
in den Cänal von Mozambique sidi einen Weg bahnt und den doit
beständig henrsdienden Südwinden zum Trotz an der Ostküste Afnka^s
nach Süden zu fortsdireitet , passt nicht in dieses System. Vielleicht
ist hier ein ähnliches Motiv anzunehmen wie für die Aequatorialströme
im westlichen Theile des Stillen Oceans, da die Mozambique-Strömung
unzweifelhaft die Fortsetzung eines durch den afrikanischen Continent
nach Südwest abgelenkten Armes von dem indischen Aequatorinl-
Strome ist.
Haben wir soeben in den Passaten das Agens erkannt , welclios
den äquatorialen Meeren bis in ihre grössten Tiefen hinab eine Bewe*
gung mitzutheilen vermag, so ist es eine nothwendige Consequenz, di\S&
wir den Winden auch bei Entstehung der meridionalen Strö-
mungen eine bedeutende Mitwirkung zuschreiben. Docli wollen wir
nicht unterlassen, auch diejenigen Theorien kurz zu besprechen, welche
die meridionalen Strömungen auf andere Exiifte zurückführen.
Wir erwähnen zuerst die sogenannte Gravitationstheorie,
welche von Emil Witte aufgestellt und früher von A. Mühry vor-
theidigt wurde ^). Nach dieser Theorie erhebt sich in Folge der ver-
minderten Schwerkraft das Niveau der Meere am Aequator höher als
an den Polen, weshalb ein Abflugs aus niederen Breiten nach höheren
stattfinden müsse. Nun ist zwar der erste Satz zutreffend; dennoch
wird die geforderte Circulation nicht eintreten, weil die höhere Wasser-
säule unter dem Aequator genau so schwer ist wie die niedrigere au
den Polen und somit das hydrostatische Gleichgewicht trotz der ver-
schiedenen Grösse der Säulen nicht gestört wird.
Femer kann die verschiedene Salinitätsstufe der Meere kein
wesentliches Motiv sein zur Entwicklung der Strömungen. Zwar ver-
^) E. Witte in Poggendorffs Annalen, Bd. CXLII (1871), S. 281 ff.
und: üeber Meeresströmungen. Pless 1878. S. 9 ff. A. Mühry in Peter-
mann's Mittheilungen 1874, S. 375.
92 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
mehrt sich oft der Salzgehalt nicht unmerklich bei starker Verdunstung,
wie er sich andrerseits, z. B. in der Nähe schmelzender Eisberge, auch
wesentlich verringert, weil die Elismassen keinerlei Salz enthalten; doch
bewirken derartige Vorgänge, die noch dazu meist räumlich ausser-
ordentlich beschränkt sind, nur geringe Schwereunterschiede des Was-
sers und vermögen sicher das System der Meerescirculation nicht we-
sentlich zu beeinflussen.
Aus einer ungleichen Verdunstung hat man auch noch in
anderer Weise die Bildung von Meeresströmungen abzuleiten versucht
Bei lang andauernder Trockenheit — sagt man — könne in der Passat-
zone durch die hiermit verbundene starke Verdunstung eine Erniedri-
gung des Meeresniveaus herbeigefiihrt werden; hieraus aber folge noth-
wendig zur Herstellung des Gleichgewichtes ein Zuströmen von den
Seiten '). Gesetzt aber selbst, dass in den Passatregionen die tägliche
Verdimstung 1,2 Centimeter betrüge, so könnten wir doch darin keinen
genügenden Grund zur Ent<ung von Meeresströmungen erblicken.
Diese Niveaudifferenz wird nätnlich augenblicklich, also stets ganz all-
mählich ausgeglichen, noch ehe sie eine namhafte Grösse mit ent-
sprechendem Grelle erreichen kann. Und selbst wenn sie etwa zwischen
dem 15. und 55. Breitengrad einmal auf 1,2 Centimeter stiege, so
würde sich daraus immerhin nur ein Ge&lle von 0,02 Millimeter auf
die Meile ei^ben: gewiss eine so geringfilgige Grösse, dass sie nicht
im Stande wäre, mächtige Strömungen zu erzeugen. Höchstens können
örtlich beschränkte Oberflächendriftien auf diese Weise hervorgerufen
werden.
Eine andere Erklärung der meridionalen Meeresströmungen, zu
welcher sich noch jetzt die meisten Physiker und Geographen beken-
nen, gründet sich auf die Wärmeunterschiede zwischen den äqua-
torialen und polaren Meeren. Zu den Vertretern dieser Theorie ge-
hören Arago*), Lenz*), Mühry*), Mohn^) u. a.; doch zählte
vor nahezu 400 Jahren bereits Leonardo da Vinci zu ihren An-
hängern*).
*) G. A. V. Klöden, Handbuch [der physischen Geographie. 2. Auflage.
Berlin 1866. S. 441. 451.
») Poggendorffs Annalen, Bd. XXXVII (1836), S. 450 fL
^ Bulletin physico - math. de l'Acad. Imp. de St Petersb. Vol. V (1847),
p. 65 sq.
^) A* Mühry, Ueber die Lehre ron den Meeresströmungen« Grottingen
1869. S. 3. Zeitschrift der österr. Gesellschaft für Meteorologie. Bd. IX
(1874), S. 280 f. u. a.
'O H. Mohn, Gnindzüge der Meteorologie. 2. Aufl. Berlin. 1879. S. 158 £
<) O. Peschel, Geschichte der Erdkunde. 2. Aufl. (heraosgeg. Ton S.
Rage). München 1877. S. 438.
y. Die Theorien der MeeresströmimgBn. 93
DoTch die Wärme wird das Wasser ausgedehnt, wobei es noth-
wendig an specifischer Schwere verliert, was es durch die Ausdehnung
an Volumen gewonnen hat Hieraus folgt weit^, dass das leichtere
Wasser unter dem Aequator ein höheres Niveau einnimmt als das
schwerere an den Polen; es wird daher nach den Polen zu abfliessen,
wie das Wasser eines Flusses von den Höhen hinab zum Thale eilt.
Diese Strömung wird fortdauern, so lange jener Wärmeunterschied be-
steht In den unteren Regionen des Wassers hing^en wird sich ein
Unterstrom nach dem Aequator zu ergiessen; denn das aus tropischen
Gebieten stammende Oberflächenwasser verleiht den Polarwassem ein
Uebergewicht, während es gleichzeitig die Aequatorialwasser noch mehr
entlastet Diese theoretischen Erwägungen sind so einfach und richtig,
dass wir an ihrer Wahrheit nicht zweifeln können.
Sucht man freilich das Motiv zu den meridionalen Meei*esströ-
mungen lediglich in der Niveauerhöhung der stärker erwärmten äqua-
torialen Meerestheäe, welche in Folge derselben oberflächlich abfliessen
und durch Druckvermehrung in polaren Gegenden einen submarinen
G^enstrom erzeugen, so stösst man bald auf nicht zu beseitigende
Schwierigkeiten. Die Wännewirkungen der Sonnenstrahlen, denen in
solchem Falle die Erhöhung des Meeresniveaus zugeschrieben wird, er-
strecken ffich nämlich, wie die Tiefsee -Lothungen des „Challenger^' und
der „Gazelle" gelehrt haben, nur 60 bis 80 Faden tief (vgl S. 45).
Das weitere Eindringen der Wärme in oceanische Tiefen durch Leitung
vollzieht sich äusserst langsam imd kann daher hier ausser Betracht
bleiben. Wenn diese Schicht, unterhalb welcher sich in allen Theilen
des Oceans nahezu gleich kalte Grundwasser ausbreiten, am Aequator
selbst eine durchschnittliche Temperatur von 20^ C. und unter dem
60. Breitengrade von 0^ C. besässe, so würde durch diesen Wärme-
unterschied doch nur eine NiveaudiflFerenz von etwa V4 Faden (= 46 Cen-
timeter) herbeigeführt werden. Ein Meridianbogen von 60 Grad Länge
misst auf der Erdoberfläche 900 geogr. Meilen; es käme demnach auf
die geogr. Meile ein Ge&Ue von c. Va Millimeter: ein Ge&Ile, welches
sicherUch nicht im Stande ist, eine merkbare Strömung hervorzurufen.
Eine andere mechanische Analyse des Vorganges giebt Mtihry^).
Er denkt sich den Ocean in zahlreiche verticale Schichten zerlegt, die
nach dem Aequator liin successiv an Wärme zunehmen und somit an
Gewicht verlieren. Da nun die Schwere des Wassers nicht nur nach
unten, sondern auch nach den Seiten hin wirkt, so müssen die kälteren
und daher schwereren Schichten der Polargegenden auf die wärmeren
und somit leichteren der heissen Zone einen stärkeren Druck aus-
üben als umgekehrt die wärmeren auf die kälteren; es müssen dem-
^) Zeitschrift der österr. Gesellschaft für Meteorologie. Bd. IX (1874), S. 280 f.
94 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
nach die letzteren nach den ersteren hinfülen, d. i. fliessen und zwar,
ihrer grösseren Schwere entsprechend, auf der Tiefe des Meeres, wäh-
rend sich ein warmer Compensationsstrom auf der Oberfläche desselben
in entgegengesetzter Richtung bewegt Der polare Strom gelangt, auf
dem Grunde des Meeres dahinschreitend , nach dem Aequator; hier
aber wird er die Leere auszufüllen suchen, welche durch den Abfluss
des warmen Wassers an der Oberfläche erzeugt wird: hier findet also
eine stete Ascension des Meerwassers statt, welche den polaren und
äquatorialen Strom mit einander verbindet Andrerseits werden die
nach dem Pol ziehenden und sich allmählich abkühlenden Wasser sich
dort senken und so den grossen, vertieal gesteUten Wirbel im Ocean
schliessen. Diese thermale CSrculation' muss sich offenbar auch bei
gleichem Niveau entwickeln. Wir haben es hier mit keiner GeftUs-
Strömung zu thun, sondern mit einer directen Schwereströmung, bei
welcher der Polarstrom der primäre, der AequatoriaLstrom der secun-
däre, zur Compensation zurückfliessende Arm ist, während die Bedeu-
tung der beiden Ströme gerade die umgekehrte ist, sobald man in der
Niveaudifferenz der äquatorialen und polaren Wasser die Ursache der
meridionalen Strömungen erkennt
Nach Mühry kommt die Centrifiigalkraf); der Erde, die ja am
Aequator am kräftigsten ist, der thermischen Circulation zu Hilfe, in-
dem sie die äquatorialen Wasser zu einem energischen Aufisteigen nadi
oben bew^t Hiergegen ist jedoch einzuwenden, dass der Centn-
fugalkraft bereits Genüge geleistet wird durch die ellipsoidische Form
der oceanischen Umhüllung der Erde. Diese Form ist ja dadurch be-
stimmt, dass an jedem Punkte die flüssige Oberfläche senkrecht stehen
muss auf der Resultante der wirkenden Ejäfte, also hier auf der
Resultante der Schwerkraft und der Centriftigalkraft ^). Folglich kann
von einem Eingreifen der Centriftigalkraft in die Strömungen des
Meeres, wie es Mühry angenommen hat, nicht die Rede sein. Die
Gravitationscirculation Mühry's ist demnach zu verwerfen. Es fragt
sich nun noch, welchen Werth wir seiner thermalen Circulation be-
messen dürfen.
Für eine thermische Circulation ist neuerdings auch Carpenter
eingetreten und hat dieselbe durch dn recht anschauliches Experiment
zu erhärten versucht'). Man fÜUte zunächst ein langes, aber schma-
*) Zöppritz in den Göttingiscben gelehrten Anzeigen YOm 24. April
1878. Stück 17. S. 522.
«) Proceedings of the R Geogr. Society. VoL XV (1871), p. 66. Nach
einer freundlichen Mittheilung des Herrn Dr. Krümmel hat bereits Dana
dieses Experiment ausgeführt. Vgl. American Journal of science and arts. Ser. II,
Vol. XXVI (1858), p. 231.
y. Die Theorien der Meeresströmungen. 95
les Gefilss aus gläÄcrnen Wandungen mit Wasser. Hierauf wurde an
dem einen Ende ein Eisstückchen eingeklemmt, an dem andern durch
eine Eöhre heisser Wasserdampf in das Wasser geleitet. Um nun die
Strömungen vom kalten zum warmen Ende und umgekehrt sichtbar
zu machen, schüttete man eine blaue, zähflüssige Gummilösung, welche
sich nicht mit dem Wasser vermischte, am warmen und eine rothe
Gummilösung am kalten Ende in das Wasser. An dem letzteren
wurde dasselbe durch das schmelzende Eis stark abgekühlt und ge-
wann somit an Schwere; die rothe Lösung sank deshalb von der
Oberfläche langsam auf den Boden hinab, breitete sich hier aus und
floss dem warmen Ende zu, um sodann, weil von hier aus das warme
Oberflächenwasser zur Compensation dem anderen Ende zuströmte,
emporzusteigen und endlich erwärmt wieder nach seinem Ausgangs-
punkte zurückzukehren. Somit war eine thermische CSrculation ex-
perimentell festgestellt.
Trotzdem tragen wir grosse Bedenken, die Temperaturunterschiede
als das wichtigste Agens zu betrachten, welches die Wasser der Oceane
beständig im Kreislauf erhält. Bereits Sir John Herschel bezwei-
felte, dass Temperatiu'differenzen im Stande sind, die meridionalen
Strömungen hervorzurufen. Namentlich aber war es JamesCroll*),
welcher, gestützt auf Dubuat's Versuche, durch Rechnung den tiber-
zeugenden Nachweis lieferte, dass in einem Becken von der Länge
eines Erdmeridianquadranten selbst durch einen Temperaturunterschied
von 30® C keine von dem Werthe 0 wesentUch abweichende Strö-
mung entstehen könne. Zeigte sich doch selbst bei Carpenter's
Versuchen nur eine sehr langsame Wasserbewegung, obwohl innerhalb
eines kleinen Wasserbehälters ziemlich grosse Temperaturdifferenzen
zur Geltung gelangten! ^
Das eigenthümliche Verhalten des Wassers im Vergleich zur Luft,
welche durch ungleiche Wärmeentwicklung so ausserordentlich leicht
erregbar ist, ist darin begründet, dass die Luft unter sonst gleichen
Umständen viel rascher grössere Temperaturgegensätze annimmt als
das Wasser und auch wegen ihrer ausserordentlichen Dehnbarkeit
(vgl. S. 81) und geringen Schwere viel mehr zu Gleichgewichtsstö-
rungen und heftagen Bewegungen geneigt ist als das Wasser. Vor
allem aber ist eine Wärmecirculation des Wassere im Sinne Mühry 's
deshalb nicht denkbar, weil bei der geringen Diathermansie und Wärme-
leitungsfkhigkeit des Wassers bereits in 60 bis 80 Faden Tiefe die
Wirkungen der directen Sonnenstrahlung im wesentlichen aufhören, in
^) Philosophical Magazine, Vol. XL, p. 249. Groll, Climate and Time,
p. 119.
96 Dritter TheiL Die Wasser - und LufthüUe der Erde.
einer Tiefe von 200 Faden aber wohl kaum noch eine Spur von den-
selben zu bemerken ist Während die Luft von unten her erwärmt
wird und d^er kräftige aufeteigende Ströme sich in ihr sehr leicht
und häufig bilden, bestehen die unteren neun Zehntel der oceanisclien
Wasser zu allen Zeiten und überall^ wo nicht besondere Factoren ein-
greifen, aus einer in gleichen Horizonten nahezu gleich kalten Masse
mit verschwindend geringer Tendenz zu thermalen Strömungen. Diese
dürften somit in der Hauptsache auf die oberen 200 Faden beschränkt
sein und selbst in dieser Schicht bei weitem nicht jene Energie ent*
falten, welche thatsächlich die meisten meridionalen Strömungen be-
sitzen.
Wenn sich demnach auch die vorhandenen Wärmedifferenzen
als ungenügend erweisen zur Erzeugung der meridionalen Meeresströme,
so bleibt uns nur noch eine Kraft zur Prüfung übrig: die Winde.
Dass dieselben — und zwar nicht bloss die Passate, sondern auch die
Winde höherer Breiten — Driftströmungen hervorrufen, war schon
längst allgemein anerkannt. So verursachen in der Nord- und Ostsee
anhaltende und starke westliche Winde deutlich wahrnehmbare Ober-
flächenströmungen. Man hat z. B. vielfach beobachtet, dass andauernde
Südwestwinde die Fluthen der von Südwest nach Nordost lang ge-
streckten Ostsee g^en die ostpreussischen und russischen Küsten hin-
trieben und hier Ueberschwemmungen herbeiführten. Der sonst Tegd-
massig aus der Ostsee kommende Strom wird dann angehalten, ja
sogar fllr eine Zeit lang in eine gerade umgekehrt sich bewegende
Strömung verwandelt Geht* darnach der Wind durch Nord nach
Nordost über, so wird das ohnehin schon aufgestaute Wasser der Ost-
see mit verdoppelter Gewalt gegen die südwestlichen Küsten und in
die dort befindlichen, trichterfbrmig lief in das Land eindringenden
Förden geworfen. Am 13. November 1872 erhob sich der Meeres-
spiegel bei Stralsund 27«» bei Lübeck 3 Meter und üßt eben so hoch
bei Flensburg über den normalen Wasserstand.
Eine solche Macht räumte man bereits fiüher den Winden ein.
Man erachtete sie ftir &hig, in einzeben Fällen Driftströmungen zu
veranlassen, und so lange man keine weiteren Wirkungen der Winde
theoretisch zu b^ründen vermochte, war man völlig berechtigt, die
Machtsphäre der Winde in der angedeuteten Weise zu beschränken.
Wesendich anders hegen die Verhältnisse, seitdem K. Zöppritz in
seiner Arbeit: „Zur Theorie der Meeresströmungen" (vgl S. 84 ff.) die
tief eindringende Wirkung der Winde erwiesen hat, und wir dürfen
wohl den Versuch wagen, die Bildung der meridionalen Meeresströ-
mungen gleich derjenigen der äquatorialen Ströme auf die Thätigkeit
der Winde zurückzuflihren. Eine solche Prüfung erscheint uns um so
y. Die Theorien der Meeresströmangen. 97
mehr geboten, als wir zu der Erkenntniss gelangt sind, dass alle an-
deren Kräfte, welche bisher zur Erklärung der meridionalen Strömun-
gen angerufen worden sind, hierzu als unbrauchbar erfimden wurden.
Wir haben also zu zeigen, dass alle Meeresströmungen, für deren
Richtung nicht ii^end ein anderes Motiv massgebend ist, unter der
Herrschaft eines constant oder wenigstens vorzugsweise aus derselben
Richtang wehenden Windes stehen. Hierbei ist namentUch noch Fol-
gendes zu beachten: Winde von kurzer Dauer vermögen zwar ober-
flächlich die Richtung einer Meeresströmung zu ändern; doch kann
diese in der Tiefe durch die Ueberlegenheit gewisser Winde während vieler
Jahrtausende zu einer ausserordentlich mächtigen Strömung geworden
sein, welche von den wechselnden Winden völlig unabhängig ist. Für grös-
sere Tiefen ist immer die mittlere Windrichtung in dem letzten grossen
Zeitabschnitte entscheidend. Da auch die Intensität der Winde hierbei in
Betracht kommt und da femer das Relief des Meeresbodens nicht ohne
Fiinfluss ist auf die Entwicklung der Strömungen, in beiden Hinsichten
unsere Erkenntnisse aber noch sehr lückenhaft sind, so lässt sich zur
Zeit natürUch nur in den allgemeinsten Zügen feststeUen, ob jene Har-
monie zwischen Winden und Meeresströmungen thatsächlich existirt.
Dass ausserdem die Contouren der Festlande im hohen Grade den
Verlauf der Strömungen mit bestimmen, bedarf wohl kaum der Er-
wähnung *).
Höchst überraschend ist es zunächst, um zuerst ein negatives Mo-
ment hervorzuheben, dass wir nur und überall da auf unseren Wind-
karten „Stillten und veränderliche Winde'' eingetragen finden, wo sich
ein weiter oceanischer Raum ausbreitet, der, selbst strömungslos, von
Strömungen umkreist wird. Dies wäre ein wunderbares Spiel des Zu-
falls, wenn Winde imd Meeresströmungen nicht in causalen Beziehungen
zu einander stünden, zumal sich dieses Zusammentreffen fünftnal in
drei Weltmeeren wiederholt, nämlich im nord- und südatlantischen,
im nord- und südpadfischen Becken imd im Indischen Ocean. Auch
sind diese neutralen Gebiete nicht etwa deshalb strömungslos, weil sie
im Innern jener Cürculationen liegen; denn die Theorie fordert aus
diesem Grunde durchaus keine so weften todten Räume (vgl. S. 87).
Indem wir auch hier die Untersuchung mit den n ordatlan tische n
Strömungen beginnen, lenken wir unser Augenmerk zimächst
auf deren stolzeste Repräsentanten: auf den Golfstrom und den mit
ihm verschwisterten Floridastrom. Schon Benjamin Franklin und
späterhin James Rennell nahmen an, dass die nach Westen wehenden
Passatwinde die atlantischen Wasser in das Caraibische Meer und aus
^) Vgl. zu dem Folgenden Stieler, Handatlas, Karte Nr. 6 und 7 oder
Fig. 6, 7 und 8 dieses Werkes.
Peschel-Loipoldt, Phjrs. Erdkunde. II. 7
98 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
diesem in den Busen von Mexico hineintreiben; wo eine Stauung des
Meerwassers erfolge, die sich dann durch den Erguss aus der Florida-
Strasse wieder ausgleiche. Die Initialgeschwindigkeit des liier austreten-
den Wassers würde also durch eine Art Ejttarakt erzidt werden. Diese
Ansicht wurde in späterer Zeit wieder von Sir John Herschel ver-
theidigt G^en dieselbe hat Maury geltend gemacht, dass das Wasser
des Floridastromes sich nicht abwärts, sondern bergan bew^t S^e Tiefe
ist nämlich bei den Bemini - Engen , also an der Quelle, doppelt so
gross I = 200 Faden) als bei Cap Hatteras \ die Steigung seines Bettes
beträgt also auf dieser Strecke 100 Faden. Somit könne von einem
Abwärtsfliessen des Floridastromes nicht die Bede sein^.
Trotz dieses Einwandes erscheint uns die alte Anschauung als die
richtigere. Erinnern wir uns, dass der Floridastrom bei den Bemini-
Engen stündlich mehr als b^!^ Billionen Cubikfuss Wasser fortwälzt
(vgL S. 61)! Diese Wassermasse aber muss dem Busen von Meidco
stündlich zugefiihrt werden; denn sonst könnte er kein constantes Ni-
veau besitzen. Woher empfkngt er nun dieses Wasser? Die hohen
Wärmegrade in diesem Busen sind sicher nicht im Entferntesten im
Stande, solche Wassermengen täglich über das allgemeine Meeresuiveau
zu erheben und zum Abfluss zu bringen ; noch weniger Beifidl verdient
M a u r y ' 8 Annahme, welcher die Ursache dieser Strömung in Salinitäts-
differenzen sucht ^); am allerwenigsten kann der Mississippi als Erzeu-
ger des Floridastromes betrachtet werden, da er wohl kaum ^looo des-
jenigen Wassers in den Mexicanischen Busen ergiesst, welches aus diesem
durch die Florida - Strasse in den Atlantischen Ocean hinauseilt Somit
können die reichen Wassermassen, welche der Floridastrom in den
Ocean trägt, nur durch das einzige Thor eintreten, welches ausser der
Florida -Strasse einen Eingang in den Mexicanischen Busen gewährt:
durch den Canal von Yucatan (zwischen der Westspitze Cuba's und
der Nordspitze Yucatan's), durch welchen hindurch sich die vom Pas-
sat errate Aequatorialströmung einen Weg bahnt Die W^asser der-
selben sammeln sich hier an und drängen sich dann, weil ihnen nur
eine einzige, schmale Ausgangspforte zu Gebote steht, mit ziemlicher
Heftigkeit durch dieselbe. W^ir haben es also, in gewissem Sinne thatsäch-
lieh mit einem Ueberfliessen des Mexicanischen Busens zu thun. Na-
türlich breitet sich dessen warmes Wasser aus, sobald es die enge
Florida -Strasse verlassen hat, und verliert daher an Tiefe. Es ge>
langen hierbei viele Wassertheile von der Tiefe nach oben, weil sie
wärmer und somit specifisch leichter sind als das übrige Wasser des
*) M. F. Maury, Physical Geography of the Sea. 16*^ ei Londou
1877. p. 27.
*; M. F. Maury, L c. p. 3S sq.
V. Die Theorien der Meeresströmungen. * 99
Oceans und deshalb immer das Bestreben haben, die Oberflächenschiclit
zu bilden. Demnach hat Maury nicht Recht, wenn er meint, von
einem Abfluss, bei welchem die Niveaudifferenz mit in Frage komme,
könne deshalb nicht die Rede sein, weil sich die Gewässer der Florida-
strömung eine schiefe Ebene hinauf bewegen. Relativ warmes, also
leichteres Wasser steigt immer nach oben, auch wenn ausser der
Schweredifferenz keine andere Ej:aft es nach oben treibt.
Weiterhin vollzieht sich im nordatlantischen Becken um das Sar-
gasso - Meer ein Windwirbel, welcher dem Gang der Meeresströmimgen
genau entspricht. Die AntiUenströmung begleitet im Verein mit dem
Floridastrom, zunächst durch die Ostküste der Vereinigten Staaten
dirigirt, diese bis Cap Hatteras und wird in solchem Laufe von den
vorwaltenden Süd- und Südwestwinden unterstützt; hierauf folgt sie
den Westwinden, welche den ganzen Ocean zwischen dem 40. und
45. Grad n. Br. beherrschen \ erst am Ostrande des Oceans biegt sie —
und zwar wiederum in völliger Uebereinstimmung mit den Winden —
nach Südosten und Süden um und geht an den portugiesischen und
marokkanischen Küsten in das Gebiet des Nordostpassats, d. i. in die
nördliche Aequatorialströmung zurück. Auf dem weiten Räume zwi-
schen der Südostspitze Neu-Fundland's und dem Nordcap Em*opa's
dominiren, wie dies der Golfstrom fordert, zu allen Jahreszeiten die
Südwestwinde, und wenn auch einzelne Punkte der skandinavischen
Westküste während einiger Monate andere Winde aufweisen ^), so sind
diese doch nicht im Stande, eine so weit ausgedehnte, mächtige Was-
serbewegung wesentlich zu stören. In der Spitzbergen -See (zwischen
Spitzbergen und Nowaja Semlja) scheint der winterUche Nordost die
Verbreitung des Gol&tromes nach dem hohen Norden zu hemmen.
Das Meer an der Ostseite Grönland's hat vorwiegend Nord- und Nord-
ost-, die Davis - Strasse in ihrer ösüichen Hälfte im Sommer meist Süd-
west-, sonst durchaus nördliche bis westliche Winde. Es mögen daher
vielleicht auch die polaren Strömimgen zum Theil dem Impuls polarer
Winde gehorchen. Demnach zeigen Wind- und Meeressü'ömungen im
Atlantischen Ocean eine Harmonie, wie sie kaum vollkommener er-
wartet werden könnte.
Dasselbe gilt von den Strömungen des südatlantischen Oceans.
*) Vgl. Petermann'fl Mittheilungen 1870, S. 234. H. Mohn, einer der
trefflichsten Kenner dieser Verhältnisse, äussert in Bezug darauf: ,.£ine mäch-
tige Treibkraft für diese Strömung sind die herrschenden Winde, die im
Durchschnitt für das ganze Jahr südwestlich sind. Die Landwinde des Win-
ters an den Küsten Norwegen's, die während der Kälteperioden aus den Fjor-
den herauswehen, reichen nicht viele Meilen von der Küste weg, während
aussen auf dem Meere in solchen Fällen Öfters ein südwestlicher Wind weht.*^
(Petermann's Mittheilungen 1876, S. 431.;
- ♦
100 Dritter Theil. Die Wasser > und Lufthülle der Erde.
Das ganze Jahr hindurch treibep Südwinde die Bengaela- Strömimg
nach Norden bis zu ihrer Einmündung in die südliche Aequatorial-
strömung. Der südliche Arm derselben wird am Westrande des
Oceans zunächst durch die brasilianische Küste nach Süden abgelenkt
In gleichem Sinne mit der brasilianischen Strömung wehen südwärts
vom südlichen Wendekreise Nordostwinde, welche zwischen dem 30.
und 40. Grad s. Br. zu Nordwest- und Westwinden werden und als
solche den Strom zurückleiten nach dem Caplande, wo er, von Süd-
west- und Südwinden erfiisst, wieder in die Benguela- Strömung zu-
rückkehrt. Für denjenigen schwächeren Arm, welcher die Ostküste
Südamerika's bis zum Südende dieses Erdtheils begleitet und sich dann
südostwärtB in das antarktische Meer ergiesst, finden sich die entspre-
chenden Winde fast durchgängig zur Zeit der südlichen Dedination
der Sonne, während die Winde im übrigen TheQe des Jahres jener
Strömung nicht immer günstig sind. Diese kleine Anomalie beunruhigt
uns wenig, da wir es ja mit einer geradlinigen Fortsetzung der Brasil-
strömung zu thun haben, die wenigstens zeitweise durch die dortigen
Winde gekräftigt wird. Dass die zwischen dem 40. und 60. Grad s.
Br. von Südwest nach Nordost quer über den ganzen Ocean ziehende
antarktische Drift und die ostwärts gerichtete Cap-Hoom- Strömung
den dort vorwaltenden Westwinden ihre Entstehung verdanken, ist eine
alte Annahme. So sehen wir, wie in allen Theilen des Atlantischen
Oceans sich die Meeresströmungen den Winden unterordnen. Die hier
beobachtete Harmonie ist uns aber deshalb besonders werthvoll, wdl
jene beiden Gruppen von Erscheinungen gerade ftlr den Atlantischen
Ocean besser als fiir die übrigen Weltmeere erforscht sind.
Nicht so günstig wie ftir den Florida -Strom im nordatlantischen
Becken liegen die Windverhältnisse für den Kuro Siwo im nord-
pacifischen Ocean; denn die Monsune, welche den weiten Meeres-
raum östlich von China und Japan zwischen dem 20. und 35. Grad n. Br.
beherrschen, wehen nur im Sommerhalbjahr aus Südwest, im Winter
hing^en aus Nordost, also dem Laufe des Kuro Siwo entg^en.
Hieraus erwachsen jedoch der Windtheorie keinerlei Schwierigkeiten;
denn die festländischen Ufer sind es, welche dieser Strömung den Weg
nach Nordosten entlang der asiatischen Ostküste vorzeichnen; es ist
dies der einzige bequeme P&d zum Abfluss der mächtigen Wasser-
massen, welche die nördliche Aequatorialströmung an die Südostseite
Asien's führt Wahrscheinlich ist die grössere Stetigkeit der Winde
an der entsprechenden Stelle des nordatlantischen Beckens die Ursache,
weshalb der Golfstrom viel mächtiger ist als der Kuro Siwo. Im
übrigen stimmen die Winde auch im nordpacifischen Becken genau
mit den vorhandenen Meeresströmungen überein; denn zwischen dem
y. Die Theorien der MeereBStrömungen. 101
40. und 50. Grad n. Br. gewinnen die Westwinde während des ganzen
Jahres die Oberhand und werden erst an der Westküste der Ver-
einigten Staaten zu Nordwest- und Nordwinden ganz im Sinne der
dort nach Süden umbiegenden imd zum nördlichen Aequatorialstrom
zurückkehrenden Meeresströmung. Die periodisch wechsehiden Strö-
mungen im Japanischen Meer und an der Westküste Mexico's werden
offenbar durch die ebenso regehnässig sich ändernden Monsune hervor-
gerufen.
In dem grössten (östlichen) Theile des südpacifischen Oceans
treiben die südlich vom 40. Breitengrade vorwaltenden Westwinde die
sogenannte antarktische Drift (wahrscheinlich jedoch eine tiefgehende
Strömung) nach Nordosten. Dieselbe prallt im rechten Winkel gegen
die Westküste Patagonien's und wird, ganz wie dies die Theorie for-
dert^), in zwei nach Süd und Nord ausweichende Arme gespalten.
Der südliche Arm nimmt, wie bereits erwähnt, durch die bei Cap
Hoom zu jeder Jahreszeit dominirenden Westwinde erfasst, seinen Weg
in den Atlantischen Ocean, während der nördliche durch die süd-
amerikanische Küste nach Norden dirigirt wird. Der letztere, die
Peruanische Strömung, bewahrt seine Bedeutung, bis zu seiner Ein-
mündimg in die südliche Aequatorialströmung; denn er steht, ab-
gesehen von den in unmittelbarer Nähe der chilenischen Küste wäh-
rend der nördlichen Dedination der Sonne wehenden Nordwinden, von
den Ufern Patagonien's bis zum Aequator stets unter dem Einfluss
kräftiger Südwinde. An der Westseite des Stillen Oceans angekom-
men erfahrt der südliche Theil der südlichen Aequatorialströmung
durch den meridional ziehenden Ostrand Australien's eine Ablenkung
nach Süden. Die auf diese Weise sich bildende Ostaustral- Strömung
ywiidy wenigstens während des australischen Sommers, ebenfalls von
nördlichen Winden begünstigt.
Im Indischen Ocean begegnen wir an der Westküste Neu-
hoUand's vorzugsweise Südwinden, weshalb hier eine Strömung, die
Westaustral- Strömung, nach Norden flihrt. Unter dem Wendekreis
des Steinbocks biegt sie in ihrer östlichen Hälfte nach Nordosten, in
ihrer westlichen Hälfte nach Nordwesten um, beides genau im Ein-
klang mit den dortigen Winden. Nur am Westende der Aequatorial-
strömung treibt der Mozambique- Strom, von dem Ostrande Afrika's
nach Süden gedrängt, trotz der vorherrschenden Südwinde durch die
Strasse von Mozambique; dagegen befindet sich der Maskarenen-Strom
ösdich von Madagaskar ebenso in Uebereinstimmung mit den dortigen Ost-
und Nordostwinden wie die rücklaufende Strömung mit den zwischen dem
») Vgl.K. Zöppritz inWiedemann's Annalen,Bd. VI (1879), S.600ff.
102 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
35. und 40. Grad 8. Br. vorwaltenden Westwinden. Diese erwdsen sich
auch an der Südseite Neoholland's noch mächtig genug, die Süd-
austrat -Strömung zu erzeugen. — Die Strömungen im Indischen Ocean
nördlich vom Aequator geben sich durch Richtung und periodischen
Wechsel unmittelbar als Driftströmungen zu erkennen, welche durch
die Monsune hervoi^rufen werden.
Aus dem Vorhergehenden resultirt wohl zweifellos, dass die Winde
einen HauptanÜieil haben an der Entstehung der Meeresströmungen
imd zwar sowohl der äquatorialen wie der meridionalen, die somit beide
im wesentlichen auf ein einheitliches Princip gerundet erscheinen.
Bemerkenswerth ist, dass eine solche Abhängigkeit der Meeresströ-
mungen von den Winden nur da vermisst wird, wo mächtige Ströme
in mehr oder minder steilem Winkd an die Wandungen der Oceane
getrieben werden. Hier üben weniger die Winde, als vielmehr die
Küstengliederung und die Tiefseegrenze, die etwa durch die 100-Faden-
linie bezeichnet wird, einen wesentlichen FJnfluss auf die Entwicklung
der Meeresströmungen aus. Eine zutreffende Analyse der Kräfte,
welche in jedem einzehien Falle an der Erregung der Meeresströmungen
betheiligt sind und deren Lauf r^^uliren, wird erst dann möglich sein,
wenn nicht bloss die Meeresströmungen selbst nach Bichtnng, Tem*
peratur. Stärke und Tiefe des Stromganges (auch in den verschiedenen
Jahreszeiten) erforscht sind, sondern auch genaue Karten über die
Winde der Oceane und das Belief des Meeresbodens vorliegen.
Endlich mach^i wir noch auf eine Kraft aufinerksam, welche auch
bis zu einem gewissen Grade bestimmend auf die Bichtung der meri-
dionalen Meeresströmungen einwirkt: die Botation der Erde. Die
vom Aequator polwärts ziehenden Strömungen gelangen nämlich in
Breiten von immer geringerer Drehungsgeschwindigkdt; indem sie die
schnellere Drehungstendenz bewahren, eilen sie der allgemeinen Erd-
rotation voraus und werden daher auf der nördlichen Halbkugel zu
Südwest-, auf der südlichen zu Nordwestströmungen. Umgekehrt blei-
ben Meeresströmungen hinter der allgemeinen Erdrotation zurück, wenn
sie sich von einem der Pole nach dem Aequator hin bew^en; sie
werden also auf der nördlichen Halbkugel zu Nordost- , auf der süd-
lichen zu Südostströmungen. Eine Folge hiervon ist, worauf schon der
amerikanische Physiker W. Ferrel hingewiesen hat^), dass überall da^
wo dne kalte, polare Strömung und eine warme, aus tropischen Ge-
bieten kommende auf schmalem Baume sich begegnen, die kalte stets
westwärts der wärmeren liegt Die Erdrotation ist es, welche die erstere
nach West, die letztere nach Ost ablenkt Dieses Veibältniss finden
wir, wie Ferrel bereits erwähnt hat, zwischen der kalten Strömung
») Natare, Vol. V (1S721 p. 3S5 sq.
V. Die Theorien der Meeresströmungen. 103
an der Ostküste der Vereinigten Staaten und dem Floridastrom, femer,
worauf O. Krümmel^) hindeutet, in der Davis - Strasse und Baflins-
Bay, in dem Meere zwischen Grönland und Norwegen, sowie (nach
einer freundlichen Mittheilung desselben Herrn) in der Färöer-SheÜand-
Rinne (zwischen den Färöem und den Shetland-Inseln) *). Endlich be-
steht auch im Japanischen Meer ein solches Verhältniss. Dass das-
selbe gerade in höheren Breiten häufiger zu beobachten ist, darf uns
nicht Wunder nehmen, da sich hier schon auf geringe Breitenunter-
schiede die Drehungsgeschwindigkeit der Erde bedeutend ändert, somit
auch ein stjlrkerer Antrieb zu jener Anordnung gegeben ist
Am Ausgang unserer Betrachtungen über die Meeresströmungen
sei es uns noch gestattet, einige Bemerkungen über die Wasser-
bewegung innerhalb abgeschlossener Meerestheile und
besonders an der Oeffnung derselben hinzuzufügen.
Schon mehrfach mussten wir hervorheben (vgl. S. 50 f., 53),
dass kleinere Meeresbecken, welche nur durch einen seichten Canal
mit dem offenen Ocean commumciren, von geringer Tiefe angefangen
bis hinab zum Grunde des Oceans von einer nahezu gleichwarmen
Wassermasse erfüllt sind. Daher vermissen wir in ihnen fast jede
Spur einer verticalen thermischen Circulation. Während darum im
offenen Ocean die von der Oberfläche hinabsteigenden Ströme auch
den Tiefen reichliche Sauerstofimengen zufuhren, erhalten die Tiefen
der Mittehneere dieses „animalische Lebensgas" wegen der mangelnden
verticalen Circulation nur in sehr spärlichem Masse. Hieraus folgt
weiter, dass das Thierleben in grösseren Tiefen der Mittelmeere ein
sehr dürftiges ist So fand Edward Forbes, dass im A^äischen
Meere in einer Tiefe von 300 Faden das animalische Leben fast völlig
erlischt^). Er schloss hieraus, dass dasselbe im Salzwasser überhaupt
nicht tiefer hinabreicht, was jedoch durchaus nicht richtig ist, da man
im offenen Ocean selbst in den kalten Grundwassem der tiefsten
Meeresgebiete noch reiche Mengen von Thieren angetroffen hat Wäh-
rend also in den Tiefen des offenen Weltmeeres der frische Pulsschlag
des Lebens noch deutlich zu vernahmen ist, scheint in den Tiefen der
Mittelmeere Friedho&ruhe zu herrschen.
Entbehren die Band- und Mittelmeere der thermischen Circulation
fast gänzlich, so fehlt es doch nicht an Oberflächenströmungen, welche
durch die Winde erzeugt werden; vor allem aber sind diejenigen Strö-
mungen bemerkenswerth, welche am Eingang dieser Meere immer dann
*) Die äquatorialen MeereBströmangen. S. 39.
') Vgl. hierzu Petermann's Mittheilnngen 1878, Taf. I, Querscbnitt
7, 6, 9.
') ProceedingB of the R Geogr. Society. VoL XVHI (1874), p. 326.
104 Dritter TheiL Die Wasser- und LnfthüUe der Erde.
entstehen müssen, wenn die Menge des 'verdunsteten Wassers nicht
genau dem Süsswasserzufluss gleich ist Ist die erstere grösser, so ist
diese Strömung nach dem Binnenmeere gerichtet, im anderen Falle
aber nach dem Ocean. Für das Mittelmeer (mit Ausschluss des Pontus)
hat man berechnet, dass es alljährhch 335 engl Cubikmeilen Wasser
mehr verdunstet, als es durch B^;enfall und durch die einmündenden
Flüsse emp^gt (vgl. S. 11 f.). Jener Vwlnst wird, wenn wir zu-
nächst von dem Wasserzufluss aus dem Schwarzen Meere absehen«
durch eine kräftige Strömung ersetzt, welche durch die Strasse von
Gibraltar (an der schmälsten Stelle P/4 g^@r- M^e breit und nur 120 bis
200 Faden tief) in das Mittelländische Meer eindringt: eine den Schif-
fern vielfach sehr unbequeme Strömung, welche sie bei ausbleibendem
Ostwinde bisweilen mehrere Monate lang am Aus&hren hindert. Nach
Carpenter^) ist das an der Oberfläche ostwärts sich bewegende
W^asser an dem geringeren speciflschen Gewicht sofort erkennbar.
Doch lehren uns gleichzeitig die beobachteten Differenzen im Salzgehalt,
dass sich eine submarine Strömung, welche wahrscheinUch auf die ver-
schiedene specifische Schwere des Wassers zurückzufiihren ist, aus dem
Mittelmeere in den Atlantischen Ocean ermesst So hat das Wasser
über dem atlantischen Abhang des „ridge^ (der unterseeischen An-
schwellung zwischen dem Atlantischen Ocean und dem Mittehneer) an
der Oberfläche ein specifisches Gewicht von 1,0270, in 350 Faden
Tiefe aber von 1,0285; das letztere Wasser ist offenbar mediterranen
Ursprungs. Ueber dem „ridge^^ selbst erlangt das Oberfiächenwasser
ein specifisches Gewicht von 1,0271, in 125 Faden Tiefe aber von
1,0292. Auch hier zeigt sich also deutlich der G^ensatz zwischen
oceanischem und mediterranem Wasser. Oestlich des „ridge^' beträgt
in 330 Faden Tiefe die specifische Schwere sogar 1,0293. Ein Zßug-
niss fiir die Existenz jener submarinen Strömung lieferte übrigens
längst schon die b^laubigte Thatsache, dass dn Schiff, welches im
Jahre 1712 zwischen Tarifa und Tanger in den Grund geschossen
wurde, einige Tage später etwa 5 Stunden weiter westlich bei Tarifa
auf den Strand trieb, also in einer dem Oberflächenstrome ganz ent-
gegengesetzten Richtung seinen Curs genonmien hatte. Auch durfte
man einen solchen Strom schon deshalb fordern, weil ohne ihn das
Mittelmeerwasser bereits zu einer viel stärkeren Soole geworden sein
müsste.
Aehnlichen Verhältnissen b^egnen wir am Eingang des Schwansen
Meeres. Da sein Süsswasserzufluss wesentlich grösser ist als sein Ver-
dampfungsverlust, so müsste, fiills der Bosporus geschlossen wäre, der
») Vgl. Proceedings of the R. Geogr. Society. VoL XVIII (1874), p. 32S.
V. Die Theorien der MeereBströmangen. 105
Pontiisspiegel steigen und sich so weit ausbreiten, bis sich Zufluss und
Evaporation das Gleichgewicht hielten. Da jedoch diese Vorbedingung
nicht erfüllt ist, so dringt eine ziemlich heftige Strömung von Nord
nach Süd sowohl durch den Bosporus als auch durch die Dardanellen-
Strasse. Aber auch diese Strömung ist, wie die Untersuchungen am
Bord des „Shearwater" im October 1872 eigaben, nur eine oberflächliche.
Schon in einer Tiefe von 20 Faden fand man beim Lothen eine Unter-
strömung, welche sich mit ausserordentlicher Stärke in das Schwarze
Meer ergies&t. Da sich auch hier die Unterströmung aus dem salz-
reicheren Meere einen P&d in das weniger salzhaltige bahnt, so dürfen
wir ihre Entstehung ebenfalls dem SaUnitätsunterschiede beider Meere
zuschreiben. Wir haben hierzu um so mehr Grund, als wir eine der-
artige Erscheinung noch an eiiier dritten Stelle treffen: im Sunde, wo
sich die überschüssigen Wasser der Ostsee an der Oberfläche nach
Nord hin, also zur Nordsee bewegen, während eine Unterströmung aus
der salzhaltigen Nordsee in die Ostsee einbricht.
Zwei derartige Strömungen beherrschen sicher auch den Eingang
des Kothen Meeres. Ohne einen nennenswerthen Zufluss zu empfangen,
verdunstet dasselbe jährlich eine 7 Meter hohe Wasserschicht. Da nun seine
mittlere Tiefe nur c. 400 Meter beträgt, so würde es in ungefthr 60 Jahren
völlig ausgetrocknet sein, wenn die Strasse Bab-el-Mandeb nicht den
Eintritt des oceanischen Wassers gestattete. Nun hat Buist in Bom-
bay berechnet, dass sich das vom Meere zugeflihrte Salz in einem
Zeiträume von höchstens 3000 Jahren, vielleicht schon in 1500 bis
2000 J., zum grössten Theil in eine feste Salzmasse verwandeln müsste,
wenn keine unterseeische Rückströmung dies verhinderte. Da jedoch
das Bothe Meer selbst in seiner heutigen Gestalt ein viel höheres Alter
besitzt, so kann die Existenz jener unterseeischen Strömung kaum be-
zweifelt werden.
Die soeben erwähnten Ausgleichsströmimgen, in denen eines
der bekanntesten hydrostatischen Gesetze zum Ausdruck gelangt, sollten
uns unmittelbar davon überzeugen, dass die Oceane der Erde im all-
gemeinen in gleichem Niveau sich befinden^). Trotzdem wurde noch
bis in neuere Zeit viel über diese Frage gestritten. Bereits in der
Mitte des 17. Jahrhunderts hatte Bernhard Varen gelehrt, dass
die Spiegel aller Oceane tmter einer Gleichgewichtslinie lägen. Dem
widersprach jedoch das irrige Ergebniss des Nivellements, welches unter
der Leitung Lep^re's zur Zeit des Napoleonischen Feldzugs in
Ägypten auf der Landenge von Sues ^vorgenommen wurde; nach
') Wir sehen hierbei von denjenigen Unebenheiten ab, welche von der
Attraction der FestlandsmasBen herrühren (vgl. Bd. I, S. 158 f.)«
106 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
diesem sollte sich nämlich der Spiegel des Rothen Meeres um 30 P.
Fuss 6 Linien (nahezu 10 Meter) über den des Mittelmeeres erheben.
Damals glaubte man fast allgemein an die Richtigkeit jener Messung,
und A. V. Humboldt suchte dieses vermeintliche Aufstauen des
Meeresspiegels im Rothen Meere durch örtlich vorwaltende Winde imd
»Strömungen zu rechtfertigen, sowie dadurch, dass die Form des Canals
(Bab-el-Mandeb) geeigneter sei, die indischen Wasser ein- als aus-
strömen zu lassen ^). Doch ist jene Differenz längst als eine Folge von
Messungsfehlem erkannt; denn eine neue Messung, welche in den
Jahren 1846 und 1847 von Stephenson, Negretti, Talabot
und Bourdaloue auf Befehl des Vicekönigs von Aegypten aus-
geführt wurde, reducirte den Unterschied der beiden Spiegel auf
3 Centimeter ^). Auch anderwärts hat sich die Richtigkeit des Varen'-
schen Satzes bestätigt. Auf A. v. Humboldt's Anregung Uess Gen.
Bolivar 1828 durch Lloyd und Falmark ein Nivellement der
Landenge von Panama vornehmen; es stellte sich hierbei nur eine
Höhendifferenz von 1,1 Meter zwischen den Spiegeln der Südsee imd
des Atlantischen Meeres heraus, eine Differenz, welche wohl aus klei-
neren Ablesungsfehlem hervorgegangen sein mag^). Aehnliches gilt
auch von dem berühmten Nivellement, welches Coraboeuf in den
Jahren 1825 bis 1827 zwischen dem Fort Socoa bei Bayonne und
Fort St. Ange bei Perpignan, also zwischen dem Atlantischen Ocean
und dem "Mittelmeer ausflihrte; denn er ermittelte nur einen Unter-
schied von 0,73 Meter *). Ebenso hat die russisch-skandinavische Grad-
messung (1816 bis 1851) das wichtige Ergebniss geliefert, dass aUe
durch sie verbundenen Meerestheile , das Schwarze Meer, die Ostsee
und das Eismeer, in einem und demselben Niveau stehen. Die Unter-
schiede, welche man fsuid, sind zu unbedeutend, als dass man sie
nicht kleinen Fehlem im Nivellement zuschreiben mtisste. Ebenso ge-
langte man durch den Anschluss der österreichischen Triangulation an
die russische zu der Erkenntniss, dass das Adriatische Meer mit den
vorhererwähnten gleiches Niveau hat^).
Es soll jedoch keineswegs geleugnet werden, dass das Niveau des
Meeres je nach dem zeitweiligen Luftdruck (so besonders bei anhal-
tend schweren oder leichten Winden) locale Schwankungen erleidet.
Das Meer selbst ist in dieser Hinsicht ein grosses Barometer, welches
^) Kosmos. Bd. I, S. 324.
^) Phüosophical Transactions of the R. See. of London. Vol. CXLV
(1856), p. 112.
^A. y. Humboldt, Centralasien. Deutsch von W. Mahlmann. Ber-
lin 1844. Bd. I, S. 547.
*) 1. c. S. 550.
^) Petermann's Mittheilangen 1857, S. 821.
V. Die Theorien der Meeresströmungen. 107
bei jeder Verminderang des Luftdruckes 13,3 mal so hoch steigt, als
das Quecksilber in der Torricelli'schen Röhre sinkt Dieses Gesetz
wurde ftlr den Atlantischen Ocean 1831 aus Beobachtungen bei Brest,
später auch bei Lorient von Daussj, fUr die Ostsee von dem Schwe-
den Schulten nachgewiesen^). Ebenso wenig ist daran zu zweifeln,
dass an den Rändern der Continente durcb die Massenanziehung der
Erdfesten die oceamschen Wasser stets emporgehoben werden; die Ge-
stade und die centralen Theile der Weltmeere werden demnach nie-
mals dieselbe Niveauhöhe besitzen. Andrerseits aber ist die Annahme
zu verwerfen, dass das Niveau des Oceans bisweilen an benachbarten
Küstenpunkten constant beträchtliche Abweichungen zeige. Eine solche
Annahme triflRt nicht einmal dann zu, wenn jene Punkte den Ufern
verschiedener Randmeere oder sogar verschiedener Weltmeere an-
gehören; denn auch in solchem Falle forschen wir vergeblich nach
Elräften, welche das eine Meer hinsichtlich seiner Niveauhöhe beständig
vor dem anderen begünstigen könnten. Vielmehr erscheint hier die
Anschauung völlig gerechtfertigt, dass irgend welche Niveaudifferenzen
nach den Gesetzen der Hydrostatik durch Ausgleichsströmungen stets
sofort wieder beseitigt werden.
^) Comptes rendos, Tome m (1836), p. 136 sq.
VI. Die Höhe und der Druck des Luftmeeres.
Eine unabsehbare, tiefe Wassennasse, deren Betrachtung die vorigen
Abschnitte gewidmet waren, bildet die eine Hülle, die sich über
den grössten Theil des festen Erdkörpers ausbreitet; aber noch mäch-
tiger und weiter ausgedehnt ist die andere Hülle unseres Planeten,
welche Länderräume und Oceane gleichmässig umspannt: die Atmo-
sphäre.
Dß8 Grasgemenge, aus welchem die Atmosphäre besteht, nennt man
die Luft. Sie setzt sich zusammen aus 79 Eaumtheilen (77 Gewichts-
theilen) Stickgas und 21 Baumtheilen (23 Gewichtstheilen) Sauerstoff-
gas, welches Verhältniss nirgends, auch in den verschiedensten uns er-
reichbaren Höhen nicht, wesentlich gestört erscheint. Zu den an-
geführten Elementen kommt noch eine vergleichsweise ausserordent-
lich geringe Quantität Kohlensäure (3,3 bis 5,3 Raumtheile auf 10 000
Saumtheile Luft), sowie der Wasserdampf. Da dei' letztere kein per-
manentes Gas ist, sondern oft zu Wasser condensirt wird, so ist der
Wasserdampfgehalt der Luft örtlich und zeitUch grossen Schwankungen
unterworfen. Li unseren Breiten beträgt der Druck des atmosphä-
rischen Wasserdampfes etwa 0,01, in der tropischen Zone etwa 0.03
des G^sanmitdruckes der Atmosphäre.
Bis zu welcher Höhe erhebt sich nun der Luftkreis? Einen
Maximalwerth fiir dieselbe hat Laplace^) in folgender Weise theore-
tisch festzustellen gesucht. Durch die Botation der Erde wird jedem
materiellen Punkte ausserhalb der Erdaxe das Bestreben mitgetheilt
sich in der Bichtung der Tangente von dem Mittelpunkte seiner Bahn
zu entfernen. Dieser Kraft, der Centrifiigal- oder Fliehkraft, wirkt die
Anziehungskraft der Erde entgegen. Wie nun ein an einer Schnur
befestigter Stein im Schwingen sich losreisst und fortdlt, sobald die
Fliehkraft den Widerstand des Fadens überwältigt, so müssen auch
diejenigen Lufttheilchen sich von dem Luftkreise hinwegbewegen, die
ausserhalb jener Grenze li^en, wo sich Anziehungskraft und Flieh-
*) TnM de M^caniqae Celeste. Paris 1799. Tome 11, livre HI, chap.
VII, p 167 sq.
VI. Die Höhe und der Druck des Luftmeeres. 109
kraft das Gleichgewicht halten. Diese Grenze bezeichnet also das
obere Ende der Atmosphäre, und sie befindet sich nach Laplace's
Berechnung unter dem Aequator in einer Höhe von 5,6 Erdhalbmessem
oder von c. 4810 geogr. Meilen. Dies würde demnach der Maximal-
werth für die Höhe der Atmosphäre sein.
Im Vergleich hierzu ausserordentKch niedrig ist derjenige Theil
des Luftkreises, der eine lichtreflectirende Bjaft besitzt. Die Höhe
desselben lässt sich annähernd aus der Dauer der Dämmerung ab-
leiten, welche bekanntlich von der Reflexion (Spiegelung) und Diffiision
(unregelmässige Zerstreuung) des Lichtes in der Atmosphäre herrührt.
Aus zahlreichen Beobachtungen hat sich nun ergeben, dass der letzte
Saimi abendlicher Dämmerung am Horizonte verschwindet, wenn die
Depression des Sonnenmittelpunktes einen Winkel von ungefähr 16 Grad
erreicht hat^). Nach Behrmann kommen die letzten Lichtreflexe
aus einer Höhe von 8,13 geogr. Meilen. Natürlich bezeichnet diese
Höhe nicht die wahre Grenze der Atmosphäre, sondern nur diejenige
Grenze, jenseits welcher die lichtreflectirende Wirkung der Luft auf-
hört, für unseren Sehnerv merkbar zu sein. Immerhin darf aus der
nahezu constanten Dauer der Abenddämmerung geschlossen werden,
dass in einer Höhe von c. 8 geogr. Meilen die Dichte der Luft sich
aussergewöhnlich schnell verringert.
Aus dem Elasticitätsgesetze der Gase hat man berechnet, dass in
einer Höhe von ziemlich 8 geogr. Meilen über dem Meeresspiegel der
Luftdruck bereits so gering sein muss, dass er nur eine 1 Millimeter
hohe Quecksilbersäule zu tragen vermag; die Luft ist dort in einem
Grade verdünnt, wie er kaum in dem Recipienten einer Luftpumpe
hei^gestellt werden kann. Li 10 bis 12 Meilen Höhe tritt sicher schon
ein Zustand äusserster Verdünnimg ein. Und doch bezeugen uns ge-
wisse Vorgänge am nächtlichen Himmel unzweideutig, dass sich die
Luft thatsächlich mehr als doppelt so hoch erhebt: das Aufleuchten
von Sternschnuppen in einer Höhe von 25 geogr. Meilen zwingt uns
zu dieser Annahme, da ihr Feuerschein nur eine Folge der durch den
Luftwiderstand hervorgerufenen Erhitzung ist. (Vgl. Bd. I, S. 111.)
Bis zu welchen Femen sich das letzte Atom unseres Luflkreises ver-
^) Der früher allgemein angenommene Werth von 18 Grad ist ungenau.
JuliuB Schmidt in Athen fand fUr das Ende der astronomischen Dämme-
rung eine Depression des Sonnenmittelpunktes von 15,92 Grad mit einem
wahrscheinlichen Fehler von + 0,46 Grad. In ziemlicher Uebereinstimmung
hiermit ermittelte Behrmann in den Tropen (zwischen 18** n. Br. und 20®
B. Br.) hierfür einen Werth von 15,61 Grad mit einem wahrscheinlichen Fehler
von ± 0,25 Grad,
110 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
irrty wild fiir alle Zeit ein unlösbares Problem bleiben; es lässt mch
nur sagen, in welcher Höhe die Dichtigkeit der Luft unmerklich wird.
Ist es gestattet, hierher, d. h. in eine Höhe von 25 geogr. Meilen,
die Grenze des Luftkreises zu verl^en, so erscheint uns derselbe im
Vergleich zu dem Erdkörper als sehr geringfügig. Einem Globus von
einem Meter Durchmesser würde nur eine 1,45 Centimeter dicke Atmo-
sphäre entsprechen, von welcher wiederum nur ein äusserst kleiner
Theil, etwa das unterste Fün&igstel, organisches Leben beherbergt
Hat die Luft, wie alle Gase, einestheils das Bestreb^i, sich im
Baume möglichst auszudehnen, so steht sie doch andemtheils, wie alle
Körper, unter dem Gesetz der Schwere; sie wird demnach von
der Erde angezogen und übt auf alle G^enstände, mit denen sie sich
berührt, also nicht bloss auf Festländer und Oceane, sondern auch auf
ihre dgenen unteren Schichten einen Druck aus. In Folge dieser
Eigenschaft nimmt sie je nach dem Drucke, wdcher auf sie wirkt,
ein Yerschiedenes Volumen ein, ist also nicht überall gleich dicht; sie
ist vielmehr auf der Sohle des Luftoceans, am Spiegel des Meeres, am
dichtesten und lockert sich nach oben zu mehr und mehr auf, weil
die Mächtigkeit der darüber liegenden Schichten nach oben zu ach
stetig vermindert Schon Blaise Pascal^) (1623 — 1662) hatte beob-
achtet, dass ein Ballon, der im Thale einigermassen mit Luft gefüllt,
hierauf aber möglichst gut verschlossen und auf die Berge getragen
wurde, sich dort beträchtlich aufblähte. Dieselbe Lufhnenge, wdche
im Tieflande unter der Last der ganzen Atmosphäre auf einen relativ
kleinen Baum zusanmiengepresst wird, bringt demnach ihre Tendenz,
sich auszudehnen, mit Erfolg zur Geltung in Meereshöhen, wo jener
Druck ansehnlich geringer ist.
Ist ein Körper von zwei Luftmassen mit gleicher Spannung um-
geben, so wird der Druck, welchen die eine auf ihn ausübt, durch
den G^endruck der anderen neutralisirt. Daher kommt es, dass selbst
die dünnen Häutchen einer Seifenblase durch den Luftdruck nicht zer-
rissen werden. Befindet sich aber in einer Röhre zwischen einem luft-
leeren Raum und der Atmosphäre ein nach oben verschiebbarer luft-
dichter Körper, so wird derselbe durch die Spannkraft der atmosphä-
rischen Luft so weit in den lufUeeren Raum hineingedrängt, bis das
Gewicht des gehobenen Körpers der Spannkraft der Luft das Gleich-
gewicht hält Daher steigt das Wasser in einer vertical gestellten
Röhre empor, sobald man die Luft aus derselben saugt. Deshalb lässt
sich auch eine bis oben mit Wasser gefiillte, durch ein Stück Papier
sorglich überdeckte Flasche umkehren, ohne dass ein Tropfen Wasser
ausfliesst; denn der von unten her wirkende Luftdruck, welcher den
M Trait^ de rEquilibre des liqueurs. Paris 1663. p. 53.
VI. Die Höhe und der Druck des Luftmeeres. JH
vollen Atmosphärendruck repräsentirt, ist weit grösser als derjenige
der kleinen Wassersäule innerhalb der Flasche.
Als die Pumpenmacher von Florenz in einem Saugrohre das
Wasser mehr als 10,3 Meter heben wollten, wurden sie zu ihrem
grössten Erstaunen gar bald inne, dass alle Anstrengungen fruchtlos
waren. Damals erklärte man dies mit dem aristotelischen „Abscheu
der Natur vor dem Leeren"; doch vermuthete bereits Galilei, dass diese
Thatsache mit der Schwere der Luft in Verbindung zu bringen sei,
was durch seinen Schüler Torricelli streng bewiesen wurde. Im
Jahre 1643 flillte derselbe eine am Ende verschlossene Glasröhre mit
Quecksilber, drückte die Oefl&iung mit dem Daimien zu, kehrte die
Röhre um und senkte sie in eine Schale mit Quecksilber. Als er den
Finger zurückzog, entleerte sich das Quecksilber nicht vollständig,
sondern blieb in der Röhre bis zu einer Höhe von 760 lliUimetem
stehen. Dieser Apparat war die älteste Form des Barometers.
Die Quecksilbersäule innerlialb der Röhre ist offenbar als ein Gegen-
gewicht gegen den atmosphärischen Luftdruck anssusehen. Nun er-
kannte man auch, warum die Wassersäule in dem obigen Falle nicht
über 10,3 Meter hoch stieg. Vermochte nämlich der atmosphärische
Druck eine Quecksilbersäule von 760 Millimeter zu tragen, so konnte
die an ihre Stelle tretende Wassersäule 13,6 mal so gross sein (also
== 10,3 Meter), da das Wasser 13,6 mal so leicht ist als das Queck-
silber. Es war demnach ermittelt, dass das Gewicht einer bis an's
obere Ende des Luftoceans reichenden Luftsäule übereinstimmt mit
dem einer 10,3 Meter hohen Wassersäide oder einer 760 Millimeter
hohen Quecksilbersäule von gleichem Durchschnitt.
Ist es wirklich der Luftidruck, welcher das Quecksilber in der
Barometerröhre emportreibt, so muss in gleichem Masse mit ihm auch
der Barometerstand abnehmen, wenn man sich senkrecht erhebt Dies
wurde zuerst durch Blaise PascaP) erwiesen, dessen Schwager Pa-
rier am 19. September 1648 die Quecksilberhöhe auf dem Gipfel des
1477 Meter hohen Puy de Dome beobachtete, während gleichzeitig in
dem benachbarten Qermont der Stand des Barometers genau auf-
gezeichnet wurde. Man gelangte hierbei zu dem wichtigen Ergebniss,
dass die Quecksilbersätde auf der Spitze des Puy de Dome 3 Par.
Zoll 1^2 Linie (84,6 Millimeter) niedriger war als in Oermont.
J. J. Scheuchzer machte im Anfang des 18. Jahrhunderts ähn-
liche Er&hrungen, als er die Barometerstände am Fusse und an der
Spitze verschiedener Thürme mit einander vergUch. So erhielten er und
sein Bruder an der Züricher Domkirche bei 241 Par. Fuss 4 Zoll
(= 78,4 Meter) senkrechtem Höhenabstand S^'g Linien (= 7,9 Milli-
') 1. c. p. 164 sq.
112 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
meter) Unterschied in den Quecksilberständen. Auch wagte es
Scheuchzer in den Jahren 1705 bis 1707 zum ersten Male, die
Differenzen d^ Quecksilbersäulen zu Höhenmessungen zu benützen.
Er yerglidi bd seinen Alpenwanderungen die Quecksilberhöhe auf
Gipfehi und Pässen, während gldchzeitig in Zürich der (rang des Ba-
rometers beobachtet wurde, und ging bei der Berechnung davon aus,
dass ein Sinken des Barometers um 1 linie einer Erhebung von
80 Fuss entspreche, dass somit jedes Herabsteigen des Quecksilbers
um einen Raumtheil dne 11 520 solcher Kaumtheile umfEtssende ver-
ticale Erhebung fordere^).
Diese Rechnung musste unbedingt fehlerhafte und zwar zu nied-
rige Resultate liefern; denn man hatte dabei vorausgesetet, dass die
Dichtigkeit der Luft in allen Höh^i dieselbe seL Es war also das
erst später (1717) von Mariotte') entdeckte und nach ihm benannte
Gresetz völlig ausser Betracht geblieben, nach welchem sich die Luft
mit der Zunahme ihres dgenen Druckes verdichtet, mit der Abnahme
sich auflockert und nach welchem die Volumina einer und derselben
Menge Luft immer dem auf ihr lastenden Drucke umgekehrt propor-
tional sind. Muss man sich also c. 10,5 Meter hoch erheben, damit die
Quecksilbersäule von 760 auf 759 Millimeter sinkt, so ist es notii-
wendig, doppelt so hoch, also 21 Meter, empor zu steigen, damit sich
der Barometerstand von 380 Millimeter um 1 Millimeter vermindert
Die durchschrittene Lufimenge ist in beiden Fällen dieselbe; nur er-
ftillt sie im ersteren einen halb so grossen Raum wie im letzteren. Es
ergiebt sich hieraus, dass, w^m die Barometerstände arithmetisch ab-
ndmien, die senkrechten Erhebungen geometrisch wachsen müssen.
Somit können die senkrechten Höhen aus den logarithmischen Unter-
schieden der Barometerstände berechnet werden.
Ist an irgend einem Orte der Barometerstand gleich 760 Milli-
meter, so hat man sich von hier aus um 10,5 Meter zu erheben, wenn
die Quecksilbersäule um 1 Millimeter £sdlen soll; in dieser Höhe ist
759
also der Barometerstand «= 759 Millimeter oder 760 ' h^^tt Millimeter.
760
Wir werden nicht wesentlich irren, wenn wir voraussetzen, dass die
Luft innerhalb der genannten Stufe, also vom Meeresspiegel bis zu
10,5 Meter Höhe, so dicht sei wie am Boden. Die zweite Stufe, zwi-
schen 10,5 und 21 Meter Meereshöhe, hat nach dem Mariotte'schen
*)J. J. Scheuchzer, Itinera Alpina. Londini 1708. Iter sec p. 7.
Vgl 0. Peschel, Geschichte der Erdkunde. 2. Aufl. (herausgeg. von S.
Rage). Manchen 1877. S. 688 ff.
*) Erfahmngsgemftss festgestellt war das Gesetz bereits durch Boyle im
Jahre 1680; Mariotte fand» gestützt auf eigene Versuche, hierfür den ein>
fachen Ausdrack.
VI. Die Höhe und der Druck des Luftmeeres. HS
759
Gesetz bereits eine geringere Dichtigkeit. Da nur -»^tt des gesammten
atmosphärischen Druckes auf ihr lastet, so ist auch die Luftdichtigkeit
759
innerhalb dieser Stufe nur -^^^ von derjenigen der ersten Stufe;
dementsprechend &llt auch die Quecksilbersäule, wenn man von 10,5
759
zu 21 Meter Höhe emporsteigt, nicht 1, sondern nur -a^- Millimeter.
Atti oberen Ende der zweiten Stufe ist demnach der Barometerstand:
n^r. 759 759 759 ,^^^ ,, 759^ .^^ /759\« ,™.
^«ö -760 - w = w (^^^ - 1) = w = ^^<^ Km) ^^^'
Wird das Barometer durch eine dritte Stufe abermals um 10,5
Meter, also bis zu einer Höhe von 31,5 Meter emporgetragen, so sinkt
das Quecksilber natürlich wiederum weniger als in der zweiten Stufe
759
und zwar, da diese Schicht _^^mal leichter ist als die vorhergehende,
759
nur „brT des Baumes, um welchen es in der zweiten Stufe gefallen
7oü
war, also nur -=^ . =^ = ( «^ ) Millimeter. Somit ist der Baro-
meterstand am oberen Ende der dritten Stufe:
759Y
7öO/
Nun ist das Gesetz Reicht zu übersehen. Am oberen Ende der
vierten Stufe (in 42 Meter Meereshöhe) wird der Barometerstand
7759x4
=s 760 ( 7^ ) 7 am oberen Ende der fünften Stufe (in 52,5 Meter
/759\5
Meereshöhe) = 760 [n^Kj Millimeter, demnach am oberen Ende der
n^^ Stufe = 760 (^)" MiDimeter sein.
/ 759\m
Ist nun der Barometerstand B an dem einen Orte = 760 (fT^j
/759V
und derjenige an einem höheren Orte b = 760 («^) Millimeter, so
ist offenbar der Höhenunterschied beider Orte = (n — m) 10,5 Meter.
Da JB = 760 (^)" und b = 760 (^)", so ist
759
log. B = log. 760 + m.log. -=^- und
^^ (76Ö} -[mJ -[m) (7öO-l)-7gö^ = 760(^J Mdlim.
log. 6 = log. 760 + n.log.
760
759
760'
Peschel-Leipoldt, Phys. Erdlrand«. II. 8
114 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Sabtrahirt man dieizweite Gleichung von der ersten, so folgt hieraus :
759
log. B — 1<^. 6 = (m — n) log. ^^ und
log. B — log. 6 = (n — m) 0,0005718;
demnach ist
n _ in — ^ofr ^ — ^Qg' fe
0,0005718 •
Da nun die beiden Orte einen Höhenunterschied h von (n — m)
X 10,5 Meter aufw^eisen, so dürfen wir auch sagen:
h = 10,5 Meter . ?^§^ö^^J^^ = 18363 Meter (log. 5 — log. 6)
oder A = 18363 log. j Meter.
SoU die Höhe in Pariser Fuss ausgedrückt werden, so lautet die
Gleichung
h = 56529 log. yPar.Fuss^).
Gleichgiltig ist es, ob die Barometerstände in Millimetern oder
Pariser Linien angaben sind, da der Quotient -j-, somit auch die Dif-
ferenz log. B — log. b stets denselben Werth behält.
Den angefiihrten Weg der Berechnung, den man im Princip auch
heute noch nicht verlassen hat, betrat zuerst Edmund Hallej (1656
bis 1724)^). Er bestimmte zunächst das specifische Grewicht der Luft
und des Quecksilbers und sodann das Gesetz der Abnahme de>
Druckes mit der Höhe. Seine Formel lautet:
A = 62 169,795 log. j engl Fuss oder
h = 9719 log. ^ Toisen.
Sie liefert bei gewissen Lufttemperaturen (namentlich dann, wenn sich
die halbe Summe der oberen und unteren Luftwärme nicht allzuweit
von 6 ^ C. entfernt,) gute Höhenangaben; hing^en erw^st sie sich schon
bd geringen Höhenunterschieden unter den Tropen als untauglich.
Der an der peruanischen Gradmessung (1735 bis 1742) betheiligte
Astronom Bouguer, welcher oft barometrische und trigonometrische
Höhen mit einander verglich, ermittelte die einfache Formel:
B
b
h = 9667 log. f Toisen,
«) 1 Meter =« 3,07844 Par. Fubs; 18 363. 3,70844 — 56 529.
*) ,A disconrse of the Bole of the decrease of tbe hight of the Mercurj
in the Barometer etc/' in den Philosopbical Transactions of the R See. of
London. VoL X^^ (1696 u. 16S7), p. 104—116.
VL Die Höhe und der Druck des Luftmeeres. 115
Doch erlangt man mit Hilfe derselben, wie Bouguer selbst be-
merkt, nur fiir das Hochland und Hochgebirge annähernd richtige
Resultate.
Es fehlte also bis in die IMitte des vorigen Jahrhunderts eine ge-
naue, allgemein giltige Barometerformel: die vorhandenen veranlassten
entweder stets grosse Irrungen, wie die Scheuchzer'sche, oder sie
waren nur für beschränkte Bäume brauchbar, wie die Hall ey 's und
Bouguer's. Cassini de Thury erklärte deshalb die Schwan-
kungen des Barometers in Folge von Wärme, Nebel, Begen und Wind
für so unberechenbar, dass die Höhe der Quecksilbersäule niemals zur
Ableitung der Bergeshöhen benützt werden könne ^). So' geringe Er-
wartungen knüpften sich an die barometrischen Höhenmessungen, als
der Schweizer Jean Andr^ de Luc im Jahre 1757 von neuem
diesem G^enstand eine eingehende Untersuchung widmete. Indess
sollte es ihm gelingen, die erste allgemein anwendbare Barometerformel
festzustellen ^).
J. de Luc war es, welcher zuerst mit den Barometerbeobach-
tungen thermometrische Au&eichnungen vereinigte und den Einfluss
der Temperatur auf das Gewicht der Luft wie auf die Höhe der
Queckflübei^ule berücksichtigen lelule.
Befindet sich von zwei in gleicher Meereshöhe au%ehangenen Ba-
rometern das eine in der Sonne, das andere im Schatten, so wird die
Quecksilbersäule des besonnten Barometers höher stehen als die des
anderen, weil im ersteren Falle das Quecksilber durch die zugestrahlte
Sonnenwärme eine merkliche Ausdehnung erföhrt. Will man also aus
zwei Barometerständen absondern, was eine Wirkung des Luftdnickes
und was eine Wirkung der Quecksilbererwärmung ist, so muss man
durch Rechnung zuerst ermitteln, bis zu welchen Punkten sich die
Quecksilbersäulen erhoben hätten, wenn ihre Temperatur dieselbe ge-
wesen wäre. J. de Luc bestimmte den Ausdehnungscoefficienten des
Quecksilbers noch mit dem Barometer selbst und konnte daher un-
möglich ein genaues Besultat erhalten; dennoch befiiedigt dasselbe in
hohem Grade, da er im übrigen grosse Sorgfalt auf diese Messungen
verwandte. Nach J. de Luc beträgt der Ausdehnimgscoefficient des
Quecksilbers V4320 (statt \44oo)j ^* ^- das Volumen des Quecksilbers
wird durch eine Temperaturerhöhung von 1 ^ R. um ^'4320 vergi-össert.
Er nahm 10 ^ R. als neutrale Quecksilbertemperatur an und zog ftir
^) R^flexions sur les observations du barom^tre. Histoire et Memoires de
TAcad^mie des Sciences, Annee ]740. Paris 1742. p* 94.
^) J. A. de Luc, Recherches sur les modifications de TAtmosphere.
Geneve 1772. Tome II, § 606—634 (p. 9S— 137).
s*
IIQ Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
jeden Grad R über dieser Temperatur V^q Linie ab oder fugte für
jeden Grad unter dieser Temperatur ^.^o Linie zu dem Barometer-
stände hinzu.
Kräftiger noch als das Quecksilber werden die Luftschichten durch
die Wärme ausgedehnt J. de Luc erkannte, dass manbd niedrigen
Temperaturen nicht so hoch empor zu steigen brauche, um das Baro-
meter um einen Zoll £EÜlen zu sehen, wie bd hohen Temperaturen.
Mit Hilfe sdnes Bruders verglich er im Jahre 1759 am Saleve bei
Genf auf 15 Standorten, der^i Höhe er geometrisch gemessen hatte,
den Gang der Thermomet» und Barometer, um den FJnflnus der Luft-
wärme auf die senkrechte VertheOung des Luftdruckes zu erfinrachen,
und &nd als AusdehnungscoefiSdenten der Luft Vsi5 (statt ^ ^73).
Bei Berechnung der Höhe verfuhr J. de Luc in folgender Weise:
Nachdem er die Barometerhöhe von der Wirkung d^ Quecksilber-
wärme gereinigt hatte, suchte er die Differenz der Logarithmen der
Barometerstände, ausgedrückt in Pariser Linien, die mit 10000 molti-
pUdrt die Höhe in Toisen angiebt, so oft die halbe Summe der oberen
und unteren Luflwärme 16,75 ® R beträgt Für je 1 " R über dieser
Temperatur addirte er ^'^i^ zu der ermittelten Höhe; für je 1^ B.
unter dieser Temperatur hingegen subtrahirte er V2i5« ^^ Formel J. de
Luc 's lautet demnach:
h = 10000 Toisen ( ^ , 2 16,750R\ j^^
215 / b' — (t'— 10)
4320
wobei T und i die Temperaturen der Luft, T* und i' die Tempera-
turen des Quecksilbers an der oberen und unteren Station in Graden
der Beaumur'schen Scala, B' und b' die abgelesenen, B und b die
auf gemeinschaftliche Temperatur reducirten Barometerhöhen bedeuten.
'Eine weitere Verschärftmg erhielt die Barometerformd durch La-
place^). £r bestimmte den Coefficienten nach den genauen Mes-
sungen, welche die französische Akademie mittlerweile veranlasst hatte,
imd gelangte so zu einer Formel, welche allen späteren Barometer-
formeln als Grundlage diente und über die man im wesentlichen heute
noch nicht hinausgekommen ist Sie lautet, allgesehen von den Schwere-
correctionen und berichtigt durch den Ramend 'sehen Coefficienten:
A = 18386 Meter.log. j (l + ^L±J\
wobei B und &, T und i die gleiche Bedeutung haben wie oben. Da-
neben führte La place noch folgende Correction ein. Die Intensität
^) Trail^ de Mecaniqae Celeste. Paris 1S02. Tome IV, p, 2S9— 293.
VI. Die Höhe und der Druck des Luftmeeres. 117
der Schwere nimmt ab, je weiter man sieh von dem Erdmittelpunkte
entfernt; sie vermindert sich ako auch in der Richtung von den ab-
geplatteten Polargebieten nach den angeschwollenen äquatorialen Theilen.
Zur Beseitigung des hieraus resultirenden Fehlers hat Laplace Ta-
feln ausgearbeitet; es ist zu den nach der obigen Formel berechneten
Höhen ein kleiner Werth zu addiren, welcher gleich ist dem Product
von 52,166 Meter und dem Cosinus der doppelten Breite. Femer be-
achtete Laplace bei Aufstellung- seiner Formel, dass die Anziehungs-
kraft der Erde auch in den höheren Luftregionen eine geringere ist
als in den unteren, was eine vermehrte Auflockerung der Luft in
höheren Schichten zur Folge hat. Somit ist dem Hechnungsergebniss
noch ein kleiner Werth hinzuzufiigen. Der Betrag dieser beiden Ver-
schärftingen ist überdies so unbedeutend, dass er selbst unter dem
Aequator bei Höhen von 4000 Metern, also bei grösster Cumulation
der Unrichtigkeiten, nur etwa eine Grösse von 10 Metern erreicht.
Nach der vollständigen Lapjace 'sehen Formel ist
h = 18336 Meter (1 + 0,002845 cos. 2i//) (l + ^4"— 0,004)
X (l + *) (log. j + \ 0,868589),
wobei xff die geographische Breite und r den Erdradius bezeichnet.
Obwohl diese Formel von Laplace mit voller Strenge entwickelt
war, harmonirten doch die mit Hilfe derselben ermittelten barometri-
schen Höhen nicht immer genau mit den trigonometrischen Bestim-
mungen oder den Nivellements. Deshalb unternahm es Ramend,
durch genaue Messungen, die er an dem Pic du Midi de Bigorre aus-
ftihrte, die Richtigkeit der Laplace' sehen Formel nochmals auf das
SorgftÜtigste zu prüfen. Der genannte Berg erhebt sich, wie aus Ra-
ni o n d ' s sehr zuverlässigem Nivellement hervorgeht, von dem an seinem
Fusse gelegenen Orte Tarbes ziemUch frei von 322 zu 2935 Meter
Meereshöhe; er hat also eine relative Höhe von 2613 Metern. Somit
wurden diese Untersuchungen unter äusserst günstigen Umständen an-
gesteUt, da die Gelegenheit, das Barometer an den Enden einer so
hohen und so genau gemessenen Luftsäule zu beobachten, sehr selten
ist Ramend fand, dass der von Laplace zuerst benützte Coöffi-
cient von 18 393 Metern ftlr Mittagsbeobachtungen auf 18 336 Meter
erniedrigt werden müsse, wenn richtige Resultate erzielt werden sollen.
Aus seinen mehr ak 800 Beobachtungen erkannte Ramend, dass die
Wahl der Beobachtungsstunde nicht gleichgiltig sei fib: die barome-
trische Höhenmessung. Moigen- und Abendbeobachtungen forderten
einen grösseren, Beobachtungen um 1 und 2 Uhr Nachmittags einen
kleineren Coöfficienten; dag^en hielt er den Mittag ftir die beste Be-
118 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
obachtangszeit, vor allein weil die Luft am rahigsten sei, nnd be-
rechnete daher fiir den Mittag seinen Co^cienten. Auch der Ein-
fluss der Winde auf die barometrische Höhenmessnng wurde yon Ra-
mend nicht ausser Acht gelassen; es zeigte sich deutlidi, dass bei
nördlichen Winden die Höhen zu gross, bei südlichen zu klein aas-
fielen. Endlich wurde auch die Existenz einer jährlichen Periode be-
reits von ihm nachgewiesen.
Noch immer war ein Factor von nicht zu untarschätzendem Werth
bei den barometrischen Höhenbestimmungen nicht zur Gleltung ge-
kommen: der Druck des Wasserdampfes. Derselbe verdient jedoch
um so mehr Berücksichtigung, als der Wasserdampfgehalt der Luft
zeitlich und örtlich ansehnlichen Schwankungen unterli^:t, weshalb sich
auch die Quecksilbersäule in der Barometerröhre unter diesem Einflüsse
bald mehr, bald minder hoch erhebt. In unseren Breiten varürt die
Wirkung des Wasserdampfes auf den Barometerstand zwischen weniger
als zwei und mehr als fünf Linien im Mittel Von Laplace bis auf
Gauss wurde eine Absonderung dieses geringen Werthes vernach-
lässigt oder vielmehr durch eine Erhöhung der Temperaturcorreetion
zu beseitigen gesucht Erst der grosse Astronom Bessel befi*eite die
Barometerstände von der Wirkung der Luftfeuchtigkeit^). Den von
Bessel gebrauchten, durch grosse Strenge der Entwicklung aus-
gezeichneten, aber comphdrten Ausdruck fiir diese Correction führte
a M. Bauernfeind^) auf eine ein&chere Form zurück; er rnuki-
pHcirt nämlich die beinahe unveränderte Laplace'sche Gldchung mit
dem Factor
1 + 0,375.-2 (J,+^^,
in welchem o' und a' den Dampfdruck an der unteren und oberen
Station bedeuten. Bauernfeind hat zu dieser Formd die vorhan-
denen Tafeln umgerechnet und durch neue zur Bestimmung des hinzu-
gefugten Factors vermehrt.
Aus den Beobachtungen, wdche Bauernfeind, unterstützt von
einigen seiner Schüler, am Hohen Miesing angestdlt hat, eigaben sich
noch mehrere wichtige Resultate, die hier mitgetheilt zu werden verdienen«
An dem genannten Bei^ wurden an f&nf Punkten mit annähernd
gleichen Verticalabständen Stationen errichtet, deren GesammdiOhen-
^) Die TOD Bessel ausgearbeiteten Tafeln zur peychrometriBcben Cor-
rection finden sich in Schnmacher's Astrononiiscfaen Nachrichten. Bd. XV
(1838), Nr. 357, S. 360.
^ Beobachtongen and Untersuchnngen über die Genauigkeit barometri-
scher Höhenmessungen und die Veränderungen der Temperatur und Feuchtig-
keit der Atmosphäre. München 1862. S. 30—32.
VI. Die Höhe und der Druck des Luftmeeres. 119
differenz nach einem genauen Nivellement 1068,2 Meter betrug. Der
Gang der Instrumente (Barometer, Thermometer und Psychrometer)
wurde von 8 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends nach Ablauf je-
der halben Stunde notirt Wenn man nun die Mittel der gleich-
zeiligen Beobachtungen bei der Berechnung benützte, so zeigte sich,
dass die barometrischen Höhenmessungen am Morgen und am Abend
zu kleine, zwischen 10 Uhr Vormittags und 4 Uhr Nachmittags zu
grosse Resultate Ueferten. Aus den Beobachtungen um 6 Uhr Abends
erhielt man Höhen, die um 29,8 bayr. Fuss (8,7 Meter) zu niedrig
waren; diejenigen für Mittags 1 Uhr hingegen übertrafen die wahren
Höhen um 16,9 bayr. Fuss (4,9 Meter). Nur mit Hilfe der Beobach-
tungen von 10 Uhr Vormittags und 4 Uhr Nachmittags gelangte man
zu nahezu richtigen Werthen. Hatte schon Saussure bei seinen Be-
obachtungen am Col de G&mt, sowie Ramend bei seinen Beobach-
tungen am Pic du midi de Bigorre eine solche tägliche Periode er-
kannt, 80 wurde sie doch weder von ihnen, noch von späteren Mathe-
matikern eingehender behandelt; erst Bauern feind machte sie zum
Gegenstand einer sorg&lltigen Prüfung.
In scharfsinniger Weise wies derselbe nach, dass die Ursache dieser
Erscheinung vor allem in den unrichtigen Temperaturangaben zu suchen
sei. Die Thermometer hängen gewöhnlich unmittelbar über dem Bo-
den; sie sind also der Wärmestrahlung von unten her in hohem Grade
ausgesetzt und zeigen somit nicht die wahre Wärme der horizontalen
Luftschicht an, in welcher sie sich befinden, sondern um die Mittags-
zeit eine höhere, am Morgen und Abend eine niedere. Zweimal wird
im Laufe des Tages der Fehler compensirt, nämUch um 10 Uhr Vor-
mittags und kurz nach 4 Uhr Nachmittags. Aus den ermittelten Ab-
weichungen der Höhen berechnete Bauernfeind^), um richtige Luft-
temperaturen zu erzielen, folgende Correctionen flir die Thermometer:
8^ lO^/g^ 12^ IVg^ 4»» 6^
+ 1,480R. 00 R — 0,70«R. — 1,13 »R. —0,16« R. 4-l,76>>R.
Bauern feind schreibt die grossen Differenzen zwischen barometrischen
und trigonometrischen Höhenmessungen (abgesehen von groben Beob-
achtungsfehlem) hauptsächlich dem grossen Horizontalabstand der Sta-
tionen, dem Unterschiede in der Beobachtungszeit, der zu geringen
Zahl von Beobachtungen und der Nichtberücksichtigung der Wärme-
strahlung des Bodens zu. „Werden an horizontal nicht über lOBogen-
minuten entfernten Stationen mehrere gleichzeitige gute Beobachtungen
gemacht und die Lufttemperaturen entsprechend verbessert, so ver-
schwinden alle grossen Differenzen. . . . Vier oder flinf gleichzeitige
Messungen, bei guter Witterung gegen 10 Uhr Vormittags oder 4 Uhr
*) 1. c. S. 69.
120 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Nachmittags in ZwischeniäumeD von etwa 20 Minuten angestdlt, wer-
den den Fehler des arithmetisdien Mittels bei 500 Meter Höhenunter-
schied auf etwa 2 Meter und bei 1000 Meter Höhenunterschied auf
etwa 3 Meter einschränken'^^). Bauernfeind gebührt demnach das
Verdienst, die tS^che Periode der barometrisch gemessenen Höhai als
eine Folge der verschiedenartigen Wärmestrahlung des Bodens erkannt
und näher bestimmt zu haben. Die von ihm angewandte Formel
lautet, wenn die Temperaturen in Centigraden ang^;eben sind^):
h = 18 404,9 Meter (1 -h 0,0026 cos. 2 t/') (l + ^^ ^ *)
X fl + 0,375. -2-[j> -i- ^]) (l + 0,003665 ?^^)
X [log. f + log. (l - ^^) + 0,86859 ^ ,
wobei jef die Seehöhe der unteren Station bedeutet
Neuerdings hat Richard Rühlmann^) die Abhängigkeit der
barometrisch gemessenen Höhen sowohl von der Tageszeit als auch von
der Jahreszeit eingehend behandelt Seine Beobachtungen, welche er
gleichzeitig mit einem Freunde vom 28. August bis 26. September 1864
auf dem Valtenberge bd Bischo&werda in Sachsen und in dem be-
nachbarten Neukirch unternahm, um&ssen 416 correspondirende Ab-
lesungen. Sie erstrecken sich auf alle Tagesstunden; doch wurde auch
4 mal 24 Stunden hindurch ununterbrochen beobachtet Die Höhen-
differenz, welche vorher durch ein sehr sorgfältiges Nivellement genau
ermittelt worden war, betrug 869 Par. Fuss (282,3 Meter), die Hori-
zontaldistanz nur 6000 Par. Fuss (1949 Meter). Jene Höhendifferenz
war freiUch, wie sich bald zeigte, zu gering, als dass sich nicht zu-
fällige Beobachtungsfehler sehr bedeutend mit den regelmässigen Ab-
weichungen mischen konnten. Rühlmann bildete sich deshalb noch
6jährige Mittel für alle Monate aus den gleichzeitigen Beobachtungen
in Genf und am St Bernhard, an welchen beiden Orten seit langor
Zeit zu allen geraden Stunden gleichzeitig beobachtet wird. Rühl-
mann's Untersuchungen fiihrten hinsichtlich des allgemeinen Charak-
ters der täglichen Periode zu folgenden Resultaten^):
Die barometrisch bestimmten Höhen erreichen ihr MATinnim kurz
vor der Zeit der höchsten Tagestemperatur, also meist gegen 1 Uhr,
sinken dann rasch während des Nachmittags, langsamer während der
Nacht und erlangen ihren kleinsten Werth ungefi&hr eine bis zwei
») L c. S. 143.
«) 1. 0. S. 32.
') Die barometrischen Höhemnessangen und ihre Bedeutung fiir die Phy-
sik der Atmosphäre. Leipzig 1S70.
*) 1. c. S. 47.
VI. Die Höhe und der Druck des Luftmeeres. 121
Stunden vor Sonnenaufgang. Von dem Minimum aus steigt dann die
Ourve sehr rasch und steil bis zum Maximum gegen Mittag.
Die tägliche Periode ist femer nur deutlich erkennbar an Tagen,
an denen bei nahe wolkenlosem Himmel eine regelmässige Bestrafung
durch die Sonne bei Tage und eine imgestörte Ausstrahlung der Wärme
des Erdbodens gegen den kalten Himmelsraum stattfindet. An trüben
oder windigen Tagen vermindert sich die Amplitude der Periode selu-,
ohne jedoch ganz zu verschwinden.
Endlich ist der Charakter der tägUchen Periode in den einzelnen
Monaten, den sehr verschiedenen Umständen der Jahreszeiten ent-
sprechend, ein sehr verschiedener. In den Sommermonaten wächst die
Amplitude der täglichen Periode bei einem Höhenunterscliiede von
2070 Metern auf mehr als 40 Meter, während dieselbe in den Winter-
monaten ansehnlich kleiner wird und im December auf obige Höhe
sogar nur 13 Meter beträgt *).
Die aus den Tages- und Monatsmitteln der meteorologischen Be-
obachtungen berechneten Höhen zeigen zugleich eine jährliche Pe-
riode, deren Amplitude jedoch viel kleiner ist als die der täglichen
Periode. Die Wintermonate (September bis März) ergaben zu kleine,
die Sommermonate (April bis August) zu grosse Höhen. Unter allen
Monaten lieferte der März die besten Besultate; der Fehler verringerte
sich bei einer Höhendifferenz von 2070 Metern auf 0,8 Meter. Hin-
gegen stand das Januarresultat 14 Meter unter, das Juliresultat 9 Meter
über der wahren Höhe. Die Jahresmittel aller meteorologischen Be-'
obachtungen ftihrten zu Resultaten, welche sich von dem wahren Werthe
nicht weit entfernten ; sie waren im Durchschnitt nur 2,8 Meter zu niedrig.
Die Hauptursache, welche jenen Höhenperioden zu Grunde li^^
ist, wie Rühlmann in überzeugender Weise darlegt, darin zu
suchen, dass die Temperatur der zu messenden Luftsäule sich während
der Zeit einer Periode nicht um so viel und nicht so rasch ändert, ab
das arithmetische Mittel der Thermometerablesungen an der oberen
und unteren Station besagt; vielmehr nimmt die Luft nur wenig und
zögernd Anthdl an den täglichen und jährlichen Schwankungen der
Temperatur unmittelbar über der Erdoberfläche. Das periodische
Steigal und Fallen der Resultate, welche aus Barometerbeobachtungen
abgeleitet waiden, rührt also davon her, dass dem Luf^ewicht, wel-
ches als Basis der Berechnung dient, &lsche Temperataren zugeschrie-
ben werden^ wenn 'las arithmetische Mittel aus den Temperaturen der
oberen and unteren Station als durchschnitdiche Wärme der Luftsäule
zwiachea beid^^ gilL Ist dieses arithmetische Mittel ein zu hoher
Wertli, 80 eotspridit d^nuKJben eine geringere Dichte der Luft und
>) L c 8. «3 l
122 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
somit demselben Luftgewichte eine höhere Luftsäule ; dann ist also das
Eesultat der Messimg ein zu grosses. Ist das arithmetische Mittel hin-
gegen ein zu niedriger Werth, so wird der Luft eine zu grosse Dichte
beigemessen; demnach wird fiir das vorhandene Luftgewicht eine zu
niedrige Luftisäule berechnet
Der eigentliche Grund jener Differenz zwischen den Angaben der
Thermometer und den wahren Lufttemperaturen ist offenbar die relativ
grosse Fähigkeit des Erdbodens, Wärmestrablen zu absorbiren. Der
Boden wird durch directe Bestrahlung relativ stark erhitzt, er-
kaltet aber auch ansehnlich durch nächtliche Ausstrahlung. Ganz an-
ders verhält. sich die Luft. Als ein sehr diathermaner Körper wird sie
während des Tages durch die Sonnenstrahlen wenig erwärmt; daftir
aber verUert sie auch des Nachts wenig Wärme durch Ausstrahlung;
es vollziehen sich demnach in der Luft viel geringere Temperatur-
schwankungen als in den Schichten an der Erdoberfläche. Nun wer-
den die Thermometer der Beobachtungsstationen stets von der strahlen-
den Wärme des Bodens imd der Umgebung beeinflusst; sie nehmen
daher an dem bedeutenderen und schneller^i Temperaturwechsel an
der Oberfläche theil. Leider ist es unmöglich, die Thermometer vor
diesen störenden Einwirkungen erfolgreich zu schützen; denn alle
Gegenstände an der Erdoberfläche erfahren theils durch directe Be-
strahlung, theils durch reflectirte und diffuse Wärmestrahlen eine Tem-
peraturerhöhung. Hierin liegt ein Hauptgrund, weshalb sich sehr
häufig aus barometrischen Höhenmessungen, selbst wenn sie mit der
grössten Vorsicht und 8org£sJt ausgeftihrt worden sind, doch stark von
einander abweichende Resultate ergeben, namentlich dann, wenn sich
die Berechnungen nur auf wenige Beobachtungen stützen. Wenn
übrigens Bauernfeind ^d, dass die barometrischen Höhenmessungen
zwischen 10 Uhr ftilh und 4 Uhr Nachmittags zu grosse, um 10 Uhr
und 4 Uhr aber nahezu richtige Werthe Uefem, so gilt dies nur ftir
die zeitlichen und örtlichen Verhältnisse, unter welchen er arbeitete.
Nach Rühlmann^) sind in unserer Zone die günstigsten Zeiten ftir
Anstellung barometrischer Höhenmessungen die folgenden:
im December: Nachmittag 1 Uhr.
7, Januar:
Mittag
12 u.
„ Februar:
Vormittag
10 U. u.
Nachmittag 4 U.
^ März:
7)
8U. ,
6U.
7) April:
7)
7U. „
7U.
„ Mai:
n
7U. „
7 U.
„ Juni :
r?
öU. ,
9U.
„ Juli :
>j
6U. „
9Ü.
*) 1. c. S. 95.
VI. Die Höhe und der Druck des Luftmeeres. 123
im August:
Vormittag 7 ü. u. Nachmittag 3 ü.
„ September:
„ 8 U. „ „ 6 U.
„ October:
10 U. „ „ 4 U.
„ November :
11 U. „ „ 2 ü.
Aeltere Schriflsteller, wie Lindenau imd Homer, forderten fiir
die Zwecke einer barometrischen Höhenbestimmung nur isolirte Beob-
achtungen. Man nahm an^ dass ein Ort, wenn er senkrecht unter
dem Beobachtungsort im Niveau des Meeresspiegels läge, genau einen
Barometerstand von 760 Millimeter habe, legte femer eine fingirte
Temperatur an der Meeresoberfläche zu Grunde und war so im Be-
sitze des nöthigen Materials. Man vernachlässigte somit vollständig die
Variationen, welche der Luftdruck an jedem Orte der Erde zeigt,
lieber den Charakter dieser Variationen an verschiedenen Orten der
Erde soll in dem Folgenden das Wichtigste mitgetheUt werden.
Die Schwankungen des Barometers sind zweifacher Art: perio-
dische und nichtperiodische, und hinsichtlich der ersteren lässt sich
wiederum eine tägUche und jährUche Periode unterscheiden.
Die tägliche Periode tritt am schärfeten unter den Tropen
hervor, während sie in den gemässigten Breiten durch die nichtperio-
dischen OsdUationen verhüllt wird und erst aus längeren Beobachtungs-
reihen sich unzweideutig offenbart. Sie wurde demgemäss in der tro-
pischen Zone zuerst bemerkt imd zwar von Varin, des Hayes und de
Glos im Jahre 1682. Sie £Einden, dass das Barometer auf Gor^e,
einer Insel bei Cap Verde, Mittags gewöhnlich 2 bis 4 Linien (4,5 bis
9 Millimeter) niedriger stand als am Abend ^). Aehnliche Wahrneh-
mungen machte man am Ausgange des 17. Jahrhunderts zu Batavia
und Pondichery, und in Surinam wurde von einem Holländer im
Jahre 1722 sogar erkannt, dass die Quecksilbersäule täglich zweimal
steige und feile*). Doch scheint sich die Nachricht hiervon wenig
verbreitet zu haben; denn als Godin auf Grund umfSässenderer Be-
obachtungen im Jahre 1738 festgestellt hatte, dass zu Quito die Queck-
silbersäule um 9 Uhr Vormittags den höchsten, um 3 Uhr Nachmittags
den niedrigsten (etwa 1 V4 Linie tieferen) Stand erreiche, beanspruchten
seine Begleiter Bouguer und Lacondamine ftlr Godin die Prio-
rität der Entdeckung.
Um zu zeigen, welchen Charakter die tägliche Periode des Luft-
druckes in der tropischen Zone besitzt, ftihren wir an, wie sich die-
selbe gewöhnlich in Batavia entwickelt.
^) A. de Humboldt, Voyage anz r^gions ^uinoxiales, Relation histori-
que. Paris 1831. Tome III, Hr. IX, p. 281 Bq.
*) Joumal lit^raire de Fannie 1722. La Haye 1723. Tome XII, p. 235.
124 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Zeit : Barometerhöhe :
Elrstes Minimum: Nachts 3 Uhr 40 Min. 758,6 Millimeter.
Erstes ^laximum: Vorm. 9 Uhr 8 Min. 760,2 ^
Zweites Minimum : Nachm. 3 Uhr 40 Min. 757,4 ^
Zweites Maximum : Abends 10 Uhr 22 Min. 759,8 „
Die Differenz zwischen dem niedrigsten und höchsten Barometer*
Stande beträgt demnach fiir Batavia durchschnittlich 2,8 MiUimeter.
In ähnlicher Weise wie in Batavia oscillirt der Barometerstand an
aUen Orten der tropischen Zone und zwar an jedem Tage mit so
grosser R^elmässigkeit und mit so bedeutender AmpUtude, dass
meist schon eintägige Beobachtungen genügen, um ein klares Bild
hiervon zu erlangen, und man darf wohl ohne Uebertreibung sagen^
man könne dort die Tageszeiten aus den Barometerschwankungen
berechnen.
In unseren Elimaten ist der Gang des Barometers so unregel-
massig, dass es einer längeren Beobachtungsreihe, etwa der eines Mo-
nats, bedarf, um die tägliche Periode des Luftdruckes zu erkennen.
Erst Chiminello gelang es in den Jahren 1778 bis 1780 durch seine
fleissigen Beobachtungen zu Padua, auch für nördUche Breiten dieselbe
nachzuweisen. Aus seinen AufiEcichnungen ergab sich, dass die täg-
lichen Höhenstände um 10 Uhr Moigens und 11 Uhr Nachts imd die
Tiefensülnde um 5 Uhr Moigens und 5 Uhr Nachmittags eintreten ^i.
Die Gresetzmässigkeit dieser Aenderungen zu erhärten war um so
schwieriger, als die OsciUationsamplitude sich polwärts ansehnlich ver-
mindert Errdcht dieselbe am Aequator nahezu den Werth von
3 Millimetern, so ist sie unter 30^ Breite nur noch gleich 1,6 Milli-
meter und unter 48^ gleich 0,7 Millimeter. Doch müssen wir hinzu-
fügen, dass die Abnahme vom Aequator nach den Polen hin durch-
aus keine r^lmässige ist; namentlich ist die tägliche Amplitude an
den Küsten viel&ch kleiner als im Binnenlande.
Die Stunden der täglichen Maxima und Minima eines Ortes sind
durchaus nicht immer diesdben, sondern wechseln mit den Jahres-
zeiten. Im Allgemeinen fidlen die beiden Maxima in die Vormittag-
und Abendstunden zwischen 8 und 11 Uhr, die bdden Minima in die
Morgen- und Nachmittagsstunden zwischen 3 imd 6 Uhr. Die Ex-
treme in der täglichen Periode des Barometerstandes li^en im Winter
dem Mittag nälier als im Sommer, wie dies aus der folgenden Tabdle
hervorgeht
^) Ephemerides Societ. meteorolog. Palat. Anno 1784. p. 230 sq.
VI. Die Höhe und der Druck des Luftmeeres.
125
Dresden.
Chrlstiania.
' Januar.
Juli.
Januar.
Juli.
Vormittag- K, . 9 U. 55 Min.
Abend- ) Maximum 9 ^ „ ^
Morgen- 1 ... . 4 „ 55 „
Nachmittag- I •^^'°""'"" 2 , 49 „
8 U. 24 Min.
11 « 9 „
3 „ 2 ,
5 . 25 ,
lOU. 34 Min.
9 „ 50 „
5 » 53 „
2 „ 6 „
7 U. 29 Min.
5 „ 45 „
In der letzten Columne fehlen Abendmaximum und Morgenmini-
mum; während des Juli steigt nämlich in Christiania der Luftdruck
die ganze Nacht hindurch wenn auch langsam, so doch stetig. Dies
gilt überhaupt fiir die Sommermonate höherer Breiten, während wel-
cher die Nacht ausserordentlich kurz ist. Endlich ändert sich auch
die Grösse der Amplitude mit den Jahreszeiten. Sie beträgt z. B.
für Dresden für Christiania
im Januar 0,39 Millimeter, 0,43 Millimeter.
im Juli 0,57 „ 1,06 „
Sie ist demnach im Sommer grösser als im Winter.
Jene Oscillationen des Barometerstandes werden offenbar hervor-
gerufen durch den täglichen Temperaturgang der Luft und die mit ihm
eng verbundene regelmässige Zu- und Abnahme ihres Wasserdampf-
gehalts. Indem die Sonnenstrahlen die Atmosphäre durchdringen,
erleiden sie eine relativ geringe Absorption und erwärmen die Luft
nur wenig, weil dieselbe ein sehr diathermaner Körper ist. Vielmehr
empfangt der Luftkreis in erster Linie durch die von dem erhitzten
Erdboden kommenden dunklen Wärmestrahlen seine höheren Tempe-
raturen, weshalb auch die unteren Schichten am schnellsten und stärk-
sten durchwärmt werden. Sind nun diese unteren Luftschichten ge-
nügend erhitzt, so suchen sie in ein ihrer geringen Dichtigkeit ent-
sprechendes Niveau zu gelangen und erheben sich. Es bildet sich also
ein aufsteigender Luftstrom. Dieser drängt die Atmosphäre an der er-
hitzten Stelle über ihre normale Höhe empor, worauf die Luft von
hier aus nach denjenigen Punkten abfliesst, an denen sie nicht eine
gleiche Höhe besitzt. Das Gewicht der Luftsäule über der erwärmten
Stelle ist also ein relativ geringes, und wir haben demnach in solchem
Falle das Sinken der Quecksilbersäule in der Barometerröhre haupt-
sächlich als ein Werk des aufsteigenden Luftstromes zu betrachten.
Somit spiegeln sich die Temperaturverhältnisse eines Ortes bis zu einem
gewissen Grade in der Grösse des Luftdruckes ab. Freilich spielt
neben den Temperaturen der Wasserdampf hierbei eine wichtige Rolle.
Gleichzeitig mit der Temperaturerhöhung am Morgen wächst nämlich
auch der Dampfgehalt der Luft, und da der Verdampftmgsprocess sich
126 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
rascher vollzielit als das Empordringen der Luft, so steigt zunächst in
Folge des vermehrten Dampfdruckes das Barometer bis zum Vormit-
tagsmaximum. Nun erhebt sich der Luftstrom schneller und kräftiger
als vorher; er trägt zugleich reichliche Mengen von Wasserdämpfen
empor y welche sich mit ihm gemischt haben, fliesst oben seitlich ab
und bewirkt so ein Sinken des Barometers an dem Ort der Erwär-
mung. Sowie aber mit der abnehmenden Mittagswärme der au&tei-
gende Strom schwächer wird und er denmach auch die Wasserdämpfe
nicht mehr so reichlich in die Höhe zu entfiihren vermag, vergrössert
sich der Luftdruck, und die Quecksilbersäule gewinnt wieder an Höhe,
insbesondere gegen Abend, wenn in Folge der eingetretenen Abküh-
lung Luft und Wasserdampf herabsinken und sich m reichlicherer
Menge am Boden anhäufen als vorher. Findet nun des Nachts eine
hinreichende Ausstrahlung statt, so wird der Wasserdampf der Luft
als Thau zu einem Theile ausgeschieden, der Dampfdruck also ver-
mindert, weshalb das Barometer zu seinem IMorgenminimum herabsinkt ^ ).
Nun erklärt es sich ganz von selbst, dass in den tropischen Gre-
genden, wo der Wechsel der Tages- und Nachttemperaturen viel be-
deutender ist als in der gemässigten Zone und zugleich eine reichlichere
Wasserdampf- und Thaubildung vorhanden ist, die Amplitude der
Barometerschwankungen eine viel gi'össere ist als in höheren Breiten;
aus denselben Gründen gilt dies auch für die continentalen Gebiete
im Gegeisatz zu den oceanischen Gestaden, sowie ftir den Sommer
im Gegensatz zu dem Winter.
Neben der tägUchen Periode des Luftdruckes besteht auch eine
jährliche. Berechnet man zunächst die Tagesmittel und aus diesen
wiederum die Monatsmittel, so erkennen wir bei einer Zusammenstel-
lung derselben sofort ein in jedem Jahre sich regelmässig wiederholen-
des, natürlich für jeden Ort eigenartiges Steigen imd Fallen des Ba-
rometers. Ein allgemeines, alle Erdräume umfassendes Gesetz lässt
sich aus den bisherigen Aufzeichnungen nicht ableiten. Im westlichen,
maritimen Europa beobachtet man zwei Maxima (in der Mitte des
Winters und am Ende des Sonmiers oder Anfang des Herbstes) und
zwei Minima (im April und November). Der Unterschied zwischen
dem grössten und kleinsten Monatsmittel beträgt etwa 2 bis 4, selten
mehr Millimeter. Nur hohe, isolirte Bei^ machen hier insofern von der
obigen Kegel eine Ausnahme, als sie bloss ein^Iaximum (in der Mitte
des Sommers) und ein ATinimnin (im Winter und Frühhng) zeigen;
auch erscheint hier die Periode des Luftdruckes nicht allein einfisu^er,
sondern zugleich deutlicher ausgeprägt, da der Unterschied zwischen
dem Maximum und dem Minimum beträchthch wächst (auf dem St
') H. Mohn, Grandzüge *der Meteorologie. 2. Aufl. Berlin 1879. S. 121 Ü\
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VI. Die Höhe und der Druck des Luftmeeres. 127
Ootthard bis zu 11,46 Millimeter). Einen ähnlichen Chai*akter besitzt
die jährliche Periode auf Island: hier ist der Luftdruck im Mai am
höchsten, im Januar am niedrigsten; dabei erreicht die jährUche Am-
plitude den hohen Werth von fast 13 Millimetern. In Osteuropa tritt
das Sommermaximum mehr und mehr zurück, und von dem Ural bis
an den Ostrand des asiatischen Continentes begegnen wii* meist nm*
einem Minimum in der Mitte des Sommers und einem Maximum in
der Mitte des Winters ; die jährUche Amplitude steigt hier in der Nähe
des Baikal- Sees sogar bis auf 25 Millimeter. Eine ähnliche jährliche
Veränderung erleidet der Barometerstand in Vorderindien und an den Süd-
ostküsten Asien*s, sowie in Nordafrika imd im Innern Nordamerika's;
nur ist die Amplitude hier nirgends so gross wie im Innern Asien's.
Endlich finden wir auch in den südhemisphärischen Länderräumen, also
in Südafrika, Südamerika und Australien, den Gegensatz zwischen som-
merlichem Minimum und winterlichem Maximum des Luftdruckes wieder.
Ein übersichtliches Bild über die jährlichen Schwankuhgen des
Luftdruckes gewähren uns diejenigen Karten, auf w.*i<ifBn die Orte
mit gleichem Barometerstand (reducirt auf den Meeresspiegel) dui-ch
Linien verbunden sind. Man nennt letztere Isobaren. Die eraten der-
artigen Darstellungen verdanken wir dem schottischen Meteorologen
Alexander Buchan^), welcher fiir zahlreiche Orte die monatlichen
Mittel des Luftdruckes berechnet und sodann auf Karten in Mercator's
Projection fiir jeden Monat die Isobaren entworfen hat. Fig. 7 und
8 geben uns in dieser Weise einen Ueberblick über die Vertheilung
des Luftdruckes in den Monaten Januar und Juli^).
Die Januar karte lehrt uns, dass im Winter die Maxima des
Luftdruckes auf der nördlichen Halbkugel über Ostasien (Luftdruck
mehr als 774 Millimeter) mid Nordamerika (nahezu 770 Millimeter)
liegen. E^e Zone relativ hohen Luftdruckes erstreckt sich von Ost-
asien nach den Mittelmeerländem und hierauf zwischen dem 20. und
40. Grad n. Br. quer über den ganzen nordatlantischen Ocean nach
Nordamerika. Ebenso weist in der Osthälfte des Stillen Oceans das
Gebiet zwischen dem 20. ilÄd 40. Grad n. Br. einen relativ hohen
Luftdruck auf Die räumh'ch ausserordentlich beschränkten Maxima
der südlichen Hemisphäre gehören den östiÜchen Hälftien des Atlantischen,
Stillen und Indischen Oceans an und werden sämmdich vom 30. Pai'allel-
kreis durchschnitten. Ein Minimum des Luftdruckes findet sich in der Nähe
des Aequators auf einem Gürtel, welcher die ganze Erde umschliesst.
*) Mean Pressure and Winds. Edinburgh 1969.
') Der Entwurf dieser Karten gründet sich in erster Linie auf die Ar-
beiten Buch an 's (1. c), Mohnes (L c.) und Wojeikof's (Ergänzungsband
VIII zu Petermann's Mittheilungen, 1S74).
128 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Noch schärfer ausgeprägte MiTiima treffen wir in der Umgebung von
Island (746 Millimeter), östlich von Kamtschatka (752 Millimet^), über
Südafrika (756 Millimeter), Südamerika (758 Millimeter) und Austra-
lien (758 Millimeter), sowie über dem südlichen Polarmeere (unter
742 Millimet^).
I^in durchaus anderes Bild zeigen die Juliisobaren. Die Maxima
des Luftdruckes sind auf der nördlichen Hemisphäre während der ersten
sechs Monate des Jahres von den Ciontinenten nach den Oceanen (dem
Atlantischen und Stillen) gewandert, wo sie weite Gebiete zwisdien dem
20. und 45. ParaUelkreise beherrschen. Auf der südlichen Hemisphäre
beg^nen wir einem breiten Bande höheren Luftdruckes, welches die
ganze Erde umspannt; seine nördliche Grenze ftült ziemlich gut mit
dem 15. Parallelkreise, seine südliche in Amerika, dem Stillen Ocean und
Australien mit dem 30., im übrigen aber mit dem 40. Parallelkräse zu-
sammen. Den Maximalwerth dieses Gürtels finden wir in Südafrika
im Gebiet des Oranje (768 Millimeter). Ausserordentlich tief sinkt
der Luftdruck herab über dem Inneren Asiens (748 Millimeter) und
Nordamerika's (754 Millimeter), über dem StiUen Meere längs des
Aequators (760 Millimeter) und über dem antarktischen Ocean (unter
742 MilUmeter).
Die sommerliche Auflockerung der Luftmassen über den Cionti-
nenten wird offenbar herbeigeftihrt durch die starke Erwärmung der
Fesdande zur Sommerzeit und die auf diese Weise hervorgerufenen
aufsteigenden Luftströme. Die Luft verliert hierdurch soviel an Schwere,
dass auch d^ vermehrte Wasserdampfgehalt nicht hinreicht, den Ge-
wichtsverlust der Luft in genügender Weise zu ersetzen. Der höhere
Barometerstand über den Continenten zur Winterzdt aber gdit hervor
aus der bedeutenden Wärmeausstrahlung des Bodens und der starken
Erkaltung der unteren Luftschichten. Indem sich dieselben zusammen-
ziehen, üben ne auf die Oberfläche einen stärkeren Druck aus. Zu-
gleich wird durch die Raumverminderung, welche sie erfiihren, neuen
Luftmassen Zutritt gewährt, wodurch der ohnehin schon verstärkte
Druck auf die barometrische Quecksilbersäule noch erhöht wird.
Ausser den periodischen Veränderungen, welche der Luftdruck im
Laufe eines Tages und eines Jahres erleidet, ist derselbe auch nicht-
periodischen Schwankungen unterworfen, welche namentlich
im Gebiete der gemässigten Zone, wie wir oben bereits erwähnt haben,
so bedeutsam werden , dass sie die tägliche und jährliche Periode fiist
ganz verhüllen. Als Hauptursache der nichtperiodischen Veränderungen
gab bereits Halley^) den Wechsel des Windes an, in welcher An-
0 Philosophical Transactions of the R. Soc of London. VoL XYl (1686
1697), p. 110—114.
me •
:.-§•
VI. Die Höhe und der Druck des Lnftmeeres. 129
nähme er besonders durch die Thatsache bestärkt wurde, dass diese
Art der Oscillationen in den Tropen, wo beständig der Passat weht,
fast ganz fehlt Noch klarer erkannte Mariotte die Abhängigkeit
beider Erscheinungen, und bereits am Anfang dieses Jahrhunderts be-
rechnete Burckhardt aus gleichzeitigen Wind- und Barometerbeob-
achtuDgen in Kopenhagen und Paris den mittleren Barometerstand «Air die
Hauptwindrichtungen ^). Indem man die Werthe tabellarisch zusam-
menstellt, erhält man nach Befinden fiir einzelne Monate, für die Jah-
reszeiten oder flir das ganze Jahr eine Uebendcht über die durch-
schnittliche Schwere der Luft bei verschiedenen Winden. Man nennt
solche Tabellen barische Windrosen*). Für Berlin und Wien lauten
dieselben wie folgt:
Mittlerer Luftdruck in Millimetern für
Winde. Berlin«). Wien*).
N. 758,68 749,90
NO. 759^5 749,13
O. 758,77 745,77
SO. 754,68 748,31
S. 751,33 747,74
SW. 752,56 745,88
W. 756,00 745,84
NW. 757,61 749,16
Mittel 756,12 747,72.
Nicht immer stehen in der barischen Windrose die schwersten und
leichtesten Winde einander gegenüber, wie dies die obige Tabelle deut-
lich zeigt. So hat ftlr Berlin der Nordostwind die grösste, der Süd-
wind die geringste Schwere, während in Wien Nord- und Ostwind den
gleichen Gegensatz bezeichnen.
Zahlreiche barische Windrosen, welche man für die verschieden-
sten Theile der nördUch gemässigten Zone entworfen hat, haben das
Ergebniss geUefert, dass es vorwiegend südliche, zugleich südwestliche
und südöstliche Winde sind, welche das Sinken des Barometerstandes
verursachen, während mit dem Auftreten nördlicher Winde ein rasches
') Gilbert» B Annalen, Bd. XXXII (1809), S. 231—235.
') Leopold y. Buch, dessen bahnbrechende Arbeit über diesen Gegen-
stand im Jahre 1818 erschien, nannte sie barometrische Windrosen. Ueber
barometrische Windrosen: Abhandlungen der Kgl. Akademie der Wissenschaf-
ten in Berlin aus den Jahren 18J8— 1819. Berlin 1820. S. 103 — 110.
*) L. V. Buch in den Abhandlungen der Kgl. Akademie der Wissen-
schaften in Berlin aus den Jahren 1818 — 1819. Berlin 1820. S. 99. Die Pa-
riser Linien wurden in Millimeter umgerechnet.
*) Ka h der Meteorologie. Leipzig 1832. Bd. II, S. 314.
Pesc 'kundfl. 11. 9
130 Dritter Theil. Die Wasser- und Laüholle der Erde.
Steigen desselben verknüpft ist Speciell fiir Europa gSt, abgesehen
Yon örtlichen Verschiebungen, die B^el, dass die Quecksilbersäule sieh
erhebt, wenn der Wind von Südwest durch Nordwest nach Kordost
dch bew^, und fidlt, wenn er Yon Nordost durch Südost nadi Süd-
west geht Verbindet man, wie es Dove geüian hat, thermische
und barische Windrosen mit einander, so erkennt man sofort, dass
auf den Windrosen die thermometrischen MiTiima. und barometrischen
Maxima und umgekehrt dicht bei einander liegen, mit anderen Worten,
dass die schweren Luftströmungen stets die kiüteren, die leichteren
aber die wärmeren sind ^).
In Europa sind die leichteren Südwest- und Westwinde Seewinde;
sie sind am mmten mit Wasserdampf gesS^ttigt und bringen uns daher
gewöhnlich Regen. Die schweren Nordostwinde hingegen sind Land-
winde und sind ausserdem w^en ihrer niedrigen Temperatur weniger
mit W^asserdampf erfilllt; sie yerscheuchen demnach das Gtewölk und
machen den Himmel heiter. Somit zeigt das Fallen des Barometers
im allgemeinen regnerisches, das Steigen desselben hing^en heiteres
Wetter an. Doch ist diese Begel nur ftir solche Gegenden zutreffend,
in denen die warmen Winde Regen in ihrem Gefolge haben. An der
Mündung des Laplata- Stromes z. B. sind im Gegentheil die kaltrai
Südostwinde die R^enwinde, während die warmen Nordwestwinde
Heiterkeit des Himmels herbeifiihron. Hier verkündet also das Sinken
der barometrischen Quecksilbersäule „schönes^, das Stdgeu aber „schlech-
tes" Wetter.
Noch könnte vielleicht die Vermuthung ausgesprochen werden,
dass trotz aller periodischen und nichtperiodischen Schwankungen des
Barometers an jedem Orte der Erde doch dar mittlere jähriiche
Barometerstand (reducirt auf das Niveau des Meeres) überall nahezu
derselbe seL In der That glaubte man dies früher. Nach Halley's
Vorgang nahm man an, dass der atmosphärische Druck einer Queck-
silbersäule von 30 engl. Zoll (= 28,15 franz. Zoll oder 762 Milli-
meter) das Gleichgewicht halte. Mariotte erniedrigte jene Höhe
unter W^lassung des Bruches auf 28 franz. Zoll (758 Millimeter),
welches Mass fortan als Normahnass des Luftdruckes diente.
fjrschüttert wurde die Anschauung von der gldchmäsfiogen Ver-
theilung des Luftdruckes, als A. v. Humboldt im Jahre 1799 zu
Cuman& in Südamerika einen mitderon Barometerstand von 758,59
Millimeter beobachtete, während ihn damals Schukburgh am Mee-
resspiegel der europäischen Küsten gleich 761,18 Millimeter gefunden
^) H. W. DoTC, Meteorologiflche Untenachongen. Berlin 1837. S. 115
und Taf. I, Fig. 1 — 8.
VI. IMe Höhe und der Dmck des Luftmeeres. 131
hatte« Spätere umfassende Zusammenstelliiiigen haben bestätigt , dass
der Barometerstand in den äquatorialen Gebieten vergleichsweise niedrig
ist und, wenigstens auf der nördlichen Halbkugel^ etwa bis zum 30. Grad
sich hebt, um dann bis zum 65. Grad zu sinken und hierauf abermals
zu wachsen. So beträgt der mittlere jährliche Barometerstand , auf
das Meeresniveau zurückgeführt, in der Nähe des Atlantischen Meeres
Nördliche Breite. Millimeter,
in Christiansborg (Gumea) SV» « 759^28
in la Guayra (VenezueU) 10 ^ 760,16
auf St Thomas 19 » 760,51
aufTeneriflFa 28 « 764,20
anf Madeira 327»^ 765,17
in Neapel 41 » 762,33
in Paris 49 <> 761,41
in Altona 53 Va ^ 760,41
in Edinbuigh 56 <> 758,25
in Reykjavik 64 ^ . 752,00
auf Spitzbergen 75V, ^ 756,76 ').
Die südliche Hemisphäre scheint, analog ihren übrigen meteorologi-
schen EigenthümUchkeiten , eine weit grössere Gleichförmigkeit hin-
sichtlich des Luftdruckes aufisuweisen als die nördliche. Doch ist auch
hier ein allmähliches Wachsthum desselben vom Aequator bis zum
30. Grad s. Br. und weiterhin gegen den Pol eine Verminderung mit
Sicherheit constatirt Ueber die antarktischen Grebiete fehlen uns in
dieser Hinsicht jegliche Kenntnisse.
Die Abnahme des Luftdruckes am Aequator ist eine Folge der
beständigen Auflockerung der Luft, während da^ Maximum in der
Nähe des 30. Grades n. und s. Br. wahrscheinlich der Trockenheit
der Passate zugeschrieben werden muss. Da nämlich die Wasser-
dämpfe leichter sind als die trockene Luft^), so wird die feuchte Luft
in freier Atmosphäre einen um so grösseren Druck ausüben, je weniger
sie mit Wasserdampf gesättigt ist. Vielleicht erklärt sich im Einklang
hiermit der niedrige Barometerstand in den weiten oceanischen Gebie-
ten der südlichen Hemisphäre am einfachsten aus dem reichen Wasser-
dampfgehalt der Luft;,
UeberbUcken wir nach diesen Erörterungen noch einmal die Ge-
sammtheit aller Fäctoren, welche den Stand des Barometers beeinflussen,
so kommt es uns zunächst höchst zweifelhaft vor, ob dasselbe ein ge-
*) E. £. Schmid, Lehrbuch der Meteorologie. Leipzig 1860. S. 871 f.
Die Pariser Linien wurden in Millimeter verwandelt.
') Vgl. H. Mohn, Gmndzüge der Meteorologie. 2. Anfl« Berlin 1S79.
S. 206.
9*
132 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
eignetes Instniment ist zur BestimmuBg von Höhen. In der That sind
die Meinungen hierüber noch heute sehr getheilt Während die einen
ihm einen hohen Werth heilten, sprechen ihm die anderen die Brauch-
barkeit zu Höhenmessungen ab oder erkennen ihm wenigstens nur
eine sehr untergeordnete Bedeutung zu. Die letzteren weisen insbe-
sondere auf die ausserordentUche Verschiedenheit der Ergebnisse hin,
zu welchen barometrische Höhenmessungen geführt haben. Allerdings
können uns dieselben viel&ch wenig Vertrauen einflössen, da sie zu
weit von einander abweichen. So beträgt z. B. die Höhe von Irkutsk
nach Gmelin 430,8 Meter,
„ Pansner (1836) 471,4 „
„ Fuss (1838) 405,0 „
„ H Ofmann (1847) 468,7 „
„ Kupffer (1851) 387,1 „
„ Erman (1860) 359,9 „
„ Radde (1861) 414,2 „
^ Hansteen (1863) 428,0 „
„ Fürst P. Kropotkin (1872) 370,0 „
Das MiTiimiim ist somit 359,9, das MA-gimnin 471,4 Meter, die
Differenz beider 111,5 Meter*).
Offenbar sind viele der obigen Ziffern nur rohe Näherungswerthe ;
es würde jedoch voreilig sein, wegen der grossen Divergenz derselben
die ganze Methode zu verurtheilen. Im Innern aussereuropäiBcher
Länder ist es nämlich Beist niemals möglich, gleichzeitige Au&etchnun-
gen des Luftdruckes an einem benachbarten Orte von genau ennittdter
Seehöhe zu erlangen. Man muss demnach die strenge Vorschrift ver-
lassen und ftlgt dann gewöhnlich in solchem Falle an Stelle der corre-
spondirenden Ablesungen den mittleren Luftdruck am Meeresniveau
ergänzend in die Berechnung ein. Die Interpolation dieses Werthes
aber bleibt in jedem Falle eine mehr oder weniger willkürliche Sache.
Setzt man ftü: denselben, wie es früher gewöhnlich geschah, den Durch-
schnittswerth 762 oder 758 MiUimeter, ohne die Jahreszeit zu berück-
sichtigen, in welcher die Beobachtungen behufs Höhenbestimmung ge-
macht wurden, so kann dies zu den grössten Irrungen führen, da der
Luftxlruck , namentlich in der gemässigten Zone und hier vor allem in
der Glitte der Continente, bedeutenden Schwankungen unterworfen ist
(vgl. Fig. 7 imd 8). Welch ansehnliche Fehler entstehen, wenn
man einfach lür einen Ort einen constanten Luftdruck im Meeresniveau
von c. 760 Millimeter annimmt, geht z. B. daraus hervor, dass man
dann für den ßalcLisch - See aus Januarbeobachtungen eine Seehöhe
* Fürst P. Kropotkin in Pet erman n's Mittheilungen 1S72, S. 342 f.
VI. Die Höhe und der Druck des Luftmeeres. 133
von 130 Metern, aus Julibeobachtungen aber von 350 Metern berech-
nen könnte ^). Aber selbst wenn sich die Barometerhöhe eines Ortes
auf jahrelange Aufzeichnungen stützt, ist die Genauigkeit des Rech-
nungsresidtates keineswegs gesichert, da sich die auf den Meeresspiegel
reducirte mittlere Barometerhöhe eines Ortes nicht theoretisch ableiten
lässt, jede Schätzung derselben aber von sehr fraglichem Werthe ist.
Obwohl man in der tropischen Zone weit weniger zu beflirchten hat,
extreme Werthe für die Barometerstände zu erhalten, da sich hier die
Hauptschwankungen innerhalb eines Tages vollziehen, so sind doch
auch hier noch beträchtUche Irrthtimer möglich, sobald correspondirende
Beobachtungen an einem Punkte mit genau ermittelter Meereshöhe
fehlen« Zum Belege hierflir sei nur an zwei Thatsachen erinnert:
Gerhard Rohlfs berechnete fiir denTsad-See eine Meereshöhe von
375 Metern, Eduard Vogel eine solche von 260 Metern*). James
Orton, der im Jahre 1867 von Guayaquil nach Quito, von dort nach
dem Napo, einem Nebenflüsse des Amazonas, und dann den Napö, sowie
den Amazonas abwärts reiste, erzählt, dass beim Herabfahren auf dem
Napö das Barometer von Papallacta bis zur Mündung des Curaray
stetig stieg; allein von hier ab sank es wieder, als ob das Boot strom-
aufwärts steuerte.
Endlich schützt auch die etapenmässige barometrische Höhenmes-
sung nicht immer vor grösseren Irrungen, wie aus Folgendem her-
vorgeht. Moritz V. Engelhardt und Friedrich Parrot unt6r-
nahmen im Jahre 1811 eine barometrische Höhenmessung auf der
Landenge zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meere. In-
dem der eine Beobachter stets um einen Marsch hinter dem Geführten
zurückblieb , wurde auf 48 Halteplätzen gleichzeitig der Luftdruck be-
stinmit und zwar doppelt , auf der Wanderung nach dem Kaspischen
und auf der Rückkehr zum Schwarzen Meere. Zuletzt verftigte sich
Parrot noch einmal nach dem kaspischen Ufer, während v. Engel-
hardt am Pontus zurückblieb, um gleichzeitige Barometermessungen
in einem sechstägigen Zeiträume zu wiederholen. Als mittleres Ergeb-
niss erhielt man eine Einsenkung des kaspischen Spiegels von 50 Toi-
sen (97,5 Meter) imter die Fläche des Schwarzen Meeres, während
dasselbe thatsächlich nur 26 Meter unter dem Niveau des Meeresspie-
gels li^t Und doch war in diesem Falle die Untersuchung mit aller
Vorsicht ausgefiihrt worden*).
*) J. Hann in Be hm 's Geographischem Jahrbuch. Bd. IV (1872), S. 143 f.
*) Gerhard Rohlfs, Quer durch Afrika. Leipzig 1874. Bd. I, S. 328.
*) V. Engelhardt und Parrot, Reise in die Krym und den Kaukasus.
Berlin 1815. Bd. II, S. 62. VgL O. Peschel, Geschichte der Erdkunde.
2. Aufl. (herausgeg. von S. Rüge). München 1877. S. 614 f.
134 Dritter TheiL Die Wasser- nnd Lufthülle der Erde.
Mögen nun auch barometrische Beobachtungen bisweQen ganz
ungenaue Höhen liefern, namentlich wenn nicht gleichzeitig der Baio-
meterstand an einem benachbarten Orte angezeichnet wird, dessen
Höhe durch trigonometrisdie Messung od^ NiveQement genau be-
kannt ist, so ist doch andrerseitB ebenso gewiss, dass aus grösseren
Reihen sorg<ig ausgefiihrter correspondirender Beobachtungen Höh^a
mit einer Genauigkeit ermittelt werden können, wdche fiir die Zwecke
des Geographen genügend ist Insbesondere gilt dies dann, wenn si<^
die eine der Stationen in der Nähe des Meeres befindet oder wenn
deren Meereshöhe durch Nivellement beräts festgestellt worden ist.
Vor allen anderen Methoden hat die barometrische Messung jeden£EJls
den grossen Vorzug, dass die zur Verwendung konmienden Instra-
mente ausserordentlich einfach sind und von jedem Reisenden leicht
gehandhabt werden können.
Das Barometer ist aber trotz alledem ein unbequemer Begleiter
auf der Wanderung und von höchst zart^ Gesundheit; wenigstens
lesen wir immer von Beigsteigem oder Reisenden, — nur A. v. Hum-
boldt macht unter ihnen eine rühmliche Ausnahme^) — dass ihre
Druckmesser Schiffbruch litten. Wenn wir also ein transportableres
und minder zerbrechliches Werkzeug statt der mit Quecksilber gefiill-
ten Glasröhren benüteen könnten, so wäre uns geholfen.
Eine solche Hilfe gewähren jetzt die Aneroide oder barometrischen
Dosen. Die Art, wie durch sie der Luftdruck bestimmt wird, ist eine sehr
einfeu^he. Eine metallene Eapsd ist möglichst luftleer verschlossen ; daher
wird ihr oberer, nicht von einer Unterlage geschützter Deckel von der
Luft üi den Hohlraum gedrückt. Mindert sich der Druck der Luft,
so hebt sich dem entsprechend der Decket Dieses Heben und Senken
wird sichtbar durch ^e auf dem Deekel ruhende Feder, welche wie-
derum einen Hebel in Bewegung setzt und einen Zeiger auf einer
Scheibe verschiebt, somit durch eine höchst sinnräche Vorrichtung.
Der Zeiger auf der Scheibe sollte also angeben (gleichviel ob in Linien
oder in Millimetem), wie hoch ein Barometer gleidizeitig an demselben
Orte stehen würde. Wäre schon ein Aneroid vorhanden, welches mit
einem Barometer neben ihm stets ganz gleichen Schritt hielte, gleichzeitig
also und in gleichen Beträgen ^stiege^ oder ,.fiele^ , dann hätten wir
das Ideal, welches wir suchten.
Indess ist das Aneroid zu launenhaft, als dass wir ihm einen sol-
chen W^erth zuerkennen könnten. Es wurde bereits erwähnt, dass die
Höhe der barometrischen Quecksilbersäule zum Theil auch von deren
0 A. ▼. Humboldt, eine wissenschaftliche Biographie. Hermusgeg. Ton
Karl Brnhns. Leipzig 1872. Bd. I, S. 353.
VI. Die Höhe und der Druck des Luftmeeres. 135
Temperator abhängt; daher muss bei jeder Barometerbeobachtung die
Höbe des Quecksilbers durch Bechnimg auf denjenigen Stand zurück-
gefbbrt werden, den es gehabt hätte , wenn es genau bis auf 0® C.
erwärmt gewesen wäre. Bei dem Aneroid, dessen Theile aus Metall
hei^eBteUt sind, ist ebenfalls eine solche Correction erforderlich; aber
diese verlangt eine ziemlich complicirte Rechnung. Der Gang eines
jeden Aneroides bei Temperaturänderungen ist nämlich ganz individuell;
er muss von jedem Beobachter erst gefunden werden , indem derselbe
neben einem Normal -Barometer bei ganz oder nahezu stationären
Barometerständen die unter dem Einfluss von Temperaturwechsel ein-
tretenden Schwankungen in den Angaben beider Instrumente vergleicht.
Das Schlimmste aber ist, dass die so gefundene Correction nur auf
kurze Dauer ihre Giltigkeit behält. Nach längeren Zeiträumen, be-
sonders nach Reisen oder wenn das Aneroid erschüttert worden ist,
muss der Gang von neuem geprüft und der Betrag der Correction
von neuem ermittelt werden.
Was die Genauigkeit der Aneroidangaben betrifft, so sind an den
Tbeilstrichen noch unmittelbar Grössen bis zu 0,5 Millimeter abzu-
lesen, und ein Beobachter wird es rasch dahinbringen, die Stellung
der Nadel oder des Zeigers noch bis auf 0,1 Millimeter Genauigkeit
richtig ^u beurtheilen. Da nun in der Meereshöhe von Wien ein Sin-
ken des Barometerstandes von 1 Millimeter eine Erhebung von etwa
34 Wiener Puss (10,75 Meter) voraussetzt, so können, soweit das Ab-
lesen in's Spiel kommt, am Aneroid noch Höhen bis zu 3,4 Wiener
Fuss (1,07 Meter) bestimmt werden; ja nach einiger Uebung soll ein
guter Beobachter sogar noch Scalatheile, die 0,05 und 0,03 Millimeter
entsprechen, unterscheiden können und beim Besteigen einer Treppe
von je 3 zu 3 Stufen das Fortrücken des Zeigers wahrnehmen. Bei
dieser Empfindlichkeit muss also das Aneroid als ein vorzügliches
Messwerkzeug betrachtet werden.
Das Aneroid ist nach alledem ein „Stein der Weisen"; in den
Händen wachsamer und strenger Beobachter kann es das Barometer
hinlänglich vertreten für alle solche Aufgaben, bei denen die höchste
Genauigkeit nicht gefordert wird, vrie sich denn überhaupt barome-
trische Höhenmessungen nur für Ermittelung grösserer Höhendifferen-
zen auf einem sehr rauhen Terrain eignen , während sie auf ebenem
Gebiete gewiss bei Seite gestellt werden können, zumal man dort mit
Femrohrmessungen ausserordentlich rasch weiter kommt. Reisende,
die in fernen Ländern Bergeshöhen messen wollen, müssen immerhin
noch ein Barometer ffir den Beobachter an der unteren Station mit
sich führen, schon um von Zeit zu Zeit an ihren Rastplätzen den
Gang des Barometers und Aneroides vergleichen zu können.
136 Dritter TheiL Die Wasser- und Lnfthälle der Erde.
Am Schlosse dieses Abschnittes sd noch erwähnt, dass die Mee-
reshöhe eines Ortes aach durch genaue Beobachtung des Siedepunktes
gefunden werden kann. Wenn eine Wassermasse kocht, so bilden
sich bekanntlich überall in derselben emporsteigende Dampfblasen;
von dem Dampf aber, welcher die Blasen ausfüllt, gilt, dass er eine
Spannkraft besitzt, welche dem auf ihm lastenden Druck das Gleich-
gewicht hält Vermindert sich demnach der Luftdruck, so medet das
Wasser schon bei niedrigen Temperaturen; somit kann man aus dem
thermometnschen Siedepunkte des Wassers fiir jeden Ort den Drack
der Luft oder den Barometerstand gewinnen. Es gewährt demnach
die Bestimmung des thermometnschen Siedepunktes einen Nothbehelf
bei Höhenmessungen, wenn man auf grössere Genauigkeit yerzichtet.
Lemonnier beobachtete am 4. October 1739 zuerst, dass auf
der Höhe des Canigou das Wasser zu sieden b^ann bei einer um
11,25^ C. niedrigeren Temperatur und einen um genau 8 Zoll (21,65
Centimeter) niedrigeren Stand des Barometers als gleichzeitig in Per-
pignan^). Zu Lemonnier 's Zeiten dachte man noch nicht daran,
Formehi zur Ableitung der Höhen aus den Siedepunkten des Wassers
zu finden, sondern erst de Luc hat 1772 ein annähernd richtiges Ver-
fisJuren der Berechnung gelehrt*). Aus Regnaul t's Tabellen zur
Beduction der Siedetemperaturen des Wassers auf Barometerstände ent-
nelmien wir folgende Werthe'):
Siedepunkt (° C). Barometerstand in Millimetern.
100 760
98 707,26
96 657,54
94 610,74
92 566,76
90 525,45
88 486,69
86 450,34
In Bern, wo der mittlere Luftdruck 713 Millimeter beträgt, siedet
das Wasser bei 98,4 ^ C, auf dem St Bernhard unter einem mitderen
Druck von 563 Millimeter bei 91,8^ C; auf dem Montblanc ermittel-
^) Cassini deXhury in Histoire et M^moires de TAcadänie des Sciences.
Annee 1740. Paris 1742. p. 92.
i *) Recherches sor les modifications de 1* Atmosphäre. Genöye 1772. Tome I,
§ 450 (p. 352). Tome II, §§ 1085 — 88 (p. 403 sq.). Vgl. O. Peschel, Ge-
schichte der Erdkunde. 2. Aufl. (heraosgeg. Ton S. Buge). Manchen 1877.
S. 748 f.
») Poggendorff's Annalen, Bd. VII (1846), S. 390 f.
VI. Die Höhe und der Druck des Luftmeeres. 137
ten Bravais und Martins einen Barometerstand von 423,7 Milli-
meter und eine Siedetemperatur von 84,4 ® C ^).
Aus dem Siedepunkt ergiebt sich freilich immer zunächst nur der Ba-
rometerstand eines Ortes; daher sind auch sämmtliche Correctionen noth-
wendig wie bei Barometerbeobachtungen imd ebenso die correspondi-
renden Ablesungen an der unteren Station. Da nun eine strenge Be-
stimmung des Siedepunktes sehr schwierig ist, so ist es in den meisten
Fällen nicht einmal möglich, die entsprechende Barometerhöhe mit hin-
reichender Schärfe festzustellen; die Richtigkeit der Rechnung ist daher
noch viel zweifelhafter als bei reinen Barometermessungen. In Zu-
kunft wird man wohl ganz davon absehen, Höhen aus den Siede-
punkten zu berechnen, da der einzige Vortheil dieser Methode in der
geringeren Zerbrechlichkeit imd dem leichteren Transport des Koch-
apparats liegt; dieselben Vorzüge besitzt aber auch das Aneroid und
bietet zugleich mehr Garantien für die Correctheit der Beobachtungen.
^) B. Stade r, Lehrbuch der physikalischen Geographie und Geologie.
£em, Chor und Leipzig 1847. Bd. U, S. 16.
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberflache.
A. Periodischer Wechsel der Sonnenstrahlung.
Vier Wärmequellen sind es, welche die Temperatoren an der Ober-
fläche unseres Planeten bestimmen. Zunächst steigt ans den hoch-
erhitzten Tiefen desselben auch heute noch Wärme zu seiner längst
erkalteten Hülle empor. Femer hat die Erde Äntheil an den Tem-
peraturen, welche die unzähligen, nach allen Sichtungen hin das Son-
nensystem umgebenden Fixsterne diesem zusenden. Elndlich aber sind
es Mond und Sonne, welche uns mit ihrem glänzenden Lichte zugleich
Wärme zustrahlen.
Von diesen vier Wärmequellen sind die drei ersten im Vergleich
zu der vierten von äusserst geringer Bedeutung. Die aus dem Erd-
innem empordringende Wärme ist so schwach, dass selbst bei gftnz>
Ucher Erkaltung des Erdkörpers die mittleren Temperaturen an der
Erdoberfläche nur eine Verminderung von Vso ^ ^- erfiähren würden,
also eine Verminderung, welche kaum durch die sorgMtigsten Beob-
achtungen nachgewiesen werden könnte (vgL Bd. I, S. 200). Ebenso
ist die Wärme, welche die Fixsterne der fkde zustrahlen, wegen der
unermesslichen Entfernung derselben so gering, dass sie auch mit Hilfe
der feinsten thermo- elektrischen Apparate bisher nicht erkannt werden
konnte. Die Wärmewirkung der Mondstrahlen ist zwar ebenfalls eine
ausserordentlich kleine; doch ist es wenigstens gelungen, sie mittelst
thermoskopischer Vorrichtungen wahrzunehmen. Somit bldbt uns als
Hauptwärmequell für die EIrde nur die Sonne übrig.
Da die Sonne einen wesentlich grösseren Durchmesser besitzt als
die Erde, so bescheint sie auch nicht bloss die ihr zugekehrte Erdhälfte,
sondern dne weit grossere Fläche, nämlich im Mittel 0,500231 der
Qesanmitoberfläche der Erde. Die noch beleuchtete Zone, welche der
von der Sonne abgewandten Erdseite angehört, sollte dgentlich im
Mittel iihre Grösse ändert sich je nach der Sonnenfeme) eine Breite von
18,29 amerikanischen Meilen (= 29,436 Kilometer) haben, erweitert
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 139
sich aber in Folge der Brechang des Lichts auf mehr ab das Doppelte,
nämlich auf gegen 40 amerikanische MeQen (64 Kilometer) ^).
Die Menge der Wärme, welche ein Ort empfiUigt, hängt von drei
Umständen ab : von der Strahlungsdauer, von der Richtung, in welcher
die Sonnenstrahlen den Boden treffen, — und zwar wächst die Wärme
im Verhältniss des Sinus der Sonnenhöhe — und von der Sonnen-
feme, deren Quadrat sie umgekehrt proportional ist. Da nun Strah-
lungsdauer, wie Strahlungsrichtung und Entfernung von der Wärme
spendenden Quelle, der Sonne, nach bestimmten Gesetzen regelmässig
wechseln, so muss auch die Stärke der Strahlung periodischen
Schwankungen imterworfen sein. Bei den weiteren Erörterungen soll zu-
nächst der letzte der drei genannten Factoren nicht in Betracht gezogen
werden, weil die Excentricität der Erdbahn (0,0168) äusserst klein ist.
Wenn die Erdaxe senkrecht auf der Erdbahnebene stünde und
die Sonne somit immer im Aequator bliebe, dann müssten überall auf
Erden jahraus jahrein dieselben Erleuchtungs- und Wärmeverhältnisse
herrschen wie zur Zeit der Tag- und Nachlgleiche, d. i. wie am
21. März und 23. September. Ein zwöl&tündiger Tag und eine
zwöl&tündige Nacht würden demnach an jedem Orte regelmässig auf
einander folgen, und fbr die Wärmeverhältnisse der Erde wäre somit
allein die Strahlungsrichtung entscheidend; es würde nur eine tägUche,
aber kerne jährUche Periode existiren. Die Wärme aber müsste, wie
dies an jedem Aequinoctialtage der Fall ist, nach dem Pole zu stetig
abnehmen und zwar nach Massgabe des Cosinus der Breite, also am
Aequator langsam, nach den Polen zu aber sehr rasch.
Indessen steht die Erdaxe nicht rechtwinklig auf der Erdbahn-
ebene, sondern bildet mit derselben einen Winkel von 66" 32' 28";
Erd- und Himmelsäquator machen demnach mit der Erdbahnebene
einen Winkel von 28 « 27 ' 32 ". Da nun die Richtung der Erdaxe
das ganze Jahr hindurch imverändert dieselbe ist, so muss die Sonne
an allen zwischen 2S^ 27' 32" n. und s. Br. gel^enen Orten zwei-
mal im Jahre durch das Zenith gehen. Ihre grOsste Entfernung vom
Aequator erreicht die Sonne am 21. (22.) Juni (Sommersolstitium) und
21. (22.) December ( Wintersolstitium) , weshalb man die beiden durch
die Solstitialpunkte gelegten Kreise als Wendekreise bezeichnet.
An den genannten beiden Tagen ist die Wärme in wesentlich
anderer Weise vertheilt als zur Zeit der Aequinoctien. An diesen Ta-
gen fuhrt die Beleuchtungsgrenze nicht von Pol zu Pol wie zur Zeit
der Aequinoctien, sondern von Polarkreis zu Polarkreis, das eine Polarr
gebiet aus-, das andere in sich schliessend. In Folge dessen schwankt
*) M e e c h , On the relative intensity of the heat and b'ght of the sun etc.
Washington (pnblisbed by tbe Smitbonian institation ) , November J856. p. 7.
140 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
die Dauer der Strahlung an diesen Tagen zwischen 0 Stunden (inner-
halb des einen Polarkreises) und 24 Stunden (innerhalb des anderen
Polarkreises). Auch ist die Strahlungsrichtung verändert; denn die
Sonne befindet sich senkrecht über dnem der Wendekreise, eriiebt
sich also, vom Wendekreise an gerechnet , über jedem Punkte der-
jenigen Hemisphäre, auf welcher sie wdlt, 23 ® 27 ' 32 " höher als zur
Zeit der Aequinoctien, während die Sonnenhöhe auf jedem Punkte Aer
anderen Hemisphäre um den gleichen Betrag geringer ist Nadi J. H.
Lambert^) nimmt die Menge der zugestrahlten Sonnenwärme am
21. Juni vom nördlichen Wendekreise bis in die Breite von Italien
zu, er&hrt hierauf eine Verminderung bis in die Breite von Mittd-
deutsddand, um wdter g^en Nord hin wieder bis zu einem absoluten
Maximum am Nordpol zu wachsen. Dasselbe ist lV4mal so gross als
diejenige Wärmemenge, welche ein Ort unter dem Aequator an einem
zwölfstündigen Aequinoctialtage emp&ngt
Man pflegt nach den besprochenen Bestrahlungsverhältniss^i auf
der Erdoberfläche fünf Zonen oder mathematische Klimagürtel zu un-
terscheiden.
Die tropische Zone liegt zu beiden Seiten des Aequators und
wird von den Wendekreisen b^renzt An jedem Orte innerhalb der-
selben steht die Sonne aQjährlich zweimal im Zenith, an den Wende-
kreLsen jedoch nur je einmal, nämlich im Sommer-, resp. Wint»r-
solstitium.
Die nördliche und südliche gemässigte Zone sind die
beiden Räume zwischen den Wendekreisen und Polarkmsen; hier er-
reicht die Sonne niemals das Zenith.
Die nördliche und südliche Polarzone wenlen je von einem
Polarkreise umschlossen. Die Sonne steigt hier im Mittel am wenigsten
hoch über den Horizont empor und verwdlt während des Winters
einmal 24 Standen (am Polarkreis) bis 6 Monate lang (am Pole) fort-
gesetzt unter demselben.
Am Aequator finden sich jährlich (zur Zeit der Aequinoctien) zwei
Wärmemaxima und ebenso (zur Zeit der Solstitien) zwei Wärmeminima.
Da hier jedoch Tag und Nacht stets einander gleich sind und die
Mittagshöhe der Sonne nur zwischen 90^ (März und September) und
66 Vs ^ (Juni und December) schwankt, so erscheint der Charakter unserer
Jahreszeiten daselbst hai ganz verwischt. Es verhält sich hier die
Sonnenwärme eines Aequinoctialtages zu der eines Solstitialtages wie
20 : 18.
Nach den Wendekreisen zu nähern sich die beiden völlig gleichen
Maxima zeitlich mehr und mehr^ auf der nördlichen Halbkugel &llen
*) Pyrometrie. Berlin 1779. § 595, S. 813.
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 141
beide in unser Sommersemester, auf der südlichen in unser Winter-
semester. In Folge dieser Annäherung ^er Maxima werden die Mi-
nima ungleich, bis endlich das zwischen den beiden an einander rücken-
den Maximis gelegene Minimum ganz verdrängt wird. An den Wende-
kreisen giebt es nur ein Maximum imd ein Minimum, imd beide
treten zur Zeit der Solstitien ein. Da hier die Tageslängen bereits
zwischen 13 Stunden 28 Minuten und 10 Stunden 32 Minuten und
die Mittagshöhen der Sonne zwischen 90 ® und 43 ® variiren, so bilden
sich innerhalb eines Jahres auch grössere Temperaturgegensätze aus als
am Aequator.
Noch mehr verschärfen sich dieselben gegen die Pole hin. Zwar
weisen die Mittagshöhen der Sonne in den verschiedenen Jahreszeiten
genau dieselben Differenzen auf wie an den Wendekreisen (47 ^ oder
genauer 46® 55' 4"); aber die Längen der Sommer- und Winter-
tage weichen bis zu den Polen hin immer mehr von einander ab, wie
die folgende Uebersicht lehrt.
Dauer
Breite.
des läng
sten*]
rages.
des kürzesten Tages.
80«
13 St
56 Min.
10 St 4 Min.
40»
14 „
51
n
9 „ 9 „
50«
16 „
9
!1
7 „ 51 „
60»
18 .
30
n
5 „ 30 „
66 V, "
24 „
n
0 „ 0 „
Innerhalb der Polarkreise bewegt sich die Tageslänge zwischen
0 und 24 Stunden, so lange die Sonne noch auf- und untergeht; doch
verweilt die Sonne im Sommer längere Zeit beständig über dem Hori-
zont und während des Winters eine entsprechende Reihe von Tagen
unterhalb desselben. So sinkt die Sonne des arktischen Polargebietes
während des Sommers nicht hinab
65 Tage lang unter dem 70. Breitengrad,
134 V) n n n 80- „
186 „ „ „ „ 90. „
während die lange Polarnacht unter denselben Breiten Zeiträume von
60, 127 imd 179 Tagen umfasst^). Trotz des im Vergleich zu un-
seren Gegenden niedrigen Sonnenstandes empfangen die polaren Ge-
biete im Sommer in Folge der längeren Dauer des Tages reiche
Wärmekräfte; freilich wird auch die Winterkälte durch die langen
Polarnächte eine ausserordentlich strenge. Demnach wachsen nach den
Polen hin die Unterschiede zwischen dem jährlichen Maximum und
^) Auf die atmosphärische Strahlenbrechung und Dämmerung ist hierbei
keine Rücksicht genommen.
142
Dritter TheiL Die Wawer- und Lufthülle der Erde.
Minirngm der Wanne, wie zwischen den mittleren Sommer- and
Wintertemperataren überhaupt So ist nach Lambert's Berechnong ^)
die Samme der jährlichen Sonnenstrahlung
for
Sommer.
Winter.
Jahr.
Aeqoator .
Wendekreis
45« Br. . .
Polarkreis .
Pol . . .
6,0261 6 >) ■
6,57011
6,22041
5,30671
5,00411
6,02615
4,57739
2,68197
0,71647
0,00000
12,05231
11,14750
8,90238
6,02318
5,00411
14' S.)
44' S.)
56' N.)
58' N.)
56' N.)
32' N.)
a
C.
Dass in der That die Contraste zwischen Sonmier- and Winter-
temperatoren im allgemeinen nadi den Polen hin sich TerBchfirfen, läast
sich aach durch directe Beobachtongen leicht erwdsen. So betrSg;t
die Differenz zwischen den mittleren Temperatoren des heiasesten und
kältesten Monats für
Quito (0®
Cap York (Australien) (fo®
Hong-kong (22«
Suez (29«
Bom (41« 54* N.)
Triest (45« 39' N.)
Petersburg (59 «
Archangdsk (64«
Bensselaerhafen (Nordwestgrönland) (78« 37' N.)
Tritt die jährliche Wärmeperiode um so kräftiger hervor^ je mehr
wir uns den Polen nähern, so gilt von der täglichen Periode gerade
das G^entheil: sie Yerliert in gleichem Sinne mehr und mehr an Be-
deutung. Am Aequator, wo die Sonne an jedem Tage 66^s bis 90
Grad über den Horizont emporsteigt, wechselt die Eanstrahlung inner-
halb der täglichen Periode in viel höherem Masse als die mittlere tSg-
hche Insolation durch die geringe Veränderung der Mittagshöhe der
Sonne in der jährlichen Periode. Man hat daher mit Recht die Nacht
ab den Winter der Tropen bezeichnet Auch bewirkt die gleichblei-
bende Tageslänge, dass die Maxima der Insohttion, sowie der stärkste
Effect der Ausstrahlung im ganzen Jahre auf dieselbe Zeit innerhalb
der täglichen Periode fEÜlen, während umgekehrt am Pole, wo sich die
Sonne in einer fiist unmerklich gegen den Horizont geneigten Spirale
1,5 « C.
3,2« C.
13,1 « C.
15,3« C.
16,6« C
19,9«
26,9«
29,4« C
41,4« C.
>j Pyrometrie. §§ 399—606, S. 317 — 320.
*) Diese Zahlen beaehen sich aaf keine bestimmte Einheit, sondern be-
xeichnen bloss Werthverhältnisse.
YIL Die Vertheilong der Wärme auf der Erdoberfläche. 143
erhebt, die tauche Periode so gat wie yoUständig in der jähriichen
Periode aufgeht^). Nach den Polen hin wird demnach die tägliche
Periode immer unansehnlicher und zwar in der Weise, dass sie im
Sommer viel deutlicher ausgesprochen ist als im Winter, weQ im Som-
mer die täglichen Sonnenhöhe^ zwisdien weiteren Ghr^izen yarüren
als im Winter (unter 50® n. Br. zwischen 0 imd 63 Vs ^ im Sommer,
hingegen nur zwischen 0 und 16 V« ^ ini Winter).
Im allgemeinen werden die Eigebnisse dieser theoretischen Unter-
suchungen durch die Er£EJurung bestätigt Ausser einigen später zu
erörternden Abweichungen sei hier noch erwähnt, dass die Wärme-
maxima niemals gleichzeitig mit dem höchsten Sonnenstande eintreten,
sondern stets etwas später folgen. Wenn nämlich die Sonne am Tage
ihren höchsten Stand erreicht hat, ist die Wärmemenge, welche der
Erde zugeführt wird, noch immer grösser als diejenige, welche sie
durch Rückstrahlung veriiert. Deshalb nimmt die Temperatur zu bis
1 oder 2 Stunden nach der Culmination der Sonne, also bis 1 oder
2 ühr Nachmittags, und dann erst ;beginnnt die allmähliche Abküh-
lung. Dieselbe schreitet fort bis gegen Sonnenau^ang; dann ist also
die Temperatur am niedrigsten. Da die Zeit zwischen Sonnenau%ang
und Mittag viel kürzer ist als die zwischen Mittag imd dem folgenden
Sonnenau%ang, so ist der aufsteigende Ast der Temperatnrcurve, wie
dies auch die Theorie fordert, stets vid steiler als der absteigende.
Wie die täglichen Maxima und Minima, so erleiden auch die jährlichen
aus gleichem Grunde eine Verschiebung; deshalb ist bei uns nicht der
Monat mit dem höchsten Sonnenstande (Juni) der heisseste, sondern
der Juli, wie denn umg^dut audi nicht der December, sondern der
Januar der kälteste ist
B. Die Adh^mar'sche Hypothese.
Ausser d^i erwähnten ^lich^i und jähriichen Schwankungen der
Wärmestrahlung giebt es auch solche, welche sich erst in ausserordent-
lich langen Zeiträiimen vollzidiien« Sie entstehen dadurch, dass sich
die Elemente der Erdbahn, die Excentridtät ihrer elliptischen Form
und die Ndgung ihrer Ebene zur Ebene des Aequators in langen Pe-
rioden yerändoiL Koch immer werden von Laien wie von Gelehrten
diesen Verändeningen die höchsten Wirkungen auf die klimatischen
Verhältnisse der Erde bdgemessen; es erscheint uns daher nöthig, die
Wahrheit solcher Annahme näher zu prüfen.
>; EL W. Dore in A. t. Humboldt, eine wiMensehaftliche Biographie.
Herausgeg. Ton KarlBrahns. Leipzig 1872. B<L III, 8. 93 f.
144 I>ritt€r TfaeiL Die Wasser- and Lufthälle der Erde.
Die hier zu betrachtende Hypothese wird gewöhnlich die Adhö-
mar'sche Hypothese genannt, obwohl sie schon vor Adh^mar
von de Bergh, einem Freunde und G^&hrten Leopold v. Bach's^
ausgesprochen wurde ^). Sie geht davon aus, dass, wenn auch die Bo-
tationsaxe der Erde im allgemeinen mit sich selbst parallel im Baume
fortschreitet, doch eine Kraft beständig bestrebt ist, diesen ParaOelis-
mus aufsuheben und diese Axe senkrecht gegen die Erdbahnebene
zu stellen. Es ist dies eine Wirkung der Anziehungskraft, wdche
Mond und Sonne (letztere am mdsten zur Zeit der Solstitien) auf den.
ausgebauchten Theil des Erdsphäroids ausüben. So wird die Lage
der firdaxe stets ein wenig von ihrem Parallelismus abgelenkt und
die Erdaxe gezwungen , eine konische Flache um eine auf die Ebene
der Ekliptik errichtete Senkrechte zu beschreiben. Demgemäss rücken
auch die Himmelspole weiter, mit ihnen zugleich aber die Punkte, in
welchen die Ekliptik von dem Hinmielsäquator durchschnitten wird^
d. i. die Aequinoctialpunkte oder der Frühlings- und Herbstpunkt,
und zwar bew^en sich diese langsam von Ost nach West, also dem
Laufe der Sonne en^^en, so dass die Tag- und Nachtg^eichen all-
mählich firüher und ftliber eintreten. Man bezeichnet dieses Vorrücken
derselben gewöhnlich mit dem Namen Praecession. Sie wurde
schon von Hipparch im 2. Jahrhundert v. Chr. entdeckt und an-
nähernd bestimmt Der Stern a des kldnen Bären, der bekannte Po-
larstem, welcher jetzt ungefähr P , Grad von dem Nordpol des Him-
mels absteht, war damals noch &st 12 Grad von demselben entfernt;
vor etwa 14 000 Jahren aber be&nd sich derselbe nicht hier, sondern in
der prachtvollen W^a in der Leier. Zu jener Zeit war das südliche
Kreuz noch an den Ufern des Baltischen Meeres sichtbar. Alle
diese Veränderungen sind nur die optischen Wirkungen der Praeoes-
sion. Das Fortschreiten der Tag- und Nachtgleichen beträgt im Laufe
eines Jahres 0« 0' 50, 10" oder 1 <> in 71,856 Jahren; ein vollstän-
diger Umlauf um den Pol der Ekliptik erfordert denmach einen Zeit-
raum von 25 868 Jahren.
Hierzu gesellt sich noch ein anderer Wechsel in der Stellung der
Erde zur Sonne. Durch die g^ensdtige Anziehung der Planeten
werden nämlich Störungen der Apsidenlinie (der grossen Axe der Erd-
bahn) hervorgerufen, so dass sich das Perihelium oder der Punkt, wo
die Erde der Sonne am nächsten ist, verschiebt und zwar jährfich um
11,80". Die wahre Zeit, in welcher die Aequinoctialpunkte ^en
ganzen Umlauf in der Ekliptik vollenden, erhält man nun, wenn man
*^ O. Fe schal, Geschichte der Erdkunde. 2. Aufl. (heraosgeg. von S.
Ruge). München 1877. S. 152, Nota 4.
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 145
360« durch die Summe von 50,10" und 11,80", also durch 61,90''
dividirt. Dieser Zeitraum umfasst in runder Zahl 21 000 Jahre.
Da die Erdbahn eine Ellipse ist und in einem ihrer Brennpunkte
die Sonne steht, so erreicht die Erde alljährlich einmal den Punkt der
grössten Sonnennähe imd einmal den gegenüberliegenden Punkt grösster
Sonnenfeme. Nun ist nach dem zweiten Kepler 'sehen Gesetz die
Geschwindigkeit, mit welcher die Erde auf ihrer Bahn vorwärts eilt,
von der Art, dass der Leitstrahl (radius vector), welchen man sich von
der Sonne zur Erde gezogen denken kann, in gleichen Zeiten gleiche
Flächenräume beschreibt. Es wächst also die Geschwindigkeit der
Erdbewegung, sobald die Erde sich der Sonne nähert, während sie
abnimmt, sobald sich die Erde von der Sonne weiter entfernt,
wobei jedoch die Erdrotation keinerlei Störung erfährt. So kann es
geschehen, dass für die eine Halbkugel der Sommer länger dauert als
der Winter, während fiir die andere der Winter an Zeitlänge den
Sommer übertrifft. Innerhalb 21 000 Jahren wird einmal die nördHche
Halbkugel, ein andermal die südUche Halbkugel einen längeren Som-
mer gemessen, nämlich 10 500 Jahre die eine, 10 500 Jahre die andere.
Im Jahre 1250 unserer Zeitrechnung hatte die nördliche Erdhälfte den
längsten Sommer, weil damals die Zeit der grössten Sonnennähe mit
der Wintersonnenwende zusammenfiel. Seitdem werden unsere Sommer
kürzer, und 5250 Jahre nach 1250, also im Jahre 6500 n. Chr., wer-
den beide Jahreszeiten auf beiden Halbkugeln gleich lang sein. Hier-
auf wird während der folgenden 5250 Jahre der Sommer der süd-
Uchen Halbkugel länger werden und dann wieder sich verkürzen.
Noch gegenwärtig ist die Summe der Frühlings- und Sommertage
(186 Tage 12 Stunden) für die nördliche Halbkugel um 7 Tage 18 Stun-
den grösser als die der Herbst- und Wintertage (178 Tage 18 Stun-
den); auf der südUchen Halbkugel hingegen findet sich natürlich das
umgekehrte Verhältniss zwischen Sommer- und Winterlänge.
Adhämar behauptete nun, dass die Sonnen wärme, welche einer
Ekdhalbkugel bei kurzem Sommer und langem Winter zu Theil werde,
geringer sei als die der anderen Halbkugel bei kurzem Winter und
langem Sommer. Hieraus aber folgerte er weiter: Wegen der um
7^4 Tage längeren Polarnacht am Südpol musste sich dort bisher wäh-
rend des Winters eine grössere Eismasse anhäufen als am Nordpol,
und da sich dies mehrere tausend Jahre hindurch wiederholte, so ver-
grösserte sich die Eisschale oder Eiskuppel um den Südpol sowohl der
senkrechten Höhe wie dem Durchmesser nach. Die nothwendige Conse-
quenz davon war, dass diese Halbkugel um das ganze Gewicht ihres Schnee-
und Eispanzers schwerer wurde als die andere Halbkugel. Es konnte
deshalb nicht ausbleiben, dass der Schwerpunkt unseres Planeten in die
Pesehel-Leipoldt. Phys. Erdkunde. If. 10
146 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
schwerer gewordene südliche Erdhälfte nachrückte. Die auf der Erdober-
fläche ausgebreiteten Wassermassen mussten darum, dem Gesetze der
Schwere gehorchend, nach der südlichen Halbkugel abziehen, diese über-
schwemmen und ihr ein oceanisches Gepräge geben, während andrerseits
ein grosser Theil der nördhchen Halbkugel trocken gelegt wurde und einen
vorzugsweise continentalen Anstrich bekam. Nach der Annahme A dh e -
mar 's tritt alle 10 500 Jahre eine Sin tfluth abwechselnd fiir die nörd-
Uche und iur die südliche Erdhälfte ein , so dass jede der beiden He-
misphären im Laufe von 21 000 Jahren je einmal überfluthet wird.
Gegenwärtig ist die südliche einer solchen Fluth ausgesetzt
In der That scheinen die weiten oceatiischen Flächen der süd-
lichen Hemisphäre und ebenso die gleichförmige, charakteristische Phy-
siognomie ihrer Festlande für die Richtigkeit der Adhemar' sehen
Hypothese zu sprechen. Bemerkenswerth ist namentUch, dass die letz-
teren alle mehr oder weniger in der Gestalt von Pyramiden oder Hör-
nern enden, wie Südamerika, Südafrika, die vorderindische Halbinsel,
wenn man diese noch hierher redmen darf, die Halbinsel Malakka und
Australien. Sie deuten darauf hin, dass eine von der nördhchen Hemi-
sphäre heraufgedrungene Wassermasse einen Länderzusammenhang dort
unterbrochen und überfluthet hat Nicht wenig Gewicht 1^ Adh^-
mar auch darauf, dass nur die nördliche Halbkugel einen grossen
Eeichthum an Landseen habe. Während sich in Nordamerika die
Süsswasserseen kettenartig an einander reihen und grosse Flächenräume
bedecken, ist Südamerika, wenn wir von den meist kleineren Gebirgs-
seen absehen, sehr arm an umfangreicheren Wasserbecken. Ebenso
finden wir im Norden der Alten Welt grosse Golfe, wie die Ostsee und
das Mittelmeer, grosse Binnenseen, wie den Easpischen, den Aral-, den
Balchasch-, den Baikal-See, nicht zu gedenken der ungezählten Seen
auf der finnischen Granitplatte und der Gebirgsseen Skandinavien'«,
während Afrika deren vergleichsweise wenige besitzt. In diesem Sinne
gewährt uns die südliche Halbkugel das Bild einer starken Ueber-
fluthung, die nördUche das Bild einer abtrocknenden Hälfte. Zieht sich
nämlich nach der Ueberfluthung das Wasser ma^^senhaft von den Con-
tinenten zurück, die es vorher bedeckt hatte, so werden in den Ver-
tiefungen Wasser zurückbleiben, die, vom Ocean durch das Land ab-
geschnitten, theilweise verdunsten, theilweise sich als Seen erhalten.
Endlich würden sich durch die Adh^raar'sche Hypothese auch
die kühleren Temperaturen der südlichen Halbkugel, der periodische
Eintritt sogenannter Eiszeiten, sowie die bei so vielen Völkern noch
vorhandene Fluthsage gut erklären lassen.
Nach alledem hat Adhömar's Hypothese auf den ersten An-
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 147
blick viel Verlockendes, und doch müssen wir ihr auf das Entschie-
denste widersprechen.
Zunächst irrte sich Adh^mar darin, dass er meinte, die Sonnen-
wärme, welche einer Erdhalbkugel bei langem Sommer und kurzem
Winter zu Theil wird, sei grösser als diejenige, welche die andere
Halbkugel bei langem Winter und kurzem Sommer empfängt. Schon
seit Lambert^ ist es mit Evidenz erwiesen, dass die Grösse der
Insolation in jedem Jahre und beständig für beide Erdhälften völlig
die gleiche ist; denn gerade zu der Zeit, wo auf der einen Halbkugel
der lange Sommer herrscht, befindet sich die Erde in grösserer Ent-
fernung von der Sonne. Da nun die Stärke der Insolation umgekehrt
dem Quadrat der Sonnenfeme proportional ist, so wird das um 7^/4
Tage längere Verweilen der Sonne über der nördlichen Hemisphäre in
seiner Wirkung dadurch vollkommen ausgeglichen, dass sich während
des kürzeren südlichen Sommers die Erde der Sonne mehr nähert
Wären also beide Hälften der Erde entweder gleichmässig mit Wasser
oder gleichmäflsig mit Land oder in gleichmässiger Mischung mit bei-
den bedeckt, so würde gegenwärtig die nördliche Hemisphäre einen
längeren, aber wegen der grösseren Sonnenfeme etwas kühleren Som-
mer und einen kürzeren, wegen der grösseren Sonnennähe jedoch re-
lativ warmen Winter gemessen. Dagegen müsste die südliche Hemi-
sphäre einen kürzeren, aber wegen der grösseren Sonnennähe etwas
heisseren Sommer und einen längeren, wegen der grösseren Sonnen-
feme kälteren Winter haben.
Diesen theoretischen Auseinandersetzungen widersprechen jedoch
die Beobachtungen. In Wahrheit sind nämlich fast durchweg die me-
teorologischen Sommer auf der südlichen Halbkugel viel kühler, die
Winter viel milder als auf der nördlichen Halbkugel. Es rührt dies
offenbar davon her, dass die südliche Halbkugel, überfluthet von weiten
Occimen, ein feuchtes und daher viel gleichmässigeres Klima besitzt
als die nördliche Halbkugel mit ihren ungeheuren Länderräumen. Hier
zeigt sich deutlich, dass die geographischen Gestaltungen an Einfluss
viel mächtiger sind als die astronomischen Schwankungen der Sonnen-
abstände und dass uns jene besser als diese die Temperaturverände-
rungen in der geologischen Vergangenheit zu erklären vermögen. Die
thermischen Unterschiede zwischen südlicher und nördhcher Halbkugel
sind die Consequenzen der Wasserbedeckung und nicht der Präcession
der Aequinoctien.
Die Anhänger der Adh^mar 'sehen Hypothese sahen nun wohl
ein, dass die Grösse der Besonnung ftir beide Erdhälfl^n immer gleich
') Pyrometrie. S. 310.
10*
148 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
sein müsse, wenn auch die Sonne länger in den nördlichen als in den
südlichen Zeichen verweilt. Sie gaben dag^en zu bedenken (so vor
allem Prevost), dass die Wiederausstrahlung der Wärme bd dnem
längeren Winter viel stärker sein müsse als bei einem kurzen und dass
die Ungleichheit der Jahreszeiten ungleiche Wärmeverluste durch Aus-
strahlung hervorrufen, also fiir die benachtheiligte Erdhalbkugel eine
Temperaturemiedrigung herbeifuhren müsse. Uns erscheint diese Be-
gründung eben&Us nicht stichhaltig; denn die Ausstrahlung ist ein
Process, welcher sich ebenso gut am Tage wie in der Nacht vollzieht,
im Lichten wie im DunkeL Da überdies fiir die südliche Halbkugel
das ^Maximum der Winterlänge bereits seit geraumer Zeit (seit 1250
n. Chr.) vorüber ist, so müsste die Abkühlung schon so lauge gewirkt
haben, dass wenigstens ihr Effect auf die Wintertemperaturen (im
Sommer ist ja die Insolation dort intensiver) leicht erkannt werden
könnte. Beobachtungen in Südamerika und Neuseeland zeigen jedoch«
wie oben bereits angedeutet wurde, dass hier im Gegentfaeil die meteo-
rologischen Wintertemperaturen viel höher sind als auf der nördlichen
Halbkugel > ).
James Groll, ebenfalls ein Vertheidiger der Adh^mar 'sehen
Hypothese, hat dieser eine etwas andere Wendung veriiehen. Er stützt
sich darauf, dass während eines langen Winters viel Schnee &Uen
wird, dessen Wegschmelzen die Wärme des nachfolgenden Sommers
au&ehrt Gleichzeitig werden beim Schmelzen des Schnees viele Dunst-
massen und Wolken entstehen, welche die Erwärmung der Erdober-
fläche durch die Sonnenstrahlen abschwächen, so dass der kurze Som-
mer trotz der Sonnennähe sehr kühl verlaufen wird. Diese Behaup-
tung begegnet jedoch ernsten Schyrierigkeiten. Fällt wiiklich viel
Schnee und bildet sich Eis, so wird bekanntlich gebundene Wärme
finei, und die frei gewordene Wärme müsste zur Milderung des Win-
ters genau soviel beitragen, als im nächsten Sommer durch das
Wegschmelzen von Schnee und Eis an Luftwärme verloren geht Es
findet also eine Compensation statt
Wollte man selbst annehmen, dass über den oceanisch gedachten
Südpolarräumen ein uhif^lasartiges Eisgewölbe schwebe, so könnte sich
dieses Dach höchstens um den neunten Theil der dortigen mittleren
Seetiefen über das Niveau des Erdsphäroides erheben. Sollten aber
diese Seetiefen im Durchschnitt 1800 Faden nicht überschreiten (vgL
Bd. I, S. 420), so würde das Eis höchstens gegen 200 Faden den
mathematischen Seespi^el überragen können und zwar nur deswegen,
*) Vgl. hierza J. Hann in Behm*8 Geographischem Jahrbach, Bd. IV
(1S72), S. 131 f.
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 149
weil es um ^/g leichter ist als das Seewasser. Gefröre also die See
innerhalb des südlichen Polarkreises auch bis auf den Meeresboden,
so würde darum die südliche Halbkugel nicht schwerer, weil das Eis
dasselbe Gewicht besässe wie die Wassermasse, aus der es hervorging.
Somit ist auch dieses Argument ftir die Adhömar'sche Hypothese
nicht beweiskräftig.
Der Schwerpunkt könnte also höchstens dadurch verrückt wer-
den, dass mächtige Schneemassen auf das Festland fielen oder auf
Eisschollen, welche bis zum Grunde des Meeres hinabreichen. Nun
ist es schon sehr unwahrscheinlich, dass in den antarktischen Gebieten
der Schneefall ein sehr reicher ist, da nach den Berichten der Polarfahrer
wenigstens innerhalb des nördlichen Polarkreises der winterliche Schnee-
feil meist ein sehr geringer ist ^). Unterdrücken wir aber auch dieses
Bedenken, so ist doch noch zu erwägen, dass die trockene eisige
Winterluft den Schnee um so stärker hinwegleckt, je weiter er sich
um den Pol herum lagert. Es ist also ganz unmöglich, dass die näm-
liche physische Eisschale beständig um den Südpol schwebe. Und
würde selbst durch Schneeanhäuftmg und Eisbildung das antarktische
Gebiet senkrecht wachsen, so müsste gleichzeitig auch das Ge&U der
Gletscher, mit dem Gefäll ihre Geschwindigkeit, mit der Geschwindig-
keit die Zahl der Eisberge zunehmen, welche durch die Gletscher ab-
gestossen werden, imd so würde immer wieder das Gleichgewicht her-
gestellt.
James Groll und andere halten an der Adh^mar'schen Hy-
pothese fest, um die Eiszeit erklären zu können. Nach unserer Ueber-
zeugung würde man weit fehlen, wenn man sich auf der nördlichen
Halbkugel die Winter von der Länge und die Sommer von der Kürze
der australischen denken wollte, um damit zu begründen, dass einst
in der Schweiz die Gletscher das Rhonethal und den Genfersee er-
ftdlten und mehr als 600 Meter hoch an den Abhängen des Schweizer
Jura sich erhoben. Dazu sind die gegenwärtigen Zeitunterschiede
zwischen den australischen und borealischen Wintern viel zu gering.
Noch möchten wir darauf aufmerksam machen, dass der Seen-
reichthum der nördlichen Hemisphäre, auf welchen die Anhänger der
Adh^mar' sehen Hypothese immer besonderes Gewicht legten, durch-
aus nicht ein ausschliessliches Privilegium unserer Halbkugel ist. Viel-
mehr besitzt auch die südliche Halbkugel eine grössere Anzahl aus-
^) Vgl.: Die zweite deutsche Nordpolarfahrt in den Jahren 1S69 und 1870.
Leipzig 1874. Bd. I, Abth. 2, S. 346. 419. Wojeikof (Ergäuzungsheft 38
zu Peter mann 's Mittheilungen von 1874, S. 12) bezweifelt freilich die Exi-
stenz eines Polargürtels mit regen- (resp. schnee-) armen Wintern und schreibt
diese nur den arktischen Gebieten mit excessivem Klima zu.
150 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
gedehnter Wasserbecken ; es sei hier nur an die grossen Seen Central-
Afiika's, den Mwntan-, ükerewe-, Tanganjika-, Njassa- und Bangweolo-
See erinnert. Seen finden sich überall auf der Erde da, wo die später
zu besprechenden Vorbedingungen zu ihrer Bildung vorhanden sind.
Femer können, was die Alte Welt betrifit, im wesentlichen nur die ge-
schwisterlichen aralo-kaspischen Seen, der Baikal -See, die Seen des
Newa-Gebietes, die grossen schwedischen und die lombardischen Seen
ab Zeugen einer ehemaligen oceanischen Ueberfluthung angerufen wer-
den; denn die übrigen yerdanken nicht dem sich zurückziehenden
Meere, sondern lediglich den Flüssen ihre Entstehung.
So erweisen sich also alle Gründe, welche Air die Adh^ mar 'sehe
Hypothese angeführt wurden, als nicht stidihaltig. Aber angenommen
selbst, alle Voraussetzungen Adh^mar's seien so richtig, wie sie
fSälsch sind, welchen Effect dürften wir dann der yermeintlichen Sclmee-
und Eiscalotte am Südpol zuschreiben?
Die Gebiete der Polarkreise sind bekanntlich relativ regenarm;
wir dürfen deshalb als mitdere Menge des Niederschlags nicht mehr
als 30 Centimeter in Rechnung bringen (Schnee wird hierbei in
Wasser verwandelt gedacht). Der Schneefisdl des Nordpolarkreises hält
dem des Südpolarkreises annähernd das Gleichgewicht; eine Differenz
ei^ebt sich nur in Folge der längeren Winterzeit in dem antarktischen
Grebiete. Nun beträgt der grösstmögliche Unterschied zwischen Som-
mer- und Winterlänge, welcher immer nach Verlauf von 10 500 Jahren
eintritt, c. 8 Tage, im Mittel also während der ganzen Zeit, in wel-
cher auf einer Halbkugel der längere Winter herrscht, 4 Tage; es
müssten somit 365 Jahre vergehen, ehe die Eisschale um den Südpol
120 Centimeter über das normale Niveau emporragte. Demnach würde
diese Eisanhäufung in 10 500 Jahren eine Höhe von 34 Vi Metern er-
reichen, welche Masse, da das spedfische Gewicht des fjses gleich
0,92 und das der Ejde gleich 5,6 ist, dner 5,7 Meter hohen Anschwel-
lung des Erdkörpers mit der mittieren Dichtigkät desselben entspricht.
Würde nun diese Schicht in gleicher Höhe alles antarktische Land
innerhalb des 70. Breitengrades (=» 281 542 geogr. Quadratmeflen)
bedecken, also einen Körperinhalt von c. 216 Cubikmeilen besitzen,
um wieviel vermöchte sie dann den Schwerpunkt der Erde zu ver>
schieben?
Die Erde hat einen Cubikinhalt von 2 650 000 000 Cubikmeilen,
jede Halbkugel somit von 1 325 000 000 Cubikmeilen. Jene 216 Cubik-
meilen sind hiervon nur etwa ^eoooooo* Hieraus aber ergiebt sich,
dass der Schwerpunkt unseres Planeten eine Verschiebung von nicht
einmal 0,3 Meter erleiden würde, selbst wenn in Folge der grösseren
Dichtigkeit der centralen Erdmassen der Schwerpunkt jeder der beiden
cri,i§tiifiiiii£'S^>|>i:i:i
Erdoberfläche.
l^dradiuB dem Mittel-
dass eine solche
diTumente spottete, lun
__ B-dcutung 8OT1 könnte,
ä^g'^^^^f ^^[VB{r|tiypotheee zuerkennen.
''^'■•^8airieei'Ö"Ä"wröl^Sf'e9*uch desselben.
1 V^iSflgn&Ti a tS' iflä . J^okmäBsig sein, zuerst
^7lJSS£i|iPt^HiU|Afllq9rorauszuschicken, mit
r ftTB^ ifc»«pw«^Ti1»'!HOT^fen gewonnen worden
™ --"-•-"-■ "Ite. •■*»■
LjitltbenaiiBtn.
l*on der Acadcmia del
irhunderts gebrauchten
in eine mit aufrecht
gewissen Höhe Wein-
Scala hinzu, auf
erreichte, wenn
wenn man es
äonnenstrahlen aus-
i*reuze der Scala durch
denn Libri
FraoEöaiBcheii tou Ca-
152 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
die Entdeckung Edmund Halley's (1693) , dass Weingeist wie
Quecksilber in der Thermometerröhrey wenn sie in siedendes Wasser
gehalten wurde, stets bis zu einem gewissen Masse und nie über das-
selbe stiren, gleichviel wie lange das Sieden des Wassers dauerte und
wie oft die Versuche wiederholt wurden ^).
Bis zum Jahre 1730 gab es nicht zwei Thermometer, deren Grang
übereinstimmend gefunden worden wäre und deren Temperaturangaben
einen strengen Veigleich zuliessen. Erst damals ersann Ren^ An-
toine Ferchault de Räaumur (1683 bis 1757) ein Verfiüiren, wie
man an aDen Orten Thermometer anfertigen könne, die, vde er sich
ausdruckt, „in gleicher Sprache^' zu dem Beobachter redeten. Er Ter-
besserte das Thermometer in zweifisu^her Hinsicht Er erwählte als
Nullpunkt den Höhenstand, den der Weingeist einnimmt , wenn das
Thermometer in langsam gefrierendes Wasser oder in schmelz^iden
Schnee gestellt wird. Sein Hauptverdienst aber lag darin, dass er
Thermometer schu^ in welchen beim Nullpunkt der Temperatur genau
1000 Theile einer Flüssigkeit Raum hatten und dass er seine Stufen-
leiter abtheilte, je nachdem sich die Flüssigkeit um 10, 20, 30 u. s. w.
solcher Raumtheile ausgedehnt hatte ^). Freilich zeigte der Nullpunkt
des ersten R^aumur' sehen Thermometers nicht genau die Temperatur
des gefrierenden Wassers, sondern die des eben gefrorenen und nach-
her weiter abgekühlten Wassers. Er war gleich — 0,8^ des heutigen
R^aumur' sehen Thermometers. Seine exacte Ausbildung erfaidt
dasselbe durch J. A« de Luc^).
Fahrenheit (1686 bis 1736) bestimmte den unteren Normal-
pimkt durch eine Mischung von Wasser, Eis und Chlorammonium oder
Kochsalz und ging deshalb von diesem aus, weil er glaubte, tiefer
würde die Temperatur gar nicht herabsinken. Der Nullpunkt des
Fahrenheit'schen Thermometers trifit mit dem Theilstriche — 14',.,
der R6aumur'schen Scala zusammen. Der Schmelzpunkt des ESses
roT^. Siegen und Wiesbaden 1S42. S. 21) fand das geschlossene Thermo-
meter, d. h. das Weingeistthermometer, bereits in einem 1611 — also im zweiten
Jahre nach der Uebersiedelang Galilei's von Padaa nach Florenz — ge-
schriebenen Bande der Bibliothek des Arsenals zu Paris (Nr. 20 der ital.
Handschriften) erwähnt. Auch andere Gründe sprechen für die obige An-
nahme. Vgl. £. E. Schmid, Lehrbuch der Meteorologie. Leipzig 1^60. S.65.
^1 Philosophical Transactions of the R. Soc. of London. YoL XVII
(1693\ p. 652.
-) K. de Ueaumur, Rögles pour constmire des Thermom^tres , gelesen
am 19. November 1730, in den M^moires de TAcad^mie des Sciences. Aun^»*
1730. Paris 1732. p. 453 sq.
^ J. A. de Luc, Kecberches sur les modification:» de TAtmosph^re.
Genöre 1772. Tome I, § 427—458 (p. 331—408).
VIL Die Vertheiliing der Wärme auf der Erdoberfläche. 158
ist auf derselben mit 32 ^ der Siedepunkt des Wassers mit 212 be-
zeichnet; somit beträgt der Zwischenraum zwischen beiden 180^. Die
Fahrenheit'sche Scala bietet den Vortheil kleinerer Graduirung,
ermöglicht also, durch ganze Zahlen (mit Vermeidung von Brüchen)
Temperaturen schon ziemlich genau auszudrücken, imd gestattet femer
fast immer die Weglassung der Vorzeichen, da Temperaturen unter
— 14% ® R. selten vorkommen. Celsius (1701 bis 1744) wandte
das Decimalsystem auf die Barometerscala an, indem er das Intervall
zwischen dem Gefrierpunkt und dem Siedepunkt in 100 Theile zer-
legte. Nach den obigen Angaben sind demnach
a;o K = ^ a; 4- 32 ^ F. = I a;0 C.
x^ F. = |(a; — 32)öR. = |(^ — 32) « C.
x^ G, = l x"^ B.. = l X + 32« F.
Auffallend ist die Thatsache, dass sich das Thermometer Fahren-
hcit's, also das eines Deutschen, in England, das R^aumur's, so-
mit das eines Franzosen, in Deutschland und das Celsius' sehe, das
eines Schweden, in Frankreich eingebürgert hat Zum Zwecke wissen-
schaftlicher Untersuchungen bedient man sich jetzt fast allgemein der
hunderltheiligen Scala.
Da es häufig von Wichtigkeit ist, zu wissen, welches innerhalb
einer gewissen Zeit die höchste und niedrigste Temperatur war, so hat
man, um nicht beständig beobachten zu müssen, sogenannte Maximum-
und Minimum -Thermometer construirt. Die bekannteste Form der-
selben ist der von Rutherford schon im Jahre 1794 angefertigte
Therm ometrograph. Derselbe wird von zwei Thermometern ge-
bildet, deren Röhren wagerecht liegen. In der mit Quecksilber ge-
füllten Röhre des Maximumthermometers befindet sich ein Stahlstiftchen,
welches so lange durch die Quecksilbersäule fortgeschoben wird, als
sich das Quecksilber in Folge der Temperaturerhöhung ausdehnt. So-
bald jedoch eine Temperaturemiedrigung eintritt imd die Quecksilber-
säule zurückgeht, so verharrt das Stiftchen an seinem Orte und zeigt
so die höchste Temperatur innerhalb eines gewissen Zeitraumes an.
Für das Minimumthermometer benützt man statt des Quecksilbers
Weingeist und statt des Stahlstiftchens ein feines, an beiden Enden
mit kleinen Knöpfchen versehenes Glasstäbchen. Ist dasselbe einmal
in den Weingeist eingetaucht so kann es wegen der Adhäsion nicht
über dessen freie Oberfläche hinaus gelangen; es zieht sich also beim
Sinken der Temperatur das Glasstäbchen gleichzeitig mit dem Wein-
geist zurück. Dagegen behält das Glasstäbchen unverändert seine
Lage, wenn die Temperatiu" zunimmt und die Weingeistsäule sich ver-
längert; es giebt somit immer die Minimaltemperatur eines gewissen
Zeitraumes an. Setzt man also am Vormittag gleichzeitig Minimum-
§5« 'il^gif <l;|.f.sä|*
[hülle der Erde.
an man am nächsten Vor-
der Teräoaaenen 24 StuQ-
§9K<;|^^B'|g|(^i«1^i^|^V^'|gg^ Messungen häu% das
9^(|9^il''48^^ir^i^0l*^Btniirte und sehr zuver-
~ ~ ■VE?*?lG9I Haximum- und Miuimuin-
l«k^«?lS^i6s- 10>- Dasselbe besteht
f^flv'Bl^'^ langen, 1 Centimeter
.^U^.^.Bj gl Millimeter dicken Stahl-
1^%m^&tmmfiaer ganzen Länge nach
QaHH^^Mirvon gleichen Dimensionen
.yS^ftHl Bft— Beide sind durch Vergol-
IStH^S^'&S'^^^''^^'*' ^^^^ Metall-
^ufi^f'oAjSJtg^ einer Spirale s gebogen,
] S tfSw^^m^^'^ Süssere, das Messing die
.*p3ir;^m'§]VViQdungeQ bUdet Wah-
^^^-'*^*3^t^'' '^ einem Metallzapfen
:^£^^3^:^bt das Ende b frei beveg-
^^ü^^^^^^mmlen Temperatur hat
^'»^äl*"^!*!^™!"^ Stellung. Da »ich
^Ci^li^jJI^i^inBdehnt als Stahl, so wird
-^^^•^<Gfflj bei Temperaturerhöhung
-»-.Ä-;^^;r^l^ TemperaturemiedriguQg
'"^^C^Ij^Srängt werden. Durch die
~jk«^und g wird die Bew^ong
[EdSj dem anderen Zöger, cd
kels ähnlich sind, mit-
welche sie in dem Mo-
oder links inne hatten.
gestattet uns, sofort die
gewissen Zatraomes ab-
JcO^r^^^i^^g^^ratur do' frvien Luft an-
^r^Ri^äi^i^il^j4)*j^^^ommen werden, störende
. . . ™ Ee igt yoj. allen di^,
i TOD allen Seiten her im-
|3en directen Sonnenstrahlen
ü^^^^-ßoden , wie von Wänden
*|[Es nicht TOQ den reflectirten
PhjBik. 4. Aad. Braun-
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 155
Wärmestrahlen getroffen werde. Steigen doch Thermometer, welche
an einer von der Sonne beschienenen Wand oder unmittelbar über
nacktem, von den Sonnenstrahlen direct getroffenem Sandboden an-
gebracht sind, selbst in unseren Gegenden während des Sommers oft
bis auf 50® C! Natürlich ist diese Wärme nicht die der Luft, son-
dern der erhitzten Wand, resp. des Bodens. Endlich muss dafiir ge-
sorgt sein, dass das Instrument vollkommen trocken bleibt.
Am zweckmässigsten ist es, das Thermometer auf freiem Platze
in einem Gehäuse aufzustellen, welches durch doppelte jalousieartige
Wände gebildet wird, nach oben mit einem Dach versehen, nach unten
aber offen ist und auf vier etwa 3 Meter hohen Pföhlen ruht. Die
Treppe ist an der nördlichen Seite zu befestigen, welche letztere zu-
gleich als Thüre dient.
Ueberraschend ist die von Lamont entdeckte Thatsache, dass
ein Thermometer, welches auf einem ganz freien Grrasplatze zwischen
zwei 2^/3 Meter hohen Stangen an einem Drahte hing und den directen
Sonnenstrahlen ausgesetzt war, fast dieselbe Temperatur zeigte wie ein
gegen zufUllige Störungen geschütztes im Schatten. Zweijährige Be-
obachtungen ergaben, dass die mittlere Differenz der mit dem besonn-
ten und dem beschatteten Thermometer erlangten Temperaturen früh
7 Uhr —0,15, Mittags 12 Uhr 0,34 und Abends 6 Uhr —0,18® R.
betrug. Hieraus geht deutlich hervor, dass an der Thermometerkugel
eine fast vollständige Reflexion erfolgte.
Um die Mitteltemperatur fiir einen gewissen Zeitraum, z. B.
flir einen Tag, einen Monat oder ein Jahr bestimmen zu können, bedarf
man natürlich einer kleineren oder grösseren Reihe von Ablesungen.
Das Tagesmittel erhält man, wenn man die Summe der 24 Tempera-
turen^ welche von Stunde zu Stunde im Laufe eines Tages gemessen
worden sind, durch 24 dividirt. Doch gewährt auch das arithmetische
Mittel aus den nach Ablauf 'von zwei oder drei Stunden regelmässig
vorgenommenen Beobachtungen ein gutes Tagesmittel. Da jedoch der-
artige Reihen das Zusammenwirken mehrerer Personen voraussetzen,
so lässt sich diese Methode nur auf grösseren Observatorien durchflihren.
An den meisten Orten begnügt man sich hierbei mit einigen im Laufe
des Tages gemachten Ablesungen. Brauchbare Tagesmittel liefern
z. B. die Beobachtungen um
ö U. Morgens, 2 U. Nachmittags und 10 U. Abends,
' rt 7> ^ rt 7) 7) ^ n n
•77 n "« ri V ^ n T)
Etwas weniger zuverlässig sind die Combinationen der Tempera-
j
156 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
turen von gleichnamigen Stond^i (z. B. 8 Uhr Moi^ns und 8 Uhr
Ab^ids, 9 Uhr Morgens und 9 Uhr Abends).
Wird die Sunune aUer Tagesmittel eines Monats durch die Zahl
der Tage getheilt, so ergiebt sich die Mitteltemperatur des Mo-
nats. In ähnlicher Wdse gewinnt man aus den 12 Monatsmitteln
die Mitteltemperatur des Jahres. Liegen von irgend einem
Orte yieljährige Monats- und Jahresmittel vor, so berechnet man das
allgemeine Monatsmittel, indem man die Mitteltemperaturen des-
selben Monats, wie sie in den verschiedenen Jahren gefunden wurden,
addirt und die Summa durch die Zahl der Beobachtungsjahre dividirt
Analog ver&hrt man, wenn es sich um Au&uchung des allgemeinen
Jahresmittels handelt
D. Absorption der von der Sonne zugestrahlten Wärme
durch Luft, Land und Meer.
Die Wärme verbreitet sich auf dreierlei Wdse von einem Punkte
nach einem anderen : durch Strahlung, wobei sie ein Medium durch-
dringt, ohne dessen Temperatur zu erhöhen, durch Leitung, wenn
der die Wärmefortpflanzung vermittelnde Körper selbst mit erwärmt
wird, und durch Strömungen, indem der erwärmte Körper sogar
eine Bewegung vollzieht und so die emp&ngene Wärme weiter trägt
Die Sonnenkräfte werden der Erde zugestrahlt Bevor sie die
Oberfläche unseres Planeten erreichen, haben sie den mit Aether er-
füllten Weltraum und die Atmosphäre zu durchlaufen. Während hin-
sichtlich des ersteren wohl eine &st ganz reine Durchstrahlung erfolgt,
wird ein nicht unwesentlicher Bruchtheil der gesammten zugestrahlten
Wärme von der Luft angenommen oder absorbirt und zwar um so
mehr, JQ länger der W^ ist, welchen die Sonnenstrahlen innerhalb der
Atmosphäre zurückzulegen haben und je dichter und dampfireicher die
Luftschichten sind, durch welche die Strahlen hindurchgehen. Da die
Sonnenstrahlen am Morgen und Abend auf viel weitere Strecken die
Atmosphäre durcheilen, so erleiden sie hier einen bedeutenden Wärme-
verlust, zumal sie auf viel längerem Wege die untersten Schichten des
Luftkreises durchsehreiten, welche wegen ihrer grösseren Dichtigkeit
und ihres Beichthums an Wasserdämpfen relativ viel Wärme absor-
biren. Dagegen erweisen sich die Sonnenstrahlen an der Erdober-
fläche um so kräftiger, je höher sich unser Tagesgestim erhebt; denn
in solchem Falle ist ihr Weg durch die Atmosphäre ein viel kleinerer ' ).
^) Dass die Sonne auch aus anderen Gründen bei höherem Stande die
Erdoberfläehe stärker erwärmt, wurde bereits oben erwähnt (s. S. 1391
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 157
Seibat bei ganz heiterem Himmel und bei senkrechtem Sonnen-
stand verliert ein Sonneilstrahl , indem er die Luft durchwandert, 0,2
seiner erwärmenden Kraft, durchschnittlich in unseren Breiten aber 0,4
bis 0,5 und gegen Morgen oder Abend sogar mehr als die Hälfte seiner
Wärmekräfl«. Nun erkennen wir auch, warum sich in den tropischen
Steppen- und Wüstengebietien, sowie auf hohen Bergen unter dem Ein-
fluss der Sonnenstrahlung die höchsten Bodentemperaturen entwickeln,
obwohl gerade hier während der Nacht die Abkühlung durch Aus-
strahlung ausserordentlich gross ist. Sah doch Hooker^) auf dem
Himalaya in SOOO Meter Meereshöhe im December um 9 Uhr Mor-
gens das Quecksilber eines von der Sonne beschienenen Thermometers
mit geschwärzter Kugel bis auf 55,5® C. steigen! Offenbar ist hier
die ausserordentlich dünne und reine Luft unfähig, die Strahlung der
Sonne mit Erfolg zu hemmen; letztere vermag daher um so energischer
den Boden und die Gegenstände an demselben zu erhitzen. So dient
immer derjenige Theil der Sonnenstrahlung, welcher nicht durch die
Atmosphäre absorbirt wird und die Erdoberfläche erreicht, im wesent-
lichen dazu, dieser eine höhere Temperatur zu verleihen.
Die thatsächliche Wärmewirkung der bis zur Erdoberfläche ge-
langenden Sonnenkräfte ist femer bedingt durch die Beschaffenheit des
Materials, auf welches die Sonnenstrahlen treffen. Vor allem ist es
nicht gleichgiltig, ob das bestrahlte Areal Land oder Wasser ist. Der
feste Erdboden wirft meist nur wenige Strahlen zurück, saugt daher
eine relativ grosse Menge derselben auf imd wird namentlich dann
ausserordentlich schnell und stark erhitzt, wenn er ganz trocken und
von einer Pflanzendecke völlig entblösst ist. Man hat schon mehrfeu^h
beobachtet, dass trockener Fels und Sand durch die Sonnenstrahlen
bis zu 60 und mehr Grad C. erwärmt werden. So wächst nach dem
Berichte A. v. Humboldt 's die Temperatur des Sandes in den Lla-
nos (Südamerika) Nachmittags 2 Uhr ganz gewöhnlich bis zu 52,5 ^ C,
ja bisweilen bis zu 60® C. ^). Ein Thermometer, welches Girard in
den Wüstensand Aegypten^s gesenkt hatte, zeigte 56 ® R. (70 ^ C.)^).
Nouet fand bei Theben in Aegypten die Temperatur der Bodenober-
fiäche zu 67,5® C. und Winterbottom den Boden von Sierra Leone
zu 59® C.*)
*) Himalayan Journals. Vol. II, p. 407.
*) A. V. Humboldt, Centralasicn. Ucbersetzt von W. Mahl mann.
Berlin 1844. Bd. II, S. 117 f.
') PhiloBophical Transactions of the R. Soc. of London. VoL CXLVIII
(1859), p. 68.
^) Mahlmann in Dove's Repertorlum der Physik. Berlin 1841. Bd.
IV, S. 173.
158 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Ein ganz anderes thermisches Verhalten als das Land weist das
Wasser auf. Zunächst reflectirt es weit mehr Strahlen als das feste
Land; ein grösserer Theil derselben dringt also nicht einmal in das
Wasser ein. Femer ist das Wasser unter den an der Erdoberfläche
vorherrschenden StoflFen derjenige, welcher am meisten Wärme erfor-
dert, wenn man seine Temperatur um einen gewissen Betrag erhöhen
will. Es ist nämlich eine doppelt so grosse Wärmemenge nothwendig,
das Wasser um ebenso viele Grade zu erhitzen wie das gleiche Vo-
lumen eines der ilineraUen, welche die starre Erdrinde bilden. Be-
zogen auf das gleiche Gewicht würde sogar statt der doppelten erst
eine fünffache Wärmemenge genügen M- Dazu kommt, dass die dem
Wasser zugefiihrte Wärme nicht ausschliesslich dazu verwandt wird,
die Temperatur desselben zu steigern; vielmehr wird ein Theil der
Wärme durch die gleichzeitig eintretende Dampfbildung gebimden.
Demnach geht die Erwärmung einer Wasserfläche unter gleichen Ver-
hältnissen viel langsamer vor sich als die des festen Bodens, zu-
mal die grössere Dampfentwicklung über dem Wasser die directe Wir-
kung der Sonnenstrahlen schwächt und Strömungen sofort die ent-
standenen Temperaturdifterenzen auszugleichen suchen.
E. Die Wärmestrahlung der Erde.
Die Wärmestrahlung, welche der Erdkörper emp&ngt, bleibt nicht
dessen unveräusserliches Eigenthum; vielmehr wird dieselbe stets und
zwar in zweifacher Weise dem Weltraum zurückg^eben : sogleich durch
Spiegelung an der Oberfläche oder allmählich durch Ausstrahlung. Der
erstere der beiden W^e ist namentlich bei glatten Körpern, also ins-
besondere bei Flüssigkeiten von Bedeutung, während Körper mit rauher
Oberfläche, dieselben also, welche die Wärme am leichtesten aufiiehmen,
sie nur in geringem Masse zur^ckspi^eln. Doch findet allüberall,
über Land wie über Wasser, wenn auch in manigfach wechselndem
Grade, ein beständiger Ausstrahlungsprocess statt, ein Kampf zwischen
Wärmegewinn und Wänneverlust , dessen jeweiliges Resultat in der
Temperatur an der Erdoberfläche seinen Ausdruck findet. Die Inten-
sität der Ausstrahlung entspricht im allgemeinen dem Unterschiede zwi-
schen der Temperatur an der Erdoberfläche und der Temperatur des
Weltraumes, durch welchen sich unser Planet bewegt. Da die letztere
*) So beträgt die specÜische Wärme
bei gleichem Oewicht bei gleicliem Tolamen
für das Wasser 1,0000 1,0000
fiir Kalk (Kalkspath) 0,2046 0,5555
für Quarz (Bergkrystall) .... 0,1894 0,5025
für Feldspath (Adular) 0,1861 0,4760.
£. £. Schmid, Lehrbuch der Meteorologie. Leipzig 1860. S. 52.
VII. ,Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 159
unzweifelhaft eine sehr niedrige ist (nach Pouillet's Berechnung
— 142® C) und somit allerwärts eine ganz ansehnliche Diflferenz zwi-
schen den genannten beiden Temperaturen besteht, so muss die Aus-
strahlung tiberall eine sehr grosse und, wenn wir die Erde als Ganzes
betrachten, im allgemeinen eine gleich starke sein.
Die Weise, in welcher sich die Ausstrahlung vollzieht, ist je nach
dem Zustande der Atmosphäre und der Beschaflfenheit der ausstrahlen-
den Körper eine vei-schiedene. Es ist oben bereits gezeigt worden,
dass unser Luftkreis die aus einer hocherhitzten Wärmequelle her-
rülirenden leuchtenden Wärmestrahlen ziemHch leicht hindurchlässt
Ganz andere Eigenschaften aber besitzen die dunklen Wärmestrahlen,
welche dem Erdboden, also einer Quelle von niederer Temperatur ent-
stammen. Sie werden nämlich von der Atmosphäre viel kräftiger absor-
birt; die Luftniasse selbst wird demnach hauptsächlich von ihnen erwärmt
und giebt nur allmähUch die erlangte Wärme an den eisig kalten Weltraum
ab. Die Wärmeausstrahlung wird also im Verhältniss zur Wärme-
zufuhr verzögert, weshalb unser Luftkreis jederzeit namhafte Wärme-
schätze in sich birgt. So ist die Atmosphäre einem Schirm oder einer
über die Erde ausgebreiteten Decke vergleichbar; sie verrichtet die
Dienste eines nach unten sich öffiienden, nach oben aber sich schliessen-
den Ventiles (s. Bd. I, S. 81); sie wirkt — um ein vielfach gebrauch-
tes Bild anzuführen — wie die Fenster eines Treibhauses, welche den
Sonnenstrahlen den Eintritt gestatten, aber die von den Gewächsen
ausgehenden Wärmestrahlen zurückhalten.
Hieraus erklärt sich auch, warum sich die Wärme mit der Höhe
eines Ortes über dem Meeresspiegel vermindert. Die schützende Decke
der Atmosphäre ist ja in hohen Bergregionen wesentlich dünner; daher
entweicht hier die zugestrahlte Wärme viel schneller in den Weltraum,
und so ist die Erkaltung hier eine intensivere, der vorhandene Wärme-
vorrath aber ein geringerer als im Niveau des Meeres.
Ebenso sind trockene Luft und klarer Himmel einer starken Aus-
strahlung sehr günstig, während reicher Wasserdampfgehalt oder gar
eine Wolkenschicht dieselbe nicht unwesentlich hindert. Recht instructiv
sind in dieser Hinsicht folgende Beobachtungen Wells'. Er spannte
ein quadratisches baumwollenes Tuch von ^1^ Meter Seitenlänge 15
Centimeter über dem Rasen in horizontaler Richtung aus und fand
später die Temperatur des Rasens unter dem Tuche um 6^0. höher
als an benachbarten Punkten. Eine ähnliche Rolle wie hier das Tuch
spielen die Wolken ; namentlich strahlen dichte, niedrige Wolken, deren
Temperatur die der unteren Atmosphäre ist, fast ebenso viel Wärme zum
Boden zurück, als sie von diesem empfangen haben. Höhere Wolken kön-
nen natürlich nicht in gleichem Grade die Ausstrahlung hemmen. In einer
160 Dritter Thell. Die Wasser- und LufthüUe der E^de.
häteren Nacht war das Gras emer Wiese bereits 6,7** C. kälter ge-
worden als die Luft. Da umwölkte sich der Himmel, und sofort stieg
die Temperatur des Grases um 5,6^ C, obwohl sich die Lufttempera-
tur nicht geändert hatte M. Der Wasserdampf der Luft ist, wie John
TyndalP) sich ausdrückt, eine Decke, die dem Pfl<inzenleben noth-
wendiger ist als die Kleidung dem Menschen. Die Entfernung der
Wasserdämpfe aus der Atmosphäre würde in unseren Gegenden schon
in einer einzigen Sommernacht von der Vernichtung aller Pflanzen
begleitet sein, welche die Gefriertemperatur tödtet; denn die Wärme
unserer Felder und Gärten würde in diesem Falle unersetzt in den
Yon eisiger Kälte durchdrungenen AVeltraum ausströmen.
Ueberall^ wo die Luft sehr trocken ist, vollzieht sich in der Tbat
eine ausserordentlich grosse Abkühlung bei Nacht Demnach ist die
nächtliche Wirkung der Wärmeausstrahlung am bedeutendsten auf den-
selben Gebieten, auf welchen der Boden durch die Sonnenstrahlung
am stärksten erhitzt wird, nämlich auf den öden Steppen- und Wüsten-
gebieten, über denen sich &st immer ein reiner, ungetrübter Himmel
ausbreitet. Hier b^egnen wir also den grössten Temperaturunter-
schieden. Schon in der Genesis wird uns dies von Mesopotamien be-
richtet an jener Stelle (Cap. 31, V. 40), wo Jacob zu Laban sagt:
„Des Tages verschmachtete ich vor Hitze und des Nachts vor Frost ^
Am schärfsten sind die Temperaturcontraste in der Sahara, wo des
Nachts bisweilen das Wasser in den Schläuchen gefriert, während sich
am Mittag die Hitze bis über 40 ^ C. erhebt^). Gerhard Rohlfs^)
sah in Rhadames, das eine mittlere Jahreswärme von 23 ^ C. hat und
in den Sommermonaten Lufttemperaturen bis .zu 50^ C. aufvreist, das
Thermometer während der Wintermonate zuweilen bis auf — 5^ C.
herabsinken. In der Oase Fezzan, wo die höchsten Temperaturen der
Erde vorkommen, beobachtete Rohlfs^) am 20. December 1865 vor
Sonnenaufgang — 4® C, am 30. Januar 1866 — 5® C, und während
der beiden Monate December und Januar fiel das Thermometer an
24 Tagen auf oder unter den Gefrierpunkt Auch in der Mitte von
Australien hat man ähnliche Erfahrungen gemacht So hatte Mit-
chell auf seiner letzten Reise in das nordwestliche Innere sehr kalte,
eisige Nächte. Das Thermometer zeigte am 2. Juni bei Tagesanbruch
M Two EBsays etc. bj the late W. C. Wells. London 1818. p. 156.
") Die Wärme betrachtet ab eine Art der Bewegung. Uebersetxt von
H. He Im hol tz und G. Wiedemann. 3. Au£. Braunschweig 1875. S.
457 f. 466.
*) A. Y. Humboldt in Poggendorff*s Annalen, Bd. XI (1S27), S. 7 £
«) Quer durch Afrika. Leipzig 1874. Bd. 1, S. 72.
«) 1. c Bd. 1, S. 147.
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 161
— 11,6® C. und erreichte 19,4® um 4 Uhr Nachmittags; es ging also
durch einen Zwischenraum von 31 ® C. ^).
Der Grad der Ausstrahlung hängt aber nicht bloss von dem Zu-
stande der Luft, sondern auch von der Beschaffenheit des Bodens ab.
Im allgemeinen darf es als Gesetz ausgesprochen werden, dass Körper
mit glatten, spiegelnden Flächen, auf denen die Wärmestrahlen stark
reflectirt werden, am wenigsten Wärme ausstrahlen, diese also am
längsten bewahren, während Körper mit rauher Oberfläche ein relativ
grosses Ausstrahlungsvermögen besitzen, und zwar erkalten unter ihnen
wiederum diejenigen am meisten, welche die schlechtesten Wärmeleiter
sind. Zugleich sind die ersteren dieselben Körper, welche die Wärme
am schwersten, letztere aber die, welche sie am leichtesten aufiiehmen.
Ein mit Pflanzen bedeckter Boden ist im allgemeinen kühler, weil
die Sonnenstrahlen ihn nicht direct treffen und die Pflanzen, indem sie
Wasser verdunsten, eine Menge Wärme binden. Ausserdem strahlen
sie vergleichsweise viel Wärme zurück, und so kommt es, dass die
Temperatur des Grases oft 7 bis 9® C. niedriger ist als die der Luft.
Aehnlich verhält sich auch eine Schneefläche. Ihre Temperatur sinkt
bei uns oft 4 bis 5® C, in den Polargegenden (nach Scoresby's
und Parrot's Beobachtungen) sogar 9® C. unter die Lufttemperatur
herab. Diese Erkenntnisse helfen auch die Thatsache erklären, dass
in Bengalen, wo die Natur sonst niemals Eis bildet, doch eine Her-
stellung desselben ohne Anwendung von Kältemischungen oder Eis-
maschinen sehr leicht möglich ist. Es werden nämlich flache Ver-
tieftmgen ausgegraben und in ihnen auf dem mit Stroh belegten Bo-
den flache, mit Wasser geflillte Schüsseln dem klaren Himmel aus-
gesetzt. Das Wasser strahlt seine Wärme aus, während das Stroh als
schlechter Wärmeleiter die Wärmezuftihr vom Boden hindert. So findet
bis Sonnenaufgang eine stete Erkaltung statt, welche das Wasser in
Eis verwandelt Da bei starkem Luftzug ein derartiger Versuch nie-
mals gelingt, so ist es klar, dass hierbei der Verdunstungskälte kein
wesentlicher Einfluss zugeschrieben werden darf.
Das Vermögen, Wärme auszustrahlen, besitzt das Wasser in un-
gleich geringerem Grade als das feste Land, weshalb auch die Tem-
peraturschwankungen an der Meeresoberfläche (vgl. S. 33 f.) viel un-
bedeutender sind als auf dem festländischen Boden, zumal noch ver-
schiedene andere Factoren, wie die ansehnliche Beflexion der Sonnen-
strahlen am Meeresspiegel, die hohe specifische Wärme des Wassers
und die Entstehung von Dämpfen über der Wasserfläche in gleichem
' Sinne wirken (S. 158). Das Vorkommen von Wasser an der Erd-
») J. Tyndall, 1. c. S. 470 £
Pescliel-Leipoldt, PliyB. Erdkunde. II. 11
162 Dritter TheiL Die Wasser- und LaftfaUlle der Erde.
Oberfläche hat demnach stets eine Schwächung aller Wärmeverände-
rangen an dem betrefienden Orte zur Folge.
Aach die Luft strahlt Wärme aus, doch in weit geringerem Masse
als Land und Meer.
F. Die Abnahme der Lufttemperatur mit der Höhe.
Ballon&hrten, sowie Besteigungen hoher Berge haben schon längst
zu der Erkenntniss gefuhrt, dass die Lufttemperatur um so tiefer her-
absinkt, je höher man sieh über das Niveau des Meeres erhebt Man
hat sich diese Thatsache in folgender Weise zu erklären: Die Luft
absorbirt nur einen Theil der Wärmestrahlen, welche die Sonne der
Erde zusendet; vielmehr empfangt die Luft den Haupttheil ihrer Wärme
von dem Boden, welcher die durch die Sonne ihm zugestrahlte Wärme
wieder zurückgiebt Wollte man sich den Uebergang der Temperatur
aus den unteren, wärmeren Schichten nach den oberen, kälteren nur
durch Leitung vermittelt denken, so würde man zu dem Resultate ge-
langen, dass die Dichte und Temperatur der Luft immer einander ent-
sprechen, dass somit die Temperatur ebenso wie der Luftdruck nach
oben in einer geometrischen Reihe abnimmt
Jene Voraussetzung ist jedoch insofern nicht zutreffend, als die
Verbreitung der Wärme nach oben auf einem anderen ^^'^e in viel
wirksamerer Weise sich vollzieht als durch Leitung: nämlich durch
Luftströmungen. Wird die Luft im wesentlichen von unten her er-
wärmt, so erhalten auch die den Boden berührenden Luftschichten die
reichsten Wärmemengen und werden somit am meisten ausgedehnt
Hur specifisches Gewicht verringert sich; sie steigen empor und tragrai
zugleich die Wärme nach oben, welche ihnen am Boden mitgetheilt
wurde. Dennoch wird die Temperatur der oberen Luftschichten hier^
durch nicht namhaft erhöht. In diesen Regionen tritt nämlich eine
ansehnliche Druckverminderung ein, weshalb gleichzeitig dne Volumen-
vefgrössemng der onpoigedrungenen Luftmasse stattfindet Eine der-
artige Arbeitsldstung aber ist von einer Wärmebindung, also von dnem
Verlust fireier Wärme b^leitet Somit sinkt die Temperatur; die höhe-
ren Luftschichten müssen demnach kälter sein.
Schon seit längerer Zeit bedient man sich der Ballonfahrten, um
Temperaturbeobachtungen in verschiedenen Höhen anzustellen. Beson-
ders ergebnissreich waren die von Gay-Lussac*) im Jahre 1804,
die von Barral und Bixio*) im Jahre 1850 in Frankreich, sowie
M Gilbert*8 Annaleu, Bd. XX (lSo5), S. 1*J— 37.
*) Comptes rendus. Tome XXXI (1850). p. 5 sq.
Vn. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 163
die im Jahre 1852 unter der Leitung Welsh's^) in England unter-
nommenen Luftreisen. Die zahlreichsten derselben wurden in neuerer
Zeit von Glaisher ausgeführt^). Am 5. September 1862 gelangte
Glaisher sogar bis zu einer Höhe von 11 000 Metern, also in Re-
gionen, welche bisher noch nicht wieder erreicht worden sind und selbst
die höchsten Gipfel der Erde weit hinter sich lassen. Es wurden hier-
bei in den nachstehend verzeichneten Zeiten und Meereshöhen folgende
Temperaturen abgelesen:
Höhe.
Wolverhampton
1()09 Meter (Höhe der Schneekoppe)
32 IS „ (Maladettahöhe)
48ii0 „ (Montblanchöhe)
6137 „ (Chimborazohöhe)
bUOO „ (Dhaulagirihöhe)
II 000 „
Die lelztgenannte Temperatur wurde nicht in dieser Höhe selbst
beobachtet, da die Aufsteigenden hier wegen der Wirkungen der ver-
dünnten Luft und der grossen Kälte den Stand der Quecksilbersäule
nicht mehr mit Sicherheit zu ermitteln vermochten ; es ist dies vielmehr
die Temperatur, welche das mit empor getragene Minimumthermometer
anzeigte.
Durch die vier wichtigsten Luftfahrten im Jahre 1862 erhielt
Glaisher folgende Tafel über die Wärmeabnahme der Atmosphäre
in freier Luft:
Zeit.
Mittags 1 U
1 U. 10 Min.
1 « 21 „
1 - 28 ,,
39 «
1 r
1 .
49
l'cmperatur.
15"
C.
5°
C.
-1°
C.
— 7°
C.
— 13"
C.
— 19"
C.
— 24,4
" c.
1
1
Wärm e in
"C.
« Höhe über der See
17. Juli.
19. Aug.
21. Aug.
5. Sept.
Mittel.
0 engl. Fu8s( 0 Meter)
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20,9
16,7
16,8
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-3,6
20 000 „ „ (6096 „ )
0,6
-8,4
—11,9
-4,9
25 000 „ „ (7620 „ )
: -8,9
-4,5
—17,8
—10,4
30 000 „ „ (9144 ^ )
1
—20,7
Abnahme der Wärme bei
25 000 Fu88 (7620 Meter) Er-
1 1
hebung
25,1 ,
1
25,4
34,6
28,1
*) Philosophical Transactions of the R. Soc. of London. Vol. CXLIII
(1853), p. 311-346.
^) Glaisher^s Berichte sind niedergelegt in verschiedenen Bänden der
Report« of the meetings of the British Association for the advancement of science.
11*
164 Dritter Theil. Die Wasser- and Loffchalle der Erde.
Diese Uebersicht lässt zwar eine allgemeine Wärmeabnahme nach
oben klar erkennen; andrerseitB weist sie jedoch so viele Anomalien
auf, dass es unmöglich* ist, ein Gesetz aus den obigen 2jiffem abzuleiten.
So bemerkt man, dass der Luftschifier am 17. Juli bei 10 000 engl.
Fuss schon eine Temperatur von — 2,2^ C. fand, dass aber, je hoher
er sich eiiiob, die Wftrme wieder wuchs und dass sie selbst bei 20 000
engl. Fuss noch nicht auf den Nullpunkt gesunken war. Aber auch
die in der letzten Columne angeführten Mittelwerthe können uns wenig
befiriedigen. Als Mittel sänmitlicher Beobachtungen ergab sidi inner-
halb der ersten Stufe von 5000 Fuss eine Abnahme von 11,5^ C,
innerhalb der zweiten (5000 bis 10 000 Fuss Höhe) von 5,7« C,
innerhalb der dritten (10 000 bis 15 000 Fuss) von 4,1 ^ C. Bis hier-
her tritt eine gewisse (resetzmässigkeit deutlich hervor. Allein inner-
halb der vierten Stufe (von 15 000 bis 20 000 Fuss Höhe) beträgt der
Rückgang der Temperatur nur 1,3 « C. und innerhalb der nächsten (20 000
bis 25 000 Fuss Höhe) wieder 5,5 ® C. Hier vermissen wir völlig eine
strenge Regel, nach welcher sich die Temperatur aufveärts vermindert.
Nicht bloss ist der Grad der Abnahme zu verschiedenen Zeiten und
in verschiedener Höhe dem manigfachsten Wechsel unterworfen, son-
dern man beg^net auch dann und wann auf weiten Strecken über-
haupt keiner Temperaturabnahme nach oben. Der Ballon durch-
schneidet offenbar bisweilen zuerst untere kalte, dann höhere warme
Luftschichten, die auf den kalten ruhen oder vielmehr über sie hinw^-
fliessen.
Eine grössere Gesetzmässigkeit der Wärmeabnahme zeigte sich
innerhalb der untersten 5000 engl. Fuss (1524 Meter). Auf acht Luft-
fEihrten fiel das Thermometer innerhalb dieser senkrechten Erhebung
durchschnittlich um 11,8 <> C. (also* auf 424 engl Fuss oder 129 Meter
um 1® C), und zwar war das Maximum der Abnahme (12,8^ C.)
vom Minimum (10,4" C.) nicht sehr weit entfernt Innerhalb jener
5000 engl. Fuss ergab sich von 1000 zu 1000 en^ Fuss ab Mittd
aus acht Beobachtungen folgende Wärmeabnahme:
bei 1000 engl. Foss ( 305 Meter) Höhe Yon 3,06 <" C.
„ 2000 , , ( 610 „ ) , . 2,89« C.
„ 3000 , „ (914 „ ) , • . 2,28* C.
„ 4000 „ , (1219 , ) „ n 133 • C.
„ 5000 „ , (1524 , ) , n 1,78» C.
Samma der Wärmeabnahme : 11,84" C
Auch hier ist es zu verwundem, dass die Wärmeabnahme im un-
teren und oberen Theile der 8cala viel langsamer vorwärts schreitet
als in der Mitte derselben.
Von besonderem Interesse sind die Temperaturmessungen, welche
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 165
Olaisher vom 25. Mai bis 28. Juli 1869 anstellte^). Mit Hilfe eines
grossen Ballon, der durch ein Seil in beliebigen Höhen festgehalten
werden konnte (ballon captive), untersuchte er von 100 zu 100 engl.
Fuss (30,5 Meter) die Temperatur der Luft bis zu 1000 oder 1700
engl. Fufls (305 oder 518 Meter) Seehöhe. Bemerkenswerth waren
hierbei die unterschiede der Wärmeabnahme bei klarem und bei trü-
bem Wetter. So betrug dieselbe auf 100 engl. Fuss (30,5 Meter):
bei klarem bei bewölktem
Himmel Himmel
von 0 bis 100 engl. Fuss (30,5 Meter) Höhe 0,55'' C. 0,48° C.
von 100 bis 500 engl. Fuss (30,5 bis 152,4
Meter) Höhe 0,33 ° C. 0,32 ° C.
von 500 bis 1000 engl. Fuss (152,4 bis 304,8
Meter) Höhe 0,25 bis 0,19» C. 0,25" C.
In der Höhe von über 500 engl. Fuss verminderte sich die Wärme
nahezu gleichmässig bei heiterem wie bei bewölktem Himmel und zwar
im Mittel 0,24 ^ C. auf 100 engl. Fuss, also 0,79 ^ C. auf 100 Meter;
dagegen zeigt^i die unteren Schichten bei reiner Luft eine ansehn-
lichere Temperaturabnahme als bei dampferfüllter Atmosphäre.
Nicht ohne Wichtigkeit ist es hierbei, namentlich wenn der Him-
mel klar ist, in welcher Tageszeit die Beobachtungen ausgeführt wer-
den. Schon bei seiner ersten nächtlichen Ballonfahrt am 2. October
1865 &nd G^laisher zu seinem grössten Erstaunen, dass die Tem-
peratur bis zu beträchtlicher Höhe beständig wuchs. Bei der Ab-
ührt (6 Uhr 20 Minuten) herrschte in Woolwich eine Temperatur
von 56" F. (13,3 0 C); in einer Höhe von 1100 engl. Fuss (335 Me-
ter) las man eine Temperatur von etwas über 58" F. (14,4 ^ C), in
^er Höhe von 2000 engl. Fuss (610 Meter) eine solche von 60 ^ F.
(15,6 0 C.) ab. Beim Herabsteigen sank die Temperatur und fiel in
600 engl. Fuss (183 Meter) Höhe bis 57 » F. (13,9 <> C); zwei- oder
dreimal erhob und senkte sich der Ballon 500 bis 600 engl. Fuss '
(152 bis 183 Meter), und jedesmal war das Resultat ein gleiches.
Durch Glaisher's Luftreisen im Mai, Juni und Juli 1869 wur-
den neue Belege zu der eben' erwähnten Thatsache gewonnen. Zwi-
schen 10 und 11 Uhr Vormittags bemerkte man durchschnittlich die
rascheste Temperaturabnahme nach oben, nämlich 0,41 " C. flir je 100
engl. Fuss (30,5 Meter); g^en 7 Uhr Abends verminderte sich die-
selbe für die nämUche Höhenstufe auf 0,17^ C. und schlug sogar bis-
weilen in Wärmezunahme um. Es erklärt sich dies aus der ansehn-
lichen Wärmeausstrahlung des Bodens am Abend und der damit zu>
^) Report of the thirty - ninth uieeting of the British Association , Au-
gust 1869.
166 Dritter Theil. Die Wasser- and Lufthülle der Erde.
8ainmeiihängenden Äbkühlang der umnittelbar über den Boden aos-
gebreiteten Loftscfaichten.
Femer stimmen die Besoltate, zu denen man im Herbst , Winter
nnd Frühling gelangte, durdiaus nicht mit den im Sommer ermittdten
überein. Im wesentlichen ist dies darin begründet, dass die Loftwärme
grOsstendieils von dem erwärmten Erdboden her stammt. Im Winter,
wo diese Wärmequelle ihre Bedeutung verliert und zugldch die Luft
rdatiT feucht ist, nimmt die Temperatur nach oben langsamer ab 'als
im Sommer, wo die unteren Luftschichten während des Tages durch
die stark erhitzte Erdoberfläche intensiv erwärmt werden. Noch ist
hinzuzufügen^ dass im Winter die Wolkenr^on dne geringere Höhe
hat als im Sommer; daher emp&ngen im Winter tiefer li^;ende Luft-
schichten die Wärme, wdche durch Condensation der in der Luft
schwebenden Wasserdämpfe fird wird, und auch dieser Umstand trägt
zu der winterlichen Verzögerung der Temperaturabnahme nach ob^i beL
Vielfach sind die in den höheren Lufbegionen gefundenen Tem-
peraturabweichungen eine Wirkung eigenthümlicher Windv^hältnisse,
wie wir am klarsten aus folgenden Beobachtungen Glaisher's er-
kennen. Während seiner Ballonfahrt vom 12. Januar 1864 traf Glai-
sher ganz unerwarteter Weise einen aus Südwest kommenden Strom
warmer Luft von &st 2000 engl. Fuss (c 600 Meter) Mächtigkdt
Er war offenbar die Ursache, dass sich die Temperatur nach oben hin
mehr und mehr steigerte. Diese auffidlende Erwärmung hielt jedoch
nicht bis zum Ende der flxcursion an. Von 1300 Meter fjrhebung
an nahm die Temperatur ganz regehnässig ab und sank in einer Höhe
von 4000 Metern bis zu —12^ C. Am 6. April 1864 b^egnete
Glaisher sogar mehreren in grösserer Entfernung über einander
hinfliessenden warmen Luftströmen. In der untersten Luftschicht herrschte
damals in einer Mächtigkeit von 100 Metern eine ganz gleichmässige
Temperatur von 7 bis 8® C. Von hier ab wurde die Wärme ganz
allmählich geringer; denn erst in 1300 Meter Höhe zeigte das Ther-
mometer die Temperatur des Gefrierpunktes. Weiter aufwärts gelangte
man in einen warmen Luftstrom, und die Temperatur stieg bis zur
Höhe von 2300 Metern, wo man 4,5^ C. ermittelte (dieselbe Tempe-
ratur wie in 450 Meter Höhe). Nun verminderte sich die W^ärme bis
auf 0 ^ C. in 2450 Meter Höhe und wuchs dann wieder langsam bis
zu 3^ C. in 3350 Meter Höhe, d. h. bis zu einer Temperatur, welche
man in 2600, 2000 und 900 Meter Höhe eben&lls gehabt hatte.
Aus Glaisher's Luftfahrten eigiebt sich, dass die Temperatur-
abnähme in freier Luft durchaus keine regelmässige ist; ein Gesetz der
Wfirmeabnahme nach oben lässt sich aus den vorliegenden Ablesungen
nicht ableiten. Innerhalb der unteren Luftschichten dürfte die Wärme-
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 167
abnähme im Mittel fiir etwa 100 Meter Erhebung 1 ^ C. betragen.
Diese aörothermische Stufe wird sich verkleinem oder vergrössem, je
nachdem die Beobachtungen bei Tage oder gegen Abend, bei heiterem
oder bedecktem Himmel, während der warmen oder kalten Jahreszeit
vorgenommen werden. Ausserdem greifen Luftströmungen oft sehr
störend in diese Verhältnisse ein. Leider stehen die durch Luftreisen
geftmdenen Resultate in Bezug auf Zeit und Baum zu vereinzelt da,
als dass sie Anspruch auf allgemeine Giltigkeit erheben könnten.
In wesentlich anderer Weise, nämlich viel langsamer als in freier
Luft erfolgt die Temperaturabnahme an den Abhängen der Ge-
birge. Im Grossen und Ganzen stimmen hier die Mitteltemperaturen
der Luft mit denen an der Bodenoberfläche überein; meist sind die
letzteren etwas höher als die ersteren, selten ein wenig niedriger. Dem-
nach dürfte auch die Abnahme ftir beiderlei Temperaturen annähernd
dieselbe sein. Um einen Vergleich zwischen beiden zu ermöglichen,
machen wir zunächst einige Angaben über die Veränderuugen der
Bodentemperatur an den Gehängen der Gebirge.
Nach Bischofs Berechnung^), welche sich auf die zahlreichen
Temperaturmessungen Boussingault's stützt, sinkt die Temperatur
in den Anden um 1 ^ C.
zwischen 0 u. 747 Met. ( 2300 Par. Fuss) Meereshöhe auf 181,4 Met. Erhebung,
747 „ 1722 „ ( 5300 „ „ ) „ „ 174,4 „
„ 1722 „ 2631 „ ( 8100 . „ ) „ „ 171,5 „
„ 2631 „ 5457 „ (16800 „ „ ) „ „ 176,5 „
im allgemeinen auf 175,9 „ „
Hiervon weichen auch diejenigen Resultate nicht sehr ab, zu
welchen Reich*) im Erzgebirge, Bischof^) auf der Löwenburg im
Siebengebirge imd A. v. Schlagintweit**) in den Alpen gelangt
sind. Eine Temperatursenkung von 1 ^ C. forderte im Mittel ein Em-
porsteigen von
193.4 Meter im Erzgebirge,
187.5 „ ., Siebengebirge,
165,7 „ „in den Alpen.
^) Gustav BiBchof, Die Wärmelehre des Innern unseres Erdkörpers.
Leipzig 1837. S. 208.
^) Beobachtungen über die Temperatur des Gesteins in verschiedenen
Tiefen in den Gruben des sächsischen Erzgebirges in den Jahren 1830 bis
1832. Freiberg 1834. S. 113 ff.
») 1. c. S. 216.
«) Poggendorffs Annalen, Ergänzungsband IV (1854), S. 576 — 601.
Der von A. v. Schlagintweit gefundene Mittelwerth bezieht sich nur auf
die Monate August und September.
168 Dritter Theü Die Wasser - und LufthüUe der Erde.
Obwohl in den angefiihrten Fällen die Beobachtungsorte einander
weit entrückt waren, zeigte sich doch ziemlich gleichmässig bei einer
Erhebung von c. 170 bis 190 Metern eine Erniedrigung der Boden-
temperatur von 1 ^ C. Im Sommer nahm übrigens die Wärme nach
oben rascher ab als im Winter.
lieber den Einfluss der Höhe auf die Lufttemperatur, wel-
cher sich in Gebirgsgegenden am deutlichsten äussert, hat bereits H. B.
de Saussure ^) soi^<ige Untersuchungen angestellt Aus seinen
zweÜBtündlichen Auizeichnungen während seines 16tägigen Aufenthalts
auf dem Col du Geant (vom 3. bis 19. Juli 1788), die er mit den
gleichzeitigen Ablesungen zu Chamounix und Genf verglich^ ging her-
vor, dass zu dieser Zeit die aerothemüsche Stufe flir 1 ® C. zwischen
dem Col du Gr^nt und Chamounix eine Höhe von 157,0 Metern, zwi-
schen Chamounix und Genf eine solche von 168,7 Metern hatte.
Eine Reihe von werthvoUen Temperaturbestimmungen auf den
Ketten der Anden und auf dem mexicanischen Hochlande verdanken
wir A. V. Humboldt Sie sind besonders deshalb werthvoU, weil sie
sich zum Theil auf jahrelang fortgesetzte Messungen gründen. Die
Hauptresultate derselben sind folgende^):
Höhe über de Mittlere Temperatur Erhebung in Met. für 1 " C
in "C. Temperatarabnahme
Meeresfl&che. : ~ r~ . ,-. .
lin denAnden.) in Mexico. indenAnden. in Mexico.
0 Meter ( 0 Toisen
975 ^ ( 500 „
1949 ,. (1000 „
2924 r (1500 „
3898 r, (2000 ,.
4873 ^ (2500 ^
27,5 26,0
21,8 19,8 171 157
18,0 18,0 256 541
14^ , 14,0 264 244
7,0 7,5 134 150
1,5 1.0 177 150
In der Region zwischen 1000 und 3000 Metern ist hier offenbar
die Temperaturabnahme eine stark verzögerte. Wahrscheinlich ist die
Ursache hiervon die vermehrte Wolkenbildung in den mittleren Höhen,
da die durch Condensation finei werdende Wärme, wie bereits auf
S. 166 erwähnt wurde, einer raschen Temperaturvermindenmg nach
oben entg^enwirkt Von besonderem Interesse ist hierbei, dass in
dieser Region die Temperator des Bodens weit gleichfbrmiger sinkt
als die der Luft (vgl. S. 167).
^) Voyages dans les Alpes. Neuchatel 1787—1796. § 2050—2052.
-')A. T. Hamboldt, Kleinere Schriften. Stattgart und Tübingen 1853.
Bd. I, S. 296. — CentralaBien. Uebenetst von W. Mahlmann. Berlin 1844.
Bd. n, S. 139 f.
VIL Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 169
Vermissen wir auch in den obigen Tabellen jegliche Regelmässig-
keit der Temperaturabnahme nach oben, so harmoniren doch die Mittel-
werthe der aerothermischen Höhenstufen recht befriedigend mit ein-
ander; denn diese Stufen sind nach den angefiihrten Temperaturreihen
in den Anden gleich 187 Metern und auf dem mexicanischen Hoch-
landegleich 195 Metern. In Innerasien scheint die Temperaturabnahme
weit langsamer zu erfolgen als in den genannten Gebieten der Neuen
Welt; denn nach Hermann v. Schlagintweit beträgt sie in den
weniger feuchten Theilen des Himalaya^) 1^ C. erst auf 720 engl.
Fuss (219 Meter), in Tibet auf 693 engl. Fuss (211 Meter), im Kün-
lün auf 684 engl Fuss (208 Meter) und in Hochasien im allgemeinen
auf 702 engl. Fuss (214 Meter) ^).
Am besten bekannt in Folge Anl^ung zahlreicher Beobachtungs-
stationen sind die Höhentemperaturen der Alpen. Die Wärmeabnahme
in den höheren Regionen unseres centraleuropäischen Hochgebirges
wurde zum ersten Male eingehend untersucht von Hermann und
Adolf V. Schlagintweit Wir entlehnen aus den von ihnen ent-
worfenen Tabellen nachstehende Angaben^):
•
o
Ebene am Nord-
rande u.kleinere
Erhebungen.
Centralalpen.
Gruppe des
Montblanc.
Ebene am Süd-
rande u.kleinere
Erhebungen.
•
e
a
- g
•9 g
S:i§
Ui
11 1
•sg
SS
1
B
12
130
247
12
9
487
552
734
201
942
232
9
6
1056
190
1121
190
1286
184
1527
195
6
3
1536
160
1614
164
1813
176
3
0
1982
149
2079
155
2339
175
0
-3
2449
156
2524
148
2842
168
—3
-6
2943
165
2989
155
3326
161
—6
-9
3476
162
3804
159
—9
—12
3976
167
4288
161
-12
—15
4775
162
15
>) Hermann v. Schlagintweit, Reisen in Indien und Hochasien.
Jena 1871. Bd. II, S. 292. ^
*) Hermann v. Schlagintweit im Aosland 1865, S. 1021.
") Hermann und Adolf Schlagintweit, Untersuchungen über die
physikalische Geographie der Alpen. Leipzig 1850. S. 345.
170 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Die Abnahme der Temperatur ist in allen vier FäUen am Fasse
des Gebirges am geringsten; ihren Maximalwerth erreidit sie am Nord-
rande in 2000, in den Centralalpen in 2500, am Montblanc in 3500
Metor Meereshöhe, worauf weiter aufwärts wieder eine Verzögerung
eintritt Wir b^egnen hier also durchaus anderen Vertiältnissen als
im Gebiet der Anden. Im Durchschnitt konmit nach den obigen Zif-
fern eine Temperaturabnahme von 1 ® C. auf eine verticale Erhebung
von 171 Metern: ein Werth, der mit den Besultaten der neuesten
Messungen nahezu libereinstimmt
Von dem neueren Material sind die auf dem St • Theodulpasse
(Matterjoch) gemachten Au&eichnungen von besonderer Wichtigkeit,
da sie dem höchsten europäischen Orte angehören, von dem wir ein
ganzes Jahr hindurch fortgesetzte Beobachtungen haben. Jener Pass
hat eine Höhe von 3340 Metern und eine mittlere jährliche Luftwärme
von — 6,6^ C. Die zahlreichen meteorologischen Daten von dem-
sdben brachte man, um die Orösse der Temperaturabnahme in der
Höhe zu ermitteln, mit dem grossen Beobachtungsnetze der Schweiz
in Verbindung, und das Ergebniss der nach verschiedenen Methoden
durchgeführten Rechnungen lautet: In den Alpen sinkt — und zwar
annähernd gleichmässig in allen uns erreichbaren Höhenschichten —
die Jahreswärme auf je 100 Meter Erhebung um 0,56^ C, also auf
je 178,6 Meter um 1 ® C. *) (nach Weilenmann auf 100 Meter
0,577« C, also auf 173,3 Meter 1 <> C. Vgl Bd. I, S. 194, Nota 2).
Hierbei zdgte sich, dass die Wärmeabnahme eine starke jährliche Pe-
riode hat. Sie ist am geringsten im December und Januar, wo sie
nur 0,37 ® C. fiir je 100 Meter fjrhebung beträgt, am raschesten im
Juni, wo bei einem gleichen Emporsteigen die Temperatur um 0,68 ® C.
fällt Nach W e i 1 e n m a n n ist die Wärmeänderung für je 1 00 Meter Höhe
im Winter = 0,45 • C, im Sommer = 0,73 ^ C,
im Frühling = 0,67 « C, . im Herbst = 0,52« C.*).
Dieser Wechsel ist hauptsächlich darin begründet, dass die unteren
Schichten viel bedeutendere Schwankungen ihrer Temperatur aufweisen
als die oberen; somit veiprössem sich die Temperaturdifferenzen zwi-
schen dem unteren und oberen Ende einer Lufbäule im Sommer und
werden auf ein Minimum reducirt im Winter, d. h. im Sommer ist die
Temperaturabnahme eine beschleunigte, im Winter eine verzögerte.
Der letetgenannte Punkt leitet uns auf einen früher ganz über-
sehenen Gegensatz, welcher zwischen dem polaren Klima und dem
alpinen Höhenklima trotz ihrer sonstigen Aehnlichkeit besteht: der
') J. Hann in Behm's GeographiBchem Jahrbuch. Bd. IV (1872), 8.
137 ff. nach Mat^aox poor T^tude des glacien. Tome VIIL Paris 1869.
')J. UanninBehm's Geographischem Jahrbach. Bd. Y (IS74X S. 10.
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 171
jährliche Wärmegang beider ist nämlich ein durchaus verschiedener.
Die mittlere Jahrestemperatur am St.-Theodulpass ( — 6,6 ® C) ist etwas
höher als die von Nowaja Semlja unter 73 V2® n. Br. (-7,8<> C),
und doch sank auf jenem Passe während des Winters 1865/66 die
Temperatur nie unter — 21,4® C. herab, während sie auf Nowaja
Semlja — 40 ® C. erreichte. Ebenso sind bisher auf dem St. Gotthard
und dem Grossen St. Bernhard keine tieferen Minima beobachtet wor-
den als — 30 ® C. Dafür aber ist die mittlere Sommerwärme auf diesen
Höhen viel niedriger; sie betrug auf dem St.-Theodulpa8s -|- 0,2® C,
während Nowaja Semlja eine solche von mehr als 4 ® C. besitzt. Ueber-
haupt ist bis jetzt noch nirgends ein kälterer Sommer angetroffen wor-
den als auf dem St-Theodulpass. In dein arktischen Nordamerika,
wo nächstdem die kältesten Sommer auf der Erdoberfläche vorkommen,
fand man im Northumberlandsund unter 76 " 9 ' n. Br. eine mittlere
JuUtemperatur von -|- 2,0 ® C. , auf dem St.-Theodulpass aber nur von
+ 1,0® C.i).
Ebenso hat von zwei benachbarten Orten, von denen der eine auf
der Höhe, der andere aber im Thale liegt, der erstere eine wesentlich
geringere AmpUtude der täglichen und jährUchen Temperaturschwan-
kungen als der letztere. So ändert sich die Lufttemperatur im Monat
JuU auf dem St. Bernhard im Mittel täglich um 6,2 ® C, zu Genf hin-
gegen um 9,2^ C. Ebenso weichen die Mitteltemperaturen des wärm-
sten und kältesten Monats auf dem St. Bernhard weniger von einander
ab als in Genf; denn sie sind im ersteren Falle gleich 15,68, im letz-
teren gleich 18,25® C. *). Darf bei dem Vergleich zwischen den Tem-
peraturen auf dem St-Theodulpass und auf Nowaja Semlja die un-
gleiche Bestrahlung (vgl. S. 141 ff.) zur Erklärung dieser Gegensätze
angerufen werden, so ist natürlich flir das letzte Beispiel eine solche
Erklärung unzulässig. Wir müssen hier vielmehr annehmen, dass aus-
gedehnte Hochebenen weit intensiver als isolirte Kämme und Gipfel
die Temperaturen der über ihnen sich ausbreitenden Luftschichten
beeinflussen, woraus sich unmittelbar jene eigenthtimliche Thatsache
rechtfertigt. Ohne Zweifel wird der Unterschied zwischen Sommy-
und Wintertemperatur nach oben hin immer kleiner; es muss daher
eine Höhengrenze vorhanden sein , wo die jährliche .Periode gänzlich
verschwindet oder sich wenigstens im wesentlichen auf die durch Luft-
strömungen herbeigeführten Temperaturwechsel beschränkt, und diese
Grenze würde nach J. Hann^) in Gebirgsgebieten von etwas über
1) J. Hann, 1. c. Bd. IV (1872), S. 137 f.
') Richard Kühlmann, Die barometrischen HöhenmesBongen und ihre
Bedeutung für die Physik der Atmosphäre. Leipzig 1870. S. 73. 76.
«) 1. c. Bd. IV (1872), S. ISy.
172 Dritter Theil. Die Wasser- and LufthüUe der Erde.
10000 Meter Höhe zu suchen sem, fidls es Gebirge vou solcher Höhe
gäbe, während m der frden Atmosphäre dieses Gleichmass der jähr-
lichen Wärme schon in geringeren Höhen erreicht werden dürfte.
Das Bdief des Bodens beeinflusst übrigens auch noch in anderer
Hinsicht die Temperaturverhältnisse der Höhen. Bei den Forschungen
in der Schweiz erkannte man nämlich ganz deutlich, dass die Tem-
peratur sehr langsam auf mehr plateauartigen Gebirgsgliedem sinkt,
langsam an den Abhängen grösserer GebirgsmassiTe, rascher jedoch
an denen freier Berggipfel. Zu alledem stimmt die Thatsache, dass
bei annähernd senkrechtem Elmporsteigen im Ballon die Temperatur-
▼erminderung noch schneller erfolgt
Besonders wichtig erscheint uns noch der Hinweis darauf, dass
wir eigentlich durchaus nicht berechtigt sind, die in verschied^ien Höhen
unserer Gebii^ beobachteten Temperatm^en als Temperaturen einer
Luftsäule zu betrachten, welche sich von der untersten Station senk-
recht bis zur Höhe der obersten erhebt; ebenso wenig ist es statthaft,
das arithmetische Mittel der an den Endstationen abgelesenen Tem-
peraturen als mittlere Temperatur jener Luftsäule anzusehen. Weiss
man die durch ein genaues Nivellement festgestellte Höhendi£Ra«nz,
sowie die Barometerstände zweier Orte, so lässt sich mit EQlfe der
barometrischffli Höhenformel aus den genannten Grössen (wir vernach-
lässigen dabei die unwesentlichen Correctionen ftir Luftfeuchtigkeit und
Veränderlichkeit der Schwere) die wahre mittlere Tempa:«tur der Luft-
säule zwischen den beiden Stationen ableiten. Diese Bedingungen sind
ftir den St Bernhard und Genf erftillt, und Bühlmann hat nun aus
ihnen durch Berechnung nachgewiesen, dass die Thermometer nicht
jene wahre mittlere Lufttemperatur anzdgen '). So ist z. B. die be-
rechnete wahre Lufttemperatur um 2 Uhr Nachmittags im Juli zwi-
schen Grenf und dem St Bernhard 12,0 <> C, die beobachtete 16,0^ C;
hingegen ist um 4 Uhr Morgens die berechnete Lufttemperatur 10,3 ^ C,
die beobachtete nur 8,8*^ C. Auch erlangt die mittlere wahre Luft-
wärme ihren höchsten Werth (12,6^ C.) erst imi 6 Uhr Abends und
ihkn kleinsten Werth (10,1 <> C.) um 6 Uhr Morgens. Der Abstand
der täglichen fktreme beträgt im Juli ftir die wahre Lufttemperatur nur
2,5 ^ C, ftir die beobachtete hing^en 7,2 ® C. Dementsprechend ist auch
das Jahresmittel des wahren täglichen Temperaturwechsels (1,7 ^^ C.) viel
kleiner als das des beobachteten (5,5 ® C). Ebenso ist die Amplitude
der mittleren Monatstemperaturen sowohl nach den Aufiseichnungen in
^) Richard Kühlmann, 1. c. S. 71 ff.
Vn. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 173
Genf (18,25 ^ C), als auch auf dem St. Bernhard (1 5,68 » C.) grösser,
als sie in Wahrheit ist (13,69 <> C).
Aus alledem geht deutlich hervor, dass sich die gesammte Luft-
masse bei weitem nicht in dem Masse und nicht so schnell zu er-
wärmen vermag, wie dies die Thermometer für die unmittelbar über
dem Boden sich ausbreitenden Luftschichten angeben ; die oberen Luft-
massen nehmen also nur wenig und zögernd Theil an den täglichen,
sowie an den jährlichen Temperaturschwankungen. Diese Differenzen
zwischen beobachteten und wahren Lufttemperaturen, welche insbeson-
dere bei barometrischen Höhenmessimgen sorgfältig in Erwägung zu
ziehen sind, wenn nicht wesentliche Irrungen eintreten sollen, lehren
uns, dass die Temperatur an den Abhängen der Gebirge nicht in der-
selben Weise sinkt wie innerhalb einer correspondirenden , frei empor-
steigenden Luftsäule. Die Ursache d^er Erscheinung wurde bereits
frtlher dargelegt (vgl. S. 122).
Hat man an einem Orte oder in massiger Entfernung von dem-
selben durch Beobachtung festgestellt, wieviel man sich erheben muss,
um eine gewisse Temperaturverminderung zu bemerken, so lässt sich
leicht ermitteln, welche Temperatur ein Ort von bekannter Seehöhe
haben würde, wenn er im Niveau des Meeresspiegels läge. So ergiebt
sich z. B. aus den Au&eichnungen auf der meteorologischen Station
in Berlin eine mittlere Jahrestemperatur von 8,90® C. Da nun die
Temperaturabnahme in Deutschland auf c. 180 Meter ] ® C. beträgt
und jene Station eine Meereshöhe von 47 Metern hat, so würde die
47
auf das Meeresniveau reducirte Temperatur Berlin's = 8,9 + voa^*
oder 9,16 ® C. sein. Erst durch derartige Reductionen wird es uns
möglich zu beurtheilen, ob ein Ort bezüglich seiner Wärme im Ver-
gleich zu anderen höher oder tiefer gelegenen Nachbarorten begünstigt
ist oder nicht, sowie gewisse Gesetze über die Vertheilung der Wärme
abzuleiten. Die Untersuchung wird hierdurch einheitlich und über-
sichtlich gestaltet.
G. Isothermen, Isanomalen.
So lange man die mittleren Jahrestemperaturen zahlreicher Orte
in tabellarischer Form geordnet vor sich hat, ist es sehr schwer , sich
von den manigfach wechselnden Wärmeverhältnissen grösserer Länder-
räume ein deutliches Bild zu machen. Ausserordentlich anschaulich
hingegen treten uns die Unregelmässigkeiten der Erderwärmung vor
die Augen durch eine sinnreiche Erfindung A. v. Humboldt's (aus
dem Jahre 1817): durch die Isothermen, d. h. Linien, welche Orte
\T4: Dritter TheiL Die Wa38er- and Lufthülle der Erde.
gleicher mittlerer Jahreswärme mit einander verbinden ^ ), wobei das durch
Beobachtung eriangte Jahresmittel in d^ oben erwähnten Weise in ein
ideales verwandelt wird, indem man es auf das Meeresniveau zurückfährt
A. V. Humboldt selbst hat keine Isothermenkarte gezeichnet,
sondern gab nur die Anleitung dazu, nach welcher Heinrich Berg-
haus im Jahre 1838 für seinen „Physikalischen Adas" (Abth. I, Nr. 1 »
die erste Isothermenkarte entwarf. Warum A. v. Humboldt's Idee
erst so spät verwirklicht wurde, lässt sich sofort errathen. Zur An-
fertigung einer solchen Karte ist eine reiche Anzahl von Temperatur-
messungen erforderlich, die jedoch damals nur in sehr spärlichem Masse
vorhanden waren. Im Jahre 1817 wusste man die Mitteltemperaturen
von nur 56 Orten der Erde, 1844 schon von 422, im Jahre 1853 von
506 Punkten, und gegenwärtig, sdtdem man durch A. v. Humboldt
den Werth solcher Vergleiche kennen gelernt hat, spannt sich das
Netz der Stationen über alle 2^nen und dringt immer weiter in das
Innere auch der aussereuropäischen Elrdtheile ein-).
Von besonderem Interesse ist es nun, den Verlauf der Isothermen
zu verfolgen und aus ihrer Grestalt, aus der Bichtimg ihrer bald ge-
wölbten (convexen), bald hohlen (concaven) Scheitel das Gesetz der
Störungen zu ersehen und die störenden Ursachen zu enthüllen.
(Vgl. zu dem Folgenden Fig. 11)').
Zunächst zeigt sich hierbei, dass die Isothermen weder mit den
Breitengraden, noch unter einander streng parallel sind, woraus hervor-
geht, dass die Wärmeabnahme nach den Polen hin bald eine beschleu-
nigte, bald eine verzögerte ist Die Ausbuchtungen der Isothermen
g^en die Pole hin lassen die örtlichen Wärmeverfaältnisse als rdativ
günstige, diejenigen gegen den Aequator hin als ungünstige erscheinen.
Im allgemeinen ziehen die Isothermen in den Tropen dem Aequator nahezu
parallel, weichen aber in den höheren Breiten der nördlichen Halbkugel '
ansehnlich von dieser Richtung ab. Auch wird man sofort gewahr, dass
sie sich in den mittleren Breiten am meisten zusammenschaaren ; doch
hat dies nichts Ueberraschendes , da sich hier schon der Theorie nach
die Intensität der Sonnenstrahlung relativ scimell vermindert ( vgL
S. 142, Columne IH der Tabelle).
Ein mächtiger Gürtel zu bdden Seiten des Aequators hat ^e
mittlere Jahrestemperatur von melur als 25 ^ C. Er ist im Durchschnitt
MA. V. Humboldt, Kleinere Schriften. Stattgart 1S53. Bd.I, S. 206— 314
(zuerst erschienen in franzosischer Sprache im Jahre 1817 in den M^moires de
phjsique et de chimie de la Soci^t^ d'ArcneiL Tome 111. p. 462 — 6021
') 0. Peschel. Geschichte der Erdkunde. 2. Aufl. (herausgeg. tou
S. Rüge). München 1877. S. 755.
*) Die dem Werke beigegebenen Karten der Isothermen sind unter Her-
beiziehung eines reichen neueren Materials nach Doye entworfen worden.
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3
1 ^
I 2.
1 ^ SB
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§>
I
VII. Die Yertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche.
175
g^en 30 Grad breit; am meisten zusammengeschnürt ist er an den
Westküsten Afrika's (bis auf 12 Grad) und Amerika's (bis auf 20 Ghrad),
erreicht aber dafür über der östlichen Hälfte von Afrika und der west-
lichen des Indischen Oceans eine Breite von nahezu 50 Graden. Zu-
gleich weist er hier die höchsten Temperaturen auf; denn weite Räume
von Centralafrika besitzen, wie sonst kein Gebiet der Erde, eine Mittel-
temperatur von mehr als 30® C.
Betrachten wir die Isothermen der nördlichen Halbkugel näher, so
fWt vor allen Dingen auf, dass sie an den Westküsten von Europa
und Nordamerika weit gegen den Pol vordringen, dagegen auf ihrem
Wege nach den Ostküsten von Asien, resp. Nordamerika weit
nach Süden wieder herabsteigen. Die sanft gewölbten Scheitel der Iso-
thermen finden sich also auf den Westküsten der beiden continentalen
Massen und senken sich von hier aus nach Ost und nach West, und
zwar wird die Neigung der Isothermen gegen die Breitengrade um so
grösser, je weiter man sich von den Tropen entfernt Die folgenden,
von A. V. Humboldt zusammengestellten Temperaturen lassen dies
fiir den Atlantischen Ocean deutlich erkennen^).
Orte.
Breite.
Mittlere Jahres-
temperatur.
Unterschied der
mittler. Jahres-
temperatur.
Kairo 30» 2'
St. AugUBtin 29« 48'
22,3° C.
22,3» C.
0» C.
Lissabon
Washington
38« 43'
38« 54'
15,6« C.
12,3° C.
3,3» C.
Neapel
New-York
Bordeaux
HaUfaz
Paris
St. Johns
Götheborg
Nain (Labrador)
Küste von Skandinavien unter
Boothia Felix
40* 51'
40« 43'
15.3 » C.
10,9» C.
4,4» C.
44» 50'
44» 39'
12,8» C.
6,2 » C.
6,6» C.
48» 50'
47» 34'
10,8» C.
3,5» C.
7,3» C.
57 » 41 '
57» 10'
7,9» C.
3,6» C.
11,5» C.
70»
69» 59'
1» C.
15,7 » C.
16,7 » C.
^) De distributione geographica plantarum. Lutetiae Parisiorum 1817.
S. 68. — Centralasien. Uebersetzt von W. Mahlmann. Berlin 1844. Bd. II,
S. 124. 125. — Kleinere Schriften. Stuttgartund Tübingen 1S53 Bd. I. S. 235 ff.
178 Dritter Theil. Die Wasser- and Lufthülle der Erde.
oder den Pol zu berühren- \). Später wurde von den Franklin-Suchern,
insbesondere von Kane diese Ansicht bestätigt^). Demnach gehört der
Elältepol (sicher unter — 20^ C.) wahrscheinlich weder dem amerika-
nischen, noch dem asiatischen Continent an, sondern einem von Polar*
reisenden bisher noch nicht betretenen Gebiet nordwestlich der Melville-
Insel und ist dem Drehungspol der Erde wohl ziemlich weit entrückt.
Auf der südlichen Halbkugel weisen die Isothermen^ der ein-
förmigen Wasserbedeckung dieser Hemisphäre entsprechend, keine so
starken Krümmungen auf wie nördhch vom Aequator. Den grössten
Unr^ebnÄssigkeiten begegnen wir hier in den Tropen, also da, wo
grosse Ländermassen die weiten oceanißchen Flächen unterbrechen.
Besonders deutlich sind die Wirkungen der beiden kalten Meeres-
strömungen an den Westküsten von Afrika und Amerika zu erkennen,
welche beide, vor allem die letztere, wie mit kräftigem Stosse die Iso-
thermen nach dem Aequator zurückdrängen. Hier bilden dieselben
also, im ausgesprochenen Gegensätze zu dem Verlauf der Isothermen
auf der nördUchen Halbkugel, nach dem Pol hin nicht convexe, son-
dern concave Scheitel. Doch verschwindet diese Unregelmässigkeit iast
vollständig unter dem 40. Breitengrad, von wo an sie nahezu parallel
den Brdtengraden von Ost nach West über das vorwiegend oceanische
Gebiet ziehen. Bemerkenswerth ist noch, dass sich die Isothermen
gleich«* Wärmegrade auf der nördlichen Halbkugel weiter vom Aequa-
tor entfernen als auf der südlichen, wenigstens bis zum 40. Breiten-
grad, woraus man auf eine grössere Erwärmung der nördlichen Halb-
kugel geschlossen hat. Die Wahrheit dieser Annahme werden wir
weiter unten prüfen.
E^nen tieferen Einblick in die Wärmeverhältnisse der Erde gewinnt
man, wenn man in gleicher Weise wie ftür das Jahr im allgemeinen
auch för die einzelnen Monate Isothermenkarten entwirft. Auch dies
hat Dove zuerst gethan; seine zwölf Karten der Monatsisothermen
legte er bereits im Jahre 1848 der kgl. preussischen Akademie der
Wissenschaften vor^). Unter diesen Karten sind die itir den Januar
imd ftir den Juli am lehrreichsten, weil diese beiden Monate ftu* die
meisten Orte der Erde entweder die kältesten oder die wärmsten sind.
Während die Karte der Jahresisothermen einen Uebergangszustand zur
') Dove, Die Verbreitung der Wärme auf der Oberflache der Erde.
Berlin 1S52. S. 23.
•) Dove, Klimatologische Beiträge. Berlin 1S5T. Bd. I. S. 5-1.
') Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der
Kgl. preussischen Akademie der Wissenschafteu zu Berlin. November 1S4S.
S. 3S9 ff.
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VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 179
Darstellung bringt, werden uns durch die Januar- und Juliisothermen
die Extreme der jährlichen Erwärmung vorgeführt.
Die Isothermen des Januar (Fig. 12) zeigen uns zu beiden
Seiten des Aequators — und zwar zum grössten Theile südlich des-
selben — eine Zone von mehr ab 25 ® C. Wärme , innerhalb deren
im centralen Theile von Südafrika und von Australien die Temperatur
S()^ C. übersteigt; die beiden Maxima finden sich also über zwei süd-
hemisphärischen Festlandsgebieten. Während auf der südlichen Halb-
kugel, namentlich in höheren Breiten, die Isothermen wenig erhebliche
Störungen erleiden, beschreiben sie auf der nördlichen Halbkugel , ins-
besondere nördlich vom 40. Breitengrad, mächtig gewölbte Curven,
welche als halbkreisförmige Linien die beiden grossen nordhemisphä-
rischen Länderräume durchschneiden und zwar in der Art, dass die
Mittelpunkte dieser Halbkreise ungefähr in die Mitte der Nordufer
Asien's und Amerika's zu hegen kommen. Wenn sich sonst die Tem-
peratur polwärts, also auf der nördlichen Halbkugel von Süd nach
Nord zu vermindern pflegt, so geschieht dies hier im wesentlichen
von West nach Ost an den Westrändern, hingegen von Ost nach West
an den Osträndern der Continente. Dem entsprechend laufen die Iso-
thermen vielfach von Süd nach Nord, insbesondere in Mittel- und Nord-
europa und dem westlichen Theile von Sibirien, sowie östlich und nörd-
lich der Baffins-Bay, wobei sie in Europa sogar einen nach Ost hin
überhängenden Scheitel besitzen. So nimmt beispielsweise die Iso-
therme von 0^ C. ihren Weg durch die Zuider-See über Bergen nach
den Lofoten, und in gleichem Sinne bewegt sich weiter ostwärts eine
grössere Anzahl dieser Linien. Im nördlichen Skandinavien (Finmarken)
tritt sogar der eigenthümliche Fall ein, dass die Wärme nach Nord
hin wächst. Es sind zwei Räume strengster Kälte zu unterscheiden:
der eine von ihnen liegt bei Jakutsk in Sibirien zu beiden Seiten des
nördlichen Polarkreises, der andere nördUch der Berings- Strasse etwa
unter dem 80. Grad n. Br.; in beiden Gebieten sinkt die mittlere
Januartemperatur unter — 40^ C. herab. Eine Vereinigung dieser
beiden ^Kältepole^ erscheint deshalb nicht statthaft, weil für Ustjansk
(im nördlichen Sibirien, südöstlich von der Mündung der Lena) eine
höhere Mitteltemperatur gefunden worden ist als für Jakutsk. Im all-
gemeinen erkennt man, dass die Continente im Winter durch Aus-
strahlung die meiste Wärme verlieren, während die Meere eine hohe
Wärme bewahrende Kraft besitzen ; denn über den Continenten herrscht
durchgängig eine relativ strenge Kälte, während sich eine milde Luft
über den Meeren ausbreitet.
Durchaus anders ist das Bild der Juliisothermen (Fig. 13).
Der Gürtel, dessen Mitteltemperatur mehr als 25® C. beträgt, gehört
VI*
180 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
fast ganz der nördHchen Halbkugel an; sdne Nordgrenze ist in den
Osthälften der Oceane bis zum 20., in den Westfafilften derselben bis
zum 35. Grad n. 6r. vorgeschoben , erreicht jedoch über den Conti-
nenten selbst den 45. Grad. Auf diesen b^egnen wir daher auch den
Wärmemaxiniis, so in Centraiamerika (über 30^ C), wie in der Sahaia
nnd Arabien (über 35 ^ C). Mit der Zone grt^sster Erwärmung sdnd
natürlich sämmtliche Isothermen nach Norden gewandert Die der süd-
lichen Hemisphäre zeigen ausser dieser Verrückung kdne wesentliche
Aenderung. Sie erheben sich über den Continenten etwas weiter nach
Norden als über den Oceanen, was darauf hindeutet, dass die Land-
massen vergleichsweise kälter sind als die Meere. Uebrigens verschwin-
den auch diese sanfiien Ausbuchtungen an den Südspitzen der Conti-
nente fiist völlig. Die Isothermen der nördlichen Hemisphäre aber
nehmen durchw^ einen ganz anderen Verlauf als im Januar: sie
sind über den Continenten weit nach Nord hin ausgebogen, während
sie über den Meeren weit nach Süden zurückweichen. Daraus folgt
dass zu dieser Zeit das Land und somit auch die Luft über demsdben
höher erwärmt wird als das Meer. Ausserdem liegen im Juli die Iso-
thermen der nördlichen Halbkugel viel weiter aus einander als im Ja-
nuar; es vermindert sich also die Wärme nach Nord hin viel langsamer
als im Winter, und sie sinkt, soweit der Mensch bisher nach dem Nor-
den vorgedrungen ist, an keinem Orte der nördlichen Hemisphäre bis
zum Gefrierpunkt herab.
Mit Hilfe der Monatsisothermen hat Dove femer die durch-
schnittliche Temperajtur jedes Breitengrades festzustellen
gesucht ^). Auf den zwölf Karten der Monatsisothermen interpolirte er
graphisch von 10 zu 10^ Länge Wärmewerthe ftir die ParaJlelkreise
00, 10«, 20^ 80^ 40^ 50^ 60«, 65» und 70« der nöidUchen Halb-
kugel und berechnete dann die mittlere Jahrestemperatur jedes Punktes
aus den zwölf Monatsmitteln, um schliesslich aus den 36 gldchmässig
über jeden dieser Parallelkreise vertheilten Jahresmittehi die mitd^ie
Temperatur der genannten Breitengrade abzuleiten. Für den 80. Ghrad
imd den Pol wurde sie in anderer Weise geftmden. J!ß ergaben sich
hierbd fbr die einzelnen Breitengrade folgende Werthe:
(Siebe di« Tabelle snf der folgenden Seite.)
Diese TabeUe ist in mehr&cher Beziehung ausserordentlich lehr-
reich. Zunächst bestätigt sie eine schon oben ausgesprochene theore-
tische Forderung, nach welcher sich die mittleren Jahrestemperaturen
in der Nähe des 45. Breitengrades am schnellsten vermindern (vgl.
») H. W. Dove, Die Verbreitung der Wärme auf der Oberfläche der
Erde. Berlin 1S52. S. 13 ff.
VU. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 181
Breite.
Januar.
Nördliche Halbkugel:
Juli.
90«
80«
70 •
60«
50«
40«
30«
20«
10«
0«
Mittl. Jahres-
wärme.
Zunahme der
mittl. Jahres-
wärme.
82,5 « C.
29,1 « C.
24,4 « C.
15,8 « C.
~ 6,8 « C.
4,6 « C.
14,8 « a
21,1 « C.
25,1 « C.
26,4 « C.
Südl. Halbkugel:
Mittlere Jahres-
w&rme.
— 0,7 « C.
1,1 « C.
7,3 « C.
13,5 « C.
17,0 « C.
22,4 « C.
25,8 « C.
27,6 « C.
27,1 « C.
25,9 « C.
- 16,5 « C.
- 14,0 « C.
— 8,9 « C.
- 1,0 « C.
5,4 « C.
13,6 « C.
21,0 « C.
25,2 « C.
26,6 « C.
26,5 « C.
2,5 « C.
5.1 « C.
7,9 « C.
6,4 « C.
8.2 « C.
7,4 « C.
4,2 « C.
1,4 « C.
— 0.1 « C.
12,5 « C.
19,4 « C.
23,4 « C.
25,50 G.
26,5 « C.
S. 142). Auch erhalten wir aus dieser Tabelle einen scharfen ziffer-
mäasigen Ausdruck für die ebenfiJls bereits angedeutete Thatsache
(vgl. S. 180, sowie 142), dass Aequator und Pol im Winter viel
grössere Temperaturgegensätze zeigen als im Sommer. So beträgt die
Temperaturabnahme
im Januar. im Juli.
von 0 bis 70 0 Br. 50,8 <> C. 18,6^ C.
von 0 bis 90 0 ßr. 58,9 ^ C. 26,6« C.
Aus den von Dove entworfenen Tabellen ergiebt sich femer, dass
vom Nordpol bis zum 40. Grad n. Br. der Juli der wärmste Monat ist.
Unter dem 40. Breitengrad sind Juli- und Augustwärme einander
gleich; unter dem 30. übertriffit letztere die erstere, während unter dem
20. Breitengrad wieder Uebereinstimmung der Tem[)eratur in bi^i^Um
Monaten herrscht Hing^en ist der Januar in allen Breiten vom Pol
bis zum Aequator der kälteste Monat; nur unter d^^m li^tztgimannten
ParallelkreiB sinkt die Juli-, August*, Kr;ptember-, OctoU^r- un/1 lie-
cember-Temperatur ein wenig unter di«^ Januart'5m[M.Tatur \umi\h In
der Nähe des 10. Grades wird die Ternp^aturcurvo ilm JnUrm dt$r
Aeqoatorialform mit ituien beidim mhwiuiU \utrvt)rir*tU^niUm Müxiritf«
(im April und November; und Minimi« (Un Juli und lh^m$i\mr) m*hi'
ähnlich.
Da nach der obigen TaMU Am Yjtfm nVir\MU*,r \*WUWMmn nH^i
dem Aequator BUgeh^Mf mßtuUfm aiim^UiMt in dii? t^>r4lU'im M^nit
Sphäre gerfickt ist Gunter lO^riJ^, Mi d^f '\*mi\i*^9iUir Wf^'h um OJ ''<!,
höher als unter deui Aiequalor;, so durfte tfiM$$ ^rwiirUfhf thtm di^ unrfi
liehe Hemiq^iäre ussUnr fß^^i^m lir*iUm ^A^ft^ yNtkni^%ftu\n mt¥ifiAm
182 Dritter Theil. Die AVasser- und Lufthülle der Erde.
als die südliche, dass also die südliche Halbkugel ein geringeres Mass
freier Sonnenwärme besitze als die nördliche. In der That scheinen
Dove's Untersuchungen diese Anschauung zu bekräftigen; denn nach
Dove besteht folgender Unterschied der thermischen Jahresmittel für
gleiche Breiten der nördlichen und südlichen Halbkugel:
Breite. Nördliche Halb- Südliche Halb- Unterschied.
kugel. kugel.
0 » 26,5 " C. ' 26.5 " C. 0 ° C.
10 «» ' 26,6 «C. 25,5 "C. 1,1 •» C.
20° 25,2 »C. 23,4 •'C. 1,8» C.
30° 21,0° C. 19,4° C. 1,6 °C.
40° 13,6° C. ' 12,5 *C. 1,1 °C.
I
Da diese DiflFerenzen weder der ungleichen Lange des Sommers
auf beiden Erdhälften, noch der stärkeren Ausstrahlung während des
längeren südlichen Winters zugeschrieben werden können (vgl. S. 147 f.),
80 bleibt kein anderer Grund zur Erklärung dieser Differenzen übrig
als die vorwiegend oceanische Bedeckung der südlichen Halbkugel.
Die der nördlichen Halbkugel zugesandte Wärme empfangen zumeist
Stoffe, welche ihren Aggregatzustand nicht verändern ; die Wärme dient
hier also unmittelbar zur Erhöhung der BodeÄ- und zugleich auch der
Luflwärme. Die den weiten oceanischen Flächen der südlichen Halb-
kugel mitgetheilte Wärme hingegen wird zum Theil durch die Ver-
dampfung des Wassers verbraucht, also gebunden. Gleichzeitig wird
die Wännewirkung der Sonne dadurch vermindert, dass sich über den
Oceanen eine mächtigere Dampf- und Wolkenschicht ausbreitet als
über dem Festlande. DoveM nahm doshalb an, dass zur Zeit der
nördlichen Declination der Sonne die Summe der freien Wärme an
der Erdoberfläche grösser sei als zur Zeit der südUchen Declination,
weil die Sonne im ersteren Falle weite Landflächen, im letzteren grosse
oceanische Gebiete bestrahlt imd freie Wärme sich dort in reicherem
Masse als hier entwickeln kann. Er spricht dies mit den Worten aus :
„Der heisse continentale Sommer der Nordhälfte trifft zusammen mit
dem milden Winter der Südhälfte. Dies giebt eine grössere Wänne-
summe als der kalte Winter der Nordhälfte der Erde plus dem kühlen
Sommer der Südhälfte." Dove erhärtete dies durch den Nachweis,
dass der Winter der südlichen und der Sommer der nördlichen Halb-
kugel in Summa höhere Wärmewerthe liefern als in gleichen Breiten
der Sonmner der südlichen und der Winter der nördlichen Halbkugel,
1) Poggendorff'B Annaleu, Bd. LXVII (1S46), S. 325.
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche.
183
Juli t
Mittel
2\y V.
15,5 0 C.
12,0» C.
13,6° C.
16,S«» C.
14,6° C.
und zwsir sind die ersteren Summen nicht selten 8 bis 10 ^ C. grösser ^).
Natürlich sind die allgemeinen Unterschiede viel geringer, immerhin
aber noch beträchtlich. Dove erhielt als llittelwerthe aus seinen Be-
rechnungen für den
Januar
der nördlichen Halbkugel . . 9,4" C.
der südlichen Halbkugel. . . 15,2' C.
der Erde 12,3° C.
Die Gesammttemperatur der unteren Atmosphäre würde demnach
vom Januar zum Juli um 4,5 ® C. steigen *).
Leider erstrecken sich Dove's Vergleichungen nur bis zum 40.
Breitengrade, da zu jener Zeit für die südliche Halbkugel jenseits dieses
Qrades kein Beobachtungsmaterial vorlag. Seitdem hat sich jedoch das-
selbe bedeutend vermehrt, und man ist zu der überraschenden Er-
kenntniss gelangt, dass in den höheren südlichen Breiten die Jahres-
mittel der Wärme nicht, wie früher vermuthet wurde, niedriger, son-
dern höher sind als die entsprechenden der nördlichen Halbkugel*).
So hat Punta Arenas in der Magalhäesstrasse (unter 53 '^ 12' s. Br.)
eine mittlere Jahrestemperatur von 6,1" C; ist sie nun auch um
2,8" C. niedriger als die von Hamburg (unter 53" 33' n. Br.), so
ist sie doch höher als die von Dove ftir diesen Parallelkreis auf der
nördlichen Halbkugel ermittelte Normaltemperatur (c. 3,4® C). Die
Falklandsinseln (unter 52" s. Br.) sind in dieser Hinsicht noch weit
mehr begünstigt; denn sie haben eine mittlere Jahres wärme von 8,5 " C. *).
Femer sei noch angeflihrt, dass die südlichste meteorologische Station
auf Neuseeland, Martendale (46" 17' s. Br.), eine mittlere Jahres-
») Vgl. H. W. Dove, Temperaturtafeln. Berlin 1848. Ö. 89, wo wir fol-
gende Angaben finden:
Port Arthur
Marseille
Summe . .
Winter.
Falklandsinseln . . . .
Haarlem
Summe
16,94 » C.
7,35 » C.
24,29 » C.
11,82 •> C.
2,56 » C.
14,38 • C.
Sommer.
11,82 «^ C.
22,74 «> C.
34,56 « C.
8,24 ° C.
16,62 ° C.
24,86 « C.
Unterschied.
10,27 ö C.
10,48 • C.
*) Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der
KgL preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. November 1848. S. 396 f.
")J. HanninBehm*B Geographischem Jahrbuch, Bd. IV (1872), S. 129 f.
^) J. Hann in der Zeitschrift der österreichischen Gesellschaft für Me-
teorologie. Bd. VI (1871), S. 184.
184
Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthiille der Erde.
Wärme von 10,2^ C. zeigt ^), während diesem BrdteDkreifle auf der
nördlichen Halbkngel eine Temperatur von c. 8,4® C. zukommt
Vei^eichen wir nun die Mittdtemperaturen der beiden Halb-
kugehi, indem wir auf der ganzen nördlichen Elrdhälfte und bis zam
40. Parallel s. Br. den Angaben Dove's, von hier an weiter süd-
wärts aber den Angaben Hannos folgen, so gewinnen wir nach-
stehende Zahlenreihen:
Breite.
Temperatur (in »C.)
auf der
, nordL Halb- 1 sudl. Halb-
' kngel. kugeL
Differenz.
10«
26,6« C.
25,5«C. i
+ 1,1 • c.
20«
. 2M* C.
23,4 • C.
+ 1,8 • C.
90«
21,0« C.
19,4 • C. j
+ 1,6 • C.
40«
13,6 • C.
12,5 • C. 1
+ 1.1 • c.
45«
9,5 • C.
10,2 • C. !
— 0,7 • C.
50*
M*C.
7,9 • C. .
- 2^ • C.
• 55«
2,2« C.
5,4 • C.
- 3.2 • C«)
Es ist demnach wohl zweifellos erwiesen, dass die Temperatur-
ungleichheit der nördlichen und südlichen Hemisphäre nur in niMeren
>) J. Hann, L c. Bd. VI (1&71X S. 28t.
^ Die Angaben des Franzosen Vall^s (Distribution des temp^ratures de
long des c6tes ocdaniques. Annoaire de la Soc. m^t^roL de France, 1869«
pnbL Dec 1871) stimmen in den einzelnen Ziffern allerdings nicht ganz mit
dieser Tabelle überein; doch verrathen auch sie deutlich, dass die mittlere
Jahreswärme der südlichen Hemisphäre in höheren Breiten eine grössere ist
als in gleichen Breiten der nördlichen. Nach Vallös sind die Uitteltempera-
turen der Breitengrade auf der nördlichen und südlichen Hemisphäre folgende :
Temperatur der
Breite.
nördlichen Halb-
südlichen Halb-
Differenz.
kngel.
kugel.
a-5*
26,6 • C.
26,1 • C.
+ 0,5* C.
5— 10*
27,4 • C.
25,3 • C.
+ 2,1«C.
10-15"
27,3 • C.
24,5 • C.
+ 2,8" C.
l^-20«
25,1 • C.
23,4«C.
+ 1,7 • C.
20— 25*
23,2« C.
22,2* C.
-f 1.0* C.
25-30 •
20,7 • C.
20,3 • C.
+ 0,4° C.
30-^35»
17,5 • C.
18,2 • C.
— 0,7 • C.
35— 40*
! 14,9 • C.
15,4 • C.
— 0,5 « C.
40-45»
1 10,4 • C.
12,4 • C.
— 2,0^ C.
45—50*
, 8,3« C.
9,4 " C.
— 1,1 • C.
50— 55«
5,0 • C.
M* C.
— l.l • C.
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 185
Breiten eine iiir die erstere vortheilhafte ist ; jenseits des 40. Parallelkreises
ist vielmehr die südliche Halbkugel im Besitze reicherer Wäi*meschätze.
Der Qrund dieser eigenthümlichen Elrscheinung lässt sich kaum in
etwas anderem finden als in der ungleichen Vertheilung der Land- und
Wasserflächen über die nördliche und südliche Halbkugel. Treffen
nämlich die Sonnenstrahlen Stoffe des Festlandes, so treten ihre Wärme-
wirkungen zumeist als Temperaturerhöhung hervor; fallen sie hingegen
auf weite Meeresgebiete, so wird ein wesentlicher Theil der zugesandten
Sonnenwärme bei der Verwandlung des Wassers in Dampf gebunden;
es ist demnach weniger Wärme frei. Die ungleich mehr mit Wasser
bedeckte südliche Halbkugel wird demnach in denjenigen Breiten re-
lativ niedrige Temperaturen zeigen, wo der Vei*dampfungsprocess sich
rascher und kräftiger vollzieht, also in den wärmeren Gebieten. Die
gebundene Wärme ist aber keineswegs verloren. Sie wird durch die
Winde mit den Wasserdämpfen nach höheren Breiten gefUbi;, wo sie
frei wird, sobald sich die Dämpfe zu Tropfen verdichten. Vielleicht
ist es das Uebermass der durch Veränderung des Aggregatzustandes
frei gewordenen Wärme, welches den höheren südhemisphärischen Brei-
ten die wärmeren Temperaturen verleiht. Immerhin ist wohl kaum
anzunehmen, dass die Qesammtwärme der südlichen Halbkugel ebenso
gross ist wie die der nördlichen und zwar schon deshalb nicht, weil
der Wärmeverlust durch Spiegelung auf der südlichen Halbkugel wegen
der weiten Wasserflächen derselben jederzeit und überall auf der-
selben eine weit namhaftere Grösse ausmacht als auf der nördlichen
Halbkugel.
Wird die auf die Meeresfläche reducirte Mitteltemperatm* eines
Ortes mit der berechneten Mitteltemperatur des ihm zugehörigen Par-
allelkreises verglichen, so ergiebt sich nur selten eine volle Ueber-
einstimmung beider W.erthe; vielmehr weichen sie fast immer mehr
oder weniger von einander ab. Man bezeichnet diese Differenz als
thermische Anomalie. Dove verband nun alle Orte, welchen
dieselbe thermische Anomalie zukommt, die also gleichviel wärmer oder
kälter sind, als sie in Hinsicht auf ihre Polhöhe sein sollten, durch
Linien, welche er Isanomalen nannte. Die Linien, längs dei'en die
Anomalie 0 ist, welche also die Räume mit relativ zu hoher und zu
niedriger Temperatur von einander scheiden, heissennach Dove Isonor-
malen, wofUr man jedoch besser den Namen thermische Normalen
gebraucht Dove 's Karten der Isanomalen lieferten Resultate, die in
hohem Grade überraschen mussten. Es stellte sich nämlich heraus,
dass zwei Gürtel relativer Kälte und zwei Gürtel relativer Wärme den
Erdkreis umspannen, dass diese Gürtel den Aequator in schräger Rich-
tung schneiden und dass sie, weit entfernt den Räumen grosser Land-
186 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
oder grosser Wassennassen zu entsprechen, gleichsam absichtlich die
' rossen Land- und die grossen Wassermassen kreuzen.
Der eine Gürtel gesteigerter mittlerer Temperatur oder relativ
grösserer Wärme (vgl. Fig. 11) bedeckt einen grossen Theil Austra-
lien's (die Südwestecke ausgenommen) und des südpacifischen Oceans,
den Indischen Ocean, Vorder- und Hinterindien, Südwestasien, Afrika
(ohne den Westsaum), fast ganz Europa, das Nordgebiet des Atlan-
tischen Oceans, sowie Grönland und den Meerestheil zwischen dieser
Insel und Nowaja Semlja. Ein grosser kalter Gürtel begrenzt diese
Zone gegen Osten. Er umfasst das westliche Südamerika, die Südsee
(bis auf die polynesische Inselflur und den Osttheil nördlich vom 40.
Grad n. Br.) und ganz Ost-, Nord- und Centralasien. Darauf folgt,
wenn wir weiter gegen Osten fortschreiten, eine relativ warme Zone,
die im südwestlichen Theile des Adantischen Oceans beginnt, die öst-
liche Seite Südamerika's, Centralamerika, die Ostküste Mexico's, sowie
Meeresgebiete ostwärts der genannten Länder umschliesst imd endlich
quer durch die Vereinigten Staaten, sowie entlang der Westküste von
Britisch-Nordamerika bis zum Temtorium Aljaska sich erstreckt End-
lich gelangen wir zu dem zweiten Gürtel relativer Kälte, zu welchem
der östliche Theil des südatlantischen Beckens, der Westrand Afrika' &,
Räume des nordatlantischen Oceans und das ösdiehe imd nördliche
Nordamerika gehören.
Das Gesetz, welches sich aus dieser Au&ählung thermisch bevor-
zugter und benaehtheiUgter Gebiete ableiten lässt, lautet: Nördlich
vom W^endekreis des Krebses sind die West-, südlich vom \»\'endekreia
des Krebses aber die Osthälften der Continente über die normalen
Werthe erwärmt; umgekehrt empfangen nördlich vom Wendekreis des
Krebses die Osttheile der Festländer und südlich davon die Wftsttheile
nicht das Mass der ihnen gebührenden Erwärmung.
Innerhalb der vier angegebenen Zonen nimmt die Störung vom
Bande nach der Mitte zu, und es lassen sich sogar Brennpunkte der
relativ grössten Wärme oder der relativ grössten Kälte nachweisen.
Einer der Räume der relativ grössten Wärme befindet sich am Polar-
^l^is zwischen Island und dem Nordcap, wo die normale Wärme um
12 ^ C. erhöht erscheint Eine Begünstigung von gegen 7 " C. gemessen
Island, Schotdand und Norwegen, eine solche von 4 bis 5 ^ C. Frank-
reich, Deutschland und der mittlere Theil von Russland, eine solche
von mindestens 2 ^ C. aber tast ganz Europa und der Meeresraom
zwischen unserem Erdthdl und Grönland. Von den beiden nördlichen
„Polen^ der relativ grössten Kälte liegt der eine bei Jakutsk in Sibi-
rien, wo die beobachtete Temperatur um mehr als 8^.^ ^ C. hinter der
normalen Temperatur des 62. Parallelkreises zurückbleibt, der andere
VII. Die Vertheilvmg der Wärme auf der Erdoberfläche. 187
in der Nähe des Polarkreises südlich von Boothia Felix mitten in dem
Insellabyrinth des arktischen Amerika's; in dem letzteren Falle be-
trägt die thermische Anomalie — T%^ C. Auf der südlichen Halb-
kugel treten nirgends so ausgesprochen relativ kalte Bäume hervor.
Auch für die einzelnen Monate hat Dove Isanomalen entworfen.
Am lehrreichsten sind die der Monate Januar und Juli, weil sie die
jährlichen Extreme der Wärmewandelungen zum Ausdruck bringen.
Im Januar (vgl. Fig. 12) bilden die Isanomalen der nördlichen Halb-
kugel zum gi'össeren Theil die Gestalt der Continente in der Weise
nachy dass diejenigen, welche eine geringere als die normale Tem-
peratur bezeichnen, im Innern der Continente und parallel mit ihren
Rändern deren Bild verkleinert darstellen, während die Isanomalen mit
höherer als normaler Temperatur jenen Parallelismus an den Rändern
der Continente und über den Oceanen vielfach wiederholen. Auf der
südlichen Halbkugel erstreckt sich während des Januars der Wärme-
mangel meist über oceanische Gebiete. Ein Wärmeüberschuss besteht
über den nördlichen Theilen des Atlantischen, Stillen imd Indischen
Oceans, in Europa (mit Ausnahme der Stidostecke unseres Erdtheils),
an dem Nord- und Südostrande Afrika's, den Südspitzen Asien's, in
ganz Australien, in dem grössten (östlichen) Theile von Südamerika
und an der Westküste Nordamerika's. Hingegen gebricht es an Wärme
fast dem ganzen asiatischen Continent, dem Innern Afnka's und fast
ganz Nordamerika, welche Erdtheile durch die winterKche Ausstrahlung
stark erkalten, femer der Westseite Südamerika's und den südlichen
Theilen des Atlantischen, Stillen und Indischen Oceans.
Im Juli sind die Verhältnisse im allgemeinen die entgegengesetzten
(vgl. Fig. 13); fast alle Räume, die im Januar zu warm waren, sind
nun zu kalt und umgekehrt. Unter dem Einfluss einer bedeutenden
Mittagshöhe der Sonne und der grösseren Tagesdauer werden nament-
lich die auf der nördlichen Halbkugel gelegenen Ländermassen stark
erhitzt, und zwar findet sich der höchste Wärmeüberschuss im Gebiete
der Wiisten (er wächst in Aegypten, Arabien und Persien bis auf mehr
als 5® C, ebenso hoch in Centralasien). Mehr als normal erwärmt
ist fast die ganze Alte Welt; auszuschliessen sind hierbei nur die Ost-
spitze von Asien, sowie die Westküsten und der südliche Theil von
Afrika. Femer sind durch relativ hohe Wärmegrade ausgezeichnet
das Innere von Nordamerika, Centralamerika und der Nordosten von
Südamerika, die Südspitze Australien's und weite oceanische Räume
der südlichen Halbkugel. Dagegen fehlt es an Wärme den oben an-
geführten Theilen der Alten Welt, den Rändern Nordamerika's , dem
Westen und Innern Südamerika's und dem australischen Continent,
sowie fast dem ganzen Atlantischen und nordpacifischen Ocean.
188 Dritter TheiL Die Wasser- and Lufthülle der Erde.
Ein Vergleich zwischen Januar- und Jnlibild lehrt uns: Im Ja-
nuar zu warm und zugleich im Juli zu kalt sind das nordatlantische
und das nordpacifische Becken, ein grosser Theil von Südafrika, die
westlichen Uferlandschaften Nordamerika's, centrale Gebiete von Süd-
amerika und fast ganz Neu-HoUand. ^Im Januar zu kalt und dabei im
Juli zu warm sind einzelne Theile des südatlantischen und südpacifischen,
sowie des südlichen Indischen Oceans, b&t ganz Asien, Nordafrika und
das Innere von Nordamerika. Im Januar und Juli sind zu kalt: die
östlichen Bäume des südatlantischen und südpadfischen Beckens, die
Ostspitze Asien's, die Westküste Afiika's und die Nordostseite Nord-
amerika's sammt den Parry- Inseln, sowie der Westen Südamerika's.
Zu den privilegirten Bäumen endlich, welche sowohl im Januar als
auch im Juli zu hohe Temperaturen besitzen, gehören der nördliche
Theil des Indischen Oceans, dnige tropische Gebiete der Südsee und
das Meer westlich von Spitzbergen, die Südhälfien der dra süd-
asiatischen Halbinseln und ESeinasien, die Berberei, Madagaskar und
die ihm benachbarte afrikanische Küste, Centralamerika, üsi ganz
Europa, das nordöstliche Südamerika und die Südspitee von Neu-
Holland.
Da die Januar- und Juhtemperaturen wenigstens in den allge-
meinsten Zügen die Vertheilung der Winter- und Sommerwärme über-
haupt erkennen lassen, so dürfen wir das eben Gefundene auch in fol-
gende Sätze zusammenfrusen: Es giebt 1) Bäume mit relativ milden
Wintern und kühlen Sonmiem (die padfische Küste von Nordamerika etc. ),
2 ) Bäume mit kalten Wintern und heissen Sommern (das Innere von
Asien, Afrika, Nordamerika etc.), 3) Bäume mit kalten Wintern und
kühlen Sommern (die Ostspitze Asien's, die Westküste Afrika's, der
Westrand Südamerika's etc.) und 4) Bäume mit milden Wintern und
warmen Sonmi^m (die südlichen Theile von Vorder- und Hinterindien,
die Berberei, üast ganz Europa etc.).
Um die örtlichen Unterschiede der Sommer- und Wintertempera-
turen Uar zum Ausdruck zu bringen, bedient man sich auch noch
einer anderen Art von Linien: der Isotheren und Isochimenen,
d. h. der Linien von Reicher Sommer- und Winterwärme. Gegen die
Einführung dieser Linien in die Meteorologie lassen sich jedoch manig-
fache Bedenken erheben, z. B. die willkürliche Begrenzung der meteo-
rologischen Jahreszeiten^), sowie deren wesentlich veränderte Bed^i-
tung in der tropischen Zone. Zweckmässig erscheint es daher, statt
^) Sie hllen darchaos nicht mit den astronomischen Jahreszeiten insam-
men; Tiehnehr lässt man in Deutschland den Sommer mit dem Juni, den
Winter mit dem December beginnen. Die Engländer fangen diese beiden
Jahreszeiten mit Juli, resp. Janaar an.
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 189
der Jahreszeiten ganz willkürlich gewählte, aber allgemein angenom-
mene kleinere Zeitabschnitte, wie es die Monate sind, zu brauchen,
den jährlichen , Wärmewechsel also lieber durch Monatsisothermen als
durch Isotheren und Isochimenen darzustellen.
V H. Gleichmässiges und excessives Klima.
üeberblicken wir vergleichend den Verlauf der Januar- und Juli-
isothermen, so erkennen wir sofort folgenden wichtigen Gegensatz zwi-
schen beiden Bildern: die Isothermen des Januar senken sich fast
überall im Innern grosser Länderräume, während sich die des Juli in
ebenso einheitlichem Sinne innerhalb der Continente gegen Norden er-
heben, und zwar tritt dieses Gesetz auf der nördlichen Halbkugel,
ihren grösseren continentalen Massen entsprechend, viel deutlicher zu
Tage als auf der südlichen. Hieraus aber geht hervor, dass die cen-
tralen Theile der Festländer im Winter eine relativ niedrige, im Som-
mer hingegen eine verhältnissmässig hohe Temperatur besitzen oder
mit anderen Worten, dass sich die Wärmeunterschiede innerhalb der
jährlichen Periode um so mehr steigern, je tiefer wir in die continen-
talen Gebiete eindringen.
Diese klimatischen Contraste sind leicht zu erklären. Das Land
wird durch die zugestrahlte Wärme rasch erhitzt; aber es erkaltet
auch nach dem Aufhören der Insolation ausserordentlich schnell, wäh-
rend sich das Meer wegen der grossen specifischen Wärme des Was-
sers nur langsam erwärmt, die empfangene Wärme jedoch auch nicht
so schnell wieder zurückgiebt. Demnach ist auch die Luft über dem
Meere und in der Nähe desselben im Winter weniger kalt, im Som-
mer hingegen weniger warm als über dem Festlande. Hierzu kommt,
dass ein Theil der dem Meere zugestrahlten Wärme lediglich dazu
dient, Wasser in Dampf zu verwandeln; es wird also dem Wass«:
und somit indirect auch der Luft über demselben Wärme entzogen.
Femer ist mit der vermehrten Dampfentwicklung naturgemäss eine
reichere Wolkenbildung verknüpft. Hierdurch aber wird über dem
Meere und an seinen Gestaden die Insolation gemässigt, die Ausstrah-
lung hingegen gehemmt Es bewirken demnach über und an dem
Meere verschiedene Factoren eine Abschwächung sowohl der Sommer-
hitze als auch der Winterkälte. Man bezeichnet daher dasjenige Klima,
welches durch kühle Sommer und milde Winter charakterisirt ist, als
maritimes oder Küstenklima, solches hingegen, welches hohe
Sommer- und strenge Wintertemperaturen aufweist, alscontinentales
oder Landklima; doch empfehlen sich hierfiir, wie wir weiter unten
(S. 191 f.) sehen werden, noch mehr die Ausdrücke gleichmässiges
und excessives Klima.
190 Dritter TheiL Die Wasser- und LufthuUe der Erde.
In Europa haben Grossbritannien und Irland ein auffidlend gleich*
massiges Klima. Im nordöstlichen Irland gefriert es kaum, obwohl
die mittlere Jahrestemperatur der des mitderen Deutsehland gleich ist.
In der Grafschaft Tipperary (Munster) bleibt der Lorbeer im Winter
ungeschützt und erreicht 6 — 10 Meter Höhe, imd an der Küste von
Glenann, in gleicher Breite mit Königsberg, vermag die Myrte aifch
die rauhe Jahreszeit im Freien zu überdau^n. Dasselbe gilt von den
Küsten von Devonshire, wo Myrten, Camellien und Fuchsien im Freien
überwintern und sogar Orangebäume, die an Spalieren emporwachsen
und im Winter höchstens mit Matten bedeckt werden, bisweilen Früchte
tragen. Devonshire und der Rheingau werden nahezu von denselben
Isothermen (11^ C), aber nicht von den gleichen Isotheren und Iso-
chimenen durchschnitten. Der milde Winter Devonshire's (6,2 ^^ C.
lässt ^lyrte und Lorbeer im Freien aushalten, die im Rheingau er-
frieren würden; umgekehrt bringen die warmen Sommer des Rhein-
gau's die köstlichsten Weine zur Reife, welche in Devonshire wegen
jVIangel an Wärme (mittlere Sommerwärme 15 ® C.) nicht zur Reife
gelangen. Auch in der Normandie und Bretagne gedeihen Granat- und
Lorbeerbaum ausserhalb der Gewäclishäuser, während doch die Wein-
traube im Sommer nicht die zu ihrer Reife erforderliche Wärme em-
pfängt^). Selbst auf den Färöem ist der Winter so geUnde, dass auf
kleineren Seen und sogar auf Wasserpfiitzen jegliche Eisbildung ver-
misst wird; doch ist der Sommer so kühl, dass während desselben
nicht selten Schnee in den Ebenen fällt. Buchen imd Eichen kom-
men hier schon nicht mehr fort, obwohl die Winter milder sind als in
Ungarn.
Wesentlich andere als die geschilderten Einflüsse üben diejenigen
Meere auf die Lufttemperatur ihrer Umgebung aus, an deren Rändern
sich während des Winters ausgedehnte Eisflächen ansetzen. Von dem
Zeitpunkte an, in welchem der Wasserspiegel sich mit Eis überzieht,
spielen die Meeresgebiete im wesentlichen dieselbe Rolle wie das Fest-
land. Sie mildem demnach zwar die Sommerwärme, nicht aber die
Winterkälte; denn die W^ärmeausstrahlung ist hier während des Win-
ters eine ebenso kräftige wie auf dem Festlande. Eine wesentliche
Störung des normalen Temperaturganges erfolgt in der Nähe weiter
Eisfelder noch zur Zeit der Eisschmelze. Da nämlich während der-
selben die zugeflihrte Sonnenwärme zum grossen TheU dazu diente
Eis in Wasser zu verwandeln, also zur Erhöhung weder der Wasser-
noch der Lufttemperatur etwas beiträgt, so verzögert sich der Eintritt
^\ A. V. Humboldt. Kleinere Schriften. Stuttgart und Tübingen 1853.
Bd. I, S. 260 ff.
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 191
grösserer Sommerwärme ausserordentlich. Bekannt ist, wie sehr die
Eisschmelze in den nördlichen Theilen der Ostsee die Frtihlingstempe-
raturen der umliegenden Küstengebiete stark erniedrigt. Entstehen
aber so mächtige Eismassen in einem Meere wie im Karisclien, in wel-
ches zugleich noch durch die beiden Ströme Ob und Jenissäi viel
Treibeis hinab bewegt wird, so muss der sommerliche Wärmegang
eine noch bedeutendere Veränderung erleiden. In der That ist dies
der FaD; denn auf Nowaja Semlja und an der Boganida im Taimyr-
lande (71 « 5' n. Br. und 118« ö. L. v. Gr.) findet sich Aas Maxi-
mum der Temperatur nicht im Juli, sondern erst im August '). Ebenso
sind die Küsten des Ochotskischen Meeres im Sommer anomal kalt,
weil in diesem Meere noch im August Eis vorhanden ist, dessen Schmel-
zung viel Wärme fordert.
Nun erklären sich auch die kühlen Sommer und die strengen
W^inter in den Uferdistricten der Hudsons-Bay. Die zahlreichen Süss-
wasserspiegel von Nordamerika, vor allem die grossen canadischen
Seen, sowie die vielen tief eindringenden Meeresbuchten, insbesondere
die Hudsons-Bay, bedecken sich bei beginnendem Winter mit Eis,
nehmen also in thermischer Hinsicht den Charakter des Festlandes an.
Daher begegnen wir hier trotz der Nähe des Meeres im Winter den
strengsten Temperaturen, im Frühjahre, wenn die Eismassen schmelzen,
noch immer beträchtUcher Kälte und auch im Sommer einer vergleichs-
weise niedrigen Temperatur. So hat Fort Churchill an der Hud-
sons-Bay (unter 59 Grad n. Br.) bei einer mittleren Jahreswärme von
— 7,6® C. zwar eine dem „Küstenklima" entsprechende niedere Juli-
temperatur (13,7® C), zugleich aber auch die tiefe Februartemperatur
von — 29,5 ® C. Die mittleren Monatstemperaturen schwanken also
ZMTischen 43,2 ® C, d. h. ganz in der Weise des continentalen Klimas.
Unsere letzten Erwägungen lassen erkennen, dass der Ausdruck
„Küstenklima^ kein glücklich gewählter ist, weil es thatsächlich Küsten-
gebiete giebt, welche die ganze Strenge des Winters in gleichem Masse
erfahren wie die inneren Theile der Continente. Doch gilt dies nicht
etwa nur im Hinblick auf die polaren Ufergebiete, die im AA'inter
durch die Bildung weiter Eisflächen dem Ocean gleichsam entrückt er-
scheinen, sondern auch für solche Gestade, die gänzlich ohne Küsten-
eis sind. Neu-England hat, obwohl es vom Meere bespült wird, ein
excessives Klima. Portland in Maine, unter 43 ^ 39 ' n. Br. und zwar
unmittelbar am Meere gelegen, hat eine mittlere Jahrestemperatur von
9® C; dabei beträgt die Mitteltemperatur im Januar, dem kältesten
^) K. y. Baer in A. Th. v. Middendorff's Reise io den fiussersten
Norden und Osten Sibirien^ Petersburg 184S. Bd. I, Tb. 1, S. 55 ff.
192 Dritter Tlieil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde,
Monat, — 5,1" C, im Juli aber, dem wärmsten Monat, 20,1^ C; die
beiden extremen Monatsmittel difieriren demnach um 25,2^ C, wäh-
rend der gleiche Werth für Leipzig (mittlere Jahrestemperatur 8,5 ® C,
Januartemperatur — 1,1® C, Julitemperatur 17,9® C), obwohl dieses
dem Binnenlande und einer höheren Breite angehört, nur gleich 19 ®C.
ist Peking (unter 39® 54' n. Br.), obschon nur 18 geogr. Meil^i
weit von der Küste entfernt, hat einen Januar (mittlere Temperatur
— 4,6 ® C.) wie das europäische Nordcap und einen Juli (mittlere Tem-
peratur 2G^ ® C. ) wie Smyma. Die Amplitude der Monatsmittel tiber-
schreitet hier also 30® C. , und doch würde man mit Bücksicht auf
die Lage Peking's geneigt sein, dieser Stadt ein „maritimes" E[lima,
d. h. ein Klima mit geringen Temperaturunterschieden innerhalb der
jährUchen Periode zuzuschreiben. Das excessive Klima Neu-Elngland's
und Nordchina's erklärt sich aus den eigenthümlichen Windverhält-
nissen beider Gebiete. Hier wie dort walten während des Winters
kalte Nordwest- und während des Sommers warme Südwest-, resp.
Südwinde vor, also im ersten Falle und zimi Theil auch im zweiten
Landwinde. Wir dürfen überhaupt sagen, dass Orte am Meere, welche
mehr unter der Herrschaft von Land-, als von Seewinden stehen, auch
nicht jenes gleichmässige Klima besitzen, welches man mit Vorliebe
.Seeklima" nennt Wir haben um so weniger Ursache, von einem
solchen zu sprechen, als unter höheren Breiten auch der Einfluss des
Meeres nicht mehr hinreicht, die G^ensätze der mittleren Monats-
temperaturen wesentlich zu mildem, wie die zweite Tabelle auf S. 142
deutlich erkennen lässt Sämmtliche dort angeführte Orte befind^i
sich in der Nähe des Meeres, und doch schwanken die Amplituden
ihrer Monatstemperaturen nach Massgabe der Breite zwischen 1,5 und
41,4^ C. ! Man sollte deshalb die Namen „maritimes" und „continentales
Klima'' unbedingt aufgeben, da sie leicht irrige Anschauungen hervor-
rufen, und statt deren die bezeichnenderen Ausdrücke „gleichmässiges''
imd „excessives Klima'' brauchen.
Letzteres tri£Pi; man viel consequenter im Innern der Festländer
an als ersteres an den Bändern derselben. Die Festländer werden
durch die zugestrahlte Sonnenwärme stärker erhitzt als das Meer, zu-
mal durch die geringe Dampfbildung nur wenig Wärme gebunden
wird und auch die vorwiegende Heiterkeit des Himmels einer reicheren
Wärmeentwicklung im Sommer günstig ist Doch ist hier im Winter
in Folge der Beinheit der Luft die Wärmeausstrahlung eine relativ
grosse, weshalb auch zu dieser Zeit die Temperaturemiedrigung am
ansehnhchsten ist Daher begegnen wir auf den Continenten, insbeson-
dere in deren Innerem dem grössten täglichen und jährlichen Tem-
peraturwechsel. Doch hat man sich hierbei immer zu vergegenwärtigen^
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche.
193
claBS in der tropiflchen Zone selbst in den innersten Gebieten der Erd-
theile die Monatstemperaturen niu* um 10 — 15^ C. von einander ab-
weichen; bloss am Südrande der Sahara überschreitet die AmpUtude
den Werth von 20 » C.
In Europa tritt der Charakter des excessiven Klimas erst in den
östlichen Grenzdistricten klar hervor. Fig. 14 zeigt uns, wie ganz
Fig. 14.
Gang der Temperatur in der jährlichen Periode za Orenbnrg, Catania,
Göttingen, Gibraltar und ThorshaTn.
anders der jährUche Temperaturgang an der asiatischen Grenze bei
Orenburg ist als an den Ufern des Atlantischen Oceans (Thorshavn,
Gibraltar); die Curven für Göttingen und Catania stellen eine Mittel-
form dar. Januar- und Julitemperatur weisen, wie Fig. 14 lehrt,
in Orenburg eine Diflferenz von mehr als 35® C, in Thorshavn, der
Hauptstadt der Färöer, aber von nicht ganz 8 ® C. auf.
Noch viel mehr als die Mitteltemperaturen einzelner Monate oscü-
liren natürlich die in einzelnen Fällen wahrgenommenen höchsten und
niedrigsten Temperaturwerthe. So reifen in Astrachan im Sommer die
schönsten Trauben; dennoch sinkt bei Elisljar am Terek (Eisljar liegt
in gleicher Breite wie Avignon und lümini!) im Winter das Thermo-
meter bis auf — 20, ja selbst — 30^ C. herab >). Im Gouvernement
>) A. ▼. Humboldt in Poggendorffs Annalen, Bd. XXIII (1831),
S. 89.
Peschel-Leipoldt, Phys. Erdknnde. II. ^*
194
Dritter Theil. Die Wasser- and Lufthülle der Erde.
Samara (unter 51 ^ 5^ n. Br.^ also auf demselben Piarallelkreise wie
Dresden) ^t das Thermometer nach Wesselowsky bis ~39,4^C.
wie in Archangel und steigt bis 41 ^ C. wie in Unterägypten und
Madras^). In Jakutsk (Januartemperatnr — 40,8^ C, Julitemperatar
17,4^ C.)j wo sich die Unterschiede der mittleren Monatstemperaturen
bis auf 58,2^ C. steigern, entfernen sich die änssersten bisher be-
obachteten Temperaturen sogar um 95,6 '^ C; denn man hat im
Sommer schon 35,6®, im Winter aber — 60,0® an dem hundert-
theiligen Thermometer abgelesen. In Nordamerika bietet wohl Ft.
Confidence (66® 54' n. Br., 118« 49' w. L. v. Gr.) diegrössten Tem-
peraturcontraste dar; denn die mitderen Temperaturen des Januar
(—32,6® C.) und des Juli (11,6® C.) differiren um 44,2® C.
Zur Charakterisirung des gleichmfissigen und des excessiren Kli-
mas diene noch folgende Tabelle:
Ort.
Breite.
Seehöhe. .
Mittlere
Jahres-
tempera-
tur.
I Mittlere ,
Janoar-
; tempera- ,
i tur.
Mittlere , Differenz
Jnlitem- | zwischen
peratur. 1 beiden.
Hokitika (Neusee-
land) . . . .
Falklands-Inseln .
Hobarton
Dnblin
Sitcha . .
Reykjavik
Dresden .
Ofen . .
I
Astrachan
Irkutsk
Jakutsk .
.▼ I
42»42'S.
; 52» S.
42«53'S.
53« 21' N
.57« 3'N
64« 8'N
51* 3' N.
47»31'N.
46»21'N.
52» 17' N
62* l'N.
128
3 Met, 11,3 • C. 15^«C.>)
: I2,4»a»)
16,7 • C.
5,1 • C.
0,0 «C.
-~2,0«C.^)
0,0 •€.
—1,4 • C.
127 Met.
8,5 • C.
12.0 • C.
10.1 • C.
6,2 • C.
4.1 • C.
9.2 • C.
10,9 • C.
7,3 »C.
3,0*0.
6,5 • C.
15,8 •€.
8,2« C.
9,4 • C.
10,2 • C.
10,7 • C.
— 9,5 • C.
;382 Met -41,5 • C.
87 „ -10,2« C,
— 6,4»C.
—21,2 • C.
-40,8 »C.
13,2 •C«) 13,2» C.
13.4 •€. 15,4 »C.
18.5 • C. : 18,5 • C.
22.4 «C. 23,3 •€.
24.5 • C. 30,9 * C.
18,5 • C. 39,7 • C.
17,4 • C. : 58.2 • C.
1) FebnuutoBpvmtar.
2) Aogwttempcnfcar.
J. Maxima und Minima der Luftwärme.
Die höchsten und niedrigsten Mitteltemperaturen der Monate be-
zeichnen, wie berdts angedeutet wurde , keineswegs die thatsächlichen
Wänneextreme eines Ortes, sondern sind selbst nur die Mittel aus einer
^) Wesselowsky, Sur le climat de la Steppe Trans- Wolgaienne. Tir^
des mdlanges asiatiques. Tome m, p. 103 sq.
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 195
Reihe von Temperaturoscillationen, unter denen einzelne weit über die
beiden äussersten Monatsmittel hinausreichen.
Wahrscheinlich kommen die höchsten Temperaturen in Tibet
vor, obwohl der südliche Theil dieses Landes noch 30 Grad vom Aequa-
tor entfernt ist. Hier steigt im Sommer die Lufttemperatur bis zu
65® C. ^). Ritchie und Lyon beobachteten in der Oase von Mur-
zuk im Schatten 56,2® Cl. ^); Sturt £Eknd am Flusse Macquaire in
Australien 53,9® C, Tamisier in Abu-Arich (Arabien) 52,5® C. ^).
In Massua soll sich in den Sommermonaten die Temperatur zuweilen
bis auf 52 ® C. erheben *). Im Indusdelta wächst sie während einiger
Stunden des Tages häufig auf 30 bis 40® C, im Pandschab aber
(z. B. bei Multan) sogar auf 50 bis 52® C. Bis zu diesen Graden
erhitzte Luft heisst in der englischen Terminologie der Pandschab-
bewohner nicht mehr „heiss", sondern „scorching, grilling", d. i. „rö-
stend^^^). Als Maximaltemperatur ftü* das Gebiet des Senegal wie fUr
die Insel Guadeloupe giebt man 54 ® C. , für Persien 52 ® C. ®) , für
die Oase Rhadames (Nordrand der Sahara) 50 ® C. ') , für Calcutta
49 ® C. an.
Geftlrchtet sind selbst die hohen Wärmegrade der Luft über dem
Rothen Meere. Dieses enge, von kahlen, steilen Felsufem umschlossene
Meer straWt eine flammende Hitze zurück, und nicht selten ereignet es
sich, dass Passagiere auf den Dampfern niederfallen, als ob sie erstickt
oder vom Blitz getroffen worden wären. Las doch Hermann v.
Schlagintweit auf dem Schiffe im Rothen Meere am 12. October
1854 (also durchaus nicht im heissesten Monat) Nachmittags 2 Uhr an
seinem Thermometer eine Temperatur von 35,2® C. ab®)! Capitaine,
welche von Sues aus nach Süden reisen, sind wegen der unerträglichen
Hitze im südlichen Theile des Meeres bei flauer Brise oder Windstille
manchmal gezwungen, während der heissesten Tagesstunden das Schiff
zu wenden und rückwärts arbeitend den Curs so gut, als es geht,
fortzusetzen, um den von der Hitze vollständig erschöpften Passagieren
1) Nature, Vol. VI, Nr. 166. 2. January 1873, p. 170.
^) A. y. Humboldt, Centralasiea Uebersetzt von W. Mahlmann.
BerUn 1844. Bd. II, S. 66, Nota.
«) E. E. Schmid, Lehrbuch der Meteorologie. Leipzig 1860. S. 401 f.
*) W. Kropp in den Mittheilungen der k. k. geographischen Gresell-
schaft in Wien. Bd. XV (1872), S. 360.
") Herm. y. Schlagintweit - Sakünlünski, Reiseh in Indien und
Hochaaien. Jena 1869. Bd. I, S. 413. 417.
*) Nature, 1. c. p. 170.
^) Gerhard Bohl fs, Quer durch Afrika. Leipzig 1S74. Bd. I, S. 72.
«) H. V. Schlagintweit-S., 1. c. Bd. I, S. 26.
13*
196
Dritter Theil. Die Wasser- und LnfthüUe der Erde.
nur etwas Erleichtening zu verscfaafiien ^). Granz besonders gik dies
von der Gregend um Massna, wo in der heissen Jahreszeit selbst die
Nächte nur sehr geringe Abkühlung gewähren. Hunzinger fand
hier beispidsweise folgende Temperaturen im JuK und August d
Jahres 1865:
Juli:
MiUeL
Maximum.
Minimnm
34^* C.
36,0 • C.
32,0 •€.
35,6 « C.
41,0 • C.
34^0» C.
35,0 • C.
•
37,0 • C.
August:
34^0« C.
33,4 • C.
36,6 • C.
34,8 • C.
37,0 • C.
41,0 • C.
' 37,3« C.
28,5 • C.
30,0 « C.
29,0« C«)
7 Uhr Vorm.
] jf Nachm.
6 rf Nachm.
7 „ Vorm.
1 ^ Nachm.
6 n Nachm.
Im Orient, insbesondere in Mesopotamien und Vorderindien, be-
dienen sich nicht nur Europäer, sondern auch reiche fSngeborene zur
Abwehr der fbrchterlichen Hitze während der heissen Monate eines
grossen, über das ganze Zimmer reichenden Fächers oder Schirmes
von dünnem Zeug, Pankha (auch Punkah, Ponke, Banka) genannt,
der an der Zinmierdeeke befestigt ist und mittelst eines Strickes von
einem Diener stets hin- und heigezogen wird. Für den Neuling ist
die auf diese Weise erzeugte Abkühlung so empfindlich, dass er dabei
von einer Anwandlung von Frost befidlen wird. Indess Teriiert sich
dies nach kurzer Zeit, und dann erscheinen die Pankhaschwingungen
nicht bloss während des Tages, sondern wohl auch des Nachts nöthig.
Obwohl das Bette in Indien nur aus einem Bohigeflechte ohne aDes
Polster und die Decke nur aus einem Leintuch besteht, so stört die Hitze
dennoch die Nachtruhe, und der Schlafende bricht augenblicklich in
Schweiss aus, sobald die Pankha sich nicht mehr bewegt').
üebrigens vermag sich der Mensch ziemlich bald ohne grosse Be-
schwerden an hohe Temperaturen zu gewöhnen, fiills dieselben fort-
gesetzt auf ihn wirken, womit sich fireiHch immer auch zugleich eine
grosse Empfindlichkeit gegen Wärm^rade verbindet, welche den Be-
M W. Kropp, L c S. 352.
«) W. Kropp, 1. c. S. 361.
3) Pauline ▼. Nostitz, Johann Wilhelm Helfer's Reisen in
Vorderasien und Indien. Leipzig 1S73. Bd. IL, S. 41 f. H. Petermann,
Reisen im Orient Leipzig 1S61. Bd. U, S. 14S.
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 197
wohnem höherer Breiten durchaus nicht in gleichem Masse unbequem
sind. So erzählt uns Mungo Park^), dass im Februar 1796 in der
Nähe von Jarra (am Südrande der Sahara, unter 15 ^ n. Br. und 8 ^
w. L. V. Gr.) keiner der ihn begleitenden Neger vor Kälte hätte
schlafen können, weil 'das Thermometer nur auf 20 ^ C. zeigte. Und
Qt. Schweinfurth^) berichtet uns, dass nach längerem Bade im
Flusse Ibba (im Grebiete der Niam-Niam, etwa unter dem 5. Grad
n. Br.) seine Haut in einen Zustand der Erstarrung gerathen sei , als
er das Wasser verliess, da die Lufttemperatur kaum 30 ^ C. überstieg.
Fast genau soviel, als einzelne Temperaturmaxima über dem Null-
punkte liegen, befinden sich auch einzelne Temperaturminima
unter demselben. Die niedrigste bekannte Temperatur ermittelte
Gmelin bei Kiringa in Sibirien, nämlich 120^ F. imter dem Gefiier-
punkte ( — 66% ® C.) ^). Zu Wierchojansk in Tschuktschen - Lande
sank das Thermometer einmal bis zu — 62^/4 ® C. *), in Nischne Udinsk
(nordwestlich von Irkutsk) bis zu — -62V2^ C. ^), in Jakutsk (am
21. Januar 1838) bis zu —60« C«), in Jenissäisk bis zu — 59« C.
(Januar 1872), in Bogoslowsk (Ostfiiss des Ural) bis zu — 56® C.
(Januar 1868), in Bamaul bis zu — 55® C. (December 1860), in
Ischim (Ob-Gebiet) bis zu — 54o C. (Januar 1858) 7). Diesen Tem-
peraturen des asiatischen Continents lassen sich folgende aus den ark-
tischen Gebieten Amerika's zur Seite stellen: Capt. Back sah in Ft.
KeUance (62 » 46,5' n. Br.) am 17. Januar 1834 sein Alkohol -Ther-
mometer bis — 56,7® C. fallen®). Hayes beobachtete auf einer
Schlittenreise im Smithsunde (an der Westküste Grönland's) in der
Nacht vom 17. zum 18. März 1861 eine Temperatur von —55,8 ^ C.*),
Kane am 21. Januar 1842 im Bensselaer- Hafen eine solche von
— 55,6 0 C.
Die äussersten Temperaturwerthe, welche bisher auf Erden über-
^) Reise in das Innere von Afrika in den Jahren 1795, 1796 und 1797.
Hamburg 1799. S. 117.
*) Im Herzen von Afrika. Leipzig 1874. Bd. I, S. 473.
») Sir John F. W. Herschel, Physical Geography of the Globe. Sthed.
Edinburgh 1875. p. 238. Herschel giebt einfach —120*' F. (— 84V9* C.) an;
doch bemht dies wohl auf einem Versehen.
*) Nach Carl v. Neumann im Globus, Bd. XXVI (1874), Nr. 20, S. 314.
^ Nach Herm. v. Schlagintweit-S., 1. c. Bd. I, S. 417.
•) Nach Neweroff in Dove, Klimatologische Beiträge. Berlin 1857.
Bd. I, S. 55.
^) A. Wojeikof, Die atmosphärische Circulation (Ergänzungsheft Nr. 38
zu Petermann's Mittheilungen 1874). S. 8.
') Poggendorff's Annalen, Bd. XXXVHI (1836), S. 285.
») J. J. Hayes, The open Polar-Sea. London 1867. p. 284.
198 Dritter ThdL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
haupt wahrgenommen worden sind, entfernen sich demnach mehr als
130® C. von einander, somit weiter als Gefrier- und Siedepimkt
Dass der Mensch bei all diesen so aosserordentlich wechselnden
Temperaturen siegreich seine Existenz zu behaupten vermag, ist ohne
Zweifel ein bedeutungsvoQes Zeugniss f&r seine hohe Organisation.
E. Gleichzeitige Wärmeanomalien verschiedener
Gegenden.
Wenn auch im allgememen die Temperatur eines Ortes regd-
massig sich vollziehenden Schwankungen unterli^t, so sind doch dabei
kleinere und selbst grössere Abirrungen von der normalen Temperatur
nicht ausgeschlossen. Dove hat dieselben zum G^enstand einer ge-
nauen Untersuchung gemacht und in einer Reihe von Au&ätzen in den
Abhandlungen der Egl. Akademie der Wissenschaften za Berlin über
sie berichtet^).
Zweierlei hat Dove vor aUen Dingen durch seine Arbeiten scharf
erwiesen: 1) dass eine erhebliche Abweichung vom wahren Mittel, sei
es ein Ueberschuss oder ein Mangel an Wärme, nie örtlich beschrftnkt
ist, sondern sich vielmehr gleichzeitig über grössere Länderräume ver-
breitet, innerhalb welcher die Störung von einem Maximum in der
Mitte nach den Rändern zu allmählich abnimmt, und 2) dass, wenn
auf einer der beiden Halbkugeln an einem Orte eine solche Störung
der Temperaturverhältnisse erfolgt, irgendwo westlich oder östlich
vom Störungsgebiet eine Anomalie im entgegengesetzten Sinne eintritt.
Besässe z. B. das westliche Europa eine niedrigere Temperatur als die
normale, so müssten demnach etwa Nordamerika und Russland ein be-
sonders mildes Wetter gemessen, so dass auf der nördlichen Erdhälfte
immer ein Ausgleich stattfinde wie zwischen Soll und Haben einer ge-
ordneten Buchfbhrung.
Schon Hans Egede wusste, dass in Grönland ein milder Winter
sich einzustellen pflegte, wenn es in Kopenhagen besonders kalt war
oder umgekehrt, und die dänischen Kaufleute schätzen jetzt nach dem
nämlichen Er&hrungssatz die Menge derjenigen nach Island zu senden-
den Waaren, deren Consum durch die Rauhheit des Winters bedingt
ist. Auf Island herrschte beispielsweise grosse Milde im Januar 1740^
dem kältesten Wintermonat, über den bei uns Beobachtungen vorliegen.
Die Zuyder-See fror ganz zu, so dass Mitte Februar Schlitten von
Friesland nach Enkhuizen über die Eisfläche sich bewegen konnten.
Das schönste Beispiel ftir die Dove' sehe Lehre gewährt der Winter
^) Jahrgänge 1S38, S. 285 ff.; 1839, S. 305 ff.; 1842, S. 117 ff.; 1845,
S. 141 ff. und 1852, S. 67 ff.
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 199
von 1829/30, namentlich der December, in welchem sich in Central-
europa das Monatsmittel um 6 bis 12^ C. erniedrigte , während der
December in Jakutsk um 2,6^ C. und in Nordamerika um 4 bis
8 ^ C. zu warm ausfiel« Im Januar 1834 hatte umgekehrt das west-
liche und mittlere Europa vorwiegend positive Differenzen, Nordasien
und Nordamerika hingegen negative^).
Wir ftlgen noch ein Beispiel aus der neueren Zeit hinzu, auf wel-
ches W. V. Freeden, gestützt auf die Temperaturmessungen der
deutschen Polarfahrer im Jahre 1868, aufinerksam gemacht hat^).
Er berechnete zunächst nach dem Vorbilde und mit Hilfe der Vor-
arbeiten Dove's, wie hoch für jeden Tag des Jahres und einen ge-
gebenen Punkt der Erde die Temperaturen lauten sollten. Hierauf
verglich er die beobachteten und berechneten Temperaturen mit ein-
ander und 'fand, dass 1868 am Bord des deutschen Nordpolar&hrers
^Grönland^ an 104 Tagen die abgelesene Mitteltemperatur niedriger,
an 21 höher, an 3 Tagen aber gleich der normalen Temperatur des
jeweiligen Ortes war, so dass an den 128 Tagen der Fahrt 206,7
Tageswärm^rade (R) zu wenig und 13,1 Tageswärmegrade zu viel
abgelesen wurden, mithin während der Fahrt die durchschnittlichen
Tagestemperaturen um 1,5® R. (1,9® C.) zu niedrig waren, d. h. dass
der Sommer der Grönland-See von 1868 ein sehr ungünstiger gewesen
ist. Es waren nämlich die mittleren Monatstemperaturen von 1868
in Hamburg an Bord des Schiffes „Grönland''
über dem Monatsmittel: unter dem Monatsmittel:
Juni. .... 1,21 0 R. 2,260 r,
Juli 1,95« R 1,88 0 R.
August .... 1,79 0 R. 1,80 ^ R.
September. . . 1,28 ^R. 0,32 » R.
Summa: 6,23» R. (7,79 ^ C.) 6,26 « R. (7,82 <> C.)
Wenn also in Hamburg während der Nordpolarfahrt vom Juni
bis September 1868 ein Ueberschuss über die mittlere Monatswärme
von 6,23« R. bestand, so wurde dieses Uebermajss ausgeglichen durch
eine Erniedrigung in der Grönland -See um nahezu dieselbe Summe
der Mittelbeträge (6,26 « R.).
Diese Thatsachen lassen sich einfiäch auf folgende Weise erklären.
Die vorübergehende Begtlnstigung oder Benachtheiligung eines Erd-
raumes hinsichtlich seiner Wärmeverhältnisse hängt in erster Linie von
den vorherrschenden Winden ab, welche in der betreffenden Zeit wehen.
Je nachdem örtlich der Aequatorial- oder der Polarstrom Sieger ist,
') H. W. DoY e, Klimatolog. Beiträge. Berlin 1869. Bd. II, S. 240 ff. 289 ff.
*) Petermann 's Mittheilnngen 1869, S. 212.
200 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
beg^;nen wir hier einer relativ hohen oder niedrigen Temperatur. Da
nun, wie später gezeigt werden soll, der Wind auf einer ganzen Halb-
kugel nicht dieselbe Sichtung haben kann, sondern Ströme entgegen-
gesetzter Richtung neben einander belaufen müssen, so können sich
auch jene Abweichungen nicht auf einmal über eine ganze HalbkugeL
sondern nur über gewisse Zonen derselben erstrecken.
L. Seculäre Veränderung des Klimas.
Wenn es kaum einem Zweifel unterliegt, dass die Temperatur der
Erdoberfläche seit der Zdt ihrer Oluthflüssigkeit und allmählichen Er-
starrung ungeheure Wärmeverluste ^litten hat, so dürfte doch der
Nachweis einer Temperatunraminderung an der Erdoberfläche und in
der Atmosphäre in historischen Zeiten, was gleichbedeutend wäre mit
dem Nachweis einer verminderten Sonnenstrahlung, ziemlich schwer
fallen. Zwar kann die Abnahme der Sonnenkräfte nicht in Frage ge-
stellt werden (vgL Bd. I, S. 76 f.), und in der Theorie steht uns so-
mit der Rückgang der irdischen Temperaturen in kommenden Zeit-
altem fest; aber es ist äusserst schwierig, ftir die kurze Spanne der
letzten Jahrhunderte oder sdbst Jahrtausende sichere Zeugnisse für
eine derartige Temperaturwandelung beizubringen. Um£skBsen doch bis
jetzt genaue Temperaturbeobachtungen an keinem Orte der Erde einen
Zeitraum von wesentlich mehr als 150 Jahren!
Qlaisher hat für mehrere Perioden die mittlere Temperatur
von Greenwich berechnet Es ergab sich hierbei ftlr den Zeit-
raum von
1770 bis 1799 eine mittlere Temperatur von 8,7 <> C.
1800 „ 1829 „ „ „ „ 9,2 0 C.
1830 „ 1859 „ „ „„ 9,40 c.
' Hieraus würde sogar ein allmähliches Wachsthum der Temperatur
folgen. Dove hat gefunden, dass die mittlere Jahrestemperatur von
Berlin während -der Periode von 1848 bis 1865 nur um */go ® C. von
der aus 137 Jahresmitteln abgeleiteten Mitteltemperatur abweicht Da-
gegen sank nach Loomis die mitdere Temperatur von New-Haven
(Connecticut), welche in der Periode von 1778 bis 1820 9,5« C. be-
trug, innerhalb der Jahre 1820 bis 1865 auf 9^4 0 C. herab.
So geringe Differenzen erlauben uns jedoch keinen Schluss auf
wirklichen Wechsel der Temperatur. Sie können den Fehlem der in
verschiedenen Perioden angewandten Instrumente, der veränderten Auf-
stellung derselben und anderen Ursachen zugeschrieben werden. Da
die bisherigen Temperaturmessungen zu einem solchen Nachweis nicht
genügen, so hat man versucht, die Verbreitung gewisser Gewächse
hierzu zu benützen.
VII. Die Vertheilung der Wärme auf der Erdoberfläche. 201
Nach Arago's Auseinandersetzung^) kann die Temperatur Pa-
lästina's seit 3300 Jahren um nicht mehr als ^'^ ® C. varürt haben.
Die Früchte der Dattelpahne nämlich reifen nur in Ländern ^ deren
mittlere Jahrestemperatur mindestens 21 ^ C. erreicht; die Trauben des
Weinstocks liefern Wein nur in solchen Gegenden, deren mittlere
Jahrestemperatur 22 ^ C. nicht überschreitet. Moses' Kundschafter be-
gegneten nun in den Thälem Canaan's einer reichen Dattel- und Wein-
cultur; somit muss damals die mittlere Jahrestemperatur in den Niede-
rungen des gelobten Landes 21 V2^ C). gewesen sein, d. i. genau die-
selbe wie heute.
Indessen ist diese Beweisfiihrung nicht so untrügUch, als sie beim
ersten Blick erscheint Es wäre ja möglich, dass die Dattelpalme und
die Bebe damals in wesentlich anderer Meereshöhe gediehen als gegen-
wärtig. Mit Hilfe einer Verschiebung ihrer Culturgrenze Uesse sich
also immer noch eine kleine Temperaturveränderung erklären.
Zur Begründung einer gegenwärtigen Temperaturabnahme soll
sehr häufig die Thatsache dienen, dass der Weinbau während des
Mittelalters in Deutschland viel weiter nach Norden verbreitet war als jetzt.
Doch muss hier wiederum vor allzu raschen Schlussfolgerungen gewarnt
werden; denn die Pflege des Weinbaues ist von vielen Factoren auch
nicht kUmatischer Natur abhängig. Der Weinbau konnte sich so lange
über ein weites G-ebiet von Norddeutscbland erstrecken, als man mehr
auf die Blume der Weine sah und darüber die Süssigkeit vergass.
Wir besitzen Berichte alter Chronisten, in welchen ausdrücklich hervor-
gehoben wird, dass in besonders heissen Jahren das Erzeugniss der
Beben in der Provinz Preussen etwas weniger von seiner gewöhnlichen
Säure gehabt habe. Offenbar spricht diese Notiz nicht für die Wärme
des Klimas, sondern nur flir die wenig wählerischen Zungen der deut-
schen Herren. Mit fortschreitender Verfeinerung der Zunge aber zog
sich der Weinbau auf diejenigen Gebiete zurück, welche eine schmack-
hafte Frucht liefern. Die Werthlosigkeit saurer Weine war also die
eigentliche Ursache, weshalb man den Weinbau späterhin an vielen
Orten aufgab.
Auch die Picardie, Bretagne, Normandie imd England hatten im
Mittelalter grosse Bebenanpflanzungen; doch waren jene Trauben sicher
nicht besser als die preussischen. Mit Becht bemerkt Martins^):
Hat man im 13. Jahrhundert Krähen, Störche und Seeraben fiir Deli-
^) Les climats terrestres tels qu'on peut les d^duire des observations faites
dans divers siScles in: Annuaire pour Tan 1834 pr^sentö au roi par le bureau
des longitudes. Paris lSd2. p. 202.
*) Des climats de la France in: Annuaire m^tdorologique de la France
pour 1850. Paris 1S50. p. 111 sq.
202 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
catessen gehalten, wanim soll man nicht auch sauren Wein mit Be-
hagea getrunken haben? Ja, ein Schriftsteller des 13. Jahrhunderts,
Henri d'Andely, sagt in seiner ,yBataiUe des vins" geradezu, aDes
Gewächs in England, Flandern und in Frankreich jenseits der Qise
sei niditswtirdig ^).
Femer wissen wir genau, dass die Cnltur der Orangenbäume in
Roussillon und in der Provence, sowie bei Ifizza und Genua seit dem
Mittelalter bedeutend zurQckgedrftngt worden ist, weQ die Früchte
dieser Gegenden die Concurrenz mit denen aus Spanien und Sicilien
nicht bestehen konnten. Wahrschdnlich verschwinden in den erst-
genannten Gebieten die Citrushaine in späteren Zeiten fibst ganz*; würde
dann jemand berechtigt sein, klimatische Aenderungen hi^rfiir verant-
wortlich zu madien?
Endlich sei noch erwähnt, dass einige Alpengletscher jetzt wdter
vordringen als ehemals, so der grosse Aletschgletscher, welcher jetzt
einen Pass bedeckt, auf dem ehemals die Protestanten des OberwalEs
ihre Kinder zur Taufe nach Grindelwald trugen^). Aber auch dieses
Moment zwingt uns nicht zur Annahme einer seculären Variation des
iniTOA« Es sei hier daran erinnert, dass gleidizeitig in den Alpen
auch einige Gletscher im Rückzug b^riffen sind, so der Grinddwald-,
Rhone-, Vieseher-Gletscher u. a., ohne dass eine merkliche Temperator-
veränderung dabei stattfindet Es liegen hier demnach locale Ursadi^i
zu Grunde, welche sich mdst nur sehr schwer bestimmen lassen, da
die Meereshöhe des unteren Gletscherendes von gar vielen zusammen-
wirkenden Ursadien abhängig ist
Nach alledem ist wohl die Behauptung gerechtfertigt, dass die
Wärmeverhältnisse der Atmosphäre innerhalb der historischen Zeit
wesentlichen Wandelungen er&hren haben.
^) £. £. Schmid, Lehrbuch der Meteorologie. Leipzig 1860. S. 4o5.
-) E. E. Schmid, 1. c. S. 457.
VIII. Die Winde.
Jede Luftbewegung i&k Wind, also nicht bloss die in horizontaler
Richtung erfolgende, auf welche der Volksmund den Begriff Wind
beschränkt, sondern auch die auf- und abwärtssteigende. Die Erfor-
schung der letzteren ist freilich zur Zeit noch eine sehr ungenügende,
da sie sich der directen Beobachtung weit mehr entzieht als die erstere
und meist nur an der Veränderung des Barometerstandes, sowie an
eigenthümlichen Wolkenformen (Cumuluswolken) erkannt wird. Es sind
darum hauptsächlich die horizontal wehenden Winde, mit denen wir
uns hier zu beschäftigen haben.
Ihre Richtung bezeichnet man von jeher nach derjenigen Him-
melsgegend, von welcher der Wind herkommt. Die Himmelsgegen-
den fiihren hierbei dieselben Namen wie auf dem Compass. Nach den
vier Cardinalpunkten des Horizonts unterscheidet man daher zunächst
Nord-, Ost-, Süd- und Westwind. Durch successive Halbirungen er-
hält man dann die vier Zwischen winde : Nordost, Südost, Südwest,
Nordwest, und hierauf Nordnordost, Ostnordost, Ostsüdost, Südsüdost,
Südsüdwest, Westsüdwest, Westnordwest und Nordnordwest. Weitere
Theilungen werden in der Meteorologie äusserst selten . gebraucht.
Zur Ermittelung der Windrichtung bedient man sich der Wind-
fahne, welche mögUchst frei angebracht und leicht drehbar sein muss.
Femer ist es ein unbedingtes Erfordemiss, dass ihr Schwerpunkt in
die Drehungsaxe Mit und diese völlig vertical steht, da sonst bei
sch?vachem Winde die Fahne nach derjenigen EKmmelsgegend zeigt
oder vielmehr herabhängt, nach welcher die Axe geneigt ist
Die Windrichtung in den oberen Luftregionen lässt sich häufig
aus dem Fluge der Wolken ableiten; nicht selten ist sie derjenigen
in den unteren Regionen völlig entgegengesetzt.
Die Geschwindigkeit des Windes wird mit Hilfe eines Ane-
mometers oder Windmessers bestimmt. Dieses Instrument kann
in verschiedener Weise construirt werden; Fig. 15 stellt Robin son's
204
Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der £rde.
Anemometer dar. Ein senkrechter, leicht drehbarer Stab trägt ein
horizontales, rechtwinkliges, gleicharmiges Kreuz, an dessen Endoi
vier leichte, hohle Halbkogehi so befestigt sind, dass ihre gewölbten
Fig. 15.
Anemometer (Windmesser) *).
Flächen in EBnsicht auf die einzehien Arme des Elreuzes nach dner
Seite und zwar nach derjenigen gewandt sind, nach welcher sich das
Kreuz bew^t Woher auch der Wind wehen mag, so trifft er doch
immer auf zwei Halbkugefai, von denen ihm die eine ihre hohle, die andere
ihre gewölbte Fläche zukehrt. Da er nun auf die hohle Seite .stärker
wirkt als auf die gewölbte, an welcher er gleichsam abgleitet, so ro-
tirt das Kreuz in der Weise, dass die gewölbte Seite der Halbkugehi
vorangeht Bei jeder Vierteldrehung des Eltcuzcs bietet das ganze
System dem Winde (Ueselben Verhältnisse dar; daraus resultirt zu-
gleich, ^ass es immer in gldchem Sinne fortschreitet, von welcher
Himmelsgegend auch der Wind kommen mag. Durch Versuche hat
man gefunden, dass der Mittelpunkt einer der Halbkugeln einen zwei-
bis dreimal so kleinen Weg zurücklegt wie der Wind, welcher die
treibende Kraft ausübt Aus der Zahl der Umdrehungen lässt sich
also die Geschwindigkeit des Wiades berechnen. Um der Arbeit des
directen Nachzählens überhoben zu sein, ist das untere Ende der senk-
rechten Axe mit einer endlosen Schraube versehen. Die Oänge der-
^) Ans H. Mohn* 8 Grandzagen der Meteorologie. 2. Aofl. Berlin 1S79.
S. 134.
VIII. Die Winde. 205
selben greifen in die Zähne eines Rades ein, so dass bei jeder vollen
Umdrehung der Axe das Rad um einen Zahn vorwärts rückt. Be-
sitzt also das Rad 50 Zähne, so sind 50 Umdrehungen der Axe noth-
wendig, bevor es eine emzige Umdrehung vollendet hat Durch ein
kleineres Zahnrad (Trieb), welches mit der Axe des Rades verbunden
ist und etwa 10 Zähne hat, wird die Bew^ung auf ein grösseres Rad
mit c. 100 Zähnen übertragen, welches letztere sich natürlich 10 mal
so langsam dreht, also auch erst eine Umdrehung vollzieht, während
das erste 10 derselben macht. In ähnlicher Weise 'lassen sich noch
mehrere Räder hinzufügen. Ein vor jedem Rade senkrecht stehender
fester Zeiger belehrt uns jederzeit über die Anzahl der (numerirten)
Zähne, welche ihn bereits passirt haben. Hieraus aber ergiebt sich,
wie oft sich das erste Rad imd auch das Kreuz gedreht hat und wie
weit der Wind innerhalb der Beobachtungszeit gelangt ist. Voraus-
gesetzt z. B., dass der Mittelpunkt der Halbkugehi 0,5 Meter von
der Drehungsaxe entfernt ist, so ist ihr W^ bei einer Umdrehung
= 2 X 3,14 X 0,5 Meter oder 3,14 Meter, während der Wind in
derselben Zeit eine dreimal so grosse Strecke, nämlich eine solche von
3,14 Metern X 3 = 9,42 Metern durchläuft. Hat das erste Rad
50 Zähne, so entspricht der ersten Umdrehung desselben ein Windweg
von 9,42 Metern X 50 = 471 Metern, der ersten Umdrehung des
zweiten Rades (nach der oben angenommenen Zahl der Zähne) ein
Windweg von 4710 Metern, der ersten Umdrehung des dritten ein
Wind weg von 47 100 Metern etc. Man hat daher nur den Stand der
verschiedenen Räder am An&ng und Ende eines gewissen Zeitraums
zu notiren, um dann aus der Zahl der Umdrehungen durch eine ein-
fache Multiplication zu ermitteln, wie weit der Wind innerhalb dieses
Zeitraumes vorwärts drang, worauf sich ja leicht berechnen lässt, mit
welcher durchschnittlichen Geschwindigkeit er während einer beliebigen
Zeiteinheit (Stunde, Minute, Secunde) seinen Pfad durcheilte.
Der Druck des Windes wird am besten durch eine der Wind-
seite zugekehrte Platte gemessen, hinter welcher sich mehrere Gegen-
druck leistende Federn befinden. Das Mass, in welchem sie zusammen-
gepresst werden, lässt uns die Grösse des Winddruckes erkennen. Ge-
wöhnlich wird derselbe in Kilogrammen ftlr den Quadratmeter an-
gegeben. Zahlreiche vergleichende Versuche haben zu dem Resultate
geführt, dass der Druck des W'indes dem Quadrate der Geschwindig-
keit proportional ist. Beträgt z. B. die Geschwindigkeit des Windes
7 Meter in der Secunde, so übt er einen Druck von c. 6 Bölogrammen
auf den Quadratmeter aus; eine doppelt so grosse Windbewegung aber
(also von 14 Metern in der Secunde) bewirkt einen 4 mal so grossen
Druck, nämlich von c. 24 E^ilogrammen auf den Quadratmeter.
206
Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Um 80 kostspidige Instnunente, wie es die Apparate zur Messung
des Druekes und der Greschwindigkeit des Windes sind, entbehren zu
können, bedient man sich nicht selten eines viel dn&cheren, allerdings
auch nicht so correcten Ver&hrens zur FeststeQung der Windstärke:
man sdiätzt dieselbe nach gewissen, fiust überall in der Natur zu be-
obachtenden Voigängen, insbesondere nach den Bewegungen, weldie
die yerschiedenen TheQe des Baumes zeigen. Die gewöhnlichste Scala
der Windstarke, welche sich auf derartige Verhältnisse gründet, ist
folgende ^) :
Windstärke. «£ wÄ"*
Winddruck.
0 — 6
M«t«r in der
Seconde.
Kilogramm «af den
Quadratmeter.
Wirkungen
des
Windes.
0
2
8
4
5
6
Stille
Schwach
Massig
Frisch
Stark
Sturm
Orkan
0 bis 0,5*)
0,5-4
4—7
7— 11
11-17
17-28
über 28
0 bis 0,15
0,15—1,87
1.87—5,96
5,96—15,27
15,27—34,85
84,35—95,4
über 95,4
Der Bauch steigt gerade
oder fast gerade empor.
I Für das Gefühl merkbar,
I bewegt einen WimpeL
; Streckt einen Wimpel,
■ bewegt die Blätter der
t Bäume.
I Bewegt die Zweige der
Bäume.
I Bewegt eprosse Zweige ul
schwächere Stämme.
' Die ganzen Biume wer-
i den bewegt
I Zerstörende Wirkungen.
Für den Seemann ist natürlich diese Scala unbrauchbar; dagegen
bieten ihm die Gteschwindigkeit und die S^;dftQirung eines Schiffes
Mittel genug, die Windstärke in ähnlicher Weise zu bestimmen.
Bichtnng und Stärke des Windes wechseln nach Ort und Zeit
ausserordentlich. Bergländer mit einem manigfialtig g^liederten Belief
hemmen die freie Entwicklung des Windes. Häufig hat hier der Wind
in den unteren Regionen dieselbe Richtung wie die Thäler, weshalb
oft schon an Nachbarorten Richtung und zugleich auch Stärke des
Windes keinerlei Uebereinstimmung darbiete. Im allgemdnen er-
mattet die Kraft des Windes in den niederen TheQen des Gebirges.
Auf weiten Ebenen sind die Winde viel gleichmässiger und regel-
*) H. Mohn, Grundzüge der Meteorologie. 2. Aufl. Berlin 1879. S. 13S.
*) Wir glauben in der That oft im Freien Windstille zu beobachten,
während die Geschwindigkeit der Luftströmung einen halben Meter in der
Secunde beträgt.
Vm. Die Winde. 207
massiger; auch ist ihre Gresch windigkeit hier durchweg grösser als in
den Gebirgen, wird aber noch übertroffen durch die Schnelligkeit der
Winde auf offener See, ' wo sich ja fast keinerlei Hindemisse ihnen
entgegenstellen. So ist nach H. Mohn^) die durchschnittliche Wind-
stärke das Jahr über an der norwegischen Küste 2,5 bis 3 Meter, in
Bergen 2,1, in Christiania 1,4 und bei Dombaas auf dem Dovre^eld
nur 0,9 Meter in der Secunde. Femer hat man in Yarmouth an der
Ostküste fkigland's beobachtet, dass der von Ost kommende Seewind
im Mittel eine doppelt so grosse Geschwindigkeit besitzt als der von
West her blasende Landwind, obwohl die Uferlandschaften ziemlich
flach sind. Dieser Gegensatz verschwindet indess gar bald, wenn man
sich aufs Meer begiebt; denn bereits auf dem V2 geographische Meile
ostwärts sich befindenden Leuchtschiffe treten Ost- und Westwind mit
gleicher Stärke auf.
Prallt ein Wind senkrecht gegen eine gut geschlossene Gebirgs-
mauer, so wird er gezwungen, an den Abhängen des Gebirges empor-
zusteigen, und die an der Leeseite, also gewissermassen im Windschatten
gelegenen Abhänge haben dann Windstille. Nur am Rande dieser ge-
schützten Zone entfalten sich schwächere rücklaufende Strömungen,
die sich recht passend vergleichen lassen mit der Rückströmung an der
hinteren Seite eines Strompfeilers. Sie dienen offenbar ziu: Ausfüllung
der an der Rückseite nothwendig entstehenden Leere. Mühry*) be-
zeichnet diesen Vorgang als „Circumtraction des Windes".
Da der Wind an der unebenen Erdoberfläche und selbst noch
über dem unablässig wogenden Meere eine Hemmung erleidet, welche
in höheren Luftregionen völlig verschwindet, so ist die Bewegung des
Windes naturgemäss auf den Höhen durchgängig eine viel schnellere
und kräftigere. Deutliche Zeugnisse hierfür sind, abgesehen von directen
Messungen, der selbst bei ruhigem Wetter oft zu bemerkende rasche
Flug der Wolken und der starke Luftzug auf den Spitzen isolirt sich
erhebender Berge.
Die Windstärke ist jedoch nicht bloss örtlichen, sondern auch zeit-
lichen (täglichen und jährlichen) Schwankungen unterworfen. Schon
Kämtz^) hatte die tägliche Periode erkannt; sie erhielt einen ge-
naueren Ausdruck durch die Beobachtungen imd Berechnungen Os-
ler's in Birmingham*), Quetelet's in Brüssel^) und Gräger's in
*) L c. S. 140 f.
* *) ^S^' Mühry in der Zeitschrift der österreichiBchen Gesellschaft ftir
Meteorologie. Bd. II (1867), S. 541—543. Bd. VI (1871), S. 362— 366. 375—378.
") Lehrbuch der Meteorologie. Leipzig 1831. Bd. I, S. 217.
*) Report of the British Association for the advancement of science 1840.
London 1841. p. 347.
^ Nouveaux m^moires de Tacad. etc. de Bruxelles. TomeXyntl844),p. 43.
208 Dritter TheiL Die Wasser- und Lnfthnlle der Erde.
Mühlhausen am Eichsfeld ^). Die auf Grund jener Beobachtungen zu-
sammen gestellten Tabellen belehren uns, dass die Windstärke im all-
gemeinen mit der Intensität der Sonnenstrahlung wächst und abnimmt
Sie erreicht ihr Maximum kurz nach Mittag, ihr Minimum um Sonnen-
aufgang. Von Sonnenuntei^ang bis Sonnenaufgang bleibt sie ziemlich
constant und ist nur ^/g- bis ^l^msl so gross als gegen Mittag. So
beträgt beispidsweise in Birmingham der mittlere jährliche Winddmck
auf eine Fläche Yon 1 engl Quadratfuss um 3 Uhr Nachts 108,5, um
1 Uhr Mittags aber 295,6 engl Pfund, und für Mühlhausen ist die
mittlere jähriiche Geschwindigkeit des Windes Vormittags 9 Uhr =
3,73 Meter in der Secunde, Nachmittags 1 Uhr hingegen 5,00 Meter.
Neuere Untersuchungen in Elngland haben ergeben, dass daselbst im
Jahresmittel die Geschwindigkeit des Windes von Mittemacht (11,03
engl Meilen^) in der Stunde oder 4,93 Meter in der Secunde) bis
Nachmittags 3 Uhr (15,11 engl. Meilen in der Stunde oder 6,75 Meter
in der Secunde) sich steigert, um von da ab stetig wieder bis Mitter-
nacht zu sinken^).
Auch in den yerschiedenen Jahreszeiten scheint der Wind eine
verschiedene Eneigie zu entfidten. Mehrjährige Aufzeichnungen in Eng-
land fährten zu dem Resultate, dass die mittlere Geschwindigkeit des
Windes in der Stunde sich belief
im Winter auf .
im Frühling auf .
im Sommer auf .
im Herbst auf
15,6 engl. Meilen,
15,1 „
11,8 .
11,5 . .*).
Es sind also Winter und Frühling ungleich stürmischer als Som-
mer und Herbst Die durchschnittliche Geschwindigkeit war gleich
12,61 engl Meilen in der Stunde. Der Maximalwerth der Wind-
schnelligkeit dürfte in unseren Breiten kaum 72 engl. MeQen (116 Kilo-
meter) in der Stunde überschreiten; diese Stärke hatte nach den Be-
obachtungen auf dem Observatorium zu Glasgow der Orkan, welchem
die grosse Eisenbahnbrücke bei Dundee am 28. December 1879 zum
Opfer fiel Fügen wir dem noch hinzu, dass englische Schnellzüge in
der Stunde einen Weg von 60 engL Meilen (96,5 Kilometer oder 13,0
geogr. Meilen) zurücklegen, so dürfen wir auch sagen, dass in unseren
Breiten selbst von starken Stürmen bewegte Lufttheilchen von einem
Eilzuge überholt werden könnten; nur der Orkan braust noch rascher <
') Poggendorff's Annalen, Bd. LXII (1844), S. 393.
^) 1 engl MeUe » 1609»3 Meter.
"") H. W\ Do ve, Klimatologische Beiträge. Berün 1S69. Bd. II, S. 12.
*) 1. c S. II f.
VIII. Die Winde. 209
dahin ak dieser. Verglichen mit der Rotationsgeschwindigkeit der Erde
am Aequator (225 geogr. Meilen in der Stande) ist die Schnelligkeit
der Luftbewegung selbst bei Orkan (13 geogr. Meilen in der Stunde
oder 32% Meter in der Secunde) eine äusserst geringe.
Die durchschnittliche Geschwindigkeit des Windes ist nur fiir
wenige Orte der Erde anemometrisch bestimmt. Sie beträgt ftir eine
Stunde
in Toronto (Canada) .... 8,98 engl. Meilen,
„ Philadelphia 6,39 „
^ Sturbington (England). . . 15,56 „ ^
„ Devonport 21,48 „ „
„ Greenwich 20,15 „ „ ^)
Viel mächtiger und verheerender als in unseren Breiten treten die
Orkane in der tropischen Zone auf, und es könnte demnach scheinen,
wie früher auch thatsächlich viel&ch angenommen wurde, als ob die
Polargebiete niemals von so mächtigen Stürmen heimgesucht würden
wie unsere Breiten. Dies wäre jedoch, wie wir aus der Geschichte
der zweiten deutschen Polarfahrt wissen, durchaus nicht richtig ^). Am
16. bis 20. December 1869 hatten nämlich die deutschen Polarreisen-
den mit einem 103 Stunden lang anhaltenden, wüthenden Orkan zu
kämpfen. Da er in der Stunde eine mittlere Geschwindigkeit von 60 See-
meilen (= 15 geogr. Meilen) besass, so konnte er, wenn er in gerader
Linie nach Süden seinen Weg fortgesetzt hätte, innerhalb jener Zeit
die Breite des Südendes von Afrika erreichen, also mehr als ein Viertel
des Erdumfangs durchlaufen. Bei einer Geschwindigkeit des Windes
von 67 bis 68 Seemeilen in der Stunde (35 Meter in der Secunde)
wagte man noch, an's Land zu gehen.* Zu Zeiten konnte man das
Anemometer gar nicht mehr ablesen; ohne Zweifel war die Geschwindig-
keit auf 70 bis 75 engl. Meilen gestiegen.
Die Entstehung des Windes wie überhaupt eines Lufbcirculations-
systems lässt sich am besten erläutern, wenn man im Winter ein ge-
heiztes Zimmer ein wenig öffiiet und sich mit einer brennenden Kerze
dem Spalt naht. Bringt man die Kerze an äas obere Ende des Spalts,
so wird die Flamme nach aussen , d.. i. nach dem kälteren Corridor
hin umgebogen. Indem man die Kerze weiter nach unten rückt, ver-
hört die Flamme ihre seitliche Neigung mehr und mehr; in der Mitte
des Spalts stellt sie sich senkrecht; endlich strebt sie mit ihrer Spitze
^) £. E. Schmid, Lehrbuch der Meteorologie. Leipzig 1860. S. 538 nach
C off in, Winds of the northem hemisphere. Washington city, published hy
the Smithsonian Institution. New-Yor^ ^*^«^^ -- 173. 177. 180—182.
2) Die zweite deutsche Nordpo ^ Jahren 1869 und 1870.
Leipzig 1874. Bd. I, Abth. 2, S. 4?
Peschel-Leipoldt, Pbys. Erdkunde
210 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
nach dem Zimmer hin und zwar um so mehr, je weiter man sich dem
unteren Ende des Spalts nähert. Diese Veränderung der Flammen-
richtung ist offenbar die Folge einer Luftdrculationy deren Deutung
keinerlei Schwierigkeiten bereitet
Im Zimmer befindet sich warme, also relativ leichte, auf dem
Corridor kalte, somit relatiy schwere Luft. Sobald nun das Zinmier
geöffiiet wird, dringen die beiden ungleich schweren Luftarten gegen-
seitig in einander ein, da kältere und somit dichtere Luft neben wär-
merer und deshalb weniger dj^hten nicht in gleichem Niveau ruhen
kann. Dabei bewegt sich die kältere Luft des Corridors als die
schwerere unmittelbar über der Schwelle nach dem Zimmer zu, wäh-
rend die warme Luft des Zimmers als die leichtere oben nach dem
Corridor hin abzieht In der Glitte des Spalts neutralisiren sich beide
Luftströmungen, denen die Flamme stets gehorchte.
Wie hier im Kleinen, so werden in der Natur überaU die Luft-
strömungen hervorgerufen durch Wärme- und — was gewöhnlich eng
damit verbunden ist — durch Sdiwereunterschiede der Luft;. Best^t
ii^ndwo kalte und warme, d. i. schwere tmd leichte Luft neben ein-
ander, so sucht sich die erstere am Boden, die letztere in der Höhe
auszubreiten. In stärker erwärmten Geg^iden steigt die durch die
Wärme ausgedehnte und daher leichter gewordene Luft empor, um
oben nach kälteren Gebieten abzufliessen und zugleich der unten seit-
wärts herbeiziehenden relativ kalten und schweren Luft das Feld zu
räumen.
Hängt die Entwicklung der Winde so innig mit den Temperatur-
verhältnissen zusanmien, so darf man schon im voraus vermuthen,
dass, falls irgendwo über zwei Nachbarräumen innerhalb einer täg-
lichen oder jährlichen Periode eine Temperaturungleidiheit bald zu
Grünsten des einen und bald zu Gunsten des anderen Raumes eintritt
auch der Wind einer entsprechenden täglichen, resp. jährlichen Periode
unterliegt In der That existiren derartige periodische Winde.
Die tägliche Periode in der Richtung und zugleich in der Stärke
des Windes zeigt sich vor allem in der tropischen Zone an den Ufern
des Meeres in dem r^elmässig wechsehiden Land- und Seewind.
Sie werden dadurch erzeugt, dass die Temperatur der Landoberfläche
yiel grösseren Schwankungen unterworfen ist als diejenige der Meeres-
oberfläche, was natürlich auch von der Luft über beiden gilt Wind-
stille herrscht, so lange die Temperaturen über Land und Meer die-
selben sind. Durch eine kräftige Sonnenstrahlung wird das Land und
somit auch die über ihm lagernde Luft relativ stark erwärmt; in Folge
thermischer Auflockerung steigt daher über dem Lande ein Strom
erhitzter Luft senkrecht empor. Gleichzeitig aber setzt die Seebriae
VIII. Die Winde. 211
ein, welche vom Meere nach dem Lande hin bläst, also von dem Ge-
biete kälterer, schwererer Luft nach demjenigen thermisch aufgelockerter
Luft. Dieser Strömung entspricht natürlich in den oberen Luftregionen
ein gerade umgekehrt, also vom Land nach dem Meere wehender Wind.
Die Intensität des Seewindes ist nicht unmer dieselbe; sie wäclist bis
zu dem Zeitpunkte, in welchem der Temperaturunterschied zwischen
Land und See am grössten ist und vermindert sich dann allmähUch,
bis sich über Land und See annähernd gleiche Temperaturen vor-
finden; damit wird eine kurze Periode der Windstille eingeleitet. Ge-
wöhnlich fangen die Seewinde Vormittags 9 Uhr als sanftie, kaum
wahrnehmbare Brisen an, die allmählich an Frische gewinnen, von 12
oder 1 Uhr ab bis 3 Uhr am kräftigsten sind und gegen Nachmittag 5 Uhr
ihre Thätigkeit ganz einstellen. Auch hier bestätigt sich, was oben
(cf. S. 208) bereits in allgemeinerer Form gesagt wurde, dass der Wind
gegen Abend ermattet; in unserem Falle schlummert er völlig ein.
Da das Land, sobald die Sonnenstrahlung au%ehört hat, rascher
erkaltet als das Meer, so sinkt auch die Temperatur der Luft über
dem Land vergleichsweise tiefer herab, imd nun beginnt der Land-
wind seine Thätigkeit, während in den oberen Luftregionen eine Com-
pensationsströmung von dem Meere nach dem Lande gerichtet ist.
Die Zeit, während welcher Landwinde wehen, lässt sich nicht "bestimmt
angeben. Sie erheben sich zwischen 6 und 12 Uhr Nachmittags und
endigen zwischen 6 und 10 Uhr Vormittags. In der Nähe von Vor-
gebirgen und Landzungen ist der Seewind stärker, tritt früher ein und
hört später auf; an tief eindringenden Golfqn hingegen gut dies von
den Landwinden. Letztere sind oft ziemlich weit im Innern des Lan-
des noch bemerkbar, erstrecken sich aber seewärts kaum 3 bis 4 eng-
lische MeUen weit. Für die Küstenschifftahrt sind Land- und Seewind
selbstverständlich von namhafter Bedeutung.
Innerhalb der tropischen Zone, wo die Winde in vielen Gegenden
das ganze Jahr hindurch aus Osten (Nordosten oder Südosten) kom-
men, wie im Atlantischen und Stillen Ocean und im südlichen Theile
des Indischen Oceans, oder im Sonunerhalbjahr aus Südwesten, im
Winterhalbjahr aus Nordosten wehen, wie im nördlichen Theile des
letztgenannten Weltmeeres, werden Land- und Seewind theils gestärkt,
theils geschwächt. Im Gebiet der Passate sind an den Ostküsten
der Inseln und Festiänder die Seewinde weit kräftiger als die Land-
winde, während an den Westküsten umgekehrt die Landwinde domi-
niren. In der Region der Monsune erfahren an jeder Küste in den
beiden Jahreshälften abwechselnd Land- und Seewind eine Kräftigung,
resp. Öemmung. Zugleich werden sie daselbst durch die übrigen Luft-
strömimgen mehr oder minder abgelenkt; daher schneiden hier Land-
14*
212 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
und Seewind bisweilen nicht im rechten^ sondern im sefarfigen Winkel
die Küste. Oft sind sie nur im Stande, die herrschenden T/^de ein
wenig zu stören oder werden von diesen wohl gar gänzlich unterdrückt.
In nördlichen Breiten^ wo sich die Unterschiede zwischen Tages-
und Nachttemperatur bedeutend vermindern, gehören Land- imd See-
wind zu den selteneren Erscheinungen. Doch werden sie noch beob-
achtet auf Teneriffii ^) , in Nordafirika bei Tunis ') und in Südeuropa
an den Küsten Italien's und auf Greta ^). Für HoDand, Russhind
(Petersburg) und selbst Gh^nlond ist wenigstens die Tendenz zur Bil-
dung dieser Winde nachgewiesen worden; denn es hat sich gezeigt,
dass während des Tages Küstenlinie und Windrichtung sich mdir
einem rechten Winkel nähern als während der Nacht ^). Sogar an
den Ufern grösserer Binnenseen hat man Land- und Seewinde wahr-
genommen, nämlich am Garda- und Bodensee, sowie am Eriesee. Wir
erkennen hieraus, dass, wenn irgendwo eine örtliche Auflockerung der
Luft durch stärkere Erwärmung eintritt, sofort eine locale Umbiegung
der Windströmung hervorgonien wird, selbst wen^ die letztere eine
relativ kräftige und weit verbreitete sein sollte.
Als Land- und Seewinde in 'grossem Style, welche jedoch nicht in
täglichen, sondern in jährlichen Perioden wechseln, können wir auch
die Mon'sune (von dem altarabischen Mausim, d. h. Jahreszeit) be-
trachten. Ihr Schauplatz ist vor allem der nördliche Theil des In-
dischen Oceans, die China- und Java-See und der anliegende Theil des
Stillen Oceans.
Ueber dem nordhemi£|>härischen Gebiet des Indischen Oceans und
dem Meeresraum zwischen Hinterindien und Japan entwickeln sich die
Monsune in folgender Weise. Während der südlichen Dedination der
Sonne, also während unseres Winters weht dort, wie auch anderwärts in
der Nordhälfte der tropischen Zone, der Nordostwind. G^en Ausgang
März und An£uig April wird derselbe verdrängt durch den Südwest-
wind, welcher von diesem Zeitpunkte an ein halbes Jahr lang, also
bis October herrschend bleibt. Um diese Zeit erneut sich das Bingen
der beiden Winde und endet schliesslich mit dem Si^e des Nordost
welcher sich nun wieder ein halbes Jahr behauptet Uebrigens beginnt
der Kampf zwischen beiden Monsunen nicht mit einem Male auf der
ganzen Linie, sondern er setzt stets im Norden ein und schreitet nach
*) Leopold Y. Buch, Physikalische Beschreibong der canarischen In-
sebi. Berlin 1825. S. 15.
«) Falbe in Poggendorff's Annalen, Bd. XIV (182SX S. 625.
') Sieb er, Reise nach der Insel Greta. Leipzig and Soran 1823. Bd.
II, S. 30. Brandes, Beitrage zur Witterongskonde. Leipzig 1820. S. 135.
*} £. £. Sehmid, Lehrbuch der Meteorologie. Leipzig 1860. S. 497.
VIII. Die Winde. 218
Süd allmählich weiter fort. Während zwischen dem 22. und 20. Grad
n. Br. schon im Februar die beiden Munsune gleich mächtig einander
gegenüber stehen und der Südwest Anfang März bereits der stärkere
ist, gelangt ^dieser zwischen dem 20. und 15. Grad n. Br. erst Ende
März und weiter südwärts in der Mtte und gegen Ende April zur
Geltung. Dementsprechend weicht der Südwest zwischen dem 22. und
15. Grad n Br. schon in der Mitte October, zwischen dem 15. und 5. Grad
n. Br. Ende October und Anfang November und in den südlichsten
Gebieten erst Mitte December. Somit theUen sich die Monsune
nicht ganz gleichmässig in die beiden Jahreshälften, sondern der Süd-
westmonsun weht im allgemeinen gegen 7 Monate, der Nordostmonsun
hingegen nur 5 Monate ^). In der Nähe des Aequators verlieren beide
l>edeutend an Energie imd entwickeln sich auch nur während eines
kürzeren Zeitraumes.
Für die Entfiiltung der Monsune im Indischen Ocean ist in erster
Linie die Lage und Configuration des asiatischen Continents mass-
gebend. Während der Wintermonate erhebt sich die Sonne am höch-
sten über dem südlichen Theile der Tropen, f^ ist daher die Zone
höchster Wasser- und Luftwärme einige Grade südlich vom Aequator
zu suchen, in dessen Nähe zugleich auch ein Gebiet relativ geringen
Luftdruckes sich vorfindet (vgl. hierzu Fig. 7 und 12). Gleichzeitig
erreicht über dem im Winter stark erkalteten asiatischen Continent der
Luftdruck den ungewöhnlich hohen Werth von 775 MiUimetem. Es
ist demnach zu erwarten, dass über dem nördlichen Theil des Lidischen
Oceans durch die unteren Luftschichten ein Strom von Nord nach Süd
«einen Weg nimmt, während ein anderer in den oberen Regionen pol-
wärts wandert. Wenn die Sonne jedoch im Sommer über der nörd-
lichen Halbkugel weilt, steigert sich die Hitze über den grossen Länder-
massen Asien's in ausserordentlicher Weise; zugleich aber sinkt hier
der Luftdruck bis unter 748 MiUimeter herab, während der Luftdruck
am Aequator ebenso wie im Winter unverändert den Werth von c. 760
Millimetern aufweist. Die Auflockerung der Luft über dem asiatischen
Continent aber bewirkt nothwendig einen Zuzug der Luft aus den
Gebieten relativ hohen Luftdruckes am' Aequator; sie veranlasst also
einen Südwind, während in den oberen Regionen eine Strömung nach
Süden ftihrt.
Die thatsächUchen Verhältnisse stimmen nicht ganz mit der obigen
Darlegung überein, weU dabei die Rotation der Erde ausser Betracht
gelassen worden ist. Jeder Körper nämlich, welchem eine Bewegung
^) Vgl. die Windtabelle in M. F. Maury, Phjsical Greography of the
.Sea. 16^1^ ed. London 1S77. p. 368.
214 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
mitgetheät worden ist, bewahrt nach dem sogenannten Gesetz der
Trägheit die Bichtnng und Grösse dieser Bewegung so lange, als nicht
irgend welche Hindemisse ihm in den Weg treten. Nun rotirt mit der
Erde audi ihre atmosphärische HüUe; die Luftmassen am Aequator
beschreiben demnach ebenso wie jeder feste Punkt dasdbst tä^ch
einen Weg von 5400 geogr. MeQen. Die durch die Erdrotation er-
zeugte Bewegungsgeschwindigkeit eines Körpers an der Elrdoberfläche,
also auch jedes Lufttheilchens, beti^Lgt in der Secunde
ftr 0« Br. 464 Meter
fiir 20<> „ 436 „
fiir 40« „ 355 „
fiir 600 „ 232 „
ftir 80» „ 81 „
für 90« ^ 0 -,
Vermöchten wir also ein Lufttheikhen mit der ihm inne wohnen-
den Bewegungsgesdiwindigkeit vom 20.« Br. direct nach dem Aequator
zu bringen, so würde es hier, da sich die Erde von West nach Ost
um ihre Axe dreht, in der Secunde 464 — 436 = 28 Meter nach
West zurückbleiben, d. h. es würde die Rolle dnes ausserordentlich
kräftigen Ostwindes spielen, (reht der Wind jedoch polwärts , gelangt
er somit nach Breiten geringerer Drehungsgeschwindigkeit, so erfolgt
eine Ablenkung in umgekehrtem Sinne. Hin plötzlich vom Aequator
nach dem 20. Breitengrad versetztes Lufttheilchen würde dort in der
Richtung der Erdbewegung, also von West nach Ost, um 28 Meter
in der Secunde vorauseilen, d. h. es würde als ein Westwind bemerkt
werden, der eine Geschwindigkeit von 28 Meter besässe.
Aus alledem ergiebt sich, dass die Polarströme auf der nördlichen
Halbkugel zu Nordost-, auf der südlichen zu Südostwinden werden^
während die Aequatorialströme ihnen gerade entg^enwehen, also Süd-
westwinde auf der nördlichen und Nordwestwinde auf der südlichen
Halbkugel sind^). Da die indischen Monsune der nördlichen Halb-
kugel angehören, so müssen nothwendig ihre sommerlichen Seewinde
zu Südwest- und ihre winterlichen Nordwinde zu Nordostströmungen
werden. In den oberen Luftregionen herrscht hier natürlich stets ein
^) Wir bedienen uns der von Dove eingeführten Aasdrücke ^Aeqnatorial-
Strom*' und TyPolarstrom*', weil sie jetzt allgemein gebraucht werden, bleiben
uns jedoch dabei bewusst, dass sie streng genommen nicht ganz richtig sind ;
denn unsere warmen Südwestwinde kommen keineswegs von dem Aequator,
sondern von der Polargrenze des Passats, und ebenso wenig ist der Pol der
Ausgangspunkt unserer Nordostwinde. Vgl. A. Wojeikuf, Die atmosphä-
rische Circulation (Erganzungsheft Nr. 38 zu Petermann 's Mlttheilnngen
1874). S. 3.
Vm. Die Winde. 215
Wind, der dem in den unteren Regionen beobachteten diametral ent-
gegen läuft.
Das wichtigste Monsungebiet auf der südlichen Hemisphäre ist die
südliche Hälfte der Inselflur zwischen Asien und Australien sammt
einem kleineren Meeresraume westwärts und einem grösseren ostwärts
davon. Hier tritt das australische Wärmecentrum in den Vordergrund.
Zur Zeit der südhemisphärischen Sommermonate (November bis April)
bläst über die Molukken imd Neu-Guinea hinweg, sowie weiter süd-
und ostwärts der Nordwestmonsun, da die Auf lockerungsstelle in diesem
Halbjahre auf dem australischen Continente liegt; vom April bis No-
vember hingegen wandert die Aspiration mit dem Zenithstande der
Sonne nach Norden und bewirkt das Wehen des Südostmonsuns (vgl.
hierzu Fig. 7 und 8).
Wenn man übrigens von Monsunen der westafrikanischen, der
mexicanischen, argentinischen und chilenischen Küste spricht, so ist das
die Uebertragung eines Namens, der grossen Verhältnissen entnommen
ist, auf kleinere. Ein zweimaliger Wechsel des Windes innerhalb
der jährlichen Periode findet in der That auch an den genannten
Küsten statt.
Die Monsune treffen wir nur auf denjenigen tropischen imd sub-
tropischen Gebieten, über welchen in Folge einer eigenthümlichen Ver-
theilung von Land und Wasser die Auflockerung der Atmosphäre durch
die Solstitialbewegung der Sonne eine namhafte Verschiebung nach
Nord und Süd erfilhrt. Wo hingegen die Aequatorialzone gleichmässig
oder wenigstens vorwiegend vom Meere bedeckt ist, besteht das ganze
Jahr hindurch in der Nähe des Aequators eine Zone relativ bedeuten-
der Erwärmung; hier steigen also stets erhitzte Lufimassen empor, und
in den luftverdünnten Baum brechen ebenso beständig kältere Luft-
strömungen von Nord und Süd ein. Würde die Erde in Ruhe ver-
harren, so wären dies reine Nord- und Südwinde; da jedoch die Erde
um ihre Axe rotirt und jene Winde aus höheren Breiten kommen , so
haben die von ihnen herbeigeflihrten Luftmassen eine kleinere Drehungs-
geschwindigkeit als die Breitenkreise, nach welchen dieselben getrieben
werden ; sie werden also zu Nordostwinden auf der nördlichen, zu Süd-
ostwinden auf der südlichen Halbkugel (vgl. S. 213 f.). Diese Winde
sind die Passate (die trade- winds, d. i. Handelswinde der Engländer,
die vents aliz& oder einförmigen Winde der Franzosen). Innerhalb
der Passate ist bei der jahraus jahrein gleichmässigen Luftströmung
(Stürme und Windstillen sind fast völlig ausgeschlossen) die SchifflFahrt
80 leicht und wegen der fast beständigen Klarheit des Himmels, den
nur selten leichte Wölkchen bedecken, so anmuthig, dass die Spanier
das von ihnen zuerst gekannte Passa^ebiet des nordatlantischen Oceans
216 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
el golfo de las damas (Meer der Frauen) nannten. Jener äquatoriale
Gürtel y innerhalb welches die Luft in steter Asoension b^riffen ist
wo also horizontal wehende Winde fast gänzlich fehlen, hdsst der
Calmengürtel. Er scheidet das Gebiet des Nordostpassats von dem
des Südostpassats. Wie die Calmen, so entwickeln sich auch die Pas-
sate in normaler Weise nur über den weiten oceamschen Flächen; auf
dem Festlande erleiden sie ansehnliche Störungen, welche sich in der
Nähe grösserer Ländermaasen häufig sogar weit in die oceanischen Ge*
biete hinaus erstrecken.
Es sei hierbei erwähnt, dass bereits Halley^) im Jahre 1685,
freilich ohne Erfolg, die östliche Ablenkung des Passats auf mechanische
Principien zu gründen versucht hatte; doch gelang dies eigentlich erst
George Hadley im Jahre 1735. Die oonstant bleibende Ursache
aber, welche das Zuströmen der Winde von beiden Erdhälften nach
dem Aequator hin veranlasst, nämlich das Aufsteigen der Luft im
Calmengürtel, hat A. v. Humboldt nachgewiesen*).
Fragen wir uns nun, wohin die in dem Calmengürtel empor-
gedmngene Luft kommt, so lautet die Antwort: Sie fiiesst in den
oberen Luftregionen polwärts, obwohl nicht genau nach Norden und
nach Süden, sondern, durch die Rotation der Erde abgelenkt, nach
Nordosten auf der nördlichen, nach Südosten auf der südlichen Halb-
kugel Die den Passaten gerade entgegengesetzten ob^:«n Winde
bezeichnet man als Antipassate. Wir müssen die Existenz der-
selben schon deshalb fordern, weil sonst der beständige Luftzufluss
aus den polaren Gebieten nicht erklärt werden könnte; wir besitzen
jedoch auch zahlreiche directe Zeugnisse hierfttr.
Am frühesten wurden die Antipassate an den polaren Rändern
der Piissate beobachtet, wo sie ja in viel tiefere Schichten herabgelangen
als inmitten der Passatzonen. Schon Leopold v. Buch^) berichtet
uns, dass der Gipfel des Pic de Teyde auf Tenerifia (3711 Meter hoch,
unter dem 28. Grad n. Br. gelten) stets in die Strömung des Anti-
passats hinaufragt, obwohl tiefer unten Nordostwinde während der
meisten Monate vorherrschend sind. Sobald die Sonne in die südlichen
Zeichen tritt, schwebt der Westwind allmählich am Abhang des Beiges
herab; im October hüllen bereits Wolken den Pic ein, die sich all-
mählich immer tiefer senken und zwar bis zur Küste herab, wo sie
M Philosophical Transactions of the B. Soc. of London. VoL XVI (1686),
p. 153 sq.
*) H. W. Dove in A. v. Humboldt, eine wissenschaftUche Biographie.
Heransgeg. von Karl Brüh n 8. Leipzig 1872. Bd. III, S. 92 f.
*) PhTsikalische Beschreibong der canarischen Inseln. Berlin 1825. S. 6Sff.
VIIL Die Winde. 217
sich dann eine längere Zeit behaupten. Aehnliche Wahrnehmungen
machte Goodrich auf dem 4253 Meter hohen MaunaEea, der ebenso
wie der Pic de Teyde an der Nordgrenze des Nordostpassats sich er-
hebt. Er fSEUid in den oberen Rhenen Südwestwind, während in den
unteren der Nordost wehete^).
"Eia weiterer Beleg für das Vorhandensein der Antipassate sind
die kleinen leichten Passatwölkchen, die zwar nur sehr langsam sich
bew^en, aber entschieden nach Ost und nicht nach West hin ziehen,
also offenbar dem Passat zuwiderlaufen. Femer haben wir hinzuweisen
auf den sogenannten Passatstaub. Nach Ehrenberg^s Untersuchungen
ist der an den Ufern des Atlantischen Oceans und des Mittelländischen
Meeres gefallene Passatstaub nichts anderes als eine zahllose Menge
kieselartiger Infusorien aus den Llanos Südamerika's, welche demnach
in die Höhe gewirbelt und durch eine Strömung in den oberen Luft-
regionen über den Atlantischen Ocean bis an die Gestade Europa's
geführt worden sein müssen^).
Diejenigen Windfahnen, die uns die Existenz des Antipassats am
deutlichsten anzeigen, sind unzweifelhaft die Aschen wölken, welche
hohe Vulcane der tropischen Zone entsenden. So überschüttete im
Jahre 1812 der Vulcan von St. Vincent (unter 13Vs Grad n. Br.,
1466 Meter hoch) mit seinen Aschemassen die ostwärts gelegene
Insel Barbadoes. Sie konnten nur von dem Antipassat dahin getragen
.werden, da in den unteren Luftschichten der Wind die entgegengesetzte
Richtung hatte ^). Noch bemerkenswerther ist folgendes Beispiel^).
Im Januar 1835 hatte der Vulcan Coseguina an der Fonseca-Bay
(Centralamerika) einen Ausbruch. Ein Theil der von ihm in reicher
Menge empor geschleuderten Aschen sank bei Truzillo an den Küsten
des Gol& von Honduras zu Boden; andere Aschemassen aber wurden
bis nach Kingston (Jamaica), also über 170 geogr. Meilen weit nach
Nordosten getrieben, zu welcher Wanderung sie mehr als vier Tage
brauchten, und dies alles geschah, während in den unteren Luft-
schichten der regelmässige Passat wehte.
Weim übrigens oben gesagt wurde, dass in der Calmenzone, dem
Ausgangsgebiet des Antipassats, die Luft in steter Ascension begriffen
sei, so ist doch keineswegs eine völlig rerticale Ascension hiermit ge-
meint. Da nändich die Lufttheile des Calmengürtels zu bedeutenden
Höhen, also zu Höhen mit wesentlich grösserer Rotationsgeschwindig-
>) Dove, Meteorologische Untersuchungen. Berlin 1887. S. 270.
^ £. Reclus, La Terre. Paris 1869. Tome U, p. 313.
^ L. V. Buch, 1. c. S. 68.
*) Sir Charles Lyell, Principles of Geology. 12*1» edition. London 1875.
Vol. I, p. 584.
218 Dritter Theil. Die Wasser- nnd LufthüUe der Erde.
keit emporgetragen werden, so müfisen sie hier nothwendig nach West
hin zurückbleiben. Dieser theoretischen Forderung scheinen die Rauch-
wolken eines der höchst»! Vulcane der Erde, des Cotopaxi (5943 Meter
hoch, unter 0,7 Grad s. Br. geleg^i), völlig zu entsprechen. Moriz
Wagner >) theilt uns von denselben mit: ^Ueber dem Gipfid des
Cotopaxi, in einer Höhe von 18 000 Fuss (c. 6000 Meter) ist während
des Tages der Nordwest allezeit vorherrschend. Stets nimmt die nach
oben sich ausbreitende vulcanische Wolke über dem Eliaterrand eine
südöstliche Bichtung. In der Höhe von 21 000 Fuss (c 7000 Meter)
wendet sie sich aber plötzlich wieder nach Nordwest und bleibt bis zu
einer Höhe, die wir auf mindestens 28 000 Fuss (c. 9100 Meter)
schätzten, dieser Bichtung getreu.''
Der Calmengürtel ist keineßw^ ein Bing, welcha* überall gleich
breit ist und immer in gleicher Lage die äquatorialen Gebiete um*
spannt; vielmehr ist seine Brdte grossen Schwankungen unterworfen,
und ausserdem bew^ er sich, dem senkrechten Stande der Sonne
folgend, wie ein Pendel alljährlich einmal zwischen den, Wendekreisen
hin und zurück. Gleichzeitig mit ihm verschieben sich auch die Passat-
regionen, und zwar geschieht dies, wie es Fig. 7 und 8 darstellen.
In der Mitte des nordatlantischen Beckens reicht der Passat im
Januar etwa vom 25. bis 3., im Juli aber vom 28. bis 10. Grad n. Br. ;
doch rücken die Grenzen in beiden Fällen an den afrikanischen Küsten
viel weiter g^en Norden vor. Im südatlantischen Ocean sind in den-
selben Zeiten die Grenzen des Passats auf dem 20. Meridian w. v. F.
unter dem 1. Grad n. und 26. Grad s. Br., resp. unter dem 4. Grad
n. und 25. Grad s. Br. zu suchen. Demnach greift hier der Südost-
passat zu jeder Jahreszeit auf die nördliche Halbkugel hinüber; auch
ist derselbe weit kräftiger als der Nordostpassat (v^. S. 88), was wohl
beides darin seinen Grund hat, dass er über den grösseren Wasser-
flächen des südatlantischen Beckens sich ungestörter und freier ent-
fisdten kann. AuffiJlend ist femer, dass sich die Südgrenze des Süd-
ostpassats im Januar von Ost nach West um 19 Breitengrade (vom
34. bis 15.) nach Norden erhebt (im Juli allerdings ungleich weniger).
Die bereits früher erwähnte Thatsache, dass an der ganzen Westküste
Südafrika's vom Capland bis zu den Guineainseln die Passate, „de-
trahirt^' durch das südafrikanische Hochland, von Süd nach Nord
wehen, erklärt sich von selbst, wenn man den Verlauf der Isobaren
in Süd- und Mittelafrika in's Auge &asL Da die bdden Passate in
dem westlichen Theile des Atlantischen Oceans fast unmittelbar zu-
') Naturwissenschaftliche Reisen im tropischen Amerika. Stuttgart 1870.
S. 513.
VIII. Die Winde. 219
sammenstossen, so ist die Calmenzone auf einen keilartigen, im Westen
zugespitzten Raum in der Osthulfte dieses Weltmeeres beschränkt,
dessen Westspitze im Januar unter dem 2., im Juli unter dem 8. Grad
n. Br., also jederzeit auf der nördlichen Halbkugel liegt, wie dies über-
haupt fbr das ganze atlantische Calmengebiet gilt. Auch erweitert sich
dasselbe im Sommer ansehnlich und dringt zugleich um mehr als 15
Grade weiter nach Westen vor, wird jedoch zu dieser Zeit in der
ganzen Osthälfte von Südwestwinden beherrscht.
Unter allen Continenten ist Südamerika derjenige, welcher wegen
seiner weiten offenen Ebenen an der Ostseite den Passaten am meisten
zugänglich ist. Ueber den Amazonas streichen vom August bis Ja-
nuar heftige Ostwinde dahin, während sonst Calmen und unregel-
mässige Westwinde wechseln ; in Guyana sind die Winde fast das ganze
Jahr hindurch Ostwinde und in den Llanos des Orinoco wenigstens
zur Zeit der südlichen Declination der Sonne. Wahrscheinlich ver-
schiebt sich hier die Calmenzone innerhalb der Grenzen von 2 Grad
s. und 8 Grad n. Br. ^) Weiter im Norden , über dem Caraibischen
Meere, hat der Passat meist eine fest genau östliche Richtung. Ziem-
lich das ganze Jahr hindurch ergiesst er sich auch über Centralamerika^
ist jedoch im Mexicanischen Meerbusen und in Mexico während der
Wintermonate nicht mehr regelmässig entwickelt.
Der Stille Ocean hat in seiner nördlichen Hälfte während des
ganzen Jahres normalen Passat. Die Nord- und Südgrenzen desselben,
die sich im Mittel zwischen dem 28. (Januar) und 28. Grad (Juli),
resp. 4. (Januar) imd 10. Grad n. Br. (Juli) halten, steigen an der
amerikanischen Küste rasch gegen Norden empor. Der südhemisphä-
rische Passat weht während der nördUchen Declination der Sonne von
der Westküste Südamerika's bis zur Ostküste Australien's. Er über-
schreitet im JuH den Aequator um 6 bis 8 Grade, während sich sein
Südrand im Mittel unter dem 20. Grad s. Br. befindet. Auch zur Zeit
unseres Winters rückt der Südostpassat 3 bis 5 Grad über den Aequa-
tor gegen Norden vor; doch vermissen wir ihn auf der ganzen weiten
Inselflur zwischen Neu-Guinea und den Tuamotu-Inseln, also auf einem
grossen Theile der Westhälft» des StiUen Oceans. Sein Südrand wird
im Januar durch eine Linie bezeichnet, welche sich vom 35. Grad
s. Br. an der amerikanischen Küste fast bis zum Aequator im Nord-
osten der Fidschi -Inseln erhebt. Ueber dem erwähnten Inselraume
aber b^egnen wir Calmen und Nordwestwinden; wir haben es dem-
nach mit einem Theile des australischen Monsungebietes zu thun. Die
Entstehung des Nordwestmonsuns ist hier jedenfalls der sommerlichen
') A. Wojeikof, 1. c. S. 29.
220 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Auflockening der Luft zuzuschreiben; in der That nimmt der Luft-
druck gegen Asien hin stetig zu. Wahrscheinlich ist an dieser Auf-
lockerung in erster Linie der Insdreichthum jener Gegend betheiligt,
an deren hohen Inselbergen Wasserdämpfe in reichem Masse oondoisirt
und aus der Luft ausgeschieden werden ^). Erst westlich vom 160. Gtad
w. L. T. Gr. setzen die Südostpassate wieder ein, bew^en sich jedoch
bat durchw^ nur in dem Baume zwischen dem 20. und 30. Grad
s. Br. Da in der Mitte des Stillen Oceans die beiden Passate ts^st zu
jeder Jahreszeit auf einander stossen, so gewinnt auch hier (wie im
Atlantischen Ocean) die Cahnenzone die Gestalt eines nach West hin
fein zugespitzten Dreiecks, dessen Westecke (etwa unter dem 160. Grad
w. L. y. Gr.) zwischen dem 4. (im Januar) und 7. Grad n. Br. (im
Juli) varürt Im Juli öffiiet sich die Calmenzone nach Ost hin mehr
als im Januar; doch gehört zu keiner Jahreszeit irgend welcher Theil
derselben der südlichen Halbkugel an. In der Mitte und in der West-
hälfte des Stillen Oceans ist die Calmenzone ganz unvollkommen aus-
gebildet, namentlich während der südlichen Dedination der Sonne;
doch weist zur Zeit unseres Sommers der weitausgedehnte Inselschwami
der Carolinen (etwa unter dem 8. Grad n« Br.) zwischen dem Kord-
ostpassat und dem Südostmonsun eingeschaltete Calmen an£
Die Störungen, welche die Passate in dem nördlichen Australien,
sowie in Südost- Asien und den benachbarten Meeresgebieten erfisdireiL.
wurden bereits oben (s. die Monsune, S. 212 ff.) näher betrachtet Be-
merkenswerth ist namentlich, welch ausserordentlichen Schwankungen
hier der Calmengürtel imterworfen ist Im Januar lieg^ derselbe über
dem australischen Continent und in der Mitte des Indischen Oceans
zwischen dem 9. Grad s. und dem 4. Grad n. Br.; im April und
Blai ist das Gebiet niedrigsten Luftdruckes bereits bis in die Glitte von
Vorderindien eingedrungen, weshalb hier sowohl feuchte Südwestwinde
vom Indischen Ocean, als auch trockene, heisse Winde von Nordwest
her wehen. Im JuU aber wandert dieses Auflockerungsgebiet bis zu
dem Wüstengürtel Mittelasien's nach Norden, weshalb die Luft von
allen Seiten dorthin strömt; dann aber weicht dasselbe allmählich wie-
der zurück und zwar bis zur südlichen Hemisphäre, bis zum austra-
lischen Continente. Der südhemisphäiische Passat findet sich im In-
dischen Ocean während des Januar durchschnittlich zwischen dem 9.
und '30. Grad s. Br., während des Juli zwischen dem 2. und 23. Grad
s. Br. Obwohl auch nördlich vom Aequator der Südostwind im
Sommer noch vereinzelt auftritt, so kann man doch von einer Herr-
schaft des Passats in diesem Gebiete nicht mehr sprechen. £r ist aUo
>) A Wojeikof, 1. c. S. 34.
VIII. Die Winde. 221
im wesentlichen auf die südliche Hemisphäre beschränkt An den
afrikanischen Ostküsten erleidet der Passat namentlich im südhemisphä-
rischen Sommer durch die Auflockerung der Luft über den südafrika-
nischen Wüsten eine bedeutende Ablenkung. Ausserordentlich beharr-
lich ist der Nordostpassat in der Sahara, weil die Grebiete nördlich da-
von stets einen höheren Luftdruck z^gen als die äquatorialen Auf-
lockerungsgebiete; im Sommer erstreckt er sich an einzelnen Stellen
am nördlichen Ufer des Mttelmeeres bis zum 43. und 44. Grad nach
Norden.
Durchschnittlich reichen die Passatzonen bis zum 26. Grad n. und
s. Br., ziehen sich jedoch innerhalb der jährlichen Periode über den-
selben zurück, um ihn ein halbes Jahr später wieder zu überschreiten.
Demnach lassen sich zwischen Pol und Aequator, wenn wir das
Gebiet unregelmässig wechselnder Winde in den höheren Breiten der
gemässigten und in der kalten Zone hinzufügen, folgende Windzonen
unterscheiden: 1) Die Zone der Calmen (im Mittel zwischen dem 8.
und 10. Grad n. Br.), in welcher die Luft vorwiegend eine Bewegung
nach oben zeigt und somit gewöhnlich Windstillen beobachtet werden.
An sie reiht sich 2) die Zone mit beständig wehendem Passat (un-
gefkhr zwischen dem 10. und 25. Grad n. Br., sowie dem 3. Grad n.
und 25. Grad s. Br.), femer 3) eine Zone, in welcher der Passat wie
überhaupt polare Winde nur dann herrschen, wenn ftir dieselbe der
meteorologische Sommer angebrochen ist, während im Winter Aequa-
torialströme dominiren. Die letztere liegt im Mittel zwischen dem 25.
und 40. Grad n. wie s. Br. Die Polargrenze dieser subtropischen Zone
fällt nicht mit der Polargrenze der Passate zusammen, sondern greift
über dieselbe hinaus, da auch polwärts von den regelmässigen Passaten
im Sommer häufig polare Winde vorwalten. Uebrigens ist diese Zone
über den Continenten wegen der ganz puderen Vertheilung des Luft-
druckes noch weit mehr gestört als die Passatzone; A. Wojeikof^)
bezeichnet sie geradezu als eine wesentlich oceanische Erscheinung.
An diese Zonen reiht sich 4) noch dasjenige Gebiet, in welchem äqua-
toriale und polare Winde nicht bloss über einander hinwegfliessen, son-
dern auch in scheinbar regelloser Folge einander durchdringen.
Bevor wir noch einige charakteristische Merkmale der letzten
W^indzone hervorheben, sei darauf hingewiesen, dass keineswegs die
ganze Luft, welche der Antipassat polwärts treibt, in den Bereich
dieser Zone kommt. Wie nämlich der niedrige Barometerstand im
Gebiet der Calmen den au&teigenden Luftstrom verräth, so deutet der
permanent hohe Luftdruck an den polaren Bändern der Passate auf
*) l c. S. 10.
222 Dritter Theil. Die Wasser- und LnfthüUe der Erde.
einen sich herabsenkenden Luftstrom hin. Ferner lässt hier die Exi-
stenz einer allerdings al^geschwächten Zone von Windstillen und ver-
änderlichen Winden, wie sie auch im Gebiet der Calmen sieh vor-
findet^ anf das Vorhandensein einar in der Hauptsache verticalen Luft-
Strömung schliessen. Wir sind also zu der Annahme berechtigt, dass
ein Theil der von dem Äntipassat polwärts bew^^gten Luft inneriialb
der Passatzone hin- und heimgetragen wird, also einen Kreislaiif voll-
endet, ohne in höhere Breiten zu gelangen.
Granz anders als in der tropischen Zone ordnen sich äquatorude
und polare Strömungen unter höheren Breiten. Dass wir es auch hier
mit diesen beiden Arten von Winden zu thun haben, ist unschwer zu
erkennen. Die in den gemässigten Zonen vorwaltenden Westwinde
bekunden ihre Abstammung aus niederen Breiten schon dadurch, dass
sie die Sichtung abgelenkter Aequatorialströme besitzen, ausserdem
aber auch durch ihre hohe Wärme und ihre grosse Feuchtigkeit Nie-
mals herrscht ein Aequatorialstrom bloss an der Erdoberfläche, was
sich aus dem Wesen der Aequatorialströme von selbst eigiebt; ver-
breitet er sich dennoch bis in die unteren Luftschicht^ so darf hieraas
gefolgert werden, dass er seinen Pfind von oben herab immer tiefer ge-
1^ hat und nun die Atmosphäre ihrer ganzen Höhe nach durchweht.
Nächst den Westwinden sind in den gemässigten Zonen die Ost-
(auch Nordost- und Südost-) Winde ausserordentlich häufig, und da sie
durch Richtung wie durch Wärme und Feuchtigkeit den schär&ten
Contrast zu den Aequatorialströmungen bezeichnen, so dürfen sie wohl
als Polarströme betrachtet werden. Sie bilden öfter blosse Unterströme.
Da jedoch bisweilen die höchsten Wolken» in gleichem Sinne mit ihnen
ziehen, wiewohl dieselben bei diesen Winden selten sind, so mögen
auch sie von unten her oft die ganze Atmosphäre durchdringen. Dar-
auf gründet sich die von Dofe zuerst ausgesprochene bedeutungsvolle
Lehre, dass Aequatorial- und Polarströme, welche unter den Tropen
als Passate und Monsune über einander hinw^fliessen , weiter
polwärts neben einander li^en, womit zwei andere Behauptungen en«r
zusammenhängen: dass sich nämlich Aequatorial- und Polarströme da:»
Gleichgewicht halten, indem sie gleiche Luftmassen hin- und herfiihren
und dass die Aenderungen der Windrichtung einem Wechsel von Aequa-
torial- und Polarströmen gleichkommt^).
Die Thatsache, dass in höheren Breiten die Aequatorialströme
häufiger und heftiger auftreten als die Polarströme, steht übrigens mit
den obigen Sätzen völlig im Einklang. Da nämlich die Aequatorial-
ströme wegen ihrer höheren Temperatur und ihrer grösseren Feuchtig-
') H. W. Dove, Meteorologbche Untersucbungen. Berlin 1837. S. 175—243.
VIII. Die Winde. 223
keit ein relativ grosses Volumen einnehmen, so müssen sie, um eine
gleiche Luftmasse zu bewegen wie die Polarströme entweder in brei-
terem Bette oder mit vermehrter Geschwindigkeit dahineilen. Nach
den bisherigen Beobachtungen ist beides der Fall. In höheren Breiten
theilen die Aequatorialströme ihren TemperaturUberschuss dem Boden
mit, und ebenso scheiden sie hier einen grossen Theil ihrer Dämpfe in
festem oder flüssigem Zustande aus.
Wo nun abgelenkte Polarströmungen den abgelenkten Aequatorial-
lüften begegnen, wird ein £[ampf beider stattfinden, der, wenn er nor-
mal verläuft, auf der nördlichen Halbkugel eine Drehung des Windes
von Nord durch Ost, Süd und West nach Nord bewirkt. Eme solche
Drehung geschieht ganz im Sinne der bereits entwickelten Drehungs-
gesetze, welchen diejenigen Lufttheile unterworfen sind, die ihre äqua-
toriale Breite verändern. Der Nordwind der nördlichen Hemisphäre,
welcher nach Breiten grösserer Drehungsgeschwindigkeit vordringt,
wird eben deshalb zu einem Nordost- und Ostwind, der Südwind hin-
gegen, von dem das Umgekehrte gilt, zu einem Südwest- und West-
wind. Die Drehung durch die beiden anderen Quadranten erklärt
sich in folgender Weise : Der mit nahe Ost aufhörende Polarstrom und
der mit Süd beginnende Aequatorialstrom geben eine südöstliche Re-
sultante. Der Strom rückt dabei dem Ostpunkte um so näher, je
schwächer der anhebende Aequatorialstrom ist, verschiebt sich jedoch
um so mehr nach dem Südpunkte, je mehr der Polarstrom nachlässt.
Ebenso wird der nahe von West her wehende Aequatorialstrom von
dem Polarstrom durch Nordwest nach Norden gedrängt. Offenbar
sind die Monsune der einfachste Fall einer solchen Drehung.
Auf der südlichen Halbkugel vollzieht sich die normale Drehung
des Windes aus den angeführten Ursachen von Süd über Ost, Nord
und West nach Süd. Innerhalb der Quadranten von Süd durch Südost
gegen Ost, sowie von Nord durch Nordwest gegen West ist der Wind-
wechsel in der eigenthümlichen Entfaltung der Polar- und Aequatorial-
strömungen selbst begründet; die Quadranten von Ost durch Nordost
nach Nord und von West durch Südwest nach Süd bilden die ver-
nüttelnden Uebergänge.
Die Thatsache, dass sich der Wind auf der nördlichen Halbkugel im
Sinne eines Uhrzeigers über die Windrose zu drehen pflegt, ist schon von
Aristoteles bemerkt und später von zahlreichen anderen Forschem ^)
(Plinitis, Baco, Mariotte, Kant u. a.) wiedererkannt worden. J. R.
Forst er beobachtete auf der südlichen Halbkugel, wie es das Gesetz er-
») Vgl. H. W. Dove, Klimatologische Beitrage. Berlin 1857. Bd. I,
S. 248.
224 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
heischt, eine Drehung in umgekehrter Bichtung. Doch hat diese
Erscheinung erst Dove wissenschaftlich b^ründet und sie das
Drehungsgesetz der Winde genannt
Siegt bei dem Kampfe der Polar- und Aequatoriabtrömungen der
angreifende Theil, so ist die Drehung eine gesetzmässige; unterliegt
aber der Angreifer, so fallen die Winde wieder rückwärts, und das
Spiel beginnt von neuem. Es verhält sich dies wie mit den Zdgem
einer Uhr: man mag sie noch so oft zurückstellen, so werden sie doch
immer wieder auf dem Zifferblatt ihren alten Weg einschlagen.
Nach Emsmann^) hatte Berlin in den Jahren 1831 — 1835
347,2 regelmässige Drehungen und 277,8 regelwidrige; es kamen
also auf 5 regelmässige Drehungen 4 regelwidrige. Die Zahl der voll-
ständigen Drehungen ohne Rücksprünge betrug im jährhchen Mittel
12, die der regelwidrigen 3.
Osler ^) hat aus den zu Liverpool auf dem Observatorium auf-
gezeichneten Luftströmungen ermittelt, dass die Drehungen des Win-
des durch die ganze Windrose waren
im Jahre regelmässig regelwidrig
1852 28 mal 12 mal
1853 24 „ 12 „
1854 26. „ 2 „
1855 24 „ 10 „
Hier treten also die Drehungen im Sinne des Gesetzes vergleichs-
weise oft ein; die Summa der ersteren ist nahezu dreimal so gross als
die der letzteren,
Madrider Beobachtungen ergaben (nach Rico y Sinobas) wäh-
rend des Jahres 1854
▼olle Umdrehungen im Winter Frühling Sommer Herbst Jahr,
regeknässige ... 12 11 26 16 65
regelwidrige ... 6 8 5 5 24^).
Ueberblicken wir das grosse System der Luftcirculation, welches
die ganze Erde beherrscht, so erkennen wir, dass die Polar- und
Aequatorialströme, welche im Gebiete der Passate über einander hin-
äiessen, nach den Polen zu einander durchdringen, also neben ein-
ander hinziehen. Sieht man in den Aequatorialströmen höherer Breiten
herabgestiegene Winde der tropischen Zone und in den Polarströmen
wieder deren nach den Tropen umbiegende Verlängerung, so lässt sich
^) Untersuchungen über die Windverhältnisse zu Berlin. Frankfurt a. 0.
1839 (abgedruckt in Poggendorff's Annalen, Bd. CXXXII (1867), 8.636 ff.).
^) Report of the British Association for the advancement of science 1855.
London 1856. p. 138.
°) £. £. Schmid, Lehrbuch der Meteorologie. Leipzig 1860. S. 561.
Vm. Die Winde. ^ 225
der Kreislauf einer kleineren Luftmasse, welche die Passatzone über-
schreitet, am anschaulichsten mit einer Schnur ohne Ende vergleichen,
welche auf der einen Seite (in niederen Breiten) um eine verticale,
auf der andere Seite (in höheren Breiten) um eine horizontale Holle
gelegt ist.
Ein anderes fundamentales Gesetz der neueren Meteorologie, welches
ebenfalls die Richtung der Winde betriffl;, ist von Buys-Ballot auf-
gestellt worden. Dasselbe gründet sich auf den einfachen Satz der
Mechanik, dass Flüssigkeiten und Gase stets nach einem Gleich-
gewichtszustande streben, und lautet: Der Wind strömt immer von
Gebieten höheren Luftdruckes nach solchen niederen Luftdruckes und
er&hrt dabei im wesentlichen nur eine Ablenkung durch die Erdrotation
(auf der nördlichen Halbkugel nach rechts, auf der südUchen nach
links, vgl. S. 213 f.).
Da sich die Grösse des Luftdruckes an irgend einem Orte aus
dem Barometerstande ergiebt, so hat das Barometer, seitdem jenes
Gesetz erwiesen ist, eine neue, hohe Bedeutung erlangt : es ist zu einem
wichtigen anemometrischen Werkzeuge geworden. Kennt man die
Barometerhöhen mehrerer Nachbarorte (reducirt auf das Meeresniveau),
so findet man aus ihnen unmittelbar, ob zwischen jenen Orten eine
grosse oder geringe Tendenz zu einer Luftbewegung vorhanden ist;
denn die Stärke des Windes wächst mit der Grösse der barometrischen
Differenz. Dividirt man die Entfernung zweier Orte (in Kilometern)
durch die barometrische Differenz (in Millimetern), so erhält man die
sogenannte „barometrische Neigung" (den barometrischen Gradienten)
und in ihm ein Mass flir die Kraft des zwischen jenen beiden Orten
wehenden Windes. Nach Mohn 's Berechnungen bestehen folgende
Beziehungen zwischen Windstärke und barometrischer Neigung (die
Zahlen geben an, auf wie viele Kilometer Entfernung eine Differenz
des Luftdruckes von 1 Millimeter kommt,):
Windstärke. Barometrische Neigung.
Orkan unter 17
Sturm 17— 23
Sehr starker'
Starker
Massiger
Schwacher
i
23— 34
50
^"^^ ^50—100
(23—
I34—
SkA_
über 100 ^).
Der Wind ist immer aus Gegenden hohen Luftdruckes nach
solchen geringeren Luftdruckes gerichtet Um ein Maximum des Luft-
druckes bläst demnach der Wind auf aUen Seiten nach aussen hin;
*) Behm, Geographisches Jahrbuch. Bd. IV (1872), S. 174.
Peschel-Leipol dt, Phja. Erdkunde. Ü. 15
226 Dritter TheiL • Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Südwind haben wir also auf der Nordseite desselben, Westwind auf
der Ostseite etc. Um ein Minimum des Luftdruckes hing^en dringt
der Wind von allen Himmdsgegenden her nach innen ein; es
herrscht somit Nordwind auf der Nordseite , Ostwind auf der Ostseite
etc. Doch 1^ der Wind keinen geradlinigen Pfiwi von dem Orte
hohen nach dem Orte geringen Luftdruckes zurück , durchschneidet
also auch die Isobaren nicht rechtwinklig; vielmehr wird er durch die
Rotation der f^rde der Art abgelenkt, dass, wenn man das Gesiebt
dem barometrischen IVIinimum zuwendet, der Ort, nach welchem der
Wind weht, nach rechts (auf der südlichen Halbkugel nach linkst
gerückt erscheint Auf der nördlichen Halbkugd wird denmach Nord-
wind zu Nordostwind, Südwind zu Südwestwind, auf der südlichen
Halbkugel hingegen Nordwind zu Nordwestwind, Südwind zu Süd-
ostwind.
Somit lassen sich aus einer genügenden Anzahl barometrischer
Beobachtungen Stärke und Sichtung des zu erwartenden Windes auf
eine wenn auch nur kurze Zeit vorausbestimmen. Seitdem man den
elektrischen Funken in den Dienst der Meteorologie gestellt hat,
welcher schneller denn mit Windeseile die Lüfte durchmisst, berechnet
man in der angedeuteten Weise in den Hafen- und Küstenorten den
Eintritt herannahender Stürme, und so ist es durch die Sturmsignale
möglich geworden, den Orkanen und ihren Verderben bringenden
Wirkungen auszuweichen ^). Auf dieselbe Methode gründen sich die
in zahlreichen binnenländischen Städten zur Veröffentlichung gdangen-
den Wetterprognosen, bei denen man das Ziel im Auge hat, die
Witterung, die ja in erster Linie von den Winden abhängig ist, fiir
die nächsten 24 Stunden anzugeben. Locale Hindernisse, wie Grebirge
und Thäler, greifen zwar häufig störend in den Gang der Winde ein;
doch ist ihr Einfluss nur localer Art Es bedarf nun keiner Recht-
fertigimg mehr, warum wir in die Kärtchen der Isobaren (Fig. 7 und 8 )
die Windpfeile eingetragen haben ; Luftdruck und Winde stehen ja,
wie auch ein Blick auf jene Kärtchen sofort lehrt, in der innigsten
Beziehung zu einander.
Von grösster Wichtigkeit sind die Winde für die Wärme Ver-
hältnisse der Erde; namentlich dürfen die nichtperiodischen Verän-
derungen der Temperatur fast ausschliesslich dem Wechsel der Luft-
strömimg zugeschrieben werden. Sie sind daher sehr gering, wo die
^) Die Starmwamangen wurden eingeführt: in den Niederlanden 186o,
in England 1S61, in Frankreich 1868, an den deatschen Nordseeküsten 1864, in
den Vereinigten Staaten 1S65, an den deatschen Ostseeküsten 1868, in Itaüen
1S69. Hermann Kopp, Einiges über Witterungsangaben. Braonschweig
1879. S. 134.
VIIL Die Winde. 227
Windrichtung im grössten Theile des Jahres dieselbe ist, also im Gebiet
der Passate. Ansehnlicher sind die Anomalien im regelmässigen Gang
der Temperatiu* schon unter der Herrschaft der Monsime, am grössten
aber polwärts von den beiden genannten Regionen, d. i. da, wo die
Winde häufig und vielfiuih fast regellos varüren. Wie durch warme
äquatoriale und kalte polare Meeresströmungen in jedem grossen ocea-
nischen Becken beträchtUche Gegensätze der Wassertemperatur auf einem
imd demselben Parallelkrdse hervorgerufen werden, so wird auch die
jeweilige Vertheilung der Luftwärme in den aussertropischen Länder-
räumen durch die äquatorialen und polaren Winde wesentUch bestimmt.
Ein Unterschied besteht in beiden Fällen nur insofern, als warme und
kalte Meeresströmungen viel beharrlicher der von ihnen einmal ge-
wählten Strasse folgen, während die Winde ausserordentlich unstet sind.
Wir dürfen wohl ohne üebertreibung sagen, dass wir (im mittleren
Deutschland) je nach den vorwalteüden Winden bisweüen an die Ge-
stade des Mittelmeeres oder des Eismeeres versetzt zu seiu scheinen;
denn es wird uns nicht selten die Temperatur des 40. Breitengrades
oder die des Polarkreises zugeführt. Einige Beispiele mögen dies
erläutern.
Vom December bis März 1834/35 lag Europa im ,,atmosphärischen
Golfstrom" ; in Folge dessen hatten St Petersburg um 3 ® C, Berlin
und Wien um 2 ^ C, Brüssel um 1,5 ® C. zu hohe Temperaturen,
während gleichzeitig ein Polarstrom über die westlichen Ufer des
Atlantischen Oceans hereinbrach und das Quecksilber selbst in der
Breite von Genua und Mailand geft*or ^). Die gegentheiligen Verhält-
nisse vries der Winter 1829/30 auf. Der Polarstrom wehte über
Europa hinweg, und der December war in Norddeutschland sogar um
10^ C. zu kalt; während desselben Monats aber erfireute sich Nord-
amerika eines Wärmeüberschusses von 6 ^ C. ^). Im Januar 1856 floss
ein warmer Aequatorialstrom über Asien und Osteuropa polwärts. Die
normale Wärme wurde überschritten im westlichen Sibirien um 5 ® C,
im Innern Russland's um nahezu 6 ^ C, in Deutschland um 2 ^ C, in
England und Holland um 1 ^ C. Weiter westwärts aber zeigte sich
der Polarstrom mit seinen niedrigen Temperaturen; Schottland war
bereits zu kalt, die Ostküste Nordamerika's um 47^^ C. und das
Innere sogar um 7® C. Doch verriethen die relativ hohen Tempera-
turen von CaUfomien und Sitcha bereits wieder einen Aequatorialstrom ').
Immer erstrecken sich die Temperaturanomalien, wie sich auch
aus den obigen Ausftihrungen ergiebt, über grössere Gebiete. Wir
*) H. W. Dove, Klimatologische Beiträge. Berlin J869. Bd. II, S. 272 f.
«) H. W. Dove, 1. c. S. 240 ff.
8) H. W. Dove, 1. c. S. 256 f.
15*
228 Dritter Tlieil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
haben uns hierbei zu denken, dass in der Richtung von West nach Ost
kalte und warme Strömungen von ziemlicher Breite neben einander
herlaufen und Ueberschuss wie Mangel an Wärme sich gegenseitig
annähernd compensiren, so dass der mittlere Temperaturzustand einer
Hemisphäre dabei unverändert derselbe bleibt Nicht selten hat hierbei
Europa einen zu warmen und gleichzeitig Amerika einen zu kalten
Winter oder umgekehrt (vgl S. 198 flf.). Ereignet sich das erstere,
so treten meist bei uns im Frühjahr empfindliche Eälteriickfälle ein,
welche för die V^etation um so gefkhrlicher sind, als diese in Folge
des vorausgegangenen milden Winters relativ weit entwickelt ist.
Dove hat in überzeugender Weise dargelegt, dass die kältebringenden
Polarwinde West- und Mitteleuropa's im Frühling und Sommer von
Nordwesten kommen, was darauf hindeutet, dass ihre ferne Ursprungs-
Stätte an dem amerikanischen Sommerkältepol oder bei den Eismassen
der Ostgrönländischen Meeresströmung zu suchen ist. Dove nennt
deshalb die „gestrengen Herren"^) (die wegen ihrer Fröste gef)irchteten
Tage vom 12. bis 14. Mai, also die Tage Pancratius, Servatius
und Bonifadus, sonst auch als „Weinmörder'' bezeichnet,) „geborene
Amerikaner".
Ueberdies senkt sich die Wärmecurve zwischen dem 12. und 14.
Mai weit weniger als gegen Mitte Juni, und zwar erfolgt diese Tem-
peraturemiedrigung ziemlich regelmässig in jedem Jahre in ganz West-
und Mitteleuropa. Sie ist nur deshalb weniger bekannt, weil sie die
Vegetation niemab ge&hrdet; denn zu dieser Zeit hat die Wärme bereits
so hohe Grade erreicht, dass strenge Fröste völlig ausgeschlossen sind.
Auch hier zeigt sich, dass die Abkühlung von West nach Ost fort-
schreitet Wir haben es hier, wie die Beobachtungen lehren, ebenfiEÜls
mit dem Einbruch kühler nordwestlicher Winde zu thun, welche im
Frühsommer durch die relativ hocherhitzten continentalen Gebiete her-
beigezogen werden.
Wie sehr Winde den normalen Verlauf der Temperaturen stören
können, sehen wir am klarsten aus nachstehendem Beispiel, welches
uns vielleicht den schlimmsten bisher erlebten mitteleuropäischen Mai
vorführt Im Jahre 1836 stieg das Thermometer in Petersburg am
2. Mai auf 23 0 C, in Jekaterinburg am 11. Mai auf 13,7® C, am
15. Mai sogar auf 17,5® C, und während derselben Zeit erfi-oren die
Weinstöcke von Pest bis Coblenz; über die Karpathen breitete sich
eine tiefe Schneedecke aus, und in München fiel am 11. Mai Morgens
die Quecksilbersäule bis auf — 8,7 ® C. Die Temperaturabnahme rückte
^) Diesen Namen brancht man in der Mark Brandenburg; in Süddeutsch-
land heissen sie „die drei Eismänner'', in Frankreich die „trois saints de glace**.
VIII. Die Winde. 229
dabei von Westen nach Osten vor. Aus Dove's Tafeln ergiebt sich,
dass Nordamerika im Februar eine recht fiihlbare, im März eine sehr
strenge Temperaturemiedrigung (2,5 bis über 6 ® C. imter das örtliche
Monatsmittel) erfahren hatte; der April glich dem Februar; der Mai
hingegen wies durchschnittlich eine höhere Monatstemperatur auf. In
Russland und Deutschland bestand während dieser Zeit gerade das
umgekehrte Verhältniss: der Februar war wärmer als sonst, der März
sogar aussergewöhnlich wärmer (zwischen 3 und 6® C); der April
war dem Februar ähnlich, und im Mai fand der bedeutende Temperatur-
rückgang statt ^).
Hatte Europa im Jahre 1836 vom Februar bis April einen reichen
Wärmeüberschuss und hierauf im Mai einen ansehnUchen Wärme-
mangel, während Nordamerika zu derselben Zeit die gegentheiligen
Temperaturwandelungen zeigte, so könnte dies zu dem Irrthum ver-
anlassen, als müsste immer eine Compensation von warmen und kalten
Strömungen und somit innerhalb eines Jahres stets eine Vergütung flir
eine Verringerung der Monatsmittel eintreten. Indess existirt in dieser
Beziehung kein Gesetz, und es ist ebenso wohl möglich, dass im
grössten Theile des Jahres aussergewöhnlich niedere oder hohe Tem-
peraturen herrschen. So waren im Jahre 1816 die Stuttgarter Tem-
peraturen in allen Monaten zu niedrig; nur die Januarwärme übertraf
den normalen Werth um 0,86 ^ C. Die anderen Monate besassen
sämmtlich ein zu kleines Wärmemittel, und zwar war dasselbe zu
klein im
Februar
. 2,96» C.
Mftrz . . 0,75 « C.
April .
. 0,85 » C.
Mai . . 2,770 c.
Juni .
. 3,29» C.
Jnli . . 3,06 « C.
August
. 2,93» C.
September 1,06« C.
. October
. 0,21 0 C.
November 3,06 » C. December 1,03 ^ C«)
Es folgte also auf einen Winter mit strengem Februar ein kühles
Frühjahr, auf dieses ein kalter Sommer, auf diesen ein rauher Herbst
mit strengem November. Die Erniedrigung des Jahresmittels betrug
i,65® C, so dass Stuttgart statt einer Jahreswärme von 9,54® C. eine
solche von 7,89® C. hatte, also noch nicht einmal eine gleich grosse
Wärme wie Stargard in Pommern (7,95 " C.) genoss, obwohl die letztere
Stadt unter 53® 25' n. Br., somit um 4® 39' nördlicher liegt als
Stuttgart
') H. W. Dove, Klimatologißche Beiträge. Berlin 1869. Bd. II, S. 274ff.
*) H. W. Dove, 1. c. S. 284. •
230 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Ebenso ist für einzelne Orte in gewissen Jahren das beharrliche
Vorwalten äquatorialer Winde beobachtet worden, welche natni^gemäss
fortlaufend von relativ hohen Temperaturen breitet waren. In D o ve ' s
Tafehi fiir 1821 und 1822 0 finden wir flir Baireuth vom November
1821 bis October 1822 ununterbrochen Wärmeüberschüsse über die
allgemeinen Monatsmittel und zwar im
November (1821) 3,77 <> C. December 3,15 <> C.
Januar (1822) . 3,33 <> C. Februar . 3,22« C.
März . . . .3,68^0. April. . 2,45« C.
Mai 4,450 c. Juni . . 5,24» C.
Juli 2,970 c. August . 1,280 C.
September. . . 1,07« C. October . 3,59® C.
Im Durchschnitt war die Temperatur in diesen zwölf Monaten
um 3,20 0 C. zu hoch. Das allgemeine Jahresmittel von Baireuth ist
7,91 0 C.; in jenen günstigen zwölf Monaten aber war dasselbe gleich
11,110 c Das Jahresmittel von Meran in Südtirol ist 11,44 0 C,
unterscheidet sich also sehr wenig von jenem Baireuther Mittel der
glücklichen zwölf Monate. Baireuth li^ unter 49 0 57' n. Br. und
351,5 Meter hoch, Meran unter 46 0 40' n. Br. und 312,8 Meter
hoch. Denmach kann wohl dann und wanii ein Jahr eintreten, in
welchem ein Ort unserer Heimath in' Folge abnormer Windverhältnisse
meteorologisch um volle drei Grad südhcher und aus Deutschland auf
die sonnige Seite der Alpen versetzt erscheint
Um die Wechselbeziehungen zwischen Windrichtung und Temperatur
zu ermitteln, berechnete Dove nach dem Vorbilde von Leopold v.
Buch 's barometrischen Windrosen thermische Windrosen. Er
stellte hierbei fiir einen bestimmten Zeitabschnitt, z. B. iür einen Monat,
eine Jahreszeit oder wohl auch Air ein ganzes Jahr, sämmtUche Tem-
peraturen zusanmien, welche bei jedem der verschiedenen Winde notirt
wurden. Hierauf suchte er das Mittel aus den Wärmenwerthen der
einzelnen Winde und gelangte so zu einer Uebersicht über deren
manigfache Wärmewirkungen, fjine solche Zahlenreihe oder Tabelle,
die natürlich inmier nur fiir einen gewissen Ort Giltigkeit hat, ist eben
eine thermische Windrose.
Für Carlsruhe, London und Paris sind Folgendes die ^^laxima und
Minima der thenmschen Windrose.
') 1. c. S. 2S6.
Vin. Die Winde.
281
Maxima.
Minima.
Unter-
Betrag
in « C.
Lage.
Betrag
in^C.
Lage.
schiede.
Winter. .
5,54
s. 28 nv.
— 8,22
N. 58 0.
8,76
Carlsrahe
Frühling
17,92
0. 63 S.
11,32
N. 32 0.
6,60
nach
Sommer .
26,57
0. 12 S.
22,30
W. 79 X.
4.27
Schmid*)
Herbst . .
14,51
S. 85 W.
10,77
N. 41 0.
3,74
Jahr . . .
15,62
S. 41 W.
11,09
N. 47 0.
4,53
Winter. .
6,38
S. 80 W.
1,19
X. 11 0.
5,19
London
Frühling
12,15
S. 14 W.
8,22
X. 82 0.
3,93
nach
Sommer .
19,15
S. 71 0.
17,05
X. 54 W.
2,10
Kämtz>)
Herbst . .
11,67
S. 24 0. •
9,34
X. 5 W.
2,33
Jahr . . .
11,87
S. 12 W.
9,08
X.
2,79
»
Winter. .
5,51
S.61«53'W.
— 0,06
X.51»39'0.
5,57
Paris
Frühling
11,18
S.35 11 W.
8,48
W.83 44 X.
2,70
nach
Sommer .
19,82
0. 7 29 S.
16,74
S.89 15 W.
3,08
Dove«)
Herbst . .
12,99
0.88 5 S.
8,99
X.32 35 0.
4,00
Jahr . . .
11,87
0.89 37 S.
9,24
X.29 8 0.
2,63
Aus der Betrachtung zahlreicher thermischer Windrosen ergiebt
sich, dass die südwestlichen und nordöstlichen Winde der nördlich ge-
mässigten Zone fast tiberall das entgegengesetzte thermische Verhalten
zeigen. Jene führen die Wärme niederer Breiten nach dem Norden
ab; diese tragen die polare Kälte nach dem Süden. Sie erweisen sich
demnach wie in Hinsicht auf ihre Richtung, so auch im Hinblick auf
die Wärme der von ihnen bewegten Luft als wahre Aequatorial- und
Polarströme. Je nachdem der eine oder der andere vorherrscht, ist ein
Ort in die Luft niederer oder höherer Breiten eingetaucht, ist er also
mehr oder weniger als normal erwärmt. Da nun beide nicht regel-
mässig abwechseln, sondern örtlich bald während längerer, bald während
kürzerer Zeiträume wehen, so Uegt die mittlere Jahrestemperatur eines
Ortes bald über, bald unter dem allgemeinen «Jahresmittel und kann
selbst mehr als 5^ C. von demselben abweichen.
Windrichtung und Temperaturstörung entsprechen übrigens nur
selten den aus langjährigen Beobachtungen fiir sie berechneten Mittel-
werthen, am häufigsten noch im Winter, weil dann polwärts die
rascheste Temperaturabnahme stattfindet und somit die Wärme-
1) £. £. Schmid, Lehrbuch der Meteorologie. Leipzig 1860. S. 586.
') Kämtz, Lehrbuch der Meteorologie. Leipzig 1832. Bd. II, S. 28.
')Poggendorff'B Annalen, Bd. XI (1827), S. 58».
232 Dritter TheiL Die Wasser- und Lofthälle der Eide.
gegensätze zwischen Aeqoatorial- und Polarstrom viel deutliche aus-
geprägt sind, zumal die über weite Landerflächen ausgebreitete Schnee-
und Eisdecke sich den Sonnenstrahlen gegenüber allüberall glächartig
verhält und die noch bleibenden thermischen Ungleichfbrmigkeiten
wegen der geringeren Sonnenhöhe &8t ganz immerklich werdai.
Namentlich hindern locale aufsteigende Ströme den grossen Ej-eislauf
der Atmosphäre zwischen Pol und Aequator im Winter weit weniger
als während der warmen Jahreszdt
Anders im Sommer. Die thermischen Extreme der Windrose
stehen in dieser Jahreszeit einander nicht scharf gegenüber, fisJlen auch
nicht streng auf die den Aequatorial- und Polarstrom vertretenden
Winde, sondern das W^ärmemaximum rückt (in Europa) von Süden
gegen Osten (theQ weise sogar über den Ostpunkt hinaus), während
sich das Minimum g^en Nordwesten (hie und da bis Westen) ver-
schiebt. Offenbar sind hier Einflüsse secundärer Art mit im SpieL
die wir namentlich in dem verschiedenen Feuchtigkeitsgrad der Winde
zu suchen haben. Der Polarstrom erzeugt nämlich Klarheit, der
Aequatorialstrom Trübung des Himmels. Klarheit und Trübung aber
wirken auf die Temperatur des festen Bodens und somit auch auf die
Temperatur der Luft über demselben im Sommer in ganz anderer
Weise ein als im Winter. Mit der Klarheit des Himmels ist im
Sommer eine kräftige Ent<ung der Sonnenwärme, im Winter eine
bedeutende Wärmeausstrahlung verbunden. Trübung des Himmels
hing^en bewahrt das Land im Sommer vor einer energischen Insola-
tion, im Winter aber vor einer starken Ausstrahlung. Somit ist der
trockene Polarwind im Sommer von einer starken Erhitzung, im Winter
von einer ansehnlichen Erkaltung des Bodens und der darüber liegen-
den Luftschichten b^leitet,. während der feuchte Aequatorialwind die
Sommerwärme schwächt, die Winterkälte hingegen mildert Im Winter
unterstützen sich also die primären und secundären Blinflüsse der Wind-
drehung auf die Temperaturen; im Sommer aber beeinträchtigen sich
dieselben g^enseitig ^).
Die folgende Tabelle ^) um^Eisst die Hauptresultate der thermischen
AN'indrosen:
Winter. Sommer.
Höchste Niedrigste Höchste Niedrigste
Temperatur. Temperatur.
Nordeuropa WgS OgN
Südliches Europa .... SW ONO O N
Ostseeländer SW ONO SO N^^
') E. £. Schmid, Lehrbuch der Meteorologie. S. 5S8£
*) Aus H. Mohn, Grundzage der Meteorologie. 2. Aufl. Berlin 1S79. S.195.
Vin. Die Winde.
233
Nordseeländer . . .
Mitteldeutschland . .
Nordrussland ....
Mittel- und Sudrussland
Westsibirien ....
Ostasiatisches Küstenland
Oestliches Nordamerika
Westliches Nordamerika
Melbourne, Australien .
Kerguelen-Insel . . .
Winter.
Höchste Niedrigste
Temperatur.
SW
SWgW
SSW
SgW
SgO
SgO
SgO
NgW
ONO
NO
NNO
N
NW
NNW
NNO
OgS
Sommer.
Höchste Niedrigste
Temperatur.
OSO WNW
SO
SSO
so
SSO
SSW
NgO
NO
WNW
N
NW
NNW
NO
W
SW
Ein Vergleich dieser Tabelle mit den Karten der Januar- und
Julüsothermen lehrt uns, dass die wärmsten Winde immer von dorther
wehen, wo eine relativ hohe Temperatur herrscht, nach welcher also
die Wärme am meisten zunimmt, die kältesten hingegen aus derjenigen
Himmelsgegend, nach welcher sich die Temperatur am schnellsten ver-
mindert. Hieraus geht klar hervor, dass die Winde immer die Tem-
peratur derjenigen Gegend herbeitragen, aus welcher sie kommen.
Am Schlüsse unserer Betrachtungen über die Luftströmungen sei
es uns noch gestattet, ein übersichtliches Bild von den Winden in
den mittleren Breiten der nördlichen Hemisphäre zu ent-
werfen. Sind doch die Windverhältnisse gerade auf diesem .Gebiete,
dem Wohnplatz der wichtigsten Culturvölker der Erde, flir uns von
besonderem Interesse; zugleich sind dieselben hier besser erforscht als
sonst in irgend einem Erdenraume ^).
Während des Winters ist die Häufigkeit der Winde, in Procenten
der Gesamratzahl ausgedrückt, folgende:
N. NO. 0.
in Westeuropa 6 8
in Ostasien 12 7
in den nördl. Vereinigten Staaten 12 11
Westwinde sind es also, welche in den drei genannten Gebieten
dominiren. Ihre Bedeutung ist jedoch insofern eine ganz verschiedene,
als sie in Westeuropa Südwestwinde, somit warme Aequatorialströme,
in Ostasien aber und in den Vereinigten Staaten Nordwestwinde, also
kalte Polarströme sind. Hiermit ist der scharfe Temperaturgegensatz
in Verbindung zu bringen, welcher zwischen dem ersten der erwähn-
X
SO.
S.
SW.
W.
^W.
9
11
13
25
17
11
6
4
4
9
24
.34
6
7
9
15
15
25
>) Vgl. J. Hann in Behm's Geographischem Jahrbuch. Bd. IV (1872),
S. 153ff.
234 Dritter TheiL Die Wasser- und Lafthfille der Erde.
ißü Gebiete nnd den beiden letzten besteht Im Winter wird demnach
ganz Europa von einem Aequatoriaktrom tiberfluthet; in Westeuropa
gehören zu den Süd-, Südwest- und Westwinden durchschnittlich sogsur
55 Procent aller Winde. Die Aequatorialströme walten noch jenseits
des Ural am Ob und Jenissei vor. Doch haben das südliche West-
sibirien, sowie Turkestan und die aralo-kaspische Niederung schon vor-
wiegend Xord-, Nordost- und Ostwinde (48 Procent gegen 27 Procent
der Süd-, Südwest- und Westrichtung). In China und im Amurlande
betragen die continentalen imd polaren Bichtungen West, Nordwest
und Nord sogar 70 Procent g^en 14 Procent der oceanischen und
äquatorialen Sichtungen Osten, Südosten und Süden. In Nordamerika
b^innt bereits unter 55^ w. L. v. Gr., also imter dem Meridian der
Ostspitze von Labrador, auf dem Nordatlantic die Herrschaft der Nord-
westwinde; an der nördlichen Ostküste der Vereinigten Staaten sind
52 Procent West-, Nordwest- und Nordwinde g^en 22 Procent Ost-,
Südost- und Südwinde. Auch im Innern, sowie im arktischen TheUe
von Nordamerika haben die polaren Winde das Uebergewicht; nur im
Westen sind wie in Europa die südlichen Winde relativ häufig.
Sowohl die Alte wie die Neue Welt besitzt ihr besonderes Wind-
circulationssystem : auf der Ostseite bahnt sich ein kalter, schwerer
Luftstrom den Weg vom Kältepol nach dem nächsten Ocean; auf den
Westseiten aber erfolgt der Zufluss der warmen, feuchten Aequatorial-
luft. Ruhig und gleichmässig zieht die kältere Luft im Osten ab;
hingegen sind die Luftbew^ungen an den Westseiten heftig und
stürmisch, weU die warmen, feuchten Luftmassen beim Eindringen auf
den kalten Continent durch Condensation der Wasserdämpfe und Er-
kaltung an Volumen und Masse verlieren.
Die oben angeführte Vertheilung der Winde erklärt sich sehr
ein£ich, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass während des Winters
im Innern der Continente in Folge der beständigen Heiterkeit des
Himmels eine bedeutende Wärmeausstrahlung, d. h. eine starke Er-
kaltung des Bodens und der über ihm li^enden Luftschichten eintritt.
So entsteht im Innern der beiden grossen nordhemisphärischen Länder-
räume ein Kältecentrum, während über dem Meere und seiner Um-
gebung selbst in höheren Breiten milde Temperaturen walten, da sich das
Meer relativ langsam abkühlt und ausserdem noch den Schutz einer
über demselben sich ausbreitenden Wolkenhülle geniesst. Schwere^
frostdichte Luftmassen lagern also über den Continenten, leichte, dibrh
grössere Wärme au%elockerte über den Oceanen. Die von Süd her
wehenden warmen äquatorialen Winde finden daher über den Oceanen
ein offenes Feld, über dem Innern der Continente hingegen ein Hinder-
niss in den dichten Luftmassen, welche selbst das Bestreben haben.
iftM4||WSpg'0i|Srden aus den Aequa-
li|^<«y^^^1l^iBche Wärme nacfa
OSi^V^quatorialBtröme der
eine Äbleakung
der Kältepole ihr
Ostseiten der Con-
wie nns ein Blick
i*^0*>tr (Fig. 7, bez. 12)
"^'£"^«rt, das8 im Januar
iten viel langsamer
'am besten folgende
Ä^tältnlsse ia den mitt-
jst andere, insbesondere
'■■- dich, wenn wir die
ir Gesammtzahl aus-
S::'^ci:;i:^.a'. s. sw. w. kvv.
.;ll'-°Ä-5i:;|:'.f;* lo 22 21 n
- -*--—* 16 10 9 10
17 23 12 14
_ jin nicht sehr geändert ;
^•l>^> übrigen Strömungen
•^■'S^er Umschwung ein-
mde (W_eflt, Nordwest
l^ibfd^rCiJj^igöäLun ■'-ängt
236 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
worden. Die Zahl der erstonen ist Yon 70 auf 26 Prooent h^nb-
gesonken; hingegen ist die der letzteren von 14 auf 55 Prooent ge-
stiegen. Das winterliche Continentalkliina ist so durch die vom Meere
her wehenden Winde za einem Seeklima geworden« Weniger stark
wechselt der Charakter des Klimas in Nordamerika. Hier waltet nicht
der Südostwind vor. wie in Ostasien, sond^n der Südwestwind, welcher
um so weniger im Stande ist, grosse Wandelungen des Klimas hervor-
zurufen, ab schon während des Winters Südwest- und Westwinde nicht
selten waren.
. In Europa zeigt sich also das EXma am beharrlichsten, weniger
in Nordameräa, am wenigsten aber in Nordasien.
Im Sommer erfahren die Continente dne viel höhere Erwärmung
als das Meer, nicht bloss weil das Land überhaupt schneller uikd
kräftiger die zugestrahlte Sonnenwärme annimmt als das Wasser, son-
dern auch weil nur sdten Wolken den Himmel bedeck^i. Daher
erheben sich erhitzte Luftmassen im Innern der Continente, und von
allen Seiten her dringt die Luft auf das Festland ein. Im Innern des
grössten Ländeigebietes, im Innern Asien's, ist die Auflockerung am
grösston j daher auch die Aenderung der Windrichtung am ansehn-
lichsten. In Amerika ist die erstere und mit ihr in gleichem Masse
auch die letztere viel unbedeutender.
Kennen wir auch im allgemeinen die Gesetze, nach denen die
Luftströmungen in den mittleren Breiten der nördlichen Halbkugel
wechseln, so sind wir doch noch keineswegs im Stande, ftir einen
Monat oder ftir einzelne Tage desselben das Wetter auch nur mit
einiger Sicherheit eine längere Zeit Torher anzugeben. Wir sind davon
noch viel weiter entfernt, als dies nach der gewöhnlich«! Volksmeinung
der Fall ist
Nach Eisenlohr' s Untersuchungen ^) sind fast alle in Süddeutsch-
land im Bauemmimde gebräuchlichen Wetterregeln falsch, und es gUt
dies wohl überhaupt von den sogenannten AVetterregeln derjenigen
Länder, wo Aequatorial- und Polarstrom sich stetig bekämpfen imd
sich immer von neuem gegenseitig verdrängen. Die wenig richtigen
sind zumeist so allgemeiner Art, dass ihre Uebereinstimmung mit den
thatsächlichen Verhältnissen uns nicht wundem kann. Zu diesen ge-
hören z. B. die folgenden: ,,Nach Martini scherzt der Winter nickt
mehr.^ ,,W^enn der Tag an&ngt zu langen, kommt die Kälte erst
g^angen.^ „Ist der April auch noch so gut, es schneit dem Bauer
') ünteiBUchangen über die ZaTerlässigkeit and den Werth der gebrauch-
liehen Wetterregeln. Carlsruhe 1S47.
VIII. Die Winde. 237
auf den Hut^ „Nach Medardus ^) ist der Frost dem Weinstock nicht
mehr gefilhrlich.**
Diese Begehi bringen ohne Zweifel meteorologische Wahrheiten
zum Ausdruck. In der That sinkt , wie es die erste Regel fordert^
selbst in der oberrheinischen Tiefebene, dem wärmsten Gebiete Deutsch-
land's, die Temperatur im Durchschnitt am 8. November zum ersten
Male unter 0® C. herab. Ebenso richtig ist die zweite, nach welcher
das Maximum der Winterkälte nicht zur Zeit der kürzesten Tage ein-
tritt, sondern sich wesentlich verspätet, sowie die dritte, welche dem
April eine dem Nullpunkt nahe stehende Temperatur zuschreibt. Am
präcisesten und treffendsten aber ist die vierte; denn in der IVIitte
Juni ist sehr häufig noch ein bedeutender Temperaturrückschlag zu
beobachten, der bisweilen sogar von Frösten begleitet ist.
Nach der Volksmeinung spielt auch der Mond eine grosse Rolle
in dem Verlauf des Wetters. Wie der Mond im W^eltmeer Fluth und
Ebbe erzeugt, so ruft er auch eine ähnliche Bewegung in der Lufthülle
tmseres Planeten hervor, die jedoch, wie bereits La place dargethan
hat, nur ein äusserst geringes Mass besitzt Reine Frage ist es femer,
dass die Wärmestrahlung des Mondes zur Zeit des Vollmondes nicht
ohne Wirkung bleibt fiir die Erwärmimg der Atmosphäre; insofern
mag auch die Annahme einer wolkenzerstreuenden Kraft des Voll-
mondes ein Kömchen Wahrheit enthalten. Wichtiger noch scheint der
Einfluss des Mondes auf die Entwicklung der äquatorialen und polaren
Winde zu sein. Schübler's Berechnungen (ausgeführt auf Grund
der meteorologischen Aufiseichnungen in Augsburg, Stuttgart und
München) haben das Resultat geUefert, dass die Süd- und Westwinde
bis zum zweiten Octanten^) immer häufiger, zur Zeit des letzten
Viertes aber am seltensten werden, während im letzteren Falle nörd-
liche und östUche Winde das Uebergewicht erlangen*).
Eisenlohr's Ermittelungen^), welche sich auf Beobachtungen
in Carlsruhe von 1808 bis 1819 gründen, stimmen hiermit ziemlich gut
überein. Es zeigte sich nämlich ein Vorherrschen des Süd-, Südwest-
und Westwindes bei Vollmond (nächstdem im zweiten und dritten
Octanten, sowie im ersten Viertel), hingegen ein Vorwalten des Nord-,
Nordost- und Ostwindes im vierten Octanten (nächstdem im letzten
^) 8. Juni.
*) Die MondphaBeu sind : Neumond, erster Octant, erstes Viertel, zweiter
Getan t, Vollmond, dritter Octant, letztes Viertel, vierter Octant.
') Schübler, Ueber den Einfluss des Mondes auf die Atmosphäre.
Leipzig 1830. S. 22 f.
*) Otto Eisenlohr, Ueber '^ — i?:-a„«, Hi^s Mondes auf die Witterung
in Poggendorff*s Annalen, Bd. 72, bes. 97.
238 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Viertel, Neumond und ersten Octanten). Demnach darf dem Mond
ein gewisser Antheil an dem Verlaufe des Wetters zuerkannt werden;
nur hat man sich denselben als sehr geringfügig zu denken, wie er
denn auch erst durdi die um&ngreichsten Zusammenstellungen nach-
gewiesen werden konnte^).
^) Vgl. hierzu die Abhandlung von Heinrich Streintz: Uebt der
Mond einen nachweisbaren Einfluss auf meteorologische Erscheinungen? —
in Poggendorff's Annalen, Ergänzungsband V (1871). S. 603 ff., insbes. 62u.
IX. Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge.
Gelangen mehrere Gase, welche nicht chemisch auf einander wii'ken,
mit einander in Berührung, so lagern sie sich nicht nach IVIass-
gabe ihrer Schwere über einander, wie dies in solchem Falle die meisten
tropfbaren Flüssigkeiten thun würden, sondern durchdringen sich gleich-
förmig und nehmen die Summe der Räume ein, welche sie vorher
getrennt von einander erfüllten. Man bezeichnet diesen Process als
die Diffusion der Gase. In der angeflilirten Weise ist auch die Atmo-
sphäre zusammengesetzt und zwar aus vier Gasen : aus Stickgas, Sauer-
Btoffgas, Wasserdampf und Kohlensäure. Sie bilden gewissermassen
vier selbstständige Atmosphären, welche sich im wesentlichen gegen
einander wie leere Räume verhalten und hinsichtUch des Druckes, den
sie auf das Meeresniveau ausüben, fast völlig unabhängig von einander
Bind. Die folgenden Erörterungen sind ausschliesslich der Wasserdampf-
atmosphäre unseres Planeten gewidmet.
Wasser, welches der Luft eine freie Oberfläche darbietet, ver-
dunstet an derselben, d. h. es geht in Dampfform über. Die Menge
des verdunsteten Wassers, welche auf die Flächeneinheit eines Wasser-
spiegels kommt, ist um so grösser, je höher die Temperatur und je
geringer der jeweilige Feuchtigkeitszustand der Luft ist. Nach Dal ton
beträgt die Verdunstung von einem Pariser Quadratftiss Wasserfläche
unter einer vorher völlig ausgetrockneten und ganz ruhigen* Atmosphäre
während '24 Stunden
bei 30 0 C. 130,5 Pariser CubikzoU,
bei 20« C. 72,9 „ „
bei 10 0 C. 40,4 ^, ,,
bei O^C. 21,6 „ „
bei— 100 C. 9^8 „ „0.
Es vollzieht sich denmach selbst dann noch der Verdunstungs-
process, wenn die Temperatur weit unter den Nullpunkt herabgesunken
^) £. £. Schinid, Lehrbuch der Meteorologie. Leipzig 1860. S. 595.
240 DriUer TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
isty und zwar ist dies nicht bloss ein E^rgebnies der Dalton'schen
Versaefae, sondern es haben dies auch Beobachtungen in der firden
Natur manigfach bestätigt So erzählt uns der Polar&hrer Hayes
aus dem hohen Norden: An Waschtagen wurden die Flanellhemden
nass im Freien aufgehangen. Natürlich gefroren ne sogleich; nach
etlichen Tagen aber waren sie vollkommen weich und trocken. Auch
bemerkte Hayes in Port Foulke (Nordgrönland, unter 78 ® 18' n. Br.),
dass selbst bei strenger Winterkälte Fisplatten in der Luft zusammen
schwanden und sich zuletzt vollständig auflösten^). In den Gletscher-
r^onen der Schweiz hat man längst ähnliche Erfahrungen gemacht.
Femer berichtet uns Spörer von dem Schnee in den Tundren, dass
derselbe „oft vor dem Eintritt der Schneeschmelze verdampft, au%e-
sogen von der trockenen Luft^ ^). Sir James Clark Ross imd
J. D. Hook er fanden im Victorialande Steinblöcke auf dem Schnee,
die entweder durch langsame Schmelzung desselben oder durch Eva-
poration blossgelegt worden waren ^).
um die Grösse der Verdampfung an einer freien Wasserfläche
zu ermitteln, hat man ein Gefass von bestimmtem Querschnitt der
freien Luft auszusetzen und das Wassergewicht unmittelbar vor und
nach dem Gebrauch sorgfältig festzustellen; hieraus ergiebt sich ohne
Weiteres der Verdampftmgsverlust Ein derartiges Instrument (Atmo-
meter oder Evaporometer genannt) ist durch Ueberdachung vor B^en
zu schützen, jedoch nicht vor Luftzug. Da es äusserst schwierig ist,
zufällige Einflüsse vollständig fem zu halten, so zeigen sich häufig
kleinere oder grössere Difierenzen zwischen atmometrischen Mitten
benachbarter Orte; die bisher erlangten Besultate können demnach
keinen hohen Grad von Genauigkeit beanspruchen.
Die Grösse der jährUchen Verdunstung beträgt ftir
Cumand . . (IOV2 Gr. n. Er.) 3520 Millimeter,
Madeira . . (323/4 Gr. n. Br.) 2030 ^
Rom ... (42 Gr. n, Br.) 1980 „
Augsburg . (481/3 Gr. n. Br.) 1625 „
Würzburg . i49^U Gr. n. Br.) 685 „
London . . (51 ^/g Gr. n. Br.) 650 „
Es darf nicht erwartet werden, dass die atmometrischen und ther-
mometrischen Jahresmittel gleichmässig wachsen und sich vermindern,
da die Verdunstung durch verschiedene, weiter unten zu nennende
^) J. J. Hayes, The open Polar Sea. London 1867. p. 218 sq.
<) Spörer, Nowaja Semlä (Erganzungsheft Nr. 21 za Petermann*s
Mittheilangen 1868). S. 84.
•)Sir Charles Lyell, Principles of Geology. 12*i» "edition, London
1875. Vol. I, p. 2yO.
IK. Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge. 241
Factoren beschleunigt oder verzögert wird ; doch geht schon aus den
obigen Zahlen hervor, dass im allgemeinen die Verdunstung in der
tropischen Zone am stärksten ist und nach den Polen hin sich ver-
ringert. Es bestätigt sich somit auch in der Natur die bereits von
Dal ton nachgewiesene Abhängigkeit der Verdunstungsgrösse von den
herrschenden Temperaturen.
Dementsprechend wechselt auch die Qrösse der Verdunstung in
den einzelnen Monaten der Art, dass sie in dem heissesten Monat ein
Maximum, in dem kältesten ein Minimum erreicht So ist nach
Schübler's dreijährigen Beobachtungen die tägHche Verdunstung zu
Tübingen im Schatten
im Januar . . . 0,41 Millimeter,
im April .... 2,19 „
im Juli .... 3,77 „
im October ... 1,22 „
Da grössere Wasserspiegel stets den directen Wirkungen der
Sonnenstrahlen ausgesetzt sind, so dürften sich Stark 's im Sonnen-
schein angestellte Beobachtungen, die einen Zeitraum von 14 Jahren
umfassen, der Wahrheit weit mehr nähern. Er fand ak tägliche Ver-
dunstung zu Augsburg
fiir März .... 3,65 Millimeter,
„ Juli .... 7,11 „
„ August ... 7,17 „
„ November . . 2,55 „
Während der Frostmonate wurden die Beobachtungen unterbrochen.
In den heissen Monaten Juni, Juli und August ist die Verdun-
stung in unseren Gegenden 8- bis 9mal so gross als in den drei kalten
Monaten December, Januar und Februar; ebenso ist sie im Sonnen-
schein gewöhnlich 2- bis 3mal so gross als im Schatten und im inten-
siven Sonnenschein heisser Sommertage 4- bis 5mal so gross als im
schwachen kalter Wintertage ^).
Femer ist die Verdunstungsgrösse auch durch den Feuchtig-
keitsgehalt der Luft bedingt. Ist die Luft mit Wasserdämpfen
gesättigt, so ist sie unfähig, noch weitere Wassertheile in sich auf-
zunehmen; es ist dann eine weitere Verdunstung unmöglich. Je geringer
jedoch der Feuchtigkeitsgrad der Luft ist, um so rascher vollzieht sich
der Verdunstungsprocess. Hieraus erklärt sich die starke Verdunstung
in trockenen Gebieten, z. B. in Wüsten.
Da sich im Sommer und namentlich bei Sonnenschein häufig auf-
steigende Luftströme entwickeln, welche die Wasserdämpfe nach oben
*) E. E. 8chmid, 1. c. S. 597 f.
Peschel-LeipoMt. Fhyii. Erdkande. II. ]g
im Frühling .
im Sommer
im Herbst . .
im Jahresmittel
242 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
entfuhren, also den Dampfgehalt der unteren Schichten erniedrigen^ so
wird auch hierdurch eine rasche Verdunstung b^ünstigt Wir dürfen
überhaupt sagen, dass jede Luftbewegung ihr förderlich ist. Herrscht
irgendwo Windstille, so ist die Luft gar bald mit Wasserdämpfen ge-
sättigt; damit aber ist der weiteren Verdunstung ein Ziel gesetzt.
Weht hingegen der Wind über eine Wasserfläche, so werden die mit
Dämpfen erflillten Luftschichten über derselben fortgeführt; gleichzdtij
aber kommen immer neue trockene Luftmassen herzu. Dies bestätigi^
auch die von Schübler in Tübingen angestellten Beobachtungen, wie
die folgende Tabelle zeigt '). Es verdunsten nämlich über einer Flache
von 1 Quadratfiiss in 24 Stunden
bei Windstille bei Wind
im Winter .... 0,98 CubikzolL 3,91 CubikzolL
•. 8,51 „ 11,68
. 11,92 „ 19,84
. 6,57 ., 14,94
. 6,65 „ 13,32
Somit ist die Verdunstung an windigen Tagen im Sommer 1,7-
mal, im Winter 4mal, im Jahresmittel aber doppelt so gross als btri
Windstille. Trockene Winde rufen hierbei eine viel lebhaftere Ver-
dunstung hervor als feuchte. Der mit Wadserdämpfen reich beladene
Südwestwind bewirkt nach Schübler über einer Wasserfläche von
1 Quadratfuss in 24 Stunden im Jahresmittel nur eine Verdunstung
von 6,25 Cubikzoll, der Xordostwind hingegen doppelt soviel, nämlich
12,90 Cubikzoll. Der erstere ist denmach einem befeuchteten, letzterer
aber einem trockenen Schwämme zu vergleichen, welcher das Wasser
begierig aufsaugt
Anders als die fireie, weithin ausgebreitete Wasserfläche veihlüt
sich feuchte Gartenerde und nasser Grasboden. Feuchte Gartenerde
weist fast durchweg (nur im Winter nicht) einen geringeren Verdun-
stungsbetrag auf als die freie Wasserfläche; hing^ren wird die Dampf-
bSdung an der letzteren bedeutend übertroffen durch diejenige des
nassen Grasbodens. Es verdunstet nämlich von einem dicht bewachsenen
Grasboden zwei-, selbst dreimal soviel W^asser als an einem gleich
grossen, daneben befindlichen Wasserspi^eL Ofienbar ist dies eine
Folge der ausgedehnten Oberfläche des gesammten Blattwerkes.
Die Construction zweckmässiger Instrumente zur Ermitte-
lun^r des Dampfgehaltes der Luft konnte nicht eher gelingen,
als bis man das eigentliche Wesen des W^asserdampfes erkannt hatte.
Lange Zeit war die Verdunstung des Nassen voller Räthsel gebliebeiL.
weil man sie als eine chemische Verbindung des Wassers mit der Luft
*) Schübler, Grundsatze der Meteorologie. Leipzig 1 S3I . S. 70.
L
"*™"''^yM»-^i:«ie*|3*Äa»^Äl»llier, im Jahre 1752
^'^^'^H'i^''S*^S?^^^^° Wasserdampf ent-
ri^^Ai^^i^^AfJ'il^B& Wänden dnea Qlae-
i|^Bi]§^|i(tt«Sii&rfe. Die Feuchtigkeit
Ijl?*"^«^»'®*!!' ÄlW,A.bacheidimg gewesen
^;^9lWiSf^,^^Si^i<r, daes die Luft eine
I 9-9.9.9^^^*''*''"'^ ^^' ^i''^'' gewisaen
"" " ) lasse sie gewisse
i Temperatur, so
lllfMfi
iHigimgspunkt bei ver-
>Ber (Hygrometer) aus
Erst im Jahre
"" "" '"^'"^ SSttigungsatufen stete
li^'besserungen eingeführt
J.a^^*|i*lDl. Parts 1755. p. 485 sq.
13, p. 107
Halle IS40. S. 100.
244
Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Fig. n.
OftBieira Hygrometcfr.
Ein viel zuverlfissigereB Instroment als das beschriebene ist
DanielTs Hygrometer (Fig. 17). Es besteht aus einer doppelt
umgebogenen Röhre, welche in zwei
Kugeln endigt. Die Röhre ist lufUeer,
enthält jedoch Schwefeläther, der sofort
aus einer Kugel in die andere über-
destUIirt, sobald eine Temperaturdiffe-
renz zwischen beiden eintritt Die Kugel
des längeren Schenkels a birgt in sich
ein kleines Thermometer, dessen Scala
in die Röhre t hineinragt, und ist mit
einer blanken Gold- oder Platinschicht
überzogen, während die andere Kugel b
mit einem Läppchen feiner Leinwand
umwickelt ist Träufelt man nun auf
die letztere etwas Aether, so erkaltet
das Ge&ss b in Folge der Verdampfung ;
im Innern desselben werden Aether-
dämpfe condensirt, was wieder eine Ver-
dampfung des eingeschlossenen Aethers
aus der anderen Kugel a herbeifuhrt Hierdurch wird auch in dieser
Kugel Wärme gebunden; sie kühlt sich allmählich bis zu deijenigea
Temperatur ab, fiir welche die Lufl umher mit Wasserdampf gesättigt
ist. Vermindert sich die Temperatur noch weiter, so scheidet sich ein
Theil des Wasserdampfes aus der Luft aus, und es schlagen sich feine
Tropfen auf der spi^elnden Goldfläche nieder.
Nun lehrt die Physik, dass sowohl im lufUeeren, wie im lufl-
erfiillten Raum die Spannkraft des Wasserdampfes für eine bestimmte
Temperatur eine gewisse Grenze hat, welche sie nicht überschreiten
kann, und dass die Spannkraft mit erhöhter Temperatur wächst. Das
M^'^rimiiTn der Spannkraft des Wasserdampfes beträgt für eine Tempe-
ratur von 10^ C. 9,2 Millimeter; dem entspricht eine Dichtigkeit des
Wasserdampfes yon 0,0000093; somit kann ein lufUeerer wie luft-
erfüllter Raum von 1 Cubikmeter bei einer Temperatur von 10® C
höchstens 9,3 Gramm Wasser in Dampfform aufgelöst enthalten. Ist
dieser Maadmalwerth erreicht, so sagt man, die Luft sei mit Wasser-
dampf gesättigt
Vielfach ist dies durchaus nicht der Fall. Hätte die Luft z. B.
bei einer Temperatur von 10® C. nur 6,7 Gramm Wasserdampf in
sich angenommen, so wäre sie noch nicht gesättigt Da dies jedoch
das Maximum des Wasserdampfes bei einer Temperatur von 5® C.
ist, so würde die Luft bei gleichem Dampfgehalt gesättigt sein, sobald
Ltur aber, für w^he
ist, von wo ab alao
. -— KHf — ™- — ^^chtung des Waßser-
l^^£^iSftt'rÜ^B?Ofi^^" "i^i^i sobald
iC^^^vSitli^S'fl^ä^ TabeUen entworfen,
m^m^^aua^Mffl^^hi Tabellen ist der
iB$1I^Mll(^^4 ^^'^^ ^ ermittek^
JS^S^.^ilPS'^l'iveffendeQ Tbaupunkt
_, ». Lidem man diesen
nden Maxinuddruck
I^^IV^S^**^ ist X. B. fllr ^e
li^*b||9£t 9,2 Hillimeter, fllr
.■4M!.", i -"."'.-■^•■i^S^
Fig. 18.
■''4 ? 4:-i'"Ä"'-*"- i^
■ t-
.^. . JJ, .^. .^. .^. .;j. .^.
gendorffB AnnaleD,
246 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
des letzteren ist mit einem feinen Leinwandläppchen umhüllt, welches
nach dem Gewiss B herüberführt und durch Wasserzuäuss von dem-
selben stets nass erhalten wird. Indem das Wasser verdunstet, wird
Wärme gebunden; das befeuchtete Thermometer erkaltet daher und
zeigt somit nach einiger Zeit eine niedrigere Temperatur an als das
trockene Thermometer. Nur bei völlig gesättigter Luft tritt keine
Verdunstung und somit auch kein Wärmeverlust ein. Natürlich
wird sich dieser Process um so kräftiger vollziehen, abo auch die
psychrometrische Differenz oder der Unterschied des trockenen und
feuchten Thermometers um so mehr wachsen, je trockener die Luft
ist Aus dieser Differenz, aus der an dem trockenen Thermometer
abgelesenen wirklichen Lufttemperatur, sowie aus dem Barometerstände^
welcher gleichzeitig beobachtet wird, leitet man den Druck der
Dämpfe und die relative Feuchtigkeit der Luft ab. Das Psychrometer
ist in gleicher Weise vor störenden fSnilüssen zu schützen wie das
Thermometer (s. S. 154 f.); vor allem darf es dem Winde nicht aus-
gesetzt sein. Mit Hilfe von Tabellen, die sich auf Versuche und
Bechnungen .gründen, kann man aus den oben angegebenen W^ertfaen
unmittelbar den Dampfgehalt der Atmosphäre gewinnen.
Unter den neueren Hygrometern ist noch ein von Elinkerfues
angefertigtes sinnreiches Instrument hervorzuheben : das Bifilarhygro-
meter^). Dasselbe wird im wesentUchen von einem an zwei Haaren
bifilar au%ehangenen Stäbchen gebildet Dieses wird durch zwei
andere Haare verhindert, der Torsion der beiden ersten Fäden nach-
zugeben, welche das Bestreben haben, sich in eine Ebene zu stellen.
In seiner äusseren Construction ähnelt dieses Instrument demjenigen,
welches Gauss zur Messung der Aenderungen in der Intensität dt?s
Erdmagnetismus benützt bat; natürlich wird es durch ganz andere
Kraft» bewegt als dieses.
Wie die Temperatur, so hat auch der Wasserdampf der Luft eine
tägliche und jährliche Periode. Da bei hoher Temperatur die
Verdunstung nicht nur eine weit kräftigere ist als bei niedriger, son-
dern auch bei grösserer W^ärme die Luft mehr Wasserdämpfe in sich
zu bergen vermag, so darf schon von vom herein eine regelmässige,
im allgemeinen den Wärmewandelungen entsprechende Ab- und Zu-
nahme im W^assergehalt der Luft vermuthet werden, und in der That
bestätigen dies die Beobachtungen.
Der tägliche Gang der Feuchtigkeitscurve hat an den ocesi-
mschen Ufern einen anderen Charakter als im Binnenlande. An allt-n
^) Klinker fa es, Theorie des Bifilarhygrometers. Göttingen 1S75.
IX. Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge. 247
Küsten (mit Ausschluss der tropischen) ist die tägliche Periode folgende.
Am geringsten ist der Druck der Wasserdämpfe zur Zeit der Morgen-
dämmerung; er wächst während des Vormittags, erreicht Mittags
zwischen 1 und 3 Uhr sein Maximum und sinkt dann während des
Nachmittags und des Abends, sowie während der Nacht. Hier tritt
uns die strenge Abhängigkeit der Dampfmenge in der Luft von den
wechselnden Temperaturveriiältnissen deutlich entgegen. Im Binnen-
lande höherer Breiten, sowie allüberall in der tropischen Zone ist die
tägliche Periode des Dampfdruckes etwas anderer Art Zwar ist
auch hier bei Anbruch des Tages die Dampfinenge am geringsten;
sie vermehrt sich jedoch nur bis gegen 8 oder 9 Uhr Morgens. In
Folge der starken Erwärmung des Bodens entwickelt sich zu dieser
Zeit ein aufsteigender Luftstrom und ftlhrt die Dämpfe der unteren
Luftregionen in die Höhe; hierdurch vermindern sich die Dämpfe in
der Nähe des Bodens, obgleich der Verdunstungsprocess unausgesetzt
und in der Mittagsstunde unzweifelhaft in erhöhtem Grade fortdauert.
Jener Rückgang im Dampfgehalt der Luft findet bis Nachmittags
2 oder 3 Uhr statt Nun beginnt der aufsteigende Luftstrom schwächer
zu werden, und je mehr er erstirbt, desto mehr Wasserdämpfe sammeln
sich in den unteren Luftschichten an. Dadurch wird der Dampfdruck
abermals vermehrt und zwar bis gegen 9 Uhr Abends. Dann aber
veranlasst die weitere Abkühlung der Luftschichten eine Auscheidung
der Dämpfe in Form von Thau, weshalb sich der Dampfdruck bis
gegen Sonnenaufgang wieder verringert. An der Küste erweist sich
der aufeteigende Luftstrom viel zu schwach, um derartige Wirkungen
hervorzubringen. Während des Winters ist überdies in unseren
Breiten die tägliche Periode sehr gering und nähert sich, da ein
intensiver aufsteigender Luftstrom in dieser Jahreszeit fehlt, in
ihrem Verlauf derjenigen, welche an der Küste beobachtet wird: die
beiden Maxima um 9 Uhr Morgens und 9 Uhr Abends verschwin-
den und weichen einem Maximum um Mittag. Figur 19 stellt nach
H. Mohn*) die Curven des täglichen Dampfdruckes im Juli für
Bergen (B) und Upsala (U) dar; beide zeigen recht deutlich den
oben erwähnten Gegensatz zwischen der Feuchtigkeitscurve für litorale
und continentale Gebiete.
Noch enger als die tägliche Periode schliesst sich die jährliche
Periode des Dampfdruckes an den Gang der entsprechenden Tem-
peraturcurve an. In unseren Breiten kommt demgemäss der höchste
Dampfdruck fast stets dem Juli und August, der niedrigste hingegen
dem Januar und Februar zu. Er beträgt z. B. (in Millimetern)
^) Grundzüge der Meteorologie. 2. Aufl. Berlin 1879. S. 94.
248
Dritter Theil. Die Wasser- und Lafthülle der Erde.
Janaar. Februar. Juli. Augmst Amplitude,
für Berlin . . . 4,31 4,11 11,08 10,99 6,07
für London ... 5,46 5,84 12,25 12,32 6,86
für Petersbui^ . . 2,73 2,62 10,49 10,69 8,07
Schon diese wenigen Beispiele lassen erkennen, dass die Amplitude
des Dampfdruckes an Orten mit gleichmässigem EÜÜma kleiner ist als
i
Fig.
19.
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Die t^^Uehe Periode des Dampfdruckes im Juli in Bergen (B) nnd Upsala (UK
an solchen mit excessivem Klima; sie wächst also im allgemeinen, je
tiefer wir in die Gontinente eindringen und je mehr wir uns von dem
Aequator entfernen. So ist die jährliche Amplitude für Batavia =2,1
[Millimeter (Dampfdruck im April 21,8, im August 19,7 Millimeter);
im Innem von Sibirien aber erreicht sie einen Werth von 9 bis 10
Millimetern.
Nimmt nach alledem die Periode der Dampfspannung oder der
absoluten Feuchtigkeit einen ganz ähnlichen Verlauf wie die Periode
der Lufttemperaturen, so ist die Damp&ättigung oder die relative
Feuchtigkeit völlig entgegengesetzten Veränderungen unterworfen. Am
frühen Moigen, also zu derjenigen Zeit, in welcher der Dampf-
druck am geringsten ist, nähert sich die Luft dem Sättigungspunkte
am meisten ; zur Mittagszeit hing^en, wenn der absolute Wasseigehalt
am ansehnhchsten ist, besitzt die Luft die relativ grösste Trockenheit,
d. h. der Thaupunkt liegt tiefer als sonst unter der Temperatur der
Luft. In Uebereinstimmung hiermit erlangt auch die relative Feuchtig-
keit der Luft im Winter ihr Maximum, im Sommer hingegen ihr
Minimum.
Wäre allen Winden gleichmässig eine flüssige Bodenfläche dar>
geboten, aus welcher sie die Wasserdämpfe schöpfen, so würden sie
bezüglich ihrer absoluten Feuchtigkeit dieselben G^ensätze zeigen wie
bezüglich ihrer Temperaturen (vgl. S. 231). Die äquatorialen Winde
würden die feuchten, die polaren Winde hing^en die trockenen sein.
Da aber die obige Bedingung keinesw^ erfüllt ist, die Winde vid-
mehr bald See-, bald Landwinde sind, so lassen sich die hygrometrischen
IX. Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge. 249
Werthe der verschiedenen Windrichtungen nicht einfach aus den ther-
mischen W^indrosen ableiten; sie weisen vielmehr nicht imbeträchtliche
locale Abirrungen hiervon auf. Um die Abhängigkeit des Dunstdruckes
von der Windrichtung übersichtlich darzustellen, hat man sogenannte
atmische Windrosen construirt; sie belehren uns über die durch-
schnittliche Damp&pannung; welche jedem der Winde aus den Haupt-
richtungen der W^indrose zukommt.
So lautet die atmische Windrose fiir Halle nach Eämtz^):
Dampfspannung in Millimetern.
N. NO. 0. SO. S. SW. W. NW.
6,72 6,5ö 6,90 7,31 7,83 7,47 7,26 6,90.
Aus den bisher entworfenen atmischen Windrosen ei^eben sich
folgende Resultate:
Winter. Sommer.
Höchster Niedrigster Höchster Niedrigster
Druck der Wasserdämpfe. Druck der Wasserdämpfe.
Südliches Norwegen . . SW. NNO. SO. ^W.
London SW. ONO. S. NO.
HaUe S. NO. S. NO.
Mühlhausen am Echsfeld SW. NO. S. WNW.
Arys in Ostpreussen . .* W. ONO. OSO. W.
Melbourne SSW. O. NO. NNW.
In Europa sind es im Winter meist Südwest-, im Sonmier aber
Süd- und Südostwinde, welche die grösste Dampfinenge mit sich führen,
während Nordostwinde im Winter, Nordost- und Nordwestwinde aber
im Sommer relativ arm an Wasserdämpfen sind. Merkwürdig ist es,
dass in letzterem Falle die dampfarmen Winde grösstentheOs See-
winde sind.
Auch die relative Feuchtigkeit erleidet je nach den herrschenden
Winden bedeutende Schwankungen. An den Küsten besitzen See-
winde immer die grösste, Landwinde die geringste relative Feuchtigkeit.
Im Innern Deutschland's ist nur im Sommer der Westwind feucht und
der Ostwind trocken; im Winter besteht das entg^engesetzte Ver-
halten. So ersehen wir aus der von Kämtz fiir Halle berechneten
atmischen Windrose, dass die Feuchtigkeit (ausgedrückt in Procenten
der zur vollkommenen Sättigung nöthigen Dampfinenge) beträgt:
im Jahresmittel 78,3 (Max.) bei Nordwind, 73,0 (Min.) bei Ostwind,
im Winter . . 92,6 (]ttax.) bei Ostwind, 80,9 (Min.)b« W^estwind,
im Sommer . 71,4 (Max.) bei Westwind, 61,3 (Min.) bei Ostwind.
Wie die Lufttemperatur, so nimmt auch die Menge des Wasser-
dampfes ab, je mehr man sich über den Spiegel des Meeres erhebt
*) Vorlesiingen über Meteorologie. Ilalle 1S40. S. 122.
250 Dritter Theü. Die Wasser - und LnfthüUe der Erde.
So fend Kämtz*) im September und Oetober 1832 und 1833 auf
dem Faulhom in 2570 Meter Meereshöhe einen Dampfdruck von
4,128 ]^Ii]Iimetem, während gleichzeitig in Zürich ein solcher von 9,253
Mm. beobachtet wurde. Nach H. Mohn') ist das jährliche Mittd
des Dunstdruckes für Chiistiania 5,3 Millimeter, auf dem DoyreQeld
aber, 643 Meter über dem Meeresspi^el , nur 4,2 Millimeter. Der
Druck des Wasserdampfes vermindert sich übrigens weit rascher als
der Luftdruck und sinkt schon in 1962 Meter Höhe auf die Hälfte
und in 6500 Meter Höhe auf ^% seiner Oesammtgrösse im Meeres-
niveau herab.
Die relative Feuchtigkeit der Lult in verschiedenen Höhen ist
bedingt durch die Dampfinenge der oberen Schichten, sowie durch
deren Temperaturen. Da sich nun beide, insbesondere aber die letzteren,
vielfach in der Höhe r^ellos ändern, so gilt dasselbe auch von
der relativen Feuchtigkeit der Luft. Dies haben die BaUon&hrten
Glaisher's durchaus bestätigt Sehr häufig bemerkte Glaisher
beim Austritt aus einer trockenen Schicht einige Hunderte von Metern
höher eine mit Feuchtigkeit gesättigte, und er kam zu dem Schlüsse:
In der Atmosphäre scheint stets eine gewisse Anzahl abwechsdnd
trockener und feuchter Schichten nach ii^nd einer Ordnung über
einander gelagert zu sein und zwar nicht bloss in den niederen,
sondern auch in sehr hohen Segionen; denn auch bei seinen höchsten
Luftreisen sah er noch in grosser Höhe Wolken über sein Haupt hin-
ziehen, in deren Nähe die relative Feuchtigkeit doch stets nahezu 10<)
Procent vsL Immerhin darf behauptet werden, dass in sehr bedeutenden
Höhen der geringen absoluten Menge des Wasserdampfes entsprechend
auch die relative Feuchtigkeit allmählich eine sehr geringe wird.
Erfolgt irgendwo in der Atmosphäre eine Temperaturemiedrigung,
so nähert sich die Luft dem Sättigungspimkte. Ist dieser errdchc
so bewirkt jede weitere Abkühlung, dass sich ein Theil der Wasser-
dämpfe in tropfbarem oder festem Zustande ausscheidet Diese Ver>
dichtungsproducte bezeichnet man als Niederschlag. Derselbe ftihrt
je nach den Verhältnissen, unter denen er sich bUdet, verschiedene
Namen.
Thau und Reif nennt man ihn, wenn er unmittelbar am Boden
entsteht, ohne dass ach hierbei die unterste Luftschicht trübt Es ge-
schieht dies immer dann, wenn die Temperatur der Erdoberfläche
unter den Thaupunkt herabgesunken ist Zunächst zeigt sich hierbei
ein fdner Beschlag, der jedoch, indem er sich vermehrt, meist gar
bald die Gestalt kleiner Wassertropfen annimmt Eine starke Erkaltung
M 1. c. S. los.
^) 1. c S. 97.
EX. Die WaBserdämpfe in der Luft, Niederschläge. 251
des Bodens und der über ihm sich ausbreitenden Luftschicht ist nur
dann möglich, wenn der Himmel wolkenfrei oder die Wolkendecke sehr
dünn und hoch ist; darum setzt reiche Thauentwicklung heitere Nächte,
zugleich aber auch genügende Mengen von Wasserdämpfen in der
Lult voraus. Die ersteren fehlen vielfach an oceanischen Gestaden,
die letzteren aber auf weiten wasserlosen Flächen im Innern der Con-
tinente; in solchen Gebieten vermissen wir den Thau fast gänzlich.
Nicht alle Stoffe werden gleich stark bethaut. Körper mit geringem
Strahlungsvermögen, wie Steine, eignen sich wenig zur Erzeugung
von Thau; dagegen wird das Holz der Thüren und Fenster, sowie
das Gras der Wiesen stark vom Thau benetzt, weil diese Gegenstände
die stärkste Wärmeausstrahlung besitzen.
Liegt der Thaupunkt imter dem Gefrierpunkt, so scheiden sich
die Wasserdämpfe in fester Form, d. h. als Eiskrystalle aus; diesen
gefrorenen Thau nennen wir Reif.
Da es unmöglich ist, den als Thau und Reif auf die Erde fallenden
Wasserdampf der Luft auch nur einigermassen genau zu messen, so
entsteht hierdurch eine nicht unwesentliche Lücke in der Kenntniss
von dem Kreislauf des Wassers.
Eine andere Art des Niederschlags, der R^en, fordert vorherige
Wolkenbildung.
Wolken und Nebel sind im Grunde ein und dasselbe: beide sind
massenhafte Anhäufiingen kleiner Wasserbläschen. Wir bezeichnen sie
als Wolken, wenn sie hoch über uns hinwegziehen, als Nebel, wenn
sie sich unmittelbar auf dem Boden auflagern. Die ersteren be-
wegen sich gewöhnlich durch weit kältere Räume und setzen sich daher
bisweilen aus feinen Eisnadeln zusammen.
Wolken und Nebel erscheinen immer dann, wenn die Luft eine
im Vergleich zu ihrer Temperatur zu grosse Menge von Wasserdämpfen
enthält. Dieser Zustand der Atmosphäre kann auf dreifache Weise
herbeigeführt werden:
1) Vom Meere oder der feuchten Erdoberfläche steigen mehr
Dämpfe auf, als die Luft nach ihrer Temperatur aufzunehmen vermag.
Dies geschieht natürlich nur dann, wenn das Wasser oder der feuchte
Boden wärmer ist als die Luft und somit auch, der höheren Temperatur
entsprechend, eine relativ kräftige Verdampfung stattfindet
2) Die Luft erkaltet und nähert sich so dem Sättigungspunkte.
3) Zwei Luftschichten von verschiedener Temperatur berühren
sich mit einander und zwar in der Weise, dass die wärmere Luftmasse
an ihrer Grenzfläche bis unter ihren Thaupunkt abgekühlt wird, was
sofort eine Ausscheidung des WasHcrdampfe» zur Folge hat Eine
wirkliche Durchdringung zweier unglmch erwärmten Luftströmungen
252 Dritter TheiL Die Wasser- und Lnfthalle der Erde.
tritt wohl ebenso »Atea ein wie eine Miachong warmer und kalter
Waasermasaai im Ocean.
In den metsten FälDen entatdien die Wolken durch die Erkaltung
der Loft. Sobald der Thanponkt erreicht ist, hat jeder weitere Bock-
gang der Temperatur eine Trübung der Luft durch auBgeschiedaies
Wasser zur Folge. Yine solche Abkühlung aber kann sich im wesent-
lichen auf drei&chem Wege vollziehen: indem eine senkrecht sich er-
hebende Strömung die Luft in höhere, kältere Regionen fährt, femer
indem anfing^ich horizontale Strömungen ^urch BodenanschweDungen
nach oben gedrängt werden (weshalb die Spitsoi Jioher Gebirge so
häufig in Wolken gehüllt sind) und endlich, indem Strömungen (so
besonders die Aequatorialströmungen) in horizontaler Bichtung nach
kälteren Oebieten fortsdireitraL
Nadi Howard^) thdlt man die Wolken hinsichdich ihrer Gestalt
in drei Hauptarten ein.
1. Die Federwolke oder der Cirrus setzt sich zusammen
aus zarten, glänzend weiBsen Wolkoiftden, wdche oft langgestreckte,
über den ganzen Himmel sich ausbrütende Reihen darstellen und deren
^öhe nicht selten die d^ höchsten Gipfel der Erde (9000 Meter) über-
trifft Aus dem letzteren Umstände dürfen wir zugleich schliessen,
dass sie Anhäufungen von feinen Eisnadeln sind, da in solchen Höhen
die Temperatur stets weit unter den Nullpunkt herabsinkt
2. Die Haufen wölke, Cumulus, ist aus grossen, kugd-
oder traubenfbrmigen Dunstmassen gebildet, deren Grundfläche meist
dunkel ist, während ihre Spitzen, gleich fernen Schne^ebirgen, im
Sonnenschein häufig in lichtem Glänze erscheinen. Sie ist in der tro-
pischen Zone, sowie während des Sommers in unseren Breiten die
gewöhnlichste Wolkenform und wird offenbar durch den aufsteigenden
Luflstrom hervoigerufen, welcher die Wasserdämpfe der unteren,
wärmeren Lufb'egionen in hohe, kältere emportrUgt, wo sie sich in
Folge der geringen Temperatur verdichten. Die horizontale Basis der
Haufenwolken befindet sich in derjenigen Luftschicht, in welcher der
empordringende Strom bis auf den Thaupunkt erkaltet Ihre Ab-
hängigkeit von einer derartigen Strömung wird am deutlichsten daraus
erkannt, dass sie vielfiich erst gegen Mittag auftauch^i und sich nicht
selten in den späteren Nachmittagsstunden wieder auflösen, wenn die
Kraft dieses Stromes nachlässt und sie sich vermöge ihrer Schwere in
die unteren, wärmeren Schichten herabsenken.
3. Die Schichtwolke, Stratus, besteht aus weitausgedehnten
lorizontalen Wolkenstreifen, durch welche namentlich gegen Abend
jisweilen prachtvolle Lichtphänomene bewirkt werden.
*) Climate of London. London 1S20. VoL U, p. 329.
IX. Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge. 253
Diesen Grundformen hat man noch folgende Uebergangsformen
hinzugefiigt :
4. Der Cirrocumulus oder die fedrige Haufenwolke^
vom Volksmunde als „Schäfchen^ bezeichnet, ist eine Vereinigung
zahbeicher kleiner, weisser, abgerundeter Wölkchen.
5. Der Cirrostratus oder die fedrige Schichtwolke
ist die (vielfach nur perspectivische) Verbindung vieler Federwolken
zu langgestreckten Streifen, wie sie öfter am Horizonte beobachtet
werden; im Zenith würde man statt derselben eine Nebeneinander-
lagerung zarter Wölkchen bemerken.
6. Der Cumulostratus, die streifige Haufenwolke, ist
zu betrachten als eine Zusammenschaarung von Haufenwolken. Die
Gestalt derselben ist oft ganz unregelmässig und zerrissen. Ihre Farbe
ist dunkel, so dass bisweilen der ganze Himmel, namentlich der Hori-
zont durch sie einen blauschwarzen Farbenton erhält.
7. Der Nimbus oder die Regenwolke entwickelt sich am
häufigsten aus dem Cumulostratus, bisweilen jedoch auch aus anderen
Wolkenformem
Die Ho ward 'sehe Terminologie berücksichtigt nur die äussere
Erscheinung der Wolken; einen Schritt weiter ging Poey in Havana,
indem er dn System schuf, welches sowohl die Ursache, als auch die
Art und Weise der Wolkenbildung zum Ausdruck bringt. Von den
Ho ward 'sehen Wolkenformen hat Poey nur den CSrrus, Cirrostra-
tus, Cirrocumulus und den Cumulus in seine Classification herüber-
genommen; dagegen wurden der Stratus, Cumulostratus imd Nimbus
ausgeschieden und neue Formen dafiir eingeflihrt. Die wichtigste der
letzteren ist das Pallium oder die Deckenwolke, d. i. die graue, asch-
farbige Wolke, deren gleichförmiges Gewand sich oft üj)er den ganzen
Himmel ausbreitet und aus der so häufig der Regen herabströmt. Die
dichten, massigen Wolken nun, welche sich beim Aufhören einer Regen-
periode an der Unterfläche des PaUiums isoliren, heissen nach Poey
Falliocumulus; sie sind also das tiefere Lager jenes weiten, dichten
Wolkenmantels. Theilt sich hierauf der Palliocumulus in zahlreiche
Bruchstücke von unbestimmter, unregelmässiger und sehr manigfaltiger
Form, welche von einem tieferen Luftstrom rasch hinweggetrieben
werden, so haben wir den Fractocumulus , die Windwolke. Wenn
aber am Ende eines Regenschauers die Wolkenhülle zerreisst, zeigt
sich durch die Wolkenöfinungen zugleich noch ein höheres und weisseres
Wolkenlager aus Feder- imd Federschichtwolken : der Palliocirrus oder
die Deckenwolke.
Die sieben Wolkenformen Poey 's heissen demnach: 1. die Feder-
wolke (Grrus), 2. die fedrige Schichtwolke (Cirrostratus), 3. die fedrige
254 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Haufenwolke (CSrrocuinulus), 4. die Deckenwolke (PaUiocirrus), 5. die
K^enwo!ke (Palliocumulus), 6. die Windwolke (Fractocumulus), 7. die
bergfönnige Wolke (Cumulos).
Die Entwicklung dieser einzelnen Formen charakterisiren wir am
besten n.it den Worten K. Frit seh 's folgendermassen ^) : Die Feder-
wolke (Cirrus) ist eine gestreifte, träge Wolke, welche sich in den
höchsten Regionen der Atmosphäre bei sanfter Berührung von wirk-
lichem Froste bildet. Die fedrige Schichtwolke (Cirrostratus) ist eine
gestreifte, zu einem Flor gewebte Wolke, welche entsteht, wenn der
Frosthauch herabsinkt in eine tiefere Region mit häufigeren Wasser-
dünsten. Die fedrige Haufen wölke (CSrrocumulus) ist eine Frostwolke,
deren Ränder getüpfelt und abgerundet sind; sie entsteht, wenn die
Lufttemperatur sich ein wenig über den Frostpunkt erhebt Der
PaUiocirrus ist eine hohe Eiswolke, welche sich bei genügender Feuchtig-
keit verdichtet und vermehrt, nicht minder kalt, obgleich sie sich dem
Funkt der Sättigung mit Dünsten nähert oder ihn erreicht, wobei sie
Niederschläge veranlasst. Der Palliocumulus ist Wasserdunst in den
tieferen Regionen der Atmosphäre, welcher bald mehr, bald weniger
angehäuft ist bis- zum Sättigungspunkte oder Niederschlage. Der
Fractocumulus ist eine Wolke von stets wechselnder äusserer Form,
organisch aber und in der That bezeichnet durch seine unveränderliche
Art der Bildung — in Folge der raschen Trennung der zerüsJlenden
Wolkenmassen in isolirte Theile bei dem Treiben des bewegenden
W' indes. Die Haufenwolke (Cumulus) ist Wasserdunst, welcher ver-
dichtet wird durch den au&teigenden Luftstrom der Atmosphäre bei
vereintem Einflüsse der Abkühlung und des abnehmenden Luftdruckes.
Die Grösse der Bewölkung drückt man jetzt &st allgemein
durch die 2^hlen 0 bis 10 aus imd zwar in der W'eise, dass 0 den
gänzlich unbewölkten, 10 liingegen den in dichten Nebel gehüllten
Himmel bedeutet Die Zahl 1 giebt an, dass ^/% des Himmels mit
W^olken bedeckt ist; 2 und 3 heisst leichtbewölkt, 4 beinahe halbklar,
5 halbklar, 6 nicht ganz halbklar, 7 und 8 stärker bewölkt, 9 &st
völlig bewölkt
Auch die Bewölkung hat ihre tägliche und jährliche Periode.
Die erstere tritt am entschiedensten in der Calmenzone hervor, indem
an vielen Stellen derselben im grössten Theile des Jahres die Sonne
bei klarem Himmel auf- und untergeht, wälirend in den ^littagsstunden
eine kräftige \\'olkenentwicklung stattfindet In der gemässigten Zone
ist die tägliche Periode besonders im Sommer bemerkbar. Die Be-
') Zeitschrift der österreichischen Gese habhaft für Meteorologie. Bd. VI
(iSTlX S. 325.
IX. Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge. 255
wölkung wächst während des Vormittags, erreicht gegen Mittag ihr
Maximum und verringert sich wiederum bis gegen Abend. Die Nächte
sind verhältnissmässig häufig klar. Die Vermehrung der Wolken zur
Mittagszeit wird durch den aufsteigenden Luftstrom herbeigefiihrt. In
den Wintermonaten ist bei uns die tägliche Periode wenig scharf aus-
geprägt. Die dichten Nebel, welche sich am Morgen über die Erde
ausbreiten, werden gewöhnlich während des Tages verscheucht, so dass
die Klarheit des Himmels gegen Abend am grössten ist In den Polar-
gegenden wird während des grössten Theiles des Jahres die tägliche
Periode diesen Charakter zeigen.
Die jährliche Periode ist je nach localen Verhältnissen sehr ver-
schieden. In dem Gebiete der Calmen, das freilich mit dem Stande
der Sonne kleinere oder grössere Verschiebungen erleidet, ist in Folge
der starken Ascensionsströmung die Wolkenbildung das ganze Jahr
hindurch eine so kräftige, dass man diese Zone recht treffend als den
Aequatorialwolkenring bezeichnet hat'). In Vorderindien hängt die
Wolkenbildung streng von dem Wechsel der Monsune ab. Der im
Sommer wehende Südwestmonsun trägt die Dämpfe des wannen
Indischen Oceans nach dieser Halbinsel und hüllt insbesondere die
Berglandschaften an der Westküste und im Innern des Landes in
Wolken, während der winterliche Nordostmonsun, der vom Lande her
bläat, Klarheit des Himmels bewirkt. Die Ostküste von Vorderindien
bietet hierzu den schärfsten Contrast, weil der Südwestmonsun für sie
ein relativ trockener Landwind, der Nordostmonsun aber ein feuchter
Seewind ist. Da im Winter die barometrischen Maxima meist im
Innern der Continente liegen und somit die Luft von hier nach dem
Meere abfliesst, so ist in der Mitte der continentalen Länderräume der
Winter relativ heiter, während die sommerliche Auflockerung der Luft
Seewinde herbeizieht und so Trübung veranlasst. In Europa weisen
die Winter mit ihren vorherrschenden Südwestwinden die stärkste
Bewölkung auf; die Westwinde des Sommers aber vermögen deshalb
keine so dicke Wolkendecke zu erzeugen, weil der continentale
Boden im Sommer stärker erwärmt wird und somit eine grössere
wolkenzerstreuende Kraft besitzt Doch trübt sich im allgemeinen
der Himmel am meisten bei Südwestwind, am wenigsten bei Nord-
ostwind.
Wie in den angeführten Beispielen, so ist auch sonst der durch-
schnittliche Grad der Bewölkung in erster Linie von den Winden
abhängig. Eilen die Winde aus höheren Breiten nach niederen, also
*) M. F. Maury, Physical Geography of the Sea. 16*^ ed. London 1877.
p. 270 sq.
256 Dritter Theil. Die Wasser- und LafthOlle der Erde.
nach wärmeren Grebieten, so entfernen sie sich von ihrem Sättigangs-
ponkte; wehen sie hingegen umgekehrt ans niederen Breiten nach
höheren, so nahem sie sich in gleichem Masse demselben. Somit
bewirken Polarströme meist Heiterkeit des Himmels; Aeqoatorialströme
hingegen haben Wolken in ihrem Gefolge. Darum ist aof der nörd-
lichen Halbkugel der Sonnenschein yomehmlich ein Geschenk der
Nordostwinde, trübes Wetter aber insbesondere ein Breiter der Säd-
Westwinde. Demnach finden wir in der tropischen Zone, wo die
Passate, also Polarwinde vorherrschen, meist einen wolkenlosen, tief-
blauen Himmel, namentlich zwischen der höchsten Lage ihrer Aequa-
torial- und der niedrigsten Lage ihrer Polargrenze. Zwischen Nordost-
und Südostpassat ist der Aequatorialwolkenring wie ein schmales Band
eingeschaltet An den Polargrenzen der Passatzone entsteht durch das
Herabkommen des rücklaufenden Passates eine Trübung der Atmo-
sphäre, welche dem mit der Sonne polwärts rückenden Passat periodisch
weicht So zeigt also diejenige Zone, die nur periodisch dem Passat-
gebiete angehört, einen regelmässigen Wechsel zwischen Heiterkeit
und Trübung des Himmels, wdcher sich YölUg dem jährlichen Grang
der Sonne unterordnet Weiter polwärts jedoch verändert sich die
Bewölkung des Himmels ebenso unr^ebnässig wie die Windrichtung:
sie erreicht bald ein Maximum, bald ein Minimum, je nach dem der
Aequatorial- oder Polarstrom vorwaltet Freilich bestimmen diese
niemals allein die Grösse der Bewölkung; diese wird vielmehr gldch-
zeitig durch die grössere oder geringere Entfernung eines Ortes vom
Meere, sowie namentlich durch die eigenthümUchen Terraingestaltungen,
die ihn umgeben, wesentlich beeinflusst.
Steigt nämtich feuchte Luft an einem wallartig sich erhebenden
hohen und steilen Gebirge empor, so erfolgt eine Ejrkaltnng derselben
und, wenn die Temperaturemiedrigung den Thaupunkt überschreitet,
eine Trübung: die Berge hüllen sich in Wolken. Oft vollzieht sich auf
den Höhen eine Wendung des Wetters, welche in der davor übenden
Ebene einige Tage später zur G^tung gelangt, weshalb die Grebirgs>
bewohner nicht ganz mit Unrecht nach den Häuptern ihrer Beige sehen,
um das Wetter fiir die nächsten Tage zu ermitteln. Die Fähigkeit
der Gebirge, Waaserdämpfe zu oondensiren, tritt uns besondo« an der
Westküste Vorderindien's in grossartiger Weise entg^en. Die West-
ghatB bilden einen gewaltigen Damm g^en die Südwestmonsune und
sind daher während der halbjährigen Herrschaft derselben beständig
von den dichtesten Wolken umlagert, aus denen sich furchtbare Ge-
witter entladen. Ebenso verschleiern mächtige Nebel, die unzertrenn-
lichen Gefährten der Südwestwinde an der Westküste Nordamerika*s,
ausserordentlich häufig die westlichen Randketten und die davor liegen-
IX. Die WaBserdämpfe in der Luft. Niederschläge. 257
den Inselii, wie Sitcha u. a. Aehnlicbes berichtet uns Leopold y.
Buch von den Nebehi der norwegischen Küste, wenn er sagt: ^^Die
Sonne zeigt sich auf den Inseln nur als eine Seltenheit; der Sommer
ist ohne Wärme, und kaum mag man sich einiger wenigen heiteren
Tage erfreuen. In wenig Augenblicken treibt der Nordwest aus dem
Meere dicke Wolken über das Land ; Ströme von Begen stürzen daraus
hervor, und die Wolken ziehen Tage lang über den Boden hin^)."
Verdichtet sich eine Wolke durch Erkaltung noch weiter, so ver-
wandeln sich die feinen Nebelbläschen, aus denen sie besteht, in
Wassertropfen bei einer Temperatur von über 0^ C, in ELskrystalle
(Schnee) bei einer Temperatur unter 0® C. Regen und Schnee nennt
man auch zusammen£Eissend Niederschläge.
Die Häufigkeit derselben wird gewöhnlich ausgedrückt durch die
Zahl der Tage, an denen es r^net oder schneit; hingegen bezeichnet
man die Menge des als Regen oder Schnee auf die Erdoberfläche
fallenden Wassers durch Angabe der Höhe, bis zu welcher Regen und
Schnee (letzterer geschmolzen) den Boden bedecken würden, wenn sie
auf einer horizontalen Fläche sich ansammelten und weder einsickerten,
noch verdunsteten. Diese Höhe heisst die Regenhöhe eines Ortes.
Zur Ermittelung der letzteren bedient man sich eines Instrumentes,
welches die Namen Regenmesser, Ombrometer, Udometer oder auch
Hyetometer fiihrt und im allgemeinen von folgender Construction ist:
Es wird im wesentlichen von einem runden oder viereckigen Oe&sse
gebildet, welches nach oben offen ist und dessen Boden wie ein Trichter
konisch vertieft ist Durch eine kleine OeSnung des letzteren läuft
das Wasser in ein engeres Sammelge&ss hinab, in welchem es durch
den darüber liegenden Trichterboden g^en Verdunstung geschützt ist.
Mittelst CTies Hahns wird in gewissen Intervallen (insbesondo« nach
jedem R^en- und Schneefdl) das Wasser in ein graduirtes Glasgefäss
abgdassen, dessen Querschnitt meist viel kleiner ist als der des Regen-
messers. Veriiält er sich zu dem des Hanptge&sses beispidsweise wie
1 : lOy so beträgt die Regenhöhe nur j^ Millimeter, wenn das Wasser
in dem Messcylinder Ins zum nten Theiktridi emporreicfat.
Die AufiteDong des B^enmesseis erfordert mamg&che Vorsichts-
massregefai. Vor aDem ist darauf zu achten, dass der hierzu gewählte
Ort mö^üchssi dieselboi Regenmengen empfingt wie die nähere und
weitere Umgebung. R^cn und Schnee müssen darum von allen
Seiten firesen Zutritt haben; durch genügende Höhe muss aDen Scfanee-
'; L. T. Buch, Reise durch Norwegen mad Lavoland. Beriin 1%I0.
Bd. Ih S. 42 £
258 Dritter Theil. Die Wasser- and Lufthülle der Erde.
verwehungen YOigebeugt sein; auch darf die Oeffimng des Regen-
messers nach oben durchaus nicht von der horizontalen Sichtung ab-
weichen.
Femer ist es nicht gleichgiltigi in welcher* Höhe über dem Boden
das Instrument sich befindet; denn die Regenmenge tines Ortes nimmt
nach oben hin ab. Diese Thatsache entdeckte bereits Heb erden um
die Mitte des vorigen Jahrhunderts; sein R^enmesser auf dem Thurme
der Westminsterabtei in London zeigte nämlich weniger Regen an als
der auf dem Boden. Aehnhche Beobachtungen machten Dal ton zu
Alanchester, Phillips und Gray in York, Person zu Besangon^
Prestel in Emden, Hellmann in Breslau u. a. ^) Besonders werth-
voll sind die einen ausserordentlich langen Zeitraum (1817 bis 1848)
um&ssenden Pariser Au&eichnungen, welche das Resultat geliefert
haben, dass im Hofe der Pariser Sternwarte im Laufe des Jahres
durchschnittlich ö76,79 Millimeter, auf der 28,8 Meter höher li^enden
Terrasse aber nur 507,41 Millimeter Regen fallen '). Das Wachsthum der
R^enhöhe nach unten erklärt sich daraus, dass sich die Regentropfen
auf ihrem W^e durch die mit Wasserdampf gesättigte Atmosphäre
yergrössem, indem , sie sich mit den in der Luft schwebenden Dunst-
bläschen vereinigen. Doch ist es bisher noch nicht gelungen, ein auch
nur {lir die unteren Luftschichten geltendes Gesetz der R^enver-
minderung nach oben zu ermittdn.
Wenn wir weiter unten öft;er die meist aus einer längeren Reihe
von Beobachtungsjahren abgeleiteten mittleren jährlichen Regenmengen
anftihren, so darf dabei nicht vergessen werden, dass in den einzehien
Jahren grosse Abweichungen von dem allgemeinen Jahresmittel vor-
kommen. So haben New- Yorker Beobachtungen von 1836 bis 1854
im Jahre 1840 ein Minimum von 758, im Jahre 1837 ein Maximum
von 1664 Millimetern ergeben. Bei Key- West (Florida) wurde inner-
halb der Jahre 1833 bis 1845 das kleinste Jahresmittel (520 Millimeter
im Jahre 1838) von dem grössten (1513 Milluneterim Jahre 1841) um
das Drei&che übertroffen'). Frankfurt a. M. hat nach den Au&eich-
nungen von 1837 bis 1867 eine mittlere Regenhöhe von 25,9 Par. Zoll;
doch war der höchste Werth (53,2 Zoll im Jahre 1867) viermal so
gross als der niedrigste (13,5 Par. Zoll im Jahre 1864)^). Im
Gouvernement Taurien kommen sogar Jahrgänge vor, wo es weder r^net
noch schneit. So erlebte Teetzmann eine Dürre von 20 Monaten
(1832 und 1833), in denen kein Tropfen, keine Flocke zu Boden fiel ;
^) £. £. Schmid, Lehrbuch der Meteorologie. Leipzig 1860. S. 693.
') Annuaire m^t^rologique de la France pour 1851. Tome HI, p. 15S.
') Blodget, Climatology of the United States etc. Washington 1857. p.66.
*) Joh. Müller, Kosmische Physik. 4. Aufl. Braunschweig 1875. S. 709
IX. Die Wasserdämpfe in der Lnft. Niederschläge. 259
in anderen Jahren verminderte sich die Menge des Niederschlages auf
weniger als ein Zehntel des Betrages von nassen Perioden (wie des
Jahres 1838) ^).
Auf solche Anomalien muss man schon deshalb gefasst sein, weil
Häufigkeit und Menge des Niederschlages in erster Linie von den
herrschenden Winden abhängen, diese aber in der gemässigten Zone
nicht bloss ziemlich regellos ihre Richtung wechseln, sondern auch von
unberechenbarer, bald grösserer, bald geringerer Stetigkeit sind.
Um ein Gesammtbild von den örtlichen Unterschieden der Regen-
menge auf einem grösseren Länderraum zu erhalten, entwirft man
jetzt Regenkarten, wobei man in folgender Weise verfilhrt: Nach-
dem man die mittleren jährlichen Regenhöhen fUr eine grössere Anzahl
von Orten zusammengestellt hat, verbindet man alle Orte, welche
gleich viele Niederschläge empfangen, durch Linien (Isohysten), die in
sich selbst zurücklaufende Cürven bilden. Uebersichtlicher wird die
Karte dadurch, dass man (ähnlich wie bei hypsometrischen Karten)
den einzelnen Benetzimgsstufen , d. h. den Zwischenräumen zwischen
benachbarten Curven, verschiedene Farbentöne verleiht. Derartige
Karten wurden gezeichnet von Fritsch für Böhmen, von C. v.
Sonklar flir Oesterreich-Ungam *) , von Delesse fiir Frankreich*),
von Keith Johnston für die britischen Inseb^) und von O. Krümm el
für Deutschland % sowie für das gesammte Europa ^). Für die ausser-
europäischen Erdtheile fehlen bis jetzt derartige Karten gänzlich.
Noch bedeutungsvoller für die Physik der Atmosphäre sind die-
jenigen Karten, welche weniger nach der Grösse des R^en&Us, als
vielmehr nach der Gleichartigkeit der Erscheinungen in dem jährlichen
Witterungsgang die Erdräume in gewisse Zonen theilen.
Den frühesten Versuch, die Erdoberfläche in Regenzonen zu
zerl^en, verdanken wir Heinrich Berghaus, der im Jahre 1840
in seinem ^Physikalischen AÜas^ (1. Abtheilung, Meteorologie, Tafel IX)
die erste Regenkarte veröffentlichte. Wesentlich vervollkommnet wurde
dieses Bild durch A. Mühry, der im Jahre 1860 einen neuen Ent-
*)A. Grisebach, Die Vegetation der Erde. Leipzig 1S72. Bd. h
S. 458. •
*) Mittheilnngen der k. k. geographiftchen Gesellschaft zu Wien. Bd. IV
(1S60X Taf. IV.
*) Distribution des plnies en France im Bulletin de la Soc. de Gtogr. de
Paris, Aoüt 1868.
*) Hydrographical map of the British Isies.
*)Andree-Peschel, Physikalisch - statistbcher Atlas des Deutschen
Reichs. Leipzig 1876. Bd. I, Karte VI.
•) Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Bd. XllI (1878),
Tafel ni.
17*
260 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Wurf einer derartigen Karte lieferte^). Der Hauptmangel derselben
besteht darin, dass oceanische und continentale Eäume meist nach
demselben Schema behandelt sind. Beide weisen jedoch bezüglich
ihrer Regenzonen ähnliche Gegensätze auf wie die Windsysteme,
welche über ihnen zur Herrschaft gelangen. Diesen Fehler beseitigte
A. Wojeikof in einer trefflichen Schrift, betitelt: „Die atmosphärische
Circulation" *). Die nachfolgenden Betrachtungen, sowie der Ejitwurf
der beigegebenen B^enkarte (Fig. 20) stützen sich in erster Unie
auf diese in mehr&cher Hinsicht bahnbrechende Arbeit
Wir durchwandern nun die verschiedenen B^enzonen der Eide
und beginnen hierbei mit den Zonen der äquatorialen B^en, der
regenlosen Passate und der tropischen Begen. Hierauf betreten wir
die subtropischen Begengebiete und die grosse asiatisch - australische
Monsunzone, sowie endlich die Wüstenräume der gemässigten Zone
imd die Zone mit Niederschlägen zu allen Jahreszdten. Von den
genannten Zonen sind drei &st ausschliesslich auf oceanische Grebiete
beschränkt: die Zonen der äquatorialen Begen, der regenlosen Passate
und der subtropischen Begen.
Die äquatoriale Begenzone fidlt im allgemeinen mit dem
Gürtel der äquatorialen Windstillen (Calmen) zusammen und Terschiebt
sich wie diese mit dem wechselnden Sonnenstande innerhalb &ner
jährlichen Periode bald nach Korden, bald nach Süden. Im Atlan-
tischen Ocean hält sie sich zwischen 0 und 10 Grad n. Br., erstreckt
sich jedoch im Sonmier und Herbst in der Nähe von Afrika bis zum
12. Grad n. Br. und im Frühling und Sonmier an der südamerikanischen
Küste bis zum 5. Grad s. Br. In dem Stillen Ocean finden wir die
äquatoriale Begenzone etwa zwischen dem 2. und 12. Grad n. B.; sie
gehört denmach (wenigstens westlich der Galapagos) ganz der nörd-
lichen Halbkugel an. Doch reicht sie nach Westen nicht bis zum
asiatischen Continent; vielmehr endet sie bereits im Meridian der
Marianen. Andrerseits aber machen sich oceanische Einflüsse über
einem Continente, nämlich über Südamerika, so sdir geltend, dass auch
ihm eine äquatoriale Begenzone zugeschrieben werden darf. So be-
hauptet sich die mit Calmen und Westwinden verbundene Begenzeit in
den IJanos des Orinoco nach dem Berichte A. v. Humboldt's vom
Mai bis October und (nach Bates) in der Nähe des Amazonas vom
Februar bis Juli. Weiter aufwärts am Amazonas dauert bei schwächer
werdenden Westwinden die B^enzeit zehn Monate oder gar das
ganze Jahr hindurch. Im Mittel scheint die Calmenzone hier in dem
') Petermann^s Mittheilongen 1S60, S. 1—9 („Die geographische Yer-
theilang des Regens auf der Krde").
') Erganzongsheft 38 zu Petermann's Mittheilangen. 1S74.
3 S T^
*mmK- «*i X - ■ •
o r.
IX. Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge. 261
Baume zwischen dem 8. Grad s. und dem 8. Grad n. Br. zu liegen.
Uebrigens bringt in Guyana auch der Passat bisweilen Regen mit sich,
was nach Wojeikof zum Theil durch die Condensation in der Passat-
strömung selbst, namentlich über den feuchten Wäldern, zum Theil
aber auch durch das Auftreten von feuchten westlichen Winden über
dem Passate veranlasst sein kann.
In der äquatorialen Begenzone ist die Luft fast immer reich be-
laden mit Wasserdämpfen, welche die Passate auf ihrem Wege nach
dem Aequator aufgenommen haben. Die grosse Wärme und Feuchtig-
keit verursachen ein kräftiges Aufsteigen der Luft; in den höheren,
kälteren Luftregionen aber erfolgt sofort eine Erkaltung und Verdichtung
der Dämpfe zu Tropfen, weshalb dann unter gewaltigem Blitzen und
Donnern mächtige R^enströme herabrauschen. Da des Nachts die
Ascension der Luft ermattet, so sind die Nächte gewöhnlich heiter und
regenlos. Doch gilt das Gesagte keineswegs für alle Tage des Jahres;
vielmehr giebt es, wie die „Pilot Charts for the Atlantic Ocean" (ver-
öffentlicht von dem Londoner Meteorolqgical Office) uns belehren,
keinen Punkt im Atlantischen Ocean, welcher das ganze Jahr hindurch
Begen hätte, und dasselbe gilt wohl ftir jeden Punkt des offenen Oceans.
Doch ist die Regenhöhe hier überall eine sehr bedeutende und überschreitet
wohl durchweg 1200 Millimeter. Maranhäo in Brasilien (2Vs Grad s.
Br.) und die Sierra-Leone-Eüste, beide am Rande dieser Zone gelegen,
haben eine jährliche R^enmenge von 7110 imd 3195 Millimetern.
Dass die äquatoriale Regenzone während unseres Sommers nirgends
bis zum nördlichen Wendekreise rückt, hat darin seinen Grund, dass
sich das Wasser nur langsam erwärmt und die Sonne eine viel zu
kurze Zeit senkrecht über den G^enden des Wendekreises steht, als
dass sie hier einen kräftigen aufsteigenden Luft»trom erzeugen könnte.
Die einseitige Verschiebung dieser Zone nach der nördlichen Halbkugel
aber erklärt sich dadurch, dass die letztere bis zum 40. Breitengrad
wesentlich höhere Temperaturen besitzt als die südliche bis zu gleicher
Breite (vgl S. 181 ff.) und dass die Passate der südlichen Halbkugel
über deren weiten Wasserflächen eine grössere Stärke entfalten als
über den nordhemisphärischen Gebieten (s. S. 88), somit diese Zone
auch weiter nach Norden zurückdrängen.
Nord- und südwärts von der Zone der äquatorialen Regen finden
wir über den Ooeanen die regenlosen Passatzonen. Sie reichen im
nordatlantischen Becken vom 10. bis 27. Grad n. Br., im südatlantischen
Becken vom Aequator bis zum 24. Gr. s. Br., im Indischen Ocean
vom 10. bis 23. Grad s. Br., im nordpacifischen Ocean vom 11. bis
22. Grad n. Br. und im südpacifischen Ocean vom 2. Grad n. Br. bis
zu einer Linie, die sich vom 9. Grad s. Br. im Westen weiter ostwärts
262 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
allmählich bis zum südlichen Wendekreise senkt Mit vollem Bedite
trägt Wojeikof im Gegensatz zu Mflhry diese Zonen in seine Regen-
karte ein; denn die Passate sind Winde, welche stets aus kälteren
« nach wärmeren Gegenden blasen, sich also vom Sättigungspunkte mehr
und mehr entfernen« Demnach sind Grebiete, welche fortdauernd von
den Passaten beherrscht werden, unbedingt r^enlos, sobald der Luft-
strom, wie dies auf dem Meere der Fall ist, durch keinerlei Uneben-
heiten nach oben gedrängt wird. Es spannt sich also immer ein
heiterer Himmel über diesen Seer^onen aus, und der Schiffer sidit
sich fisust nie durch heffige Stürme bedroht
Anders verhält es sich mit den Continenten und Inseln der Tropen-
gebiete; sie bilden eine dritte Zone: die der tropischen Regen.
Hier werden selbst die Passate zu Regenwinden, wenn sie durch
Gebirge und Hochländer geaswungen werden, sich in höhere, kältere
Luftschichten zu erheben, in denen ihre Wasserdämpfe condensirt
werden. Femer wird das Wehen des Passats auf dem Festlande wie
auf Inseln , namentlich bei senkrechtem Sonnenstande, oft auf längere
Zeit unterbrochen; es bilden sich dann Calmen, und zugleich fuhren
aufsteigende Luflströme ebenso heftige R^engüsse herbei wie in der
äquatorialen R^enzone über dem Meere. Auch die durch die sommer-
liche Auflockerung der Luft über den Continenten herbeigezogenen
jahreszeitlichen Seewinde, sogenannte Monsune, bewirken vielfisu^ locale
Condensationen. Kommt der Passat auf weiten einfbrmigen Länder-
räumen fortgesetzt zur Geltung, so sind diese ebenso regenlos wie
die oceanischen Passatzonen, was wir an dem Gebiet der Sahara
am deutlichsten erkennen. Die Zone der tropischen Regen findet sich
demnach nur da, wo innerhalb der jährlichen Periode der Passat zeit-
weise wesentlich in seinem normalen Verlaufe gestört wird.
Da sich in der tropischen Regenzone der R^engürtel mit der
Sonne nach Norden und Süden verschiebt, so besitzen im allgemdnen
die G^enden um den Aequator zwei R^enzeiten: die eine im Frühling,
die andere im Herbst; in der Nähe der Wendekreise aber verschmelzen
sich dieselben zu einer R^enperiode, welche dem Hochsommer der
betreffenden Gebiete angehört Demnach vertritt die Trockenperiode
der Tropen unseren Winter, die R^enzeit aber den Sommer^).
In Afrika entwickehi sich die tropischen Regen in folgender Weise.
In dem südlich vom 18. Grad n. Br. gelegenen Sudan fiülen sie in
der Mitte des Sommers, d. h. wenn die Sonne ihren höchsten Stand
*) Eine Theilong der tropiBchen Regenzone in einen Gürtel mit swei-
faclier und in einen solchen mit einfacher Regenzeit (vgl. Mühry*B Regen-
karte in Petermann'e Mittheilni^en 1860, S. 1) nnterlaut Wojeikof ab-
sichtlich, weil diese Verhältnisse Örtlich ausserordentlich wechseln.
IX. Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge. 263
erreicht. An der Küste von Nordguinea herrschen Südwestwinde, also
Seewinde, herbeigezogen durch die stete Auflockerung der Luft über
dem Continente, während des ganzen Jahres vor. Im Winter sind sie
jedoch schwach und räumlich sehr beschränkt, während sie im Sommer,
ihrer grösseren Kraft entsprechend, bis zur Südgrenze der Sahara vor-
dringen und dabei unter flirchterlichen Gewittern reiche Regenmengen
entladen. Freetown an der Sierra-Leone-Küste hat bei einer jährlichen
Regenhöhe von 3195 Millimetern in den drei regenreichsten Monaten
(Juli bis September) eine R^nhöhe von 2012, in den drei trockenen
(Januar bis März) nur von 39 Millimetern^).
In Südafrika sind die Regenverhältnisse an der Ost- und West-
küste völlig verschiedene. Im östlichen Theile, wo der Passat an dem
Hochlande emporsteigt, wird er selbst zu einem Regenwinde, nament-
lich in der wärmeren Jahreszeit, in welcher er mit Dämpfen reicher
gesättigt ist. In der Nähe des Aequators dauert die Regenzeit vielfach
10 Monate, au den grossen centralafrikanischen Seen (Ukerewe- und
Mwutan-See) sogar das ganze Jahr hindurch. In höheren Breiten
findet sich jedoch eine scharfe Trennung von nasser Jahreszeit (während
des Südhemisphärischen Sommers) und trockener (während der nörd-
lichen Declination der Sonne). Die Zone der tropischen Regen entfernt
sich hier sogar mehr ab 30 Grade vom Aequator. Viel regenärmer
als die Osthälfte Südafrika's ist die Westhälfte. Mögen hierzu auch
die Passate beitragen, welche beim Ueberschreiten des Hochlandes ihre
Feuchtigkeit verlieren, so kommen sie doch sicher nicht in erster Linie
in Betracht; denn an der Westküste walten zu allen Jahreszeiten
Südwest- und Südwinde vor, welche als relativ kalte Winde (ihr Aus-
gangsgebiet ist die kalte Benguela-Strömung) zugleich trocken sind.
Daher breitet sich nördlich vom Ciaplande an der Westküste zwischen
dem 18. und 29. Grad s. Br. ein weites regenarmes Wüstengebiet aus:
das Gebiet der Kalahari. Erst nordwärts vom 18. Grad s. Br.,
wo die Benguela-Strömung von der Küste zurückzuweichen b^innt,
entwickeln sich theils bei CJalmen und aufsteigendem Strome, theüs
bei Südwestwinden zur Zeit des höchsten Sonnenstandes stärkere
Regengüsse.
Ausser in Afrika begegnen wir auch über dem Cüaraibischen Meere
und dem Busen von Mexico und an deren Ufern, sowie in Südamerika
Zonen tropischer Regen. Auf den Antillen fällt die R^enzeit in den
Sommer und Herbst. Im Sommer bilden sich bei hohem Sonnenstande
locale Calmen mit Gewittern; im Herbst haben die beiden genannten
') Zeitschrift der österreichischen Gesellschaft für Meteorologie. Bd. V
(1870), S. 122.
264 Dritter Theil. Die Wasser- und Lofthülle der Erde.
Meere ihre höcliste Temperatur (vgl. Fig. 5 za S. 36); die Passate
sind daher mit reichen Mengen von Wasserdämpfen erfüllt und scheiden
diese über den bereits erkaltenden Landgebieten unter heftigen Wind*
stössen und AA^indwirbeln (Hurricanes) wieder aus. Natürlich empfimgen
zu dieser Zeit die Ostküsten die Hauptr^enmengen; so beträgt die
R^enhöhe für Belize (Britisdb-Honduras) im October allein 400 Milli-
meter. Doch fehlt auf der Ostküste, auf welche der Passat stets auf-
trifft, der B^en zu keiner Jahreszeit, während auf der Westseite die
Begenzeit auf etwa 4 bis 5 Sonunermonate beschränkt ist, auf die-
jenigen Monate nämlich, in denen der Passat durch die von der Süd-
see her wehenden Südwestmonsune verdrängt wird. Zu dieser 2k>ne
gehört endlich auch die Nordküste von Südamerika, deren B^enzeit
etwa vom Juni bis October dauert.
In der eigentlich südamerikanischen Zone der tropischen Begen
herrschen meist die Passate. Von ihnen erhalten die brasilianischen
Gebilde, insbesondere die an der Ostküste, einen TheQ ihrer Nieder-
schläge, welche dafiir in den tief im Innern gelegenen Ebenen, den
Campos, um so seltener sind. Fast überall tritt der Begenfsdl im süd-
hemisphärischen Sommer bei Calmen und au&teigenden Luftströmung^^i
am häufigsten ein. Das Grebiet nördlich vom 12. Grad s. Br. und die
ganze Ostküste sind am reichsten mit Begen ges^net (Bio de Janeiro
mit 1213,3 Millimetern, davon im Sommer 388,8, im Herbst 357,3, im
Winter 141,6, im Frühling 325,6 Millimeter) O- Südlich vom 12. Grad
ist das Innere des Landes vorwiegend öde, da hier die Niederschläge
mit der Ekitfemung vom Meere mehr und mehr abnehmen. — Das
regenarme Wüstengebiet der Westküste, welches sich etwa
vom 3. bis 30. Grad, ja weiter landeinwärts sogar bis zimi 37. Grad s. Br.
nach Süden erstreckt, sondert sich nach der früheren Anschauung deshalb
von der Zone tropischer B^en ab, weil der Passat als ein trockener
Wind jenseits des Andenkammes ankommt, so dass sich also der
Westabfisdl des Gebirges gewissennassen im Begenschatten desselben
befindet Dabei vergass man jedoch, dass der Passat eben£GÜls ein
trockener W^ind sein würde, wenn die Anden niedriger wären oder
gänzlich fehlten. Wojeikof führt die Begenlosigkeit der peruanisch*
bolivianischen Küste in recht ansprechender Weise auf das Zusammen-
trefien zweier Factoren zurück: der kalten Peruanischen Strömung imd
des schmalen Küstensaumes zwischen dem Meere und d^i Anden ^).
Die Peruanische Strömung und mit ihr die benachbarten Küsten haben
eine so niedrige Temperatur wie sonst kein Punkt der tropischen Zone.
^) Zeitschrift der österreichischen Greselbchaft für Meteorologie. Bd. VI
(1871X S. 1S8.
«) A. Wojeikof, 1. c. S. 31.
IX. Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge. 265
Darum ist der Luftdruck über dem Meere relativ hoch, und der Wind
bläst von Süd und Südwest her landeinwärts und zwar im Sommer
bei grösserem Temperaturunterschiede stärker als im Winter. Doch
bleibt zu jeder Jahreszeit die Luftx^irculation eine eng begrenzte, weil
die mächtigen Andenketten den Austausch der Luft mit den Ebenen
im Osten hindern. Da nun der Küstenstrich allem zu schmal ist, um
Luft von jenseits des kalten Meeresraumes herbeizuziehen, welche ihrer
höheren Temperatur gemäss auch mehr Feuchtigkeit enthalten tmd
daher Hegen bringen würde, so ist jener üferstreifen stets das Herr-
schaftsgebiet kalter, relativ trockener Winde und wird daher nur selten
von Begen benetzt. Das beste Zeugniss ftlr die Richtigkeit dieser
Erklärung ist wohl die Thatsache, dass sich von da an, wo der kalte
Peruanische Strom die Küste verlässt (unter dem 3. Grad s. Br.), auch
die Gegend wie mit einem Zauberschlage verändert. Wir haben dem-
nach hier ein Analogon zu dem Wüstengebiet an der Westküste
Afrika's zwischen Cap Negro imd dem Oranje. Das letztere dringt
nur deshalb nicht so tief in die tropische Zone ein , weil jene beiden
Factoren hier wesenüich geschwächt erschemen: die Benguela-Strömung
ist weniger kalt, und statt des Kettengebirges erhebt sich ein weites
Hochland an der Küste, welches eine umfangreichere Luftdrculation
ermöglicht.
Ein letztes Gebiet tropischer Begen liegt in der Südsee nördlich
vom Wendekreis des Steinbocks zwischen diesem und der südhemi-
sphärischen regenlosen Passatzone. Während des australischen Winters
weht hier der Passat; die Begen sind daher selten imd &st nur auf
die Ostseite der Inseln beschränkt. Hingegen sind die mit Calmen
abwechselnden sommerUchen Nordwestwinde von starken Begengüssen
begleitet, da sie, vom Aequator her kommend, mit Feuchtigkeit reich
gesättigt sind.
An die tropische Begenzone reiht sich polwärts überall da die so-
genannte Zone der subtropischen Begen an, wo oceanische
Einflüsse vorwalten. Im Sommer dominiren hier überall Passate oder
wenigstens polare Winde ^). Diese bewirken natürlich Heiterkeit des
Hinmiels, und zwar wird diese innerhalb der jährlichen Periode um
so länger bestehen, je mehr sich ein Ort dieser Zone dem Aequator
nähert, bis die Grenze der regenlosen Passatzone erreicht ist. Im
Winter verursachen feuchte Aequatorialwinde Begen. Das Auftreten
dieser Zone ist an die Voraussetzung gebunden, dass das Maximum
') Die Polargrenzen der subtropischen Regenzonen stimmen, wie ein Ver-
gleich der Regenkarte mit den Isobarenkarten (Fig. 7 und 8) zeigt, nicht mit den
Folargrenzen de? Passate überein. Dies erklärt sich daraus, dass auch jenseits
der Passatgrenze ein Gebiet liegt, welches vorwiegende Polarwinde aufweist.
266 Dritter TheiL Die Wasser- und Lofthülle der Erde.
des LnftdnickeS; wdches die Polargrenze der Passate bezeichnet , im
Sonuner polwärts, im Winter aber nach dem Aequator hin wandort.
Dies geschieht in der That, wie ein Blick auf die Isobarenkarten lehrt,
über den Ooeanen. Auf den Continenten hingegen weicht mitar gHchen
Breiten (etwa vom 28. bis 40. Grad) die Verdidlang des Lofidmckes
wesentlich hiervon ab: die sommerliche Erwärmung und Auflockerung
der Luft zieht von den kälteren Meeren feuchte, regenbringende Winde
herbei, während die kalte, schwere Continentalluft des Winters als
trockener Polarstrom abfliesst Ueber den Continenten finden wir also
ganz andere meteorologische Verhältnisse als über den Oceanen; die
Zone der subtropischen Regen muss somit als eine Torwi^end oeeanische
betrachtet werden.
In dem nordatlantischen Ocean li^ dieselbe etwa zwisdien
dem 26. und 42. Orad n. Br. Hier hat z. B. St Miguel auf den
Azoren (unter dem 38. Grad n. Br.) bei dner jährlichen Bcgenhöhe yon
797,5 Milhmetem im Juli nur 19,1 Millimeter B^en, im Nov^Dober
aber 107,7 und im December 106,4 Millimeter^). Weniger rein ent-
wickelt, aber dennodi ganz unverkennbar Yorhanden ist diese Zone
an den Gtestaden des Mittelmeeres; ja man darf sie sogar bis an die
Ufer des Easpischen Meeres Terlängem. An kdner anderen Stdle
der Erde dringt die subtropische Zone so tief in das Innere eines
Gontinentes ein, und zugleich gelangt sie hier am weitesten polwärte.
Wojeikof) giebt als Ursache hiervon die g^enseitigen Beziehungen
des Mittelmeeres zur Sahara an. Im Winter herrscht nämlich der
höchste Luftdruck im Atlantischen Ocean bei den Canarien und (wenig-
stens bis Tripolis) in den nördlichen Theilen der Sahara, während
er über dem Mittdmeere etwas niedriger ist; dah^ walten im west-
hdien Theile desselben südliche und westliche Winde vor, welche von
reichen Niederschlägen begleitet sind. Der östliche Theil hat zwar
vorwiegend Nordostwinde; doch wechsdn dieselben öfter mit anderen
Winden. Ueberhaupt nnd die Unterschiede des Luftdrucks im Gebiete
des Mittelmeeres so manigfach und imbeständig, dass sich auch die
Winde häufig änderiL
Im Sommer wird die Sahara in hohem Grade erhitzt; nach diesem
Auflockerungsgebiet strömen daher namentlich von dem westlichen
Theile des Mittelmeeres, wo der Luftdruck relativ hoch ist, ziemlich
bdarriich polare Winde: die Etesien der Alten. Nun sind zwar bo
der reichen horizontalen und verticalen Gliederung der Mittdmeerländer
Sonmierrq;en nicht ganz ausgeschlossen; doch ereignen sie sich selten
') Zeitschrift der östeTTeichischen Gesellschaft für Meteorologie. Bd. VI
(1871), S. 411. •
") L c S. 25 f.
IX. Die WameHimpfe in der Luft. Niedenchlige. 267
und and nnr von kimer Danar. So ist die Regenmenge des Jnli im
Mittd in Liflsabon 27,5- und in Palenno 14,8mal so kldn als im December.
Im Juli &lh in Neapd llmal so wenig Regen als im November und in
Rom lOmal so wenig als im October. Innerfaalb des 2^traumes von
1806 bis 1853 fiind Dove in dem Beobachtongsjoumale von Palermo
nicht wffliiger als 24 Jahre, in denen auch nicht ein Tropfen Regen
während des Juli gefiiüen war^). Durchschnittlich hat Nizza 6, Rom 15,
Florenz 17, Mailand 18, Venedig 19 Regentage im Sommer.
Während die subtropische Zone im Rhonethale und am Nordende
des Adriatischen Meeres nahezu bis zum 45. Brdtengrad nach Norden
reicht, ersehet sie auf der türkisdi-griechischen Halbinsel schon bei
Constantinopel unter dem 41. Breitengrad nicht mehr deutlich aus-
geprägt Doch beg^nen wir ihr wieder in Kleinasien, insbesondere
am Südrande, femer in Syrien und Palästina. In dem letzteren Lande
sind die Monate Juni bis September bei vorherrschendem Nordwest
regenlos. Offenbar wirkt hier nicht mehr die Sahara, sondern das
heisse Innere von Arabien bestimmend auf die Windrichtung. Aehn-
liches gilt fiir Bagdad, wo jeder der Wintermonate wenigstens gegen
5 Regentage aufweist, während Juli und August gar keinen Regen
bringen. Femer darf auch zu dieser Zone gerechnet werden die Gegend
von Baku am Easpischen Meere, wo die Regenmenge des Herbstes
und Winters je 33 Procente, des Frühlings aber 24 und des Sommers
nur 10 Procente des gesammten jährlichen Niederschlags beträgt, sowie
die Gebirgsregion am oberen Amu und Syr mit ihren regelmässigen
Winter- und Frühlingsregen. In Nordafrika gehören die Nordküste
von Aegypten und die Berberstaaten zur subtropischen Regenzone.
Hier ist der Hochsommer (höchstens die Gebirge der Berberei aus-
genommen) ganz regenlos, und die Wintermonate (in Alezandrien
insbesondere December und Januar mit ^1^ des jährlichen Gesammt-
regenfalls) sind die eigentlichen Regenmonate.
Die Zone der subtropischen Regen im südatlantischen Ocean um-
fasst etwa den Meeresraum zwischen dem 24. und 41. Grad s. Br., sowie
die West- imd Südküste (letztere nur in ihrem westlichen Theile) des
Caplandes. Während des südhemisphärischen Sommers erzeugen die
vorwiegenden polaren Winde (vgl. die Sparte der Januarisobaren, Fig. 7)
Trockenheit; dag^en fllhren die relativ warmen winterlichen Nord-
westwinde (Fig. 8), deren Entstehung durch die Verschiebung des
barometrischen Maximums nach Norden bedingt ist, reiche Nieder-
schläge herbei. In Capstadt ist die Regenhöhe fiir December 13, ftlr
^)PeBchel-Krüinmel, Europäische Staatenkunde. Leipzig 1880.
BcL I, S. 53 f.
268 Dritter TheiL Die Wasser - und Lufthülle der Erde.
den Juni aber 115 Millimeter; an neun Stationen der West- und Siid-
kQste des Gaplandes fsdlen im Winter 50, im Herbst 22, im Frühling 21.
im Sommer aber nur 7 Procente der jährlichen Regenmenge.
Da sich Afrika nur bis zum 35. Breitengrad nach Süden erstreckt,
so schliesst sich die subtropische Zone des Indischen Oceans eng an
die des südatlantischen Oceans an; auch ist sie üast genau durch die-
selben Breitenkreise b^renzt wie diese. Gleich der nord- und sud-
atlantischen Zone umfiasst sie an ihrem Ostende noch einige üferland-
Schäften des anstossenden Continentes, also West- und Südaustraliea*s.
Die subtro[nsche Begenperiode , welche auch hier durch den Wechsel
Yon südlichen (Polar-) AVinden im Sommer und nördUchen (Aequatorial- •
Winden im Winter hervorgerufen wird, tritt im Westen entschiedener
hervor als im Osten, wie dies auch folgende Zahlen zeigen^):
1 Jährliche ,
Regenmenge
inMilÜmetem. '
Procente der Jahresmenge:
1
Wiator. i Fr&Uiiig. Somner.
Herbst.
Adelaide . . .
Perth . . . .
544
839
31 32 11
20 3
26
19
Die subtropische Zone des nordpacifischen Oceans bildet einen
Streifen zwischen dem nördlichen Wendekreis und dem 40. Grad
n. Br., der von dem asiatischai Monsungebiete bis Galifomien reicht.
Von den wichtigeren Insdschwärmen der Südsee gehört ihr demnach
nur die nordwestliche Hälfte der Sandwichgruppe an; doch bereift
ffle die Westküste Califomien's und Oregon's bis zum 44. Grad n. Br.
in sich. In San Francisco vertheüen sich die Niederschläge der Atl
dass auf d^i W^inter 50, auf den Frühling 38, auf den Sonmier O
und auf den Herbst 12 Procente kommen.
Endlich ist noch ab letztes Gebiet der subtropischen Begen das
des südpadfischen Oceans zu nennen, welches in geringer Entfernung
von den ostanstralischen Küsten b^;innt und, die Nordspitze von Nea>
Seeland berührend, etwa zwischen dem 25. und 38. Grad s. Br. den
ganzen Ocean umspannt; ausserdem zählt hierzu noch der schmale
chilenische Westrand zwischen dem 30. und 40. ParaDelkreise, wdcher
sich vor dem wdter nordwärts gel^enen r^enarmen Gebiet hinsieht-
lieh seiner Vegetation in vortheilhaftester Weise auszeichnet Auch
hier ist nach dem Aequator hin der subtropische Charakter d^idicher
ausgeprägt als an dem polaren Bande der Zone^ wie die folgenden
Zahlen bestätigen.
») Wojeikof, 1. c. S. 35.
IX. Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge.
269
Jährliche
Regenmenge
in Millimetern.
Procente der Jahresmenge:
Winter.
FTlibling. Sommer.
Herbst.
r
Valdivia, 40« s. Br.
Concepcion,37**8.Br. ,
Santiago, 33° s. Br.
2768
2866
426
46
74
65
15
7
17
9
8
2
80
16
16
Ein Gebiet, welches nicht allein tropische und subtropische Räume
umfasst, sondern bis zu höheren Breiten sich erstreckt (auf der nörd-
lichen Halbkugel bis zum 60. Grad), ist das grosse Monsungebiet
im Südosten der Alten Welt. Dasselbe zer&Ut in einen nordhemisphä-
rischen und südhemisphärischen Theil, welche wohl auch die Namen
asiatisches und australisches Monsungebiet fiihren.
Das asiatische Monsungebiet stellt ein mächtiges recht-
winkliges Dreieck dar, als dessen beide Katheten der 2. Grad n. Br.
und etwa der 147. Grad ö. L. v. Gr. betrachtet werden können; die
erstere endet ungefähr unter dem Meridian der Ostspitze Afiika's, die
letztere unter dem 60. Grad n. Br. Demnach umschliesst die asiatische
Monsunzone nicht bloss den nordhemisphärischen Theil des Indischen
Oceans, Vorder- und Hinterindien, das südliche China und die Meeres-
räume ostwärts davon, wie früher angenommen wurde, sondern auch
das nördliche China, Japan und die Amurländer. Allüberall finden
wir hier kalte, trockene Continentwinde mit heiterem Himmel und
geringen Niederschlägen während des Winters, hingegen feuchte See-
winde mit reichlichem Regen während des Sommers ^). Dass südUch
vom Wendekreis der winterliche Nordost mit einem sommerUchen
Südwest, nördlich von jener Linie aber der winterliche Nordwest mit
einem sommerHchen Südost wechselt, kann die Einheit dieser Regen-
zone nicht stören; denn beiden Windsystemen liegt dieselbe Ursache
zu Grunde: die winterUche Erkaltung und die sonmierliche Erhitzung
des asiatischen Continentes, und ebenso ist der Gang der Feuchtigkeits-
curve für beide völlig derselbe. In Indien setzen übrigens die Sonuner-
regen zu verschiedenen Zeiten ein: in Ceylon und bei Cap Comorin
schon im April, in Bombay erst An£uig Juni. Die stärksten G^witter-
r^en ereignen sich im südlichen Indien im Mai und Juni, zu Bombay
im Juni und Juli, in Caicutta und Umg^end im Juli und August
Weiter im Süden trifft man ein zweites Maximum der Regen im
October. Ganz ähnlichen Erscheinungen begegnet man an der Ost-
seite Asien's; denn während in den tropischen Gebieten zwei R^en-
1) Die Erklärung der Monsune wurde S. 212 ff. bereits gegeben.
270 Dritter TheiL Die Wasser- and Lufthülle der Erde.
Tniixima am Anfang und finde des Sommers klar erkannt werden (so
zu Bangkok, Macao etc.), vereinigen sich diese beiden wdter im
Norden (etwa zwischen dem 35. und 50. Grad n. Br.) zn einem
einzigen im Jnli (Peking, Hakodadi) oder August (Nertschinsk) ^). Diese
Thatsache erklärt sich ein&ch dadurch, dass die sommerUche AilT-
lockerung mit dem Stande der Sonne eine Verschiebung eilddet Jene
Auflockerung aber ist im Hochsommer in der Nähe des 40. Parallel-
kreises am grössten; ^eichzeitig findet sich über dem Stillen Meere
zwischen dem 30. und 40. Grad n. Br. eine G^end höchsten Luft-
druckes. Daher schaaren sich hier die Isobaren dicht zusammen
( s. Fig. 8) ; hier entwickelt also zu dieser Zeit der Monsun seine Haupt-
kraft und ist in Folge dessen auch von ansehnlicheren KiederschlSgen
begleitet. Am An&ng und E2nde des Sommers ist die Auflockerungsstelle
über dem Continente, sowie die Gegend relativ hohen Luftdruckes auf
dem Meere und mit beiden das Gebiet krä^ger Monsunregen viel weiter
nach Süden gerückt Am deutlidisten illustriren uns diese Gegonsatze
die Regenmengen von Peking und Bangkok in den fünf Monaten von
Mai bis September:
Mid. Juni. JnlL August September.
Peking, 39 « n. Br. . • 36 82 205 154 83 Millimeter.
Bangkok, 13 <> n. Br. . 235 204 178 180 313 Millimeter.
Wie in Ostasien so ist auch auf den beiden indischen Halbinseln
das Wandern des Auflockemngsgebietes die Ursache der ungleichen
EntfisJtung der Regenzeiten unter verschiedenen Breiten. Zi^eich
stimmen beide Räume darin über^, dass die meisten Ostküsten (z. B.
die Coromandelküste Vorderindien's, die Ostküsten von Ceylon, von
Anam und von den Philippinen) ihre R^;en hauptsädilich im Spät-
herbst beim Anbruche des Nordostmonsuns emp&ngen; die Südwest-
winde können ihnen ja nur wenig R^en bringen, weil sie vor der
Ankunft an jenen Küsten ihren W^ üb^ hohe Gebiige genommen
haben, auf denen sie den Haupttheil der von ihnen fortbew^ten
Wasserdämpfe verlieren. Uebrigens sind im ganzen Monsungebiete
die Winter nicht völlig regenlos, sondern nur sehr regenarm. So ist
in Hakodadi im März (Minimum) die R^enmenge 4mal, in Peking
im Januar 57mal so kldn als im Juli (Maximum), in I^Iacao im Januar
20mal so klein als im Mai, in Bangkok im Januar 65mal so klein
als im September. Diese 2^hlenwerthe entsprechen ganz denen der
tropischen Regenzone (in Deutschland veiiialten sich die äussersten
Hxtreme der monatlichen Regenmengen wie 1 : 3). Relativ regenreich
sind die Winter in Japan und am unteren Amur, weil hier die Winde
») Wojeikof, L c. a 22.
IX. Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge. 271
in dieser Jahreszeit bisweilen auch vom Meere , nämlich von Ost und
Südost her wehen, wobei fast stets Regen&ll eintritt, da sie von einer
warmen Strömung nach relativ kalten Bäumen vordringen.
Wahrscheinlich gehört der indischen Monsunzone das regenreichste
Gebiet der Erde an; denn die zu Tscharapundschi an den Ehassia-
Bergen (Himalaya) beobachtete Regenhöhe von c. 15 000 Millimetern
im Jahre steht bis jetzt unübertroffen da. Die Provinz AssÄm, in
welcher sich die Ehassia- Berge erheben, ist darum überreich mit
Wasser gesegnet. So berichtet Oscar Flex^) über Assäm: „Die
Anzahl der Flüsse übersteigt wohl die jedes andern Landes von
gleicher Grösse; denn von den bedeutendsten, imter welchen der
Brahmaputr die erste SteUe einnimmt, hat man allein 61 gezählt,
welche alle durch ein unentwirrbares Netz von Nebenflüssen mit
einander verbunden sind. Das Land ist daher im höchsten Grade
wasserreich . . . Die Begenzeit dauert hier länger als in anderen
Theilen Indien's: sie beginnt im März und endet Mitte November, so
dass die niederen, den Flüssen zunächst gelegenen Strecken oft mehr
als acht Monate unter Wasser stehen." — Auch in den Wesighats .
sind die Begenhöhen sehr bedeutend (4500 bis 6500 Millimeter);
doch sinken dieselben im Innern hinter dem Gebirgswall rasch bis zu
800 Millimeter herab.
Das australische Monsungebiet begleitet, im Westen den
Baum zwischen dem 2. Grad n. Br. und 10. Grad s. Br. erfüllend,
das asiatische im Süden; gegen Osten nur greift es, und zwar mit
wesenthch vermehrter Breite , weiter nach Osten aus als dieses. Es
um&sst ausser dem südhemisphärischen Theil der Sunda-Inseln Neu-
Guinea und die Inselreihe südostwärts bis Neu-Caledonien, sowie die
Nordostseite des australischen Continents. In dieser Zone bewirkt der
während des südhemisphärischen Winters vorwaltende Südostwind
Heiterkeit des Himmels und Begenlosigkeit; hingegen ist der sommer-
liche Nordwest von trübem und regnerischem Wetter begleitet Natür-
lich weisen auch in dieser so viel&ch gegliederten Inselwelt die Ost-
küsten oft gerade die entgegengesetzen Verhältnisse auf, zumal beide
Luftströme über warme Meeresgebiete dahinziehen; ebenso sind Calmen
und aufsteigende Ströme keineswegs ausgeschlossen. Doch finden wir
nirgends vorwiegende Zenithah*egen. So fidlen in Batavia in den sechs
nassen Monaten. October bis März 76, in den sechs trockenen nur 24
Procent Begen, wobei April und November (die Sonne passirt im März
und October das Zenith) keineswegs durch reiche Niederschläge aus-
gezeicBnet sind. Auch erfolgen die meisten B^engüsse während der
^) Pflanzerleben in Indien. Berlin 1873. S. 2.
272 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Bc^nzeit des Nachts und des Moigens; sie werden also nicht dnrck
aufsteigende Lofiströme erzeugt, da sie sich sonst am häufigsten Nach-
mittags ereignen würden. Am schär&ten tritt der Monsun-Charakter
an der Nordspitze Australien's hei Cap York (unter dem 11. Grad s.
Br.) hervor, wo Decemher, Januar, Februar und März dne B^enhöhe
von 322, resp. 504, 409 und 536 Millimetem haben, während sie im
September und October auf 4 und 3 MiDimeter herabsinkt ^ ). Bedeutungs-
voll ist es, dass diesem Erdraume eine eigentliche Calmenzone fehlt
Nordwestlich von dem asiatischen Monsungebiete breitet sich eine
weite Wüstenregion aus; sie ist unter den Wüsten der gemässigten
Zone, zu denen wir nun übei^hen, bei weitem die um£uigreichste
und wichtigste. Ausser dem nördlichen Arabien, Persien, Tibet und
der Mongolei rechnet Wojeikof die Landschaften um den Balchasch-,
Aral- und Easpi-See bis zum 52. Orad n. Br. hierher (bei dem letzt-
genannten See die Südwestufer ausgenommen). Wie haben sich nun'
jene weitausgedehnten Wüsten Asiens gebildet? Die Hanptursache
sind ohne Zweifel die hier vorwaltenden Nordwinde, die, weil sie sich
• mehr und mehr von ihrem Sättigungspunkte entfernen, niemals B^^i-
winde sein können. Ferner sind alle diese Plateaux von den wärmeren
Meinen durch hohe Gebirgsketten getrennt; diese aber condensiren
die Feuchtigkeit der Winde, bevor dieselben jene GrebiigswäUe über-
schritten haben. Tibet würde sicher durch den sommerlichen Südwest-
monsun reiche Niederschläge empfiuigen, wenn nicht der Biesendamm
des Himalaja ein so gewaltiger Condensator wäre. Da die südlichen
Bandgebiige des centralasiatischen Hochlandes nach Ost hin niedriger
werden, so entbehrt der östliche Theil dieses Wüstengebietes der
Sommerr^en nicht gänzlich. Für die aialo - kaspische Niederung
kommen natürlich die südasiatischen Gebirgsmassive nicht in Betracht;
hier ist die Begenarmuth einfiich eine Folge der vorherrschenden Nord-
winde. Uebrigens ist keine G^egend Asien's vöUig ohne Begen.
Ebenso wie in Asien schliesst sich in Australien unmittelbar an
die Monsunzone ein regenarmes Wüstengebiet an. Auch hier blähen
die Begen keineswegs völlig aus; aber sie sind selten und fidlen sdr
unregefanäaBig. Der landschaftliche Charakter dieses EMranmes ist
eher der aralo-kaspischen Steppe als der Sahara zu verg^dchen.
Während des südhemisphärischen Winters befindet sich über Australien
ein Maximum des Luftdruckes; daher bläst der Wind fiist über allen
Theilen des Continents seewärts und ist somit meist ohne Begen. Hin-
gegen zieht die sommerliche Auflockerung Seewinde in's Land, die
jedoch nur an der Nord- und Ostseite von stärkerem Begen breitet
») Wojeikof, L c. S. 24.
IX. Die Wasserdämpfe in der Luft Niederschläge. 273
sind, weil sie hier vom Aequator her wehen und somit warm und
relativ feucht sind. Im Süden und Westen hingegen, sowie im Innern
stammen sie aus höheren Breiten und sind daher trocken.
Den Plateauwüsten von Asien entspricht &st ganz genau das
regenarme Wüstengebiet Nordamerika's. Während des Winters besteht
in Folge starker Erkaltung des nordamerikanischen Continents ein
barometrisches Maximum über demselben; Continentwinde dominiren
darunn in dem nordamerikanischen Windcirculationssjstem, wobei Begen
natürUch relativ selten sind. Im Sommer dringen nun zwar Süd- und
Südwestwinde in das Innere des Festlandes ein; aber die reichen
Wasserdämpfe, welche sie mit sich fuhren, spenden sie den oceanischen
Abhängen der hohen Gebirge, von denen jene Hochländer umsäumt
werden. Diese selbst, gewissermassen im Begenschatten jener Gebirge
gelegen, sind fast regenlos. So hat Fort Yuma, obwohl noch relativ
begünstigt, nur eine jährliche Begenhöhe von 75 Millimetern. Die
heissen Thäler des Colorado und Gila sind, wie die Nordamerikaner
sagen, ein Stück Arabien.
Der letzte grosse Begengürtel, welcher sowohl auf der nördUchen
wie auf der südlichen Halbkugel den ganzen Baum vom Pol bis etwa
zum 40.' Parallelkreise einnimmt, ist nach Wojeikof die Zone mit
Niederschlügen zu allen Jahreszeiten. Wojeikof scheidet
und wohl mit Becht Mühry's Cürcumpolargürtel mit regenarmen
Wintern^) aus der Beihe seiner Begenzonen aus und zeigt, dass
Mühry hierbei Erscheinungen des Continentalklimas mit Gewalt auf
dieselben Breiten des Seeklimas angewandt hat^). Jener Cürcum-
polargürtel Mühry's entstand auf Grund der irrigen Anschauung,
dass wie im mittleren Europa, so auch anderwärts bei einer Temperatur
von — 12® bis — 15® C. keine Schneefalle vorkommen könnten.
Indess erfolgen solche in Moskau selbst bei — 22 ® C. und darunter;
ja in Jakutsk ereigneten sich dieselben in den Jahren 1845 bis 1854
an mehr als 20 Tagen sogar bei einer Temperatur von unter — 37 ® C,
(einmal bei — 46 ® C). Dass es im hohen Norden bei sehr niedrigen
Temperaturen nur selten schneit, ist einfach darin begründet, dass
dieselben bei heiterem Himmel und starker Wärmeausstrahlung ein-
treten. Die Thatsache, dass in Grönland nördlich vom 70. Breiten-
grade im Winter oft mächtige Schneemassen fallen, beweist deutlich,
dass die Gebiete mit r^enarmen Wintern örtlich zu beschränken sind
und zwar, wie uns Wojeikof belehrt, auf die Gegenden des amerika-
nischen und asiatischen Kältepols, wo mit dem hohen winterlichen
^) Vgl. Peterinann*B Mittheilungen 1860, S. 1.
«) Wojeikof, 1. c. S. 12.
Peschel-Leipoldt, Pkys. Erdkunde. II. 18
274
Dritter Thea Die Wasser- und LafthüUe der Erde.
Lufidrack sich vorwiegend continentale Winde Terbinden. In hohem
Grrade tragen den Charakter winterlicher Schneearmuth die C mgebang
▼on Jakutsk und Transbaikalien an sich, weit weniger die Küsten des
nördlichen Eismeeres, sowie der Archipel im Norden des nordamerika-
nischen Continents.
Die Zone mit Niederschlägen zu aOen Jahreszeiten breitet sich
gleichmässig über Ocean und Festland aus. Luftdruck und Temperatur
wechseln ebenso unregdmässig wie die Winde ; es fehlen daher warme
Aequatorialströme zu keiner Jahreszeit, und dementsprechend entbehrt
auch keine derselben den B^en.
Von den Festlandsgebieten gehört zu dieser Zone zunächst ganz
Mittel- und Nordeuropa; denn kein Tag des Jahres ist hier völlig be-
wahrt vor Niederschlägen, und längere Perioden der Trockenheit sind
äusserst selten. Freilich ist dabei der jährliche Gang der Regencurve
örtlieh sehr verschieden. An den Westküsten und auf den wesdich
voi^elagerten Inseln findet sich das Maximum der B^en im Herbst,
an der Grenze der subtropischen Zone im Frühling und Herbst in
Ifittel- und Osteuropa aber im Sommer; doch sind auch in den beiden
erstgenannten Gebieten die Sommerregen nicht unbeträchtlich, fjn
Fig. 21.
Oang der Kiedersehlif e in d«r jüirlidieo Periode, aa^gedritekt
dnrch die Procentaathefl* der Monate an der mittleren Regenhöhe des Ja]ire«*K
*) Ans Peachel-Krflmmel, Enropftiache SUatenknnde. Leipaig 1880. Bd. I. S. SS.
übersichtliches Bild über die G^ensätze im Verlauf der jährlichen
Regencurve innerhalb unseres Erdtheils gewährt uns Fig. 21.
IX. Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge. 275
Bei Erklärung der Herbstmaxima ist vor allem darauf zu achten,
dass im Winter — und auch schon im Anfang desselben — die
Isothermen in der Richtung von Nordnordwest nach Südsüdost durch
Europa ziehen. Die Westwinde gelangen also rasch in kältere Regionen,
in denen ihre Wasserdämpfe condensirt werden, und kommen daher
mit relativ geringer Feuchtigkeit beladen in das Innere. Nimmt auch
die Zahl der Regentage bis an den Ural hin nicht wesentlich ab, so
bleibt doch die Menge des im Innern fallenden Regens weit hinter der
Regenmenge an den Westufem des Continents zurück. Gerade am
Beginn des Winters aber sind die Regen hier deshalb am stärksten,
weil zu dieser Zeit das Meer noch eine vergleichsweise hohe Wärme
besitzt; sein Wärmemaximum tritt ja erst im September ein.
Im Sommer durchschreiten die Isothermen nahezu in der Richtung
der Parallelkreise den Continent, imd da das Meer relativ kühl ist, so
empfangen die Westküsten weit geringere Niederschläge; vielmehr
werden reiche Mengen von Wasserdämpfen durch die Westwinde bis
tief in's Innere der Continente gefiihrt. Daher ist die sommerliche
Regenmenge von den Ostküsten England's bis an den Ural, ja selbst
bis jenseits desselben nur geringen iSchwankungen unterworfen. Die
Gleichmässigkeit der sommerlichen Erwärmung hat zur Folge, dass
häufig locale Einflüsse bei Entwicklung von Regen in erster Linie
betheiligt sind und dass in ähnlicher Weise wie in den Tropen, natür-
Uch mit weit geringerer Kraft, mit Calmen verbundene aufsteigende
Ströme sich entfalten, welche von Gewittern und reichen Regenströmen
um so öfter begleitet werden, als im Sommer bei der hohen Temperatur
der Luft ihr Feuchtigkeitsgehalt meist ziemlich gross ist. Die Wahrheit
dieser Behauptung hat Wojeikof^) dadurch erhärtet, dass vom Mai
bis October zu Petersburg, am Ural und in Lugan (Südrussland) von
8 Uhr Morgens bis 8 Uhr Abends fast durchweg weit mehr Regen
iällt als in den übrigen Tagesstunden. Für Petersburg beträgt diese
Regenmenge im August 66, zu Jekaterinburg im Juni 73 und zu
Lugan im gleichen Monat 75 Procent der gesanunten Regenmenge.
Da nach Osten hin die W^interregen immermehr an Bedeutung
verlieren, während die Sommerregen sich nicht wesentlich vermindern,
so erlangen die letzteren im Innern des Continents ein relatives Ueber-
gewicht. Die Herbstregen walten noch vor in ganz Grossbritannien,
an dem Westrande Skandinavien's , in den Küstengegenden HoUand's
und Belgien's, im westlichen Frankreich, sowie im Rhönethale und in
der westlichen Schweiz. Im inneren und östlichen Frankreich kommen
schon die Sonmierregen mehr zur Geltung; in Deutschland und ganz
') 1. c. S. 14.
18*
276 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Oesterreich nördlich von den Alpen, sowie nördlich und östlich von
den Karpathen dominiren sie mit 30 bis -10 Prooent der gesammten
jähriiehen Regenmenge. Die Regenarmuth der Pussten Ungam's
(Maximum im Mai) ist der ümkrftnznng dieses Landes von Ge-
birgen zoznschreiben, welche die Winde nicht passiren können^
ohne den grössten Theil ihrer Fenchtigkeit dnzubüssen. Der geringe
B^en£ill (jährlich kaum 400 Millimeter) in Verbindung mit der grossen
Sommerhitze prägt diesem Gebiete den Steppencharakter aofl Eb^nao
sind an den Nordufem des Schwarzen und Asow'schen Meeres die
Sommerregen entschieden vorherrschend. So sind in Odessa die Regen-
höhen, ausgedrückt in Procenten der Jahresmenge,
im Winter = 16, im Sommer = 37,
im Frühling = 23, im Herbst = 24.
Auch die nördliche Krim gehört zu diesem Gebiete; an der Süd-
küste aber überwi^en schon Herbstr^en. Weiter ostwärts beginnt
an dem hohen westlichen Wolga-Ufer die traurige, öde kaspische Steppe,
auf der (was in der südrussischen Steppe durchaus nicht erforderiich
ist) ohne künstliche Bewässerung eine Ackercultur unmöglich ist Im
Kaukasus begegnen wir ein^ Zone mit R^en zu allen Jahreszeiten
am Ostende des Schwarzen Meeres, während Grusien und ein Th^
des armemschen Hochlandes räche Frühlings- und Sommerregen haben
und die Südwestufer des Easpischen Meeres ein subtropisches Klima
besitzen. Endlich sind auch in Sibirien die Sommer durch relativ
reiche Niederschläge, die^ Winter aber durch Heiterkeit des HimmplA
ausgezeichnet; der Hauptcharakterzug des KlimA« ist also hier ein
ähnUcher wie in dem grossen Monsungebiete Süd- und Ostasien^s. Frä-
lich sind die Regen in der Gegend des sibirischen Kältepols oft selbst
im Sommer sehr gering und fbr den Ackerbau kaum genügend.
Fassen wir auf der grossen europäisch-asiatischen Zone mit Regen
zu allen Jahreszeiten lediglich die im Jahre gemessenen mittleren Regen-
höhen in's Auge, so ergiebt sich, dass unter sonst glichen Verhältnissen
die durchschnittliche jährliche Regenmenge mit der Entfernung von
demjenigen Meere sich vermindert, von welchem die feuchten Winde
herwehen; die R^enhöhen verringern sich also nach Osten, wie die
folgenden Reihen beweisen:
Cuxhaven 801 , Hamburg 733 , Beriin 597, Frankfurt a. O. 523,
Posen 512 Millimeter.
Königsberg 604, Kijew 485, Nikolajew 332, Saiepta (an der Wolga)
250, Astrachan 124 Millimeter.
Diese G^ensätze zwischen dem Westen und Osten von Europa
zeigen sich — natürlich in vidfSsMsh verkleinertem Massstabe — auch
IX. Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge. 277
schon an den West- und Ostküsten von Skandinavien, von Gross-
britannien und Irland, ja selbst von der jütischen Halbinsel. So
beträgt der Regenfall
in Bergen 2258, in Christiania 537, in Stockholm 401 Millimeter,
in Portree auf Skye 2578, in Aberdeen 748 Millimeter,
in Dumfries 934, in Northshields 653 Millimeter,
in Howerfordwest (Pembroke) 1220, in London 624 Millimeter,
in Galway 1295, in Dublin 742 Millimeter,
in Husum 748, in Kiel 651 Millimeter.
Die Ostküsten sind in den angeführten Beispielen jedoch nicht
bloss deshalb ärmer an Niederschlägen, weil sie dem oflfenen Ocean
weiter entriickt sind, sondern auch weil sie theils durch hohe Gebirgs-
ketten, theils wenigstens durch niedrige Höhenzüge gegen den Ocean
hin geschützt sind, also gewissermassen im „Schatten" der von West
her kommenden Regenwinde liegen. Da nun die Gebirgsmassive
Skandinavien's und Schottland's weit mächtigere Condensatoren sind
als die Gebirge England's und Irland's oder gar der niedrige Höhen-
zug der jütischen Halbinsel, so sind auch die Differenzen der Regen-
höhen an beiden Küsten flir die ersteren Gebiete weit grösser als flir
die letzteren. Wir dürfen diese Erkenntniss verallgemeinem und sagen,
dass stets diejenigen Abhänge der Gebirge die meisten Regen empfangen,
welche von den Regenwinden zunächst getroffen werden. Indem sich
der Wind an ihnen in kältere Regionen erhebt, scheidet er einen Theil
semer Dämpfe in Tropfenform aus und gelangt dann in seinem Dampf-
gehalte geschwächt auf der Leeseite des Gebirges an. Einen „Regen-
schatten^ werden darum namentlich solche Gebirge werfen, deren
Längenaxe mit der Richtung der Regenwinde einen rechten Winkel
bildet (wie der Thüringer Wald, der Harz, das Riesengebirge etc.,
welche ihre Frontseite den Regen bringenden Südwestwinden zukehren).
Solche „Regenschattengebiete^ sind in Europa (vgl. hierzu die schöne
Regenkarte von Europa von Otto Krümmel, Taf. HI in der Zeit-
schrift der Gesellschaft flir Erdkunde zu Berlin, Bd. XHI) das iberische
Hochland (insbesondere die beiden castilischen Hochebenen^) und das
Ebrothal), das AIlier-Thal, das Seinebecken um Paris, die Rheinebene
nördlich von Mannheim, das nördliche Thüringen und Böhmen, die
ober- und niedenmgarische Tiefebene und ein schmaler Streifen jenseits
des Ural. Hingegen treten alle Gebirge, ja selbst niedrige Land-
rücken durch relativ grosse Regenhöhen deutlich hervor; daher ver-
rathen uns Klarten, auf denen Gebiete mit ansehnlichem Regen&U durch
^) Coimbra hat eine Begenhöhe von S63, Salamanca nur von 240 Milli
metem.
278 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
eine besondere Farbe ausgezeichnet sind, sofort das Relief eines Ge-
bietes. Die gewaltigsten Dampfcondensatoren sind natürlich die Hoch-
gebirge; in ihnen beobachtet man daher die grösste B^enmenge. So
erreicht dieselbe auf dem Bemhardin 2564, in St Maria (auf dem
Stilfeer Joch am Fusse des Ordes, unter 28® 4' ö. L. v. F., 46 »^
31' n. Br.) 2483, in Tolmezzo (am Südfiisse der Carmschea Alpen,
unter JJO® 41' ö. L. v. F. und 46« 24' n. Br.) 2436, in C!hamb&y
1650 und in Sabsburg 1061 Millimeter^). In den Pyrenäen hat
Bagneres de Luchon eine Begenhöhe von 1490, in dem Eaukasas
Bedut-Kale (am Schwarzen Meer) von 1533 und Kutais von 149^
Millimetern. Hinter diesen Werthen blähen die in den Mittelgebirgen
Centraleuropa's gefundenen Begenquantitäten theils gar nicht und theils
nur wenig zurück, wie folgende Begenhöhen beweisen:
Aurillac (Äuvergne) .... 1130 Millimeter,
Baden (Schwarzwald) . . . 1444 „
Schopf loch (Bauhe Alp) . . 1025 „
Duschlberg (Bayrischer Wald) 1195 „
Stubenbach (Böhmer Wald) . 2198 „
St. Peter (Biesengebirge) . . 1218 „
Clausthal (Harz) 1427 „
Aber alle soeben angeführten 2iahlen werden überholt durch die-
jenigen, welche an den Abhängen schroff aus dem Meere sich erheben-
der Gebirge ermittelt wurden. Beiden in Norwegen hat eme B^^aa-
höhe von 2251, Poröree auf Skye von 2578, Seathwaite (Cumberland)
von 3867 und die Station am Stye-Passe (ebenfalls in Cumba:land)
von 4812 Millimetern. An dem letztgenannten Punkte ist also die
jährliche B^enmenge 8mal so gross als in Berlin oder Königsberg
und selbst 4V2mal so gross als in Salzburg.
Die eingehendere Betrachtung der Begenverhältmsse Euit>pa*s
hatte zwar zunächst den Zweck, die Erkenntnias desjenigen Erden-
raumes zu fbrdem, der fbr uns der wichtigste ist; zugleich aber wurde
damit beabsichtigt, durch Ziffern Gesetze zu bellen, die sich zur Zeit
für andere Erdtheile nicht mit gleicher Schärfe b^ründen lassen.
Suchen wir nun das nordamerikamsche Gebiet mit B^en zu allen
Jahreszeiten auf, so b^^nen wir viel&ch Erscheiaungen , welche
denen der Alten Welt ähnlich sind. Von Oregon bis zum 60. Qnkd
n. Br. sind die Sommer zwar trübe, haben aber massige Begen. EUn-
gegen fkllt derselbe in reicher Menge während des Spätherbstes und
im Winter (die jährliche B^enhöhe der Insel Sitcha. ist gleich 2250
') C. V. Sonklar in den Mittheilungen der k. k. geographiechen Gesell-
schaft zu Wien. Bd. IV (1860), S. 205 ff.
IX. Die Wasaerdämpfe in der Luft. Niederschläge. 279
Millimetern), v. Kittlitz berichtet uns über Neu- Archangel auf Sitcha,
da£s es nur 44 bis 60 heitere Tage im Jahre habe. Regenwetter sei
die normale Witterung des ganzen Jahres. Bei einer Seeexcursion in
der Bay von Sitcha hielt er im Bote sein Gewehr in aufrechter Stellung
neben sich, und hierbei geschah es, dass innerhalb einer halben Stunde
beide Läufe bis obenhin mit Wasser gefiillt wurden^). Das Regen-
maximum gehört aus gleichen Ursachen wie an den ^^'estküsten Europa's
dem Herbst an (vgl. 274 f.).
Tiefer im Innern des nordamerikanischen Continents finden wir
ein Gebiet, welches einen vorwiegend heiteren Winter hat und die
Hauptmenge seiner Niederschläge im Sommer empfängt. Wie in
Innerasien , so besteht auch hier während des Winters in' Folge der
ausserordentlichen Erkaltung des Continents ein hoher Luftdruck;
es ergiessen sich daher trockene Luft»tröme aus dem Innern nach
den Rändern des Erdtheils. Hingegen zieht die sommerliche Auf-
lockerung regenbringende Seewinde herbei. Denselben Witterungs-
charakter besitzen auch im wesentUchen die Länder im Westen der
Hudsons-Bay.
Aus dem Obigen könnte vielleicht geschlossen werden, dass auch
das östUche Nordamerika mit dem östhchen Asien hinsichtUch seiner
Wind- und Regenverhältnisse nahe verwandt wäre ; dies würde jedoch
ganz unrichtig sein. Die Nordwestwinde dominiren nämlich während
des Winters im östUchen Nordamerika viel weniger als in Ostasien
(vgl. S. 233); im Sonmier aber walten in gleichen Breiten Nordamerika's
statt der Südostwinde Südwestwinde vor, weil die Stelle höchsten Luft-
druckes nicht wie in Asien im Südosten des Erdtheils, sondern im
Busen von Mexico, für das östliche Nordamerika also im Südwesten
liegt. Vor allem aber entbehrt das östliche Nordamerika jene Regel-
mässigkeit der klimatischen Erscheinungen, jene strenge Scheidung
einer trockenen und nassen Jahreszeit, wie sie dem östlichen Asien
eigen ist. Im Gegentheil erfolgen in der östlichen Hälfte von Nord-
amerika häutig die jähesten nichtperiodischen Veränderungen des
Witterungsganges selbst imter Breiten, wo wir sonst die jährhche
Periode mit fast tropischer Regelmässigkeit sich entwickeln sehen. So
sind die mittleren monatlichen Extreme des Barometerstandes während
des Winters in St. Louis unter dem 39. Grad n. Br. ebenso gross wie
in Wien unter dem '48. Grad n. Br. imd grösser als in Jakutsk unter
dem 62. Grad n. Br. Daher treten auch bis Florida imd bis zur
*) F. H. V. Kittlitz, Denkwürdigkeiten einer Reise nach dem russischen
Amerika, nach Mikronesien und durch Kamtschatka. Gotha 1S58. Bd. I,
S. 242 f.
280 Dritter Theil. Die Wasser- and LufthfiUe der Erde.
Misaissippi-Mündimg die Wetterstürze mit einer Schnelligkeit ein^ wie
sie sonst nii^ends beobachtet wird.
Als Hauptnrsache dieser Gregensätze giebt Wojeikof ') an, dass
die Gebirge und Hochländer , hinter denen der hohe Lnfidrack des
Winters in Asien stattfindet, einen fireien, ungehinderten Austauach
zwischen der kalten inneraaatiachen Luft und der wannen Luft über
den benachbarten Meerestheilen hemmen, weshalb sich hier nur ein
massig starker, dafür aber sehr beharrlicher Polarstrom bildet fibenso
kann die Lücke auf dem sommeilichen Auf lockerungsgebiete durch
herbeiströmende kalte Luft nicht so leicht ausgeftük werden, weil die
Gebirge auch in diesem Falle verzögernd wirken. In Amerika hin-
g^;en vollzieht sich der winterliche Abfluss wie der sommerliche
Zufluss der Luft viel fireier und leichter; daher steigert sich auch der
Maximalwerth des Luftdruckes in Amerika viel weniger als in Asien;
ebenso aber bleibt der Minimalwerth weit hinter dem Asien's zurück«
Es ist in Folge dessen der Antrieb zu gleichmfissigen, steten Winden
in Amerika weit weniger kräftig als in Asien. Neben der grösseren
Massenentwicklung Asien s ist es also vor allem die Abgeschlossenheit
seiner erhitzten centralen Plateaux, welche Asien jene grössere Gresetz-
mässigkeit veiieiht. Auch macht das Vorkonmien mehrerer ooeanischer
Luitdruckmaxima über den Nachbarmeeren Nordamerika's einen ein-
heitlich geordneten Verlauf der Windbahnen unmöglich.
Schon die wenigen Andeutungen über die Windverhältnisse des
östlichen Nordamerika lassen uns errathen, dass die wannen und
feuchten, vom Mexicanischen Busen her wehenden Südwestwinde ftir
jene Gr^enden die Hauptr^enwinde sind, und da sie im Sommer vor-
walten, so ist auch diese Jahreszeit die regenreichste in den meisten
Gebieten zwischen den aüantisdien Küsten und dem MississippL Nur
Neu-England, sowie Alabama und Mississippi sind hiervon auszunehmen.
Während in Neu-England die Niederschläge völlig gleichmässig über
die vier Jahreszeiten vertheilt sind, tritt in den beid^i letztgenannten
Staaten eine Neigung zu stärkeren Winterregen hervor. Auf der
ganzen Strecke von Vuginien an bis Florida aber wächst von Schritt
zu Schritt der sommerliche Regenfall; er beträgt z. B. in Ft Monroe
(Viiginien) 33, in Charleston (Südcarolina) 39, in Savannah (Georgia)
43, in Ft Brooke (Florida) 51 Procent von dem GresanmitregenfiBdl
innerhalb eines Jahres. Zugleich ist die Begenhöhe an jenen Ufer-
Staaten des (rol&tromes eine sehr ansehnliche, nämlich 1200 bis 15(H^
Millimeter.
In den weiten Ebenen nördUch der Mississippi-Mündungen herrschen
») I. c. S. 6 fc
IX. Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge. 281
wiederum Sommerregen vor und zwar nach Nord hin bis zu den
Mississippi-Quellen mit einem immer grösser werdenden Procentantheil;
denn die Winterregen werden bei den im Winter vorwi^enden con-
tinentalen Winden nach dem Innern zu immer seltener. Doch ver-
mindert sich die gesammte jährliche Regenmenge in gleicher Sichtung
mehr und mehr. So hat St. Louis in Missouri eine solche von 1117
Millimetern (davon 31 Procent im Sommer), Ft. Leavenworth in Kansas
von 770 Millimetern (40 Pr. i. S.), Ft. Snelling in Minnesota von
645 Millimetern (43 Pr. i. S.). Diese Abstufung ist insofern eine sehr
günstige, als bei der weit grösseren Verdunstung in den heisseren süd-
lichen Districten ohne reichere Wasserzufiihr ein entwickelteres Pflanzen-
leben kaum seine Existenz zu behaupten vermöchte. Beginnt auch
schon in den Staaten am mittleren Mississippi die weite, &st baum-
lose Prairie-Region, so sind doch diese Ländereien wie die stidrussischen
Steppen für den Anbau der Cerealien noch in hohem Grade geeignet.
Auch in anderer Hinsicht lassen sie sich recht gut mit diesen ver-
gleichen. So zeigt sich auch hier ein Regenmaximum im Juni (nicht
im Juli zur Zeit der grössten Erwärmung des Continents, wie man
eigentUch erwarten sollte). Wojeikof erklärt diese, wie es scheint,
den Steppengebieten eigenthümliche kleine Verschiebung des Regen-
maximums in scharfsinniger Weise dadurch, dass die wilden Gräser
wie die cultivirten CereaHen im Juni noch grün sind, also auch an die
Luft noch grosse Mengen von Wasserdampf abgeben, während bereits
im Juli ftlr jene Gewächse die Zeit der Dürre angebrochen ist; im
JuU, folgert er weiter, ist daher diese Feuchtigkeitsquelle gescl^wächt
und der Regenfall somit ein geringerer.
Wollten wir die Parallele zwischen dem nordamerikanischen und
dem südrussischen Steppengebiete noch weiter ftlhren, so könnten wir
noch hinzu^en; dass, wie sich die wüstenähnliche aralo-kaspische
Niederung an die südrussischen Steppen anschliesst, auch hier die öden,
fast aller Bodencultur baren ^Plains^ sich unmittelbar westwärts der
Prairie-Region (etwa westlich vom 100. Grad w. L. v. Gr.) ausbreiten.
Gleich der nördUchen Halbkugel, hat auch die südHche eine weit-
ausgedehnte Zone mit Regen zu allen Jahreszeiten. Sie beherrscht
hier fast nur oceanische Räume, weshalb auch ihre Aequatorialgrenze
mit überraschender Gleichförmigkeit fast durchw^ dem 40. QrreA s. Br.
folgt Nur da, wo sie über Contmente (Australien und Südamerika)
hinweg ihren Weg nimmt, erleidet ihr Gang wesentliche Störungen.
In Australien gehört zu dieser Zone das Land südöstlich der Darling-
Murray-Linie, also hauptsächlich Victoria und Neu-Süd- Wales, sowie
Tasmanien und Neuseeland. Auf dem Continente verursachen während
des Winters die aus dem Lmem kommenden Winde eine Periode
282 Dritter Theil. EWe Wasser- und Lufthalle der Erde.
relativer Trockenheit, während die sommerlichen Nordostwinde nament-
lich an der Ostküste stärkeren Regenfidl mit sich bringen. Jenseits
der östlichen Randketten emp&ngt das Land nur noch geringe Regen-
mengen ; es befindet sich ja im „R^enschatten^ dieser Grebiige. Die
Lage derselben ist also eine onglinstige fiir die fjit<ung des vege-
tabilischen nnd animalischen Lebens im Innern: sie ist daher indirect
auch fnr die Entwicklung des dortigen Völkerlebens eine Verhängnis»-
volle geworden. Auf Neuseeland ist, wenn "wir von der Nordsphze
der Nordinsel absehen, welche zur subtropischen Zone zu rechnen ist
(vgL S. 268), der RegenfiJl ziemlich gleichmässig auf aOe Jahreszeiten
vertheQt; doch weist die Westküste gegen viermal so starke Nieder-
schläge auf als die Ostktlste und mehr als irgend ein anderes Gebiet
der gemässigten Zone (Hokitika 2836 Millimeter).
Wie in Australien so nähert sich auch in Südamerika die Zone
mit Regen zu allen Jahreszeiten an der Ostküste des Continents dem
Aequator weit mehr als an der Westküste. Während ihre Aequatorial-
grenze im Mittel etwa unter dem 30. Grad s. Br. zu suchen ist, dringt
sie am Ostrande bis zum 25. Grad nach Norden vor, scUiesst sich
also hi^ unmittelbar an die Zone der tropischen Regen an, weicht
hingegen an der Westküste, durch die subtropische Zone verdrängt«
bis zum 40. Grad s. Br. zurück. Das Klima der Pampas läast schon
sehr die tropische R^elmässigkeit des Witterungsganges vermissen;
Süd- und Nordwinde wechsehi hier ebenso unr^elmässig wie längere
Perioden der Trockenheit mit heftigen R^engüssen. Im allgemeinen
leidet das Gebiet ostwärts der Anden bis zum 50. Grad s. Br. an
Wassermangel, da die vorherrschenden feuchten W^estwinde behn
Ueberschreiten des Grebii^ges den grOssten Thdl ihres Feuchtigkeits-
gehaltes ausscheiden. Um so reichere R^enmengen werden der West-
küste Südchile's und Patagonien's zu Theil; denn Ancud auf Qiüoe
hat eme R^enhöhe von 3349, Valdivia von 2768 Millimetern. Für
Orte in den Anden sind noch wdt grössere Werthe zu erwarten. Am
ei^ebigsten sind hier die Regen des Winters und nächstdem die des
Herbstes.
Der ewige Schnee. In den unteren Regionen der tropischen
und subtropischen Zone besitzen die Niederschläge meist die Gestalt
von Tropfen. Weiter polwärts tritt im Winter der Schnee an deren
Stelle; ja im hohen Norden bildet er sogar die gewöhnliche Form des
Niederschlags. Denselben Uebergang beobachten wir jedoch auch in
den Aequatorialgegenden, wenn wir an höheren Gebirgen emporsteigen:
je mehr wir uns über den Meeresspiegel erheben, um so reichlicher
wird der Schneefall. In den unteren Regionen der Grebii^sabhänge
schmilzt der Schnee unter den warmen Strahlen der Sommersonne
IX. Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge. 283
ganz hinweg; weiter aufwärts aber gelangen wir endlich an eine Linie,
oberhalb welcher er niemals weicht: dies ist die sogenannte Grenze
des ewigen Schnees, welche wir in dem Folgenden der Einfachheit
wegen schlechtweg als Schneegrenze bezeichnen wollen. Dieselbe liegt
in der Nähe des Aequators am höchsten und sinkt nach den Polen
zu allmähUch herab. Dies ergiebt sich deutlich aus nachstehender
Tabelle:
Ort. Breite. Schneegrenze.
NordgrönUnd 75 o n. Br. 715 Meter,
Island, Osterjökull 65 ^ ?, ^ 936 „
Kamtschatka, Schiwelutsch 56V2 *^ 77 t, 1600 „
Altai 50 « „ „ 2144 „
Karpathen, Hohe Tatra 49 ® „ „ 2592 „
Alpen (Mittel) 46 « „ „ 2700 „
Pyrenäen 42»/4 » „ „ 2728 „
Aetna 37Va ® n n 2905 „
Himalava /Südabhang 1 4940 „
Mimalaya j^j^^^b^ang H " " 5670 „
Popocatepetl (Mexico) 19o„„ 4563 „
Tolima (Neu-Granada) ^ ^ n r> 4670 „
Anden von Quito 1 <> s. Br. 4824 „
Paachata (westliche Cordillere von Bolivia) 18 ^ „ „ 6120 „
Eüstencordillere von Patagonien . . . . 42Va® 7» n 1832 „
Magalhäes-Strasse 53V2 ^ n n H^O „
Ein prüfender Blick auf diese Zahlen belehrt uns, dass sich die
Schneehöhe nicht gleichmässig mit der Breite ändert; vielmehr finden
wir ziemlich häufig kleinere oder grössere Anomalien. Auf diese
müssen wir schon deshalb gefasst sein, weil die Wärmeverhältnisse
auf der Erdoberfläche auch nicht streng nach den geographischen
Breiten sich richten. Bouguer nahm deshalb an, die mittlere Jahres-
wärme vonO® C. sei entscheidend für den Verlauf der Schneegrenze.
Indess hat schon A. v. Humboldt^) gezeigt, dass die Schneegrenze
zwischen Aequator und Polarkreis sich innerhalb der mittleren
Jahrestemperaturen von 1,5^ C. und — 6,8® C. bewegt. Die Schnee-
grenze ist somit auch nicht streng abhängig von dem Gang der
Isothermen. Wird doch in der Umgegend von Jakutsk in Sibirien
selbst bei einer mittleren Jahreswärme von — 10,9 ^ C. noch Acker-
bau getrieben!
^) Fragments de geologie et de climatologie asiatiques. Paris 183].
Tome II, p. 531.
284 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Viel eher dürfen wir erwarten, daas die örtliche Höhe der Schnee-
grenze durch die mittleren Sommertemperatoren, vor allem durch die
Temperatur des heissesten Monats bestimmt wird. Mag auch die
Winterkälte noch so gross sein, so wird doch der Schnee ganz hinweg-
schmelzen, wenn nur der Sommer die genügende Wärme besitzt. Für
Jakutsk beträgt die Temperatur des wärmsten Monats 17,4 ^ C. ; würden
hier Januar- und Julitemperatur zwischen — 22 und 0 " C. (statt zwischen
— 40,8 und 17,4^ C.) schwanken, so würde bei Jakutsk die Schnee-
decke niemals weichen. An Orten mit excessivem Klima Y^hd dieselbe
demnach vergleichsweise hoch U^en. Da nun in der Nähe des Aequators
die Temperatur das ganze Jahr hindurch nur geringen Wechseln unter-
worfen ist, so wird hier die Jahrestemperatur an der Schneegrenze
eine höhere sein als in der gemässigten und kalten Zone. In der
That haben genauere Untersuchungen dies bestätigt; denn in den
Aequatorialgebieten der Anden beobachtet man an der Schneegrenze
eine mittlere Lufttemperatur von -+-1,2 " C. , im nördlichen Norwegen
hingegen von — 5 " C.
Aus gleichen Gründen steigt in mittleren Breiten die Schneegrenze
überall da weit herab, wo durch die Nähe des Meeres die Gegensätze
zwischen Sommer- und Wintertemperaturen abgeschwächt werden, wo
also die Sommer relativ kalt sind. So haben Island und das Innere
von Norwegen zwischen 60 und 62 ^ n. Br. ziemlich dieselbe (auf das
Meeresniveau reducirte) mittlere Jahreswärme; doch besitzt Norwegen
höhere Sommertemperaturen als Island, weshalb die Schne^renze in
Island (am Osterjökull 936 Meter hoch) weit mehr herabsinkt als im
Innern von Norwegen (auf dem Fillef^dd 1700 Meter hoch). In gleicher
Weise ist es zu erklären, dass sich die Schneegrenze im Kaukasus
800, am nördlichen Abhänge des Thianschan 1000 Meter höher erhebt
als in den Centndpyrenäen.
Femer ist die grössere oder geringere Reichhaltigkeit der Keder-
schlage nicht ohne f^fluss auf die Höhe der Schneegrenze. Je grössere
Schneemassen während des Winters in einem Gebiige fallen, um so
mehr Wärme ist im Sommer nöthig, dieselben in Wasser zu ver-
wandeln. Folglich wird sich die Schne^renze überall da höher in das
Gebirge zurückziehen, wo der Schneefidl dn geringer ist und somit
die Sommersonne hinsichtlich der Schneeschmelze eine kleiuere Arbeit
zu verrichten hat. Hieraus arklärt sich die zunächst übeiraschende That-
Sache, dass die Schneegrenze an der westlichen Cordillere von Bolivia,
die nur ausserordentlich wenig Niederschläge empfingt, 1300 Meter höher
emporsteigt als in dem Calmengürtel auf den Anden von Quito. Auch
erkennen wir nun, warum die Schneegrenze am Nordabhang des
Himalaja (5670 Meter hoch) g^en 730 Meter höher liegt als am
IX. Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge. 285
Sttdabhang (4940 Meter hoch). Die reichen Niederschläge, welche der
Südwestmonsun vom Indischen Ocean herbeifUhrt und in Gestalt von
Regentropfen an den unteren, von Schnee an den of)eren Abhängen
des Gebirges absetzt, sind unzweifelhaft die Ursache dieser Elrscheinung.
Auf den nördlich vom Himalaja emporsteigenden Ketten des Karako-
nun und Künlün, wo die Niederschläge an den beiden Abhängen
nicht mehr so scharfe Gegensätze darbieten, begegnen wir wieder
normalen Verhältnissen; denn die Schneegrenze erhebt sich in beiden
Fällen am Südabhang etwas höher als am Nordabhang, ist aber
trotz der nördlicheren Lage des Karakorum an diesem in noch
grössere Höhen hinau%erüc^t als am Himalaya, wie die folgende
Tabelle zeigt i):
Schneegrenze.
Himalaya, Südabhang .... 4940 Meter,
5670
5970
5670
4820
4600
„ Nordabhang . .
Karakorumkette, Südabhang
^ Nordabhang
Künlün, Südabhang . . .
„ Nordabhang . . .
Die bedeutende Wärmeausstrahlung, welche im Sommer auf dem
hocherhitzten tibetanischen Hochlande stattfindet (vgl. S. 195), trägt
viel zur Erhöhung der Schneegrenze an den Abhängen der Karakorum-
kette bei.
Man darf übrigens nicht glauben, daas innerhalb eines Gebirges,
selbst wenn es in der Richtung der Parallelkreise zieht, die Schnee-
grenze au demselben Abhänge überall gleiche Meereshöhe besitzt, also
einen horizontalen Verlauf nimmt; es kann daher die Höhe der Schnee-
grenze für ein ganzes Gebirge nicht aus einer Bestimmimg gewonnen
werden. C. v. Sonklar, ein so treflFlicher Kenner der Alpen, ver-
sichert, dass hierin die Schutzlosigkeit einer Oberfläche gegen Wind
und Sonne, der Grad der Steilheit, die Insolations- und Wärmeleitungs-
fähigkeit des Bodens in den Alpen Höhenunterschiede von 325 Metern
und mehr zu bewirken vermögen*). An Stellen, die der Sonne und
dem Winde zugänglich sind, steigt in der Oetzthaler Gruppe nach
C. V. Sonklar die Schneelinie bis zu 2845 Meter Höhe empor,
während sie doch in der Montblanc -Gruppe nur 2630 und in den
Bemer Alpen 2708 Meter Höhe erreicht.
Da die Schneegrenze in höheren Breiten mehr und mehr herab-
') H. V. Schlagintweit-Sakünlünski im Globus, Bd. XXXI (1877),
Nr. 9, S. 137.
•) C. V. Sonklar, Die Oetzthaler Gebirgsgruppe. Gotha 1860. S. 287.
286 Dritter TheiL Die Wasser- and Lofthülle der Erde.
sinkt, 80 hatte man vermathety in den Polargebieten zn einer Groize
za gelangt^, wo der ewige Schnee noch im Niveau des Meeresspi^els
vorkommt Dem entsprecheo die bisherigen Beobachtongoi keines-
wegs. Selbst aof Spitzbergen erhebt sich die Grenze des ewigen
Schnees bis zu einer Höhe von 325 Metern. Der Hanptgrond for
diese Erscheinung hegt wohl in dem meist unbedeutenden Schneefiül
der arktischen Grebiete; schon eine geringe Sommerwärme genügt,
jene arktische Schneedecke bis zu gewisser Höhe hinwegzuschmelzexu
X. Die Quellen.
"T^irgends auf Eiden verharrt das Wasser an demselben Orte; viel-
Jl\ mehr ist es unablässig in einem Kreislauf begriffen. Als Wasser-
dampf steigt es aus Meeren und Flüssen, sowie von befeuchteten
Gegenständen empor, verdichtet sich und kommt als Regen oder Schnee
zur Erde zurtlck. Nimmt man an, dass die Weltmeere bei einer
mittleren Tiefe von 1880 Faden (= 0,463 363 geogr. Meilen) ein
Areal von 6 786 000 Quadratmeilen bedecken, so würde die gesammte
Wassermasse, welche die oceaniscUen Becken erfüllt, ein Volumen von
c. 3 144 380 Cubikmeilen besitzen (vgl. Bd. I, S. 427). Da nun die
durchschnittliche jährliche Regenhöhe auf der Erdoberfläche c. 500
Millimeter beträgt, also gegen 625 Cubikmeilen Wasser jährlich fallen,
so würden, wenn der Wassergehalt der Regenwolken lediglich dem
Meere entstammte, 5031 Jahre nothwendig sein, damit die ganze
Wassermenge des Oceans jenen Kreislauf vollziehen, d. h. verdunsten
und durch Regen wie durch Flusszufuhr wieder erneuert würde.
Freilich ist der Kreislauf des Wassers kein so regelmässiger, wie
wir uns ihn vorzustellen gewöhnt sind. Nicht alles Regenwasser,
welches die Festländer empfangen, ja nicht einmal der grössere Theil
desselben, wird durch die Flüsse dem Meere zugeführt. Dalton hat
berechnet, dass England eine mittlere jährliche Regenhöhe von 31,4
engl. Zoll (797,6 Millimeter) hat, welchem Werthe er noch 5 engl.
Zoll (127 Millimeter) Thau hinzufügte. Bei stehenden Wassern fand
er eine jährliche Verdunstung von 36,8 engl. Zoll (936 Millimeter) ; da-
gegen ergab sich, dass sämmdiche Flüsse nur 13 engl Zoll (330 Milli-
meter) der engHschen Meteorwasser zurückerstatten, also nur etwa
^'26 des gesammten Niederschlags^). Hieraus geht hervor, dass in
England weit mehr Regen fkUt, als durch die Ströme abfliesst, sowie
») John Dalton in Gilbert's Annalen der Physik, Bd. XV (1803),
S. 251—271.
288 Dritter Theil. Die Wasser- and Lufthülle der Erde.
dass die Verdanstung hinreichen würde, alle Niederschläge zu ver-
dampfen, wenn sie sich stehend ansammebi wollten.
Ohne Zweifel verdunstet das meiste des durch Regen der ISrde
zugefhhrten Wassers; ein kleinerer Theil eilt in den fliessenden Gt^
wässern dem Meere zu und zwar entweder direct oder nachdem er
bereits durch die obersten Schichten des Erdkörpers seinen Weg ge-
nommen hat; äusserst gering ist endlich die Quantität, welche die
organischen Wesen verbrauchen, sowie diejenige, welche durch die
Bildung von Hydraten beim Vermtterungsprocess der Gesteine chemisch
gebunden wird. Hier soll uns ausschliesslich derjenige Theil des
Wassers beschäftigen, welcher aus der Erde hervorbricht, nachdem er
sich durch die Oberflächenlager der starren Erdrinde einen Pfiid ge-
bahnt hat
Nur ein kleiner Theil des Wassers, welches in die Ejrde eindringt,
kommt als Quell schon nach kurzer Zeit wieder zum Vorschein; meist
hat es weite Wanderungen durch die zahlreichen Schichten der Erd-
oberfläche zu machen. Ob eine solche Wanderung eine langsame
oder beschleunigte ist, ob sie sich tief oder weniger tief in s Erdinnere
erstreckt, hängt in erster Linie von der Beschaffenheit des Gesteins-
materials ab, auf welches das Wasser trifft. Zunächst folgt das Wasser
den Spalten und Schichtungsflächen der Gesteine, durchdringt sie aber
endlich ihrer ganzen Masse nach, wie es etwa ein Stück Zucker durch-
dringt Jedes Gestein besitzt nämlich mikroskopische Poren; feine
Haarspalten durchkreuzen es nach allen ßichtungen imd gestatten dem
Wasser den Durchgang. Leicht durchlässig ist insbesondere der Sand-
stein. Die kleinen Sandkörner li^en ziemUch lose auf einander; denn
sie berühren sich nur in wenigen Punkten und lassen somit zahlräche
leere Räume zwischen sich. Sandstein saugt deshalb das Wasser ver-
gleichsweise hastig auf. Aehnlich verhalten sich alle grobkörnigen
Gesteine, wie Grranity Syenit und Trachyt Zerschlägt man nach
länger währendem Frühjahrsr^en grobkörnige krystallinische Gesteine,
so wird man mehr oder weniger feuchte Bruchflächen und nicht etwa
bloss in der Nähe der Oberfläche oder bei kleinen Handstücken, son-
dern auch bei fussgrossen Blöcken wahrnehmen. Feinkörnige Gesteine,
wie die Thonschiefer, werden von den Gewässern leicht in der Richtung
der Schieferungsflächen, äusserst selten jedoch in rechtem Winkel geigen
die Schieferungsflächen durchdrungen. Selbst Basalt vermag dem
Wasser auf die Dauer nicht zu widerstehen. Beim Brechen von
Basaltsäulen fand Bischof^) nasse Flächen manchmal ganz im Innern
^) Gustav Bischof, Lehrbuch der chemischen und physikalischen
Geologie. 2. Aufl. Bonn 1S63. Band I, S. 207 f.
X. Die Quellen. 289
der Masse, und bei mikroskopischen Untersuchungen zeigten sich feine
ELaarspalten, die dem Wasser den Zutritt ermöglichten. Wassertropfen
hat man sogar auf Bruchflächen der Lava von Kiedermendig entdeckt,
und nur solche Laven haben sich als wasserdicht erwiesen, die wie
die Obsidiane eine glasartige Masse bilden. Auch mit Feuchtigkeit
gesättigte Thon- und Lehmschichten leisten dem von oben her kommen-
den Wasser vortrefflich Widerstand. Dies erkannte bereits Lahire,
welcher ein 2V2 Meter tiefes Blechge&ss mit Lehm geflillt bei Paris
im Freien vergrub und nach 15jährigen Beobachtungen im Jahre 1703
verkündete, dass das Begenwasser nie bis zu der Röhre am Boden
seines Gefässes durchgedrungen sei^).
Jene die Poren aller Gesteine durchziehenden Wasser, die in den
Stollen und Schächten allüberall so reichlich hervorquellen, bezeichnet
man als Gebirgsfeuchtigkeit.
Im wesentlichen sind es, wie wir oben sahen, thonige Schichten,
welche das Niedersinken des Wassers verhindern, indem sie dasselbe
aufsaugen und sich dann schliessen. Wir müssen jedoch sogleich noch
hinzufügen, dass auch ohne die den Durchgang verwehrenden Thon-
lager die Meteorwaaser nicht bis zum Mittelpunkt der Erde hinabzu-
steigen vermöchten. Es ist ihnen vielmehr wegen der hohen Tempera-
turen des Erdinnem nur gestattet, bis zu einer im Verhältniss zum
Erdganzen sehr geringen Tiefe hinabzusickem. Indem die Tempera-
, turen des Erdinnem sich dem Wasser mittheilen, vermindert sich dessen
Dichtigkeit, woraus unmittelbar das Bestreben entsteht, sich zu erheben.
Im günstigsten Falle gelangt das Wasser bis zu Tiefen hinab, durch
deren hohe Temperaturen dasselbe selbst bei dem Druck einer bis
zur Erdoberfläche reichenden Wassersäide zum Sieden gebracht wird,
worauf es als Dampf nach oben entweicht
Indessen findet das durch feine Haarspalten, sowie durch Risse
und Klüfte eindringende Wasser wohl meistens eine Schicht, die ihm
den Weg zu weiteren Tiefen versperrt Man nennt solches Wasser,
welches sich über wasserdichte Schichten bewegt oder über denselben
sich sammelt, Grundwasser, und dieses ist es, welches vielfach die
nächste Veranlassung zur Quellenbildung wird.
Aber wie gelangt nun das Wasser aus den Tiefen der Erde zur
Oberfläche? Dies geschieht auf zweierlei Weise: entweder verfolgt es
eine wasserdichte Schicht in ihrem Fallen bis zu ihrem Ausgehenden,
an welcher Stelle es hervorbricht, oder es wird durch hydrostatischen
Druck, unter Umständen auch durch die Gewalt hocherhitzter Dämpfe
^) 0. Peschel, Geschichte der Erdkunde. 2. Aufl. (heraosgeg. von
S. Rüge). München 1877. S. 770.
Peschel-Leipoldt, Phys. Erdkunde. II. 19
290
Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Schichtqnelle.
Fig. 23.
üeberfaUflqaelle.
aus der Tiefe emporgetrieben. Man unterscheidet daher abstdgende
und au&teigende Qudlen.
Die gewöhnlichsten Formen der absteigenden Quellen werden
durch die Fig. 22 bis 24 erläutert In Fig. 22 sehen wir das Wasser
durch die zerklüftete Gestdnslage
Fig. 22. o eindringen; auf der wasserdich-
ten Schicht h ang^ommen, fliesst
es auf derselben abwärts und tritt
an ihrem Ende als Schichtquelle
zu Tage. Ist die wasserdichte
Unterlage beckenartig gewölbt wie
in Fig. 23, so sammeln sich die
Wasser bis zum Rande des Beckens
und ergiessen sich dann vielleicht
nach vffliBchiedenen Richtungen hin
als Ueberfallsquellen. Fig.
24 zeigt, wie sich dies namendich
in Kalkgebirgen häufig beobachten
lässt, einen bis zum Sammelbecken
hinabreichenden Spalt, aus welchem
das Wasser als Spaltquelle ent-
weicht ^).
Eine absteigende Quelle seltener
Art ist der Hexenbrunnen auf
dem Brocken, da er nahezu dem
höchsten Punkte dieses Beiges an-
gehört Woher empfiüigt diese
Quelle ihr Wasser? Genauere
Untersuchungen führten zu dem
Resultate, dass sie von der Spitze
des Berges noch um 6 Meter über-
ragt wird. Da nun die jährliche Regenhöhe des Brocken 1240 Milli-
meter beträgt, so würde jene Quelle, wenn sie nur niedriger läge als eine
kreisförmige Fläche von 160 Meter Halbmesser und wenn sie sämmt-
liche Meteorwasser des über sie erhabenen Theils der Spitze in sich
vereinigte, täglich über 273 Cubikmeter Wasser liefern können. Da
ihr jedoch täglich nur 49 Cubikmeter Wasser entströmen, so besitzt
sie eigentlich gar nichts Räthselhafles und ist unter die gewöhnlichen
absteigenden Quellen zu zählen. Der Umstand, dass sie 1786 und 1822
bei längerer Trockenheit vorübergehend versi^te, bestätigt übrigens,
*) J. Hann, F. v. Hochstetter und A. Pokorny, Allgemeine Erd-
kunde. Prag 1572. S. 14S.
Spaltqnelle.
*i|t,|<i«~ "
Bpilten wittl du
■fei *'-.?^^^^^kS^-^i¥^'^
Bitiifeli^ichtung zu entweichen.
i^ll^ebQii; es wandert durch
{i^ti^ ahwärta sich windend,
^a^^jü^ä^4>ar0se oder zerklüftete
;c^' i^^e^^ili^^^^Ki^^jE^^SM^islagen eingeschlossen,
'>^WS'^^^^-^!^!^^%üach unten abfliessen,
.ft. .ft. .ft. .«. .«. :StffeÄß-
^.' s-tJ.!ff4'^w:S^<«KtS3s^icS^^3^ 80 hoch empor, als
W^^Al^'<^l^§'^S&^^^-f%-tSS:26). Man bezeichnte
mnr^B^cTBjILp* und Thonltg^r.
292 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
solche Brunnen als artesische Brunnen, weQ sie in Europa in der
Gra&chaft Artois (Frankreich) zuerst (im Jahre 1126) angel^ wurden.
In der Sahara bestehen sie allerdings seit uralten Zeiten. Sie werden
bereits von den arabischen Schrifbtellem des Mittdalters beschrieben;
ja selbst dem Alterthum mögen sie nicht fremd gewesen sem, da sie
schon von Olympiodor (in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts
n. Chr.) erwähnt werden ^). Doch hatte man bis in das Mittelalter
in Europa wohl noch keine Kenntniss Ton ihnen.
Häufig zeigt sich in der Nähe artesischer Brunnen keine Boden-
anschwellung, obwohl die Höhe des hervorschiessenden Strahles einen
ansehnlichen Druck und ein ihm entsprechendes Ge&U des Wassers,
also auch eine benachbarte Bodenerhebung voraussetzt. Offenbar ist
hierbei der höher gelegene Eintrittspunkt des Wassers in das unter-
irdische Sammelbecken so weit von dem Brunnen entfernt, dass er von
diesem aus nicht gesehen wird. Dass die artesischen Wasser manchmal
auf ausserordentlich weite Strecken durch das zerklüftete Gestein ihren
W^ nehmen, wird auch durch die Thatsache bezeugt, dass der arte-
sische Brunnen von Tours einmal am 30. Januar gut erhaltene Samen
von Pflanzen heraufbrachte, die nur im Herbste vorher gereift sein
konnten. Sie hatten also zu ihrer Wanderung durch den artesischen
Canal 3 bis 4 Monate gebraucht Dass sie auf ihrer Bahn keine
wesentlichen Hindernisse zu überwinden hatten, scheint daraus hervor-
zugehen, dass sie in Menge gleichzeitig erschienen; es ist also das
Wasser jedenfidls aus weiter Feme gekommen.
Ist nun das Wasser emerseits weithin unter der Oberfläche thätig,
so ist es doch andrerseits nicht unter jeder Oberfläche in der Hefe
anzutreffen. Der Bergmann teuft bisweilen bis zu grossen Tiefen ganz
trockne Schächte ab; er bricht in sehr bedeutenden Tiefen Steinsalz,
welches längst vom Wasser au%elö8t und fortgeführt worden wäre,
wenn nicht eine Decke wasserdichter Erden wie ein B^enschirm über
das Steinsalz ausgespannt wäre und dem Wasser das Eindringen ver-
wehrte. Daher sind auch viele Bohrungen zur Hanstellung artesischer
Brunnen ohne Erfolg gewesen. Undurchlässige Schichten an der Ober-
fläche sind somit gewOhnUch die Ursache, weshalb das Wasser in
grösseren Tiefen fehlt
flache Inseln, namentlich solche madreporischen Ursprungs, sind
stets arm an Trinkwasser. Indem die ge&Uenen Meteorwasser hier
einsickern, gelangen sie rasch unter das Niveau des Meeres und fliessen
dann meist untersedsch ab. Solche Inseln entbehren daher häufig der
Quellen; man sanmielt das Trinkwasser in Cüstemen und sucht in der
^) £. Desor, Aus Sahara and Atlas. Wiesbaden 1865. S. II f.
X. Die Quellen. 298
Milch der Cocosnüsse ein Surrogat für dasselbe. Auch flache, niedere
Festlandsküsten leiden an Stlsswassermangel. Finden sich aber daselbst
Quellen, so zeigen sie oft die bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit, dass
sie je nach dem flintritt von Fluth und Ebbe viel oder wenig Wasser
spenden oder dass der Brunnenspiegel sich in Uebereinstimmung mit
den Gezeiten erhöht und senkt, und zwar geschieht dies selbst dann,
wenn der Brunnen über dem Meeresspiegel liegt. Es steigen und
sinken nämlich hierbei die unterirdischen süssen Wasser genau so wie
die Gewässer der in den Ocean mündenden Flüsse: die salzhaltigen
und schwereren Wasser wirken stets von unten her und heben die
süssen Grundwasser auf ihrem Rücken empor, da die Meereswellen in
die Küstenformationen vielfach mit beinahe ebenso grosser Leichtigkeit
eindringen, als sie das Gestade umwogen.
Solche mit den Gezeiten harmonische Niveauschwankungen der
Brunnen beobachtet man bei Wasa in Finnland, bei Boyan am rechten
Ufer der Gironde, auf Neu-Providence und anderen der Bahama-
Inseln^). Auch deutschen Inseln, z. B. Sylt und Föhr, ist diese Er-
scheinung nicht fi^md. Die Brunnen daselbst geben zwar ein schönes,
süsses Quellwasser, besitzen aber irgend welche Verbindung mit dem
Meere; denn bei südwestlichen Stürmen und Fluthen erfolgt sogar in
den 25 bis 30 Meter tiefen Brunnen der hochliegenden Norddörfer
Braderup und Eampen auf Sylt ein Schwellen des Wassers, ein Brausen
der Luft nach oben, so dass bisweilen die schwersten Brunnendeckel
emporgetrieben wurden. Bei östlichen und nördlichen Winden entsteht
hingegen ein Luftzug nach unten in den Brunnen; das Wasser Mit
dann in gleicher Weise wie der Spi^el des benachbarten Meeres*).
Femer wird uns Aehnliches von der Halbinsel Heia (Westpreussen)
berichtet^). Hier begegnet man, etwa auf der Mittellinie zwischen
beiden Küsten, zahlreichen, 1 — IVs Meter tiefen Brunnen, welche zwar
weiches, aber doch trinkbares süsses Wasser liefern. Dasselbe ist
nichts anderes als Begenwasser, da zum Leidwesen der Seeleute kein
mechanisches Filtrum dem Wasser die gelösten Salze nimmt. Ebenso
gewiss ist es jedoch, dass das Meerwasser nach dem Gesetz der
commimicirenden Bohren den ganzen Sandwall bis zum Niveau
des Meeres erftdlt; nur wegen der Capillarität wird die horizontale
Ebene, welche den trocknen Sand von dem nassen scheidet, um etwa
50 bis 60 Millimeter gehoben werden. Nach Aussage der Nehrunger
findet beim Steigen und Sinken der See auch ein Steigen und Sinken
») fi. Reclus, La Terre. Paris 1869. Tome II, p. 189 sq.
») Ausland 1865, S. 1199 f.
') Julius Schumann, Geologische Wanderungen durch Altpreussen.
Königsberg 1869. S. 47 f.
294
Dritter Tbefl. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
des Wuhiiciii in den Bnnmen statt Es niht dfrimiwA das SösswmBBer
anf dem salzigen Wasser.
Zuweilen sind jene Schwankmigen der WasseriiOhe in den Bmmiiai
noch weit landeinwärts za beobachten. Bei dem Krmmen des IGfitäür-
ho8[ntals za üDe, 8^ , S^^» Mdkn vom nidisten Köstenponkte ent-
fernt, sind die OsciDationen des Spiegds am stärksten in den Syzygien
(bei Neu- nnd VoDmond), am schwächsten in den Quadiatoren (erstes
mid letztes Viertd). Der höchste Wasserstand tritt immer 8 Standen
nach dem £intreflkn der höchsten Fhithwdle zwischen Donkirdien and
Qüais ein^).
Die Temperatar der Qaellen entspricht mdst der mittlereii
Jahrestemperatnr derjenigen Gegend, aas wdcher sie herrortMredMii.
Sind sie merklich wärmer, so bezeichnet man sie als warme oder lane ;
erreichen sie nahezu die Temperatur des Siedepunktes, so nennt man
sie heisse Quellen« Beide Arten um&sst der Ausdruck Thermen. Es ist
demnach klar, dass der Begriff der Thermen durch die klimatischen
Verhältnisse eines Ortes bestimmt wird. In ai^tischen Gebieten mit
einer mittleren Jahrestemperatur von — 2® C. ist dne Quelle von
+ 1 ^ C. bereits eine Therme, während in der*Nähe des^Aequators, wo
die mittlere Jahrestemperatur 26 bis 28 ^ C. beträgt, von einer Therme
eine Temperatur von mindestens 30^ C. gefordert wird«
Durch ausserordentUch hohe Temperaturen berühmt sind ausser
den weiter unten zu betrachtenden heissen Springquellen die von A«
Y. Humboldt und Boussingault untersuchten Aguas cahentes de
las Trincheras in Südamerika zwisdien Portocabello und Nueva Valencia
(nach A. V. H. 90,3, nach B. 23 Jahre späto: 97 ^ C.) und die Agaas
de Comangillas bei Guanaxuato in Mexico (96® C), sowie die von
Moriz Wagner ausführlich beschriebenen Quellen von Hammam-
Meskhutin im algerischen Atlasgebirge (95® C.) und die Eatharinen-
queUen im Kaukasus (88,7® C). Zu den heisseren Quellen Mittel-
europa's gehören folgende:
BurtBcheid . . . 77,5® C.
(}arkbad
Wiesbaden .
Baden-Baden
Ofen . . .
75,0 ® C.
70,0 ® C.
67,5® C.
64,0® C.
Aachen
Ems • .
Leukerbad
Teplitz
57, 5® C.
56,25 ® C.
50, 2® C.
49, 4® C.
48, 1® C.
'Gastein. .
Mehadia (Ungarn) 64,0® C.
Die höheren Temperaturen derartiger QueUen sind ohne Zweifel
meist dadurch zu erklären, dass ihr Heerd in grossen Tiefen liegt
Da nach dem firüher gefundenen Gesetz der Wärmezunahme in den
>) Comptes rendos. Tome XIV (1S42), p. 310 sq.
X. Die Quellen. 295
oberen Schichten der Erdrinde die Temperatur auf je 33 Meter Tiefe
um 1 ^ C. wächst (vgl Bd. I, S. 199), so darf man hieraus ableiten,
dass Quellen, welche 10^ C. wärmer sind als die durchschnittliche
Lufttemperatur des betreffenden Ortes, aus einer Tiefe von 330 Metern
kommen, dass somit QueUen, welche, wie die Thermen von Wiesbaden,
jenen Werth um (JO® C. überschreiten, aus Tiefen von 330 Metern
X 6 = 1980 Metern heraufsteigen, wobei man den kleinen Betrag
der Abkühlung vernachlässigt, welche die Wasser beim Durchgang
durch die oberen, kälteren Schichten erfahren.
Gebiete, welche noch g^enwärtig der Schauplatz vulcanischer
Kräfte sind oder es einstmals waren, ja selbst basaltische und trachy-
tische Gegenden zeigen häufig eine weit schnellere Wärmezimahme
nach unten. Darum begegnet man hier heissen Quellen häufiger als
anderwärts; kochend heisse Quellen sind sogar ausschliesslich auf
vulcanische Territorien beschränkt. Doch ist die Bildung der Thermen
überhaupt keineswegs nothwendig an das Vorhandensein thätiger oder
erloschener Vulcane geknüpft; vielmehr fehlen sie weder eruptivem,
noch sedimentärem Gestein , weder jüngeren, noch älteren Formations-
gliedern. Dass bisweilen auch chemische Kräfte die Wärme der Quell-
wasser erhöhen, kann wohl kaum geleugnet werden; doch darf ihnen
im allgemeinen hierbei nur eine nebensächliche Bedeutung zugeschrieben
werden.
Die interessantesten aller Thermalquellen sind die periodischen
Springquellen (auf Island Hverjar, auf Neuseeland Puias genannt).
Genauer erforscht wurden zuerst diejenigen auf Island, insbesondere
der grosse Geysir, an welchem wir darum das Phänomen der Spring-
quellen näher erläutern wollen.
Der grosse Geysir^), am Fusse des Bamafell gelegen, hat sich
selbst durch allmählichen Absatz der in seinem Wasser aufgelösten
Eaeselerde um seine Ausmündung einen flachen Kegel von Kieselsinter
aufgebaut, welcher etwa um 10 Meter die Thalfläche überragt und
einen Durchmesser von 70 Metern hat In seinen Gipfel ist ein &st
kreisrundes, kesselartiges Becken eingesenkt, dessen Wände ebenfalls
ausserordentUch sanft geneigt sind. Dieses Bassin hat eine Tiefe von
2 bis 2V8 Metern und an seinem oberen Rande von Ost nach West
einen Durchmesser von 18, von Süd nach Nord einen solchen von
16 Metern. In seinem Grunde mündet der oben etwa 3 Meter weite
und 21 Meter tiefe, nach unten sich verengende cylindrische Canal,
aus welchem das Wasser empordringt. Die Wände desselben bestehen
^) Geysir heisst soviel als Sprudler; dieser Name könnte daher auf alle
heissen Springquellen angewandt werden.
296 r>ritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
ans Eaesdsinter und erscheinen in Folge der beständigen Beibang
Wassen so glatt, als ob sie polirt wären. Grewölmlich ist das Becken
mit krystaDheUem, blänfich-gränem Wasser angefoDt; dasselbe besitzt
an der Oberfläche eine Temperator von 76 "bis 89 • C, in der Tiefe
von 21 Metern Tor den Wasser- nnd Damp&nsbrüchen dne solch*r
von 127^, nach denselben von*122^ C.
Von Zeit zu Zdt, gewöhnlich nadi einer Pause von 24 bis 3^*
Stunden, erfolgt eine änsserst heftige, grossartige Wassererupüon.
welcher mehrere kleinere Änsbrüdie vorausgehen. Starke nnterirdischr
(}ewittertöne verkündigen den ersten derselben; das Wasser seh\rilh
bis zmn Rande des Bassins an, beginnt za wallen; eme alber-
glänzende Sänle steigt ans der Mitte des Hügels empor nnd stürzt,
nachdem sie dne Höhe von 5 bis 6 Metern erreicht hat, sofort wieder
in sich zusammen. Derartige vorläufige Eruptionen wiederholen sich
während des ganzen Tages nach Sartorins v. Waltershausen in
r^ehnässigen Perioden von zwei Stunden, nach Preyer und Zirkel
mit grosser B^ehnässigkeit in 20 bis 30 Minuten , also wahrscheinlich
anfimgs alle zwd Stunden, dann aber in kürzeren Zwischenrätunen«
bis endlich eine der grösseren Eruptionen eintritt Unter stärkerem
Gedonner und erneuten, furchtbaren Schlägen, bei denen der Erdboden
heftig erschüttert wird, erhebt sich pfeilschneQ ein mächtiger StrahL
der sich oben verdünnt und zuletzt zerstäubt Er ist etwa 3 Meter
stark und mehr als 30 Meter hoch; biswellen sinkt er auf einen Augen-
blick bis zur Hälfte zusammen oder verschwindet ganz, um im nächsten
AugenbUcke wieder mit um so grösserer Gewalt hervorzubrech^L
Ungeheure Dampf wolken lagern sich über einander und verhüllen zum
Theil die Wassergarbe. Dieses unvergleicUich grossartige Schauspiel
währt etwa 10 Minuten lang. Hierauf fidlt der Wasserstrahl in sich
zusammen, und die Buhe kehrt wieder. Das hocherhitzte Wasser
fliesst an den Sdten des Kegek herab; das Becken li^ trocken vor
dem Auge des Beobachters da; das Wasser steht still und ruhig in dem
Ausflussrohre, noch etwa 2 Meter mit seiner Oberfläche von dem
Eraterrande entfernt Nur ganz allmählich steigt es wieder, und ene
neue Elruption bereitet sich vor.
Nach der älteren, schon von Tobern Bergmann angestellten
und später von Mackenzie erweiterten Theorie sind unterirdische
Hohlräume (H in Fig. 27) als Heerd der Geysiremptionen anzusehen«
in welche von oben (durch die Spalten W) Wasser und von unten
(durch die Spalten D) Dampf eindringt In diesen Hohlräumen
werden die Dampfmassen durch die Wassersäule zurückgehalten,
welche den Verbindungscanal nach der aufwärts führenden Röhre ver-
schliesst Daher sammeln sich die Wasserdämpfe in dem oberen Theile
n'^gjtt.ig^lj-w 297
WUVilS»f|i«iANl^^''Bi' B^annykraft den
I gewaltsam durch die
Sil
Lact der Theorie
ulgiE^^^^^Xii^i^^ •Wassersäule zu heben.
„^^K^^^^- ^^S^^^^'^'^ > seitdem
. -, . . ^i^'^^^^^?^#«i?ie Temperaturen des
-■*; -3-^0 :S'&^'l«^!Ki^||J:^-*'le^KÄäfiaoniene in neuer, sehr
J*^u^^'^^«S'i^t'>her erkannt worden
^.^iC^i^^tS&j^aäln^ptioDscanal nach unten
" ^»^^«^o (ausser bei den Erup-
innerhalb der Röhi-e
t'ä^^Sf^^tk ^. _..^.
■M^t'^li' ^fe *»p.i4S.-.S5r.jä««™Ki.i.a„Ti».™B.....-,.
■SSM fr » '^'S'-^'^-^^-
■2"^£5Ä*äB'^*^K*H^e'' erhitzt nach oben
~ ' ''^ '^" " ;nitur in allen Höhen
298 Dritter Theil. Die Wasser- und Lofthälle der Erde.
der Wassersäule. Sie beträgt in der Tiefe der Bohre 122 bis 127 <^ C. ;
dennodi siedet bier das Wasser nicht, weQ der Druck der hoben
Wassersäule es daran Terhindert Endlich konunen bei fortgesetzter
Erwärmung der gesammten Wassermenge im Bohre heisse Wasaer-
partien herauf in Schichten, in welchen sie den dem Drucke ent-
sprechenden Siedepunkt errdchen. Sofort entwickehi sich Dämpfe;
hierdurch erfiGdu:en die darunter Hegenden Schichten eine Druckvemiin-
derungy und so verwandelt sich ein grösserer Theil der Wassersäule in
DampC Alles Wasser oberhalb dieser Dämpfe wird durch diesdben
emporgehoben und hoch in die Luft geschleudert Abgekühlt &Ih
es in das Becken zurück, und so erfolgt eine kleine Unterbrechnng
der Dampfentwicklung. In immer kürzer werdenden Intervallen wieder-
holt sich dieser Vorgang, bis schliesslich eine gewaltige Dampfex{do6ion
einen ganz besonders kräftigen Strahl emportreibt Die kleineren
Eruptionen sind gleichsam misslungene Bildungsversuche der letzten,
welche erst dann eintritt^ wenn die Wassermasse soweit erhitzt worden
ist, dass die mit dem Entweichen der Dämpfe verbundene Drack-
verringerung ein allgemeines Aufkochen bewirken kann. Nach jeder
grösseren Eruption ist der Stand des Wasserspiegels 1 bis 2 Meter
niedriger als vorher, weil ein Theil des Wassers auf die äusseren Ab-
hänge des Kegels trifit und hier abfliesst
Da die Länge der Perioden zwischen je zwei Haupteruptionen
durch die Menge und die Temperatur der in das Bohr einströmenden
Wasser, sowie durch die Dimensionen des Bohres bedingt ist
so ist es klar, dass nicht nur die Pausen zwischen zwei Eruptionen
verschiedener G^sir, sondern auch die eines und .dessdben Geysirs
in verschiedenen Zeiten hinsichtlich ihrer Länge beträchtliche Differenzen
aufweisen müssen.
Nach Bunsen ist bei der Erklärung des Grejsirphänomens die
Annahme grosser unterirdischer Hohlräume, in denen sich mächtige
Dampfinassen ansammeln, schon deshalb nicht haltbar, weil das
Wasser der Bohre nach der Eruption nicht gänzlich in jene Hohl-
räume zurücksinkt, sondern sich nur um diejenige Menge vermindert
welche an den äusseren Bändern des Beckens herab&Ut
Nur wenige hundert Schritte von dem grossen Geysir entfiemt
hegt eine andere periodische Springquelle: der Strokkr (das Butter-
£eiss). Statt des Eruptionskegeb umgiebt nur ein wuktförmiger, kaum
10 Centimeter hoher Band aus braunem, festem Sinter seine Oeffiiung.
Sein Bohr verengt sich nach unten trichterförmig; es hat oben eine
Weite von etwa 2Vs Metern, unten hing^en nur von ^ 4 Meter. Die
Wassersäule nähert sich dem Bande gewöhnlich auf 3 bis 4 Meter
und ist dauernd in starkem Wallen und Aufkochen b^iiffien. Im
X. Die Quellen. 299
Vergleich zu dem grossen Geysir sind bei dem Strokkr die Ausbrüche
häufiger, die emporgeschleuderten Wassermassen aber geringer. Seine
in den feinsten Staub au%elösten Wasserstrahlen erreichen eine Höhe
▼on 40 bis 50 Metern. Durch Hinabwerfen von Steinen und Erden
in seinen Schlund lässt er sich zu einer Eruption nöthigen.
Um den grossen Geysir und Strokkr schaaren sich noch gegen
40 kleinere Quellen und Sprudel auf einer von Nordnordost nach
Südsüdwest langgestreckten eUiptischen Fläche; der kleine Geysir
sendet von vier zu vier Stunden eine 10 bis 13 Meter hohe Wasser-
garbe empor.
Noch bedeutsamer als die Geysirbildungen auf Island sind die-
jenigen auf Neuseeland und im Gebiete des Yellowstone-River in den
Vereinigten Staaten.
Die Geysirregion Neuseeland's (der nördlichen EUiuptinsel zu-
gehörig) lässt sich am besten durch zwei parallele Linien begrenzen^
welche man vom West- und Ostende des Taupo-Sees nach Nordosten
bis zur Bay of Plenty zieht; auf diesem kleinen District entströmen an
mehr als tausend Punkten heisse Dämpfe der Erde. Wir ßihren hier
nur das Wichtigste aus der Schilderung an, welche Ferdinand
V. Hochstetter von diesem Geysirgebiete giebt^).
Der aus dem Taupo - See kommende Waikato stürzt sich etwa
4 geogr. Meilen unterhalb seines Austrittes aus demselben reissenden
Laufes durch das enge, tief ausgedrehte Thal von Orakeikorako, über
welches uns F. v. Hochstetter Folgendes berichtet : „An den Ufern
steigen weisse Dampfwolken auf von heissen Cascaden, die in den
Fluss fallen, und von Kesseln voll siedenden Wassers, die von weisser
Steinmasse umschlossen sind. Dort steigt eine dampfende Fontaine in
die Höhe imd sinkt wieder nieder; jetzt erhebt sich an einer andern
Stelle eine zweite Fontaine; auch diese hört auf; da fangen aber zwei
zu gleicher Zeit an zu springen, eine ganz unten am Flussufer, die
andere gegenüber auf einer Terrasse, und so dauert das Spiel wechsehid
fort, als ob mit emem kimstvoU und grossartig angelegten Wasserwerke
Versuche gemacht würden, ob die Springbrunnen auch alle gehen, die
Wasserfälle auch Wasser genug haben. Ich fing an zu zählen alle
die einzelnen Stellen, wo ein kochendes Wasserbecken sichtbar war
oder wo eine Dampf^oUce ein solches andeutete. Ich zählte 76 Punkte,
ohne jedoch daa ganze Gebiet übersehen zu können, und darunter
sind viele intermittirende, geysirähnUche Springquellen, welche perio-
dische Wassereruptionen haben . . . Das Quellengebiet erstreckt sich
dem Waikato entlang etwa eine englische Meile weit an beiden Fluss-
ufem."
') Ferdinand y. Hochstetter, Neuseeland. Stuttgart 1S63. S.251— 294.
]fl?äNfl^^|&^'f Jl-on Orakeikorako und der
^gr*3l*'S''irl#*^ '^ftender L&ndachafteii einer
'jCRgO^^'^fiAriil^iw^^llen tmd onter ümen aacb
yg{«V.|9^AirHl8ttiB>'^(=^t>™ Uo- herror; das
" »llM'll'l^oi NatorschOnheiten 2sea-
g^SäflB '^tt im Südosten jenes See-
BflcSnJtlBp oder wannen See& Er
l|H|emi sowoU an dem Rande
B5j|aU siedend hdsses Wasser
IBlnigebuig ist fortwährenden
_ - jKn.'n in Wasser, mid Felsen
■S'*«S*ff fl ^eofllen versiegen, andere ent-
IfS^^^SCS^'ä^® <^^ grossaitigsten Quellen.
JTlif^'B&lViriVlft) 6tf'^^°^° B^t Tetarata 4der
Sbi9LiaA£^2«?iVtf BlentliQmlicIien Formen der
_&g«S^i ^^itiHH^ Ende da> Sees. ,Xtm
IF^ «^i1>ewachsenen Bttgelabbang.
^J^S«clv'd gerOtheten Stilen hasse
^i^t||ti^g>aterförmigen, nach der See-
"»i^'^ül^n, 10 bis 13 Meter hohen.
'"^^^
- -".:|t Fig. 29.
^-
**^*1'
B*J>99ARkaR> aft» m^ äSF» afta «Rb
^.MZt^m^/Jlätt^^.l
" "r%^w^*!^'|'l'ä'breQd nahezu dnen 5Ieter
Ungeheure Dampftrolkai,
^ wirbdn auf und verhindern
Der Engeborene ■wdcher
jSnchtete ihm, dass biswalon
imrer Kraft aoegewor&n
X. Die Quellen. 301
werde und dass man dann gegen 10 Meter tief in das leere Bassin
hinabschauen könne, das sich aber sehr schnell wieder Mle. Nur
bei heftigem, anhaltendem Ostwinde sollen solche Eruptionen vor-
kommen ^).
Das Wasser reagirt neutral, hat einen schwach salzigen, aber
keineswegs unangenehmen Geschmack und besitzt in hohem Grade
die Eigenschaft zu versteinern oder richtiger zu übersintem und zu
incrustiren. Der Absatz ist, wie bei den isländischen Quellen, Eaesel-
sinter oder Kieseltuff, und der Abfluss des Sprudels hat am Abhang
des Hügels ein System von Kiesekinterterrassen geschaffen, die weiss,
wie aus Marmor gehauen, einen AnbUck gewähren, den keine Beschrei-
bung und kein Bild wieder zu geben vermag. Es ist, als ob ein über
Stufen stürzender Wasserfall plötzlich in Stein verwandelt worden wäre.
Die unteren Terrassen sind niedrig, die oberen hingegen 1 bis 2 Meter
hoch. Sie bestehen aus einer Anzahl halbrunder Stufen oder Becken,
von welchen sich jedoch nicht zwei in ganz gleicher Höhe befinden.
Jede dieser Stufen hat einen kleinen erhabenen Rand, von welchem
zarte Tropfsteinbildimgen auf die tiefere Stufe herabhängen, und eine
bald schmälere, bald breitere Plattform, die ein oder mehrere im
schönsten Blau schimmernde Wasserbecken umschliesst Diese Wasser-
becken bilden ebenso viele natürliche Badebassins, die der raffimirteste
Luxus nicht prächtiger und bequemer hätte herstellen können. Man
kann sich die Bassins seicht und tief, gross und klein auswählen, wie
man will, imd von jeder beUebigen Temperatur, da die Bassins auf
den höheren, dem Hauptbassin näher gelegenen Stufen wärmeres Wasser
enthalten als die auf den tieferen Stufen^).
Die nordamerikanische Geysirregion haben wir an zwei Neben-
flüssen des Missouri, an dem Upper Yellowstone- und dem Madison-
Biver, zwischen dem 44. und 45. Grad n. Br. und dem 110. und
111. Grad w. L. v. Gr. zu suchen. Sie wurde im Sommer 1869 durch
Cook und Folsom entdeckt und im Jahre 1871 (Juni bis August)
durch eine von der Regierung der Vereinigten Staaten ausgerüstete
Expedition unter Leitung des Geologen F. V. Hay d en genauer erforscht.
Hayden sagt in seinem Bericht („Preliminary Report of the U. St.
geological Survey of Montana"), dass die Schönheit und Erhabenheit
jenes Schauplatzes vulcanischer Thätigkeit jede Erwartung übertreffe.
Die Regierung der Vereinigten Staaten beschloss, dieses Geysirgebiet,
um es nicht eine Beute gewinnsichtiger Speculation werden zu lassen,
zu einer Staatsdomaine zu erklären und einen Nationalpark aufi dem-
selben zu schaffen.
') L c. S. 271 l
«) Wörtlich nach F. v. Hochstetter, 1. c. S. 272 f.
302 Dritter Theil. Die Wasser - und Lufthülle der Erde.
Die Thäler jenes durchweg vulcanisdieii Ternuns (doch sine
thätige Vulcane nicht voihanden) li^en gegen 2000 Meter hoch and
sind von mächtigen Grebiigsketten umgeben, deren schneebedeckte
Häupter bis zu einer Meereshöhe von 3000 bis 4000 Metern sicli er-
heben. Wie auf Neuseeland, so finden sich auch hier blendend weisse.
aus kalkhaltigen Niederschlägen zusammengesetzte Hügel, welche, durch-
ans einer gefit)renen Cascade gleidiend, in stnfenartigen Terrassen herab-
steigen. Die steileren Seiten der Hügel sind gewöhnlich mit dner Reihe
halbkreisförmiger Becken geschmückt, deren Seitenwftnde bisweilen
eine Höhe von nur wenigen Centimetem, bisweilen aber auch von 2.
ja 2Vs Metern besitzen.
Von der grossen Anzahl der dortigen Geysir sind folgende die
bedeutendsten: Am Tellowstone-Biver sendet der Schlammgeysir alle
3^4 Stunden dnen im Durchschnitt 5 Meter (manchmal 6, sogar 10
Meter) hohen, von dichten Dampf wolken umhüllten Wasserstrahl empor,
welcher unge&hr 15 Minuten lang verbleibt und dann eboiso rasch
wieder verschwindet, als er erschien. In dem Lower Oeysir-Basm
(an dem Fire-Hole-River, einem der QueDflüsse des Madison-Biveri
begegnet man zahlreichen, aber meist kleineren Springquellen. Hln-
g^en tritt uns das Geysirphänomen in dem Upper G^ysir-Basin (eben-
&IIs am Ure-Hole-River) in ausserordentlich grossartiger Weise ent-
gegen. Hier treibt der „Grand Geysir** in Pausen von etwa 32 Standen
einen 2 Meter starken Wasserstrahl 20 Minuten lang bis zu einer Höhe
von 63 Metern empor, während die Dampf wolke sogar eine Höhe von
325 Metern erracht Demselben Thale gehört auch der „Biese*' (Gianti
an, welcher, während Hayden im Upper Geystr-Basin weilte, einmal
80 Minuten lang einen Wasserstrahl bis zu einer Höhe von 45 Metern
emporsandte. Lieutenant Doane sah aus demselben Becken im Jahre
1871 eine Wassersäule ununterbrochen 3 Stunden lang in einer Stärke
von 1' 3 Metern bis zu einer Höhe von SO bis 65 Metern emporsteigen.
Die ^Riesin^ (Griantess), in demselben Thale weiter aufwärts gelegen,
hat die grossartigsten Eruptionen in dieser Geysirregion. Mit macht-
voller Bew^ung dringt die Hauptwassermasse gegen 20 Meter über den
Beckenrand empor; gleichzeitig überragen 5 oder 6 kleinere Wassersäulen
von 15 bis 40 Centimeter Durchmesser den Gipfel jenes Wasserkegeb
und schiessen manchmal bis zu dner Höhe von 80 Metern empor.
Dieser Umstand deutet auf Nebenröhien hin, welche sich nahe der
Oberfläche mit der Hauptröhre vereinigen. Die flruptionen der „Giantess^
halten etwa 20 Minuten an und ereignen sich in Zwischenräumen von
22 Stunden. Unge&hr 90 Meter von der „Riesin^ entfernt befindet
sich ein symmetrischer Kegel von einem Meter Höhe, der ,3^^^-
stock" (Beehive), welcher bei einem 18 Minuten lang dauernden Aus-
.:|t|'i»f ..
Der
yden mit dem
:ächnet; er Eendet in
2 Meter starke
■!■■'
■S- -X- •'«r. .'«i*. «TTi
iST^H"i^>- ■^■^«n d« V(reinigt«n bluten).
pft^^r^^i^äst in allen Ländern
.J2^^f^tfig;d. h. Quellea, deren
!^ ji«^Si?^^*re Lußtemperatur des
:^^«^^n^^en 1872, S. 241—25».
304 Dritter Theil. Die Wasser- nnd Lufthülle der Erde.
Ortes, an welchem sie zu Tage treten, zu den grössten Seltenheiten.
Kommen die Thermen ohne Ausnahme aus den Tiefen der Erde, so
steigen kalte Quellen immer aus höheren B^onen herab und erscheinen
dann in den Thälem als relativ kalte Wasser. Mit Firnschnee nn^l
Gletschern bedeckte, von Spalten viel&ch durchzogene Grebiige bieten
die günstigsten Bedingungen fiir die Entstehung kalter Quellen dar.
Ruht ein Gletscher auf zerklüftetem Kalkstein, so sinken seine Schmelz-
wasser in die Klüfte und bilden weiter thalabwärts eiskalte, periodisch^
Quellen. Sie fliessen meist nur im Sommer, versiegen aber im Winter.
wenn die Wasser innerhalb der Gletschermasse zum grössten Theil
erstarren. Zu derartigen Quellen ist z. B. der eiskalte Liebfiraaen-
brunnen zu zählen, der nur 200 Schritte von den warmen Quellen des
Leukerbades entfernt ist An d^ Gemmi Uegt in 2275 Meter Höhe
der Daubensee, der sich über sehr zerklüftetem Kalkstein ausbreitet.
400 Meter tiefer, auf der Spitalmatte zwischen Kandersteg und der
Gemmi, brechen 50 ergiebige kalte Quellen hervor, welche als der
Abfluss des Daubensees angesehen werden dürfen^).
Die chemische Beschaffenheit der Quellwasser ist ^ne
ausserordentlich verschiedene. Beines Wasser findet sich nur äusserst
selten in der Natur, da schon der aus der Luft herabstürzende B^en-
tropfen ein Qiuintum Sauerstoff und Kohlensäure, nicht selten auch
Ammoniak oder Schwefelwasserstoff mit zur Erdoberfläche herabbringt
Indem nun das Wasser in die lose Erdkmmendecke eindringt, wirkt
es vermöge seines Kohlensäure- und Sauerstoffgehaltes überall zersetzend
und auflösend, insbesondere nach seinem Durchgang durch die an ver-
wesenden vegetabilischen Besten reiche obere Schicht der Erde, in
welcher es die durch Fäulniss von Oiganismenresten entstehende
Kohlensäure in reicherer Menge aufhrmmt*
Jede Felsart wird, vom Wasser angegriffen, im Laufe der Zeit
zerstört; doch geschieht dies je nach der Art des Gesteinsmaterials
bald auf diese, bald auf jene Weise. Manche Gesteine löst es direct
(z. B. Gyps, Steinsalz, Kalkstein, Dolomit, Alaun, Salpeter); andere,
welche dem Wasser Widerstand leisten, wandelt es aus wasserfineien
in wasserhaltige Mineralien um (so Anhydrit in G^yps), um sie dann
mit fortzutragen; noch andere unlösliche Mineralien er&hren zunächst
eine Zersetzung durch die Kohlensäure des Wassers, welches hierauf
aDe dann löslichen Elemente (der Alkalien, des Kalkes, des Eisen-
oxyduls und eines Theiles der Kiesdsäure der Feldspathe) entfährt
So werden entweder durch directe Lösung oder durch vorausgehende
^) Gustav Bischof, Lehrbuch der chemischen und physikalischen
Geologie. Bonn 1863. Bd. I, S. 238 f.
X. Die Quellen. 305
Zersetzung und dann erfolgende Lösung die manigfachsten Mneral-
lösungen gebildet, welche theilweise in den unterirdischen Hohlräumen
durch Verlust eines Theiles der Kohlensäure oder durch Verdunstung
des Wassers ihre Bestandtheile wieder absetzen oder als Mineralquellen
zu Tage treten.
Viele Salze, namentlich kohlensaurer Kalk und kohlensaure Mag-
nesia, werden in erster Linie durch die Kohlensäure aufgelöst ; von dem
Kohlensäuregehalt des Wassers hängt darum auch vor allem die Menge
der im Wasser aufgelösten mineralischen Substanzen ab; durch deren
grössere oder geringere Quantität aber ist der Unterschied zwischen
hartem imd weichem Wasser bedingt. Das erstere ist wegen seines
reicheren Kalkgehalts ungeeignet zum Waschen, sowie zum Kochen von
Hülsenfrüchten, die in demselben hart bleiben, während sie in dem
letzteren rasch erweichen. Durch diese Eigenschaften erklären sich die
beiden Namen hartes und weiches Wasser. Man bezeichnet (nach
Fehling's Methode der Härtebestimmung) den Härtegrad des Wassers
mit 1, 2 etc., wenn man in 100 Cubikcentimetem (= 100 Gramm)
Wasser 1, 2 etc. Milligramm Calciumoxyd oder einen Gehalt von
^'i 00 000 3.n härtemachenden Bestandtheilen, in Kalkäquivalenten aus-
gedrückt, in dem Wasser vorfindet. Als Trink- imd Nutzwasser sind
die Wasser noch verwendbar, so lange sie den Härtegrad 18 nicht
überschritten haben.
Eine viel reichere Menge von Salzen und anderen mineralischen
Stoffen findet sich in den sogenannten Mineralwassem, wozu die meisten
warmen und heissen Quellen gehören, deren Wasser vermöge seiner
hohen Temperatur viele Substanzen der Erdkruste leichter auflöst als
kaltes. Doch müssen nicht alle warmen Quellen nothwendig Mineral-
quellen sein und sind es thatsächlich nicht imimer, da die Substanzen,
durch welche sie hindurchgehen, in sehr ungleichem Grade löslich
sind. So sind die warmen Quellen von Gastein und P&ffers, sowie
von Wildbad durchaus keine Mineralquellen, bestehen vielmehr aus
besonders reinem Wasser. Die Mineralquellen enthalten hauptsächlich
Carbonate, Sulfate oder Chlorverbindungen von Calcium, Magnesium
oder Natrium, femer Kieselsäure und Eisenoxydul. So besitzt das
Wasser des grossen Geysirs auf Island nach genauer Analyse auf je
1000 Theile folgende Substanzen in den angegebenen Quantitäten:
Kieselsäure 0,5097
Kohlensaures Natron . . . 0,1930
Kohlensaures Ammoniak . 0,0083
Schwefelsaures Natron . . 0,1070
Schwefelsaures Kali . . . 0,0475
Schwefelsaure Magnesia . . 0,0042
Feschel-Leipoldt, Fhys. Erdkunde. U. 20
306 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Salzsaures Natron . . . 0,2521
Natronsulfid 0,0088
Kohlensäure 0,0557.
Nach den vorwaltenden mineralischen Stoffen fuhren die Mineral-
quellen verschiedene Namen, wobei jedoch daran zu erinnern ist, dass
wegen der manigfaltigen Mischung nicht selten mehrere Bezeichnungen
filr eine und dieselbe Quelle statthaft sind. Kalkwasser (Pyrrnom
und Nieder- Wildungen in Waldeck, Hofgeismar bei Cassel), kalt, warxc
oder heiss, sind reich an Kohlensäure und kohlensaurem Elalk, welch
letzteren sie absetzen, wenn erstere entwdicht ; Kieselwasser (Geysir-
wasser) halten vermittelst ihrer hohen Temperatur neben anderen Sub-
stanzen insbesondere viele Kieselsäure au%elöst; Sauerwasser oder
Säuerlinge (Brückenau in Bayern, Augustusbad bei Radeberg imc
Elster im Königreich Sachsen, Charlottenbrunn und Flinsberg in
Schlesien, Pyrmont), kalt und warm, besitzen viele fireie Kohlensäure:
Eisensäuerlinge oder Stahlwasser (Aachen, Burtscheid, Brohl-
thal, sowie Altwasser, Charlottenbrunn, Salzbiiinn in Schlesien, Doben\n
in Mecklenbui^) bergen zugleich noch kohlensaures Eisenoxydul; Na-
tronsäuerlinge oder Natron Wasser (Ems, TepUtz in Böhmen*
haben einen bedeutenden Gehalt von kohlensaurem Natron; Glauber-
Salzwasser (Carlsbad, Marienbad) weisen ausser grösseren oder
kleineren Mengen von Kohlensäure einen namhaften Gehalt von
schwefelsaurem Natron auf; in dem Bittersalzwasser (Saidschütz
in Böhmen) herrschen schwefelsaure JSIagnesia und schwefelsaures Natron
vor; Schwefelwasser (Baden bei Wien) enthalten neben schwefel-
und kohlensauren Salzen fireien Schwefelwasserstoff, Jod- und Brom-
Wasser (Kreuznach, Eossingen, Warmbrunn in Schlesien) zugldch viel
Kochsalz. Quellen, deren Chlomatriumgehalt so gross ist, dass sie sich
zur Gewinnung von Kochsalz eignen, nennt man Soolquellen. Sie
kommen sehr häufig vor in den Alpen (Beichenhall, Ischl), in Thüringen
(Salzungen, Stadtsulza), in der Provinz Sachsen (bei Halle und Kosen),
in Galizien, Siebenbürgen und anderwärts.
Mineralquellen mittlerer Stärke haben in 1000 Theilen 1 bis 5
Theile unorganischer Salze aufgelöst; doch wird dieser Mittelwerth nicht
selten überschritten. Die Glaubersalzwasser des Kreuz- und Ferdinands-
brunnen in Marienbad erreichen die Werthe 8,97, resp. 10,29, und
diese werden hinsichtlich der von ihnen au%elö8ten Mineralsubstanz
noch durch die Bitterwasser übertroffen, in denen die schwefelsaure
Magnesia vorwaltet Die stärkste dieser QueDen findet sich bei Biemens-
dorf in der Schweiz in fast 1700 Meter Meereshöhe; ihr Salzgehalt
beträgt nach Bolley 31,1 pro mille. Auch ftir das Bitterwasser von
Saidschütz (bei Brüx in Böhmen) ist derselbe sehr bedeutend (23,2(>
X. Die Quellen. 307
pro mille nach Berzelius). Indess zeigt sich bei weitem die grösste
Menge von Salzen in den Soolquellen. So hat nach A. Buchner's
Analyse die Edelquelle zu Reichenhall im ELilogramm 233,79 Gramm
fester Bestandtheile (davon 224,35 Chlomatrium oder Kochsalz). Noch
stärker sind die Quellen zu Hall in Tirol, zu Dürrheim in Baden (Kreis
Villingen) und Clemenshall in Württemberg (Neckarkreis); vielleicht
am stärksten aber ist der Bemhardsbrunnen zu Salzungen (Sachsen-
Meiningen), welcher 267,22 Gramm im Kilogramm, davon 260,7 Gramm
reines Kochsalz enthält. Das Maximum von Kochsalz, welches
sich im Wasser von 12^ C. auflösen kann, ist nach Fehling's
Untersuchungen gleich 359 Gewichtstheilen in 1000 Gewichtstheilen
Wasser ^).
Die Entführung vieler Theile der Felsarten mit Hilfe der Kohlen-
säure, welche sowohl in gasförmigem Zustande, als auch gemischt mit
dem Quellwasser in den Klüften der Berge ihre Wirksamkeit entfaltet,
muss eine der mächtigsten Ursachen der im Schosse der Erde vor sich
gehenden Veränderungen und Wiederanordnungen der Stoffe sein. Sind
diese Veränderungen auch in mehreren Jahren kaum wahrnehmbar,
so werden sie doch im Laufe längerer Zeiträume sehr beträchtlich.
G. Bischof hat für diese Art der Zerstörung den glücklichen Aus-
druck „chemische Erosion" gebraucht.
Wie mächtig dieselbe bisweilen ist, geht aus folgenden Beispielen her-
vor. In dem Carlsbader Sprudel findet sich unter anderem eine relativ
geringe Quantität Fluorcalcium und zwar 1 Theil in 300 000 Theilen
Wasser aufgelöst. Trotzdem eigiebt sich aus dieser sehr unscheinbaren
Grösse eine jährliche Summe von 12 500 Kilogramm, welche dem
Gestein durch Auslaugung entzogen werden. Ausserdem fördern die
Carlsbader heissen Quellen jährlich über 6 500 000 Kilogramm kohlen-
saures Natron und gegen 10 000000 Kilogramm Glaubersalz (schwefel-
saures Natron), zugleich aber auch grosse Mengen von kohlensaurem Kslk
und von Kochsalz zu Tage. Die heisse Schwefelquelle von Warasdin-
Teplitz in Croatien liefert jeden Tag 77 000 Eimer Wasser von 56 ^ C,
und dieses enthält an festen Bestandtheilen (Schwefel, Kali, Natron,
Eisen 9 Kalk-, Talk-, Thon- und Kieselerde) soviel, dass sie nach
V. Hau er 's Berechnung seit Beginn der christlichen Aera bereits
gegen 3900 Millionen Elilogramm dieser MineraUen an die Erdober-
fläche getragen hat, also eine Masse, die einem Würfel von über 140
') Hermann v. Schlagintweit-Sakünlünski: Untersuchungen über
die Salzseen im westlichen Tibet und in Turkistan, I. Theil, in den Abhand-
lungen der mathem.-physik. Classe der Kgl. bayerischen Akademie der Wissen-
schaften. München 1S71. Bd. XI, Abth. 1, S. 157 f.
20*
308 Dritter TheiL Die Waaser- und Lufthülle der Erde.
Meter Seitenlange entspricht, d. L einem Würfel von der Höhe des
Strassbuiger Münsters^).
Die grossaiügsten Wirkungen der zerstörenden Kraft des Wassers
müssen wir im Kalkgebirge suchen. Das Wasser löst hier Theile des
Gebirges auf und schwemmt sie fort, so dass Erd^e eintreten. Gustav
Bischof hat aus den Analysen der Wasser, welche die Flüsse des
Teutobuiger Waldes und der Haar fortfuhren, ermittelt, dass sich aus
dem kohlensauren Kalke, den sie enthalten, jährlich ein Würfel von
mehr als 32,5 Meter Seitenlänge herstellen Uesse. Einer der grössten der
dortigen Erdfälle bildete einen Trichter von 50 Meter Durchmesser und
8 Meter Tiefe. Ein solcher Kalkkegel aber würde allein von den Pader-
quellen in etwa 67 Tagen aufgelöst und hinweggespült werden*).
Da sich die chemische Erosion immer in Kalkgebirgen am kräftig-
sten erweist, so finden wir hier auch die grössten Verheerungen durch
das Wasser. In der That übertreffen die Kalkgebirge Europa's (Jura«
E^arst, dinarische Alpen, Apennin etc.) alle übrigen Gebirge hinsichtlich
ihres Beichthums an Höhlen, welche letzteren theik zugänglich sindL
theils den Flüssen als Durchgangspforte dienen (wir erinnern an di*.-
Perte du Rhone bei Genf, an die zahlreichen verschwindenden Husse-
in Krain und Bosnien), theils zusammenstürzen und kesselartige Ver-
tiefungen an der Oberfläche hinterlassen, wodurch der Landschaft der
Charakter einer mit Blattergruben bedeckten Fläche angedrückt wird.
Wir müssen hier auch der höchst eigenthümUchen Mcermühlen bt-i
Aigostoli (Kephalonia) gedenken, da ihre Anl^ung ohne die reicht-n
Zerklüftungen des Kalkgebirges unmögUch geworden wäre. Nördlich
von der Stadt ArgostoU giebt es zwei Punkte, an welchen das Meer
in die weiten Spalten des Kalksteins eindringt, also direct in den Elrd-
boden einfliesst Welche Grösse dieselben haben müssen, erhellt am
besten aus dem Umstände, dass genauen Messungen zufolge täglich
nicht weniger als SVs Millionen engL Cubikfuss Wasser emströmen;
dabei ist die Fallhöhe des Wassers so gross, dass es an jedem Ort*^
eine Mühle zu treiben vermag.
Der zerstörenden Kraft des Wassers en^ht kein Gestdn; denn
sie alle sind von einem Netze feiner Haarspalten durchzogen. Fein-
kömige, wie grobkörnige Gesteine erliegen dem unablässig nagenden
Zahne des Wassers, wie aus der völligen Zersetzung mancher Basalte
zu Wacken, sowie aus der Ekaolinisirung mancher Granite deutlich zu
erkennen ist. Ausser Gold und Platin existirt wohl kaum irgend ein
') J. Hann, F. v. Hochstetter und A. Pokorny, Allgemeine Erd-
kunde. Prag 1S72. S. 157.
*) Gustav Bischof, Lehrhnch der chemischen und physikalischen Geo-
logie. 2. Aufl. Bonn 1863. Bd. I, S. 232.
X. Die Quellen. 309
in kohlensäurehaltigem Wasser absolut unlösliches oder unzersetzbares
Mineral; namentlieh vermögen alle diejenigen Mineralien, welche einen
wesentlichen Antheil an dem Aufbau der Erdkruste haben, der Zer-
setzung und Auflösung durch die Sickerwasser nicht zu widerstehen.
Die chemische Thätigkeit der Grund- und Quellwasser ist jedoch
nicht bloss eine zerstörende, sondern auch eine neuschaffende. Gelangen
kohlensäurehaltige Wasser, welche auf ihrem Wege durch Ealkstein-
lager viel kohlensauren Kalk aufgelöst haben, in's Freie, so schlägt
sich derselbe als Kalktuff und Eieselsinter nieder, sobald die freie und
die halbgebundene Kohlensäure bei der Verdunstung des Wassers sich
verflüchtigt. Daher triff); man in den Höhlen der E^alksteingebirge
häufig weit ausgedehnte Incrustationen, sowie grosse eiszapfenähnliche
Gebilde, von denen man die von der Decke abwärts wachsenden als
Stalaktiten, die von dem Boden aus nach oben strebenden als Stalag-
miten bezeichnet. Die grössten Kalksinterabsätze finden sich wohl in
Italien, wo durch viele Quellen aus der kalkreichen Kette des Apennin
das Material zu grossen Travertinablagerungen herbeigeführt wird.
Zu den schönsten derselben zählen die am Anio bei Tivoli östlich
von Rom.
In der Nähe des Laacher Sees kann man vielfach beobachten,
wie diu'ch Eisensäuerlinge Absätze von Eisenoxydhydrat (Brauneisen-
stein) entstehen. Berechnungen haben ergeben, dass die dortigen Mineral-
quellen innerhalb eines Zeitraumes von 1000 Jahren ein Eisenocker-
lager herstellen können, welches bei einer Mächtigkeit von Vs Meter
etwa Vs Quadratmeile umfasst. Ausser Carbonaten gehören Quellab-
sätze von Kieselsäure (wie am grossen Geysir), von Eisenkies (z. B. bei
Burgbrohl), insbesondere aber von Gyps zu den häufiger vorkommen-
den Erscheinungen. Auch die Bildung von Erzgängen haben wir uns
zu eTklären durch das Eindringen metallischer Lösimgen in die Gang-
spalten der Gebirge.
Gasquellen nichtvulcanischer Art.
Anhang zu dem Absclinitt:
Die Quellen.
An die Betrachtung der mineralischen WasserqueUen reihen wir
am zweckmässigsten die in mehrfacher Beziehung ihnen verwandten
Gasquellen nichtvulcanischer Art Bei Besprechung des Vulcanismus
wurde darauf hingewiesen, dass Vulcane im Zustande der Buhe meistens
Wasserdämpfe, Schwefelwasserstoff und schweflige Säure, sowie Kohlen-
säure und andere Gase aushauchen. Doch begegnet man auch an zahl-
losen, zum Theil von vulcanischen Heerden weit entfernten Punkten
310 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
der Erdoberfläche Ausströmungen von Schwefelwasserstoff, Kohlensäure^
Sump%as und ölbQdendem Cras, deren Ursprung da* Zersetznng
vegetabilischer Substanzen zuzuschreiben ist. Besonders bemerk^is-
werth sind die Kohlenwasserstoff- Exhalationen, weil sie, angezündet,
mächtige Flammen liefern, welche man als Erdfeuer bezeichnet Eine
reiche Menge solcher zum Thdl brennender Quellen findet sich bei
Baku auf der Halbinsel Apscheron am Kaspischen Meere. Grewöhnlich
trifil man sie im Verein mit Petroleumquellen, indem sie unter Zischen
und Brausen aus den zur Petroleumgewinnung angelegten Bohriöchem
hervorbrechen.
Eine besondere Art der Gasquellen sind die sogenannten Schlamm-
vulcane oder Salsen. Entwickeln sich irgendwo durch Zersetzung
organischer Substanzen Kohlenwasserstoffgase und li^ femer die Aus-
bruchsstelle auf thonigem, durch stagnirende Gewässer schlammartig
aufgeweichtem Boden, so sind alle Bedingungen erfiillt zur Entstehung
von Schlammvulcanen. Besitzen sie auch in ihrem Bau imd in ihi>er
Thätigkeit manigfiEtche Züge, welche an die wirklichen Vulcane er-
innern, so sind sie doch den Vulcanen durchaus nicht unterzuordnen;
denn es wirken in ihnen ganz andere Kräfte: ihre Eruptionen haben
nichts zu thun mit dem hocherhitzten Erdinnem, sondern werden ledi^ch
durch die Zersetzung organischer Substanzen und die damit verbundene
Gaserzeugung hervoigerufen.
Die Kegel der Salsen sind meist klein, oft kaum einen Meter,
bisweilen 5 bis 10, selten 30 Meter hoch ; nur die höchsten erreichen eine
Höhe von mehr als 100 Metern. Sie werden durch thonigen Schlamm
gebildet, welcher während des Ausbruches zähflüssig ist, während der
Ruheperiode jedoch austrocknet und dann nach allen Richtungen hin
von Spalten zerrissen wird. An der Spitze befindet sich eine krater-
ähnliche Vertiefung, von deren Boden aus zahlreichen Oeffiiungen die
Gase empordringen.
Auch bei den Schlammvulcanen wechseln Zeiten der Ruhe mit
Zeiten gestdgerter Thätigkeit Im Zustand der Ruhe bricht mit etwas
Kohlenoxydgas oder Kohlensäure gemischtes Kohlenwasserstofigas her-
vor, wodurch, fidls fortdauernder R^en den Thonkegel in einen ScUamm-
tümpel verwandelt hat, der halbflüssige Schlamm in brodelnder Bewegung
erhalten wird. Ist der Schlamm zähflüssig, so entwickeln sich an dar
Oberfläche grosse Blasen. Sie zerplatzen schliesslich, worauf ein Theil
überfliesst, ein anderer hing^en in den Trichter zurücksinkt, am
verdnt mit den nachquellffliden Massen dasselbe Spiel zu wiederholen.
Bisweilen beftllt aber, wenn auch nur selten und nur auf sehr
kurze Zdt, den Schlanunvulcan ein Paroxysmus, während dessen er
die grossartigsten Erscheinungen zeigt unterirdische Donner und erd-
X. Die Quellen. 311
bebenartige Erschtittenmgen verkünden das Eintreten eines heftigen
Ausbruches; Feuerflammen steigen hoch auf, und endlich erfolgen
Explosionen, durch welche Schlamm, Steine und Felsblöcke 30 bis 50
Meter hoch aufwärts geschleudert werden. Die Thonschlammströme
fuhren oft aufgelöstes Kochsalz und Naphtha in beträchtlicher Menge
mit sich.
Eine der berühmtesten Salsen ist die Macaluba bei Girgenti auf
SiciUen. Sie besteht aus einem sehr flachen, abgestiunpften Hügel von
etwa 750 Meter Umfang und 50 Meter Höhe, Ihr Gipfel ist mit
einer grossen Menge kleiner Kegel besetzt, von denen die grössten
über einen Meter, die kleinsten aber nur wenige Centimeter hoch sind,
während jeder auf seinem Gipfel eine trichterförmige Vertieftmg hat.
Die Zahl der thätigen Kegel beträgt über hundert, ist aber sehr ver-
änderlich; ebenso wechselt Lage und Grösse der Kegel häufig. Die
grösste der bis jetzt bekannten Salsen ist die Arsena am Kaspischen
Meere, welche eine Höhe von 350 Metern erreicht. Ueberhaupt ist
das westliche imd östUche Ende des Kaukasus (die Halbinseln Taman
und Apscheron) reicher an Salsen als irgend eine andere Gegend der
Erde. Ihre stete Vereinigung mit Naphthaquellen ist ein Beweis daftir,
dass ihr Vorkommen an das Vorhandensein von organischen Sub-
stanzen geknüpft ist, deren Zersetzung jene Gase erzeugt ^). Auch auf
Island, Java*), der Nordinsel von Neuseeland (am Fusse der Pairoa-
Kette) ^) , auf Trinidad, in Central- imd Südamerika (bei Cartagena) *)
finden sich Schlammvulcane.
^) Vgl. hierzu H. Abich: Ueber eine im Kaspischen Meere erschienene
Insel nebst Beiträgen zur Kenntniss der Schlammvulcane in den M^moires
de l'Acad^mie imperiale des sciences de St.-Pdter8bourg. Ser. VII, Tome VI
(1S6S), Nr. 5.
^) Franz Junghuhn, Java, seine Gestalt, Pflanzendecke und innere
Bauart. Deutsch v. J. K. Hasskarl. Leipzig 1854. Bd. II, S.-5 f. 145 ff.
212 ff. 793 ff. 795 f. 830 f.
8)F. V. Hochstetter, Neuseeland. Stuttgart 1863. S. 262 f.
*) A. V. Humboldt, Kosmos. Bd. IV, S. 257 ff*.
XL Die Entwicklungsgeschichte der stehenden Wasser
auf der Erde^).
Alle Seen im Festlande, grosse wie kleine, sind Vertiefungen, wdchtr*
vom B^en ilire Ausfüllung erhalten oder denen wenigstens d»>
Regen ihren Verdampfimgsverlust ersetzen muss. Sie veranlassen uns
daher zu einer doppelten Untersuchung, nämlich über den Ursprung:
der Vertiefimg ihrer Becken und über die Ursache ihrer Ausfiillung:
mit Wasser. In Bezug auf letztere ist das gürtelförmige Auftreten
der Seen am mdlsten bemerkenswerth. Das gesellige Vorkommen von
Seen in Canada und im Korden der Vereinigten Staaten, in Skan-
dinavien, Finnland und an den nördlichen Bändern des mittleren
Hochasien's deutet auf him'eichenden Ueberschuss des Begen&Iles über
die örtlich herrschende Verdunstung. Gebirge, die von feuchten Luft-
strömen angeweht werden, rufen ebenfalls am Fusse ihrer Abhänge
und in Thalsenkungen solche Wasserbecken hervor. AufiaUend arm
an stehenden Wassern ist dagegen Südamerika. Sie beschränken sich
dort im Norden auf den See von Valencia, auf den Weiher von Amucu
und in den Anden von Peru und Bolivia auf den Titicaca, der nach
dem Desaguadero abfliesst Aber so wie wir den 40. Breitengrad er-
reichen, begegnen wir sogleich in und an den patagonischen Cordilleren
wieder einer Gesellschaft von Seen, deren Aequatorialgrenze zusanunen-
Mit mit dem Auftreten der Fjorde, die ganz sicherlich nur den regen-
reichen Gebieten unter hohen Breiten angehören.
Armuth an Seen finden wir überall im Bette der trockenen Passat-
winde. Wo letztere herrschen, entbehren Nord- und Südafrika der
stehenden Wasser; aber so wie man sich von beiden Seiten dem Aequator
nähert, treten die Seen erst schwächlich, dann gesellig und zugldch
als Individuen von beträchtlicher Spi^elausdehnung auf. Diese Seen
^) Dieser Aufsatz, zuerst veröffentlicht im Ausland rom 15. März 1875
(in den ^Neuen Problemen*', S. AolL, S. 165 — 179), war die letzte grossere
Arbeit Peschel's; er ist nur durch einige kleinere Zusätze (auf S. 313, 31 S,
319 1, 321 f., 326, 328) erweitert worden.
XI. Die Entwicklungsgeschictite der stehenden Wasser auf der Erde. 313
verdanken ihre Waaserzufuhr den tropischen Regen bei senkrechtem
Stande der Sonne. Gerade hart an der Polargrenze dieser periodischen
Niederschläge, nach Norden sowohl wie nach Süden, finden wir als
Vorposten den Ts4d-See des Sudan und den Ngami-See im Gebiete
der Betschuanenstämme. Zwischen beiden, und stärker je näher dem
regenspendenden Indischen Oceane, Uegt die äusserst zahlreiche Gruppe
von Seen^ die durch die britischen Entdecker Burton, Speke,
Grant, Livingstone und Baker uns seit den letzten zwanzig
Jahren erschlossen worden sind. Auch Australien ist reich an stehen-
den Wassern, denen aber nur in seltenen Fällen eine Ausdauer durch
alle Jahreszeiten gesichert ist. Sie lassen sich übrigens mit den anderen
Seen deswegen nicht vergleichen, weil ihre Unterhaltungskosten durch
regentragende Monsune bestritten werden müssen. Bei einem meteoro-
logischen Gemälde der Erdoberfläche können daher die Seen eingetheilt
werden in solche, die dem Gebiete der tropischen Regen und der Mon-
sime, und in solche, die dem Gebiete des Regens zu allen Jahreszeiten
angehören, oder deren örtliches Vorkommen nur der Verdichtung des
Wasserdampfes an Gebirgen verdankt wird. In einzelnen Fällen er-
fi-euen sich freilich auch regenarme, vorwiegend von Polar winden be-
herrschte Gebiete eines grossen Seenreichthums, so vor allem die west-
turkestanische Steppe, welche trotz ihrer grossen Trockenheit Hunderte
von kleinen Seen aufweist^).
W^o die erforderliche Menge an Niederschlägen vorhanden ist, um
nicht bloss vergängHche Ueberschwemmungen hervorzurufen, sondern
Seen dauernd vor dem Eintrocknen zu retten, da zerfallen die Becken
selbst ihrer Entstehungsgeschichte nach in echte Binnenseen, welche
erst nach der Hebung eines Festlandes ausgetieft wurden, und in
abgetrennte Stücke eines alten Meeresbodens, über welchen die Con-
tinente hinausgewachsen sind. Diese letzteren verkündigen uns also
einen Sieg des Trockenen über das flüssige Gebiet der Erde.
Der geschichtUche Hergang bei den Strandseen bedarf keines an-
gestrengten Nachdenkens. Alle diese stehenden Wasser haben eine
mehr oder weniger elliptische Form, und stets ist ihre grosse Axe dem
Ufer parallel. In Frankreich, wo man diese Erscheinung als Etang
bezeichnet, wurden die atlantischen Strandseen zwischen Garonne und
Pyrenäen durch Dünenketten, die mediterraneischen zwischen Pyrenäen
und dem Rhone durch Sandzimgen und Nehrungen abgesperrt.
Eine veränderte topographische Physiognomie zeigen solche Seen,
die vor ihrer völligen Abtrennung senkrechte, gol&rtige oder posaunen-
fbrmige Einschnitte in eine ehemalige Meeresküste bildeten. Wo ein
1) Ausland 1878, S. 297.
314 Dritter TheiL Die Wasser- and Lufthülle der Erde.
schlainmiger Strom in ein Meer austritt, droht er mit seinen
die Mündongen solcher Küstenausachnitte za verri^efai, in deren Rick-
tong sich die Kustenströmnng bew^;t. Das Donaaddta ist der Schau-
platz eines solchen Voiganges (flg. 31). Wir sehen hier alle Stafen
der Seebfldmig neben einand» : Becken, die schon tief in's Binnenlan-l
gerockt und mit ihrem Abflüsse dem Strome zollpflichtig gewardesL
sind, dann, näher der Mündung zu, Seen, die durch Ndimngen^ ani^
gebaut aas Donaaschlamm, ihren alten Zusammenhang mit dem Pontn«
verloren haben, und solche, die, in limane verwandelt, ihrer ganzUclier:
Absperrung nur durch den Beistand dnes Flusses, wie des Dnjestzv.
noch entgangen sind, der sich einen Abfluss offen halten muss. Ver-
weilen wir noch ein wenig länger bei diesem morphologischen Schau-
spiel, so gewinnen wir die fjr&hrung, dass ein Becken, dessen SohZr
und Wände ehemals dem Meere angehörten, nicht nothwendig Salz-
wasser fuhren muss; denn in der Zeit, wo es zwar schon von einer
Nehrung abgesperrt war, ein zugehöriger Fluss aber eine Ausgangs-
pforte sich offen hielt, muss sein Salzgehalt durch beständige Au?-
süssung sich verloren haben, und daher kann eine £intheiluiig iz
Süss- und in Salzseen nichts zur Entwicklungsgeschichte beitragec.
denn Seen festländischen Ursprungs können hohe Salinitätfttufen be-
sitzen, Seen oceanischen Ursprungs dagegen völlig süss sein.
Wie die Donau an ihrer Mündung, so haben in der jüngsten
geologischen Vergangenheit der Po und seine geschwisterlichen Alpei:-
ströme vormalige Fjorde des lombardisch -venetianischen Meeres in
Binnenseen verwandelt (vgl. Bd. I, S. 482 ff.). Darauf deuten nici.:
bloss die schar^eschnittenen Umrisse der italienischen Alpenseen, son-
dern noch nachdrücklicher ihre grossen Tiefen, so zwar, dass iiwr:
Sohlen sehr beträchtlich, beim Corner See eine SteDe 391, beim Langen-
see eine andere 657 Meter unter den adriatischen Spiegel zu liegen
kommen. Von einem dieser Seen, nämlich vom Garda, besiteen wir
noch lebendige Zeugen, dass er ehemak dem Meere angehörte. Mi:
der Abtrennung eines solchen Golfes vom Meere und seiner Aussüssong
muss sich nämlich nothwendig die Thierwelt ändern: es müssen zuerst
diejenigen Greschöpfe versdiwinden, denen der volle ooeanische Salz-
gehalt zu ihren Lebensverrichtungen nothwendig ist, und endlich müssen
ihnen auch die Bewohner des brackischen oder schwachsaliniachen
Wassers folgen. Unter den zahllosen Arten des Salzwassers worden
sich aber doch einige wenige durch glücUiche Veränderung ihres
Olganismus während der langen Uebeigangszeit dem n^ien, süss ge-
wordenen Lebensraum anbequemen. Weil diese Gesdiöpfe die Hinter-
lassenschaft eines ehemaligen Meeres darstellen, hat man ihnen die
treffende Bezdchnung „Relictenfanna" g^ben, und Seen, die mit
XI. Die Entwicklungsgeschichte der stehenden Wasser auf der Erde. 315
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316 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
solchen Gkschöpfim ausgestattet sind, könnte man nach einem münd-
lichen Vorschlag von Rudolph Leuckart Relictenseen nennen. So
ernährt der Garda-See zwei Fischarten (Blennius vulgaris PoUini und
Gobius fluviatilis Bonelli), die zu zwei marinen Gattungen gehören,
ausserdem einen PalAmon, der viel kleiner, aber sonst nahe verwandt
ist dem Palaemon squilla maris ^). Auf der Moskauer Natnrforscher-
yersammlung im Jahre 1869 schilderte Tschemiawskj einen merk-
würdigen Bdictensee in Mingrelien, Paläotomm (anderwärts Baläoston ')
geschrieben). Trotz der Trinkbarkeit seines Wassers ernährt er eine
Thierwelt völlig marinen Ursprungs, wie das Auftreten von Baianus-,
Nereis- und Nemertes- Arten hinlänglich bezeugt^). Ebenso fimden
kürzlich auf der Fahrt der „Polaris*' die amerikanische Entdecker
an der Westküste von Grönland, nördlich vom Humboldtgletscher, weit
aus dem Bereiche der Springfluthen und über dem Meeresspi^el dnen
Süsswassersee mit einer oceanischen Thierwelt^). Auf der Insel Bomeo
li^ an der Westseite im Gebiete des Eapuas ein grosser Landsee,
Danau-Sriang. Sein Wasser ist völlig süss, und doch wurden auf
einer Insel des Sees dem Zoologen Eduard v. Martens von den
Eingeborenen firischge&ngene Fische gebracht, ^die solchen Familien
angehörten, welche wir in Europa nur als marine kennen ^)*^. Der
See selbst ist 40 geogr. Meilen in gerader Linie und 60 geogr. Meilen
dem Wasserlaufe nach von dem Meere entfernt
Bevor wir zur weiteren Au&ählung solcher festländisch gewordenen
Meeresbecken schreiten, diürfte es rathsam sein, nach geschichtlichen
Beweisen über die stattgefimdene Abänderung sich umzusehen. Ein
Zweifler wäre nämlich zu dem Einwurf berechtigt, dass, wenn solche
Abdämmungen vor sich gegangen seien, Beispiele aus der historischen
Zeit nicht fehlen sollten. Zwar liesse sich darauf erwidern, dass solche
Umwandlungen nur sehr langsam sich vollziehen und die Zeit, seit
welcher das Spiel der Naturkräfte überwacht wird, eine fiist ver-
schwindend kurze genannt werden kann; allein mit solchen Ausreden
entzieht man sich allerdings der Last des Beweises, wird aber nie
damit einen Ungläubigen bekehren. Wir wollen daher erinnern, dass
noch im späten Mittelalter, im vierzehnten, ja selbst noch im fun&ehnten
*) Archiy für Naturgeschichte. Berlin 1857. Jahrgang xxiii, Bd. I,
S. 156—158.
*) Der yerstümmelte Name deutet darauf hin, dass es sich um eine alte
Mündung des fiion handelt.
*) R Leuckart, Bericht über die wissenschaftlichen LeiBtungen in der
Naturgeschichte der niederen Thiere. Berlin 1871. S. 6.
*) Nature, Vol. IX, Nr. 290. 26. March 1874, S. 405.
^ £. T. Martens: Ueber einige ostasiatische Süsswasserthiere im Archiv
für Natorgeschichte. Jahrgang XXXIV, Bd. I, S. 8 — 9.
r auf der Erde. 317
MMh^RlIft 1 .lBr>^.'a^ Jl IToff-Ä« 'JBinSm'SiSpf^^ Narbonne , Mont-
^JaT^K^—^Ä'™^»^ jetzt aber durch vor-
. nBQ'^w^«E'f gf S^Vf^^ abgetreimt worden
B'f^'lttilB^'SriS^jBclisweise sehr raa^h von
ftii verwandelt worden ist
J- -_ — _ -_■ . .^ ■■ -^ —JliaftEosfl liegt ein tiefer
'A^'ra^SFtt'f S4if B' ^>^^ üi seiner Verlange-
<4^Vg't^ HiJK^g^'^tree, den eine Landenge
^— iSLsi^fiRi H Ä^^* äUBsersten Hintei^nmd
'^^'i/S^&m^'W. •«»• .Vn^ .«iW .«i^ .«Xp .«Pp MSw
kt(i»vu3».i||<e^^ame, der im Oaelischen
ajc^l^ •J|*9^Hl^t)rt seinen Namen erhielt,
ina de Barcelona. Tome I,
'ßl'ßC'Ml'*"M.'M,
■^^^^!l'i^4^**^*'0'< '3^'' WeBtkÜate Schott-
;S«e^4^il^^J^ntscticn gtiologiachea Ge-
318 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
war also der IVIaree-See noch nicht vorhanden, sondern der Zugang zu
dem Meere durch Loch-Ewe noch offen. Die Ghielen rühmen sich
daher, dass ihre Sprache schon vorhanden gewesen sei, ehe die Seen
geschaffen wurden. Femer nennen wir in Jütland den Kolindsund.
der, wie sein Name bezeugt, eine ehemalige Meeresstrasse oder wenig-
stens ein Busen gewesen sein muss, jetzt aber in einen See sich um-
gestaltet hat. Gerade in jener Gegend Jüdand's U^en etliche Kirch-
spiele, deren Namen auf ob auslautet, die also ehemals Inseln angehörten
(vgl Bd. I, S. 381). Endlich fuhren wir noch den DrammensQord
im südlichen Norw^en an, der, wie uns sein Name lehrt, unver-
kennbar noch in historischen Zeiten ein Meeresarm war, jetzt aber
nur durch einen seichten, zur Verschlammung geneigten Canal mit dem
Meere, verbunden ist Sein brackiges Wasser beherbergt noch eine
marine Faima; seine ehemalige Zugehörigkeit zum Ocean ist also vor
jedem Zweifel gesichert (s. Bd. I, S. 484).
Solche Stücke ehemaligen Meeresbodens sind nicht nur tief in's
Land hineingerückt, sondern mit diesem später auch noch gehoben
worden. So hat Lov^n eine Relictenfauna (Cmstaceen) in den schwe-
dischen Wener- und Wetter-Seen nachgewiesen^). Der Wener-See
erhebt sich mit seinem Spiegel 44 Meter über das Meer, besitzt aber
eine grösste Tiefe von 89 Metern; der Wetter-See dagegen wurde um
88 Meter gehoben und bewahrte sich eine tiefete Stelle von 125 Metern,
so dass ein Theil der Sohle des ersteren noch 45 Meter, des anderen
noch 37 Meter unter den Spiegel der Ostsee hinabreicht ^). An den
Ufern des Baltischen Meeres finden die Geologen Versteinerungen von
Seethieren, die nicht in der Nordsee vorkommen, wohl aber im rus-
sischen Eismeere. Daraus ist geschlossen worden, dass die Ostsee
vormals als Golf nach Norden sich geöffnet habe und zwar in der
Richtung des Weissen Meeres. Zu diesem Golfe der Vorzeit gehörten
aber die Ladoga- und Onega-Seen. Noch jetzt deuten ihre üfer-
unuiBse eine alte Küstenlinie an; auch bei ihnen kehrt das sicherste
Wahrzeichen eines oceanischen Ursprungs wieder; denn bei dem ersteren
sind grösste Tiefen bis zu 375 Metern, bei dem anderen bis zu 180
Metern gefunden worden, und zwar senkt sich der eine bis auf 860
Meter, der andere bis auf 108 Meter unter den Spiegel des Baltischen
Meeres'). Beide beherbergen alte Meeresbewohner; am Ladoga trifft
man obendrein noch Seehunde^).
>) Vgl Lovän, Gm Oeaterejön. Stockholm 1864. S. 5 ff.
*) G. A.T.K]öden in Beb m 's Geographischem Jahrbuch. Bd.I(lS66),S.2S9.
') G. A. Y. Klöden, L c. S. 2S5. 286 und C. v. Sonklar, Allgemeine
Orographie. Wien 1873. S. 169.
*) O. T 0 r e 1 1 und A.E. Nordens kjöld, Die schwedischen Expeditionen
nach Spitzbergen und Bären-EiUnd. Jena 1869. S. ISl.
XI. Die EntwickluDgBgeschicIite der stehenden Wasser auf der Erde. 819
Vereinigen sich in diesen Fällen immer drei Merkmale des oeea-
nischen Ursprunges von Seen, nämlich die Umrisse des Ufers, das
Auftreten von Heeresgeschöpfen und eine Senkung der Sohle unter
den Meeresspiegel, so darf man mit einiger Vorsicht, wo zwei Merk-
male zusanmientreffen, auch das Dasein des dritten vermuthen. Der
Verfasser hatte im Jahre 1868 bereits in dem Baikal wegen seiner
morphologischen Aehnlichkeit und des Auftretens von Seehunden, also
einer ehemaligen Meeresthierwelt, einen Fjord des alten sibirischen Eis-
meeres erkannt (vgl. Bd. I, S. 388) ; es waren also dort grosse Tiefen
zu erwarten. In der That haben die Russen im Jahre 1872 im Baikal-
See Tiefen von 1248 Metern^) bei einer Meereshöhe des Spiegels von
433 Metern ^), also eine Senkung unter das Eismeer bis zu 815 Metern
geftmden. Nach neueren Mittheilungen, welche freilich noch der Be-
stätigung bedürfen, soll seine Tiefe sogar nahezu 4000 Meter betragen.
Da übrigens alle Landseen durch fortdauernde Zuschüttung beständig
an Tiefe verlieren, so darf man namentlich bei kleinen und vom nächsten
Meere weit abgedrängten Seen nicht immer Depressionen unter den
Seespiegel erwarten, selbst wenn sie von einer Belictenfauna bewohnt
werden sollten. Der Oron-See in Sibirien, der einen Abfluss zu dem
Witim, einem Nebengewässer der Lena, besitzt, war ebenfalls ein alter
Bestandtheil des Eismeeres, weil er Seehunde beherbergt; wir dürften
aber nicht überrascht werden, wenn sich dort nicht die erforderlichen
Tiefen finden sollten.
Die schöne Bestätigung des maritimen Ursprunges beim Baikal-
See hatte uns schon früher^) ermuthigt, auch in den grossen nord-
amerikanischen Becken, im Superior-, Michigan-, Huron-, Erie- und
Ontario-See, die noch jetzt, obgleich das Land sich beträchtlich gehoben
hat, mit ihren tiefsten Stellen 76, 130, 130, 99 und 81 Meter unter
den Meeresspiegel hinabsinken, ein altes Mittelmeer nach Analogie
unserer Ostsee zu erkennen. Seitdem aber haben, wenigstens im
Michigan-See, die Untersuchungen mit dem Schleppnetz eine ehemaUge
oceanische Thierwelt jenes Beckens an das Licht gezogen*). Auch
hier hat sich also die Voraussetzung rasch bestätigt.
Femer ist der Nicaragua-See zu den Belictenseen zu zählen. Haben
es schon K. v. Seebach's geologische Untersuchungen sehr wahr-
scheinlich gemacht, dass er der Ueberrest einer Meeresstrasse sei, die
*) Zeitschrift Globus, Bd. XXI (1872), Nr. 14, S. 224.
^ C. V. Sonklar, 1. c. S. 169.
') Mittheilungen des Vereins für Erdkunde zu Leipzig. 1872. S. 192.
*) Henry Y. Hind in Nature, Vol. X, Nr. 244. 2. July 1874, p. 166.
VgL hierzu auch Fr. Ratzel, Die Vereinigten Staaten von Nordamerika.
München 1878. Bd. I, S. 421 f.
320 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
einst (im pleistocänen Zeitalter) den Stillen and Atlantischen Ocean
mit einander verband, so wurde diese Annahme noch bekräftigt durch
Auffindung einer Belicten&una; denn der Nicaragua -See beherbergt
einen Megalops, der bisher nur in tropischen Meeren angetroffen
wurde, sowie einen (allerdings weniger beweiskräftigen) Hai und einen
Sägefisch 1).
Zu den räthselhaftesten Erschdnungen gehört es, dass zwei hoch
gelegene Gebii^gsseen, der Genfer-See (375 Meter hoch) und der Titicaca
(3700 Meter hoch), neben lauter Süsswasserfischen und -MoUusken
einige maritime Crustaceen in sich bergen: der erstere dn im Mittel-
meer vorkommendes, noch nicht einen Millimeter langes und etwa ^^
Millimeter breites Muschelkrebschen ^), der letztere die durchaus maritime
Familie der Orchestiaden ^). Haben diese Seen wirklich eine pelagische
Vei^angenheit hinter sich, so würde man gezwungen sein, die Grebiete
derselben als den ^hauplatz der gewaltigsten geologischen Verände-
rungen zu betrachten.
Alle bisherigen Beispiele bezogen sich auf Seen, die Zuflüsse er-
halten und durch Abflüsse sich entleeren. B^eben wir uns nun in
die trockene Passatzone, so werden dort ehemalige Meeres-Golfe, die
durch Querdämme abgeschnitten werden, anderen Schicksalen entg^en-
gehen. An der Somaliküste, etwa 13^ n. Br., ist unweit Tedjura an-
geblich durch einen Lavastrom der hinterste Zipfel eines engen GU)lfes
vom Meere abgeschnitten worden und hat sich dort der Assal-See ge-
bildet^). Da dieser aber keinen Zufluss erhielt, so verdampfte das
Wasser, und jetzt liegt der Spiegel schon 185 Meter tief unter dem
Niveau des Golfes von Aden. Das Schicksal, periodisch au%esogen
zu werden, erleiden g^enwärdg die Sebcha- oder Salzsümpfe südlich
von Algerien in der Sahara. Femer hat Rohlfs barometrisch ermittelt,
dass durch eine Nehrung oder diux^h einen Dünensaum am Syrten-
Meere eine ehemals geräumige, aber seichte Meeresfläche, die sich über
Audjila bis nach der Oase Siwah erstreckte, deren südliche wie öst-
liche Ausdehnung aber noch nicht näher begrenzt ist, abgetrennt und
in eine trockene Senkung (Depression) verwandelt wurde. Schon
Eratosthenes hatte aus den Resten von Austern und anderer See-
muscheln, die sich in der Nähe des Anmiontempels finden, auf eine
>) Nature, Vol. XVI, Nr. 415. 11. October 1877, p. 505.
') Nach einer freundlichen Mittheilong des Herrn Prof. Kirchhoff in
Halle hat Forel diese Entdeckung gemacht.
*) Alexander Agassiz in den Proceedings of the Americain Academy
of Arts and Sciences. Vol. XI (1S76), p. 287.
*) Someryille, Fhys. Geogr. 6^ ed. p. 299. Elis^e Reclus, La
Terre. Paris 1869. Tome H, p. 234. Fig. 83.
XI. Die Entwicklungsgeschichte der stehenden Wasser auf der Erde. 321
ehemalige Ausbreitung des Mittelmeeres bis zu der berühmten Orakel-
stätte geschlossen^).
Solche Vorgänge beschränken sich durchaus nicht auf Afrika;
auch in den äusserst trockenen Gebieten Niedercalifomien's haben die
Vermesser der pacifischen Südbahn in der Coloradowüste Depressionen
bis zu 90 Metern ge&nden^).
Durch das Bisherige sind wir nun gut vorbereitet, um der gross-
artigsten Erscheinung Yon Einhüllungen geräumiger Meeresgolfe näher
zu treten. Das sibirische Eismeer muss nämlich ehemals nicht bloss
bis zum Baikal-See, sondern bis zum Aral-See und dem Easpischen
Meere, dem Ostabhang des Ural entlang sich erstreckt haben. Der
Spiegd des Easpischen Meeres liegt 25 Meter, seine tiefsten Stellen
über 711 Meter unter der Oberfläche des Pontus. Die Höhe des
Aral-Sees wurde 1826 von Anjou und Duhamel zu 38 Metern, im
Jahre 1858 von Oberst Struve zu 43 Metern und 1874 von Obrist
Thilo zu 54 Metern über dem Meere gefimden. Sollten diese Angaben,
wie zu besorgen ist, nur auf barometrischen Messungen beruhen, so
besässen sie der möglichen Fehler wegen nur wenig Gewicht Immer-
hin würde der Aral-See, da seine Tiefen bis zu 68 Metern sich belaufen,
selbst nach der Thilo 'sehen Messung noch mit Theilen seiner Sohle
unter den Meeresspiegel reichen.
An einer ehemaligen oceanischen Fauna fehlt es im Easpischen
Meere nicht Schon Alexander v. Humboldt') rechnet dahin die
Squillen, Arten von Syngnathus und Gobius, Cerithien und einige Algen
aus der Familie der Ceramieen und Florideen. Die Weichthiere des
Easpischen Meeres und Aral-Sees, sowie des ganz jungen Steppen-
kalkes, der vom Pontus über den Aral-See noch tief in die Steppen
hineinreicht, sind em Anhang der Mittelmeerprovinz. Von 14 Müschelu
kommen 8 auch im Pontus. 2 in den nordeuropäischen Meeren vor,
und 4 sind dem araUsch-kaspischen Gebiet eigenthüinlich. Der leider
so früh der Wissenschaft entrissene Beisende und Entdecker Fedt-
schenko, von dem sich der Verfasser über die eben berichteten Ver-
hältnisse belehren liess, hatte im Aralbecken folgende Arten gesanunelt:
Adacna vitrea, Cardium edule, Neritina liturata, Hydrobia stagnalis,
lauter Brackwasserarten, zu denen sich noch Mytilus polymorphus und
eine nicht näher bezeichnete Paludina-Art gesellen, welche letzteren
beide auch im oder nur im Süsswasser vorkommen.
Im Herbste 1876 wurden die Fische jener Seen von Eessler
genauer untersucht. Hierbei eigab sich, dass 25 Arten dem Pontus
») Strabo, lib. I, cap. 3, ed. Tauchn. Vol. I, p. 77.
*) Petermann 's Mittheilongen 1874, S. 150.
*) Centralasien. Deutsch von W. Mahlmann. Berlin 1844. Bd. I, S.460.
PescbeNLeipoldt, Phys. Erdlnuid<>. H. 21
322 Dritter Theil. Die Waaser- und Lufthülle der Erde.
und Kaspi, 4 dem Easpi und Aral, 6 aber allen drei^i gemön-
sam waren ^). Sie sind sanuntlich Brackwasser- oder indifferente
Formen; Kaspi- und Aral-See entbehren sowohl der echten Süss*
wasser-, als auch der wahren Meeresfische , während das Schwarze
Meer vorwiegend echt marine Formen besitzt Wenn übrigens der
mediterraneische Typus aller Organismen im Kaspi- und Äral-See sdir
in den Vordergrund tritt, so ist dabei nicht ausser Acht zu lassen, dajss
mehrere Thierformen des Kaspi -Sees, so die Seehunde (nach A. v.
Humboldt*) auch am Aral-See), ein Kennauge (Petromyzon Wagneri)
und die arktische Crustacee Idothea entomon ohne Zweifel aus dem
nördUchen Eismeere stammen ').
Im Aral-See b^egnen wir, worauf bereits mehr&ch aufinerksam
gemacht wurde, gleichfisdls einer ReUcteniauna, und damit liefern wir
den besten Beweis, dass jenes Becken der abgeschnittene Best eines
alten Meeres sei, welches sich ehemals nicht bloss in der Richtung
nach dem Kaspi-See, sondern auch gegen Norden zunächst auf 300
Werst oder 40 geogr. Meilen erstreckte, insofern aus den Grebieten
der mittleren Ejrgisenhorde zwischen den unzähligen Steppenseen Meer-
muscheln (Turritella triplicata und Cardium Yemeoli) durch den Reisen-
den Nöschel nach Petersburg gesendet werden konnten*). Das
damalige Meer ist noch um vieles nördUcher bei Petropaulowsk am
Ischim durch B. y. Cotta^) nicht bloss durch das Auftreten vieler
Salzseen, sondern wiederum durch das Vorkommen von Meeresmuscheb
und namentlich einer Austemspecies nachgewiesen worden. Durch die
Zunahme des festen Landes in der Richtung des heutigen Eismeeres
mussten nothwendig die transuralisdien Steppen immer trockener werden,
und die jetzt noch vorhandenen Seen, meist nur ernährt durch schmel-
zenden Schnee, sind im Eintrocknen begriffen. In einer solchen trau-
rigen Lage, gleichsam in den letzten Zügen, gewahren wir den Saiy-
Kupa unter 50 ^ n. Br., vormals ein elliptisches Becken mit einer grossen
Axe von 15 geogr. Meilen, jetzt zerstückt in 20 grössere Weiher. In
eine ähnliohe Grruppe kleiner Becken ist vom Saiy-Kupa südlich auf
halbem W^e zum Aral-See der Aksakal zerfiedlen ®). Ihuuit eine ähn-
liche Erscheinung der Steppen nicht mit den eben geschilderten ver-
>) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. XXVIII (1S77), S. 40S.
^) Centralasien. Bd. I, S. 475.
s) Russische Reyue. Bd. VI (1875), S. 355 ff.
^)Gr. ▼. Helmersenin den Beiträgen znr Kenntniss des Rassischen
Reiches. Bd. XVm (1856), & 132.
^) Der AltaL Leipzig 1871. S. 57.
") VgL die Karte zu NöscheTs Reise an den Axal-See in den Beiträgen
zur Kenntmss des Russischen Reiches. Bd. XVIII (1S56).
XI. Die Entwicklungsgeschichte der stehenden Wasser auf der Erde. 323
wechselt werde, wollen wir rasch einschalten, dass die oft geradlinig
auf einer Kette liegenden , wie Perlen eines Rosenkranzes an einander
gereihten, von A. v. Humboldt deshalb Bosenkranzseen benannten
Weiher, wie dieser Naturbeobachter es längst erklärt hat, in' den Ver-
tiefiingen eines ausgetrockneten, von Sandwehen streckenweise ver-
schütteten Strombettes durch Ansammlung der jährlichen Niederschläge
entstehen, ako nicht etwa zu den Seen maritimen Ursprungs gehören ^).
^'enn aber das Kaspische Meer ehemals ein Meeresgolf gewesen
war, wenn es selbst nach seiner Abtrennung als Binnensee noch an
Ausdehnung beträchtlich verloren haben muss und nachgewiesener
Massen verloren hat, so darf es uns doch stark befremden, dass sein
Salzgehalt ein so geringer ist. Damals, als es noch ein Golf war, konnte
sein Wasser kaum weniger als 34 Promille fester Bestandtheile ent-
halten, und wenn in Folge von Verdampfung sein Spiegel nach der
Absonderung sank, so musste sein Wasser an Salz sich bereichem.
Wir wären berechtigt, bei ihm eine Salinitätsstufe von weit mehr als
40 Promille, mehr selbst als im Arabischen Golf bei Sues zu erwarten.
Statt dessen ist dajs kaspische Wasser im Norden, wo es von dem
Ergüsse der Wolga überfluthet wird, nur brackisch, und selbst im
Süden, wo es nur sehr schwach durch Eüstenflüsse verdünnt wird,
enthält es nicht mehr als 14 Promille fester Bestandtheile^). Nun hat
allerdings Karl v. Baer uns belehrt, dass noch jetzt die Aussüssung
fortschreitet. Der Earabugas am Ostufer sei nämUch eine seichte, aber
äusserst geräumige Pfanne mit einer engen, nur 150 Schritte breiten
Oeflhung von P/3 Meter mitüerer Tiefe, durch welche beständig kas-
pisches Wasser einströme, ohne je zurückzukehren, da es dem Earabugas
wieder durch Verdampfung entzogen werde. Die festen Bestandtheile
müssen natürUch auf der Sohle der P&nne als ein Salzflötz zurück-
bleiben. Gewiss ist diese Beobachtung höchst schar&innig ; doch dürfte
der Earabugas schwerUch tief genug gewesen sein, um alles Salz des
Easpischen Golfes in seinem Schosse beherbergen zu können; auch
musste seine Mündung, als früher der Wasserstand ein höherer war,
viel breiter und tiefer gewesen sein; ja, es fragt sich, ob damals über-
haupt der Earabugas als ein abgesondertes Becken bestand. Wir be-
dürfen aber gar nicht dieser Erklärung; denn wenn das Easpische
Meer aus einem Golf in einen Binnensee überging, muss es eine Zeit
durchlebt haben, in welcher seine Verbindung mit dem Ocean nur in
einer oder etlichen Meerengen bestand, genau so, wie es jetzt mit der
Ostsee der Fall ist, imd solche Mittelmeere können, ausgesüsst durch
^) A. V. Humboldt, Centralasien. Bd. I, S. 515.
*) Petermann's Mittheilungen 1858, S. 97.
21*
324 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
die einmündenden Müsse, bis auf die niedrigste Salinitätsstuüsn ge>
bracht werden; ist doch im Sommer das Wasser im Bottnisch^i Golfe
noch trinkbar!
Das Eigebmss nnserer Insherigen Untersuchungen ist daher ein
überraschendes. Alle grossen und geräumigen Seen Nord- und Central-
amerika's, am Südabhange der Alpen, in Schweden, in Nordrussland, in
CentraUsi^i und in Sibirien sind ooeanischen Ursprunges. Leid^ wissen
wir bis jetzt nichts hinzuzufügen über die Thierwdt der Becken in Süd-
afrika, in Australien und in Patagonien. In unseren Tagen bedarf es
aber nur dner Anr^ung zu Beobachtungen, so bringt die nächste Zeit
schon die Antwort auf neu gestellte Fragen.
Die zweite Classe der stehenden Wasser sind die Landseen,
deren Becken sich erst mit oder nach der Hebung des Festlandes ver-
lieft oder geschlossen haben. Da solche Seen selbst dem lockeren
Diluvium nicht fehlen, könnte zunächst die Frage bennruhig^i, woher
es wohl komme, dass ihr Beckengrund das Wasser nicht durchlasse.
Selbst Granit, in dessen Vertiefungen beispielsweiBe die Seen in Finn-
land sich angesiedelt haben, wird aUerorten von Klüften und Sprüngen
durchzogen, welche das Wasser nach grösseren Tiefen entweichen lassen.
Deshalb ist es angemessen, noch hinzuzufügen, dass jeder junge See
damit beginnt, sein eigenes Ge&ss zu verkitten. Der feine Nieder-
schlag, den ihm Bäche oder Kiesel zufuhren, und die Schalen von
Schnecken jmd Muschebi überziehen den Boden mit einer Art Glasur
aus festem Letten, den man in der Schweiz Seekreide nennt ^). Nicht
bloss Seen, sondern auch Torfinoore, ja jedes Salzflötz ist im übenden
durch eine solche geognostische Membran wasserdicht abgeschlossen.
Ein Theil der echten Binnenseen ist durch Einsturz entstanden.
Solche trichterförmige Einsenkungen liegen dicht gesäet in aUen Earst-
gebirgen; doch kommt das Wasser dort selten zum Stehen wc^en der
vielen Sprünge, Elüfie und Höhlen, die durch chemische Erosion in
allen E^alkgebirgen unausgesetzt erneuert werden. Der Zirknitzer See mit
s^em periodisch schwankenden Spiegel *) muss hier als Beispiel genügen.
Wo Gjps im Erdinnem lagert, bleiben fast nie Einstürze aus;
denn dieses Mineral löst sich in 460 Theilen Wasser. Durch solche
Auslaugungen entstanden die Seen bei Sperenberg unweit Berlin und
bei Segebei^ in Holstein. Salzflötze sind eben&lls der Lösung durch
Wasser ausgesetzt, und so wird die Bildung des süssen und des salzigen
Sees bei Eisleben dem Einsturz von ehemals salzhaltenden Hohlräumen
zugeschrieben.
') Oswald Heer, Die Urwelt der Schweiz. Zürich 1865. S. 22. 27.
*) J. Hann, F. t. Hochs tett er und A. Pokornj, AUgemeine £rd>
künde. Wien 1872. S. 164.
XI. Die Entwicklungsgeschichte der stehenden Wasser auf der Erde. 325
Geräumiger werden die Becken, welche starken Verwerftmgen
ihren Ursprung danken. Darunter versteht man das Einsinken von
Stockwerken der Erdrinde einem Risse oder einer Spalte entlang, deren
eine Wand ihre alte Höhe unverändert beibehält. In Südvirginien giebt
es derartige Verschiebungen mit 2 — 3000 Meter Niveauunterschied; die
Kohlenkalke sind dort hinabgesunken bis auf die Horizonte der unter-
silurischen Kalksteine ^). In einer solchen Verwerfungsspalte liegt das
Jordanthal mit dem Tiberias-See, dem Todten Meere, dem Wadi Arabah
imd dem Golfe von Akabah. Leider findet sich noch immer auch
in neueren Bilchem über Palästina die Vermuthung ausgesprochen, dass
das Todte Meer und die Jordanspalte ehemals nach dem Rothen Meere
sich fortsetzten, durch spätere vulcanische Ausbrüche aber von ihm
Fig. 33.
Oeolog^uclier Querscluiitt Ton Jal& bis Schiliaii, nach L. Lartet.
Höhen über (+) and Senkungen unter (— ) dem Mittelmeerspiegel in
Metern nach französischen Yerniessangen.
b Basalt, c Kalkstein der Kreidezeit, g nnbischer Sandstein,
m alte Absätze des Todten Meeres, p gehobener sandiger Meeresgrund.
getrennt worden sein sollten. Soweit Oscar Fraas aber die Ufer
bei d Ghor untersuchte, ergaben sich jene Behauptungen als „reine
Gebilde einer aufgeregten Phantasie und der geologischen Unkennt-
niss" *). Wir brauchen auch nur den nebenstehenden Querschnitt Palä-
stina's von Lartet zu betrachten, um den Vorgang dieser Thalbildung
als Verwerfung zu erkennen^). Wäre das Todte Meer jemals ein Zu-
behör der Oceane gewesen, so müsste sein Wasser Silber enthalten.
^) Hermann Credner, Elemente der Geologie. 3. Aufl. Leipzig 1876.
S. 460.
^ AoB dem Orient. Stuttgart 1867. Bd. I, S. 65.
") Die eingehenden Untersuchungen Lartet^s finden sich in Yojage
d*£xploration ä la Mer Morte etc. par le Duc de Luyues. Tome 111. G^logie.
Paris 1877.
326 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Dies wird aber ausdrücklich von denjenigen verneint, die es auf diesen
Bestandtheil untersucht haben. Wir müssten femer, wenn auch nicht
im Todten Meere, dessen hohe Salinität das Thierleben ausschUesst,
wohl aber im Jordan und im Tiberias eine Belictenfauna finden, die
aber erst noch nachzuweisen wäre^).
In Binnenräumen bieten die Kratere von Vulcanen fertige GrefiUse
fiir die Ansammlung von Süsswasser. Es genügt hier wohl, auf die
tyrrhenische Küstenstufe Italien's zu verweisen, wo die Beispiele zu
dieser Entstehungsgeschichte auf der sogenannten subapenninischen
Formation im Trasimenischen See, im Lago di Bolsena, im Fudner
See und in dem Albaner Gebirge schon beim Jugendunterricht erwähnt
werden.
B^eben wir uns endlich in die Gebirge, so finden wir, dass die
Wasserbecken auf sehr verschiedenen Wegen entstanden sind. Wo zwei
Thäler senkrecht oder nur unter einem hohen Winkel auf einander
stossen, kann es kommen, dass ihre Gletscher zusammenwachsen und
im inneren Winkel ihrer Berührungsstelle dem Wasser einen Hohlraum
zur Ansammlung gewähren. Es ist übrigens nicht nothwendig, dass
zwei Gletscher zusammenstossen; es genügt schon, dass ein einziger
Gletscher die Mündung eines Seitenthaies versperre. Das aufgestaute
Wasser oberhalb wird dann ein Eissee genannt^). Zu diesen gehört
der Märjelen-See (Fig. 34), der zu dem Aletschgletscher in Beziehung
steht ^). Den Bewohnern der abwärts liegenden Thalsohlen droht jeder
^) Obwohl der Herausgeber im Hinblick auf neuere Forschungen nicht
völlig die Anschauungen seines Lehrers theilt, hielt er es doch für seine
Pflicht, das Obige unverändert stehen zu lassen, da die Acten über das in so
hohem Grade interessante Capitel von dem Ursprünge des Todten Meeres
noch keineswegs geschlossen sind. Mit treffenden Gründen ist namentlich
Alfred Kirchhoff (Deutsche Revue. October lS7d, S. lOS ff.) neuerdings
für die pelagische Abkunft des Todten Meeres eingetreten. Die Abwesenheit
der Silbersalze erklärt er dadurch, dass sie, mit Schwefelwasserstoff gefallt,
am Boden des Sees bereits abgelagert sind. Vor allem aber erkennt er in
den vom Baron d'Escalopier an Valenciennes aus dem Todten Meere
überbrachten Korallen (Pontes elongata) und in den von Ehrenberg im See
entdeckten uralt marinen Polythalamien lebendige Zeugen einer früheren
Zugehörigkeit des Todten Meeres zum Rothen Meere. Hingegen betrachten
Oscar Schneider („Ueber die Entstehung des Todten Meeres" in der Gaea
1871 (Bd. VH), S. 325—389) und OttoKrümmel (Versuch einer vergleichen-
den Morphologie der Meeresräume. Leipzig 1879. S. 50 ff.) das Todte Meer,
insbesondere mit Bezug auf die Forschungen Lartet*s, als ein uraltes Sanunel-
becken theils meteorischer, theils local dem Erdinnem entströmender Gewässer.
*) Vgl. hierzu C. v. Sonklar, Allgemeine Orographie. Wien 1873.
S. 167 f.
3) Sir Charles Lyell, Principles of Geology. 12**» ed. London 1875.
VoL I, p. 372 sq.
XI. Die Entwicklungsgeschichte der stehenden Wasser auf der Erde. 327
Eissee die höchste Ge&hr. Es kann dann geschehen, wie am 14. Juni
1845, wo der Eissee des Vemagtgletschers in einer Stunde seinen In-
halt von 2,3 Millionen Cubikmetern entleerte ^). Die grossartigsten Ver-
heerungen verursachte jedoch der Ausbruch eines Eissees im Jahre 1841.
Fig. 34.
Bildung eines Eiasees nach Sir Charles Lyell.
a h RQcken zwischen den beiden Thälern.
c senkrechte Eiswand, welche einen mächtigen Qaerriegel bildet und den
See zwingt, zum Yiescher Thale ahznfliessen.
Damals lagerte ein Heer der Sikhs am Indus in der Nähe von Attok,
als plötzlich der Strom seine Ufer verUess und einen guten Theil der
Kriegsmannschaft verschlangt). Spuren dieses Gewaltergusses waren
in den Engschluchten des Indus weiter oberhalb sichtbar, und die indo-
britischen Geographen schrieben das Wunder, welches an den Heer-
schaaren des Pharao im Pendschab geschehen war, dem Ausbruch eines
Eissees zu, der aber vorläufig unbekannt bUeb. Der wahre Unheil-
stifter ist erst später erkannt und neuerdings von dem verdienstvollen
Reisenden Shaw beschrieben worden. Südhch vom Karakorum-Passe
entwickeln sich nämlich die Gletschermassen des Shayok, der sich
als mächtiger Fluss mit dem Indus vereinigt, und der Ausbruch eines
dortigen Eissees ist es gewesen, der noch bei Attok, alle Krümmungen
eingerechnet 180 geogr. Meilen abwärts, eine Entfernung wie die
nächste Linie zwischen Hamburg und Rom, verheerend auftreten
konnte 3).
Die Abdämmung einer Thalsohle braucht nicht immer aus Eis zu
bestehen. Kn plötzlicher Bergrutsch leistet dieselben Dienste, und
^) Die Geschichte des Vemagtgletschers finden wir bei C. v. Sonklar,
Die Oetzthaler Gebirgsgruppe. Gotha 1860. S. 154 ff. Ebendaselbst, S. 76 — 77,
werden wir auch über den Eissee des Langthaies, der vom Gurglergletscher
gebildet wird, unterrichtet.
») Proceedings of the R. Geogr. Society. Vol. XV (1871), p. 175.
^) Eine Abbildung des Eismeeres an der Shayok - Quelle findet sich in
Robert Shaw's ,,Rci8e nach der hohen Tatarei, Yarkand nnd Kasghar**.
Jena 1872. S, 369.
328 Dritter TheiL Die Wasser- imd LnfüioUe der Erde.
einem «dchen ans dem Jahre 1771 Todankt der AUeg^e-See in den
cadoriacheii Alpen (Provinz Bdlono) seinen UreprongV.
Ein anderer Bergbrnch, der 1854 die ThakoUe bö Ilattach im
kSmtneriscfaen Möüthal aa&chltttete, eneeiigte einen See, der 1861*noGii
1500 Klafter (= 2845 Meter) Länge besass. Oder es konnte auch ge-
schehen, dass Wolkenbrüche Sdilammmassen als Qaerricigel in ein Thal
sdiwemmtai. Auf diese Art entstand dar Gaishomsee im Baltentfaale
Steiermark's durch einen Wnthaosbrach des Flitzoobaches. Endlich
kann auch die Bfldnng ganz firiedlich erfolgen, wenn die Sdiuttkegel
ans g^enaber Uzenden Sdilochten in der Mitte des Hanptthales zu-
sammenwachsen, wie dies die Bildung des Antholzer Sees im gleich-
namigen Thale TiroFs veranlasst hat^).
Wasseranspannongen, die durch. solche Thalvenriegelungen ent-
stehen, bezeichnet man am besten als Sonklar'sche Seen nach dem
Namen desjenigen , der zuerst durch ihre Entwicklungsgeschichte die
Wissenschaft bereichert hat. Mitunter kann die Endmoifüie eines
Oletschers, wenn ihr Urheber sich weit zurückgezogen hat, als dne
Thalsperre dienen; wenigstens endet der Züridier See am Fusse einer
Moräne, welche die Limmat durchbrochen hat Doch liegt auch bei
ihm die Sohle des Beckens allenthalben tiefer als der Spiegd des Ab-
flusses, so dass die Moräne höchstens di& Stauung etwas gesteigert
hüben kann. Dagegen besitzen die Vogesen, in denen bekanntlich die
Spuren alter Oletscher nicht sdten sind, wie Charles Orad') gezeigt
hat, eine Anzahl von Seen (Lac des Oorbeaux, L. du Bälon, L. de
Fondromaix, L. de Daaren), welche ihre Bildung nur der Ablagerung
alter Endmoränen verdanken. Femer weisen auch die Pyrenäen und
das skandinavische Hochland zahlrdche Seen auf, die an ihrem unteren
Ende durch Moränen abgesperrt sind^).
Erfüllten in der Fisz/äi die Oletscher ein bereits vorhandenes Thal,
so wurde von ihnen streckenweise dieses Thsl vor einer Zuschüttung
durch Oeröllmassen und Seitenmoränen geschützt Zogen sich dann
die Oletscher nach ihrem Ursprünge zurück, so beharrte das Eis im
Thale noch eine Zeit lang und hinterliess beim Einschmelzen einen
Hohlraum, der den Oeologen in den Inihum versetzen kann, als sei
eine Auswaschung oder Austiefung anstatt dner verhinderten Zuschüttung
vor sich gegangen. Auf diese Weise hat der Verfiasser die Elntstehung
^) 6. A. V. Rlöden, Europa. 2. Aufl. S. 1241. Der SanU-Croce-See
m der Nahe entstand auf gleiche Weise im 7. Jahrhundert n. Chr.
') Vgl. Heinrich Wallmann im Jahrbuch des österreichischen Alpen-
vereins. Wien 1868. Bd. IV, & 4 f.
*) Bulletin de la Soci^t^ g^logique de France. Ser. II, Tome XXVI
(1868 und 1869), p. 677 — 686, insbesondere das Profil des Lac de Daaren auf p. 683.
*) Th. Kjerulf, Die Eiszeit. Berün 187S. S. 22. 48.
XI. Die EntwicklungBgescIiichte der stehenden Wasser auf der Erde. 329
des Neuenburger und Bieler Sees im Jahre 1868 erklärt^). Seitdem
ist der Ursprung etlicher anderen flachen Seen der Schweiz auf diesen
Vorgang zurückgeflihrt worden. Auch die Seen am Fusse der baye-
rischen Alpen liegen sämmtlich innerhalb der Grenzen einer vormaligen
Vergletscherung. Nicht der kleinste Weiher ist jenseit der Moränen-
grenze mehr au&ufinden >).
Die Vertiefungen der Erdrinde, welche sich zur Aufiiahme von
Wasserschätzen eignen, können aber auch mit der Hebung oder Faltung
der Erdrinde gegeben sein. In solchen Fällen sprechen wir von
orographischen Seen und wollen damit ausdrücken, dass die Gestalt
der Beckensohle unmittelbar oder mittelbar nnt den Krümmungen ihres
Schichtenbaues zusammenhänge. Da, wo durch seitlichen Druck eine
einförmige parallele
Faltung der Schichten ^'^' ^^•
erzielt wurde, entstan- Muid» y/use ^ Combe
den, wie. im Jura,
sattelfbrmige Rücken,
zwischen denen in Ein-
Senkungen oder S\ll- Ualden-, einten- nnd Combensee.
klinalen Thälem sich
die Muldenseen ansammelten (Fig. 35). Dies ist eine der drei
Hauptformen von Hebungsseen, die zuerst F. Desor zu unterscheiden
gelehrt hat*). Wird durch fortgesetzte Hebu% die Wölbung der
Schichten aufgesprengt, so entstehen in der klaffenden Schlucht die
Clusenseen. findlich kann es sich zutragen, dass durch Auswaschung
einer locker verbundenen Schicht, die zwischen harte Gesteinsmassen
eingeschaltet lag und mit ihnen aufgerichtet wurde, ein isoklinales Thal
sich entwickelt, welches durch nachfolgende Hebung oder Verriegelung
zu einem Becken sich verwandelt. Auf diese Art gestalteten sich die
Combenseen der Desor' sehen Terminologie. Selbstverständlich
werden nicht alle Seen den Typus ihrer Entstehungsart mn bewahren,
sondern es geschieht vielmehr, dass einzelne Stücke bald diesem, bald
jenem Ursprung angehören. Ueberhaupt sei es verstattet, zum Schlüsse
noch daran zu erinnern, dass in der Natur die verschiedensten Wege
zu den scheinbar gleichen Ergebnissen fiihren und dass nothwendig
die Entstehungsgeschichte der Seen alle beobachteten Fälle umüässen
sollte, durch welche eine Vertiefung der Erdoberfläche unter das Niveau
der begrenzenden Umgebung verursacht werden kann.
*) Ausland 1868, S. 1005 f.: Ueber den Ursprung der Jura-Seen.
*) Hauptmann F. Stark in der Zeitschrift des deutscheu Alpenvereins.
Bd. n\ Vereinsjahr 1873. München 1873. S. 72. Vgl. auch C. W. Gümbel,
Abriss der geognostischen Verhältnisse bei Miesbach etc. München IST 5. S. 21.
=) Der üebirgsbau der Alpen. Wiesbaden 1865. S. 128 f.
330 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Salzflötze.
Anhang zn dem Abschnitt:
Die Entwicklangsge schichte der stehenden Wasser auf der Erde.
Die Bildung der Salzflötze wurde bereits bei Bespiechung
des Earabugas (S. 323) angedeutet In ruhig verharrenden Salz-
lösungen wird durch die Verdunstung des Wassars an der Oberfiäche
eine Concentration der Soole herbeigeftlhrt Indem sie hierdurch an
Schwere gewinnt, sinkt sie zu Boden; es findet daher eine Zunahme
des Salzgehaltes nach der Tiefe zu statt ' In dem von Strömungen
unablässig bewegten Ocean ist eine solche Concentration schon deshalb
unmöglich, weil die Meeresströmungen ununterbrochen die salzarmen
und saizreichen Theile des Oceans mit einander mengen, das verdunstete
Wasser aber stets durch Flusswasser wieder ersetzt wird^). Meeres-
theile, welche nur durch eine schmale Strasse mit dem offenen Ocean
communiciren, schdnen sich viel besser zur Ablagerung von Steinsalz-
flötzen zu eignen, da ihn^i dne kräftige Wasserdrculation gänzlich
fehlt (vgl. S. 103). Wir beobachten diesen Voigang im Kldnen an
den Küsten von Spanien, Frankreich und Italien. Während der Fluth-
zeit füllt das Meer die mit Schleusen versehenen Salzgärten (marais
salans), in welchen die mittägliche Sonne hierauf die Verdampfung
beschleunigt Durch die Verdunstung wird das Meerwasser in den
abgeschlossenen Buctten allmählich zu einer gesättigten Stänsalzlösung,
aus welcher Steinsalz auskiystalHsirt wird. In d^ That weisen die
Salzlager neben dem Chlomatrium (Kochsalz) in kleineren Quantitäten
auch aDe diejenigen chemischen Verbindungen (CUormagnesium, sdiwefel-
saure Magnesia, schwefelsauren Kalk etc.) auf, welche überall im Meere
vorkommen.
Dennoch darf nur äusserst selten den Salzlagem ein oceanischer
Ursprung zugeschrieben werden, wie sich aus folgender Berechnimg
ergiebt Die Mächtigkeit der Chlomatriumschicht, welche sich nach
Verdampfung des Oceans auf dem Gnmde desselben niederschlagen
würde, beträgt im Mittel 14 Millimeter auf je 1 Meter Wasserhöhe.
Selbst der (rarda-See, welcher eine sehr tiefe ehemalige Meeresbucht
repräsentirt, würde, fidls einst an seinem Ausgang eine Barriere dem
oceanischen Wasser plötzlich den Zutritt verwehrt und kein Fluss den
See ausgelaugt hätte, nur ein Salzflötz von höchstens 3,1 Meter Mächtig-
keit hinterlassen haben, da die Sohle des Sees nur 219 Meter unter das
^) In der That ist die specifieche Schwere des oceanischen Wassers in
allen Tiefen nahezn dieselbe. Sie Tennindert sich ein wenig bis zu einer
Tiefe von SOO bis 1000 Faden, um sich dann, jedoch äusserst langsam, wieder
zu vermehren. Vgl. S. 9 f.
XI. Die Entwicklungsgeschichte der stehenden Wasser auf der Erde. 331
Niveau des Meeresspiegels hinabreicht 0. Noch beträchtlich tiefer, näm-
lich 657 Meter tief, taucht der Langen-See unter die Meeresfläche hinab ^),
und doch würde auch er nur ein Salzflötz von 9,2 Meter Mächtigkeit
gehefert haben, wenn dieser ehemalige Fjord sich plötzUch vom Meere
abgetrennt hätte und Süsswasserflüsse von ihm femgehalten worden
wären. In den genannten Seebecken haben indessen die Flüsse fiir
Äussüssimg gesoi^. Wenn nun selbst tiefe, mit Meerwasser gefilllte
Busen im Falle der Absperrung und Austrocknung nicht im Stande
sind, die Bildung grösserer Salzlager zu bewerkstelligen, so vermögen
dies noch viel weniger flache Strandseen. Die Salzschichten, welche
sich bei ihrer Verdunstung auf ihrem Grunde niederschlagen, können
nur eine geringe Mächtigkeit besitzen und müssen verschwindend schwach
sein gegen die Salzlager von Stass&rt, Wieliczka und Sperenberg.
Die ^Mächtigkeit des bisher aufgeschlossenen Salzflötzes von Stassfurt
beträgt 400 Meter; doch hat man das Liegende desselben, d. h. seine
untere Grenze noch nicht erreicht. Die Salzlager von WieHczka sind
stellenweise über 1400 Meter mächtig; bei Sperenberg (5^/^ geogr.
Meilen südlich von Berlin) hat man Steinsalz in einer Tiefe von 90
Metern erbohrt und dasselbe in völliger Reinheit bis zur Tiefe von
1550 Metern verfolgt, ohne bis zum Liegenden vorzudringen. Eine
Salzschicht von solcher Mächtigkeit würde einen Ocean voraussetzen,
dessen Tiefe 100 Kilometer (13 ^/g geogr. Meilen) beträgt, während
doch der Ocean nur eine durchschnittliche Tiefe von 8^/2 Kilometern
(nicht ganz '/g geogr. Meile) hat.
Schwächere Salzflötze mögen vielleicht bisweilen oceanischen Ur-
sprunges sein ; zur Ablagerung grösserer Salzmassen aber sind offenbar
nur Binnenseen ohne Abfluss geeignet. Bäche und Flüsse fuhren den
Seen ununterbrochen das Material hierzu herbei und zwar ausser Chlor-
natrium auch ChlorkaUum, Chlormagnesium und schwefelsaure Magnesia^
sowie (insbesondere im Frühjahr) Schlamm, d. h. dieselben Mineralien,
aus denen sich die Steinsalzlager meist zusammensetzen. Die durch Ver-
dunstung an der Oberfläche concentrirte Lösung senkt sich zu Boden,
bis hier endlich aus der gesättigten Salzlauge Steinsalz auskiystallisirt.
So ist der Bildungsprocess eines Salzlagers eingeleitet, der so lange
fortdauert, als die Flüsse Salze in den See hinabtransportiren, und
der somit auch die Anhäufung der mächtigsten Salzmassen hervor-
rufen kann.
Im Frühjahr wird gewöhnlich in Folge des reicheren Wasser-
zuflusses kein Steinsalz ausgeschieden, während gerade zu dieser Jahres-
') Sein Spiegel liegt in 71 Meter Meereshöhe, und seine Tiefe beträgt
290 Meter.
*) Meereshöhe seines Spiegels: 197 Meter; Tiefe: 854 Meter.
332 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufüiülle der Erde.
zeit das Yon suspendirten KsJk- und Thontheilchen getrübte Wasser
die Entstehung von Elalk- und Thonsedimenten über den SalzflötEen
bewirkt Im Sommerhing^en begünstigt die stärkere Wasserverdunstung
die Ablagerung des Salzes ; somit entwickeln sich in mehr&cher Wieder-
holung Steinsalz-, Thon- und Ealkschichten über einander. Enthält
das Wasser dnes Beckens, in welchem ein derartiger Voigang statt-
findet, auch schwefelsauren Kalk au%elöst, so muss sich dieser firüher
als das Chlomatrium ausscheiden, da der Sättigungspunkt des Wassers
durch schwefelsauren Kalk eher erreicht wird als durch Chlomatrium.
Daher hegen Gyps- oder Anhydritschichten so häufig unmittelbar unter
Steinsalzflötzen. Wechseln die ersteren mit den letzteroi öfter ab, so
darf man hieraus schliessen, dass sich der Wasserzufluss periodisch
erneuerte. Die Thatsache, dass sich der schwefelsaure Elalk bald wasser-
firei als Anhydrit, bald in Verbindung mit Wasser als Oyps ausschddet,
erklärt sich aus der Verschiedenheit des Druckes, welcher auf den
sich bildenden Schichten lastet Ein Druck von 10 Atmosphären genügt
nämUch, den schwefelBauren Kalk aus seiner Lösung als Anhydrit ans-
kiystallisiren zu lassen. Diese Bedingung aber ist bereits auf dem Bod^i
eines 103 Meter tiefen Sees erftillt Die am lichtesten löslichen Salze, wie
Chlormagnesium, ChlorkaUum, Chlorcalcium, schwefelsaures Kali, schwefel-
saures Natron und schwefelsaure Magnesia, die sogenannten Mutteriaugen-
salze, scheiden sich zuletzt aus, wenn das Wasser vollständig verdunstet
Sonach würde auf dem Grunde eines Sees, in dessen verdunsten-
dem Wasser Salze aufgelöst sind, unter normalen Verhältnissen zuerst
ein Lager von Oyps entstehen, dann ein Schichtencomplex von Stein-
salz mit dünnen Zwischenlagen von Thon, Kalk, Oyps oder Anhydrit
und zuletzt eine Schicht der am leiditesten löslichen Mutterlaugensalze.
Dieser Vorgang ist demnach dem künstiichen Verdunstungsprocess der
Soolen in den Salzsiedereien in hohem Orade ähnlich; denn hier setzen
sidi zuerst die Pfiumensteinsalze ab, imter denen meist schwefelsaurer
Kalk (Oyps) vorwaltet, also die schwerlöslichsten Salze, sodann die
Soppensalze und zwar hauptsächUch das Kochsalz, während die leicht-
löshchen Salze noch in der Mutterlauge blähen; bei weiter fort-
sdireitendem Abdampfen würden auch sie sich ausscheiden.
Ein treffliches Zeugniss fär die Sichtigkeit der obigen Annahme
lieferte die Durchbohrung des mächtigen Salzlagers von Stassfiirt
(4 geogr. Meilen südlich von Magdeburg). Die tie&te, 228 Meter
mächtige Lage (das untere Ende ist dabei noch nicht erreicht) ist reines
Steinsalz, welches durch parallele, etwa 8 bis 16 Centimeter brdte
Anhydritstr^en in zahlreiche Bänke getheilt wird (Anhydrit-R^on).
Auf dieser ruht eine 66 Meter mächtige Schicht unreinen Steinsalzes,
welches mit leichtlösUchen Substanzen, namentlich mit Chlormagnesium
XI. Die Entwicklungsgeschichte der stehenden Wasser auf der Erde. 333
gemengt ist und von Polyhalitschnüren durchzogen wird (Polyhalit-
B^on). Die nttchste, etwa 60 Meter mächtige Zone zeigt neben Stein-
salz und mit ihm wechsellagemd schwefelsaure Verbindungen, insbesondere
Kieserit und Bittersalz (Eieserit-Region). Den Abschluss des Steinsalz-
lagers nach oben bezeichnet endlich eine 45 Meter mächtige Schicht,
die aus einem bunten Gemisch von Steinsalz, Bittersalz und leicht zer-
fliesslichen Kalisalzen (sog. Abraumsalzen oder Mutterlaugensalzen:
Camallit, Stassfurtit, Sylvin, Eainit, Tachyhydrit) besteht (Camallit-
Region). Das Stassfurter Steinsalzlager ist demnach wohl zweifellos
das Ergebniss eines Verdunstungsprocesses, welchem eine bewegungs-
lose Salzlösung ausgesetzt war.
Wir würden jedoch irren, wenn wir der geologischen Vergangen-
heit allein derartige Bildungen zuerkennen wollten; vielmehr entstehen
dieselben auch heute noch vor unseren Augen. Wir eriimem hierbei,
um nur ein Beispiel anzuführen, an das Todte Meer. Der wichtigste
Zufluss desselben, der Jordan, ist reich an au%elösten Salzen; denn
auf 100000 TheQe seines Wassers konunen, abgesehen von den übrigen
BestandtheUen, 52 TheQe Chlomatrium und 25 Theile Chlormagnesium.
Da das Todte Meer natürlich nur reines Wasser durch Verdunstung
verliert, während der Jordan ununterbrochen salziges Wasser herbeileitet,
so wird der Salzgehalt stetig vergrössert Dabei lagerten sich schwefel-
saurer Kalk und Steinsalz zuerst ab; hingegen blieb Chlormagnesium
au%elöst im Wasser zurück. Je mehr aber der Chlormagnesiumgehalt
des Wassers zunimmt, um so weniger Kochsalz vermag das Wasser
zu lösen. Es vollzieht sich daher im Todten Meere bei der jetzigen
Beschaffenheit des Wassers fortdauernd die Ablagerung von Steinsalz,
da der Jordan unablässig neues Material hierzu liefert, obwohl daa
Chlomatrium jenes Meeres nur 8,41 bis 15,95 Procent der Wasser-
masse ausmacht Das Wasser des Todten Meeres ist sondt — und
zwar wegen der durch lange Zeiträume hindurch fortgesetzten Ver-
dunstung — im Zustande einer Mutterlauge, deren bedeutender Brom-
magnesiumgehalt eine bereits erfolgte starke Ausscheidung von Chlor-
natrium anzeigt Würden plötzlich alle dem Todten Meere zuströmen-
den Wasser versiegen, so bildete sich in seinem Becken eine im wesent-
lichen aus Chlormagnesium, daneben aber aus Chlomatrium, Chlor-
caldum, Chlorkalium und Brommagnesium bestehende Schicht. Wie
von dem Todten Meere, welches 24,5 Procent fester Bestandtheile auf-
weist, so dürfen wir auch von anderen Seen, deren Wasser eine nahezu
gesättigte Salzlauge ist, annehmen, dass in ihnen gleiche Processe wie
im Todten Meere stattfinden; dies gilt z. B. von den Seen Südrussland's
(von dem Elton-See bei Saratow mit 28,8, dem Rothen See bei Perekop mit
37,2 (?) Procent Salzgehalt), des armenischen Hochlandes (vom Urmiasee
334 Dritter TlieiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde..
mit 22,07 Procent Salzgehalt), Kldnasien's, Tibet's, sowie der Wüste Utah
(vom grossen Salzsee) u. a. Die dicken Krusten, welche sich in Folge
Uebersättdgung des Wassers am Boden und an den Ufern dieser Seen
niederschlagen, sind augenscheinliche Zeugnisse hierfiir.
Wenn wir oben erwähnten, dass die am leichtesten löslichen Mutter-
laugensalze nur in den obersten Schichten der Salzlager angetroffen
werden, so ist hierbei wohl zu beachten, dass sie in vielen Fällen gänz-
lich fehlen, da sie sich häufig überhaupt nicht ausscheiden, oder, wenii
dies geschieht, bald nachher durch das Wasser wieder fortgeftüirt werden.
So vermisst man sie hat durchgängig in den Salzlagem der Alpen und
Earpathen. Aber auch den eigentlichen Steinsalzlagem droht die Gre-
&hr, eine Beute des Wassers zu werden, und sie wurden thatsächlich
von diesem Schicksal wohl immer dann betroffen, wenn sie nicht von
wasserdichten Thonschichten umhüllt und so vor Auflösung und ECn-
wegschwemmung geschützt wurden« Eine solche wasserdichte Hülle
umscUiesst z. B. die Steinsalzlagerstätte von Stassfnrt so hermetisch,
dass die dortigen, der permischen Formation angehörenden und somit
viele MilUonen Jahre alten Chlorcalcium- und Chlormagnesiumschichten,
welche bei dem gewöhnUchen Feuchtigkeitsgehalt der Atmosphäre zer-
fliessen würden, doch durchaus trocken geblieben sind. Ebenso sind
die Salzlager von Wieliczka allseitig von Thonschichten umgeben. Sowie
an derartigen Stellen eine Schichtenstörung erfolgt, beginnt das Wasser
seine auslaugende Thätigkeit, und so ist die Bildung von Soolquellen
eingeleitet
Die grössten Steinsalzlager scheint die Trias zu bergen, weshalb
man sie früher mit dem Namen „Salzgebirge'' bezeichnete; indess kennt
man sie jetzt £Eist in allen Formationen. Silurische Steinsalzlager
finden sich in Westvii^inien, bei Salina und Syracuse im Staate New-
York, sowie bei Saginaw in Michigan, carbonische am ICanawba
und New -River rWestvirginien), im englischen Steinkohlengebirge von
Durham und Bristol, dyassische bei Gera, Artem (Thüringen), Stass-
fiirt, Halle, Sperenberg und Segebeig (Holstein), triassische im Bunt-
sandstein bei Hannover, Salzderhelden (Provinz Hannover), Schöningen
(Braunschweig), im Muschelkalk bei Emsthall und Stottemheim (Thü-
ringen), in Franken, am oberen Neckar und Kocher (Württemberg)
und in der nördlichen Schweiz, im Keuper bei Hall (Tirol), Hallein.
Berchtesgaden und in Lothringen bei Vic, Dieuze und Chateau Salins,
sowie in Ebgland bei Liverpool, jurassische bei Rodenberg am
Deister (Soole) und bei Bex im Canton Waadt, cretacöische in
Algerien und Peru, tertiäre bei Wieliczka und Bochnia in OaUzien,
in Siebenbüi^n, bei Cardona in Catalonien, in Kleinasien und Armenien,
und noch heute schreitet jener Bildungsprocess von Salzlagem, wie
XI. Die Entwicklungsgeschichte der stehenden Wasser auf der Erde. 335
oben gezeigt wurde, ununterbrochen weiter fort^). Die Bedingungen
zur Entstehung von Salzlagem fehlen also, mindestens von der silu-
rischen Periode an, keinem geologischen Zeitalter, und sie werden so
lange vorhanden sein, als sich Continente mit abgeschlossenen Binnen-
seen über die Meeresfläche erheben.
Wahrscheinlich ist der Salzbergbau fast ebenso alt wie die Mensch-
heit selbst Das älteste Salzbergwerk, von welchem wir Kunde haben,
ist wohl dasjenige zu Kulpe (Eulpi, Kulp) im südwestlichen Theile von
Russisch -Armenien. Geht doch die Sage von ihm, dass Noah bereits
hier Salz geholt habe! Auf weite Strecken hin liegt hier das Stein-
salz firei zu Tage; der Salzgewinn erfordert hier also nur einen äusserst
geringen Mühaufwand *).
^) Herrn. Credn er, Elemente der Geologie. 3. Aufl. Leipzig 1876. S. 45
«) K. y. Gerstenberg im Ausland 1872, S. 913 ff.
XII. Die Gletscher.
Die Bezeichnung „ewiger Schnee^ kann leicht za der irrigen Meiniing
flihren, dass derselbe Schnee, welcher vor Jahrhunderten oder gar
Jahrtausenden auf den Hochgebirgen oberhalb der Schneegrenze fiel,
auch heute noch sich dort behaupte. Wäre dies richtig, so müssten
auf den meisten Hochgebirgen Schneemassen liegen, welche fär sich
allein einen gebirgartigen Schneewall zu bilden yermöchten. Würde
z. B. der alpinen Schneemasse alljährlich eine Sdiicht von 1 Meter
Höhe hinzugefugt, so müsste sie seit Beginn der christüdien Zeitrechnung
an Höhe um 1880 Meter gewachsen sein«
Die über die Hochgebiige ausgebreitete Schneedecke ist jedoch
schon deshalb keine beharrEche, weal sich der Verdunstongsprocess
auch bei Temperaturen unter dem Grefiierpunkt unausgesetzt vollzieht
Hierzu kommt, dass die oberen Sdmeemassen auf die unteren ^en
Druck ausüben; die letzteren bew^en sich daher thalwärts und zwar
theils ruckweise in Lawinenstürzen, insbesondere an stdlen, firei stehenden
Abhängen, thdls stetig, aber mit kaum wahrnehmbarer Geschwindigkeit
auf sanft geneigtem Bette, bis sie wärmere Gegenden erreichen, in
denen sie schmdzen.
In den Alpen bewahrt der gefidlene Schnee nur in Höhen von mehr
als 4000 Metern in Folge der grossen Kälte und Trockenheit der Luft
seine Eiystallgestalt Weiter abwärts schmilzt die oberflächliche Schnee-
schicht unter der Einwirkung der Sonnenstrahlen und warmer Winde;
das Wasser dringt in die tieferen Lagen ein, wo es niedere Tempera-
turen vorfindet und deshalb wieder gefriert So verwandelt sich der
mit Wasser getränkte Schnee allmählich in eine aus erbsengrossen, ab-
gerundeten Körnern bestehende Masse, welche man als Firn oder "Sevi
bezeichnet (fem, im Mittelhochdeutschen fime, bedeutet soviel als alt,
vorjährig; der Firn ist also alt^, voijähriger Schnee). Die vom Firn
überlagerten Flächen heissen flinfelder oder Fimmeere. Sie sind ge-
Wissermassen die Quellr^on der Gletscher, d. k ihr Ausgangsgebiet
. XU. Die Gletscher. 337
Wie der Hochschnee, so gehorcht auch der kömige Firnschnee
dem Gesetz der Schwere; er sammelt sich sowohl in den von steilen
Felswänden umschlossenen Gebirgstobeln, als auch in den sanfte
Böschungen darbietenden flachen Thalmulden und wandert in denselben
thalabwärts. Demnach bilden die Fimfelder die Eisreservoirs flir die
Gletscher, wie etwa die Seen die Wasserbassins für die Flüsse, welche
ihnen entströmen. Wir dürfen, um noch einen Augenblick bei diesem
Vergleich zu verweilen, mit vollem Rechte den Gletscher selbst als einen
Eisstrom betrachten. Die Tiefen imd Untiefen, die Erweiterungen und
Einengungen, die Strecken mit bedeutendem imd geringem GefkU, die
Beschleunigung der Bewegungsgeschwindigkeit von imten nach oben,
von den Rändern nach der Mitte, die Verbindung des Hauptarmes mit
Zuflüssen: dies alles findet sich bei einem Gletscher ebenso wie bei
einem Strome. Besonders ist zu betonen, dass die Gletscher gleich den
Strömen nur den Thälem angehören. Gebannt in enge, tiefe Gehäuse
sind daher die Gletscher fast niemals aus der Feme sichtbar. Das
blendende Weiss auf den Häuptern unserer Hochgebirge, welches wir
schon in einem Abstände von vielen Meilen erblicken, rührt nicht von
Gletschern, sondern vom Firnschnee her.
Das Gletschereis ist durchaus keine homogene Masse; vielmehr
unterscheidet es sich durch eine ihm eigenthümliche Structur von
jedem anderen Eise. Der Gletscher besteht, wie man dies an breiteren
Klüften am Fimfelde wie auf dem eigentlichen Gletscher beobachten
kann, nicht aus einer gleichartigen Eismasse, sondern abwechselnd aus
weissem Eise, welches den grösseren Theil der Masse bildet, und aus
dunklerem, d. h. blauem Eise, welches in dünnen, vielfach parallelen
Lagen das erstere durchsetzt. Häufig laufen diese blauen Bänder in
gleicher Richtung mit der Oberfläche , schneiden sich jedoch auch oft
mit dieser, sowie mit der Längenaxe des Gletschers unter den manig-
&chsten Winkeln.
Eine nähere Untersuchung des weissen und blauen Eises lässt uns
sehr bald die Ursache dieses Gegensatzes erkennen. Die weisse Varietät
ist nämlich mit zahlreichen kleinen Luffcbläschen erflillt; an den Wänden
derselben wird das eindringende Licht nach allen Seiten reflectirt, und
so erscheint dieses Eis weiss und undurchsichtig. Im Vergleich zu dem
weissen Eise enthält das blaue nur wenig Luftblasen und ist deshalb,
ähnlich unserm Wassereis, bläulich und durchsichtig. Uebrigens ist
die Beschaffenheit des Gletschereises nicht an allen Theilen des Gletschers
dieselbe; es vollzieht sich vielmehr thalabwärts ein steter Umwandlungs-
process. In der Nähe der Fimregion hat das weisse Eis wegen seiner
zahlreichen und grossen Luftblasen ein fast schwammähnliches Aus-
sehen; weiter abwärts hingegen wird die Masse compacter und nähert
Peschel-Leipoldt, Phys. Erdkunde. II. 22
338
Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
sich endlich am unteren Ende des Gletschers in seinem Gesanunt-
charakter mehr und mehr dem bkaen Eise^).
Verschiedehe Factoren mögen dazu bätragen , dem Gletschereis
jene Bänderstmctnr zu yerldhen. Tyndall führt znr Erklärong der-
selben an, dass Schnee zwischen die Blöcke von fjscascaden hindn-
fidlt, dass dann diese Mischmig von Schnee und klarem Eis bei dem
weiteren Vorwärtsschreiten des Gletschers wieder zusanmiengepresst und
durch die Bew^ung der IVIasse allmählich sowohl zu weissen Lagen
(aus Schnee), wie zu klaren (aus Eis) gleichmässig gestreckt wird.
Weit mehr sind zeitweilige Hegen, sowie die Schneeschmelze an der
Entstehung der blauen Eisadem beiheiligt Im Sommer sinkt das in
grosser Menge vorhandene Schmelzwasser in ansehnUche Tiefen hinab
und eilt bei raschem Fortgange des Schmelzungsprocesses über die mit
Wasser gesättigten oberen Schichten thalabwärts. Sind diese jedoch
im Herbst einmal fest gefiroren, so wird die ESsmasse nur oberflächlich
durch die Sonne geschmolzen; das Wasser dringt nur wenig tief ein
und wird des Nachts wieder zu Eis. Dasselbe geschieht auch mit dem
Wasser, welches warme Strichr^en liefern; eb^iso werden durdi starke
Thaubildung in heiteren Nächten neue, dünne Eislagen geschaffen,
deren ConsoUdation durch oberflächUches Anschmelzen an klaren, ruhigen
Wintertagen sehr gefördert wird. Fallen nun im Winter bedeu-
tende Schneemassen, so vermag die Sonnenwärme nicht mehr auf den
voijährigen Firn wesentlich einzuwirken. Sein unterer Theil erstarrt
jetzt zu einem porösen, blasenreichen Eise, welches von der neuen Firn-
sdiicht durch ein Band dichteren, blasenärmeren und deshalb blau
erscheinenden Eises getrennt ist.
Die beifolgenden Zeichnungen (Fig. 36, 37, 38) geben dn ideales
Bild von der Lage der einzelnen Schichten des Gletschers, die wir
Fig. 36.
Lingenprofil eines Gletschen. Nach C. t. 8011 klar.
etwa den Jahrringen der Bäume vergleichen können. Der concaven
Form der Fimmulde entsprechend, von welcher der Gletscher ausgeht,
nimmt auch die erste Gletscherschicht, da das Fia ein starrer Körper ist.
eine concave Form an. Im nächsten Jahre entsteht im Fimgebiete
^) C. Y. Sonklar im Aasland 1S70, S. 721 f.
'^K^^V^pj^f^'wtl^t, welche ebeuBO
''H'.^^H^Sf®^^^** dieser "'
mß. ST.
^SlH^E^i^^lSf^iä^ ^ ihrem Liegenden
*Sm*B^^^'P'^||'^ >'^ ^^^^ Btbider
]]M^1^d|:teCii|t3^er sind sie parallel den
3^i^*^^£^^^>^ Mitte des Gletschers
^J^:^^^^!^^»* Axe der Bewegung
il^Vi^JfS^li^^^Ä^^hten in dieser Gegend)
:^*r ; • •
n.£&^;&^e%A^tr|ftr:33ff^ehr kleinen, dann aber
i*C.^|^«i^l0Selfönnige Erhebung
El^^pl!^^ auf den Ausgang der
- ■S^S^?^^^^*^^'^'^ °'^ keineswegs
löUe der Erde.
uSl^lt!i^^|p|}{B^.a^ten, wie sie die obigen
i=g^yials, da die Hochgebirgs-
— **"B bin dassdbe Retief be-
eites Tbal ein, so erfüllt
ESslagen verlieren hierbei
Führt hing^en s^
:{9 B''cl^'^i^e Bänder an beiden Seiten
Higi)SEIStWiftn«'>ngende Felsen den Laof
■ atarsrclHI 'UÜ'uii*.^^ wrIIrh- ndor ricikTack-
SlMi |^^*^(lH'^^tti£& wdlen- oder zickzack-
fDgg H'''-B'l9i9if^R"^^''^ nicht, wie man so
1i^iHl^j^^iy»^ififJiS}dar; vielmehr breitet sich
I|'2p^H^g^>.||^JB mÜ|Stäublöcken gleich losem
t^l^MLlS^hüll'ShGO Oa theils in Folge der Ver-
Dif^BA9K«teinszeT^pret)gung durch
ä|: s: i^gebeuren SchutÜialden an-
. g. -■—-■.■«,,--. w- -«■'^'''^^'^S^"*'* drängende Eisstrom
-t •*"Cr-t";-'-lf|;:|£^6§ÄpI^l^^»:der Staob und Sand über
..*-;
:l
t man ausser den moir^
welche durch die blauen
S|! Gletscher gezogen werden,
,^^_^_jjj3ie noch schmutzige Streifen
!^^^^l^^»^}^leinere Steine mehr Wärme
Jt^t^t^^ei3s^> 1^ Eis, so schmilzt dasselbe
,*y>^guiä^3^!b^vi^tältmssmässig rasch, and so
2£9^^e^ä^^*&^I'ertiefW Bmnen geschaffen,
i^^^S^C^^^t^^''^''^''^''^ Bog^n ^ou dem
^^Ä^ägSl^lÄ^eipQletschers bis zom andern
■S^'äp^^£^3i^3£C Ansammlung von kleine-
:liiJii6»*^!s[i^u^Ssonder8 eignen.
. : . iS»^|^;H^"*m^^ sind jedoch diejenigen
''^e^gcf^^^^^ welche sich als lange,
^;^^^^^;^Üle an den Rändern des
'^..»^«i.r^^l^^gQQj Ende verfolgen lassen.
i^%^^^ Bemer Oberland Gan-
^^^^^ien (ilittebnoränen) , im
3«-3*i^ac-^i^'^P ^® Älorilnen nicht bloss
i>ülE^*^itt&^£«t^;.^t'^^^'^ bildet der Schutt
ä^U^e^^^^M^S^Sü^, welche das darunter be-
^^^^'^W^^jiUw ^^if*- Während nun die frei-
'''^h^S^^^^^^'^^f^^^ schmelzea und somit
341
Blöcken Ubersäeten
842
Dritter Theil . Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Ist der Gletscher in Thalgebiete herabgestiegen ^ dei^ta mitdere
Jahrestemperatur tlber 0^ C. ist, so b^innt das Abschmelzeni und
dieses erfolgt in um so stärkerem Masse, je wdter der Gletscher nach
unten vorrückt. Endlich gelangt er an einen Punkt, wo sich die Eis-
massen des Gletschers völlig in Wasser auflösen. Hierbei sinkt der
Gesteinsschutt, welchen der Gletscher auf seinem starren Rücken bis hier-
her zu transportiren vermochte, zu Boden und bildet die Stirn- oder
Endmoräne, welche meist in einem thalabwärts convexen Bogen die
schmelzende Eismasse umlagert Aus der petrographischen Beschaffen-
heit der Geschiebe lässt sich mit EQlfe einer geologischen Sparte häufig
der Ort im G^bii^ bestimmen, woher dieser oder jener Stein stammt
und durch welchen Gletscher er herabgetragen worden ist. Die End-
moränen erreichen oft eine Höhe von 50 bis 60 Metern, während Seiten-
und Mittehnoränen nur selten mehr ab 10 bis 12 Meter hoch sind.
Obwohl das Gletschereis unter gewissen Verhältnissen eine plastische
Substanz ist, so erweist es sich doch andrerseits auch als eine sehr
spröde Masse, wie die zahlreichen Spalten lehren, von denen es durch-
zogen ist Spalten entstehen selbst da, wo die Neigung der Thalsohle
beständig die gleiche ist und das Gletscherbett dieselbe Breite bewahrt,
weil nicht alle Schichten des Gletschers gläch schnell vorwärts schreiten.
So bleiben insbesondere die Ränder gegen die Mitte zurück. Zwei be-
beliebige benachbarte Punkte, von denen der eine in der l^Iitte, der andere
am Rande liegt, entfernen sich demnach mehr und mehr von einander;
da sich nun das flis nicht dem entsprechend dehnen kann, so zerreisst
es schliesslich, d. h. es wird von Spalten durchschnitten. Gesteigert
wird ihre Zahl, sobald iigend welche Unregelmässigkeiten im Gletscher-
bette vorkommen. Stellt sich einer vordringenden Gletschermasse ein
Felsenriff in den W^, so staut sie an demselben und ergiesst sich
schliesslich stark zer-
Fig. 43.
klüftet über denselben
hinweg. Wo ferner die
Thalsohle ihre Neigung
wesentlich ändert, er-
folgt überall eine starke
Zersplitterung des Eises.
Tiefe und breite Qu er-
s palten durchsetzen in
diesem Falle den Glet-
scher von dem einen
Ufer bis zum anderen.
Am Fusse einer besonders schräg geneigten Thalpartie wird der
Gletscher durch den Druck der Masse dahinter gewaltig zusammen-
Qii«np«lt«ii dM GWtschers.
XII. Die Gletscher. 343
gepresst; die Eislager werden nach oben gedrängt, und so entsteht ein
System von Falten, wie es durch Fig, 43 (a) angedeutet wird. Ein
gebogener Stockgriff oder ein Bockärmel (letzterer falls der Ellbogen
gekrümmt ist) bietet ein ähnliches System von Falten dar. Am Be-
ginn des steileren Gehänges aber (Fig. 43 h) bricht das Eis radial um
die Felskante, so dass die Spalten oben am weitesten auseinander
klaffen und nach unten sich verengen. Wo die Thalsohle nahezu
senkrecht verläuft, da wird die Eismasse völlig zertrümmert, indem
die Eisblöcke mit Donnergetöse in die Tiefe hinabstürzen. Am Fusse
einer solchen Eiscascade findet sich ein Chaos von Blöcken, Thürmen,
Zacken imd Nadeln aus Eis, sowie von Felsstücken; viele derselben
langen zu Pulver zermalmt unten an. Zu den schönsten Eiscascaden
gehören die auf dem Glacier du Talifire, sowie am unteren Ende der
Mer de Glace (beide in der Montblanc-Gruppe gelegen).
Tritt irgendwo eine Erweiterung des Gletscherbettes ein, so dehnt
sich die Gletschermasse über die ganze Thalbreite aus; es bilden sich
demnach Spalten, welche den Ufern
des Gletschers nahezu parallel sind. F'g- 44.
Man bezeichnet dieselben als Längs-
spalten (Fig. 44). Kreuzen sich zwei
Spaltensysteme, so entstehen thurm-
oder obeUskenartige Eisfelsen , welche Lamcsspaiten des oietachers
durch seitlichen Stoss leicht umgestürzt
werden und im Momente des Falles in lauter Eissplitter zerstieben.
Diejenigen Gesteinsstücke, welche auf der Gletscheroberfläche fort-
bewegt werden, besitzen firische Bruchflächän, scharfe Ecken und
Kanten. Durch die Spalten aber gelangen zahlreiche Trümmer hinab
an die felsigen Uferwände oder auf die Thalsohle des Gletschers und
werden unter dem Druck der auf ihnen lastenden Eismasse entweder
zu Sand zerrieben oder abgerundet, geglättet und mit feinen Streifen
versehen (polirte und geritzte Gletschergeschiebe). Diese Geröllschicht
auf dem Grunde des Gletschers heisst seine Grundmoräne. Wie
das Gletschergeschiebe, so wird auch das Gletscherbett geschliffen,
geftircht imd zerkratzt Ursprünglich eckige Felskanten zeigen nament-
lich auf der vom Gletscher zuerst getroffenen Seite abgerundete Formen
(Bundhöcker, roches moutonn^es). Jene Bitzen und Streifen, die
man Gletscherschliffe nennt, sowie die Bundhöcker sind überall, wo
sie gefimden werden, Zeugnisse dafUr, dass einst Gletscher hier ihre
Thätigkeit entfalteten. Wie gering übrigens die erodirende Elraft der
Gletscher ist, wurde schon früher (Bd. I, S. 473 ff.) dargelegt.
Wiederholt haben wir bereits angedeutet, dass die Eismasse des
Gletschers, obwohl starr und scheinbar bewegungslos, doch beständig
hülle der Erde.
_^^b Jahrhunderten war die
Ij^pniss; sie ist jedoch ent
,-.~-.^-».
|j|:«^fiÖ9li>^ worden und zwar zuerst
@a!K£||;^^ter wurden zu gleichem
"""* 3g?^||^iz auf dem Aaigletacher,
Prüdem Schlagtnt weit
^^sSi^ioÄ^* Mer de Glace und toh
lKi^Mg2"3 jifewegung im Grossen and
iii:Si.Ä!?^ dürfen.
-J* geeignet sind, die Grösse
SMZgsharakterisiren , verdienen
"^en. Im Jahre 1788 lieas
bd der Eiscascade des
S&e bOlz^ne Ldter zurück,
'>$ter, mehr als 5200 Steter
l:<omit war der Olacier da
. 120 Meter Toigerückt
ehe m StUck Es des
phers anlangt Im Jahre
Xn. Die Gletscher. 345
1836 stürzte ein Führer in der Nähe des berühmten „Jardin", eines
aus dem Glacier du Tal&fre hervorragenden Felsens, in eine Gletscher-
spalte, rettete sich jedoch unter Zurücklassung seines Tornisters. Derselbe
kam 10 Jahre darauf 1400 Meter weiter abwärts wieder zum Vorschein,
hatte somit, was zugleich von dem Gletscher selbst gilt, jährlich einen
durchschnittlichen Weg von 140 Metern- zurückgelegt. Im Jahre 1827
errichtete Hugi auf der Mittehnoräne des Unteraaigletschers eine Hütte,
um dort Beobachtungen vorzunehmen. Der Punkt, an welchem diese
Hütte stand, wurde von ihm selbst und später von Agassiz wieder
bestimmt, wobei sieh ein ansehnliches Abwärtswandem derselben ergab.
Nach Ablauf von 14 Jahren, nämlich 1841, hatte sie sich 1587 Meter
von ihrem ursprünglichen Orte entfernt; sie war demnach mit einer
durchschnittlichen Geschwindigkeit von 113 Metern im Jahre thal-
abwärts geschritten.
Die stärkste bisher ermittelte Bewegung zeigt die Mer de Glace,
nämlich 864 Millimeter in 24 Stunden; dann folgt der Gurgler Gletscher
mit 771, der Aargletscher mit 374, die Pasterze mit 257 IVIillimetem.
Diese vier Gletscher legen also in der Stunde im Mittel nur einen Weg
von 36, resp. 32, 15,6 und 10,7 Millimetern zurück *)!
Das Mass der Gletscherbewegung ist jedoch nicht bloss für jeden
Gletscher ein besonderes, sondern variirt auch an verschiedenen Stellen
eines und desselben Gletschers; ja es ist sogar beträchtlichen zeitlichen
Schwankungen unterworfen.
Die Geschwindigkeit des Fortrückens steigert sich zunächst, je
mehr die Neigung des Gletscherbettes wächst. Daher kommt es, dass
sich manche Gletscher in ihrem mittleren Theile rascher bewegen als
an ihrem unteren Ende, wodurch zugleich ansehnliche Differenzen in
der Dichtigkeit des Eises herbeigeführt werden. So zieht der mittlere
Theil des Aargletschers nahezu 1^/3 mal so schnell abwärts als der
untere; in Folge der hierdurch hervorgerufenen Compression wiegt ein
Cubikmeter Eis vom Ende dieses GletscKers 72 Kilogramm mehr als
ein solcher aus der Mitte desselben.
Auch die Grösse der nachdrängenden Eismassen ist nicht ohne
Bedeutung für die Schnelligkeit der Gletscherbewegung. So fend
Agassiz, dass der Aargletscher in gleicher Entfernung von der
Mittelmoräne eine sehr verschiedene Bewegungsgeschwindigkeit besitzt
Auf demjenigen Theile des Gletschers, welcher dem Finsteraarhom-
gletscher entsprach, beobachtete er eine Bewegung von 189 Millimetern
in 24 Stunden, während sie in gleicher Zeit auf dem Zuflüsse des
Lauteraar nur 55 J^IiUimeter betrug, obwohl beide Eisströme vereinigt
') Fr. Pfaff in Poggendorffs Annalen, Bd. CLI (1874), S. 327.
346 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der £rde.
in demselben Bett und unter gldchen Neigungsverhftltniiwen fort-
rücken.
Femer bew^ sich der Qletscher ganz in Uebereinstinmiung mit
flüssigen Massen in der Mitte rasdier als an den Bfindem und an der
OberflAche schneDer als in der Tiefe, weil an den Rändern wie in
der Ti^ die Reibung an dem Gestein hemmend auf die Bewegung
einwirkt Das vergleichsweise rasche Fortschreiten des Gletschers in
der Mitte erkennt man sofort, wenn man eine grossere Anzahl von
P&hlen in einer geraden Linie, welche die lAngsaxe des Gletsdiers
rechtwinklig durchschneidet, auf diesem aufpflanzt Alle P&hle wan-
dern thaUbwärts, die mittleren jedoch rascher als die äusseren; daher
bildet jene Rdhe gar bald eine Curve, die zuerst flach ist, sich jedodi
nach und nach immer stärker krümmt • *
Schwerer hing^en ist es, eine Ebr&hrung dafiir zu gewinnen, daas
sich die oberen Schicht^i des Gletschers rascher bew^en als die
unteren. Eine seltene Gel^enheit hierzu bot dem enghschen Physiker
Tyndall im Jahre 1857 ein g^en 45 Meter hoher, &st senkrecht
abstürzender lasabgrund auf der nahe beim Tacul liegenden Seite des
Glader du G&mt^). Auf dem Gripfel und nahe am Fusse wurden
Stangen aufgerichtet; auch gelang es, durch Aushauen von Stufen im
Eise eine Stange auf der Mitte der Eiswand ungeßlhr in dner Höhe
von 13 Metern zu befestigen. Nach einigen Tagen wurden die von
den drei Stangen durchlaufenen Strecken gemessen, und es ergaben
sich folgende durchschnittliche tägliche Bewegungen:
Stange auf der Höhe . . 152,40 Millimeter,
Stange in der Mitte . . . 116,59 „
Stange am Fusse .... 65,02 ^
Die Stange auf der Höhe rückte demnach mehr als doppelt so
schnell vorwärts ab die am Fusse, während die Geschwindigkeit der
mittleren Stange dem arithmetischen Mittel aus dem ersten und dritten
Werthe ziemlich gleichkam. Hiemach scheint die Geschwindigkeit
nicht in gleichem Masse zu wachsen wie die Entfernung vom Boden,
sondern rascher, so dass man in dem obigen Falle wahrscheinlich
bereits 30 Meter über dem Boden die Geschwindigkeit der Oberflächen-
schichten gefunden haben würde. Messungen, welche Tjndall auf
einer angrenzenden Eisklippe anstellte, bestätigten dies. Hieraus er-
klärt sich auch, weshalb die Wände der transvo^en Spalten oben
immer vertical bleiben.
Noch in emer anderen Hinsicht sind die Gletscher denselben
Bew^ungsgesetzen unterworfen wie die Flüsse. Die Linie der grössten
^) John Tyndall, In den Alpen. 2. Anfl. Brannschweig 1875. S. 305 1
Xn. Die Gletscher.
347
Geschwindigkeit des Eises stimmt nämlich nicht genau mit der Mittel-
linie des Oletschers tiberein, sondern tiberschreitet die letztere bei jeder
Krümmung des Gletscherbettes der Art, dass sie sich immer der
concaven Thalwand weit mehr nähert als der convexen (siehe mno pq
in Fig. 46). Die Curven, welche sie beschreibt, sind also noch stärker
Fig. 46.
jn^
Die Linie gröuter Geschwindigkeit der Gletscherbewegong {mnop q).
gewunden als das Thal. Tyndall hat durch seine Messungen, aus-
geftlhrt auf dem Boisgletscher in Savoyen, über welchen an geeigneten
Orten fünf durch 10 bis 20 Punkte markirte Linien gezogen wurden,
die Richtigkeit jenes Gesetzes erwiesen^). Auch drängt die Eismasse
analog dem Flusswasser an engeren Stellen stets schneller vorwärts
als in Thalweitungen.
Endlich wechselt die Grösse der Gletscherbewegung noch mit den
Jahres- und Tageszeiten. Zwar geht die Fortbewegung des Eises, wie
die soi^g<igen Beobachtungen Fr. Pfaff's auf dem Aletschgletscher
im Jahre 1873 ergeben haben*), stets ohne alle Unterbrechung von
statten, so dass der Gletscher niemals völlig zum Stillstand gelangt;
doch wird sie während des Winters bedeutend verzögert und bisweilen
bis auf die Hälfte, ja auf ein Drittel der sommerlichen Bewegimg
redudrt. Dies ist hauptsächlich darin begründet, dass die Gletscher-
masse im Winter in Folge hoher Kälte viel starrer und compacter ist
als im Sommer; in der heissen Jahreszeit wird durch das alle Eislagen
durchdringende Schmelzwasser ihre Beweglichkeit wesentlich erhöht.
Ebenso ist die Geschwindigkeit zur Nachtzeit durchschnittlich etwas
geringer als bei Tage. Während z. B. Fr. Pf äff auf dem Aletsch-
gletscher an zwei Tagen im Mittel für die ganze Beobachtungszeit
(Vormittag 11 Uhr bis Nachmittag 57» Uhr) eine Bewegung von
19 Millimetern flir die Stunde fand, erhielt er um 12 Uhr 8 Milli-
meter für dieselbe Zeit, Nachmittag um 4 Uhr 10 und um 4^4 Uhr
^) Tyndall, Glaciers of the Alps. London 1860. p. 277—284.
>) Poggendorff*e Annalen, Bd. CLI (1874), S. 330 f.
848 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
24 Millimeter. Sie eüeg bis 5 Uhr 5 Minuten, wo sie 80 Millimeter
{lir die Stande ergeben hätte, und sank um SVs Ubi* wieder auf
18 Millimeter herab. In dieser Hinsicht sind Gletscher- und Fluss-
bewegung wesentlich von einander y^*schieden; während der Fluss
bei gleichbleibender Wassermenge örtlich dieselbe Geschwindigkeit
bewahrt, ändert sich dieselbe bei einem Gletscher oft im Verlauf
weniger Standen, obwohl die Eismasse keinerlei Wachsthum oder Ab-
nahme er&hrt.
Im Jahre 1845 erkannte Agassiz, dass die Bew^ung des Aar-
gletschers auch an auf einander folgenden Tagen eine sehr ungleiche
sei und fiir den halben Tag von 6 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends
in der Mitte des Gletschers zwischen 80 und 210 Millimetern schwanke.
Lässt sich nun auch der directe Einfluss der Witterung auf die jähr-
liche und tagUche Periode leicht nachweiBen, so fehlt es doch noch an
einer genügenden Erklärung derartiger Ungleichheiten, ftir welche
meteorologische Vorgänge durchaus nicht verantwortUch gemacht werden
können ^).
Die Ursachen der Gletscherb^wegung sind berdts seit
mehr als Vl^ Jahrhundert der Gegenstand eifriger Forsdiung. Nach
der von Scheuchzer im Jahre 1705 aufgestellten, von Charpentier
und Agassiz erneuerten Dilatationstheorie liefert die Aus-
dehnung des in den feineren Spalten (Capillarspalten) des Eises gefrieren-
den Wassers die Kraft, mit welcher der Gletscher abwärts treibt
Altmann imd Grüner schufen im Jahre 1760 die sogenannte
Gleitungstheorie, welche später auch von H. B. de Saussure
und Forbes vertheidigt wurde und gegenwärtig die allein harschende
ist Nach dieser Theorie schreiten die Gletscher kraft ihrer Schwere
wie starre Körper über die geneigte Grundfläche. Dabei betrachtete
zuerst Bordier (1773) und nach ihm vor allem Forbes die Gletscher-
masse nicht als einen völlig starren Körper, sondern als eine plastische
Substanz, welche sich wie eine recht zldie Flüssigkeit vorwärts wälzt
Besonders wurde man dadurch zu dieser Anschauung genöthigt, dass
das Gletschereis jederzeit die Fähigkeit besitzt, sich dem Canal, welchen
es passirt, anzupassen; eine zähe Masse würde offenbar dasselbe Ver-
halten zeigen. Indess vermisst man an dem Eise jene Dehnbarkeit,
welche Theer oder Honig erkennen lassen, gänzlich; vielmehr wird
ja durch die reiche Spaltenbildung unmittelbar bezeugt, dass wir es
hier mit einem sehr spröden Material zu thun haben« Dennoch giebt
es eine physikalische Eigenschaft, welche uns die Plastidtät des Gletscher-
eises erklären hiUt. Es ist insbesondere Tjndall's Verdienst, die
^) Fr. Pfaff in Poggendorff's Annalen, 1. c S. 931 f.
XIL Die Gletscher. 349
hier vorhandenen scheinbaren Widersprüche gelöst zu haben, und zwar
geschah dies in folgender Weise ^):
Eis und Wasser können nur bei einer Temperatur von 0® C.
neben einander bestehen. Bei jeder neuen Wärmezufuhr würde Eis
von 0® C. in gleich kaltes Wasser, bei jedem Wärmeverlust Wasser
von 0^ C. in Ogrädiges Eis verwandelt werden, so lange noch Eis
und Wasser mit einander gemischt sind. Da nun ein Gletscher eine
nach aUen Richtungen hin von Wasseradern durchdrungene Eismasse
ist, so muss er in seinem Inneren überall die Temperatur des Gefrier-
punktes haben. Nun hat schon im Jahre 1849 James Thomson
theoretisch bewiesen, dass durch Druck die Schmelztemperatur des
Eises erniedrigt werde*), was später von R Clausius*) auf theore-
tischem Wege und von William Thomson*) experimentell be-
stätigt wurde. Hiemach sinkt bei jeder Vermehrung des Druckes um
eine Atmosphäre der Gefrierpunkt um 0,0075 oder V400 ^ C. Somit
muss eine Mischung von Wasser und Eis unter der Einwirkung eines
grösseren Druckes bis unter 0 ^ C. erkalten. Wird dabei dem Gemisch
keine Wärme entzogen, so kann dies nur geschehen, indem freie
Wärme latent wird, d. h. indem etwas Eis in dem Gemische schmilzt
und zu Wasser wird. Da das Eis einen grösseren Raum erfüllt als
das Wasser, welches durch Schmelzung aus ihm hervorgeht, so ver-
ringert sich das Volumen der Masse; diese kann daher dem auf ihr
lastenden Drucke viel besser nachgeben, als dies ohne eine solche Ver-
änderung des Gefrierpunktes der Fall gewesen wäre. So liegen die
Verhältnisse, wenn Wasser und Eis in einem festen Gefäss eingeschlossen
sind, welches dem Wasser keinen Ausweg gewährt.
Etwas anders gestaltet sich die Sachlage bei den Gletschern, weil
das zwischen den zusammengepressten Eisblöcken befindliche Wasser
durch Spalten entweichen kann. Da die tieferen Eisschichten einen
geringeren oder grösseren Druck zu tragen haben, so wird das £jL9
kälter, entsprechend der Erniedrigung des Gefrierpunktes durch den
Druck. Die auf diese Weise fi^i werdende Wärme flihrt eine theil-
weise Schmelzung des Eises zu Wasser von unter 0® C. herbei. In-
*) Vgl. hierzu John Tyndall, Glaciers of the Alps. London 1860, sowie
J. Tyndall, The Forma of Water. London 1872. p. 163 sq.
*) Proceedings of the Royal Society of Edinburgh. Vol. II , p. 204 sq.
(January 1849) und Transactions of the Royal Society of Edinburgh. Vol. XVI
(1849), p. 575 sq.
5) Poggendorff's Annalen, Bd. LXXIX (1850), S. 368 ff. und 500 ff.
*) Proceedings of the R. Society of Edinburgh. Vol. 11, p. 267 sq.
(January 1850). Vgl. hierzu Poggendorff's Annalen, Bd. LXXXI (1850),
S. 163 ff.
350 Dritter ThdL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
dem das letztere in die leeren Zwischenräume eindringt, in denen es
jenem Drucke nicht mehr ausgesetzt ist, gefriert es sofort wieder, und
so kommt es, dass fortdauernd Wasser rings um das unter höherem
Druck stehende Eis gefriert, während ^eichzeitig ein Theil des ge-
pressten fSses hinwegschmilzt
Nimmt man zwei Eisstücke in die Hand und drückt sie zusammen,
so beobachtet man einen ähnlichen Vorgang. Die beiden einander
zugekdbrten Flächen berühren sich, weil sie niemals YöUig eb^i sind,
nicht ihrer ganzen Ausdehnung nach, sondern nur in dnzelnen Punkten.
An den BerührungssteDen schmilzt nun das Eis in Folge der Druck-
erhöhung, wobd das sich bildende Schmelzwasser gleich dem Eise eine
Temperatur von unter 0^ C. besitet Gelangt dieses Wasser in leiere
Zwischenräume, in denen es dem Druck entzogen ist, so gefriert es
sofort wieder, und auf diese Weise werden die beiden Eisstücke ver-
einigt Daher pressen die Ejiaben den Schnee, wenn sie Schneebälle
und Schneemänner machen. Doch haften die Schnee-, resp. Eismassen
nur dann fest an einander, wenn sie eine Temperatur von 0^ C.
haben. Sehr kalter Schnee verhält sich wie Salz oder wie ein trockenes
loses Pulver.
Das soeben eriäuterte Phänomen wurde im Juni 1850 von Fara-
day entdeckt und später vonTyndall auf die Gletschererscheinungen
angewandt^). Nadi Hooker's Vorschlag bezeichnet man es jetzt
allgemein als Regelation.
Im grössten Massstabe tritt uns dieselbe auf den Gletschern ent-
gegen, wo sie bei der Verwandlung des Schnees in Gletschereis eine
ausserordentlich wichtige BoUe spielt Der ursprünglich lockere und
feinpulvrige Firnschnee wird von den über ihm sich aufthürmenden
Schneemassen zu dnem dichten Gefiige zusanmien gedrückt Schmilzt
dann bei Sonnenschein die obere Schneeschicht hinw^, so trifit das
einsickernde Wasser in der Tiefe kälteren Schnee an; sofort gefriert
es, und so werden die feinen Eisnadelchen, ans denen der frisch ge-
fallene Schnee besteht, zu Eiskömem. Da durch neuen Schneefiill
das Gewidit der überlagernden Schichten wächst, so w^en die ein-
zdnen Kömchen immer fester an einander gepresst, und es bildet sich
aus dem Firn nach und nach eine ganz dichte und harte Eismasse.
Um die Verwandlung von Schnee in Eis, welche mch in den
Gletschern unter relativ geringem Druck in langen Zeiträumen voU-
zieht, durch Anwendung stärkeren Druckes in kurzer Zeit zu erzielen,
hat H. Helmholtz') den Hohlraum eines auf 0^ C. erkalteten, unten
^) Philosophical Transactioiis of the B. Society of London. Vol. CXLYII
(1857), p. 327 sq.
^ Populäre wissenschaftliche Vorträge. Braunschweig 1865. Bd. I, S. 120 ff.
351
mKt dieaoi OBta'
eines durch eiiic
Cythida- hinäa-
; täyommai , oitd es fiu»l
,, .^^,jlS£S'Jlfi.i^^agen und trübe dimji-
Ill'lll^KSAnigaliTi!^' geworden tni.
^--•■''^■''''',^fMfMtjk'ae^finaaäe geformt«
i£^ii^f£ä}g^»B^ Form anfügte, aber
od msammmigeiveäst,
'j^ifester, scharfkantiger
ä jk^ »itistellte. Ebenso i
l!J^J5?«Glet»cheM onter dem
^ISfipiRkvVVi S'''^^"^ Eis zti Tranigen.
ii|S>^»tiKltt'^^^KuarreD und Knacken
■ f^^^Ä^fe^^iSt^i^Sl^esem Falle die Eis<
.„^^ä/SUjup^'SfitSß^'^ ^'^''^ erst susanunoi-
^%^'^^^ «c&^«^j||<Ä:^§^ unter die Eisstttcke,
.3 n.^' Z^ 1 _-fliTefc,^-®t^fj^,;-;j^^ trüben Esea, ersterea
ll^^äfiEipuii^ herrührend. Die an-
^•^te^*^Üi^>i^4^tten verwandelt; sie
::#:
Ck^etallcyliDdere , so läset
^ , _ _ lÄi?» ife|»n?i?»ihten. InstructiTer
•^*-/--^M» »*""ViSag •^cä^i^^^!i^sEC^^$^&der frei zwischen twtä
^3^ * ^ "ts-tB^N«^» ^11^ 'I^W^W 'S**«' ^*^a dnen Eiscylinder,
^M' s^ ^S^Stl^e^iSI^-MS^if^^ oder S«e'. eotnommeii
Jpä£I^-^^T^b^ött:ZerbrecIieD zu Stande.
^^^|lj*MifSS»^s^^^emkryBtaUi8irtP'
352 Dritter Theil. Die Wasser- und Lnftholle der Erde.
Körper zu thirn haben; wesentlich anders verhält sich jedoch ein Eis-
cylinder, welcher eine körnige Stnictor besitzt Zwar ändert auch
er beim Antreiben der Presse unter fortwährendem Knacken und
Knarren seine Form; aber er bricht niemals aus einander. Er wird
YieLraehr nach und nach immer niedriger und breiter, und erst wenn
er sehr platt geworden ist, beginnt er am Bande einzurdss^i und
Spalten zu bilden, gleichsam Gletscherspalten im Kleinen (Fig. 47).
Ein aufinerksamer Blick auf den in der Presse sich befindenden
Eiscylinder lässt uns erkennen, dass in den Momenten, in denen man
die Presse antreibt, eine unermessliche Anzahl feiner Sprünge wie eine
trübe Wolke durch die ganze Masse hindurchschiesst; sie verschwinden
jedoch sofort zum grössten Theile, sobald der Druck nachlässt Diese
feinen, wohl meist lufdeeren Spalten machen die Eismasse in hohem
Grade nachgiebig, indem sie den einzelnen Theilen eine Verschiebung
gestatten. Hierdurch werden ihre Wände momentan dem Drucke ent-
zogen, worauf sie zum grösseren Theil sofort zufirieren und veigehen.
Nur da, wo in der neuen Lage die Form der Eispartikelchen nicht
zusanunenpasst oder wo das Eis, dessen Wärme nach der Pressung
weit unter 0 ® C. herabsank, die Temperatur von 0 ® C. wieder erlangt
hat und demnach die engen Spalten sich mit Wasser (nicht mit Eis)
füllen, bleiben diese als weissliche Lini^i und Flächen sichtbar. In
letzterem Falle besteht ein Eisblock aus einer Menge Stecknadelkopf-
bis erbsengrosser Eiskömer, welche einestheils ein festes G^fäge haben,
andemtheils jedoch durch viele enge, von Wasser durchdrungene
Spalten von einander getrennt sind. Dasselbe gilt von dem Gletscher-
eis; nur sind die Stucke, aus denen es zusammengesetzt ist, meist
grösser als die des künstlichen Eises und erreichen biswdlen die Grösse
von Taubeneiem *).
Dass bei der Umbildung von Schnee in Gletschereis die Feuchtig-
keit nothwendig ist, dass also wirklich ein Schmelzen und Wieder-
gefirieren stattfindet, hat Tyndall noch durch folgenden Versuch er-
härtet Eine Eiskugel wurde in einem Bade von fester Kohlensäure
und Aether abgekühlt und dadurch vollständig getrocknet Hierauf
wurde sie in eine entsprechende Form gelegt und unter die hydrau-
lische Presse gebracht; aber die zerdrückten Theilchen erwiesen sich
so weiss und undurchsichtig wie zerstossenes Glas. So lange
die Theilchen trocken waren, vermochte man nicht, sie durch Druck
in durchsichtiges Eis zu verwandeln, während dies doch so leicht
gelingt, wenn die zusammengepresste Masse eine Temperatur von
0« C. hat*). ^
») H. Helmholtz, L c. S. 119 S.
*) John Tyndall, In den Alpen. Braonschweig 1S75. S. 324 f
XIL Die Gletecher. 353
Eis, welches durch Pressung aus zahh^chen Schneeflocken, also
aus feinen Eiskrystallen hergestellt worden ist, zeigt sich ganz beson-
ders biegsam. Da in der flockigen Masse noch zahlreiche, mit Luft
gefiiUte Zwischenräume zurückbleiben, so sieht solches Eis trübe aus.
Es wii^d aber heller, wenn man es noch mehr zusammenpresst, weil
dann eine Menge Luftbläschen als feiner Schaum entweichen, und so
wird es immer durchsichtiger, je öftier es in der angegebenen Weise um-
geknetet wird. Aehnliche Vorgänge sind es jedenfalls, durch welche
die trübe, weissliche Fimmasse weiter abwärts nach und nach zu
klarem, durchsichtigem Gletschereis umgebildet wird.
Die Verbreitung der Gletscher ist im allgemeinen an das Auf-
treten von Hochgebirgen gebunden. In den Alpen ist ein Areal von
mehr als 60 geographischen Quadratmeilen mit Firn und Gletschereis
bedeckt, und gegen 2000 Gletscher, darunter 200 erster Ordnung,
ti^en die auf dem Hochgebirge sich anhäufenden Schnee- und Eis-
massen thalabwärts. Die zahlreichsten und grössten hiervon finden
sich am Montblanc (hier allein 23, unter ihnen die Mer de Glace),
am Monte Rosa (Gomer Gletscher), in den Bemer Alpen (an der
Jungfrau und dem Finsteraarhom der Aletsch-Gletscher, Grindelwald-
Gletscher, Unter- und Ober- Aargletscher), in der Bemina (Mortiratsch-
Gletscher), in der OetzthaJer- imd Stubay-Gruppe (Gepaatschfemer,
Hintereisfemer, Vernagtfemer) und in der Kette der Hohen Tauem
(Schlatenkees, Pasterze).
Ausserhalb des Alpengebietes ist die Gletscherbildung in Europa
im wesentlichen auf die Pyrenäen, den Kaukasus, Skandinavien,
Island imd Spitzbergen beschränkt In den Pyrenäen kommen nur
Gletscher von secundärer Grösse vor; dagegen ist der Kaukasus über-
aus reich an grossen Gletschern und ebenso Norwegen, obwohl hier
der Gebirgsbau (wegen relativer Armuth an Thälem) ihrer Entwicklung
nicht so günstig ist wie in den Alpen. In dem nördlichen Norwegen,
sowie auf Island und Spitzbergen gelangen sie vielfach bis zum Meeres-
spiegel hinab.
Die bedeutendsten Gletscher der Erde besitzt Centralasien , ins-
besondere Westtibet. Während die ansehnUchsten europäischen Gletscher,
wie die Mer de Glace und der Aletsch-Gletscher, P/,, resp. 3 geogra-
phische Meilen lang sind, steigen von den 8000 Meter hohen Gipfeln
Westtibet's Gletscherströme herab, welche eine Länge von 4 bis 8 geogr.
Meilen erreichen^). Unter ihnen ist besonders bemerkenswerth der
riesenhaft«, gegen 8 geogr. Meilen lange imd Vs ^^ Vz geogr.
Meile breite Baltoro-Gletscher in dem Braldothal, einem Zweige des
*) Vgl. hierzu Petermann's Mittheilungen 1863, S. 6tif.
Peschel-Lei pol d t, Phys. Erdkunde. II. 23
354 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Shigarthales im Earakomm. Doch schdnt diese grossartige Entialtung
der Gletscher in Asien lediglich ein Privilegiam des EGmalaya und der
Earakorum-Eette zu sein. Ln südöstlichen Theile des Altai begegnet
man nur dnigen embryonischen Gletschern ^). Am dürftigsten ist die
Gletscherentwicklung in Afrika^ wo höchstens in den äquatorialen
Hochgebirgen an der Ostseite Gletscher zu treffen sein dürften.
Auch das tropische Gebiet von Südamerika ist wenig ftir die Er-
zeugung von Gletschern disponirt, da sich in Folge der grossen
Trockenheit an der Westküste die Grenze des ewigen Schnees bis zu
6000 Meter Höhe erhebt (s. S. 283). Nach den Beobachtungen von
R. A. Philippi und Fr. Leypold treten sie hier erst unter 35"
s. Br. am Descabezado de Maule und unter 36^ s. Br. am Nevado
de Chillan in Chile auf^). Die grossartigsten Gletscher des süd-
amerikanischen Festlandes weist Patagonien auf'). So berichtet
Darwin, dass im südlichen Theile dieses Landes beinahe jeder Fjord,
welcher tief in's Innere des Landes eindringt, an einem Gletscher
endet Selbst im Golf von Penas (46^ 50' s. Br.) und einige Mdlen
weiter nördlich in der Laguna de San RafSsid gehen die Gletscher bis
in's Meer hinab. — In Nordamerika sind die hohen Vulcane Mexico's
verhältnisamfissig arm an Gletschern; so findet sich auf dem Pic von
Orizaba nur ein unbedeutender Gletscher, während der Iztaocihuatl
allerdings mehrere derselben trägt ^). Weiter nach Norden sind sie
in den höheren Theilen der Cordilleren nicht selten. Vor allem aber
ist Grönland der Schauplatz weit ausgedehnter Gletscherthätigkeit;
auch hier gelangen zahlreiche Eiaströme bis zum Niveau des Meeres-
spi^els.
In Australien sind die Gletscher auf die Südinsel von Neuseeland
beschränkt; doch gehen sie hier ausserordentlich weit herab. So steigt
der von Haast entdeckte fVanz- Joseph-Gletscher unter 43 ^ 35' s. Br.
auf der Westseite der neuseeländischen Alpen mit seiaem unteren Ende
(213 Meter Meereshöhe) bis zu Gegenden mit einer Jahreswärme von
10® C. (das Jahresmittel von Wien) hernieder^). Auf der viel weniger
mit Niederschlägen bedachten Ostseite ist die Gletscherbfldung weit
geringer.
Erreichen die Gletscher, wie dies in dem nördlichen Norwegen.
') Bernhard v. Cotta, Der Altai, sein geologischer Bau und seine
Erzlagerstätten. Leipzig 1871. S. 65.
*) Petermann's Mittheilnngen 1863, S. 255.
^ Petermann's Mittheilnngen 1878, Tafel XXIV.
*) Zeitschrift fnr allgemeine Erdkunde. Bd. lY (1855), S. 379 ff. Bd. V
(1855), S. 125 ff. 190 ff.
*)J. HanninBehm's Geographischem Jahrbuch. Bd. IV (1872), S. 132.
XII. Die Gletscher. 355
auf Island, Spitzbergen, Grönland, sowie an den Westküsten Pata-
gonien's der Fall ist, das Meer, so rücken sie zunächst auf dem
Grunde der Fjorde weiter vor, bis der Aussenrand an einer Tiefe an-
gekommen ist, wo die in das Meer eingetauchte Eismasse in Folge
ihres geringen specifischen Gewichtes emporgehoben wird. Noch be-
wahrt der Eisstrom seinen Zusammenhang und wandert weiter in das
Meer hinaus; endlich aber wird sein Zungenende durch den Wellen-
schlag des Meeres oder sonst welches Ereigniss losgerissen und von
den Fluthen des Meeres hinweggetragen. Die losgelösten Gletscher-
bruchstücke treiben mm als Eisberge auf dem Meere umher. Sie
ragen oft 30, ja selbst 60 bis 90 Meter über die Meeresoberfläche
empor. Da das specifische Gewicht des Eises sich zu dem des Wassers
wie 8 zu 9 verhält, so darf man hieraus schliessen, dass die Gesammt-
höhe der Eisberge 9mal so gross ist als der über die Wasserfläche
emporschauende Theil (vgl. S. 72). Indem sie nach Süden ihren Weg
nehmen, schipelzen sie nach und nach unter dem Einflüsse der grösseren
Wasser- und Luftwärme. Da, wo dies geschieht, sinkt all jener Schutt
imd jenes Geröll zu Boden, welches sich auf den Gletschern ansammelte,
als sie noch die Gebirgsthäler durchzogen. So dienen die Eisberge
zur Verfrachtung des Gesteinsmaterials; dieses aber veranlasst da, wo
die Ablagerung eine besonders reiche ist, wie auf der Bank vpn Neu-
Fundland (an dem nördlichen Ufer des warmen Floridastromes), die
Bildung weitausgedehnter Untiefen. Die zahlreichen erratischen Blöcke,
welche wir über die norddeutsche Tiefebene ausgestreut finden, sind
nichts anderes als die Denkmäler jener Fahrten, welche grosse Gletscher
in einem früheren geologischen Zeitalter über dasjenige Meer aus-
ftihrten, das einst die norddeutsche Ebene bedeckte.
23
XTTT. Die Eiszeit
k m Schlüsse der Tertiärperiode, also an der Schwelle der geologischen
x\.Glegenwart, insbesondere beim Uebergang von der pUocänen zur
postpliocänen Zeit, verbreiteten sich die Gletscher in Europa über ein
wdt grösseres Gebiet als jetzt Man hat hieraus gefolgert, dass die
Temperaturen unseres Erdtheils damals wesentlich niedriger waren als
jetzt, und jenes Zeitalter, insbesondere mit Rücksicht auf die bedeutende
GletBcherentwicklung, als Eiszeit bezeichnet Es ist wohl möglich, dass
es nicht bloss eine Eiszeit, die eben erwähnte postpliocäne gegeb^i
hat, sondern auch frühere oder spätere geologische Zeitabschnitte eine
reichere GletscherentfEiltung b^ünstigten. Insbesondere ist die Eristenz
einer noch jüngeren Eiszeit dadurch wahrscheinlidi gemacht, dass
(z. B. in der Schweiz, in England, Schottland und Skandinavien) unter
dem geschichteten Diluvium geglättete Felsen und über demsdben
erratische Blöcke vorkonmien ^). Streng bewiesen ist jedoch nur eine,
die Eiszeit am B^inn der geologischen G^enwart; denn die anderen
Eisthätigkeiten werden nur bezeugt durch den Fundort und die Ober-
flächenbeschaffenheit angebackener Felsstücke; für die anerkannte Eis-
zeit aber haben wir nicht bloss erratische Blöcke, nicht bloss alte
Moränen, sowie abgeschliffene Fels^i und Steinritzungen als Beweise,
sondern etwas, was viel schwerer Viegt, nämlich Versteinerungen von
solchen Pflanzen und Thieren, die nur in sehr kalten Erdräumen zu
leben vermögen. Wie wenig bewebkräftig das Auftreten einzelner
erratischer Blöcke ist, lässt sich leicht ermessen. Die Verfrachtung
derselben vollzieht sich, wie wir oben sahen, nicht bloss auf dem
Rücken der Gletscher, sondern auch auf dem der Ebbei^, sobald
nämlich die Gletscher bis zum Meere herabsteigen und ihre Zungen-
enden hier abgebrochen werden. Schmelzen solche Gletscherfragmente
>) Oswald Heer, Die Urwelt der Schweiz. Zürich 1S65. S. 529 ft.
VgL hierzu Th. Kjerulf, Die Eiszeit. Berlin 1878. S. 27.
Xril. Die Eiszeit. 357
■
später nach einer weiten Meereswanderung an irgend welchem Orte
des Oceans, so fallen die von ihnen fortgetragenen Gesteinstrümmer zu
Boden, und wenn das Meer später zurückweicht, so wird man dieselben
finden. Diese Art von erratischen Blöcken beweist also keine zeit-
weilige Temperaturemiedrigung; ihre Grenze kann nur eine alte Strand-
linie andeuten.
Um einen Einblick in die klimatischen Verhältnisse der Eiszeit
zu gewinnen, ist es vor allem erforderlich, die Verbreitung der
Gletscher während derselben in's Auge zu fassen.
Viel ansehnlicher als jetzt war damals die Gletscherentwicklung
vor allem in den Alpen. So dürfen wir aus den vielen Merkmalen
im Schweizer Jura schliessen, dass einst die Gletscher vom Bemer
Oberland nicht bloss bis an dieses Gebirge heran, sondern auch an
seinen Abhängen bis zu grossen Höhen hinauf gereicht haben. Ihr
Pfad ist bezeichnet durch Moränen, erratische Blöcke, abgeschliffene
und gefurchte Felsen, sowie durch eigenthümliche, ringförmig aufgestellte
Felsstücke. Im Jura bildet die Blockgrenze einen merkwürdigen
Bogen, dessen grösste Höhe ungefähr der Mitte des Genfer-Sees g^en-
über liegt; sie erhebt sich am Clhasseron 1000 Meter über den Thal-
boden (1400 Meter über den Meeresspiegel), am Chaumont noch 780
Meter über Neuchätel, am Chasseral 650 bis 715 Meter bei Orvin
225 Meter und sinkt bei Solothum auf die Schweizer Hochebene herab ;
der andere westliche Theil des Bogens erreicht bei Gex den Thal-
boden ^). Bisweilen sind die fortbewegten Gesteinsmassen von riesen-
hafter Grösse. Ein erratischer Block, gefeiert unter dem Namen Pierre
k Bot, hat 12 Meter Umfang und ruht auf einem Berge 275 Meter
über dem Neuenburger See. Ein anderer Kalksteinblock zu Devens
bei Bex (ßhönethal) misst 4560 Cubikmeter; derselbe ist wenigstens
6 geographische Meilen weit verfrachtet worden und zwar so sanft,
dass seine Kanten noch ganz scharf geblieben sind. Dieser Stein hat
sicherlich zur Zurücklegung seines Weges Jahrtausende gebraucht.
Aehnlichen Erscheinungen begegnen wir in der östKchen Schweiz.
Im Canton Zürich haben wir mächtige Blockablagerungen von Hoch-
gebirgskalk, Semifit und Granit bei Gyrenbad (780 Meter über dem
Meere), auf dem ganzen Höhenzug des Albis bis zum Uetliberg und
auf der das rechte Seeufer umsäumenden Hügelkette vom Pfannenstiel
bis zum Zürichberg. Auch die den Bodensee umgebenden Hügel sind
hie und da bis auf ihre Gipfel hinauf mit Blöcken besetzt; ja, wir
treffen sie sogar noch auf dem Hohentwiel im Hegau.
Alle jene Blöcke sind offenbar Fremdlinge in dem Molassenland
*) Oswald Heer, 1. c. S. 513.
358 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
der Schweiz; ihre eigentliche Helmath sind die Bergstöcke und Gebii^-
Züge der Alpen , welche genau aus demselben ilaterial bestehen. In
vielen Fällen lässt sich sogar ohne Mühe der P&d feststellen, auf
welchem sie nach der Hochebene gelangt sind, indem eine Kette von
Bruchstucken gleichen Gresteins hinaufßihrt nach ihrem Ausgangspunkt
im Hochgebiige. So liegt bei dem Städtchen Trogen (Ganton Appen-
zell) in beträchtlicher Meereshöhe ein Felsstück aus sogenanntem Granit
von Ponteljes, welcher nirgends im ganzen Alpengebiete als hoch oben
in Graubünden im Ponteljestobel ob Trons, 20 geographische Meilen
▼on Trogen, am Unken Rheinufer vorkommt Blöcke dieser eigen-
thümlichen Granitart findet man in reicher Menge zwischen beiden
Punkten und zwar immer am linken Rande des Rheinthaies; selbst
dort, wo dieses eine ganze Viertelskreisschwenkung macht, wie bei
Maienfeld unweit Chur, hat merkwürdiger Weise auch nicht ein einziges
Stück den Rhein überschritten. Die zahllosen Trümmer von Semifit
(rother Ackerstein) im Canton Zürich haben keine so weiten Wande-
rungen vollzogen; deim sie stammen ohne Zweifel aus dem Semifit-
gebirge des Linth- und Wallenseegebietes. Da der Semifit in manig-
£Eu;hen Varietäten auftritt, so lässt sich bisweilen selbst der Gebirgsstock
ermitteln, wo jene Blöcke einst ihre Sitze hatten. So stimmt das
Gestein des haushohen Pflugsteines oberhalb Erlenbach völlig mit dem
feinkörnigen, porphyrartigen Semifit des Gantstockes in der Mitte des
Gantons Glarus überein; ihm mag es also vormals angehört haben ^).
Im Gebiete der Reuss treffen wir unzählige Blöcke aus Gneiss
und Gneissgraniten des St. Gotthard. Die Findlinge des Rhonegebietes
bestehen aus Felsarten, aus denen die Penninischen Alpen zwischen
dem Grossen St. Bernhard und dem Simplon gebildet sind. Der Monte
Rosa hat Serpentine und eine Abart von Gabbro (Euphotide), der Val
de Ferret feinkörnigen Alpengranit, die Dent de Morcles grauen,
schwarzgefleckten Sandstein in die Thäler gesandt.
Welche Kräfte jene mächtigen Blöcke thalabwärts geführt haben,
ist nicht schwer zu entscheiden. Bäche und Flüsse können unmöglich
haushohe Blöcke thalabwärts bew^en, noch viel weniger aber auf die
Höhen des Jura emporheben. Und wie hätten dann jene Felstrünmier
ihre eckige Gestalt zu bewahren vermocht? Auch auf der Fläche eines
Sees kann jener Transport nicht vollzogen worden sein; denn dann
müssten sich die Blöcke, dem horizontal verlaufenden Meeresufer ent-
sprechend, an diesem in annähernd gleicher Bergeshöhe abgelagert haben.
Dem widerstreitet jedoch die Thatsache, dass die Blöcke am Südost-
abhange des Jura eine Bogenlinie beschreiben, welche von Gex auf-
>) Oswald Heer, 1. c. S. 514.
XIU. Die Eiszeit. 359
steigend am Chasseron ihre grösste Höhe ermcht und dann wieder
gegen den Bielersee herabsinkt. Aach müsste es dann als ein wunder-
licher Zu£Etll betrachtet werden, daas gleichartige Blöcke nur auf einer
Thalseite vorkommen, z. B. die Ponteljes- Granite nur an der linken,
die aus dem Prättigau stammenden Gesteine nur an der rechten Seite
des Rheinthaies. Wären sie auf schwimmenden Eisbergen fortgetragen
worden, so hätten sie die Mittellinie des Thaies sicher nicht so streng
innegehalten. Vor aUem aber fehlt jede Spur einer Meeresbedeckung
in allen diluvialen Ablagerungen der Schweiz sowie im benachbarten
Deutschland. Allein durch die Gletschertheorie kann der Transport
jener alpinen Schuttmassen in befriedigender Weise erklärt werden.
Die Gletscher bildeten die Brücke über alle Thal- und Seetiefen, selbst
über die ganze Schweizer Hochebene hinweg, um Erd- und Felsmassen
an den Abhängen und auf den Spitzen der Berge und Gebirgsrücken
abzusetzen.
Von den zehn grossen alpinen Gletschern der Eiszeit gehörten sechs
der nördhchen und vier der südlichen Abdachung der Alpen an. Der
Arvegletscher erstreckte sich vom Mont Blanc bis zum Südwest-
ende des Schweizer Jura. Der Rhone gl etscher, der grösste von
allen, bedeckte vom St. Gotthard und Monte Rosa aus ganz WaUis
und erweiterte sich beim Austritt aus diesem Thale fächerartig; sein
Zungenende schob er nach Südwesten bis Genf, nach Nordosten bis
Solothurn vor. Der von dem Bemer Oberland ausgehende Aar-
gletscher gelangte, durch den quer vorliegenden Rhonegletscher in
seiner Entwicklung gehenmit, nur wenig über Bern hinaus. Die alten
Verschanzungen dieser Stadt befanden sich auf einer seiner Endmoränen,
die, gegen 32 Meter hoch, in Halbmondform das Aarthal sperrt. Der
Reussgletscher drang vom St. Gotthard aus über den Vierwald-
stätter und Zuger See hinweg nahezu bis an die Aar vor. Der
Linthgletscher bewegte sich vom Tödi aus durch das Linth- und
Limmatthal und endete bei der Stadt Zürich, welche auf einer grossen
Endmoräne desselben erbaut ist. Der Rheingletscher kam aus
Graubünden, sandte einen Seitenarm durch das Linththal, erfüllte das
Becken des Bodensees und breitete sich nördlich von demselben fächer-
förmig aus bis zu einer Linie Wallensee - SchafFhausen - Ulm. Den ge-
nannten Gletschern reihten sich auf der Südseite der Alpen die grossen
Gletscher des Ticino, der Adda, des Oglio und des Mincio an,
welche einstmals die Becken des Langen-, Como-, Iseo- und Garda-Sees
mit ihrem Eise tiberzogen. Hierfür zeugen unter anderem' auch die
mächtigen Moränen an den Südrändem dieser Seen, an denen jene
Gletscher endeten.
Aber auch in den Ostalpen fehlt es nicht an Spuren einer ehe-
360 Dritter TheiL Die Wasser* und Lufthülle der Erde.
mals viel ansehnlicheren Gletscherentfidtung. Im Etsch- und Passeier-
thale, sowie in der Umg^end von Meran hat Gümbel im Jahre 1872
zahlreiche Gletscherschliffe und erratische Blöcke wahrgenommen^).
Im Lechthale drangen die Gletscher, wie alte Elndmoränen beweisen,
bis über Landsberg vor, im Isarthale nahezu bis München, am Inn
bis Wasserburg und an der Salzach fast bis zu deren Mündung in
den Inn ^). Endlich bieten auch die Thäler des Erzherzogthums Oester-
reich, sowie diejenigen von Steiermark, Kämthen, Krain und Venezien
unzweideutige Inschriften aus einer Periode mit reicherer Gletscher-
bildung.
Wie die Alpen, so besassen auch andere Gebirge Europa's mächtige
und ausgedehnte Gletscher. Die Pyrenäen mit ihren hohen Ketten
und zahlreichen CSrcusthälem haben einst Gletscher beherbei^, mit
denen sich die gegenwärtigen nicht im entferntesten messen können^).
Femer war Skandinavien viel reicher an Gletschern als jetzt Write
Landstriche, welche jetzt gänzlich von Gletschern entblösst sind, zeigen
hier an zahlreichen Orten abgerundete Felsflächen und sind von dicht
neben einander gereihten, parallelen Furchen oder feinen Scheuer-
streifen bedeckt, welche offenbar von Gletschern herrühren. Zugleich
lässt sich leicht die Richtung feststeUen, in welcher dieselben zogen;
sie ergiebt sich ganz von selbst aus der Anordnung jener Linien, sowie
aus dem Umstände , dass diese auf der einen Seite der Hügel . über
welche die Gletscher hinwegschritten, nämlich auf der sogenannten
Stossseite, vorhanden sind, auf der. anderen aber, der Leeseite, fehlen.
Zahlreiche genaue Untersuchungen^) haben zu dem Resultate gefuhrt,
dass die skandinavischen Gletscher einst weite Räume einnahmen und
von mehreren Mittelpunkten radienformig nach allen Richtungen hin
ausgingen. Viele errichten das Meer und liessen mit Gletscherschutt
beladene Eisberge nach fernen Gestaden ausschwärmen; aber auch in
Skandinavien selbst lind^i sich sehr bedeutende Gletscherablagerungen.
NatürUch waren die niedrigeren Gebirge des mittleren
Europa weit weniger der Schauplatz der Gletscherthatigkeiten ; dennoch
') Sitzungsberichte der mathem. -physik. Classe der Kgl. bayrischen
Akademie der Wissenschaften zu München. Bd. II (1S72). S. 223 ff.
*) Vgl Hauptmann F. Starkes Karte: Ideale Uebersicht von Südost -
Bayern zur Eiszeit — in der Zeitschrift des deutschen Alpen Vereins. Bd. IV
(IS73) und die Arbeit K. ZitteTs in den Sitzungsberichten der mathem.«
physik. Classe der KgL bayrischen Akademie der Wissenschaften zu München.
Bd. IV (1S74), S. 252 ff.
') C h. M a r 1 1 n s im Bulletin de la Sociale g^logique. Ser. III, Tome XV ( 1867>.
*} Th. Kjerulf: Uebcr Frictionsphänomene , Terrassen und Glacial-
ablagerungen in Norwegen s. Zeitschrift der deutschen geologischen Gesell-
schaft. Bd. XII (1S601 S. :<S9 ff. Bd. XV (186:^). S. 619 ff. Bd. XXH (IS70), S. 1 ff.
Xni. Die Eiszeit. 361
fehlten auch ihnen einst die Eisströme nicht völlig. So waren die Berg-
landschaften an der Westseite Irland's Sammel- und Ausgangsstätten der
Gletscher ^), und die Gebirge von Schottland *) und Wales sandten nach
verschiedenen Himmelsgegenden hin Gletscher in die Thäler hinab.
Sogar einige der deutschen Mittelgebirge, z. B. die Vogesen*), der
Schwarzwald, das Riesengebirge und der Thüringer Wald, sowie ausser-
dem die Earpathen (der Nordabhang der Czema Hora) *) weisen Spuren
vormaliger Gletscher auf.
Um die äussersten Grenzen kennen zu lernen, bis zu welchen sich
auffallende Gletscherwirkungen am Ende der Tertiärperiode erstreckten,
nennen wir noch vier Gebirge, welche theils bestimmt eine reichere
Gletscherentwicklung besassen, wie der Kaukasus und Libanon, theils
wenigstens in diesem Verdachte stehen, wie Atlas und Altai.
Noch im Jahre 1858 erklärte Abich, dass der Kaukasus von
der Eiszeit völlig unberührt geblieben sei. Diese Behauptung ist jetzt
nicht mehr haltbar, da die Thäler des Ardon und Ingur Zeugnisse
einer ehemals grösseren Ausdehnung von Eismassen darbieten. Ebenso
hat der Genfer Geolog Favre Wahrzeichen alter Gletscher am Kreuz-
bergjoch und in der Darielschlucht längs der grossen Heerstrasse wahr-
genommen. Wanderblöcke, meist aus Granit, werden noch auf der
Steppe nördlich vom Kaukasus gesehen, und Freshfield und seine
Begleiter entdeckten im Baksanthale, etwa drei geographische Meilen
vom jetzigen Gletscher entfernt und eine Wegstunde oberhalb Uruspieh,
eine 65 Meter hohe Endmoräne mit Granitblöcken *). Aus diesen An-
gaben aber würde folgen, dass sich die Eiszeit im Kaukasus bei weitem
nicht in so grossartiger Weise entfisJtete wie in den Alpen.
Spuren einer Eiszeit hat Hooker im Libanon^) und im marok-
kanischen Atlas gefunden; doch sind bezüglich der Gletscherschliffe in
dem letzteren Gebirge von anderer Seite her ernste Bedenken erhoben
worden. So berichtet K. v. Fritsch '), welcher mit Bein im Sommer
1872 den marokkanischen Atlas bereiste: „Ueber das frühere Vor-
^) Kinn ah an, The general Glaciation of Jar-Connaught. Dublin 1872.
')Archibald Geikie in den Transactions of the Geolog. Society of
Glasgow, Vol. L
^ Ho gar d, llecherches sur les moraines et les d^pöts de transport et
de comblement des Vosges. Epinal 1842. J^douard Collomb, Preuves de
Texistence d'anciens glaciers dans les Vosges. Paris 1847.
*) Ausland 1876, S. 880.
'^) Ausland 1869, S. 999 nach: Douglas W. Freshfield, Travels in the
central Caucasus and Bashan. London 1869.
^) Betreffs des Libanon wurden die Anschauungen Hooker's bestätigt
durch Oscar Fr aas (Aus dem Orient. Stuttgart 1878. Bd. II, S. 114 f.).
•) Zeitschrift Globus, Bd. XXII (1S72), Nr. 20, S. 318 f.
362 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
handensein yon Gletschern bin ich wesentlich anderer Ansicht als
Hooker und seine Begleiter. Die Trümmermasse im oberen Beraya-
thal kommt ans einem kleinen und engen Seitenthal hervor; polirte
Felsstücke liegen zwar unter den anderen ; diese PoUtor ist aber nicht
der Gletscherschlifi^ sondern ein&che Rutschfläche. Wirkliche Gletscher-
wirkmigen: Rundhöckerbildong, Ansschleifailg der Felsen bis zu einer
früheren oberen Gletschergrenze, Seitenmoränen, Grandecken im Haupt-
thal: alles dies fehlt, und jener mächtige Schuttkegel mit seinen haus-
grossen Felstrümmem, mit der kleinen Ebene im Hauptthale hinter
demselben ist meiner festen Ueberzeugung nach nur der Schuttk^el
eines Bargsturzes, wie man sie in den Alpen viel&ch sieht, z. B. im
Bl^nothal."
Was den Altai betrifit, so sind die Meinungen über dne ehemalige
grössere Vergletscherung eben&Us getheilt Gr.y. Helmersen vermisste
im Altai jede Spur von älteren erratischen Blöcken, von Felsrundung
und Gletscherschliff, und Bernhard v. Cotta hat trotz eifrigen
Suchens weder in den Vorhügeln des Altai, noch in den tiefen Thal-
einschnitten des Grebiiges Spuren älterer Gletscher erkennen können,
obwohl die Bei^e 2300 bis 3300 Meter über den Meeresspiegel auf-
rag^i und die Kunguhr-Gruppe gegenwärtig einige kleine Gletscher
enthält ^). Wenn nun zwei so ausgezeichnete Forscher keine Anklänge
an eine Eäszeit hier zu entdecken vermochten, so ist wohl die Annahme
gerechtfertigt, dass die Oslgrenze ihres Verbreitungsgebietes nicht jen-
seits des Altai gesucht werden darf. Weiter im Süden ist sie jeden&lls
nach dem Thian-schan zu verlegen, wo Ssäwerzoff neuerdings Beweise
fiir eine ehemals stärkere Gletscherentwicklung gefunden hat
UeberbHcken wir nun denjenigen Theil der Alten Welt, wdcher
nach dem jetzigen Stande der Wissenschafl einst von der Eiszeit be-
herrscht wurde, so ergiebt sich, dass derselbe nur einen relativ kleinen
Raum umfasst, nämlich Ekiropa und vidleicht noch das nördliche
Asien, soweit das letztere damals aus dem Schosse des Meeres empor-
getaucht war.
Auch der Neuen Welt fehlt es nicht an Gletschererscheinungen
aus dei* Diluvialzeit. Grossen Sand- und Kiesniassen, sowie mächtigen,
1000 bis 1500 Cubikmeter grossen Blöcken begegnet man in ganz
Canada, Neu England, Michigan, Wisconsin und Minnesota bis jenseits
des Mississippi und nach Süden zu etwa bis zum 39. Breitengrade.
Sie stammen offenbar aus einer nördUcheren Heimath, haben aber wohl
nicht so weite Wege zurückgelegt wie die der norddeutschen Ebene.
Ausgedehnte Gesteinsflächen sind durch Wogen und ELsbergeinwirkungen
^) Bernhard v. Cotta, Der Altai, sein geologischer Bau und seine
Erzlagerstätten. Leipzig IST]. S. 65.
XHL Die Eiszeit. 363
spiegelglatt geschliffen, dann fein gestreift und tief geftircht worden. Die
feinen parallelen Ritzen mögen durch schwimmende Eismassen hervor-
gerufen worden sein, an deren Boden eingefrorener Sand haftete, die
tieferen Furchen durch gestrandete Eisberge, die von Ebbe und Fluth
auf und ab bewegt wurden. Häufig trifit man eine solche Polirung
nur auf den nördlichen Abhängen und auf den Gipfeln der Hügel,
während die südlichen Abfklle rauhe imd zackige Formen zeigen, was
uns unzweideutig über die nordische Abkunft jener diluvialen Gletscher
belehrt ^).
Mit voreiUger Begierde hat Agassi z die Eiszeit zu einer kos-
mischen Katastrophe umzugestalten gesucht. Als er im Jahre 1865
Brasilien bereiste, entdeckte er angebUch viele Zeugnisse daflir, dass
früher ein ungeheurer Gletscher, von den Anden herabsteigend, bis zu
den Küsten des Atlantischen Oceans gelangt sei und das ganze Ama-
zonasbecken mit einem versteinerungsleeren Gletscherlehm ausgeflillt
habe. Nun konnte Agassiz zwar keine Polirungen nachweisen, er-
klärte dies aber daraus, dass die Felsen allenthalben unter den Ein-
flüssen der tropischen Sonne und der wannen Regengüsse längst bis zu
grosser Tiefe hinab zersetzt seien. Leider wird jene Agassiz 'sehe
Vermuthung noch immer vielfach als Thatsache behandelt, obwohl sie
auf völHger Täuschung beruht. Beobachter von Santiago erkannten
rein eruptive Bildungen da, wo Agassiz scharf markirte Moränen
sah; femer fanden James Orton und seine Begleiter, die kurz nach
Agassiz (im Jahre 1867) die Amazonasebenen durchkreuzten, die
vermissten Versteinerungen in den dortigen Formationen. Auch deutsche
Ingenieure (unter ihnen Keller-Leuzinger), welche diesem Gegen-
stande Beachtung schenkten, haben nichts von glacialen Erscheinungen
bemerkt. Es ist daher die Behauptung vöUig gerechtfertigt, dass im
Gebiete der Neuen Welt die Eiszeit auf den nördlichen Theil von
Nordamerika beschränkt war.
Zahlreiche Forscher — unter anderen auch Oswald Heer*) —
haben besonderes Gewicht darauf gelegt, dass die Eiszeit in Nord-
amerika und in Europa gleichzeitig imd in derselben Weise auftrat,
und daraus gefolgert, dass sie sich nicht auf locale Ursachen zurück-
fuhren lasse. Es wurden daher kosmische Ursachen zur Hilfe gerufen.
Man huldigte der Anschauung, dass sich das Sonnensystem einst durch
kältere Himmelsräume bewegt habe — eine Hypothese, die sich zu
wenig auf reale Grundlagen stützt, als dass man ihr zustimmen
könnte. Andere meinten, dass die Wärmestrahlung der Sonne ehemals
^) Herrn au D Credner, Elemente der Geologie. 3. Aufl. Leipzig
1876. S. 661.
2) 1. c. S. 529.
364 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
bedeutenden periodischen Schwankungen ausgesetzt gewesen sei — eine
Annahme y gegen welche Theorie und Er&hrung protestiren.
Dem localen Charakter der Eiszeit, den wir oben zu begründen
Tersuchten, entspricht es ohne Zweifel viel besser, nicht kosmische,
sondern locale Ursachen für die Entstehung der Eiszeit
yerantwortlich zu machen. Am meisten Beachtung Yerdient der
von Sir Charles Lyell zuerst ausgedrückte Oedanke, die Ebzeit
durch eine andere Vertheihmg des Starren und Flüssigen auf der Erd-
oberfläche zu erklären.
Mit besonderer Vorliebe wandte man sich dem Lyell 'sehen
Gedanken zu, als Arnold Escher von der Linth im Jahre
1852 die Ansicht äusserte, dass zur Eiszeit in der Schweiz der Föhn
gefehlt habe oder delmehr, dass der damalige Föhnwind nicht ein
trockener, heisser, sondern ein feuchtkalter Wind gewesen sei, weil sich
über der Sahara noch ein Meer ausbreitete. Unter diesen Umständen
sei der Föhn kein „Schneefresser" gewesen, wie ihn die Alpenhirten
bezeichnen; vielmehr habe er die Alpen alljährlich mit den ansehn-
lichsten Schneemassen belastet und somit eine reichere Gletscher-
entwicklung begünstigt
Allein diese Vermuthimg enthält einen Irrthum, den Dove in
seiner Schrift „Ueber Eiszeit, Föhn und Sdrocco" (Berlin 1867)
längst aufgedeckt hat. Der schweizerische Föhn hat keinerlei Beziehung
zu den Luftmassen, die über der Sahara aufsteigen, sondern sein Ur-
sprung liegt in westlichen atlantischen Femen, während die Luftmassen,
die sich über der Sahara erheben, in Folge der Erdumdrehung erst in
Südrussland wieder zur Erdoberfläche herabgelangen. Femer ist es
keineswegs festgestellt, dass die gesammte Sahara oder auch nur ein
beträchtlicher Theil derselben zur Eiszeit vom Meere überfluthet war;
denn Desor^), Esche'r von der Linth und Martins haben dies
nur für eine sehr schmale Zone südlich vom algerischen Atlasgebiet
erwiesen, wo noch jetzt Seen oder ausgetrocknete Salzsümpfe sich vor-
finden. Dies ist jedoch der gewalligen Baumausdehnung der Sahara
g^enüber nur ein schmaler Streifen, der mehr einem engen Golf als
einem Meer geliehen haben muss und viel zu geringfiigig war, als
dass er die meteorologische Verfassung Europa's wesentlich hätte um-
wandeln können ^J. Auch zeigt sich obendrein, dass der Föhn nicht
einmal ein absolut, sondern nur ein relativ trockener Wind ist, d. h. ein
Wind, der nicht desw^en trocken erscheint, weil er wenig W^asser-
dampf mit sich fiihrt, sondem weil er sehr warm ist. Folglich muss
') £. Desor, Aus Sahara und Atlas. Wiesbaden 1865. S. 46 ff.
«) Vgl. hierzu Bd. I, S. 449 ff.
XIIL Die Eiszeit. 365
der Föhn gänzlich ausser Spiel bleiben bei der Erklärung der Eiszeit.
Um den Eintritt der Eiszeit zu begründen, muss daher ein anderer
Weg eingeschlagen werden. Der einfachste und natürlichste dünkt uns
der folgende zu sein.
Europa war während der Eiszeit kaum halb so gross als jetzt').
Es hatte die Gestalt einer schmalen, von West nach Ost sich erstrecken-
den Insel. Während seine Südgrenze annähernd mit der heutigen über-
einstimmte, zog sich die Nordgrenze etwa von Calais aus durch Belgien
über Bonn nach dem Harze, hierauf quer durch Thüringen, Kgrch. Sachsen
und Schlesien, wandte sich bei Erakau nach Nordosten, berührte die
Umgebung von Tula, Nischnii- Nowgorod, sowie das Quellgebiet der
Wytschegda und endete an der Nordspitze des Ural Dieses Gebirge
gehörte noch zu Europa, wurde aber im Osten von dem grossen sibi-
rischen Meere bespült, welches sich als ein Theil des nördlichen Eis-
meeres über das ganze heutige nordasiatische Tiefland ausbreitete.
Holland, Dänemark, Norddeutschland, Polen und das nordwestliche
Russland waren vom Meere bedeckt, aus welchem Skandinavien und
die gebirgigen Theile von Grossbritannien als Inseln hervorragten.
Auch das Schwarze und Easpische Meer reichten damals weiter nach
Norden und standen vielleicht noch mit einander in Verbindung.
Unser Erdtheil war demnach in jenem Zeitalter nach aUen Rich-
tungen hin von mächtigen Meeren umwogt 5 selbst die Ost- und Nord-
ostwinde, welche sich jetzt durch grosse Trockenheit auszeichnen, "waren
mit Wafiserdämpfen erfüllt und bewirkten in den Gebirgsländem fast
ebenso reichen Regenfall wie damals und noch heute die Westwinde.
Somit musste in der Diluvialperiode das Klima Europa's zu allen Jahres-
zeiten ein wesentlich anderes, nämlich ein viel feuchteres sein. Und
diese Erkenntniss liefert uns den Schlüssel in die Hand zur Erklärung
der Eiszeit
Wir schalten hier ein, dass man bisher immer eine Temperatur-
emiedrigung von 4 bis 5® C. forderte, um die Phänomene der Eiszeit
rechtfertigen zu können. Der Calcül ist hierbei nach Heer folgender *) :
Genf hat gegenwärtig eine mittlere Jahrestemperatur von 9,16® C.
Nimmt man für die Linie des ewigen Schnees eine Meereshöhe von
c. 2700 Metern an, so steigen die Gletscher im Chamounix-Thale 1550
Meter unter diese Linie herab. Hätte Genf eine um 4® C. niedrigere
Temperatur (also von 5,16® C), so würde, wenn bei einer Erhebung
von 188 Metern das Thermometer um 1 ® C. fiele, die Schneelinie um
750 Meter tiefer sinken und läge daher in 1950 Meter Meereshöhe.
Die Gletscher aber würden dann bis zu 400 Meter Höhe, d. h. nahezu
") Vgl. hierzu Tafel VI zu Peter mann' s Mittheilungen 1878.
*) Oswald Heer, 1. c. S. 548 f.
366 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
bis Genf gelangen. Bei einem Rückgang der mittleren Jahreswärme
von 4 oder 5 ^ C. würden demnach die Gletscher unaufhaltsam wieder
in die Ebene herabkommen und dieselbe von neuem bedecken.
Bei diesem Calcül sind jedoch sehr wichtige Factoren ganz ausser
Acht gelassen; denn das Vordringen oder Zurückweichen der Gletscher
hängt durchaus nicht in erster Linie von der mittleren Jahrestemperatur
der betreffenden Gebiete ab, sondern viel mehr noch von der VOTtheilung
der Wärme und Kälte auf die verschiedenen Jahreszdten, sowie von der
Menge der örtlichen Niederschläge. Wechselt ein milder, durch starken
Schneefsdl ausgezeichneter Winter mit einem kühlen, legenreich^i
Sommer, so ist im Sonmier relativ wenig freie Wärme vorhanden,
welche den Gletscher in 9einem unteren Theile auflösen könnte. Tritt
hingegen nach einem sehr kalten Winter mit geringem SchneefiBdl ein
hdsser, trockener Sommer ein, so vermag die Sommerwärme mit viel
grösserem Erfolg, also bis in bedeutendere Höhen hinauf das untere
Ende des Gletschers zu zerstören, d. h. die Gletscher ziehen unter den
ersten Voraussetzungen yiel tiefer herab als imter den letzteren, selbst
wenn beide Male die mittlere Jahrestemperatur genau dieselbe ist
Offenbar ist die Gletscherentwicklung nicht allein durch die ört-
lichen Lufttemperaturen, sondern auch durch den Feuchtigkeitsgrad
der Atmosphäre wesentlich bedingt Daher sind die Alpengletscher
weit grossartiger als die des Kaukasus, welcher doch nahezu denselben
Breiten angehört wie die Alpen. Daher fehlen sie auch in den Bogen
von Ostsibirien, an deren Fusse (z. B. in Jakutsk) die mittlere Jahres-
temperatur unt^ — 10 ^ C. herabsinkt, während sie doch auf Neusee-
land in Thalgebiete herabwandem, deren mittlere Jahrestemperatur
4- 10 ^ C. (die durchschnittliche Jahreswärme von Wien, sogar noch höher
als die von Genf) beträgt. Die klimatischen Zustände der regenrdchen
Westküste Neuseeland's würden in einem längeren Zeiträume sich wirk-
sam genug erweisen, den Alpengletschem ihre ehemalige Grösse wieder
zu verleihen, ohne dass die mittleren Jahrestemperaturen des Alpen-
gebietes sich irgendwie änderten.
Die glacialen Verhältnisse Neuseeland's gewinnen auch deshalb
ein besonderes Into'esse ftir uns, weil wir hier das, was wir Eiszeit
und postgladale Epoche nennen, auf kleinem Baume neben einander
finden. Beide Abhänge der neuseeländischen Alpen besitzen ihre
Gletscher; aber während die unteren Enden des Franz- Joseph-Gletschers
(an der Westseite unter 43® 35' s. Br., also in der Breite von Mont-
pellier, Marseille, Livomo) und des Prinz- Alfred-Gletschers nur c. 200
Meter über dem Meere liegen, d. h. in (^bieten, wo unmittdbar neben
den Gletschern immergrüne Nadelhölzer aDer Art, Ratas, Buchen,
baumartige Farne und Fuchsien gedeihen, erreicht der grösste und
XIII. Die Eiszeit. 367
längste aller Gletscher auf der Ostseite, der Tasman-Gletscher, keine
grössere Tiefe als 845 Meter. Femer sind nach Haast's Messungen
die Gletscherenden im Gebiete des Rangitata in 1189, des Tekapo-Sees in
1326, des Pukaki-Sees in 924, des Ohau-Sees in 1255, also im Mittel
an der Ostseite in c. 1175 Meter Meereshöhe, d. h. in Gegenden mit
einer Mitteltemperatur von 5 ® C. zu suchen ^). Somit beträgt der
Höhenunterschied der Gletscherenden auf der beiderseitigen Abdachung
der neuseeländischen Alpen c. 975 Meter, womit gleichzeitig eine Diffe-
renz der mittleren Jahrestemperaturen an den untersten Gletscherzungen
Ton 5^0. verbunden ist. Dieser letzte Werth würde ganz genau der
von Heer zur Erklärung der Eiszeit geforderten Temperaturemiedrigung
entsprechen. Der Grund dieser eigenthtimlichen Gegensätze ist ein-
&ch der, dass die gewaltige Kette der neuseeländischen Alpen fUr die
Südinsel eine Wasser- und Wetterscheide bildet und dass an der West-
seite die Niederschläge ungleich häufiger sind als an der Ostseite. Zu
Christchurch und Dunedin auf der Ostseite fallen nicht V4 und ^,3 der
Regenmengen, die Hokitika und Bealey (an der Westküste) aufweisen
können , wo die jährliche Regenhöhe bis zu 2800 Millimetern wächst.
Daher sind im Westen die Sommer ausserordentlich kühl, die Winter hin-
gegen mild; das Klima ist also in hohem Grade der Entwicklung der
Gletscher günstig.
Unter ganz ähnlichen klimatischen Verhältnissen wie auf der West-
seite Neuseeland's steigen auch an den Küsten von Patagonien (am
Golf von Penas unter 46% Grad s. Br.) Gletscher bis in's Meer hinab
(vgl. S. 354) und sind sie einst zur Diluvialzeit in Europa herab-
gestiegen in Thalregionen , wo jetzt statt des Eises die Pflugschar den
Boden bearbeitet.
Noch bleibt die Frage zu beantworten, ob die amerikanische Eis-
zeit auf dieselben Ursachen zurückgeführt werden darf wie die euro-
päisch-nordasiatische. In der That erhob sich in der älteren Quartärzeit
ebenso wie von Europa auch von Nordamerika kaum die Hälfte des
heutigen Continents aus dem Schosse des Oceans. Nordamerika war
damals eine langgestreckte, schmale Insel, deren Längenaxe etwa die
Richtung von Süd nach Nord hatte. Ihre nordöstlichen Ufer werden
durch eine Linie bezeichnet, welche man von Baltimore westwärts bis
zum Mississippi und hierauf parallel dem Fusse des Felsengebirges
nach Norden bis an das nördliche Eismeer zieht. Das ganze nord-
östlich von dieser Linie gelegene Land war zu jener Zeit bis auf einige
kleine Gebirgsgebiete von einem gegen 1000 Meter tiefen Meere be-
deckt. Aber auch im Süden gehörten die breiten Küstenebenen des
^) J. Hann in der Zeitschrift der österreichischen Gesellschaft für
Meteorologie. Bd. VI (1871), S. 342 l
368 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Atlantischen Oceans und des Mexicanischen Busens (letztere fast bis
zur heutigen Ohio -Mündung aufwärts) noch dem Oceane an, und die
centralamerikanische Scheidewand zwischen der Südsee und dem Atlan-
tischen Ocean war noch nicht autgerichtet Wir sind demnach zu der
Anschauung berechtigt, dass in Nordamerika, speciell auf den Cordilleren
und Alleghanies, aus gleidien Gründen wie in Europa am Ende der
Tertiärperiode und am Anfang der Quartärzeit eine viel reichere
Gletsdierentfaltnng stattfand als jetzt
So scheint uns eine Aenderung in der Vertheilung von Land und
Wasser vollständig zu Erklärung der Eiszeit zu genügen. Der Vorzug
dieser Erklärung besteht darin, dass sie sich auf Vorgänge in der Natur
stützt, die noch jetzt beobachtet werden, und sich nicht mit der will-
kürlichen Annahme von anderen oder in der Vorzeit anders wirkenden
Kräften befasst
XIV. lieber die Namen der Ströme und die Gesetze
ihrer Bewegung.
Vielfach herrscht hinsichtlich der Bezeichnung der Ströme eine auf-
fallende Willkür. Wir erinnern hier zuerst daran, dass man öfter
jedem grösseren Abschnitt eines Stromes einen besonderen Namen ge-
währt. Wer dächte hierbei nicht an die vierzehn Namen, welche der
Niger an verschiedenen Stellen seines I^aufes führt, sowie an die sieben
Namen, die der Riesenstrom Südamerika's trägt ^) ! Erklären und recht-
fertigen lässt sich eine so seltsame Namengebung nur dadurch, dass
die Völker, welche die Ufer eines Stromes bewohnen, wenig oder gar
nicht mit einander in Berührung kommen , woraus nothwendig folgt,
dass keiner der von ihnen dem Strome beigelegten Namen zu allgemeiner
Geltung gelangt.
Noch mehr Willkür waltet da, wo weder der längste, noch der
wasserreichste, sondern irgend welcher geringfügige Quellarm dem
Hauptstrom seinen Namen verliehen hat. Das beste Beispiel einer
solchen verkehrten Strombenennung liefert uns das obere Gebiet des
Guadalquivir (Fig. 48). In geringer Entfernung von seiner Quelle
empfangt der auf dem Ostabhang der Sierra de Cazorla entspringende
Guadalquivir von links her den Guadiana menor und von rechts her
den Guadalimar. Beide Nebenflüsse aber sind nicht bloss länger als
der Guadalquivir, sondern auch reicher an Wasser. EigentUch müsste
der Guadalimar, der noch bedeutender ist als der Guadiana menor, als
Hauptquellarm des Guadalquivir angesehen werden, ja streng genommen
nicht einmal dessen Quellarm, sondern sein Nebenfluss Guadarmeno,
*) Biß Loreto heiest er Maranon, sodann bis Barra Solimöes (auch Orellana)
und hierauf bis zur Mündung Parä. Der Gesammtname ist Amazonas; die
Eingehorenen bezeichnen ihn auch als Paranapytinga (weisser Strom) und
Guiena.
Pescbel-Leipoldt. Phys. Erdkunde. IT. 24
370
Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
f^'SJt.Y.F.
i^*6.L,yr.¥.
3 700 OOO
welcher den Guadalimar wieder an Länge und Wasserreichthum
übertriflft i).
In vielen Fällen erkennt man ohne Mühe, welcher Ader des Strom-
systems der Vorrang gebührt; in anderen hing^en bereitet die Fest-
stellimg des Hauptarmes nicht
Fig. 4S. geringe Schwierigkeiten. Um
hier jede Willkür anszuschliessen
und ein festes Princip zur An-
wendung zu bringen^ müsste
man vor allen Dingen Länge,
Wassermasse und Richtung der
manigfiEu^hen Quellarme eines
Stromsjstems in Betracht ziehen.
Aus einer nach diesen Gesichts-
punkten ausgeführten Untersu-
chung geht hervor, dass eine
nicht geringe Anzahl von Strö-
men falsche Namen besitzt. Hält
man die Länge des Wasserlaufs
für massgebend, so dürfte der
stolzeste der nordamerikanischen
Ströme nicht Mississippi heissen ;
denn der Missouri ist an seiner
Mündung in den Mississippi um
nicht weniger als 330 geogra-
phische Meilen länger als dieser. Femer müsste der Amazonas seinen
Kamen mit dem des Ucajali vertauschen, und die Donau hätte den
Namen des 11 Meilen längeren Inn zu tragen. Saöne imd Rhone
wären nur Nebenflüsse des Doubs, dessen Gesammtlänge vom Mont
Risoux bis zum Golf du Lion um 20 geographische Meilen grösser ist
als die des Rhone. Soll die durchschnittliche WasserfuUe die höhere
Würde verleihen, so würden Donau, Rhdn und Seine Nebenflüsse sein
von Inn, Aar und Yonne. Würde endlich die Richtung des Thaies
entscheidend sein und derjenige Fluss als Hauptarm angesehen werden,
welcher nach der Vereinigung mit einem andern ihm sonst ziemlich
ebenbürtigen Flusse seinen «'Uten Lauf geradlinig fortsetzt, so müssten
die Moldau und nicht die Elbe, die Saune und nicht der Rhone, die
Yonne und nicht die Seine als eigentliche Quellarme gelten.
An den hergebrachten Namen aber llUst sich nichts mehr ändern.
Die Wissenschaft kann den erniedrigten Flüssen den ilmen gebührenden
*) Vgl. C. G. D. Stein and Ferd. Hörschelmanu, Handbuch der
Geographie und Statistik. 7. Aufl. Leipzig 1^62— IS" I. Bd. III, Abth. 2, S. 30.
I * % ^ * %
40
Du Qnellgebiet des Goadalquirir.
XIV. Ueber die Namen der Ströme und die Ge«etze ihrer Bewegung, 371
Hang nicht wieder verachafFen ; sie muss sich hier vielmehr beugen vor
der Macht der herrschenden Tradition. Der Grund jener principlosen
Verwendung der Namen ist offenbar ein historischer : Volksstämme, die
an einem Strome auf- oder abwärts wanderten, berücksichtigten bei
der Namengebung weder die Grösse, noch die Richtimg der einmünden-
den Gewässer, sondern stempelten denjenigen Wasserarm zum Haupt-
arm des ganzen Stromsystems, an welchem ihr Weg dahinfuhrte.
Fragen wir also, warum sich der Name Donau von Passau ab nicht
mit dem grösseren Inn verknüpft, so lautet die Antwort: weil die her-
aufziehenden Völker, statt in die entlegene Sackgasse des Engadin ein-
zudringen, lieber der bequemen Strasse des breiten, offenen Donau-
thales folgten. Ebenso hat sich sicher der erste keltische Völkerzug
nicht von der Quelle der Saone nach der Mündung des Rhone oder
umgekehrt bewegt; der Name des Flusses ist uns zu einem Zeugniss
dafUr geworden, welchen Pfad hier zuerst der Völker- und Culturstrom
einschlug. Es liegt demnach jener für principlos gehaltenen Benennimg
doch wohl meist ein Princip zu Grunde, nur kein geographisches,
sondern ein historisches.
Haben wir bisher über imzweckmässige Namengebung gesprochen,
so erscheint uns auch ein Wort über zweckmässige Strombezeichnung
geboten. Zweckmässig ist es zunächst, den verschiedenen, nahezu
gleichbedeutenden Quellarmen eines Flusses einen und denselben Haupt-
namen zuzuweisen, jeden einzelnen aber durch eine Beifiigung näher
zu"^bestimmen. Eine derartige Nomenclatur findet sich ziemhch häufig.
So zeigen uns die Landkarten einen Rothen und Weissen Main, eine
Fichtel-, Wald- und Heide -Nab, einen Schwarzen und Weissen
Regen, eine Kleine und Grosse Szamos, eine Weisse, Schwarze und
Schnelle Koros u. s. w. Besser noch ist es, einem aus der Vereinigung
ebenbürtiger Gewässer hervorgegangenen Fluss einen völlig neuen Namen
zu verleihen. Dies geschieht z. B., indem man Schilka und Argun
zum Amur, Euphrat und Tigris zum Schatt-d-Arab, Werra und Fulda
zur Weser werden lässt^). Am besten aber ist eine Bezeichnung,
welche die Namen der wichtigsten Zuflüsse in sich zusammenfasst, wie
Somme-Soude, Gyronde (aus Gyr und Onde, in dem Departement
Hautes Alpes); ja in Ostvirginien haben wir einen Fluss mit Namen
Mattapony (Nebenfluss des York-River), der aus den Namen der Ge-
wässer Mat, Ta, Po und Ny gebildet ist.
*) Werra und Weser sind im Grunde allerdings ein und dasselbe Wort,
da sie beide aus dem mittelalterlichen W^isaraha, welches den ganzen Strom
bis zur Werraquelle hinauf bezeichnete, sich gebildet haben. Die erste Spur
bewusster Scheidung finden wir bei Adam vonBremen. Vgl. Ausland 1868,
S. 511.
24*
372
Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Wir wenden uns nun zu den Gesetzen der Bewegung dea
Wassers in Flüssen. So lange der Spi^el einer Flüssigkeit völlig
horizontal ist, verharrt dieselbe in ihrer Ruhelage; erhält hingegen der
Spiegel irgend ein Gefäll, so tritt die Wassermasse augenblicklieh ihren
Weg nach unten an, und ihre Bew^ungsgeschwindigkeit wächst mit
der Grösse der Neigung gegen die horizontale Ebene. Nach den Gte-
setzen des Falles sollte man erwarten, dass die Geschwindigkeit des
Wassers, wenn sich das Gefidl nicht ändert, eine gleichförmig be-
schleunigte ist, dass sie also derjenigen einer Kugel gleicht, welche auf
einer schiefen Ebene hinabläuft. Dem ist jedoch nicht so; vielmehr
wird die Bew^ung durch die Reibung am Umfimg des Flussbettes so
stark gehemmt, dass sie selbst bei fortdauernd gleichem Gef^e zu einer
nahezu gleichförmigen wird. Die Bewegung des Wassers ist in Folge
dessen auch keine gleitende, sondern eine roUende.
Die Geschwindigkeit der Bewegung ist innerhalb der Wassermasse
eines Stromes eine sehr verschiedenartige. Durch die Reibung an den
Uferwänden erleiden die Wassertheile an den Rändern eine namhafte
Verzögerung. Wassermoleciile an der Oberfläche (oder in gleicher
Tiefe), welche in diesem Moment eine gerade Linie rechtwinklig quer
über den Strom bild^ sind im nächsten Moment zu einer nach unten
convex gekrümmten Curve angeordnet (Fig. 49). Dies gilt jedoch nur
von Strömen, deren Sohle von den Ufern
nach der Mitte zu gleichmässig geneigt
ist, nicht aber von solchen, deren tie&te
Rinne dem einen Ufer wesentlich näher
liegt als dem anderen. Hier eilt das Wasser
caeteris jiaribus am schnellsten vonvärts,
wo es am tiefsten ist (Fig. 50), weil es
daselbst dem hemmenden FinflnK« der
Reibung am Grunde am weitesten ent-
rückt ist; die Bewegimg ist demnach hier
am fireiesten. Der sogenannte Stromstrich,
d. h. die Linie der grössten Geschwindig-
keit, folgt daher nicht der ]VIittellinie des
Stromes, sondern befindet sich in jedem
Punkte vertical über der tiefsten Furche des Strombettes.
Die Geschwindigkeit der Wassertheilchon wächst jedoch nicht bloss
mit der Annäherung an den Stromstrich, sondern auch mit der Ver-
grösserung des Verticalabstandes von der Sohle. Unmittelbar am Grunde
hat das Wasser stets die stärkste Reibung zu überwinden und bewegt
sich somit hier am langsamsten; nach dem Spiegel zu hingegen wird
diese Hemmung immer geringer, die Geschwindigkeit somit grösser.
Fig. 49.
1
Bewegung dei Walsers an der Ober*
fläche eines Stromes mit r^elmässig
aosgebanchter Sohle.
XIV. Ueber die Namen der Ströme und die Gesetze ihrer Bewegung. 373
Fig. 50.
Bewegung des Wassers an der Ober-
fläche eines Stromes mit unsymme-
trisch gestalteter Sohle.
In jeder dem Stromstrich parallelen Verticalebene nimmt daher im
allgemeinen die Geschwindigkeit gegen die Oberfläche hin zu. Eine
Reihe von Wassertheilchen, welche soeben
einer völlig verticalen Linie entspricht, stellt
im nächsten Moment eine stromabwärts
ausgebogene Curve dar. Die Linie der
grössten Greschwindigkeit rückt in seichten
Flüssen der Oberfläche ziemlich nahe,
sinkt jedoch in tiefen Strömen, wie beim
Mississippi, etwa um ^lo ^^r Flusstiefe j
unter die Oberfläche hinab (Fig. 51).
Ueberdies hängt die grössere oder^'geringere
Convexität jener Curve zugleich auch von
den herrschenden Winden ab; die Con-
vexität wird bedeutend vermehrt durch
Thal wind (FG)j verringert durch Berg-
wind (FE).
Femer wächst die Stromgeschwindig-
keit unter sonst gleichen Verhältnissen
stets mit der Höhe des Wasserstandes;
sie ist demnach bei Hochwasser grösser
als bei Niederwasser. Indem der Strom
schwillt, entwickeln namentlich die der
Reibung mehr denn sonst entzogenen cen-
tralen Theile eine ausserordentlich lebhafte
Bewegung. Daher findet in der Mitte
eine bedeutendere Wasserzufuhr statt ; das
Niveau erhebt sich hier augenscheinlich
höher als an den Rändern, und es bildet
sich so in der Mitte des Stromlaufes eine
AB darchschnittliche Geächwindigkeit
am Wasserspiegel. CD grösste Ge-
schwindigkeit. BF Geschwindigkeit an
der FluBssohle. FG Form der Curve
bei Thalwind, FH ihre Form bei
Berg wind.
y
Art Kamm (Fig. 52). Fällt das Wasser
wieder, so verharrt auch jene Anhäufung desselben in der Mitte nicht
länger ; ja sie geht schliesslich in eine deutlich wahrnehmbare Depression
über, weil die centralen Wasser
mit relativ grosser Heftigkeit *^'
abfliessen, ohne jedoch in ge-
nligender W^eise ersetzt zu
werden (Fig. 53). Sobald die
Wassermasse des Stromes sich
nicht weiter vermindert, be-
wegen sich die an den beiden
Ufern über dem mittleren Niveau stehenden Wasser wieder gegen die
Mitte, und so verschwindet die Depression des Stromspiegels allmählich.
Querprofll eines Flusses während des Hochwassers.
Qoerprofil eines Flones nach dem Hochwasser.
374 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Bei gleichbleibender Wasserftlle wölbt sich schliessUch das Stromwasser
in der Mitte abermals ein wenig wegen der grosseren Leichtigkeit^
mit welcher hier die Wassermolecöle fortschreiten.
Das Niveau des anschwellen-
Fig. 53. den Mississippi ist bisweilen in
^g|i*v /^^ ^^ Mitte über einen Meter
* >---^- ,1^ • , I höher als am Rande. Aehn-
'-' ^^^^^^^^^^^^' ■- i liches beobachtet man an den
rassischen Strömen, namentlich
im Frühjahr, wenn sie sich bei
b^innender Schneeschmelze
mehr und mehr fiillen, aber die Eisdecke sich noch ziemlich unge-
brochen über sie ausbreitet Man bemerkt hier überall, dass die Ober-
flächenwasser in langgestreckten Lachen diejenigen Theile der Eisdecke
überlagern, welche den Ufern am nächsten sind, während der mittlere,
gewölbeartig abgerundete Theil fortdauernd trocken ist Auf der
Wolga steigert sich die Differenz zwischen den Bändern und der Mitte
der Eisdecke ebenfalls bis zu einem Meter.
Alles, was der gewölbte Bücken eines Flusses trägt, Reitet von
der Wölbung nach den Bändern und strandet am Ufer; umgekehrt
streben schwimmende Körper nach der Mitte des Stromes, wenn das
Wasser fällt; deshalb erwarten die Holzflösser in Maine und Canada
erst den Eintritt von Niederwasser, bevor sie ihre Scheite abstossen^).
Schiffbare Flüsse haben bei massiger Strömung eine mittlere Gre-
schwindigkeit von ^3 bis P3 Meter in der Secunde; sie wächst bei
schneller Strömung von IV3 bis 3 Meter. Wildbäche, wie sie ins-
besondere in Hochgebirgen häufig vorkommen, erreichen bei einem
GefiÜle von 6 Metern auf 100 Meter sogar eine Geschwindigkeit von
14 Metern in der Secunde.
*) Elisee Reclus, La Tenre. Deuxi^me edition. Paris 1S70. Tome I,
p. 422 sq.
XV. Die mechanischen Leistungen der Ströme.
Ebenso wie der fallende Tropfen nach und nach den Stein aushöhlt,
so wird auch durch das fliessende Wasser die Rinne, durch die es
seinen Weg nimmt, mit der Zeit immer tiefer ausgefurcht. Der grössere
oder geringere Erfolg, mit welchem dies geschieht, hängt freilich nicht
allein von der mechanischen Kraft des Walsers ab, sondern auch von
der Lagerung und der .petrographischen Beschaffenheit der Gesteine,
über welche sein Pfad hinw^führt. An manchen Felsen verrichtet
das Wasser eine rein mechanische Arbeit; einzelne Theile derselben
werden einfach untergraben, losgelöst und hinweggeschwemmt. Häufig
beobachten wir jedoch neben der mechanischen gleichzeitig eine
chemische Wirkung. Geht z. B. Wasser mit ansehnlichem Kohlen-
säuregehalt durch kalkhaltige Schichten hindurch, so löst es dabei
viel kohlensauren Kalk auf und trägt ihn mit hinweg. Die LösUch-
keit des Kalksteins ist die Ursache, weshalb sich Kalkgebirge durch
ihre phantastischen Formen, sowie durch den Reichthum an Grotten
und Höhlen vor anderen Gebirgen auszeichnen.
Fast immer sind mechanische und chemische Kräfte des Wassers
veremt thätig, um den Untergrund, auf welchem sich dasselbe bewegt,
zu zerstören. Der rasch dahin brausende Giessbach vermöchte selbst
in langen Zeiträumen kaum merkbare Spuren auf einer fest geschlossenen
granitischen Fläche zu hinterlassen, wenn nicht unter dem zersetzenden
Eiinflusse der Kohlensäure das Gestein zu Grus und Sand zerfiele.
Hierauf gelingt es natürlich dem Wasser ausserordentlich leicht, das
zersetzte Gestein hinweg zu spülen; da jene Fragmente sogar als
Schliffinittel dienen, so beginnt jetzt auch eine erfolgreichere mecha-
nische Erosion.
Die zerstörenden Kräfte des Wassers werden dadurch wesentlich
unterstützt, dass sich dasselbe beim Gefrieren ausdehnt. Da das
Wasser in alle Klüfte, Ritzen und Poren an der Erdoberfläche ein-
dringt und da femer in mittleren Breiten im Herbst und Frühjahr,
376
Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
auf Hochgebirgen aber auch im Sommer an vielen Tagen jenes Sicker-
wasser gefriert, so findet hier ein beständiges Zersprengen der Felsen
statt. Somit stürzen Schutt und Geröll auch häufig von hohen Ufer-
felsen in den Fluss hinab, obwohl jene höheren Felspartien niemals
direct von dem Flusswasser erreicht werden.
Die wichtigsten Schöpfimgen des Wassers in den Gebiigsr^onen
sind ohne Zweifel die Thäler, womit jedoch keinesw^s behauptet
werden soll, dass alle Gebirgsthäler durch die erodirende Thätigkeit
des W^assers geschaffen worden sind.
Der Process der Thalbildung an den Abhängen von Grebirgen
wird dadurch eingeleitet, dass auf der mehr oder weniger geneigten
Fläche zahlreiche kleine Rinnsale entstehen. Diese vereinigen sich
weiter abwärts da und dort und furchen dann eine der verstärkten
Wassermenge entsprechende tiefere Binne aus. Hiermit sind die An-
fänge der Thalbildung g^eben. Da nun der reissende, wasserreiche
Gebirgsbach das Gestein viel kräftiger zernagt als seine wasserarmen
Quellen, so verbreitert und vertieft sich das Thal zuerst in den unteren
R^onen und wird
Fig. 54. nach oben, also rück-
wärts inmier tiefer
ausgeschnitten. Flg.
54 veranschaulicht
diesen Voigang. AB
stellt einen durch Ero-
sion noch nicht ver-
letzten G^birgsabhang
dar. Ueber denselben
ergiessen sich nun
zahlreiche feine W^asseradem. Dieselben laufen nahe bei dem Fusse
(etwa bei l) zusammen und werden so zu starken Gebirgsbächen.
Bei l erscheint daher zuerst eine Thalftut^he, und der Weg des W^assers
gleicht dann der Profillinie A Im B. Auf der Strecke l m hat der
Bach das stärkste GeikU; hier arbeitet er deshalb am erfolgreichsten
an der Vertiefimg der Thalsohle; die Abfiihr von Gebirgsschutt ist
viel bedeutender als die Ablagerung. Diese Strecke bezeichnet man
als das Berggebiet; auf derselben ist das Querprofil des Thaies
dem Baume zwischen zwei Zacken einer Säge ähnlich, also *\/*förmig.
Bei m hingegen liegt die Thalsohle nur wenig über dem Niveau der
Ebene; das GrefaU ist daher auf der Strecke m B sehr gering und
die Ablagerung grösser als die Abfuhr. Eine Elrosion findet hier nur
bei Hochwasser statt, und sie wirkt mehr auf eine Erweiterung als
auf eine Vertieftmg des Thaies hin ; zugleich flacht sich dasselbe durch
Thalbildanf durch Erosion an dem Abhang« eines Gebirgen.
XV. Die mechauischen Leistungen der Ströme. 377
Herbeischafiting von Sand und Kies mehr und mehr ab. Der Quer-
schnitt des Thaies ist demnach hier "LTförmig. Diese imtere Strecke
(m B) heisst im G^nsatz zu dem Berggebiet das Thalgebiet.
Hier trifft man meist zwei Betten: ein Bett, in welchem sich der*
Fluss für gewöhnlich bewegt,
das Flussbett (B in Fig. 55), ^^^- ^^-
und ein anderes, höher gelegenes,
breiteres, das Fluth- oder ' ^S^^' ••' '<••-'< -"^<:'*iT> i-lf-
Inundationsbett (J D), '"' -^^^^^ML^f-^:' '
welches der Fluss nur bei Hoch- Fiusabett b und Fiuthbett j d.
Wasser erfüllt. Auch das letztere
ist ein Werk des Flusses selbst; es entsteht, wenn dieser bei hohem
Wogengang einen Theil der AUuvionen, welche er früher selbst ge-
bildet hat, wieder fortreisst. In weiten, mit Alluvionen bedeckten
Flussthälem fllhren mehrere Terrassen oder sogenannte Hochufer von
den höheren Thalrändem nach dem Stromspiegel herab, so im Donau-
thal bei Wien, im Rheinthal zwischen Basel und Bingen, im Tessinthal
bei Bellinzona und anderwärts.
Indem die Erosion weiter fortschreitet, wird das Berggebiet bis zu
dem Punkte n (Fig. 54) und das Thalgebiet bis o zurückweichen.
Erreicht endlich dieser Process den Gipfel des Abhanges A^ also den
Kamm des Gebirges, in dessen Nähe die Niederschläge am häufigsten
sind, wo also auch die unablässig thätigen Bergwasser eine besondere
Energie entfalten, so wird daselbst gewöhnlich ein enger Kessel mit
streckenweise fast senkrechter Thalsohle ausgefurcht. Diesen Theil des
Thalweges könnte man als die Region der Wasserfälle bezeichnen (I).
Weiter abwärts folgt ein Thalabschnitt, der zwar nicht so schroffe
Abstürze aufweist, aber immer noch abschüssig genug ist, um zahl-
reiche Stromschnellen hervorzurufen: die Region der Stromschnellen
(H). Die unterste Partie des Thalweges endlich ist nur wenig geneigt;
sie ist daher die Region des ruhigen Wasserlaufes (IH). So
lange die drei angegebenen Thalstreeken im Profil noch durch eine
gebrochene Linie darzustellen sind, wie in Fig. 54, hat die Thalbildung
noch keinen stabilen Zustand erlangt; der Thalw^, welcher gewisser-
massen die Resultante von der Kraft der Wasserbewegung und der
Widerstandsfähigkeit des Bodens ist, wird erst dann in der vom
Wasser geschaffenen Form verharren, wenn er die Gestalt einer Curve
gewonnen hat, auf deren einzelnen Punkten sich überall die Kraft des
Wassers und die Widerstandsfähigkeit des Bodens das Gleichgewicht
halten.
Ragt ein Gebirge in die Region des ewigen Schnees empor, so
wird bis zum Rande derselben die Eix)sionsthätigkeit des Wassers
378 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
aufgehoben. Hindert jedoch keine Fimschneebedeckung dasselbe^ das
Gebirge zu durchfurchen, so schreitet der Thalbildungsprocess auf
beiden Seiten bis zum Grat des Gebirgszuges hinauf, wodurch der ur-
sprüngliche breite Gebirgsrücken zwischen zwei an den Quellen sich
berührenden Flüssen beider Abhänge zu einem schmalen, scharf-
randigen E^mme {B' q' p' Ä p q B in Fig. 56) umgewandelt wird.
ThAlbüdnng dnrcli Erosion an beiden Abbängen eines Gebildes.
Bei fortdauernder Wirksamkeit des Wassers verschwinden die Regionen
der Wasserfalle und Stromschnellen zu beiden Seiten des Kammes,
und es bleibt zwischen den nach entgegengesetzten Richtungen laufen-
den Flussthälem nur eine niedrige Bodenanschwellung (B' w B) als
Wasserscheide bestehen.
Wir haben bisher der Einfisu^hheit wegen eine gleiche Widerstands-
Miigkeit der Felsarten gegen die zerstörende Kraft des Wassers ange-
nonmien. Die Leistungen der Erosion, die zunächst mit der Wasserftdle
und dem Ge^e eines Flusses wachsen, sind jedoch auch noch an andere
Bedingungen geknüpft. Vor allem werden sie vermindert durch erhöhte
Widerstandsfilhigkeit der Felsarten, die natürlich nach der Beschaffenheit
des Gesteins örtlich steigt oder sinkt Wenn E die Erosionsleistung,
m die Menge des Wassers, f das Gefidl und w den Widerstand oder
Hl f
die Härte der Felsarten bedeutet, so ist ^ = — -. An allen Stellen,
wo sich ein Flusslauf unter irgend einem Winkel seinen Weg durch
eine härtere Felsmasse bahnt, muss noth wendig eine Stauung der
Erosion eintreten, die sich innerhalb dieses härteren Materials bei
gleichzeitiger Einschnürung durch Stromschnellen oder Wasserstürze,
oberhalb durch eine tenrassenartige Ebnung der Thalsohle bei gleich-
zeitiger Erweiterung verräth. So gewährt das Tessinthal treffliche
Beispiele von Thaleinschnürungen mit stürmischer Erosion und terrassen-
artigen, breiten Thalsohlen mit schwächerem Ge&Ue. Ist aber zuletzt
der harte Querri^el von dem Flusse durchsägt, dann geht auch die
Erosionspause für die weiter aufwärts befindliche zahme Thaktrecke
zur Neige; denn rasch schreitet dann die Stromschnelle rückwärts, also
aufwärts durch das weichere Gestein. Fig. 57 erläutert diesen Yorgang.
Die Schichten aus leicht zerstörbarem Gestein sind mit xcy die härteren
mit h bezeichnet. Da die letzteren dem Wasser hartnäckig die Stime
XV. Die mechanischen Leistungen der Ströme. 379
bieten, während die ersteren von ihm leicht aufgelöst und fortgeführt
werden, so erscheinen jene stufenartig abgebrochen und jäh abstürzend,
Fig. 57.
stufenförmige Absätze innerhalb eines Thalgmndes, der abwechselnd ans hartem (A)
nnd weichem (w) Gestein besteht.
Während das weiche Gestein, namentlich nach unten hin stets nahezu
dasselbe Niveau besitzt wie der unmittelbar abwärts liegende Schichten-
kopf des härteren Gesteins, durch welches das weichere gegen Weg-
schwemmung geschützt wird. Erst wenn jener Schichtenkopf durch
die Gewalt des Wassers beseitigt ist, wirkt die Erosion auch inner-
halb der weicheren Masse mit bestem Erfolg; doch bleibt der stufen-
förmige Charakter des ganzen Systems fort und fort bestehen, so lange
der Fluss ein Gebirge hinter sich hat, d. h. so lange er ein Gefall hat,
also überhaupt Fluss bleibt.
Die zerstörende und transportirende Thätigkeit der Flüsse erweist
sich am mächtigsten in den Bächen und Flüssen der Hochgebirge.
Die von denselben herabeilenden Wildwasser sehen wir freilich meist
in einer Jahreszeit, in welcher sie ziemlich harmlos und friedfertig sind,
nämlich im Sommer. Ganz anders verhalten sie sich im Frühjahr, wo
sie sich gewissermassen in höchster Ekstase befinden. Sie entfalten
dann eine furchtbar verheerende Macht. So wenig man vielleicht
sonst geneigt ist, weite, sonnige Thäler sich durch Erosion entstanden
zu denken, so wird man doch die Möglichkeit einer derartigen Bildung
nicht mehr in Zweifel zu stellen wagen, wenn man einmal die gewaltig
angeschwollenen, heftig dahin brausenden Wildbäche der Hochgebirge
im Frühjahr beobachtet hat. Unablässig benagt das Wasser den
Felsen im Vorbeieilen und bearbeitet seine Ecken mit kleineren Steinen,
die es ihm entgegenschleudert. So wird der scharfkantige Block immer
runder; er isolirt sich zugleich mehr und mehr, bis er endlich einmal
von den daherjagenden Fluthen entwurzelt, kopfliber hinabgestürzt und
hinabgerollt wird. Vermöge ihres raschen Gefälls, d. i. vermöge der
ihnen innewohnenden bedeutenden Stosskraft bewegen jene Wildwasser
schwere Blöcke, deren specifisches Gewicht etwa 2 bis 3 ist, um so
leichter thalabwärts, als dieselben ganz in das Wasser getaucht sind, also
380 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
die Hälfte oder ein Drittel ihres Gesammtgewichts verlieren und somit
einer relativ geringen Kraft bedürfen, um fortgerissen zu werden. Die
Fluth des Bagnethales (in Wallis, östlich vom Combin, von der Dranse
durchäossen) hat im Jahre 1818 Blöcke von mehreren tausend Cubik>
ftiss Inhalt in das Hauptthal nach Martigny getrieben. Auch im
August 1834 vermochten die durch Begen und schnelles Abschmelzen
der Gletscher hoch angewachsenen Schweizer Alpenflüsse , obgleich
weit schwächer als die Bagnefluth, doch Felsmassen von 4000 Cubik-
fuss (138 Cubikmeter) weit in die Thäler hinabzutransportiren. Blöcke
von mehr als 1000 Cubikftiss (34,5 Cubikmeter) Grösse wurden
12 Fuss (4 Meter) hoch über dem gewöhnlichen Wasserstand auf
andere Blöcke abgesetzt und sind daher nicht nur fortgewälzt, sondern
au%e8chnellt oder schwebend getragen worden*). Für gewöhnlich gilt
dies jedoch nur von dem Schlamm und Sand; grössere Gesteinsstücke
werden wohl meist auf dem Boden fortgerollt und fortgeschoben. Es
sei hierbei noch an folgende höchst bemerkenswerthe Thatsache er-
innert, welche dem kühnen Edward Whymper von dem Führer
Rejnaud am Wachtfeuer bei der Besteigung des Pelvoux (Dauphin^)
mitgetheilt wurde. Wenn die Durance im Frühling zur Schneeschmelze
geschwollen ist, bringt sie bisweilen so viele Felsblöcke mit herunter,
dass man an der Stelle, wo sie durch die enge Schlucht von La
Bessee strömt, gar kein Wasser, sondern bloss Steine sieht, welche
über einander hinwegstürzen, sich g^enseitig zu Staub zerreiben und
soviel Funken schlagen, dass sich der Strom im Feuer zu bewegen
scheint*).
Welch weite Wanderungen solche losgesprengte Gesteinsstücke oft
zurückl^en, das lehrt uns eine Betrachtung der Crau') (im Alterthum
campi lapidei), einer Ebene zwischen dem Grossen Rhone und den
Hügeln von Salon und Saint (Ilhamas südöstlich von Arles, welche
wegen ihrer Luftspiegelungen imd ihres öden, wüstenähnlichen Charakters
im Sommer wohl auch die fiunzösische Sahara genannt wird. Die etwa
980 Quadratkilometer grosse Bodenfläche ist vollständig mit dicken,
ovalen, auf einer röthlichen, sehr fein zertheilten flrde ruhenden Eiesebi
bedeckt Die Grösse derselben schwankt zwischen der Dicke einer
Faust und der eines grossen Kürbis oder eines Pferdekopfes. Neun
Zehntel dieser Steine gehören zu den Quarziten; hierauf sind noch am
reichlichsten vertreten grüne Serpentine, Hornblenden derselben Farbe,
^) B. Studer, Lehrbuch der physikaliBchen Geographie und Geologie.
Bern, Chur und Leipzig 1S44. Bd. I, S. 107 f.
*) Edward Whymper, Berg- und Gletscherfahrten in den Alpen.
Braunschweig 1S72. S. 36.
^) Von dem keltischen Worte cra'i, welches Stein bedeutet.
Xy. Die mechanischen Leistungen der Ströme. 381
Kiesel von glasigem Quarz, femer quarzhaltige Porphyre, rosenrothc
Feldspathgranite, rothe Sandsteine und endlich ganz kleine schwarze
Kalksteine. Dabei zeigt sich, dass die Kiesel um so gemeiner und
dicker werden, je härter das IVIaterial ist, aus dem sie gebildet sind.
Den Ursprung dieser Eliesel muss man ohne Zweifel in Gebirgen
suchen, die aus krjstallinischen Felsen aufgebaut sind, d. h. in den
Alpen, wo alle jene Gesteine anstehend sind. Zwei grosse Wasserläufe
haben sie niu: in die Ebenen der Crau herabtragen können : der Bhone
oder die Duraivce. Allein der jetzige Bhöne führt unterhalb seiner
Spaltung in den Grossen und E3einen Rhone (bei Arles) keine Kiesel
mehr mit sich; auch weisen die Serpentine, die Variolilen, welche
besonders in den nördlichen Ablagerungen vorkommen, darauf hin,
dass die Crau aus dem Thale der Durance mit Kieseln überschüttet
wurde. Lamanon, der bekannte Begleiter Lapörouse 's auf dessen
Weltumseglung, hat zuerst diese Ansicht begründet. Er sammelte
mit Sorgfalt die Kiesel der Crau und unterschied unter denselben 19
Spielarten. Hierauf zog er der Durance entlang bis zu deren Quelle
aufv^ärts und beobachtete hierbei, dass sich oberhalb jedes Zuflusses
der Durance die Zahl dieser Kieselvarietäten verminderte. Nun ging
er das Thal jedes dieser Kebenflüsschen hinauf und fand an ihren
Ufern die Felsen anstehend, denen die Kiesel dei* Crau entstammen.
Im Jahre 1859 wiederholten Charles Martins und E. Desor nach
vorheriger genauer Bestimmung der Bollkiesel in der Crau die näm-
liche Wanderung mit folgendem bemerkenswerthen Ergebniss : Je mehr
sie thalaufwärts vordrangen, desto mehr nahmen die Kiesel, welche der
Fluss in seinem Bette bewegt, an Umfang zu und zwar genau im um-
gekehrten Verhältniss zu ihrer relativen Härte. Im oberen Theile des
Flusslaufes waren die Steine eckig, würfelförmig, prismatisch, im unteren
hingegen abgeschliffen, elliptisch, bohnenfbrmig. Martins meint, dass
die Gewalt der gegenwärtigen Gewässer der Durance diese Gesteins-
massen nicht herabzuwälzen vermochte, dass sie vielmehr von den
viel mächtigeren Diluviabtrömen hinweggeschwemmt wurden, welche
einst aus dem das Thal der Durance bis Chateau Amoux erflülenden
Gletscher hervorbrachen; jene Kiesel aber gehörten zur Endmoräne
desselben ^). Demnach mögen die Kräfte, welche die Durance entfaltet,
schon seit vielen Jahrtausenden wirksam gewesen sein und in früheren
Zeiten vielleicht noch weit energischer als in der Gegenwart.
Die angeftlhrten Kraftproben, welche die Wildwasser unserer
Hochgebirge liefern, lassen uns ahnen, wie es hier dem Wasser möglich
^) Charles Martins, Von Spitzbergen zur Sahara. Jena 186S. Bd. II,
S. 135—149.
382 I>ntter Theü. Die Wasser- imd Lnftkölk der Erde.
ward, zmt krSftig<a' Ebokd die tiefsten Forchen in die GehirganMeare
zxk. ziehen tmd Ihrem stolzen Bsa ein rmiKnhafies AnsBchen «i£eii-
präj^en. As diewe Aügeiralt des WasBen wird der Alpenwanderer
TOQ Scfaritt ZQ Schritt gemahnt Bescmden grodBsrdg tritt ihm diesdbe
eotg^en im Bemwthal, wo seh die Strave zur Tenfelsfarocke und
zam Unkerioch fainanfwiDdet, gebohrt in ein mik^tiges graniti8die&
Kiff; das einst das Thal ToULommai ahspente. beT{M* der Schnitt der
Keuas begannt. Gleidii pxMaartig ist die ron 400 Meier hoben, £k!t
senkiseeht ncfa erhebenden Kalk£elsen g^eUldete Via mala, sowie die
noch oigere, ron 20<J Meter hoben Felswänden umrahmte Tamina-
Bchlocht, von denen die erstere Tom Hinterrbein, die letztere von der
Tamina dnrehtobt wird«
Nodi gewaltiger aL in den Alpen sind nadi dem Berichte B. t.
Schlagintweit's die ErodonsersdieinQngen im Himalaja, wo die
Bergljdcbe hie und da 1000 Meter tiefe, enge Thalrinnen ao^eforcfat
halicn. Aber auch diese werden in den Schatten gestellt dmrch jene
Thalschluchten Nordamerika's , för welche die an makrisdien Namen
für Beliefibrmen wonderbar reiche spanische Sprache den sdiönen
Ausdruck CaAon hat Canon bedeutet nämlich eigentlich den Lauf
eines Feueigewehres und das Rohr eines Bronnens. Merkwürdig sind
besonders die (JaAons des Colorado und seiner Nebengewässer <Ver-
dnigte Staaten). Auf einer Länge von 75 geographischen Meilen
zwischen dem 110. und 115. Grad w. L. v. Gr. haben sich der Strom
und seine Geschwister enge Gehäuse mit lothrechten Felswänden von
1 000 bis 2000 Met^T Tiefe ausgefeilt, oben durch Ealklager ond andere
Schichten der Steinkohlenformation, weiter unten 150 Hs 300 Meter
tief durch noch ältere paläozoische Felsarten und zuletzt durch festen
Granit, der bisweilen noch in Klippen und Nadeln aufragt Wo es
gelingt, die Höhe dieser Wände zu ersteigen^ übersieht man eine glatte
Ebene, welche wenig von den tiefen mäandrisch^i Einsdmitten er-
rathen lässt
Balduin Möllhausen entwirft von einer solchen Schlucht im
Coloradogebiete folgende ergreifende Schilderung: «^Wir standen hart
am Rande des Plateaus, und die grausige Tiefe öffiiete sich unmittel-
bar vor unseren Füssen. Schüchtern schauten wir hinab auf das nahe
an 2000 Fusi» (000 Meter) tief gelegene dunkelrothe Bette des trockenen
Bassinn; in unzähligen Windungen, ähnlich pliantastischen Arabesken,
zogen sich die verschiedenen Wasserrinnen dahin. Vor mir aus
scliauc^rlicher l'ieft* thürmten sich die Formationen verschiedener
'^4j)ochen (der SteinkolüenformationJ über einander, deutlich erkennbar
ML. Rütimeyer, Ueber Thal- und Seebiliung. Basel 1S69. S. 25.
XV. Die mechanischen Leistungen der Ströme. 383
an den grellen Farbeneontrasten , jede einzelne Schicht ein Weltalter
bezeichnend. Senkrecht standen die Wände, als ob, die geringste &-
schütterung sie hinabzustürzen vermöchte, und wie eine Mahnung an
die Unendlichkeit erschienen mir die Merkmale, die klar bewiesen,
dass der fallende Wassertropfen die Schlünde bildete, welche mir von
allen Seiten entgegenstarrten. Ich sass und zeichnete und bUckte
zugleich sehnsüchtig hinüber nach der hohen Felswand, die sich in der
Entfernung von ungefilhr 20 englischen Meilen (über 4 geographische
Meilen) aus der Ebene erhob und an deren Fuss der Kleine oder der
Gi'osse Colorado vorüberschäumen musste. Beide Flüsse konnten sich
nach unserer Berechnung in jener Breite nicht über 1500 Fuss (460
Meter) hoch über dem Meeresspiegel befinden, und da 9000 Fuss
(2740 Meter) die Erhebung des Plateaus war, so musste das eigen-
thümliche Bild verborgen vor uns liegen, in welchem ein Fluss sich
zwischen senkrechten Wänden von 7000 und mehr Fuss (über 2100
Meter) dahindrängt oder in stufenweisen, unmittelbar auf einander
folgenden Fällen den Höhenunterachied überwindet^)."
Ehe wir die höheren Gebirgsregionen , den Schauplatz der ge-
waltigsten Erosionsthätigkeit der Flüsse, verlassen, sei noch auf drei
eigenthümliche Erscheinungen hingedeutet, welche hier durch die ab-
rinnenden Meteorwasser geschaflen werden.
Wir nennen an erster Stelle die Riesenkessel oder Riesen-
töpfe. Sie entstehen da, wo ein rasch dahineilender Giessbach auf
seinem Wege eine Vertiefung im Felsen antriffi, namentlich aber am
Fusse von Wasserfällen. Hier bildet sich zunächst ein Wasserwirbel.
Gelangen nun die durch das AA'asser mit fortgerissenen Gerolle und
Gesteinsblöcke zufällig in jene Vertiefiing, so werden sie eine Zeit
lang in kreisender Bewegung erhalten. Sie bohren sich immer tiefer
und tiefer in das Gestein und arbeiten runde Höhlungen mit glatten
Wänden in das härteste Material, wobei gleichzeitig auch das als
Bohrmaterial dienende Gestein mit abgeschliffen wird. Oft erreichen
diese Riesenkessel eine Tiefe von mehreren Metern, bisweilen s(»lbst
von mehr als 10 Metern. Besonders häufig sind sie in Skandinavien*)
und Finnland, wo sie meist in Granit und Gneiss eingebohrt sind.
In dem trockenen Sommer des Jahres 1857 wurde eine grosse Menge
solcher cylindrischer Aushöhlungen an den Felsplatten des Rheinfalls
bei ScliaflFliausen beobachtet. Man findet sie femer an der Biiicke,
*) Balduin Möllhausen, Reisen in die Felsengebirge Nordamerika's.
Leipzig 1861. Bd. 11, S «JO ff. nebst Abbildung.
*) Vgl. W. C. Brögger und H. H. Reuse h in Christiania über ,,Rie8en-
kessel bei Christiania" in der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesell-
schaft. Bd. XXVI (1974), S. 793-815.
384 Dritter TheiL Die Wasser- und Lofthülie der Erde.
welche oberhalb Handeck über die Aar iührtM^ im Gletschei^arten
von Lozem^), bei Gastein und an der Salzach bei Golling^).
Eine andere bemerkenswerthe Erosionswirkung tritt uns in gewissen
schmalen, isolirten, wandartig gestalteten Felsbildungen entgc^n.
Werden nämlich leicht zerstörbare Gesteinsmassen zu beiden Seiten
einer härteren Gesteinsschicht hinw^geschwemmt , so bleiben mauer-
artige Ueberreste der letzteren stehen. So berichtet uns z. B. Ed-
ward Whymper*) aus dem Alpengebiete: Wenn von Gletschern
geglättete Felsen, die von Quarzadem durchzogen sind, den Einflüssen
der Sonne, des Frostes und vor allem des Wassers ausgesetzt sind, so
dauert es nicht lange, bis der Quarz seine grössere Widerstandsiähig-
keit zu bewahren beginnt. Ist er von Gneisslagem umgeben, so leidet
der mit. ihm in Berührung kommende Gneiss bald. Von den Ver-
bindungspunkten der beiden Steinarten strahlen kleine Risse über die
Oberfläche des weicheren Stofies aus. In diese schmalen Spalten dringt
Wasser ein, dehnt sich bei Frost aus
*^^^- •^^- und spült, wieder flüssig geworden,
von dem zersprengten Gestein ein
Korn nach dem andern hinweg, bis
endlich, wie in Fig. 58 bei C, kleine
Schluchten ausgegraben sind, die auf
beiden Seiten der Quarzader A liegen.
In Grönland sah Whymper Gneiss,
der neben Quarzadem bi^.zu -'^ Meter
.1 hartes Gestein (Qoara). Tiefe WC^efreSSCU War. Die gTOSS-
B ireich s Gestein (Gneiss). artiffste Erscheinunff dicßcr Art ist
r .IxiTch W«ser gebildete öüfte. ^ ^- , , . ^ . , ,,.11
wohl der Pfahl im Bayrischen \N aide.
Femer weisen verschiedene vulcanische Gebiete Lavamassen auf (in
Island als «Teufelsmauem^ bezeichnet), deren Nachbargesteine längst
dem Zahne der unablässig nagenden Meteorwasser crimen sind, während
sie selbst sich hartnäckig behauptet haben.
Eine dritte auffidlende Schöpfung der Erosion sind die Erd-
pyramiden. Sie finden sich im Gegensatz zu den Riesentöpfen
nicht in hartem Gestein, sondern in lehmig-sandigen Schuttanhäutungen.
Einige grössere, in die Schuttmasse eingebettete Steine schützen wie
»Schirme die darunter ruhenden weicheren Massen gegen die ein-
M £. Desor, Der Gebirgsbaa der Alpen. Wiesbaden 1S65. S. lOO.
-) Heim, Ueber den Gletschergarten in Lozern. 1S73.
^) J. Haun, F. v. Höchst ett er und A. Pokorny, Allgemeine Erd-
kunde. Prag lb72. S. 166.
*) Berg- und Gletscherfahrten in den Alpen. Braunschweig 1872.
S. 407.
'."ä'S'a'ii Stf "»"
^t?jaRl^l^]|<'^)^^fit lose Schutt m den
■£^«H^f| fl'S'pitg^hrt winl, bleiben
bchlanke Säulen oder
Auttea stehen , welche
ifliic ■ ■■
.!K^«e-WV^ffVapBit letzen.
BjBiltgegnet den Erdpyra-
Slllilderer .Schönheit sind
■ ■" m:^'.isi;i!^ , ,
it|t .^uk^iulJ^en ; doch ist es zum
^E^*S* °"^ feiner Erde, in
" "£^t. Witten durch die
1^^ an ihm erheben sich
le und dicke Säulen
.„..^Ides.
i:lcij^4ebirgen, insbesondere
;*^j'j»i»y» unzweideutiger Weise
'^j^^^usgeprägt in den vor
.. ^jÜiaoch üben die Flüsse,
^Sü^f^Aci^ll^seh daliinbmusenden
läe^cffsCeiSäia'ial der Ebene gleicli-
daas viele Flüsse nach
jt «. -- **'"'' l'enagen. Als die
f«|^ü^ä^3hre 1860 dieRota-
^^^^•i'n nachstehender Weise
:■:•*■■»"»• 25
■a-s-
386 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
erklärt Die Erde dreht sich in der Richtung von West nach Ost um ihre
Axe; natürlich geschieht dies mit einer ftir die einzelnen Punkte der Erd-
oberfläche sehr verschiedenen Geschwindigkeit. Vom Aequator, wo die
Geschwindigkeit 464 Meter in der Secunde beträgt, sinkt sie allmählich
herab auf 0 Meter an den Polen. Nun bringt ein Körper , der sich
vom Aequator nach dem Pol, also auf unserer Halbkugel nach Norden
bew^, seine grössere Drehungsgeschwindigkeit mit nach höheren
Breiten, sucht also dort mit grösserer Schnelligkeit als seine Um-
gebung nach Osten vorzudringen. Ein nach Norden fliessender Strom
wird somit durch die Erdrotation g^en sein rechtes Ufer gedrängt
und erodirt daher dieses stärker als das linke. Geht hingegen ein
Strom der nördlichen Halbkugel von Norden nach Süden, so gelangt
er nach Breiten mit grösserer Drehungsgeschwindigkeit; seine Ufer
eilen gleichsam voraus; der Druck des Stromes und seine grössere
zerstörende Kraft ist daher nach Westen, d. h. wieder gfig^n das rechte
Ufer gewandt Auf der südlichen Halbkugel werden aus gleichen
Gründen die linken Stromufer mehr angegriffen als die rechten.
Das Baer'sche Gesetz, welches soeben erläutert wurde, ist eine so
unbestreitbare Wahrheit, dass es, wenn auch alle Erscheinungen damit
in Widerspruch ständen, demioch als vorhanden gelten müsste. Wenn
auf der ganzen Erde das Ge&ll ganz gleichmässig vertheilt und die
Erdrinde aus gleich weichem Erdreich gebildet wäre, so müssten alle
von Nord nach Süd oder von Süd nach Nord laufenden Ströme auf
unserer Halbkugel fortdauernd nach rechts rücken. Nur ist es die
Frage, ob die Kraft, mit welcher dieselben ihre rechten Ufer benagen,
unter den thatsächlichen Verhältnissen stark genug ist, eine merkbare
Wirkung auf die Ufergestaltung auszuüben.
Für die Richtigkeit des Ba er 'sehen Gesetzes scheinen folgende
Thatsachen zu sprechen: Da nach demselben auf der nördlichen
Halbkugel immer das rechte Ufer steil, das linke hingegen flach sein
müsste, so hätten wir fiir gewöhnlich die meisten Städte auf dem
gegen Ueberschwenmiungen geschützten rechten Ufer zu suchen. In
der That li^en am linken Ufer der Wolga von Kasan an nur
4 Städte, während sich auf dem rechten mehr als 30 befinden. Die-
selbe Wahrnehmung bietet sich an den Ufern des Don, wo die Kosaken-
Stanizen grösstentheils auf dem rechten Ufer stehen, und ebenso an
denen des Dnjepr ^). Femer besitzt die nach Süd abfliessende Kama
fast nur auf der Westseite hohe Steilufer, während sich an den nach
Nord gehenden Flüssen Westsibirien's, wie Ischim, Irisch, Ob u. a.,
^) KarlErnst y. Baer, Beden gehalten in wissenschaftlichen Versamm-
langen and kleinere Aafsätze vermischten Inhalts. U. Theil. Stadien aus
dem Gebiete der Natarwissenschaften. St. Petersburg 1876. S. 125—128.
XV. Die mechanischen Leistungen der Ströme. 387
in der Regel das Steilufer auf der Ostseite erhebt ^). In ganz Ober-
ägypten breitet sich zwischen dem linken Nilufer und dem Libyschen
Gebirge überall ein weites, flaches Uferland aus; hingegen tritt die
Arabische Kette mit ihren senkrechten Felswänden häufig unmittelbar
bis an den Strom heran*). Um endlich noch ein Beispiel von der
Südlichen Halbkugel anzufiifaren, wo natürlich das allmähliche Vor-
rücken des Flusslaufes im entgegengesetzten Sinne erfolgen muss wie
auf der nördlichen, fbgen wir hinzu, dass der Paraguay wie der Paranä
ihr Strombett beständig von West nach Ost verschoben haben. Das
östliche Ufer ist in der Kegel eine hohe Bank, welche der Fluss imter-
graben hat, während gegen Westen allein Inselschwärme vorkommen *).
Eine noch jetzt fortschreitende Ausnagung des einen Ufers im
Sinne des Baer' sehen Gesetzes zeigt sich nirgends schöner als an
der Wolga. Von ihrem rechten Ufer berichtet uns K. E. v. Baer*):
Es sind nicht nur einzelne Gebäude, wie ein Kloster bei Nischnü-
Nowgorod und ein anderes bei Astrachan an dem Wolgaarme Bolda,
in's Wasser gestürzt, weil der Boden unter ihnen unterwaschen war.
Von der kleinen Stadt Tschemyi- Jar ist ein Wall, sowie die eine Seite
einer Strasse ebenfaUs von der Wolga zerstört worden, und den ehe-
maligen Kirchhof fand v. Baer halb eingerissen. Doch ist Tschemyi-
Jar schon einmal verlegt worden, weil sich ergab, dass es auf un-
sicherem Boden erbaut worden war, und die grössere imd pittoreske
Stadt Simbirsk steht in steter Ge&hr, dasselbe Schicksal zu erleiden.
In Sibirien mussten mehrere Ansiedelungen aus ähnlichen Gründen
bald ihre ursprünglichen Plätze mit anderen vertauschen.
K. E. V. Baer selbst scheint nicht davon überzeugt gewesen zu
sein, dass die erwähnten Thatsachen ausschliesslich dem seitlichen Druck
des von Nord nach Süd sich bewegenden Wassers zuzuschreiben
sind; denn er setzt vorsichtig hinzu: Im allgemeinen aber liegen die
Städte an der Wolga doch seit Jahrhunderten auf derselben Stelle und
liefern den Beweis, dass das Andrängen des Stromes nach der rechten
Seite nur sehr langsam wirkt Wir müssen noch hinzufligen, dass
auch Ausnahmen von der Regel durchaus nicht selten sind, indem das
vom Wasser beständig unterwühlte Steilufer nicht der rechten, son-
dern der linken Stromseite angehört. B. v. Cotta^) entdeckte im
^) Bernhard v. Cotta im Ausland 1869, S. 291.
*) Alfred y. Krem er, Aegypten. Leipzig 1863. Bd. I, S. 11 f.
') Nach Thomas J. Page, La Plata, the Argentine Confederation and
Paraguay (London 1859) im Ausland 1859, S. 947.
*) 1. c. S. 127 f.
^) Der Altai, sein geologischer Bau und seine Erzlagerstätten. Leipzig
1871. S. 63.
25*
388 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Jahre 1869 an der Wolga' und am Don mehrere solche Ausnahmen,
ebenso am Ob (z. B. bei Bamaul) und an der Eama (bei Perm). Er
hebt ausserdem noch hervor, dass die russischen und sibirischen Flüsse
ihre hohen Steilufer vor allem dem orographischen Bau jener Gebiete
verdanken; die Seitenlage der Steilufer ist bei ihnen meist durch den
W^ bedingt, den sich das Wasser ursprüngUch zum Ablauf gewählt
hat Im übrigen aber dürfte es wohl häufig sehr schwer zu entscheiden
sein, welcher £ffect hierbei der Rotation der Erde oder der erodiren-
den Thätigkeit der Sröme an der convexen Seite ihrer Krümmungen
zuzuerkennen ist (vgl. S. 389 ff.).
Wie unbedeutend der durch die Erdrotation hervorgerufene seit-
liche Druck ist, hat Babinet gezeigt^). Er berechnete nämlich den
Constanten Druck, mit welchem in der Breite von Südfrankreich jeder
in der Richtung der Meridiane ziehende Fluss in Folge der Erdrotation
gegen sein rechtes Ufer gedrängt wird, und es ergab sich fiir den-
selben nur unge&hr Viooooo desjenigen Druckes, welchen ein ebenso
breites ab tiefes Wasser durch seine Schwere ausübt; ftir einen 10
Kilometer breiten Strom ist also diese Kraft nicht grösser als der
Druck eines 1 Decimeter tiefen Baches auf sein Bett Nun lässt sich
zwar flSr jede Breite ermitteln, um wieviel jedes Wassertheilchen von
seiner ursprünglichen Richtung abgelenkt wird, wenn es keine ausser-
gewöhnlichen Hindernisse zu überwältigen hat; den Effect der Aus-
spülung festzustellen , ist jedoch deshalb unmöglich, weil hier zu viele
Factoren (Härte und Lagerung des Ufergesteins, Flusskrümmungen,
Grösse des Gefklles u. a.) mit im Spiele sind. Zwar fuhren, wie dies
Sir Charles Lyell zuerst in Beziehung auf geologische Vorgänge
schlagend erwiesen hat, kleine Ursachen, welche während langer Zeit-
räume unausgesetzt thäüg sind, schliesslich auch zu grossen Wirkungen.
Ist jedoch diese Ursache unendlich klein und wird ihre Kraft immer
sofort aufgehoben (d. h. hier in Wärme verwandelt), wie dies z. B.
von einem leichten Wellendruck gilt, welcher gegen ein festes Felsufer
gerichtet ist , so dürfen wir keinen sichtbaren Erfolg erwarten. Dem-
nach wäre es wohl denkbar, dass die Benagung der rechten Flussufer
auf leicht zerstörbaren Sand- und Lehmschichten eine merkbare Grösse
erreichen kann, namentlich in höheren Breiten, wo der Rotationsunter-
schied schnell wächst. Hingegen wird sie auf felsigem Terrain kaum
jemals irgend welche deutlich wahrnehmbaren Spuren hinteriassen. Da
die obigen Bedingungen fiir die südrussischen und sibirischen Ströme
rftdlt sind, so ist bei ihnen ein Einfluss der Erdrotation auf die Ufer-
estaltung nicht ganz unmöglich^).
M Comptes rendoB, Tome XLIX (IS59), p. 769 sq.
*) B. V. Cotta, 1. c. S. 61 ff.
XV. Die mechanlBchen Leistungen der Ströme.
389
Viel schärfer treten diejenigen Veränderungen des Stromlaufes
hervor, welche innerhalb einer Stromcurve durch seitlichen An-
prall des Wassers an den ausgebuchteten Uferrand her-
vorgerufen werden.
So lange der Weg des Stromes ein annähernd geradliniger ist,
fliesst jedes der einzelnen Wassertheilchen parallel den Ufern ab; an
einer Biegung angelangt folgt jedoch irgend ein gegebener Punkt im
Wasser nicht mehr einfach den Windungen des Flussbettes, sondern
sucht zunächst dem Gesetz der Trägheit entsprechend seine bisherige
Sichtung beizubelialten. Er prallt bei a (Fig. 60) an das Stromufer
und wird hierauf
gegen c hin reflectirt. Fig. 60.
Die auf diese Weise
zurückgeworfenen
Wasser wenden sich
nun nach der ande-
ren Seite des Stromes,
wo sie von neuem
umlenken, um aber-
mals den Strom zu
durchkreuzen. Wir
haben es also mit
einer pendelartigen Bewegung zu thun; würde der Stromlauf keinerlei
besonderen EUndemissen begegnen, so müsste jede Oscillation eine
andere im entgegengesetzten Sinne nach sich ziehen.
Aber die Wasser des Stromes begnügen sich nicht damit, von
Schritt zu Schritt bald gegen das eine, bald gegen das andere Ufer
einen Stoss auszufuhren; sie benagen diese gleichzeitig an der con-
vexen Seite jeder Stromkrümmung und arbeiten daher hier ununter-
brochen an der Vergrösserung der Stromcurve, sowie an der Versteilerung
des Ufers, während der Strom auf der concaven Seite (bei 6), wo offen-
bar ein relativ todter Raum entsteht, unter Umständen das transportirte
Bodenmaterial ablagert. Das Ergebniss einer derartigen Stromthätigkeit
bringt Fig. 61 zur Darstellung. Das steile Ufer a ist durch verstärkten
Strich, das flache h durch Schraffen bezeichnet. Das Querprofil zeigt
uns den Durchschnitt des Flussbettes. Demnach liegt der sogenannte
Thalweg, d. h. die Linie, welche die tiefsten Punkte des Strombettes
mit einander verbindet, nicht in der Mitte des Stromes, sondern nähert
sich immer der convexen Seite desselben ; er befindet sich also bald
auf der einen, bald auf der anderen Seite der Mittellinie. Da der Strom
vertical über dem Thalweg seine grösste Geschwindigkeit entfaltet
(vgl. S. 372), so muss der Stromstrich (die Linie der schnellsten Be-
Die Wasserbewegnng innerhalb einer Stromkrümmang.
•>y'i
Dritter Thed. Die W
wegnng aof der Oberfläefae) tchoa au diesem Gnmde die Hitteffioie
bei jeder Stromeorre nach der SAe des eonrexen Stromnfen über-
tcfareiten (rgL luerza F%. 4<>
Flg. «U
«if S. :i47L
Der oben erwSlmte Gegen-
fiUz Ton tieüem und seicfatem
Scromnuid jm den
windimgeo ist höcfast bedeot-
sam fbr die Lage der Stidte.
Em prüfisnder Bück auf die
Karte läast uns bald er-
kennen, da» Städte an schiff-
baren Strönum sich meist an
dem convexen Ufer deradben
aasbreiten, wo die heftige
Stosskraft des Wassers keine
ScUamm- mid SandaUage-
rongen znlässt. Daas ön
»Strom thatsächlich inneiiialb jeder Biegong das eine Ufer so einseitig
iK'gflnstigt, beobachtet man am besten unmittelbar nach einem Hoch-
wasser, weil Bfnne erodirenden Kräfte während dessdben in wenigen
FlmMwiMtacra »it Bnvf a«f die bUilhgit ikrer Tfer.
Fig. 62.
Tagen oft vid mehr
leisten als sonst wäh-
rend des ganzen übn-
ICk \ — = gen Jahres, mithin
diese Wirkungen auch
am auffiillendsten sind.
So wurde bei der Hoch-
fluth im Frühjahre
1875 der ganze Elb-
Strom bei Dresden,
wo er einen nach Süd
ausspringenden Win-
kel bildet (s. Fig. 62),
an das linke Ufer her
übergedrftngt. Wfih
rend die Neustädter
Seite vor dem Ponton-
schuppen ( a ) ungemein
versandete, wurde die
Wassoretrasse auf dem Altstädter Ufer längs der neuen Quaibauten ih)
tiefer donn je. Würden hier nicht feste Steindämme die Macht der
l^^mli
XV. Die mechanischen Leistungen der Ströme.
391
Fig. 63.
i»3'^0'W. li.P.
Wogen gebrochen haben, so hätte hier der Strom ohne Zweifel sein
Bett weiter nach Süden verlegt.
In der That gelingt es überall da den Strömen, ihre Windungen
seitwärts immer weiter hinauszuschieben, wo sie durch lockeres Erd-
reich ihren Weg nehmen. Erweitem sie nun einestheils an den äusseren
Seiten der Krümmungen ihr Bett, so verengern sie es andemtheils auf
den inneren Seiten durch Anhäufung von Schutt und Schlamm. Auf
diese Weise werden schwache Strombiegungen nach und nach halb-
kreisförmig. Auch hierbei verharren sie nicht, sondern vergrössem
sich beständig, so dass Anfimg und Ende derselben später nur
durch einen ganz schmalen Isthmus von einander getrennt sind.
Endlich wird — und zwar gewöhnlich bei einer Hochfluth — der
Isthmus durchbrochen und ein hufeisenförmiges Stück des Stromlaufes
abgeschnitten, welches neben dem neugeschaffenen Strompfade noch
eine Zeit lang dem Wasser als Abflusscanal dient. Da jedoch in der
neuen geradlinigen Passage das GefHUe wesentlich grösser ist als inner-
halb der Stromcurve, so er-
fährt derjenige Theil des
Wassers, welcher sich in die
Krümmung ergiesst, eine be-
deutende Hemmung, also auch
eine Verzögerung seiner Be-
wegung und wird bisweilen
wohl gar zurückgeworfen.
Daher lässt das Wasser die
schwebenden Schlammtheile,
welche es enthält, fallen, und
so wird nach und nach ein
Sand- oderThonwall zwischen
dem alten und neuen Bett des
Flusses aufgerichtet. Ebenso
wird der untere Ausgang
der Strombiegung allmählich
verschlossen imd die Com-
munication ihrer Wasser mit
dem Strome völlig unter-
brochen. Die Wasser der
Stromwindung werden stag-
nant; sie bilden einen See,
der nur dann und wann,
namentUch bei Hochwasser reichen Wasserzufluss emp&ngt
Besonders grossartig entwickelt sind diese sogenannten sichelförmigen
53*50' \V. L.i*.
1
I I t I t > t ' I « t > < • ►— • «»,
0 2 ^^ fi S ßO f9JQl.
Sichelförmige Altwasser am Mississippi bei
New-Carihage.
^M l^^^fäiillii(«*ili^$|ll>ülle de, Erde.
«i«
Altwasser am
Miaeösaippi , toq
denen Fig. 63
eine kimere An-
zahl wiedergiebt
Wir kennen be-
mtsfiinf Beispiele,
in denen die Ent-
stehung sichelför-
miger AltwaBser
am Miseisäppi be-
obachtet wurde,
nämlich in den
Jahren 1821,
1831, 1848, 1848
and 1858 M. Fig.
64 stellt den Rhfän
in der Nähe von
Carlsrahe dar and
z^gt uns die die-
nialigen Krüm-
mungen des wcin-
seligen Stromes,
nis er noch in der
guten ahen Zeit,
ohne Ton Strom-
correctionen be-
lustigt zu werden,
dorch die Ebene
schwanken durfte.
Auch an anderen
deutschen Strß-
men und Flttssen
(bo an der Elbe
bei Torgau , an
der Mulde unter-
halb Würzen u.
anderw.) gehören
sichelförmige Alt-
Report npoD the Pbyüca
^elphia 1861. p. IM.
XV. Die mechanischen Leistungen der Ströme. 393
Wasser nicht zu den Seltenheiten. Der Po braucht an verschiedenen
Punkten seines Laufes nach Lombardini's Berechnungen 80 Jahre,
um eine Windung zu erzeugen und sie durch Zusammenschnürung
wieder zu vernichten.
Die obigen Beispiele bezogen sich alle auf Stromstrecken inner-
halb des Tieflandes; doch begegnen wir -- wenn auch weit seltener —
hie und da selbst in gebirgigem Terrain grossen Krümmungen, welche
ebenfalls den oben geschilderten Process wiederholen, wie dies aus einer
grossen Curve des Lot bei Luzech (Dep. Lot) deutlich zu ersehen ist ^).
In Zukunft freilich werden wir diese pendelartige Bewegung der
fliessenden Wasser an den heimischen Strömen nicht mehr wahrnehmen
könn^i, da der Mensch jene freien Regimgen der Natur durch mächtige
Steindämme gewaltsam hemmt. Wo dies jedoch noch nicht geschieht,
sind vielfach unsere besten Karten nur Bilder von vergänglichem
Werthe.
War in den genannten Fällen eine verstärkte Erosionsthätigkeit
des Stromes in Folge kräftigeren Anpralls an das eine Ufer der Grund
der Veränderung seines Laufes, so ist in dem nun zu besprechenden
Process eine Verzögerung der Stromgeschwindigkeit die Ursache, welche,
wenn auch in etwas anderer Weise, den Strom aus seinen Bahnen
drängt. Wir müssen liier vorausschicken, dass fast jeder Strom eine
Menge von schwebenden Theilchen (Flusstrübe) mit sich fuhrt. So
emp&ngt der Mexicanische Busen durch den Mississippi alljährlich eine
Schlammmasse, welche, auf einer Fläche von einer Quadratmeile gleich-
massig abgelagert, diese 4,1 Meter hoch bedecken würde. Die Sedi-
mente, welche der Ganges alljährlich an seiner Mündung anhäuft, be-
tragen 235 Millionen Cubikmeter, würden also eine Fläche von einer
Quadratmeile um 4,3 Meter erhöhen. Die Donauniederschläge würden,
über ein Areal von einer Quadratmeile ausgebreitet, eine 0,8 Meter
mächtige Schicht liefern, die des Po unter gleicher Bedingung eine
solche von 0,78 Meter Höhe. Der Rhein bewegt jährlich 1 275 000
Cubikmeter Schlamm bei Bonn vorüber. Ausserdem enthalten die
Flüsse viele mineralische Substanzen in aufgelöstem Zustande und
zwar Rhein, Donau, Elbe und Rhone nicht weniger als ^.^jooo von dem
Gewicht ihrer gesammten Wassermenge; in 8000 Jahren haben sie also
so viele derselben in's Meer transportirt, dass deren Gewicht demjenigen
der aus ihnen alljährlich abfliessenden Wassermenge gleichkommt.
Nun kann ein Strom um so grössere Schuttmassen und um so
umfangreichere Stücke mit fortreissen, je rascher er dahineilt. Nach
^) Vgl. das Kärtchen bei Elis^e Reclus, La Terre. Deuxiöme Edition.
Paris 1870. Tome I, p. 402.
394 Dritter TheR Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Bestiminimgen von Dubnat widerstehen auf d«n Grunde des
Stromes
einer Geschwindigkeit von 1,00 Meter eckige Eiesd von der GrOese
eines fjes,
ji n 71 0,65 jf al^gerondete Kiesel von 2,5
Centimeter Dorchmesser,
n n Ti ^»20 „ grober und eckiger Sand,
7, ^ 7, 0,15 „ feiner Sand,
n D n 0,08 „ feiner ScUamm^).
So vermag der Bhein noch bis unterhalb Bonn die von seinen
Zuflüssen herbeigebrachten Kiesel fortzurollen, und erst unterhalb
Ämhem und Nijmcgen wird sein Bett nur von Schlamm und Sand
gebildet.
Tritt nun irgend eine hemmende Kraft der Strömung des Wassers
entgegen, so lässt dieses je nach dem Grade der Hemmung eine
grössere oder geringere Menge seiner schwebenden Bestandth^e fidlen.
Wo zwei Flüsse auf einander treffen, findet an der Berührungsstelle
häufig eine Stauung des Wassers, also eine Verzögerung der Strom-
geschwindi^eit statt; bisweilen kann hier sogar dne todte Stelle beob-
achtet werden, wenn z. B., wie sich dies bei Hochwasser öfter ereignet,
das Wasser des Hauptstromes in seine Nebenflüsse eindringt Daher
setz^i Haupt- und Nebenfluss an dem inneren Winkel ihrer Vereinigung
Schwemmland ab, und indem das letztere halbinselartig fortwächst,
schiebt es die Mtindung des Nebenflusses immer weiter abwärts. Zu-
letzt muss der verdrängte Seitenfluss eine ganze Strecke den Haupt-
Strom b^leiten, ehe es ihm gelingt, unter einem sehr spitzen Winkel
meilenweit abwärts von seiner ehemaligen Mündung sich in ihn zu
ergiessen.
So ist unzweifelhaft die Mündung des Bhöne in die Saone
nach unten fortgerückt WahrscheinUch lag sie noch in historischen
Zeiten weiter aufwärts, etwa da, wo sich jetzt auf einer Landzunge
der schönste Stadttheil von Lyon ausbreitet Besonders consequent
aber erfolgt die Umbi^ung der Nebengewässer des Rheins in der
Oberrheinischen Tiefebene zwischen Basel und Mainz (s. Fig. 65).
Zuerst ist ihr Pfad &st rechtwinklig g^en den Rhein gerichtet; sobald
sie aber die Gebiige verlassen haben, wenden sie sich alle wie auf
Commando nach Norden und enden erst nach längerem, mit dem
Rhein emcn spitzen Winkel bildendem Laufe. Namentlich ist der W^
der m weithin dem des Rhein parallel. Nur an wenigen Punkten
') B. Stnder, Lehrbuch der phjsikaUschen Geographie und Geologie.
Bern, Chor und Leipzig 1844. Bd. I, S. 108 f
^^igjH I8^$^'j^i^|(i»er Ströme. 395
.jK» .j[» .)j. .jj[. .jj[. .jj[. ' , 'lisjiii^^üi^i^t^r
396 Dritter Theil. Die Wasser- und LufthüUe der Erde.
erleidet die angefahrte B^el eine Ausnahme. Wahrsehdnlieh ist es
auch, dass ehemals die Etsch in den Po mündete und dass erst spätere
Anschwemmungen, zunächst veranlasst durch das rechtwinklige Auf-
einanderstossen der beiden Flüsse, sie von einander schieden.
Haben wir eben geseh^i, dass der Hauptstrom im Stande ist,
kleinere Seitraigewässer von ihr^ ursprünglichen Bichtung abzulenken,
so lässt es sich auch denken, dass kräftige Nebenflüsse, wenn sie in
gleichem Sinne wirken, stark genug sind, einen grösseren Fluss mit
geringerem Ge&ll in andere Bahnen zu drängen. Einen solchen Vor-
gang weist Johann Ritter StefanoviC v. Vilovo^) im Thdss-
gebiete nach. Er ist der Meinung, dass die Theiss vor vielen Jahr-
tausenden beim Austritt aus der Gebirgsschlucht von Huszth direet
gegen Süden über Almas und Szathmar-Nemethi, sowie durch das
Thal des Flusses Er nach Arad hin floss. Auf dem Wege zwischen
Dioszeg und Arad ei^ossen sich in ziemlich gleichen Zwischenräumen
und unter rechtem Winkel vier reissende, viel Schutt mit sich fort-
wälzende Gebiigsflüsse in die Theiss, zu denen sich noch hd. Arad
die mächtige Maros gesellte. Während die Theiss mit einem Ge&Ue
von 's Meter per Meile friedlich und harmlos ihren Weg zog, stürzte
ihr die Maros mit einem Ge&Ue von 24 Metern per Mdle, sowie mit
dnem 5 Meilen längeren Laufe in die Seite. Im Verein mit den
übrigen von Ost her kommenden Flüssen übt sie schon seit Jahr-
tausenden diese Stosskraft aus. Es befremdet daher nicht, dass die
Theiss, immer unter rechtem Winkel von so mächtigen, zu gleichem
Ziele verbfindeten Gegnern in die Flanke ge&sst, von soviel Gestän,
Erde und Sand aus Siebenbürgen seit Jahrtausenden überschüttet,
sich g^en Westen zu retten versucht Auch heute noch arbeiten
Szamos, Berettyo, Koros und Maros in demselben Sinne; sie setzen
am linken Theissufer ihre vom Gebirge herabgebrachten oxligen Be-
standtheile ab. Die Theiss weicht aus; aber die ]^ebenflüsse folgen
ihr auf der Ferse. Es erklären sich hieraus auch die grossen Sümpfe
an der Theiss. Da, wo die Nebenflüsse rechts der Theiss kein weiteres
Westwärtsrücken gestatten (vom Sajo bis zur Zagyva oberhalb TokajK
trifft man Sümpfe auch am rechten Theissufer, weiter abwärts aber
bis zur Mündung des Franzenscanals nur an der linken Seite. Ueberall,
wo die Theiss dnst floss, liess sie einen Sumpf zurück, um denselben
bei jedem Hochwasser von neuem zu speisen; zugleich erhalten jene
Ufersümpfe durch Stauung der Nebenflüsse immer neue Nahrung. Ein
Beweis fiir das Westwärtswandem der Theiss Uefem uns femer die
') Die EntsninpfiiDg der Niederungen der Theiss und des Banats — in
den Mittheilongen der k k. geographischen Gesellschaft in Wien. Bd. XVII
(1874), S. 193 ff. 272 ff.
XV. Die mechanischen Leistungen der Ströme. 397
zahlreichen längst schon verlassenen, nunmehr cultivirten Thäler und
Einschnitte, welche wir zwischen dem Gebirge und der Theiss auf jeder
guten Specialkarte angegeben finden.
Auch noch in anderer Hinsicht erleidet daa Strombett im Unter-
laufe bisweilen grosse Veränderungen. Vermindert sich, was gewöhnlich
in der Nähe der Mündungen eintritt, das GefkU der Flüsse auf ein
Minimum, so sinken ihre schwebenden Bestandtheile zu Boden; ihre
Sohle erhöht sich, und an den Bändern bL'den sich namentlich bei
Hochwasser durch Schlammablagerungen Böschungen, welche durchaus
denen eines Canals gleichen. Mit der Zeit werden sie so gross, dass
sie sich über das umliegende Land erheben (s. Fig. 66 die drei Ent-
wicklungsstadien a, 6, c), und die Ströme würden zuletzt wie auf einem
Fig. 66.
Allmähliche ErhÖhaDg eines Flnssbettes im Unterlaufe.
ungeheuren Erdviaduct dahinfliessen, wenn nicht überall dafiir gesorgt
wäre, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen; denn bei einem
stärkeren Hochwasser durchbricht der Strom gern eine schwache Stelle
der selbsterbauten Ufer, 'und einmal entschlüpft kehrt er nicht leicht
in das alte Bett zurück. Aber auch ganz abgesehen davon müsste
die Erhöhung der Sohle bald eine Grenze oder eine Ebene des Gleich-
gewichts erreichen; denn es würde gleichzeitig weiter abwärts das
Gefäll zunehmen und mit dem Ge&lle wiederum die Fähigkeit des
Flusses, die Sohle des Bettes tiefer auszufiirchen. Bei dem allerdings
gewaltigen Hochwasser des Jahres 1740 stand der Po 3 Meter über
dem Pflaster vor dem Palast in Ferrara. Auch einige andere Flüsse
Norditalien's, wie Reno, Etsch, Brenta, haben an einigen Punkten ein
höheres Niveau als die angrenzende Ebene. Oberhalb New -Orleans
werden die Sumpfgebiete zu beiden Seiten des Mississippi von den
natürlichen üfereinfassungen um 4 bis 5 Meter, ja bisweilen noch
beträchtlich mehr überragt^).
*) Elis^e Reclus, La Terre. Deuxiöme Edition. Paris 1870. Tome I,
p. 469 sq.
XVX Pathologie der Strome.
Flüsse, welche sich von Nebengewässem yoUständig aus ihrer Bahn
drängen lassen, wie die Thdss, oder nicht mehr die Kräfte besitzen^
ihr Bett zu reinigen und vor einer Aufschüttung zu bewahren, wie der
Po, tragen schon etwas Krankhaftes, GreiBcnhaftes an sich, was hier in
dem rdativ geringen Gefidl b^ründet ist In dem Folgenden soll
noch auf einige andere krankhafte Elrschdnungen , welche die Flüsse
darbieten, hingewiesen werden, vor allem auf den stetigen oder
periodischen Mangel an Wasser. /
Derselbe wird bisweilen dadurch herbeigefiihrt, dass &n Strom aui
weitem Wege keinen einzigen bedeutenden Nebenfluss erhält. So
empfängt der Nil unterhalb der Atbaramündung, also von 17^ 38'
n. Br. bis an die Ufer des Mittelländischen Meeres, d. h. auf dner
Strecke von ziemlich 14 Breitengraden (210, mit allen Krümmungen
mindestens 300 geographische Meilen) keinen nennenswerthen Zufluss.
Da er nun auf dieser langen Wando-ung unter einem heissen Himmd
durch die starke Verdunstung viel Wasser einbüsst, so ist er in
Aegypten bei weitem nidit von jener Mächtigkeit wie vid weiter im
Innern des Landes, etwa im südlichen Nubien, wobei allerdings darauf
Rücksicht zu nehmen ist, dass in Aegypten der Strom durch die Cultur
grosse Wasserverluste erlddet, da hier die Canäle eine Wassermasse
von nahezu 100 Millionen Cubikmeter hssen ^). Der eigentliche Grund,
weshalb der Nil im nördlichen Nubien und in Aegypten der Neben-
flüsse entbehrt, ist der, dass diese Länder dem grossen r^enarmen
Wüstengürtel Nordafirika's angehören, in welchem sich natürHch nirgends
ansehnliche Flüsse entwickehi können. Bei längerem Lauf durch jene
Wüstenzone würde der Nil ohne Zweifel gänzlich versiegen.
Spärlich gespeisten Flüssen wird namentlich dann ein firühes Grab
bereitet, wenn sie in weit ausgedehnte Depressionen gelangen. Indem
sie hier genöthigt werden, das weite Thal auszufüllen, also einen See
') Alfred t. Kremer, Aegjpten. Leipzig 1863. Bd. I, S. 12.
XVI. Pathologie der Ströme. 399
zu bilden, wächst ihre Verdunstungsfläche, und so wird ihnen auf dem
kreisförmigen Räume eines Sees vielleicht ebenso viel Wasser entzogen
vrie dem Nil auf seinem langen Wege durch ein schmales Erosionsthal.
So finden der Di in dem Balchasch-See, der Tarim (Ostturkestan) in
dem Lop-nor, der Amu und Syr in dem Aral-See, der Schari in dem
Tsad-See, der Bear in dem Grossen Salzsee (Utah) ihr Ende. Nament-
lich sind die Flüsse sicher dem Untergang geweiht, wenn ihr Pfad in
umfengreichere echte Depressionen hineinföhrt. So erstirbt der Jordan
im Todten Meer, und selbst ein so stattUcher Strom wie die Wolga
vermag nicht den Ocean zu erreichen.
Bei anderen Flüssen ist nicht nur das Ende ein tragisches, sondern
ihr ganzer Lauf ein Stückwerk. So begegnet man in allen Ländern
mit periodischem Regenfall während der trockenen Jahreszeit Fluss-
betten ohne Wasser, welche in Nordafrika und Arabien Wadi, in
Indien Nullah heissen. Dabei ist die geologische Beschaffenheit des
Grundes, über welchen sie sich bewegen, nicht ohne Bedeutung für
ihr Ausharren während der trockenen Zeit. Versperrt nämlich ein
fest geschlossenes Gestein dem Wasser den Weg nach der Tiefe, so
bewahrt ein Strom seine Fülle viel länger, als wenn zahlreiche feinere
oder gröbere Spalten und Klüfte ein Hinabsickem des Wassers gestatten.
In Südafrika hat man oft mehrere Jahre hinter einander zu ver-
schiedenen Jahreszeiten dieselben Flussbetten völlig wasserlos angetroffen;
auch sah man in ihnen Thierüberreste in einem Zustande, welcher zur
Annahme einer mehrjährigen Wasserlosigkeit nöthigte. Viel zu rasch
hat man daraus gefolgert, dass das südafiikanische Festland im Aus-
trocknen begriffen sei und das Süsswasser sich von Jahr zu Jahr
mindere. Diese Anschauung ist schon an und flir sich wenig glaubwürdig ;
es ist aber auch in der That erwiesen, dass jene mehrjährigen Aus-
trocknungen nur einer örtlich und zeitlich sehr imgleichen Vertheilung
der Niederschläge zuzuschreiben sind. So erzählt Gustav Fritsch^),
dass der Fluss Molopo, welcher von Europäern viele Jahre hinter
einander völlig ohne Wasser geftmden wurde, sich auf einmal gefüllt
zeigte mit klarem, fliessendem Wasser, welches in der ganzen trockenen
Zeit aushielt. Wir haben es demnach auch hier mit periodischer Aus-
trocknung zu thun, welche allerdings sehr unregelmässig eintritt und
auch nicht von vorher zu bestimmender Dauer ist.
Andere Flüsse ermangeln zwar in der trockenen Jahreszeit nicht
gänzlich des Wassers, bestehen aber während derselben nur aus einer
Reihe von unverbundenen seichten Wasseransammlungen. Hierher ge-
hört insbesondere eine Anzahl der australischen Flüsse; auch dürfen
^) Drei Jahre in Südafrika. Breslau 1S6S. S. 29S.
400 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
vielleicht die oft geitullinig wie auf einer Kette liegenden Weiher („Rosen-
kranzseen'', vgl. S. 323) der centralasiatischen Steppen als ein solches
defectes StromsYstem betrachtet werden« Wenigstens lassen sie sich
kaum als Bruchstücke eines grösseren Se^ aufiEassen, da sie dann
längst schon in Folge starker Verdunstung völlig verschwunden sein
müssten.
Wenn nun auch das Schicksal gänzlichen oder theilweisen Aus-
trocknens nur über einen kleinen Theil der Flüsse verhängt ist, so ist
doch ihr Wasserreichthum überall und insbesondere in Ländern mit
regelmässig wiederkehrender Regenzeit und Schneeschmelze rhyth-
mischen Schwankungen unterworfen. Dabei gilt als R^di, dass die
letzteren unter sonst gleichen Verhältnissen bei kleineren Flüssen viel
stärker sind als bei grossen.
Unter allen grossen Strömen der Erde ist keiner so gut disponirt,
ein gewisses Gleichmass des Wasserabflusses zu bewahren, als der
Amazonas. Indem er sich in der Nähe des Aequators von West nach
Ost bewegt, emp&ngt er sowohl von dem nord- wie von dem süd-
hemisphärischen Theile der tropischen Zone mächtige Nebenflüsse; somit
hat sein Gebiet fast zu jeder Jahreszeit Antheil an den tropischen
Zenithairegen, und der Riesenstrom selbst geht mitten durch die in
jedem Monate an Niederschlägen reiche Zone der äquatorialen Regen.
Es Uefem ihm also abwechselnd die nördUchen und südlichen Neben-
flüsse reicheren Tribut, wodurch annähernd eine Compensation der
Wasserzuflihr in den verschiedenen Jahreszeiten herbeigeführt wird.
Da die von Süd her konunenden Zuflüsse weit grösser sind in Hinsicht
auf ihre Wassermenge, sowie auf das von ihnen eingenommene Gebiet,
so wird seine Wasserflille während des südhemisphärischen Sommers
(December bis Mai) immerhin nicht unwesentlich erhöht und zugleich
die flache Thalniederung weithin unter Wasser gesetzt
Viel ansehnlicher sind die Anschwellungen des Nil. Er erreicht
in Unterägypten seinen niedrigsten Stand im Mai, steigt im Juni und
in der ersten Hälfte des Juli langsam, vom 15. bis 20. Juli besonders
rasch und dann wieder langsam bis Anfang October, zu welcher Zeit
er stets den höchsten Wasserstand besitzt Von der zweiten Hälfte
des Octobers ab findet erst ein allmähUches, dann ein schnelles Sinken
statt; vom Januar an erfolgt dasselbe sehr langsam, bis im Mai der
Strom wieder am seichtesten ist Das periodische Wachsthum des Nil
wird hervorgerufen durch die tropischen Zenithairegen, und zwar sind es
insbesondere der Atbara und Bahr-el-Asrak, weniger der Bahr-el-Abiad,
welche periodisch reiche und geringe Wassermengen in das NUthal
hinabtragen (am oberen Atbara &llen die tropischen Regen vom !März
bis Juni, sowie im August imd September, an dem Abai, dem oberen
XVI. Pathologie der Ströme. 401
Bahr-el-Asrak , vom April bis October, am stärksten im Juli und
August). Der Bahr-el-Abiad liefert zwar, gespeist von den grossen
centralafrikanischen Seen, zu jeder Jahreszeit reiche Wassermengen,
würde sich aber ohne Unterstützung der abessinischen Zuflüsse über
das Land der Pharaonen nicht so segensvoll ausbreiten können,
wie es der Nil bereits seit Tausenden von Jahren thut. — Im Nil
Oberägypten's fliesst nach Girard während der Stromschwelle in der
Secunde 20mal mehr Wasser ab als bei niedrigstem Stande, in Unter-
ägypten nur Omal und an der Mündung nicht ganz 5mal soviel i).
Die mehrfachen Messungen der Wasserführung des Nil zeigen keine
befriedigende Uebereinstimmung. Nach den Untersuchungen J o r d a n ' s
bewegt der Nil bei Esneh (Oberägypten) im Durchschnitt in jeder
Secunde 8500 Cubikmeter Wasser vorüber, wobei auf die Monate
März bis Juni ein Minimalwerth von 3200, auf den October aber ein
Maximalwerth von 20200 Cubikmetem kommt.
Der Mississippi wälzt an seiner Mündung bei Hochwasser in der
Secunde 35050 Cubikmeter Wasser fort, bei Niederwasser hingegen
nur 8500 Cubikmeter, im ersteren Falle also über 4mal so viel als im
zweiten.
Nicht ganz so gross sind die Schwankungen des Brahmaputra.
Die Abflussmenge desselben wächst bei hohem Wasserstande (während
unseres Sommers, d. h. zur Zeit der Schneeschmelze, sowie des regen-
bringenden Südwestmonsuns) bis zu 25 340 Cubikmetem für die Secunde
und sinkt bei niederem Stande (während unseres Winters, also zur
Zeit des nahezu regenlosen Nordostmonsuns) bis zu 9020 Cubikmetem.
Vom niedrigsten zum höchsten Wasserstande vermehrt sich also die
Wassermenge des Brahmaputra beinahe um das Dreifache*).
Die stärksten Gegensätze zwischen Maximal- und Minimalwerth
der Wasserführung weist unter den grösseren Strömen der tropischen
Zone der Ganges auf. Er ergiesst im August in der Secunde nicht
weniger als 14004 Cubikmeter, im Februar hingegen nur 1029 Cubik-
meter Wasser in den Busen von Bengalen, im August also fäst 14mal
soviel als im Februar^). Die gewaltigen Regengüsse, welche sich im
Sommer während des herrschenden Südwestmonsuns am Südabhang
des Himalaya entladen, wirken im Verein mit der gleichzeitigen Schnee-
schmelze auf diesem Hochgebirge um so intensiver, als das Ganges-
^) Robert HartmaDn, Natorgeschichtlich-medicinisclie Skizze der Nil-
länder. Berlin 1865. S. 86.
') Hermann v. Schlagintweit- Sakiinlünski, Reisen in Indien
und Hochasien. Jena 1869. Bd. I, S. 460.
») Sir John F. W. Herschel, Physical Geography of the Globe. 5*^
edition. Edinburgh 1875. § 225, p. 203 sq. *
Pesohel-Leipoldt« Fhjs. Erdkunde. IL 26
402
Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
gebiet ausschliesslich auf der Wetterseite des Himalaya liegt, während
sich z. B. der benachbarte Brahmaputra zu einem grösseren Theile im
Regenschatten desselben befindet
Noch excentrischer in ihren Kiveauveränderungen sind verschiedene
Strome der gemässigten Zone, wie die folgenden Zahlen lehren^).
Abflussmeoge in der Seeunde
bei hohem 1 bei niedrigem
Wasserstand in Cubikmetem.
Beobachter.
Donau
Po . .
Rhone
Ebro .
30000
5156
12000
5000
2000
186
400
50
Hartley.
Lombardini.
Surell.
Mesa.
Die grossten, aber meist ganz unregehnässig eintretenden Schwan-
kungen der Wassermenge und Wasserabfuhr zeigen kldnere Flüsse,
was sich einfach daraus erklärt, dass sdiwere, wolkenbruchartige R^en
immer local beschränkt sind ; es schwellen also nicht alle Zuflüsse eines
Stromes gleichzeitig an, während kleinere Flüsse oft mit einem Male
an allen Stellen eine reiche Wasserfiille erhalten. Die drei kleinen,
zum Rhon^ebiet gehörenden Flüsse Doux, fjrieux und Ardeche (im
Ardeche-Departement) fuhren gewöhnlich kaum 20 Cubikmeter Wasser
in der Seeunde dem Rhone zu. Am 10. September 1857 aber er-
gossen sie in Folge eines starken Gewitterregens statt dess^i 14000
Cubikmeter Wasser in den Strom, d. h. mehr, als Ganges und Euphrat
zusammen im Mittel in das Meer hinabwälzen. Diese Flüsse bewegten
also — und zwar mit der fürchterlichsten Unbändigkeit — 700mal
soviel Wasser als sonst! Ja die Ardeche stand am 9. October 1837
bei der Brücke von Goumier noch 8 Meter höher als 1857, nämlich
21,40 Meter über ihrem Nullpunkte. Glücklicher Weise entladen sich
die Wetter meist nur an der einen oder an der anderen Seite eines
Thalrandes. Wenn z. B. im Bhonethal die feuchten Luftmassen an
den Abhängen der Cevennen verdichtet werden, so bleiben die Alpen
geschützt, und nur langsam ziehen die fluthbringenden Wolken die
Cevennen aufvrärts, um nach den Bergen von Annonay hinüber zu
gehen. Der Rhone selbst erfahrt daher niemals auch nur annähernd
ähnliche Anschwellungen *).
') Elisc^e Reclas, La Terre. Deaxieme ^tion. Paris IS70. Tome I«
p. 496.
') Elis^e Reclus, L c. Tome L p. 420 sq.
XVn. Die Deltabildungen der Ströme^).
Karl Ritter unterschied im Bau der Ströme drei Abschnitte: näm-
lich ihre Entwicklung innerhalb der Gebirge, ihren mittleren Lauf,
wo sie, aus den Thalengen heraustretend, das flache Land erreichen,
und ihr Mündungsgebiet, welches dort beginnt, wo sich der Spiegel
des Stromes bis zum Spiegel der See herabgesenkt hat. Dort ange-
langt theilen sich entweder ihre Gewässer in verschiedene Arme, und
ihre Anschwemmungen treten in das Meer als ein Stück Land hinein,
welches man wegen seiner Aehnlichkeit mit einem Dreieck ein Delta
nennt ^), oder sie erweitem sich trompeten- oder trichterförmig. Für
diese letztere Erscheinung schufen englische Geographen am Ende des
vorigen Jahrhunderts den Ausdruck „negatives Delta", für den man
vielleicht besser „hohles Delta" gesagt haben würde und den man noch
immer als völlig gleichbedeutend mit dem Ausdruck Aestuarium ge-
braucht, worunter man doch, wenn man sich an den Sinn des Wortes
hält, nur solche Mündungsbecken verstehen dürfte, in welchen sich Ebbe
und Fluth bewegen. Wir werden aber bald einsehen, dass man zwei
verschiedene Bildungen verwechselte, dass es Küstenhöhlungen giebt,
') Die folgende Abhandlung, von Peschel bereits am 15. Mai 1866 ver-
öffentlicht, ist den „Neuen Problemen" (3. Aufl., S. 122—140) entnommen.
Ausser einer ansehnlichen Erweiterung am Schlüsse erwiesen sich nur kleinere
Berichtigungen und Ergänzungen als nothwendig.
^) Der Name Delta, von den Griechen zunächst für das Mündungsgebiet
des Nilstromes gebraucht, bezeichnete ursprünglich das durch eine Gabelung
des Flusses an seiner Mündung umschlossene Landstück, wobei man auf dessen
Zusammensetzung und Entstehungsweise keine Rücksicht nahm. Die Erkennt-
niss jedoch, dass das Nildelta ein von dem Strome selbst geschaffenes Schwemm-
land sei, hat dahin geführt, dass man jetzt von der zufälligen Gestalt des
Mündungsgebietes ganz absieht und alle Landbildungen als Deltas betrachtet,
welche durch Anhäufung der von den Flüssen fortbewegten Sinkstoffe an ihrer
Mündung entstanden sind. Vgl Rudolf Credner, Die Deltas (Ergänzungs-
heft Nr. 56 zu Petermann 's Mittheilungen 1878). S. 6.
26*
404
Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
die einem leeren Delta gleichen und doch keine Fluthbecken sind, und
dafis auch in den gefällten Deltas die Aestuarien nicht fehlen.
Es ist bisweilen schwierig, mit Hilfe gewöhnlicher Karten zu ent-
scheiden, ob man die Mündung eines Stromes für ein hohles oder ein
gefälltes Delta ansehen solL Der Amazonas zumal könnte uns in Ver-
suchung fähren, ihn zu den deltabildenden Strömen zu zählen und die
Insel Marajö als seine Schöpfung anzusehen. Der Amazonas (s. Fig. 67)
Fig. 67.
Läiig«ii westlicli tob Paris.
Dms Mfinduigqpebiei des Ammzonas.
,/
besitzt gleichwohl einen echten Mündungstrichter ^) mit Ebbe und Flnth;
auch besteht die Insel Marajö nicht aus Schwenunland, sondern ist wie
alle übrigen Inseln durch einen Einbruch des Meeres entstanden und
vom Festland abgerissen worden'). Umgekehrt könnte man geneigt
sein, den La Plata fiir ein Aestuarium zu halten, was er nicht ist
Das grosse trichterförmige Becken, an dem Montevideo und Buenos
Ayres liegen, ist nur ein geräumiger Küsteneinschnitt, welcher den Lauf
des Uruguay und Parani verkürzt; denn wir finden, dass sich an der
^) Bestätigt Ton James Orton, The Andes an the Amazon. London
1870. S. 272.
') Dies war die Ansicht Ton Spis nnd Martins, die anch Bat es bestätigt
hat. Neuerdings wnrde sie vertreten von Agassiz nnd einem seiner Begleiter.
BalL de la Soc. de G^gr. Tome XIV (1867), p. 328 und Sir Charles Lyell,
Principles of Geology. 12«» ed. London 1875. VoL I, p. 463 sq.
XVII. Die Deltabildungen der Ströme.
405
patagonischen Küste weiter gegen Süden ganz ähnliche Golfe wieder-
holen in der Bianca-, der San-Matias- und San-George-Bay, in welche
nur kümmerliche Gewässer münden. Femer wird man bemerken, dass
der Uruguay (s. Fig. 68) sich rechtwinklig zur grossen Axe des La-
Plata-Beckens ergiesst, der Paran& aber ihm zu lieb ein Elnie bildet,
Fig. 68. ^
Längen wesüich von GreenwicL
Das Mfindungsgebiet des La Plata.
dass also weder der eine noch der andere jene Eüstenhöhlung aus-
gewaschen haben kann. Im Gegentheil haben wir hier ein zwar kleines,
aber deutlich entwickeltes Delta vor uns, da der Paranä, an seiner
Mündung sich nicht nur in mehrere Arme theilt, sondern auch unab-
lässig Schwemmland ansetzt
Wenn wir das Auftreten der hohlen und gefüllten Deltas vergleichen,
so müssen wir an&ngs in Verwirrung gerathen, da sich nii^ends eine
gewisse Ordnung entdecken lässt. Im asiatischen Eismeere sehen wir
den Ob und Jenissei mit Mündungstrichtem versehen und weiter öst-
lich die Lena ein sehr regelmässiges Delta bilden. Im amerikanischen
Eismeer endigt der Mackenzie mit einem Delta, der Thlewee-choh oder
Back's grosser Fischfluss mit einem hohlen Becken. In Südamerika
finden wir den Orinoco als einen Deltabauer und den Amazonas
mit einem geöffiieten Schlünde. Gegenüber in Afrika erfreuen wir uns
406 Dritter Theil. Die Wasser- und Lofthülle der Erde.
an der classischen Begelmässigkeit, mit welcher der Niger sein Schwemm-
land abgesetzt hat, und weiter südlich finden wir den Congo oder Zaire
mit einem Aestoariom versehen.
Seit länger als zwei Jahrtausenden hat man über dieses Bäthsel
nachgesonnen. Ein bc^bter Natorbeobachter wie Herodot vermuthete^
dass der Nil einst in einen leeren Golf sich eigossen und ihn allmählich
ausgefüllt habe^). Alexander v. Humboldt, der sich mit unserem
G^enstand viel beschäftigte, bemerkt ausdrücklich, dass er diese Ver-
muthung nicht bestreiten wolle. Wie immer war man anfangs gendgt,
den einzelnen Fall allgemeiner zu fiissen und sich zu denken, dass mit
der Zeit alle Flüsse ihre Hohlmündungen ausfiillen und Schwemmland
in das Meer vorschieben werden. Werfen wir noch dnen Blick auf
den La Plata (Fig. 68) zurück, so werden wir auch zwei Sandbänke
bemerken, welche offenbar von dem Uruguay und Parani verursacht
worden sind und mit der Zeit den schönen Golf in festes Land zu
verwandeln drohen. Masudi, einer der alten arabischen Greographen,
der uns oft durch seinen naiven Schar&inn ergötzen kann, woUte
manchen Flüssen ihre Kindheit, ihr voigerücktes Alter und ihr nahes
Erlöschen anmerken, und in seinen Augen wären sicherlich die Trichter-
mündungen Merkmale eines Jugendzustandes der Ströme gewesen. Der
Schatt-el-Arab oder der vereinigte Euphrat und Tigris hat sich durch
das rasche Wachsthum seiner Anschwemmungen gefbrchtet gemacht
Die arabische Freistadt Hira, die im 6. Jahrhundert von Indienfisdirem
imd chinesischen Dschunken besucht wurde, lag drei Jahrhunderte
später schon tief im Lande. Bassora, eine jüngere Schöpfung als Hira
und unter den Abbasiden ein grossartiger Hafen, finden wir zwei
geographische Meilen von Neu-Bassora entfernt, welches erst im 17.
Jahrhundert erbaut wurde. Wir brauchen aber solche Erscheinungen
gar nicht in der Feme zu suchen. Die Etsch mündete noch um 589
bei Porto Brondolo, wie v. Hoff bemerkt In der Zeit von 1200 bis
1600 wuchs der Po jährlich 24, in den letzten 200 Jahren aber je 65
Meter*). Ravenna, zur Gothenzeit noch eine Hafenstadt, lic^ jetzt
eine geographische Meile vom Meere entfernt Wie Po und Etsch den
ehemaligen Golf zwischen Alpen und Apennin in eine grüne Ebene
verwandelt haben, so könnten auch Euphrat und Tigris den Persischen
Meerbusen zuschütten, bis er nur ¥rie ein hohles Delta des Schatt-el-
Arab aussehen würde, vorausgesetzt freiUch, dass die Gebirge des
armenischen Hochlandes, welche vom Euphrat und Tigris allmählich
>) Herodot II, II.
*) Ueber die neaeren Veränderungen im Laufe des Po hat ILKiepert
in der Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Bd. IV (1S69).
Tafel II, ein lehrreiches Kärtchen veröffentlicht.
XVII. Die Deltabildungen der Ströme. 407
abgetragen werden, so viel ßaiuninhalt besitzen, als die Spalte des
Persischen Golfes au&nnehmen vermöchte, vorausgesetzt ferner, dass
den beiden Flüssen die nöthige Zeit gegönnt wird, dass geologische
Veränderungen ihre Arbeit nicht unterbrechen oder dass sie selbst nicht
bei halber Arbeit ermüden. Ebenso bietet der Califomische Meerbusen
dem Colorado imd Gila ein Ge&ss, welches sich leicht in ein negatives
Delta verwandeln liesse. Nirgends aber hat die Natur einem Strome
besser vorgearbeitet als dem Laurentius Canada's ; denn der Laurentius-
golf erscheint schmal genug, dass ihn ein Ganges oder Mississippi in
vergleichsweise kurzer Zeit zuschütten würde.
Allein die herodotische Ansicht, der zu lieb der Ausdruck „negatives
Delta" geschaffen wurde, kann auf die Dauer niemanden befriedigen;
denn je mehr Fälle wir vergleichen, desto stärker wird die Ueber-
zeugung werden, dass, wenn etwas auf Alter oder Jugendlichkeit eines
Stromes deutet, gerade eher die hohlen Fluthbecken ein greisenhaftes
Unvermögen verrathen imd dass ein Strom, der Schwemmland erzeugt,
noch immer rüstig seine geologischen Verrichtungen vollzieht.
Vielleicht geräth man auf den Gedanken, dass die Tiefenverhält-
nisse der See vor den Mündimgen die Bildung von Schwemmland ver-
hindern oder wenigstens aufhalten können. Das Letztere muss sogleich
bejaht werden; denn in einem seichten Meere lässt sich unbedingt
rascher neues Land aufschütten als in einem tiefen, und doch belehren
uns die nächsten Vergleiche, wie wenig entscheidend diese Verhältnisse
sind. Die Themse und die Elbe münden in die seichte Nordsee, imd
doch besitzen beide classische Trichtermündungen; vor dem Mississippi
dagegen sinken die Tiefen rasch auf mehr als 100 Faden herab, und
dennoch wächst sein Delta jährlich um 80 Meter.
Erst A. V. Humboldt wurde auf die Häufigkeit von Delta-
bildungen in grossen Landseen aufinerksam, und er wollte sogar die
„Binnendeltas" als eine gesonderte Naturerscheinung unterschieden
wissen. Die beiden grossen Ströme des Aral-Sees, der Oxus (Amu-
Darja) und der Jaxartes (Syr-Darja), bieten uns Beispiele solcher
Leistungen. Gehen wir westlich, so jSnden wir im Kaspischen See an
der Mündung der Wolga umfangreiche Anschwemmungen. Von ihrem
Beispiele werden auch kleine kaspische Flüsse verfuhrt. So fand
Karl V. Ba er im* Jahre 1855, dass die AUuvionen am Terek noch
rascher wachsen als an der Wolga. Von der Wologe Tschemoi Rejnok,
die nach guten Karten vor 45 Jahren noch auf einer Halbinsel lag,
hat sich das Wasser 2 geographische Meilen (15 Werst) zurück-
gezogen, und ein benachbarter Golf ist in der gleichen Zeit gänzlich
ausgefällt worden. Da das süsse Wasser der Flüsse specifisch leichter
als das Wasser der salzigen Seen ist, so muss es bei seinem Austritt
408 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
in die Seen diese gleichsam mit Süsswasser überschwemmen. Es wizd
auch von der Wolga mit dem Beistand der nissischen Steppenflüsse
der nördliche Thdl des Easpischen Meeres dermass^i versüsst, dass
sein migeschwächter Salzgehalt sich nur an der persischen Küste fest-
stellen lässt Ist aber das Idchtere süsse Wasser genöthigt, auf den
Schichten des schweren Salzwassers bergauf zu fliessen, so muss bei
diesem Aufsteigen die erreichte Geschwindigkeit des Stromes bei seiner
Mündung allmählich verloren gehen. Sobald sich die Geschwindigkeit
eines fliessenden Wassers vermindert , lässt es zuerst seine groben Ge-
schiebe, schUessUch auch die feinen Schlammtheile fidlen. Beim Missis-
sippi hat die Beobachtung gelehrt, dass die schwebenden Theile sinkoi,
sobald die Geschwindigkeit unter 0,16 Meter in der Secunde sich ver-
mindert. Ueberally wo dies eintritt, werden an den Mündungen d&r
Flüsse Barren entstehen. V&mb^ry fand bei Gömüschtepe das kas-
pische Ufer so seicht, dass sich kein Kahn von noch so geringem
Tiefgang dem Lande zu nähern vermag. Dort ergiesst sich der
Görghen, der glächwohl ein ziemUch tiefer Muss und beständig das
Jahr über gefiillt ist, der aber seine Mündung und das angrenzende
Uferstück völlig verschlammt hat.
Bauen die Ströme der salzigen Binnenseen vorzugsweise Deltas,
80 finden wir, dass auch in Mittelmeeren, welche zwischen den offenen
Golfen und den eingeschlossenen Becken die Mitte halten, die deha-
artigen Anschwenmiungen fitöt die B^el sind. Von mediterraneiscfaen
Strömen sind die vier grössten, Rhone, Po, Donau und Nil, durch ihre
Deltas ausgezeichnet Ebenso gewahren wir, dass in dem centnd-
amerikanischen Mittelmeer oder dem caribisch-mexicanischen Doppelgolf
alle grösseren Ströme, der Mississippi, der Magdalenenstrom, der Atrato,
der Usumasinta-Tabasco, DeltabUdungen zdgen. Nun lag es sehr
nahe, sich zu sagen, dass es Ebbe und Fluth sind, welche die Delta-
bildungen stören; denn Ebbe und Fluth fehlen den Binnenseen und
beinahe völlig unserem Mittelmeere, während in Centralamerika die
einströmende atlantische Fluthwelle durch die vorliegenden Antillen wie
durch einen Rechen hindurchlaufen muss und in beiden Golfen, dem
Caribischen wie dem Mexicanischen, sehr geschwächt, nur mit ^'s^^'s
Meter Eammhöhe auftritt Die beiden Mittelmeere der Alt^i und der
Neuen Welt, unser mediterraneisches und jenes antillische, verhalten
sich also ähnlich, und daher ist es sehr verzeihhch, wenn man sich
lange Zeit damit beruhigt hat, dass die rückfliessende Ebbe es sei^
welche die Mündungen der Ströme beständig ausbaggere.
So wird auch unseres Wissens in allen Lehrbüchern die Erscheinung
der hohlen Deltas erklärt, und selbst ein Sir John Herschel giebt
zu, die Ebbe und Fluth trage mehr zum Auswaschen als zum Ver-
XVII. Die Deltabildungen der Ströme. 409
schliessen der Ströme bei. Bevor man aber diese Vermuthung an den
vorhandenen Naturerscheinungen prüft, wird man sich doch im Stillen
eingestehen müssen, dass ebensoviel Wasser mit der Fluth in die Ströme
eindringt, als mit der Ebbe ausfliesst, dass also die Wirkung von der
Gegenwirkung aufgehoben werde und dass nur dann eine reinigende
Thätigkeit der Ebbe denkbar ist, wenn diese, wie das örtlich vor-
kommen kann, rascher oder mit grösserer Kraft abfliessen würde, als
die Fluth eindringt Bei den Trichtermündungen der Ströme wird dies
allerdings stattfinden. Dringt nämlich eine Fluthwelle in einen Golf
ein, der sich rasch verengert, so muss sie sich durch diese Zusammen-
pressung zu bedeutender Höhe erheben. Die höchsten Fluthen, die
man kennt, ergiessen sich in die Fundj-Bay zwischen Neu-SchotÜand
und Neu-Braunschweig, wo zur Springfluthzeit das Meer sich auf 20,
man sagt sogar auf mehr als 30 Meter erheben soll (vgl. S. 27 f.).
Aehnliche Erscheinungen werden im Mündungstrichter des Amazonas
hervorgerufen. Die atlantische Fluthwelle, immer mehr eingeengt
zwischen die Ufer, bewegt sich als mauerartiger. Schwall von 3 bis 5
Meter Höhe den Strom hinauf. Diese grossartigen Wogen, von den
Eingeborenen Pororocas genannt, sind von allen wissenschaftlichen
Beisenden seit Lacondamine's Rückkehr aus Peru beobachtet und
geschildert worden. Solchen Wellen begegnet man auch in der Garonne
und in der Sevem, sowie unter dem Namen Bore in den Gangesarmen
und im chinesischen Tsien-tang. Der Stoss dieser Welle ist so stark,
dass sie sich in den Flüssen noch bis zu einer gewissen Erhebung über
den Meeresspiegel fortsetzen kann, läe rollt buchstäblich bergauf, und
dadurch allein wird es uns erklärlich, dass Bates am Cupari, dem
Seitengewässer eines Nebenflusses des Amazonas, zu Wasser 540 eng-
lische Meilen (== 116 deutsche Meilen) von dem Atlantischen Meere
entfernt, noch ein periodisches Schwanken von Ebbe und Fluth be-
obachten konnte. Die starke Erhebung der Boren und Pororoken ver-
räth deutUch, dass die oceanische Fluthwelle, von den Flussufem ein-
geengt, sich staut und langsamer bewegt. Bei der Ebbe tritt der
entgegengesetzte Fall ein. Die rückkehrende Wassermasse kann sich
ohne Widerstand und Hemmung in dem Mündungstrichter ausbreiten,
und sie wird daher etwas rascher abfiiessen. Auqh aus anderen Gründen
ist zur Ebbezeit die Stromgesehwindigkeit eine grössere. Die Wasser-
masse, welche während der Ebbe ihren Weg nach dem Meere hin
nimmt, ist nämlich eine grössere als diejenige, welche die Fluthwelle
vom Meere herauf wälzt, weil sich während der Fluthzeit. das vom Flusse
herbeigeführte Wasser an der Mündung au&taut; mit der vermehrten
Wassermenge aber wächst die Geschwindigkeit Femer ist zur Zeit
der Ebbe ein bedeutenderes Gefall vorhanden, da das Niveau des Meeres
410 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
sich erniedrigt hat, und endlieh er&hren die gegen das Land vor-
dringenden Fluthwellen an dem en^egendrängenden Flusswasser eine
Hemmung, während Muss- und Ebbeströmung in gleichem Sinne sich
vollziehen ^). Somit darf man es der rückfliessenden Ebbe zuschreiben,
dass sie mehr Niederschlfige aus den Flüssen entfernen könne, als die
Fluth hineinträgt
Die Natur selbst belehrt uns aber, dass Deltabildungen ganz unab-
hängig sind von den Flutherscheinungen. Das schönste Delta der Erde,
das des Niger, findet sich im Bereich der oceanischen Fluth. Durch
das Delta des Orinoco geht, wie A. v. Humboldt schon bemerkte,
die Fluthwelle bei niederem Wasserstand bis nach Angostura hinauf.
Der Indus geniesst vollständig die Wirkung von Ebbe und Fluth; ja,
die Springfluth erhebt sich dort bis zu 3 Meter und roUt aufwärts bis
Tatta, also bis zu dem Punkt, wo der Strom an&ngt, sein Delta zu
erbauen. In der Podda oder dem eigentlichen Ganges steigt die Fluth-
welle 160 engl. Meilen (34 deutsche Meilen) stromaufwärts, im Hugli
150 engl Meilen (32 deutsche Meilen), und ausserdem ist dieser Arm
noch berüchtigt durch seine Fluthensturzwellen (Bores). Wir haben in
Asien noch den Schatt-el-Arab, die Mahanadi, die Irawadi, den Saluen,
Menam, Mekhong, Si-kiang und Hoang-ho, in Afrika den 2^ire und
Z^ambesi und in Europa die Petschora au£2suzählen, von denen wir
genau wissen, dass sie im Bereiche von Ebbe und Fluth münden.
Man muss also wohl die Ansicht aufgeben, als hinderten Ebbe und
Fluth die Deltabildung.
Die trompetenfbrmigen Erwdterungen der Flussbetten an ihren
Mündungen sind die einfache Folge der Berührung des leichten Süss-
Wassers mit dem Seewasser. Bei jeder oceanischen Strommündung, die
durch keine Barre verschlossen wird, selbst wo sich Ebbe und Fluth
nicht zeigen (und wir werden später ein solches Beispiel anfbhren),
wird stets das Salzwasser die unterste Schicht des Strombettes ausfällen.
Der Süsswasserstrom, der über dieser Schicht abfliessen muss, wird
dadurch seichter gemacht, und er muss, was er an Tiefe verUert, an
Breite zu gewinnen suchen. Dies ist so unbedingt erforderlich, dass selbst
die Arme von Deltaströmen wieder ihre trompetenfbrmigen Mündungen
haben, wie man dies am Ganges und Indus entwickelt sieht, wie man es
selbst an den „Pässen^ (Mündungen) des Mississippi noch wahrnimmt
Ebbe und Fluth bewirken demnach, dass der Strom seine Mündung
um das Doppelte öffiie, als er ohnehin schon genöthigt wäre; denn die
eindringende Fluth ist nichts anderes als eine sechsstündige Stauung
M Rudolf Credner, Die Deltas. S. 51 f.
XVII. Die Deltabildungen der Ströme. 411
des Flusses; die Ebbe dagegen besteht aus dem Erguss des Stau-
wassers und des zufliessenden Stromwassers. Im Bereich der Fluth-
wirkung muss sich also der Strom so verbreiten, dass er sein sechs-
stündiges Stauwasser zwischen seine Ufer aufiiehmen kann.
Will man solche Stromerweiterungen Aestuarien oder Fluthbecken
nennen, so ist das nicht unschicklich; nur muss zuvor der BUck des
geographischen Forschers geschärft werden, dass er nicht auch grosse
Buchten wie den Laurentiusgolf und die La-Plata-Bay unter die Aestua-
rien wirft. Für den La Plata zumal wäre^er Ausdruck um so ver-
fehlter, als der berühmte Fitzroy, obgleich er Monate lang in Monte-
video und Buenos Ayres vor Anker gelegen war, doch nie eine Wirkung
von Ebbe und Fluth verspüren konnte.
Wir sehen also, dass gerade bei demjenigen Strome, welcher das
geräumigste aller ^hohlen Deltas^ besitzt, Ebbe und Fluth gänzlich
fehlen und dass wir also den Ausdruck Aestuarien sehr vorsichtig
gebrauchen sollten, dass echte Aestuarien wiederum vorkommen an
echten Deltaküsten, dass aber allenthalben die echten Aestuarien nur
ganz gerinftlgige Küsteneinschnitte bilden und nicht verwechselt werden
dürfen mit den Golfen oder unterseeischen Thälem, in die sich bis-
weilen Flüsse ergiessen. Auch wenn es keinen Laurentiusstrom gäbe,
würde doch der Laurentiusgolf vorhanden sein ^) ; denn er ist mit dem
Bau des nördlichen Amerika entstanden und von ihm abhängig. Der
Laurentiusgolf ist nämlich nichts weniger als ein von den Laurentius-
wassem ausgewaschenes Becken, sondern vielmehr ein unterseeisches,
in das Land hineindringendes Thal, welches den Laurentiuswassem die
Bichtung ihres Ablaufes vorgeschrieben hat. Nach Logan's Geologie
von Canada begrenzen beide Ufer des Laurentiusgolfes ansehnliche
Gebirge, die sich dem Strome an einer Stelle, wo er schon 15 engl.
Meilen (3,2 deutsche Meilen) breit ist, nähern, dann aber nördlich wie
südlich zurückweichen, so dass bei Montreal die südliche Erhebung
bereits 50 und die nördliche 30 englische Meilen (10,7, resp. 6,4 deutsche
Meilen) vom Flusse entfernt liegt. Beide Gebirge bilden die Mulden-
wände des Laurentiusbeckens, und erst bei Tadoussac beginnt das Stück
des Stromes, welches man als sein Aestuarium oder Fluthbecken an-
sehen darf. Sind solche Golfe Faltungen des Seebodens, so können
sie sich auch noch tiefer in's trockene Land hineinerstrecken, und die
Folge wird sein, dass auf dem Thalwege der Mulde die Ströme ein
bequemes Bett finden, wodurch dann das trügerische Bild entsteht, als
^) Die benachbarte Chaleurbay, eine Wiederholung der nämlichen Küsten-
gliedcining, ist ein solcher Laurentiusgolf ohne Laurentiusstrom.
412 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
sei der Golf nur die Yerlängeruiig eines Flussbettes. Dann müsste
man aber auch den Persischen Meerbusen als eine Fortsetzung des
Euphrat-Tigiis, den califomischen als eine Fortsetzung des Colorado-
Gila betrachten« Dass aber die Ströme zu den Golfen, nicht umgekehrt
die Golfe zu den Strömen gehören, sehen wir am La^Plata-Becken, in
das sich rechtwinklig der Uruguay und in rechtwinkligem Knie der
Parand ergiesst Noch unzweideutiger erscheint das Verhältmss des
Golfes von Craba oder Darien zu dem deltabildenden Atrato, der eine
Zeit lang parallel neben diesem „hohlen Delta^ fliesst und gleichsam
erst nach längerem 2iaudem die Gd^enheit benutzt, seinen Lauf durch
den Golf zu verkürzen. Ja, es giebt sogar trichterartige Ktisten<sin-
schnitte, in die sich gar kein Fluss ergiesst Als Beispiele könnten
schon die tiefen Buchten Patagonien's gelten; doch nehmen sie immerhin
wenigstens kleine KfLstenwasser au^ wenn diese auch nicht verdächtigt
werden können, jene trompetenartigen fünschnitte verursacht zu haben.
In Australien haben wir dag^en im Spencer- und im geschwisterlichen
St.-VincentBgolf zwei Eüstenhöhlungen, die man für exemplarische
TjAestuarien^ ansehen dürfte, wenn sich Ströme in sie ergiessen würden.
Der Ausdruck Aestuarien passt übrigens nicht eiomal auf alle trom-
petenartigen Oeffiiungen der Ströme; denn wir finden diese in Gk>lfen
ohne Ebbe und Fluth wie in dem des La Plata; wir treffen sie eben-
£a11s in Mittelmeeren ohne Fluthwellen, in den Limanen der süd-
russischen Flüsse, die sich in den Pontus ergiessen; ja, wir b^egnen
ihnen sogar bei Mündungen von Seitengewässem in grosse reissende
Ströme, wie am Amazonas, so dass sie also überall nur als die Folge
einer Zurückstauung des Wassers am Ausguss der Flüsse erscheinen.
So verein£suiht sich also unsere Untersuchung auf die Beantwortung
der Frage, warum einige Ströme ihre erdigen Bestandtheile sichtbar
an den Mündungen absetzen und andere nicht
Zu allen Zeiten, mag das Wasser eines Flusses klar oder trübe
sein, hält es mineralische Bestandtheile chemisch au%elöst, meistens
Silicate und Kalk, je nach den Felsarten, die von seinen Wassern
zerstört werden. Diese Bestandtheile sind beim Aufbau der Deltas
nur von untergeordneter Bedeutung; denn sie werden, wie Gustav
Bischof lehrt, meist sehr weit in das Meer hinausgeftihrt, bevor sie
sich wieder ausscheiden. Vielmehr werden die Alluvionen der Flüsse
im wesentlichen aus den sogenannten schwebenden Bestandtheilen er-
schaffen, die uns sichtbar sind, so oft das Wasser eines Stromes getrübt
erscheint. Es ist ganz klar, dass nur ein Strom Anschwemmungen
bilden kann, der solche Erden mit sich fortträgt. Der Rhein ist in
seinem ganzen oberen Laufe bis Rheineck ein hässUches kalkgraues
Wasser; aber bei Schaffhausen strahlt er in grünblauer Klarheit Der
XVII. Die Deltabildungen der Ströme. 413
Rhone im Wallis hat eine erdige Schlammfarbe ^) ; wenn wir aber auf
der Bousseau-Insel oder auf der neuen Brücke bei Genf ihn abfliesaen
sehen, können wir die Fische in dem durchsichtigen Wasser zählen.
Die Aar verlässt bei Thun den Thuner See in idealer Reinheit;
dennoch münden bei Unterseen die schmutzigen Wasser der beiden
Lütschinen, und die Aar, welche bei Interlaken uns durch ihre Durch-
sichtigkeit ergötzt, ist ein trübes Wasser, bevor sie in den Brienzer-See
tritt. Flüsse also, welche durch Seen hindurchgehen, verlieren während
des Durchganges ihre schwebenden Bestandtheile, welche vöUig ver-
braucht werden zur Ausfüllung dieser Wasserbecken. Erst wenn diese
ausgefiillt sind, können die Alpengewässer ihre Trübung noch im weiteren
Verlaufe behalten. Dies kann uns zur Erklärung dienen, weshalb der
Laurentiusstrom kein Delta bildet; denn er verlässt den Ontario-See
so rein wie durchgeseihtes Wasser. Dasselbe ist mit seinem Nachbar,
dem Saguenay, der Fall, welcher durch den St.-Johns-See in den Lau-
rentiusgolf mündet. Nur dürfen wir diesem Umstände nicht die Bildung
der Trichtermündungen zuschreiben; denn wir kennen Flüsse, wie die
Elbe, Themse, Sevem, welche keine Seen durchströmen und doch ge-
öfihete Mündungen haben, während der Mackenzie Nordamerika's uns
wiederum ein Beispiel Kefert, dass ein Strom selbst dann noch ein
Delta bauen kann, wenn auch ein beträchtlicher Theil seiner Wasser
aus Seeabflüssen (Athabasca-See, Ghrosser Sklaven-See, Grosser Bären-
See) besteht. Wir gewinnen aber dadurch den Satz, dass zur Bildung
von Anschwemmungen stets ein gewisser Reichthum schwebender Be-
standtheile gehört und dass Ströme höchst selten gleichzeitig Seen zu-
schütten und an ihren Mündungen ein Delta bilden können.
Wie afcer der Absatz von Schwemmland vor sich geht, das müssen
uns die Ströme selbst erzählen, und wir befragen zunächst den Missis-
sippi, weil seine Thätigkeit am besten erforscht worden ist. Da, wo
die Ströme Niederungen erreichen, erbauen sie sich bekanntlich selbst
ihr Bett und verwandeln sich ungeheissen in Canäle, insofern sie an
ihren Ufern Böschungen oder Bänke absetzen. Diese Bänke wachsen
fortwährend, weil auch der Fluss sein Rinnsal durch neue Absätze be-
ständig erhöht. Der Spiegel des Stromes erhebt sich bisweilen so hoch
über die angrenzende Landschaft, dass man seine Uferränder nur zu
durchstechen braucht, um eine künstliche Bewässerung zu erzielen,
was auch die Kirgisen am Syr-Darja auszunützen pflegen. Nach der
Mündung zu werden jedoch die Bänke oder Ufereinfiussungen immer
niedriger; sie sinken beim Mississippi von über 5 auf 0,6 bis 0,5 Meter
^) Seine Allavionen wachsen sehr rasch. Port Valais (Portus Valesiae)
lag, wie H. B. de Saussure bemerkt, zur Eömerzeit noch am See; jetzt be-
findet es sich eine Stunde landeinwärts.
414 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
über den Flussspiegel in der Nähe der Pässe, wie man bekanntlich
die Ergüsse des ^Mississippi nennt Diese Art von Wasserbauten ist
beim Mississippi deatlicb sichtbar da, wo die Strommasse vor den
Pässen in eine Kreuzform sich zertheilt. !Man vergesse nicht, dass der
Mississippi sein Delta in sehr grosse Tiefen hinaus gebaut hat und
dass, wenn wir plötzlich den Mexicanischen Grolf trockenl^en könnten,
die Strombauten des Mississippi hoch aufgeschütteten Canälen mit tiefen
Rinnen und sanften Böschungen gleichen, zugleich aber auch als das
Gerippe oder das Fach- und Ri^elwerk des Deltas erscheinen würden.
Die Mündungsarme des Mississippi wachsen nach Talcot 80 Meter
durchschnittlich alle Jahre in den Grolf hinein, doch mit dem Unter-
schiede, dass der Südwestpass, durch welchen allein 34 Procent der
W^asser abfliessen, ein stärkeres Wachsthum, nämlich um 103 Meter
zeigt, während die Nordost- und Südostpässe bloss um 40 Meter jähr-
lich sich verlängern ^). Nur zur Hochwasserzeit findet das Wachsthum
statt; es ruht dag^en gänzlich in den vier Monaten des Niederwassers
wie in den zwei Monaten der Uebergänge. Sobald der geschwollene
Mississippi an den Pässen anlangt, findet er dort eine wallartige Barre,
die er selbst erbaut hat, ein Jahr firüher, am Schluss der Hochwasser-
zeit. Der hochgehende Strom besitzt jedoch Elraft genug, in dieser
Barre eine Rinne auszufurchen und sie in eine neue Canalstrecke zu
verwandeln, die er am Schlüsse des Hochwassers abermals durch eine
jüngere Barre schliesst, welche aber um etwa 80 Meter weiter in den
Golf hineinrückt und die er im nächsten Jahre abermals zu durch-
brechen beabsichtigt
Die Höhe der Uferbänke reicht bei ungestörtem Abfluss vollständig
hin, um den Strom zu fassen; tritt aber örtlich eine Stauung ein oder
eigiesst sich vielleicht ungewöhnlich viel Hochwasser, so kann es nicht
ausbleiben, dass der Strom hie und da über seine' Bänke abfliesst, dass
er eine Lücke hineinreisst und sich einen Seitenei^ss verschafit. So
lange das Hochwasser dauert, wird ein Theil des Stromes durch den
Dammbruch einen Weg finden, und bleibt ein solcher Arm eine längere
Periode geöffiiet, so nennt man ihn am Mississippi ein Bajou. Be-
trachten wir nun die Karte seines Ddtas (Fig. 69), so wird es auf
den ersten Blick so scheinen, als habe der Mississippi ursprünglich
seinen Lauf von Nord nach Süd fortgesetzt und sei anfiüiglich durch
den Atchafalaya, dann, als diese Mündung unbrauchbar wurde, weiter
östUch durch das Bayou Lafourche abgeflossen, bis er, immer weiter
ostwärts gedräi^ sein heutiges Rinnsal sich erschuf. Olücklicher Weise
^) A. A Humphreys aud H. L. Abbot, Report upon the Physics and
Hydraullca of the Mississippi River. Philadelphia 1861. p. 435.
416 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Zwar emp&ngt der Mismasippi dort gerade einea Stoss vom Ked
Biyer in der gonstigeii Sichtong; aber es ist doch nicht mehr als der
Stoss eines Kindes auf einen rostig ausschreitenden Mann. Vielleicht
hat aber dieselbe Eraft^ wdche den Mississippi nach Südosten drangt«
auch auf seinem rechte Ufer den Ueberflnss an nenem Lande hobei-
getragen. Nun haben wir aber aussen im Mexicanischen Meerbusen
eine solche Ej^ in dem Gol&trom, der sich rechtwinklig zur Haopt-
richtong des Mississippi oder in seinem Becken von links nach rechts
wie der Zeiger einer Uhr bew^t Da der Golfstrom an den „Pässen"
noch deaüidi gespürt wird, so werden auch die Wasser an den Golf-
rändern von der allgemeinen Bewegung mit nach Osten getragen
werden, und dieser Bew^ung ist es zuzuschreiben, dass sich auf dem
rechten Ufer des Mississippi mdir Schwemmland angehäuft hat als auf
dem linken. Es kamen dann zu dem, was die Bayous absetzten
und was der Red Siver, als er noch in seinem alten Bette floss, herbd-
brachte, die Sedimente aller Küstenflüsse im Westen des Bed Biver
hinzu, die durch die kreisende Bew^ung des Gt>lfwasser8 der Küste
endang geschoben wurd^i, bis die Uferbänke des Mississippi sie auf-
hielten. Recht zuversichtlich aber werdoi wir dies erst dann bdiaupten
dürfen, wenn sich an den AlluYionsbauten auch anderer Flüsse die
Thätigkeit von Küstenströmungen, wo solche vorhanden sind, nach-
weisen lässt
Betrachten wir daher den Nil (s. Fig. 47 in Bd. I, S. 373), an
dessen Mündungen vorüber gleichfidls eine kräftige Küsteoströmung
von West nach Ost strdcht! Um die Schlammbauten des Altvaters
der Ströme nicht nusszuverstehen, müssen wir an einige Veränderungen
in der historischen Zeit erinnern. Die Lagunen, welche dem Nordrand
des Deltas seinen amphibisdien Typus geben, waren zu Strabo's
Zeiten schon vorhanden, jedoch mit einigen Unterschieden. Der Mannt
(Mareotis) trocknete seit der christlichen Zeitrechnung bdnahe völHg
aus, bis ihn die Briten während des Bonaparte'schen Feldzuges mittelst
eines Durchstiches bei Abukir neuerdings wieder killten. Die anderen
Lagunen weiter gegen Osten sind eben£üls im Austrocknen begrifikii,
mit Ausnahme des Mensaleh-Sees, welcher sich vergrössert und ehemals
bewohntes Marschland in neuerer Zeit überschwemmt hat, sdtdem man
die Dämme am Ufer vernachlässigte und das Mittelmeer durch die
alten mendesischen und tanitischen Nilmündungen (östtich von Damiette)
wieder hereintrat Damiette und Rosette higen noch zur Zeit der
letzten Kreuzzüge am Meere, sind aber durch das Vorrücken des
Schwemmlandes in Nilstädte verwandelt worden. Strabo zählte noch
sieben Mündungen auf, wovon die canopische am weitesten nach Westen,
die pelusische am weitesten nach Osten lag. Die drei wasserreichsten
XVn. Die Deltabildungen der Ströme. 417.
Kilergüsse im Alterthiun waren die canopische (in der Mitte zwischen
Alexandria und Hosette), die bolbitinische (Rosette- Arm) und phatnitische
(Damiette-Arm). Geographen und Geologen sind einig, dass in vor-
historischer Zeit der Nil durch den Bahr-bela-ma (FIuss ohne Wasser)
und durch die heutigen Natron-Seen westlich von Alexandria sich
ergoss, so dass die Nehrungen der Edku-Lagune als ein älteres Ge-
schenk des Nil's zu betrachten sind. Jetzt ei^esst sich der Nil haupt-
sächlich nur durch die zwei grossen Arme von Damiette und Rosette.
Man könnte daher versucht sein, zu schliessen, dass der Vater Nil, der
Verzettelung seiner Wasser durch besenartige Theilung überdrüssig,
zu einem einfacheren Strombaue zurückzukehren trachte. Aber seit Jahr-
tausenden hat man durch Canäle und Dämme so viel an seinem Lauf
herumgedoctert, dass das Wasser nicht mehr ,,einhertritt auf der
eigenen Spur".
Es bedarf keiner langen Beweise, dass das ausströmende Fluss-
wasser, wenn es vor seiner Mündung einer Küstenströmung begegnet,
von dieser seine Richtung emp&ngt, wie der Rauch eines Fabrikkamins
gleich einer Wind&hne von der bewegten Luft fortgetragen wird. Der
Schlamm eines westlichen Armes des Nil's wird sich daher an den
westlichen Uferbänken seines östlichen Nachbars ansammeln, und das
Marschland westlich vom Damiette -Arm stanmit sichtlich aus dem
Rosette- Arm, das Land westlich vom Rosette- Arm aus der älteren cano-
pischen Mündung. Gerade dort, wo der Eüstenstrom gegen die vor-
rückenden Uferbänke sich bew^, finden wir auch die breitesten An-
sätze von Schwenmiland, das aus einem Gemisch von Nilschlamm mit
Mittelmeersand besteht'). Dies bestimmte den scharfisichtigsten aller
Städteerbauer, den macedonischen Alexander, den Ort zu dem grössten
Seeplatze des Alterthums und des Mittelalters auf einer Nehrung der
Mariutlagunen zu suchen, wo der Hafen, oberhalb der Mittehneer'
Strömung gelegen, keine Verschlammung zu besorgen hatte.
Nirgends aber ist die Wirkung der Eüstenströmungen im Aufbau
des Landes sichtbarer als in Südamerika, wo die grosse Aequatorial-
strömung längs der Küsten nach dem Golf von Paria strebt, um sich
mit Hast und Gewalt durch den Drachenschlund (Boca del Drago^))
in das Caribische Meer zu ergiessen. Zwischen Essequibo und Orinoco
•
^) Seit der Bau des neuen Dammes bei Port Said begonnen worden ist,
hat sich an seiner Westseite soviel Sand und Schlamm abgesetzt, dass der
Qnai Eng^nie bereits um 1 Va— 2 Kabel Breite vom Meere getrennt worden ist,
welches ia den ersten Jahren beinahe unmittelbar an die dortigen Gebäude
reichte, v. Teget t hoff bei Zenker, Der Suez-Canal. Bremen 1869. S. lu.
^) So schreiben fast alle Karten; richtiger wäre indessen Boca del
Dragon.
Peschel-Leipoldt, Phj.«. Erdkunde. IT. 27
418
Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
finden wir nicht weniger als drei Küstenflüase, Pomeroon, Maini*)^
Barima (s. Fig. 70), die an&ngs senkrecht gegen den Ocean fliessea
und dann plötzlich wie aof Grehdss um ein Eürdsviertel nach links
schwenken. Wer lehrt uns der Anblick der Natur im Eartraibildey
dass die KfistraistrSmung mächtig genug war, die FlOsse mit sich fort-
zuziehen. Erst hat sie dieselben umgebog^i und dann an lüxrea reehtea
Ufern neues Iiand angehäuft Denf Pomeroon führte sie die Schlamm-
maasen des Essequibo, dem Maini die des Pomeroon, dem Barima die
Fig.. 70.
Dm OriaocodelU mad di« XtelraflAaM tob BritisdHOvajaBa.
des Maini zu, nachdem zuvor der Barima schon auf ähnliche Art einen
linken Nachbar in ein Seitengewässer des Orinoco yerwanddt hatte.
Wie die Bäume ihre Jahresringe absetzen, so sieht man dort das
britische Guayana um einen neuen AUuyionssaum wachsen, und zwar
dauert dieser Vorgang noch immer fort ^Mandier Eüstenbewohner
des britischen Guayana, der vor wenigen Jahren aus seinen Fenstern
noch das Meer erblickte," bemerkt Richard Schomburgk, «sieht
sidi jetzt durch einen Wald von Leuchterbäumen (Bhizophoren) davon
^ So faeisst dieser Fluss auf den älteren Karten; Schombargk dagegen
schreibt Waini.
XYII. Die Deltabildungen der Ströme.
419
getrennt Herr Mac Clintoek versicherte mir^ dass das östliche
Ufer des Pomeroon während seines sechsjährigen Aufenthaltes sich um
eine Achtel -Meile (mile), das westliche um 40 Fuss (12 Meter) ver-
längert habe.^ Wir könnten noch hinzufügen, dass zwischen Amazonas
und Essequibo dieselben Erscheinimgen wiederkehren. Auch dort finden
wir Küstenflüsse in der Eichtung der oceanischen Strömung umgebogen,
wie den letzten rechten Nebenfluss des Surinam, wie den Saramaca
und den Fluss, der bei Cap Cassipuri mündet Auch wird man be-
obachten, dass £Eist alle Mündungsstrecken der Flüsse sich nach links
neigen, keine nach rechts, femer dass alle Landzungen von rechts
nach links, also in der Richtung der Küstenströmung wachsen. Andere
Beispiele finden sich an der Nordküste Südamerika's. „Sur les cotes
ntogrenadines,^ bemerkt Elisöe ßeclus^), „qui s'^tendent du cap
de la Vela au pied des montagnes neigeuses de Santa-Marta, toutes
les bouches fluviales sont repouss^es vers l'ouest par le courant du
littoral qui se porte vers le golfe du Darien." Diese Küstenströmung
biegt um die Punta de Caribana, ergiesst sich südwärts in den Golf
von Uraba und nöthigt dort den Atrato, auf der anderen Seite des
Golfes abzufliessen; dadurch wird wiederum die Tanela bei ihrer Mün-
dung senkrecht umgebogen, und es erfolgt ein Absatz von Schwemm-
land, genau wie bei den Flüssen Guayana's^). Wir ziehen indessen
ein anderes Küsten-
gemälde der äquato- ^^^' '^^'
rialen Natm: im atlan-
tischen Afiika zum
Vergleiche vor, näm-
lich die Umgebung
des Cap Lopez (s.
Fig. 71), wohin der
Ursprung der süd-
lichen Aequatorialströ-
mung verlegt wird ;
wenigstens bewegen
sich an der dortigen
Küste die atlantischen
Wasser von Süd nach
Nord. Der Ogowai
wie der Bembo sind dort genöthigt worden, in die Kniee zu brechen
und durch die Nazareth- und Fernando- Vaz-Arme sich einen Weg
*) La Terre. Deuxiöme Edition. Paris 1870. Tome I, p. 446.
*) Vgl. Lncien de Puydt*8 Karte des Isthmus von Danen im Journal
of tbe R Geogr. Society of London 1868, p. 69.
27*
Afrikanische Allnvionsbildungen b«i Cap Lopez nach SerTaTs
Aufnahme, ans Petermann*s Hittheilnns^n redncirt.
420 Dritter TheiL Die Wasser - nnd Lufthülle der Erde.
nach dem Meere zu suchen. An der Mündung des Fernando Yaz
hatte sich zwischen du Chaillu's erstem und zweitem Besuch durch
An- und Ahschwemmung so vidi Tcrändert, dass er nach vier Jahren
die alten Oerthchkeiten kaum wiedererkannte '). Mit der Zeit wird
aber jeder Strom Neigung spüren, wieder in seine alte straffe Bichtung
zurückzufallen. Es werden sich bei Hochwasser Bayous bilden und zwar
am leichtesten an der Stelle, wo das Ejü^elenk des Stromes liegt
Ein solches Bayou des Rembo ist die Gamma und des Ogowai der
Arm, der als N'pulunai von Serval bezeichnet wird. Dauert diese
Neigong fort, so kann es geschehen, dass die Bayous durch allmähliche
Vertiefung die ganze Wassermasse an sich ziehen und das Kniestück
des Stromes durch Versandung wieder auslöschen. Aehnliche Verhält-
nisse bietet die Mündung des Sensal. Etwa 20 Kilometer vom Meere
entfernt wendet er sich plötzlich nach Süden und fliesst lange Zeit in
gleichem Sinne mit der Küstenströmung parallel dem atlantischen Ufer
von Nord nach Süd, bis er endlich südlich von St. Louis das Meer
erreicht (Fig. 72). In firüherer Zeit setzte der Strom oder wenigstens
einer seiner Arme seinen geraden Lauf von Ost nach West bis zum
Ocean fort, und man findet noch heute an Stelle des alten Bettes dne
sumpfige Hinne, die unter dem Namen des Marigot von N'diadier oder
der Maringouiens bekannt ist Es wäre sehr leicht mögUch, dass der
Senegal später wieder einmal in diese alte Strasse zurückkehrte. Auch
bei den Küstenflüssen Guayana's sehen wir den Durchbruch eines
Bayou ganz deutlich beim Maini eintreten. Hat der Fluss seine alte
Bichtung wiedergewonnen, so b^;innt eine neue Umbi^ung, mit der
ein neuer Gewinn von Land verknüpft ist
Jetzt, wo wir eine Anzahl Flüsse bei ihren Uferbauvenichtungen
belauscht haben, wird es uns vielleicht gelingen, zu einer beruhigenden
Erklärung zu gelangen, weshalb manche Ströme gar nichts zur Mehrung
des festen Landes beizutragen scheinen. Der Mississippi hat, wie sich
recht genau berechnen lässt, erst vor 4400 Jahren begonnen, sein
Delta zu erbauen ; denn vor dieser Zeit mündete er zwischen tertiären
Ufern. Damals waren bereits die Chinesen vom Künlün hinabgezogen
an den Hoang-ho, um Wälder zu lichten und Sümpfe auszutrocknen;
aber etliche Jahrhunderte mussten noch verstreichen, ehe die ältesten
Pyramiden am Nil erbaut wurden. Fragt man, womit sich der Missis-
sippi in seinem ante-alluvialen Alter beschäftigt habe, so vermuthen
Humphreys und Abbot, seine Biographen, dass er weiter ober-
halb zuerst einen See ausschütten musste. Geologische Urkunden dner
solchoi Leistung werden sich vielleicht noch aufiSnden lassen, und fiir
') Du ChaillUi AshaDgo-Land. p. 9.
XVU« Die Deltabildungen der Ströme.
421
alle Fälle, wo Ströme durch Seen gehen, besitzen wir eine Eecht-
ferligung für den Mangel an Schwemmland vor ihrer Mündung. Sie
reicht aus für den LaurentiuBstrom, der aus dem Ontario-See abfliesst,
und fiir Back's grossen Fischfluss, der eine ganze Eeihe yon Becken
Fig. 72.
Du Mlkndniigsgebiet des Senegal.
ZU durchlaufen hat; sie erklärt uns aber nicht, dass sich die Weser,
Elbe und Themse ihre Mündungstrichter offen erhalten haben. Die
Themse zwar ist auffallend arm an schwebenden Bestandtheilen, und
wo diese mangeln, kann eine Ausfüllung der Mündung nicht stattfinden.
Die Armuth des Themse- Wassers an schwebenden Bestandtheilen erklärt
aber Gustay Bischof damit, dass ihr Wassergebiet oder ihr Erosions-
bereich in Kalkgebirgen Hegt, deren BestandtheUe vom Wasser chemisch
422 Dritter TheU. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
aufgelöst werden. In der That ist durch genaue Analysen festgestellt
worden, dass die Menge der in dem Themse- Wasser gelösten kohlen-
sauren Ealkerde stets viel grösser ist als die der schwebenden Bestand-
theile^). Doch wendet Kudolf Credner in seiner schon mehrfisich
erwähnten lehrreichen Arbeit: „Die Deltas" (S. 47) g^en die Be-
hauptung Bischofs mit Becht ein: „Wäre die erwähnte petro-
graphische Beschaffenheit des Erosionsgebietes der Themse wirklich die
einzige Ursache des Fehlens eines Mündungsdeltas derselben, so müssten
naturgemäss auch andere Flüsse, deren Entwässerungsbereich aus
kalkigen Gesteinsarten besteht, Deltabildungen vermissen lassen. Solches
müsste beispielsweise bei der Piave, dem Tagliamento und Isonzo an
der nordadriatischen Küste, der Narenta in Dalmatien, dem Arno,
Ombrone und der Magra in Toscana der Fall sein. Trotzdem sind
sie sämmtlich Deltaflüsse, die (mit Ausnahme der Karenta) ihre An-
schwemmungsgebiete beständig weiter in das Meer hinaus vorrücken.*^
Wir müssen darum nach anderen Ursachen forschen, welche die Ent-
stehung der Deltas Terhindem. Eine solche ist ohne Zweifel auch das
Alter oder die Ermüdung der Ströme.
Wenn das Gebirge oder das Hochland, wo der Strom entspringt,
sich nicht mehr hebt, was bei den älteren Gebirgen meistens der FaQ
sein wird, so muss dadurch, dass die Flüsse xmd die ihnen zuströmen-
den Bäche beständig ihre Thäler tiefer ausfiirchen und ihre Betten
erniedrigen, das Gefäll beständig geringer werden. ]VIit der Abnahme
des Ge&lls sinkt, wenn alles Uebrige gleich bleibt, die Geschwindigkeit
des Flusses, folglich seine Kraft, Geschiebe, Sand und Schlamm
bis zur Mündung zu tragen. Der Fluss ermüdet, oder er altert,
wie man sagen kann, bis er sich einem in der Natur nie völlig vor-
handenen, aber doch denkbaren Zustande nähert, wo eine Erosions-
ruhe eintritt
Indessen müssen wir uns hüten, ausschUesslich von dem Gefidle
der Flüsse und ihrer Sedimentßihrung den Aufbau der Deltas abhängig
zu machen. So ist das GefiLÜe der Elbe zwischen Magdebuig und der
Mündung ein ziemlich beträchtliches (0,0716 Meter pro Eolometer) und
übertrifft nicht unerheblich das des Mississippi (von St Louis bis zur
Mündung 0,05 Meter pro Kilometer), des Nil's (von C!airo bis zur Mün-
dung 0,04 Meter pro Kilometer), der Donau (von Pressburg bis zur
Mündung 0,035 Meter pro Kilometer) und der Wolga (von Zarizyn
bis zur Mündung 0,02 Meter pro Ejlometer) ; dennoch ist sie unter d^i
') Gustav Bischof, Lehrbuch der chemischen und phjBikalischeu
Geologie. Bonn 1863. Bd. I, S. 278 f.
XVII. Die DeltÄbildungen der Ströme. 423
genannten Strömen allein ohne Delta. Da übrigens die Geschwindig-
keit eines Stromes nicht allein mit seinem Ge&Ue, sondern gleichzeitig
mit seiner Wassermasse wächst, so wird auch durch diese seine grössere
oder geringere Transportßlhigkeit bedingt. Doch ist auch die^ Geschwin-
digkeit des Abflusses bei der Deltabildung keineswegs entscheidend.
So schiesst der Mississippi bei einer mittleren Abflussmenge von 17440
Cubikmetem in der Secimde pfeilschnell dahin, während die Donau,
welche dem Pontus in jeder Secunde 9180 Cubikmeter Wasser liefert,
schon bei Semlin so langsam ihres Weges dahinzieht, dass die Be-
wegung des Wassers nur durch einen auf der Oberfläche schwimmen-
den Körper zu erkennen ist. Und doch sind beide Ströme die Schöpfer
mächtiger Deltas. Auch der Nil, dessen mittlere Abflussmenge nach
Lombardini's Messungen 3682, nach denen Talabot's nur 2908
Cubikmeter in der Secimde beträgt, schleicht so langsam dahin, dass
man, wie uns Oscar Fraas^) belehrt, „am Flusse selber niemals die
Stromrichtung zu beurtheilen im Stande ist", und doch ist auch er
unermüdet thätig, sein Delta zu vergrössem *).
Da die Deltas durch die Schwenunproducte der Flüsse geschaffen
werden, so muss immerhin ganz nothwendig eine stärkere Sediment-
fiihrung die DeltabUdimg begünstigen. In der That besitzen viele
Deltaflüsse einen ausserordentlichen Sedimentreichthum. Wir entnehmen
den werthvollen Zusammenstellungen Credner's*) über diese Ver-
hältnisse einige besonders instructive Angaben. Nach Forshey, welcher
während 52 Wochen (vom Februar 1851 bis dahin 1852) bei Carrolton
oberhalb New-Orleans das Mississippi- Wasser untersuchte, transportirt
der Mississippi allein in schwebendem Zustande alljährlich 812500
Millionen amerikanische Pfimd (368875 Millionen Kilogramm) erdiger
Theile in den Golf von Mexico hinab, wobei alle diejenigen Stoffe
(Eies, Schlamm, zusammengeballte Thonkugeln etc.) noch imbenick-
sichtigt geblieben sind, welche der Strom auf seinem Boden fortwälzt
(etwa 750 Millionen amerikanische Cubikfiiss = 21,25 Millionen Cubik-
meter). Das erstgenannte Material würde, gleichmässig über eine Fläche
von einer amerikanischen Quadratmeile (= 2,59 Quadratkilomet^)
ausgebreitet, diese um 241, das letztere um 27 amerikanische Fuss
(73,5 + 8,2 = 81,7 Meter) erhöhen *). Der Ganges bewegt bei Gasipur
(110 geogr. Meilen oberhalb der Mündung, zwischen Banaras und Patna)
nach Everest's Messungen folgende Erdmassen fort:
>) Aus dem Orient. Stuttgart 1867. Bd. I, S. 211.
>) Bndolf Crednier, Die Deltas. S. 48.
*) L^c. S. 45 f.
*) A. A. HumphreyB and H. L. Ab bot, 1. c. p. 148.
424 Dritter Theil. Die Wasser - und Lufthülle der Erde.
6 082 041 600 oiglische Cabikfoss in 122 B^en-Tagen,
247 881 600 „ „ „ den 5 Wintermonaten,
38 154 240 . n 7) den 3 trockenen Monaten,
6 368 077 440 englische Cabikfiiss (c. 180 Millionen Cabiknieter)
im Jahre.
Mittelst einer solchen Sedimentmasse könnte man eine Fläche von
228 Vs englischen Quadratmeilen nm 1 englischen Fuss (1 Quadrat-
kilometer um 180 Meter) aufschütten^). Der Indus trSgt im Laufe
eines Jahres 5866 Millionen Cubikfiiss (166 Millionen Cubikmeter)
Sedimente iq das Meer hinab ^) und die Donau 32,85 Millionen Cubik-
meter (täglich 90 000 Cubikmeter nach zehnjährigen Beobachtungen, in
den Jahren 1870 und 1871 sogar 208500 Cubikmeter täglich) »).
Umgekehrt sind gewisse deltalose Ströme ausserordentlich arm an
Sinkstoffen. So enthält die Themse bei Battersea im Maximum nur
2,74 feste Theile in 100 000 Theilen Wasser, während im Hoang-ho
500, im Ganges 87, im Nil 160, im Rhone 40—59 Theile auf eine
gleiche Wassennasse kommen. Doch würden wir irren, wenn wir von
der Sedimentfiihrung eines Stromes allein die grössere oder geringere
I^Qiigkeit, ein Delta zu bilden, abhängig machen wollten. So barg
die Weichsel nach G. Bischofs Ermittelungen im Jahre 1853 selbst
bei Culm, aiao noch mehr als 15 geographische Meilen oberhalb der
Mündung, bei Hochwasser im März nur 5,82, im April bei 3 Meter
niedrigerem Wasserstand nur 2,53 schwebende Bestandtheile in 100 000
Theilen Wasser^); trotedem ist ihr Delta noch in stetem Wachsen be-
griffen. Hingegen ist das Wasser der Gironde ausserordentlich rrich
an Sinkstoffen (417 feste Theile in 100000 Theüen Wasser), noch
reicher als dasjenige des Ganges, desNil's, des Mississippi, des Rh5ne.
Dennoch vermissen wir bei ihr jede Spur eines Deltas; viehnehr ergiesst
sie sidi in einen offenen Mündungstrichter. Auch ftir die Elbe ist es
unzulässig, ihr ^hohles^ Delta einem Altem oder Ermüden zuzusehreiben.
Wer jemals an Bmnsbüttel und CuxhaYen vorüber nach dem benach-
barten Helgoland gesegelt ist, dem werden die weithin deutlich erkenn-
baren Schlammfluthen des Stromes au%e&llen sein. Die Elbe bew^
nicht bloss auf ihrem Grunde grosse Massen von sandigem Material
ihrer Mündung zu, sondern enthält auch viel Flusstrübe, welche die
<) Sir Charles Lyell, Principles of Geology. 12«^ ed. London 1875.
VoL 1, p. 478 sq.
^ Journal of the R Geogr. Society of London 1867, p. 70.
*) C. Muszynski: Die Regulirnng der Solina-Mündong in den Mitthei-
longen der k. k. geographischen Gesellschaft in Wien. Bd. XIX (1876X S. 341 f.
*) GnstST Bischof, Lehrbuch der chemischen und physikalischen Geo-
logie. Bonn 1863. Bd. I, S. 275.
> XVII. Die Deltabildangen der Ströme. 425
fortwährende Versandung und Verschlammung des Flussbettes unter-
halb Hamburg zur Folge hat F. Wibel fand am 3. December
1875 durch Abfiltriren des Eibwassers der Hambui^er Wasserleitung
in 100000 Theilen 11 Theile Flusstrübe 0? also wesentlich mehr als
G. Bischof bei dem Hochwasser der Weichsel, imd doch besitzt die
Elbe kein Delta. Es muss demnach hier daftlr gesorgt sein, dass die
Sedimente stets wieder hinweggeschwemmt werden.
Die Reinigung durch Ebbe und Fluth hat, wie wir oben bereits
gesehen haben, nur eine beschränkte Wirkung; es ist daher die Annahme
berechtigt, dass eine andere Thätigkeit des Meeres, der durch Winde
erzeugte Wellenschlag, im Stande ist, die Deltabildung zu verhindern.
Wie sehr das Meer, durch Stürme erregt, an der Zerrüttung der Küste
arbeitet, wurde bereits früher (Bd. I, S. 439 ff.) unter dem Hinweis
auf die Ufer des Canal la Manche und der Nordsee erläutert. Da nun
die brandende See ohne Zweifel das werdende Land ebenso gut angreift
wie das schon längst dem Schosse des Meeres entstiegene , so darf die
mangelhafte Deltaentwicklung an den Rändern dieser Meeresgebiete
wohl zu einem guten TheQ dem verheerenden Wogengange an den
dortigen Küsten zugeschrieben werden. Indess möchten wir diesen nicht
allein dafür verantwortlich machen.
«
Da das Meer überall da mit dem besten Erfolge die Küsten be-
nagt, wo ein Land allmählich unter das Meer hinabtaucht (vgl. Bd. I,
S. 380), so hegt der Gedanke nahe, auch den Niveauschwankungen
der festländischen Ufer, d. i. den seculären Hebungen und Senkungen
eine gewisse Bedeutung bei der Aufrichtung der Deltas zuzuerkennen.
Insbesondere hat Rudolf Credner von diesem Standpunkte aus
die Deltas eingehend untersucht') und ist hierbei nach Besprechung
einer Reihe von Beispielen zu dem Schlussresultate gelangt, „dass
Senkungen von Küsten nicht allein die Weiterentwicklung und das
Wachsthum dort vorhandener Deltas hemmen, sondern sogar überall
dort, wo nicht der Mensch durch künstliche Schutzbauten die eigent-
lich dem Meere bereits anheimgefallenen Alluvialniederungen vertheidigt,
das Verschwinden derselben unter dem Seespiegel zur Folge haben."
Credner zeigt, wie durch das Abwärtstauchen Unter -A^ypten's
der Veigrösserung des Nildeltas bereits ein Ziel gesetzt ist, wie das
einem Senkungsgebiete angehörende Delta der Narenta mehr und mehr
an Umfiing verliert, wie vor den Mündungen des Hudson imd Connecticut
^) Hambarg in natorhistorischer und mediciniacher Beziehung. Fest-
Bchrift zur 49. Yenammlang deutscher Natorforscher und Aerzte. Hambarg
1876. S. 23.8.
«) 1. c. S. 60 ff.
426 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
vorzeitliche Deltas längst unter den Fluthen des Meeres begraben sind
und wie endlich die Uferbauten des Rhein's, der Ems, der Weser, der
Elbe zum Thdl eine Beute des Meeres geworden, zum Theil nur durch
mächtige Dänmie vor einer völligen Vernichtung geschätzt sind. Audi
das Podelta will Credner unter dieses Gesetz beugen, indem er den
Nachweis zu fiihren unternimmt, dass hier in neuerer Zeit keine eigent-
liche seculäre Senkung mehr stattfindet, sondern nur der lockere, durch-
feuchtete Schwenmiboden in sich zusammensinkt und grössere Bau-
werke, wie Kirchen, Brücken etc., vermöge ihrer Schwere tiefer in den
weichen, nachgiebigen Boden eindringen.
Nun soll keineswegs geleugnet werden, dass seculäre Hebungen
die Entstehung der Deltas beschleunigen, seculäre Senkungen aber sie
verzögern; doch überschätzt Credner die Wirkungen der letzteren,
wenn er die Behauptung ausspricht, „dass sie die Neubildung und das
Wachsthum der Deltas überall verhindern" ^).
Für das Nildelta scheint Credner dies selbst zuzugeben; denn
er sagt ausdrücklich, „dass sich seit Jahrhunderten cUe Landbildung
an dem Ufer Unter- Aegypten's auf den Aufbau der schmalen Land-
zungen zu beiden Seiten der Hauptmündungen des Flusses beschränkt'^
In der That schiebt der Nil seine Uferleisten auch jetzt noch immer
weiter in das Meer hinaus trotz der Senkung der Küste, wie bereits
fiüher (Bd. I, S. 372) dargelegt worden ist Auch hinsichtlich des
Podeltas kann uns Credner' s Argumentation nicht überzeugen. Es
ist zwar möglich, dass grössere Bauwerke in Folge ihrer bedeutenden
Last mit ihren Fundamenten sich senken können; wo indess mit ziem-
licher Uebereinstimmung die manigfi9u;hsten Gegenstände, selbst Idchtere,
wie Strassenpflaster und Mosaikböden, von derselben Bewegung ergrüTen
worden sind, wie im Podelta, da haben wir es offenbar mit einer echten
seculären Senkung zu thim« Auch mussten wir früher das Mississippi-
deha (s. Bd. I, S. 361), sowie das Gangesdelta (s. Bd. I, S. 370) zu
den abwärts schwebenden Gebieten zählen, und doch erwdtem sich in
beiden Fällen noch immer die fluviatQen Bildungen. Wenn Credner
femer annimmt, „dass es seculäre Hebungen der Festlandsküsten sind,
unter deren Einfluss die Anschwemmungen der Flüsse trotz sonst vor-
handener ungünstiger Verhältnisse zu Deltas über den Wasserspi^d
hervortreten^, so muss es befremden, dass Deltas an der Westseite
Südamerika's nur an den Eüstrai von Ecuador und Columbien vor-
kommen, während sie nicht bloss an den r^narmen Gestaden von
Peru, sondern auch an den reich bewässerten chilenischen Ufern fehlen.
Gerade die letzteren sind im beständigen Aufsteigen begriffen; hing^en
») Rudolf Credner, 1. c. S. 60.
XVII. Die Deltabildungen der Ströme. 427
stehen die Ufer von Ecuador und Columbien in dem Verdachte zu
sinken ^). Ebenso vermissen wir in dem aufsteigenden Mündungsgebiete
des Amur ein Delta; dieser Strom hätte sich um so leichter ein solches
bauen können, als er sich in eine seichte Meeresstrasse ergiesst. Des-
gleichen sollte der Rio Grande del Norte in einem Delta enden , da
sich sein Mündungsgebiet ebenfalls hebt.
Diese wenigen Beispiele, welche sich leicht noch vermehren Hessen,
zeigen uns, dass die seculären Schwankungen nicht allein verantwortlich
gemacht werden können für Sein oder Nichtsem der Deltas. Aus den
um&ngreichen Zusammenstellungen Credner's geht nur hervor, dass
seculäre Hebimgen der Deltabildung in hohem Grade günstig, Sen-
kungen aber ihr ungünstig sind. Ist die Senkungsgeschwindigkeit
grösser als der Aufschüttungsbetrag, dann bleibt das Delta submarin.
Bisweilen schweben jedoch die Uferstriche so langsam hinab, dass die
deltabauende Thätigkeit des Flusses sich mächtiger erweist, wie bei Po
und Nil; hier siegt demnach in solchem Ringkampf die letztere.
Es zeigt sich also die Gestalt der Strommündungen als eine so
verwickelte Erscheinung, dass jeder Fall eine besondere Untersuchung
erheischt. So sind es oft nur orographische Golfe, wie das La-Plata-
imd Laurentiusbecken, welche, indem sie den Lauf der Flüsse bestim-
men, eine trügerische Aehnlichkeit von Stromthälem annehmen. Ebbe
undFluth dagegen erzeugen nur kurze, trompetenartige Erweiterungen
auch bei Flüssen, die durch Deltabildung sich auszeichnen. Als
positive Factoren beim Aufbau der Deltas kommen in Betracht: geringe
Tiefen an der Mündung, ruhiges Meer, grösseres GefkU im Unterlauf,
B^ichthum an Sedimenten, an der Küste vorüberfiihrende Strömungen,
seculäre Hebung des Bodens, als negative Factoren: grössere Meeres-
tiefen, von Ebbe und Fluth, sowie von Stürmen häufig bewegtes Meer,
Seen im unteren Theile des Laufes, greisenhafter Gang durch die Ebene,
Armuth an schwebenden Bestandtheilen, seculäre Senkung der Küste.
Keiner von diesen Factoren beherrscht ausschliesslich das Gesetz der
Deltabildung; vielmehr hängt es von der Art und Weise ihres Zusammen-
wirkens, d. h. von dem gegenseitigen Verhältniss zwischen fördernden
und hemmenden Einflüssen ab, ob im einzelnen Falle die Schöpfung
eines Deltas gelingt oder nicht
*) Otto Krümme 1 in den Göttingischen gelehrten Anzeigen rom 12.
Februar 1879. Stück 7. S. 223.
jLViiL Ueber den Bau der Ströme in ihrem mittteren
Laufe ^).
Wenn wir Tins das Bild eines Stromes ideal entwerfen, so denken
wir uns eine Hauptader, in die zur Linken und Rechten Seiten-
adem einmünden, die sich oberhalb wiederum verästeln und yerdünnen,
so dass das Ganze einige Aehnlichkeit erhält mit dem Stamme und
der blätterlosen Ejrone eines Baumes. In der Natur vertritt als das
vollkommenste Beispiel diese Art des Strombaues der Mississippi, der
vielleicht manchem schon als der r^ebechteste Wasserlauf der Erde
erschienen ist, wir wir ihn gern ersonnen haben möchten, wenn die
Schöpfimg in unser Belieben gestellt worden wäre. Bei schärferer
Betrachtung werden wir jedoch gewahren, dass das Entwässerungs-
system des Mississippigebietes zu den am meisten verwickelten gehört
Wenn wir die ein&chsten Erscheinungen des abrinnenden Wassers
bildlich betrachten wollen, so eignet sich dazu sehr schicklich die
Küstenstrecke d^ Staaten Georgia und Süd-Carolina. Ihre unzähligen
Wasserrinnen stehen senkrecht zu ihrem atlantischen Gestade. Einer
Mehrzahl dieser Gewässer fehlen alle ansehnlichen Nebenflüsse, und wo
solche Nebenflüsse vorhanden sind^ laufen sie längere Zeit parallel mit
der Hauptfiirche; auch findet ihre schliessliche Vereinigung stets unter
einem sehr spitzen Winkel statt Dieses Entwässerungsgemälde belehrt
uns über die entscheidenden Umstände in der Gliederung aUer Fluss-
läufe. Das abrinnende Wasser zeigt nämlich den grössten WiderwiDen,
sich mit einem nachbarlichen Entwässerungsgebiete zu vereinigen, und
wo eine solche Vereinigung wirklich in der Natur stattfindet, da ge-
schieht es stets unter Anwendung eines mechanischen Zwanges. Parallel
mit der Küste von Georgia und Süd-Carolina streichen im Innern des
Landes die Alleghany-Eetten, von denen dann als eine Art Glads jene
beiden Staatengebiete als Landflächen sich sanft nach dem Meere senken.
') AuB den „Neuen Problemen^ (3. Aofl. S. 141—149), zuerst veröffent-
licht am 30. October 1866.
XYIII. Ueber den Bau der Ströme in ihrem mittleren Laufe. 429
Denken wir uns den Bau dieser Länderstrecken in der höchsten mathe-
matischen Einfachheit, so erscheint er als ein dachförmiger Körper
(Fig. 73), auf dessen ^Abhänge alles Flüssige einen Weg senkrecht
nach dem Rande
einschlagen wird. ^^^- "^'
Ist die Abdachung .
allenthalben von /\ ^ y^ /^ j/'T^^^''^ Ä
gleicher Steilheit, // "^ "/ //r^ / 7/ //
so ist es eine // / ^ t^ f// Ir J/
mechanische Un- /'' jr^f^'^'^^^ /C^ ß'r J^ .^ J^
möglichkeit, dass /-' J y ^ rj^jf^ y ^
ii^end eine Ver- ^- — r f r^ r r — ^ — tL f
einigung zweier Schema ron Qnerströmen.
Binnsale stattfin-
den kann. Wenn man das Ein&che als das Normale ansieht, so finden
sich wenige Bäume unserer Festlande mit normaler gegliederten Fluss-
läufen als jene oben bezeichneten Gebiete der atlantischen Küsten
Nordamerika's.
Da es aber scheinen könnte, als ob das Auftreten paralleler Wasser-
rinnen eine Besonderheit der sogenannten Küstenflüsse sei, so fügen
wir noch ein anderes Bild aus einem deutschen Binnenlande hinzu,
auf dem sich die nämliche Erscheinung wiederholt (Fig. 74). Die
bayerische Hochebene zwischen Iller und Lech wird durch eine be-
trächtliche Anzahl von Gewässern charakterisirt, die sämmtlich in
beinahe senkrechter Richtung nach dem Spiegel der Donau eilen.
Ihre Thäler oder vielmehr die von ihnen ausgewaschenen Furchen
folgen von West nach Ost hart auf einander, und der Abstand der
einen von den anderen beträgt den zehnten und oft viel weniger als
den zehnten Theil des gesammten Laufes. Würden sich alle diese
Ergüsse zu einem gemeinsamen Strome vereinigen, so entstände eine
Wassermasse, welche an Fülle die Donau übertreffen und sie zu einem
Nebenflusse erniedrigen würde. Statt dessen sucht jedes dieser schwä-
bischen Gewässer sich bis zum letzten Augenblick gleichsam seine
Autonomie zu bewahren und sich lieber in den grösseren Strom zu
verlieren, als mit seinen ebenbürtigen Nachbarn ein Bündniss ein-
zugehen. Denn nur ein einziger bedeutender Fluss, die Wertach,
ergiebt sich nach langer Zögerung schliesslich dem Lech. Die Ver-
einigung erfolgt jedoch auch hier unter einem äusserst spitzen Winkel,
d. h. sie wird so lange wie möglich von dem geringeren Nebenfluss
hinausgeschoben. Zwischen Lech und Wertach floss ehemals noch ein
kleiner Bach, die Senkel, welche man noch auf den ftlr ihre Zeit
meisterhaften Karten des Philipp Biene witz (Apianus) aus der
480
Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ang^eben findet Der Senkelbach
verschwand in unserem Jahrhundert durch Menschenhand ^ indem er
weiter oberhalb in die Wertach hineingezogen wurde; sein Name hat
sich aber noch erhalten durch ^e Ableitung des W^ertachwassers in
den Lech, welche der allgemeinen Richtung nach dem ehemaligen
Senkelbette folgt Noch jetzt aber kann man deutlich die Uferbänke
der ehemaligen Senkel durch das Wertachthal sich schlängeln sehen.
Merkwürdig war aber an dieser ehemaligen hydrographischen Erschei-
Fig. 74.
EntwUmwi migssyitem der bayeriadieii HoehebMM.
nung, dass, obgleich Senkel und Wertach eine gemeinsame Erosions-
furche benutzten, dennodi der kleine Bach nicht in die geschwisterliche
Wertach, sondern in den Lech mündete. Da die bayerische Hochebene
ebenfiüls eine dachfbrmige Senkung von den Alpen nach der Donau
bildet , so drückt sich auch auf ihr wiederum deutlich der Widerwille
des Flüssigen gegen eine gemeinsame Vereinigung aus und lässt die
Nothwendigkeit eines mechanischen Zwanges fiihlbar werden, wenn
eine solche stattfinden soll.
XYIII. lieber den Bau der Ströme in ihrem mittleren Laufe. 431
#7^
Das Knie der Elbe zwüelien Wittenberg and
Magdeburg.
Die beste Einsicht in die Nothwendigkeit eines solchen Zwanges
gewährt uns die Gliederung der Wasserläufe im obersächsischen Tief-
lande (Fig. 75). Die Elbe, die Mulde und die Saale fliessen in geringen
Abständen von einander in parallelen Rinnsalen nach Nordnordwest.
Blieben alle drei Gewässer ihrer
Richtung treu, so würde jedes Fig. 75.
von ihnen die Ostsee erreichen.
Statt dessen entschliesst sich die
Elbe plötzlich, nach Westen
umzuwenden, um den ersten
und hierauf auch den zweiten
ihrer Nachbarflüsse ge&ngen zu
nehmen, worauf sie nach Norden
schwenkt und zuletzt wieder ihre
an&ngliche nordwestliche Rich-
tung gewinnt Da nun selbst-
verständlich die Elbe nicht ihren
beiden ' Nebenflüssen zulieb bei
Magdeburg jenes Knie bildet,
so kann sie zu dieser Krüm-
mung nur durch eine Boden-
anschwellung genöthigt werden, die wir auf gewöhnlichen Karten in
der R^el nicht angedeutet finden, die sich dagegen auf Höhenschichten-
bildem ab eine Erhöhung von über 160 Metern geltend macht und
den Namen Fläming fährt Die kurze Strecke, auf welcher die
Elbe längs den Rändern dieses Landrückens gegen Westen fliesst,
verschaffk ihr sogleich den Zuwachs zweier so ansehnlichen Wasser-
massen, wie die Mulde und Saale ihr zuführen. Wäre diese kleine
Strecke nicht vorhanden, so würde die Elbe von dem Punkte an, wo
sie das sächsische Erzgebirge durchbricht, den Charakter eines Küsten-
flusses oder, wie wir nun sagen wollen, eines Querstromes sich
rein bewahren.
Hier stehen wir nämlich dicht vor der Erkenntniss, dass wesent-
liche Unterschiede die Ströme in zwei Gattungen zu trennen erlauben.
Die einen, nämlich die Querströme, fliessen stets vom Innern der
Wölbung einer trockenen Erdfeste mehr oder weniger senkrecht und
auf dem kürzesten Wege nach der Küste; die anderen, welche wir
Längenströme nennen, fliessen parallel mit der grossen Axe con-
tinentaler Erhebungen. Beide Benennungen sind leicht verständlich,
da sie den bereits geläufigen Ausdrücken Quer- und Längenthäler nach-
gebildet worden sind. Bei den Längenströmen kann wieder ein dop-
pelter Fall eintreten. Wenn nämlich in dem einen wie in dem anderen
432
Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der £rde.
die Sohle des Haaptstromes der Längenricbtaiig einer gegebenen Länder-
masse folgt, so tritt der erste Fall dann ein, wenn ihm ausschliesslich
oder vorzugsweise nur an einem seiner Ufer Nebengewässer zuströmen^
die örtlich den Charakter von Querflüssen besitzen. Dies war der Fall
auf der kurzen Strecke der Mbe im obersftchsischen Tieflande. Dies
ist im allgemeinen, wenn auch nicht so rein, das Verhältniss der Donau
und ihrer Nebenflüsse auf der bayerischen Hochebene. Wenn wir uns
den Bau eines solchen Stromgebietes durch ein&che mathematisdie
Körper vergegenwürtigen wollen, so erhalten wir flir die Nebenflüsse
wiederum eine dachförmige Böschung, die sich zu der sanfler geneigten
Hauptsohle herabsenkt, während wir an dem Ufer, wo die Nebenflüsse
fehlen, stets iigend eine Bodaii-
Fig. 76.
Ein L&Qgenitrom mit NebenllfiawB auf eineni Ufer >).
liehe Wasserläufe bereichert wird.
erhebung aufiSnden oder wenigstens
▼ermuthen müssen (Fig. 76). Ganz
gleichgiltig ist es, ob diese Höhen-
leiste des Ufers ein TerraaBenab-
Sturz oder ein Kettengebiige oder
eine formlose Bodenanschwellung
wie der Fläming ist; es genügt
vollständig, ist aber durchaus nn-
erlässlich, dass sie eine Wasser-
scheide bilde. Fast kein grösserer
Strom bewahrt den angegeben^i
Charakter auf der ganzen Daaer
seines Laufes ; am ränsten geschidit
dies von dem Orinooo auf der
Strecke von San Fernando de
Atabapo bis zur Mündung des
Apure, wo dem linken Ufer des
Stromes mehr als ein Dutzend
sehr ansehnlicher paralleler Ge-
wässer aus Westen zuströmen,
während er auf dem rechten oder
ösdichen Ufer nur durch schwäch-
Dies^ durch seinen verwickelten
Strombaa so ausserordentlich merkwürdige Fluss umgeht in einem
^) Nicht unbeabsichtigt münden auf dem idealen Bilde die NebenflOsse
unter einem spitzen Winkel; denn auf wenig geneigtem Gebiete wird jeder
Nebenfluss, der ursprünglich rechtwinklig in den Haoptstrom sich ergoss, seine
Mundung mehr und mehr stromabwärts schieben, eben weil der Hauptstrom
seine Wassermasse umbiegt und ihn nöthigt, theik an dem einen Ufer xu
nagen, theils am anderen im Winkel, wo der Znsammenstoss stattfindet, seine
schwebenden Bestandtheile fallen zu lassen (Tgl. S. 393 ff.\
XVIII. Ueber den Bau der Ströme in ihrem mittleren Laufe. 433
Bogen, hart an den Abhängen dahinfliessend, jene Bodenanschwellung
Guayana's, die unsere Karten die Sierra Parime nennen. Am häufigsten
findet sich die eben geschilderte Art des Strombaues in denjenigen
Fällen, wo ein Fluss gegen die Abhänge eines anderen Gebirges ge-
drängt wird, wie die Donau von der Erhebung der Alpen gegen den
Bayerischen Wald, wie der Rhone von den Alpen zuerst gegen den
Jura, dann in seinem weiteren Laufe gegen die Lyonnaiserketten und
an die Sevennen gedrückt, ^svie ebenfalls der Orinoco von den Anden
hinweg in die Nähe der Sierra Parime geschoben wird. Ja, selbst
vom Mississippi kann man behaupten, dass ihn die Felsengebirge zu
einer Annäherung an die Alleghanies genöthigt haben, gerade so wie
der Ganges vom Himalaya gegen die Ränder des dekhanischen Hoch-
landes oder der Po von den Alpen gegen den Apennin geworfen wird.
In allen diesen Fällen scheint sich als gesetzmässig zu wiederholen,
dass das später aufgestiegene Gebirge oder die jüngere Erhebung die
Gewässer nach den älteren Gebirgen verdrängt. Doch bedarf es, ehe
wir dieses Gesetz fiir gemeingiltig erklären dürfen, einer grösseren
Anzahl von Beispielen, als wir anführen konnten. Die Alpen sind
aUerdings später aufgestiegen als der Bayerische Wald oder der Jura
oder die Meridiangebirge Südfi'ankreich's oder der Apennin. Der
Himalaya erhob sich erst in den tertiären Zeiten; die Felsengebirge
und die Cordilleren Nordamerika's sind ebenfalls tertiären Ursprungs,
also jüngere Erhebungen als die Alleghanies, welche dem zweiten
grossen Zeitabschnitte der Geologie angehören. Wenn wir dagegen
auch wissen, dass die Anden eine tertiäre Erhebung sind , so fehlt uns
doch bis jetzt eine genauere Kunde über das Erhebungsalter der Sierra
Parime. Man könnte in allen diesen Fällen auch aussprechen, dass es
die höheren Gebirge sind, welche die Thalsohlen der Ströme an den
Rand der niederen Erhebungen verlegen. In der Natur kommt aber
beides auf eins hinaus; denn die jtlngsten Gebirge im alten wie im
neuen Festlande pflegen auch die höchsten zu sein, nicht etwa bloss
weil die geologischen Kräfte der tertiären Vergangenheit mit grösserer
Gewalt sich regten, sondern auch weil die fiiiher erhobenen Gebirge
länger den zerstörenden Einflüssen imseres Luftkreises ausgesetzt waren
und ihre höchsten Gipfel und Kämme bereits in die Ebene abgetragen
wurden. Bei einigem Nachdenken wird man sich auch eingestehen
müssen, dass in den meisten Fällen jede neue Erhebung eines Gebirges
auch ein neues Entwässerungssystem schaffen musste, weil vom Ab-
hänge jedes Gebirges eine dachförmige Böschung bis zu den nächsten
wasserscheidenden Höhen sich hinabsenken wird, sei es nun, dass mit
dem Gebh-ge zugleich längs seiner Flanken die Erdrinde an der
Peschel-Leipoldt, Phys. Erdkande. II. 2S
thülle der Erde.
■ümisi-
Mjin-Ii w«mi mitng der neuen
wurde,
i^.ein, wemi sich nicht nur
ichtimg nach dem Meere
{tsph zu bdden Seiten schiefe
__.Öi.f«r von QuerflUssea nach
Sl^fli 'jSf^^tSf^jy ^i^ beifolgende Figur in
_ iJ^H '^HtQljlJl^ (Fig. 77). Dieser Fall
■itÄAs^« Durch ^e solche drei-
ntstehen jene Biesenströme
izonas und der La PUta.
gfflifliS'ig
mmW
ini-
ten die Felsoigebirge und
ig nach B^ner Mündung
_ t^ dem — &st möchte man
iggn^il^^tljlaüschen FesUandes. Wenn
__ __ -^P*^ «nen Querschnitt nacli
^^^M^^^^^*^^a^|l>^l^ erinnern, dasa alle solche
"^ " '■ ■eSS'"ö'™ senkrechten und den
XVIII. Ueber den Bau der Ströme in ihrem mittleren Laufe. 435
horizontalen Grössen entstellen und den ungewamten Leser zu irrigen
Vorstellungen verleiten müssen, vor welchen man sieh nicht genug
hüten kann. Selbst wenn man sich den wahren Naturverhältnissen
auf dem betreffenden Stück eines Erdbogens zu nähern trachtet,
wie wir es in der beigegebenen Abbildung (Fig. 79) versuchen, so
Fig. 79.
Das vorige Querprofil aaf em«m Erdbogenst&ck.
Die senkrechten Abstände sind noch immer zehnmal grösser als in der Natnr.
•
bleibt selbst dann noch eine Uebertreibung übrig, und wir vermögen
nichts anderes zu liefern als eine etwas gemilderte hypsometrische
Caricatur.
Selten eignet sich der eine oder andere Fluss dazu, um als Muster
iigend einer der drei Classen zu gelten. Mehr oder weniger wird ein
jeder dem Typus untreu, dem wir ihn beizählen möchten; denn strecken-
weise ändert fast jeder Strom in seinem Laufe seinen anfängUchen
oder durchschnittlichen Charakter: aus einem Querfluss wird ein Längen-
strom imd umgekehrt; doch lassen sich im Grossen die meisten Ströme
der einen oder der anderen Ordnung anreihen, wie beispielsweise in
Vorderindien der Indus zu den Quer-, der Ganges zu den Längen-
strömen gezählt werden darf. Den Querströmen ist es eigenthümlich,
dass sie in ihrem unteren Laufe keine grossen Nebenflüsse mehr
emp&ngen. Wir denken dabei nicht an den Nil, den unterhalb der
Atbaramündung kein Gewässer mehr bereichert; denn sein dortiger
Lauf fidlt bereits in die Zone der austrocknenden Passatwinde, die
überhaupt die Bildung von Gewässern nicht aufkommen lassen. Die
grösseren Ströme Sibirien's dagegen erfüllen viel besser die angegebene
Bedingung, da sich zwischen ihrem unteren Laufe eine Menge Flüsse
geringeren Ranges entwickeln, die aber alle selbstständig ihren Weg
nach dem Meere einschlagen. Europa's Flüsse sind meistens Quer-
ströme; denn abgesehen vom Po und den hispanischen Gewässern
besitzen wir einen einzigen grösseren Längenstrom, nämlich die Donau,
während die Neue Welt auf ihrem südlichen wie auf ihrem nördlichen
Festlande nur von Längenströmen mit einseitigen oder doppelten Ufer-
böschungen durchfurcht wird. Es eigiebt sich aus dem Gesagten von
selbst, dass unter gleichen Verhältnissen die Längenströme nicht nur
emen grösseren Lauf besitzen, sondern auch wasserreicher sein werden
als die Querströme.
2S*
436 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Die von uns vorgeschlagene EintheQung der Gewässer würde fiir
die Wissenschaft ein nutzloser Ballast sein, wenn nicht die Ströme in
den Gang der menschlichen Gesittung erfolgreich eingegriffen hätten;
denn nächst den Gliederungen der Küsten haben sie das Meiste zum
Aufschliessen der ^Continente beigetragen , und alles, was die Qrts-
bewegung auf den Planetenräumen begünstigt, hat auch die Herr-
schaft unseres Geschlechtes über die Natur gefördert Die Bewohner
Australien's und Afrika's sind nicht bloss wegen der vernachlässigten
Gliederung dieser Welttheile, sondern auch wegen des Mangels an
grösseren Strömen auf den niedrigsten Stufen der Elntwicklung ge-
blieben. Wenn man den Nil, den Niger und den Zambesi zusammen-
ßisst, so würde ihre Vereinigung nicht hinreichen, einen Strom von der
Fülle des Amazonas zu schaffen, dessen Flussgebiet doch kaum den
vierten Theil des Flächeninhalts von Afiika ausfiillt Wir bemerken
auch, dass, abgesehen von den mittelländischen Gestaden, in Afrika
die einzige B^ung nach höherer Gesittung im Nilthale sich entwickelte,
wie in neuerer Zeit wiederum unter den Negern des Sudan höhere
Gesellschaftsformen am oder in der Nähe des Niger sich ent<eten.
In unserer Gegenwart sind die grossen Entdecker in das Innere des
geheimnissvollen Festlandes nur vorgedrungen, indem sie ihre Schritte
nach den grossen Wasseradern lenkten oder ihnen folgten. Auch daran
gewahren wir, dass der Mangel von Küstenentwicklung und namentlieh
von einspringenden Golfen nur durch die grossen Ströme einigermassen
ersetzt werden kann, w^che der menschlichen Gesittung den Zutritt
in das Innere grosser Ländermassen erleichtem. Wie bevorzugt er-
scheint nicht in diesem Sinne Amerika! Der Amazonas wird jetzt bis
nach Peru und fast bis zu den ersten Abstürzen der Anden be&hren;
auf dem La Plata, d. h. auf dem Paran4 und Paraguay, gingen die
Dampfer vor dem Ausbruch des letzten Krieges bis nach Cuyaba tief
in's Innere Brasilien's. Wenn die menschliche G^ittung durch die
Vereinigung einer zahlreichen und dichten Bevölkerung auf einem ge-
räumigen und geographisch geschlossenen Gebiete zu noch ungeahnten
Stufen sich erheben soll , so ist von allen Bäumen der Erde das Mis-
sissippibecken dazu auserlesen.
Erst dann befördern aber die Ströme lebhafter die Fortschritte in
der Gesittung, wenn die anwohnenden Völker bereits eine höhere
Culturreife sich angeeignet haben. In Amerika haben der Mississippi,
der Amazonas, der Orinoco und die La-Plata-Ströme wenig oder gar
nicht den Au&chwung der rothen Bace begünstigt Abgesehen von
den räthselhaften Stämmen, deren einzige Hinterlassenschaft unter den
Schutthügeln am Ohio geftmden wird, standen in Amerika die Heerde
menschlicher Cultur fem von grossen Flüssen auf einer Hochebene in
XVIII. üeber den Bau der Ströme in ihrem mittleren Laufe. 437
Mexico, auf einer flachen Halbinsel in Yucatan, zwischen den Anden-
ketten in Quito und Peru, und nur eine einzige entwickeltere Gesell-
schaft, die der Chibcha Cundinamarca's, ftlhrt uns an den Magdalenen-
strom. Jägerstämmen dienen Fltlsse nur als Fisch wasser, und eine
schmale Wasserrinne leistet ihnen dann die nämlichen, ja bequemeren
Dienste als die grossen Entwässerungsadem der Festlande. Innerhalb
der regenarmen Gürtel oder der Gürtel mit abgeschlossenen Regenzeiten
werden ackerbautreibende Gesellschaften fest an die Ufer der Ströme
gezogen, deren Wasser sie in Fäden zum Benetzen und Befruchten
über ihre Fluren vertheilen. So erwuchs am Nil ein pyramidenbauen-
des, Laute und Sylben mit BUdem schreibendes Volk. So ernährte
der Euphrat, in unzählige Gräben über die fi>uchtbare mesopotamische
Erde verbreitet, die ältesten Beobachter des gestirnten Himmels. Die
Culturreife eines Volkes muss schon so weit fortgeschritten sein wie
die chinesische, wenn den Flüssen neben der Benetzung des Acker-
landes auch das Tragen und Bewegen der Lasten, mit anderen Worten,
die höhere Verrichtung von Verkehrsmitteln zugemuthet wird.
In der Culturgeschichte haben die Querströme eine andere Rolle
gespielt als die Längenströme. Die ersteren nämlich sind auf den
niederen Stufen der Entwicklung ethnographische GrenzUnien geworden.
So schied der Tiber, wenn auch nicht ganz scharf, Etrusker und
Römer ^), der Rhein' noch zu Cäsar's und Tadtus' Zeiten Germanen
und Gallier, die Eider Deutsche und Dänen; ja, selbst noch heutigen
Tages trennt der Lech den schwäbischen vom bayerischen Volksstamm,
soweit sich die Unterschiede in Tracht und Mundart erhalten haben ^).
Der Sensal war, soweit die Geschichte rückwärts reicht, die Völker-
schranke zwischen Berbern und Negern. Längenströme dagegen haben
viel seltener diese Macht ausgeübt.
') Mommsen, Römische Geschichte. Bd. I, S. 114.
*) Der Lech bildet auch eine merkwürdige Grenze für eine beträchtliche
Anzahl von Gewächsen (Bavaria. Bd. I, S. US). Auch Thiergattungen sind
sehr häutig an den entgegengesetzten Ufern durch nahestehende, aber
doch hinlänglich geschiedene Arten vertreten, wie Moriz Wagner (Das
Migrationsgesetz der Organismen. S. 5) nachgewiesen hat.
XE8:. Die Thalbildungen').
Lässt es sich nachweisen, dass Thalbildungem den Entwicklungsgang
der menschlichen Gesellschaften und die räumliche Ausbreitung der
Gesittung b^ünstigt haben , so muss in uns der Trieb erwachen, den
Naturkräfken nachzuspüren, welchen wir die Erschliessung solcher Th&Ier
verdanken. Da nun ausserhalb der Passatzonen ein stehendes oder
ein fliessendes Wasser üüst keiner Vertiefong des Erdbodens fehlt, so
denken wir auch zunächst daran, dass das Wasser zum Werkzeug der
Ausfurchung gedient haben müsse. Bei Eüstenflüssen oder Querströmen
von kurzem Lauf mit massigem Geßkll auf einer geneigten Ebene war
der Hej^ang ein sehr ein&^er. Wir dürfen und vorstellen, dass der
Fluss dort geboren wurde, wo wir noch jetzt seine Quellen finden,
und dass sein Lauf abwärts immer länger und länger wurde, je weiter
die Küste und mit der Küste seine Mündung in das Meer hinaus-
rückte, sei es durch Anschwenmiung jungen Landes längs dem Gestade,
sei es durch seculäre Hebung der Wasserscheide sammt dem Flusse.
Die Bildung solcher Thalrinnen erscheint so einfach, dass sie nicht
lange unser Nachdenken zu fesseln vermag; aber die Untersuchung
enthält alle Beize des G^eimnissvollen, wenn wir an die Frage heran-
treten, wie es einem Strome gleich unserer Donau, die selbst bei
Donaueschingen, nahe ihrer QueDe, nur 690 Meter Meereshöhe besitzt
und die sich bei Donauwörth auf der bayerischen Hodiebene bereits
zu 404 Meter herabgesenkt hat, gelingen konnte, quer ihr entgegen-
tretende Gebirge zu durchbrechen und sich nach wiederholtem Wechsel
ihrer Bichtung einen W^ bis in's Schwarze Meer zu erzwingen. Wer
ein wenig über die Lösung eines so schwierigen Bäthsels nachgedacht
') In diesem den „Neuen Prohlemen*' (3. Aufl. S. 150—164) entlehnten Ab-
schnitte erfuhren namentlich die Stellen, welche von der Entstehung des £lb-
thales unterhalb Tetschen, des Rheinthaies unterhalb Bingen, sowie des Brenner-
passes handeln, eine den neueren Ergebnissen der geologischen Forschung
entsprechende Umarbeitung.
XIX. Die Thalbildungen. 439
hat, der wird begreifen, dass bis auf den heutigen Tag noch zwei sich
ausscbliessende Ansichten ihre Vertreter finden , nämlich einmal, dass
alle Thalbildungen nichts anderes sind als ausgewaschene Binnen oder
Becken der Flüsse und dann wiederum, dass alle grösseren Thäler
zugleich mit der Hebung von Gebirgen oder den Anschwellungen der
Erdoberfläche bereits gegeben waren. Mit anderen Worten: die einen
nehmen an, dass die Flüsse älter als die Thäler, die anderen, dass die
Thäler älter waren als die Flüsse.
Stellen wir uns vor, dass Gebirge oder Landrücken am Bande
eines Festlandes langsam gehoben werden, so würden sich bei reich-
lichen Niederschlägen an ihren Abhängen Gewässer entwickeln und
nach dem nächsten tieferen Niveau streben. Begegnen sie unterwegs
einer spalten-, mulden- oder beckenförmigen Einsenkung, so werden
sie dieses Ge&ss auszufiülen suchen, bis der Spiegel des neugebildeten
Sees irgendwo die niedrigste Stelle des Bandes erreicht hat, über
welche die nachströmende Wassermasse abfliessen kann. Mit der Zeit
wird aber der durchziehende Strom von seinem oberen Laufe soviel
Geröll und Schutt in das Becken hineintragen, bis dieses so hoch zu-
geschüttet worden ist, als einst der Spiegel des Sees reichte. In der
That, wenn wir manche Gebirgsthäler betrachten, deren Boden so glatt
ausgespannt ist wie ein Billardtuch, so können wir uns der Vermuthung
nicht erwehren, als schritten wir über das gleichmässig ausgeschüttete
Becken eines ehemaligen Süsswassersees. Ehe aber eine solche Ver-
schüttung völlig gelungen ist, kann es sich zutragen, dass der Abfluss
eines Sees sein Bett so rasch austieft, dass er den See selbst gänzlich
oder theilweise trockenlegt Da alle WasserfWe bekanntlich rückwärts
nach dem Ursprung ihrer Gewässer zu sphreiten trachten, so könnte
auch in femer Zeit der Rhein von SchafFhausen bis zum Bodensee
seine Furche so beträchtUch vertiefen, dass das Schwäbische Meer
gänzlich oder wenigstens grossentheils trockengelegt würde. Schreitet
in gleicher Art der Fall des Niagara beständig zurück, so muss er
zuletzt den Erie-See erreichen und dessen Spiegel ziemlich bis zu dem
tiefer liegenden Ontario-See herabgedrückt werden. So hat die Aar
eine geringe Strecke oberhalb Meiringen eine Felsenschwelle, die ehe-
mals ihre Wasser wie ein Mühlendanmi anspannte, durchschnitten
(sogenannte finstere Schlauche) und durch diesen Spalt einen Gebirgssee
trocken gelegt. Im lockeren Erdreich wird bei starkem GefeU jeder
Fluss ausserordentlich rasch sein Bett vertiefen, und wir haben kein
Recht, uns zu verwundem, dass Erscheinungen wie die Wasserstürze
grosser Ströme verhältnissmässig so selten sind; denn die Geognosie
belehrt uns, dass Stromschnellen und Wasser&lle dauemd nur dort
erhalten werden, wo ein felsiges Bett der Auswaschung mit Erfolg
440 Dritter Theil. Die Wasser- uud Lufthülle der Erde.
Widerstand zu leisten vermag. Die Fährlichkdten des Bingerlocbs
entspringen aus dem Hervorragen fester, quarziger Taunusschiefer; die
Stromschnellen der Elbe zwischen Lobositz und Pirna werden durch
Basalt, Phonohth oder besonders feste Sandsteinschichten bedingt, wie
der Rhein bei Schaffhausen von einer festen Jurakalkmasse herab-
stürzt^). Der Niagara, von dem Sir Charles Lyell annimmt, dass
er jährlich Vs Meter zurückschreite ^), würde vielleicht, da er sich vber
eine Ealksteintafel ergiesst, keine merkliche Erosion bewirken, wenn
nicht auf den untersten 26 Metern seines Falles nachgiebiger Schiefer-
thon durch die mechanische Gewalt der herabstürzenden Wasser-
massen der Kalksteinplatte unter den Füssen weggezogen würde ^)
(Fig. 80). Wenn wir uns jetzt die Hudsonsbaygebiete betrachlen, so ge-
währen sie uns durch ihre reiche Belebung mit Seen und durchströmenden
Fig. SO.
Nord Soll
OnUrio-S«e Lewiston and Qne^nstowo Niagarafall Erie-S^
I
1
Die Kiai^arafälle.
» Sandsteio. t Mergel und Schieferthoiu <r sUurischer Kalk.
Flüssen den Anblick lauter halbfertiger Stromsysteme. Der dortigen
Flüsse harrt noch vieltausendjährige Arbeit, bis sie alle jene Becken
durch Alluvionsmassen entweder zugeschüttet oder durch Vertiefung
ihrer Betten trocken gelegt haben werden. Wenn wir dann hören,
dass ein so beträchtlicher «Strom wie der Thlewee-choh oder Back's
Grosser Fischfluss, abgesehen davon, dass er durch eine Mehrzahl von
Seen hindurchzieht, stufenweise in 83 Sprüngen und Stromschnellen
bis zu seiner Mündung im amerikanischen Polarmeer herabsetzen muss,
so werden wir daraus schliessen, dass es entweder noch ein sehr Jugend-
Uches Gewässer sei oder, vielleicht richtiger, dass er meistens über
kiystallinische Felsarten oder über andere feste Gesteine ströme.
Doch stehen wir nicht am Beginn unserer Untersuchungen schon
bei der Lösung des RäthseLs? Die Becken der Süsswasserseen wird
doch niemand sich durch Auswaschung entstanden denken; denn die
Erosion eines Flusses steht still, sobald er eine mit Wasser gefällte
*) B. V. Cotta, Geologie der Gegenwart. S. 405.
') Nach dem Berichte Gardner's von der New- Yorker StaatsTermessong
sind die Niagarafälle von 1S42 his IST 9 über 30 Meter, also jährlich mehr als
•,4 Meter zurückgewichen.
•) Dana, Manual of Geology. p. 591.
XIX. Die Thalbildungen. 441
Depression des Bodens erreicht hat. Deri Vierwaldstätter See ist doch
nicht von der Reuss, der Brienzer und Thuner See nicht von der Aar,
der Genfer See nicht von dem Rhone, der Bodensee nicht von dem
Rhein, der Langen- und Comer-See nicht vom Tessin und von der
Adda, die zahllosen Seen Canada's und der Httdsonsbaygebiete gewiss
nicht von den Strömen ausgefurcht worden , die wir sie jetzt durch-
strömen sehen, zumal nicht wenige von ihnen an ihren tiefsten Stellen
noch unter den Meeresspiegel hinabreicheil. Wir gewahren vielmehr,
dass die Flüsse vorhandene Seen nur benutzen, um auf gewissen Strecken
bequemer ihren Pfad fortzusetzen imd si<^h die Mühe einer .Ausfeilung
ihrer Betten zu sparen. Die Flüsse, welche wir noch immer durch
Seen strömen sehen, dürfen wir um so weniger als die Schöpfer der
Süsswasserbecken betrachten, als sie im Gegentheil fast alle mit mehr
oder weniger Erfolg an ihrer Einmündung sie mit Schutt auszufüllen
drohen, gleichsam als wollten sie för spätere Zeiten die Spuren einer
früher vorhandenen Bodensenkung und das Andenken an die geleisteten
Dienste verwischen. •
Niemand wird auch etwas dagegen einwenden, dass man Boden-
senkungen, wenn sie nicht geradezu eine Trichterform besitzen, sondern
sich bei ihnen eine grössere von einer kleineren Axe unterscheiden
lässt, Thäler nenne. Jedes Becken eines Landsees kann in diesem
Sinne als ein überschwemmtes Thal betrachtet werden. Nun giebt es
aber eine Fülle von Landseen ohne Abfluss, bei denen jede Berechtigung
aufhört, ihre Aushöhlung einem fliessenden Wasser zuzuschreiben. So
haben die neueren geologischen Untersuchungen des Schichtenbaues
längs der grossen Einsenkung Palästina's , zu welcher nicht bloss der
See Tiberias, der Jordan und das Todte Meer gehören, sondern
als deren Verlängerung auch der Gk>lf von Akabah angesehen werden
muss und deren Sohle grösstentheils beträchtlich unter dem Spiegel
des Mittelmeeres eingesunken ist, uns vollständig beruhigt, dass sie
nicht durch Auswaschung, sondern durch Verwerfung von Schichten
entstanden sei, so dass wir hier ein weiteres Beispiel kennen lernen,
dass ein Thal älter war als die Meteorwasser, die sich jetzt in seiner
Rinne sammeln und bewegen (vgl. hierzu S. 325).
Kein Raum der Erde ist durch die Häufigkeit der stehenden
Wasser ausgezeichneter als die Granitplatte Finnland's, deren Ober-
fläche zum neunten Theil, nämlich von 6883 geographischen Quadrat-
meilen auf 761 Quadratmeilen, mit Tausenden von Seen bedeckt ist. Die
meisten dieser Becken, namentlich die im Kern des Landes gelegenen,
sind geschlossene ISnsenkimgen ohne jeden Abfluss. Jene zierlichen,
um nicht zu sagen eleganten Wassei^ißbsse, wie sie auf einer gelun-
genen Höhenschichtenkarte in Fetermann's Mittheilungen (1859,
442
Dritter Theil. Die Wasser- and LnfithfiUe der Erde.
Tafel V) uns entgegentreten , lassen uns an ihren einzelnen Gliedern
deutlieh ein paralleles Streichen von Südsüdost nach Nordnordwest wahr-
nehmen. Bei den mdsten dieser Becken steht die Verdampfung an
der Oberfläche mit der Ernährung durch zuströmende Meteorwasser
im Gleichgewicht, so ^ass ein Auffüllen bis zum Ueberlaufen nic^t
stattfindet und auch keine Verbindung zwischen den einzelnen Becken
in Aussicht steht, wie etwa der Niagara durdh seinen Canal den Erie-
mit dem Ontario-See in ein gleiches Niveau zu setzen droht. Betrachten
wir nun eines dieser Becken (Fig. 81), welches einen Abfluss in den
Bottnischen Meerbusen besitzt, den Kümo imd Kyros Joki, so entdecken
wir mit stiller Freude, dass der Bau dieser Seengruppe vollständig
einem künftigen Flussgebiete mit Seitengewässem gleicht Beständen
die Wände dieser hydrographischen Ge&sse nicht aus Granit, sondern
aus schwächeren
^'^- ^ ' • Gesteinen oder
lockerem Schutt,
so würde der Ab-
fluss längst schon
sein Bett so weit
vertieft haben, um
die Sohlen der
Seen trocken zu
l^en. Wir wür-
den dann statt
einer Kette von
schmalen Weihern
ein Flussgebiet
vor uns haben,
welches sich von
anderen Flussge-
bieten nicht unter-
schiede, und wir
wären nicht mehr vor der Mystification gesichert, jene Thäler ftir
Sculpturen des fliessenden Wassers anzusehen. Dieser Fall aus der
Embryologie der Flüsse, wenn man sich so ausdrücken dar£^ liefert
abermals einen Beweis, dass bisweilen die Thäler älter sän können
als die Flüsse.
Femer giebt es eine ganze CSasse von Thälem, die sich von dem
Verdachte reinigen lassen, als seien sie von den Flüssen ausgewaschen
worden, welche jetzt in ihren Binnen strömen. Ganz deutlich zeigt
nämlich eine Anzahl von Gebirgen an ihrem Sduchtenbau, dass sie
durch eine Hunzelung oder Faltung der Erdoberfläche entstanden sind.
Der Kamo und Kyros Joki Finnland's mit der Mfindung in den
Bottnischen Meerbnwn.
XIX. Die Thalbildungen. 443
wie der Jura, die Alleghanies und, wie es scheint, der Atlas in Marocco.
Dort entstehen Thäler theils durch eine muldenartige Umbiegung der
Schichten (synklinale Thäler), theils durch Au&prengung der Boden-
<e längs ihrem Kamme (antiklinale Thäler, vgl. Fig. 89 in Bd. I,
S. 546). In allen diesen Fällen ist es erweislich, dass die Meteor-
wasser nichts mit dem Ursprung der Thäler zu schaffen hatten. Auch
sind wohl die meisten Geographen und Geologen geneigt, den Ursprung
der sogenannten Längenthäler erster Ordnung, d. h. solcher, die parallel
streichen mit der Erhebungsaxe von Gebirgen, nicht der Ausfiirchung
von Flüssen zuzuschreiben; um so hartnäckiger bestehen einzelne darauf,
wenigstens den Querthälem, also solchen, die senkrecht zu den Er-
hebungsaxen stehen, einen derartigen Ursprung zu retten.
Glücklicher Weise giebt es aber auch eine Mehrzahl von Quer-
thälem, bei denen sich schon jetzt nachweisen lässt, dass sie älter waren
als die Flüsse, welche sie gegenwärtig als ihre Betten benützen. Be-
trachten wir das Gemälde dreier Querthäler in den Alleghanies (Fig 82),
die vom Delaware, Susquehanna und Potomac durchströmt werden.
Jeder von ihnen durchbricht vier oder fiinf parallel geordnete Gebirgs-
ketten. Wollte man alle diese Thäler zu Erosionsschöpfungen erniedrigen,
so müsste man sich vorstellen, dass die im Länderbilde dargestellten
Höhenkämme Abstürze von Terrassen gewesen seien, auf deren höchster
der Fluss seinen Ursprung nahm, um das Querthal zuerst einzuschneiden,
worauf seinen Nebengewässem die Arbeit zufiel, auf jeder Terrasse
wiederum die Längenthäler auszutiefen. Die Möglichkeit eines solchen
Vorganges wird allerdings von der Darstellung auf der Landkarte nicht
ausgeschlossen. Die Eenntniss der Höhenverhältnisse bereitet indessen
einer solchen Erklärung bedeutende Schwierigkeiten. Die höchsten
Ketten nämlich^ die sogenannten Blue Mountains, sind diejenigen, welche
der Fluss zuletzt durchbricht, also die unterste der Terrassenstufen.
Auch liegen die Quellen der drei Flüsse auf dem pennsylvanischen
Tafellande, welches nur 300, 450 — 600 Meter absolute Erhebung besitzt,
während die Kämme der vorliegenden Parallelketten da, wo die Durch-
brüche erfolgen, zum Theil viel höher sind. So besitzen z. B. die
Quellen des Delaware am Fusse der Gatskill-Gebirge nur 500 Meter
absolute Erhebung, während beim Watergap, wo der Fluss eine der
mittleren Ketten durchbricht, zu seinen beiden Seiten die Wände seiner
Schlucht gleichfaUs zu 500 Meter Höhe über den Delawarespiegel
emporsteigen, während zu dieser relativen Erhebung noch das beträcht-
liche Gefkll des Wassers zwischen dem Watergap und der See hinzu-
gezählt werden muss. Obendrein wissen wir noch, dass die Parallel-
ketten der Alleghanies keine Stufen von Terrassen sind oder gewesen
sein können; denn alle Ihre Schichten sind stark gefaltet, und, vrie
444
Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Dana nachgewiesen hat, laufen dieAxen der Falten parallel mit den
Eammaxen der heutigen Gebirge; la die Boden<ongen erscheinen,
Fig. 82.
Qnertbäler in den Allegknniee.
wie beifolgender Querschnitt (Fig. 83) zeigt, weit stärker aufgerichtet und
zum Theil überhangend in der Nähe der Küste als weiter landeinwärts,
wo sie sich zu massigen Wellenbewegungen besänftigen.
Fig. 83.
NW
SO
Idealer Qneraclinitt der SduehtenfmUnngen in den Alleghanieä.
Dass Flüsse, die auf niederem Niveau entspringen , sehr hohe
Gebirge durchsetzen, ist überhaupt keine seltene Elrschdnung. Mehrere
Fälle dieser Art treffen wir auf der Craspe-HalbioBeL welche den Süd-
XIX. Die Thalbildungen. 445
rand des Laurentiusgolfes in Amerika bildet. Bei einer mittleren Er-
hebung von 450 Metern richten sich ihre Ränder im Abstand von 6 — 12
englischen Meilen ( 1 ,3 — 2,6 geographische Meilen) vom Laurentiusstrom
zu dem Schickschockgebirge mit Gipfelhöhen von 900 — 1200 Metern
auf. Dieser Höhenrand wird von den Flussthälem Ste. Anne des
Monts, Chatte und Matanne bis auf 150 — 180 Meter absolute Erhebung
zerspalten. Alle diese Flüsse entspringen südlich von ihren Durch-
brüchen auf sehr geringen Meereshöhen ; ja , einer der Nebenarme der
Matanne hat seine Quelle sogar nördlich von dem Gebirge auf einer
niederen Bodenerhebung, so dass er zuerst den Höhenrand nach Süden
zu in einer Schlucht und später zum zweiten Male durch seine Rück-
kehr gegen Norden durchbrechen muss*).
Es mangelt auch in Europa nicht an Beispielen, dass Gebirge und
Bodenerhebungen von Flüssen durchschnitten werden, die oberhalb ge-
räumige Gebiete von weit tieferem Niveau durchfliessen als die Gebirgs-
kämme.
Vor der Strecke zwischen Pressburg und Ofen (s. Fig. 84) durch-
strömt die Donau ein Terrain von unter 200 Meter mittlerer Er-
hebung; auch hat sich ihr Spiegel bei Komom bereits auf 104 Meter
gesenkt, während ihr Geßill von dort bis Pest beiläufig nur 8 Meter
beträgt. Auf jener Strecke durchbricht sie aber eine Gebirgskette,
welche man am rechten Ufer der Donau den Bakonyer Wald, auf dem
linken dagegen das Neograder Gebirge nennt und welche sich von 325
Meter Erhebung bis zu Gipfelhöhen von über 700 Metern aufschwingt. Wie
das böhmische Mittelgebirge ragt sie halbinselartig, nur durch ein schmales
Thal von den Earpathen getrennt, aus einer Ebene, welche die Donau
hätte benutzen können, um von Pressburg aus südwärts zu schwenken
und etwa das Thal der Mur zu erreichen. Sie hätte dann, wie es
Flüsse so häufig thun, den Bakonyer Wald umgehen und sich das
Abenteuer jenes »Durchbruchs ersparen können. Jene Flussenge ist
also älter als die Donau, wie ja auch ihr Durchbruch von der
bayerischen Hochebene nach dem IVIarchfelde bei Wien schon in der
jurassischen Zeit vorhanden war, wo das alte Meer, welches noch einen
Theil der Schweiz, sowie Schwaben und Bayern bedeckte, zwischen
dem heutigen Greinerwald und den Alpen zu einem schmalen Arm
verengt wuide «).
Will man in allen diesen Fällen sich an den Gedanken noch
klammem, dass jene hydrographischen Engpässe in quervortretenden
Gebirgen durch die Gewässer, welche wir heute dort fliessen sehen,
') Logan, Geology of Canada. p. 3.
^) S. dad Jurameer in Oswald Heer'a Urwelt der Schweiz. Zürich 1 865.
S. 161.
jubülle der Erde.
#81 ..|ifti'l€<ii>i)£#"'^
SrSftilPa^t^BV^^''^'* ^^ ^*^^^ gflnzlich ver-
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~ bestehen ihre Schichten
gleicht hinwegfUhren laaaes.
^tiaas die Eronon des Flusses
|i Ön sein altes Bett behaupten
SS^^^d!6S Wände eines Landitickens
;es ist einst das ob»e Hb-
war das Elbtbal ober-
le Böhmen (Ins Saaz, Prag
Ende derselben taachten
der Sächsiscben
l^ie heute, so strOmtcn in
irwasser Böhmen' s, dem
\a\e der Geologie. 3. Aufl.
^^«V^ Darteguug Rudolf Cred-
XIX. Die Thalbilduugen. 447
nach Norden sich itbdachenden^ terrassenfönnigen Bau des Landes ent-
sprechend, nach der tiefsten Stelle im Norden, stauten sich jedoch
hinter dem Gebirgsriegel bei Tetschen auf, und so entstand ein weit-
ausgedehnter Binnensee, auf dessen Grunde die Tertiärablagerungen
des nördlichen Böhmen sich vollzogen. Die Existenz dieses tertiären
Süsswassersees ist ein sicheres Zeugniss dafür, dass der Gebirgswall
am Nordrande Böhmen's damals noch keinen Spalt besass, durch
welchen die Gewässer abfliessen konnten, ohne einen See zu bilden.
Nach alledem müsste das Niveau des Eibstromes ehemak viel höher
gelegen haben als jetzt. In der That finden sich in der Gegend von
Dresden und Pirna zahlreiche Schotteranhäufungen aus Basalt, Phonolith,
Grauwacke und Eaeselschiefer bis zu einer Höhe von 90 Metern über
dem gegenwärtigen Spiegel der Elbe bei Dresden. Dieses Material
stammt offenbar aus Böhmen und kann nur durch die Elbe nach
Sachsen transportirt worden sein; somit hat dieser Strom seitdem sein
Bett mindestens imi 90 Meter vertieft. Uebrigens mussten die ge-
sammten Höhenverhältnisse jener Gegenden in der Tertiärzeit wesent-
lich andere sein als jetzt. Aus der Lagerungsweise der einzelnen
Formationsglieder des Erzgebirges geht deutlich hervor, dass die Er-
hebung desselben eine ganz allmähliche war und sich von den ältesten
geologischen Zeiträumen bis in die geologische Gegenwart herein er-
streckte; insbesondere wird dies dadurch bewiesen, dass die tertiären
Schichten am Südfusse des Erzgebirges um 20 bis 30 Grad angerichtet
sind. Femer muss das Diluvialmeer in Form einer Bucht bis nach
Nordböhmen gereicht haben, da hier (insbesondere im Thale des Polzen
und seiner Zuflüsse) und in der Sächsischen Schweiz vielfach nordische
Geschiebe und zwar bis zu einer Meereshöhe von 370 Metern vor-
kommen. Erst am Schlüsse der Diluvialzeit wich das Meer in Folge
des allmählichen Äu&teigens des Landes wieder zurück, und nun be-
gann wahrscheinlich die Vertiefung des heutigen Elbthales. Während
das Gebirge fortdauernd an Höhe gewann, furchte sich der Strom sein
Bett immer tiefer aus ; gleichzeitig schnitten sich die Zuflüsse der Elbe,
denen nun neue Gelegenheit zur Ausübung ihrer Fallthätigkeit gegeben
war, tiefer in jene Schluchten ein und schufen so die herrlichen, viel-
besuchten ^Gründe^ der Sächsischen Schweiz.
Das Seitenstück zu dieser hydrographischen Episode bietet uns der
Rhein in seinem Mittellaufe. Nach der fiüheren Anschauung hatte
sich schon vor der Jurazeit das Vogesen- und Schwarzwaldgebiet als
festes Land erhoben imd hing im Norden zusammen mit den heutigen
Höhenrücken zu beiden Seiten des Rhein's bis nach Bonn, wo die
Ufer der jurassischen Nordsee lagen. Das jetzige Rheinthal zwischen
Basel und Bingen dagegen, meinte man, bildete einen Meerescanal, der
448 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
sich bei Bern erweiterte und über Grenf und Lyon mit einer grossen
südeuropäischen Meeresfläche vereinigt war. In diesem Golfe sollten
die jurassischen Ablagerungen entstanden sein, welche man g^enwärtig
am Fusse der Vogesen und des Schwarzwaldes in der Oberrheinischen
Tiefebene findet. Nach neueren Untersuchungen ist jedoch das Auf-
steigen dieser Gebirge erst in nachjurassischeD Zeiten, die Entstehung
der Einsenkung zwischen beiden aber erst in der Tertiärzeit erfolgt.
Die jurassischen Schichten der Rheinebene würden hiemach nur „die
Reste und Bruchstücke eines gewaltigen Schichtencomplexes sein, welcher,
gleichzeitig mit dem Schwarzwald und dem Wasgau über den Meeres-
spi^el erhoben, beide Gebirge mit einander verband, in der Tertiärzeit
aber durch eine Verwerfung der von Klüften durchsetzten Schichten in
das Niveau der jetzigrai Rheinebene hinabsank, während zu beiden
Seiten die genannten Gebirgszüge erhalten blieben '^. lieber jene Rhein-
niederung ei^ossen sich nun die Fluthen des Tertiärmeeres, das ach,
wie die tertiären Sedimentschichten bezeugen, als ein schmaler Golf
zwischen Vogesen und Schwarzwald bis zum Spessart, Rhöngebiige,
Vogelsberg, Taunus und Hunsrück nach Norden erstreckte. IHeses
Meeresbecken verwanddte sich nach und nach in einen Süsswassersee,
was sich dadurch erweisen lässt, dass die unteren, ältesten Schichten
noch eine fossile Meeresfauna, die mittleren aber Brack wasserthiere
beherbergen, während auch diese in den obersten, jüngsten Etagra
gänzlich verschwinden. Hieraus ergiebt sich, dass am Ekide der Ter-
tiärzeit durch eine Hebung am Ausgange jenes tertiären Golfes dieser
zu einem Binnensee wurde. Die Aussüssung desselben aber war nur
unter der Bedingung mögUch, dass seine salzigen Wasser abgeleitet
und durch das Süsswasser der Zuflüsse ersetzt wurden. Das Ausgangs-
thor flir die abrinnenden Wasser aber befand sich in der Nähe des
heutigen Bingen. Doch war auch hier von An&ng an kein Spalt vor-
handen, der dem See als Abzugscanal diente; vielmehr erkennen wir
in den mit Geschieben und Flusskieseln bedeckten terrassenartigen
Plateanx, welche bis zu Höhen von 190 Metern über der gegenwärtigen
Thalsohle angetroiSTen werden, deutliche Spuren eines alten, höher ge-
l^eien Rheinbettes, welches der mächtige Strom erst allmählich in die
fiesten Ghrauwacken- und Schieferbänke eintiefte. Da die Ablagerangen
jenes Sees unter normalen Verhältnissen nirgends in Meereshöhen voi^
kommen, welche den Höhen der als Queniegel dienenden Kämme des
Taunus und Hunsrücks entsprechen, so ist man zu der Annahme ge-
zwungen, dass diese Gtebiige damals viel niedriger waren ab jetzt In
der That wird durch geologische Untersuchungen bestätigt, dass Taunus
und Hunsrück noch in nachtertiärer, ja nachdiluvialer Zeit durch secu-
läre Hebung mehr und mehr emporgerückt sind. Der Binnensee braachte
XIX. Die Thalbildungen. 449
also gar nicht so hoch anzuschwellen , um zum Abfluss zu gelangen.
Dass die Gewässer dieses Sees wirklich über jene Gebirge hinweg-
geströmt sind, wird auch bezeugt durch Schollen tertiärer Ablagerungen,
welche sich an geschützten Stellen auf der Höhe jener Gebirgsrücken
zeigen. Ursprünglich gebildet unter dem Niveau jenes Binnensees
wurden sie, als die Gebirgsmassen des Taunus und Hunsrücks auf-
stiegen, bis zu über 400 Meter Meereshöhe emporgehoben. Gleichzeitig
mit dieser Hebung vertiefte der Fluss fortdauernd sein Bett^ in gleichem
Masse sank der Spiegel des Sees, bis endlich die Thalsohle des Stromes
tief genug lag, um dem letzten Rest jener Wasseransammlung den
Abfluss zu gestatten^).
Das Gegentheil von dem erwähnten Vorgange ist in historischer
Zeit ebenfalls bereits eingetreten und beobachtet worden. Wenn näm-
lich eine neue Bodenerhebung quer durch ein Flussbett setzt und sich
so rasch erhebt, dass die Erosion nicht mit ihr Schritt halten kann, so
wird der Fluss, den neuen plastischen Veränderungen sich fügend, sein
altes Bett verlassen und einen anderen Lauf einschlagen müssen. Charles
Darwin erzählt uns, dass Gill, ein englischer Geolog, dem er voll-
ständiges Vertrauen schenkt, bei Huaraz, unweit Lima, eine Ebene
mit Ruinen bedeckt und daneben Spuren einer ehemaligen Bewässerung
antraf, die aus dem leeren Bette eines beträchtlichen Flusses stammte.
Wenn nun jemand dem Laufe eines Flusses aufv^ärts folgt, so muss er
sich beständig mehr oder weniger erheben. Gill staunte daher nicht
wenig, als er, nachdem er dem trockenen Flusse aufwärts nachgegangen
war, plötzlich das Bett sich wieder senken sah. Unter der ehemaligen
Wasserrinne hatte sich also der Boden aufwärts gefaltet bis zu einer
Höhe, nach Gill's Schätzung, von 13 — 16 Metern im Perpendikel.
^Wir haben hier, ^ setzt Darwin hinzu, „den unzweideutigsten Beweis,
dass in historischer Zeit ein Höhenrücken durch das Bett eines Stromes
erhoben wurde, der viele Jahrhunderte dort geflossen sein muss.^
Der niedrigste aller Alpenpässe ist bekanntlich die Strajsse über
den Brenner; denn sie liegt mehr als 650 Meter tiefer als die Pässe
über die Schweizer Alpen, die sämmtlich 2000 Meter überschreiten,
während der Brenner an seinem höchsten Punkte nur 1342 Meter er-
reicht. Der Brennerpass wird gebildet durch das Wippthal, auf dessen
nördlichem Abhänge die Sill in den Lm, auf dessen südlichem der
E^isack der Etsch zufliesst. Wer die Strasse schon bereist hat, whxl
sich erinnern, dass auf der Wasserscheide, die sich übrigens keinem
Laienauge verräth, einige Weiher liegen. Nach einer populären Be-
') Nach Rudolf Credner's Aufsatz: „Ueber die Entstehung des Rhein-
thales unterhalb Bingen und des Elbthales unterhalb Bodenba^h'' in der
Deutschen Revue. Juli 1878, S. 96 ff.
Peschel-Leipoldt, PhjB. Erdlcnnde. TT. 29
450 Dritter TheiL Die Wasser- und Lnftliülle der Erde.
haaptang sollte dort ein Hans stehen, dessen eine Dachtraufe den Regen
nach dem Mittehneere, die andere ihn nach dem Schwaizen Meere al>-
rinnen lasse. Wenn sidi Karl Vogt in seinen ^Voiiesangen fiber
den Menschen"^ (Bd. I, S. 275) nicht zu erklären vermag, dass die
Fordlen auf den nördlichen und südlidien Abhängen der Alpen zu
einem Stamme gehören, so wird das Bäthsel, wie Fisdie hohe Gtebirgs-
kämme fibersteigen können, am Brenner sehr ein&ch gelöst; denn
herabstürzende Lawinen oder Ungewitter, die, wie man das so häufig
in den Alpen erlebt, Schuttmassen als Querdämme in die Thaler hinab-
schwemmen, können dort sehr Idcht ein Stück vom Quellengebiet der
Sill sanmit den darin enthaltenen Fischen abgesondert und dem Eisaek
zugeführt haben. Es ist s(^ar wahrscheinlich, dass von jdier die
Grenzen der Wasserschdde dort ein woiig geschwankt haben, so dass
dar fjsack bisweilen der Sill, die Sill bisweilen dem Eisack kleine
Grebietsstrecken sammt ihren Cnterthanen abtreten musste.
Eine treffliche Erklärung des Brennereinschnittes hat uns neuer-
dings Alexander Supan in sdner vorzüglichen Arbeit „Studien über
die Thalbildungen des östlich«! Ghnaubttnden's und der Tiroler Central-
alpen^ ') g^eb^a. Er zeigt zunächst, dass weder das SiU-, noch das
Eisackthal bis Sterzing im Veigleich mit anderen Thälem der Tiroler
Alpen abnorm ausgebildet ist, dass vielmehr die Abnormität nur in
der geringen absoluten Höhe oder — wie wir auch sagen können —
in der bedeutenden relativen Tiefe d^ Wasserscheide Uegt Von
grösster Wichtigkeit ist hierbei der Umstand, dass im ganzen wasser-
scheidenden Hauptkamm von der Elopaier Spitze im Vintschgau bis
zum Schneewinkel am Ost^ide des Venediger Massivs allein der Brenner
und seine nächste Umgebung nicht im Gneissgebiete liegen, dass vidmehr
Kalkthonphyllite vorherrschen. Zwar ist auch dieses Gestein von ausser-
ordenthcher Härte; durch den gewaltigen Seitendruck aber, den die
beiden zu Fächern und Gewölben sich fiiltenden krystallimschen Massen
der Oetzthaler Alpen und Hohen Tauem auf die zwischen ihnen ein-
geklemmten weicheren und nachgiebigeren Schichten der Kalkthon-
phyllitgesteine ausübten, wurde das Wippthal der Schauplatz der gewalt-
samsten Schichtenstörungen. Die muldenartige Einliefung des Wipp-
thaies bot daher in ihren unzähligen Sprüngen und Bissen den erodi-
renden Kräften zahlreiche günstige Angriäspunkte. So war diesen
Kräften hier der Weg vorgezeichnet, und sie vermochten leicht die
ihnen gesteUte Au%abe zu lösen. „Die Schöpfung der heutigen Thäler,
^vie die allmähliche Tieferlegung der TN'asserscheide muss der Erosion
^) MitlbeiloogeQ der k. k. geographischen Gesellschaft in Wien. Bd. XX
(1S77), S. 293 ff., bes. S. 343 £
XIX. Die ThalbUdoDgen. 451
(natürlich im weitesten Sinne des Wortes) zugeschrieben werden. Die
Annahme einer Querspalte, die den wasserscheidenden Kamm hier
durchriss, ist unnütz und zugleich willkürlich ; denn das Vo;:handensein
dieser angebhchen Spalte kann niemand beweisen.^ EndUch darf hierbei
nicht übersehen werden, dass der Brenner in der directen Verlängerung
des breiten EtschthAles hegt, dass somit die warmen und feuchten Süd-
winde einen offenen Zugang zu dem Brenner haben. Sie waren es
auch, welche die Schnee- und Eishülle, die im übrigen die grosse
Wasserscheide bedeckt, verscheuchten. Während so die erodirenden
Erttfte auf der Kammhöhe im allgemeinen schlummerten (vgl. Bd. I,
S. 473 f.), wirkten hier Regen, Frost, fliessendes Wasser und chemische
Zersetzung in überaus erfolgreicher Weise.
In manchen Fällen kann das Vorhandensein eines uralten Spaltes
nicht geleugnet werden. Wir denken hier zunächst an das merkwürdige
Querthal, welches sich diu*ch den Mjösen-See und Gudbrandsdalen
über Lesjö bis zur Nordsee erstreckt*). Zwei Meilen über Dovre am
Sockel des Snehsetten Hegt ein schmaler Weiher, der seine Wasser
gleichzeitig nach zwei Abhängen in's Baltische Meer und in die Nordsee
schickt, nach Leopold v. Buch's Versicherung kaum mehr als 700
Meter über das Meer erhoben, so dass, wenn der Seespiegel auf die
gleiche Höhe anschwellen würde, die grosse, einseitig an ihrem Nord-
seerande aufgerichtete Platte krystallinischer Gesteine, welche wii* die
skandinavische Halbinsel nennen, durch jenes Thal wie durch einen
Quersprung in zwei Stücke gesondert erscheinen würde ^). Eine ähn-
Uche Querspalte von gleicher Ausdehnung finden wir in Nordamerika.
Das Thal, welches dort der Hudson durchströmt, verlängert sich gerad-
hnig zum Champlain>See, der seinen Abfluss nach dem Laurentiusstrom
sendet und vom Hudson selbst durch eine Wasserscheide von nur 45
Meter Höhe getrennt wird. Der Champlain dagegen besitzt nur 28 Meter
Meereshöhe, und im Hudson gehen Ebbe und Fluth 145 englische
Meilen (= 31,4 geographische Meilen) aufwärts. Das Atlantische Meer
brauchte sich daher nur wenig mehr als 70 Meter zu erheben, so würde
es mit Hilfe der Hudsonsspalte das acadische Dreieck, d. h. alles Land
zwischen Hudson, Laurentius und dem Meere, in eine Insel verwandeln.
Die Geologie belehrt uns, dass sehr viele, scheinbar starre Gesteins-
massen noch immer genug Biegsamkeit besitzen, um eine Faltung zu
ertragen, ehe Quer- oder Längenrisse eintreten, üeberschreitet aber die
^) Leopold V. Buch, Reise durch Norwegen und Lapplaud. Berlin 1810.
Bd. I, S. 195 f.
') Dass Fjorde nicht durch Erosion, sondern durch die Hebung von unten,
sowie durch den Volumenverlust bei dem Krystallinischwerden geschichteter
Felsarten entstanden, s. Bd. I, S. 477 ff.
29*
452 Dritter Tlieil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
gewölbartige Anftreibong der Schichten die Grenzen der Dehnbarkeit,
so zerspringt der gehobene Theil der Erdrinde in Stücke.
Verdanken wir aber auch den räthselhaften Hebungskräften im
Erdinnem mit dem Bau der Gebirge oder den Bodenanschweltimgen
zugleich die Spaltungslinien der künftigen Thäler, so war in vielen
Fällen doch nur die Au&chliessung Yorbereitet; denn aUes, was den
Spalt zu einer Schlucht , die Schlucht zu einem Thale erweitem kann,
ist ein Werk der himmlischen Wasser. Immerhin aber sind ihre
Leistungen im voraus b^renzt durch die Beschaffenhdt der gehobenen
Massen. Da, wo sie leicht zerrüttetes Gestein antreffen, wird es ihnen
nicht schwer, die Thäler zu Kesseln auszuspülen, während wir dort^
wo wir die Kessel von dausen geschlossen und die Wasser durch
Steinnasen eingeengt sehen, sicher sein dürfen, härtere Felsarten an-
zutr^en. Die Thäler zweier Flüsse von gleichem geologischen Alter,
gleichem Geftlle und gleicher Wasserfiille werden also enger oder offener
sein je nach dem Widerstände der Felsarten, die sie ausfurchten ^).
Beim UeberbUcken unserer erzielten Ergebnisse regt sich indess
die Besorgniss vor dem Missverständnisse, als wollten wir dem Wasser
seinen Antheil an der plastischen Umgestaltung der Erdoberfläche ver-
kümmern. Haben die Kräfte im Innern die Rinde des Planeten auf-
gerichtet, zersprengt und erschlossen, so waltet, wie ihre Thätigkeit
still steht, unumschränkt die Herrschaft der Kräfie im Lufikreis, und
diese ver&hren nun mit den Erhabenheiten der Landschaft völlig nach
ihrem Bildhauerbrauche. Im Anfang gehorchen sie noch den g^ebenen
GeMlen, und ihre Verrichtungen erscheinen geringßigig; mit der fort-
schreitenden Thätigkeit werden sie immer entscheidender und freier;
ja, sie ftihren scUiesslich zum gänzUchen Verwischen des ursprüng-
lichen Baues der Erdrinde. Würde ein Geolog nur einen solchen alten
und gealterten Schauplatz kennen, so möchte er in Versuchung gerathen,
dem Wasser allein das Hoheitsrecht über Berg und Thal zuzusprechen.
In Schottland, wie der treffliche Geikie gezeigt hat, erscheint das
Wasser als unbeschränkter Gebieter. Da, wo der gewölbartige Bau
der Schichten eine Bodenschwellung voraussetzen liesse, finden wir, vrie
zum Trotze, Thäler ausgewaschen (Fig. 85), und da, wo die Schichten
muldenförmig zu einem Thale gekrümmt waren, hat der zerstörende
Luftkreis die Seitenwände so lange abgetragen, bis sie zu einem Berge
zusammengescharrt wurden (Fig. 86). Eben deswegen erschien es nicht
überflüssig, den Gang der Thalbildungen bis zu ihren ersten Ursprüngen
zu verfolgen, um klar abzuscheiden, was den aufrichtenden imd was
den abwaschenden Kräften beigemessen werden muss.
') Näheres bei B. Stade r, Lehrbuch der physikalischen Geographie und
Geologie. Bern, Chur und Leipzig 1S44. Bd. I, S. 359 ff.
XIX. Die Thalbildungen.
453
Gebirge dienen zur Verdichtung des Wasserdampfes in den Luft-
strömen und wirken im allgemeinen günstig auf die Benetzung der
Länder an ihren Abhängen. Allein Gebirge sind zugleich Schranken
für die Verbreitung der Geschöpfe. Ein Gebirge, welches wallartig bis
Fig. 85.
Quenchnitt des Firth-of-Tay-Thales. S vnterw alter rother Sandstein, t Trapp.
zur Schneelinie reichte, würde nicht bloss die Gewässer, sondern auch
die meisten Thier- und Pflanzenarten an seinen Abhängen trennen.
Giebt es jedoch nur eine einzige Höhenlücke in dem Wall, so ist schon
viel geholfen. Nicht die Gipfelhöhen entscheiden dann die Rolle eines
Gebirges, sondern die
Passhöhen. Der Bren- Fig. 86.
nerpass erniedrigt in
diesem Sinne die Alpen
so.
\\^K<^ .'^^^/f
Qnerschnitt durch den Ben Lawere in Schottland.
auf 1342 Meter; denn
alles Lebendige, was
sich noch bis zu dieser
Höhe erheben kann, wird im Wippthale von einem Abhänge zum an-
deren wandern.
Unser Welttheil verdankt seine günstige wagerechte und senkrechte
GKederung vornehmlich dem grossen Gebu-gszuge, welcher seinen süd-
lichen und nördUchen Abhang scheidet, so dass man Europa als die Alpen-
halbinsel des asiatischen Festlandes bezeichnen kann. Sehr Vieles von
der geistigen und geselligen Ueberlegenheit seiner Bewohner lässt sich
auf diesen glücklichen Bau unseres Welttheiles zurückfuhren. Die Alpen
wären aber eher ein Hindemiss und eine Schranke der Vermittlung
und des Verkehrs gewesen, wenn sie, statt in Ketten getheilt, als eine
lückenlose Erdanschwellung aufgestiegen und wenn nicht wiederum
ihre Ketten durch Querthäler aufgeschlossen worden wären. Kein
bequemer Pass führt über die Alpen, wo nicht ein Strom vorher bis
zum Kamm des Gebirges ein sanft ansteigendes Thal ausgefiircht hätte.
Wir dürfen nur an die Bernhard-, Simplen-, Gotthard-, Splügen- und
Brennerstrasse denken. Die Erosionskräfte des Wassers sind also dem
menschlichen Verkehr dort überall vorbereitend zu Hilfe gekommen.
Dies ist nicht überall auf unserem Planeten der Fall. Karl Ritter
454 Dritter ThciL Die Wasser- nnd Lufthülle der Erde.
hat uns gelehrt, dass im Jahre 102 n. Chr. die Chinesen bereits dem
Kaspischen Meere sich näherten. Um wie vieles wftre die geistige Nacht
des MittelalterB Yerkürzt worden, wenn schon damals ein unmittelbarer
Verkehr 2wischen den Römern und Chinesen angeknüpft worden wäre !
Aber der Faden riss, ehe er noch beide Grossmächte verbunden hatte,
und wir müssen warten bis zum Elnde des 13. Jahrhunderts, ehe die
Mongolen auf kurze Zeit als Vermittler zwischen dem Westen und
dem äussersten Osten auftreten. Die Schwierigkeiten jener Verbin-
dungen bestanden theils in den zwischenliegenden Einöden der 6obu
dann aber auch in der Unzugänglichkeit der Terrassen Centralasien's,
wo es bei der Begenarmuth im Innern eines grossen Festlandes an
Strömen und Bächen fehlt, welche die gewiss vorhandenen Zerspaltungen
zu Thälem erweitem und dem Verkehr aufschliessen konnten. So lässt
sich die verzögerte Entwicklung des Mittelalters in Europa theilweise
zurückführen auf die mangelhafte Thalbildung in Centralasien.
XX. Die magnetischen Kräfte der Erde.
Anhang zu dem dritten Theile:
Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Schon seit mehr als siebzehn Jahrhunderten ist die Menschheit mit der
Nord Weisung der Magnetnadel bekannt; denn es berichtet uns be-
reits ein chinesisches Wörterbuch vom Jahre 121 n. Chr. über dieselbe.
Doch wurde die Magnetnadel von den Chinesen nur auf Landreisen
benützt; auf Schiffen hat man sie in Ostasien selbst zu Marco Polo 's
Zeit, also am Ende des 13. Jahrhunderts noch nicht verwandt. In
den mittelalterlichen Schriften findet sich die erste Kimde von der
Magnetnadel bei Alexander Neckam (1157 bis 1217), einem,
Lehrer an der Pariser Universität^), und bei Guiot von Provins,
welcher in den Jahren 1203 bis 1208 schrieb. Das älteste arabische
Werk, in welchem der polaren Richtkraft der IVIagnetnadel gedacht
wird, stammt aus dem Jahre 1242 n. Chr. So weit also bis jetzt die
arabische Literatur durchforscht ist, lässt sich nicht erhärten, dass die
Araber bei ihren frühen Beziehungen zu China von dort die Magnet-
nadel und die Kenntniss ihrer Kräfte nach dem Abendlande gebracht
haben. In neuerer Zeit befestigt sich mehr und mehr die Anschauung,
dass, ganz abgesehen von der unbestrittenen hohen Priorität der chine-
sischen Verdienste, die Nordweisung der Magnetnadel selbstständig im
Abendlande entdeckt worden ist Frühzeitig wurde sie in eine Büchse
(Bussole) eingeschlossen, zu der auch eine Strichrose gehörte. Die
letztere an der Nadel selbst befestigt und demnach den Compass ftir
Seefahrten erst recht brauchbar gemacht zu haben, ist wahrscheinUch
das Verdienst Flavio Gioja's*).
^) Alexandri Neckam De naturis rerum libri dao, ed. Thomas
Wright. London 1863. Lib. 11, cap. XCVm, p. 183.
*) Qreusing in der Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde za Berlin.
Bd. IV (1869), S. 31 ff.
456 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Um die Wirkung des Erdmagnetismus an irgend einem Orte der
Erde zu ermitteln, muss man die Richtung und die Grösse der
Kraft feststellen, welche er auf magnetische Körper ausübt Da nun
die Richtung der magnetischen Körper durch die Declination und
Inclination g^eben ist, so wird die magnetische Erdkraft eines
Ortes durch folgende drei Aeusserungen des fLrdmagnetismus bestimmt:
durch Declination, Inclination und Intensität. Es ist nun
zu zeigen, wie sich diese sogenannten magnetischen Constanten mit der
Lage des Beobachtungsortes ändern und wie sie zugleich auch zeitlich
nicht unbeträchtiichen Schwankungen unterworfen sind.
Nur an w^iigen Orten der Erde &llt die Richtung einer in horizon-
taler Ebene firei schwingenden Magnetnadel mit derjenigen des astrono-
mischen Meridians zusammen; vielmehr bildet sie mit dieser meist einen
grösseren oder kleineren Winkel. Diese Missweisung nun, die eine
östiiche oder westiiche sein kann, nennt man örtiiche Declination.
Schon Pierre de Maricourt, welcher 1268 über den Magnet
schrieb, wusste von einer östlichen Abweichung der Magnetnadel zu
Paris Yon 7Vt ^ Vor allem aber bemerkte Cristobal Colon ganz
deutlich dne westiiche Declination inmitten des Atlantischen Ooeans
im September des Jahres 1492^). Anfiuigs wurde sie viel bezwei£dt;
selbst ein so ausgezeichneter Seemann wie Pedro Sarmiento, der das
erste Schiff aus der Südsee in den Atiantischen Ocean ftihrte, behauptete
. noch am Schlüsse des 16. Jahriiunderts: von einer Missweisung könne
niemals die Rede sein; man brauche nur eine Magnetnadel fainlän^ch
zu reinigen und frisch einzuölen, so werde ihre scheinbare Missweisung
sofort verschwinden. Erst seitdem Baffin in der BafSnsbay im Jahre
1616 eine westiiche Ablenkung der Nadel von nicht weniger als 56^
erkannt hatte, waren auch die hartnäckigsten Leugner überzeugt*).
Zur Feststellung d^ magnetischen Declination verwendet man einen
Apparat von folgender Construction. Einer frei schwebenden Magnetnadel
wird ein in 360 Grade getheilter Kreis hinzugefügt, gleichsam das Zifferblatt
des Apparates, während die Nadel den Zeiger vertritt Doch stehen die
Oradzahlen fär Orte mit westlicher Declination in umgekehrter Reihe wie
die Ziffern einer Uhr : der Nordpunkt trägt die Ziffer 0, der Westpunkt 90,
der Südpunkt 180, der Ostpunkt 270. Fiele die magnetische Axe der
Nadel mit der geometrischen, d. h. mit der Verbindungslinie der beiden
Spitzen zusammen, so würde man unmittelbar an dem getheilten Er»se
die Declination ablesen können, vorausgesetzt, dass die Verbindungslinie
^) Schiffsbach des Colon. IS. September. Navarrete, Coleccion de Docu<
mentos. Vol. 1, p. S.
')0. Peschel, Geschichte der Erdkunde. 2. Aufl. (heraos^eg. von
S. Rnge). Manchen 1877. S. 430 f.
XX. Die magnetischen Kräfte der Erde. ^ 457
der Theilstnche 0 und 180 genau mit der Richtung des astronomischen
Meridians übereinstimmt. Da diese Bedingung jedoch häufig nicht er-
fiillt ist, so hat man, um den entstandenen Fehler zu corrigiren, die
Nadel umzul^en, d. L die untere Seite nach oben zu wenden. Es
deutet dann jede Spitze der Nadel auf eine Gradzahl, welche um eben
so viel zu gross ist, ab sie zuerst zu klein war, oder umgekehrt. Das
arithmetische Mittel beider Zahlen giebt somit den wahren Werth der
Declination an. Um Bogenminuten und Bruchtheile derselben abzulesen,
sind optische Hilfsmittel nöthig.
Bei der Declinationsbussole ist die horizontale Lage der Magnet-
nadel dadurch gesichert, dass der Schwerpunkt unter dem Aufhänge-
punkt liegt. Wird jedoch die Magnetnadel in ihrem Schwerpunkte
selbst aufgehangen, so senkt sich eine ihrer Spitzen herab; die Nadel
bildet also einen Winkel mit der Horizontalen, und diesen bezeichnet
man a}s Inclination.
Georg Hartmaun in Nürnberg kam bereits im Jahre 1543 auf
den Gedanken, eine Magnetnadel an ihrem Schwerpunkte mit einer
Axe zu versehen, so dass sie, schwebend aufgehangen, sich frei in einer
senkrechten Ebene bewegen konnte. Hierbei machte er die Entdeckung,
dass ihre Nordspitze sich tief nach dem Horizont herabneigte. Vier
Jahre später veröfiTentlichte der Cremoneser Affaytato eine Abhandlimg
über die magnetische Senkungskraft ^). William Gilbert (c. 1600)
&nd unter der Breite von London eine Inclination von 71^ 40', der
Jesuit Athanasius Eircher (1601 bis 1680) auf Malta unter dem
35. Grad n. Br. eine solche von nur 59^ 15'. Man erkannte schon
damals aus diesen Thatsachen, dass gegen den Aequator hin die Senkungs-
kraft geringer werde, jedoch nicht symmetrisch mit den verminderten
Polhöhen abnehme. Jesuiten, die nach Goa gingen, sahen in der Nähe
des Aequators die Magnetnadel in wagerechter Stellung, während sich
auf der Fahrt nach dem Cap der Guten Hoffiiung die Südspitze der
Nadel mit den wachsenden Breiten immer tiefer gegen den Horizont
neigte^). Damals drängte sich bereits die Frage auf, ob es Punkte
auf der Erdoberfläche giebt, an denen die Inclinationsnadel völlig ver-
tical steht; doch sollte dieselbe &st noch zwei Jahrhunderte lang ihrer
Lösung harren. Entschieden wurde sie erst durch die von Sir
John Boss in den Jahren 1829 bis 1833 ausgeführte denkwürdige
Expedition in die arktischen Gebiete^). Boss musste vier Polar-
winter unter grossen Gefahren in der Nähe der Halbinsel Boothia Felix
^)d*Ayezacim Bulletin de la soc. de gtogr. S^r. IV, Tome XIX(1 860), p. 359.
^ Kircher, Magnes sive de arte magnetica. Romae 1641. p. 401. 424.
')Sir John Boss, Second Voyage in search of a North- West Passage.
London 1835.
458 • Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
zubringeii und rettete sich schliesslich nur durch eine kühne Boot&hrt.
An dem Ankerplatz, welchen man in den ersten Wintern inne hatte
(unter 69 « 59' n. Br. und 92 « 1 ' w. L. v. Gr.), betrug die Indinaäon
89 ^ So erschien es nicht unmöglich, den nördlichen Magnetpol selbst
zu erreichen, d. h. denjenigen Ort, an welchem die Kadel auf 90 ® zagt,
also genau die Bichtung eines Lothes besitzt Am 27. Mai 1831 machte
Sir James Clark Boss, ein Neffe von Sir John Boss, eine
Schlittenreise gegen Westen und fimd am 1. Juni desselben Jahres bd
Cap Adelaide einen Punkt (unter 70« 5' 17" n. Br; und 96« 4(5' 45"
w. L. V. Gr.), wo die Neigung bis zu 89« 59' wuchs, also nur noch
dne Bogenminute von der Lothlinie abwich. Hier liegt somit — oder
vielmehr lag damals der nördliche Magnetpol^).
Ebenso wurden grossartige Unternehmungen in's Werk gesetzt,
die Lage des südlichen Magnetpols zu erforschen. Am 16. September
1839 segelte Sir James Clark Boss von England ab, um magnetische
Beobachtungen auf der südlichen Erdhälfte anzustellen'). Zu seinem
grossen Verdrusse wurde ihm auf Tasmanien milgetheilt, dass Wilkes
und d'Urville gerade diejenigen Bäume der Südsee durchströft
hatten, wo Gauss nach theoretischen Berechnungen den südlichen
Magnetpol vermuthete. Gauss hatte denselben nach 72« 35' s. Br.
und 152« 30' ö. L. v. Gr. verl^; doch hätte er mit Bücksicht auf
einen später fär Hobarton festgestellten Inclinationswerth nach 66«
s. Br. und 146« ö. L. v. Gr. gerückt werden sollen'). Unter dieeoi
Umständen änderte der britische Polar£sihrer seinen Plan und drang
nicht unter dem 146., sondern unter dem 170. Grad ö. L. v. Grr., wo
Balleny ein eisfiieies Meer gesehen hatte, gegen Süden vor. Sir
James Clark Boss gelangte auf jener Beise, auf welcher er am
11. Januar 1841 das Victorialand entdeckte, bis zum 78. Ghrad 8.Br.:
hier versperrte ihm ein mächtiger Eiswall den W^ nach dem Süden.
Dem magnetischen Südpol konnte er sich nur bis auf etwa 160 See>
meilen (40 geographische Meilen) nähern; am meisten senkte sich die
Magnetnadel unter 76« 12' s. Br., 164« ö. L. v. Gr., nämlich auf
88« 40'. Nach Boss' sonstigen Beobachtungen befindet sich der mag-
netische Südpol wahrscheinlich im Lmem des Victoiialandes unter 75 ^
5' s. Br. und 154« 8' ö. L. v. Gr., also nur um 2« 30' südlidier,
als ihn Gauss mit einer an das Wunder grenzenden Genauigkeit aus
wenigen und dazu unsicheren Bestimmungen ursprünglich ermittelt
hatte^J. Eine in neuerer Zeit durch Menzzer ausgeftihrte derartige
^) 0. Peschel, L c. S. 522 ff.
*) Vgl. hierzu Sir James Clark Boss, VojageofDiscoveiyandBeseaich
in the Southern and Antarctic Regions. London 1847.
^ Gauss und Weber, Atlas des Erdmagnetismus. S. 1.
*) Sir James Clark Boss, 1. c. Vol. I. p. 246; VoL II, p. 447.
XX. Die magnetischen Kräfte der Erde. 459
Rechnung verlegt den südlichen Magnetpol nach 76® 49' 84, 71 " s.
Br. und 166 » 7' 47" ö. L. v. Gr. oder in die Nähe der Beaufort-
Insel des Koss'schen Meeres^). In keinem Falle stehen die beiden
magnetischen Pole der Erde diametral einander gegenüber.
Längst hatte man genauere Kenntnisse davon, wie der tellurische
Magnetismus in horizontaler und verticaler Ebene wirkt, also von der
Declination und Inclination, Bevor man die Intensität jener Kraft
zu messen begann. Am fHihesten haben W. Whiston (1667 bis
1752) und G. Graham (1723) die Schwingungen der Declinations-
nadel hierzu benützt und aus deren Dauer auf die Stärke der mag-
netischen Kraft geschlossen. Im Jahre 1760 sprach Tobias Mayer
und einige Jahre später Lambert den Satz aus, dass die Ortlichen
Intensitäten des Erdmagnetismus sich zu einander verhalten wie die
Quadrate der Schwingungszahlen in gleichen Zeiten, dass somit bei
zunehmender magnetischer Intensität die Schwingungszahlen der Magnet-
nadel in gleichem Masse wachsen wie die des Pendels bei vermehrter
Schwerkraft (vgl. Bd. I, S. 154). Wenn man nämlich einen in wage-
rechter oder senkrechter Ebene schwebenden oder aufgehangenen Magnet,
also die Declinations- oder Inclinationsnadel aus ihrer Ruhe stört, so
wird sie nach einer gewissen Anzahl Schwingungen wie ein aus seiner
senkrechten Lage verrücktes Pendel ihre frühere Lage wieder zu ge-
winnen suchen. Bei Anwendung von Nadeln gleicher Länge werden
daher die Schwingungen in einer gewissen Zeit überall dort zahlreicher
erfolgen, wo die Magnetkraft stärker ist, gerade so wie das Pendel
rascher schwingt, wo die Anziehungskraft der Erde eine grössere ist.
Coulomb begiündete 1784 zuerst durch Experiment die Wahrheit
des entdeckten Gesetzes.
Da in einei^ magnetischen Eisenstab der Magnetismus zwar über
die ganze Masse vertheilt ist, aber an den beiden Polen sich am stärksten
erweist, so durfte man auch von den Straften des grossen Erdmagnets
vermuthen, dass sie, obwohl den ganzen Erdkörper durchdringend,
doch an den Polen am wirksamsten zur Geltung kommen. Dies ist
insofern richtig, als in der That die magnetische Intensität an den
magnetischen Polen doppelt so gross ist als am magnetischen Aequator.
Dass sich die Intensität des Magnetismus polwärts vermindert, ging
schon aus den Beobachtungen Lamanon's (des Begleiters von la
P^rouse) hervor, welche derselbe von seinem Aufenthalt in Teneriffa
(1785) bis zu seiner Ankunft in Macao (1787) anstellte. Diese Beobach-
^) Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Bd. VII (1872),
S. 163 f. Nach Capitain F. J. Evans liegt der südliche Magnetpol unter 73 Va**
8. Br. und 147Va ° ö. L. v. Gr. Proceedings of the K. Geogr. Society. Vol. XXII
(1878), p. 196.
460 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
tungen gelangten 1787 in die Hände Condorcet's, sind aber trotz
aller Bemühungen bis jetzt nicht wieder aufgefiinden worden ^). A. ▼.
Humboldt war es^ der in einem Schreiben an Lalande aus Caracas
vom 14. December 1799 von neuem verkündigte, dass im allgemeinen
die Intensität von den magnetischen Polen nach dem Aequator ab-
nehme. Am schwächsten zeigte sich dieselbe in den Anden auf dem
magnetischen Aequator zwischen Micuipampa und Caxamarca (unter
7« 2' 8. Br. und 78» 48' w. L. v. Gr.); hier pendulirten die Nadehi
am trägsten. Dieser in Peru ermittdte Minimalwerth wurde &st ein
halbes Jahrhundert ausschliesslich als Masseinheit (= 1,000) gebraucht.
Die magnetische Intensität betrug hiemach im Jahre 1827 für Paris
1,348, für London 1,372. Die bis zum Jahre 1841 erschienenen Tafdn
für die Intensität vonHansteen, Gauss, Erman, Sabine, Bec-
querel fiissen alle auf derselben Einheit. Sabin e's atlantische
Reisen (1822 und 1823) führten jedoch zu dem Ergebniss, dass keines-
wegs immer an dem magnetischen Aequator, wo die Neigungsnadel
wag^recht schwebt, die höchste örtliche Schwächung der Erdkra£k an-
getroffen werde*); ein Punkt westlich von St. Helena (19® 59' s. Br.,
35® 4' w. L. V. Gr.) hat nach Erman' s Messungen (1830) nur
eine Intensität von 0,706 (Humboldt' sehe Einheit)*). Doch würde
auch dieses Mass keine zweckentsprechende i^heit liefern, da es mög-
licherweise ebenfalls noch nicht der wahre Minimalwerth ist und zugleich
nur für die Zeit der Beobachtung gilt.
Nach alledem sind magnetische Intensität und Inclination ziemlich
unabhängig von einander; sie stehen durchaus nicht in so enger
Wechselbeziehung, dass man die eine als eine unmittelbare Function
der andern bezeichnen könnte. Besonders deutlich wird dies noch
dadurch erwiesen, dass die nördliche und südliche Halbkugel je zwei
Heerde oder Foci der grössten magnetischen Intensität besitzen. Nach
der Humboldt' sehen Kraftscala ausgedrückt ist die Intensität der
beiden nördlichen = 1,878 und 1,75 (nach Erman 1,74, nach
Hansteen 1,76), der beiden südlichen hingegen = 2,06 und 1,96.
Die Minimal- und Maximalwerthe der erdmagnetischen Kraft verhalten
sich denmach etwa wie 2:5. Trotz der obigen Differenzen nimmt
man an, dass die Magnetkraft der einen Halbkugel nicht grösser sei
als die der andern. Die nördlichen Foci liegen nämlich in Canada
(nach Lefroy 's Beobachtungen in 52^ 10' n. Br. und 260^ 1' ö. L.
V. Gr.) und in Sibirien (nach Hansteen und Erman unge&hr
») A. V. Humboldt, Kosmos. Bd, I, S. 433 f.
*) Pendulum experiments. London 1824. p. 460 sq.
") Erman, Physikalische Beobachtungen. 1841. S. 570.
XX. Die magnetischen Kräfte der Erde. 461
zwischen 63 und 70 ° n. Br. und unter 115 ® ö. L. v. Gr.) *); sie werden
also durch einen ungeheuren Zwischenraum von einander getrennt,
während sich die beiden austraUschen Foci (unter 64 ^ s. Br., 137 ^ 30 *
ö. L. V. Gr. und 60 ® s. Br., 125 ° w. L. v. Gr.) weit mehr dnander nähern ;
doch ist die Lage der letzteren noch mit keinerlei Sicherheit bestimmt.
Erst im Jahre 1833 gelang es Gauss, einen unbedingten Grössen-
ausdruck zu gewinnen fbr die örtliche Stärke der Erdkraft dmxsh die
Ablenkung der Nadeln, sowie durch die Verzögerung oder Beschleu-
nigung ihrer Schwingungen bei Annäherung eines zweiten Magnet-
stabes ^). Doch ist die alte Humboldt' sehe Einheit noch fast
durchweg im Gebrauch wie etwa die Fahrenheit'sche und Rä-
aumur'sche Thermometerscala, welche man noch immer nicht zu
Gunsten der rationelleren CelMus'schen Scala anheben will. Indess
lassen sich die nach der Humboldt' sehen Einheit bestimmten Zahlen
sehr leicht auf das absolute Mass redudren; man hat sie nämlich nur
mit 3,4941 zu multipliciren.
Die stumme Sprache der Magnetnadeln, die uns über gehdmniss-
▼oUe Kräfte unseres Planeten unterrichtet, wurde erst verständlich,
nachdem Edmund Halley sie sichtbar darzustellen lehrte, indem er
auf Erdkarten alle Punkte der Bechtweisung und alle Punkte von
gleicher Grösse der östlichen und der westlichen Missweisung durch
Linien verband oder mit anderen Worten die erste Dedinationskarte
entwarft). Hallej nannte jene Linien Tractus chalyboelitici, woftlr
später A. V. Humboldt den Namen isogonische Linien einführte.
Er war es auch, welcher fibr die Curven gleicher Indination den Aus-
druck isoklinische Linien und ftlr die Curven gleicher Intensität
die Bezeichnung isodynamische Linien erüemd. Von besonderem
Interesse ist es, den Verlauf der Hauptlinien auf den Declinations-,
IncUnations- und Intensitätskarten zu verfolgen.
Nach der Dedinationskarte von 1860 geht die Linie ohne
Missweisung vom Magnetpol auf Boothia Felix nicht genau südwärts,
sondern hält sich ein wenig ostwärts. Sie durchkreuzt den westlichen
Theil der Hudsonsbay, den Huron- und Erie-See, wendet sich hierauf
nach der Grenze von Nord- und Südcarolina, berührt die Reihe der
Kleinen Antillen, durchschneidet Brasilien von der Amazonasmündung
bis nach Rio de Janeiro und bewahrt ihre südsüdöstliche Richtung^bis
über den magnetischen Südpol hinaus. Auf der östlichen Hemisphäre
») Edinburgh Review, October 1872. Vol. CXXXVI, Nr. 278, p. 427.
') Intensitas vis magneticae terrestris ad meosuram absolutam revocata.
Goettiagae 1833. p. 6.
^ Vgl. hierzu Philosophical TraiiBactions of the R. Society of London.
VoL XIU (1683), p. 210 sq.
462 Dritter Thell. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
angelangt, steigt sie südlich von Australien fast genau nach Norden
empor, nimmt ihren Weg durch Westaustralien und (nach Nordwesten
umgebogen) durch den nordöstlidien Theii des Indischen Oceans,
schreitet hierauf mitten durch Balutschistan , Persien, das Easpische
Meer und das europäische Bussland (etwa in der Linie Baku, Saratow,
Nischnii Nowgorod) und erreicht an dem Westende der Halbinsel Kola
das nördliche Eismeer. Diese Linie bildet einen unregelmässigen Ring
um die Erdkugel und theilt dieselbe annähernd in zwei Hemisphären;
in der einen, der atlantisch-europäisch-afnkanischen, ist die Missweisung
eine westliche, in der anderen hingegen eine östliche.
Von den Kleinen Antillen angefangen wächst die westUche Dedi-
nation beständig, je weiter wir gegen Osten vordringen, bis äe auf
dem Baume zwischen den Cap-Verde'schen Inseln und Algier den
Maximalwerth von 22^ 13' erlangt hat Weiterhin vermindert sie sieh
wieder und wird bei Baku gleich 0. Von hier ab wird die Dedination
eine östliche, beträgt jedoch in Innerasien nii^ends mehr als 5 bis 10 ^
veiigrössert sich über dem Nordpadfic und in Or^on bis auf 20 ^ und
verringert sich nun gegen die Antillen hin wieder bis zur Bechtweisung.
In Ostasien findet sich überdies noch eine eiförmige Linie der Becht-
wdsung, welche sich von den Philippinen durch den Meerestheil östlich
von Japan über die Kurilen (Bussole-Insel) nach der Lenamündung,
hierauf südwärts nach dem Baikal-See und weiterhin wieder zurück
nach den Philippinen zieht Jene merkwürdige Anomalie wurde von
Adolph Erman entdeckt, der auf seiner Heise um die flrde (1828
bis 1830) in Nordasien nicht weniger als dreimal die Linie magne^
tischer Bechtweisung durchkreuzte ^). In der Mitte jenes Ovals trifit
man eine westÜche Dedination von über 0 bis mehr als 5 ^.
Alle isogonischen Linien, also nicht bloss die Linie der Becht-
weisung, sondern auch die Linien gleicher Missweisung vereinigen sich
(natürlich abgesehen von dem sibirischen Oval) in den magnetischen
Polen; diese sind also die Convergenzpunkte sämmtlicher isogonischen
Linien. Denken wir uns um den magnetischen Nordpol einen Kreis
gelegt, der einen Halbmesser von etwa 100 geogr. Meilen hat, so wird
für jeden Punkt dieses Kreises die horizontal schwingende Magnetnadel
mit derselben Seite nach dem Mittelpunkt gerichtet sein. Wollte man
auf diesem Ej-eise eine Wanderung um den Pol machen, so würde man
der Beihe nach allen möglichen Werthen der Declination zwischen 0 und
ISO** westlicher und östlicher Declination begegnen. Von der Südseite
des Elreises und zwar vom 96. Gr. w. L. v. Gr. an, wo eine Becht-
') Vgl Adolph Erman, Reise um die Erde durch Xordasien und die
beiden Oceane. Berlin 1848. Abthl. 1, Bd. Ui, S. 115 und 116 (Nota).
XX« Die magnetischen Kräfte der Erde. 468
Weisung beobachtet wird, ist die wesüiclie Declination nach Ost und
Nord hin in beständiger Zunahme begriffen bis zu dem Punkte, wo
jener Kreis den 96. Grad w, L. v. Gr. im Norden des Magnetpols
(zwischen diesem und dem Nordpol) zum zweiten Male durchschneidet;
hier erreicht die Declination den Maximalwerth von 180®. Sodann
tritt der Kreis in das Gebiet östlicher Declination ein, welche allmählich
von 180 ö auf 0 0 sinkt.
In der Nähe der magnetischen Pole, wo die Inclinationsnadel
nahezu vertical steht, verschwindet der horizontale Antheil der magne-
tischen Erdkraft fast ganz. Daraus erklären sich die Klagen der
Polarfahrer, dass die Bussole im hohen Norden wenig zuverlässig sei
und oft rasch und wider Erwarten ihre Stellung verändere. Selbst
durch geringe locale elektrische Entladungen wird sie* vielfach in ihrem
Gange beeinäusst; vor allem aber bewirken Nordlichter häufig starke
Störungen.
Viel einfacher als der Verlaur der isogonischen Linien ist derjenige
der isoklinischen Linien, indem diese der Richtung der Parallel-
kreise viel getreuer folgen als jene den Meridianen. Die ersten Karten
für die Neigung der in verticaler Ebene sich bewegenden Nadeln ent-
warf für die Alte und Neue Welt 1768 der Schwede Wilke^), für
den Atlantischen und Indischen Ocean der Astronom LegentiP). Die
Linie, auf welcher die Neigung der Nadel Null ist, wo die letztere
also horizontal schwebt, nennt man den magnetischen Aequator. Eine
genaue Kenntniss seiner Lage hat man, seitdem ihn Duperrey in
der Zeit von 1821 bis 1825 sechsmal auf seiner Erd&hrt in der ^Co-
quille" kreuzte*). Er tritt unter dem Meridian von Greenwich auf
die nördliche Halbkugel, wendet sich von der Ecke des Guineabusens
nach dem Osthome Afrika's (Cap Guardafui), berührt die Südspitze
des Plateaus von Dekhan, sowie das Nordende von Bomeo und gelangt
unter dem 165. Grad w. L. v. Gr. nach der südlichen Halbkugel.
Unter dem 7. Grad s. Br. erreicht er Südamerika, welches er an der
Ostseite unter dem 17. Grad s. Br. verlässt, um hierauf, nach Nord-
osten fortschreitend, unter dem Meridian von Greenwich den astrono-
mischen Aequator wieder zu durchschneiden. Der magnetische Aequator
liegt demnach in Afrika, dem Indischen Ocean und der westlichen
Hälfte des Stillen Oceans nördlich von dem astronomischen Aequator,
^) J. C. Wilke, Forsok til en magnetisk Inclinations Charta in den
Kongl. Vetenskaps Academiens Handlingar für Ar 1768. Stockholm 1768.
Vol. XXIX, p. 193.
*) Legentil, Voyage dans les mers de Tlnde. Paris 1779. Tome I, Plate I.
*) Arago, Rapport sur le Voyage de la Coquille. Oeuvres, Tome IX,
p. 189.
464 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
in der östlichen Hälfte des Stillen Oeeans, in Südamerika nnd dem
Atlantischen Ocean jedoch südlich yon demselben.
Die übrigen isoklinischen Linien ziehen im allgemeinen in gleidier
Bidbtong mit dem magnetischen Aeqoator. Anf der nördlichen Halb*
kagd findet sich eine Indination von 50^ in Mexico, auf Caba, im
südlidien Marokko mid Algier , an der Südspitze Griechenland's und
in Asien fast durchweg unter dem 38. Parallelkreise, auf der süd-
lichen Halbkugel an dem Nordrande von Patagonien, im unteren
Zambesi-G^biete, an der Nordspitze von Madagaskar und in der Mitte
von Australien. Inneriialb des Deutschen Reiches schwankt die Indü-
nation zwischen 65 und 70 ^ An den Magnetpolen (s. S. 457 ff.)
steht die IncHnationsnadel vortical; hier verschwindet demnach der
horizontale Antheil der magnetischen Erdkraft YoUständig.
Ueber die Grösse der magnetischen Kraft an yersdiieden^i
Stellen der Erdoberfläche belehren uns die Karten der isodyna-
mischen Curven. Der Punkt der geringsten bisher beobachteten
Intensität li^, wie bereits erwähnt wurde, westlich von St Hdena
inmitten des Atlantischen Oceans (Intensität: 0,706 der Humboldt'-
sehen Einheit). Um ihn breitet sich dn ovaler Raum aus, dessen
Intensität den Werth 1 nicht übersteigt, also weit hinter der Intensität
jedes anderen Erdenraumes zurückbleibt Die Längenaxe dieses be-
nachteiligten Gebietes rdcht vom Grolf von Arica (Südamerika) bis
Arabien; somit erstreckt sich diese Region über die Südhälfte des
Atlantischen Oceans (bis zum 40. Orad s. Br.), über den centralen
Theil von Südamerika und ganz Südafrika. Von hier aus wächst die
Intensität nach Norden und nach Süden zu und erlangt an den bereits
erwähnten vier Punkten (vgl. S. 460 f.) ihre grOssten Werthe. Natür-
lich erfolgt die Intensitätszunahme nach dem weit weniger entfernten
noidamerikanischen Maximum viel rascher ab nach dem vid weiter
entrückten sibirischen.
Die isodynamischen Curven lassen durchaus jenen Parallelismua
vermissen, den die isoklinischen Linien fiist überall aufweisen. Vor
allem aber giebt sich eine höchst auffidlende Unr^elmässigkeit darin
zu erkennen, dass diejenige Hemisphäre, welche den Stillen Ooean^
das östliche Asien, Australien und Nordamerika um&sst, viel mehr
(nämlich IV^mal so viel) magnetiäche Eräft» besitzt als die andere
Hemisphäre, welcher der Atlantische Ocean, Südamerika, Europa und
Afrika angehören.
Die Thatsache, dass je zwei Punkte grösster Intensität auf der
nördlichen wie auf der südUchen Halbkugel vorkommen, hat mehr&ch
zu der Meinung gefiihrt, dass zwei magnetische Nordpole und Südpole
existiren. Da jedoch von jeher nur diejenigen Punkte der Erdoberfläche
XX. Die magnetischen Kräfte der Erde. 465
als magnetische Pole bezeichnet werden, wo die Inclinationsnadel
senkrecht zum Horizonte steht, diese Punkte aber von denen der grössten
Intensität durchaus unabhängig sind, so hat man kein Recht, auch die
letzteren als magnetische Pole zu betrachten.
Die geheimnissvollen Kräfte des Erdmagnetismus hat man durch
verschiedene Theorien zu deuten versucht Nach der älteren An-
sicht ist der Magnetismus in der Erde so vertheilt, dass die Gesammt-
wirkung nach aussen der Wirkung eines fingirten kleinen Magneten
im Mittelpimkte der Erde entspricht Diese Hypothese ist nicht mehr
haltbar, da sich zahlreiche Erscheinungen nicht mit ihr vereinigen
lassen. Hiemach müssten die magnetischen Pole diejenigen Punkte
der Erdoberfläche sein, in welche dieselbe von der geradlinigen Ver-
längerung jenes Centralmagnets getroffen wird; das Intensitätsmaxi-
mum müsste an den Magnetpolen zu finden sein; der magnetische
Aequator müsste ein grösster Kreis und jede isoklinische Linie ihm
parallel sein u. s. w. Dieser älteren Anschauung tritt die Gauss 'sehe
Theorie entgegen, welche von dem Satze ausgeht: Die erdmagnetische
Kraft ist die Gesammtwirkung aller magnetisirten Theile des Erdkörpers.
Wie mm auch der Magnetismus im Erdinnem vertheilt sein mag, so
ist doch seine Kraft an jeder Stelle der Erdoberfläche eine besondere;
sie ändert sich daher von Punkt zu Punkt mit der geographischen
Länge und Breite der Orte. Vor allem entwickelte Gauss eine
Gleichung für den Werth des magnetischen Potentials, einer Grösse,
aus welcher sich die Declination, Inclination und totale Intensität irgend
eines Ortes leicht ableiten lässt Wäre der Magnetismus innerhalb der
Erde gleichfbrmig vertheilt, so würde nach dem absoluten Masse von
Gauss jeder Cubikmeter der Erde die Magq^tisirung von acht ein-
pfiindigen Magnetstäben im Maximum ihrer Sättigung besitzen^).
Indessen dürfte die Gesammtmasse der Erde, selbst wenn sie eine
einzige grosse Masse magnetischen Erzes wäre, kaum im Stande sein,
eine so starke magnetische Zugkraft zu entwickeln, und natürUch noch
weniger dann, wenn der grössere Theil ihrer Masse aus unmagnetischen
Stoffen zusammengesetzt sein sollte. Da nun alle strömenden Be-
wegungen in Flüssigkeiten, besonders wenn dieselben theilweise mit
starren Körpern in Berührung stehen, von elektrischen Strömen be-
gleitet sind, diese aber den Magnetismus in hohem Grade erregen
können, so lag es nahe, die magnetische Erdkraft auf Ströme des
glühend-flüssigen Erdinnem zurückzuAihren. In der That müssten
sich in einer gluthflüssigen, in der Abkühlung begriffenen Kugel der-
^) Gauss und Weber, Atlas des Erdmagnetismus. Leipzig 1840. S. 3.
P e ach eUL ei p Ol d t, PhjB. Erdkunde. IL 30
466 Dritter TheiL Die Wasser- und LufUiälle der Erde.
artige Ströme bflden^). Indess ist die Gluthflflssigkeit des Erdinnem
noch keinesw^ erhärtet (vgL Bd. I, S. 283 ff.), und demnach ist auch
diese Anschaunng nur als eine Hypothese za betrachten. Der Erd-
magnetismus ist somit zur Zeit noch eine der geheimnissvollsten
Aeusserungen des Naturlebens. Nur eines darf mit grösserer Wahrschein-
lichkeit angenonmien werden: dass nämlich der eigentliche Sitz der
erdmagnetischen Kraft im wesentlichen weder in der Atmosphäre, noch
an der Erdoberfläche, sondern in den Tiefen unseres Planeten zu
suchen ist').
Der magnetische Zustand der Erde ist kein steter; Yielmehr
ist er iii fortwährendem Schwanken begriffen, und zwar vollzieht
sich dasselbe so rasch, dass sich 8cV>u innerhalb eines Menschenalters
deutliche Spuren hiervon zeigen. Hierin bildet der Erdmagnetismus
einen scharfen Gegensatz zu zahlreichen anderen Vorgängen auf dem
Erdkörper. Die Configuration der Erdtheile, die Temperaturen des
Erdinnem, die Gtezeiten und Meeresströmungen, das allgemeine System
* der Winde, die Flora und Fauna der Länder wechseln in dner fur
den einzelnen Beobachter kaum erkennbaren Weise; Jahrhunderte, ja
Jahrtausende bleiben sie annähemd constant Aber die magnetischen
Verhältnisse unserer Erde sind imaufhörlich flüchtigen Wandelungen
unterworfen. Wenige Jahre genügen, die Elemente des Erdmagnetis-
mus zu verschieben, und der Zeitraum von einem halben oder ganzen
Jahrhundert, zu verwischen und umzugestalten das ganze System jener
Linien, welche man zur Darstellung des terrestrischen Magnetismus in
unsere Karten eingetragen hat Wie gross diese seculären Varia-
tionen sind, soll in dem Folgenden durch einige Beispiele erläutert
werden.
Am firühesten wurde die seculäre Variation der Declination
erkannt. Burrows hatte im Jahre 1580 in London eine östliche
Missweisung von 11^17' gefunden; Gunter, Professor am Gresham-
Collie, beobachtete an dem nämlichen Orte und mit demselben In-
strumente am 13. Juni 1622 nur eine östliche Abweichung von 6^
13'. Nach Gellibrand's Ermittelungen verminderte sich in London
in den Jahren 1633 und 1634 die östliche Abweichung bis auf 4^
10' und 4^') und war im Jahre 1657 «= 0^ Nun trat eine west-
') Vgl. hierzu F. Zöllner: ^Ueber den Ursprung des Erdmagnetismos
und die magnetischen Beziehungen der Weltkörper" in den Berichten der
Kgl. Sachs. Gesellschaft d. W. mathenu-phys. Classe. Sitzung am 20. October
1871, S. 479—575.
') Lamont, Astronomie und Erdmagnetismus. Stuttgart 1S51. p. 260 ff.
^ 0. Peschel, Geschichte der Erdkunde. 2. Aufl. (herausgeg. von
S. Rüge). Manchen 1S77. S. 432, NoU 3.
XX. Die magnetischen Kräfte der Erde.
467
liehe Declination ein; dieselbe wuchs durch mehr als l'/^ Jahrhunderte
und erreichte im Jahre 1818 einen Maximalwerth von 25^ 30'^).
Seitdem verringert sie sich beständig; im Jahre 1872 war sie auf
weniger als 20 und im Jahre 1878 auf 18^'2 ^ westlich zurückgegangen *).
Wir dürfen erwarten, dass sie consequent in diesem Sinne weiterrückt
bis zu einem östlichen Maximum.
Die nachstehende Tabelle enthält 12 Declinationswerthe für Paris
in dem Zeitraum von 1580 bis 1852 3):
Jahr.
Declination.
Jahr.
Declination«
1580
11» 80' Ö8tl.
1814
22» 84' westl.
1618
S'
1819
22« 29' „
1663
0° . :
1822
22M1' „
1770
8 MO' westl. i
1882
22« 3' „
1780
19« 55' „
1842
21»25' „
1805
22« 5' „
1852
20« 20' „
Paris hatte also im 16. und in der ersten Hälfte des 17. Jahr-
hunderts (bis 1663) eine östliche Declination, von da an eine westliche,
welche im Jahre 1814 ihr Maximum erlangte, worauf sie stetig an
Grrösse verlor. Aus der Zu- und Abnahme lässt sich kein Gesetz ab-
leiten; denn sie betrug ftir je ein Jahr
zwischen 1580 und 1618
„ 1618
(AXXVI
1663 10,7 '
77
1819
„ 1822 6,0'
„ 1663
1770 4,6'
>7
1822
„ 1832 0,8'
„ 1770
1780 10 10,5'
>>
1832
„ 1842 3,8'
„ 1780
1805 5,2 '
?>
1842
„ 1852 6,5'.
„ 1805
1814 3,2'
I
Das Tempo und die Richtung der seculären Schwankungen ist
jedoch nicht allein in den verschiedenen Jahrzehnten ein sehr ungleich-
massiges, sondern es ist auch an verschiedenen Orten ein ganz ungleich-
artiges. Dies beweist schon ein Vergleich der oben flir London und
Paris angeflihrten Werthe; aber noch deutlicher tritt dies hervor, wenn
wir weit von einander entfernte Orte in Parallele bringen. Während
*) Edinburgh Review, October 1 872. Vol. CXXXVI, Nr. 278, p. 424.
*) F. J. Evans in den Proceedings of the R. Geogr. Society. Vol. XXII
(1878X p. 204.
") Joh. Müller, Lehrbuch der kosmischen Physik. 4. Aufl. Braon-
schweig 1875. S. 810.
30*
468 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
in Europa, Westasien und Kordafirika die westliche Dedination schon
im 2. Jahrzehnt unseres Jahrhunderts ihr Maximum erreichte, wächst
sie auf dem Meeresraume zwischen der südamerikamschen Ostküste
einerseits, Äscension und St Helena andrerseits seit drei Jahrhunderten
noch fortdauernd um T bis 8' im Jahre; hing^en ist am Gap der
Guten Hoffiiung die westliche Dedination schon im Jahre 1843 zum
Stillstand gekommen. An der Westküste Südamerika's ist der Wechsel
der Dedination sehr gering; ebenso bldben in Nordamerika, Australien
und China die declinatorischen Verhältnisse ziemlich constant Bd so
ungleichförmiger Veränderung der Dedination muss natürlich im Laufe
der Zdt eine ansehnliche Verschiebung der Curyen stattfinden. Mit
den Curven aber wandern auch die Pole. Der nördliche Magnetpol
schrdtet, annähernd in dersdben Brdte verharrend, unablässig gegen
Osten vor und voUendet nach Quetelet's Berechnung etwa in einem
Zdtraum von 560 Jahren eine voUe Revolution um den astronomischen
Pol, eine Umdrehung, welche mit der Bewegung der Hinunelspole um
die Pole der ElkUptik eine gewisse Aehnlichkeit besitzt *). Andere Phy-
siker schreiben jener Periode eine viel grössere Länge zu. Hansteen
hat (in seinem Atlas zu den „Untersuchungen über den Magnetismus
der Erde", Christiania 1819, Taf. I) nach guten Beobachtungen
eine Declinationskarte für das Jahr 1600 entworfen, wdche dei* für
die Gegenwart bearbeiteten durchaus unähnlich ist. Damals herrschte,
von der Ostküste Amerika's angefwgen, nach Osten bis zum Ostrande
Asien's westliche Dedination ; eine Ausnahme hiervon machte nur eiue
schmale Zone, welche sich von Brasilien über den Atlantischen Ocean,
Westafrika und Westeuropa bis Skandinavien erstreckte.
Die seculäre Variation der Inclination ist viel schwächer
als die declinatorische, aber immerhin beträchtlich, wie aus der folgen-
den Tabelle hervorgeht:
Inclination für Paris.
Jahr.
Inclination.
Jahr.
Inclination.
1671
75«
1820
, 68« 20'
1780
71» 48'
1825
68« 0'
1798
69« 51'
1826
67«» 56'
1806
69» 12'
1831
67« 40'
1810
68« 50'
1835
67° 24*
1814
68*36'
1850
66« 42'
*) Natura, Vol. VI, Nr. 166. 2. January 1S73, p. 173.
XX. Die magnetischen Kräfte der Erde. 469
Paris zeigt also seit dem Ende des 17. Jahrhunderts eine stete
Verminderung des IncMnationswerthes. Doch ist dieselbe ebenfalls
keine gleichmässige; denn sie betrug filr ein Jahr
von 1671 bis 1780 1,8'
>7
1780
„ 1798 6,5'
1798
„ 1806 4,9'
1806
„ 1810 5,5'
„ 1810 „ 1814 3,5'
von 1814 bis 1820 2,7'
„ 1820 „ 1826 4,0'
„ 1826 „ 1831 3,2'
„ 1831 „ 1835 4,0'
„ 1835 „ 1850 2,8'.
London hatte im Jahre 1576 eine Inclination von 71® 50'; sie
wuchs bis 1723 auf 74® 42'; seitdem verringerte sie sich jährlich um
2 oder 3 Minuten, und jetzt (1878) ist die Inclination gleich 67^/4® ^).
Wie die Dedination, so verändert sich auch die Inclination in ver-
schiedenen Erdräumen nicht in gleichem Masse und gleichem Sinne.
Während sich z. B. das Nordende der Inclinationsnadel zur Zeit in
Europa jährlich um 2 bis 4' hebt, senkt sich ihr Südende vom Cap
der Guten Hoffnung bis Ascension jährUch um 5 bis 10'. Innerhalb
enger Grenzen findet sich oft eine bemerkenswerthe Ungleichheit
der seculären Variation. In Valparaiso wird die IncHnation von Jahr
zu Jahr um 7' kleiner; doch scheint diese Bewegung an der West-
seite Südamerika's unter dem 10. Grad s. Br. ganz aufzuhören. In
Nordamerika wie in Australien bewahrt der Inclinationswerth nahezu
dieselbe Grösse; hing^en erhöht er sich in China jährlich um 3
bis 4'.
Dass sich unter den Schwankungen der horizontal und vertical
wirkenden magnetischen Kraft auch die magnetische Intensität
nicht gleichbleibt, darf von vorn herein erwartet werden. So hat man
seit einem halben Jahrhundert in England eine Zunahme von 0,02 bis
0,03, in Italien eine Abnahme von 0,2 der totalen magnetischen
Intensität beobachtet, femer eine kleine Zunahme in Washington, eine
kleine Abnahme auf West-Key im Golf von Mexico. In Valparaiso
und Montevideo hat sich während der letzten 50 Jahre nach den
Berichten der „Challenger"-Expedition die totale Intensität imi ^/g,
resp. V77 bei den Falklandsinseln um V9 ^^^ ebensoviel in Bahia, so-
wie auf Ascension vermindert, am Cap der Guten Hofl&iung hingegen
um einen geringen Betrag vermehrt*).
Ueber die Ursache der seculären Variationen des Erdmagnetismus
breitet sich noch immer ein tiefes Dunkel aus. Einer der ersten , der
diesen Schleier zu lüften versuchte, war der geistreiche Halley. Indem
er die an zahlreichen Orten der Erde gefundenen magnetischen Werthe
») F. J. Evans, 1. c p. 204.
*) F. J. Evans, 1. c. p. 215.
470 Dritter Theil Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
auf Karten in Polarprojection zusammenstellte, glaubte er, zwei Pole
auf jeder Hemisphäre zu erkennen. Um nun die Existenz der 9, vier
Pole^ und zugleich den seculären Wechsel der magnetischen Kräfte
zu erklären, nahm er an, dass die starre Erdkruste einen kugelförmigen
Körper umschUesse, dessen Rotation nicht in gleichem Sinne erfolge
wie diejenige der äusseren Schale. Jeder der beiden Theile habe seine
eigene magnetische Axe. Beide träfen sich zwar im Erdmittelpunkte;
aber sie seien sowohl gegen einander wie g^en die Sotationsaxe der
Erde geneigt.
Ein Jahrhundert später (1811 bis 1819) adoptirte Hansteen nicht
allein die Anschauungen Halley's, sondern ging sogar auf dem von
Ha Hey betretenen Pfad noch einen Schritt weiter, indem er die
geographische Lage, sowie die wahrscheinhche Revolutionsperiode jenes
dualistischen Pokystems berechnete^). Sir Edward Sabine ent-
schied sich zwar eben&lls für zwei magnetische Systeme, schrieb jedoch
dem einen terrestrischen, dem andern kosmischen Ursprung zu. Nach
Sabine ist das erstere mit dem Punkte grösster magnetischer Intensität
in Nordamerika das stärkere, das andere aber, welchem das sibirische
Gebiet ifit seinem Intensitätsmaximum angehört, das schwächere.
Von dem letzteren vermuthete Sabine, dass es in beständigem Fort-
schritt begriffen sei und das Phänomen der seculären Variation her-
vorrufe *).
Gegen diese Hypothesen ist vor allem einzuwenden, dass es zwar
vier Gebiete grösster Intensität auf der Erdoberfläche giebt, aber nur
zwei Pole (vgl. S. 464 f.) ; die Forderung eines Doppelsystems magne-
tischer Kräfte hat daher keine Berechtigung. Ebenso gewagt erscheint
es uns, kosmische Ursachen für die seculären Schwankungen verant-
wortlich zu machen. In solchem Falle dürften wir erwarten, dass eine
gewisse Harmonie in den Bewegungen der DecUnations* und Inclinations-
nadeln herrscht; doch lehrt die Erfahrung, wie oben nachgewiesen
wurde, gerade das Gegentheil.
Wahrscheinlich vollziehen sich in den Tiefen unseres Planeten
Wandelungen, welche g^enwärtig noch ausserhalb unserer Erkenntnis«
liegen, und auf diese, nicht auf äussere kosmische Ursachen dürften
wohl die seculären Variationen des Erdmagnetismus zurückzuftihren
sein. Es wird jedenfalls noch langer Zeiträume und fleissiger Beob-
achtung bedürfen, ehe das Gesetz, das über allem Wechsel bdiarrt,
^) Hansteen, Untersuchungen über den Magnetismus der Erde. CHristia-
nia 1819.
*) Vgl liierzu Sir Edward Sabine' s Abhandlungen in den Philosophi-
cal Transactions of the R. Society of London. VoL CLIV (1864), p. 227—
245. Vol. CLVm (1868), p. S71— 416. Vol. CLXH (1872), p. 358-433.
XX. Die magnetischen Kräfte der Erde. 471
und der wahre Motor jener magnetischen Convulsionen mit Sicherheit
ermittelt wird^).
Bei den seculären Variationen verändert die IVIagnetnadel ihre
Stellung nicht gleichförmig und beständig in demselben Sinne wie der
Zeiger einer Uhr. Vielmehr ist sie fortwährenden Oscillationen unter-
worfen, in welchen namentlich eine tägliche Periode deutlich hervor-
tritt Es giebt demnach auch tägliche Variationen neben den
seculären.
Auf der nördlichen magnetischen Halbkugel ist der Verlauf der-
selben etwa folgender. Bei Tage richtet sich die Declinationsnadel, wie
bereits Graham in London im Jahre 1722 entdeckt hatte, g^en
8 Uhr Morgens am meisten nach Osten. In der ersten Periode ihres
täglichen Ganges schreitet sie mit der Sonne bis 2 Uhr Nachmittags
nach Westen, geht in der zweiten Periode bis etwa 12 oder 2 Ulir
Nachts nach Osten zurück, wobei sie oft gegen 6 Uhr Abends einen
kleinen Stillstand macht. In einer dritten Periode bis 2 oder 4 Uhr
Morgens bewegt sie sich, was Alexander v. Humboldt im Jahre
1805 in Rom zuerst beobachtete, wieder ein wenig nach Westen, um
hierauf nach einer vierten Periode gegen 8 Uhr Morgens das Ostliche
Maximum zu erreichen^).
Die Grösse der täglichen Oscillation (Schwingungsamplitude) ist
nicht zu allen Jahreszeiten dieselbe. Im allgemeinen ist sie auf der
nördlichen Halbkugel im Sommer grösser als im Winter; doch wächst
sie keineswegs symmetrisch mit dem Tagesbogen der Sonne. Für
Göttingen beträgt sie im
Januar . . 6,7' Juli . . . 12,1'
Februar. . 7,4' August . .13,0'
März. . .11,0' September . 11,8'
April. . . 13,9' October. . 10,3'
Mai ... 13,5' ^ November . 6,9'
Juni . . .12,5' December . 5,0'.
In ähnlicher Weise oscillirt die Magnetnadel an allen Orten nörd-
lich vom magnetischen Aequator; doch wird die Amplitude kleiner,
je mehr man sich diesem nähert, um südlich von demselben wieder
an Grösse zu gewinnen. Dabei rückt auf der südlichen Hemisphäre
das Südende der Nadel zu denselben Tageszeiten nach Westen, in
welchen auf der nördlichen Hemisphäre das Nordende der Nadel nach
Westen fortschreitet. Somit hat die Nadel auf der südlichen magne-
tischen Halbkugel den umgekehrten Gang wie auf der nördlichen.
^) Vgl. hierzu F. J. Evans, 1. c. p. 211 sq.
«) A. V. Humboldt, Kosmos. Bd. IV, S. 116 ff.
472 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Früher glaubte man, dass eis eine Linie gebe, auf der die
Kräfte, welche die entg^engesetzten Bew^ongen der Nadel auf den
beiden Hemisphären veranlassen, sich neatralisiren, auf der also
die täglichen Variationen völlig verschwinden. Es fragte sich nur, ob
diese Linie der astronomische oder magnetische Aequator oder die
Linie der geringsten magnetischen Litensität sd. Zu diesem Zwecke
wurden auf St Helena, im Caplande und auf Singapore magnetische
Stationen gerundet, und nach ftin^ährigen Beobachtungen konnte Sir
Edward Sabine im Jahre 1847 das unerwartete Resultat verkündigen,
dass gar keine Linie ohne tägliche Variation existire, dass vielmehr in
cter Uebergangszone die täglichen Schwankungen der Declinationsnadel
an den Erscheinungen (dem Typus) beider Halbkugeln abwechselnd
thdlnehmen. So hatte man gefimden, dass auf St Helena (also sehr
nahe der Linie der schwächsten Intensität, aber weit entfernt von dem
geographischen Aequator und von der Linie ohne IncUnation) in der
Zeit vom April bis zum September die Bew^ung der Nadel eine ähn-
liche ist wie auf der nördlichen Halbkugel, während sie vom October
bis März den Charakter der Oscillationen auf der stidlichen Halbkugel
an sich trägt. Der Wechsel der Richtung erfolgt kurz nach dem 2^t-
punkte, in welchem die Sonne den Aequator passirt Zu dieser Zeit
erwdst sich der Glang der Nadel unsicher und zeigt an mehreren
Tagen üebergangsperioden von einem Typus zum andern, von dem
der nördlichen zu dem der südlichen Halbkugel oder umgekehrt^).
Die AufEddmungen im Caplande und auf Singapore stimmten im
wesentlichen mit den auf St Helena gemachten überein.
Spätere Untersuchungen haben gelehrt, dass sich auf allen
Stationen der Erde eine ähnliche halbjährige Variation vollzieht, dass
nämlich auf der nördlichen Halbkugel vom April bis September die öst-
liche Bew^ung am Moi^en und die westliche gegen Mittag an Grrösse
gewinnt, vom October bis März hingegen abnimmt, während auf der
südlichen Hemisphäre vom April bis September das Nordende der
Hagnetnadel am Morgen nicht so weit gegen Westen imd in den
Mittagsstunden nicht so wdt gegen Osten vorrückt als in dem Halbjahre
vom October bis März. Aus der Thatsache, dass unter niederen Breiten
die tägliche Variation stets beim Uebei^gang der Sonne aus der einen
Hemisphäre in die andere ihre Richtung verändert, geht hervor, dass
dieser Wechsel der Richtung von der Stellung der Sonne zum Aequator
') SirEdwardSabine, Obserrations made at the magnet. and meteoroL
Observatoxy at St. Helena in 1840—1845. Vol. I, p. 30 nnd PhiloBophical
Transactions of the R. Society of London. Vol. CXXXVII (1847), p. 51—57,
sowie Plate III o. IV.
\
XX. Die magnetischen Kräfte der Erde. 473
abhängt; jedoch nicht von dem Zenithstande der Sonne an der betreffen-
den Beobachtungsstation.
Sir Edward Sabine hat uns auch Aufschluss darübergegeben,
warum in unseren Breiten kein ähnlicher halbjähriger Wechsel in dem
Gang der Declinationsnadel stattfindet wie am Aequator. Wir können
die tägliche Variation als die Resultante zweier Variationen betrachten :
die eine ist die mittlere Variation eines Sonnentages (the
mean solar-diumal Variation) und die andere die halbjährige Un-
gleichheit (the semi-annual inequality). Die wirkliche tägliche
Variation, wie sie durch unsere Instrumente zum Ausdruck gelangt,
ist als eine Verschmelzung beider anzusehen. In den mittleren nörd-
lichen Breiten beträgt die durchschnittliche tägliche Variation 9 bis 10',
die halbjährige Ungleichheit nur 3 bis 4'. Hier ist daher die erstere
entscheidend ftxr den Typus der Variation, während sich die Wirkung
der letzteren darauf beschränkt, den Werth der Variation in der einen
Hälfte des Jahres zu erhöhen, in der andern aber ihn zu vermindern.
Je mehr wir uns von den Polen her den Wendekreisen nähern, um
so geringer wird die Grösse der mittleren tägUchen Variation, während
die halbjährige Ungleichheit in Richtung und Betrag constant bleibt.
Unter den Tropen erhält die letztere das Uebergewicht; daher be-
gegnen wir hier jenem halbjährigen Wechsel ^).
Auch die Inclination und totale Intensität sind täglichen
Variationen unterworfen. Die erstere ist auf der nördlichen ELalbkugel
um 8 bis 10 Uhr Morgens am grössten und um 6 bis 10 Uhr Abends
am kleinsten, wobei freilich grössere Abirrungen von dem normalen
Verlauf nicht selten vorkommen. Die letztere hingegen zeigt gerade
den entgegengesetzten Gang: sie erreicht ihr Maximum meist Abends
gegen 10 Uhr, ihr Minimum aber Morgens 10 Uhr. Wie flir die
Dedination, so ist auch fhr die Inclination und Intensität eine jährliche
Variation erwiesen, welche ebenfalls vom Sonnenstande abhängig ist,
da ihre Maxima und Minima nahezu mit den Solstitien zusammen-
fallen, und zwar sind die Variationen der Inclination und totalen
Intensität gleichzeitig auf beiden Halbkugeln am grössten, nämlich zu
der Zeit, in welcher die Erde der Sonne am nächsten steht (also
während unseres Winters). Diese Gleichzeitigkeit der Erscheinungen
auf beiden Halbkugeln schliesst die Annahme völlig aus, dass jene
Variationen den jährlichen Temperaturwandelungen zuzuschreiben sind,
obwohl die manigfachen gemeinsamen Züge, welche die isodynamischen
Curven und die Isothermen erkennen lassen, darauf hindeuten könnten,
dass eine thermisch- magnetische Wechselwirkung besteht.
■) Sir Edward Sabine: Gontributions to Terrestrial Magnetism in the
Edinburgh Review, October 1872. Vol. CXXXVI, Nr. 278, p. 415 sq.
474 Dritter Theil. Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Sir Edward Sabine hat ferner die Frage zu beantworten ver^
sucht, ob die gesammte magnetische Kraft der Erde grösser ist, wenn
die Sonne in den südlichen oder wenn sie in den nördlichen Zeichen
steht. Durch die Veigleichung der Indinationsvariationen mit denen
der horizontalen Intensität fand er, dass in Kew (bei London) und
Toronto (Canada) die magnetische Erdkraft in den Wintermonaten
stärker ist als in den Sommermonaten; ebenso zeigte sich auf der
südlichen Halbkugel in Hobarton vom October bis Februar (also im
Südhemisphärischen Sommer) der mittlere Jahreswerth grösser als in
der anderen Jahreshälfte^). Demnach ist auch die Verstärkung des
tellurischen Magnetismus während der südlichen Declination der Sonne
nicht auf Unterschiede der Temperatur, sondern wahrscheinlich auf den
geringeren Abstand des magnetischen Sonnenkörpers von der Erde
zurückzuftihren. Im übrigen ist die in den tauchen und jährlichen
Variationen sich äussernde magnetische Femewirkung der Sonne ebenso
sehr ein G^heimniss wie der Erdmagnetismus selbst
Wie die Sonne, so übt auch der Mond Einflüsse auf den Gang
der Magnetnadd aus; denn die magnetische Abweichung erlddet eine
kleine und sehr regelmässige Schwankung, deren Grösse von dem
Mondstondenwinkel abhängt und deren Periode daher &n Mondtag ist.
Der auffiJlendste Zug in der durch den Mond hervorgerufenen Variation
ist die zweimalige Ab- und Zunahme der drei magnetischen Elemente
innerhalb eines Tages, und zwar treten die Maxima ein bei der Dedi-
nation 6 und 18 Stunden, bei der Indination 3 und 14 Stunden und
bei der 'Intensität 3 und 16 Stunden nach der oba!«n Culmination;
die Grösse der Perioden (Differenz zwischen Maximum und Minimum)
beträgt bei der Declination 0,64', bei der Inclination 0,07% bei der
TotaUntensität 0,000012'^). Diese Bew^ungen lassen sich am dn-
fachsten durch die Hypothese erklären, dass durch die Erde im Monde
Magnetismus inducirt wird.
Die regelmässigen täglichen Schwankungen, welchen die Magnet-
nadel unterworfen ist, erleiden oft starke Störungen, bei denen der
magnetische Meridian gewissermassen nach Ost oder West hin seine
Mittellage verlässt Häufig eriangen diese Perturbationen ausserordent-
lich grosse anguläre Werthe; dabei treten sie ganz unerwartet auf und
ofienbaren sich oftmals über Meer und Land auf Hunderten und Tau-
*) PhÜoeophical Transactions of the R Society of Liondon. YoL CXL
(1850), p. 215—217. Msgnetical ObservatioiiB at Hobarton. Londoii 1852.
Vol. U, p. XLVL
* *) Sir Edward Sabine in den Pkilosophical Transactions of the B.
See of London. VoL GXLYII (1857), p. 1 — 8. Vgl hierzu Proceedings of the
R Society. VoL XI (1861), p. 73—80.
XX. Die magnetischen Kräfte der Erde. 475
senden von Meilen im strengsten Sinne des Wortes gleichzeitig oder
pflanzen sich ausserordentlich schnell nach allen Bichtungen über die
Erdoberfläche fort. Für solche urplötzlich eintretende, nicht an gewisse
Zeiträume gebundene Zuckungen der Magnetnadeln, vorzüglich der
horizontalen, hat A. v. Humboldt den Namen magnetische
Stürme oder Gewitter geschaffen. Doch soll hiermit keinerlei
zeitliche und ursächliche Verknüpfung mit Stürmen und Gewittern
angedeutet werden; im Gegentheil üben dieselben meist keine wahr-
nehmbare Wirkung auf die Magnetnadel aus.
Das tiefere Eindringen in diese Erscheinungen verdanken wir
insbesondere der Anregung zweier Männer: A. v. Humboldt's imd
Sir Edward Sabine's. Seit dem Jahre 1828, in welchem die erste
magnetische Hütte in Berlin errichtet wurde, entstanden in rascher
Folge in Deutschland, Bussland (ind. Sibirien), England und seinen
Oolonien (St Helena, Capstadt, Hobarton in Tasmanien, Toronto in
Canada), sogar in China zahlreiche magnetische Beobachtungsstationen.
Von dem Jahre 1834 an wurden an verschiedenen Orten Deutschland's
und der Nachbarländer gleichartig construirte Apparate angestellt, an
denen gleichzeitig an gewissen vorausbestimmten Tagen 24 Stunden
lang der Gang der Dedinationsinstrumente von 5 zu 5 Minuten ab-
gelesen wurde. Hierbei machte man, so am 26. und 27. Februar, des-
gleichen am 28. und 29. Mai 1841, die überraschende Entdeckung,
dass an diesen Tagen die Declinationsnadeln in üpsala, G^ttingen und
JVIailand ganz gleichmässig vor- und rückwärts schritten, d. h. an diesen
drei Orten zeigten die Declinationsnadeln in ihrer Bewegung einen
auffallenden Parallelismus, obwohl die nichtperiodischen Schwankungen
in den einzelnen Stunden bald bedeutend, bald gering waren. Nur
wurden die Störungen der Declination im aUgemeinen gegen Norden
hin grösser. So ging z. B. am 26. Februar 1841 Morgens zwischen
3 und 4 Uhr die Dedinationsnadel zu Upsala unge&.hr 12', zu
Göttingen nahezu 8 \ zu Mailand etwas über 5 ' nach Westen. Immer-
hin war die Harmonie im Verlauf der nichtperiodischen Veränderungen
eine so ausgesprochene, dass man fortan dazu berechtigt war, die
letzteren nicht als locale, sondern als allgemein terrestrische Erschei-
nungen zu betrachten.
Am 27. und 28. August 1841 stellte man Terminbeobachtungen
zu Upsala, Göttingen, Mailand und Gapstadt an, und wiederum
erkannte man, dass der Gang der magnetischen Störungen an allen
vier Orten ein nahezu gleichmässiger war; nur standen, wie man
erwarten durfte, die Schwankungen an dem letztgenannten Orte, also
auf der südlichen Halbkugel in &st vollkommenem Gegensatze zu
denen in Upsala, Göttingen und Mailand, d. h. sie waren östiich statt
476 Dritter Theil. Die Wasser* und Lufthülle der Erde.
westlich oder tungekehrt. Hieraus folgt, dass die magnetischen Erttfie
gleichmässig wirken auf dem ganzen Baume zwischen den beiden
magnetischen Polen.
Aber auch für solche Orte, weldie nicht unter demselben Meridian,
sondern in gldcher geographischer Breite hegen, besteht ein Zusammen-
hang in den Störungen; nur äussert er sich in etwas anderer Weise.
Von demjenigen Punkte an, wo die Perturbation ein Maximum er-
reicht, bleibt dieselbe eine gleichartige bis 90 ® östlich und 90 ® west-
Uch, wird jedoch bis dahin immer geringer und verschwindet hier
wohl ganz, um auf der anderen ELälfte des Parallels in eine Störung
im entg^;engesetzten Sinne überzugehen. Das Maximum derselben
ist 180^ von demjenigen Punkte entfernt, wo * die gegentheilige
Schwankung am stärksten war. Dies zeigte sich deutlich bei den
Terminbeobachtungen zu Toronto (am Ontario-See), Göttingen und
Nertschinsk am 27. und 28. August 1841. Der Längenunterschied
zwischen Toronto und Nertschinsk beträgt unge&hr 180^, während
sich Gk^ttingen nahezu in der Mitte beider befindet Es eigab sich
nun, dass, während in Gtöttingen zwisdien dem 27. August 10 ühr
Abends und dem 28. August 2 Uhr Morgens bedeutende Schwankungen
zu verzeichnen waren, die Dedinationsnadel zu Toronto und Kertschinsk
sich aufiGillend ruhig verhielt; umgekehrt wich sie am folgenden Tage
zwischen 10 und 12 Uhr zu Göttingen wenig von dem normalen Gange
ab, erlitt hingegen zu Toronto und Nertschinsk ansehnliche, aber
einander widersprechende Störungen.
Im hohen Norden suchen wir freilich vergebens nach jener Sym-
metrie der Erscheinungen, wie sie in den angeflihrten Bdspielen er-
kannt wurde. Vielmehr sind hier die Anomalien meist ganz eigenartig,
dabei ausserordentlich gross und manig&ch wechselnd.
Ueber die Ursachen der magnetischen Störungen waren die An-
sichten von jeher getheilt Die Vermuthung, dass Gewitter den Gang
der Magnetnadel wesentlich beeinflussten, hat sich nicht bestätigt Bei
Erdbeben und vulcanischen Ausbrüchen wurde zwar wiederholt ein
starkes Schwanken der Dedinationsnadel bemerkt; doch dürfte das-
selbe wohl mehr als eine Wirkung mechanischer, als magnetischer
Kräfte zu betrachten sein. Unzweifelhaft aber steht der tellurische
Magnetismus in innigem Zusammenhang mit dem Erd- oder Polar-
lichte.
Schon Halle 7 deutete eine solche Verknüpfung beider an; doch
wurde erst durch eine glänzende Entdeckung Faraday's (die licht-
entwicklung durch magnetische Kräfte) diese Annahme empirisch be-
gründet Bereits am Moi^n vor dem nächtiichen Lichtphänomen
äussert sich die Störung des Gleichgewichts in der Vertheilung des
XX. Die magnetischen Kräfte der Erde. 477
Eirdinagnetismus durch den unregelmässigen stündlichen Gang der
Magnetnadel. Diese Störung wächst, bis endlich durch eine mit herr-
lichen Lichteffecten verbundene Entladung das Gleichgewicht wieder
hergestellt wird. Das Nordlicht selbst ist dann „nicht als eine äussere
Ursache dieser Störungen anzusehen, sondern als eine bis zum leuchten-
den Phänomen gesteigerte tellurische Thätigkeit, deren eine Seite jenes
Leuchten ist, die andere die Schwingungen der Nadel" ^). Alexan-
der V. Humboldt*) erkennt darum in der Erscheinung des farbigen
Polarlichtes den ^Act der Entladung, das Ende eines magnetischen
Ungewitters, wie in dem elektrischen Ungewitter ebenfalls eine Licht-
entwicklung, der Blitz, die Wiederherstellung des gestörten Gleich-
gewichts in der Vertheilung der Elektricität bezeichnet".
Das NordUcht bildet sich immer zunächst am Horizont und zwar
imgefähr in derjenigen Gegend, in welcher dieser von dem magne-
tischen Meridian durchschnitten wird. Zunächst steigt es als eine dicke
Nebelwand, durch welche kaum die Sterne sichtbar sind, 8 bis 10®
über den Horizont empor, wobei die Farbe des dunklen Segments
in's Braune oder Violette übergeht; nach und nach wird dasselbe von
einem hell glänzenden . Lichtbogen erst weiss, dann gelb umsäumt.
Nur im hohen Norden ist das rauchähnliche Kugelsegment weniger
dunkel. Der Lichtbogen ist in beständigem Aufwallen begriffen;
endlich schiessen Strahlen und Strahlenbündel aus ihm hervor und
dringen bisweilen bis zum Zenith empor. Je nach der Stärke der
Entladungen spielen die Farben durch alle Nuancen vom Violetten
und bläulich Weissen bis in's Grüne und Purpurrothe. Der ganze
Himmel wird zu einem herrUchen Flammenmeer. Endlich schaaren
sich die Strahlen an demjenigen Punkte des Himmelsgewölbes zu-
sammen, wohin die Neigungsnadel zeigt, und so entsteht die sogenannte
Krone des Nordlichts. Ihr Glanz ist mild, das von ihr ausströmende
Licht ohne Wallung. Nur selten entwickelt sich eine volle Krone; in
jedem Falle bezeichnet sie das Ende des herrUchen Schauspiels, indem
schon kurze Zeit nach ihrem Erscheinen sowohl die allmähliche Auf-
lösung ihrer selbst, sowie der Lichtbögen beginnt. In unseren Breiten
tritt das Nordlicht fast niemals in solcher Schönheit auf; vielfach ist
eine mattrothe Wolke oder eine intensiv rothe Beleuchtung des nörd-
lichen Himmels alles, was wir von ihm. wahrnehmen.
Die wahre Höhe des Nordlichtes muss bisweilen eine sehr beträcht-
liche sein, da es sonst nicht, wie das NordUcht vom 7. Januar 1831,
*) Dove in Poggendorff's Annalen, Bd. XIX (1880), S. 888; Bd. XX
(1830), S. 341.
*) Kosmos. Bd. I, S. 198.
478 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
zugleich am Erie-See und in Europa gesehen werden könnte^). Setzt
man voraus, dass ein und dasselbe Lichtphänomen beobachtet wird,
so muss man w^en der Krümmung der Erde den Sitz desselben
mindestens in einer Höhe von 30 geogr. Meilen über dem Erdboden
suchen. Nach J. R L. Flögel^ beträgt die Höhe der Basis der
Strahlen durchgängig 20 bis 35 geogr. MeQen, manchmal vielleicht auch
nur 14 geogr. Mdlen; die grösste Höhe dürfte 40 geogr. Meilen nicht
überschreiten. Die Spitzen der Strahlen erreichen vielfach eine Höhe
von 70 geogr. Meilen, wahrscheinlich öfter von 100 geogr. Meilen;
doch sind niemals Höhen von 200 geogr. MeQen nachgewiesen worden.
Hieraus geht hervor, dass sich die Nordlichter meist fast ganz ausser-
halb unserer Atmosphäre befinden; ftlr gewöhnlich ist nur der unterste
TheQ in die äussersten Luftschichten der Erde eingetaucht, und nur
sehr selten ragt er bis in die Region der Wolken hinab.
In solcher Höhe ist die Dichte der Luft so gering, dass unsere
gewöhnlichen Luftpumpen nicht genügen, eine ähnliche Verdünnung
zu erzeugen. Doch vermag man dieselbe mit Hilfe der Quecksilber-
luftpumpe annähernd herzustellen in Grlasröhren, den sogenannten
Geissler'schen Röhren. Lässt man in diesen eine Spur dnes Gases
zurück und sendet einen elektrischen Strom hindurch, so b^innt das
Gas zu glühen und in einer ftir jedes Gas charakteristischen Farbe zu
leuchten. Durch Betrachtung mit dem Spectralapparat wird diese
Farbe in eine grössere oder geringere Anzahl von Linien zerlegt, aus
deren Lage sich die Qualität des betreffenden Gases ergiebt
Nun lag der Gedanke nahe, dass auch das Nordlicht von einer
in den höheren Regionen der Atmosphäre sich vollziehenden elektrischen
Ausströmung herrühre. Man hat es deshalb spectroskopisch unter-
sucht, ohne jedoch bisher sichere Resultate zu gewinnen. Zöllner^)
beobaditete mittelst eines Browning'schen Miniaturspectroskopes das
Spectrum des prachtvollen Nordlichtes vom 25. October 1870 und
&n4 im grünen Theile des Spectrums (zwischen D und E) eine helle
Linie, die sogenannte Angström'sche Linie. Femer trat eine rothe
Linie an denjenigen Stellen des Himmels intensiv auf, die sich auch
dem unbewafiheten Auge als stark geröthete darboten. Endlich wurden
noch im blauen Theile des Spectrums zuweilen schwache, bandartige
Streifen bemerkt Zöllner hat daigethan, dass das Nordlichtspectram
^) Das Nordlicht vom 4. Februar 1872 wurde, was äusseret selten vor-
kommt, sogar in Cairo beobachtet.
*) Zeitschrift der österreichischen Gesellschaft für Meteorologie. Bd. VI
(1S71X S. 353 ff. 385 ff.
*) Berichte der KgL Sachs. Gesellschaft d. W. math.-phys. Classe.
Sitznng am 31. October lb70, S. 254—260.
XX. Die magnetischen Kräfte der Erde. 479
in seinen Hau{)tlinien mit keinem Spectrum von einem bekannten
irdischen Stoffe identisch ist, und gelangte schliesslich zu dem Resul-
tate, dass, wenn die Lichtentwicklungen beim Nordlicht elektrischer
Natur sind, dieselben so niedrigen Temperaturen angehören müssen^
wie sie beim Experimentiren mit G eis sler' sehen Röhren nicht an-
gewandt werden können. Das Spectrum des Nordlichtes stimme nur
deshalb nicht mit einem uns bekannten Spectrum der atmosphärischen
Gase überein, weil es ein Spectrum anderer, aber künstlich bis jetzt
noch nicht darstellbarer Ordnung ist. Doch ist es H. C. VogeP),
der die Nordlichter vom 25. October 1870, vom 12. Februar, 9. und
14. April 1871 aufs sorg<igste untersuchte, gelungen, die Stickstoff-
linien mit Sicherheit nachzuweisen, ebenso eine Sauerstofflinie und
vielleicht auch mehrere Eisenhnien. So scheint sich also die An-
schauung mehr imd mehr zu befestigen, dass das Nordlichtspectrum
nichts anderes als eine Modification des Luftspectrums ist, welche durch
eigenthümliche Druck- und Temperaturverhältnisse, sowie durch das
Fehlen der Wasserdämpfe in den höchsten Luftregionen herbeigeführt
wird*).
Der innige Zusammenhang zwischen Erdmagnetismus und Polar-
licht ist im Gebiete der arktischen Inselwelt seit Parry's Zeiten viel-
fach beobachtet worden; noch deutlicher kommt er in den arktischen
Regionen der Alten Welt zur Geltung und ist erst neuerdings (1872
bis 1874) wieder von Weyprecht und Payer im Franz-Josephs-
Lande klar erkannt worden.
Indess brauchen wir uns gar nicht nach dem hohen Norden zu
begeben, um jene Wechselwirkung zwischen Erdmagnetismus und
Polarlicht wahrzunehmen. Die elektromagnetische Natur des Nord-
lichtes geht z. B. auch daraus hervor, dass es in den telegraphischen
Leitungen Strömungen hervorbringt, welche den regelmässigen Dienst
unmöglicli machen. Das glänzende Nordlicht, welches in der Nacht
vom 9. zum 10. November 1871 sichtbar war, rief in dem von Paris
direct nach Brest fuhrenden Draht von 10 Uhr Abends bis Mittemacht
Ströme hervor, welche den telegraphischen Verkehr vöUig hinderten.
Nach einer Pause von einer halben Stunde wurden die Ströme immer
stärker, und der Magnetismus, den sie erzeugten, war so kräftig, dass
der Anker des Hughes'schen Apparates an dem Elektromagneten
vollständig fest bUeb und dass man sehr grosse Muskelkraft anwenden
musste, um diese Anziehung zu überwinden. Das Glockenwerk tönte
^) Berichte der Egl. Sachs. Gesellschaft d. W. mathein.-ph7S. Classe.
Sitzung am 1. Juli 1871, 8. 285—299.
*) Vgl. hierzu auch A. J. Angström: lieber das Spectrum des Nord-
lichtes in Poggendorff's Annalen, Jubelband (1874), S. 424 ff.
480 Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
unter betäabendem Geräusch. Auch auf der transatlantischen, also unter-
seeischen Ldtung von Brest nach St Pierre kamen Störungen vor und
ebenso in Nordamerika, wo das Nordlicht gleichfiüls gesehen wurde ' ).
Von ähnlichen Wirkungen war das Nordlicht am 14. und 15. Octo-
her 1872 begleitet Anhaltende Ströme vod verschiedener Dauer durch-
kreuzten in Frankreich vom 14. October (10 Uhr 30 Minuten Abends)
bis 18. October (9 Uhr 30 Minuten Abends) mit kurzen Unt^-
brechungen die Leitungsdrähte. Seltsamer Weise rief jene Erscheinung
in den von Nord nach Süd laufenden Drähten die intensivsten Störungen
hervor, während die von Ost nach West fiihrenden Tel^raphenlinien
weniger davon berührt wurden. Diese Strömungen waren kdneswegs
localer Natur, sondern zeigten sich gleichzeitig auf allen Linien einer und
derselben Gegend. Ihre Sichtung war zwar veränderlich; doch war sie
gleich bei allen Drähten von derselben Sichtung und veränderte sich in
diesen auch in dem gleichen Moment
Nach Arago's Untersuchungen wird die Nadel vom NordUchte
selbst an Orten afficirt, wo dieses gar nicht sichtbar ist In Mittel-
europa nimmt gewöhnlich die westliche Declination vor dem Auf-
tauchen des Nordlichtes zu und vergrössert sich bisweilen sogar noch
nach dem Eintritt des Phänomens. Hierauf kehrt die Nadel nach
Osten zurück, überschreitet beträchtÜch ihre normale Lage und wendet
sich sodama wieder nach Westen. Nach den Beobachtungen von
Lottin und Bravais in Bossekop in den Jahren 1838 und 1839
hängt der Grad der Störung, welche die Nadel erleidet, von der Inten-
sität des Nordlichtes ab. Ist dasselbe matt leuchtend und ver-
schwommen, so bemerkt man öfter gar keine Störung; findet jedoch
ein helles, bunt&rbiges Aufblitzen statt so betragen die Anomalien
der Dedinationsnadel bisweilen mehrere Grade. Nicht selten wird
durch eine abnorme, über einen ganzen Tag sich erstreckende West-
wärtsbew^ung der Nadel das Erscheinen eines Nordlichtes voraus-
verkündigt-). Zu derselben Zeit wächst gewöhnlich der Indinations-
werth, während sich die horizontale Intensität vermindert
Endlich wird der Zusammenhang zwischen Erdmagnetismus und
Nordlicht auch dadurch bewiesen, dass der Gipfel des Nordlichtbogens
nahezu im magnetischen Mmdian liegt und dass der Mittelpunkt der
Corona mit demjenigen Punkte des Himmelsgewölbes übereinstimmt
nach welchem die Inclinationsnadel zeigt Von entscheidender Wichtig-
keit ist vor allem die Thatsache, dass die Nordhchtstrahlen über jeder
Station ohne grosse Abweichung dieselbe Richtung besitzen wie die
>) Zech im Ausland 1872, S. 664.
*) Sir Edward Sabine in the Edinbargh Review, October 1S72. VoL
CXXXVI, Nr. 27S, p. 420 sq.
XX. Die magnetischen Kräfte der Erde. 481
Inclinationsnadel ; eine an die Stelle der Strahlen gebrachte Inclinations-
nadel würde also dieselbe Lage annehmen wie die Strahlen, welche
das Nordlicht bilden. Die eigenthümlichen Formen des Nordlichtes,
welche dem scheinbar widersprechen, sind als eine Wirkung der
Perspective zu erklären. Man ist denmach zu dem Schlüsse berechtigt,
dass die Lichtbogen des Nordlichtes in den Magnetpolen der Erde ihren
Ausgangspunkt haben und sich unge&hr den magnetischen Curven
entlang um den Erdmagnet ausbreiten^).
Wir haben bisher immer nur der Nordlichter gedacht; sie stehen
ims ja am nächsten, sind am frühesten beobachtet worden und bisher
allein der Gegenstand genauer Untersuchimg gewesen. Aber es giebt
auch SüdUchter. Sie sind bereits von Cook und seinen Begleitern
im Februar 1773 gesehen imd damals als etwas Neues beschrieben
worden.
Höchst eigenthümlich ist es, dass Nord- und Südlichter vielfach
gleichzeitig auftreten. So bemerkte Cook am 18., 21. und 25. Fe-
bruar, sowie am 16. März 1773 Stidlichter, während van Swinden
berichtete, dass er an denselben Tagen zu Franeker in Friesland
Nordlichter wahrgenommen habe. Femer rötheten im Jahre 1783
gleichzeitig zu Rio de Janeiro und in Europa Polarlichter den Himmel.
Auch zu Hobarton (Tasmanien) und Christiania erschienen bisweilen
Polarlichter zu gleicher Zeit. Auf Grund noch zahlreicher anderer
Beobachtungen kann man sagen, dass die Entwicklung des Polarlichtes
in der Nähe des einen der magnetischen Pole von dem gleichzeitigen
Auftauchen des Polarlichtes am andern magnetischen Pole des Erdballs
begleitet ist. Die Störung des Erdmagnetismus erstreckt sich nach
der allgemeinen Natur der Magnete stets auf beide Hemisphären
zugleich.
Noch ist auf eine wichtige neuere Entdeckung hinzuweisen, welche
recht geeignet ist, die Ursachen gewisser Ungleichheiten in den magne-
tischen Störungen uns zu enthüllen. Das grösste Mass der magne-
tischen Störungen fkUt nämlich zusammen mit der höchsten Frequenz
der Nordlichter, der Sonnenflecken und seltsamer Weise auch mit der-
jenigen der Cirruswölkchen. Die innige Verknüpfung der drei erst-
genannten Erscheinungen geht deutlich aus der beifolgenden Zeichnung
(Fig. 87) hervor, welche die Resultate zahlreicher Beobachtungen in
dem Zeitraum von 1770 bis 1870 zusammenfasst *). Oben sind die
') Vgl. hierzu J. Sirks: Ueber die Krone des Nordlichtes in Poggen-
dorffs Annalen, Bd. CXLIX (1873), S. 112—119.
«) Zech im Ausland 1872, S. 629 ff. 664 ff. Vgl. hierzu auch Rudolf
Wolf: Ueber die elfjährige Periode in denSonnenflecken und erdmagnetischen
Variationen in Poggendorff's Annalen, Bd. CXVII (1862), S. 502 ff*.
PeBchel-Leipoldi, Phys. Erdkande. II. 31
482
Dritter TheiL Die Wasser- und Lufthülle der Erde.
Jahrzehnte ang^eben. Das Auf- und Abstrigen der Carmen zeigt das
periodische Wachsen und Abnehmen jener drei Phänomene an. Man
erkemit sofort Perioden von nngefthr 11 Jahroi ^) ; nach einer gewissen
Anzahl solcher Perioden trat eine besonders hohe Frequenz em, so in
den Jahren 1779, 1789 nnd dann wieder 1837, 1848, 1860 und 1870,
während in dem Zeitraum von 1800 bis 1835 die MA-giwm. nicht jene
Höhe erreichten.
Fig. 87.
1770 1780 1790 1800 1810 1820 1830 1840 1850 1860 1870
ü^h
JIM.^-^.- --k-^^2
Der periodische Wechsel in der Frequens der Nordlichter, der maipietiecheii SUmsgeii und der
SoDiienlleckeii.
Da die drei dargestellten Erscheinungen, obwohl sie durchaus
Yorschieden in ihrer Art sind, doch in Zeit und Grösse fast genau
dieselbe Periode haben, so kann von blossem ZujGsJl nicht die Bede
sdn. Welches ist nun die wahre Ursache, welche allen drei zu Grunde
liegt? Zunächst ist es doch wohl zweUellos, dass die Magnetnadel
den elektrischen Einwirkungen des Nordlichtes gehorcht Es gilt dem-
nach vor allem, den ursächlichen Zusammenhang zwischen Nordlicht
und Sonnenflecken zu ermitteln. Erhebt sich auch das Nordlicht bis
zu mehr als 100 Meilen Höhe, so bleibt es doch ein irdisches Phänomen.
Nun ist es aber undenkbar, dass die irdische Erscheinung des Nordlichtes
auf dem Centralkörper des Sonnensystems Schlackenbildungen hervor-
zuzaubern vermag, welche nicht selten an Umfang den Erdball über-
treffen, um so mehr undenkbar als auch sonst in vielen Beziehungen die
') Die Länge dieser Perioden war nicht onbetrfichtlichen Schwankungen
unterworfen; doch blieb hierbei stets die Uebereinstimmung der drei Erschei-
nungen unverändert bestehen.
XX. Die magnetischen Kräfte der Erde. 483
Erde von der Sonne, nicht aber die Sonne von der Erde abhängig ist.
Somit müssen wir entweder die Sonnenflecken selbst oder eine stets
sie begleitende Erscheinung als Ursache der Nordlichter und der
Variation der Magnetnadel betrachten.
Nach Zöllner^) wird zur Zeit der Fleckenmaxima durch die
Steigerung der relativen Stromgeschwindigkeit und die Vergrösserung
der Frictionsprocesse an der Sonnenoberfläche die Intensität der hier-
mit verbundenen galvanischen Ströme und somit auch der magnetische
Zustand der Sonne verstärkt.
Ebenso lässt sich jener Zusammenhang durch die Protuberanzen
in genügender Weise rechtfertigen. Sie brechen, wie schon früher
(Bd. I, S. 74 f.) gezeigt wurde, stets mit ungeheurer Geschwindigkeit
am Rande der Sonnenflecken hervor und sind demnach ebenso wie
die Eruptionen irdischer Vulcane eine Quelle intensivster Elektricitäts-
erregung (Bd. I, S. 133). Finden demnach gleichzeitig mit der Ent-
stehung von Sonnenflecken elektrische Entladungen statt, so ist bloss
noch der Nachweis zu flihren, wie dieselben auch irdische Vorgänge
beeinflussen können.
Elektrische Kräfte vermögen sich nicht durch den leeren Raum
fortzupflanzen; um jene Einwirkungen zu erklären, sind wir demnach
zu der Annahme gezwungen, dass ein leitendes Medium den Welt-
raum erfüllt. Die Existenz desselben wurde schon oben (Bd. I, S. 49)
aus mehrfachen Gründen gefordert, und die spectroskopischen Unter-
suchungen des Nordlichtes sind dem gleichfalls günstig. Mag auch
dieses Medium ausserordentlich fein sein, noch feiner als die Gase in
den Geissler'schen Röhren, so muss es doch eine genügende Dichtig-
keit besitzen, zwischen Sonne und Erde eine elektrische Verbindung
zu vermittek.
Die Erde steht demnach zum Centralkörper des Sonnensystems nicht
bloss in der rohen Abhängigkeit der Gravitation, nicht bloss in dem
Verhältniss eines Licht und Wärme empfangenden Körpers, sondern
es walten noch zartere Beziehungen, insofern die Erde zugleich
der magnetische Planet einer magnetischen Sonne ist«
Mit den Nordlichtem im Verein treten gewisse zierliche Wolken-
bildungen auf, sogenannte Schäfchen (CSrrocumulus) , welche meist in
langen, parallelen Reihen der Richtung des örtlichen magnetischen
Meridians folgen ^). Sie sind so häufig und fast ausscliliesslich mit dem
Erscheinen des Nordlichtes verknüpft, dass man mit ziemlicher Sicher-
^) Berichte der Kgl. Sachs. Gesellschaft d. W. math.-phys. Classe.
Sitzung am 20. October 1871, S. 515 f.
«) Vgl. hierzu A. v. Humboldt, Kosmos. Bd. I, S. 201 f. 441.
31*
484 Dritter TheiL Die Wasser- and Loftholle der Erde.
heh am Abend ein Nordlicht erwarten dar^ wenn man am Nachmittag
derartige Wolkenanhänfimgen bemerkt
Die genaue Prüfung einer 2]jähiigen Beobachtongsreihe der
Bewölkung in Eöbi fährte Hermann J. Klein zu dem merk-
würdigen Resultate, dass die Grruflgebilde in Hinacht auf Zahl und
Schönhdt der fbtwicklung eine Periode von c« 11 Jahren innehalten,
welche genau mit der Sonnenfleckenperiode, somit auch mit der Periode
der NordKchter und der magnetischen Störungen zusammenfelk. Alle
diese Phänomene haben ^dchzeitig ihr MATinnim und ihr Minimum.
Rudolf Wolf, der beste Kenner der Sonnenfleckenperiode, hat die
von Klein gegebenen Zahlen mit seinen RelativzahlaDi verglichen und
den von letzterem behaupteten Zusammenhang beider Phänomene be-
stätigt Wolf hat sogar eine Formel aufgestellt, mittelst welcher man
aus der Zahl der Sonnenflecken eines Jahres annäherungsweise be-
rechnen kann, wie häufig in Köln Cirruswolken in demselben Jahre
wahrgenommen worden sind, und umgekehrt lässt sidi aus der Häufig-
keit der in Cöln beobachteten CSrrusbewölkung die 2jahl der Sonnen-
flecken desselben Jahres ermitteln, da jede dieser Erscheinungen
gewissermassen an Spiegelbild der anderen ist^).
Zöllner sucht die Ursache dieses eigenthümUchen Zusammen-
treffens in den Störungen des aärostatischen Gleichgewichts, welche
nothwendig in den oberen Lufbregionen durch die Temperaturerhöhung
beim elektrischen Aus^eichungsprocess des Nordlichtes stattfinden. Die
Streifenbildung und die Undulationen der Strahlen des Nordlichtes
lassen sieh recht passend mit der sogenannten Schichtung des dektri-
sehen Lichtes in Inftverdünnten Räumen vergleichen. Die heUen und
dunklen Schichten bieten offenbar auch Unterschiede der Temperatur
und der Dichtigkeit dar. Es muss demnach in den vom Nordlicht
erfällten Räumen nothwendig eine Störung des a^rostatischen Oleich-
gewichtes eintreten. An den höher erhitzten Stellen entwickeln sich
aufeteigende, an den kühleren SteDen absteigende Lufbströme; durch
diese in abwechselnder Nebeneinanderlagerung nach oben oder unten
gerichteten Luftströme aber sind die Bedingungen zur £ntstehung von
Wolken gegeben. Mit den absteigenden Strömen gelangen kältere
Luftmassen aus den oberen Regionen in tiefere und wasserdampf-
reichere wärmere Schichten und bewirken somit hier eine Condensation
der Dämpfe. Andrerseits gewähren aber auch die wärmeren auf-
steigenden Ströme die Möglichkeit zur Cumulusbildung. Nun ist es
klar, dass je nach der Grösse der erfolgten Gleichgewichtsstörungen
und je nach dem jeweiligen Sättigungsgrad der bewegten Luffanassen
M Ausland 1ST2, S. 1007.
XX. Die magnetischen Kräfte der Erde. • 485
die Oanst zur WolkenbQdung beim aufsteigenden Strome im allge-
meinen eine andere ist als die Günstigkeit dieser Bedingungen beim
absteigenden Strome. Demnach ist auch die Wolkenbildung an den
verschieden erhitzten und yerschieden dichten Stellen durchaus keine
gleichartige, und daher wird die Anordnung der so erzeugten Wolken im
wesentlichen mit den Richtungen der elektrischen Lichtprocesse in der
Atmosphäre übereinstimmen^).
^) Berichte der Kgl. Sachs. Gesellschaft d. W. math.-phjs. Classe.
Sitzung am 25. Juli 1871, S. 329—332.
VIERTER THEIL.
DAS
ORGANISCHE LEBEN
AUF ERDEK
I. Wüsten, Steppen, Wälder^).
Mehr oder minder dicht ist das Pflanzengewebe ^ womit das feste
Land bekleidet ist Völlig oder beinahe völlig entblössten Boden
nennen wir Wüste; mit niedrigem Elraut und Gras bedeckte Ebenen
heissen Steppen, und Wald bedeutet ein Land, welches von geschlossenen
Baumgipfehi beschattet wird. Die drei Begriffe bezeichnen also Steige-
rungen an Pflanzenreichthum in den trockenen, feuchten imd nassen
Erdstrichen; denn ihr räumliches Auftreten hängt streng zusammen
mit der örtlichen Vertheilung der wässerigen Niederschläge in der Ge-
stalt von Nebel, Thau, Regen oder Schnee. Ihre Vertheilung wird
aber genau bestimmt durch die Gestalt des Trockenen und Festen auf
einem kugelförmigen Körper wie die Erde, der sich von West nach
Ost mit der höchsten Geschwindigkeit am Aequator, mit der geringsten
an den beiden Polen bewegt. So wichtig auch immer die Vertheilung
der Luftwärme an der Oberfläche des Erdkörpers erscheinen mag, die
Vertheilung der feuchten Niederschläge steht ihr an Bedeutsamkeit für
die Entwicklung des Menschengeschlechts keinesw^ nach. Nähern
wir uns beiden Polen, so werden die Erdräume immer unbewohnbarer
ftlr belebte Wesen wegen der Erniedrigung der Luft wärme, wahrend
wir umgekehrt an und zwischen den Wendekreisen leblose Oeden an-
treffen, wo der Boden kein Gewächs mehr hervorbringt und kein Thier
mehr nährt, weil ihm die erforderliche Benetzung fehlt. Ein einziger
Blick auf eine Regenkarte der Erde (Fig. 20 auf S. 260) genügt,
den strengen Zusammenhang zwischen Mangel an Niederschlägen und
Wüstenbildung zu erkennen. Die letzte Ursache dieses örtlichen Mangels
ist aber nur in der Gestaltung von Land und Meer zu suchen. Die
Wasserflächen unseres Planeten nehmen fast dreimal soviel Raum ein
^) Dieser den „Neuen Problemen^^ (3. Aufl. S. 180—198) entlehnte Abschnitt
war an yerschiedenen Stellen zu berichtigen und zu ergänzen (s. S. 491—494»
497 f., 502, 503 f., 505 ff.).
490 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
als das Trockene. Zwischen Java nnd Goinea in der malayischeii
Inselwelt finden wir annähernd dn Verhftltniss wie 3 zu 1. Wäre
diese Verthdlang auf der ganzen Erdoberfläche dnrchgefiihrt word^i,
so könnte es nii^ends Wüsten geben; jeder Erdraum würde dn Maas
von Feachtigkeit empfimgen, welches seinem Abstände vom Aequator
entspräche; der meiste Regen würde zwischen den Wendekreisen fidlen,
der wenigste jenseits der Polarkreise , ein Mittel in den gemässigten
Zonen. Die trockene Erdoberfläche ist aber nicht in einen Archipel
zersprengt, sondern das Feste wie das Nasse in grosse Massai ab-
geschieden worden, und zwar besteht das erstere nur ans einer grossoi
und einer kleinen Erdinsel, ans der Alten nnd ans der N^ien Wdt.
Wenn die Menge und die Vertheilung der Niederschläge abhängt
von der g^ebenen Gestalt der Festlande und wenn die Wüsten, Steppen
und Widder nur der Ausdruck von gänzlicher Armuth, von mangel*
hafter und von reidilicher Benetzung der Erdräume sind, dann wider-
legen fflch so^eich zwei uralte Lrthümer. Als Alexander v. Hum-
boldt seinen glänzenden Vortrag über die Stejqpen und Wüsten ver-
fiisste, erkannte er allerdings, dass die Kahlheit der Sahara den trockenen
(Nordost-) Passatwinden zugeschrieben werden müsse, die über sie be-
ständig hinwegstreichen; aDein er zögerte doch, dieser Ursache aus-
schliesslich alles Unheil Schuld zu geben, und er nahm gleichzeitig an,
dass ein firüherer Einbruch des Meeres aUe Dammerde von dem Sahara-
boden hinw^Qgeschwemmt und nur den unfiruchtbaren Boden hinter-
lassen habe. Wo die Franzosen in dem saharischen Algier arteasche
Brunnen gebohrt haben, da sind Dattelpalmenhaine um die Quellen auf-
gesdiossen, obgläch die Dammerde fehlte. Das andere volksthümhche
Missverständmss besteht in dem Glauben, dass durch Ausrottung
der Wälder die Menge der ^ederschläge auf dem Festen sich ver-
mindert habe.
Noch vor wenigen Jahrzehnten bemühte sich die Petersburger
Regierung nicht ohne Kostenaufwand, die südrussischen Steppen wieder
zu bewalden. Schon dass man von einer Wiederbewaldung jener
Steppen sprach, beruhte auf einem Irrthum. Soweit historische Nach-
richten rächen und wdter zurück war Südrussland eine Stq>pe ^). Dass
sie es war, selbst bevor sie Herodot betrat, hat Karl v. Baer ailea
denen bewiesen, welche die zwingende Schärfe seiner Schlüsse zu er-
kennen vermögen ^). In den Laubwäldern, welche den nördlichen Rand
*) Ausser Herodot (lib. IV, c. 19. 21. 61) vgl. Uippokrates, De aere,
aqua et locis. c. 102.
*) Die uralte Waldloeigkeit der südrosaischen Steppe in den Beitragen
zxa Kenntniss des Russischen Reiches und der angrenzenden Länder Asien's.
St. Petersburg 1856. Bd. XVIII, S. 115.
I. Wüsten, Steppen, Wälder. 491
jener Steppen umsäumen, hausen Eichhörnchen. Der nächste Wald,
den man jenseits der Steppen gegen Süden erreicht, li^ in der Krim
an den pontischen Ufefn. In diesen Wäldern findet sich Nahrung
genug, finden sich alle Lebensbedingungen fiir die Eichhörnchen; aber
die Eichhörnchen finden sich nicht. Wäre die südrussische Steppe
jemals bewaldet gewesen, so würden die Eichhörnchen bis nach der
Krim gewandert sein, und sie hätten sich in den dortigen Forsten er-
halten, auch nach der Entblössung des Bodens auf der heutigen Steppe,
lieber die sonnigen Grasebenen vermochte aber ein kletterndes und
von Baumsamen genährtes Thier nicht zu wandern; folglich sind die
südrussischen Gebiete schattenlos gewesen, so lange es Eichhörnchen
gab am südlichen Saum der russischen Wälder, und es herrschen wohl
kaiun Zweifel, dass es diese gab Jahrtausende vor Herodot.
Die Armuth der Erdräume an wässerigen Niederschlägen kann
durch verschiedene Umstände herbeigefiihrt werden. Die grösste Wüste
der Erde, die Sahara, verdankt ihre Entstehung dem beständig
wehenden Nordostpassat. Die Trockenheit desselben ist nicht etwa darin
begründet, dass er, bevor er nach den Wüstenflächen Nordafiika's
gelangt, über die centralasiatischen Steppen und Wüsten seinen Weg
nimmt und hier die geringe, aus dem nördlichen Eismeere stammende
Feuchtigkeit verliert. Es ist vielmehr erwiesen, dass die sommerliche
Auflockerung der Luft über den Steppen- und Wüstengebieten Central-
asien's eine viel bedeutendere ist als über der Sahara. Die Winde
Vorderasien's sind daher im Sommer keineswegs Nordostwinde; sie
ziehen vielmehr theilweise in völlig entgegengesetzter, theilweise wenig-
stens in ganz anderer als nordöstlicher Richtung. So walten vom
E^aspischen Meere bis Aegypten im Sommer durchweg Nordwest-
winde vor (vgl. Fig. 8 zu S. 128). Es kann demnach nur von
einem winterlichen Abströmen der Luft aus Asien nach Aftika die
Bede sein. Die Regenlosigkeit in dem Wüstengebiete Nordafrika's
ist ein£Eich eine Wirkung des Nordostpassats, welcher hier über ein
weites, einfi^rmiges Hochland hinwegschreitet ^). Da, wo dasselbe von
ansehnlichen Gebirgen überragt wird, sind auch Regenfillle nicht in
gleichem Masse ausgeschlossen .wie anderwärts; eine regelmässige Passat-
zone auf einer einförmigen Continentalfläche aber muss ebenso regenlos
sein wie auf der Fläche des Oceans, da die relativ kalte Passaüuft
nach wärmeren Gegenden weht und sich somit vom Sättigungspunkte
beständig entfernt (s. S. 261 f.).
Welch hoher Grad von Trockenheit in der Sahara herrscht, geht
') A. Wojeikof, Die atmoBphärische Circulation (Ergänzangsheft Nr. 38
zu Petermann^s Mittheilungen 1874). S. 27.
492 Vierter Theil. Das organische Leben auf Elrden.
aus folgenden Mittheilangen Rohlfs' hervor^). In Tafilet, Tuat,
Shadames, Audjila, Siuah und Fesan regnet es nadi Aussage der Ein-
geborenen etwa alle 20 Jahre einmal Daher haben diese auch nicht
das Schmelzen ihrer aus Salzklumpen hergestellten Häuser zu fiirditen.
In EauaTy welches im eigentiichen Centmm der Sahara li^t^ regnet
es niemals. In der Sahara ist die Oxydation so geringfägig^ dass man
nie nöthig hat, Waffen oder Eisenzeug zu ölen, um es gegen Rost zu
schützen; Leichname mumifidren in kurzer Zeit; Fleisch, welches an
der Luft hängt, üxdt nie, sondern trocknet nur aus.
Die Wüsten Vorder- und Centralasien's sind dem Oebiete
der Passate entrückt; ihre Entstehung ist dah^ anders zu erklaren als
die der Sahara. ESnen Hauptantheil an der dortigen Wüstenbildung
haben die während der mdsten Monate vorwaltenden polaren Winde;
in zweiter Linie aber kommen die mächtig^i, geschlossenen Coburgs-
wälle in Betracht, von denen die adatischen Hochländer umgürtet sind.
Die Wasserdämpfe, welche die Winde vom Meere herbeitragen, werden
bereits an der Auss^oseite jener Gebirgsketten zu Tropfen verdichtet.
Somit gelangen die Winde ihrer Feuchtigkdt beraubt jenseits der Ge-
bii^rücken an und verleihen dem Lande jene nur selten unter-*
brochene Heiterkeit des Himmels, bei welcher das Pflanzen leben fiiat
völlig erstirbt
Ein Seitenstück zu den Plateauwüsten Asien's ist die Wüste
Utah in Nordamerika. Im Winter findet sich in Folge starker Er-
kaltung des nordamerikamschen Continents ein barometrisches Maximum
über derselben; er herrschen daher trockene Continentwinde (in d^
Wüste Utah Nordwinde) vor. Aber audi die sonmierlichen Seewinde
spenden dem Hochlande von Utah wenig Regen, weil dieses von
mächtigen Oebiigsmassiven umrahmt ist, auf deren oceanischen Ab-
hängen die von den Seewinden zugefiihrten Dämpfe condensirt werden.
Seinem Ursprünge nach steht dem centralasiatischen und nord-
amerikanischen Wüstengebiet das australische am nächstai. Mit der
winterHchen Erkaltung des australischen Continents stellt sich über dem-
selben ein Maximum des Luftdruckes ein; daher wehen die Winde
&st über allen Theilen dieses Erdenraumes seewärts und sind somit
meist ohne R^;en. Durch die sommerliche Auflockerung der Luft
werden nun zwar Seewinde in's Land gezogen; doch sind diese an der
Süd- und Westseite PoLurwinde (s. Fig. 7 zu S. 127), denmach rdativ
trocken, und an der Ost- und Nordostseite, wo sie feuchte Aequatorial-
■rinde sind, scheiden sie, durch hohe Gebirgsketten gezwungen, schon
ber den Uferlandschaften die Hauptmenge der Feuchtigkeit aus, über
>) Ausland 1872, S. 1058 f.
I. Wüsten, Steppen, Wälder. 493
welche sie verfiigen. Sie erreichen demnach als trockene Winde das
Innere. Uebrigens entbehrt Inner- Australien der Regen nicht gänzlich,
weshalb sich auch sein landschaftlicher Charakter weit mehr dem der
aralo-kaspischen Steppe als dem der Sahara nähert
Wesentlich anders als in den zuletzt besprochenen Fällen haben
wir uns die beiden Wüsten an den Westküsten Südamerika's
und Südafrika's zu erklären. Nach der älteren Ansicht ist die
Ursache der dortigen Wüstenbildung der Passat, welcher als ein trockener
Wind an jener Westküste ankommen soll, weil er vorher über hohe
Bergländer seinen Weg genommen hat. Hiergegen muss jedoch ein-
gewandt werden, dass der Passat auch dann ein trockener Wind sein
würde, wenn jene Bergländer niedriger wären oder gänzlich fehlten.
Vor allem aber werden in jenen Gebieten die regelmässig wehenden
Passate ebenso sehr vermisst wie die Regen beim Zenithstande der Sonne.
Gerade während der heissen Jahreszeit regt sich, wie uns J. J. v.
Tschudi^) berichtet, an der peruanischen Küste nichts als die wan-
dernden Sandhügel (Medanos), welche die Wüste immer neu um-
gestalten, „die einzige Lebensäusserung des Todes''. Nur vom Mai
bis October schweben auf dem Gestade und etliche Meilen landeinwärts
fortdauernd Nebel. Sie lösen sich nie in eigentlichen Regen auf, son-
dern nur in einen feinen, durchdringenden Niederschlag („Garua")^
welcher hie und da vorübergehend den öden Küstensaum in .einen
Garten umzaubert.
Die meteorologische Verfassung der peruanisch-bolivianischen, sowie
der südafrikanischen Wüste ist erst von Wojeikof^) klar erkannt
worden. Für die Regenlosigkeit der peruanisch - bolivianischen Küste
sind ihm zwei Factoren massgebend: die kalte Peruanische Strömung
und der schmale Küstensaum zwischen dem Meere und den Anden.
Jene kalte Meeresströmung verleiht den benachbarten Küsten eine so
niedrige Temperatur, wie sie sich sonst nirgends in der tropischen Zone
vorfindet. Deshalb ist auch der Luftdruck an der Küste relativ hoch^
und so blasen stets Süd- und Südwestwinde landeinwärts und zwar
im Sommer bei gi'össerem Temperaturunterschiede stärker als im Winter.
Da das Land höher erwärmt ist als die kalte Strömung, die Luft über
dem Lande denmach auch entsprechend höher als die über dem Meere^
so entfernt sich der nach dem Lande wehende Wind mehr und mehr
von seinem Sättigungspunkte. Hierzu kommt, dass die Luftcirculation
eine sehr beschränkte ist, weil der Austausch der Luft, durch die Anden
gehindert, nicht bis zu den Ebenen im Osten reicht. Der Küstenstrich
') Peru. Reiseskizzen aus den Jahren 1838 bis 1842. St. Gallen 1846.
Bd. I, S. 334—340.
») I. c. S. 31.
494 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
aber ist zu schmal, um einen grossen Einflnss auszuüben, um z. B. die
Luft jenseits des kalten Meeresstromes anzuziehen, die ihrer höheren
Temperatur wegen auch R^en bringen vrürde. So kann es also ge-
schehen, dass Küstengebiete im Anblicke des Oceans und trotz steter
Seewinde vergebens auf Erquickung harren. Einen Yortrefflichen Beweis
(qt die Richtigkeit dieser Erklärung liefert die Thatsache, dass sich von
da an, wo der Peruanische Strom die Küste verlässt, die Ufeigebiete
sofort in ein grünes Gewand kleiden.
An der Regenlosigkeit der südafrikanischen Wüste, der Kalahari,
mögen vielleicht die Passate mit betheiligt sein; nur dürfen sie nicht
als einzige und auch nicht als erste Ursache hierfiir angesehen werden.
Das breite Küstengebiet wird nämlich zu allen Jahreszeiten von Süd-
und Südwestwinden beherrscht, welche von der kalten Benguela-Strömung
ausgehen und somit ganz ähnliche meteorologische Verhältnisse herbei-
fuhren wie die nämlichen Winde an der Westküste Südamerika's. Erst
von da an, wo die Benguela-Strömung von der Küste zurückzuweichen
b^innt (unter dem 18. Grad s. Br.), erblüht ein reicheres Pflanzenleben.
Baimiwuchs vermag nur in solchen Erdräumen zu bestehen, in
welchen während der ganzen Vegetationsperiode der Erdboden stets eine
genügende Feuchtigkeit besitzt. Während sich die Pflanze entwickelt
ist eine stete Saftströmung noth wendig ; das Wasser muss sich von den
Wiurzeln bis zu den Blättern verbreiten und so diejenige Feuchtigkeit
zurückerstatten, welche an den Blattflächen verdunstet oder beim Er-
nähmngsprocesse verbraucht wird. Da die zur Ernährung verwandte
Quantität verschwindend klein ist gegen den Verdunstungsverlust so
darf man die Menge des durch die Wuizeln aufgesaugten und durch
die Blätter der Luft zurückg^ebenen Wassers als gleich gross an-
nehmen. NatürUch ist dieser Betrag flir verschiedene Pflanzen nicht
derselbe. Nach den Untersuchungen M'Nab's*) verlor der Kirsch-
lorbeer innerhalb 24 Stunden an Wasser 51,81 Procent, der gemeine
Liguster 26,78 Procent, die LTme 65,61 Procent von dem Gesammt-
gewicht des zu dem Experiment benützten Zweiges. Der Durchschnitts-
werth des Wassers, welches eine Pflanze in 24 Stunden umsetzt, ist
etwa gleich dem halben Gewicht derselben. Da jener Wasserstrom
in der Pflanze durchaus erforderlich ist, um dem Laube aus dem Ej^d-
boden die nöthigen Xährstofle zuzuftihren, so bewirkt jeder Stillstand
desselben eine Unterbrechung des Wachsthums und nach Befinden
eine Vernichtung ihres Lebens. Die Stetigkeit des Zuflusses aber ist
bedingt durch die Feuchtigkeit des Erdbodens, diese aber durch das
Vorhandensein und die Vertheilung der atmosphärischen Niederschläge.
M Nature, Vol. IX, Xr. 227. 5. March 1874, p. 355.
I. Wüsten, Steppen, Wälder. 495
Ist das Vorkommen von Wald nur bei dauernder Befeuchtung
des Bodens möglieh, so müsste tiberall in den Steppen, wo es örtlich
nicht an Wasser mangelt, Wald oder wenigstens Baumwuchs auftreten;
ja, selbst in der Wtiste müssten wir ihn an begünstigten Stellen an-
treffen. Dies ist auch wirklich der Fall und war es zu allen Zeiten
und an allen Orten.
Auf allen Grasfluren begleitet das Ufer der Wasserläufe ein Saum
von Baumwuchs. Die älteste Beschreibung der Kirgisensteppe ver-
danken wir dem Franciscaner Ruysbroek, der im Jahre 1253 als
Glaubensbote, Kundschafter und Diplomat mit Aufträgen Ludwig's
des Heiligen um den Norden des Kaspischen Meeres nach der Dsungarei
und dem gelben Kaiserzelte der Mongolen reiste. Er fand dort den
W^aldwuchs auf die Ufer der Ströme beschränkt (in ripis aliquorum
fluminum sunt silvae, sed hoc rare), und er äussert sich darüber gerade
so wie ein berühmter russischer Eeisender, Gregor v. Helmersen,
der in der Kirgisensteppe „den Wald nur an die Flussläufe gebunden''
fand. Ebenso berichtet Th. Teplouchoff*): Die Ufer der Flüsse in
den Steppenländem , die sich westlich, vom Altai bis zum Kaspischen
See ausbreiten , sind nicht nur mit schönen Wiesen , sondern oft mit
ausgedehnten Kieferwaldungen bedeckt. Die einzige Ursache, dass
solche Steppen sich nicht in finchtbares Land umwandeln, besteht in
der überaus grossen Trockenheit des Sommers; der Boden könnte,
wenn er genügend feucht wäre, eine üppige Vegetation hervorbringen.
Bei ungestörtem Verlauf der Dinge nimmt die Menge der Nieder-
schläge ab, je grösser die Entfernung eines Erdstriches von demjenigen
Meere wird, mit dem es durch die herrschenden Winde im Verkehr steht.
So verläuft namentlich in Amerika bei dem ein&chen senkrechten Bau
dieses Erdtheils die Vertheilung der Feuchtigkeit sehr gleichmässig. Lord
Milton, der von Ost nach West, von den grossen Seen dem nörd-
lichen Saskatschawan entlang über die Felsengebirge wanderte, traf
westlich vom Regen- und Holzsee bei Fort Gany echte Prairien, „wo
der Baumwuchs mit wenig Ausnahmen auf die Ufer der Flüsse be-
schränkt war". Auch sah er während der drei Wochen, die er dort
verweilte, keine Wolke am sommerlichen Himmel. Weiter westwärts, am
Assiniboine, wird die Steppe wieder parkähnlieher, d. h. mit sporadischem
Baumwuchs geziert ; dann folgen wieder sonnige Grasfiuren ohne Stamm
und Strauch, die nochmals mit parkartigen Strecken wechseln, bis
endlich am St. -Anns-See , long. 114^ liO' W. Gr., wieder der erste
Wald auftritt, weil sich dort bereits der Boden in so kühle Luft-
*) Ein Blick auf das Klima und die Vegetation des westlichen Altai im
Ausland 1869, S. 796.
496 Tierter Theil. Das organuche Leben auf Erden.
schiebten erhoben hat, dass der Rest der atlantiscfaen Wasserdünste,
den die Nordostwinde noch herbeibringen, zur Verdichtong ge-
langen muft».
Lag Lord Milton's Wanderp&d im britiächen Nordamerika
zwischen dem 51. und 54^ n. Br., so reiste dag^en Bnrton 1861
zwischen dem 40. nnd 43 ® n. Br. von St Joseph am Missouri mit dem
Eilwagen nach dem Mormonenlande gegen Westen. Schon jenseits des
Missoori, am grossen Platteflusse, b^;innt das Piairienland, nnd Fort
Keamy (long. 99^ 9' W. Gr.) liegt an dem Saom der Ebenen, welche
die Amerikaner ihre Wüsten nennen, die jedoch echte Steppen and;
denn immerhin spriesst dort selbst auf Sandboden im Schatten de«
Salbei noch Büffelgras; auch durchschneidet jene Strasse den Weide-
grund einer d(T drei grossen Bisonheerden des nördlichen Festlandes.
Die ersten Wälder von geringem Um&ng zeigten sich im fernen Westen
bei den Black Hills, die sich schon 800 Meter über den Plattespiegd,
mit einzelnen Gipfeln aber bis zu 2000 Meter Höhe (absolut) erheben.
Nachdem Burton dann die atlantische Wasserscheide üb^vehritten,
erreichte er die Salzwüste des Mormonengebietes.
Folgen wir Balduin Moll hausen^) von Osten nach Westen
zwischen dem 35. imd 36. Breitengrade, überschreiten wir mit ihm
den Arkansas und bewegen wir uns am Canadianflusse entlang, so
finden wir uns anfangs im Schatten von Wäldern, mit denen kleine
Prairien oasenartig wechseln. Dann wird das Verhältniss umgekehrt:
die Prairien nehmen zu, und der Wald wird oasenartig. Endlich be-
ginnt bdm Deer Creek (long. 99® W. Gr.) die wahre Steppe, und
erst beim Ca Aon blanco (long. 106^* W. Gr.) an den Vorbergen der
Sierra Madre wird wieder von Wald gesprochen -j.
Damit stimmt nun ganz vortrefflich die Hegenmenge, welche in
diesen Gebieten iäUt Sie nimmt zwar im allgemeinen mit der wachsen-
den Polhöhe, aber auch bei gleicher Polhöhe in der Richtung von Ost
nach West ab, wie man aus folgenden örtlichen Messungen sehen wird.
Die zwei ersten Punkte liegen noch auf der atlantischen Seite des
Mississippi; zwischen den dritten und vierten Punkt aber fkllt die
Grenzt» von Waldland und Prairie.
M Tagebuch einer Reise vom MissisBippi nach den Rüsten der Südsee.
Berlin 185b.
*) Weitere Bestätigungen des Geschilderten finden sich bei James
Meline, Two thousand miles on horseback. London 1S68. p. 12. 14. 273.
I. Wüsten, Steppen, Wälder.
497
Abnahme der Regenmenge vor
i Ost nach West in Nordamerika zwischen lat
35 <> und 36Vs
0
1 •
Name des Ortes.
Nördliche
Breite.
Westl. Länge
V. Greenwich.
Jährlicher Regen-
fall in Millimetern.
1
Hnntsville (Tenessee) . . . ,
36» 26'
84° 29'
1394
Memphis am Mississippi . .
35^ 9'
90° 0'
1063
Fort Smith am Arkansas . .
35° 24'
940 25 '
1041
Fort Gibson
35« 50'
95° 15'
871
Fort Union, Neu-Mexico . .
35<» 56'
104° 58'
488
Grisebach's Vegetationskarte*), welche nicht bloss auf einer
systematischen Artenstatistik beruht, sondern die Pflanzengebiete unserer
Erde nach meteorologischen Charakterzügen begrenzt, zieht den Scheide-
strich zwischen Wald und Steppe in Nordamerika durch eine Linie, die
New-Orleans mit Fort Garry verbindet und bestätigt damit die Eindrücke
der neueren Reisenden. In klarster Weise werden diese Verhältnisse dar-
gelegt auf den ersten beiden Karten in dem ersten (geologisch-physika-
lischen) Theile des statistischen Atlas der Vereinigten Staaten (herausgeg.
von Francis A. Walker im Jahre 1874). Aus der ersten Karte
ersieht man, dass von der atlantischen Küste an westwärts bis zum
Mississippi der Regenfall zwischen 860 und 1270 Millimetern schwankt,
während er vom Mississippi weiter westwärts bis zu dem Felsengebirge
von 860 bis zu 300 Millimetern herabsinkt und im Gebiete der Wüste
Utah noch mehr abnimmt. Die zweite Karte veranschaulicht den Wald-
und Holzwuchs, und hier zeigt sich äeutUch die Abhängigkeit desselben
von dem grösseren oder geringeren Regenfall. , Da, wo der Regen£all
zunimmt, vermehrt sich der Holz wuchs, und wo sich der Regenfall
vermindert, verringert sich auch der Waldbestand bis in die weiten
baumlosen westlichen Ebenen. Der Osten imd das Mississippithal
bis an die westUche Grenze von Minnesota, Missouri und Arkansas
sind waldreich, während weiter westlich die grossen Ebenen und das
Hochland westKch der Felsengebirge holzarm und waldlos sind.
Was die Russen Steppe, die ersten französischen Colonisten Nord-
amerika's Prairien nannten, das wurde von der ausgestorbenen Be-
völkerung der Antillen Savanen geheissen, von den Creolen Venezuela's
Llanos, von den ßrasilianem Campos geraes, am La Plata aber Pampas.
Sie alle besitzen, wie wir aus zahlreichen Schilderungen europäischer
Reisenden wissen, denselben Grundcharakter.
Von den Savanen, welche an der Seite des Stillen Oceans durch
ganz Mittelamerika eine fortlaufende Kette bilden, berichtet uns Moriz
i)A. Grisebach, Die Vegetation der Erde. Leipzig 1872. Tafel am
SchluBse des IL Bandes. Petermann's Mittheilungen 1866, Tafel in.
Pesoliel-Leipoldt, Fhys. Erdkunde. II. 32
498 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
Wagner: „Die sehr zahlreichen Flüsse der Südseite verleihen der
landschaftlichen Physiognomie ein ganz eigenthümliches Gepräge. Durch
die offenen Grasäuren des Savanengürtels ziehen sie guirlandenartig
vom Fusse des Gebildes an breite Waldstreifen, in welchen die höchsten,
prachtvollen Bäume der Tropen reichUch vertreten sind. Neben den
vielen Waldhügeln und Baumgmppen, welche inselartig in der Ebene
vertheilt stehen, tragen diese waldbedeckten Flussufer nicht wenig dazu
bei, die Einförmigkeit der Savane zu unterbrechen" 0.
Femer erfahren wir aus Gerstäcker's 7,}seuen Reisen" über den
Charakter der Llanos: „An beiden Ufern des Apure liegt die ungeheure
Steppe, die, wenn sie nicht in Zeiten abgebrannt wiurde, ein dichtes
Glewirr von hohem, gelbem Gras bildet, im andern Falle aber eine
freundhche grüne Fläche zeigt, während dicht am Ufer ein oft nur
schmaler, oft breiterer Streifen Wald liegt, in dem sich dann gewöhnlich
sehr viel Wild aufhält" ^). „Es giebt allerdings Stellen, wo auf Leguas
Entfernung kein Baum oder Strauch steht und der BUck weit, wie
über den Ocean schweift; aber diese können nicht flir die Re^jel in
den Llanos gelten, ja sind sogar tücht einmal häufig. Meist sind Palmen
oder, je nach der Gegend, Laubbäume in Sicht, und an kleinen, jetzt
allerdings vertrockneten Wassercoursen stehen auch starke Dickichte,
die Wäldern gleichen und durch die man sich nur mühsam eine Bahn
erzwingen könnte"^ ^).
Besonders dürftig ist die Entwicklimg des Baumwuchses in den
Pampas. Die Baumlosigkeit der letzteren ist so gross« dass, wie
Woldemar Schultz bemerkt, noch vor kurzem Buenos Avres
und Montevideo ihr Bauholz aus Nordamerika beziehen mussten. Wenn,
wie derselbe Reisende berichtet, selbst in Südbrasilien Wald sich nur
an den Küstenabhängen findet, am La Plata aber schon die Steppen
hart am Meere binnen, so könnte diese Erscheinung uns befremden,
zumal dort die vorherrschenden Ost- und Südostwinde südatlantischen
Wasserdunst herbeiftlhren, wenn wir uns nicht an das Natuigesetz er-
innerten, dass die Abscheidung der Wasserdünste erst dann erfolgen
kann, nachdem eine Abkühlung der Luft eingetreten ist; denn je
höher die Temperatur der letzteren steigt, desto mehr kann sie Wasser-
dunst an sich saugen. Zur australischen Sommerzeit (September bis
April) wehen aber die dunsttragenden südatlantischen R^enwinde
von dem kühleren Meer nach den wärmestrahlenden Pampas und er-
^) Moriz Wagner, NatorwissenBchaftliche Reisen im tropischen Amerika.
Stuttgart 1870. S. 278. 344 f.
') Friedrich Gerstäcker, Nene Reisen durch die Vereinigten Staaten,
Mexico, Ecuador, Westindien und Venezuela. Jena 1869. Bd. UL S. 231.
») 1. c. S. 149.
I. Wüßten, Steppen, Wälder. 499
ffiihren statt einer Abkühlung eine Temperaturerhöhung, die ihre
Sättigungsstufe noch steigert. Niederschläge können daher nur zur
Winterzeit stattfinden, wo die Seeluft wärmer ist als die Atmosphäre
über dem Continent^).
Auch auf den Campos geraes und den Pampas finden wir Wald
nur in der Nähe von Wasser. Der Prinz von Neuwied, dem wir die
früheste Naturschilderung der brasilianischen Campos geraös an den
Grenzen von Minas geraes verdanken, bemerkt auch dort, dass der
Wald wuchs streng an die Flüsse gebunden ist. „Oft glaubt man",
sagt er *), „eine anhaltende Fläche vor sich zu haben, und steht plötz-
lich an einem schmalen, steil eingeschnittenen Thale, hört in der Tiefe
einen Bach rauschen und sieht auf die Gipfel der Waldbäume nieder,
welche, von manigfiiltigen Blimien verschieden gefärbt, seine Ufer ein-
fassen". Einen der trockensten Räume der La-Plata-Gebiete durch-
strömt der Salado, dessen Schiffbarkeit von Thomas Page untersucht
wurde, ak er in den Jahren 1853 bis 1856 die amerikanische Fregatte
Water Witch nach Paraguay führte. An den Ufern jenes Flusses fend
er hinreichendes Holz zur Heizung eines kleinen Dampfers, an manchen
Stellen sogar einen dichten Waldsaum; aber jenseits dieser grünen
Coulisse lag immer die todte Pampa.
Nicht anders ist es in Aegypten. Nach J. ßussegger fallen
vom Delta des Nil's aufwärts bis zum 18. Grad n. Br. fast nie Regen.
Erst dort beginnt der Gürtel des Savanenlandes, der weiter gegen Süden
in schwelgerische Fülle übergeht^). Am Blauen Nil fand R. Hajt-
mann*) zwischen dem 12. und 14. Breitengrad Sennaar als eine gras-
und buschreiche Steppe. Ueppiger tropischer Urwald sammelt sich an
den Ufern der Hauptströme und in den Betten der Chore. Bei Roseres,
Fazogl und Berthat verbreitet sich der \\'ald sogar sehr weit vom
Flusse. Vom 14. Parallel aber gegen Norden, wo die Sommerregen
immer spärlicher werden, wird auch der Pflanzenwuchs von Strecke
zu Strecke dürftiger. Wenn aber in der Steppe alle Flüsse mit einem
Saum von Bäumen eingefasst sind, so darf man ihre sonstige Schatten-
losigkeit nicht der Bodenbeschaffenheit zuschreiben, wenn auch letztere
^) £ine nähere Begründung alier meteorologischen Erscheinungen findet
man in dem Abschnitt: „Die Wasserdämpfe in der Luft. Niederschläge*^
(S. 239 ff.).
') Maximilian, Prinz zu Wied-Neuwied, Reise nach Brasilien in den
Jahren 1815 bis 1817. Frankfurt a. M. 1821. Bd. II, S. ISO.
") Joseph Russegger, Reisen in Europa, Asien und Afrika, unter-
nommen in den Jahren 1835 bis 1841. Stuttgart 1841. Bd. I, S. 203 f.
*) Naturgeschichtlich - medicinische Skizze der Nilländer. Berlin 1865
S. 20 f.
3-2*
Im y^maxSrirakm jl B. wM dte Wawar iraaeä. #iirwmifcfrm maui <Mfidlii -tot-
hfgum i^äüfitk. Lo^ aiE^or anufier dsm: ?hiiru& €mi&' TluinaHdliDC&i^ <&- du»
WaiMttr <i]uur9»a3i znHatmTni^n.heifeL so- mird soidL (em a^armigigr Niedaadiiiliaije
IJ'mi iniclüt läon^i^ zni «miniieai., wcjQieuL wir tsj^a mit €icDtesii ktnai
Di«: (ivmzik sQvaic^ Oiaisfai ^(Dvniny'vdosteis.. aiho ü&nkFediut lai dem heir-
idbir^nK^iftQt T^en^wmaifm.^ m> Aaam ddk» wesdäoliie Yiatä der lofid in doo
^^J&:gi^nrtck.«tSßiL" za Hrr^'i^ kommt nnni ^i&St mit ikbsi&ni WaJIde zzesI
itfekt ;ÜEir»> rLV Varir^itixn^ d»- Holzgevräck^ in swai^^r Abfeii>gigfccit
Xk.Lt rL^ lL<:ti^ fW J^.ri]HieL £kII<^xuLeit Rieg)^ entaefaeidct jedoch
ubner difc^ (ßt*tTixf:xk Ton Wald au/I Steppe^ ^jüAem Aie Vert hei long
de* B^:j^4&eital[((!» mn«^rLa[b dier Jahre^zeicen. )IazL hat zwar sdioii
fititLßr 4kt^in Er^rhi-fitriniiieifi Aiimerfcjamk«^ii g<esch€iLkt; aber e» kt
lutitnritig erüt da« Vefdi<^:tiiit Muhry's in Gocdn^ea, daa Entstehesi
rier Ue^fioz/mfin auf einfache cmd £ii&^Iiei^ Gesetze znrackgefofart zu
kat^nen« A. t« Homboldt erkannte schon 1^17, als er seiiie Ldire
ron den Ij^othennen M:\iuf ^ di%m. von dem 4o. orler 46. Bmtengnde
ang<f^ing^^ &«t bb zum Nonkap in Eoropa sich wenig in der Tndit
der lamLt^rfaafthchen Gewäch«^: andere. Er schrieb dies mit Recht dem
IJ'nuftani'ie zu, dam» die .Sommerwanne von Paris nur wenig rerschiedai
wt Ton der in .Stockhofan orler Norwegen, sondern nur die Winter inuner
milrler wer^rl^fn bei abnehmender Polhöhe in Europa. Da die Tem*
]ß*rtiUir de»» Wintern Ui uniseren Gewächsen deswegen sdr gleichgihig
lAt, wi'il ihr hfrUni in den Knospen orler in den Samen schlummert,
iio kann auch kean aufiallender Wechvrl an dem Pflanzenkleid der Erde
M Aach in aoderen Steppen AhikAs tind die Flüsse tod Bäumen am-
iäumt, fo im Namaqna^^ebi^te rsüdafrika's nach den Erfakrongen Chapman*s
(TrareU in äoatb Africa, London ]^6S. Vol. I, p. 332i and im westlichen
Aequatorialafrikfl nach Du Chailln (Asbango-Land. London iS67. p. 20^1
Femer bleibt der Baamwuchs anf die Flns^ufer beschränkt in Südafrika, da
wo der Hebire dnrch s^aranen strömt (Howlej, Central- A^ca. London 1867.
p. 395).
') Eduard G raffe, Reisen im Innern der Insel Viti Lern. Zärich ISSb.
S, 3S nnd die Karte mit Angabe der äteppengrenze. Schon früher wurde
(lii'Ke Thatsache mitgetheilt rom Botaniker Berthold Seemann (A mission
to Viti. p. 277) und eine Wiederholung auch auf der Schwesterinsel Tanna
Levu TOD ihm beobachtet. Dasselbe wird behauptet in ^Markham's Geogra-
l»hical Magadne**, May 1S74, S. 57.
I. Wüsten, Steppen, Wälder. 501
bemerkt werden. Aber eine veränderte Natur beginnt, sowie man sich
dem 45. Breitengrade nähert oder, ihn tiberschreitend, Nordeuropa ver-
lässt und Südeuropa betritt. Diese Scheidung imseres Welttheiles,
welche durch das Aufsteigen der Alpen sehr verschärft worden ist,
darf man fiir keine mtissige Trennung ansehen; denn sie beruht auf
sichtbaren Naturgrenzen, auf besseren jedenfalls, als die sind, welche
Europa von Asien trennen sollen. Südeuropa beginnt dort, wo unsere
botanischen Karten die Polargrenze der immergrünen Laubhölzer ziehen;
denn Südeuropa ist die Heimath der Myrte, des Lorbeers, des Oel-
baumes, der im Freien überwinternden Camellien, der Orangen und
Citronen.
A. V. Humboldt schrieb 1817 diese merkwürdige Scheidelinie der
Pflanzenwelt den raschen Veränderungen der Jahrestemperaturen unter
jenen Breitengraden zu, die ganz sicherlich auch sehr entscheidend sind,
wie wir sehen werden. Die Vertheilung der Feuchtigkeit liess er oder
musste er damals noch ganz unberücksichtigt lassen. Doch war ihm
aufgefallen, dass an den Westküsten England's, wo nie eine Traube
reift, dennoch Myrten, japanische Camellien und Orangen im Freien
überwintern. Die Inselmilde des englischen Winters verschiebt aber
nicht die Naturgrenze der immergrünen Bäume und Gesträucher; denn
nicht nur treten in Südeuropa ganz neue Arten von Gewächsen auf,
welche den Typus der Landschaft verändern, sondern es verschwinden
ssugleich die pflanzengeographischen Vertreter Nordeuropa's. In dem
schönen Garten der Villa Negri hinter dem Palast der Dona in Genua
wurde dem Verfasser als das höchste Kleinod neben westindischen
Staudengewächsen und Nilschilfen ein junger, kaum 3 Meter hoher
Baum gezeigt. Bei näherer Besichtigung ergab sich, dass es eine ge-
meine Linde war, die ihr fünftes Lebensjahr erreicht hatte. Der Garten-
künstler betrachtete diesen Zögling als sein höchstes Bravourstück.
Weit und breit, sagte er, gebe es keinen stärkeren Stamm, und er
hoffe, dass die Pflanze noch ein paar Jahre dauern werde ; dann freilich
sei er auf ein jähes Ende ge&sst. Es giebt um Genf einzelne Buchen,
aber keine Buchenwälder und in Mailand keine einzelnen Buchen mehr,
wohl aber auf Madeira, wo sie, wie Oswald Heer beobachtet hat,
filnf Monate lang ihren Pflanzenschlummer nicht unterbrechen, obgleich
die Mittelwärme so hoch ist wie in der Zeit, wo sie daheim ihr Laub
treiben.
Es ist nicht ein Uebermass von Wärme, welches die nordeuropäischen
Bäume mit Laubwm'f über ihre Aequatorialgrenze verscheucht, auch
nicht die Jaliresmenge des Niederschlages, die oft im Süden grösser
ist als im Norden, sondern, yde Alphonse de Candolle ermittelt
hat, der Mangel an Feuchtigkeit während ihres Wachsthums. In Süd-
502 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
enropa und in Nordafrika zerftllt das Jahr in eine trockene und eine
nasse Hälfte; die sechs Wintermonate sind die R^en- und die sechs
Sommermonate sind die trockene Jahreszeit Selbst die mittlere Menge
der monatlichen Niederschlage würde vielleidit noch ausreichen , wenn
nicht die Zeiträume völliger Ideenlosigkeit bisweilen allzu lange dauerten«
Es kann zwar auch bei uns vorkommen, dass drei Wochen lang kein
Tropfen fallt; allein nicht nur ^bt sich dann das Laub schon mitten
im Sommer herbstlich, sondern es sind auch drei Wochen, ja bisweilen
sechs Wochen ohne Regen unter italienischer Sonne ein sicherer Tod
der Pflanze, und deswegen verschwinden unsere laubwerfenden Bäume
in Südeuropa. An ihre Stelle treten die immergrünen Gesträuche mit
lederglänzenden, die grössere Lichtfülle durch ihr dunkleres Grün ver-
rathoiden Blättern.
Immergrün nennen wir diese Gewächse, weil zu der Zeit, in
welcher die neuen Laubtriebe erscheinen, die alten Blätter noch nicht
abgestorben sind. G^en einen halbjährigen heissen und trockenen
Sonmier sind sie durch folgende Organisation gut geschützt. Die Ver-
dunstung der Blattfeuchtigkeit voUzieht sich in denjenigen Zellen, die
mit der Luil in unmittelbarer Berührung stehen, insbesondere in den
Lufthöhlen der Blätter. Bei verminderter Schwellung der Zellen ver-
schliessen sich die mikroskopischen fSngangspforten zu den Lufthöhlen,
wodurch ein Blatt mit hinlänglich verstärkter Oberhaut vor Austrock-
nung bewahrt ist, und in diesen Zustand werden die immergrünen
Gewächse des Südens während des regenlosen Sommers versetzt Sie
behalten ihre Safkitille; aber es hört die weitere Ernährung auf. Erst
durch die Herbstr^en wird der Saftumtrieb von neuem angeleitet
Indem die Zellen anschwellen, erweitem sich die Spaltöffiiungen der
LufUiöhlen; Luft gelangt in die Zellen, und es beginnt wiederum
die Verdunstung auf der Blattoberfläche. Sind diese Pflanzen durch
die Natur gut geschützt g^en andauernde Trockenheit, so sind sie
doch sehr empfindlich g^en den FVost Da ihre Blattknospen keine
Schutzorgane gegen die Kälte besitzen, so werden sie vom Froste leicht
zerstört; sie sind in dieser Hinsicht um so mehr gefthrdet, als sie
schon im Januar hervorbrechen. Ejne spätere Erneuerung des Laubes
aber würde die Zeit, welche zur fjit<ung der organischen Bildungen
nothwendig ist, zu sehr verkürzen M.
Die Baumlosigkeit der Steppen erschdnt daher als die Folge der
langen Zeiträume von Trockenheit; wir finden sie darum vorzugsweise
da, wo eine Scheidung von nassen und trockenen Jahres-
zeiten eintritt, also innerhalb der Wendekreise und in
^) A. Grisebach, Die Vegetation der Erde. Leipzig 1S72. Bd. I,
S. 2S4 f.
I. \yü8ten, Steppen, Wälder. 503
den subtropischen Zonen. Doch sind sie auch den Zonen mit
Regen zu aUen Jahreszeiten überall da nicht fremd, wo die Nieder-
schläge nicht genügen, den Boden nachhaltig mit Feuchtigkeit zu tränken.
NamentUch gilt dies von Gebieten mit geringem Regen&Il imd heissen
Sommern, da sich bei erhöhter Wärme der Verdunstungsprocess ener-
gischer vollzieht und demnach Pflanzen und Boden viel rascher als
sonst das Wasser verlieren, von dem sie erfüllt sind.
So ist die Baumlosigkeit der südrussischen Steppen wohl ebenso
sehr auf den Mangel an reichlichen Niederschlägen in der kühleren
Jahreszeit wie auf den ftb: die Sommerhitze zu geringen sommerlichen
R^enfall zurückzuführen. Die Schneedecke des Winters ist zu dürfüg,
als dass sie nach ihrem Schmelzen im Frühjahre dem Boden hinreichende
Feuchtigkeit geben könnte, und die im Sommer, namentlich im Juni,
relativ reichlich £sdlenden Regenwasser fliessen, weil sie meist nur von
örtlich beschränkten Platzregen geliefert werden, oberflächlich ab imd
verdunsten, ohne in den Boden einzudringen und der Vegetation förder-
lich zu sein. In derselben Weise haben wir uns die Steppenbildung
in Ungarn (vgl. S. 276) imd vor allem in dem mittleren Theile der
Vereinigten Staaten zu erklären. In dem letztgenannten Gebiete ^egen
die meteorologischen Verhältnisse fast genau so wie im südlichen Russ-
land (s. S. 281). Der Steppencharakter der Pampas, welche ebenfalls
zu der Zone mit Regen zu allen Jahreszeiten gehören, ist begründet
in dem durchweg dürftigen Regenfall in Verbindung mit dem ganz
unregelmässigen Witterungsgange und der bedeutenden Sommerwärme
jener Gebiete (s. S. 282).
Den Hochländern der subtropischen Zone (so dem iberischen, dem
kleinasiatischen u. s. w.) ist deshalb der Typus der Steppe aufgeprägt,
weil daselbst auf einen heissen, regenlosen Sommer ein W^inter mit
starken Frösten folgt. Hier treten die südeuropäischen Gewächse zu-
rück, ohne dass die nordeuropäischen Baumgestalten ihre Lücken füllen
können; die einen verscheucht die Härte des Winters, die andern der
regenlose Sommer. In dem nördlichen Waldgebiete bewahrt der Boden
gewöhnUch von einem Niederschlag bis zum anderen Feuchtigkeit genug,
um jederzeit den Ansprüchen der Vegetation zu genügen. Die Unter-
brechung der Vegetationszeit im Winter wird durch die niedrigen Tem-
peraturen, nicht durch den Mangel an Feuchtigkeit herbeigeführt.
Da in den Steppen überall Perioden der Dürre und der Nässe
mit einander wechseln, so besitzt jede Steppe eine mit den Jahreszeiten
sich ändernde Physiognomie : zur Zeit der Trockenheit gleicht sie einer
Wüste, zur Regenzeit hingegen einem herrlichen, wogenden Blumen-
meere. Von diesem doppelten Charakter der Steppe hat uns Hin-
rich Lichtenstein in seiner Beschreibung der Earroo ein ergreifendes
504 Vierter Theil. Das oiganische Leihen auf Elrden.
Bild entworfen. Wir geben die Onmdzüge dieser Schilderung wieder,
weil diesdbe recht geeignet iist, diejenigen Wandelangen zu zeigen«
welche sidi in mehr oder minder ähnlicher Weise aUjähilich in jeder
Steppe wiederholen. Der sandige Thonboden der Earroo^ berichtet
Lichtenstein, der nnr fosstief über todtem Grestein lagert^ wird
im Sommer zi^elhart gebrannt Alle G^ewftchse versdmiachten oder
schlommem nnter schützenden Hüllen, bis in der kühleren Jahreszeit
die ersten B^en ihre Wmrzehi netzen und in dem aufquellenden Thon
die Zwiebehi ihren Keim entwickeln. Der nächste Schauer &Ilt sdion
auf erweichtes Erdreich; die Pflanzenschäfte brechen durch, und in
wenigen Tagen bedeckt sich die unabsehbare Fläche mit firöhlichem
Grün. Keine Woche verstreicht, und es entfisJten sich tausend über
tausend Blüthentrauben und Büschel und Köpfchen und Glöckchen.
Dei- milden Mittagssonne öffiien die Mesembiyanthemen und Grorterien
ihre Strahlenkronen, und unter ihren glühenden Farben wird fiist das
junge Orün nicht mehr gesehen. Wenn nach dnem stillen Tage die
Sonne sich senkt, schwebt ein warmer Blüthenhauch ruhig auf der
Fläche und erfüllt die Luft mit einem Bast betäubenden Grewüizgerudie.
Von den Höhen herab steigen in die umgewandelte Einöde Gresell-
Schäften hochbeiniger Strausse und Greschwader flüchtiger AntilopoL
Der Ansiedler verlässt die beschneiten Höhen, um seine Heerden auf
die gesunde und nahrhafte FrühUngsweide zu treiben. Kein Schaf
verliert sich auf diesen Flächen; kein Bind stürzt über jähe Abhänge;
kein Löwe schweift raubgierig umher; denn weit und brrit fi^t es
ihm an einem Schlupfwinkel Aber nur einen Monat strahlt die Karroo
in ihrer Jugend, und gegen Ende September, am Beginn der hassen
Jahreszeit, ist sie schon völlig verödet. Der Boden verhärtet; die
Flüsse vertnx^en; die Quellen versi^en; der dichte Letten berstet;
die Blätter der ausdauernden Pflanzen bedecken sich mit einem grauen
Flor, und ein sdiwärzHcher Staub, die Asche der versengten Vegetation,
verhüUt den röthlichen Boden, den er zu Gunsten der nächsten Gewächs-
folge bedeckt und befruchtet^).
Ausser Gesträuch und Stauden besteht das Pflanzenkleid der
Steppe stets &st ntur aus Gräsern oder aus Zwiebelgewächsen. In
dem hohen, wasserarmen Daunen, das wir durch Gustav Radde^l
kennen, sind es salzliebend^ Irisarten, wdche mit Lilienblau die Steppen
*) Hinrich Lichtenstein, Reisen im südlichen Afrika in den Jahren
1S03, IS04, 1S05 und 1^06. Berlin ISll. Bd. I, S. 195—201.
^6. Rad de, Berichte über Reisen im Süden von mtsibirien in den
Jahren 1S55 bis incl. 1S59. St. Petersburg 1S61. S, 347 ff. »Bd XXIII der
Beiträge zur Kenntnis» des Rassischen Reiches, herausgegeben von K. £. t.
Baer und Gr. y. Helmersen).
I. Wüßten, Steppen, Wälder. 505
im Frühjahr bekleiden, auf denen Antilopen schweifen, scheue Murmel-
thiere oder gesellige Pfeifhasen in der Erde wühlen. In den Steppen
von Arabien, Syrien und Palästina ist die Jericho -Rose (Anastatica
hierochontica) heimisch. Während des trockenen Sommers wirft sie
alle ihre Blätter ab; ihre Zweige verwelken dann und rollen sich
sammt den Wurzeln zu einer nestartigen Masse zusammen. Von den
Winden der Steppe erfasst durchwandert sie in dieser Gestalt grosse
Eäume, bis sie an einem feuchten Ort wieder angehalten wird. Hier
streckt sie von neuem ihre Wurzeln aus, und indem diese die Feuchtig-
keit des Bodens au&augen, erwacht die Pflanze zu neuem Leben. In
dem Gebiet der kleinen Kirgisenhorde verwandelt sich die Steppe,
wenn unter der Maisonne der Schnee hinwegschmilzt, in ein strahlen-
des Tulpenbeet. Wir selbst, wenn wir Tulpen züchten, nehmen die
Zwiebeln nach dem Blühen aus dem Boden und bewahren sie an
einem trockenen luftigen Ort; denn um ihren Lebenskeim legen sich
zahllose festschliessende Häutchen. Mag auch während des Pfianzen-
schlafes in der trockenen Zeit die erste, die zweite, die dritte Hülle
vertrocknen und sich ablösen; im Kerne bleibt die Zwiebel immer
frisch und lebenslustig. Die Gräser endUch säen sich nicht nur ftisch
aus, sondern ihre Halme und ihre filzartigen Wurzeln , wenn sie noch
so verbrannt erscheinen, pfl^en sich bei der ersten Benetzung wieder
zu verjüngen. So vermögen nur Gewächse, die den Kreislauf ihres
Lebens rasch vollenden und die Periode der Trockenheit leicht bestehen,
die Steppe auszufiülen.
Wenn die Lage imd Ausdehnung von Wäldern, Steppen und
Wüsten durch die Regenvertheilung, diese wiederum durch die Gestalt
der Festlande bedingt ist, so ist es klar, dass man den Wald nicht
pflanzen kann auf Steppenboden, sondern Wald nur dort wieder
wachsen wird, wo früher Wald gestanden ist. Dass Wälder örtlich
die Häufigkeit der Niederschläge vermehren, darf man jedoch nicht
leugnen. Der Name Madeira ist die portugiesische Uebersetzung von
Isola do legname, der Holzinsel, wie sie von ihren genuesischen
EIntdeckem genannt wurde. Einen Theil ihrer Wälder zerstörte ein
grosser Brand am Beginn des 15. Jahrhunderts, und schon um 1450
wollte man eine Abnahme der Regen bemerkt haben. Der Socorridos,
der grösste Fluss, war einstmals tief genug, um Zinmierholz in's Meer
zu flössen; jetzt dagegen ist er, abgesehen von einzelnen von Zeit zu
Zeit eintretenden Hochwassem, ein blosses in seinem locker steinigen
Bett kaum erkennbares Bächlein. Das Uebel wurde immer schlimmer,
da man fort und fort den Wald niederschlug. Femer wurde über
Mauritius im Jahre 1868 auf Grund zahlreicher und zuverlässiger
506 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
Beobachtungen berichtet^): In gewissen Theilen der Insel hatte man
vor einigen Jahren nur selten einen trockenen und wolkenlosen Tag,
während die Trockenheit dort gegenwärtig so häufig ist, dass die
Zuckerrohrfelder darunter leiden. ^ Flüsse haben einen Theil ihrer
Gewässer verloren; Bäche sind beinahe ganz verschwunden; Seen und
Sümpfe trocknen aus. Dabei bleibt sich die Gesammtmenge des auf
Mauritius fallenden Regens ziemlich gleich; doch verringert sich die-
selbe in denjenigen Bezirken, die ein übertriebenes Entholzungssystem
nackt lässt Bekannt ist das Beispiel der Boussingaulfschen Quelle in
Südamerika, die verschwand, nachdem der Wald um sie herum ge-
lichtet worden war, und zurückkehrte, sobald der Wald seine firühere
Herrschaft wieder gewonnen hatte. Unbezweifelte Thatsache ist femer
das Anschwellen des Tacarigua-Sees oder des Sees von Valencia in
Venezuela, dessen Spiegel, als ihn A. v. Humboldt und Bonpland
besuchten, seit der spanischen Besiedelung beständig im Sinken be-
griffen war und der sich umgekehrt seit den Unabhängigkeitskriegen
der Creolen zu heben begann; denn seit ihrer Zeit gerieth der Zucker-
bau um den See in Verfall, so dass der Wald die alten Lichtungen
wieder ausfüllte. Auf St Helena fällt jetzt die doppelte Regenmenge
wie während der Ge&ngenschaft Napoleon's und zwar in Folge
künstlicher Beforstung ^. Auf den Kominsein vor der Mosquitia-Küste
endlich soll seit Einfuhrung der BaumwoUencultur, d. h. seit Beseitigung
der dortigen Wälder die Regenzeit von 7 auf 5 Monate sich ver-
mindert haben ^).
Fragen wir nach den Ursachen dieser Erscheinungen, so lautet
die Antwort: weil an der Oberfläche jedes Blattes eine starke Ver-
dunstung stattfindet, die gesammte Laubmasse eines Waldes aber eine
Wasserdampf hefemde Oberfläche von ausserordentlich grossem Um-
&ng ist, und weil die Luftschichten in und über dem Walde durch
ihre relativ niedrige Temperatur (namentlich im Sommer) eine conden-
sirende Wirkung auf die über den Wald hinw^ziehenden Dunstmassen
ausüben.
Ebermayer's schönen Untersuchungen verdanken wir genauere
Ermittelungen über die meteorologischen Einflüsse des Waldes^).
Ebermayer ermittelte, dass zu jeder Jahreszeit und namentlich im
Sommer der Waldboden, sowie die Luft des Waldes eine niedrigere
Temperatur besitzt als die Luft im Freien. Die Waldluft war im
>) AuBland 1868, S. 860.
*) Ausland 1856, S. 248.
^ Berthold Seemann, Nicaragua. 1869. S. 325.
^)£. Ebermayer, Die phjsikiüiBchen Einwirkungen des Waldes auf
Luft und Boden etc. Aschaffenborg 1873.
I. Wüsten, Steppen, Wälder. 507
Durchschnitt im Sommer am Tage 2,06 ® C. kälter als die auf freiem
Felde, während die mittlere Temperatur des Waldbodens um 4,02 ® C.
niedriger war als die einer nichtbewaldeten Fläche. Im Frühjahr imd
Herbst waren diese Differenzen geringer, sehr unbedeutend im Winter.
Im Jahresmittel sank die Temperatur des Waldes 1 ® C. unter die-
jenige benachbarter waldfreier Gegenden herab. In dem Walde wird
die Temperatur auf mehrfache Weise erniedrigt. Zunächst gewähren
die Laubkronen reichen Schatten und halten die Sonnenstrahlen von
einem der erwärmungsfilhigsten Körper, von der Erdkrume ab. Kühlend
wirkt femer der relativ schwer zu erwärmende Wasservorrath, welchen
die Pflanzen, sowie der Waldboden bergen. Endlich wird die Luft-
wärme im Walde vermindert durch die Verdunstung auf der Blatt-
oberfläche, wobei ein Theil der Wärme gebunden wird. Natürlich
erscheinen alle diese Factoren in entlaubtem Winterwald wesentlich
geschwächt. Nach alledem werden sich mit Wasserdampf erflillte
Luftströmungen über der Waldfläche (besonders in der unmittelbar
über den Baumkronen befindlichen Luftschicht) häufiger bis zu ihrem
Sättigungspunkte abkühlen als über waldlosem Gebiete, zumal die
reichere Verdunstung an den Blattflächen über dem Walde die An-
häufung einer relativ grossen Menge von Wasserdampf veranlasst.
Namentlich gilt dies fiir den Sommer. Somit flihrt der Wald örtlich
eine Vermehrung der Niederschläge herbei, aber — müssen wir hinzu-
ftlgen — auch nur örtlich \ denn die weitere Folge davon ist die, dass
die Luftströmungen, wenn sie ihren Weg fortsetzen, die hinter den
Wäldern sich ausbreitenden Räume trockener erreichen und dort
weniger Wasser entladen. Was dem einen Gebiete durch Wald-
ausrottung an Niederschlägen entzogen wird, kommt denjenigen
Strichen, die gewissermassen im „Regenschatten" des ehemaUgen Wald-
landes liegen, zu Gute. Die Menge des Regens, welche jährlich auf
Erden feUt, würde ebenso gross sein, wenn es gar keinen, wenn es
wenig oder wenn es viel Wald auf dem Festlande gäbe; denn sie
hängt ab von der Oberfläche der verdimstenden Oceane und Seen,
von der Wärme und von der Geschwindigkeit, mit welcher die Luft
über diese Flächen streift. Keine dieser Bedingungen aber wird durch
die Grösse von continentalen Wäldern geändert. England war früher
dichter bewaldet als gegenwärtig. Bevor der Wald der westlichen
Grafschaften in offene Weiden verwandelt wurde, hätte nach dieser
Ansicht in den westUchen Grafschaftien mehr, in den östlichen weniger
Regen fallen müssen; die Ab Waldung würde demgemäss nur die
Folge gehabt haben, dass in den westlichen Gra&chaften weniger,
in den leewärts gel^enen östlichen Grafschaften mehr Regen gefSallen
wäre. Was den einen entgangen wäre, hätten die anderen bekommen,
508 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
und so würde auch eine Wiederbewaldung Madeira's nur zur Folge
haben können, dass etwas weniger Regen im marokkanischen Adas-
gebiete fallen würde.
In manchen Gegenden mag die Verminderung des Waldbestandes
eine ansehnliche, die Ackercultur schädigende Verringerung des R^en-
falls herbeigeflihrt haben; in Europa hat man jedoch die Abnahme des
RegenfaUs nach Entholzung einzelner Gebiete nur mit Hilfe des Regen-
messers festzustellen vermocht. Auch auf die an den Stationen der
bayerischen Ebene beobachtete Regenmenge äusserte nach Eber-
mayer die Bewaldung nur einen sehr geringen Einfluss; doch ergab
sich, dass die Einwirkungen des Waldes auf den R^en&D während
der wärmeren Jahreszeit grösser sind als während des Winters. Hier-
bei ist freilich zu berücksichtigen, dass durch die Baumkronen, welche
den Regen aufißmgen, dem Boden ein Theil des Wassers entzogen wird;
denn nach dem Aufhören des Regens verdunstet dasselbe unmittelbar
an den Blattflächen und gelangt somit nicht in den Ombrometer.
Haben die Wälder demnach viel&ch nur eine sehr geringfügige
Bedeutung für die Ghrösse des Regenfalls, so sind sie doch entscheidend
ibr die Bewegungen des gefallenen Wassers;, vor allen Dingen ver-
hindern sie den plötzlichen Erguss massenhafter Niederschläge und des
Schmelzwassers im Frühjahr. Der R^en, der auf bewachsenes Land
fällt, fliesst nicht so rasch wieder ab, sondern wird von Wald und
Buschwerk, vor allem von dem reichen Wurzelgeflechte desselben wie
von einem Schwämme angesaugt und festgehalten, während das auf
waldfieie Gebiete gefallene Regenwasser rasch und plötzlich abrinnt
Die Ausrottung des Waldes hat also stets zur Folge, dass die Schwan-
kungen im Wasserstande der Flüsse heftiger, die Flüsse selbst aus
dauernden Wasserläufen mehr und mehr in periodische verwandelt
werden. Daraus erklären sich die Erlagen über Wasserschäden, welche
neuerdings in vielen Theilen Europa's laut geworden sind, seitdem aus-
gedehnte Gebiigswaldungen ein Opfer gewinnsüchtiger Speculation ge-
worden sind.
Aber der Wald erweist sich auch insofern einer gleichmässigen
und steten Wasserabfuhr dienstbar, als er den Verdunstungsprocess
ansehnlich verzögert Es ist dies begründet in der niedrigeren Tem-
peratur und dem erhöhten Feuchtigkeitsgehalt der Luft in und über
dem Walde, sowie darin, dass die Luftströmungen, welche den Wasser-
dampf entfernen und somit die Verdunstung beschleunigen, durch den
mechanischen Widerstand der Bäume geschwächt werden. Auf directe
Beobachtungen gestützt berechnete Ebermayer den Verlust des Boden-
wassers durch Verdunstung auf einem bayerischen Tagwerk während
des Sommerhalbjahres. Sie betrug
I. Wüsten, Steppen, Wälder. 509
im Freien 56 011 bayerische Cubikfuss,
im Walde ohne Streudecke . 21 822 „ „
im Walde mit Streudecke . 8 579 „ „
Bei völliger Entwaldung giebt also ein bayerisches Tagwerk unter
sonst gleichen Voraussetzungen um 47 432 bayerische Cubikfiiss Wasser
mehr an die Luft ab als vor der Entwaldung.
Ein richtiges Bild von der Bedeutung des Waldes und der Streu-
decke ftlr den Wasserreichthum einer Gegend erlangt man durch folgen-
den Calcül Ebermayer' s. Nehmen wir die bestockte Gesanmitwald-
fläche des Spessart zu 100 000 bayerischen Tagwerken an, so würde
nach gänzlicher Abholzimg der Boden durch Verdunstung im Sommer-
halbjahr in Summa um 4743,2 Millionen bayerische Cubikfiiss Wasser
mehr verlieren als jetzt. Da in Aschaffenburg der Main bei mittlerem
Wasserstande (0 Pegel) 3050 bayerische Cubikfiiss Wasser in der
Secunde liefert, so genügt die obige Wassermenge, welche nach der
Entholzung des Spessart aus dem Boden verdunsten würde, ziur Zeit
aber durch Wald und Streudecke dem Boden erhalten bleibt, den Main
18 Tage lang bei 0 Pegelhöhe und gleicher Geschwindigkeit zu speisen.
Würde man der bewaldeten Fläche des Spessart bloss die Streudecke
entziehen, so wäre damit ein Wasserverlust von 1324,3 Millionen baye-
rische Cubikfuss verbunden; eine solche Wassermenge aber würde
hinreichen, den Main bei mittlerem Wasserstande 5 Tage lang zu flillen.
Wo also auf den Gebirgen die Waldungen geschützt werden, da sprudeln
die Quellen immer in gewohnter Frische; die Flüsse trocknen nicht
aus, und der Tieflandbauer kann stets auf die fernen Berge als auf
die Wasserreservoirs seiner Ackerfläche rechnen. Das Fortbestehen
unserer Wälder wird darum in Zukunft eine Hauptsorge der Regierungen
sein müssen, wenn nicht die schweren Schäden, welche die Entwaldung
bereits in einigen Ländern hervorgerufen hat, in weitere Kreise getragen
werden sollen.
Waldland, Steppe, Wüste, — sie sind in erster Linie Ausdruck
für die grössere oder geringere Menge des örtlich fiülenden Regens.
Dieselbe bedingt zunächst den Vegetationscharakter, mit ihm zugleich
auch den Charakter der Thierwelt, vor allem aber die menschliche
Culturgeschichte der Länder. Wo wenig Regen feUt, da erstrecken
sich Hunderte von Meilen weit menschenleere Wüsten; wo er reichlich
und in Fülle strömt, da bildet sich bald ein volkreicher Staat neben
dem andern; die Axt bewältigt den Urwald, imd der Pflug durchbricht
den ehemaligen Waldboden. Die Wettergesetze haben daher nicht
bloss einen Einfluss auf die Beschaffenheit nationaler Gewohnheiten; sie
besthnmen nicht bloss theilweise das Temperament eines ganzen Volkes,
sondern sie bedingen selbst die Existenz der Völker und ihrer Staaten.
510 Vierter TheiL Dss organische Leben auf Erden.
Mustern wir die Erdthefle in Hinsicht anf ihre grössere oder ge-
ringere natürliche Be&higong, dem organischen Leben eine höhere
Ent&dtong zu verleihen, so belehrt uns schon der erste BUck, um
wieviel günstiger die beiden westUchen Zwillings-Erdinsehi im Vergleich
zu der Alten Welt gestaltet sind. Schlank, ja stellenweise zart ge-
gliedert, konnten sich hei der Nähe der Oceane auf beiden keine
wahren Wüsten entwickeln. Es giebt in Amerika nur zwd Wüsten,
die diesen Namen verdienen: das salzige Hochland Utah, emporgehoben
zwischen zwei Kämmen der Felsengebii^ wdche an ihren padfischen
und atlantischen Abhängen allen Wasserdunst den Luftströmungen ent-
ziehen, so dass sie nur trocken darüber streichen, und die boKvianische
Wüste Atacama, in welcher die beständig wehenden kühl^i Winde
aus dem Gebiet des kalten Peruanischen Stromes w^^i ihres relativ
geringen Feuchtigkeitsgehaltes nur selten R^en bringen (s. S. 264 f. ).
Und doch £änd Philippi dort Akazienhaine, Weinbau und die leeren
Betten von W^ildwassem, die in Jahrzehnten etwa einmal mit rdssenden
Fluthen sich stundenlang fiillen.
Es ist aber viel weniger das günstige Verhältniss zwischen Ober-
fläche und Eüstenentwicklung oder die halbinselartige Gestalt der Neuen
Welt, welche ihr eine reichlichere Benetzung zuftihrt, sondern die Stellung
ihrer grossen Axe von Nord nach Süd, also quer zur Drehungsrichtung
des Planeten, wie umgekehrt die ungleich grössere Trockenheit der
Alten Welt nur theil weise die Folge der grösseren Länderräume, der
Hauptsache nach aber dem Umstand zuzuschreiben ist, dass ihre Massen-
ausdehnung auf der nördlichen Halbkugel von West nach Ost, also
parallel zur Drehungsrichtung des Planeten sich erstreckt; vor allem
ist der trostlose Wüstengürtel, der sich über ganz Nordafirika vom
atlantischen Saume bis zum Bothen Meere ausbreitet, nichts anderes als
das Binnsal der Nordostpassatwinde.
Die Neue Welt ist aber nicht bloss durch ihre ebene Gliederung,
sondern ausserordentlich auch durch ihren senkrechten Bau bevorzugt
worden. Auf dem nördlichen wie auf dem südlichen Festlande wieder-
holen sich &st monoton dieselben plastischen Züge im Gross^i. An
den atlantischen Bändern , also auf der Windseite d^ Passate, liegen
nur niedere Bodenschwellen, weldie die atlantischen Luftströmungen
übersteigen können , ohne viel von ihrem Wasserdampf zu verlieren,
der vielmehr ganz im meteorologischen Hintei^rund der Festlande und
berdts in der Nähe des jenseitigen Oceans an den CordiUeren und
Felsengebilgen völlig abgesetzt wird, so dass solche Ströme wie der
l^Gssissippi, Amazonas und die La-Plata-Geschwister sich zu entwickeh
vermögen. Um die Wohlthat dieser plastischen Anordnung recht lebhaft
zu empfinden, brauchen wir uns nur vorzustellen, die Erde drehe sich
jj. Wüßten, Steppen, Wälder. 511
von Ost nach West. Dann würden die Passatwinde, in Westwinde
umgewandelt, statt vom Atlantischen Ocean vom Stillen Meere Dunst-
massen au&augen, die sie aber an dem hohen Küstenkamm der Cor-
dilleren beinahe vollständig absetzen müssten. Zwar würde das schmale
Küstengestade Peru's und die Wüste Atacama, wo jetzt kein Regen
ftllt, sondern nur Nebel sechs Monate lang schweben, von lauter kurzen
schäxmienden Wildwassem gefurcht und noch reichlicher genlisst werden
als die Malabarseite Indien's am Fusse der Ghats zur Zeit des Bogen-
monsuns. Hinter den Cordilleren stürzte aber der Passat dann als
heisser, vertrocknender Föhn herab, und statt dem Waldlande Peru's,
Bolivien's und des brasilianischen Matto Grosso würde sich eine Sahara
ausbreiten.
Der hypothetische Fall, den wir hier schildern, ist in der Natur
wirklich vorhanden. Austrahen's Höhenrand richtet sich auf der Wind-
seite des Festlandes empor ; vor allem müssen die sommerlichen Nord-
ostwinde, die Hauptregenwinde jener Gebiete, an diesen Wänden hin-
aufsteigen, so dass sie schon einen Theil ihrer Dunstmassen verlieren,
bevor sie in das Innere fortsclireiten. Hart am Rande der Küstenstufe
beginnen daher dort schon die Steppen. Erst sind es sättigende Weiden
(Darling Downs) ; dann werden sie dürrer und dürrer. Der Kern des
Festlandes erhitzt durch Ausstrahlung die Luft, und der Rest der her-
beigeführten Dünste kann daher nicht zur Verdichtung gelangen. In
den Tagebüchern der Entdecker, die durch den australischen Continent
zogen, kehrt die Beobachtung wieder, dass die Schmachtenden den
Himmel sich bewölken sehen, dass sie jeden AugenbUck erwarten, jetzt
müsse Regen fallen, und dass sie immer und immer wieder getäuscht
werden; denn die Wolken ziehen vorüber, ohne den schon sichtbar
gewordenen Wasserdampf bis zur Tropfbarkeit zu verdichten. Da
nämlich die Strahlung des erhitzten Bodens die Luftwärme steigert,
80 wird der Sättigungspunkt der Atmosphäre gehoben, und die bereits
sichtbaren Wasserdünste werden wieder aufs Neue zur Gasform auf-
gelockert. Als traurige Folge davon besitzt Australien nur Küsten-
flüsse oder periodische Binnengewässer und wird, obgleich es auf Erd-
karten doch nur als grosse Insel erscheint, im Kern von Wüsten
ausgefüllt wie ein geräumiger Continent. Wie beglückt würde dagegen
dieser Planetenraum sein, wenn seinen Westrand* ein Cordillerenzug ein-
schlösse, oder wenn von West nach Ost ein Himalaja 'aufgesti^en
wäre, an dessen Abhängen ein eingesogener Monsun die Wasser zur
Bildung eines Ganges herbeitrüge!
Die Begünstigungen für die Lebensregungen in Gestalt von Pflanze
und Thier sind daher höchst parteiisch auf dem Festen vertheilt
Australien zumal, afrikanischer selbst als Afrika, ist vorzugsweise das
512 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
Wüsten- und Steppenland der Erde. Selbst Afrika erscheint daneben
noch bevorzugt, einnial weil es nicht so ausschliesslich in dem ge&hr-
lichen Passatgürtel, sondern mit beträchtlichen Bäumen in der Zone
der tropischen Begen liegt, dann aber auch weil sein Nordrand bereits
von dem rücklaufenden Passat mit den Wintrar^en benetzt wird.
Innerhalb seiner tropischen Räume sehen wir zwei Culturströme ersten
Banges: Nil und Niger, und ein paar andere zweiten Banges: Zaire
(Congo) und Zambesi, entstehen. Sie reichen zwar nicht aus fbr ein
solches Länderungethüm; immerhin aber bringen sie mehr Segen als
die Flüsse Australien's , und daher steht auch der Neger des Sudan
höher ab der Australier, und daher finden wir sogar dort eme ge-
weihte Stätte menschlischer Gesittung am unteren Laufe des Nil's.
Afrika kann man daher fuglich als das Land der Wüsten, Steppen
und der tropischen Wälder bezeichnen.
Höher erhebt sich die Ghederung Asien's, theils weil es sich im
Norden in das Gebiet des .«Begens zu allen Jahreszeiten'' ausbrütet,
theils weil sein Südrand den Wendekreis nur mit günstig hervortretenden
Halbinseln überschreitet Die vorherrschend ostwestliche Bichtung seiner
Südküste gegenüber dem kühleren Indischen Ocean unterbridit sechs
Monate laug das Wehen des continentalen Passatwindes und bewirkt
im Innern der erhitzten Ländermasse ein^i au&teigenden Lufbtrom^
in dessen Lücken sich ein regenbringender Südwest -Monsun hinein-
stürzt, dessen W^asserdünste von den querliegenden Gebirgsmanem
au^e&ngen werden, so dass die Wüsten in Asien nur auf einen nach
Osten verengerten centralen Strien eingeschränkt bleiben« Asien ist
meteorologisch nicht der begünstigtste Erdraum, aber derjenige, wo die
meisten Gegensätze sich b^egnen. Wald, Steppe und Wüste sind
so vielfiütig vertheilt, gebrochen und selbst wieder gegliedert, dass
keines den Welttheil einförmig beherrscht Es ist kein Wald- und
Steppenland wie Amerika, sondern es ist audi mit Wüsten heimgesucht;
aber gerade darum ist es an Manigfaltigkeit der Erscheinungen der
Neuen Welt überlegen. Es wird von keinem Mississippi, kdnem Ama-
zonas durchzogen; aber es hat doch Culturströme, wie Indus, Ganges^
Yan-tse-kiang und Hoang-ho. Auf sdnen Bäumen büdeten sich Jagd-,
Bäuber-, Hirten-, Ackerbau- und see&hrende Völker. Es besass daher
in seinem Schosse Culturgegensätze , die in Beibung mit einander ge-
rathen mussten. Durch Beibung und Mischung aUein gelangen aber
die menschlichen GeseDschafien stufenweise zu höherer Gesittung.
Europa ist unter die Weltthefle gekommen wie Pilatus in das
Credo zu einer Zeit, wo die alte Erdkunde nichts kannte als die Grreoz-
länder des Mittelmeerbeckens. Lässt man aber Europa ans Courtoisie
als Welttheil noch fortbestehen, so geniesst es den hohen Vorzug,
I. Wüsten, Steppen, Wälder. 513
wesentlich ein Waldland zu sein. Gegenwärtig freilich hat die Cultur
alle Schatten verjagt, und Komhalme nicken, wo einst Wipfel Dunkel
verbreiteten. Die vergleichende Erdkunde betrachtet aber nicht die
künstlich erschaffene Gegenwart, sondern die ursprüngUche Naturanlage,
der zufolge in Europa allenthalben Wald gediehen ist und morgen,
wenn der Mensch abzöge, wieder gedeihen könnte, mit Ausnahme der
Hochlande in Spanien, der gegenwärtigen Triften der Merinoheerden,
der Pussten Ungam's und der Steppen des scythischen Russland's.
Sonst sehen wir uns vergebens nach Steppen um^).
Wie oft beklagen wir uns über das schlechte Wetter! Schlechtes
Wetter ist aber ein wandelbarer Begriff. Im tropischen Afrika, wo
die Regen periodisch sind und die Kunst der Regenzauberer in Blüthe
steht, heisst reichlicher Regen gutes Wetter. Bei uns hingegen würde
einer, welcher Regenwetter herbeizauberte, wahrscheinlich den Zorn
eines grossen Theils der Bevölkerung auf sich laden, namentlich wenn
er seine Kunststücke an Tagen probirte, an denen Wettrennen, Truppen -
einzüge oder Illuminationen stattfinden. Wie sehr bei den Südländern
der Regen geschätzt und gepriesen wird, dafiir lassen sich zahlreiche
Belege anfuhren. Im Rigveda tritt Traitana als eine der göttlichen
Mächte auf, welche das Firmament beherrschen, die Finstemiss zer-
stören und Regen senden, oder, wie die Dichter der Vedas sich aus-
zudrücken pflegen, die Kühe befreien und die Dämonen erschlagen,
durch welche sie geraubt worden sind. Diese Kühe gehen stets dem
Himmel entlang, einige dunkel, andere hellfarbig. Brüllend ziehen sie
über ihre Weide, werden von den Winden zusammengetrieben und
von den glänzenden Strahlen der Sonne gemolken ; sie lassen aus ihren
schweren Eutern befruchtende Milch auf die versengte, dürstende Erde
niederträufeln. Werden jene Kühe zu lange von den Räubern gefangen
gehalten, so bringt der fromme Verehrer dem Gotte Indra sein Gebet,
und Indra erhebt sich, die Kühe zurückzuerobern. Auch den Arabern
ist der Regen etwas Göttliches; sie nennen ihn in ihrer sprachlichen
Plastik nuziihl er-rahme, d. h. das Herabsteigen der Gnade ^). Wenn
^) Miss bräuchlich rechnet man die kryptogamische Filzbekleidung des
Samojedenlandes , die Tundren, und die Haiden im germanischen und sarma-
tischen Norden unter die Steppen. Beide gehören aber einer ganz anderen
Classe von Naturerscheinungen an, namentlich wenn man nicht übersieht, dass,
wie Bode beobachtet hat, die Ericeen nicht so weit nach Süden reichen und
sich der Steppe nicht so weit nähern als die Laubhölzer, weil sie noch mehr
Feuchtigkeit erheischen als diese. Die Tundren aber, welche fast das ganze
Jahr hindurch von einer Schneehülle überdeckt sind und nur im Sommer zu
einem kurzen Leben erwachen, entstehen durch Uebermass von F^euchtigkeit
(Mangel an Evaporation) und ungenügende Luft- und Bodenwärme.
*) Heinrich Stephan, Das heutige Aegypten. Leipzig 1|J2. S. 15.
Peschel-Leipoldt, Phys. Erdlcnnde. IT.
514 Vierter TheiL Das organische Leben auf £rden.
Berbern oder Araber aus Algier Frankreich betreten und den Rhone
erblicken, das erste vollströmende Süsswasser, kann man sie stunden-
lang auf den Brücken in die Fluthen fainabstarren sehen. In ihrer
Heimath wird fiir süsses Wasser Pacht und schweres Geld gezahlt;
in Europa rinnt das hohe Gut ungenützt dem Meere zu. v. Schack
hat in seiner Kunstgeschichte d^ spanischen Araber fein herausgefühlt,
dass die Springbrunnen, eine nie fehlende Zierde saracenischer Bau-
werke, dem asiatischen Künstler unentbehrlich waren; denn das Plät-
schern des Wassers ist die süsseste Musik fiir das Ohr der Wüstensöhne.
Seinem „schlechten Wetter'' hat Nordeuropa zu verdanken, dass
es der Sitz der höchsten Gesittung wurde, als seine Zeit reifte, wo
eine erhöhte Cultur aus der Zone der periodischen Regen in den Gürtel
der R^en zu allen Jahreszeiten hinübertreten konnte. Wem diese
Beziehung zwischen den unperiodischen Niederschlägen und der CSvili-
sation zu gewagt erscheint, den erinnern wir an China. In China hat
sich eine hohe Gresittung ganz unabhängig und ohne Bereicherung durch
fremde Kenntnisse entwickelt Sie erregte im 8. Jahrhundert das Staunen
der vielgereisten Araber, deren Bildung damals alles übertraf was das
Abendland ihnen zur Seite setzen konnte, wenigstens was das Reidi
Karl's des Grossen oder Byzanz ihnen zur Seite gesetzt hat.
China ist geographisch nicht sehr günstig gelten; denn es ist ab-
gesondert von dem übiigen Asien, und abgesondert hat es sich ent-
wickeln müssen; aber s^e hohe Civilisation hätte sich nicht zu ent<en
vermocht, wenn es nicht, obgleich sein Gebiet der geographischen Breite
nach in die Zone der Winterregen, also der regenlosen Sommer, hätte
&llen sollen, dennoch, einer Störung der meteorologischen Ordnung
zufolge, Sommerregen, also die Wohlthaten der Zone des Regens zu
allen Jahreszeiten, mit einer südUcheren Lage verknüpft hätte.
Es ist nicht seine Halbinselnatur allein, welche Europa auszeichnet,
sondern es gesellen sich dazu die Vorzüge seiner mathematischen Lage,
so dass es mit seinem Norden in den Gürtel der Regen zu allen Jahres-
zeiten, mit seinem Süden bereits in den Gürtel der Winterregen hinein-
taucht und auf seinem schmalen Rücken zwd ganz verschiedene Naturen
sich begegnen: die der gemässigten und die der subtropischen Zone.
So finden wir in Nordeuropa Wiesenbau und Viehzucht, im Süden
den Oelbaum, im Norden Wälder von Nadelhölzern und laubwerfenden
Bäumen, im Süden immergrünende Haine, im Norden Korn- und
Weizenbau, im Süden bereits künstliche Reissümpfe, im Norden Reviere
7on Kern- und Steinobst, im Süden Citruswäldchen mit goldglühenden
EVüchten. Welche anregenden Gegensätze auf den Abhängen einer
schmalen Halbinsel! Nirgends auf dem Erdboden folgen von Nord
nach Süd die vegetabilischen Erzeugnisse rascher auf einander als in
L Wüsten, Steppen, Wälder. 515
Mittel- und Südeuropa. Eine bedeutende Verschiedenheit in den Er-
zeugnissen zusammengrenzender Länder aber belebt den Handel und
vermehrt die Industrie der ackerbautreibenden Völker ^). Die Vortheile
dieser mathematischen Lage wird niemand mehr übersehen, der die
Folgen zu überbUcken vermag, wenn das Mittelmeer so weit gegen
Norden gerückt wurde, dass die herakleischen Säulen unter die gleiche
Breite wie Calais imd Dover fielen. Nordeuropa würde dann für das
organische Leben eine ganz ungastliche Stätte geworden sein.
Wenn unser Abendland stolz ist auf seine Erkenntnisse und Wissens-
schätze, seine Allgegenwart auf allen Meeren und an allen Küsten der
Ejrde, seine BeheiTSchung der Naturkräfiie, seine Künste und Gewerbe,
seine Schulen und seine Jugenderziehung, so sollte es beständig er-
innert werden, dass nicht alles ein Verdienst der Abendländer ist.
Wohl darf man das Dasein gesitteter Gesellschaften als eine Schöpfung
gewisser Völker und Zeiten betrachten, wenn man nur nie vergisst,
welcher AntheU davon der helfenden Hand der Natur zukommt. Hätten
die Arier an den Inseln der nordwestlichen Durchfahrt gesessen, sie
würden wahrscheinlich in Schnediütten wohnen, in Seehundsfelle sich
nähen und an den LufUöchem im Eise mit Harpunen auf W^alrosse
lauem. In beständigem Kampfe gegen den Hunger, bei unablässiger
Ermüdimg durch die Jagd wäre ihnen keine Zeit geblieben, religiöse
H}nimen zu dichten und ihre Sprache auf das feinste zu zergliedern.
Selbst Gesellschaftszustände erscheinen abhängig von der Natur
der Erdräume, denen sie angehören. Wo wir W^üsteH finden, da hausen
auch Räubervölker. In der Sahara sind es die Tuareg, in Arabien
die Bedawin, im turanischen Sandmeere die Turkmenen, in der Kirgisen-
steppe vor ihrer Bezähmung die drei Horden. Auf der Gobi hausten
seit dem 6. Jahrhundert die Tu-kiu, die den Kaisern der Sui- und
Thang-Djnastie so viele Sorge machten. Aber längst vor den Tu-kiu
müssen andere „Barbaren^ von dort aus die Ruhe des himmlischen
Reiches bedroht haben; denn schon der Kaiser Thsin-Schi-Hoang-ti
(214 — 204 V. Chr.) erbaute zum Schutze gegen Räuber die grosse Mauer.
Solche Mauerbauten finden wir noch an anderen Orten , stets *) aber
dort aufgerichtet, wo besser bewässerte Landstriche an Wüsten grenzen.
So sah VÄmböry auf der turkmenischen Landenge einen solchen ver-
lassenen Wall, dessen Erbauer völlig unbekannt sind. Wenn sich ehe-
mals im Abendlande die Alterthumskenner aus der Schlinge zogen mit
der Regel „aut Caesar aut Diabolus*^, so wird in Asien, soweit der
») A. V. Humboldt, Kleinere Schriften. Stuttgart und Tübingen 1853.
Bd. I, S. 238.
*) Eine Ausnahme ßind jedoch die beiden „Pictenwälle", welche die Römer
an den Grenzen Schottland^s erbauten.
33*
516 Vierter Theü. Das organische Leben auf Erden.
Islam verbreitet worden ist, dem TeoM oder Alexander dem Grossen
(Iskender) jedes Mauerwerk unbekannter Entstehung zugeschrieben«
£b giebt der AlexanderwäQe mehrere in Asien; der bmihmteste aber
zum Schutze g^en die Wolgasteppen ist das eiserne Thor bri
Derb^id, wo der Kaukasus hart an das Easpische Meer tritt.
In der Nähe der unteren Donau wird jede Völkermauer oder jeder
Schutz vor der Steppe ein Trajanswall genannt , und selbst in
PodoUen zwischen Dnjestr und Sbrucz liegen die Trümmer einer Mau^,
die zwar nach Trajan benannt, aber nach Schafarik nichts mit
diesem Kaiser zu schaffen hat
Selbst in Amerika wiederholen sich ähnUche gesellschaftliche Er-
scheinungen; denn die schlimmsten Raubvögel unter den Rothhäuten,
die Comanchen und Apachen, durchstreifen die trockensten Stellen des
nördlichen Continents: Neu -Mexico, den Uano estacado, Chihuahua,
Arizona, Sonora und das Gilathal. Im Süden aber machen räch die
Raubgeschwader berittener Patagonier geftirchtet, und es bedürfte nur
dnes geringen Zusatzes von Verwilderung, dass der Raubinstinct aller
Steppenvölker die Lianeros Venezuda's oder die Gkiuchos der Pampas
in Turkmenen verwandelte.
Sehr nahe liegt der Grund, warum die Wüste zu allen Zeiten
Räuber grossgezogen hat ^). Es sind nicht bloss die Abhärtungen und
Entbehrungen, ^e sie ihren Bewohnern auferl^, und nicht bloss die
Versuchung, in welche diese versetzt werden, wenn rings um sie herum
grüne Weide liegt, sondern die beinahe völlige Straflosigkeit, womit
ein Raub verübt werden kann, wenn er nur rasch räch ausftihren lässt.
Hat der Räuber mit seiner Beute die Wüste erreicht, dann ist er ge-
borgen wie hinter Wall und Graben. Sein geübtes Auge allein ent-
deckt unter Sand und Dünen den richtigen P&d; er allein kennt den
nächsten Wasserplatz. Einzeln ist er jedem Verfolger überlegen, wie
der Horatier den Curiatiem, und mit Uebermacht kann man ihn nicht
verfolgen; denn wo schon wenige verschmachten, da versehmachten
Tausende um so viel rascher. Das haben alle erfiihren, die das unmög-
liche versuchten seit Darius' Feldzuge gegen die Sythen bis auf die
Perser, die 1851 den Turkmenen Merw entrissen, um dort zu ver-
hungern.
Nichts auf Erden ist der Verbreitung des organischen Lebens feind-
licher ab die Wüste. Wir brauchen nur Thier- und Pflanzenkarten
TU betrachten, so b^egnen wir immer jenseits der Wüsten oder Steppen
Iner veränderten Welt der Organismen. Die Wüsten waren auch
isher die grössten Hindemisse der Culturverbreitung. Die Gobi allein
^ ) £iiie glänzende B estätignng des G esagten bringt Hepwortb Dixon,
Das heilige Land. Jena 1870. S. 163.
I. Wüsten, Steppen, Wäjder. 517
trägt die Schuld, dass sich erst so spät zwischen China und dem
Abendland ein Verkehr entwickelte und dass so oft die dünnen Fäden
wieder rissen, eben weil sich zu den Beschwerden des Wüstenverkehrs
auch die Räubergefahr gesellte. Der grösste Flächenraum des unbe-
kannten Landes liegt noch heutigen Tages in Afrika. Wenn der Neger
sich nur zu einer sehr niedrigen gesellschaftlichen Stufe erhoben hat,
so braucht man zu seiner Rechtfertigung nur die schwerfklligen Umrisse
Afrika's und den Mangel einer genügenden Aufschliessung durch Ströme
zu beachten. Zu der ungünstigen ebenen GUederung Afiika's trat aber
als mächtiges Hindemiss noch der Wüstengürtel im Norden. Alle Ein-
strömungen fremder Völker, welche die Geschichte Afrika's kennt,
bewegten sich nur längs dem mediterraneischen Saume. Die Sahara hat
sich den Völkerwanderungen so gut widersetzt wie den Pfianzenwan-
derungen. So innig hängt die Entwicklung der gesitteten Gesellschaftien
mit der ungleichen Vertheilung von Wind und Wasser zusammen.
n. Die Abhängigkeit der Gewächse von Standort
and Klima.
Jeder grössere Ländennaam besitzt eine Anzahl ihm eigendiümliclier
Pflanzen; andrerseits aber beherbei^ £Bist jeder aach einige Grattnngen,
welche keinem grösseren Elrdgebiete fehlen. Solche kosmopolitische
Grattangen sind: Senedo (Kreozkraut), das verbreitetste Grenus nnter
allen, femer auch Solanum (Nachtschatten), Panicom (Hirse), Garex
(Siedgras), Euphorbia (Wol&milch) n. a« Bei Erwägung jenes (3egen-
Satzes drängt sich unwillkürlich die Frage auf: Wodurch ist die Ver-
brätung der einzelnen (xewächse bedingt?
In gewissen Fällen, aber wohl nicht so häufig, als man gewöhnlich
annimmt, kommt die chemische Zusammensetzung des Bodens hierbei
in Betracht Am meistm tritt eine derartige Abhängigkeit bei den
Salzpflanzen (Halophjten) hervor. Sie finden sich namentlich in den-
jenigen Theilen der Wüsten und Steppen, welche durch einen rdch-
liehen Gehalt an Salz (CUomatrium oäer Gyps) ausgezeichnet sind,
insbesondere in muldenartigen Vertiefungen und an den Rändern der
Salzseen. Zu den Salzpflanzen gdiören vor allem die gesellig wachsen-
den Salicomien (Glasschmalz), C!henopodi«i (GänscAiss), Atriplex-
(Heide) und Salsola- Arten (Salzkraut), welche fleckweise den lettigen
oder sandigen Boden überziehen. Sie haben meist kleine, unansehn-
liche Blüthen und verleihen den von ihnen bedeckten Flädien eine
eintönige graugrüne, im Herbste röthliche Färbung. Da die Salzpflanzen
in allen Theilen eine kleine Quantität Salz zeigen, so scheint der Salz-
gehalt des Bodens nicht nur keine nachtheilige Wirkung auf de aus-
zuüben, sondern vielmehr zu ihrer Elntwicklung nothwendig zu sein.
Andere Pflanzen äussern eine besondere Vorliebe für metallische
Standörter, besonders fiir Galmeiboden, so Viola lutea calaminaris
(Galmei Veilchen), Thlaspi alpestre (Voralpen-Hellerkraut), Armeria vul-
garis (Grasnelke), Festuca duriuscula (Scha&chwingel) und Silene inflata
(Taubenkropf-Silene), deren Asche oft mehrere Procent Zinkoxjd auf-
weist. Das GralmeiveUchen ist dem Bei^gmann ein sicheres Merkmal
II. Die Abhängigkeit der Gewächse von Standort und Klima. 519
ftbr da« Vorhandensem einer Galmeilagerstätte. Auf den Wiesen und
Haiden, welche sich über einer solchen ausbreiten, sprosst es überall
in üppiger f\Üle hervor. Besonders interessant ist Alsine vema (Früh-
lings-Miere), welche auf dem galmeihaltigen Boden zu Moresnet bei
Aachen häufig angetroffen wird, sonst aber stets nur auf kupferhaltigen
Erzen vorkommt ^). Höchst auffallend ist es femer, dass die gewimperte
Alpenrose nur Kalkgebirge, die rost&rbige Alpenrose aber hauptsächlich
Schiefergebirge bewohnt '). Lediglich auf Kalkboden beschränkt sind :
Arabis coerulea, Draba aizoides, Erica camea, Cypripedium calceolus,
und dem Schiefergebirge gehören ausschliessUch an : Androsace glacialis,
Azalea procumbens, Chrysanthemum alpinum, Sesleria disticha. Eine
grosse Neigung für Kieselerden offenbaren die Kastanie, der rothe
Fingerhut (Digitalis purpurea), der Färbeginster (Genista tinctoria);
andere wieder, wie die stinkende Nieswurz (Helleborus foetidus), die
gemeine Schwalbenwurz (Asclepias vincetoxicum), der grosse Enzian
(Gentiana germanica), ziehen Kalkboden vor.
Indessen hat man wohl vielfach den Elinfluss überschätzt, welchen
die chemische Mischung des Bodens auf das Pflanzenleben ausübt.
Alphonse de Candolle ist durch Zusammenfassung zahlreicher
partieller Arbeiten zu dem Ergebniss gelangt, dass Gewächse, welche
in einem Lande nur in bestimmter Erde wachsen, anderwärts auf einem
seinen mineralischen Stoffen nach durchaus verschiedenen Boden ge-
funden werden und dass mehr die physische Beschaffenheit des Bodens
als seine chemische IVIischung die entscheidende Bedingung flii* den
Standort mancher Pflanzen ist. Viele derselben, welche in einem Lande
nur auf einem gewissen Boden wachsen, gedeihen anderwärts auf einem
seinen Eigenschaften nach ähnlichen, seinen mineralogischen Stoffen
nach aber verschiedenen Boden. Von 45 Pflanzenarten, welche Mo hl
nur auf kieseligen Erdarten in der Schweiz und in Oesterreich wahr-
nahm, wurden denselben 19 in anderen Klimaten untreu. Ebenso traf
man von 67 dem Kalkstein eigenthümlichen Species der Schweiz 36
ausserhalb der Schweiz auf Bodenarten ohne kohlensauren Kalk. Von
43 Arten, welche Wahlenberg in den Karpathen nur auf Kalk-
felsen beobachtete, sah er 22 auf kiystallinischem Gestein in der Schweiz
und in Lappland wieder. Und so würden sich sicher durch weitere
Unterauchungen viele jener ausschliesslichen Arten noch vermindern ^).
^) Aus einem Vortrag von Frey tag, gehalten am 7. März 1S70 in einer
Sitzung der Niederrheinischen GeBellschaft zu Bonn. Ausland lS7u, S. 095.
■)IL W. Reichardt: „lieber die Alpenrose** im Jahrbuch des Öster-
reichischen Alpenvereines. Bd. 111 (1867), S. 371.
') Charles Martins, Von Spitzbergen zur Sahara. Jena 1S68. Bd. I,
S. 42—45.
520 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
Da der Boden (namentlich die durch Verwitterung entstandene Acker-
krame) meist aus den yerschiedensten mineralischei\ Stoffen zusammen-
gesetzt ist, so genügt er fast stets den Bedürfhissen der verschieden-
artigsten Pflanzen, falls er nur im übrigen diejenigen physikalischen
Eigenschaften besitzt, welche ihn zur Ernährung organischen Lebens
überhaupt beßlhigen.
Viel wichtiger als die Art d^ geognostischen Unterlage ist für das
Pflanzenleben ein genügendes Maas von Feuchtigkeit, Licht und
Wärme. Die Bedeutung der ersteren ist bereits in dem vorhergehenden
Abschnitte hinreichend gewürdigt worden. Das Licht ist es, unter dessen
Mitwirkung erst die Pflanze die Kohlensäure der Luft direct zu zerlegen,
den Sauerstoff auszuscheiden und den Kohlenstoff zu oi^ganischen Verbin-
dungen zu benützen vermag, wobei sich das Blattgrün (Chlorophyll) ent-
wickelt Darum streben auch die Pflanzen nach dem Lichte und ver-
kümmern, wenn ihnen dasselbe entzogen wird. Ist nun auch für das
Bestehen des individuellen Pflanzenorganismus das Licht unentbehrÜch, so
kommt es doch bei der geographischen Verbreitung der Grewächse gar
nicht in Betracht, weil alle Punkte der Erdoberfläche im Laufe eines Jahres
eine für die Ent<ung der Pflanzen hinreichende Menge Licht empfangen;
denn die Pole, wo die Sonne monatelang über dem Horizonte weilt,
erhalten ebenso lange Licht wie ii^nd welche Punkte am Aequator,
wo in fortdauernd harmonischem Wechsel einem 12stündigen Tage stets
eine ebenso lange Nacht folgt Denmach ist der Mangel an Licht
nirgends ein Hindemiss fiir die Verbreitung der Gewächse. Um so
mehr gilt dies jedoch von dem dritten der oben genannten Factoren:
von der Wärme.
Jede Pflanze bedarf zum Keimen, dann zum Wachsen, zum Blühen,
zur Reife ihrer Samen eine bestimmte Quantität Wärme. Als Mass
fiir dieselbe ist nicht etwa einfech die mittlere Jahreswärme desjenigen
Ortes anzusehen, an welchem die betreffende Pflanze geddht; denn
dieses Wärmemittel ist der Quotient aus Sommer- und Winter-, aus
Tag- und Nachttemperaturen. Es ist aber nur die Wärme während
der Periode des Wachsthums zu berücksichtigen. Um daher einen
mathematischen Ausdruck für die Temperaturerfordemisse der (Ge-
wächse zu gewinnen, hat Boussingault') die Mittelwärme der Vege-
tationszeiten in den Hochgebirgsgebieten des äquatorialen Amerika und
des mittleren Europa mit der Zahl der Tage multipKcirt, die zwischen
der Saat und der Ernte unserer Feldfrüchte liegen. Auf diesem
W^;e gelangte er durch Beobachtung zu folgenden Ergebnissen fiir
die Gerste:
') Economie rurale. Paris ] S44. Tome II, p. 659 sq.
II. Die Abhängigkeit der Gewächse von Standort und Klima. 521
Ort der Gultur.
Dauer der Cnltor
Ton der Saat bis
zur Ernte.
Mittlere Temperatur
während dieser
Zeit.
Summe der Wärme-
einholten.
Bechelbronn (Elsass) . . .
Cumbal (unter dem Aequator)
Santa F^ de Bogota . . .
Reval (Esthland) ....
Upsala
Kegensburg
92 Tage
168 .
122
90
114
88
n
n
n
190 C.
10,7 ° C.
14,7° C.
14,37« C.
13,94« C.
17,14« C.
1748 « C.
1798« C.
1793« C.
1288« C.
1589« C.
1509« C.
Diese Resultate weichen ausserordentlich von einander ab. Offen-
bar ist die B ou s sin gault' sehe Berechnungsmethode nicht ohne
Fehler; denn wenn die Gerste in Esthland nur 1288 Wärmeeinheiten
braucht, wie kann sie am Aequator bei Cumbal und Bogota 1798 oder
1793 Einheiten nöthig haben? In Eeval soll sie bei 14,37 <> C. nur 90,
in Bogotd bei fast gleicher, ja höherer Temperatur (14,7 ® C.) 122 Tage
bedürfen? Der Fehler ist darin zu suchen, dass in dem obigen Falle
bei Ermittelung der durchschnittlichen Tageswärme Tages- und Nacht-
temperatur in Berechnung gebracht worden sind; die Nachtstunden
aber müssen hierbei ganz ausgesondert werden. Da die Pflanze in
noch viel höherem Masse als das Thier im ganzen Verlaufe ihres
Lebensprocesses vom Einflüsse des Lichtes abhängig ist, so ist die
Nacht für die Pflanze in viel ausgedehnterem Sinne als für das Thier
eine Zeit der Vegetationsruhe; dies geht schon daraus hervor, dass die
Wärme, welche doch die anregende Elraft flir den chemischen Stoff-
wechsel ist, während der Nacht von der Pflanze nicht aufgenommen
wird. Die Pflanze hat nämlich des Nachts eine höhere Mgenwärme
als die Luft und verliert an letztere einen Theil dieser Wärme. Da
sie nun nicht bloss keine Wärme empfängt, sondern sogar noch Ver-
luste erleidet, so darf die Temperatur der Nachtstunden als für die
Vegetation nutzlos bei der Berechnung der Wärmesummen keine Be-
rücksichtigung erfahren; vielmehr kommen hierbei allein die Tempe-
raturen der Tagesstunden in Betracht^).
Es ist nun ganz klar, weshalb unter den Tropen, wo zur Vege-
tationszeit der Tag nur 12 Stunden dauert, eine gleiche Anzahl von
Tagen selbst bei gleicher Temperatur sich nicht so wirksam erweist
wie unter hohen Breiten, wo die Sonne während eines Tages vielleicht
18 bis 20 Stunden am Himmel steht. Um diese abweichende Länge
der Tageszeit für die Rechnung wenigstens einigermassen auszugleichen.
1) Wilhelm Kabsch, Das Pflanzenleben der Erde. Hannover 1865.
S. 53 ff.
522 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
legt Kabsch die normale Tageazeit von 12 Standen zu Grande and
bezeichnet diesen Zeitraum zur besseren Unterscheidung dem astrono-
mischen Tage g^enüber als V^etationstag; demnach ist ihm auch
diejenige Wärmemenge eine Wärmeeinheit, welche die mitdere Tem-
peratar eines solchen Vegetationstages um einen Grad erhöht So
gelangte er fär die Gerste zu folgenden Wärmesammen:
Mittlere Temperfttur
Ort der Cultur. j Dauer der Cultur. ^f VegeU«o«-
ti^e wAArend
dieser Zeit.
SomiM
der
Wirmeeinbeitfen.
Cumbal 168 Tage ä 12 Stunden WC.
Cairo 90 , allV, ;, ' 23* C.
2352
1984,9
20« C. I 2134
17,5 • C. 1975,4
21« C. 1731,5
Regensburg 88 „ aU'/i „
Halle , 93 „ al5
Christiania 55 „ kl8 „
Die DijBerenzen sind freilich auch bei dieser Methode noch immer
sehr gross (die Extreme verhalten sich wie 1731,5 : 2352 oder annähernd
wie 3:4); doch entfernen sie sich nicht soweit von einander wie die
Resultate der Boussingault' sehen Berechnung. Eine völlige Ueber-
einstimmung jener Zahlenwerthe darf schon deshalb nicht erwartet
werden, weil dabd die Feuchtigkeit und die Qualität des Bodens
(besonders in Hinsicht auf seine Kraft, die Sonnenstrahlen zu absorbiren)
ganz ausser Acht geblieben sind. Vor allem ist bei den obigen Be-
rechnungen noch ein wichtiger Punkt übersehen worden. Man hat
nämlich stets Temperaturbeobachtungen benützt, welche im Sdiatten
angestellt wurden, während doch die Vegetation an allen heiteren Tagen
direct von der Sonne bestrahlt wird. Schon A. v. Humboldt hatte
gezeigt, dass im nordwestlichen Frankreich genug (Schatten-) Wärme
zum Reifen der Trauben vorhanden sei, dass aber die fast stete Trübung
des Himmels das G^eihen der Frucht beeinträchtige.
Noch müssen wir hinzufügen, dass unter den Gewächsen künia-
tische Varietäten vorkommen, d. h. Pflanzen, welche ihre Entwicklung
rascher vollenden als andere von derselben Art So fand Schübeler,
welcher verschiedene Varietäten der Oerste im botamsdien Garten von
Christiania, also unter gleichen physischen Bedingungen baute und die
Variationen der Wachsthumsperiode verglich, dass dieselbe 77 bis 105
Tage umfetsste. In einem Falle verkürzte sich sogar der zwischen Saat
und Reife des Kornes verflossene Zeitraum bis auf 55 Tage; diese
Gerstenkörner aber waren ihm von der Polargrenze der Getreidecultur,
von Alten in Lappland zugesandt worden^). Es erklärt sich dies
') Scbäbeler, Die Caltorpflanzen Norwegen*8. S. 21.
II. Die Abhängigkeit der Gewächse von Standort und Klima. 523
daraus, dass in einer hochnordischen Gegend nur einzelne kräftige In-
dividuen ihre Samen völlig zur Reife bringen. Diese vererben ihre
Frühreife einzehien Exemplaren; nach und nach befestigt sich diese
Eigenschaft y und so entsteht eine Varietät , deren Vegetationsperiode
wesentlich kürzer ist.
Bisweilen verändern Pflanzen, welche sich nach anderen Elimaten
verbreiten, ihre chemische Zusamjnensetzung. Nach dem Süden ver-
mehrt sich namentlich der Stickstoffgehalt in den Cerealien. Im Norden
Europa's beträgt derselbe für den Weizen 6 — 7, im Süden Europa's und
in Algier aber 20 — 25 Procent. Der Waid (Isatis tinctoria) ist in süd-
lichen Ländeni viel reicher an seinem blauen Farbestoff als im nörd-
lichen. Hanf und Flachs gewähren in Indien nur spröde, nutzlose
Fasern; daftlr aber Uefert der indische Hanf (Cannabis indica) im
Orient den bekannten Haschisch, welcher eine wunderbare Wirkung
auf das Traumleben des Menschen ausübt. Ebenso würde das Opium,
welches aus den unreifen Samenkapseln unseres Mohns gewonnen werden
könnte, medicinisch werthlos sein. Pflanzen, welche sich durch flüchtig
riechende Stoffe ätherisch öliger Natur auszeichnen, entbehren im Norden
derselben. Die Rosen, aus deren Blüthenblättem man im Orient das
kostbare Rosenöl bereitet, können bei uns nicht zur Herstellung dieses
Parfiims benützt werden. Veilchen, Lavendel, Rosmarin und andere
duftende Blüthen, welche namentlich im südlichen Frankreich cultivirt
werden, geben dort einen viel lieblicheren Geruch als bei ims. Selbst
von Früchten gilt dies; die in unseren Gewächshäusern reifende Ananas
hat nicht im entferntesten jenes vorzügliche Aroma, welches diese
Frucht, obwohl wild wachsend, in der tropischen Zone darbietet. Die
Hemlocktanne soll in Schottland kein Conicin entwickeln; der Mastix-
baum von Chios (Pistacia Lentiscus), welcher das bekannte Mastixharz
liefert , gedeiht zwar in Südfrankreich , ist dort jedoch arm an Harz ;
das Holz des Sassafras (Laurus Sassafras) verliert, wenn der Baum in
Europa angepflanzt wird, seinen Geruch ; die Zuckerhirse, in Ostindien
reich an Zucker, ist fast ganz ohne Zuckerstoff, wenn sie bei uns an-
gebaut wird; der echte Eisenhut (Aconitum napellus) ist in nordischen
Ländern weit weniger giftig, und der Rhabarber erzeugt in England
keinen Arzneistoff.
Jede Pflanze trachtet darnach, sich zu verbreiten. Manche ver-
mögen die Grenzen einer bestimmten Zone nicht zu überschreiten;
viele jedoch suchen sich in verschiedenen Elimaten Wohnstätten; ja,
einem Theile gelingt es, sich ebenso gut unter dem Himmel der Tropen
' wie im eisigen Norden zit behaupten. Indessen haben alle Pflanzen
ihre Polargrenzen und viele zugleich Aequatorialgrenzen.
Da die Wärme nicht bloss polwärts, sondern auch mit der Höhe
524
Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
über der Meeresfläche abnimmt, so besitzen die Gewächse neben ihren
Polargrenzen auch Höhengrenzen, die natürlich im allgem^en am
Aequator am höchsten liegen und sich nach den Polen hin mehr und mehr
senken. Wenn man sich also vertical an den Abhängen der Gebirge
erhebt, so wird man erkennen, dass das Pflanzenkleid der Erde in
ähnlicher Weise wechselt, wie wenn man sich vom Aequator nach den
Polen begiebt; namentlich wiederholen unter den Tropen die Hoch-
gebii^, an denen stockwerkartig die verschiedenen EJimate der Erde
einander gleichsam überragen, in ihrer belebten Schöpfung die organische
Welt in gedrängter Kürze und bilden so Mikrokosmen für sich.
Dass sich die Pflanzenwelt an Bei^bhängen stufenartig ändert,
wurde schon von Tournefort und Gundelsheimer beobachtet,
als sie am 10. August 1701 den Ararat besäßen. Sie bemerkten
hierbei, dass am Abhänge des Berges auf die armemsche Pflanzenwelt
eine südeuropäische, dann eine französische, später eine skandinavische
und zuletzt in der Nähe des ewigen Schnees eine alpine Flora folgte.
A. V. Humboldt mass die senkrechten Abstände der organischen
Stockwerke an den Abhängen der Anden, ermittelte gleichzeitig die
senkrechte Abnahme der Erwärmung und entwarf ein ideales Gemälde
von den Höhengürteln der Gewächse, welches die älteste Grundlage
unserer heutigen Pflanzenklimatologie wurde >). Er erhielt hierbei für
das äquatoriale Andengebiet nachstehende V^etationsstufen:
ICtteltempentiiT
Zonen, welche im
Höhe.
flkr die entspredi.
Nirean dee Meeres
Vorherrschende Grewächse.
Höhen nach
eine gleiche Tem-
A.T. Humboldt.
pentnr haben.
0— 600 Meter
27,5* C.
0-15« Br.
Palmen and Bananen^.
600—1200 „
24« C.
15—23« „
Baumartige Farne und Feigen.
1200—1900 ,
1
21« C.
23-34« „
Myrten - und lorbeerartige
Gewächse.
1900-2500 „
19«C.
34-45* „
Immergrüne Laabhölzer.
2500-3100 „
16«C.
45-58« „
LaubhöJzer mit Laubwurf.
3100-3700 ,
13'» C.
58-66» „
Nadelhölzer.
8700—4400 „
8,5» C.
66-72« „
Alpenrosen.
4400-4800 „
4,5* C.
72-82« „
Alpenkraater.
über 4800 „
1,5 • C.
82-90« „
Kryptogamen (ewiger Schnee).
*) Den ersten Versuch dieser Art enthält sein Atlas g^gr. et phys. du
Noureau Continent. Doch hat er dieses altere Bild später rerworfen and ein
verbessertes veröffentlicht in der Schrift De distributione geographica plantanim.
Paris 1817. p. 88, PI I.
*) Auf swei wichtige Ausnahmen von dem Verbreitungsgesetz dieser beiden
Familien, nämlich auf das Vorkommen der Wachspalme (Ceroxylon andicola) aaf
den Schneebergen von Qoindiu in Neugranada, wo sie in 1750 bis 2900 Meter
Meereshöhe auftritt, sowie einer Musacee (Heliconia) auf der Silla von Caracas
in 2150 Meter Meereshöhe hat A. v. Humboldt selbst schon aufmerksam
II. Die Abhängigkeit der Gewächse von Standort und Klima. 525
Wenn die in der Tabelle angeführten Mitteltemperaturen in ver-
schiedenen Regionen der Tropen nicht mit den mittleren Jahres-
temperaturen der ihnen zur Seite gestellten höheren Breiten überein-
stimmen, sondern eher den mitderen Sommertemperaturen derselben
entsprechen, so darf dies nicht befremden, weil in kälteren Gegenden
für die Entwicklung der Vegetation meist die Sommerwärme mass-
gebend ist, während die Winterkälte ' dabei vielfech völlig gleich-
giltig ist.
£benso ist es A. v. Humboldt gewesen, welcher die bekannte
Eintheilung Mexico 's in tierras caUentes, t. templadas und t. frias
schuf imd damit zugleich drei Gebiete von ganz verschiedenem Vege-
tationscharakter von einander getrennt haben wollte^). Die tierras
calientes (bis 1000 Meter hoch) erzeugen in ihrem unteren Theile
Mimosen, Akazien, Cäsalpinien (Haematoxylon campechianum) , die
amerikanische Feige (Ficus americana) und Bananen, zu denen sich
weiter aufwärts Palmengruppen (die Palma real, Acrocomia aculeata),
Myrten- und Lorbeerarten, sowie endlich Yucca, Agave und Cacteen
(die schöne Mamillaria Humboldtii) gesellen. Die tierras templadas
(1000 bis 2000 Meter hoch) tragen feuchte Gebirgswälder, in denen
die Eichen besonders zahlreich und gemischt mit Palmen vorkommen;
in den Niederungen findet sich ein dichtes Gemisch von Myrten (meist
Eugenien), Lorbeeren (Ocotea), Mimosen, Robinien, Terebinthaceen,
Cassien, wolligen Linden (Triumsetten), Ulmen mit breitem, bretartigem
Stamme, dazwischen Pothosgewächse, namentlich Dracontien mit durch-
löcherten Blättern, Agaven, hochstämmige Yuccas und zahllose Lianen.
In den tierras frias (über 2000 Meter hoch) herrschen bis 2500
Meter Höhe zunächst noch die Eichen neben Ulmen und Erlen vor;
später (von 2500 bis 3600 Meter Höhe) dominiren die Coniferen
(unter ihnen besonders die prächtigen Stämme .von Pinus Montezimia),
sodann (bis 4400 Meter Höhe) niedrige Synanthereen, welche die Rhodo-
dendren der Alpen vertreten, und endlich silberhaarige Gesträuche von
Senecio.
An den Südabhängen des Himalaya reichen die tropischen
Gewächse, vor allem die riesigen Feigenbäume, die Wollbäume, die
Baumfame, die Laurineen und Magnolien, sodann Mimosen, baumartige
Vemonien und Helicien, sowie Euphorbienbäume 1600 bis 2000 Meter
hoch hinauf. Hierauf folgt bis c. 4000 Meter Höhe die gemässigte
gemacht. A. v. Humboldt, Ansichten der Natur. Stuttgart und Tübingen
1849. Bd. II, S. 153. Voyage de Humboldt et Bonpland. Premiere partie.
Helation historique. Paris 1814. 'Tome I, p. 606.
^) A. V. Humboldt, Essai politique sur le royaume de la Nouvelle
Espagne. Paris 1811. Tome I, p. 39 sq.
526 Vierter TheiL Das organiüche Leben auf Erden.
Region. Bis 3000 Meter Höhe walten in derselben Eichen und Lor>
beer0[i neben Hex, PrunuB, Rhododendron und Magnolia vor; hierauf
gewinnen nordeuropäische Laubhölzer aus den Gattungen Älnus, Betula,
Coiylus, Carpinus die Oberhand, unter welche sich vidfeudi Nadelhölzer
mischen. fSne Laub- und Kaddholzregion kann hier nicht unter*
schieden werden, da beide zusammenfidlen. Der Baumwuchs endet in
einer Meeresböhe von c. 4000 Metern; hierauf Termittelt ein Gürtel
bunter Alpenkräuter den Uebergang zur Region des ewigen Schnees.
An der Nordseite des Himalaja steigen die Gewächse entsprechend der
Schneegrenze bis in viel bedeutendere Höhen empor.
Für die Alpen dürfen wir sechs Höhengürtel der Gewächse an-
nehmen: 1) Die R^on der Obstbäume (im Mittel bis 650 Meter Höhe)
ist zugleich das Grebiet des Getreidebaues; die Waldungen bestehen
meist aus Buchen, Birken, Erlen, Lärchen, Fichten und Tannen und
dem gewöhnlichen Unterholz. 2) Die R^on der Buchen (bis 1500
Meter Höhe) mithält auch die obere Grenze der Birke, des Bergahom
und der Eberesche; hier erscheinen die Rhododendren. 3) Die Region
der Fichten (bis 1800 Meter Höhe) zeigt die schönste Elntwicklung der
Alpenmatten und den herrlichsten Alpenrosenflor. Ausser der Roth-
tanne oder Fichte (Pinus Abies excelsa) bilden die Beigkiefer (Pinus
montana) und die Zirbel (Pinus Cembra) grosse Waldungen. 4) Die
R^on des Eoiieholzes (bis 2300 Meter Höhe) weist Bestände der Leg-
föhre (Pinus humilis) auf. 5) Die R^on der Alpenkräuter (bis 2800
Meter Höhe) erzeugt von Holzgewächsen nur die Zwergformen der
Alpenwdde (Salix retusa) und der Ejrautweide (S. herbacea), femer
einige Alpenrosen, die rothe Haide (Erica camea) und die einzige in
den Alpen vorkommende Azalee (Azalea procumbens). 6) Die R^on
der Eryptogamen liegt bereits jenseitB der Schneegrenze und beherbergt
nur Moose und Flechten ^).
Natürlich sind die obigen Höhengrenzen nur DurchschnittBwerthe,
welche zwar im dllgemeinen, aber nicht fiir alle einzelnen Theile der
Gebiige zutreffen; je nach der mineralogischen Beschafienheit des
Bodens, nach der Steilheit der Gehänge, nach einer der Insolation und
südlichen Winden günstigen oder ungünstigen Lage und nach dem Grad
der Bewässerung sind jene Grenzen innerhalb eines Gebirges sehr be-
trächtlichen Schwankungen unterworfen.
Aus dem überall an den Abhängen der Gebirge eintretenden
Wechsel der V^etation erklärt sich auch, dass Gebiige mit hohem,
geschlossenem Eanmi fiir die Verbreitung der Pflanzen oft unüber-
windliche Schranken sind. Nur dann, wenn die obere Grenze dner
') Wilhelm Kabsch, Das Pflanzenleben der Erde. Hannover 1^65.
*S. 357 ff.
II. Die Abhängigkeit der Gewächse von Standort und Klima 527
Pflanze sich über den niedrigsten Pass erhebt, vermag dieselbe das
Gebirge zu überschreiten.
Das entwickeltste Pflanzenleben der Erde finden wir in den mit
Niederschlägen reich bedachten Gebieten der tropischen und subtropischen
Zone. Hier sind die Gewächse saftstrotzender, meist von frischerem
Grün, mit grösseren und glänzenderen Blättern gezieii; als in den
nördlichen Erdstrichen. Auch ragen hier vielfach Bäume von so
gigantischer Grösse und so hohem Alter empor wie sonst nirgends auf
der Erde.
Zu den Riesen im Reiche der Vegetation gehören die von
Balduin Möllhausen geschilderten Baumgestalten des Mammuth-
baumthales in der Sierra Nevada (im Calaveras-Bezirk, also fast genau
östUch von San Francisco). Jene Bäume sind Coniferen, die zu den
Gattungen Sequoia (Endl.) und Wellingtonia (Lindl.) zählen; am im-
posantesten sind Sequoia gigantea und Wellingtonia gigantea. Ihre
Kronen beginnen meist erst in einer Höhe von 45 bis 60 Metern und
reichen bis zu 90 Meter Höhe empor. Einer (der Hauptstamm der
aus 26 Stämmen bestehenden Family Group, genannt der Vater) ist
schon vor Jahren einem Sturm zum Opfer ge&llen ; er ist in der Höhe
von 90 Metern abgebrochen, hat aber dort noch 12 Meter Umfang,
während derselbe an der Basis 34 Meter beträgt. Die gesammte ehe-
malige Länge des Stammes wurde zu 135 Metern berechnet. Die
Mutter der Family Group hat 28 Meter Umfeng und 100 Meter Höhe ^).
Von ebenso gewaltigen Dimensionen sind einzelne Individuen eines
Eucalyptus (E. amygdalina) in Victoria (Australien). Eine wirkliche
Messung von Eucalyptus amygdalina ergab nach Ferd. Müller,
Director des botanischen Gartens in Melbourne, 128 Meter; den höchsten
Bäumen dieser Art im QueUgebiet des Yarra imd Latrobe wird sogar
eine Höhe von 152 Metern zugeschrieben. Demnach übertriflft Euca-
lyptus amygdalina die grössten Wellingtonien noch um über 15 Meter
und überragt selbst die höchsten menschlichen Bauwerke: den Strass-
burger Münster und die Pyramide des Cheops. Der grösste Baum
Westaustralien's ist der Kaori, ebenfalls ein Eucalyptus (E. colossea);
ein im Thale des Warren gemessener Baum dieser Art soll 120 Meter
hoch sein. Doch besitzen nur einzelne bevorzugte Exemplare eine
solche Höhe; im allgemeinen dürfte die Höhe der Wellingtonien weit
bedeutender sein als die der erwähnten Eucalypten -).
Hinsichtlich ihrer Stärke aber werden selbst jene Waldriesen
^) Balduin Möllhausen, Tagebuch einer Heise vom Mississippi nach
den Küsten der Südsee. Leipzig 1858. S. 467—469.
*) A. Grisebach nach F. Müller, Notes on the Vegetation of Australia,
in Behm's Geographischem Jahrbuch. Bd. II (1868), S. 212 f.
528 Vierter TheiL Das organische Leben auf Erden.
CaUfomien's und Victoria's noch überflügelt durch einzehie Feigenbäume
in Queensland (Australien). Der R^erungsbotaniker Walter Hill
&nd im November 1873 am Johnstone-Flnsse einen Feigenbaum von
bisher einzigartigen Dimensionen. Einen Meter über dem Boden hat
er einen Umfimg von 45 Metern, und selbst in einer Höhe von 17
Metern, wo er seine ßiesenzweige aussendet, noch dnen solchen von
beinahe 24 Metern ^), während doch der Umfang der höchsten Welling-
tonien nur 34 Meter und derjenige der grössten Eucalypten 26 Meter
beträgt
Ebenso zeichnen sich die tropischen und subtropischen Gewächse
yiel£ich durch eine ausserordentliche Lebensdauer aus. Nach Lind-
ley's Unt^-suchungen bestanden die grossen Wellingtonien der Mam-
muthschlucht schon vor 3000 Jahren ^). Die kühnen Schätzungen von
Adanson und Perrottet geben den von ihnen gemessenen Adan-
sonien ein Alter von 5150 bis 6000 Jahren; sie müssten demnach
bereite existirt haben, als die Pyramiden erbaut wurden^ oder vielleicht
gar, als das südliche Kreuz noch im nördlichen Deutschland sichtbar
war. Das Alter des colossalen Drachenbaumes (Dracaena draco) von
Orotava (Teneriffit), der in der Nähe des Bodens einen [Jm£uig von
24 Metern hat, reicht zwar nicht bis in die ältesten historischen
Zeiten, aber doch bis in die älteren Zeiten hellemscher und römischer
Geschichte hinauf), und noch immer trägt er, gleichsam in ewiger
Jugend, Blüthe und Frucht
^) Nach dem „Brisbane Courier** vom 30. December 1873 in Natore, VoL IX,
Nr. 232. 9. April 1874. p. 452 sq.
») A. Grisebach, Die Vegetation der Erde. Leipzig 1872. Bd. II, S. 307.
')A. y. Humboldt, Ansichten der Natur. 3. Aufl. Stuttgart und
Tubingen 1849. Bd. II, S. 104 ff., bes. 107.
III. Physiognomik der Grewächse.
Alexander y. Humboldt hat zuerst darauf hingewiesen, dass der
Wechsel landschaftlicher Eindrücke nicht von den Formen der Erd-
oberfläche herrührt, weil die gleichen Felsarten überall wiederkehren und
überall die nämlichen Umrisse zeigen, sondern dass das Gefühl der
Fremdartigkeit beim AnbUck entlegener Welten nur dadurch entsteht,
dass sich die Pflanzenbekleidung des Bodens und mit ihr die vor-
handenen Thier- und Menschengestalten ändern. Den letzteren fehlt
es jedoch an Masse, um den Totaleindruck wesentlich beeinflussen zu
können; auch entziehen sich die einzelnen Individuen vermöge ihrer
Beweglichkeit oft unserem Auge; hingegen wirkt die Pflanzenschöpfung
durch ihr massenhafties Auftreten, wie durch ihre stetige Grösse mächtig
auf unsere Phantasie ^). Die Verschiedenheit der landschaftlichen Ein-
drücke und die malerischen Wirkungen femer Länder beruhen daher
in erster Linie auf der Eigenthümhchkeit ihres Pflanzengewebes, des
lebendigen Kleides der Natur. Die Zergliederung der Eindrücke ist
dann aber keine Frage des ordnenden Botanikers, sondern eine ästhe-
tische Aufgabe, imd die Gewächse werden nicht mehr nach den natür-
lichen Familien gruppirt, sondern nach ihrem landschaftlichen Werth,
besonders nach dem, was die Gärtner als Figur zu bezeichnen pflegen.
Ein künstlerisches Bedürftiiss also trieb A. v. Humboldt zu einer
die systematischen Ordnungen durchbrechenden Eintheilung des Pflanzen-
reiches in sechszehn Grundformen der Vegetation oder zu einer ästhe-
tischen Physiognomik der Gewächse 2). Die ältesten Versuche, die
Pflanzen zu classificiren, welche der Systematik Tournefort's und
Linn^'s vorausgingen, kommen hier wieder zur Geltung; denn es
*) A. V. Humboldt, Ansichten der Natur. 3. Aufl. Stuttgart und Tübingen
1849. Bd. II, S. 20.
*) Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. Tübingen 1S06, später
aufgenommen in die Ansichten der Natur. 3. Aufl. Stuttgart und Tübingen
1849. Bd. n, S. 1—41.
Peachel-Leipoldt, Fhys. Erdkunde. IL 34
530 Vierter TheU. Das organische Leben auf Erden.
handelt sich hierbei nicht um eine Vergleichung der Blüthen und
Früchte, sondern der Stämme, Zweige und Blätter. Die systematisdie
Botanik musste einst diesen W^ verlassen, weil man zu der Elrkenntniss
gelangt war, dass die letztgenannten Organe, welche die Eknährung
der Gewächse yermitteln, in ihrer Gestalt yiel yeränderlicher und un-
bestimmter sind als die zur Fortpflanzung dienenden. Bisweilen fiaUen
die Vegetationsfbrmen mit den Gruppen des natürlich^i Systems zu-
sammen; weit öfter jedoch ist bei Reicher Bildungsweise der Emähmngs-
Organe eine grosse Verschiedenheit im Bau der Blüthen und Früchte
zu beobachten. Es ist klar, dass sich in der Physiognomik der Ge-
wächse keine so strenge Classification durchführen lässt wie in der
systematischen Botanik. Dennoch ist sie ebenso berechtigt wie diese
und gehört recht eigentlich in die physische Erdkunde.
Die 16 Humboldt' sehen Typen hat Kabsch um 11 yermehrt.
Grisebach zählt ihrer sogar 54 auf; doch sind einzelne Theilungen
Grisebach's auf so geringe Unterschiede gegründet, dass sie kaum
gerechtfertigt erscheinen*). Die von Eabsch angestellten 27 Vege-
tationstypen sind folgoide'):
1) Von den Schwämmen können nur einige Biesengestalten
landschaftUche Wirkungen henrorbringen, so die dnen Meter breiten
Hüte von Polyporus und Lenzites und fiisshohe Morchehi (Morchella
alba). Das sonderbarste Bild bietet ein Bovist (Lycoperdon horrendum),
eine Schwammkugel von einem Meter Durchmesser, die wie ein lauern-
des, weisses oder braunes Ungeheuer im Dunkel des Waldes den Wan-
derer erschreckt.
2) Die Flechten werden künstlerisch höchst bedeutsam durch
die oft sehr warmen Farben, mit denen sie die Gesteine umkleidoL
Ihr wahres Reich aber b^innt erst da, wo die höheren Gewächse
zurückbleiben: im Gebirge bd höherer Erhebung, auf den Tundren
im Norden der Alten Weltj in dem Steinlande Labrador, wie überhaupt
in den Hudsonsbaygebieten. Der Engländer Hind, welcher im Jahre
1861 eine wissenschaftliche Reise in das Innere der Halbinsel Labrador
ausführte, schildert uns die Pracht der dort heimischen Flechten mit
folgenden Worten ^) : „Unsere Sprache ist zu matt für die Herrlichkeit
^) Vgl. A. Grisebach, Die Vegetation der Erde. Leipzig 1872. Bd. I,
S. 11 — 14. Von den 54 Formen Grisebach's gehören 30 zu den Holz-
gewächsen, 3 zu den succulenten Gewächsen, 3 zu den Schlinggewachsen,
2 zu den Epiphyten, 8 zu den Krautern, 6 zu den Grftsem (Grisebach
unterscheidet hier beispielsweise Wiesengräser, Steppengräser, Savanengräser«
annuelle Gräser, Cyperaceenform und Rohrgräser) und 2 zu den Zellenpflanzen.
s) Nach Wilhelm Kabsch, L c. 8. 215—303.
*) H. Y. Hind, Explorations in the interior of the Labrador Peninsola.
London 1S63. VoL I, p. 1S2.
III. Physiognomik der Gewächse. 531
der Flechten. Sie tragen alle Farben, von der des oxydirten Silbers
bis zum Zinnober, vom heissesten Orange bis zum Sammetschwarz.
Ein jedes Land und ein jedes Klima hat seine besonderen Schönheiten,
die es als sein ungetheiltes Eigenthum betrachten kann. Labrador's
Einöden haben ihre Flechten, die auf jedem Schritt einen Ruf des
Staunens und der Bewunderung unseren Lippen enüocken und zugleich
uns betrauern lassen, dass wir nicht einige dieser märchenhaften Miniatur-
gärten mit uns nehmen dürfen. Vermöchten wir nur, sie aufzubewahren,
diese malerischen Befleckungen der Verwitterung, denen es geUngt, wie
Feenringe sich an den harten Gneiss zu heften und ihn mit Lieblichkeit
zu umkleiden!^ NamentUch sind hier Cladonia rangiferina (Renthier-
flechte) und Cladonia gracilia (schlanke Hohlflechte) durch Schönheit und
üppige Entfaltung ausgezeichnet. Aber auch weiter südwärts können die
Flechten den Wäldern einen poetischen Anstrich, eine „Stimmung" ver-
leihen. „Wer hat nicht schon," bemerkt Kabsch^), „die fusslangen
Usneen unserer Bergwälder bewundert, und doch können sie sich in süd-
lichen Gegenden noch viel prächtiger entwickeln; wie mit einem grauen
oder braunen Schleier umhüllen sie die alten Baumgestalten •, langen Silber-
fransen gleich hängen sie von jedem Ast, von jedem Zweige herab. So
kommt auf St. Helena eine örtliche Varietät der Usnea barbata vor,
welche, ganz in dieser Weise in der Nähe der Wohnung Napoleon's die
Bäume einer ganzen Allee aus Conyza arborea überziehend, einen
äusserst efiectvollen Anblick hervorruft."
3) Die Form der Algen fiihrt uns hinaus an die Gestade des
Meeres, tief hinein in die wogende See. Von physiognomischer Wich-
tigkeit sind nur einige fast ausschliesslich dem Meere angehörende
Arten ; die Algen haben daher eigentlich wenig landschaftlichen Werth;
aber sie zählen wegen ihrer wunderbaren imd manigfaltigen Formen
zu den interessantesten Geschöpfen der Natur. Die merkwürdigsten
imd grössten scheinen sich an der Südspitze Amerika's zu finden. 130
Meter lang und mit 2V2 Meter langen Blättern ausgestattet ist die
Macrocystis pyrifera in den Canälen des Feuerlandes und bei den
Falklandsinseln ; dort bildet sie mit den ebenso riesigen Lessonien,
welche ein palmenartiges Aussehen haben, mächtige unterseeische Wälder,
die ein reicheres Thierleben beherbergen als die Wälder des Festlandes.
Die Durvillaea edulis hat bisweilen eine Länge von 500 Metern. Auch
an der Küste von Kamtschatka begegnet man einer durch riesenhafte
Dimensionen ausgezeichneten Algenflora; namentlich ist die Nereocystis
Lütkeana hervorzuheben: ein 100 Meter langer, bindfadenartiger Stengel
endigt in einer 2 Meter langen, hohlen Schwimmblase, die eine Krone
') 1. c. S. 223.
34*
532 Vierter TheiL Das organische Leben anf Erden.
▼on gespalteneiif 10 bis 13 Meter langen Blättern besitzt, zwischen
denen die Seeotter, versteckt und getragen von der Schwimmblase, auf
Baub lauert
4) Die Moose mit ihren feinen, zierUchen Gestalten verleihen
sowohl im hohen Norden, wie anter den Tropen der feuchten Erde
nnd den Felsen im Waldgrand, sowie den Baumstämmen ein prächtige
grünes Gewand. Doch gilt auch von ihnen wie von den Flechten,
dass sie nur in kalten Erdräumen der Landschaft eine besondere
Physiognomie au&udrncken vermögen.
5) In unseren Farnen tritt uns diejenige Form entgegen, welche
uns am lebhaftesten an die tropisdie Pflanzenwelt erinnert Zwar
ist ein kleiner Farn unseres Nordens, vielleicht ein Polypodium, sdir
verschieden von einer Fiederpalme der Tropen ; doch wird diese mächtige
Kluft auf das natürUcfaste durch die baumartigen Farne ausgefüllt, die
den Palmen in Blatt- und Stammbildung zum Thdl so ähnlich sehen,
dass sie sdbst von kundigen Beisenden mit ihnen verwechselt werden.
Namentlich sind vielfeu^h Yersteinerangen als Palmen beschrieben worden«
von denen sich später ergab, dass sie von Cycadeen oder Famen her-
stammen. Die baumartigen Farne sind auf die tropischen Gebiete
beschränkt; uns sind alldn die krautartigen Farne zugetheilt worden.
Doch vermittelt der Straussfem unserer Gebirge (Struthioptens germanica >
den Uebergang zu den stattlichen Baum&men der Tropen.
6) Auf die Farne folgen physiognomisch unmittelbar die Palmen,
die ^Könige unter den Gräsern^, wie sie einst der indische Dichter
Amarasinha nannte. Ihnen haben stets die Völker den Preb der
Schönheit zuerkannt Jeder, der zum ersten Male eine palmengeschmückte
Tropenlandschaft erblickt, wird überrascht durch ihre graciösen Formen,
durch die schlanken, hoch au&teigenden Stänmie, durch die prachtvolle,
wahrhaft königliche Blattkrone, sowie durch die seltsame Gestaltung
und üppige Fülle ihrer Blüthe und Fruchtrispen. Von hohem Werth
für die landschaftliche Schönheit des PalmenbUdes sind Lage und Bich-
tung der WedeL Diese wallen vom Ende des Stammes aus entweder
in anmuthigen Biegungen herab, oder sie strecken sich steif in die Luft
hinaus. Den Ausdruck erhabenster Majestät und Anmuth bietet die
Palme aber, wenn sie beide Formen vereinigt, wenn sie neben Wedeln,
die im spitzen Winkel aufstreben und so den Stamm noch höher er-
scheinen lassen, auch herabhängendes Blattwerk besitzt, wodurch die
Form etwas Abgerundetes, Vollendetes erhält v. Martins fiihrt58o
Arten an ^), von denen auf Amerika allein 275, auf die anderen Erd-
*) Nach O. Drade darf die Gesammtsumine der Palmenarten auf 1000
geschätzt werden, wovon die grossere Hälfte der westlichen Hemisphäre an-
III. Physiognomik der Gewächse. 533
theile 310 Arten kommen imd zwar auf das tropische Asien 274, auf
Afrika 26 y auf Australien 9 Arten. Nördlich vom Wendekreis des
Krebses findet man 48, südlich von dem des Steinbocks nur 13 Arten;
die übrigen gedeihen ausschliesslich auf dem Baume zwischen den
Wendekreisen. Die Palmenform nimmt vom Aequator gegen die ge-
mässigte Zone hin an Pracht und Grösse ab. Europa hat unter seinen
einheimischen Gewächsen nur einen Eepräsentanten dieser Form: die
Zwergpalme (Chamaerops humilis), die in Spanien, auf den Balearen,
Corsica und Sardinien, im mittleren und südlichen Italien, sowie in
Griechenland angetroffen wird. Sie war früher auch in der Gra&chaft
Nizza vorhanden, ist dort jedoch, soweit sie im Freien wuchs, neuer-
dings durch die Sammelgier der Botaniker völlig ausgerottet worden.
7) Die Nadelhölzer sind namentlich flir ein bewegtes Terrain,
frlr eine Gebirgslandschaft, ftbr die Wasserfalle unserer Alpen, für einen
Hinteigrund von Fels und Firnschnee von unveigleichlichem Effect imd
geben der ganzen Landschaft ihre Stimmung. Ihre in Höhe und Um-
frmg viel&ch colossalen Gestalten vereinigen in sich Majestät mit Ge-
di^enheit und Kraft; durch das Düstere ihrer Färbung erregen sie
ernste Gedanken in der menschlichen Seele und fordern unwillkürlich
zu sinnendem Nachdenken, zu grübelndem Versenken in die Tiefen
des Gemüthes auf. Wunderbar ist ihre Wirkung im Winter. „Ihr
ewig frisches Grün erheitert die öde Winterlandschaft. Es verkündet
gleichsam den Polarvölkern, dass, wenn Schnee und Eis den Boden
bedecken, das innere Leben der Pflanzen, wie das Prometheische Feua*,
nie auf imserem Planeten erlischt^ ').
In der nördlich gemässigten Zone prägen die Formen dieser Familie
mit ihrem starren, immergrünen, dunklen Blattwerk und ihrem schlanken
pyramidalen Wuchs den Landschaften einen besonderen Charakter auf,
noch mehr aber in den nördlichsten Gegenden, wo das Auge oft meilen-
weit nichts als solche Waldungen sieht. Im südUchen Europa ist die
Pinie eine Form von höchstem artistischen Werth. Ihr schirmartiges
Dach auf dem säulenartigen Stamm verleiht ihr eine entfernte Aehn-
lichkeit mit der Palme, besonders wenn sie auf Höhenkämmen niedriges
Laubholz überragt und auf blauer Luft die zierliche Verästelung ihrer
Krone sichtbar wird. Eine italienische, eine spanische Landschaft ist
ohne eiae Piniengruppe fast nicht denkbar; wenigstens wird sie nie
ein Künstler anzubringeo vergessen, wenn er sie schicklich verwenden
darf. Unter den Tropen können sich die Nadelhölzer nur auf kühleren
gehört. Petermann's Mittheilungen 1878, S. 20. Vgl. hierzu v. Martins,
Historia naturalis palmarum. Vol. I (1823), p. CLXV.
^) A. y. Humboldt, Ansichten der Natur. Stuttgart und Tübinger
Bd. n, S. 33.
534 Vierter TheiL Das organische Leben anf Erden.
Bergeshöhen halten ; doch steigen anf Cuba und Hay ti die Kiefern (Pinns
oocidentalis) bis zum Meere herab und mischen sich dort, ein unver-
gleichliches Bild gewährend, unter Fahnen and Mahagonibäume. Am
ärmsten an Arten, sowie an Gattungen ist das nördliche Südamerika
und das mittlere und südliche Afrika.
8) Die achte Form ist die der Casuarinen. Mit ihren blattlosen,
&denfbrmigen, gegUederten Aesten und den häutigen, gezähnten Scheiden
an den Gliedern ähnehi sie am meisten den baumartigen Schaditel-
halmen. Es sind die traurigsten, schmucklosesten Baumgestalten, welche
die Natur aufweist Sie wachsen nicht gesellig, sondern zerstreut in
Neu-Holland, z. B. zwischen den Bäumen der Eucalyptus- und Acacia-
Wälder. Auch in Ostindien und an der Ostküste von Afrika findet
sich diese Form.
9) Die Myrten bestimmen die land^chafUichen Eindrücke niigends
so mächtig wie in Australien, wo aus ihnen (nämlich aus den fkica-
lyptus-, Metrosideros-, Melaleuca- Arten) und den Akazien £ast die Hälfte
der Wälder besteht In diesen Wäldern herrscht eine merkwürdige
Elrleuchtung. Das Licht ^t nämlich nicht auf horizontale Blattfiächen,
wie bei unseren Laubbäumen, sondern gleitet zwischen senkrechten
Flächen vorüber. Es fehlen daher die Streiflichter und Schlagschatten
unserer Laubhölzer; vielmehr gehören die australischen Waldungen zu
den schattenärmsten der Elrde. Morphologische Gresetze in der Eint-
Wicklung der Blätter, wdche zum Schutze gegen raschen Wasserverlust
in den r^enarmen Gebieten AustraUen's eine senkrechte Stellung an-
nahmen, bestimmen also den eigenartigen Charakter der Erleuchtung«
der Begrenzung von Licht und Schatten. An den Küsten von Cühile
und Patagonien trifft man die &st undurchdringlichen Gebüsche von
Myrtus stipularis sehr häufig. Auf den Molukken bietet der gegen 10
Meter hohe Gewürznelkenbaum (Caryophyllus aromaticus) das ganze
Jahr hindurch den Sammlern seine rötUichen, kostbaren Blüthen.
Die gemeine Myrte (Myrtus communis), ein 1 bis 27^ Meter hoher
Strauch, kommt, UebUche Gebüsche bildend, in den Mittelmeerländem
überall vor.
10) An die Myrten schliessen sich eng an die Haidekräuter,
mit denen auch die Rhododendren oder Alpenrosen physiognomisch
verwandt sind. Die Heimath der echten Eriken ist das Capland, wo
wir sie Strauch- oder baumartig im buntesten Gemisch der Arten finden,
und zwar sind sie fast sämmthch Sudafirika eigenthümlich. Auf der
nördlichen Halbkugel zeichnen sich die Haidekräuter weniger durch
Artenfblle als durch gesellschaftliches Wachsthum aus. Die Enca
tetralix , E. cinerea und £. camea , letztere auf Haiden im Gebirge,
überziehen weite Länderstrecken in Frankreich, England, Deutschland
III. Physiognomik der Gewächse. 535
und Skandinavien bis zum äussersten Norden hinauf, und das gemeine
Haidekraut, die Calluna vulgaris, bedeckt in grossen gesellschaftlichen
Zügen &st allein die grossen Ebenen, die sich von der Scheide bis zum
Westabhang des Ural erstrecken; sie wächst aber auch auf den Azoren, in
Island und Neu-Fundland. Seltsamer Weise aber überschreitet sie nicht
den Ural und wird sowohl im nördlichen Asien wie im continentalen
Nordamerika vermisst Bis jetzt kennt man 440 Arten in 61 Gattungen ;
von diesen gehört nur eine Art (Erica coerulea) Amerika an, deren
Verbreitungsbezirk aber von Pennsylvanien und Labrador bis zur
Vancouver-Insel und Aliaska reicht In Neu -Holland und auf den
Nachbarinseln fehlt die Familie der Eriken gänzlich-, sie wird dort
durch die habituell ganz auffiillend ähnlichen Epacrideen ersetzt.
11) Die Lorbeeren (Laurineae) können als physiognomischer
Typus fiir die immergrünen Laubbäume mit steifen, lederartigen, glän-
zenden Blättern gelten. Der bekannteste Vertreter dieser Gruppe ist
der edle Lorbeer (Laurus nobilis), mit dessen Blattwerk bei den alten
Griechen und Römern die Stirn des Siegers geschmückt wurde. Femer
zählen hierher der Zimmet-, Kampher- imd Sassairasbaum, sowie die
für die subtropische Zone physiognomisch so wichtigen Gewächse der
Gattung Citrus.
12) Durch die wintergrüne Belaubung sind den Laurineen ähnlich
die Rhizophoren (auch Mangrove-, Mangle- oder Leuchterbäume),
welche in der heissen Zone an flachen, sumpfigen, vor Brandung ge-
schützten Küsten ausgedehnte Uferwaldungen bilden. Sie sind physio-
gnomisch ausgezeichnet nicht nur durch die von ihren Aesten senkrecht
herabwachsenden Luftwurzeln, sondern auch dadurch, dass sie zur
Zeit der Ebbe auf ihren eigenen Wurzeln wie auf einem LeuchterAiss-
gestell frei stehen.
13) Leicht erkenntlich ist für uns der Typus der Weiden, da
sie sich unter allen Zonen ähnlich sehen. Denselben Habitus, welchen
die Weiden an unseren Bach- und Flussufem an sich tragen, dieselben
ruthenfbrmigen Aeste und länglichen Blätter besitzen sie in allen Erd-
theilen mit Ausnahme Australien's und unter den verschiedensten Zonen.
Nur gewinnt in der tropischen Zone bisweilen ihre Gestalt unerwartete
Dimensionen. A. v. Humboldt fand am Zusammenfluss des Mag-
dalenenstromes und des Rio Opon alle Inseln mit Weiden bedeckt; sie
sind dort schlanke Bäume ^ deren Stamm bei 20 Meter Höhe kaum
20 bis 25 Centimeter Durchmesser hat^). Am ausgebreitetsten und
artenreichsten ist die Weide zwischen dem 45. und 70. Grad n. Br.;
^) A. y. Humboldt, Ansichten der Natur. 3. Aufl. Stuttgart und
Tübingen 1849. Bd. II, S. 231.
536 Vierter TheiL Das organische Leben auf Erden.
insbesondere in Europa, wo sie mit Vorliebe die Flüsse umsäumt,
unter allen Bäumen ist die Weide einer der grOssten PolarreiBenden ;
denn sie dringt als Salix polaris in Lappland und auf Nowaja Semlja weit
g^en Nord^ vor, freilich nicht mehr als Baum) sondern als GFesträuch,
wenn man eine flach am Boden kriechende Ruthe so nennen darf.
Zur Form der Weid^i ist unbedingt auch der Oelbaum (Olea
europaea) zu rechnen. Oelbaum und Weide, systematisch weit von
einander entfernt, stimmen phjsiognomisch durchaus mit einander über-
ein: sie haben beide denselben weichen, schlanken Stanun, dieselbe
Zwei^liederung, dieselbe lockere, wenig Schatten gebende Laubkrone,
aber auch dieselbe Zähigkeit des Lebens, eine fast nicht zu vernichtende
Lebenskraft.
14) Die Cupuliferen oder die Wipfelbäume gehören der
Mehrzahl nach unserer HeimaÜi an. Sie sind die Vertreter der wälder-
bildenden, sommei^grünen Laubbäume; in physiognomischer Hinsicht ist
ihnen vor allem die unr^elmässige, oft seltsam verbogene Verzweigung
und ein dichtes, schattenreiches Laub dgenthümlich. In der Eiche
(Quercus robur und Qu. pedunculata), dem kräftigsten und charakter-
vollsten Baum unserer Wälder, tritt uns dn Stück deutscher Sage,
deutschen Lebens entgegen. Von den nahezu 230 Eichenarten der
Erde kommt das Maximum in der Alten Welt auf Asien (97 Arten,
die meisten auf den Sunda-Inseln), nächstdem auf Europa (2 in Nord-,
18 in Südeuropa) und Afrika (nur in Nordafrika, 8 Arten). Amerika
hat 101 Arten (zwischen dem 20. und 50. Grad n. Br., MaYimnTn in
Mexico). Die linde ist durch die gewaltige Ausdehnung, die Buche
durch die vollkommene Symmetrie ihrer Laubkuppel in hohem Grade
ausgezeichnet Die letztere ist wohl der schönste Baum Mitteleuropa's.
Von den 10 bekannten Arten der Linde finden sich 6 in Europa, 4 in
Amerika; auch giebt es mehrere Arten der Buche im südlichen Süd-
amerika. Eine stattliche Erscheinung ist femer die Rosskastanie (Aes-
culus hippocastanum) mit den bandförmig getheilten Blättern und der
schönen, runden Laubkuppel, sowie die edle Kastanie (Castanea veaca),
welche schon in der P£gJz und im Neckarthaie bei Heidelberg gedeiht
und namentlich zur Blütheperiode den Landschaften einen südlichen,
fremdartigen Anstrich verleiht; aber erst an den Südabhängen der Alpen
ent<et sie sich recht lustig. Endlich sind die Birke, die Pappel, der
Ahorn, die Esche, die Eberesche, der Wallnussbaum , die Platane
(Sykomore), der mit herrlichen Blüthen geschmückte Tulpenbaum Nord-
amerika's (Liriodendron tulipiferum) hier zu erwähnen.
15) Unter den Tropen werden unsere Cupuliferen ersetzt durch
die Malvenbäume, deren stolzester Repräsentant der riesige WoU-
bäum Westindien's (Bombax Ceiba) ist. Seine Stammentwicklung ist
III. PhyBiognomik der Gewächse. 537
eine so mächtige^ dass die Indianer Canoes mit Baum für 180 Personen
aus einem einzigen Baume aushöhlen. Verhältnissmässig riesenhaft
sind auch die Aeste und die dichte, rundliche Laubkrone, die sich mit
ihren grossen, handfbrmig geschlitzten Blättern, den dunkelpurpurrothen,
büschdfbrmig am Ende der Zweige stehenden Blüthen weit in die Luft
hinaus streckt, einen Baum, unter dem bequem 1000 Personen Platz
haben sollen, mit ihrem dichten, kühlen Schatten bedeckend. Physio-
gnomisch sinct ihm der Affenbrotbaum (Adansonia digitata), die baum-
artigen Malven, die baumartigen Nesseln (Urticeae) und die Wol£smilch-
gewächse (Euphorbiaceae) beizuordnen.
16) Fast ausschliesslich auf Südamerika beschränkt sind die Mela-
stomaceen. . Von anderen PäanzenfamiUen unterscheiden sie sich
durch eine merkwürdige Ausbildung ihres Blattademetzes. Begelmässig,
zart, fast plastisch wirken sich die Blattadem in einander, wodurch in
Verbindung mit einer eigenthümlichen kurzen Behaarung die Blätter
ein sammetartig schillerndes Aussehen erhalten. Die Melastoma- und
Bhexia- Arten (letztere mit grossen, karminrothen Blüthentrauben aus-
gestattet) gehören vor allem hierher.
17) Wenn GHederung und Beichhaltigkeit der Zusammensetzung
Zeichen der VoUkonmienheit sind, so sind die Mimosen, bei uns
durch die Akazien vertreten, die vollkommensten Gewächse. Ihre Be-
laubung besitzt trotz der fast schablonenhaften Begelmässigkeit eine
solche Eleganz imd Zierlichkeit, dass wir speciell in Hinsicht auf die
physiognomische Schönheit des Blattwerkes die Mimosen als die vollen-
detsten Gewächse anerkennen müssen. „Die tiefe Himmelsbläue des
Tropenklimas, durch die zarigefiederten Blätter schimmernd, ist von
überaus malerischem Effecte^ '). Zu dieser Form zählen Bäume und
Sträucher; die ersteren breiten vielfach ihre Aeste aus ähnlich den
Tannen oder den Araukarien Chile's. Fast alle Glieder dieser Gruppe
falten zur Nachtzeit die Einzelblättchen zusammen imd öfihen sie erst
wieder bei Anbruch des Tages. Viele (Mimosa dormiens, M. pudica,
M. sensitiva, M. somnians, M. somniculosa, Cassia sensitiva, Acacia
acanthocarpa, Desmanthus natans u. a.) sind mit einer seltenen Empfind-
samkeit begabt; durch directe Berührung, ja durch eine Erschütterung
der Erde oder selbst durch einen vorüberstreifenden Windhauch werden
sie veranlasst, die Blättchen zu schliessen. Die echte Mimosenform
mit doppelt gefiedertem Laube und kleinen Blüthenbürstchen ohne bunt-
ge^rbte Blumenkrone ist fast nur unter den Tropen heimisch; die
subtropische Zone überschreitet sie nur in Arten aus den Gattungen
Acacia und Prosopis.
*) A. V. Humboldt, 1. c. Bd. II, S. 29.
538 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
18) Auf die Holzgewächse, welche in dem Vorhergehendai an-
geßihrt wurden, folgen nun die Gräser. Sie sind von hoher physio-
gnomischer Bedeutung und dies um so mehr, als sie fast über den
ganzen Erdkreis verbreitet sind. Im hohen Norden wie in den gemäs-
sigten Klimaten und unter den Tropen rufen sie einen fbr das Auge
so angenehmen Gegensatz zu Wald und Feld, sowie zur Wüste hervor;
fröhliche Leichtigkeit und bewegliche Schlankheit bringen sie in vor-
züglicher Weise zum Ausdruck. Sie wirken mdur durch die Gesdlig-
keit ihres Auftretens, indem sie weite Flächen bedecken, als durch ihre
Grösse, obwohl auch diese in tropischen Gebieten eine sehr beträchtlidie
ist Phy siognomisch unterscheiden sich sehr scharf die eigentlichen Gräser
(Gramineae) und die Riedgräser (Cyperaceae) durch ihre BlüthenbOdung.
Die ersteren sind leicht erkennbar an der langen, gedrängten Aehre,
an der leichten Rispe, die in anmuthsvoUer Biegung, oft mächtigen,
silberweissen Fahnen gleich, hoch in den Lüften flattert, die Riedgräser
an dem mehr geknäuelten, ährigen, oft dunkelge&rbten Blütfaenstand.
Die kleinen Gräser, aus denen unser Rasen besteht, dringen bis
zum höchsten Norden empor; die Cultur der Gerste gelingt noch am
Alten^ord in Norwegen unter dem 70. Grad n. Br. Nicht wenige
Gräser sind Kosmopoliten und zwar nicht bloss unsere Getreidearten,
welche durch Menschenhand bis in die fernsten Erdtheile getragen
worden sind, sondern auch nicht cultivirte Gräser. So wächst Trisetuni
subspicatum überall auf dem Rücken der Anden Südamerika's und der
Cordilleren Nordamerika's; aber es kommt auch auf der Melville-Insel,
in Grönland, Island, den Alpen, im Altai, in Kamtschatka vor; ja es
ist sogar auf der Campbeils -Insel südlich von Neuseeland gefunden
worden. Von der heissen Zone ausgeschlossen sind die Hordeaceen,
Bromeen, Agrostideen; dagegen herrschen in ihr die Bambuse, Sacdia-
rinen, Olyreen, Oryzeen und Chlorideen. In den Tropen erreichen die
Grasformen die grösste Höhe, unter ihn^i namentlich die der Gattung
Bambusa zugehörigen, die in 100 Arten über die Alte Welt verbreitet
ist, in der Neuen Welt aber gänzlich vermisst wird. * Das Bambusrohr
(Bambusa arundinacea) schiesst oft in wenigen Stunden nahezu einen
Meter hoch empor und erlangt eine Höhe von 10 bis 15 Metern, ja
in Java nach Angaben der Reisenden sogar von 40 Metern; die gruppen-
weise sich vereinigenden Bambusgebüsche verleihen den Tropenland-
schaften vielfach einen besonderen Charakter. In Amerika werden die
Bambuse durch die Gattungen Guadua und Chusquea ersetzt, welche
in einzelnen Arten (namentlich im nördlichen Südamerika) 15 bis 20
Meter hoch weiden. In den Urwäldern Brasilien's sind die stattlichsten
Gräser die 10 bis 13 Meter hohen Tagnaras oder Taogaras, welche
durch die Arundinaria macrosperma am Mississippi und Arkansas an
III. Physiognomik der Gewächse. 539
Grösse fast noch übertroffen werden. Bis jetzt sind von den echten
Gräsern 3500, von den Riedgräsern 1800 Arten bekannt.
19) Unter den Zwiebelgewächsen sind Tulpen, Schwertlilien
und Amaryllideen diejenigen, die den Typus am besten repräsentiren.
Hie und da treten sie gesellig auf und bilden einen Teppich wie unsere
Gräser. Die Orenburger Steppe ist im Frühling ein ungeheures Tulpen-
beet, und im sibirischen Taurien sind grosse Strecken mit Iris über-
zogen. Zu den Zwiebelgewächsen ist auch der neuseeländische Flachs
(Phormium tenax) zu rechnen. Unter allen Erdtheilen zeichnet sich
Afrika durch die grösste Manigfaltigkeit der Liliengewächse aus.
In den Steppengebieten ruht die Zwiebelknospe, von zahlreichen
schützenden Hüllen umschlossen, während der heissen Jahreszeit unge-
&brdet in dem Boden, bis sie, vom ersten Regenschauer zu neuer
Thätigkeit aufgerufen, wieder ihre herrlichen Blüthen treibt.
20) Die Bananen- oder die Pisangformen sind echt tropische
Kinder und fehlen fast nie auf Bildern, welche das Pflanzenleben der
heissen Zone zur Darstellung bringen. Die Banane besteht aus einem
niedrigen, aber saftreichen, fast krautartigen Stamm, an dessen Spitze
sich dünn und locker gewebte, zartgestreifte, seidenartig-glänzende Blätter
erheben. Im Laufe eines Jahres erreicht sie nahezu Baumhöhe; wegen
ihrer prächtigen, oft ganz colossalen Blätter, wegen ihrer grossen,
wunderbar gefärbten Blüthen und ihrer mächtigen, fast centnerschweren
Fruchttrauben ist die Banane der schönste Schmuck feuchter, tropischer
Gegenden. In dem lockeren Zellgewebe jener riesenhaften Blätter finden
sich nicht selten die Spuren tropischer Unwetter; das gesammte Blatt-
werk gleicht dann oft einer ungeheuren Krone von zerfetzten Kriegs-
fahnen, welche 'von dem bis 10 Meter hohen Schaft herabwehen.
Als Culturgewächse sind zwei Arten über alle heissen Länder der
Erde verbreitet. Die erste ist der gemeine Pisang (auch Adamsapfel,
Paradiesfeige, Musa paradisiaca). Er wird 3 bis 6 Meter hoch und
trägt 2 bis 4 Meter lange, ^ 'j Meter breite Blätter, deren Gewebszellen
bei dem ausserordentlich raschen Wachsthum nur locker an einander
gereiht sind. Sie erscheinen deshalb schwammartig und springen leicht
der Breite des Blattes nach in mehr oder weniger regelmässigen Ab-
ständen auseinander. Die zweite Art ist der Bananenpisang (Musa
sapientum), der im Gegensatz zu dem gemeinen Pisang einen purpur-
roth gestreiflien oder gefleckten Stamm besitzt, jedoch von diesem kaum
specifisch verschieden sein dürfte.
21) In Form und Farbe der Blüthen systematisch wie physiogno-
misch mit der vorigen Form verwandt ist die Bromelienform,
welche auch dem Nichtbotaniker gegenwärtig ist durch die Bromelia
ananas. Aus der Mitte eines blaugrünen, meist stacheligen Blattbusches
540 Vierter TheiL Das organische Leben auf Erden.
erhebt sich die dichte Blüth^iähre oder Bispe, bedeckt mit Blüthen in
den manigfaltigsten Farben. Von der mächtigsten Einwirkung aa£
den landschaftlichen Charakter ist sie als Schmarotssergewftchs im tro-
pischen Urwald. Gleich blnmengeschmückten, silberweissen Biesenloeken
wallen die bleigraaen Tillandsien (TiOandsia usnoides) mit ihren, prac^t-
voQen Blüthenfihren von den Bäumoi herab. Die Bromelia Pinguin
hat dnen gegen 4 Meter hohen, mächtigen Blätterbusch, der, selbst
epiphytisch, dicht mit Flechten nnd Moosen überzogen ist Auf der
Hochebene von Mexico umhüllen diese Grewächse oft die Wachholder-
und Yucca- Arten mit einem dichten Gtewand.
22) Denkt man sich aus der Mitte des Blattbusches einer Ananas
einen Schaft aufsteigen, der mit LUienblüthen besetzt ist, so hat man
die Form der Agaven. Eigenthümlich sind den hierher zu zählenden
Pflanzen das kandelaberartige Wachsthum des Blüth^ischaftes und die
langen, schwertförmigen, domigen, in gedrängter Spirale zusammen
stehaiden, oft fleischigen Blätter. Die meisten sind Wüstenpflanzen;
alle lieben trockenen, steinigen Boden. Die Agaven waren an&nglich
auf Amerika, die AloSarten auf das südliche Afrika beschränkt. Jetzt
finden sich jedoch die ersteren, durch Menschenhände verpflanzt, auch
in Südeuropa und Nordafrika, letztere in Ost- und Westindien, Süd-
amerika und Südeuropa ziemlich häufig. Das Geschlecht Yucca gdiört
dem südlichen Theile Nordamerika's an.
Auch unter den Agaven giebt es Biesenformen. Die Fouroroya
longaeva, welche in der mexicanischen Provinz Oaxaca in einer Höhe
von c. 3000 Metern vorkommt, treibt einen Stamm von 13 bis 16 Meter
Höhe und \'^ bis ^/^ Meter Dicke, dessen oberes Ende mit einem
Busche 2 Meter langer Blätter gekrönt ist; aus ihm ragt erst die 10
bis 13 Meter hohe, -mit unzähligen weissen läUenblüthen bedeckte Bispe
empor, ein riesiger Armleuchter auf einem ebenso massigen, phantastisch
ausgestattet^! GestelL Doch erreicht die Pflanze erst in einem Alter
von 300 bis 400 Jahren eine solche Höhe von 25 bis 30 Metern. Wie
die Drachenbäume durch ihre dichotomen Zweige mit den langen,
domigen, schwertförmigen Blättern, so erinnern die Pandaneen durch
die agavenartige Krone aus langen, wendeltreppenartig an einander
gefügten Blättern lebhaft an die Agavenfi>rm.
23) Keine Gruppe bietet in ihrer Erscheinung soviel Sonderbares
und Wunderliches dar als die Cacteen; denn sie bilden bald cande-
laberartig verästelte oder ungetheilte, vielkantige oder runde Säulen,
wie die Fackddistehi (Gereus), bald unförmliche Stachelkugdn, wie
die Warzendistehi (MamiUaria) und Igeldisteln (Echinocactus), bald zu-
sammengedrückte, seltsam gefederte Stengel, wie die Feigendistdn
(Opuntia), bald baumartige Grestalten, wie die 8 Meter hohen Pereskien
III. Physiognomik der Gewächse. 541
in WestindieD. Je seltsamer die unserem ästhetischen Gefühl häufig
widerstrebenden Formen dieser Gewächse sind, an denen die Blätter
durch Büschel von Domen, Höckern oder Borsten vertreten werden,
um so schöner sind die in den zartesten, glühendsten Farben prangenden
Blüthen, denen ein herrlicher Duft entströmt.
Die echten Cacteen sind von GLaus aus Elingeborene der heissen
Gebiete Amerika's, wo ihnen mehr als 400 Arten angehören; doch
haben sich mehrere derselben auch über die wärmeren Gegenden
der Alten Welt verbreitet In Amerika dringen einige Arten tief
in die gemässigte Zone ein und gelangen in Chile sogar bis zur
Schneelinie hinauf. Bei uns werden sie schon längst als Topfgewächse
wegen ihrer Blüthen und ihres Geruches cultivirt. In den wasserlosen
Ebenen von Südamerika kommt den von Durst gepeinigten Thieren
der Melonen- CSactus sehr zu statten, eine kugelfbrmige, halb im dürren
Sande verborgene Pflanze, deren saftreiches Innere unter furchtbaren
Stacheln versteckt ist Bernardin de St Pierre nennt daher sehr
*
glücklich diese Pflanzen vegetabilische Quellen der Wüste ^). Im Alter
werden die Cactusstämme hart und holzig und zwar so durchgreifend,
dass die Indianer sich des Holzes seiner Unverweslichkeit wegen zur
Herstellung von Rudern und Thürschwellen bedienen.
Die heissen Gebiete Aftika's und Asien's haben statt der Cacteen
die Euphorbien, welche phjsiognomisch in auffallendster Weise die
Cacteenformen wiederholen. Durch ihren IVIilchgehalt unterscheiden sich
die Euphorbien auch dem Unkimdigen gegenüber sofort von den Cacteen.
In Europa und Amerika bleiben sie niedrig, krautartig und sind mit
Blättern versehen.
24) Ein weiter Sprung ftlhrt uns von den stachligen Cacteen zu
den lieblichsten Spielzeugen der Natur, zu den Orchideen, deren
Formen so seltsam sind, dass man sie als einen Versuch der Schöpfung
im Carikiren bezeichnen kann. Fast dünkt es uns, als ob die Natur
hier der wunderhchsten Laune ihres Schöpfergeistes gefolgt wäre, da
zahlreiche Blüthen eine überraschende Aehnlichkeit mit gewissen Thier-
gestalten verrathen. Schon die Ophiys- Arten unserer Wälder zeigen
ziemlich deutlich das Bild der Biene, der Fliege, der Spinne; unter
den Tropen aber ahmen die Orchideenblüthen grosse, buntge&rbte
Schmetterlinge mit ausgebreiteten Flügeln und langen Fühlfkden nach
(so Oncidium Papilio von der Insel Trinidad); glänzende Käfer scheinen,
Honig naschend, den Saugrüssel in den geöfiheten Kelch der Blume
zu tauchen; Adneta Humboldtii ähnelt einem Todtenkopf, der aus einer
braimen Mönchscapuze hervorschaut; höchst seltsam ist femer die Form
*) A. V. Humboldt, 1. c. Bd. II, S. 31.
542 Vierter Theil. Das organische Leben aaf Erden.
von Uropedium Lindenii, bei welcher Pflanze die drei inneren Blätter
der Blüthenkrone in langen, linealen, bis znm Boden herabreichenden
Zipfeln aaslaufen. Die Orchideen in den heissen Strichen Ämerika's,
Asien's und Afrika's sind im Gegensatz zu denen der gemässigten Zone
meist EpiphjTten. Von den 2000 bekannten Arten gehören 11(5 Europa
an; aber es sind lauter Aschenbrödel ohne Schmuck und Farbe. Von
einer Orchidee stammt das edelste aller Qewürze, die Vanille, ab.
25) Die Lianen (Schlingpflanzen) oder die Rebenformen sind
bei uns nur durch wenige Gewächse, durch den Weinstock, den Epheu,
den Hopfen, die Schmeerwurz (Tamus), die Waldrebe (Clematis) und
die Lonicere yertreten. In den tropischen Gegenden werden sie am
stattlichsten. Sie sind es vor allem, welche die Tropenwälder undurch-
dringlich machen, ihnen aber auch zugleich dne ausserordentliche Pracht
und Ueppigkeit verleihen ; gleich Guirlanden ziehen sie sich, von herr-
Uchen Blüthen besetzt, von Zweig zu Zweig. Wie Stricke, Seifen oder
Taue hängen die bald finger-, bald armdicken CSpos von den Aesten
der Bäume herab; sie bilden gewissermassen das Tauwerk zwischen
den Masten der Baumriesen. Sie wickeln und dreh^i sich vielfach um
dnander, umvrinden und umstricken die Aeste und Stämme, aber nicht
immer diejenigen allein, auf denen sie ursprüngUch wurzeln, sondern
auch andere daneben befindliche.
Kletternde Pflanzen geben vor allem die Gattungen Passiflora
(namentlich in Südamerika und Westindien), Bignonia, Paullinia, Bau-
hinia (sämmtlich in Amerika), Calamus (Bohrpalme, besonders auf den
Inseln des indischen Archipels und in Hinterindien). Unter den Feigen
ist die bemerkenswertheste Lianenform jene criminalistische Pflanze
Brasilien's, welche den Namen Mörderschlinger (Sipa matador) eriialten
hat ,,An&ngs steigt die Feige senkrecht neben einem Stamme des
Waldes in die Höhe; bis zu einer gewissen Länge gewachsen sendet
sie Luftwurzdn aus, welche den fremden Stamm umkraUen und ihn
so fest an den Mutterstamm andrücken, dass dieser zuletzt bei weiterem
Wachsthum sich muldenförmig um den Gefangenen anschmißt- Mit
der Zeit unterliegt aber der umklammerte Stamm den Umschlingungen,
die sich tief in seine Saftwege eingegraben haben; er wird welk, stirbt
ab; der Mördei schlinger stützt sich auf einen Leichnam, flndlich fiült
zwischen den Riesenschlingen der £siulende Stamm zusammen; aber
der Umschlinger bleibt stehen, in seiner so abenteuerlichen Gestalt die
merkwürdigste Erscheinung des Urwaldes darbietend^ ^).
26) Mit der Form der Aron-Gewächse sind wir durch eine
sehr gemeine Topfpflanze, den Aronstab (Arum maculatum), vertraut ge-
>) Wilhelm Kabsch, 1. c. S. 295.
III. Physiognomik der Gewächse. 543
worden. Dieser Typus zeichnet sich durch krautartige, saftige Stengel
und dickadrige Blätter aus. Die letzteren sind bald pfeilfbrmig, bald
fingerfbrmig gelappt, bald gefiedert, stets jedoch von beträchtlicher
Grösse und oft mit rothen oder weissen Flecken versehen. Aber auch
die Bltlthen sind eigenthümlich gestaltet: sie sitzen auf dicken Fleisch-
kolben und sind von einer mächtigen, weissen oder prächtig gefärbten
Tute umgeben, welche die Bliithenorgane umhüllt. Der Einfluss, den
die Aronformen auf die landschaftliche Physiognomie ausüben, ist nach
dem Standort derselben ein verschiedener. Entweder wachsen sie aus
der Erde und treiben knollige, grössere oder kleinere Wurzeln, welche
oft als Nahrungsmittel von hoher Bedeutung sind, — bald von geringerer
Grösse wie die Arum- Arten, bald mächtig emporstrebend wie das CaUa-
dium arborescens, — oder sie leben epiphy tisch auf den Bäumen,
wie die stattlichen Pothos-Gewächse, deren riesige Blätter wie Schirm-
dächer von den Bäumen der tropischen Wälder herabhängen, in ihren
Grössenverhältnissen nur noch von den Bananen übertroffen.
27) Den Schluss dieser physiognomischen Typen bilden die Nym-
phäen, d. i. diejenigen Gewächse, deren Blätter und Blüthen auf der
Wasseroberfläche schwimmen. Hierzu gehören als die bekanntesten
unsere Seerosen, femer Nelumbium speciosum (die Lotosblume der
Alten, in Südasien und Nordafiika), sowie die colossale Victoria regia
(auf dem Amazonas und seinen Nebengewässem).
j
IV. Die Vegetationszonen der Erde.
Eine vergleicbeiide Betrachtimg der Pflanzen auf yerschiedenen Erd*
räumen lehrt mis, dass grössere, meist von Oebirgen oder Meeren
umsäumte Oebiete von einheitlichem EUima in allen Theilen dne nahezu
übereinstimmende Vegetation zeigen , zugleich aber auch eine grössere
Anzahl eigenthümlicher Arten und Grattungen, sowie einzelne eigenartige
Familien aufweisen. Hierdurch wurde man zur Au&tellung und Be-
grenzung natürlicher Vc^etationsgebiete geführt Der Däne J. Frederik
Schouw, welcher zuerst die Erdoberfläche in derartige Gebiete zu
theilen versuchte, fordert von einem selbstständigen pflanzengeogra-
phischen Reiche, 1) dass wenigstens die Hälfte der Arten diesem Erd-
räume eigenthümlich sei, 2) dass mindestens ein Viertel der Gattungen
entweder hier ausschliesslich auftrete oder doch wenigstens ein so ent-
schiedenes Maximum erreiche, dass die in anderen Erdräumen vor-
kommenden Arten nur als Repräsentanten zu betrachten seien, 3) dass
einzelne Pflanzenfamilien gleichfidls entweder diesen Grebieten allein
angehören oder wenigstens ein deutliches Maximum dort habend.
Schouw vermied es, seiner pflanzengeographischen Eintheihmg
der Erde die klimatischen Zonen zu Grunde zu legen; denn er fimd,
dass das Pflanzenleben fiir die einzelnen Erdräume keinesw^ aUein durch
die meteorologische VerfEissung derselben bedingt sei. Indem er den
Gesetzen der Verbreitung der Gewächse nachforschte, erkannte er, dass
viel&ch ganz andere als klimatische Schranken, namentlich Meere und
Gebirge, die Verbreitung der Gewächse hinderten und schon deshalb
keine völlige Uebereinstimmung zwischen Vegetations- und klimatischen
Zonen bestehen könne. Bis zu welchem Grade häufig die Verbreitung
der Gewächse von den klimatischen Verhältnissen der Länderräume
unabhängig ist, lehren die folgenden Thaksachen.
') Joachim Frederik Schouw, Gnmdzüge einer allgemeinen Pflanzen-
geographie. Berlin 1823. S. 505.
IV. Die Vegetationszonen der Erde. 545
Die zahlreichen (gegen 1000) Palmenarten sind sämmüich tropische
lind subtropische Gewächse; doch nehmen die meisten von ihnen sehr
enge Bezirke ein. So wird die Dattelpalme (Phoenix dactyUfera) nur
in Norda&ika und Südwestasien, die Dompalme (Hyphaene thebaica)
nur in Oberägypten, Nubien, Abessinien und Arabien, die Zwergpalme
(Chamaerops humilis) nur in dem südlichen Europa und dem nörd-
lichen Afrika angetroffen; viele der amerikamschen Palmen sind auf
kleinere Bäume, alle aber bis auf 2 Arten auf Amerika beschränkt.
Die scharfe Trennung von Amerika und der Alten Welt wird unter
jenen 1000 Palmenarten nur von 8 Arten durchbrochen; diese sind
Elaeis guineensis (Oelpalme), Cocos nucifera (Cocospalme) und Baphia
vinifera. Nach der berühmten Begel von Bobert Brown, dass man
das Vaterland weit verbreiteter Arten da zu suchen habe, wo die ver-
wandten Arten vorkommen, stammen Elaeis und Cocos aus Amerika,
hingegen Baphia aus Afrika. Doch begegnet man Elaeis auch in Afrika?
Baphia in Brasilien, Cocos sogar in allen Tropenländem. Von der
letzteren darf man behaupten, dass sie durch Meeresströmungen über
die Oceane getragen worden ist, da ihre Frucht auch im Meerwasser
die Keimkraft nicht verliert. Die Uebersiedlung der beiden ersteren
nach transatlantischen Ländern aber ist noch ein Qeheimniss ; möglicher
Weise ist sie durch Menschenhand herbeigeführt worden. JedenMIs
ist es ausserordentlich bemerkenswerth, dass unter c. 1000 Palmenarten
nur 3 das Weltmeer überschritten haben*).
Höchst seltsam sind auch die Ericeen über den Erdkreis vertheilt.
Bis jetzt sind gegen 440 Arten in 61 Gattungen bekannt In Neu-
Holland und auf den Nachbarinseln wird diese Familie gänzlich ver-
misst; in Nordamerika ist sie nur durch eine allerdings weit reichende
Art (Erica coerulea) vertreten. In reichster Menge und in den manig-
faltigsten Formen aber finden sich die wahren Eriken im Caplande;
doch sind sie fast sämmtUch Südafrika eigenthümlich. Mit Ausnahme
der Erica umbeUata zeigen die Mittelmeerländer durchweg andere Arten.
Noch weiter nach Norden entbehren die Ericeen einer grösseren Arten-
fUlle, überziehen jedoch (so namentlich Calluna vulgaris) in grossen
gesellschaftlichen Zügen weite Striche der Ebenen, die sich von der
Scheide bis zum Westabhang des Ural erstrecken. Die Calluna vul-
garis wächst aber auch auf den Azoren, in Island und Neu-Fundland;
um so wunderbarer ist es, dass diese Pflanze im continentalen Amerika
und ebenso im ganzen nördlichen Asien fehlt; offenbar ist ihr der Ural
zu einer unüberwindlichen Schranke geworden*). China und Indien
1) 0. Drude in Petermann's Mittheilungen 1878, S. 105.
S Wilhelm Kabsch, Das Pflanzenleben der Erde. S. 247 f.
Posch el*Leipol dt, Pbys. Erdlrande. 11. 35
546 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
haben keine Ericeen, obwohl sie dem Ursitz derFamilie, dem Caplande,
viel näher liegen und mit ihm viel besser rerbmiden sind als Nord-
amerika, welchem doch wenigstens dne Art dieser Familie zu Theil
geworden ist
Die südliche Hemisphäre weist femer viele Pflanzen aus der natür-
lichen Familie der Rosaceen auf, aber keine einzige Art des Geschlechtes
Rosa^). — Von den 114 bekannten Arten des Grenus Pinus gehört
kdne einzige der südlichen Hemisphäre an^), obwohl Pinus occiden-
talis selbst in Mexico häufig vorkommt und sogar an den Vulcanen
der Fonseca-Bay (Centralamerika) unter dem 13. Grad n. Br. noch
angetroffen wird'). Es ist um so auffsJlender, dass dieser Baum
nicht weiter nach Süden vordringt, als er ein heisses Klima wohl zu
ertragen vermag; denn auf der Insel Cuba und auf den niedrigen
Hügeln der Isla de Pinos mischt sich derselbe mit den Palmen, und
auf Hayti steigt er bei Cap Samana von dem Gebirge bis in das
litorale herab ^). Trotz alledem vermochte er nicht den südamerika-
nischen Continent zu erreichen. Ebenso erinnert die Abwesenheit der
Wahren Abietineen, der Juniperineen , Cupressineen und aller Taxo-
dineen, wie der Torreya, der Salisburia adiantifolia, des Cephalotaxus
aus den Taxineen, in der südlichen Erdhälfte lebhaft an die räthsel-
haften, noch unenthüllten Bedingungen, welche für die ursprüngliche
Vertheilung der Pflanzenformen massgebend waren und durch Gleichheit
oder Verschiedenheit des Bodens, sowie der meteorologischen Processe
nicht befriedigend erklärt werden können^).
Eigenthümliche Beziehungen bestehen namentlich zwischen der
Flora der Alten und Neuen Welt Schon Schouw*) bemerkte:
„Der Unterschied in der Vegetation der Continente nimmt von dem
nördlichen Polarkreise gegen den Aequator immer zu; man möchte
daher aus klimatischen Ursachen glauben, dass jenseits des südlichen
Wendekreises die Uebereinstimmung wieder grösser werde. Dies be-
stätigt aber keinesw^ die Elr&hrung; sie lehrt uns vielmehr, dass
im Gegentheil der Unterschied der Continente in der südlichen tempe-
rirten Zone grösser ist als selbst in der heissen.^ Bis zu einem gewissen
Grade identisch ist zunächst die arktische Flora imter allen Meridianen
^) A. V. Humboldt, Ansichten der Natur. Stuttgart und Tübin^n 1S49.
Bd. II, S. 193.
«) 1. c. S. 192 f.
") Moriz Wagner, NaturwissenBchaftliche Reisen im tropischen Amerika.
Stuttgart 1870. S. 364.
*) A. V. Humboldt, L c. Bd. II, S. 185.
*) L c. S. 193.
*) Grundzüge einer allgemeinen Pflanzengeographie. S. 427.
IV. Die Vegetationszonen der Erde. 547
in den höheren Breiten des Waldgebietes , wo die Berings-Strasse den
Austausch zwischen den Floren Asien's und Amerika's nicht wesentlich
hindert. Wenn wir aus dem Porlarkreise heraustreten, beobachten wir
zwar noch immer eine grosse Aehnlichkeit zwischen der Pflanzen-
bevölkerung Nordamerika's und der Alten Welt; allein die Zahl ge-
meinsamer Arten wird mit der wachsenden Entfernung der beiden
Welten immer geringer. Nach Hinds' Schätzung findet sich etwa
die Hälfte der in den Wäldern von Aliaska vorkommenden Pflanzen
auch in Sibirien und Europa; vor allem ist mit Sicherheit erwiesen,
dass die in den südlicher gelegenen Waldzonen Nordamerika's ein-
heimischen europäischen Arten aus dem Norden stammen; es sind
nordische Gewächse, welche auf den Meridianen beider Continente sich
südwärts verbreitet haben ^). Daneben trat jedoch ein thatsächlicher
Austausch zwischen europäischer und amerikanischer Flora ein, was
natürlich nur auf dem Wege über die Orkneys- und Shetlauds-Inseln,
sowie Island und Grönland geschehen konnte. Charles Martins^)
verglich daher die Pflanzenwelt dieser Kette von Inseln, und die Arten-
vertheilung entsprach der Annahme einer Besiedelung der Inseln durch
Wanderung; denn je weiter man sich vod Europa entfernt, desto mehr
vermindern sich die ausschliesslich europäischen Arten, und in gleichem
Masse vermehren sich die ausschliesslich grönländischen. Ueber jene
Inselbrücke drangen die Pflanzen nach Norden vor; gleichzeitig aber
verfolgten die auf Grönland einheimischen arktischen Pflanzen den um-
gekehrten Weg und verbreiteten sich über Island, die Färöer, die
Shetlands- und Orkneys-Inseb nach den Gebilden Schotdand's. Diese
doppelte Wanderung lässt sich leicht ziffermässig begründen. Auf den
Shetlands-Inseln beträgt der Antheil der rein europäischen Arten an
der Gesammtflora von Shetland noch ein Viertel, auf den Färöem nur
ein Siebentel, auf Island gar nur ein Zehntel. Mit der Entfernung von
Europa verringert sich demnach die Zahl der diesem Continente eigen-
thümlichen Gewächse; gleichzeitig aber wächst der Antheil der grön-
ländischen Gewächse fast in demselben Verhältnisse.
Immerhin muss das nordamerikanische Waldgebiet als ein selbst-
ständiges angesehen werden; denn es besitzt eine grosse Zahl.eigen-
thümlicher Gattungen. Asa Gray hat gefimden, dajss von denen
allein, welche die nördliche Laubholzzone bewohnen, reichlich die Hälfte
(353 unter 694) der europäischen Flora und beinahe der vierte Theil
auch der asiatischen Flora fremd ist; 120 Gattungen gehören dieser Zone
ausschliesslich an ^). Weiter nach Süden schwinden die Aehnlichkeiten
*) A. G ri 8 e b a c h , Die Vegetation der Erde. Leipzig 1872. Bd. II, S. 268.
') Von Spitzbergen zur Sahara. Jena 1868. £d. I, S. 235 f.
») A. Grisebach, I. c. Bd. II, S. 269.
35*
548 Vierter TheiL Das organische Leben auf Erden.
der Flora auf den Räumen östlich und westlich des Atlantischen Oceans
mehr und mehr; da, wo sich in Mittelamerika die Oordilleren erniedrigen^
hören die verwandtschaftlichen Züge beinahe gänzlich au^ und in Süd-
amerika begegnen wir einer neuen Pflanzenwelt, die sich von derjenigen
in den klimatisch entsprechenden Gebieten der Alten Welt durdi Fremd*
artigkeit und zum Theil durch alterthümliche Formen unterschddet.
Grisebach^) erklärt im Gegensatze zu Schon w eine EintheQung
der Ebrde nach den statistischen Verhaltnisszahlen der FamiUen fbr un-
zweckmässig^ da oft zwei durchaus von dnander zu trennende Floren
(wie die von Ceylon und Jamaica) in dieser Ansicht im wesentiichen
fibereinstimmen. Er betont vielmehr den gleichartigen Naturcharakter,
die Aehulichkeit der meteorologischen Vorgänge innerhalb dnes und
desselben Gkbietes und gelangt so zu einer klimatolc^isch-physiogno-
mischen ESntheihmg. Ganz besonders berücksichtigt er die geogra-
phischen Schranken (Meere, Gebirge, Wüsten etc.), durch welche eine
allgemeine Mischung für die eminente Mehrzahl der Arten gehemmt
oder ganz verhindert wird. Da aber der letztere Gedanke auch der
Schouw'schen Eintheilung mit zu Grunde lag, so fidlen die Grise-
bach' sehen Florengebiete mit den Schon w'schen vielfiich zusammen,
obwohl die Hauptpiindpien, nach denen beide entworfen sind, durchaus
verschieden dnd.
In dem Folgenden geben wir nach A. Grisebach') ein über-
sichtliches Büd von den Vegetations-Gkbieten der Erde (vgl. hierzu
Fig. 88).
1) Das arktische Gebiet umfitöst alle Polariandsdiaften jen-
seits der Baumgrenze: das europäische Samojedenland, Nordsibirien
und den nördlichen Theil der Hudsonsbay-Länder nebst allen nördlich
von den Continenten gelegenen Archipelen und Inseln mit FSnschlufis
von Grönland und Island. Hierzu sind auch zu rechnen die alpinen
R^onen, also alle Gebirgshöhen zwischen Baum- und Schneegrenze
in der ganzen nördlich gemässigten Zone von den lappländisch-nor-
wegischen Fjelden bis zum Himalaja und den Rocky-Mountains.
Die arktische Flora ist durchweg klein, meist nur wenige Cen-
timeter hoch. Auf diese Weise wird es ihr möglich, die lange Winter-
kälte zu ertragen; denn je geringer der Umfimg der Pflanze ist, desto
kleiner ist die vom Organismus alljährlich in der Vegetationsperiode
zu leistende Arbeit; die Pflanze ist denmach in solchem FaUe im Stande«
den jährlichen Kreislauf des Wachsthums auf das kürzeste Mass ein-
zuschränken. Im Taimyrhmde ist die durchschnittliche Wuchshöhe der
M Petermann's Mittheilongen 1866, S. 45.
') Die Vegetation der Erde. Leipzig 1872. Bd. I und U.
cd *
IV. Die Vegetationszonen der Erde. 549
Pflanzen nach A. Th. v. Middendorff ^) ungefähr ISVs Centimeter;
die höchsten Zwergsträucher erreichen nur 38 Centimeter, und selbst
die Zwergbirke bleibt hier so klein; denn auch diejenigen arktischen
Gewächse, welche sich bis in die gemässigte Zone verbreiten, verlieren
im hohen Norden bedeutend an Grösse.
In dem arktischen Gebiete herrschen Laubmoose upd Flechten vor.
Sie beginnen bereits lebhaft zu vegetiren, sobald die Bodenwärme sich
nur ein wenig über den Gefrierpunkt erhebt; sie vermögen sich daher
selbst in unmittelbarer Nähe des schmelzenden Eises zu entwickeln.
Die mit Feuchtigkeit gesättigten Tundren des Samojedenlandes und
des arktischen Sibirien sind vorwiegend von grünen Laubmoosen (ins-
besondere von Polytrichum, an den feuchtesten Stellen von Sphagnum)
bedeckt Wo hingegen die Oberfläche leichter abtrocknet, also vor allem
wo anstehendes Gestein derselben nahe liegt, da überkleiden Flechten
den Boden und verleihen ihm eine meist schon aus der Ferne erkenn-
bare braune bis schwarze, graue oder gelblichweisse Färbung. Nament-
lich waltet auf den alpinen Fjelden Skandinavien's und im arktischen
Amerika die Flechtentundra vor; die hier am häufigsten vorkommenden
Arten gehören den drei Gattungen Cetraria, Cladonia und Evemia an.
Von ^en Gräsern treffen wir die rasenbildenden Wiesengräser ebenso
wie in den Waldgebieten der gemässigteh Zone vorzugsweise am fliessen-
den, die Cyperaceen (Halm ohne Knoten) an dem gestauten Wasser
des Sumpfbodens. Die meisten der letzteren zählen zu der Gattung
der Seggen (Carex). Auf den zahlreichen niedrigen Kräutern mit
farbenreichen Blumen beruht der Schmuck und die Manigfaltigkeit der
arktischen Flora. Die Holzpflanzen sind nur durch Zwergsträucher,
wie durch Zwergbirke, Polarweide, Väccinien (V. uliginosum und V.
vitis idaea), Azaleen, Rhododendron lapponicum u. a., vertreten. —
Die Cultur der Cerealien ist im Bereich der arktischen Flora unmög-
lich, da die Vegetationszeit ftir dieselben zu kurz ist; demnach hat hier
der Boden höchstens für die nomadisirenden Völkerschaften, welche
ihn während des Sommers mit ihren Heerden au&uchen, als Weide-
grund vorübergehend eine gewisse Bedeutung.
2) Zudem europäisch-sibirischen Waldgebiete ist ganz
Nord- und Mitteleuropa, sowie Sibirien zu rechnen; es ist grösstentheils
im Norden imd Süden von den beiden durch Kälte oder Steppenklima
bedingten Waldgrenzen eingeschlossen. Der Vegetationscharakter gründet
sich auf die längere Dauer der Vegetationszeit, welche die Entfaltung
des Wald Wuchses ermöglicht, und auf die relativ reichen, über das
ganze Jahr vertheüten Niederschläge.
*) Reise in den äussersten Norden und Osten Sibirien's. St. Petersburg 1848.
Bd. I, Theil2, S. 112 flF.
550 Vierter TheiL Das organische Leben auf Erden.
Dttgtere, immergrüne Nadelhölzer wechseln mit freondlichen, sommer*
grünen Laubwäldern, üppige, blnmei^eschmückte Wiesen mit weit aus-
gedehnten, wogenden Getreidefeldern. An Zahl der Arten werden die
Nadel- und Laubhobsformen dieses Gebietes von vielen anderen Floren-
gebieten übertroffen; dennoch hat die Nator in unseren Waldungen
mit ein&chen Mitteln ausserordentlich Herrliches geschaffen. Unsere
Bäume vereinigen in sich hohe Schönheit, anmuthvolle Würde und
mächtige Ejraft; dazu entschädigen individueDe Gestaltung und Gmp-
pirung genugsam die mangelnde Manigfaltigkeit der Oi^ganisation.
Von Nadelholzbäumen giebt es hier nach Grisebach^) 11 sicher
umgrenzte Arten, von denen jedoch mehrere nur kleinere B&ume ein-
nehmen. Nach dem Um£Emg ihres Verbreitungsgebietes geordnet sind
dies folgende: die Eaefer oder Föhre (Pinus silvestris), die Fichte oder
Bothtanne (P. abies und var. obovata), die Lärche (P. larix und var.
sibirica und daurica), die Arve oder Zirbelnusskiefer (P. cembra), der
Taxus (T. baocata), die Edel- oder Weisstanne (P. picea), die Pichta-
od^ sibirische Edeltanne (P. pichta), die Menzies-Tanne (P. Menziesii,
von Ostsibirien bis Japan und zu den Bocky-Mountains), die Seestrand-
kider (P. pinaster, von Südeuropa bis an die Küsten von Frankreidi),
die Laricio- Kiefer (P. Laricio und var. austriaca, von Südeuropa bis
zum Wiener Walde und Ungarn) und die Ejimmiholzkiefer (P. montaaa
oder Mughus, in den Alpen, Karpathen und Sudeten). Ausser dem
Taxus gdiören diese Coniferen sämmtlich zu der (jattung Pinus. Von
ihnen bilden die Kiefer und die Fichte die ausgedehntesten Waldungen.
Da sich beide viel&ch auf denselben Länderräumen vorfinden, so lässt
sich leicht erkennen, inwiefern ihr Vorkommen von der Beschafienhät
des Bodens abhängig ist In Westeuropa dominirt die Kiefer in der
sandigen Ebene, die Fichte auf dem Gebirge; im nördlichen Bussland
hingegen beherrscht die erstere das sandige Hügelland des IKlnviums,
die letztere aber die thonrdchen Niederungen des Old-red-sandstone.
In den Alpen steigt die Eaefer bei weitem nicht so hoch empor wie
die Fichte, während sie sich auf den Fjelden des südlichen Norw^en
bis zu gleichem Niveau wie die letztere erhebt In Lappland dringt
die Kiefer noch weiter nach dem Norden vor als die Fichte; doch
gelangt sie in Sibirien, wo sie bis zum Amuigebiete oft mit Tannen ge-
mischt wächst, nicht einmal bis zum Polarkreise. Diese Ungleichheiten
sind namentlich auf zwei Eigenschaften ihrer Organisation zurück-
zuführen: auf die tiefe Pfahlwurzel, welche die Kiefer in den Boden
sendet, und auf das grössere lichtbedürfiiiss ihrer weitläufig geordneten
Nadeln.
') l. c. Bd. I, S. 543.
ly. Die Vegetationszonen der Erde. 551
Die AnzaM der Laubbäume ist zwar sechsmal so gross als die
der Nadelhölzer; aber nur die Buchen, Eichen und Birken schaaren
sich zu grossen Waldungen zusammen. Die übrigen sind meist bloss
Begleiter derselben, und fast die Hälfte ist auf einzehie Abschnitte der
Grenzregionen beschränkt. Zur Buchenform sind ausser der Buche zu
zählen die Kastanie, die Hainbuche (Carpinus), 5 Eichen, 3 Ulmen, die
Syringa, 2 Ebereschen (Sorbus) und 11 wilde Obstbäume (Prunus, Pyrus),
zur lindenform 6 Linden, 9 Ahome (Acer), «eine Eberesche, 5 Pappeln
(Populus), ein Nussbaum (Corylus), 5 Birken und 2 Erlen (Alnus) und
zur Eschenform 2 Eschen (Fraxinus), der Fliederbaum (Sambucus),
eine Staphylea, 4 Ebereschen und im Amurgebiete 2 Wallnussbäume •
(Juglans), sowie einzelne Vertreter der Rutaceen (Phellodendron), der
Leguminosen (Qadrastis) und der Araliaceen (Aralia). Zur Weiden-
form gehören mehrere Arten der Gattung Salix. Eine merkwürdige
Vegetationsscheide bildet der Ural; denn es sind von den genannten
Bäumen fast nur die Birke, die weisse Erle, die Traubenkirsche, die
Eberesche und die Pappel beiden Gebirgsseiten gemeinsam ; ausser der
Eiche und den Obstbäumen finden auch die Ahome und die Ulmen,
die Esche und die schwarze Erle hier ihre Grenze, und die Linde ver-
kümmert in Westsibirien zu einem Strauche ^). Da ausser der Birke
in Sibirien keiner der Laubbäume in grösseren Beständen auftritt, so
hat man sich vorzustellen, dass der Laubwald im wesentlichen auf zwei
durch den sibirischen Nadelwald getrennte Hauptzonen zurückgedrängt
ist: auf die mitteleuropäische und auf das Amurgebiet. Wie dem euro-
päischen Laubwald durch den Ural im Osten eine Schranke gesetzt
ist, so dem des Amurgebietes durch die Chingan-Stanowoikette im
Nordwesten.
Auffallend ist es, dass die Waldbekleidung des Bodens xun so
grossartiger sich entfaltet, je weiter man von den Küsten des Atlan-
tischen Oceans nach dem Inneren unseres Continents und aus Mittel-
europa nach höheren Breiten fortschreitet. Während die bewaldete
Fläche in Grossbritannien 2,4, in Dänemark 5, in Holland 7 und in
Frankreich 17 Procent des Gesanmitareals beträgt, wächst sie in Nor-
wegen auf 31 , in Russland auf 88 , in Schweden auf 39 Procent an.
In den russischen Gouvernements Archangel, Wologda und Olonez
sind sogar mehr als 50 Procent des Landes von Wald überzogen.
Mögen auch diese Verhältnisse zum Theil durch die sich immermehr
ausbreitende Cultur der CereaUen herbeigeführt worden sein, so bleibt
es doch wahrscheinlich, dass die Lichtungen zum Theil weit älter und
somit durch die Beschaffenheit des Bodens, namentUch durch einen zu
^) A. Th. y. Middendorff, Reise in den äusseraten Norden und Osten
Sibirien^s. St. Petersburg 1867. Bd. IV, Theil 1, S. 766.
l^
552 Vierter TheiL Das organische Leben auf Erden.
geringen oder zu hohen Orad der Befeuchtung bedingt sind. Wenigstens
wissen wir von vier grösseren Bäumen dieses Gebietes, dass audi ron
unbeackertem Boden die Wälder verscheucht sind: von den Haide-
flächen des westlichen Europa's, von den Pussten Ungam's, von den
grossentheils mit Oesträuch bedeckten Sümpfen Russland's und den
Grasfiuren des Amurlandes und Kamtschatka's.
Unter die Sträucher dieses Vegetationsgebietes, wdche bisweil«i
selbstständige Formationen, vielfach aber auch das Unterholz der Laub-
wälder bilden, gehören der Weissdom (Crataegus) und andere Rosaceen
(Prunus, Kubus, Bosa), sowie verschiedene Beeren tragende Gesträucher,
wie die Heidelbeere (Yacdnium myrtillus und uliginosum), die Preissei-
beere (V. vitis idaea) und die Bauschbeere (Elmpetrum nigrum) u. a.
Die letzteren sind namentlich in der nordischen Zone der Kadelhölzer
durch geselliges Wachsthum ausgezdchnet und zwar von den Wäldern
Skandinavien's an bis zu denen Kamtschatka's. — Die immergrüne
Erikenform ist nur im westlichen Europa von landschaftlicher Bedeutung.
Zwar ist die Calluna, der Haidestrauch der baltischen Ebene, auch
in Bussland heimisch; aber sie bedarf hier meist des Schutzes schatten-
spendender Bäume, die dem Boden die Feuchtigkeit bewahren. Am
stattlichsten und zugleich am manig<igsten ist das Haidegestrftuch in
der Gascogne (Frankreich). — Unter den Gramineen sind die rasen-
bildenden Gräser von ganz besonderer Wichtigkdt; sie vorigen grossen
Strecken jenes herrliche, saftgrüne Gewand, welches in den Nachbar-
gebieten nur sehr unvollkommen zur Geltung gelangt
3) Das Mittelmeergebiet begreift in sich den grössten TheO
Nordafirika's und der iberischen Halbinsel, das südliche Frankreich und
die übrigen Uferlandschaften des Mittelmeeres, sowie am Pontus die
Nordküste Kleinasien's, den westlichen Theil Transkaukasien's und die
Südküste der Krim. Während des heissen, r^enarmen Sommers
wird die Vegetationsperiode Monate lang unterbrochen; hing^en ge-
währt der milde Winter, in welchem auch reichUche Begen fidlen, eine
längere Entwicklungsperiode im Frühling und eine kürzere im Herbst
Auf dem iberischen Hochlande vertreibt die Strenge des Winters die
Mediterran-Flora und prägt demselben den Steppencharakter auf. Auch
sonst erfiüiren durch die plastische Gestaltung der Oberfläche SJima
und V^etation vielfache Veränderungen.
Der eigenthümUche 2iauber, welcher über eine südeuropäische Land-
schaft ausg^ossen ist, beruht nicht allein auf den feinen Formen und
der edlen Haltung der dortigen Gewächse, sondern auch auf der dunklanen
Färbung des Hinmiels und des Meeres, sowie auf der Durchsichtigkeit
der Atmosphäre, welche die Contouren am Horizonte verschärft und
Nahes und Fernes zu einem inhaltsvollen Bilde vereinigt Die herrliche
IV. Die Vegetationszonen der Erde. 553
Krone der stolzen Pinie, die tiefen Farben schlanker Cypressen treten
auf dem dunklen Hintergrunde des reinen Himmels ausserordentlich
klär hervor. Im Winter sind jene Reize zwar sehr geschwächt; dafür
prangen in den ersten Monaten des Jahres jene Gewächse in einer
BlüthenftQle, wie sie der Norden nicht aufzuweisen hat
Der Hauptunterschied zwischen der Mittelmeerflora und der nord-
europäischen besteht in dem immergrünen Laubblatt der Holzgewächse,
welches sich gleichzeitig durch reiches, tiefes Grün und durch den
Glanz der geglätteten Blattfläche auszeichnet. Zu keiner Jahreszeit
sind jene Bäume des Südens kahl imd entlaubt, weil die Blätter zu
der Zeit, wo die neuen Laubtriebe sich entfalten, noch nicht abgestorben
sind. Die beste „Leitpflanze'' der Mittelmeerflora ist der Oelbaum
(Olea europaea), jene classische Gestalt, die seit uralten Zeiten an den
Ufern des Mittelmeeres heimisch ist und deren Bedeutung flir die Land-
schaft durch die Cultur erheblich gesteigert worden ist. Wie der Oel-
baum, so zeigen auch viele andere immergrüne Baumformen des Südens
das Bestreben, in die Strauchgestalt überzugehen; namentlich gilt dies
von dem südeuropäischen Lorbeer (Laurus nobilis), der sich gewöhnlich
nur zu einem 2 bis 3 Meter hohen Strauch entwickelt und auch dann,
wenn er zu einem wirklichen Baume mit Stamm und Krone wird,
nur eine Höhe von 8 Metern erreicht. Ueberhaupt besitzen die Mittel-
meerländer eine ganz eigenartige Strauchformation, welche auf Corsica,
den dalmatinischen Inseln imd am Nordgestade des Aegäischen Meeres
weite Räume einnimmt und gewöhnlich mit ihrem corsischen Namen
Maquis genannt wird. Ausser dem echten Lorbeer gehören zu den
Strauchgebüschen dieser Maquis verschiedene Arten von Rosenlorbeer
(Cistus), von Myrten, Oleander, Buxbaum, Mastix und Erikensträuchem,
unter welche sich die langen, blatüoseti Ruthen der Spartiumformen
(Spartium junceum) drängen. Die eigentlichen Waldbildner der warmen
Küstenregion sind vor allem die zahlreichen Arten immergrüner Echen,
von denen zwei, die Steineiche (Quercus ilex) und die Coccuseiche (Q.
coccifera) in allen Theilen des Mittelmeergebietes angetroffen werden.
Einige auf die Nordwestufer des Mittelmeeres beschränkte Arten (Q.
occidentalis, Q. suber, Q. pseudosuber) liefern den Kork. Jene Eichen
haben durchweg kleinere Blätter und meist einen niedrigeren Wuchs
als ihre nordischen Verwandten. Zu den Culturbäumen des Südens
gehören der Mandelbaum (Amygdalus communis), der Granatbaum
(Punica granatum) imd die beiden Maulbeerbäume (Morus alba und
nigra). An den nördlichen Gestaden, des Mittelmeeres ist* femer die
echte Kastanie allgemein verbreitet. Die prächtige, mit zackig-rundem
Laube versehene Platane (Platanus orientalis), welche wahrscheinlich aus
554 Vierter TheiL Das organische Leben anf Erden«
Indien stammt, kommt nur in Macedonien und Griechenland und weiter
ostwärts bis zum Indus vor.
Von ebenso hoher landschaftlicher Wichtigkeit wie die Laubbäume
sind in Südenropa die Nadelhölzer. Zwei Arten der Gattung Pinus
(im Granzen durch 11 Arten vertreten) bewohnen üüst den ganzen
Cm£suig der immergrünen R^on: die Pinie (Pinus pinea) und die
Aleppo-Eiefer (P. halepensis), von denen die erstere, durch ihren sftulen-
artigen Stamm und ihr schirmartiges Dach an die Palmen erinnernd,
ein Hauptschmuck jener Gegenden ist Auch die nordische Kiefer (P.
silvestris) fehlt hier nicht; dag^en yermissen wir die Bothtanne, die
Fichte des Nordens, welche durch die Edeltanne (P. picea) erseta^t
wird« Auf dem Adas, Taurus und Libanon findet sich die Ceder (P.
cedrus). Mehrere Wachholderarten erreichen Baumhöhe (10 Meter)
und bilden in gewissen Landschaften hochstämmige Wälder. Die durch
dunkle f^bung ihres Ghrüns ausgezeichnete Cjrpresse zdgt in ihrem
steifen, obeliskenartigen Wuchs eine merkwürdige Monotonie.
Im Mittelmeeigebiet ist nur eine Palme heimisch: die Zweigpahne
(Chamaerops humilis). Meist fehlt ihr der Stamm, weshalb die schirm-
förmig gethdlten Blätter &st unmittelbar dem Boden entsprossen acheinen ;
nur selten entwickelt sie einen niedrigen Holzstamm. Die Dattelpalme
(Phoenix dadylifera) ist erst durch die Cultur an die Ufer des Mittd-
meeres verpflanzt worden, was schon daraus hervoigeht, dass selbst
an den heissen Küsten von Algerien und Sidlien ihre Früchte nicht
zur Beife geUngen. Aus Amerika eingeftüul ist die Agave americana
(v^. 8. 540), sowie die cactusartige indische Feige (Opuntia ficus indicai,
und aus Vorderindien stanunen die Agrumen (Name fär die zahlreichen
Cütrusarten), also die Citrone (Citrus medica), die gemeine Orange oder
Pomeranze (C. vulgaris), die limone (C. limonium, fidschlicher Weise
bei uns CStrone genannt), die Apfelsinenorange (C. aurantium) u. a.
Als echte Kinder der Tropen fordern die Gtrusgewächse gut be-
feuchteten Boden und grosse Wärme; sie kommen daher erst in dem
südlichen Theile der südeuropäischen Halbinseln und auch hier nur auf
den niedrigen Küstenebenen vor. Ein weit geringeres Verbrätungsgebiet
haben andere von Haus aus tropische Gewächse. So ist in Südeuropa
die Baumwollenstaude im wesentlichen auf Cnteritalien, das Zuckerrohr
auf Andalusien, der Pisang imd die Batate auf Sicilien beschränkt
Ueberall gedeiht im Süden der Weinstock, dessen Trauboi hier
an Zuckergehalt und Feuer gewinnen. Er wird nicht bloss an den
Gehängen' sondern auch auf freiem Felde cultivirt und rankt vielfiich
(namentlich in Italien) an den Maulbeerbäumen empor. Von den Oere-
alien spielen der Weizen und der Mais, in der Lombardei und Anda-
lusien auch der Beis eine hervorragende Bolle. Die Bohxgräser erlangen
IV. Die Vegetationszonen der Erde. 555
ein wahrhaft tropisches Aussehen. Das spanische Rohr (Arundo donax)
schiesst schon in der Lombardei 4 bis 5 Meter hoch empor, und die
Hahne einer Hirse, des Soi^hum saccharatum, stehen ihm an Höhe
nicht nach. Dafür entbehren freilich die Tiefländer der rasenbildenden
Grftser, deren saftiges Grün dort lediglich die Oebirgslandschaflen
schmückt.
4) Das grosse europäisch-asiatische Steppen- und
Wüstengebiet reicht von den Donaumündungen am Schwarzen
Meere bis zu den Quellflüssen des Amur, von der mittleren Wolga
(53 ^ n. Br.) bis an die Küsten des Arabischen Meeres in Balutschistan
(25 ® n. Br.) und bis zum Himalaja. Obwohl dieses Gebiet nach seiner
geographischen Lage mit den gesegneten Ufern des Mittelmeeres nahe
verwandt erscheint, so ist doch sein Klima für das Pflanzenleben nicht
viel günstiger als das arktische. Beide Zonen besitzen einen heissen,
regenarmen Sommer^); aber in den Steppen und Wüsten wird durch
den langen und strengen Winter die Vegetationszeit des Frühlings stark
verkürzt und die herbstliche kaum wieder angenommen. Demnach
wird die Entwicklungsperiode der Pflanzen wie im hohen Norden auf
weniger als drei Monate verkürzt; nur gewisse, für ein so trockenes
Klima besonders disponirte Gewächse haben eine längere Vegetations-
zeit. Natürlich gewähren stets die Flussuier und die reicher benetzten
Gebirgsregionen günstigere Wohnstätten für höher organisirte Pflanzen
als die weiten, dürren Ebenen.
Die Gewächse der Steppe sind in manigäusher Weise gegen die
verderblichen Wirkungen der Sommerdürre geschützt Solchen Schutz
gewähren ihnen entweder die zahlreichen Hüllen um den innem Lebens-
keim, wie bei den Zwiebelgewächsen (Liliaceen, Irideen), oder der
Natriumreichthum ihrer Säfte, da Salzwasser viel langsamer verdunstet
als reines (namentlich bei den Chenopodeen und Tamarisken), femer
eine Haarbekleidung des Blattwerkes, wodurch die Kraft der Sonnen-
strahlen geschwächt und somit die Verdunstung gehemmt wird (z. B.
bei den Artemisien), die Bildung von Domen, durch welche die Blatt-
entwicklung beeinträchtigt und somit die verdunstende Oberfläche ver-
mindert wird, sowie endlich ätherische Oele, durch deren Ausscheidung
aromatische Gewächse ihre Umgebung abkühlen und demnach ihre
Verdunstung verringem. So gelingt es den Artemisien, einigen Poly-
goneensträuchem und den Chenopodeen, bis über die Dürre des Sommers
hinaus zu vegetiren. Unter diesen Verhältnissen erreicht eine über die
Aral-Gegenden, Turkestan und Persien verbreitete Chenopodee, der
^) Zwar fallt das Maximum des Regens in den Sommer (s. S. 276); doch
genügen bei der grossen Sommerhitze jene strichweise als Platzregen auf-
tretenden Regen nicht zur Entwicklang des Baumwuchses.
556 Vierter TheiL Das organiscbe Leben auf Erden.
Saxaal (Haloxylon Ammodendron) unabhängig von zugänglidien W
vorräthen einen baumartigen Wudis. Er gleicht einem grün gefiürbtoi
Bündel von BeiaerD, in welchem Stämme bis zu 20 Centimeter Dicke
und von 5 bis 6 Met^ Höhe vorkommen, „der einzige Wald in diesen
Einöden, aber em Wald ohne Blätter und ohne Nadeln, wiewohl grün
und blühend, eine Nachahmung der Casuarinenfonn Australien's.''
Ausserordentlich zahlreich vertreten sind die Domsträucher, ins-
besondere auf den Plateaux. Hierher gehören vor allem die Traganth-
sträucher auf den Hochsteppen von ganz Vorderasien und die Caraganen
in Centralasien (von Tibet bis zum Altai). Durch diese Domsträucher
verliert der Boden sehr an seinem Werth als Weideland; denn unter
allem Vieh nimmt nur das Kameel mit derartigem Futter (Alhagi
camelorum) verlieb. Aber auch die Gräser sind nicht von hohem
Nahrungswerth; die vorherrschenden schiessen früh in Aehren, ver-
dorren dann und liefern im Sonmier statt nahrhaften Heu's nur gdb-
liches Stroh. Man bezeichnet die meist mit den hohen Sasenbüschetn
starrblättriger Stipaarten bedeckten Ebenen als Tirssa. Da diese nicht
mit Yorthdl gemäht werden kann, so br^uit man sie am liebsten ab.
Wie wenig werthlos jene Gräser sind, erhellt am deudichsten darag^s^
dass das beste Ghras der russischen Steppen (Festuca ovina) in Mittel-
europa fiir £Ast völlig werthlos gUt Natürlich gewähren die zarten
Triebe im Frühjahr die beste Fütterung; im übrigen muss die Grösse
des Baumes die weidenden Thiere entadiädigen fiür die Armuth des
Ertrags. Das herrliche, tiefe Frühlingsgrün der Steppe wird g^en
Ende April durch eine Anzahl glänzend gefiürbter Frühlingspflanzen
geschmückt: durch Tulpen und andere Liliaoeen, sowie Irisarten. Mitte
Mai ist jedoch bereits der Tulpenflor dahin; es folgt dann die Blüüie-
zeit der Crudferen und Labiaten und im Juli die der Leguminosen und
Umbelliferen. Aber schon im August ist die Steppe gänzlich verödet.
In den sumpfigen Niederungen (namentlich am Easpi-, Aral- und
Balchasch-See) bilden die Bohigräser (Arundo phragmites) grosse Schilf-
gürtd, wdche der lieblingsaufenthaltBort wilder Eber und unzähliger
Wasservögel sind. Die Ufer fliessender Gewässer wanien hie und da
(namentlich in Hochturkestan) von einem breiten Streifen hochstämmigen
Waldes umsäumt; meist bestdien die Uferwaldung^i aus Weiden und
Pappeln (darunter die Asien eigenthümlichen Arten Populus euphratica
und pminosa). Diese Bäume sind ursprünglich Fremdlinge in der
Steppe gewesen wie audi die Oschurgebüsche am Todtoi Meere, die
Zwergpalmen BalutBchistan's und die von dea Arabern in die südlichen
Landschaften eingeführten Dattelpalmen.
5) Das chinesisch-japanische Gebiet geniesst vor viden
anderen Erdräumen den Vorzug, eine r^elmässig wiederkehrende und
IV. Die Vegetationszonen der Erde. 557
dabei höchst günstige Vertheilung der Niederschläge zu besitzen. Be-
gründet ist dieselbe in den ebenso regelmässig wechselnden Monsunen,
die während des Sommers mit Wasserdampf reich beladene Seewinde,
während des Winters trockene Continentwinde sind (vgl. S. 269 f.).
Demnach empfangt das Erdreich während der heissen und für die
EntMtung der Vegetation wichtigsten Monate die reichsten Regen.
Die Flora China's und Japan's, mit welcher sich übrigens zahl-
reiche europäisch-sibirische und indische Formen mischen, zeichnet sich
im Vergleich zu derjenigen Europa's durch eine weit grössere Manig-
fidtigkeit der Gewächse, insbesondere der Bäume aus. Wie in Süd-
europa, so walten auch hier immeiprüne Blattorgane vor. Die Coniferen
werden allein in Japan, soweit man bis jetzt Kunde hat, durch mehr
als 30 Arten vertreten. Dieselben sind fast alle Asien eigenthümlich,
sind aber physiognomisch den europäischen Tannen und Eüefem viel-
fiich sehr ähnlich. Besonders auffallende Gestalten sind die Schirmfichte
Japan's (Sciadopitys) , deren Krone einen aus breiter Grundfläche
sich entwickelnden regelmässigen Kegel bildet, und eine weisslich
berindete Kiefer des nördlichen China's (Pinus bungeana) mit höchst
merkwürdiger Verzweigung, da in geringer Höhe über dem Boden acht
bis zehn Aeste steil wie Masten emporwachsen und erst an ihrer Spitze
sich in verschlungene Kronen auflösen. Für den in China bestehenden
Gräbercultus ist die chinesische Cypresse (Cupressus funebris) wichtig;
ihre dunkle Färbung, sowie ihre herabhängenden Zweige machen sie
zu einem treffKchen Symbol der Trauer.
Zu den reichlich vorhandenen Laubhölzem Ostasien's gehören
zahlreiche immergrüne Eichen (im östlichen gemässigten Asien 25,
ausserdem in Japan 20), Lorbeeren (in Japan allein 18 Arten, unter
ihnen der schöne Kampherlorbeer, Laurus camphora) und Magnolien
(in Japan 10 Arten, von denen mehrere auch als Büsche vorkommen).
Ausser den Eichen und Lorbeeren finden sich hier auch noch zahl-
reiche andere Baumformen des Mittelmeergebietes, welche oft nur durch
unbedeutende Artunterschiede von diesen getrennt sind. Dies gilt
namentlich von der japanischen Buche (Fagus Sieboldi), einer Kastanie
(C!astanea japonica) , einer Ulmacee (Planera Kiaki), welche auf Nipon
ein sehr geschätztes Bauholz liefert. Ebenso besitzen China und Japan
unter den Bäumen mit Laubwurf nicht wenige Arten (z. B. Linden,
Eschen, Sykomoren), die mit europäischen, resp. nordafirikanischen
Arten verwandt sind. Der Farbenwechsel des Ahomlaubes verleiht
insbesondere den Landschaften Nipon's im Herbste einen herrlichen
Schmuck. Die immergrünen Sträucher China's und Japan's haben
weit mehr Beziehungen zu indischen als zu europäischen und nord-
amerikaniachen Familien; am wichtigsten sind die Temstroemiaoeen
558 Vierter TheiL Das organische Leben aof Erden.
mit den Gattungen Camellia, Thea und Eurya. Die Camellia japonica,
welche bis 5 Meter hoch wird, ist eine Hanptzierde jener Landschaften^
nnd der Theestraach (Thea viridis), welcher der Camellia ganz nahe
steht, eines der wichtigsten Coltoigewächse.
An das tropische Pflanzenleben erinnern namentlich die baumartigen
Bambuse, sowie einige Palmen, welch letztere jedoch nur der Südhälfte
von China, Eiusiu, Sikok und der Südspitze von Nipon angehören.
Dieselben sind meist Zwergpalmen (so in China mehrere Arten von
Khapis, drd Phönix- Arten) , oder sie haben nur eine massige Stamm-
höhe (wie Liyistona chinensis und die einzige japanische Palme Cha-
maerops ezcelsa, die hohe Zweigpafane).
Auch die Culturge wachse, durch welche die übrigen zum Theil
sehr zurückgedrängt worden sind, zeigen schon einen mehr tropischen
Anstrich. Reis und Weizen werden ganz allgemein gebaut, ebenso
Sesamum Orientale als Oelpflanze, femer Conyolvulus- und Dioscorea-
Art^i (namentlich Dioscorea batatas, die chinesische Kartoffel), deren
Knollen zur Nahrung dienen. Hierzu kommen noch die Baumwolle,
der Indigo und das Zucken*ohr und von den Holzgewftchsen die Orange,
der Oranatapfel und der Maulbeerbaum; letzterer ist ftir die sehr
bedeutende Seidenraupenzucht höchst wichtig.
6) Das indische Monsungebiet erstreckt sich im wesent-
lichen über die beiden indischen Halbinseln und den indischen Archipel
Es umfiisst demnach die tropischen Länderräume, welche der asiatische,
sowie die gesammte Inselflur, welche der australische Monsun beherrscht
Nördlich vom Aequator ist der nordhemisphärische, südlich von dem-
selben aber der südhemisphftrische Sommer die eigentliche Regenzeit
(vgl S. 269 ff.).
Das Plateau von Dekhan und das Innere von Birma tragen wegen
relativer R^enarmuth Steppencharakter an sich; im übrigen aber ent-
faltet sich hier in Folge der mit grosser Wärme verbundenen reichen
Feuchtigkeit allüberall ein herrlicher tropischer Wald. Dieser unter-
scheidet sich — und es gilt dies nicht bloss ftir das indische Monsun-
gebiet, sondan ftir alle Tropenländer — von dem nordischen Wald
in seinem Gesammtcharakter vor allem dadurch, dass kein Grewächs
gesellig auftritt, sondern von Schritt zu Schritt die Formen sich ändern,
d. h. nicht bloss die Arten, sondern auch die Grattungen und Familien.
Ja, diese Manigfaltigkeit theilen mit den Bäumen auch die zahllosen
Schlinggewächse und die auf den Bäumen befestigten Epiphyten.
Die herrlichste Erscheinung in der Physiognomie der Tropoiland-
schaft sind ohne Zweifel die Palmen, deren Artenzahl im indischen
Monsungebiete, wie etwa im tropischen Amerika, die hohe Ziffer 300
erreicht Freilich sind nicht wenige davon Zwei^gpalmen und die grössere
J
IV. Die Vegetationszoneu der Erde. 559
Hälfte sogar nur Palmlianen (Gattungen Calamus und Daemonorhops),
welch letztere sich im Gegensatz zu den übrigen Palmen als holzige
Schlingpflanzen auf die Bäume des Jungle stützen und auch der Blätter-
krone entbehren, da ^ihr Stamm der Länge nach mit Fiederblättern
besetzt ist. In Amerika fehlen die Palmlianen gänzlich; somit bleibt
Asien immerhin hinsichtlich der Manigfaltigkeit seiner Palmen weit hinter
Amerika zurück. Unter den hochstämmigen vorderindischen Palmen
sucht die Palmyra-Palme (Borassus flabelliformis) dürre Länderräume
(wie das Tafelland von Dekhan) auf. In det oberen Gangesebene ist nur
eine einzige Palme, Phoenix silvestris, wirkUch einheimisch; doch weisen
auch die feuchten Niederungen von Bengalen keine grosse Anzahl auf.
Ueber dürre und reich bewässerte Gebiete Vorderindien's ziemlich
gleichmässig verbreitet sind die Betehiusspalme (Areca catechu) und
die offenbar aus Amerika stammende Gocospalme. Viel manigfaltiger
sind die Palmen in Hinterindien; aber auf den Höhepunkt ihrer Ent-
faltung gelangen sie erst in dem gleichmässig warmen Klima zwischen
Malakka und Java. Wie die Palmyra- und Cocospalme in Vorder-
indien, so sind die beiden Sagopalmen (Metroxylon Rumphii und M.
sagus) auf den Molukken und Sunda-Inseln durch ihre Nährstoffe von
hoher Bedeutung. Das weiche, weisse Mark, mit welchem der innere
Theil des Sagopalmstammes erfüllt ist, liefert den meisten und besten
Sago (oft 5 Centner von einem Stamme). An Hoheit des Wuchses werden
alle indischen Palmen von der Schirmpalme (Corypha umbraculifera)
übertroffen, welche auf Ceylon und Malabar h\a zu einer Höhe von 20
bis 23 Metern emporstrebt, 6 Meter lange Blätter mit Fächern von
3 bis 4 Meter Durchmesser besitzt und am Schlüsse ihres langen
Lebens eine colossale Blüthenrispe von 10 Meter Höhe treibt.
Von den monokotyledonischen Holzgewächsen wirken neben den
Palmen besonders die Bambuse bestimmend auf den Charakter der
Landschaften. Sie finden sich in allen Theilen Indien's und sind durch-
schnittUch 3 bis 15 Meter hoch; doch erreichen einzelne Arten auf
Java selbst eine Höhe von 40 Metern. Viele bilden fiwt undurch-
dringliche Gebüsche. Der Pisang und die Banane (Musa paradisiaca
imd M. sapientum), diese Nahrungspflanzen ersten Banges unter den
Tropen, haben hier ihre Heimath und bewohnen mit Vorliebe die
schattigen Räume des Junglewaldes. Endlich sind unter den Formen
mit unverzweigtem Holzstamm noch die Fambäume hervorzuheben,
deren Laubrosette als eine getreue Nachahmung der Palmenkrone er-
scheint. Sie fordern viele Feuchtigkeit, weshalb sie sich im Jungle am
grossartigsten entfalten; in Java steigen sie an den Berggehängen bis
zu 3000 Meter Höhe, also in Begionen mit einer mittleren Jahres-
temperatur von 8® C. empor.
560 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
Die zahlreichen dikotyledonischen Laubhölz^ machen den Haupt-
bestandtheil der tropischen Waldungen aus. Im allgemeinen sind diese
Bäume nicht so hoch wie die majestätischen Nadelhölzer des Nordens ;
dafür hat ihr Stamm eine grössere Dicke, und dieser bedarf er sowohl
zur Stütze des mächtigen Zweiggerüstes wie zum Trutze g^en die
täglichen Gewitter in der heissen Jahreszeit und die gewaltigen Orkane
in ihrem Gefolge. Dem letzteren Zwecke dienen auch die am Grunde
der Baumstämme in senkrechter Richtung heraustretenden Leisten
(,,Holztafeln^) und die von den Zweigen senkrecht nach dem Boden
wachsenden Luftwurzeln. Die merkwürdigen Gerüste der letzteren
finden sich bei den Banyanen und Mangroven. Die aus den Zweigen
hervorbrechenden Luftwurzeln der Banyane (Ficus indica) verwandeln
sich allmählich in Stämme; je weiter diese vorgeschoben werden, desto
mehr dehnt sich die gemeinsame Laubkrone seitwärts aus, bis schliess-
lich der Baum zu einem Walde geworden ist, dessen Baumkronen wie
auf einer gemeinsamen Säulenhalle ruhen. Bei den ISIangrovebäumen
(Rhizophoren) entspringen die Luftwurzeln nicht den Zweigen selbst,
sondern den Früchten an ihnen, weshalb später das Band mit dem
Mutterstamme leicht gelöst wird. Die Rhizophoren sind 3 bis 8 Meter
hohe Bäume mit glänzendem Lorbeerlaub und bedecken namentlich
die Ufergebiete der tropischen Meere.
Die Laurineen, immergrünen Eichen und Kastanien gehören vor-
zugsweise der Wolkenregion der Gebirge an. In den feuchten unteren
Wäldern sind ausserordentlich artenreich die Rubiaceen, Urticeen und
Anonaceen; dem Monsungebiete eigenthümlich sind insbesondere zahl-
reiche Guttiferen, Temstroemiaceen (Saurauja), Magnoliaceen (Michelia),
Myrtaceen (Barringtonia) und Hamamelideen (Altingia). Zu den £ast
ganz auf das tropische Asien eingeschränkten Dipterocarpeen zählen
zwei wichtige Bäume: der Salbaum (Shorea robusta), dessen festes und
schweres Holz nur dem Teakholze nachsteh^i soll, und der Eampher-
baum Bomeo's (Dryobalanops camphora), in dessen Stamm sich, und
zwar in eigenen Behältern, oft grosse, mehrere Pftmd schwere Stücke
Eampher absetzen. Sehr häufig sind femer die Leguminosen, Sapin-
daceen, Meliaceen und Terebinthaceen. Der über ganz Indien v^-
breitete Toonabaum (Cedrela toona) giebt ein werthvolles Holz. Die
Aurantiaceen (Orangengewächse) haben sämmtlich in Indien ihre
Heimath. Die zahlreichen Akazien (unter ihnen Acada serissa, A.
arabica, A. fiimesiana) suchen gleich dem PIoso (Butea frondosa) im
allgemeinen die trockensten Räume von Indien auf. Einer derjenigen
Bäume der indischen Jungles, welche während der trockenen Jahreszeit
ihr Laub abwerfen, ist der Teakbaum (Tectonia grandis). Sein an
IV. Die Vegetationszonen der Erde. 561
Dauerhaftigkeit unübertroffenes Holz findet beim Schiffbau viel&ch
Verwendung, ganz ausschliesslich aber beim Bau der Hindutempel.
Die meisten Coniferen Indien's besitzt der Himalaja; sie zeichnen
sich fast durchweg durch lange Nadeln aus. So hat Pinus excelsa
Wallich bei Eatmandau 18 Centimeter lange Nadeln; bei der Tschelu-
Fichte (Pinus longifolia) erreichen sie sogar eine Länge von 30 Centi-
metem. Eine stattUche Pyramidenform, die schon an der Basis des
Stammes beginnt, weist die Deodwara - Ceder (Cedrus Deodora) auf,
welche in Nepal bis 3350 Meter Höhe emporsteigt Auf der Nordhälfte von
Sumatra kommt noch eine Kiefer mit langen*Blattnadeln (Pinus Merkusii)
vor; doch scheint keine Pinus- Art den Aequator zu überschreiten. Von
den zu den Coniferen gehörenden Podocarpus- Arten des indischen
Archipels spitzen nur wenige (Podocarpus cupressina) ihre Blätter zu
Nadeln zu. An den Casuarinen, welche offenbar aus dem australischen
Continent stammen, gehen die Nadeln ganz verloren. Ihre auffallenden,
schachtelhalmähnlichen Gestalten, die oft in grossen Massen auftreten,
verleihen vielfach den sandigen Küsten, auf den Sundainseln aber bis-
weilen auch Gebirgsgebieten ein eigenartiges Aussehen.
Eine herrliche Zierde des tropischen Waldes sind die zahlreichen
Lianen aus den verschiedensten Pflanzenfamilien (Leguminosen, Euphor-
biaceen, Urticeen, Melastomaceen, Piperaceen \l a.). . Mit reizenden
Blüthen geschmückt ziehen sie sich von Baum zu Baum, von Ast zu
Ast und machen so den Wald, den sie völlig durchschlingen imd um-
schlingen, undurchdringlich. Aber noch überraschender ist der Formen-
reichthum der Epiphyten, d. h. derjenigen Gewächse, die nicht im
Erdboden , sondern auf anderen Pflanzen wurzeln, ohne jedoch diese
zu umranken. Unter ihnen sind besonders ausgezeichnet die Aroideen
(Pothos) mit ihren grossblätterigen Rosetten, zahlreiche zierliche Fam-
kräuter und die Orchideen mit ihren äusserst manig&ch gebauten und
prächtig gefärbten Blüthen. Von letzteren giebt es allein auf dem
Inselgebiete mehr als 600 Arten in über 100 Gattungen.
Das Strauchwerk, welches das Unterholz des Jungle bildet
(Kubiaceen, Urticeen, Ericeen, Melastomaceen), zeigt meist Oleander-
und Myrtenform; in den dürren Ebenen des Indusgebietes sind Dom-
sträucher ziemlich häufig. Unter den nicht verholzten Laubpflanzen
stehen die Sdtamineen dem Pisang sehr nahe. Die Zingiberaceen,
eine Gruppe derselben, enthalten gewürzhafte Stoffe; namentlich liefert
solche die Wurzel des Ingwer (Zingiber).
G^enüber dem ausserordentlichen Reichthum an Gewächsen,
welchen das Dickicht des feuchten indischen Junglewaldes in sich
birgt, haben die dürren Steppengebiete eine sehr dürftige Flora. Das
Peiohel-LeipoUt, Fhys. Erdlnnde. n. 36
562 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
Letztere gut nicht etwa nur von den höher entwickelten Vegetations-
formen, von Bäumen und Strauchwerk, sondern selbst von den Gräsern.
Auf dem Festlande Asien's sind die Savanen meist nur von dem 1 bis
1 Vs Meter hohen Alanggrase (Imperata cjlindrica) bedeckt; jeder andere
Pflanzenwuchs wird durch dieses Grewächs verdrängt Auf dem sumpfigen
Boden Java's weicht es dem 3 bis 4 Meter hohen Glaga- Schilf (Sac-
charum spontaneum), welches in seinem Herrschaftsbereich ebenfidls
kein anderes Pflanzenleben aufkommen lässt
Unter den Nahrungspflanzen Indien's nimmt der Bds die erste
Stelle ein. In vielen Gegenden Hindostan's baut man im Sommer
Reis, Mais, Indigo, Baumwolle, Ingwer, also tropische Gewächse,
während man sich nach der Herbstemte mit d^ Cultur von Winter-
früchten (Weizen, Hafer, Hirse, Bohnen, Flachs, Coriander) befis^st.
Wie durch die Cerealien, so hat sich auch durch Baumculturen in
vielen Theilen der indischen Welt der Charakter der Landschaft wesent-
lich geändert Wir denken hierbei in erster Linie an die Cultur des
Eaffeebaumes auf Ja^a, des Zimmtbaumes auf Ceylon, des Muscatnuss-
und Gewürznelkenbaumes auf den Molukken, des Brotbaumes und der
Cocospalme auf den Südseeinseln, sowie der Agrumen (Citrus) in ver>
schiedenen Theilen Indien's.
7) Das Gebiet der Sahara, welchem auch Arabien und das
Mündungsland des Indus hinzugefugt werden darf, ist durch das stete
Vorwalten des Passates zu äusserster Begenarmuth verurtheilt Auf
diese, sowie auf den täglichen Wechsel von fürchterlicher Sonnengluth
und nahezu bis zum Frost gesteigerter Kälte ist die Armuth der Flora
zurückzufuhren. In den meisten Oasen ist das Pflanzenleben an das
Vorhandensein des Grundwassers gebunden; in diizelnen Bergland-
schaften, in denen der Passat in höhere, kältere Rhenen emporzusteigen
gezwungen ist, wird der Boden nicht selten auch durch Regen befeuchtet.
Der wichtigste Baum der Wüste ist die Dattelpalme. Sie hat
unstreitig hier ihre Heimath; denn sie kommt nur innerhalb der klima-
tischen Grenzen dieser Zone vor. In den Oasen finden sich, durch
künstliche Bewässerung erhalten, meist dichtgeschlossene Dattelwälder,
deren Früchte flir die Wüstenbewohner das wichtigste Nahrungsmittel
sind. Ausserdem giebt es noch eine Zwergpalme (Hyphaene Argun)
in der Wüste, nämlich im östlichen Nubien. An Bäumen besitzt die
Sahara sonst nur noch einige Akazien und eine baumartige Tamariske
(Tamarix gallica). Auf dem salzfreien Boden der Wüste, namentlich
in den Dünenthälem der algerischen Sahara, zeigen sich nicht selten
die blattlosen Sträucher der Spartiumform (z. B. Retama, Calligonum,
Ephedra); der von Natrium durchdrungene Boden hingegen ist ebenso
mit Halophyten bedeckt wie die Salzsteppen Russland's und Spanien's.
.^i|.irg<;gv$j;;§ H 'ra
■t^Sfot^m^^er ist völlig identiscli
^g.'^=j|aMMj*l^würdigBten Pflanzen
|i9|i8k?l(mia hämische Jericho-
.©.'ro'Si'S"^ in den Steppen so
Bi]$|{|^]Si| Domen und ^e Be-
%--f 8iHfl>lft.geii die Wüetendllrre
h den ülnigen Bäumen
'Sfzmclie Pflanzen aus.
1^' Cflli^ch ohne V^;etation ;
f •
plS|{aii^,trifit man ausserdem
_ _§■ ■3*?^*S*P^'^ I deren frisches
j^t)^>€^ä9i^^|i}ti{^h (Betama) und eine
^Blumen. Die Oasen
■.ibrer Baumzucht und
Jülich nicht in Betracht
si^ und verdanken nur
■»^; nmschliesat alle Land-
irdes Zenithstandes der
nach Ost quer über
9;^^irch den 20. Breiten-
iSjbinselartig eine Zimge
[äne Jahreszeit verhslt-
lltung der Gräser auf,
e Gräser sind aus-
I durch ausserordent-
isehnliche Höhe. In
Hahne 5 bis 6 Meter
in dieser V^etaldon
: unter den tropischen
üharum spontaneum),
rewe und längs des
1 Ambak oder Kork-
te von bald hohem,
Q Delta besi.
564 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
am CongO; in den Uferlandschaften des Ukerewe-Sees, am oberen 'Sil
imd anderwärts. In Uganda am Ukerewe-See hindern sie sogar selt-
samer Weise die Viehzucht, weil die Heerden nicht in sie eindringen
können.
Dunkle Wälder, in denen sich die Bäume dicht zusammenschaaren,
sind im Sudan sehr selten; vielmehr zerstreuen sich die Bäume in
regellosen Gruppen auf der Savane. Während der heissen Jahreszeit
verHert ein Theil derselben das Laub. Meistens erreichen sie nicht
die Höhe nordeuropäischer Waldbftume. Einer der höchsten ist der
in Sen^ambien heimische Ceril-Cedro, eine dem Mahagoni-Baum ver-
wandte, 25 bis 30 Meter messende M^liacee. Viele Bäume werden
nur an den Flussufem hochstömmig, yorkümmem aber auf der Savane;
die Akazien erniedrigen sich hier sogar zu Zweigbäumen und Sträuchem.
Auf der anderen Seite aber sind verschiedene Bäume durch die riesige
Grösse einzelner Oigane ausserordentlich bemerkenswerth und zwar
gerade solche Bäume, die durch ihre weite Verbreitung in hohem Grrade
bestimmend auf die Physiognomie der mittelafirikanischen Landschaft
einwirken. So überrascht uns der Baobab-Baum (Adansonia) durch
die Dicke seines Stanunes (Durchmesser 6 bis 8 Meter), eine Bignoniacee
(Ejgelia) durch '3 Meter lange dicke Früchte und der E^nsete-Pisang
(Musa Ensete) durch die bisher unübertroffene Ghrösse seiner Blätter.
Der Baobab geht von Nubien und Sen^ambien bis zum 25. Grad
s. Br., die Kigelia von Nubien und den Nigerländem bis Mozambique,
die abessimsche Ensete nadi Süden bis zrmi Njassa-See. Die Familie
der Lorbeergewächse hat nur wenige Vertreter; ebenso sind die Fam-
bäume sehr selten« Hingegen schmücken zahlreiche Akazien mit ihren
zarten Fiederblättchen von Nubien und Sen^;ambien an bis zu den
südlichen Gebieten die Landschaften; sie sind ausserdem noch werthvoll,
weil sie dem afrikanischen Handel das Mimosengummi geben. Die
Tamarinde (Tamarindus indica), welche wahrscheinlich aus dem Sudan
stammt, besitzt den stattlichen Wuchs der Eiche, trägt aber gefiedertes
Laub. Die 13 bis 16 Meter hohe Sjkomore (Ficus ^comorus), die
auch nach Aegypten und Palästina verpflanzt ist, hat namentlich fiir
die nordöstlichen Landschaften Bedeutung; aus der Gattung Ficus
kommen ausserdem mehrere Banyanen im nördlichen Sudan vor. In
dem östlich^ Afrika wächst der Eafieebaum wild« AustraUsche Casua-
rinen haben sich, jedenfalls durch Meeresströmungen herbeigeflihrt, auf
dem sandigen Boden der Mozambique-Küste angesiedelt.
Der grosse tägliche Temperaturwechsel, sowie die Dürre der trocke-
nen Jahreszeit sind den Palmen wenig günstig. Zwar fehlt es keinem
Theile des Sudan an Palmen; aber die Anzahl der Arten ist zehn-
mal so klein als in Asien oder Amerika. Von hervorragender Wich-
IV. Die Vegetationszonen der Erde. 565
tigkeit sind drei Palmen: die Dompalme (Hyphaene thebaica)^ die
Delebpalme (Borassus aethiopum) und die Oelpalme (Elaeis guineensis).
Die beiden ersten haben Fächerlaub und bewohnen vorzugsweise den
Sudan; die letztgenannte, die gleich der Dattelpalme mit Fiederblatt
versehen ist, gehört hauptsächlich Guinea und den ostwärts davon ge-
legenen Ländern an. Auch die Zwergpalmen und Palmlianen sind dem
Sudan nicht fremd.
Von den Cacteen Amerika's unterscheiden sich die fleischigen
Euphorbien Afrika's fast nur durch den Bau der Blüthen, und dasselbe
gilt von den amerikanischen Agaven im Vergleich zur Aloe Afrika's.
Beide Formen erlangen aber erst im Caplande das Maximum ihrer
Ent<ung. Ein nubischer Euphorbienbaum (E. candelabrum) , mit
dessen Milchsaft man die Pfeile vergiftet, erreicht eine Höhe von 10
Metern und wird durch einen fleischigen Baum Abessinien's (E. abys-
sinica) an Höhe noch übertroffen. In den dürren Gegenden am Süd-
saume der Sahara bedeckt das 4 bis 6 Meter hohe Gebüsch des Oschur-
strauches (Calotropis procera) oft weithin die Ebenen, namentlich in
Nubien, sowie am Tsad-See; in Bomu bemerkt man während der
trockenen Jahreszeit gar keine andere Pflanzenform als den Oschur.
Seine grossen, eiförmig gerundeten Blätter sind durch eine pergament-
ähnliche, bläuliche Oberhaut gegen Sonnengluth und Dürre geschützt.
Am Bahr-el-Asrak bildet eine Tamaüske (Tamarix nilotica) blattlose
Gebüsche und Wälder von bläulicher Färbung. Auffallend ist nament-
lich der Reichthum an kleineren und grösseren Domsträuchem; ins-
besondere sind die Succulenten (Fettgewächse) fast allgemein mit Domen
bewaflhet. Ja selbst zahlreiche Bäume, namentlich die Akazien, nehmen
an diesem Charakterzug der dortigen Vegetation theil. In gewissen
Gegenden Nubien's und Abessinien's, sowie in Bomu ist fast kein
Holzgewächs ohne Domen.
Lianen sind im tropischen Afrika bei weitem nicht in solcher
Fülle vorhanden wie in Asien und Amerika; immerhin sind sie in den
feuchten Waldungen namentUch der westlichen Eüstenterrasse reich
genug entwickelt, um dem Wanderer vielfach den Pfad zu versperren.
Auch der Epiphyten, namentlich der reizenden Orchideen, entbehren
jene Waldungen nicht ganz.
9) Das Gebiet der Kalahari und der verwandten Land-
schaften Südafiika's hegt zwischen dem 20. und 29. Grad s. Br. und
reicht von dem Westrande der östlichen Küstenterrasse bis zur W^est-
küste. Die R^enarmuth dieser Wüste wird in erster Linie durch die
an der Küste von Süd nach Nord ziehende Benguela-Strömimg herbei-
geflihrt (s. S. 263. 265).
Hinsichtlich ihres Vegetationscharakters ist die Kalahari ein eigen-
566 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
thümliches Mittelglied zwischen Wüste, Savane und Gresträuchsteppe.
Oasen mit sesshafter Bevölkerung giebt es nicht; wohl aber gewährt
sie den Heerden der Nomaden Nahrung. Waldbfldung ist nicht völlig
ausgeschlossen; doch kann kaum irgendwo mit Erfolg Ackerbau ge-
trieben werden.
In dem wüsten Küstengebiete des Damaralandes findet sich eines
der merkwürdigsten Gewächse der Erde: Welwitschia mirabilis (von
den Eingeborenen Tumbo genannt). Der umgekehrt-kegelförmige Stamm
dieses Zwergbaumes ist als dicke Wurzel in die Erde versenkt und
erhebt ach als eine runde, flache, bisweilen 4 Meter im Umfang haltende
Tafel nur wenige Centimeter über den Boden. Ausser den Fmcht-
zapfen erzeugt sie nur zwei schilßihnliche, flach auf den Boden ge-
streckte Samenblätter, welche sich trotz des hohen Alters der Pflanze
(100 Jahre) nie erneuern und auch dann ihre Lebenskraft noch be-
wahren, wenn sie durch Unwetter oder sonst welche Zuftlle zerschlitzt
und in Fetzen zerrissen worden sind. Die Grösse dieser Blätter beträgt
2, bisweilen auch 4 bis 6 Meter.
Im Innern des Damaralandes beherrschen Domsträucher, &8t nur
zur Gattung Acada gehörig, die Physiognomie der Landschaft. Am
häufigsten ist der Haakedom (Acada detinens). Derselbe besitzt in
seinen Domen so vortreffliche Fangwerkzenge, dass es selten jemandem,
der sich unvorsichtig ihm genaht, gelingt, ohne Verlust der Kleider
sich von ihm zu befi^eien. Die Colonisten bezeichnen diesen Strauch
recht charakteristisch mit dem Namen „Wart* ein Weilchen". Viel&ch
gehen die Akazien in Baumformen über; doch sind auch diese sämmtlich
mit Domen behaftet. Unter ihnen ist die Giraffen-Akazie (A. Giraffae)
am bekanntesten, deren Laub der Giraffe als Nahrung dient Unter
den übrigen spärlichen Baumformen ist noch eine Bauhinia, der Mopane-
Baimi, zu erwähnen, dessen schönes, dunkelgrünes Zwillingsblatt vertical
gestellt ist, sowie eine Olivenform aus dem Caplande (Olea venrucosa).
Auch an Graswuchs fehlt es der Kalahari keineswegs, und zwischen
den Grasbüscheln wird viel£M;h der Boden von rankenden Kürbisge-
wächsen, insbesondere von der südafrikanischen Wassermelone (CStrullus
caffef) überwuchert, deren Saflftüle den Thieren einen flrsatz ftir das
mangelnde Wasser gewährt Mehrere Asdepiadeen liefern grosse ess-
bare Knollen, und zahlreiche Zwiebelgewächse entfalten nach den
sommerlichen Gewitteiregen einen herrlichen Blumenflor.
10) Das Gebiet des Caplandes wird im Norden durch den
Gariep, im übrigen aber (bis auf die Nordostseite) durch das Meer gut
abg^renzt In meteorologischer Beziehung gleicht der grössere west-
liche Theil dieses Gebietes Südeuropa, da die Regenzeit in den Winter
fkllt (vgl. S. 267 f.). Doch werden nur die Küstengebiete reichlich
IV, Die Vegetationezonen der Erde. 567
benetzt; denn die vom Meere her kommende Feuchtigkeit wird an
der AuBsenseite der Gebirge, welche die Terrassen des inneren Hoch-
landes umsäumen, verdichtet; die centrale Hochfläche leidet daher sehr
an Dürre. Die immerhin seltenen Gewittergüsse im Sommer sind
bei so mächtiger Sonnengluth nicht im Stande, die schlummernden
Kräfte der Steppenpflanzen wachzurufen; hingegen vermögen die winter-
lichen Niederschläge diese Gewächse zu einem kurzen Lebensfrühling
zu erwecken.
Solchem Charakter des Klimas entsprechend erscheint auch die
Flora des Caplandes dürr und ärmlich; dennoch weist sie eine Manig-
faltigkeit der Arten auf, wie sie auf so kleinem Baume nirgends wieder
gefunden wird. Auf einem einzigen Berge, am Dutoitskloof bei Paarl,
zählte Drege während des Frühlings gegen 760 blühende Ge&ss-
pflanzen ^) , von denen die Hälfte Sträucher waren. Sträucher sind es
überhaupt, die im Caplande dominiren, imd unter ihnen wiederum
gehören die meisten zu den Eriken- und Proteaceenformen. Da die
Erikennadel in einer Beihe von Familien und Gattungen des ver-
schiedensten Baues wiederkehrt, die nur zur Blüthezeit unterschieden
werden können (namentlich bei den Bruniaceen, Diosmeen und Stil-
bineen) und da femer die Eriken selbst (in gegen 440 Arten) vor-
walten, so gewinnen die Landschaften ein Gepräge, das lebhaft an die
Haiden der baltischen Ebene erinnert. Wunderbar ist es, dass in
dem gleichartigen, unansehnlichen Gestrüpp die Triebe zu einer so
ausserordentlich wechselnden Ornamentik der Blüthen verborgen sind.
Auf der Hochfläche im Innern bildet der mit langen, weissen
Dornen versehene Karroodom (Acacia horrida), fast der einzige Ver-
treter der Mimosenform, das gewöhnUche Ufergebüsch der Flüsse. Die
Cactusform wird nachgeahmt von den Euphorbien und im Kleinen von
den Arten einer Asclepiadeengattung (Stapelia). Die domigen, von
Milchsaft ganz durchdrungenen Gliederstämme der Euphorbien werden
oft haushoch (E. grandidens über 15 Meter hoch) und breiten ihre
Zweige zu einer schirmfbrmigen Krone aus. Femer begegnet man
zahlreichen Arten von Aloe, Ficoideen (Mesembryanthemum) , Portula-
ceen, Crassulaceen und einer Synantheree (Kleinia). Die verschiedenen
Arten von Mesembryanthemum sind in gleichem Sinne Steppenläufer
wie die Jerichorose. Die zahlreichen Zwiebelgewächse (800 Arten,
namentlich Liliaceen und Irideen) kleiden die Steppen während der
kurzen Begenzeit in ein herrliches, buntfarbiges Gewand. Hingegen
sind die Gräser weder durch Artenreichthum, noch durch üppiges
Wachsthum ausgezeichnet. Sowohl auf den Flächen der Karroo, wie
1) Die Gesammtzahl der bis jetzt bekannt gewordenen Gefasspflanzen
des Caplandes beträgt nach Grisebach 8000.
568 Vierter TheiL Das organische Leben auf Erden.
auf den südlichen und westlichen Terrassen werden die Steppengräser
durch Restiaceen verdrängt, deren harter Halm als Futter y öUig werthlos
ist; Viehheerden würden hier also keine genügende Nahrung finden.
In den Flüssen verzögert das PalmietBchilf (Prionium) die Bew^nngen
des Wassers und bewahrt dieselben so längere Zeit vor Austrocknuqg.
Die Bäume, deren Artenzahl nur eine beschränkte ist, sind durch-
w^ klein, höchstens 6 bis 10 Meter hoch. Ausgedehnte Waldbestände
kommen &st nur an der Küste zwischen der Tafel- und Algoa-Bay
vor; auf dem Hochlande verlässt der Baumwuchs nie die Ufer der
Flüsse. Hinsichtlich ihrer Belaubung nähern mch die Bäume meist
der Oliven- und Lorbeerform. Die Coniferen trag^i keine Nadeln,
sondern das Blatt der Cypresse (Widdringtonia) oder der Olive (Podo-
carpus). In dem Waldesdickicht trifft man üppige Farne (Todea) und
Lianen, sowie zwei bei uns als Zierpflanzen bekannte Gewächse: eine
Sdtaminee (Strelitzia) und eine Aroidee (Bichardia). Die östlichen
Gebiete weisen auch eine Zwergpalme (Phoenix redinata) und dnige
Arten der den Palmen physiognomisch nahe stehenden Cycadeen
(Encephalartos) au£
11) Das Oebiet des australischen Continents emp&ngU
seiner Lage zu beiden Seiten des südlichen Wendekreises entsprechend»
ein grosses Mass von Sonnenwärme; daneben ist jedoch das Klima
über dem grössten Thale ein so trockenes, dass das Pflanzenleben
sehr in seiner Entwicklung gehemmt wird. Nur die Ostküste, wo die
Seewinde an Bergterrassen emporwehen, erhält reichliche Regen; hier
fehlt es daher auch nicht an herrlichen Waldungen.
Unter den Bäumen Australien's treten die Eucaljpten (neuhollän-
dische Gummibäume), unter den Sträuchem die Proteaceen am massen-
haftesten auf. Die ersteren (150 Arten) bilden den grössten Theil der
australischen Wälder, denen sie durch ihre blaugrünen, lederartigen,
immei^grünen Blätter eine besondere Physiognomie verldhen« Schon
diese Bäume verrathen die Trockenheit des australischen Klimas: der
graue oder bläuUche, glanzlose Farbenton der Blätter macht den Ein-
druck stockenden Saftumtriebes, und die mit dem Bande gegen den
Zweig gerichtete Stellung derselben soll doch nur dazu dienen, die
Sonnengluth von den Blättern abzuwenden und die Verdunstung zu
verringern, indem so den Sonnenstrahlen dne mögUchst kleine Fläche
geboten wird. Eine gleiche Blattstdlimg weisen übrigens auch die
australischen Akazien au£ — Die Gesträuchdickichte („Scrub**) der
Proteaceen überkletden ebenfsdls weite Bäume des Continents. Mit den
Eucaljpten theilen die Proteaceen die Armuth an Laubgrün, die dichte,
starre Oberhaut des Blattes, sowie die Manigfiütigkdt der Grösse und
Gestalt des Laubes. Gewöhnlich mischen sich mit den Proteaceen zahl-
IV. Die Vegetationszonen der Erde. 569
reiche Epacrideen, welche die dem australischen Continent inangehiden
Eriken ersetzen. — Eine dritte Charakterform der australischen Holz-
gewächse ist die der blattlosen Casuarmen; die Functionen der Blätter
vollziehen sich bei ihnen an der Oberfläche der zarten Zweige ^ die
wie beim Schachtelhalm gestreift sind. Die BlatÜosigkeit ist übrigens
nicht auf die Casuarinen beschränkt; sie zeigt sich ebenso bei dem
durch seinen fleischigen Fruchtstiel bekannten Santalaceenbaum (Exo-
ciarpus cupressiformis) , sowie an zahlreichen Sträuchem. Auch diese
blattlosen Holzgewächse sind beredte Zeugen fllr die Dürre des austra-
lischen Klimas.
Die australischen Coniferen besitzen bald äusserst kleine Nadeln
(CaUitriSy Daciydium), die sich bisweilen sogar zu Schuppen verkürzen;
bald nähert sich ihr Blatt der Eucalyptus- und Olivenform. Zu den
sonderbarsten Pflanzenformen Australien's gehören die Grasbäume (Xan-
thorrhoea imd Eangia), welche in Westaustralien durch ihr häufiges
Auftreten sogar bestimmend auf die landschaftliche Physiognomie ein-
wirken. Der Holzstamm dieser Gewächse, der gewöhnlich etwa einen
Meter hoch ist und nur bei den Kingien eine Höhe von 6 bis 10 Metern
erreicht, trägt an seinem oberen Ende einen mächtigen Büschel von
groben Grasblättern.
Die Palmen Australien's (24 Arten) vertheilen sich auf den nörd-
lichen und östlichen Küstensaum; bis auf die Cocospalme sind sie alle
Australien eigenthümlich. Sie sind theils Fiederpalmen (die Archonto-
phönix- Arten), theils Fächerpalmen (die livistona- Arten) ; die höchsten
erlangen eine Höhe von 25 Metern.
Sehr wichtig ftlr Australien ist die Menge rasenbildender Gräser.
In reicher bewässerten Gegenden ist der Wiesenteppich ein ununter-
brochener; in dem trockenen Innern sondern sich zwar die Rasen,
liefern aber stets den Heerden immer noch eine gute Nahrung (nament-
lich das Känguruh-Gras, Anthistiria australis), wenn die Dürre nicht
allzulange anhält. Hierauf beruht die in neuerer Zeit sich immer gross-
artiger entfaltende Schafisucht. Immortellen und Zwiebelgewächse (Lilia-
ceen) sind der Hauptschmuck jener Grasebenen. Salzpflanzen mit
saftigen Blättern (unter ihnen der Salzbusch, Rhagodia escidenta, eine
der häufigeren Chenopodeen) bedecken hier wie in der Alten Welt
den von Salz durchdrungenen Boden.
Der grösste Theü von Australien ist entweder Waldsavane oder
Scrub. Die erstere, welche übrigens diesem Erdtheil eigenthümlich ist,
zeigt einen grünen Wiesenteppich auf dem Boden der lichten Eucalyptus-
Waldungen, deren Bäume sich so weit von einander entfernen, dass
sich ihre Laubkronen nicht mit einander berühren. Offenbar begünstig
das helle Licht in diesen Waldungen die Entwicklung der Gr^
570 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
Doch giebt es auch Ghraaland mit seltenem tmd niedrigem Baumwachs^
sowie baimdose Steppe und wirkliche wasseriose Wüste. Der Scmb
ist dn mit dicht Terschlungenen Sträachem der Proteaceen- and Eriken-
form überzogenes Land, aof welchem sich nnr selten Bäome eriieben.
Er hindert nicht bloss den Beisenden aof seiner Wanderang, sondern
spottet auch aUen menschlichen Anstrengungen, ihn in ein Coltorland
zu verwandeln; nicht einmal das Feuer ist im Stande, das hartnäckige
Strauchwerk zu vertilgen. Der Scrub hemmt also in gleichem Masse
die Fortschritte menschlicher Cultur, wie die Waldsavane sie fördert.
Ein gemischtes Walddickicht trifft man &st nur in den fenditen Creek-
thälera an der Ostaeite des ContinentB. Hier ist es zng^dch, wo die
Zahl einheimischer Baumarten am grössten ist (auf Queensland aUein
konmit mehr ab die Hälfte aller australischen Bäume) und zugleich
einzelne Individuen von Eucalyptus amygdalina bis zu der Riesenhöhe
von 152 Metern emporsteigen.
12) Das nördliche Waldgebiet Amerika's erstreckt sich
von der Berings-Strasse und Neu-Fundland bis zur Halbinsel Florida
und zur Miesissippi-Mtindung; nur im Westen wird der 50. Grad gegen
Süd hin nicht wesentlich überschritten. Die klimatischen Verhältnisse
stimmen im allgemeinen mit denen des europäisch-asiatischen Wald-
gebietes überein (v^ S. 278 ffl). Da mch die amerikanische Waldzone
den Tropen ausserordentlich nähert, so gewinnt ihre Flora gegen Süd
hin einen tropischen Cibarakter; aber dieser Uebeigang ist ein so all-
mählicher, dass sich bis an den Mexicanischen Meerbusen zwar Ab-
stufungen, aber keine durchgreifenden Naturgrenzen erkennen lassen.
Die Physiognomie des nordamerikanischen Waldes ist iast genaa
dieselbe wie die des nordischen Waldes der östlichen Hemisphära Wir
b^egnen hier wie dort, namentlich im Norden, viel£Eu:h denselben
Gattungen der Nadel- wie Laubhölzer; nur sind die Arten beider
Hemisphären stets verschieden. In einigen Gattungen ist die Zahl der
Arten in Amerika* eriiöht, in anderen aber vermindert. Bis jetzt ist
es noch nicht gelungen, die Identität einer Baumart an beiden atlan-
tischen Küsten nachzuweisen; doch sind den beiden näher gerückten
padfischen Küsten einzelne Arten (z. B. Pindis Menziesii) gemein.
Grisebach zerlegt das amerikanische Waldgebiet in f&nf Zonen.
Die nördlichste derselben ist die der weissen Tanne (Pinus alba), welche
von allen dortigen Nadelhölzern am weitesten nach dem Norden vor-
dringt (bis zum 68. Breitengrad). Auf ungeheuren Räumen theilt
sie mit keinem anderen Baume den Waldboden. Diese einfbrmigen
Waldungen erfahren hie und da an den Flussufem eine Veränderung,
wo auch die amerikanische Lärche (P. microcarpa), die Balsamtanne
(P. balsamea), sowie Laubbäume (Weiden, &len, Pappehi) kleinere
IV. Die VegetatioiiBzonen der Erde. 571
Ufergehölze bilden. Eine Birke (Betula papyracea) geht ebenfisdls bis
zum 68. Breitengrade nach Norden. Die Tannenzone endigt am Saska-
tschawan (54® n. Br.), wo die Steppe beginnt; ostwärts reicht sie bis
an die Küsten von Labrador.
Die zweite Waldzone, die der Oregon-Tannen, um&sst die durch
ein mildes, regenreiches Klima ausgezeichneten Uferlandschaften des
Stillen Oceans von Sitcha, vielleicht von Aliaska an bis zum Oregon.
Auch hier walten Nadelhölzex, meist Bäume von ungeheurer Grösse
vor, namentlich verschiedene Tannen, wie die Douglas-, Menzies- und
Schierlingstanne (P. Douglasii, P. Menziesü, P. Mertensiana) , femer
eine harzreiche Kiefer (P. ponderosa) und die Oregon-Ceder (Thuja
gigantea). Die Douglastanne misst nicht selten 60 bis 80, bisweilen
sogar 100 Meter Höhe. Zu jenen Coniferen gesellen sich örtlich Laub-
hölzer, nämlich Ahome, Pappeln, Erlen und eine Eiche (Quercus
Ganyana).
Die dritte Waldzone, die der Laubhölzer mit periodischer Bdaubung,
liegt im Osten der nördlichen Prairien an den canadischen Seen. Zu
ihr gehören Canada und die nordöstliche Gruppe der Vereinigten Staaten
bis Virginia imd Kentucky (incl.). Im Norden suchen noch Tannen
und Weihmuthskiefem dem Laubholz die Herrschaft streitig zu machen;
weiter nach Süden aber dominirt das letztere durchaus. Oanada besitzt
grosse Eichen-, Ulmen-, Eschen- und Ahomgehölze, welche namentlich
im Herbste bei ganz allmählicher Enterbung der Blätter durch die
verschiedenen Nuancen des Roth, Orange und Gelb hohe landschaftliche
Reize bieten. In der Breite von Pennsylvanien werden die Wälder
vorzugsweise von vier Eichen, der Kastanie imd einem Wallnussbaum
(Juglans nigra) gebildet; in geringerem Grade sind hieran betheiligt
die nordamerikanische Buche (Fagus ferruginea), der Tulpenbaum
(liriodendron) und eine Laurinee mit abfallendem Laube (Sassafras
officinale).
Die vierte WaJdzone ist auf Neu-Fundland beschränkt. Niedrige
Waldungen, bestehend aus nur 6 bis 10 Meter hohen Taimen,
Lärchen und Birken, wechseln hier überall mit offener Landschaft.
Eigenthümliche Gewächse weist diese Insel fast gar nicht auf.
Die fiinfte Waldzone, die der subtropischen, zum Theil sogar
tropischen Gewächse, erstreckt sich von Nordcarolina und Tennessee
bis Florida und Louisiana. Als Vertreter der subtropischen Bäume
betrachten wir die Bäume mit immergrünem Laube, z. B. eine der
Steineiche ähnliche Eiche (Quercus virens) und den amerikanischen
Oelbaum (Olea americana). Als tropische Formen sind anzuführen
die Lihaceenbäume (Yucca-Arten), die Bromeliacee Tillandsia usnoides,
deren silberweisse, fiidenförmige Stengel von den Kiefern herabhängen.
572 Vierter Theil. Das orgsOiische Leben auf Erden.
sowie das Riesenrohr (Anmdiiiaria macrosperma) , ein mllchtiges bam-
busartiges Gebüsch mit über 10 Meter hohen Stengehi, welches
namentlich in den unteren Mississippi -Niederungen üppig wuchert
In den südöstlichen Vereinigten Staaten giebt es fiinf niedrige Fächer-
palmen, deren G^estalt nicht sehr von derjenigen der europäischen
Chamaerops abweicht; ihre Nordgrenze liegt in Südcarolina unter
34^2^ T^ Br. Vier davon gehören zu der Gattung Sabal; von
ihnen scheint sich nur Sabal Palmetto zu einem über 10 Meter hohen
Baume zu entwickeln. In Südcarolina und weiter südwärts gedeiht
die immergrüne Magnolie (M. grandiflora), einer der stattlichsten Bäume
Nordamerika's, und die Ufer Louisiana's werden von Mangrovewaldungen
(Rhizophora Mangle) umsäumt Der wichtigste Waldbaum dieser Zone^
welcher namentlich die sumpfigen Ufergebiete von Louisiana bis Vir-
ginia fast ausschliesslich beherrscht, ist die langnadelige Kiefer (Pinus
australis). In jenem Sumpflande findet sich femer die mit zarten, in
Doppelreihen geordneten Nadeln geschmückte Sumpfcypresse (Taxodium
distichum) und in den AU^hanies die auch im Norden verbreitete
schwarze Tanne (P. nigra).
Das Unterholz der amerikanischen Wälder wird von zahlreichen
immergrünen Sträuchem gebildet, unter denen die Rhodoreen (z. B.
Rhododendron maximum, 3 bis 6 Meter hoch) und die der Myrten-
form entsprechenden Vaccinien am wichtigsten sind. Dieses Unterholz
zeichnet sich gleich sehr durch grosse Dichtigkeit wie durch hohen
Wuchs aus.
Offene Landschaften waren dem nordamerikanischen Waldlande
in seinem Urzustände &8t ganz fi:«md; wo sie aber vorhanden waren,
besassen sie auch brauchbare Gräser (Triticum).
Die Cuhur der osthemisphärischen Cerealien gelingt in Amerika
ebenso gut wie bei uns; namentlich z^gt der Mais, der sogar in Canada
gebaut wird, ein ausserordentliches Akklimatisationsvermögen. Die
Gerste liefert noch unter dem 65. Breitengrade bei Fort Norman in
günstigen Jahren gute Ernten. Der europäische Weinstock ist nii-gends
mit Glück eingeführt worden; doch ist es gelungen, aus einheimischen
Arten (Vitis vulpina und V. labrusca) durch Veredelung einen guten Wein
zu gewinnen. Wie im Norden wogende Getreidefelder, so haben im
Süden grosse Culturen von Baumwolle, Zuckerrohr, Tabak und Reis
den Wald weithin zurückgedrängt
13) Das Prairiengebiet nimmt den Raum zwischen den Mis-
sissippi-Niederungen und der califomischen Sierra Nevada ein; im Norden
wird es durch den 50. Grad n. Br., im Süden durch den Wendekreis
des Elrebses begrenzt Wie in den asiatischen Steppen folgt der kurzen,
von genügendem R^en begleiteten Elntwicklungszeit der Gewächse im
Frühling die Dürre eines heissen Sommers und später die Kälte dnes
IV. Die Vegetationszonen der Erde. 573
streDgen Winters, welche beide gleich sehr die Entfaltung der Vegetation
beeinträchtigen. Die Hochebene Utah hat sogar einen ausgesprochenen
Wüstencharakter, da sie allseitig von Gebirgen umgeben ist und somit
£Ast jeder Wind, woher er auch wehen mag, seine Wasserdämpfe ver-
liert, bevor er auf die Hochfläche gelangt. Der wasser- und quellen-
arme, stark salzhaltige Boden derselben ist ohne Graswuchs; völlig
vegetationsloses Gestein erblickt man zwischen zerstreuten Gruppen
von Chenopodeen (Sarcobatus, Atriplex canescens) und geselligen Arte-
misiasträuchem (A. tridentata und A. cana).
In den trockenen Elimaten Amerika's, somit auch in dem Prairien-
gebiete, ist keine Pfianzenfamilie von grösserer landschaftlicher Bedeutung
als die der Cacteen. Diese ursprüngUch rein amerikanische Familie
zeigt zwar erst in den Tropen den grössten Formenreichthum ; doch
besitzen bereits die südlichen Frairien eine grosse Anzahl von Arten,
und selbst in den Missouri-Ebenen (bis zum 49. Grad n. Br.) findet die
Cactusform noch einen sehr häufigen Vertreter in einer Opuntie (0.
missouriensis). Bald stellen die Cacteenstämme cylindrische oder pris-
matische Säulen dar (Cereen), bald Kugel- oder Eigestalten (Melonen-
cactus) ; bald sind sie kantig (Echinocactus), bald abgerundet (Mamilla-
rien) ; doch ist ihnen allen die regelmässige, gruppenformige Vereinigung
der Domen an der Stammoberfläche gemeinsam. Die stattlichste Figur
unter den Cacteen ist der Suwarrow- oder Monument-Cactus (Cereus
giganteus), welcher 15 bis 20 Meter hoch wird und bis zu ^/j Meter
Dicke anschwillt Eine mit derartigen Individuen besetzte Landschaft;
erinnert an die Säulen einer Tempelruine des Alterthums, wozu höchstens
die ebenfalls dicken, candelaberartig emporgestreckten Aeste nicht ganz
passen. Ein solches Bild ist zwar in hohem Grade merkwürdig, aber
keineswegs schön. Ein melonenförmiger Echinocactus (E. Wislizeni)
erreicht bei einer Dicke von ^/j Meter eine Höhe von IVs Meter. Ein
Drittel der in den Prairien einheimischen Arten besteht aus kleineren
Melonenformen (Mamülaria und Echinocactus). Alle Cacteen haben
lebhaft; roth oder weiss geübte Blüthen ; viele (besonders die Opuntien)
liefern eine schmackhafte Frucht.
Die Agave ist auf die südlichen Prairien beschränkt. Sehr häufig
und weit verbreitet ist ein Halophyt, der Saftdom (Sarcobatus vermi-
cularis), ein 1 bis 2^2 Meter hoher Strauch mit dunkelgrünen, saftigen
Blättern. Die Mimoseenform gelangt durch die weithin die Ebenen
bedeckenden Mezquite-Sträucher (Prosopis) in Texas und im nördlichen
Mexico zur Geltung ; nach Süden gewinnen die Mimoseen gleich den zahl-
reichen Yucca- Arten Baumgestalt. Letztere gehen bis zum 49. Breitengrade
und werden w^en ihrer schar&pitzigen, harten Blätter auch Bajonet-
bäume genannt In Texas und in den Thälem der Sierra Madre von
574 Vierter Theil. Das organische Leben aof Erden.
Sonora triffi man bereits Pahnen. — Die Bäame an den Flossnfem
nnd auf den Abhängen der Gebirge stammeo meist aus den benach-
barten westlichen Waldgebieten.
Die Gräser und Stauden der Prairien haben durchw^ dnen hohen
Nahrungswerth; hierdurch unterscheiden sich die nordamerikanischen
Giasebenen von den Steppen Russland's in vortheilhaftester Weise.
Sogar in der trockenen Jahreszeit und im Winter können die Prairie-
gräser noch zur Fütterung gebraucht werden. Von besonderer Güte
sind das Gramma-, Büffel- und Büschelgras. Während in den rus-
sischen Steppen die guten Gräser von den nutzlosen völlig überwuchert
werden, sind j^ie hier die herrschenden. Die Prairien haben daher
als vorzügliches Weideland unzweifelhaft noch eine Zukunft.
14) Das californische Küstengebiet reicht von der Mün-
dung des Oregon bis zur Wurzel der Halbinsel Califomien. Durch
seinen milden, regenreichen Winter und seinen regenlosen Sonmier
erscheint sein Klima dem der Mittelmeerländer verwandt Daher ist
auch die * Entwicklung der Vegetation — ganz wie in ItaHen — im
Frühling am kräftigsten, im Sommer aber ganz unterbrochen.
Sehr reich vertreten sind die Nadelholz- und Cypressenformen;
man hat bisher nicht weniger als 28 Coniferenarten gezählt, und von
ihnen ist die grössere Hälfte endemisch. Nirgends auf Erden besitzen
die Coniferenwaldungen einen solchen Riesenwuchs wie hier. Der Mam-
muthbaum (Sequoia gigantea) wird im Durchschnitt nahezu 100 Meter
hoch, und einzelne Individuen stehen sogar dem Strassbui^ger Münster
(142 Meter hoch) an Höhe nicht viel nach (vgl S. 527). Aber auch
der Bothholzbaum (Sequoia sempervirens), die durch süsses Harz aus-
gezeichnete Zuckerkiefer (Pinus Lambertiana) und die califomische
Edeltanne (P. nobilis) erheben sich 60 bis 90 Meter hoch.
Der bis zu gewissem Grade übereinstimmende Charakter der
califomischen. und der mediterraneischen Flora zeigt sich namentlich
bei den immergrünen Laubhölzem, unter denen sich eine Laurinee
(Tetranthera califomica), mehrere immergrüne lachen, ein der Kastanie
ähnlicher Baum (Castanopsis chiysophylla) befinden. Daneben enthalt^i
die califomischen Waldungen auch periodisch belaubte Bäume, nämlich
Eichen, Eschen und Rosskastanien, und um die Flussufer schaaren
sich Platanen (P. racemosa) und .Weiden. Zahlrdche immergrüne
Sträucher repräsentiren die Oleander- und Myrtenformen Südeuropa's.
In Califomien ist die Anpflanzung des europäischen Weinstockes
gelungen; allerlei Früchte, wie Pfirsiche, Apricosen, Feigen, limonen,
gedeihen vortrefflich, und die Cultur der Cerealien ist ausserordentlich
lohnend. Auch sind die Futtergewächse ganz vorzügliche.
IV. Die Vegetationszonen der Erde. 575
15) Das mexicanische Gebiet (vom Wendekreis des Krebses
bis zum Isthmus von Panama) gehört zwar ganz der tropischen Zone
an; doch ist das Pflanzenkleid wegen der hohen Lage des Landes
zum grossen Theil em subtropisches. Da sich die Wärme an den
Bergesabhängen vermindert, so nimmt die Vegetation nach oben hin
mehr und mehr ein nordisches Gewand an. Sie ändert sich aber auch
nach Massgabe der örtlichen Feuchtigkeit. Die dem Zenithstande der
Sonne folgenden Regen sind nämlich von sehr ungleicher Dauer und
Intensität. So emp&ngt der Ostabfall des Hochlandes, an welchem
der Passat emporweht , fast in jedem Monate Niederschläge, während
die Westseite nur durch die sommerlichen Südwestmonsune, die den
Passat verdrängen, benetzt wird. Die östliche Terrasse Mexico's ist
daher in hohem Grade vor der westlichen begünstigt; nur an der
ersteren entfaltet sich die ganze Fülle tropischer Pflanzen.
Zwei dem amerikanischen Continente eigenthümliche Familien, die
Cacteen und Bromeliaceen, spielen auch unter den Gewächsen Mexico's
eine hervorragende Rolle. Die Cacteen herrschen namentlich auf dem
dürren Boden &st sämmüicher Regionen vor; man tiiSt sie sogar noch
in 3350 Meter Meereshöhe. Zu den Bromeliaceen gehören die in Mexico
ausserordentlich häufigen Ananasse imd Agaven. Die ersteren liefern
eine wohlriechende, schmackhafte Frucht, und aus dem Saft der letzteren
bereiten die Mexicaner ihr Lieblingsgetränk (Pulque). Die Bromeliaceen
suchen sowohl die feuchten Wälder wie die Klimate von kürzerer
Regenzeit auf. Die epiphytischen Formen schmücken durch ihre reich-
geförbten Blüthen vielfach die Bäume.
Von den Palmen finden sich zahlreiche Arten von Chamaedorea
in den regenreichen Berggebieten; viele sind fi-eilich kleine Bäume mit
dünnem, rohrartigem Stamm. Hohe Palmen entwickeln sich nur in
der Küstenregion. Palmenähnliche Cycadeen, Fambäume und baum-
artige Lilien (Yucca) bewohnen den feuchten Urwald, in welchem ge-
wöhnlich mächtige Bambuse die Stromufer begleiten. Die immergrünen
Eichen bedenken die fi-eiliegenden Anhöhen zwischen 1000 imd 2000
Meter Höhe; in den Niederungen dieser Region überzieht ein dichtes
Gemisch von Myrten (meist Eugenien), Lorbeeren, Mimosen, Tere-
binthaceen, Cassieri, wolligen Linden (Triumsetten) und Ulmen mit
breitem, bretartigem Stamme den Boden. Weiter aufwärts begegnet
man Eichen mit periodischem Laubwurf, ebenso einer Erle (Alnus
acuminata) ; beide dringen tief in die etwa bei 2500 Meter Höhe be-
ginnende Region der Coniferen ein. Sie wird von mehr als 20 meist
endemischen Arten eingenonmien , von denen die meisten eigentliche
Nadelhölzer sind; ausserdem tritt nämlich auch die CJypressenform auf
(Cupressus und Juniperus). Unter den Nadelhölzern walten die Kiefern
576 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
vor (besonders Pinus Montezumae), nächstdem die mexicanische Tanne
(P. religiosa) und das mexicanische Taxodiom (T. macronatom).
Die feuchten Gebiigswälder beherbergen zahh:*eiche Lianen und
Epiphyten, und selbst in den Eichenwäldern entfaltet sich noch die
herrliche Blumenpracht der Orchideen. Die Vanille (Vanilla aromatica)
ist die einidge Grattnng von Schlingpflanzen unter den Orchideen,
welche in den feuchtwarmen Urwäldern (namentlich von Oaxaca)
vorkommt.
Der flache Theil des mexicanischen Hochlandes besitzt auch baum-
lose, wüste Strecken, insbesondere salzfiihrende Hochsteppen, auf denen
sich dürftige Flüsse in sump&rtige Seen ergiessen. Ebenso trägt der
westliche Abfedl des Hochlandes keinen so üppigen und formenreichen
Wald wie die Golfseite; er weist vielmehr die ausgedehntesten Savanen
des mexicanischen Florengebietes auf.
Durch die Cultur zahlreicher tropischer Gewächse (Mais, Beis,
Batate, Pisang, Lidigo, BaumwoUe, Tabak, Zuckerrohr, KaSee) ist die
ursprüngliche V^etation an vielen Stellen verdrängt worden.
16) Das westindische Gebiet, zu welchem die Grossen und
Kleinen Antillen, sowie die Halbinsel Yucatan gehören, hat ein warmes
und feuchtes Klima. Dem Zenithstande der Sonne folgen im Sommer
und Herbst reiche Niederschläge, die übrigens den vom Nordostpassate
fortdauernd getroffenen Nord- und Ostküsten in keinem Monate des
Jahres fehlen. Daher besitzen diese Küst^i stets ein firisches Wald-
grün, während sich an den übrigen Ufern nicht selten Savanen
ausbreiten.
Die feuchten Urwälder stehen an Manig<igkeit der Baumformen
dem benachbarten Festlande nicht nach. Ausser zahlreichen Laurineen
(Oreodaphne exaltata, hoher Berglorbeer), Sapoteen (Chiysophyllum
Cainito, der Stemapfelbaum, durch seine trefflichen Früchte bekannt),
Rubiaceen und Urticeen finden sich hier eigenthümliche Gattungen
von Guttiferen (Sjmphoria), Mjrtaceen, Melastomaceen, Tiliaceen,
Anonaceen etc. Hierzu kommen noch gegen 30 Arten von Palmen,
unter denen die Fächerpalmen (Grättung Thrinax) am häufigsten sind.
Durch Schönheit des Wuchses zeichnen sich die nahezu 40 Meter hohe
stolze Kohlpalme (Oreodoxa oleracea) und die berühmte Königspalme
von Havana (O. r^;ia) aus. Die sehr geselligen Fambäume werden
b^leitet von dem amerikanischen Pisang (Hdiconia) und mächtigen
Bambusen (besonders aus der Ghittung Arthrostylidium, in A. excelsum
25 Meter hoch).
In den trockeneren Klimaten der Inseln herrschen Bäume mit
gefiederten Blättern vor, welche sie in der dürren Jahreszeit viel&ch
verlieren. Von den Mehaceen sind die Mahagonibäume (Swietenia
IV. Die Vegetationszonen der Erde. 577
Mahagoni) und die Cedrelen wichtig; sie bedeckten vor der Ankunft
der Europäer ganz Jamaica. Femer sind zahlreich vertreten die
Sapindaceen, Terebinthaceen, Leguminosen und IMimoseen. Die statt-
lichste Erscheinung unter den westindischen Bäumen ist eine Bombacee:
der Baumwollenbaum (Eriodendron anfractuosum). Sein Name rührt
davon her, dass seine Samen in kurze Wolle gehüllt sind. Ueber
seinem bis 50 Meter hohen, bis 4 Meter dicken Stamm breitet sich
eine herrliche Laubkrone aus. Der Campeche-Baum (Haematoxylon)
ist jedenfalls aus dem Festlande eingeftlhrt. Cacteen und Zwergpalmen
(Sabal), welch letzteren sich noch einige Cycadeen anschUessen, suchen
den dürrsten Boden auf. Nadelhölzern (z. B. Pinus cubensis) begegnet
man nur auf Cuba, Hayti, der Pinos-Insel und den Bahamas; doch
verleihen sie gerade hier der Landschaft einen ganz eigenartigen Zauber,
da sie bis in die heissen Küstenregionen herabsteigen und so mit den
echt tropischen Bäumen sich mischen. Zahlreiche Sträucher der Olean-
der- und Myrtenform bilden das Unterholz der Waldungen, die zugleich
von Lianen durchflochten und von zahlreichen Epiphyten bevölkert
sind. In den feuchten Urwäldern sind die letzteren zum grossen Theil
zierliche Farne, im Savanenklima Cacteen und fadenförmige Parasiten.
Unter den letzteren befinden sich auch solche, deren Luftwurzeln den
Mutterstamm umspannen und erdrücken (z. B. Ficus pertusa). Durch
die Cultur tropischer Gewächse, namentlich des Zuckerrohrs, des KaflFee-
strauchs und der Baumwolle, ist der ursprüngliche landschaftliche
Charakter stark verwischt worden.
Westindien's Flora ist zwar mit der des benachbarten amerika-
nischen Festlandes verwandt, unterscheidet sich jedoch ganz wesentlich
von dieser; denn ihre Arten sind fast zur Hälfte endemisch. Die
wenigsten Arten hat Westindien mit Nordamerika gemeinsam, weit
mehr mit Venezuela und Guayana. Zwischen der Nordküste 6üd-
amerika*s und Westindien haben offenbar die Meeresströmungen einen
Austausch begünstigt, während sie ihn gegen Nordamerika hin ge-
hemmt haben.
17)' Das cisäquatoriale Gebiet von Südamerika er-
streckt sich von dem Isthmus von Panama bis zu dem äquatorialen
Waldgürtel des Amazonas, wobei es nur durch die Anden von Ecuador
und Neu-Granada unterbrochen wird. Die beiden Regenzeiten sind durch
den Zenithstand der Sonne bedingt. Da der stetig wehende Passat
als Seewind reich an Wasserdampf ist, so entbehren die Nord- und
Ostabhänge der Gebirge, an denen er emporsteigt, fast in keinem
Monate der Regen. Nur die dahinterUegenden Ebenen haben längere
Perioden der Trockenheit; hier treten daher auch an Stelle des tro-
P eachel-Leipoldt, Phys. Erdkunde. II. 37
578 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
pischen Urwaldes weite Grrasebenen: die Uanos von Venezuela, die
Savanen von Guayana.
Baum an Banm gedrängt, mit den unzerreissbai^n Netzen der
Lianen durchflochten und mit manig&chen Epiphyten (Orchideen,
Piperaceen) geschmückt bildet der Urwald in Guayana ein so ge-
schlossenes Laubdach, dass das Licht in demselben sehr gedampft ist
Daher sucht das Auge am Boden vergebens nach der Blüthenpradit
anderer Gegenden; es zeigen sich ihm hier nur Pilze, Farne und
verwesende Organe. Die Bäume besitzen, wie in anderen tropisdien
G^;enden, meist Lorbeer- und Tamarindenform. Unter den zahlreichen
Leguminosen liefert die bis über 50 Meter hohe Mora (Dimorphandra
excelsa), der höchste Baum Guajana's, das wichtigste Nutzholz. Neben
den L^uminosen sind die Bubiaceen, Laurineen und Euphorbiaceen
sehr häufig. Nur wenige Bäume (einige Eiythroxyleen und Bignonia-
ceen) werfen während der trockenen Zeit ihr Laub ab. Höchst merk-
würdig ist eine Urticee der Lorbeerform, der auf den G^bii^en von
Venezuela wachsende Kuhbaum (Gralactodendron) , welcher einen der
animalischen Milch ähnlichen Saft enthält. Gegen 60 Palmenarten hat
man bis jetzt geftmden; unter ihnen sind am zahlreichsten die kleineren,
fiederblättrigen Geonomen und Bactris-Arten, nächstdem die schlanken,
zu den Fächerpalmen gehörenden Mauritien. Letztere bewohnen sowohl
den feuchten Urwald wie die Savanen. Die Elfenbdnpalme (Phytelephas)
trägt 25 Pftmd schwere Früchte mit je 6 bis 9 Kernen, deren dichtes
Eiweiss (üst chemisch reiner Zellstoff) nach und nach ganz hart
und dem Elfenbein ähnlich wird. Die Pisangform, durch Heliconia
vertreten, geht in den feuchten Urwäldern hoch in die Grebiigsregionen
hinauf; an der Silla von Caracas beobachtete sie A. v. Humboldt
noch in 2150 Meter Meereshöhe. Die Nadelhölzer fehlen fast ganz;
denn zu der einen Gattung der Coniferen, welche hier vorkommt
(Podocarpus), zählen fisist nur Arten mit Olivenlaub. — An dem Meere
breiten sich in Guayana grosse Mangrovewaldungen aus, welche der
oft selbst über ihre Kronen hinw^brausenden See erfolgreich Wider-
stand leisten.
Die Llanos weisen einen sehr spärUchen Baumwuchs auf. Zu den
Gräsern gesellen sich meist nur Stauden (namentlich Mimoseen); selten
unterbricht eine Gruppe von Fächerpalmen (Copemida) die eintönige
Ebene. Die Flüsse werden öfter von Mauritia-Palmen umsäumt
18} Das Gebiet des äquatorialen Brasilien (A. v. Hum-
boldt's Hylaea) umfasst die Uferlandschaften des Amazonas und
seiner Nebenflüsse. Mit tropischer Wärme sind hier reiche Nieder-
schläge verbunden, welche sich am unteren Amazonas vom Februar
bis Juli entladen ; oberhalb der Rio-Negro-Mündung dauert die Regen-
IV. Die Vegetationszonen der Erde. 579
zeit sogar 10 bis 12 Monate (s. S. 260). Daher ist auch im mittleren
Theile des Amazonasthaies der Urwald am ausgedehntesten und un-
durchdringUchsten. Nirgends stellt sich hier die Savane ein, die doch
in dem unteren Amazonasgebiete nicht gänzlich vermisst wird.
Der Gesammtcharakter der Wälder ist hier derselbe wie im cis-
äquatorialen Südamerika. Die am häufigsten wiederkehrenden Formen
sind die Mimoseen- und Lorbeerform, also Mimoseen, Laurineen und
Feigenbäume; zwischen diesen erheben sich Gruppen von Palmen, neben
welchen häufig die Pisangform (Heliconia) erscheint. Die Flussufer
sind von Bambusen umgeben. Epiphytische Orchideen, Piperaceen und
Aroideen bekleiden die Stämme, welche zugleich von Lianen (Malpighia-
ceen und Bignoniaceen) umschlungen und durch deren Blüthen ge-
schmückt werden. „Ein einzelner Baum trägt bis zu den Moosen
herab mehr verschiedene Pflanzenformen, als in der gemässigten Zone
auf einem grossen Haume zerstreut wachsen.'^ Die Hauptzierde jener
Waldungen sind die Palmen. Viele derselben besitzen eine hohe,
schlanke Gestalt, so die Palmen der Gattungen Euterpe, Oenocarpus
und Iriartea (letztere wegen ihrer Luftwurzeln als „Stelzenpalme'^ be-
rühmt). Meist mischen sie sich unter die anderen Baumformen des
Urwaldes; einzelne aber treten bisweilen zu geschlossenen Wäldern
zusammen, wie Attalea spectabilis (Urucuri-Palme) und Maximiliana
princeps. An den sumpfigen Küstenniederungen bildet Mauritia flexuosa
grosse Wälder. Andere Palmen werden nur 3 bis 4 Meter hoch, während
die stammlosen Palmen unmittelbar am Boden ihre dichten Blattrosetten
ausbreiten. Zudeii letzteren zählen insbesondere die beiden im ganzen
tropischen Amerika vorkommenden Gattungen Geonoma und Bactris.
Von den bisher bekannt gewordenen Palmenarten sind gegen 60 Arten
endemisch; ausserdem giebt es noch gegen 120 Arten, welche die
Grenzen dieser Flora überschreiten. Wir sind demnach berechtigt, dem
Amazonasthaie den grössten Palmenreichthum der Erde zuzusprechen. —
Dass hier einerseits die Farnbäume, andrerseits die Cacteen ihre Be-
deutung verlieren, ist in dem feuchtwarmen AequatorialkUma begründet.
Philipp V, Martins stellt dem Walde im Ueberschwemmungs-
raume des Amazonas (Igapo) denjenigen des wasserfreien Bodens (Ete-
oder Guagu-Wald) gegenüber. In dem 3 bis 4 Monate unter Wasser
gesetzten Igapo bleiben die Laubbäume verhältnissmässig niedrig und
werden deshalb von den zahlreichen hochstämmigen Palmen überragt.
Da' hier in Folge der lang andauernden Ueberfluthung der reiche
Schmuck der Epiphyten fehlt, da ferner auch die Lianen spärUch vor-
handen sind und die meisten Bäume nur unansehnliche, weisse oder
grünliche Blüthen hervorbringen, so ist der Gesammteindruck, den die
Wälder des Igapo machen, kein besonders erfireulicher, zumal die
37*
580 Vierter Theil. Das organiscbe Leben auf Erden.
Baumstämme immer mit den durch die Hochfiuth herbeigetrageneii
Schlammtheilen behaftet sind. Dazu ist der Boden oft nur von harten
Gräsern bedeckt, ja bisweilen vom Pflanzenwuchs fast entblösst.
In dem Ete-Wald hing^en, der den üeberschwemmnngen völlig
entrückt ist, finden wir eine wahrhaft tropische Fülle der Vegetation.
Hier herrscht die Lorbeerform vor; die mächtigen Kronen der ihr an-
gehörenden Laubbäume (bis 60 Meter hoch) überragen alle übrigen
Bäume, selbst die Palmen. Eine der schönsten Colossalgestalten ist eine
Myrtacee, Bertholletia excelsa, welche die Paranüsse liefert Ihre
mächtigen Früchte von der Schwere einer Kanonenkugel können, aus
einer Höhe von SO Metern herab£EJlend, das Leben des BeLsenden ge-
fthrden. Epiphyten, Farne, Pisang-, Scitamineen- und Aroideenformen
entfalten sich hier unter den günstigsten Bedingungen.
In den Wäldern am Bio N^ro werden die Palmen und Lianen
seltener, die Laubhölzer niedriger.
Unmittelbar am Amazonas bildet das Böhricht des 5 bis 6 Meter
hohen Pfeilgrases (Arundo saccharoides) die gewöhnliche Ufereinfisifisung,
während die Bambuse mit VorUebe die Wasserstrassen des Ete- Waldes
begleiten. Von den Wasserpflanzen nimmt die Victoria den ersten
Bang ein.
Als in mercantiler Hinsicht wichtige natürliche Erzeugnisse des
brasilianischen Urwaldes sind zu nennen die Paranüsse, Kautschuk
(gewonnen aus dem Milchsafte eines Euphorbiaceenbaumes, Siphonia
elastica), Cacao, Vanille; ausserdem werden zahlreiche Nutzhölzer,
Pflanzenfasern und Droguen von dort aus in den Handel gebracht.
19) Das Gebiet des transäquatorialen Brasilien reicht
von dem Südrande der Hylaea bis zur Südgrenze der tropischen Begen,
also ungefähr bis zum 27. Parallelkreise. Der vorwaltende Südost-
passat wird an den östlichen Küstengebirgen, an denen er emporweht,
zu einem Begenwinde; daher empfangen die östlichen Uferlandschaften
so reiche Niederschläge, dass sich die Vegetation das ganze Jahr hindurch
fortgesetzt entwickeln kann. Durch die Bandketten aber werden dem
Binnenlande die atlantischen Dämpfe entzogen ; dieses erhält somit nur
die tropischen Zenithalr^en, denen immer eine längere Periode der
Trockenheit folgt Während daher die östlichen Bandketten mit üppigem,
tropischem Urwalde bedeckt sind, herrschen im Innern Savanen (in
Brasihen Campos genannt) vor. Die periodische Unterbrechung des
vegetativen Lebens zeigt sich hier besonders deutUch in den CSatingas,
d. i. in den weit verbreiteten Savanenwaldungen des südlichen BraailiaD^
wdche während der trockenen Monate (in Elinas Geraes von März
und April an) ihr Laub abwerfen.
Von den Höhen der Serra do Mar bis hioab zu den Mangrove-
IV. Die Vegetationszonen der Erde. 581
Waldungen der Küste erstreckt sich ein Urwald, dessen Gresammt-
charakter von demjenigen des nördlichen Brasilien wenig abweicht.
Kur entfaltet er eine reichere BltLthenpracht, wie denn auch die
Savanen dieses Gebietes einen viel stattlicheren Blumenflor aufweisen
als die Llanos. Die Manigfaltigkeit der Palmen ist hier noch eine
ausserordentlich grosse. Unter den hochgewachsenen sind namentlich
die Cocoineen (Cocos, Attalea), unter den kleineren, vielfach mit Stacheln
ausgerüsteten die vielen Arten der Gattung Bactris sehr häufig. Fam-
bäiune gedeihen am besten an den schattigen Berggehängen; Bambuse
(Guadua) und Pisang (Heliconia) suchen ähnliche Standorte auf wie in
den übrigen äquatorialen Florengebieten Amerika's. Als charakteristische
Gestalten der wiederum reich vertretenen Lorbeerform heben wir die
Vochysiaceen und Oclmaceen (Luxemburgia) hervor. Durch ihr werth-
volles Holz sind noch mehr bekannt einige in ihrem Aussehen der
Tamarinde ähnelnde Leguminosen: die Dalbergieen und Caesalpinieen;
denn Jacarandaholz erhalten wir von Dalbergia nigra , Brasilienholz
von Caesalpinia ecliinata. Die verschiedenartigen und zahlreichen Lianen
^ und Epiphyten sind von höchster malerischer Wirkung.
In den Wäldern der Campos, den Catingas, schaaren sich die
Bäume bei weitem nicht so eng zusammen wie im Urwald und sind
zugleich weit weniger hoch als in diesem ((5 bis 12 Meter). Ebenso wenig
wie dem tropischen Urwalde gleichen die Catingas den Wäldern Europa's;
denn sie besitzen ein viel manig<igeres Pflanzenleben als diese, bergen
selbst zur Zeit der Entlaubung noch eine Menge immergrüner Holz-
gewächse und sind endlich von vielen Parasiten und Epiphyten bevölkert,
welche auch in der trockenen Jahreszeit die entblätterten Stämme mit
fiischem Grün schmücken. Zu den Parasiten gehören vor allem die
Loranthaceen, zu den Epiphyten viele Bromeliaceen und Cacteen. Die
Cacteen sind theik hohe, säulenartige Cereen, theik plattgedrückte,
gegUederte Opuntien und finden sich (bald auf dem Boden , bald
epiphytisch) kaum irgendwo in grösserer Manigfaltigkeit als hier.
Wälder von geselligen Bäumen giebt es nur im Süden. Sie bestehen
entweder (wie im Südosten) aus der Araucarie, der einzigen Wälder
bildenden Conifere Südamerika's, einem hohen, schlanken Baum mit
dunklem, der Olivenform sich näherndem Blatt, oder (wie in der Ebene
des Gran Chaco) aus der stolzen Wachs- oder Garanda-Palme. Die
meisten Bäume der Catingas sind LiUaceen (Vellosia, Barbacenia).
Merkwürdig ist eine Bombacee (Chorisia ventricosa), deren Stanun in
der Mitte tonnenfbrmig anschwillt. Von den palmenähnlichen Cycadeen
wird der 17. Breitengrad nirgends überschritten. Die Sträucher ge-
hören zahlreichen Familien an, so den Mimoseen, Melajjtomaceen,
Myrtaceen u. a. Die Gräser der Campos (Paniceen, Stipaceen, Bestia-
582 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
ceen) sind meist nur % Meter hoch; gerade durch diesen geringen
Wuchs scheint die Entwicklung der mit so Jierrlidiem Blüthenschmock
ausgestatteten Stauden b^^ünstigt zu werden. Der Nahrungswerth der
Gräser ist ein geringer.
Der Charakter der Campos verändert sich übrigens nach Süden
hin ganz wesentlich. Im Norden wird der ungeschlossene Rasen nur
von einzebien Säulencactus-Stämmen überragt Weiter im Süden ver-
mehren sich die blüthenreichen Stauden, und an Stelle der Cereen treten
kleine Melonencactus. Sträucher- und Waldformation bleiben dieselbe,
obwohl die Arten wechseln. Am Südrande endlich bewahren zwar die
Savanen dasselbe Gepräge; aber die Wälder werden andere, indem
sich hier gleichartige Araucarienbestände ausbreiten.
20) Das Gebiet der tropischen Anden Südamerika'»
(vom 10. Grrad n. Br. bis 30. Grad s. Br.) zer&llt in zwei durch die
Wasserscheide der östlichen Cordillere klimattsch scharf von einander
geschiedene Theile: in einen wasserarmen im Westen und einen reich
befeuchteten im Osten (vgl. S. 264 f.).
Das Küstenland bis 450 Meter Meereshöhe ist zu jeder Zeit regenlos;
nur im Winter liefern leichte Nebelbildungen , die Garuas, einen feinen
Niederschlag. Aber auch in den höhereü Bergregionen sind die Regen
so selten, dass die V^etation keine rechte Lebensfälle zu entwickeln
vermag. Dazu kommt, dass ein grosser Theil der von den Anden-
ketten umsäumten Hochebene, insbesondere die am höchsten gelegene
Puna-Region, bereits die Baumgrenze überragt, also nicht einmal den
Gewächsen der gemässigten Zone eine gastliche Stätte gewährt Am
Titicaca-See (3700 Meter hoch) reifen nur Culturpflanzen von ganz
kurzer V^etationsperiode. Der landschaftliche Charakter der West-
seite ist etwa folgender: Der sandige Küstenstreifen (Arenal de la costn,
bis 1200 Meter Höhe) ist zur trockenen, wolkenlosen Jahreszeit überall
da, wo er nicht bewässert ist, völlig v^etationslos , wird jedoch durch
die winterlichen Garuas rasch in einen herrlichen, blumenreichen Garten
umgewandelt, dessen Farbenpracht nur leider ebenso plötzlich wieder
verschwindet, als sie sich entfaltet hat Auf kiesigem Boden zeigen sich
dann wohl noch vereinzelt niedriges Domgebüsch und Saftgewächse;
im übrigen aber erbUckt das Auge weithin nichts anderes als den
nackten Boden. Nur in den von Flüssen und Canälen durchzogenen
Thälem gedeihen tropische Culturpflanzen, wie das Zuckerrohr (bis
1100 Meter Höhe), der Tschirimaja-Baum (Anona cherimolia), dessen
kugelige, etwas schuppige Frucht (Cherimoles) sehr schmackhaft ist,
und der Pisang (die beiden letzteren bis 1800 Meter Höhe). Abgesehen
von diesen Oasen und dem rasch vergänglichen Winteigrün ist der
Charakter der Eüstenregion ein erschreckend öder. Aber auch auf
IV. Die Vegetationszonen der Erde. 583
den Höhen der Anden selbst sucht man umsonst nach einem kräftigeren
Ausdruck des organischen Lebens. Die Bäume sind nur durch wenige
Arten vertreten, und auch diese besitzen keinen hohen Wuchs, sondern
haben die Neigung, in die Strauchform überzfugehen. Sie tragen fast alle
immergrünes Blattwerk und gehören meist zu den Formen der Oliven
(Buddieja) und der Mimoseen (Prosopis siliquastrum , vereinzelt in der
Wüste Atacama). Die in allen Klimaten Südamerika's heimische Ufer-
weide (Salix Humboldtiana) verdrängt vielfach in den Thälem den
übrigen Holz wuchs. Nach oben hin gewinnen die Sträucher eine höhere
Bedeutung. Viele derselben (so die Rhanmeengattung Colletia, mehrere
Synanthereen u. a.) sind mit Domen bewaffnet; die domlosen haben meist
Myrtenform. In den alpinen Regionen werden die Rhododendren durch
holzige Synanthereen (Mutisiaceen) und immergrüne Escallonien ersetzt.
Die Cacteen sind in den mittleren Höhen des pacifischen Abhanges am
häufigsten, fehlen jedoch nirgends auf dem dürren Hochlande; am auf-
fallendsten sind unter ihnen die zahlreichen grossen Cereen (Cereus
peruvianus). Seltener als die Cacteen erscheinen die Agaven. Der
Graswuchs ist in den höheren Gebirgstheilen zwar reichlicher als in
den Niederungen, aber immerhin noch dürftig; er genügt in manchen
Zeiten kaum flir die wandernden Lamaheerden. Der Nahrungswerth
jener Gräser (Stipaceen, Poaceen, Deyeuxien) ist nur ein geringer;
namentlich gilt dies von dem auch in der Puna-Region vorherrschenden
stechenden Ichu-Gras (Stipa Ichu), welches in dieser Hinsicht der zur
gleichen Gramineen-Gattung zählenden Tirssa der südrussischen Steppe
nahesteht. Die Anden entbehren also der trefflichen Weideplätze der Alpen.
Die Puna-Region (zwischen den Andenketten) gleicht in ihrem
Gesammtcharakter den oberhalb der Baumgrenze liegenden alpinen
Gebieten ; an diese erinnert namentlich die ausgedehntere Rasenbildung
und die geringe Grösse der Holzgewächse. Sümpfe, Seen und Alpen-
bäche wechseln mit dem vorwaltenden Ichu-Rasen, dessen V2 Meter
hohe Büschel rasch ihr Grün verlieren und dann dunkel, wie angebrannt
erscheinen, sowie mit dem weit verbreiteten Tola-Strauche (Baccharis
Tola). Daneben finden sich kleine Cacteen (Echinocactus) , Umbelli-
feren (Azorella), Gentianeen und Verbenaceen.
Die öptliche Cordillere hat eine vom October bis Februar anhaltende
Regenzeit. Ihre Abhänge sind zwar auch von Baumwuchs entblösst;
aber ihre weiten Thäler sind fruchtbar und reich bevölkert. Hier
wird der Maisbau mit Erfolg getrieben, und aus Europa eingeflihrte
Obstbäume tragen reichliche Frucht. Die einheimischen Gewächse
stimmen fast völlig mit denen der westlichen Cordillere überein.
Eine reiche tropische Vegetation trifft man erst am Ostfusse
der östlichen Cordillere und zugleich in denjenigen tieferen Thälem
584 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
der Pona-Region an, welche den Regen bringenden Passatwinden ge-
öffiiet sind, z. B. in den Thälem des Magdalenenstrom- und des Ama-
zonasgebietes. Die Vegetationsformen des feuchten Tropenklimas an
der Ostseite der Cordilleren sind genau dieselben wie die des Wald-
landes von Venezuela und Brasili^i und brauchen daher nicht be-
schrieben zu werden. Von besonderem Interesse ist hier nur der obere
Waldgürtel (zwischen 1500 und 2400 Meter Meereshöhe), welchen man
in Peru die Augenbraue (Ceja) der MontaAa nennt; es ist dies die
Region der immei^rünen, lorbeerblättrigen Qnchonen (Fieberrinden-
bäume), jener Bäume, deren Rinden eine so wunderbare Wirkung auf
das Nervensystem ausüben. Das Letztere gilt auch von den Blättern
des ebenfiälls hier heimischen Cocastrauches (Erythroxylon coca). Der
Cinchonenwald ist seiner grossen Feuchtigkeit entsprechend ein echt
tropischer Urwald: er wird von manigfaltigen, mit ihren Kronen dicht
in einander verschlungenen Bäumen gebildet, und Lianen winden sich
um die mit zahhreich^i Fpiphyten geschmückten Stämme. Von den
Palmen, die übrigens in den heissen östlichen Andenthälem sehr häufig
und in vielen Arten auftreten, verirren sich nur zwei Arten in die
höheren Gebirgsr^onen : Oreodoxa frigida und die Wachspalme von
Neu-6ranada (Ceroxylon andicola). Der Uebergang aus den Cinchonen-
wäldem zu den Wäldern der heissen Regionen östUch der Anden ist
ein ganz allmählicher.
21) Unter den Pampas versteht man eigentlich nur die baum-
losen Ebenen zwischen den chilenischen ^nden und dem Atlantischen
Ocean; doch trägt der östlich von den Anden gd^ene Theil Pata-
gonien's bis zur Magalhäes- Strasse im allgemeinen denselben Natur-
charakter an sich und darf daher mit Recht diesem Florengebiete
hinzugefugt werden. Die Temperatureurve des Jahres hat einen sehr
gleichmässigen Verlauf; ein Winter mit stärkerem SchneefisJl, welcher
die Entwicklung der Vegetation unterbrechen würde, ist fest durch-
weg ausgeschlossen. Dennoch entfeltet sich hier das Pflanzenleben
unter sehr ungünstigen Verhältnissen; denn die meisten, noch dazu
sehr unregelmässig eintretenden Niederschläge entladen sich in Form
von plötzUchen, rasch vorübergehenden Gewittergüssen. Auf diese
folgen dann häufig längere Perioden der Trockenheit, weil die vor-
waltenden Westwinde beim Ueberschreiten der Anden den grössten
Theil ihrer Feuchtigkeit verheren. Der regellose Wechsel von Nässe
und Dürre bei entschiedenem Uebergewicht der letzteren ist es also
vor allem, welcher dem Lande den Steppencharakter aufdrückt
Hinsichtlich ihrer Vegetationsdecke kann man die Pampas in drei
Theile zerlegen: in die Chanarsteppe, die eigentlichen Pampas und
die südlichen Ebenen von Patagonien.
IV. Die Vegetationszonen ^er Erde. 585
Die Chanarsteppe (im Nordwesten, zwischen dem Ostfiisse der
Anden und dem Meridian von Cordova) ist arm an Graswuchs; der
Chanar (Gourliea) und die Akazie von Santiago (Acacia cavenia), zwei
domige Sträucher mit kleinen Blättern, überziehen grosse Flächen.
Fruchtbarere Stellen sind auch mit Gras überkleidet; ohne dieses wäre
ein gedeihlicher Betrieb der Viehzucht nicht möglich, da die Thiere
leiden, «wenn sie sich beständig von den Blättern der Sträucher nähren
sollen. Nach dem Norden hin zeigen sich auch Baumgruppen, ja selbst
lichte Gehölze von Algaroben (besonders von der Mimosee Prosopis).
Sie werden ebenso wie das Gesträuch von zahlreichen Cacteen (Cereen,
Opuntien und Mamillarien) begleitet In den salzhaltigen, oft von
Seen erftQlten Niederungen (Salinas) herrschen Halophyten von der
Chenopodeenform (Salicomia, Atriplex) vor.
Die eigentlichen Pampas (von Cordova und vom Rio Salado bis
zur Nordgrenze Patagonien's, also zwischen dem 'M. und 40. Parallel-
kreise) sind eine reine Grasebene, welche nirgends Geröll, ja keinen
Stein von der Grösse einer Haselnuss aufweist, „ein uferloses Meer
von Gräsern, wo das Auge am Horizont keinen Ruhepunkt findet
ausser wo die Sonne aufgeht und niedersinkt". Die Gb-äser erreichen
im allgemeinen dieselbe Höhe wie unsere Wiesengräser; theils sind
sie hart und wenig brauchbar (Stipagräser), theils zarter und nahrhafter
(Poaceen, Avenaceen). Einheimische Stauden sind sehr selten; daher
fehlt den Pampas fast durchweg der Blumenschmuck. An den Flüssen
erheben sich hie und da mächtige, mannhohe Rohrgräser (Arundo
Quila), sowie kleinere Waldungen. Im übrigen sind die letztöi^n auf
die feuchten Küstengebiete und die vom Seewinde getrofienen östlichen
Abhänge der Gebirge beschränkt. Die Insel- und Uferwälder des
La Plata bestehen aus Leguminosen (Prosopis, Acacia, Gourliea),
mehreren Laurineen und Weidengebüsch (Salix Humboldtiana). Eigen-
thümlich ist den Pampas der Ombu (die Phytolaccee Pircunia dioeca),
ein stattlicher Baum mit weit ausgreifenden, knorrigen Aesten und
grossen, dunklen Blättern, welcher seiner schattigen Krone wegen viel-
fach angepflanzt wird. Am Parana treten mehrere Fächerpalmen auf;
einige Cocospalmen (unter ihnen die Pindo-Palme, Cocos australia)
dringen sogar bis zur Mündung des La-Plata-Stromes nach Süden vor.
Der ursprüngliche Charakter der Landschaft wird neuerdings gänzlich
verändert durch einige zufallig aus Südeuropa eingeführte Gewächse.
So bedecken einige Disteln (Cynara, Silybum, Lappa) und eine Dolden-
pfianze, der Fenchel (Foeniculum) ungeheure Flächenräume. Nament-
lich hat die Artischockendistel (Cynara Cardunculus) , von der man
weiss, dass die ersten Samen im Jahre 1769 in den Haaren eines
Esels aus Spanien kamen, auf vielen Quadratmeilen den Graswuchs
586 Vierter Theil. Das organische Leben anf Erden«
völlig erstickt zum grossen Schaden fär die Viehzucht in den dortigen
Ländereien.
Anf den Trömmergesteinen Patagonien's ist nichts von Ghrassteppe
mehr sichtbar. Nur dürftiges Domgestrtipp (besonders aus Leguminosen)
entwickelt sich zerstreut auf dem Eaesgeroll, und örtlich kommt selbst
dieses kaum fort Niigends überragt ein Baum die dntönige Ebene.
Nur im Norden, in der Nähe des Bio Negro, findet sich an den Flusa-
ufern Weidengebüsch und vereinzelt eine kldne Akazie, welche von
den Eingeborenen bewund^ und als ein Heiligthum betrachtet wird.
Auch eine Opuntia (O. Darwini) fiistet hier noch dn kümmerliches
Dasein.
22) Das chilenische Uebergangsgebiet umBebsst den
schmalen Küstensfich an der Westseite der Anden vom 23. bis 34.
Grad s. Hr., also die nördlichen und mittleren Provinzen Chile's. Auch
hier ist wie in dem nördlich davon gelegenen Peru die Trockenhdt
der vorherrschende Grundzug des Klimas; doch stellen sich g^en Süden
hin Winterr^en ein, die zu Santiago (33';^ ^ s. Br.) bereits eb^iso be-
deutend sind wie in der Lombardei. Der r^idmässige Wechsel eines
trockenen Sonmiers und Begen bringenden Winters ist in dem ebenso
regehnässigen Wechsel der Luftströmungen begründet. Die Südwinde
des Sommers bewirken Heiterkeit des EKmmek, weil sie sich von ihrem
Sättigungspunkte entfernen; die Nordwinde des Winters aber haben
WolkenUldung und Begen in ihrem G^olge. Uebiigens sind die
Winterregen in dem nördlichen Theile sehr geringfügig; denn zu
Coquimbo (30^ s. Br.) redudren sie sich auf fünf bis sechs Güsse,
und zu Copiapo (27 ^ s. Br.) werden statt ihrer nur Garuas beobachtet
Wie in den Mittehneeriändem, so ist auch hier der Winter die eigent-
liche Vegetationszeit.
Die Bäume Chile's besitzen gleich den übrigen einheimischen Holz-
gewächsen ein immergrünes Laub; aber sie sind wenig zahlreich und
entbehren einer kräftigen Entwicklung. Die stattlichste Gestalt, der
Boldu (eine Lanrinee), erreicht eine Höhe von 16 Metern; eine Bosaoee
(Quillaja) wird gegen 10 Meter hoch, und von gleicher Höhe ist die
einzige chilenische, mit Fiederlaub versehene Palme, Jubaea spectabiÜs.
Im allgemeinen ist der während des Sommers völlig austrocknende
und daher harte Thonboden Chile's dem Baumwuchs sehr ungühstig;
dieser ist daher fast nur anf die feuchten Standorte in den Thälem
beschrankt VielfiM^ verkümmern die Bäume und bleiben Zwergholz,
so namentlich eine bei Santiago häufige domige Mimosee, der Espino
(Acacia cavenia), und ein ebenfiiUs dorniger Leguminosenbaum mit
winzigen Fiederblättern, die Gourliea, welche his in die Wüste Atacama
vordringt Wie bei den Bäumen, so ist auch bei den Sträuchem
IV. Die Vegetationezonen der Erde. 587
der Dürre des Landes entsprechend die Belaubung vielfach durch
Domenbildung unterdrückt. Nur an den Flussufem erscheinen statt
der Dornensträucher Myrten- und Oleanderformen, sowie die Gebüsche
der Salix Humboldtiana. Auf den dürren Gehängen gedeihen Cacteen
und zwar Cereen (der über 6 Meter hohe Cereus Quisco) und Opuntien
in den unteren, die kugelförmigen Echinocacten und Mamillarien in
den oberen Regionen. Die Zwiebelgewächse, besonders durch Liliaceen
und Amaryllideen reich vertreten, schmücken die Landschaften im
Winter und Frühling mit den mam'gfiswjhsten Farben. Im Winter bieten
die Steppengräser (Stipaceen, Avenaceen, Poaceen) überall dem Vieh
eine gute Weide, die freilich im Sommer nur auf den höheren Gebirg&-
regionen oder an besonders fruchtbaren, eingehegten und geschonten
Stellen gefimden wird. Für die Vielizucht eignet sich dieses mit treflf-
lichen Futtergewächsen ausgestattete Land viel mehr als zur Cultur
der CereaUen.
Chile ist ausgezeichnet durch einen ausserordentlichen Reichthum
an endemischen Pflanzen; auch ist es das Heiniathland der Kartoffel.
23) Das antarktische Waldgebiet ist die pacifische Ab-
dachung der Anden vom südh'chen Chile bis Cap Hoom (34 bis 56^
s. Br.). Hier wechseln äquatoriale und polare Luftströmungen in rascher
Folge mit einander ab und in gleicher Weise feuchte und trockene
Perioden. Demnach fallen hier wie im nördlichen Europa zu jeder
Jahreszeit reiche Regen; nur gehört das Maximum derselben nicht dem
Sonmier, sondern dem Winter an. Ueberhaupt sind Regentage und
Tage mit umwölktem ffimmel dort viel häufiger als bei uns.
Diese Verhältnisse gelangen auch in der Vegetation deutlich zum
Ausdruck; denn fast das ganze Land wird von einem hochstämmigen,
geschlossenen Walde bedeckt. Viele Bäume bewahren während des
feuchten, milden Winters ihr Laub; bei anderen aber äussert sich der
Temperaturrückgang des Winters durch einen Stillstand in der Ent-
wicklung, der sich durch die Entlaubung verschiedener Bäume zu
erkennen giebt. In dem nördhchen Theile (zwischen 34 und 44®
s. Br.) besteht der Wald aus Baumarten von verschiedenen Familien;
Bambusformen (aus der Gattung Chusquea) bilden ein fast undurch-
dringhches Unterholz der Wälder, und die von Lianen umschlungenen
Stämme sind von Epiphyten bewohnt. Dieser Wald hat also einen
tropischen Charakter. Unter den immergrünen Bäumen des antark-
tischen Gebietes befinden sich mehrere Laurineen (z. B. Persea Lingue),
ein grosser Myrtaceenbaum (Luma) und die MagnoUacee der Anden,
Drimys. Verwandtschaftliche Züge mit Australien, resp. Neuseeland
verrathen die Arten einer Tihaceengattung ( Aristotelia) , ein Rosaceen-
baum (Eucryphia), zwei Monimieen (Laurelia und Peumus) und einige
588 Vierter TheiL Das organische Leben auf Erden.
Proteaceen aus den Gkittangen Embothrium und Lomatia. Der wich-
tigste Waldbaum aber ist die Buche. Die zwei vorherrschenden Arten
derselben (Fagus antarctica und F. obliqua) werfen im Winter ihr Laub
ab, während einige andere, vor allem F. betuloides (w^en ihrer kleinen
Blätter der Birke ähnUch), immergrün sind. Da die letztere sich auch
unter die Bestände der beiden laubwechselnden Arten mischt, so ist
der Charakter der dortigen Wälder namentUch im Winter ein höchst
eigenartiger. Von Coniferen, die als Bauholz bereits eine hohe Wich-
tigkeit erlangt haben, sind bisher gegen 10 Arten ermittelt worden.
Unter ihnen ist die bis über 30 Meter hohe chilenische Araucarie (A.
imbricata) die stolzeste Gestalt Ihre dunkle Belaubung setzt sich aus
gedrängten, zugespitzten, aber flachen Blättern zusammen. Sie ist auf
die beiden Cordilleren von Araucanien (37 bis 39 ^ s. Br. ) beschränkt.
Die eigentUchen Nadelhölzer (südwärts vom 39. Grad auf den inneren
Cordilleren) gehören zu der tropischen Gattung Podocarpus (vgl. S. 578)
oder nähern sich in ihrem Bau der Cypresse und dem Taxus.
Von d^ Insel Chiloä bis Cap Hoom sind ausser den genannten
Nadelbäumen, die jedoch selten zu grösseren Waldungen sich vereinigen,
die Buchen (neben F. antarctica die immergrüne F. betuloides), sowie
die immei^grüne Drimjs &st die einzigen Waldbäume. Das Unterholz
wird durch immergrüne Sträucher aus den Famihen der Erieeen tmd
Myrtaceen, sowie aus den Gattungen Berberis und Escallonia gebildet
In der Nähe von Cap Hoom entwickelt sich ein Hochwald nur in
feuchten Schluchten und im Innern des Landes, da die heftigen Stürme
an der Küste bloss Krummholz aufkommen lassen.
24) Oceanische Inseln sind im Sinne des Botanikers solche^
auf denen eine selbstständige Entstehung von Pflanzen nachgewiesen
werden kann. Die übrigen Inseln empfingen alle ihre Gewächse von
einem benachbarten Festlande, mit welchem sie meist ehemals ver-
bunden waren, oder es sind wenigstens durch Austausch die Spuren
ihrer eigenen Bildungskräfte verwischt worden. Von Wichtigkeit sind
namentUch solche Inseln, deren endemische Gewächse in ihrem Bau
von denen aller Festländer abweichen.
In der nördUch gemässigten Zone besitzen nur die Azoren,
Madeira und die Canarien einen Grundstock einer eigenartigen
Flora; doch haben sie die meisten Pflanzen mit den Mittelmeerländem
gemein. Namentlich theilen sie mit diesen die Formation der immer-
grünen Sträucher oder Maquis, welche auf den Azoren bis 1700 Meter,
auf Madeira bis 2000 Meter Meereshohe hinaufreicht und die für das
Mittelmeei^biet charakteristische Erica arborea einschliesst. Im Litorale
der C^arien nähert sich die Pflanzenwelt durch zahlreiche Saf^flanzen
IV. Die Vegetationazonen der Erde. 58Ö
(Euphorbien), die Dattelpalme und den Drachenbaum der Vegetation
des benachbarten A&ika.
Die Capverden zeigen wie die Canarien in ihrer unteren, heissen
Region (bis 500 Meter Höhe) die Formen des tropischen Afrika, ins-
besondere Senegambien's, wiederholen aber in der oberen Region (500
bis 1500 Meter Höhe) die Maquis der Mediterran-Flora. — Die Felsen-
insel Ascension hat nur wenige und unansehnliche Arten, aus denen
keine deutÜchen Beziehungen zu anderen Vegetationsgebieten hervor-
gehen. — St Helena's ursprüngliche Pflanzenwelt ist durch die Ein-
fuhrung der Ziegen, sowie zahlreicher Culturgewächse fast völlig be-
seitigt worden; selbst von den inmiergrünen Laubhölzem und Fam-
bäumen, welche einst die Insel bedeckten, sind nur wenige jetzt noch
anzuti*effen. Diu-ch mehrere Synanthereen- Bäume ist St. Helena mit
den Floren Chile's und einiger pacifischer Archipele seltsam verbunden.
Madagaskar's Pflanzen sind wohl zur grösseren Hälfte ende-
misch. Die überall vorkommenden Akazien erinnern an den Sudan,
die Pandanusform und die Casuarinen an den indischen Archipel, die
Erikengattung Philippia an das Capland. Zu den Charakterpflanzen
der Insel gehören die Ravenala oder der Baum der Reisenden, ein
hoher Pisang, dessen senkrecht ausgespannte Laubrosette einem grossen
Fächer gleicht. In einer Höhlung am Ansatzpunkte der Blattstiele
sammelt sich Wasser, welches durch einen Stich zum Abfliessen gebracht
werden kann; auf diese Weise entwickelt sich sofort ein kleiner Quell.
Merkwürdig ist femer eine Baumorchidee (Angraecum sesquipedale) mit
einem 50 Centimeter langen Blüthenspom an der 20 Centimeter im
Durchmesser haltenden Blüthe, sowie die im Wasser schwimmende
Ouvirandra, deren durchbrochenes Blattademetz einem Spitzengewebe
ähnlich ist — Die Maskarenen sind hinsichtüch ihrer Flora mit Mada-
gaskar näher verwandt als mit dem tropischen Afrika; auch aus Indien
sind zahlreiche Gewächse eingewandert. Eine Akazie (Acacia hetero-
phylla), welche ihre Fiederblätter leicht abwirft, ist vielleicht identisch
mit der Koa- Akazie des Sand wich- Archipels. — Die Seychellen sind
nur durch die endemische Seecocos-Palme (Lodoicea Seychellarum) aus-
gezeichnet.
Im Stillen Ocean entspricht die Flora der Koralleninseln durchweg
derjenigen des indischen Monsungebietes ; hingegen sind die vulcanischen
Inseln meist reich an endemischen Pflanzen. Dies gilt vor allem von
den Sandwich-Inseln, auf welchen sogar die Anzahl der ende-
mischen Arten mit dem Umfang und der Höhe der Vulcane wächst.
Sie sind meist ganz eigenartige Erzeugnisse, welche sich in systematischer
Beziehung den verschiedensten Küstenlandschaften des Stillen Meeres
nähern, also Australien, dem tropischen Asien, Nord- und Südamerika
590 Vierter TheiL Das organische Leben auf Erden.
und den pacifischen Archipelen. — Anf den Fidschi-Inseln herrscht
der indische, auf Neu-Caledonien (20 endemische Gattungen) der
australische V^etationscharakter vor. Norfolk' s Flora , durch die
endemische Conifere Araucaria excdsa (bis 60 Meter hoch) merkwürdig,
ist im allgemeinen von der Art der neuseeländischen Flora.
Auf Neuseeland sind die Farne von hervorragender Wichtigkeit.
Sie vertreten hier .die Stelle der Gräser und bedecken, mit Strauch-
werk wechselnd, ungeheure Strecken offenen Landes ; zugleich sind sie
eine Zierde der dortigen Wälder. Ein Farn giebt eine essbare Wurzel
(Pteiis esculenta). Die Waldungen sind immergrün und werden wie
unter den Tropen aus zahlreichen in buntester Mischung vorkommenden
Bäumen gebildet Die Fambäume (C^athea, Dicksonia squarrosa)
werden g^en 13 Meter hoch; von den Palmen hingegen weist Neusee-
land nur eine einzige kleinere Art auf: Areca sapida. Bei den Ldliaceen-
bäumen (Cordyline) verkürzt sich der Stamm, bis er ausserhalb des
Waldes in dem als Fasergewächs so wichtigen neuseeländischen Flachs
(Phormium tenax) völlig verschwindet OUven-, Lorbeer- und Myrten-
formen walten in den Wäldern vor; inmiergrüne Buchen schmücken
namentlich die Gebirge. Einer der Laubbäume, eine Monimiee (Athero-
sperma Novae -Zeelandiae), wird c. 50 Meter hoch. Die Coniferen
haben zum Theil flache Blätter (Danmiara, Phyllocladus). Ihre Höhe
ist bisweilen eine sehr beträchtliche; denn eine Art der Cypressenform
(Podocarpus dacrydioides) erreicht gleichfdls eine Höhe von 50 Metern.
Das Holz der Eaurifichte (Danmiara australis), welche auf den nörd-
Uchen Theil der Nordinsel beschränkt ist, wird häufig als Bauholz
verwendet, üeberhaupt befinden sich unter den 100 grösseren Baum-
arten gegen 40 Nutzhölzer. Die Sträucher, welche meist den Myrten-
und Oleanderformen angehören, bieten wenig Eigenthümliches. 2^ahl-
reiche Lianen umschlingen die Bäume; die Epiphyten sind meist Farne,
selten nur Orchideen. — Neuseeland hat nicht weniger ab 24 ende-
mische Gattungen. Sehr gering ist selbst die Verwandtschaft mit
dem benachbarten Australien, indem die Akazien und Eucalypten
gänzlich fehlen, von den Proteaceen aber kaum mehr vorhanden sind
als in dem Gebiete der antarktischen Flora.
Die dürren, vulcanischen Eilande der Galapagos-Inseln haben
viele endemische Gewächse, unter denen nicht wenige nur der einen
oder anderen Insel eigenthünüich sind. Im Gegensatz zu diesen dürren
Inseln ist Juan Fernandez (die Robinson -Insel) überkleidet mit
herrlichen Wäldern von Fambäumen, Palmen und eigenartigen Laub-
hölzern. Durch seine Farne steht es Neuseeland nahe; im übrigen
besitzt es auch verschiedene südamerikanische Typen.
IV. Die Vegetationszonen der Erde. 591
Völlig baumlos sind einige Inseln und Inselgruppen südlich des
50. Grades s. Br. : die Falklandsinseln, Tristan da Cunha und Rerguelens-
Land. Die einförmige Flora der Falklandsinseln ist mit derjenigen
des Continents an der Magalhäes-Strasse nahe verwandt. Hingegen
ist Tristan da Cunha reich an endemischen Gewächsen, welche im
allgemeinen wenige Beziehungen zum Caplande, zahlreiche aber zu den
antarktischen Gebieten Südamerika's offenbaren. Kerguelens-Land
entbehrt aller Holzgewächse und weist nur Gattungen der antarktischen
Flora auf.
V. Die Wanderungen der Pflanzen.
Die beschriebenen V^etationsgebiete sind keineswegs so scharf Ton
einander gesondert, dass sich an ihrer Grenze mit einem Male die
Pflanzenwelt total verändert; vielmehr verbreitet sich immer eine ge-
ringere oder grössere Anzahl der Gewächse in die Nachbaigebiete, ja
bisweflen sogar nach weit entfernten Gegenden. In nicht wenigen
Fällen lässt sich leicht nachweisen, wann und durch welche Mittel
gewisse Pflanzen ihren Verbreitungskreis erweitert haben. Hauptsächlich
sind es Wind und Wasser, Thiere und Menschen, mit deren Hilfe die
Pflanzen ihre Wanderungen vollziehen.
Die Luft trägt insbesondere Pflanzensamen weit fort, die recht
klein und somit sehr bew^lich sind, z. B. die kleinen Keime der
Eryptogamen. Daher finden sich viele Arten von Flechten unter
allen Breitengraden. Ebenso leicht verbreiten sich die Farne. Schon
Hooker^) bemerkte überall an den heissen Quellen der Nordinsel
von Neuseeland Lycopodium cemuum, ein Famkraut, welches alle
Elimate der Erde au&ucht , ausserhalb der Tropen aber nur auf dem
warmen Boden in der Nähe heisser Quellen vorkommt Ein ähnliches
Verhalten zeigen nach Ferd. v. Hochstetter auch Nephrolepis
tuberosa, Nephrodium unitum und Nephrodium molle. Diese echt
tropischen Farne gedeihen nämlich in üppiger Fülle an den heissen
Quellen des Rotomahana und an den kochenden Quellen von Waikite
am Fusse der Pairoa-Kette; doch sind sie nirgends in einiger flntfeniung
von den genannten Orten zu entdecken. Ihre Sporen müssen durch
Luftströmungen aus den tropischen Ländern AustraUen's oder Amerika's
oder von den tropischen Inseln der Südsee hierher transportirt worden
sein^). Daran zu zweifeln haben wir um so weniger ein Recht, als
es längst bekannt ist, dass vulcanische Aschen oft Hunderte von Meilen
') Introd. Essay to the Flora of New-Zealan<L London 1853. p. 27.
') Ferdinand V. Hochstetter, Neuseeland. Stuttgart 1863. S.263fl409f.
y. Die Wandemngen der Pflanzen. 593
weit durch Winde geführt werden; die Samen jener Pflanzen aber
sind weder grösser, noch schwerer als die feinen Kömer vulcanischen
Staubes.
Besonders liegt den Winden das Geschäft ob, diejenigen Pflanzen
zu verbreiten, deren Samen oder Früchte so organisirt sind, dass sie
leicht vom Winde erfasst und fortgetragen werden können. Bald ist
der Griflfel in einen fedrigen Schwanz verwandelt, wie bei den Wald-
reben (Clematis), der Anemone, der Dryas octopetala, bald der Kelch
in eine Federkrone, wie bei den meisten Compositen und bei gewissen
Valerianeen; bald sind die Samen von einem weichen Pelze oder von
Haarbüscheln umhüllt, wie bei der Baumwolle, den Apocyneen, Asdepia-
deen (Seidenpflanzen), bei dem Weidenröschen, der Pappel und Weide,
bald die Früchte mit Flügeln ausgestattet, wie die des Ahorn, der
Ulme, Esche, der Ailanthus, der Kiefer und Erle. Mit derartigen
Vorrichtungen ausgerüstet vermögen oft selbst grössere Samen in der
Luft über weite Meeresräume hinwegzuschreiten. So sah Berthelot
auf den Canarischen Inseln, deren Flora ihm genau bekannt war,
unmittelbar nach einem heftigen Orkan eine einjährige Synantheree
(Erigeron ambiguus), die in der Mediterranflora allgemein verbreitet
ist, plötzlich an den verschiedensten Standorten keimen, wo sie zuvor
gänzlich fehlte. Zahlreiche Samen dieser Pflanze, die vermittelst ihrer
Haarkrone schon in leicht bewegter Luft schweben, waren demnach
durch ein ungewöhnliches Naturereigniss den Inseln aus Afiika oder
von Portugal mit einem Male zugeftlhrt worden^).
Steppenpflanzen verlieren während der Periode der Trockenheit
ihren Halt im Boden, da derselbe nach allen Richtungen hin berstet
Vielfach werden sie dann entwurzelt und als Steppenläufer über die
Ebene getrieben, was um so leichter geschieht, als der Sturmwind auf
der einförmigen Steppe eine viel grössere Macht entwickelt als auf
unebenem Terrain.
Ein weiteres Mittel, welches zum Transport der Pflanzen oder
ihrer Samen dient, ist das Wasser. Zwar verhindert der Ocean
durch seine Grösse vielfach den Austausch der Gewächse; aber seine
Strömungen schlagen wiederum eine Brücke zur Verfrachtung der-
selben. Der Gol&trom trägt seine Treibproducte aus den westindischen
Gewässern bis Island, Spitzbergen und Nowaja Semlja, wo sie in Menge
an die Küsten geschwemmt werden. FreiUch kommt dieses Trans-
portmittel nur bei Verbreitung solcher Samen in Betracht, deren Keim-
kraft im Salzwasser nicht verloren geht und die im neuen Lande ein
ftlr die Entfaltung der Pflanze günstiges Klima vorfinden. Die von
») A. Grisebach, L c. Bd. I, S. 389.
Pesebel-Leipoldt, Phys. Erdkunde. II. 38
594 Vierter TheiL Das organische Leben anf Erden.
einer harten Schale umgebene Cocosnuss kann lange Zdt im Salzwasser
li^;eny ohne ihre Keimfkhigkeit einzubüssen; daher konnte sie sich
mit Hilfe der Meeresströmungen leicht von den pacifischen Gestaden
Mittelamerika's nach den polynesischen Inseln und ron dort bis in das
tropische Asien und nach Afrika verbreiten. Besonders finden sich
unter den Htüsenpflanzen (Leguminosen) viele Arten, derrai Samen
selbst im Seewasser ihre Kdmfkhigkeit lange bewahren. Daher sind,
wie der jüngere Hooker hervorhebt, unter allen Inselpflanzen die
L^uminosen am reichsten vertreten. Wie lange sich Samen, ohne
durch das Meerwasser beschädigt zu werden, in demselben bewegen
können, hat Darwin durch Experimente erwiesen. Hierbei wider-
standen viele der Wirkung des Salzwassers dne lange Zeit, in welcher
sie, durch Meeresströmungen getrieben, Hunderte von Meilen hätten
zurückl^en können. Entada-Kömer, welche von Amerika nach den
Azoren, d. L 750 geogr. Meilen weit gewandert und von Darwin an
Hooker gesandt worden waren, konnten in Kew noch zum Keimen
gebracht werden. Darwin ist der üeberzeugung, dass die kleinen
Koralleninseln, die sicher niemals mit dem Festlande verbunden waren,
in grossem Massstabe auf diese Weise mit Pflanzen versorgt werden.
Es ist bemerkenswerth, dass nach den Sammlungen von Scoresb j
und Sabine, welche Hooker vergeh, die Ostküste Grönland's, die
den Eisstrandungen aus dem arktischen Strome unmittelbar ausgesetzt
ist, unter denselben Breitengraden (70—75'^) viel pflanzenreicha: sein
soll als die Westküste. Hieraus geht mit grosser WahischeinUchkeit
hervor, dass Grönland, welches keinerlm eigenthümliche Pflanzen be-
atzt, aus Osten durch die ostgrönländische Strömung seine V^;etation
erhielt, und dass die einzehien Arten, der Küstenlinie folgend, nach
und nach bis zum Smithsunde verpflanzt wurden^). Hier dürfen wir
auch den Eisbergen einen gewissen Antheil an der Verbreitung der
Pflanzen zuerkennen, da man sehr oft findet, dass sie mit Massen Samen
führender Ekde beladen sind und dieselben gelegentlich auf fi:emden
Küsten ablagern. Die Uebereinstimmung, welche die Flora der Nord-
polarländer in der Alten und Neuen Welt darbietet, ist wohl zum Theil
in derartigen Vorgängen b^pündet.
Wie die Strömungen des Oceans, so dienen auch die Bewegungen
des FluBswassers dazu, die Gewächse zu verbreiten; namentlich über-
schütten die Flüsse bisweilen bei Hochwasser das 'Inundationsbett mit
Samen. Nicht immer gelingt es fineilich den auf diese Weise herab-
getragenen Gebirgspflanzen, auch in der Ebene das Bürgerrecht zu
erlangen; denn das dortige Klima sagt ihnen vielfikch nicht zu. So
*) A. Grisebach, L c. Bd. I, S. 63.
y. Die Wanderungen der Pflanzen. 595
treffen wir auf der bayerischen Hochebene Alpenpflanzen in unmittel-
barer Nähe der Flüsse (z. B. am Lech); doch vermögen sie nicht
weiter thalabwärts oder in Gegenden abseits der Flusslinien vorzudringen,
weil ihre Samen auf der Hochebene niemals reifen. Da indess in jedem
Jahre bei Hochwasser eine neue Zufuhr von Samen eintritt, so tauchen
auch stets jene Pflanzen an den Ufern der Flüsse wieder auf.
Durch die Thiere werden die Samen auf zweierlei Weise ver-
breitet: entweder indem die Samen (mit oder ohne Frucht) von den
Thieren verschlungen und nach der Verdauung in lebenskräftigem
Zustande ausgeschieden werden, oder indem die Thiere die äusserlich
an Pelz, Vlies oder Gefieder, mitunter auch die an den Füssen haftenden
Samen forttragen und anderwärts abwerfen.
Die erste Art der Verbreitung findet namentlich bei solchen Pflanzen
statt, deren Samen, von einer imverdaulichen Schale geschützt, durch
den Magensaft nicht angegriffen werden. Dies gilt z. B. von den Aepfeln,
Birnen, Kirschen, Pflaumen, Aprikosen, sowie von einem grossen Theil
der Beeren. Auf diese Weise mögen Eberesche und HoUunder auf
80 viele Mauern, Büsche von Rosen und Liguster auf den Cölner
Dom gelangt sein. Bisweilen verschlingen auch Fische des Oceans
Samenköner, welche dann, wenn die Fische eine Beute der Meeres-
vögel geworden sind, sammt dem übrigen Mageninhalt der Fische auf
entfernte Inseln ausgestreut werden. Durch die transoceanischen Züge
der amerikanischen Vögel nach Europa und der europäischen nach
Amerika wird der Austausch von Pflanzen zwischen beiden Continenten
wesentUch gefördert
Auf die zweite Art verbreiten sich vor allem solche Pflanzen,
welche mit Hilfe einer besonderen Vorrichtung leicht äusserUch an den
Thieren haften. Die Natur sorgt für derartige Haftmittel in reichem
Masse. Mit Angelhaken bewafihet sie die Früchte der Agrimonia und
die Hüllen der Spitzklette (Xanthium); in Haken verwandelt sie die
Griffel der Geum- Arten, die Hüllblätter der EJetten, den Kelch der
Valerianella echinata und V. hamata; mit starren und rückwärts ge-
zahnten Grannen bekleidet sie die Früchte einiger Labkrautarten, mehrerer
Gräser und Doldengewächse, der Achäne, des Zweizahns (Bidens) etc. ;
femer überzieht sie einige Samen mit Fimiss und klebrigen Ausschei-
dungen, z. B. die von einigen Distelarten, von Carpesium cemuum und
von der Mistel (Viscum); endlich giebt sie den Früchten von Myzo-
deudron punctulatum eine grosse Masse klebriger Federchen. Indem
die genannten Samen und Früchte entweder am Fell der Säugethiere
oder an den Federn, Schnäbeln und Füssen der Vögel haften, machen
sie mit diesen weite Reisen und gelangen so an ferne Orte.
Wie erfolgreich in dieser Hinsicht oft die Wanderung eines ein-
3S*
596 Vierter TheiL Das organische Leben auf Erden.
zigen Vogds sein kann, soll nur durch ein Beispiel gezeigt werdeiu
Darwin wurde dnmal der Schenkel eines eben geschossenen Beb-
hahnes (Caccabis ni&) übersandt, an dem ein Ballen harter Erde im
Gewicht von IS^/g Neuloth befestigt war. Diese Erde wmrde drei Jahre
lang aufbewahrt, dann zerbrochen, befeuchtet und unter eine Glas*
glocke gestellt, worauf aus ihr nicht weniger als 82 Pflanzen auj^ingen^
darunter 12 Monokotyledonen und 70 Dikotyledonen, von denen die
letzteren drei yerschiedenen Arten angehörten. Da nun aOjähilich eine
Menge Vögel durch Stürme nach fernen Küsten yerschlagen werden, so
dienen sie sicher in vielen Fällen, wenn sie Erde an ihren Füssen mit-
bringen, zur Verbreitung der Pflanzen.
Vereinzelt mögen sogar Heuschrecken die Träger von Pflanzen-
samen sein, da man in ihrem Dünger bisweilen keimfkhige, also unver-
daute Samen antrifiL Auch sind sie im Stande, wdte oceanische Rasen
zurückzulegen; denn Darwin fing eine Wanderheuschrecke^ die vom
TVinde verweht worden war, auf hoher See, 90 geogr. Meilen, somit
weiter als Madeira von Afrika entfernt Von dner Asdepiadee, die
auf GU)mera, einer der Canarien, häufig ist (Gromphocarpus firuticosus),
wird versichert, dass sie sich dort erst in diesem Jahriiundert gezeigt
habe und dass die Samen, mit ihrer weichen Wolle fremden Körpern
sidi leicht anheftend, durch Heusdirecken vom Fesflande nach der Insel
transportirt worden seien ^).
Endlich fördert auch der Mensch theils absichtlich, theils unab-
sichtUch die Verbreitung der Gewächse. Vor allen Dingen verpflanzt
er die Cultuige wachse von Land zu Land, von Erdtheil zu ErdÜieil;
daher ist insbesondere in firuchtbaren, gut cultivirten Ländern ein be-
trächdicher Theil des Bodens mit ursprünglich firemdländischen Pflanzen
bedeckt Aber auch unabsichtlich erweitert der Mensch die Schranken
der Verbreitungsgebiete. So hat Alphonse de Candolle nach-
gewiesen, dass bei Port Juvenal (in der Nähe von Marseille) 438 neae
Species, meist der Mediteiranflora angehörig, durch den Wollhandel ein-
geführt worden waren*). Mit der Emballage von Thorwaldsen's
Skulpturen kamen 25 Species der römischen Campagna nach Kopen-
hagen. In der Umgegend von Strassbuig zeigten sich nach dem Jahre
1870 84 neue Species, welche durch Cavalleriefourage aus Algier hierher
gebracht worden waren. Femer snd nach dem deutsch -französiadien
Eri^e in den Däpartements Loiret und Loir-et-CSier 163 deutsche
Species au%etaucht; doch war bereits im Jahre 1874 die Hälfie hier-
von verschwunden; die übrigen verminderten sich rasch, und nur gegen &
>) A. Grisebach, L c Bd. II, S. 512.
*) Nach R. Brown: «On human agency in the dispenion of plants*' im
Geographical Magazine 1S74, Nr. 8, p. 320.
V. Die Wanderungen der Pflanzen. 597
(Alyssum incanum, TrifoUam resupinatam, Rapistnim rugosum, Melilotus
sulcata und Yulpia . ligustica) scheinen sich dort zu acclimatisiren ^).
Manche Culturpflanzen haben ihre eigenen Unkräuter, so der Lein,
Hanf, Tabak etc. ; diese wandern mit ihnen und bezeichnen überall den
Pfad des Europäers. An den Stätten, wo sich ehemals Norweger in
Grönland angesiedelt hatten, findet sich noch jetzt eine Wicke (Vicia
cracca), und unseren gemeinen Wegerich (Plantago major) nennen die
Indianerstämme mit Recht „die Fussstapfe der Weissen^.
Die höchste Aufgabe der Pfianzengeographie besteht in der Be-
antwortung einer Frage, welche jeden denkenden Menschen anregen
muss, weil sie im nächsten Zusammenhang steht mit den grossen Ge-
heimnissen des Schöpfungsvorganges. Diese Frage lautet ein&ch: Hat
sich jede Pflanzenart von einem Schöpfungsmittelpunkte über ihre
heutigen Gebiete verbreitet, oder ist sie von mehreren Schöpfungs-
orten ausgegangen? Die Tragweite dieser Streitfrage überblickt wohl
rasch ein jeder. Was von den Pflanzen gilt, muss von den Thieren
gelten, und was von den Thieren gilt, muss auch von den sogenannten
Menschenracen gelten. Daher theilen sich jetzt alle Naturforscher in
zwei Heerlager: in Unitarier und Pluralisten, in die Vertheidiger der
Einheit und der Mehrheit. Verdienste um die Wissenschaft sollte man
weder der einen, noch der anderen Schule absprechen; doch bestehen
die der Pluralisten im Grunde nur darin, dass sie durch ihre scharfe
Kritik die Schule der Einheit vor allzu hastigen Schlüssen bewahrt
haben. Die Wissenschaft würde aber in dem Augenblicke still stehen,
wo wir den Pluralisten den Sieg zuerkennen müssten. Weshalb?
Kommt ein Gewächs nur auf einer kleinen, weit im Ocean ab-
gelegenen Insel und sonst nirgends vor, oder besitzt es ein streng
abgeschlossenes Verbreitungsgebiet auf dem FesÜande, so herrscht kein
Zweifel über die Einheit des Schöpfimgsortes. Wenn aber das Ver-
breitungsgebiet aus etlichen solcher zerstreuten Oasen besteht, so beginnen
die Schwierigkeiten, zugleich aber auch die Beize der Forschung. Der
Unitarier muss hier seinem Gegner beweisen entweder, dass die jetzt
vorhandenen Verbreitungsoasen ehemals ein geschlossenes Gebiet bildeten,
das durch geologische oder physikalische Kräfte eine Zertheilung erlitt,
oder er muss zeigen können, dass das Gewächs selbst Mittel besass,
den leeren Zwischenraum von einer Artenoase zur anderen zu über-
springen. Es gilt also, die Pflanzen auf ihrer Wanderung zu be-
lauschen ^).
Es ist eine bekannte Thatsache, dass Pflanzen auch ausserhalb
desjenigen Erdtheiles, auf welchem sie heimisch sind, häufig ein ihrer
») Natnre, VoL XI, Nr. 268. 17. December 1874, p. 135.
^ Peschel im Ausland 1868, S. 146.
598 Vierter TheiL Das organische Leben auf Erden«
Entwicklung günstiges Klima vorfinden. Jedermann weiss, dass in
Amerika alle unsere Getrddearten gebaut werden: Weizen, Roggen^
Crerste, Hafer, Reis, Hirse etc. und dass diese Pflanzen erst seit 1492
die Neue Welt erreichten, und wie erst nach dieser Z&t die Kartoffel
und der Tabak, die vorher auf Amerika beschränkt waren, zu uns
gelangten. In Chile trifit man jetzt ganze Haine von Apfelbäumen,
obgleich der Apfel in die Neue Welt erst nach deren Entdeckung ein-
wanderte. Die Distel hat sich als Unkraut in den La-Plata-Steppen
verbreitet und die besten Grasländer voidorben. Aus Rache (Gar diese
Ansteckung — möchte man sagen — hat die Neue Welt der Alten
um das Jahr 1836 die Wasserpest (Anacharis alsinastrum) gesendet
Dieses unansehnliche Wasseigewächs, welches seitdem über Irland und
England nach dem europäischen Continente gekommen ist, vermehrt
sich mit rapider Geschwindigkeit, verstopft die kleineren Canäle und
wird so der Schiffiahrt ausserordentlich hinderlich. Die Elartoffelkrank-
heit wird einzig durch den Schmarotzerpilz Peronospora infestans her-
voigerufen, welcher sehr wahrscheinlich wie die Kartoffel selbst aus
Südamerika stammt
Höchst eigenthümlich ist es nun, dass nicht alle Pflanzen des ge-
sammten Erdkreises überall da auftreten, wo sich ihre Lebensbedingungen,
nämlich ein gewisses Mass von Wärme und Feuchtigkeit und beides
entweder gleichmässig oder ungleichmässig vertheilt, verdnigt vorfinden.
Die britischen Inseln sollten z. B. diejenigen Pflanzen vollständig be-
sitzen, welche auf der gesammten Erde in der gemässigten Zone bei
einem gleichmässigen Klima, d. h. bei milden Wintern und kühlen
Sonmiem, gedeihen. Dies ist jedoch nicht der Fall; im G^entheil
bemerken wir, dass jeder grössere Ekdraum durch eigenartige Gewächse
sich auszeichnet Nordamerika hat seine eigenen Pflanzenarten, von
denen vergleichsweise wenige mit denen Ostasien^s oder Westeuropa's
übereinstimmen. Südamerika unterscheidet sich sehr streng von Nord-
amerika durch völlig verschiedene Arten, durch eigene Gattungen, ja
selbst durch eigene Familien. Australien endlich beherbergt eine Pflanzen-
welt, die ihres Gleichen sonst nirgends hat, und seltsamer Weise sind
sogar Neuseeland's Gewächse, wenn auch den australischen noch am
meisten verwandt, wieder ganz eigenthümlich.
Um diese Thatsachen zu erklären, hat man zu einer Hypothese
seine Zuflucht genommen, nach wdcher jede Pflanzen- und Thierart
sich von einer bestimmten Erdenstelle, ihrem Schöpfungscentram,
soweit ausgebreitet hat, als nicht unüberschreitbare Schranken ihr
entgegentraten. Die Grösse des Raumes, über welchen sich eine Pflanze
verbreitet, steht in geradem Verhältniss zu ihrer Wanderungsfahigkeit,
in umgekehrtem aber zu den Hindernissen, welche sich ihrer Wanderung
V. Die Wanderungen der Pflanzen. 599
entgegensetzen. Die endemischen Arten werden also in demselben
Masse zahlreicher, als die Hindemisse ihrer Verbreitimg wachsen.
Solche Hindemisse können aber yerschiedener Art sein. Bald sind es
grosse Wasserflächen, insbesondere Meere, in einzelnen Fällen auch
grössere Flüsse, bald weit ausgedehnte Wüsten, bald Gebirge, bald
Thäler, welche den Pflanzen auf ihrer Wanderang Halt gebieten. Von
den Gebirgen üben viel weniger die Meridiangebirge als vielmehr die-
jenigen Ketten, welche von West nach Ost streichen, einen hemmenden
Einfluss auf die Verbreitung der Gewächse aus, weil die letzteren
häufig verschiedene Elimate trennen, diese aber selten einer und der-
selben Pflanze zusagen. Thäler bezeichnen namentlich in Hochgebirgen
Grenzlinien flir gewisse Vegetationsgebiete; Gewächse des Hochgebirges
finden oft bei eingeschränkter klimatischer Sphäre und geringer Fort-
pflanzungs&higkeit in den Thalbildungen ein unüberwindliches Hemm-
niss ^). Bisweilen wird auch ein dichter Urwaldgürtel zu einem solchen
(so namentlich in Brasilien) ; in ihm entwickelt sich örtlich eine solche
vegetative Kraft, dass das weithin zusammenhängende Dickicht vielen
Gewächsen der Nachbargebiete undurchdringlich und unüberschreitbar
gegenübersteht.
Der Lehre, dass jede Pflanze nur einen Ausgangspunkt hatte
und von diesem aus sich soweit verbreitete, bis sich ihr irgend welche
Hindemisse en^^enstellten, bereitet besonders eine Thatsache manig-
fitche Schwierigkeiten, nämlich das oasenartige Auftreten der
Pflanzen, d. h. ihr Auftauchen an Orten, die durch weite Zwischen-
räume von einander getrennt sind.
Schon am Anfimg dieses Jahrhunderts hatte Wahlenberg eine
gewisse Verwandtschaft zwischen der lappländischen Tiefen- und der
Schweizer alpinen Flora erkannt. Spitzbergen hat 11 Phanerogamen
gemein mit dem Gipfel des Faulhoms, 8 Phanerogamen mit dem
sogenannten „Jardin^, der merkwürdigen botanischen Oase mitten in der
Mer de Glace des Chamounix-Thales, femer 7 mit der durch Ramend
berühmt gewordenen Flora auf dem Endgipfel des Pic du Midi von
Bagn^res*). Es ist nun die Frage: Wie wurden diese Pflanzen nach
jenen entlegenen Punkten des Südens versprengt? Ihre ursprüngliche
Heimath war offenbar der Norden. Sie drangen aber in der Eiszeit,
während welcher in Mitteleuropa vielleicht ein nahezu lappländisches
Klima herrschte, nach Süden und fanden bis zu den Pyrenäen ein
^) Deutlich ausgeprägt ist namentlich der Gegensatz der Flora der Mittel-
und Ostalpen, welche durch die Thäler des Eisack und der £tsch von einander
geschieden sind. A. Grisebach, 1. c. Bd. I, S. 217.
*) Charles Martins, Von Spitzbergen zur Sahara. Jena 1868. Bd. I,
S. 105. 110. 115 f.
600 Vierter TheiL Das organische Leben auf Erden.
ihnen zusagendes Klima. Als die Eiszeit wieder abzog, wanderten sie
gleichsam *am Saume der Gletscher nach dem Norden zoröck; einige
Arten aber erkletterten unsere hohen Oebii^ und retteten sidi auf
die Gipfel der Berge oder in Gletscheroasen. Einen indirecten Beweis
ftir die Bichtigkeit dieser Erklärung gewährt die Thatsache^ dass der
Pic von Teneriffii, der doch in genügend kalte Schichten hinaufreicht,
keine Alpenflora, überhaupt keine Höhenflora besitzt sondern fiist nur
von einer einzigen Pflanzenart überwuchert ist. Da Teneriffii niemals
mit dem Festlande zusammenhing, so konnte diese Insel auch keinem
Einbruch nordischer Grewächse ausgesetzt gewesen sein.
Lange war es ein Bäthsel, dass Juniperus foetidissima (Syn. J.
excelsa) auf dem Kaukasus und dem Himalaja gefunden wurde, aber
auf den dazwischen U^;enden Beigländem fehlte. Im Jahre 1873 aber
wurde sie von Siewers (B^leiter einer russischen Expedition in das
Chanat Chiwa) auf einem Passe des 600 bis 1000 Meter hohen Kjur-
dagh (südwestlich von Dinar, unweit der turkmenischen Festung Kisil-
Arwat, unter 39^ n. Br.) angetroffen, wodurch die grosse Kluft ihres
Wohngebietes zwischen dem Kaukasus und dem Himalaya durch das
neue GUed eines verbindenden Standortes verringert wurde '). Vidleicht
gelingt es, auch für andere Pflanzenoasen ähnliche Iklittelglieder nach-
zuweisen.
Früher erschien es femer als ein Bäthsel, dass g^en 50 Arten
von Greäisspflanzen in den von europäischer Cultur fiist unberührten
Magalhaesländem mit denen der nördlichen Hemisphäre übereinstimmen.
Aus Grisebach's genauen Untersuchungen ergab sich jedoch, dass
22 jener Arten von europäischen Schiffen eingeführt worden sein konnten,
dass 10 andere als Wasser- und Küstenpflanzen über die ganze Elrde
zerstreut und mehr oder weniger ubiquitär sind und dass die übrigen
17 mit einer einzigen Ausnahme spedfische Unterscheidungsmerkmale
darbieten, womach sie aus der Reihe der identischen in die der vicari-
renden Arten zu versetzen sind. Nur das Vorkommen einer Art
(Gentiana prostrata) bereitet Schwierigkeiten. Grisebach vermuthet^
dass der Albatross (Diomedea), der von Cap Hoom bis zu den Kurilen
und nach Kamtschatka wandert und somit zwischen dem Standorte
jener Pflanze in der antarktischen und in der arktischen Flora eine
Verbindung herstellt, den Transport der Samen vollzogen haben möchte ').
Trotz der grossen Aufinerksamkeit, welche man neuerdings der
Bewegung der Pflanzen geschenkt hat, giebt es zur Zeit noch immer
Thatsachen genug, welche mit dem Dogma der Schöpfungscentren
^ A. Grisebach in BehmU Geographischem Jahrbuch. Bd. V (1S74).
S. 66 f.
*) A. Grisebach, Die Vegetation der Erde. Bd. II, S. 496.
V. Die Wanderungen der Pflanzen. 601
nicht in Einklang gebracht werden können. A. v. Humboldt fand,
dass die alpine Vegetation auf der Silla von Caracas zum Theil aus
denselben Arten gebildet wird wie die auf den hohen Cordilleren von
Bogotd. Es blieb ihm dunkel, wie dieselben Ericeen (z. B. Gaultheria
odorata, Gaylussacia buxifolia) zwei Hochgebirge zugleich bewohnen,
welche 35 geogr. Meilen weit durch eine tiefe Einsenkung getrennt
sind, deren Temperatur nii^ends so kühl ist, dass sie daselbst gedeihen
könnten ^).
An Felswänden der Pyrenäen, sowie an den Abhängen des Mont-
serrat in Catalonien begegnet man einem Gewächs mit breiten Blatt-
rosetten, die in der Mitte einen hübschen Strauss weisser Blüthen tragen.
Diese Pflanze (Ramondia pyrenaica) vertritt ganz vereinzelt die streng
exotische Familie der Cyrtandraceen in Westeuropa. Man muss sich
bis nach RumeUen begeben, bevor man eine Art der ihr am nächsten
stehenden Gattung wieder antrifil, und eine zweite Art dieser ver-
wandten Gattung kommt erst in Japan vor. Die übrigen Arten sind
Bewohner Nepal's, des indischen Dekhan und der Sunda-Inseln.
Aber noch schwerer zu lösen ist folgendes Räthsel : In den Pyrenäen
wächst in 2000 bis 2800 Meter Meereshöhe, also dem ewigen Schnee
sehr nahe, die Dioscorea pyrenaica, welcher sich die Igname China's
sehr nähert. Alle anderen Arten dieser Gattung sind streng tropisch
und erfordern sehr warme Elimate^). Seltsam ist es femer j dass eine
Kiefer, die der Zirbelkiefer sehr ähnelt, Pinus excelsa (Pinus Peuce), in
Macedonien und dann erst wieder in Afghanistan erscheint, nicht aber
in dem Zwischenräume. Hier daran zu denken, dass die Samen durch
Vögel oder durch Luftströmungen vertragen worden seien, ist unzulässig.
Wir unsrerseits möchten vermuthen, dass in den Zwischenräumen ehe-
mak die Pinus excelsa verbreitet war, dort aber durch einen Feind
zerstört wurde, der weder nach Afghanistan, noch nach Macedonien
vordringen konnte. Die Libanonceder bietet ganz ähnliche Verhältnisse
dar« Sie kommt im Adas, Libanon, Taurus und Himalaya (dort Deodara
genannt) vor, gehört aber bekanntlich im Libanon selbst zu den aus-
sterbenden Arten, und zu ihren dortigen modernen Feinden gehören
die in Pechsiederei speculirenden türkischen Paschas '). Würde sie auf
dem Libanon ganz vernichtet, so hätten wir hier eine ähnliche Zer-
splitterung des Verbreitungsgebietes wie in dem obigen Falle. Endlich
^) A. Y. Humboldt, Voyage de Humboldt et Bonpland. Premiere partie.
Relation historique. Paris 1814. Tome I, p. 599 sq.
') Ch. Martins in der Revue des deux mondes. Tome LXXXV (1870),
p. 636 sq.
") A. Grisebach in Behm's Greographischem Jahrbuch. Bd. 11 (1868),
S. 201.
602 Vierter Theii Das organische Leben auf Erden.
finden sich auf hohen Beiden Bomeo's Gewächse der Insel Tasmanien
und des Himalaya; auf dem Himalaya kehren Gattungen und Arten
der amerikanischen Anden und Felsengebirge wieder, und die Alpen
Australien's wie Tasmanien's beherbei^gen neuseeländischey feuerländische,
andesische und europäische Formen M-
So lange sich nicht alle, auch diese widersprechenden flrscheinungen
ungezwungen mit der Lehre von der Verbreitung aus einem Ursprung»-
ort versöhnen lassen, werden ihre Anhänger eine bescheidene Sprache
fähren und die Ansichten Andersdenkender wohl beachten müssen schon
der kritischen Selbsterkenntniss wegen. Deshalb brauchen sie jedoch
nicht auf ihre Ansicht zu verzichten, sondern fhhlen sich nur angeeifert,
nicht eher zu ruhen, bis sie audi an den schwierigsten Fällen die
Möglichkeit der Wanderung nachgewiesen haben.
Wer der Hypothese von Schöpfungscentren nicht zustimmt, ist
genöthigt, sich der g^entheiligen, von Schmarda, Agassiz u. a.
vertheidigten Hypothese anzuschliessen, womach die verschiedenen
Organismen an&nglich nicht als Einzdwesen, sondern in Massen auf-
traten und zwar so, dass die verschiedenartigsten Wesen ^eichzeitig
auf dem Schauplatze der Natur erschienen. So sagt Agassiz^):
JEß bestehen unendlich viele Beziehungen der Geschöpfe unter einander;
z. B. wird Klee nur durch Besuch von Hummeln befiruchtet; die Para-
siten der Säugethiere sind nicht denkbar ohne die Säugethiere selbst
u. s. w. Derartige Beziehungen aber zwischen Thioren und Pflanzen,
welche zu einander gesellt sind, können nicht das Resultat einer all-
mählichen Anpassung (adaptation) sein, sondern müssen als von An£uig
an g^eben (primitive) betrachtet werden. Daraus würde folgen, dass
die Thiere und Pflanzen ursprünglich dieselben natürlichen Grenzen
besassen, innerhalb welcher sie noch jetzt in solchen harmonischen
Beziehungen zu einander stehen. Die Nadelhölzer sind aufgetreten als
Wälder, die fkieeen als. Haidewuchs, die Gräser als Steppen, die
Bienen in Schwärmen, die Heringe in Zügen (shoak), die Büffd
in Heerden, die Menschen als Völker.^ Die Hypothese einer gldch-
zeitigen Schöpfung aller organischen Wiesen ist jedoch schon desw^en
unhaltbar, weil manche Gewächse nur im Schatten anderer gedeihen
(Cacaobaum), so dass also die schattenspendende Pflanze jedenfalls
früher als der Schützling vorhanden gewesen sein muss. Ebenso konnten
sich auch die parasitischen und epiphytischen Gewächse erst dann ent-
fiilten, nachdem der Mutterstamm, dem sie entsprossen, geschaffen war.
Femer mussten bereits Pflanzen und Früchte existiien, ehe pfianzen-
und friichtfressende Thiere auftreten konnten.
») Hook er, Flora Tasmaniae HL Vol. I, p. XIV.
') Essay on Classification. London 1849. p. 5b.
y. Die WanderuDgen der Pflanzen. 603
Vorläufig lassen sich allerdings die oben angeführten seltsamen
Verirrungen einzelner Arten von dem Stammgebiete der Gattung oder
Familie nicht durch die bisher erkannten Bewegungsmittel erklären.
Der Botaniker muss vielmehr in diesen Fällen geduldig warten, bis
ihm eine andere Wissenschaft zu Hilfe kommt, nämlich die Paläontologie.
jyDie ungleichen Erzeugnisse abgesonderter Länder, deren physische
Lebensbedingungen gleichartig sind, stehen mit der Paläontologie in
einem bestimmten, wenn auch oft nur dunkel geahnten Zusammen-
hange'^ ^ ).
Abgesehen von der Eiszeit hat sich das lOima in unserem Norden
viel&ch geändert. Der mittelste Abschnitt der tertiären Zeiten war
ungleich wärmer als der vorausgehende und nachfolgende. In den
miocänen Zeiträumen gab es Wälder von südeuropäischen Baumaiiien
auf Grönland und grosse Eidechsen auf Spitzbergen. Solche Wechsel
der Ortstemperaturen müssen zugleich grossartige Wanderungen von
Pflanzen veranlasst haben. Dazu gesellt sich noch die Erkenntniss,
dass seit den -Zeiträumen, welche der geologischen Gegenwart am
nächsten stehen, das Pflanzenkleid vieler Länder sich nicht unbeträcht-
lich geändert hat. Unter die posttertiären , also jüngsten geologischen
Bildungen in Südfrankreich gehören gewisse Tuffe und Travertine, von
denen nachgewiesen worden ist, dass sie erst nach der grossen Eiszeit
entstanden sind. Zwar zeigen uns die eingeschlossenen Pflanzenreste
der Travertine, dass die damaligen südfranzösischen Wasserläufe von
den nämlichen Laubbäumen wie gegenwärtig beschattet wurden; doch
mischten sich unter sie auch Arten, die jetzt fehlen, während umgekehrt
etliche Arten, die gegenwärtig angetroffen werden, in jener fossilen
Flora vermisst werden. Drei Nadelhölzer (Pinus pumilio, P. mons-
peliensis und P. pyrenaica) werden nicht mehr am Gestade des Mittel-
meeres geftmden'; denn die eine Art hat sich in die Alpen, den Jura,
die Karpathen, die andere nach den Cevennen, die dritte nach den
Pjrrenäen zurückgezogen. Die Birke, ein Ahorn (Acer opulifolium),
die Buche sind gen Norden gewandert, oder letztere hat sich bei
Avignon bis zu 1150 Meter Meereshöhe hinaufgeschwungen. Endlich
hat man in den Tuffen bei Meximieux (Ain-Däp.) fossil die Blätter
eines Farn getroffen, dem man jetzt nicht mehr daselbst, wohl aber
auf den Canarien, in Spanien und in ItaUen begegnet Die kühle
Temperatur während der Travertinbildungen hatten den Rosenlorbeer,
den Granat- und den Judasbaum aus der Lyonnaiser Flora vertrieben.
Dagegen bezeugt uns der Travertin, dass die Feige, der Weinstock
und der Nussbaum Südfrankreich von jeher angehört haben und nicht
') A. Grisebach in A.y. Humboldt, eine wissenschaftliche Biographie.
Herausgeg. von Karl Bruhns. Bd. III, S. 235.
604 Vierter TheiL Das organiBche Leben auf Elrdea.
etwa, ^er irrigen Meinung zufolge, von Cnlturvölkem eingeführt
worden sind, wie andererseitB sich bestätigt, dass die Olive voimals
nidit vorhanden war; es wird also der geschichdichen Ueberliefening,
nach welcher sie erst von phokäischen Ansiedlem nach Marseille ge-
bracht worden ist, durch die paläontologischen Untersuchungen nicht
widersprochffli ^). In Zukunft wird durch derartige Forschungen
manches jener Probleme gelöst werden, welche hinsichtlich der Ver-
breitung der Gewächse heute noch bestehen.
Den schär&ten Contrast zu der A gas siz' sehen Lehre von einer
Massenschöpfimg bezeichnet die sogenannte Transmutationshypo-
these, deren Vertreter es fbr möglich halten, dass sich aus einer
einzigen Pflanzenzelle allmählich der ganze Seichthum der vegetabilisdien
Wdt erschloss. Der erste oiganische Keim, der zu einem Pflanzen-
organismus sich entwickelte, verbreitete sich nach dieser Ansicht in
fiemde Klimate; er erUtt allmählich durch die dauernden physikalischen
Gl^ensätze in semer neuen Heimath eine Veränderung seiner Merk-
male, die sich befestigten und zur Entstehung neuer Arten fiihrten.
Lidividuen derselben sonderten sich wieder ab. Aus Variationen ent-
standen Varietäten, aus Varietäten Bacen, die allmäUich bleibende
wurden; die Mittelglieder zwischen den extremen Varietäten starben
aus oder wurden durdb geologische Vorgänge getrennt, und zuletzt,
als der beobachtende Geist des Menschen sich den Arten zuwandte,
vermochte er nicht mehr die gemeinsame Abkunft der verschiedenen
Abarten zu erkennen und sah sich genöthigt, einen besonderen Schöpfungs-
act ftkr jede derselben anzunehmen.
Wenn wirklich durch klimatische Einflüsse eine derartige Um-
bildung der Pflanzen erfolgt ist, so muss eine auf die physikalischen
Lebensbedingungen, besonders auf Wärme und Feuchtigkeit gegründete
Classification der Gtewächse mö^ch sein. Einen derartigen Versuch
hat Alphonse de Candolle') gemacht & thdlt die Pflanzen
ein 1) in Hydromegatibermen, d. i. solche, welche vid Wärme und
Feuchtigkeit zu ihrer Entwicklung bedürfen, 2) in Xerophilen, die
in warmen Begionen trockene Standorte bevorzugen, 3) in Mesothennen,
welche massige Temperaturen und massige Feuchtigkeit verlangen,
4) in Mikrothermen , die relativ wenig Wärme zu ihrer 1<^tfiJfaing
brauchen, 5) in Hekistothermen , die Bewohner der arktischen und
antarktischen Regionen, sowie der Hochgebirge in der gemässigten und
heissen Zone, und 6) in Megistothermen, welche ein ausserordentlich
^) V'gl. Ch arle sMartinsia der Bevue des deax mondes. Tome LXXXV
(1870X p. 628 sq.
*) Les gronpes physiologiqaes dans le r^gne v^tal in der Bevue seien-
tifiqne 1875, 16. Octbr., p. 364—372.
y. Die Wanderungen der Pflanzen. 605
hohes Mass Yon Wärme (gegen 30^ C. mitdere Jahrestemperatur)
fordern.
Ohne auf diese Einthdlung näher einzugehen, heben wir hier nur
hervor, dass die Verbreitungsgebiete der den einzehien physiologischen
Gruppen de Candolle's zugewiesenen Qewächse keinerlei Ueber-
einstimmung zeigen mit den botanischen Reichen G-riselnich's. Hierzu
kommt, dass alle Familien, welche zahlreiche Species besitzen, stets in
mehr als einer dieser physiologischen Gruppen und mehrfach sogar in
allen vertreten sind. So leben die Primulaceen in den kalten und ge-
mässigten Klimaten; doch gedeihen die Mjrsineaceen, ihre holzigen
Repräsentanten, in den tropischen Gebieten. Oft gilt dasselbe sogar
von Gattungen, zu welchen nur wenige Arten zählen. Die Cassias
z. B. sind meist Megathermen oder Mesothermen ; doch blüht Cassia
marylandica bei Genf, wo das Winterminimum bisweilen — 25 ^ C. beträgt,
fiinige Weiden erreichen den hohen Norden; Salix Himiboldtiana hin-
gegen wächst im Gebiete des Amazonas und Salix sa£saf in Aegypten.
Würden alle diese Arten in späteren Jahrtausenden versteinert gefimden,*
so könnte man leicht zu dem irrigen Schlüsse verleitet werden, dass sie
sich unter gleichen klimatischen Verhältnissen entwickelten. Wir dürfen
hieraus folgern, was auch anderwärts bestätigt wird^), dass der Bau
der Blüthen und Früchte, auf dem das System der Pflanzen beruht,
von den Vegetationsoentren abhängig ist, zu welchen sie gehören,
während die Bildungswdse der vegetativen Organe bis zu gewissem
Grade durch das EJÜma bedingt ist, unter dem sie leben. Die Ver-
dunstung des Safts wird durch verringerte Grösse der Blattoberfläche
ebenso gut beschränkt wie durch die Verstärkimg der Oberhaut; daraus
erklärt sich uns die allmählich fortschreitende Verminderung der Blatt-
grosse gewisser Sträucher in &jbX allen trockenen Klimaten der Erde
bis zum gänzlichen Verschwinden der Blätter und ihrer Umbildung
zu domigen Organen. Andere durch das Klima hervorgerufene Um-
gestaltungen der Emährungsoxgane wurden bereits fiilher angedeutet.
Im übrigen aber genügen die klimatischen Gegensätze auf Erden nicht
im entferntesten, die manigfiichen, insbesondere systematischen Unter-
schiede innerhalb der Pflanzenwelt zu rechtfertigen; vielmehr haben
wir dieselben im wesentlichen als ursprünglich gegebene anzusehen.
>) A. Grisebach, Die Vegetation der Erde. Bd I, S. 295.
VI. Mittel und Schranken der Thierverbreitong.
Die Thiere sind Termöge ihrer freien Bew^^img vom Boden weit
unabhängiger als die Pflanzen. Die chemische und geologische
Beschaffenheit des Grundes, auf welchem sie leben, ist ihnen im all-
gemdnen g^eichgiltig, weil sie ihre Nahrung nicht wie die Pflanzen
unmittelbar aus dem Boden ziehen. Hingegen ist der Aggr^ations-
zustand des Bodens tfar einen Theil der Thiere von nicht geringer
Bedeutung; so kommen z. B. auf festem Fdsgrunde die grabenden
Nager, viele Reptilien und eine Menge Insecten nicht fort
Weit mehr sind die Thiere von der V^etation ihres Wohnortes ab-
hängig. Von entscheidender Wichtigkeit ist dieselbe natürlich fbr die
pflanzenfressenden Thiere, von denen manche, insbesondere Insecten, auf
bestimmte Pflanzenarten, andere aber wenigstens auf gewisse Gattungen
oder Familien angewiesen sind. Aber auch die Zoophagen bedürfen in
letzter Instanz der Pflanzenwelt, da sie ohne pflanzenfressende Thi«%
nicht existiren könnten. Indess sind die Zoophagen von den Vege-
tationsveriiftltnissen viel weniger abhängig und vermögen daher am
leichtesten nach femen Gegenden voraudringen; sie haben daher im
allgemeinen die grössten Verbreitungsgebiete. So bewohnt der Tiger
den ungeheuren Ländenraum zwischen Java und dem oberen Ob, d. h.
zwischen äquatorialen Gegenden und der Region der Pelzthiere, und
die Verbreitungsgebiete des Fuchses, des Wolfs, des braunen Bären,
der Fischotter u. a. stehen jenem Länderraume an Grösse nicht nach.
Am meisten aber sind die Thiere vom Klima abhängig; denn nur
wenige haben eine solche Organisation, dass sie als Kosmopoliten in
allen Klimaten der Erde heimisch werden könnten« Sucht aber die-
selbe Species wirklich mehrere Klimate auf, so bilden sich häufig klima-
tische Varietäten aus, von denen sich die tropische Form meist durch
stärkere Entwicklung des Körpers, glänzendere Farben und bei den
Vögeln vielfeich durch wuchernde Ent<iin^ der Federn auszeichnet
VI. Mittel und Schranken der Thierverbreitung. 607
Klimatische Grenzen scheiden häufig nicht bloss Arten und Gattungen,
sondern selbst Familien und Ordnungen.
Jede Thierart hat einen Yerbreitungsbezirk, dessen Form in der
Ebene kreisförmig oder elliptisch und in dessen Mitte die Individuen-
zahl der betreffenden Art gewöhnlich am grössten.ist Eine imregel-
massige Gestalt empi^ngt er meist durch die geographischen Schranken,
welche ihn umgeben, etwa durch Meere, Ströme, Gebirge, Wüsten und
Wälder, oder es wirken klimatische und sonstige Verhältnisse be-
stimmend auf seine Begrenzung ein. Nicht zum geringsten Theile ist
die Grösse des Verbreitungsgebietes durch die morphologische und
physiologische Beschaffenheit einer Thierart bedingt
Wegen der Leichtigkeit der Bewegung sind besonders die grossen,
schnell schwimmenden Seesäugethiere, die Fische und unter den Land-
thieren die Vögel weit verbreitet ^). Aber auch unter den anderen
Thierclassen begegnen wir kosmopolitischen Formen. So finden sich
die Hydroiden in allen Meeren. Aus der Ordnimg der Echinodermen
kommen einige Seeigel und vier Seesteme in allen Meeren vor. Das-
selbe gilt von nicht wenigen Mollusken ; insbesondere sind mehrere der
räuberischen Cephalopoden über grosse Meeresräume vertheilt. Aus
der Classe der Crustaceen gehen eben&lls diejenigen Formen durch
die meisten Meere, welche sich als rasche Schwimmer erwiesen haben.
Unter den Insecten sind die thierfii'essenden im allgemeinen viel weiter
verbreitet als diejenigen, welche sich von Pflanzenkost nähren. Die
Marienkäfer (Coccinella), welche die Blattläuse vertilgen, und die raupen-
verzehrenden Calosoma durchstreifen die Länder von Pol zu Pol, imd
die Wasserjungfern werden von Grönland bis Neuholland beobachtet
Von den Schmetterlingen ist der Distelfalter (Vanessa cardui) bereits
in allen Erdtheilen ge&ngen worden, und unter den Ameisen ist For-
mica omnivora in der Alten und Neuen Welt beimisch. Das Geschlecht
Bittacus, zu den Orthopteren gehörig, sucht alle wärmeren Theile der
Erde auf, und die Wanderheuschrecke dringt aus den tropischen Re-
gionen der Alten Welt vereinzelt bis nach Deutschland und dem süd-
lichen Schweden vor. Unter den Beptilien haben die Geschlechter Elaps
(Prunkadder), Tortrix (Walzenschlange) und andere Schlangen eine
weite Verbreitung, unter den Vögeln Strix flammea (Schleier -Eule)
und Strix otus (mittiere Ohreule), von denen die letztere auf der ganzen
bewohnten Erde (etwa das südlichste Amerika ausgenommen) polwärts
*) Wenn zahlreiche Fische nur an gewissen Ufergebieten des Meeres
vorkommen, so hat dies darin seinen Grand, dass sie nur in Landnähe ihre
Nahrung finden. Somit darf man aus der Gleichheit der Fischarten in zwei
Meeren auf einen ehemaligen Küstenzusammenhang jetzt getrennter Erdräume
und umgekehrt aus der Verschiedenheit auf eine längere Trennung schliessen.
t308 Yieiter TheiL Das organische Leben auf Erden.
bis zmn 55. Breitengrade vorkommt VerBcfaiedene Seesängethiere be-
leben die oeeanischen Gebiete der meisten Zonen , so der Seehund
(Phoea vitolina), die Ohrrobbe (Otaria jnbata), der Delphin (D. delphis
und D. orca), das Meerschwein (D. phocaena), der Easchdot (Physeter
macrocephalus) y zwei Wale (Balaena mysticetns und B. boops). Von
den Landsäugethieren beherrscht zwar keines so weite Säume wie die
genannten; dodi gelangen der Bär, der Fudis, der Wolf und die
Fischotter von Nordafiika und Südasien bis in die Polarregionen der
Alten und Neuen Welt^).
Aus der Anfefthlung der wichtigsten kosmopolitischen Thiere geht
hervor, dass in erster Linie die dem thierischen Organismus e^ne
Leichtigkeit oder Schwerfidligkeit der Bew^ung ftir die Gr&ase des
Verbreitungsgebietes entscheidend ist Für die im Meerwasser lebenden
Thiere ist hierbei ausser ihrer Schwimmfähigkeit noch das Vorhanden-
sein weiter Meeresräume von Bedeutung. Li einzelnen Fällen aber
stehen den Thieren nodi ganz andere Mittel zur Erweiterung ihres
Verbreitungsgebietes zur Verfiigung.
Ln hohen Norden gewähren oft die winterlichen Eisdecken den
Thieren einen bequemen Pfad. So sollen im Winter berdts Benthiere
von der Beringsstrasse über die Aleuten nach Kamtschatka gewandert
sein. Bisweilen werden auch einzehie Thiere durch ELsschollen ver-
frachtet; wenigstens hat man wiederholt Eisbären auf Eisschollen mitten
auf hoher See angetro£Ren. Auf solchem W^ge sind sie sogar schon
von Grönland nach Island gekommen, wurden aber von den Ein-
wohnem stets sofort nach ihrer Ankunft getödtet Aehnliche schwim-
mende Inseluy nur nicht aus £Ss, sondern aus entwurzelten Stämmen
oder vulcanischen Aschen zusammengefägt, wurden auch in tropischen
Meeren (z. B. bei den Molukken) und auf südamerikanischen Strömen
(Amazonas, Orinooo, La Plata) wahi^genommen. Mehrere von jenen
südamerikanischen Fahrzeugen trugen die seltsamsten Menagerien, denen
selbst Afien und Jaguar nicht fehlten^). Der Zoolog Guilding ist
Zeuge gewesen, wie eine Boa constrictor, um einen Baumstamm ge-
wunden, mit diesem an die Antillen-Insel St Vincent getrieben wurde
(s. Bd. I, S. 510, Nota 1).
Selten hur bilden Oebirge Brücken ftir wandernde Thiere. Immer
sind dies dann Gebirge, die, wie die Cordilleren Amerika's, aus käkeren
Glegenden nach wärmeren führen und in letzteren noch eine solche
Höhe bewahren, dass sich auf ihnen grössere nordische Thiere ans
■) Ludwig K. Schmarda, Die geograplÜBche Verbreitimg der Thiere
Wien 1853. Bd. I, S. 64 ff.
*) Sir Charles Lyell, Prindples of Geology. 12^ ed. London 1875.
Vol. II, p. 364 sq.
VI. Mittel und Schranken der Thi er Verbreitung. (309
den kälteren Gegenden nach den tropischen begeben können, ohne in
andere Klimate herabzusteigen.
Durch Stürme werden nicht nur die Keime von Infusorien und
anderen mikroskopischen Thieren, sondern auch Insecten häufig weit
verschlagen ; zuweilen aber erfasst der Sturmwind selbst Krabben, Fische
und Frösche und treibt sie weit hinweg. Fallen dann die empor-
geschleudorten organischen Körper in Menge auf einer und derselben
Stelle nieder, so spricht man wohl von einem Insecten-, Krabben-,
Fisch- und Froschregen. Früher venvies man dieselben in das Reich
der Fabel. Indess sind derartige Erscheinungen wiederholt gut beobachtet
worden im tropischen Amerika, in Ostindien, China, auf den Sunda-
Inseln, sogar in England und Frankreich. So sah man z. B. im Juli
1826 während eines Sturmes lebendige Fische (einer Cyprinus-Art an-
gehörigj in Muradabad (östlich von Delhi) auf das Gras herabstürzen.
Am 16. und 17. Mai 18ö3 ereignete sich ein Fischregen bei Fatehpur
(wenige Meilen nördlich von der Dschamuna) nach einem heftigen
Wind- und Regensturm, ebenso im Mai 1835 wälu-end eines Sturmes
in Alahabad^).
Thiere sind nur selten im Stande, die Verbreitungsgebiete anderer
Thiere zu erweitern 5 in der Hauptsache werden nur äussere und innere
Parasiten von ihnen weitergetragen. Der Schifishalter (Echeneis remora)
schraubt sich mittelst seiner Kopfscheibe an andere Fische und lässt
sich so auf weite Strecken foi-ttransportiren. Moriz Wagner macht
in seinem Werke „lieber die hydrographischen Verhältnisse und das
Vorkommen der Süsswasserfische in den Staaten Panama und Ecuador"
(München 1864) darauf aufmerksam, dass viele identische Formen von
Fischen an beiden Weltmeeren getroflfen werden, dass also die Ver-
breitungsUnie (Invasionsaxe) an der Landenge von Panama nicht bloss
von Nord nach Süd, sondern zugleich auch von West nach Ost ge-
richtet ist Nur für wenige Fische, wie fui* die Panzerwelse (Loricata),
darf man annehmen, dass sie durch Eigenbewegung jene niedere Wasser-
scheide überschritten haben-, manche mögen vielleicht dm'ch Stürme
und Windhosen von dem pacifischen nach dem atlantischen Theile oder
umgekehrt geweht worden sein. Wahrscheinlich ist es jedoch, dass
fischfressende Pelicane und andere Wasservögel, welche in der Land-
enge von Panama täglich schaarenweise von einer Flussmündung zur
andern fliegen, zur Verbreitung des beiruchteten Laiches, den sie an
den Federn, im Kropf oder im Magen führten, sehr wesentlich bei-
getragen haben.
*) Zahlreiche andere Beispiele finden sich im Ausland 1857, S. 164 f.,
sowie bei Seh mar da, 1. c. Bd. I, S. 193 ff.
Pescbel-Leipoldt, Phjs. Erdkunde. II. 39
610 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
Endlich fördert auch der Mensch tbeils absichtlich, theils unab-
siclitUch die Vergrösserung zahheicher Faunengebiete. Unsere Haus-
thiere folgen dem Europäer bis in die entferntesten Colonien, wo die
ursprünglich geringen Bestände oft in kurzer Zeit zu ungeheuren Heerden
anwachsen. Wir dürfen hier nur an die Millionen von Schafen erinnern^
welche Australien und das Capland bewohnen, und an die Tausende
von Rindern und Pferden, die sich auf den Pampas wild umhertreiben.
Manche Thiere wieder sind lästige Begleiter des Menschen, wie die
Ratten und Mäuse, welche überall anzutreffen sind, wo europäische
Schiffe regelmässig verkehren; noch andere endlich gelangen mit Cultur-
pflanzen oder Früchten nach fernen Ländern, so die Reblaus mit der
Weinrebe, der Coloradokäfer mit der Kartoffel.
Erweisen sich auf der einen Seite manigfache Verhältnisse den
Thieren auf ihrer Wanderung dienstbar, so stellen sich ihnen auf der
anderen Seite auch vielfach unüberwindUche Hindernisse entg^en.
Am seltensten sind Flüsse derartige Schranken, weil sie von den
meisten Thieren leicht überschritten wenlen können. Dennoch ver-
breiten sich nachBates gewisse Vogelarten, welche das eine Ufer des
Amazonas bewohnen, nicht über diesen Strom. Indess ist wohl der
einzige Grund hierfiir der, dass die Vögel auf dem einen Ufer ver-
geblich nach ihrem Pflanzen- und Insectenfutter suchten. Wenn
femer W a 1 1 ac e M und B a t e s zeigen konnten , dass grosse Strome
wie Amazonas und Rio Negro die Grenze zwischen den Verbrei-
tungsgebieten verschiedener Affenarten bilden, so darf man deshalb
nicht denken, dass noch niemals trächtige Mütter über den Strom ge-
langt sind; denn fast alle Vierfiisser smd ausgezeichnete Schwimmer.
j^Ian hat in solchem Falle vielmehr anzunehmen, dass, wenn auch ein
Individuum jenseits des Stromes landete, es das andere Ufer bereits
von Thieren so besetzt fand, dass es vereinzelt im Kampfe um das
Dasein wieder vernichtet wurde. Bär und Bison durchschwimmen den
^üssissippi; im Jahre 1829 ist sogar ein sechs Monate altes Schwein,
also ein Thier, dessen Schwimmfertigkeit stark bestritten wird, vom
Hochwasser zur Mündung des Spey (Schottland) hinausgeführt worden
und hat von dort einen 5 englische Meilen entfernten Landungsplatz
erreicht. So ziehen auch Rehböcke zur Brunstzeit in den canadischen
Seen von Insel zu Insel, um sich den Geissen zu nähern. Die Ratten
hat man in Kamtschatka zur Frühlingszeit häufig über Flüsse, Seen und
Meeresarme schwimmen sehen; ebenso wandern Lemminge (Mus lemmus)
in Schaaren zuweilen von Finmarken in das nördliche Eismeer und
*) Die geographische Verbreituug der Thiere. Deutsch von A. B. Meyer.
Dresden ls76. Bd. 1, 8- 15 f
VI. Mittel und Schranken der Thierverbreitnng. 611
schwimmen seewärts soweit, bis alle zu Grunde gehen. Sogar der
Tiger dringt vom Festland aus schwimmend bis zur Insel Singapore
vor (erst seit 1835 ist seine Anwesenheit auf der Insel bekannt), und
ebenso kommt er von Salsette aus nach Bombay hinüber. Doch dürften
von Landsäugethieren kaum jemals Meeresarme von 20 geographischen
Meilen Breite durchschwömmen werden; Canäle von dieser Breite er-
weisen sich also in Hinsicht auf die Landsäugethiere als eine wirksame
Barriere.
Viel liäufiger als die Ströme bilden die Meere unbesiegbare
Schranken fiir die Thiere ; namentlich können Säugethiere — die Fleder-
mäuse und Wale ausgenommen — selten grössere Meeresräume über-
schreiten. Für die mit Flug- imd Schwimmwerkzeugen ausgerüsteten
Thiere sind natürlich Strei£züge über grosse Meeresgebiete, selbst über
Oceane möglich; für die beständig im Wasser lebenden Thiere ist das-
selbe sogar ein nothwendiges Medium zu einer weiten Verbreitung.
Wie die Meere, so dienen auch die Gebirge bald als Brücken
bald als Schranken für wandernde Thiere. So finden kleine, wühlende
Thiere, wie der für Mitteleuropa charakteristische Igel, (gleich dem
Haidekraut) am Uralgebirge ihre Grenze. Diese Thatsache ist be-
sonders lehrreich, da sich hier deutlich zeigt, dass wir nicht dem Klima
oder der Vegetation, die doch auf beiden Abhängen ziemlich gleichartig
ist, sondern dem Gebirge selbst die Artenscheidung zuzuschreiben
haben. Noch mehr weicht die Thierbevölkerung zu beiden Seiten eines
Gebirges von einander ab, dessen Längenaxe den Breitenkreisen parallel
ist. Dies gilt z. B. von den Pyrenäen, den Alpen, dem Kaukasus und
dem Altai; am schärfsten aber trennen die Kiesenberge des Himalaya
die Fauna Indien's von der des mittleren Asien's, welche beide fast
aller Verwandtschaft entbehren. Selbstverständlich sind nicht die Kamm-
und Gipfelhöhen, sondern die Passhöhen für die Grösse solcher Gegen-
sätze massgebend (vgl. S. 453). Auch sind hohe Bergketten für
Schnecken, Gliederthiere , Reptilien und Säugethiere ein viel grösseres
Hindemiss als für Vögel, ein grösseres für pflanzen- als für fleisch-
fressende Thiere. Insbesondere hemmen Bergländer, welche zugleich
Wasserscheiden sind, die Verbreitung der Wasserthiere ; darum haben
benachbarte Stromgebiete nicht selten eine wenig übereinstimmende
Fischfauna. So sind Flussaal und Lachs charakteristisch für das
Stromgebiet der Elbe, hingegen Wels, Huch und Hausen für das
der Donau. Nicht selten stellen sich grössere Wasserfalle den aufwärts
wandernden Fischen als unüberwindliche Barrieren gegenüber. Kleine
Hindernisse werden von Lachsen übersprungen, von Aalen umgangen;
doch vermögen auch diese Thiere grössere wasserlose Räume nicht zu
überschreiten. Werden Ströme periodisch mit einander verbunden, z. B.
39*
612 Vierter TheiL Das organische Leben auf Erden.
zur Zeit des Hochwassers, so ist der Uebergang der Fische in ein
anderes Stromsystem am leichtesten möglich.
Aber auch Ebenen werden zu Schranken fiir die Verbreitong des
Thierlebens, wenn sie Wüsten sind. Es bewohnen z. B. die zur
Familie der Hirsche gehörenden Species nicht bloss die arktischen Ge-
biete und die der gemässigten Zone, sondern sind auch in den tro-
pischen Waldländem heimisch; denn ihr Gebiet erstreckt sich durch
ganz Amerika und durch ganz Asien (Arabien ausgenommen). Dennoch
fehlen sie dem tropischen Waldlande Afrika's, weil sie den zwischen
Nord- und Südafirika Uzenden Wüstengürtel nicht durchstreifen konn-
ten*). Namentlich bildet die Wüste unpassirbare Barrieren fiir solche
Thiere, welche zu ihrer Existenz der Flüsse bedürfen, wie fiir den
Biber, die Fischotter, die Wasserratte und das Capybara. Selbst kleinere
Thiere, welche sonst rastlose Begleiter des Menschen sind, bleiben zu-
rück, wenn dieser seinen Fuss in die Wüste setzt. So berichtet R o h 1 f s ,
dass kein Floh in der Wüste vorkomme. Wo dieser verschwindet
und plötzhch, wie durch ein Wunder veranlasst, davon absteht, dem
Reisenden zu folgen, beginnt die Sahara, d. h. die G^end der absolut
trookenen Luft^).
Aber auch die Steppe schon gebietet allen denjenigen Thieren
Halt, welche dem Baumleben streng angepasst sind, z. B. den ASen
und Lemuren, den Eichhörnchen, den Opossums, den Baumkatzen
und Faulthieren. Hingegen ist der Wald imzugängUch und daher
eine Schranke fiir das Eameel, das Zebra, die Giraffe und viele An-
tilopen. Selbst gewisse Vögel sind vom Waldlande ausgeschlossen, so
vor allem der Geier. Obwohl derselbe einen hohen Grad von Flug-
fertigkeit besitzt, bewohnt er doch nur relativ kleine Striche in dem
heisseren Süd- und Nordamerika, in Südeuropa, im südlichen Theile
von Asien und in den Wüsten- und Steppengebieten Afirika's. Nicht
durch Feinde ist er auf kleinere Räume zurückgedrängt worden; denn
er ist stark und kampffidiig. Auch waren ihm niigends die örtlichen
Temperaturen hinderlich; denn er verträgt bedeutende Hitze und strenge
Eidte. Da er Aasfresser ist, so ist seine Existenz zimächst an das
Vorhandensein grosser Thiere gebunden (kleinere Uefem ihm keine
brauchbaren Leichname). Aas aber findet er nur in waldlosen Gk)gen-
den, weil er das unter der Walddecke verborgene Aas von oben aus
nicht sehen kann und femer über dem Walde die kräftig au&teigenden
Luftströme fehlen, die ihm den Aasgeruch verschaffen könnten; über-
^) Vgl. G. Jäger's und £. Besser 8 Hinchkarte in Petermann's
MiUheilnogen 1S70, Tafel VL
*) Ausland 1872, S. 1057.
VI. Mittel und Schranken der Thierverbreitung. 613
dies würde es ihm meist sehr schwer werden, in den Wald einzudringen.
Für den Geier ist demnach der Wald ein Verbreitxmgshemmniss *).
Endlich tritt der Mensch den Thieren oft feindlich entgegen;
namentlich vertreibt er die Raubthiere von den Stätten der Cultur. So
hat man in England die Bären 1057 und das Wildschwein zur Zeit
Heinrich's II. ausgerottet. Der Wolf wurde in Schottland 1680, in
England noch früher und in Irland 1710 vertilgt Deutschland war
zur Zeit der Römer von dem Auerochsen, dem Renthier, von Bären
und anderen Raubthieren bewohnt Der letzte Auerochse Deutschland's
wurde 1755 in Ostpreussen, der letzte Bär 1835 in den bayrischen
Alpen erlegt Wolf und Luchs gehen ihrem Aussterben entg^en. Andere
Thiere, z. B. die Gemse, werden ein Opfer leidenschaftlicher Jagd.
>) O. Jäger im Ausland 1866, S. 673 JT.
Vn. Die Fannengebiete der Erde^).
Für die eigenthümliche Elntwicklimg des heutigen Thierlebens in yer-
schiedenen Erdrämnen ist nichts von so tief angreifender Wichtigkeit
gewesen als die Configoration der Ländermassen nnd zwar sowohl in
der Gegenwart wie in der jüngsten geologischen Vergangenheit Anf-
«aUend ist die grosse üebereinstimmung der Arten innerhalb der PoLir-
region; die Yerbreitongsbezirke bilden hier meist Kreisflächen, in deren
Mittelpunkte der Pol liegt Bisweilen ändert sich die Species in der
Neuen Welt; dann sind es aber wenigstens nahe verwandte Arten,
welche einander ablösen. In dem Masse jedoch, in welchem sich die
östliche und westliche Weltinsel nach Süden zu von einander entfernen,
entfremden sich auch die Thierwelten bis zum gänzUchen Verschwinden
der identischen oder stellvertretenden Arten. Unter den Tropen ist
keine einzige Art den beiden Erdhälfien gemein und selbst wenige
Gattungen sind es. Eine weitere Trennung ergiebt sich dann auch
zwischen Afrika und Südasien, indem zwar die generischen Differenzoi
gering sind, die Arten jedoch mit sehr geringen Ausnahmen ganz von
dnander abweichen. Den schärfiten Gregensatz zu dem Thierleben
aller übrigen Länder weist die Fauna Australien's auf.
Indem wir nun dazu übergehen, die grösseren Faunengebiete der
Erde übersichtlich darzustellen, schicken wir voraus, dass hierbei in
erster Linie die höher organisirten Gassen, insbesondere die Säugethiere,
in Betracht gezogen werden soDen; die niederen Thierclassen zu berück-
sichtigen, gestattet der beschränkte Baum nicht
1) Als Haaptqaellen wurden benützt: Andreas Wagner, Die geogra-
phische Verbreitung der Saogethiere, in den Abhandlangen der mathem.-
physik. Classe der Kgl. bayerischen Akademie der Wissenschaften. München
1844— 1S46. Bd. IV, Abth. I, S. 1—146; Abth, 2, S. 37— lOS; Abth. 3, S. 1—1 14.
Ludwig K. Schmarda, Die geographische Verbreitung der Thiere. Wien
1853. Bd. I, li und III. Alfred Rüssel Wallace, Die geographische
Verbreitung der Thiere. Deutsch von A. B. Hey er. Dresden 1S76. Bd. I
und II.
VIT. Die Faunengebiete der Erde. 615
I. Die Provinzen der arktischen und nördlich
gemässigten Zone.
A. Das arktische Gebiet erstreckt sich von der Polargrenze
des Pflanzenwuchses bis zur Südgrenze des Wohngebietes von Renthier
und Polarfiichs. Dasselbe reicht also in der Alten Welt nach Süden
bis zu einer Linie vom Nordende des Bottnischen Busens durch den
Baikal- See zur Amur- Mündung, und in Nordamerika umfasst es im
Westen den Raum nördlich vom 55., im Osten denjenigen nördlich
vom 50. Parallelkreise. Im allgemeinen ist die Zahl der Arten eine
geringe, die der Individuen dagegen eine desto grössere. Da das
vegetabihsche Leben im Sommer nur auf eine km'ze Zeit erwacht, so
ist hier in und an der See das Maximum des thierischen Lebens
zu suchen.
Auf beiden Hemisphären kommen hier vor : unter den Raubthieren
der Wolf (Canis lupus), der Polarfuchs (Canis lagopus), der gemeine
f^chs (Canis vulpes), der Eisbär (ürsus maritimus), femer unter den
Nagern der Biber (Castor), unter den Wiederkäuern das Renthier
(Cervus tarandus), unter den Robben der gemeine Seehund (Phoca
vitulina, neben dieser Art auch Ph. hispida, Ph. groenlandica, Ph.
cristata), das Walross (Trichechus rosmarus), unter den Walen der
gemeine Delphin (Delphinus delphis), der Braunfisch (D. phocaena),
der Schwertfisch (D. orca) und der Weissfisch (D. leucas), der Easchelot
(Physeter macrocephalus) , der gemeine Narwal (Monodon monoceros)
und der Walfisch (Balaena mysticetus). Von den genannten Thieren
haben der gemeine Fuchs, der Wolf, der Seehund, der gemeine Delphin
und der Braunfisch ihren Hauptsitz in dem gemässigten Klima der
weiter südlich liegenden Thierprovinzen. Andere Thiere der Alten
Welt sind in Nordamerika durch wenig abweichende Varietäten ver-
treten, wie das Hermelin (in der Alten Welt Mustela erminea, in der
Neuen M. Richardsonii), das kleine Wi^el (in der Alten Welt Mustela
vulgaris, in der Neuen Putorius Cicognanii), der gemeine Bär (in der
Alten Welt Ursus arctos , in der Neuen ü. americanus u. a.) , die ge-
meine Fischotter (in der Alten Welt Lutra vulgaris, in der Neuen L.
canadensis), der Vielfrass^) (in der Alten Welt Gulo borealis, in der
Neuen Wolverene oder Gulo luscus) und der Argali (Ovis Argali, das
Bighom Amerika's). Die Gattung der Lemminge ist in der Alten
Welt durch Myodes lemmus, M. torquatus, in der Neuen durch M.
hdvolus, M. trimucronatus u. a. vertreten, und der veränderliche Hase
(Lepus variabilis) Nordeuropa's und Sibirien's wird in Amerika durch
') Eigentlich Fiälfrass, im Finnländischen ein Höhlenbewohner.
61(3 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
den Polarhasen (Lepus glacialis) ersetzt Ganz auf die westliche Halb-
kugel beschränkt ist der Bisamochse (Bos moschatus).
Von Vögeln walten in der Baunu*egion die knospenfiressenden
Waldhühner (Tetraoniden), an den Küsten die Schwimmvögel vor.
Unter den letzteren sind namentlich die entenartigen, die Columbiden,
Alken , Raubmöven, mehrere Pu£finus (SturmtaucherJ und Pro6dlaria
(Sturmvogel) hervorzuheben.
Das Renthier und der Hund sind die einzigen Hausthiere (ersteres
allein bei den Völkern Europa's und Asien's, da es in Amerika nur
Gegenstand der Jagd ist), an welche sich hie und da noch die Eider-
gans anschliesst
B. Die gemässigte Zone reicht innerhalb der Alten
Welt in zoologischer Hinsicht von der Südgrenze des arktischen
Gebietes bis zum 30. nördUchen Parallelkreise in Afrika und naheza
bis zum nördlichen Wendekreise in Asien. Es bezeichnen dem-
nach der Adas, die syrisch-arabische Wüste, der Himalaja und die
Gebirge des südlichen China ihren Südrand. Da im Vergleich zu
dem arktischen Gebiete nur wenige Arten mit amerikanischen als
identisch oder stellvertretend zu betrachten, ja selbst zahlreiche Gat-
tungen verschieden sind, so ist diese Thierprovinz von der unter gleichen
Breiten liegenden amerikanischen zu trennen. Die meisten der iden-
tischen oder stellvertretenden Arten kommen naturgemäss noch in dem
nördlichen Theile dieses Gebietes vor. Es ist einleuchtend, dass auf
so ungeheurem Räume, bei so manigfachem Klima und so häufig
wechselnder Bodenerhebungsform die Fauna örtlich ihren Charakter
nicht unwesentlich ändert Namentlich weisen Mitteleuropa und Süd-
sibirien, die kaspischen Steppen, die Mittelmeerländer, Centralasien und
Japan je eine Fauna von eigenartigem Charakter auf.
1) In den dichtbevölkerten westlichen Ländern Mitteleuropa's
sind zalilreiche Arten ausgerottet worden ; nur in den gering bevölkert^]
östlichen Theilen Europa's und^n Sibirien zeigt sich die Fauna noch in
ihrem Naturzustande.
Bemerkens werth ist das Erscheinen zahlreicher Fledermäuse (aus
den Gattungen Rhinolophus und Vespertilio), die dem Polarreiche gänzlich
fremd sind. — Unter den Insectenfressem ist der gemeine Igel charakte-
ristisch, da er den Ural nicht überschreitet; weiter nach Norden und
Osten (bis zur Lena) geht der gemeine Maulwurf, sowie die Spitzmaas
(Ix^sonders Sorex fodiens und S. pygmaeus). — Die fleischfressenden
Thiere sind vertreten durch den braunen Bären, den Dachs, zahlreiche
Marder (Mustela, unter ihnen vor allem der Edelmarder, M. marfces,
und Steinmarder, M. foina, in Europa, der Zobel, M. zibellina, und der
Eulon, M. sibirica, in Sibirien), den Vielfrass, die Fischotter, den Wolf^
VII. Die Faunengebiete der Erde. 617
den Fuchs und mehrere Katzen (den Silberluchs, Felis cervaria, in
Skandinavien und im nördlichen Russland, ausserdem noch in Sibirien
und dem Kaukasus, den gemeinen Luchs, FeUs lynx, fiüher in dem
ganzen mittleren Europa, jetzt nur im Osten von Oalizien und Sieben-
bürgen und in den höheren westlichen Gebirgen, und die Wildkatze,
Felis catus ferus, in den Waldungen des westUchen Theiles).
Die Nager sind zwar in zahlreichen Arten vorhanden; doch ent-
behrt Mitteleuropa jeder eigenthümUchen Gattung. Das ganze Wald-
gebiet Mitteleuropa's und Sibirien's wird von dem gemeinen Eichhorn
(Sdurus vulgaris) bewohnt, während die Ziesel (besonders der gemeine
Ziesel, Spermophilus citillus) nur im südöstlichen Theile Europa's und in
dem angrenzenden Asien und das Alpen-Murmelthier (Arctomys marmota)
nur über der Holzr^on in den Alpen und der Tatra angetroffen wird.
Die Schläfer (Myoxus) fehlen in Nordeuropa gänzUch und bis auf den
Billich (Myoxus glis), die verbreitetste Art, auch in Osteuropa. Die
Spring- und Wurfinäuse suchen nur die Steppen Russland's und Un-
gam's auf; hingegen vermisst man nirgends die Mäuse, von denen
die drei in den Häusern sich aufhaltenden Arten, die Wanderratte
(Mus decumanus), die schwarze oder Hausratte (M. rattus) imd die
Hausmaus (M. musculus) die bekanntesten sind. Das Gebiet des ge-
meinen Hamsters (Gricetus frumentarius) ist im Westen durch den
Rhein, im Osten durch den Ob begrenzt. Unter den zahlreichen Feld-
mäusen (Hypudaeus) ist die Wasserratte (H. amphibius) die grösste
und die gemeine Feldmaus (H. arvalis) die an Individuen zahlreichste
imd daher auch verderblichste Art. Der Biber ist an vielen Orten
nahezu ausgerottet und erscheint nur vereinzelt an der Donau, der
Elbe, dem Rhone, in Siebenbürgen, im östlichen Europa und süd-
lichen Sibirien. Aus der Familie der Hasen ist der gemeine Hase
(Lepus timidus) für das mittlere Europa besonders charakteristisch;
denn er gelangt weder nach dem Norden Europa's, noch nach Sibirien,
wo er durch den veränderlichen Hasen (L. variabiUs) abgelöst wird.
Dies gilt auch fUr das nördUche England und Scliottland; in Irland
verschwindet der gemeine Hase gänzlich und wird durch den Lepus
hibernicus ersetzt.
Die Dickhäuter sind nur durch das Wildschwein (Sus scrofa)
repräsentirt, dessen Revier vom 55. Grad n. Br. bis Nordafrika und
nach Ostei^bis zum Baikal-See und Himalaya reicht — Die Wieder-
käuer bewohnen zum Theil die Waldungen, zum Theil die Hochgebirge.
Das Elen oder der Elch (Cervus alces) geht von der nördlichen Wald-
grenze Skandinavien's und Russland's bis zu den Mooren von Pinsk,
sowie von Polen und den russischen Ostseeprovinzen bis zum Pen-
schinskischen Meerbusen (Nordostspitze des Ocbotskischen Meeres) und
618 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
zur unteren Eolyma. In Russland nimmt die Zahl der Individuoi
wegen vermehrter Nachstellung ab ; in Deutschland ist das EHen bereits
ausgestorben bis auf einen kleinen Bestand im Ibenhorster Forste (Ost-
preussen). Dasselbe Scliicksal theilt der Edelhirsch (C. elaphus), der
zwar in denjenigen G^enden Deutschland's , wo er geschont wird,
noch häufig ist, im übrigen Mitteleuropa jedoch und ebenso in Süd-
europa immer seltener wird, jenseits der Weichsel aber in der Ebene
fest gar nicht mehr anzutreffen ist. Dagegen findet er sich in Menge
in den bewaldeten Vorbergen des Kaukasus und des Altai. Fast den-
selben Verbreitungsbezirk hat das Reh; nur reicht dieser weiter nach
Südosten. Auf die Hochgebirge Mitteleuropa's beschränkt sind die bei
uns vorkommenden Arten aus den Gattungen Capra und Antilope: der
mit gänzlicher Vertilgung bedrohte Steinbock (Capra ibex in den Alpen,
Capra pyrenaica in den Pyrenäen) und die Gemse (Antilope rupicapra
in den Alpen, Pyrenäen und Karpathen). In den Steppenländem Süd-
russland's tauchen gewissermassen als Vorposten ihres eigentlich asia-
tischen Bezirkes einzelne Rudel der Saiga- Antilope auf. Der colossale
Wisent (Bos bonasus) ist in Deutschland längst vernichtet; in dem
grossen Forste von Bialowicza wird er gehegt, und nur im Kaukasus ist
er noch im Naturzustande vorhanden.
Während sich die Wasservögel, wenn auch nicht an Arten, so
doch an Individuen im Vergleich zur Polarregion hier bedeutend ver-
ringern, nehmen die Landvögel an Zahl und Manig&higkeit nach Süd^i
rasch zu. Hervorzuheben sind vier Geier, der die nordischen Eulen
vertretende grosse Uhu (Bubo maximus) und zahlreiche Falken, femer
eine Reihe kömer- und insectenfiressender Singvögel, unter ihnen vor
allem die Nachtigallen. In der südlichen Region gesellen sich zu ihnen
der Immen wolf und der Eisvogel (Merops apiaster und Alcedo ispida),
der Wiedehopf (Upupa) und der goldfarbige Pirol. Unter den Kletter-
vögeln sind die Spechte am zahlreichsten, unter den Tauben die
Turteltaube (Columba turtur), unter den Hühnern die Wachtel und
das Rebhuhn.
Die Reptilien erlangen nicht im entferntesten jenen Artenreichthum
und jene Grösse wie in südlicheren oder wohl gar tropischen Gebieten.
Von den Süsswasserfischen gehört die Mehrzahl den Cyprinoiden an.
In entomologischer Hinsiclit ist das Vorwalten der räuberischen Lauf-
käfer (Carabicini) und der kurzflügeUgen Raubkäfer (Staphylini) be-
merkenswerth. Die Schmetterlinge sind durch kleinere Formen, kurzen,
runden Flügelschnitt, mattes, wenig buntes Colorit und feine Zeichnung
charakterisirt.
2) Die kaspischen Steppen nähern sich bezüglich ihrer Fauna
im Norden und Nordosten der Polarprovinz, im Westen aber der von
VIL Die Faunengebiete der Erde. 019
Südosteoropa, da nach beiden Sichtuiigen hin der Verbreitong der
Thiere keinerlei Schranken entgegenstehen. So stimmen die Fleder-
mäuse fiist alle mit den enropäischen überein, ebenso die Insectivoren
bis auf den gemeinen Igel, der durch £>inaceus auritus ersetzt wird,
und eine Spitzmaus, Sorex pulchellus. — Der grossen Fleischfinesser
entbehrt die Steppe gänzlich; es sind vielmehr nur einige kleinere
Eatzenarten hier heimisch. — Hing^^en dominiren in ganz auffiülender
Weise die Nager, unter denen wir nur die baumbewohnenden fjch-
hömchen und Schläfer Termissen. Passende Lebensbedingungen finden
z. B. mehrere Ziesel (Spermophilus), ein Murmelthier (der Bobak,
Arctomys Bobac), zahlreiche Springmäuse (Dipus- und Scirtetes-Ärten ),
die unterirdisch hausenden und blinden oder wenigst^is sehr blöd-
sichtigen Wurfinäuse, eine Reihe von Mäusen, der gemeine Hamster
neben fünf anderen Cricetua- Arten, die in Europa fehlende Grattung
Rhombomys, Terachiedene Feldmäuse (Hypudaeus), der dem Wasser
folgende Biber, das Stachelschwein, sowie mehrere Hasen (insbesondere
der Tolaihase, nur an den Vorheizen des südlichen Ural der ge-
meine Hase).
Von den Hufthieren schweifen wilde Pferde und flsel durch die
Steppe ; ihre Heimath li^ jedoch weiter im Osten auf dem asiatischen
Hochlande. — Die Dickhäuter sind durch die Wildschweine vertreten,
die überall im Rohigebüsch der Flüsse sich umhertreiben. — Unter
den Wiederkäuern vermissen wir die Hirsche, welche die Steppe über-
haupt meiden; dafiir aber sind jenen Grasfiächen zwei Arten von
Antilopen eigenthümlich : die Saiga- Antilope und die A« subgutturosa
(die gelbe Zi^e der Chinesen). Erstere wandert oft in grossen Heerden
über den Uralfluss nach Russland« Sehr merkwürdig ist das Vor-
kommen von Robben im Kaspischen Meere, nämlich einer dem gemeinen
Seehunde (Phoca vitulina) nahe verwandten Art, der Phoca caspia.
Die Vögel sind im turkestanischen Steppenlande nur spärlich vor-
handen. Die im Frühling erscheinenden Wasser- und Steppenvögel
ziehen bei beginnender Dürre wieder ab, und auch die Landvögel
(unter ihnen das fiir die asiatischen Steppen charakteristische Pallas'sche
Fausthuhn, Syrrhaptes paradoxus) werden nur vereinzelt wahrgenommen.
Ueberraschend gross hing^en ist der Reichthum an Amphibien, zu
denen nicht weniger als 60 Species (vor allem 22 Eidechsen und 19
Schlangen) gehören.
3) Die Mittelmeerländer bieten hinsichtlich ihrer Fauna eben-
soviel Eigenartiges wie hinsichtlich ihrer Flora, und dabei bildet der
ganze Gestadering ein einheitliches zoologisches Ganze. Besonders ist
die Uebereinstimmung Südspani^i's und Nordwestafrika's, die firüher
offenbar durch einen Isthmus mit einander verknüpft waren, eine aussei
€20 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
ordentlich grosse, so dass man mit Recht gesagt hat, Afrika &nge mit
der Sierra Morena an.
Wie von den Pabnen, so hat auch von den Afien eine Art die
Küsten Eoropa's erreicht: der im Innern Nordafrika's häufige Affe
Inuus ecaudatns (Hundsaffe, Magot), welcher sich auf dem Gibraltar-
felsen angesiedelt hat. — Ebenso dringen zahlreiche tropische Formen
der Fledermäuse, vor allem Drsopes Cestoni, bis nach Südeuropa vor.
Die Insectenfi'esser sind zum grössten Theile dieselben wie im
mittleren Europa; charakteristisch fiir dieses Gebiet sind jedoch dne
Spitzmaus, Sorex etruscus, und der blinde Maulwurf (Talpa coeca),
der vom mitderen Italien an den gemeinen Maulwurf ersetzt — Von
den Fleischfi^essem gelangt der braune Bär aus Mittdeuropa bis in die
Pyrenäen und in die Abruzzen. Die Marder, deren Verbreitungsbezirk
ganz mit dem der Nadelhölzer zusammenfallt, sind in Südeuropa die-
selben wie im Norden unseres Erdtheils; in Nordafrika sind sie vei^
treten durch das Frettchen (Mustela frtro) und das ägyptische Wiesel
(M. subpalmata). Aus den Grattungen Viverra und Herpestes trifft
man die durch ganz Afrika gehende Genett-Eatze (Viverra genetta)
auch in Spanien und Südfi-ankreich und den Ichneumon oder die
Pharaonsratte (Herpestes ichneumon) in Aegypten; statt der letzteren
findet sich in der Berberei H. numidicus und in Spanien (Sierra Morena)
H. Widdringtonii. Der Wolf wird nur auf den drei südeuropäischen
Halbinseln beobachtet Hing^en fehlt der Fuchs keinem Thdle, ist
jedoch in den einzelnen Ländern dgenartig ge^bt Der Schakal be<
wohnt in Europa nur einige dalmatinische Inseln und Morea, ist jedoch
in Vorderasien und Nordafiika sehr häufig; die gestreifte Hyäne (Hyaena
striata) aber gehört nur Westasien und Nordafiika an und wird boeits
in Kordoian von der gefleckten Hyäne (IL crocuta) abgelöst Von
Katzenarten kommen die gemeine Wildkatze (Felis catus) und mehrere
Luchse in Südeuropa und Westasien vor, die Pardelkatze (F. pardinai
in Portugal und Spanien, der Karakal und Stiefelluchs (F. caligata)
in Nordafiika und Vorderasien. Der Löwe, noch zu Xerxes' 2^ten
in Griechenland heimisch, ist auf den Südrand und Westasien beschränkt
und der Leopard sogar allein auf Nordafiika; doch werden beide hier
immer seltener.
Die ziemlich zahlreichen Nager stammen zum grossen Theil aus
den benachbarten Steppen. Ausser unserem gemeinen fSchhömchen
weist Südeuropa noch zwei ihm sehr ähnliche Arten auf; aus Nord-
afiika ist nur Sciurus getulus bekannt Drei Schläfer, nämlich der
Billich (Myoxus glis), der Gartenschläfer (M. nitela) und die Haselmaus
(M. muscardinus), sowie eine Wurfmaus (Spalax typhlus) haben sich
nur diesseits, die Springmäuse (IKpus), deren eigentliche Heimath die
VII. Die Faunengebiete der Erde. 621
asiatischen Steppen sind, ausschliesslich jenseits des Mittelmeeres an-
gesiedelt. Zu den mitteleuropäischen Mäusen gesellen sich hier noch
mehrere andere, wie Mus lectorum (Dachratte) in Aegypten und Italien,
M. Orientalis an den Küsten des Rothen Meeres, M. barbarus in der
Berberei u. a. Der Hamster ist bis auf Vorderasien allen Mittelmeer-
ländem fremd. Die Feldmäuse (Hypudaeus) gehen nicht über Europa
hinaus; dafür beherbergt Nordafrika steppenbewohnende Rennmäuse
(Meriones), Rautenmäuse (Rhombomys) und Sandratten (Psammomys).
Das Stachelschwein, dessen Verbreitungsgebiet vom Caplande bis Rom
reicht, fehlt keinem Ufer des Mittelmeeres. Das wilde Kaninchen und
der gemeine Hase finden sich nur im südhchen Europa-, für den letzteren
tritt auf Sardinien der Lepus mediterraneus und am Rothen Meere der
L. aegyptius auf.
Von den Dickhäutern ist das gemeine Wildschwein fast in allen
sumpfigen Buschwaldungen um das Mittelmeer zu Hause. Von den
Einhufern schwärmen das wilde Pferd und der wilde Esel aus Hinter-
asien bis nach den iranischen Steppen. — Aus der Ordnung der
Wiederkäuer treffen wir den Damhirsch (Cervus dama) an sämmtlichen
Gestaden des Mittelmeeres, den Edelhirsch (C. elaphus) hingegen nur
an den nördUchen und östhchen, das Reh nur in Italien. Von Antilopen,
welche Südeuropa ganz entbehrt, hat Nordafrika ausser anderen Arten
die charakteristische Antilope dorcas (gemeine Gazelle). In den Gebirgen
Spanien's und der europäischen Türkei, sowie auf Corsica, Sardinien
und Cypem leben mehrere wilde Schafe, nämlich Ovis musimon (sar-
dinischer Muflon) und O. cypria (cyprischer M.), welche im Orient
durch O. orientaHs (orientalischer M.) und in Nordafrika durch 0.
tragelaphus (afrikanischer M.) ersetzt werden.
Die Vögel der Mittelmeerländer zeigen .nahezu dieselben Verhält-
nisse wie diejenigen Mitteleuropa's. Die Geier werden südlich der
Alpen zahlreicher, da sich hier ausser den mitteleuropäischen Arten
noch Vultur aegyptius und V. percnopterus vorfinden. In Nordafrika
und Westasien ist ihre Individuenzahl eine so grosse, dass sie im Verein
mit den Hunden eine erupriessliche Thätigkeit als Wohlfahrtspolizei aus-
üben, indem sie das Aas hinwegschaffen. Unter den Adlern ist der
Kaiseradler (Aquila imperialis) am wichtigsten. Statt der grossen mittel-
und nordeuropäischen Eulen treten kleinere Eulen auf, welche die
wandernden Züge der kleinen Landvögel nach Nordafiika begleiten.
Charakteristische Wad- und Schwimmvögel sind die Flamingos, die
LcJffelreiher, der Ibis, mehrere Reiher (Purpurreiher, kleiner Silber-
reiher, Rallenreiher), der gekrönte und der numidische Kranich (Grus
pavonia und G. virgo) und die Pelicane. Der afrikanische Strauss
dringt bis in's nordwestliche Afrika vor.
622 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
Von den 60 Species der Reptilien gehören 6 zu den Schildkröten,
18 zu den Eidechsen und ebenso vide zu den Schlangen und zu den
Batrachicreu. Die Süsswasserfische, welche eine geringere Manig&itig-
keit darbieten als im mittleren Europa, sind vorwi^end Cyprinoiden. —
Die Gliederthiere sind in hohem Grade formenreich.
4) Das centrale Hochasien, d.h. das grosse Hochland zwischen
dem Pamir-Plateau, dem Himalaya, dem chinesischen Alpenlande und
dem Altai, ist besonders wichtig als die ursprüngliche Heimath mehrerer
unserer Hausthiere, namentlich der Hufthiere unter ihnen.
Affen haben hier nii^ends einen ständigen Wohnsitz. Die Fleder-
mäuse und Insectenfresser sind wenig bekannt. — Von den Fleisch-
firessem kommt der braime Bär im Altai vor, während Ursus torquatus
und U. isabeUinus dem Himalaya eigenthünüich sind. Die Gattung
der Marder ist in ansehnlicher Menge vorhanden ; so hat man den Iltis,
den Zobel, Mustela altaica und M. alpina im Altai und mehrere andere
Arten in den Gebirgen Nepal's gefunden. Vom Altai bis zu den nord-
chinesischen Hochgebirgen reicht der Alpenwolf (Canis alpinus); der
Wolf und der Fuchs begleiten den ganzen Xordabhang Hochasien's.
Unter den ftinf Arten des Katzengeschlechtes iist der Irbis ( Felis irbis i
dem ösdichen Hochasien eigenthümlich ; der Panther und Tiger sind
vielfach auf demselben getroffen worden , letzterer sogar nordwärts bis
nach Sibirien und westwärts bis an den Araxes. — In der Mongolei und
auf den nördlichen Bandbergen sind der Tolaihase und der veränder-
Uche Hase häufig, an die sich im Süden der Lepiis tibetanus anschliesst.
Sehr charakteristisch aber sind zwei Pfeifhasen: Lagomys ogotona und
L, alpinus.
Recht bezeichnend für die Steppe sind vor allen anderen Thieren
drei Einhufer: das Pferd, welches seinen Hauptsitz in den iranischen
und mongolischen Steppen hat, aber in grösseren oder kleiner^i Heerden
bis zum südöstlichen Russland und zum Japanischen Meere vordringt
der wilde Esel (Kulan, Onager), der vorzüglich in der iranischen und
tatarischen Steppe zu Hause ist, und der die Gobi durchschwdfende
isabellgelbe Dschiggetai mit schwarzer Mähne (Equus hemionus).
Die Dickhäuter fehlen bis auf das gemeine Wildschwein, welchem
man in den unteren Theilen des Altai beg^net; dagegen bilden die
Wiederkäuer einen Haupttheil der Thierbevölkerung Hochasien's. Zu
ihnen gehören das Trampelthier (Camelus bactrianus), das auch im
wilden Zustande von Turkestan bis China verbreitet ist, das Bisam-
thier (Moschus moschifenis) , welches alle Hochgebirge, aber auch nur
diese zwischen 20 und 60^ n. Br., 90 und 1G6" ö. L. v. F. bewohnt,
sowie, nur im Norden vorkommend, das Renthier, das Elenthier, der
Edelhirsch und das Reh (Cervus pygargus); am Himalaya stellen sich
VII. Die Faunengebiete der Erde. 623
andere Hirscharten ein, vor allem der statdiche Axishirsch. Unter den
Antilopen nimmt die A. gutturosa den ersten Rang ein. Die ziemlich
zahlreichen Wildschafe und Wildziegen sind meist noch nicht mit
Sicherheit bestimmt. Von den ersteren nennen 'wir einen Muflon (Ovis
Vignei, in Klein-Tibet) , den Nahur (Ovis Nahoor, Sna der Tibetaner,
auf beiden Seiten des Himalaya) und den in verechiedenen Arten auf-
tretenden Argali, von den letzteren den sibirischen Steinbock (Capra
sibirica, auf den Gebirgen vom Altai bis nach Kamtschatka), den
himalayischen Steinbock, den Iharal (Capra iharal) und eine riesenliafte
Ziege, welche in Afghanistan Mar-Khur, in Klein-Tibet Rawacheh heisst.
Eines der nützlichsten Thiere ist eine dem hinteren Hochasien eigen-
thümliche Rinderart, der Yak oder Grimzochse (Bos grunniens), welche
sowohl gezähmt als auch wild vorkommt.
Um die Seen und Flüsse der Randgebirge, sowie um die Salz-
lagunen der Steppe und Wüste schaaren sich zahlreiche Sumpf- und
Wasservögel, besonders Kraniche, wilde Gänse und Schwäne. Die
trockene Steppe aber ist von Rebhühnern, Haselhühnern, Steppen- und
Sandhühnern, Wachteln und Trappen belebt, wie denn überhaupt
kleinere Hühnerarten unter den Landvögeln vorzuherrschen scheinen.
Im allgemeinen dürfte die Vogelfauna Hochasien's mit derjenigen der
kaspischen Steppen nahe verwandt sein.
Ueber die Reptüien wissen wir nur weniges. Frösche und Schlangen
fehlen wohl gänzKch und zwar die ersteren wegen des Wassermangels,
die letztöi-en wegen der Höhe des Landes, da die Schlangen selbst
unter den Tropen hohe Berggebiete meiden.
5) Japan zeigt hinsichtlich seiner Fauna nicht nur viele Be-
ziehungen zu dem benachbarten Festlande, sondern auch nicht wenige
zu Mitteleuropa; hingegen deuten von den Säugethieren nur drei Species
auf die nordamerikanische Fauna hin.
Wie in Nordafrika und Furopa, so wird auch hier der Palmen-
wuchs von einem Affen, Inuus speciosus, begleitet, also von einem
Affen, welcher derjenigen Art (Inuus ecaudatus) nahe steht, die auf
der Westseite der Alten Welt ebenfalls am weitesteh nach Norden vor-
geschoben ist — Von den 10 Fledermäusen stammen die finicht-
fi-essenden (2 Pteropus - Arten) aus der tropischen Zone; hingegen
sind die insectenfressenden (2 Rhinolophus- und 6 Vespertilio-Arten)
bis auf zwei mit Europa identische Arten von Vespertilio Japan eigen-
thümlich.
Die Insectenfresser gehören theils der Familie der Spitzmäuse an (vier
Sorex- Arten), theils derjenigen der Würfe (unter ihnen die neue Gattung
Urotrichus, während unser Maulwurf, Talpa europaea, durch Talpa
wogura ersetzt wird) ; der Igel ist wahrscheinlich aus China eingeftihrt. —
624 Vierter TheU. Das orgauische Leben aaf Erden.
Keich an Gattungen und Arten sind die Fleischfresser. Von den Bären
hat Japan einen mit Indien gemein (Ursus tibetanus), den anderen
mit dem westlichen Nordamerika (U. ferox). Die Gattungen Meles
(Dachs) und Mustela (Marder) sind nur durch wenige dem Inselreiche
eigenthümUche Arten vertreten. Die Fischotter ist von der unsrigeo. die
Seeotter von der nordamerikanischen nicht specifisch unterschieden. Dt-r
japanische Wolf, Canis hodophilax, ist dem europäischen und amerika-
nischen sehr ähnlich; der wilde Hund, C. nipon, gleicht in Grösse,
Gesfcilt und Färbung dem neuholländischen Dingo, und der in China
heimische C. procyonoides ist auf Japan durch den C. viverrinus reprä-
sentirt Zu diesen Japan eigenthümlichen Hunden kommt noch der
nur durch schwache Farbendifferenz ausgezeichnete japanische Fuchs
(C. vulpes japonica), sowie der mit dem amerikanischen Rothfuchs
übereinötimmende C. fulvus; beide sind in reichster Menge vorhanden.
Von Katzen findet sich auf Japan nur die Hauskatze.
Die Nager Japan's sind ein grosses Flughömchen, Pteromys leu-
cogenys, und die viel kleinere Art P. momoga, femer zwei Varietäten
unserer Eichhörnchen, ein eigenthümlicher ^Siebenschläfer, vier eigen-
thümliche Clause neben der Wanderratte (Mus decumanus) und der
Haubinaus (M. musculus) und endlich der japanische Hase. — Unter
den Zahnlückem erscheint ein Schuppenthier (Manis), dessen Panzer
zur Herstellung von Hausgeräthen benützt wird. — Grosse Hufthiere
fehlen ganz. Ein kleines Schwein (aus leucomystax), ein kleiner Hirsch
(Cervus sika) und eine mittelgrosse Antilope mit grobem, langem und
gekräuseltem Haare (Antilope crispa) sind nebst dem japanischen Hasen
die wichtigsten Jagdthiere der Japanesen. — Von den fiobben hat man
an den Küsten Japan's den KSteller'schen Seelöwen, sowie zwei Seehunde
(Phoca groenlandica und Ph. barbata) getroffen.
Die Vogelfauna Japan's ist der mitteleuropäischen nahe verwandt;
doch werden die Geier vermisst, und die Zahl der Eulen ist geringer.
Von den 29 Reptilien bewohnen 3 Schildkröten und 4 Schlangen
das Meer. Die 22 Landreptilien sind nur zum geringeren Theile
Eidechsen und Schlangen; nicht weniger als 11 Arten sind Batrachier,
zu denen der einen Meter lange, einem riesigen Molche ähnelnde Riesen-
Salamander (Megalobatrachus) gehört.
C. Das gemässigte Nordamerika um&sst den Riiimi zwischen
der Südgrenze der arktischen Fauna und dem Südrande des mexica-
nischen Hochlandes. Bei dem manigfachen Wechsel von Tiefebene
und Hochebene^ Mittelgebirge und Hochgebirge, Waldland, Steppe und
Wüste ändert sich natürlich innerhalb dieses Gebietes der Charakter
der Fauna viel&ch. Besonders deutlich zeigt sich bei einer Vergleichung
der nordamerikanischen Fauna mit der aussertropischen der Alten Welt^
VII. Die Faunengebiete der Erde. 625
dass nach Süden hin die identischen oder stellvertretenden Arten mehr
und mehr abnehmen und zuletzt ganz verschwinden. Nordamerika
besitzt wenig eigenthümUche Gattungen ; dagegen sind mehr Ordnungen
als in der Alten Welt repräsentirt
AflFen kommen in den wärmeren Theilen von Mexico noch vor,
ohne jedoch Louisiana oder Florida zu erreichen. — Die Fledermäuse
tragen ähnliche Charakterzüge an sich wie in den analogen Breiten der
Alten Welt: wie dort das tropische Geschlecht Dysopes mit einer
Spedes (D. Cestoni) bis nach Italien vordringt, so gehen Dysopes-Arten
und Desmodus murinus, gleichfalls eine tropische Species, bis nach
Mexico und in die Vereinigten Staaten. Alle übrigen Fledermäufle
zählen zu den Geschlechtem Vespertiho und Nycticejus; indess sind
nur die Gattungen, aber nicht auch die Species identisch.
Die Insectenfresser haben ebenfalls den Typus derjenigen der Alten
Welt; einen um so schärferen Gegensatz bezeichnen sie zu Südamerika,
welchem Continent diese ganze Unterordnung fehlt. Von der zahl-
reichsten Gattung, derjenigen der Spitzmäuse (Sorex), sind 15 Species
beschrieben. Die Gattungen Scalops (Wassermaulwurf) und Ehinaster
ersetzen die Myogale (Rtlsselmaus) der Alten Welt. — Die Fleischfresser
zeigen sowohl europäische wie südamerikanische Typen. Ihre relativ
weite Verbreitung erklärt sich daraus, dass sie von den Vegetations-
verhältnissen viel weniger abhängig sind als andere Thiere. Acht
Gattungen der Alten Welt erscheinen auch in Nordamerika, nämlich
Canis (Hund), Felis (Katze), Meles (Dachs), Ursus (Bär), Gulo (Viel-
frass), Mustela (Marder), Lutra (Fischotter), Enhydris (Seeotter) •, diesen
gehören die meisten Arten an. Vier von den genannten Gattungen
(Ursus, Lutra, Canis und Felis) sind auch in Südamerika vertreten, die
anderen vier nicht. Vier oder flinf Gattungen, nämlich Procyon (Wasch-
bär), Nasua (Nasenthier), Cercoleptes (Wickelbär), Mephitis (Stinkthier),
vielleicht auch GaUctis (Grison), sind Nord- und Südamerika gemein-
schafUich, und nur die Gattung Bassaris (in den gemässigten Regionen
Mexico's) ist Nordamerika eigenthümlich. Mit der Alten Welt völlig oder
nahezu identische Arten sind die Seeotter, der braune Bär, der Wolf und
der Vielfrass oder die Wolverene (Gulo luscus). Vicarirende Arten, von
den europäisch-asiatischen Arten meist nur durch die grössere Feinheit
des Pelzes unterschieden, treffen wir namentlich unter den Mardern (so
Mustela huro fiir M. martes, M. Richardsonii für M. erminea, M. pusilla
für M. vulgaris, M. vison für M. lutreola). In Nord- und Südamerika
identische Formen sind Felis concolor (der Ghiguar, Puma oder amerika-
nische Löwe), F. onca (Jaguar, Unze), F. pardalis (Pardelkatze, Ozelot),
F. yaguarundi ( Yaguarundi) , femer Galictis barbara (?) (die Hyrare),
Nasua sociaUs (der gesellige Cuati), Cercoleptes caudivolvulus (Wickel-
Peschel-Leij>ol dt, Phys. Erdkunde. Tl. 40
626 Vierter TheiL Das organische Leben auf £rden.
bär), von denen jedoch nur die beiden ersteren wdt nach Norden
gehen (der Cuguar sogar bis Obercanada), während die anderen aus-
schliesslich die wärmeren Ölenden Mexico's bewohnen. Von den
Bären hat der braune Bär seinen Hauptsitz auf der waldlosen Tundra,
der schwarze Bär (Ursus americanus) jedoch inmitten der Waldzone;
der Grieselbär (Ursus ferox) ist auf die FeU^ngebirge und die an-
grenzenden östhchen Niederungen beschi^üikt. Der Waschbär (Procyon
lotor) dringt bis zum 60. Breitengrade vor. Das Stinkthier (7 — 8 Arten)
wird in den warmen TheUen von Mexico und Califomien gefunden;
doch trifft man Mephitis Cühinga bis zum 61. Breitengrade. Neben dem
eigentlichen Wolfe, der dem unsrigen gleicht, durchschweifen der Prairie-
Wolf (Canis latrans), der dreifarbige E\ichs (C. cinereo-argenteus) und
der Kitfuchs (C. velox) das Land bis zum 55. Breitengrade. Im ganzen
giebt es hier 8 Spedes der Grattimg Canis. Der Rothluchs (Felis ru&)
ist von Canada bis Mexico, der canadische Luchs (F. borealis) vom
43. bis 66. Breitengrade verbreitet
Von den Beutelthieren, welche der ganzen nördlich gemässigten
Zone der Alten Welt fehlen, erscheinen 3 Species in Mexico und in
dem südlichen Theil der Vereinigten Staaten. Sie zählen sämmtlich
zu dem Geschlecht der Beutelratten (Didelphys). — Reich bevölkert ist
Nordamerika von Nagern; dieselben übersteigen die Zahl 130, d. h. sie
machen % oder vielleicht einen noch grösseren Theil der sämmtlichen
Arten der Säugethier&una aus, und hierbei sind nicht weniger als 9
Gattungen Nordamerika eigenthümUch. In den Wäldern sind die in
27 Arten auftretenden Eichhörnchen sehr häufig; das Gkbiet des
Tschickari (Sciurus hudsonius) erstreckt sich bis zum 69. Grad n. Br.,
während andere, wie das grosse Fuchseichhom (Sc capistratus) und
Sc. carolinensis nur bis Viiginien, resp. Connecticut gelangen. Von
den 4 Flughömchen geht Pteromys volucella von Canada bis Mexico.
Schaaren von Zieseln und Murmelthieren beleben die Prairien; beson-
ders häufig ist am oberen Missouri Arctomys ludovidanus, der wegen
seines GebeUs auch Prairiehund genannt wird. Zu den Springmäusen
gehören zwei zwischen dem 40. und 60. Breitengrade lebende Jacuhis
(Hüpfinaus). Die zahlreichen Wurfiaaäuse der Gattung Ascomys, welche
besonders die Prairien au&uchen, zeichnen sich von den anderen
durch ihre eigenthümlichen Backentaschen aus, welche sich auf der
Aussensdte der Wangen öfihen. Die über die ganze östUche Hemisphäre
verbreitete Gattung Mus entbehrte Amerika merkwürdiger Weise gänz-
lich, bevor eine regere Schiffiahrt diesen Continent mit Europa ver-
knüpfte; jetzt fireilich vermisst man Mus decumanus, M. ratlus tmd M.
musculus fast in keinem grösseren Theile. Der Hamster wird durch einen
kleinen Oicetomys ersetzt Die Gattungen Neotoma, Sigmodon und Fiber
VII. Die Faunengebiete der Erde. 627
(F« zibetbica», die Bisamratte) sind Nordamerika ganz eigentbümlich.
Hingegen hat es mit der Alten Welt die Feldmäuse und Lemminge gemein.
Der Biber ist mit dem der Alten Welt völlig identisch. Unser Stachel-
schwein ist in Nordamerika durch die diesem Continente eigenthümÜche
Gattung Erethizon und in Mexico dm*ch den brasilischen Cercolabes
prehensilis repräsentirt. Die Hasen, welche in Südamerika sehr spärlich
sind, zeigen sich in Nordamerika in grosser Anzahl und in vielen (17)
Spedes. Von den Pfeifhasen findet sich nur eine Art und zwar auf
den Höhen des Felsengebirges zwischen dem 52. und 60. Grad n. Br.,
nämlich Lagomys princeps. — Die Zahnlücker fehlen gänzlich bis auf
ein Gürtelthier, Dasypus novemcinctus.
Aus der Ordnung der Dickhäuter , von welcher zwei Gattungen
(Tapirus und Dicotyles) in Südamerika vorkommen, streift bloss der
Dicotyles torquatus (Pekari oder Halsband-Nabelschwein) bis in den
südlichsten Theil von Nordamerika (33 ^/a ^ n. Br.) hinüber. — Zur
Ordnung der Wiederkäuer zählen in Nordamerika 7 Hirsche (darunter
das auch der Alten Welt angehörende Benthier und Menthier) und
2 Antilopen, von denen der Cabril (Antilope furcifer) in zahlreichen
Heerden auf den Grasebenen bis zum Saskatschawan weidet. Die
Antilope americana und der amerikanische Muflon (Ovis montana) sind
Bewohner des Cordilleren-Plateaus, während der amerikanische Bison
oder Büffel (Bos americanus) seinen Hauptsitz in den Prairien östlich
von den Felsengebirgen hat; doch durchschweift er auch die Waldungen
bis zum 62. Grad n. Br. Bemerkenswerth ist, dass die Ordnung der
Wiederkäuer in der Alten Welt durch 126 Arten, in Amerika hingegen
nur durch 24 Arten vertreten ist. — Die Meeressäugethiere sind fast
durchweg dieselben wie in den nördUchen Gewässern, d. i. ^vie in
der Polarregion.
Wie die Säugethiere so nähern sich auch die Vögel mehr den
europäischen als den südamerikanischen Formen; denn Nordamerika
hat mit Europa fast V« seiner Vögel gemein, mit Südamerika nur Vs-
Am weitesten verbreitet sind die Baubvögel, und von ihnen ist fast
die Hälfte europäisch. Nur die Geier sind in geringer Zahl (3 Arten)
vorhanden und gehören alle dem Typus Cathartes an. Die Zahl der
Falken beträgt 25 und die der Strigiden 14. Mit Ausnahme der Raben,
von denen ^4 ^^^^ ^^ Europa heimisch ist, sind die übrigen nord-
amerikanischen Landvögel &st sämmtlich Amerika eigenthümUch ; so
linden sich von den 62 Sylviaden nur 2 in Europa. Da sich die
wirkUche Identität im wesentlichen auf die Vögel des Nordens be-
schränkt, so ist sie bei den Wasservögeln am häufigsten zu beobachten.
Die Rebhühner, die wahren Fasane und unter den Wadvögeln die
Trappe und Störche gehen diesem Erdtheile gänzHch ab. Hingegen sind
4n*
628 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
als besonders bezeichnende Formen hervorzuheben zwei Waldhühner
(Tetrao umbellus in Kentucky und T. cupido), der prächtige Truthahn,
der in Schaaren die Wälder belebt^ die califomischai LaufhOhner Ortyx,
zahlreiche Tauben, einige niedliche Colibris, welche bis Siicha^ also bia
zum 57. Breitengrade nach Norden vordringen, und Papageien, von
denen Centurus carolinensis schon an den Ufern des Ontario-Sees ge-
troffen wurde.
Unter den Reptilien begegnen wir zahlreichen Schildkröten, von
denen Connecticut allein 13, der mittlere Theil der Vereinigten Staaten
sogar 27 aufweist Hing^en ist die Zahl der Eidechsen relativ gering.
Zahlreicher wiederum sind die Schlangen (unter ihnen gegen 8 Klapper-
schlangen); doch dominiren über alle die genannten Ordnungen die
Batrachier, unter denen allein 26 Salamander und Tritonen sind«
Die Fisch&una stimmt zwar generisch, aber nicht in den.Species
mit derjenigen der Alten Welt überein; denn nach dem zuverlässigen
Urtheile Agassiz' haben beide Hemisphären auch nicht eine einzige
FiBchspecies mit einander gemein.
IL Die Provinzen der tropischen Zone.
Tief greifende Unterschiede trennen die Fauna der gemässigten
Zone von derjenigen der tropischen. Es wechseln nicht bloss die Arten
der beiden gemeinsamen Gattungen, sondern es treten auch ganz neue
Gattungen, ja Familien und selbst Ordnungen auf.
Wie die Palmen der tropischen Pflanzenwelt ihren wesentlichsten
Charakterzug aufragen, so die Affen der tropischen Thierwelt; die
Ghrenze ihres Verbreitungsgebietes ist daher zugleich als Grenze des
tropischen Thierlebens zu betrachten (wir sehen hierbei nur ab von
den beiden äussersten Vorposten der Affen, dem südeuropäiBchen Inuus
ecaudatus und dem japanischen Inuus speciosus). Mit den Affen er-
scheinen gleichzeitig auf dem Schauplatze der Natur die grossen Dick>
häuter (Elephant, Nashorn, Flusspferd und Tapir), von den Wieder-
käuern die Giraffe und die meisten der Antilopen und von den Baub-
thieren ausser den Viverren, Mangusten und Hyänen vor aUem die
grossen Katzen (Löwe, Tiger, Paider, Jaguar und Cuguar). Femer
sind ihr die finchtfinessenden Bledermäuise dgenthümlich, sowie &8t
alle Thiere aus der Ordnung der Zahnlücker. Wo die V^etation zu
jeder Jahreszeit reiche Nahrung bietet, giebt es natürlich keine Nager^
welche Futtermagazine anlegen, also keine Hamster, Feldmäuse und
Lemminge. Grabende Nager, welche unterirdische Wohnungen besitzen^
sind auf die Steppen beschränkt. — Von den Vögeln gehören namentlich
die Papageien und Cblibris zu den echt tropischen T^pen ; doch über-
VII. Die Faunengebiete der Erde. 629
schreiten sie viel häufiger die Grenzen des Hauptstockes der tropischen
Fauna als die angeflihrten Säugethiere.
Nur ein tropischer Länderraum theilt diese Charakterzüge nicht,
nämlich das nördliche Australien , wohin zwar die Palmen, nicht aber
die Affen, die grossen Dickhäuter, die grossen Katzen und zahlreiche
andere Thiere vorgedrungen sind.
A. Das indische Gebiet umfasst Vorder- und Hinterindien,
das südliche China, sowie den Indischen Arcliipel bis zur Makassar-
Strasse zwischen Bomeo und Celebes. Hinsichtlich seiner Thierbevölke-
rung ist es wohl der reichste Theil der Erde; nur an Insecten und
Vögeln wird es von BrasiKen übertroffen. Ostindien hat Repräsentanten
aus fest allen Familien Europa's, Nordasien's, Afrika's und Australien's,
und zu diesen gesellen sich viele ihm ganz eigenthümhche Gattungen.
In den meisten Fällen sind die ostindischen Formen grösser als die
europäischen und nordasiatischen ; nur wenige, wie Pferde und Hirsche
verhalten sich gerade umgekehrt. Auch ist die Färbung der Thiere
eine viel glänzendere und besonders weit manigfeltigere als die ihrer
nordischen Verwandten.
Indien's Wälder sind von zahllosen Affen belebt, imd zwar finden
sich hier ihre menschenähnlichsten Formen, die Orangs und Gibbons;
sie spielen daher im indischen Volksglauben und in dem religiösen
Cultus eine wichtige Rolle. Der merkwürdigste Affe ist der auf Bomeo
und Sumatra beschränkte Orang-Utan (Simia satyrus). Die Gattung
der Gibbons (Hylobates, 10 Arten) geht von Bengalen bis Bomeo und
Java, und noch tiefer nach Vorderindien verbreitet ist die Gattung der
Schlankaffen (Semnopithecus) und der Makakos (Inuus), deren Haupt-
sitz Vorderindien ist. Die Familie der Halbaffen ist nur durch 2 Gat-
tungen mit wenigen Arten repräsentirt. — Zahlreich, nämlich durch
mehr als 30 Gattungen vertreten ist die Ordnung der Flederthiere und
zwar sowohl auf dem Continent wie auf den Inseln. Java allein zählt
37 Arten derselben. Die meisten Arten gehören zu den Gattungen
Pteropus (Vampyr), Rhinolophus (Klammnase) und Vespertilio (Fleder-
maus). 6 Gattungen und fast alle Arten sind dem indischen Gebiete
eigenthümlich.
Von den Insectenfressern ist nur die Familie der Spitzmäuse mit
den fbr Indien charakteristischen Gattungen Qadobates, Hylomys und
Gymnura und dem durch die Schiffifahrt weit verschleppten Genus
Sorex von Bedeutung. — Von hervorragender Wichtigkeit sind die
Fleischfresser, welche 5 f)ir Südasien eigenthümUch« Gattungen auf-
weisen, nämlich Arctictis (Bärenmarder), Mydaus (Stinkdachs), Helictis,
Paradoxurus (Roller) und Cynogale. Aus der Sippe der Bären ist
Ursus labiatus in Vorderindien, U. malayanus in Hinterindien und auf
630 Vierter TheiL Das organisehe Leben auf Erden.
den Insdiiy Arctictis Bintorcmg mir auf Malakka, Soinatra und Java
heimisch. Der Dachs wird durch die Gattung Mydans ersetzt, wekher
sich die Gattung HeKctis eng anschKeast Die Rschottem nnd Marder
zeigen nur wenige Arten ; statt der letzteren ist Südasien rdch bedacht
mit Viverren, einer Grattang, welche Südasien mit Afrika gemein hat.
Von diesen beherrschen Viverra zibetha (die indische Zibethkatze) and
V. rasse die Ländenräome zwischen Nepal and den PhiUppinen, zwisdien
Sumatra und dem sfidUchen China. Femer thdlt sich Südasien mit
Afrika in die Mangusten; auch ist eine Art der beiden Rüssehnangnsten,
der Crossarchus rubiginosus, in Vorderindien hämisch. Höchst charak-
teristisch ftr die indische Welt ist die in allen TheQen derselben be-
obachtete und in vielen Arten auftretende Gattung Paradoxoros. Aach
an Hunden fehlt es nicht; nur Hinterindien soll seltsamer Weise der-
selben ganz entbehren. In Vorderindien begegnen wir CTiem Wolf
(Canis pallipes), dem über Vorderasien bis Afiika gehenden Sdiakal,
dem {achsähnlichen Cams chrrsurus und den rothen Wildhunden (be-
sonders C. primaevus), von denen eine Abart, der Adjak (C. rutilans),
auch auf Sumatra, Java und Bomeo vorkommt Von diesen rothen
Wüdhunden stammen jeden&Us die Hunderassen ab, wdche in Indien,
China, Japan, Australien, sowie auf den Inseln des Indischen and
Stillen Oceans gehalten werden. Die gestreifte Hyftne wird in Hinter-
indien und auf den Sunda-Insehi vermisst, findet sich aber in ganz
Vorderindien, von wo aus sich ihr Gebiet über Vorderasien bis nach
Nordafrika erstreckt Zu den 14 Katzen Indien's gehören die ge-
waltigsten Thiere der Erde. Der Löwe ist noch 1851 im Innern
Vorderindien's gesehen worden, scheint aber jetzt aasgestorben zu sdn ' K
Der auf Vorder- und Hinterindien beschränkte Parder wird auf den
Sunda-Inseln durch Felis variegata ersetzt Ausser dem Löwen und
Parder hat Vorderindien noch den Karakal mit Afrika gemein. Der
Stiefellachs (Felis caligata) gelangt nicht über Vorderindien hinaas.
Am weitesten verbratet ist der Tiger, welcher vom 8. Grad s. Br.
bis 53. Grad n. Br., d. i. von Sumatra und Java bis Südsibirien
(Bamaul am Ob) getroffen wird. Haupt- und Stammsitz ist jedoch
Vorderindien, wo er sich namentlich auf dem Plateau von Deklian
und in den Ghuogesniedemngen noch in erschreckender Anzahl zeigt
In der Provinz Khandesch (Dekhan) allein wurden in fiinf Jahren 1032
Tiger eriegt.
Die Hälfte der Nager sind Eich- und Flughömchen; die Sdil&fer
imd Springer aber, die im nördlichen Asien so häufig sind, giebt es
in Indien gar nicht, und die Familie der Wurfroäuse ist nur durch
') Behm, Geographischesi Jahrbuch. Bd. V (1S74). S. 129.
VII. Die Faunengebiete der Erde. 631
zwei RhizomjB- Arten repräsentirt. Die FeldmäuBe (Hypadaeus) ent-
behrt Indien gänzlich; dagegen werden von der Gattung Mus 12, von
Meriones (Rennmaus) 3 Arten angeführt. Das Stachelschwein wird in
ganz Vorderindien durch Hystrix hirsutirostris, anderwärts aber durch
andere Arten vertreten. Die Zahl der Hasen ist eine geringe. —
Von Zahnlückem ist nur die auch in Afrika heimische Gattung der
Schuppenthiere (Manis) zu nennen.
Einhufer im wilden Zustande hat Südasien nicht; nur der Kulan
dehnt bisweilen seine Strei&üge bis in die Steppen am Indus aus. —
Unter den Dickhäutern nimmt der Elephant hinsichtlich seiner Grösse
und Nutzbarkeit den ersten Rang ein; er geht vom Südrande des
Himalaja durch die Waldungen Vorder- und Hinterindien's, sowie Süd-
china's bis Ceylon und Sumatra (auf Java kommt er wild nicht mehr
vor). Der gezähmte Elephant verliert die Haare, während er als
Waldthier dicht mit ihnen bedeckt ist Das indische Nashorn bewohnt
dieselben Räume; nur dringt es nach Osten sogar bis Java vor, wird
jedoch auf den Inseln durch andere Arten ersetzt. Eine Gattung von
Dickhäutern hat Südasien mit Südamerika gemein: den Tapir, dessen
Gebiet hier vom Himalaya und südlichen China bis Sumatra reicht. Die
Gattung der Schweine (5 bis 6 Arten) ist überall durch eine grosse
Individuenzahl ausgezeichnet. — Unter den Wiederkäuern dominiren
die Hirsche, von denen die Gruppen der Edel- und Axishirsche auf
das nördliche Indien beschränkt sind; dagegen fehlen die Muntjak-
hirsche wohl keinem Theile. Selbst auf den Inseln finden sich noch
7 bis 8 Hirscharten. 3 Moschusthiere beleben die bewaldeten Berg-
regionen: Moschus meminna (Ceylon, Westghats), M. napu (Sumatra
und Bomeo) und M. kanchil (Java). 4 Arten von Antilopen durch-
schweifen grosse Räume Vorderindien's, während einige Arten auf den
Inseln nur eng begrenzte Gebiete inne haben. Die Existenz wilder
Schafe und Ziegen in Südasien darf bezweifelt werden. Von den
Rindern sind hervorzuheben der Büffel, der sich von seinem Heimath-
lande Hindostan einerseits bis nach Norda&ika und Italien, andrerseits
bis zu den Philippinen verbreitet hat, sowie das gemeine Rind (beide
auch im wilden und verwilderten Zustande), der Gayal (Bos frontalis)
und der Gaur (B. gaurus). Die beiden letzteren gehören wohl nur
Vorder- und Hinterindien an.
Unter den Meeressäugethieren vermisst man die Robben gänzlich;
einer der Delphine (Delphinus gangeticus) ist dadurch bemerkenswerth,
dass er sich im Ganges aufhält
Die Vogelfauna Indien's weist zahlreiche Vulturiden und Fal-
coniden auf; hingegen sind die Sylviaden äusserst selten. Die ess-
bare Nester bauenden Salanganen (Collocalia esculenta) komiQfiß haupt-
632 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
sächlich auf dem indischen Archipel vor. Von den Kletter^ögeln haben
die gravitätischen Nashornvögel ihren Hauptsitz in Vorderindien,
schwofen jedoch bis in die Sundawelt und nach Afiika. Die Papa-
geien sind in reicher Menge vorhanden; die Rüsselpapageien (Micro-
glossa) sLod ausschliesshch und das Geschlecht Paleomis vorwi^end
indisch. Die hühnerartigen Vögel zeigen sowohl vicarirende, als auch
eigenthümliche Formen; zu den letzteren zählen namentlich der ge-
hörnte Satyr (Tragopan satyrus) in Nordindien und der schwanzlose
Eluthahn (GaUus ecaudatus) in den Wäldern Ceylon's. Viele der Taub^i
sind mit glänzend grünem Gefieder geschmückt (Vinago aromatica, V.
oxyura). Die Wadvögel sind durch die Trappen, Reiher, Störche,
Kraniche, Ibise und Schnepfen vertreten, die Schwimmvögel neben den
nordischen Geschlechtem durch die tropischen Typen Pelecanus (Pelican),
Plotus (Schlangenhalsvogel), Phaethon (Tropikvogel).
Auch die Reptilienfauna ist ausserordentlich rdch. Von den Sauriern
sind insbesondere die indischen Graviale (Gravialis gangeticus und G.
tenuirostris), sowie der Meere und Flüsse bewohnende Crocodilus bipor-
catus, von Schlangen der getigerte Schlinger (Phyton tigris), viele Nattern
(Coluber), der Dreieckkopf (Trigonocephalus), welcher die amerikanische
Klapperschlange ersetzt, und die gefurchtete Brillenschlange (Naja)
hervorzuheben.
Cnter den Fischen walten die Cyprinoiden und Siluriden (mit der
fiir Indien charakteristischen Gruppe Plotoses) vor. Besonders be-
merkenswerth ist aber die Familie der Landkriecher (Chersobatae).
welche oft die Ströme Indien's und Südchina's verlassen, um sich im
Grase und selbst auf Sträuchem umherzutreiben.
Viele Schmetterlioge erregen durch Grösse und Farbenpracht sowie
durch barocke Formen (lang gestreckte Vorderflügel und läbabwärts
gestreckte Hint^ügel) und Zeichnungen die Verwunderung des Euro-
päers. Heuschreckenzüge verwüsten nicht selten das Land. Manche
der weissen Ameisen (Termes) leben in kleinen, ^^ Meter hohen k^el-
förmigen Erdbauen; andere errichten ihr Nest im Mangobaum.
B. Das afrikanische Gebiet umfasst den ganzen Continent
A£rika mit Ausnahme des Atlasgebietes; denn das Mittelmeer trennt
in uaturlustorischer Hinsicht den Nordrand Afrika's in viel geringerem
Ghnde von Europa, als ihn die Sahara von dem Hauptstocke des
afrikanischen Continents scheidet Hingegen ist Arabien mit der
syrischen Wüste noch der afrikanischen Provinz zuzuweisen. Die
Fauna Afrika's ist mit der indischen am meisten verwandt, während
sie sich von der südamerikanischen weit entfant
Mit Einschluss d^ EbJbaffen ist wohl kein Erdtheil so reich an
Vierhändem als Afrika. Von dem äquatorialen Theile, ihrem Haupt-
VII. Die Faunengebiete der Erde. 633
sitze ; verringert sich ihre Artenzahl nach Norden und Süden, bis in
Unterägypten und der Berberei nur noch eine Art, der Magot (Inuus
ecaudatus), und im Caplande 2 Arten, eine Meerkatze (Cercopithecus
Lalandii) und der Bärenpavian (Cynocephalus ursinus), gefunden werden.
Sind auch die afrikanischen Arten von den asiatischen durchweg ver-
schieden, so stehen doch die Gattungen einander sehr nahe. Auf die
westlichen Aequatorialbezirke beschränkt ist die Untergattung Troglo-
dytes (Gorilla, Schimpanse). Femer sind im äquatorialen Westafrika
die Meerkatzen (Cercopithecus) durch 17, die Stummelaffen (Colobus)
durch 6 Arten vertreten; hierzu kommen noch 2 Paviane (Cynocephalus)
und ein Makako (Inuus talapoin), sowie von den Halbaffen ein Pero-
dicticus und 2 Ohraffen (besonders OtoHcnus galago). Die Meerkatzen,
Stummelaffen und Paviane sind echt afrikanische Typen. Viel geringer
ist die Zahl der Affen in den übrigen Theilen Afrika's; so sind uns
aus Südafrika nur 3 Meerkatzen, ein Pavian und 2 Ohraffen (Otolicnus)
und aus den Nilländem nur 2 Meerkatzen, ein Stummelaffe, 3 Paviane
und ein Ohraffe bekannt.
Unter den zahlreichen Fledermäusen ist allein die Gattung Rhino-
poma (Rlappnase) mit einer einzigen Art (Rh. microphyUum in den
Nilländem) Afrika eigenthümlich. Von den übrigen Gattungen sind 2,
Vespertilio (mit Inbegriff von Nycticejus) und Dysopes, über beide
Erdhälften verbreitet (letztere nur über die tropischen jSebiete) ; 5 andere
Gattungen (Pteropus, Megaderma, Rhinolophus, Nycteris und Tapho-
zous) theilt Afrika mit anderen, zumeist tropischen Räumen der öst-
lichen Halbkugel.
Auch zu den Insectenfressem gehören nicht wenige Arten. Der
Igel (Erinaceus), der in Asien den Flimalaya nicht überschreitet, dringt
hier in dem E. frontaUs bis zum Caplande vor; die Nilländer beher-
bei^en 5 andere Arten. Die Spitzmäuse (Sorex) fehlen keinem Theile
des afrikanischen Continents; hingegen ist das Wurfgeschlecht Chryso-
chloris (Goldmaulwurf, so genannt wegen der metallisch glänzenden
Haarspitzen) nur südlich vom Wendekreise des Steinbocks zu treffen. —
Da Afrika den Fleischfressern in den zahlreichen Affen, Nagern xmd
Wiederkäuern eine reichliche Beute bietet, so sind auch diese in grosser
Anzahl vorhanden. Die Bären, von denen man im Atlas und auf
dem abessinischen Hochlande noch Spuren gefrmden hat, werden im
eigentlich tropischen Afrika gänzlich vermisst, ebenso die Marder,
welche hier durch den Bandiltis (Rhabdogale mustelina) und den Ratel
(Ratelus) ersetzt werden; ersterer geht von Südafrika bis Eleinasien,
letzterer niu* bis an den Südrand der Wüste. Fischottern wurden in
Abessinien und in Südafrika beobachtet. Von den Viverrinen, welche
hier ihren Hauptsitz haben, ist nur die Gattung Rhyzaena (Schnarr-
334 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
thier) dem afrikanischen Continent dgenthümlich ; ans der Gattimg
Viverra (Zibethtliier) durchschweift die Genettkatze ganz Afnka uiid
gelangt seihet his Sttdenropa und Eleinasien, und zur Gattung Her-
pestes (Manguste) zählen g^en 15 Arten (unter ihnen auch der be-
kannte H. Ichneumon), die viel&ch nur wenig von einander abweidien.
Von den Hunden ist die auf Südafrika beschränkte Gattung Otocyon
(Löffelhund, w^en seiner grossen Ohren so genannt) Afrika eigen-
thümlich; fiir den Schakal (Canis aureus) steUt sich sudlich vom
Aequator der Capfrichs oder Cap'sche Schakal (C. mesomelas) ein. Die
gefleckte Hyäne (Hyaena crocuta) ist von Südafrika bis zum Senegal
und Kordo&n verbreitet und vertritt hier die gestreifte Hyäne (H.
striata ) Nordafiika's und Südwestasien's. Die braune Hväne (H. brunnea )
gehört nur Südafrika an, ebenso die Zibethhyäne oder der firdwolf
(Proteles Lalandii), welch letzterer eine afrikanische CTharakterfonn ist.
Von den Katzen geht der Löwe, der hier unbestrittener König der
Thiere ist, weil der Tiger fehlt, von einem Ende des Continents bis
zum anderen, ja bis in das südwestliche Asien; ehemals war er selbst
in Indien, Palästina, Syrien und auch in Griechenland heimisch, wo
er jetzt jedoch längst ausgerottet ist Der Parder (Leopard) bewohnt
denselben Bereidi wie der Löwe, dringt aber in Asien noch viel weiter
vor als dieser, nämUch bis zum Taurus, Kaukasus, Hindukusch, Hima-
laya und in das Innere von Hinterindien. Ein &st ebenso grosses
Gebiet beherrscht der Karakal. Der schlanke Gepard (Felis guttata)
überschreitet nicilt den Atlas und wird im südwestlichen Asien durch
einen anderen Gepard (F. jubata) ersetzt F. serval und F. ca£5ra
kommen nur in Südafrika vor; F. maniculata, die wilde Stammmutter
unserer Hauskatze, hat Rüppell in Nubien und Kordofrin entdeckt.
Mit Nagern ist Afrika reich bedacht Der Wüsten- und Steppen-
charakter grosser Räume nöthigt viele derselben, sich bei Gefiüir in
unterirdische Baue zu flüchten und hier zu^eich der Nahrung (Wurzeln
und Zwiebehi) nachzuspüren, die ihnen die kahle Oberfläche nicht ge-
währt; daher dominiren hier im Gegensatz zu Südasien die grabenden
Nager. Die an den Wald gebundenen Eichhörnchen sind Vergleichs-
weise wenig zahlrdch, am häufigsten noch in dem waldrdchen äqua-
torialen Westafrika. Die Arten der Untergattung Xerus, wdche dieser
Provinz eig^ithümlich ist und die Hälfte ihrer gesammten Hörnchen
umfrisst, leben zwar auch auf den Bäumen, graben sich jedoch auch
Höhlen in den Boden, in welche sie sich amrückziehen, wenn sie Rohe
oder Schutz vor Ge&hren suchen. Die Flughömchen (Pteromys) sind
bloss durch zwei Arten vertreten. Die Schläfer (Myoxus) finden sich
nur im Caplande (3 Arten) und auf dem Sinai (M. melannrus). Eben-
so b^egnet man den Springern nur im nördlichsten und südlichsten
VIJ. Die Fannengebiete der Erde. 635
Theile dieses Faunengebietes , nämlich den Springmäusen (Gattungen
Dipus und Scirtetes) in Nordafirika und Arabien, dem Springhasen
(Pedetes cafFer) in Südafrika. Wurfinäuse aus den Gattungen Bathy-
ergus (Sandgräber) und Georhychus (Erdgräber) unterwühlen besonders
in den trockenen, baumlosen Ebenen des südlichen Afrika's weithin
den Boden; in Abessinien werden die genannten Gattungen durch das
charakteristische Geschlecht Heterocephalus und 2 Arten vonRhizomys
ersetzt. Das Geschlecht der Mäuse ist nirgends so reich an Arten und
Gattungen wie im tropischen Afrika; nur die Gruppe der Feldmäuse
(Hypudaeus), welche auch anderwärts unter den Tropen vermisst wird,
fehlt hier ganz. Wie so häufig kleinere Thiere, so haben auch die
meisten Arten der Gattung Mus einen engen Verbreitungsbezirk; doch
trifft man die kosmopolitischen Arten Mus decumanus, M. rattus und
M. musculus auch hier fast überall. Besonders merkwürdig sind die
beiden südafrikanischen Dendromys- Arten, welche in Südafrika Gebüsche
und Bäume bewohnen. Die grabenden Bennmäuse (Meriones) er-
reichen in den Steppen Afrika's ihr Maximum. Die Stelle des echten
Hamsters nimmt in Westafrika der riesenhafte Cricetomys gambianus
ein. Das gemeine Stachelschwein (Hystrix cristata) geht durch ganz
Afrika, sowie durch Südeuropa und Südasien. Von Hasen sind aus
den Ufergegenden des Bothen Meeres 3 und aus Südafrika 4 Arten
bekannt
Die Zahnlücker (Edentaten), welche in Südamerika eine hervor-
ragende Bolle spielen, weisen in Afiika nur 2 Gattungen auf, von denen
die eine, Orycteropus (Ameisenscharrer) , Afrika eigenthümlich ist,
während die andere, Manis (Schuppenthier), Afrika mit Südasien theilt.
Beide Thiere sind in ganz Süd- und Mittelafrika heimisch und graben
überall Höhlen.
Unter den Einhufern entsprechen die drei gestreiften afrikanischen
Pferdearten den drei imgestreiften asiatischen; jene sind das Zebra
(Equus zebra), Quagga (E, quagga) und Tigerpferd (E. festivus).
Sämmtlich durchschweifen sie in Heerden Südafrika; das Zebra ge-
langt sogar bis zum 10. Grad n. Br., d. h. bis in die südlichen Pro-
vinzen Abessinien's.
Die Dickhäuter sind durch nicht weniger als 6 Gattungen vertreten.
Der dem asiatischen Elephanten nahe stehende Elephas africanus ist von
der Capcolonie, wo er jetzt allerdings fast ganz ausgerottet ist, bis an
den Senegal und bis in das südliche Nubien, etwa bis zum 15., resp.
17. Grad n. Br. verbreitet Von gleicher Ausdehnung ist der Wohnbezirk
des in etwa 5 Arten erscheinenden Nashorns (Rhinoceros) und des in
allen grossen Flüssen und Binnenseen hausenden Flusspferdes (auch
Nilpferd, Hippopotamus amphibius). Das letztere drang ehemals im
g36 Merter Theil. Das organische Leben auf Erden.
Nil bis zum Mittelländischen Meere vor, ist jedoch jetzt in Aegypten
ganz Terschwunden und selbst im mittleren Nabien noch sehr selten;
dag^en belebt es weiter im Süden oft in Schaaren die KilgewSsser.
Von Wildschweinen findet sich an Stelle des gemeinen Wildsdiweines.
das noch in Nordafrika vorkommt, im südöstlichen Theile des Conti-
nents das Mask^ischwein (Sus larvatos); ausschliesslich afrikanisch ist
die Gattimg der Warzenschweine (Phacochoems aethiopicos in Süd-
afrika, Ph. Aeliani vom östlichen Abessinien bis zum Senegal). Auch
die Gattung Hyrax (Klippendachs, 5 Arten), eine Mittdform zwischen
den Dickhäutern und Nagern, ist auf diese Provinz beschränkt; der
Elippendachs, ein flinkes, harmloses Thi^, treibt sich truppwdse auf
den Felsen und in den Elttflen der ostafrikanischen Gebirge (vom
Caplande bis Aegypten) umher und sucht wahrschänlich sogar die
Höhen des Libanon au£
Die Wiederkäuer Mittel- und Südafrika's gehören zu denselben
Grattungen wie diejenigen Südasien's; nur fehlen hier die Hirsche, die
noch in Nordafrika vereinzelt auffareten, während wiederum die Girafie
eine rdn afrikanische Gattung ist Durch Arabien, Syrien und das
nördliche Afrika bis zum Sudan herab geht als Hausthier das gemeine
Kameel (Camelus dromedarius); die vereinzelt im wilden Zustande an-
getroffenen Eameele sind stets entlaufene Individuen. Ein Bisamthier
(Moschus aquaticus) wurde auf Sierra Leone beobachtet Die Giraflfe
(Camelopardalis giraffii) ist auf dem ganzen Baume zwischen dem Cap-
lande und dem 17. Grad n. Br. heimisch, namentlich auf den mit
Buschwerk bewachsenen Steppen. Durch Arten- und Individuenreich-
thum ist die Antilope in hohem Masse ausgezeichnet Es besitzen näm-
Uch die Nilländer 16, Westafrika 17 und Südafrika 25 Arten Anti-
lopen, und von diesen ist nur eine Art (A. strepsioeros) durch alle drei
der genannten Räume verbreitet, während zwei andere (A. oreotragus
und A. lunata) sowohl in Südafrika wie in den Nilländem vorkommen ;
die übrigen sind sänuntlich duxx^ spedfische Unterschiede von einander
getrennt Die mdsten verwetten mit besonderer Vorliebe auf den
Steppen und erscheinen oft in Heerden von vielen Tausenden. Von
den grossen Kuhantilopen wird die BüfRel-Antilope (A. bubalis) nur in
Nordwestafrika wahrgenommen; hingegen überschreiten A. lunata, sowie
die baden Arten des Gnu (A. gnu im Caplande, A. gorgon oder der
Kokon nördlich vom Oranje- Flusse) wohl nie gegen Nord hin den
südlichen WendekrdLs. Der Kokon zeigt sich bisweilen in Schaaren
von 15 — 20 000 Stück, welche mehrere Stunden weit das Land be-
decken. Einige Wildziegen bewohnen die Uferlandschaften des Bothen
Meeres, nämlich Capra Walie die Hochgebirge von Abessinien und
C. Beden die nördlichen Randgebiete zu beiden Seiten des Bothen
VII. Die Faunengebiete der Erde. G37
Meeres. Ein Wildschaf, Ovis tragelaphus (afrikanischer Muflon), findet
sich in Nordafinka und geht in Nubien bis zum 18. Grad n. Br. nach
Süden. Der Bü£Fel wird in Südafrika und in Abessinien durch den
Eafferochsen (Bos caffer) ersetzt
Von den Seesäugethieren lebt ein Lamantin (Manatus senegalensis)
an den Küsten Senegambien's, fbr welchen an der afrikanischen Ost-
küste der Dujong (Halicore cetacea) eintritt. Zahlreiche Delphine und
der alle Meere durchwandernde Pottfisch nähern sich oft den Küsten
Afrika's, und fiir den nördlichen Walfisch (Balaena mysticetus) stellt
sich am Gap der Guten Hoffiiung häufig der südliche Walfisch (B.
australis) ein.
Unter den Raubvögeln ist der langbeinige Stelzengeier (Gypogera-
nus) die bezeichnendste Form, der wie die Laufvögel mit ausserordent-
licher Schnelligkeit läuft und sich durch Vernichtung zahlreicher
Schlangen nützlich macht. Eigenthümliche Geschlechter der Singvögel
sind Buphaga (Madenhacker, weil er den Kameelen und Gazellen die
Oestrus-Larven aus der Haut frisst), Ploceus, Eüplectes und Brachonyx.
Von den Klettervögeln sind hervorzuheben die zur Familie der Wende-
zeher gehörenden Gattungen Musophaga (Pisangfresser) und Coiythaix
(besonders C. persa, der Cap'sche Turako oder Helmkuckuck, dessen
Kopf mit einer Federhaube geschmückt ist); unter den zahlreichen
Kuckucken ist die vom Honige der Waldbienen sich nährende Gattung
Indicator (Honigkuckuck) und unter den Bartvögeln die Gattung Pogo-
nias (Schnurrvogel) bemerkenswerth. Zu den Charaktervögeln Afiika's
zählen vor allem die zu Schaaren von 200 bis 800 Stück sich ver-
einigenden Perlhühner (Numida, 6 Arten) und der afrikanische Strauss
(Struthio camelus), der zwar über diese ganze Provinz verbreitet ist,
aber wahrscheinlich im südlichen Afrika, wo er auch am häufigsten ist,
seine Heimath hat In Fezzan und in der Berberei wird er seiner
Federn wegen, die schon seit den ältesten Zeiten ab Putz an Hüten
getragen werden, in Ställen gehalten, da sich der Vogel im Freien die
Federn meist abstösst — Ausser diesen rein afrikanischen Typen trifil
man in Afiika auch zahlreiche indische und nordische Geschlechter
wieder. Eine bedeutende Artenzahl weisen namentlich folgende auch
anderwärts vorkommende Gattungen in Hochafrika auf: Falco (Falke,
26 Arten), Strix (Eule, 6 Arten), Lanius (Würger, 20 Arten), Musci-
capa (Fliegenschnäpper, 10 Arten), Corvus (Rabe, 7 Arten), Turdus
(Drossel, 13 Arten), Motacilla (Bachstelze, 8 Arten), Hirundo (Tag-
schwalbe, 7 Arten), Alauda (Lerche, 7 Arten), Fringilla (Fink, 40
Arten), Certhia (Baumläufer, 18 Arten), Merops (Bienenfr^ser, 15 Arten),
Cuculus (Kuckuck, 23 Arten), Psittacus (Papagei, 8 Arten), Alcedo
(Eisvogel , 8 Arten) , Tetrao (Waldhuhn, 9 Arten) , Columba (Taube,
638 Vierter TheiL Das organische Leben auf Erden.
16 Arten), Stema (Seeschwalbe, 6 Arten), Pelecanus (Pelican, 7 Arten)
imd Anas (Ente, 7 Arten).
Die Zahl der Reptilien ist viel geringer als in Indien. Die Land-
schildkröten stehen meist den indischen nahe. Das gemeine Krokodil
(Crocodilus vulgaris) geht von den unteren Nilländem bis zum 15. Grad
8. Br. Die afrikanischen Schlangen gehören meist zu den Grattungen
Vipera (Viper), Elaps (Prunkadder), Naja (Brillenschlange), Tropidono-
tus (Kielnatter) und Coronella (Jachschlange). Unter den Batrachiem
ist ftlr Südafrika der schwanzlose Xenopus (Nagelfrosch) charakteristiach,
welcher die Grösse des Grasfrt)sche8 erreicht
Die Fische vereinigen in sich tropische und europäische Formen;
entschieden vorwaltend sind die Cyprinoiden, der Labeo-Typus, die
Cyprinodonten und Salmoniden. Im Nil und Sensal lebt der Zitter-
wels (Malapterurus electricus), welcher der Hand bei Berührung
schwache galvanische Schläge ertheilt, und in Südafrika vertritt der
Spirobranchus capensis, der die Flüsse zeitweilig verlässt, die Laby-
rinthodonten Südasien's.
Die Insectenfauna Afrika's ist zur Zeit noch wenig erforscht Die
Schmetterhngsfonnen sind den indischen verwandt Eines der geftircfatet-
sten Insecten ist die Tsetse-Fliege (Glossina morsitans), deren Stich
für fast alle Hausthiere tödtlich ist, indem diese nach demselben meist
innerhalb eines Zeitraumes von 1 bis 12 Wochen an innerer Abzehrung
sterben. Die von diesem Thiere bevölkerten Grebiete Südafiika's können
also von den Eingeborenen nicht zur Viehzucht gebraucht werden.
Auch die hügelbauenden Termiten, welche in verschiedenen Arten über
die ganze heisse Zone verbreitet sind, werden dem Menschen höchst
lästig, indem sie in die Gebäude eindringen und alles zerstören. In
Vorderasien und Aegypten sind die Züge der Heuschrecken (Acridium
a^yptiacum und A. tataricum) eine gewöhnliche Plage.
C. Die Insel Madagaskar besitzt hinsichdich ihres Thier-
lebens soviel Eigenartiges, selbst von dem nahen Afrika sie scharf
Sonderndes, dass ihr mit Recht der Rang einer selbstständigen zoolo-
gischen Provinz zuerkannt werden dart Schon Geoffroy Saint-
Hilaire bemerkte hierüber: „Hätte man Madagaskar nur nach seinen
zoologischen Erzeugnissen und ohne Berücksichtigung seines Flächen-
gehalts und seiner geographischen Lage seine Stelle anzuweisen, so
dtkrfte man es nicht für eine zu Afrika gehörende Insel, sondern müsste
es fiir einen eigenen Continent erklären, und derselbe würde in zoolo-
gischer Beziehung noch viel mehr von dem benachbarten Afrika als
von dem fernen Ostindien abweichen."
Das Gesagte gilt in erster Linie von den Säugethieren , welche
sich nicht nur specifisch, sondern fiist durehgehends auch generisch
VII. Die Faunengebiete der Erde. 6«39
von denen aller übrigen Länder unterscheiden. In Südafrika findet
man kaum eine einzige verwandte Gruppe, und nur in Ostindien (den
indischen Archipel mit eingerechnet) trifft man einige hinsichtlich ilirer
Organisation den Thieren Madagaskar's nahe stehende Gruppen. Es
fehlen hier aUe eigentlichen Affen; dafor aber ist es der Hauptsitz der
Halbaffen 7 von denen nur wenige verwandte Formen, wie Otolicnus
(Galago), in Süd- und Wesüifrika oder, wie Stenops (Lori) und Tarsius
(Tarser), auf Ceylon und in der Sunda-Welt erscheinen. Madagaskar
eigenthümlich sind die Gattungen Lichanotus, Habrocebus, Lemur
(IVIaki, in 9 bis 10 Arten), Chirogaleus und Microcebus.
Die Fledermäuse sind fast durchweg von afrikanischem Typus;
ihre Fähigkeit, über weite Meeresflächen hinwegzufliegen, gestattet die
Annahme eines gegenseitigen Austausches. — Von Insectenfr*essem hat
Madagaskar drei charakteiistische Typen: Echinogale, Ericulus und
Centetes; die beobachtete Spitzmaus ist mit Sorex indicus der Nilländer
identisch. — Grössere Formen von Haubthieren entbehrt Madagaskar.
Die Katzen werden nur durch eine Art (Felis madagascarensis) , die
Mangusten (Herpestes) durch mehrere Species, der westafrikanische
Crossarchus obscurus durch C. Goudetii vertreten. Die Geschlechter
Galidictis, Galidia, Eupleres, Cryptoprocta kommen nur auf Madagaskar
vor. — Ausser einem Eichhörnchen vermissen wir alle Nager; die
^'iederkäuer fehlen gänzUch. Von Schweinen ist nur das südafrika-
nische Maskenschwein (Sus larvatus) vorhanden.
Die übrigen Classen der Fauna Madagaskar's kennt man zur
Zeit noch zu wenig. Die Vögel sind zum grossen Theil indische,
australische und afrikanische Typen ; doch finden sich solche mit kurzen
oder selbst mittellangen Flügeln, die somit ihre Züge nicht über grosse
Bäume ausdehnen konnten, meist ausschUesslich auf dieser InseL Auch
ihre Reptilien und Insecten zeigen zum grossen Theil ein eigenthüm-
Uches Gepräge.
D. Das tropische Amerika dürfen wir in zoologischer Hin-
sicht bis zur nördlichen und südlichen Polargrenze der Affen rechnen.
Es erstreckt sich denmach über die Landenge von Panama hinaus bis
zu den beiden heissen Küstenstrichen, welche dss Hochland von Gua-
temala und Mexico umsäumen, und zwar auf der Ostseite bis zum
30. Grad n. Br., auf der Westseite bis zum Wendekreise des Krebses.
Das dazwischen liegende Hochland bis zum 16. Grad n. Br. ist dem
nördlichen Amerika zuzuweisen. In Südamerika reicht dieses Faunen-
gebiet etwa bis zum 30. Grad s. Br. Bei dem ausserordentUchen
Wechsel des BodenreUefs ändert natürUch auch die Fauna mehrfach
ihren Charakter; namentüch unterscheidet sich die Thierwelt der Anden
nicht unwesentlicli von derjenigen des heissen und feuchten brasilia-
640 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
nischen Tieflandes. Aber auch nach den Längen- und Breitengraden
eigeben sich erhebliche Differenzen in dem Charakter der Fauna.
Ueber die alhnähliche Umgestaltung der Fauna auf den ver-
schiedenen Höhenstufen der Anden von Peru verdanken wir J. J. v.
Tschudi genauare Mittheilungen. Die fast regenlose Küstenregion
besitzst nur ein sehr dürftiges Thierleben, nämlich einige Arten Beatel-
thiere und eine Cavia (Meerschweinchen). In den Thälem der west-
lichen Sierra (1300—3700 Meter Höhe) scheinen Hirsche die Oberhand
zu haben; Bären sind selten; Papageien und Colibris überschreiten
nicht den unteren Theil dieser Region. Die Hochgebirgsregion der
westhchen Cordillere (am Westabhange bis 3700, am Ostabhange bis
4500 Meter Höhe herab) bdierbergt bereits Lamas und mehrere Nager,
deren eigentliches Heimathland die folgende Region ist Die Puna-
r^on (4500—3600 Meter hoch), d. h. die öde Hochfläche zwischen
der Küsten- und Binnen-Cordillere, ist der Hauptwohnsitz des Lamas
und Feld-ViBcaches (Lagostomus), sowie der angeführten Rinder, Pferde
und Schafe. In den volkreichen, nach Ost sich öffiienden Thälem der
östlichen Sierra (3600 — 2400 Meter hoch), die gleich den anderen bisher
genannten Rhenen waldlos sind, befinden sich nur wenige Thiere im
Zustande der Freiheit: ein Stinkthier, ein Hund, einige Beutelratten,
selten ein Reh. Auch die ostwärts sich herabsenkende obere Wald-
oder Cejaregion (2400 — 1500 Meter hoch) hat nur eine ftrmliche Fauna;
selten verirrt sich bis hier herauf eine Eatzenart oder der Waldbär;
nur die Nasua montana ist reichlicher vertreten. Hing^en entwickelt
sich in der eigentlichen (unteren) Waldregion (1800—650 Meter hoch)
ein ebenso reges Thierleben wie in dem benachbarten Brasilien.
Auch in den übrigen Theilen des tropischen Andengebietes hat
man einen ähnlichen Wechsel der Fauna an den verschiedenen Stock-
werken der Anden erkannt; die Thierwelt veriiert mit zunehmender
Höhe mehr und mehr ihren tropischen Charakter, und in gleichem
Masse vrerien die Thiere der kälteren Zone häufiger. So b^egn^te
d'Orbigny auf den Anden von Bolivia in 30(X)— 4500 Meter Höhe
fast allen Gattungen, zum Theil selbst den nämlichen Arten von Thieren,
welche in dem Flachlande des nördUchen Patagonien vorkommen, so
dass man, wenn es nicht an erschöpfenden Einzelbeobachtnngen ge-
bräche, vöDig berechtigt wäre, das Andengebiet dem aussertropischen
Südamerika zuzuweisen.
Im allgemeinen steht die tropische Fauna Amerika's derjemgen
der Alten Welt an Reichthum und Manigfidtigkeit nicht nach. Zweieilei
Merkmale der ersteren verdienen ganz besonders hervorgehoben zu
werden: ein negatives, d. i. der Mangel an den mächtigen, colossalen
Formen der Alten Welt, gegen welche die amerikanischen Typen viel-
VII. Die Faunengebiete der Erde. Ö41
fach wie schwächliche Repräsentanten erscheinen, und ein positives, näm-
hch die grosse Zahl der Baumthiere mit Eletterschwänzen. Das Maximum
der Arten wird am Aequator erreicht; sie vermindern sich nach Norden
und Süden und sind am wenigsten zahlreich auf den Inseln.
Die beiden in der Alten Welt heimischen Afienfamilien fehlen in
Amerika gänzlich; an ihre Stelle tritt eine neue, von jener wesentlich
verschiedene. Es sind dies die Breitnasen oder Platyrrhinae, welche
sich ausser ihrer breiten Nasenscheidewand durch vermehrte Zahl der
Zähne (36) und einen Greifschwanz auszeichnen. Zu ihnen gehören
die BrüUaflTen (Mycetes), welche sich zu grossen Schaaren vereinigen
und des Morgens und Abends die Stille des Urwaldes durch ein fürchter-
liches Gebrüll unterbrechen, femer die WollafFen (Lagothrix), die
Klammeraffen (Ateles), die kleinen zänkischen Rollschwanzaffen (Cebus),
die nur nördlich vom Amazonas wohnenden Schweifaffen (Pithecia),
die Nachtaffen (Nyctipithecus) , deren grosse, runde Augen des Nachts
leuchten, im Sonnenlichte aber blöde sind, die Springaffen (Callithrix)
und die kleinen, zierlichen Seidenaffen (Hapale).
Die stumpfzähnigen, fruchtfressenden Fledermäuse (Chiroptera frugi-
vora), sowie die Kammnasen werden gänzlich vermisst ; hingegen durch-
schwirren die blutsaugenden Blattnasen (Phyllostoma, Glossophaga und
die Desmodina) in entsetzHcher Menge die Lüfte. Ganze Viehbestände
werden oft durch diese blutgierigen Tyrannen vernichtet. „Was kein
Schrecken reissender Thiere, keine Drohung menschenfressender Ur-
bewohner vermag, bewirkt die unaufhaltsam wiederkehrende Plage
jener Blutsauger." Aus der Familie der Nachtschwirrer sind manche
Gattungen Amerika eigenthümlich ; andere hingegen, wie Vespertiho,
Nycticejus, Dysopes und Emballonura, hat es mit der Alten Welt
gemein.
Höchst seltsam ist es, dass die Insectenfresser, welche noch in
Nordamerika in beträchtlicher Anzahl erscheinen, im tropischen Amerika
gänzlich fehlen. Nur auf Hayti imd Cuba findet sich ein Bepräsentant
derselben in der ganz eigenthümlichen Gattung Solenodon. — Unter
den Fleischfressern entbehrt das tropische Amerika gänzHch der beiden
FamiUen der Viverrinen (mit einziger Ausnahme des in den wärmeren
Theilen Mexico's heimischen Katzenfretts, Bassaris astuta) und der
Hyänen. Auch die Familie der Marder ist spärUch vertreten; hierher
gehören nur eine Art von Mustela (Marder) auf dem Hochlande von
Peru (M. agiUs), einige Arten von Lutra (Fischotter), Pterura Sam-
bachii, eine Mittelform zwischen Fischotter und Seeotter (nur in Guay-
ana), mehrere Arten der auch im gemässigten Nord- und Südamerika
verbreiteten Gattung Mephitis, sowie zwei Arten der für das tropische
Amerika charakteristischen Gattung GaUctis (G. vittata oder der Grrison
Peschel-Leipoldt, Phys. Erdkande. II. 41
642 Vierter TheiL Das organische Leben auf Erden.
und (y. barbara oder die Hyrare). Die Familie der Bären ist gleich-
falls weit weniger zahlreich als in der Alten Welt: ausser der Gattung
Ursus, deren beide Arten (U. omatus und ü. frugilegus) auf die Anden
beschränkt sind, trifft man die mit Nordamerika gemeinsame Gattung
Proeyon (P. cancrivorus, der Krabben-Waschbär, nur in der OsthälAe
Südamerika's) und die Charaktergestalten des Cuati (Xasua sodalis)
und des Wickelbären (Cercoleptes caudivolvulus), welche bdde die
wärmeren Waldgebiete bis nach Mexico hin au&uchen. Ebenso stehen die
Hunde an Stärke und Zahl g^en diejenigen Nordamerika's und der Alten
Welt zurück. Es giebt weder Wölfe, noch Schakals; der Canis jubatus,
an Grösse dem Wolfe gleich, aber viel schwächer als dieser, geht von
dem südUchen Brasilien bis in's nördliche Patagonien; C. cancrivorus,
der wilde Stamm desjenigen Hundes, den die Bewohner der Antillen
zur Zeit der Entdeckung Amerika's als Hausthier brauchten, der jedoch
nicht bellen konnte, bewohnt das nordöstUche Südamerika, während
der brasilianische Fuchs (C. Azarae) in jedem Theile Südamerika's
vorkommt Im Gegensatz zu den bisher angefiihrten Familien der
Baubthiere ist das tropische Amerika sehr reich an Katzen. Der Cuguar
(Puma, amerikanischer Löwe, Felis concolor) dehnt seine Streifsöge
vom nördlichen Patagonien bis in die Mitte der Vereinigten Staaten,
also vom 40. Grad s. Br. bis zum 40. Grad n. Br. aus. Nicht ganz
so weit (nach Süden bis zum La Plata, nach Norden bis Mexico)
dringt der Jaguar (Unze, brasilianischer Tiger, Felis onca), das ge-
waltigste Raubthier Amerika's, vor, welches überall hin von der Pardel-
katze oder dem Ozelot (F. pardalis), einem schwächlichen Bepräs^i-
tauten unseres Luchses, und dem Yaguarundi (F. yaguamndi) bereitet
wird. Fünf andere Arten sind nur auf engere Bezirke beschränkt,
nämlich Felis tigrina auf Guayana und Brasilien, F. macrura aqf Bra-
silien und Peru, F. celidogaster auf Peru, F. strigilata und F. eyra
auf Guayana, F. colocollo und F. Guigna auf Chile. Von den ge-
nannten Katzen steigen der Cuguar und Yaguarundi aus den
Urwäldern bis zur Region des ewigen Schnees empor.
Durch seine Beutelthiere tritt das tropische Amerika in
zu Austrahen, aber in einen scharfen Gegensatz zu den tropischen
Theilen der Alten Welt, denen diese Ordnung der Säugethiere gänzlich
fehlt Die beiden Gattungen, welche sich hier vorfinden, Didelphys
(Beutelratte) und Chironectes (Schwimmbeutler), gehören Amerika aus-
schliesslich an. Die sehr zahlreich voihandenen Beutelratten (Chiro-
nectes weist nur eine Art auf) greifen im Norden und im Süden über
diese Zone hinaus, erreichen aber hier ihr Maximum.
Gross ist der Beichthum an Nagern, welche mit Ausnahme der
kosmopolitischen Genera der füchhömchen und Hasen in lauter eigen-
m'-.^Ar^txnt'i
VII. Die Faunengebiete der Erde. 643
tliümlichen Grattungen erscheinen. Da der Boden fast tiberall mit
Vegetation bedeckt ist, so sind die unterirdisch hausenden Nager im
Vergleich zu den übrigen selten. Von den Hörnchen vermisst man
sowohl die grabenden aus den nordamerikanischen Gattungen Tamias
(Backenhömchen), Spermophilus (Ziesel) und Arctomys (Murmelthier),
als auch die Flughörnchen 5 doch sind gegen 10 Eichhörnchen aus den
verschiedensten Waldgebieten Südamerika's (G davon aus Brasilien)
bekannt. Die heissen Regionen von Mexico besitzen zwei Springer
aus den Gattungen Dipodomys und Macrocolus (D. Philippii, M. halticus).
Zu der rein südamerikanischen FamiUe der Hasenmäuse zählen die
beiden nur in den gemässigten und kalten Regionen der Anden vor-
kommenden Gattungen Eriomys und Lagidium. Die Schrotmäuse sind
hier zahlreicher als in jeder anderen Thierprovinz : die Gattung Octodon
trifft man nur auf den Anden, die Ferkelratten (Capromys) nur auf den
grösseren Antillen, die Stachelratten meist auf der Ostseite des tro-
pischen Amerika. Von den letzteren leben Loncheres und Dactylomys
auf Bäumen, während sich Echinomys in Höhlen umhertreibt. Wurf-
mäuse suchen stets dürre Sand- und Lehmsteppen auf und sind daher
hier sehr selten; die einzige Gattung Ctenomys ist nur durch 2 Arten
repräsentirt. Sehr arm an Gattungen ist auch die Familie der Mäuse;
die Renn-, Wühl- und Feldmäuse fehlen ganz, und auch die echten
Mäuse (Mus) haben, wenn wir von den durch die europäische Schiff-
fahrt eingeschleppten Arten (Mus decumanus, M. rattus, M. musculus)
absehen, nur wenige Vertreter. Sie werden durch Akodon, Hesperomys
(mit zahlreichen Arten), Holochilus und Diymomys ersetzt. Von den
biberartigen Thieren erscheint der Myopotamus erst an den Südgrenzen
dieser Thierprovinz. Die Stelle der erdwühlend^i Stachelschweine der
Alten Welt nehmen baumbewohnende ein : die Borstenschweine (Erethi-
zon) und Greifstachler (Cercolabes, wegen ihres Grei&chwanzes so ge-
nannt). Ein südamerikanischer Charaktertypus ist auch die Familie
der Hufpfötler, die sich als Agutis (Dasyprocta) in zahlreichen, örtlich'
wechselnden Arten zeigen. Die Meerschweinchen (Cavia), zu denen
sich noch die bis auf die Cordilleren gehende Gattung Cerodon gesellt,
weisen besonders in dem östlichen Brasilien eine Menge Arten auf.
Die grössten tropischen Nager, der Paka und das Wasserschwein
(letzteres 1 Centner schwer, die häufigste Beute des Jaguars), reichen
ostwärts der Anden von der Nordküste Südamerika's bis nach Paraguay.
Im Gegensatz zu Nordamerika besitzt diese Thierprovinz nur einen
Hasen, den Lepus brasiliensis.
Zu den Zahnlückem, die in der Alten Welt nur eine geringe
Bedeutung erlangen, gehören in Südamerika zahlreiche und lauter
eigenthümliche Formen ; sie bilden also einen Hauptcharakterzug in der
41*
644 Vierter TheiL Das organische Leben anf Erden.
Fauna dieses Gebietes. Unter den merkwürdigtrai Grestalt^i
Ordnung sind vor allem hervorzuheben das plumpe, unbeholfene, meist
friedüche Faulthier (Bradjpus in YerBchiedenen Arten vom südlichen
Brasilien bis zur Honduras-Bay , Choloepus nur im nördlichen Theüe
von Südamerika), das sich durch einen langzottigen, dürren Pelz
und lange 6rd£Eurme auszeichnet und dessen flaches, affenahnlichea
Gesicht eine gewisse Angst verräth, femer das höhlengrabende,
flinke, mit Gürteln gepanzerte Gürteithier (Dasypus), welches nach
IS^orden bis ^lexico, nach Süden sogar bis zum 50. Breitengrade vor-
dringt, und der langbehaarte, mit sehr verlängerter Schnauze versehene
Ameisenfiresser (Myrmecophaga), der ganz auf die heisse Region be-
schränkt ist.
An Hufihieren ist Südamerika sehr arm. Einhufer fehlen von
Haus aus ganz (obwohl sie fossil in Nord- und Südamerika gefunden
werden); denn die Heerden verwilderter Pferde in den Pampas sind
europäischen Ursprunges. — Von den Dickhäutern hat diese Thier-
provinz den Tapir (Tapirus suillus, der gemeine T., und T. viUosus,
der langhaarige T.) mit Indien gemein, während das Nabelschwein
(Dicot}'le3 torquatus und D. albirostris) einen Ersatz för das Schwdn
der Alten Welt gewährt Der gemeine Tapir ist vom 12. Grad n. Br.
bis Patagonien, der langhaarige Tapir nur über die kalten Regionen
der Anden im nördhchen Südamerika verbreitet; die Nabelschweine
gehen durch alle Theile dieses Faunengebietes. Der Elephant, von
dem man 2 fossile Arten entdeckt hat, wird gegenwärtig gänzUch ver-
misst^). — Die Wiederkäuer sind durch zwei Gattungen, Auchenia
und Cervus, vertreten. Auchenia (Lama) meidet die heissen Niede-
rungen; sie bewohnt innerhalb der tropischen Zone nur die Alpenregion
imd steigt erst unter höheren Breiten in die Ebenen herab. Man unter-
scheidet vier Arten: zwei wildlebende (Guanako und Vicuna) und zwei
nur als Hausthiere vorkommende (Lama und Pako). Das Guanako
(Auchenia Huanaco) wird in jedem Theile der Anden angetrofien; das
gemeine Lama (A. lama), das wichtigste Hausthier Südamerika's, ist
auf der Hochfläche um den Titicaca-See am häufigsten und küLftigsten,
gelangt jedoch nach Norden hin kaum bis in das mittlere Peru« Das
Pako (A. Alpaco) und die Vicuna (A. vicunia) überschreiten nicht
den Baum zwischen dem 20. und 10., resp. 5. ^ s. Br. Die verschiedenen
Arten von Hirschen durchschwdfen meist die heissen Waldgebiete; nur
Cervus antisiensis verlässt gleich dem Lama nie die Alpenregionen.
*) Gn»88ere Thiere sind weit mehr der Gefahr ausgesetzt, yemichtet zu
werden, als kleinere. Sie besitzen nämlich keine so staike Zeugung; femer
ist ihnen eintretende Dürre yiel gefährlicher, wenn sie Grasfresser sind, und
endlich werden sie sicherer vom Menschen erlangt.
VII. Die Faunengebiete der Erde. 645
VoD den Seesäugethieren sind die Robben (4 Arten der Gattung
Otaria) auf die Westküste beschränkt; an der Ostküste werden die-
selben durch einige Lamantins (Manatus) ersetzt. Ein Delphin (Del-
phinus amazonicus), der nur die süssen Gewässer aufsucht, ist im
Amazonas und anderen Strömen bis an den Ostfuss der Anden beobachtet
worden.
Die Vogelfauna Südamerika's zeigt eine Manigfaltigkeit der Ge-
stalten, Farben, und Stimmen, sowie einen Reichthum an Individuen
wie kein anderer Theil der Erde. Der König der Vögel, der Condor,
herrscht in den Anden, während der grosse Haubenadler (Harpjria
destructor) und der Geierkönig (Sarcorhamphus papa) in dem heissen
Tieflande ihren Sitz haben. Die Singvögel sind sehr häufig. Von
den Sperlingsvögeln erreichen hier die zahlreichen, durch metallisch
glänzendes Gefieder ausgezeichneten Colibris das Maximum ihrer Arten-
und Individuenzahl-, ebenso erfreuen die meisenartigen Manakins (Pipra)
durch die brennenden Farben , welche bald diesen , bald jenen Theil
ihres sonst schwarzen Körpers schmücken. Die wichtigsten Familien
der südamerikanischen Klettervögel sind die zahlreichen, vorherrschend
grün geftlrbten Papageien und die Pfefferfresser oder Tukane (Rham-
phastidae) , welche vermittelst ihrer langen Schnäbel Eier und junge
Vögel aus hohlen Baumstämmen hervorholen; neben den letzteren
sind noch einige Eisvögel, z. B. der Plattschnabel (Todus) und der
Sägeschnabel (Prionites) rein amerikanische Typen. Von den Hühner-
vögeln tritt die rein amerikanische Familie der Jakuhühner (Penelopidae)
an Stelle der Tetraoniden und Phasianiden der Alten Welt, sowie Ciypt-
urus an Stelle der Rebhühner. Der einzige grosse Laufvogel ist der
amerikanische Strauss (Rhea americana), welcher in kleinen Heerden
die sandigen Campos BrasiUen's oft pfeilschnell durchwandert. Aus der
Ordnung der Sumpfvögel sind hervorzuheben der im hohen Grase der
Campos sich versteckende, einen Meter hohe Seriema (Dicholophus), die
Strausshühner (Palamedea), die Trompetenvögel (Psophia), der 1 ^ '2 Meter
hohe amerikanische Riesenstorch (Mycteria americana), der grösste Wad-
vogel der Neuen Welt, und der rosenrothe Löffler (Platalea Ajaja). Die
Wasservögel am Meere bieten wenig Auffallendes dar.
Ein so heisser imd feuchter Erdraum wie Südamerika musste die
Entwicklung einer reichen Fülle von Reptilien begünstigen. Von riesen-
haften Dimensionen sind insbesondere einige Süsswasser- und Seeschild-
kröten (von den ersteren namentUch Podocnemis), zahlreiche Alligatoren
aus den Gattimgen Crocodilus und Champsa, unter denen der schwarze
Kaiman (Ch. nigra) 8 bis 10 Meter lang wird, ferner die Panzer-
eidechse (Thorictis), der 1 Meter lange Basilisk Guayana's, die für
Amerika charakteristischen Riesenschlangen (vor allem Boa constrictor,
646 Vierter TheiL Das organische Leben anf £rden.
3 bis 5 Meter lang, und B. scytale oder Anaconda, 6 bis 10 Meter
lang) und Klapperschlangen ( Crotalus, in Südamerika speciell C. horridus,
die Schauer-Klapperschlange), sowie die herrliche Korallenschlange (Elaps
corallinus), von denen die beiden letzteren zu den Giftschlangen gehören«
Auch die Lurche sind ausserordentlich reich an Formen und Individuen.
Die Fische sind vorwi^end Salmoniden, Siluriden und Labroiden ;
sehr charakteristisch sind namentlich die zahlreichen schlechtschmecken-
den Panzerwelse. Die Gymnotida oder elektrischen Aale (Gymnotus,
Carapus, Stemarchus) ge&hrden das Leben der die Furthen durch-
schreitenden Menschen und Thiere.
Die Zahl der pflanzenfiressenden Insecten ist bä der üppigen Ent-
faltung der Vegetation eine verhältnissmässig grosse, nämlich eine neun-
mal so grosse als die Europa's. Besonders zahlreich sind die Schmetter-
linge, deren Glanz und Farbenpracht ganz ihrem sonnigen Vateriande
entspricht, von den Käfern die Scarabeiden, Chrysomelinen und Ceram-
by einen, femer die Ameisen, Wespen und Orthopteren. Von den
letzteren sind namentlich bemerkenswerth Phasma gigas (Siesenstock-
schrecke), das längste (^ ^ Meter lange) Insect, und die riesigen, mit
ungleichen Kiefern ausgerüsteten Heuschrecken (Cerberodon Perty»;
doch erscheinen diese Orthopteren niemals in so mächtigen Schwärmen
wie die Heuschrecken Afrika's und Arabien's, verheeren darum auch
niemals in Reicher Weise wie diese das Land.
HI. Die Provinzen der südlich gemässigten Zone.
A. Die Magalhäes'sche Provinz oder das gemässigte
Südamerika um&sst die Südspitze dieses Erdtheils vom 30. Grad
8. Br.-, an der Westseite, d. h. innerhalb der Anden, dürfte eigentlica
die ganze alpine R^on dieses Gebirges ihr zugerechnet werden, da
diese nur wenige tropische Formen besitzt Südlich vom 30. Breiten-
grade verschwinden zahlreiche tropische Thiere, so die AfFen, Faul-
thiere, Blattnasen (Phyllostoma), Cuatis, Stachehratten, während andere
immer seltener werden, bis am Bio Negro auch die letzten tropischen
Typen vermisst werden. Hingegen taucht eine Anzahl neuer Formen
auf. Verglichen mit der nordamerikanischen Thierprovinz steht sie
hinsichtlich der Zahl und Grösse der Säugethiere bedeutend zurück,
und zugleich ist ihr ein ganz anderer Charakter aufgeprägt Die
Armuth an Waldungen verscheucht zahlreiche Thiere, die durch ihre
Lebensweise an den Wald gefesselt sind, und dies um so mehr,
ab das rauhe Klima der allein bewaldeten Westküste diesen Thisren
ebenfidls feindlich entgegentritt In den weit ausgedehnten Steppen
walten naturscemäss die grabenden Nager vor; diese bilden überhaupt
VII. Die Faunengebiete der Erde. 647
den wichtigsten Bestandtheil der Thierbevölkenmg dieser Provinz. Nach
Süden verödet dieselbe mehr und mehr, und bei Cap Hoom trifft man
von Säugethieren nur noch einen Fuchs und eine Maus.
Die Affen gehen der Magalhäes'schen Provinz ganz ab. — Die
Fledemläuse sind wohl meist Eindringlinge aus der tropischen Zone
und gehören den Gattungen Desmodus, Dysopes, Vespertilio u. a. an. —
Insectenfiresser sind hier ebenso wenig vorhanden wie im tropischen
Südamerika; doch ist auch die Zahl der Eaubthiere eine geringe. Der
Ursus omatus ist bis nach Chile verbreitet, und von Stinkthieren
(Mephitis) wohnt M. patagonica im südlichen, M. suffocans im nörd-
lichen Theile dieses Gebietes. Der Grison (Galictis vittata), welcher
die wahrscheinlich fehlenden Marder ersetzt, schweift vom südlichen
Brasilien bis in's nördliche Patagonien, und von Fischottern findet sich
Lutra platensis am La Plata, L. chilensis in Cliile und besonders auf
dem Chonos-Archipel. Aus der Familie der Hunde hat die Magal-
häes'sche Provinz den Canis jubatus (bis an die Nordgrenze von Pata-
gonien) und den brasilianischen Fuchs (C. Azarae, bis Cap Hoorn) mit
dem Tropenlande Südamerika' s gemein, während C. antarcticus (der
antarktische Fuchs) auf die Falklandsinseln , C. magellanicus auf die
Westküste Patagonien's und Ciiile's und C. fulvipes auf den Archipel
von Chiloe beschränkt ist. Die Katzen weisen nur eine eigenthümUche
Art, die Pampaskatze (Fehs pajeros), auf; der Cuguar und der Yagua-
rundi dringen aus der tropischen Zone bis zum Rio Negro, der Jaguar
bis zur Mündung des La Plata vor.
Die Beutelthiere , nur durch die Gattung Didelphys repräsentirt,
überschreiten kaum die Nordgrenze Patagonien's und sind meist tropi-
sche Formen.
Unter den zahlreichen Nagern werden die FamiHen der Hörnchen,
Schläfer und Springer gänzUch vermisst; die in Erdhöhlen lebenden
Chinchillas (Wollmäuse), nändich das kleine und grosse ChinchiUa
(Eriomys laniger und E. Chinchilla), haben in den Gebirgen Chile's,
Bolivia's und Peru's ihren Wohnsitz. Das erstere liefert das weichste
und feinste aller Pelzwerke. Ferner gehören zu den Charaktertypen
der Magalhäes'schen Provinz das Berg- Viscache (Lagidium peruanum)
auf den peni-bolivianischen und chilenischen Anden, sowie das nur auf
den ösdichen Tiefebenen zwischen dem 30. und 41. Breitengrade vor-
kommende Feld- Viscache (Lagostomus trichodactylus), das Hauptthier
der Pampas (daher „Pampashase"). Das letztere unterwühlt den
Boden der Art, dass Mann und Ross bisweilen in die Erde hinab-
sinken. Femer sind vier Gattungen höhlengrabender Wurfinäuse auf
den Cordilleren von Chile heimisch, nändich Habrocoma, Schizodon,
Psammoryctes und Octodon, von denen die drei erstgenannten Chile
648 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
eigenthtimlich sind. Ebenso unterminiren die von dem südlichen Brasi-
lien bis zur Magalhäes-Strasse gehenden Wurfinäuse (Ctenomys torqna-
tus und Ct magellanicus) allenthalben das Land östlich der Anden.
Die eigentlichen Mäuse und Feldmäuse giebt es zwar in der Magal-
häes'schen Provinz nicht; doch entschädigen diesen Mangel die charakte-
ristische Gattung Beithrodon, femer Holochilus und das in c. 20 Arten
erscheinende Genus Hesperomys in reichstem Masse. Der Sumpfbiber
oder Coypu (Mjopotamus coypus) beherrscht auf der Ostseite das Land
▼om 24. bis 43., auf der Westseite vom 33. bis 48. Breitengrade; er
hält sich wie der Biber meist in Höhlen am Wasser auf und schwimmt
sehr gut Das Flussschwein (Hydrochoerus capjbara) und das pata-
gonische Meerschweinchen, der Aperea (Cavia aperea), dringen aus der
tropischen Zone bis über die La-Plata-Mündung nach Süden vor; da*
gegen sind der schnellfiissige Mara (Dolichotis patagonica), der treue
B^leiter der Wüste und Stellvertreter unseres Hasen, und Cerodon
Eüngii auf dieses Faunengebiet beschränkt Der einzige Hase, Lepus
magellanicus, welchen man nur auf den Falklandsinseln beobachtet
hat stammt jedenfalls von imserem Kaninchen ab.
Unter den Zahnlückem weisen nur die Gürtelthiere eigenartige
Formen auf. Hierher zählen mehrere Arten von Dasypus (Gürtelthier
oder Armadill, bis 50® s. Br.), sowie der merkwürdige Chlamydopho-
rus truncatus (Schildwurf), welcher sich nur bei Mendoza (unter 33
bis 34® n. Br.) vorfindet; der grosse Ameisenfiresser ist ein Fremdling
aus der tropischen Zone, der bis zum La Plata gelangt
Von den Hufthieren fehlten ursprünglich alle Eonhufer, da die
Herkunft der wilden Pferde auf den Pampas von den eingeflihrten
europäischen abzuleiten ist Dickhäutern begegnet man aDein in den
Pampas, nämlich zwei Thieren aus der benachbarten tropischen Pro-
vinz: dem gerin^lten Nabelschwein (Dicotyles torquatus) und dem
Tapir (Tapirus suiUus). Ebenso stimmen die wenigen Wiederkäuer
meist mit tropischen Formen überein, so das Guanako (im Norden nur
auf den Anden, in Patagonien und im Feuerlande auch in der Ebene)«
die VicuAa (im nördlichen Chile) und das Lama (nur als Hausthier
im Hochgebirge), sowie der auf der Ostseite der Anden hausende Gua-
zuy (Cervus campestris). Unser Rind kommt gleich dem Pferde in
verwildertem Zustande bisweilen in grossen Heerden vor.
Zahlreiche Robben und Wale besuchen die Küsten des gemässig-
ten Südamerika, von den ersteren Leptonvx leopardinus, Cystophora
proboscidea, der Seelöwe (Otaria jubata) und der Seebär (Otaria ursina),
von den letzteren 6 Delphine, der alle 3ileere durchstreifende Pottfisch,
der südliche Walfisch (Balaena australis), sowie der Schnabelwalfisch
(B. boops), welcher mit dem der nördlichen Halbkugel identisch ist
VII. Die Faunengebiete der Erde. 649
Die Vogelfauna verliert nach Süden hin mehr und mehr an
Manigfaltigkeit. Unter den Raubvögeln sind bemerkenswerth der
Condor, die Schleiereule (Strix perlata) und die seltsame Höhleneule,
die in Höhlen wohnt und vor deren Eingängen wie eine Schildwache
steht. Sperlingsvögel sind in reicher Anzahl vorhanden ; hingegen sind
die Klettervögel in einem von Wald so entblössten Lande naturgemäss
sehr selten. Die Hühner sind durch die Grattungen Crypturus (Gras-
huhn) und Eudromia vertreten. Der amerikanische Strauss (Nandu,
Rhea americana) wird im südlichen Patagonien durch einen anderen
Strauss von kleinerer Gestalt (Rh. Darwini) ersetzt. ,Zu den Sumpf-
vögeln zählen die Regenpfeifer, Meerlerchen (Tringa), Seeelstem
(Haematopus), Wasserläufer (Totanus) und der charakteristische Hirten-
vogel (Palamedea chavaria), welcher mit Hühnern und Gänsen aufge-
zogen wird, die er dann gleich einem Hirtenhunde schützt und gegen
Angriffe vertheidigt. Die Schwimmvögel sind besonders im Süden
ausserordentlich zahlreich; namentlich erscheinen an den süssen Ge-
wässern Enten (11 Arten), Taucher (Podiceps Rolandi), der schwarze
Seerabe (Garbo cormoranus) und die antarktische Ente (Anas antarc-
tica) in ungeheuren Schwärmen. Möven und Seeschwalben beleben
die Gestade des Meeres.
Die Zahl der Reptilien ist im Vergleich zu Brasilien eine sehr ge-
ringe-, das Feuerland und die Falklandsinseln entbehren derselben so-
gar gänzlich.
B. Die eigenthümlichste Thierwelt hat Australien sammt den
ihm in zoologischer Hinsicht zugehörigen Inseln, d. h. sammt der
ganzen nach Nordwesten hin gelegenen Inselflur bis Lombok und
Celebes (vgl. Bd. I, S. 502. 519 f.). Alle hier vorkommenden Arten,
fast alle Gattungen, ja die meisten Famihen sind diesem Erdtheil eigen-
thümlich. Australien ist eine Welt für sich. Es besitzt keine Affen,
also weder Schmalnasen noch Plattnasen, — keine Insectenfresser, also
keine Spitzmäuse, keine Würfe, keine Igel, — femer keine echten
Raubthiere (zweifelhaft ist der Ursprung des Dingo, des einzigen Raub-
thieres von Australien), also weder Bären, noch Marder, noch Hunde,
noch Hyänen, noch wilde Katzen, — auch keine Zahnlücker, somit
keine Faulthiere, keine Gürtelthiere , keine Ameisenfresser, keine
Schuppenthiere. Ebenso fehlen alle Einhufer, also wilde Pferde und
Esel, — alle Dickhäuter, d. h. die Elephanten, Rhinocerose, Tapire,
Flusspferde und Schweine, — sowie die Wiederkäuer, also die Kameele,
Lamas, Hirsche, Ziegen, Schafe und Rinder, — kurz alle jene Typen
von Vierfiissem, die in jedem andern Theile der Welt den Grundstock
der Säugethierfauna bilden.
Welchen Thieren hat denn nun Australien eine gastliche Stätte
g50 Vierter TheiL Das organische Leben auf Erden.
gewährt? In erster Linie den Beutelthieren; denn unter den 131 (nach
Wallace 160) Arten Landthieren, die von Neuholland und Tasmanien
bekannt sind, zählen 102 zu den Marsupialien. Die grosse Manig<ig-
keity welche diese in ihren Formen darbieten, führt dahin, dass die durch
sie verdrängten Ordnungen innerhalb der Sphäre der Beutelthiere selbst
£ast alle ihre Repräsentanten finden. So stehen die auf den Bäumen
lebenden daumenfiissigen Phytophagen, nämlich Phalangista (Kusu),
Petaurus (MugbeuÜer) und Phascolarctos (Koala) den Affen und noch
mehr den Halbaffen nahe. Die Insectenfii'esser sind durch Myrmecobius
und Tarsipes, die Fleischfiresser durch Thyladnus und Dasyurus ver-
treten; namentlich würgt Thjlacinus wie ein Wolf unter den Schaf-
heerden und wird deshalb von den Eingebomen als Tiger oder Hyäne
bezeichnet Die Kängurus erinnern durch die hufartigen Nägel an
zwei Zehen der Hinterfiisse an die Hufthiere, sowie durch die eigen-
thümliche Zusammensetzung des Magens spedell an die Wiederkäuer.
Femer sind die Monotremen (Schnabelthiere) dem australischen Fest-
lande eigenthümUch. Sie werden zwar gewöhnlich zu den Zahnlückem
gerechnet, dürfen jedoch ebenso gut als Beutelthiere betrachtet werden,
da sie sich nur unter dieser Form darstellen. Zu ihnen gehört das
Wasserschnabelthier (Omithorhynchus paradoxus), welches selbstgegni-
bene Erdgänge an den Flussufem des südöstlichen Australien bewohnt,
und der Ameisenigel oder das Landschnabelthier (Tachyglossus), das
im südlichen Australien und auf der Insel Tasmanien in Erdlöchem
von Ameisen lebt, die es mit seiner klebrigen Zunge aufleckt
Ausser den Beutelthieren begegnet man hier nur zwei Ordnungen
der Landsäugethiere : den Fledermäusen und Nagern. Zu den ersteren
zählen 5 Geschlechter (Pteropus, Rhinolophus, Nyctophilus, Vespertilio,
Dysopes), welche meist mit denen der benachbarten, an Fledermäusen
so reichen Sundawelt übereinstimmen, aus der sie sich vermöge ihrer
ausserordentUchen Flugfertigkeit leicht hierher verbreiten konnten. —
Von den vier Gattimgen der Nager sind drei für Australien charakte-
ristisch, nämlich Hvdromys (Schwimmmaus, von der Gestalt und
Lebensweise der Biber), Hapalotis und Pseudomys; die vierte Form
aber ist das kosmopohtische Geschlecht Mus. Leichhardt erwähnt auch
ein fliegendes Eichhorn (Petaurus sciureus?). — Femer weist die Onl-
nung der Robben 3 Gattungen (LeptonjTC, Cystophora und Otaria) und
die der Fischsäugethiere 4 Gattungen (Halicore, Balaena, Physeter und
Delphinus) auf.
Unter den Vögeln erscheinen neben manigfachen asiatischen und
afirikanischen Typen zahlreiche eigenthümliche Formen. Sehr gering
ist die Specieszahl der Raubvögel, von denen die Geier gänzlich
fehlen und die Eulen sehr klein sind; nur die Milane, insbesondere
VII. Die Faunengebiete der Erde. 651
der kecke Milvus isurus, werden in grösserer Individuenzahl gefunden.
Von den Singvögeln walten die honigsaugenden Vögel (Meliphagidae)
vor, welche ihre Nahrung nur wenig mit den Schnäbeln kauen, sie
vielmehr mit der langen, bürstenformigen Zunge saugen oder lecken.
Zu ihnen gehört selbst die Papageiengruppe Trichoglossus mit den
kleinen grünen Loris. Höchst bemerkenswerth ist auch der Paradies-
vogel oder Manuck Debata, d. i. Göttervogel (Paradisea). Die Kletter-
vögel sind durch zahlreiche Papageien, insbesondere durch den schwar-
zen und weissen Kakadu, den Falkenkakadu, den Kanarienvogelpapa-
gei etc., vertreten. Unter den Hühnern sind sehr charakteristisch
die Megapodidae, welche in ihrem Bau den Hühnern, in ihrem Fluge
den BaUen ähnlich sind und das Brutgeschäft in seltsamster Art voll-
ziehen. Der bekannteste Laufvogel ist der Emu oder neuholländische
Strauss (Dromaeus Novae Hollandiae). Von Hühnerstelzen (Sumpf-
vögeln) trifil man Trappe, Kraniche, Regenpfeifer, Ibis und Reiher,
von den Schwimmvögeln scJhwarzflüglige Pelicane, einige schwarze
Enten (Anas superciliosa und A. Novae Hollandiae), die Radjah-Ente,
die Bogenente, zahlreiche Holz-, Kjick- und Laufenten, sowie den
schwarzen Schwan (Cygnus plutoneus).
Die Reptilien- und Fisch-Fauna Australien's ist noch wenig er-
forscht. Nach Gray zählen zu den Reptilien 7 Schildkröten, 63 Saurier
(darunter Krokodile, Leguane und die den Gürteleidechsen verwandten
gepanzerten Centroblites), 20 Schlangen und 17 Batrachier (unter ihnen
der blaue Laubfrosch Hyla cyanea).
Die Zahl der Insecten ist wegen der dürftigen Entwicklung der
Vegetation weit geringer als in der Sundawelt, Indien oder Brasilien.
Auch sie zeigen einen besonderen Habitus, obwohl es an Analogien
mit Südasien und Südamerika, ja selbst mit Nordamerika und Europa
nicht fehlt.
Was bedeuten diese eigenthümlichen Züge der Fauna AustraUen's?
Was bedeutet vor allen Dingen der höchst auffallende Reichthum an
Beutelthieren? In dieser Hinsicht hat uns die Geologie wichtige Auf-
schlüsse gegeben. Man hat nämlich in den miocänen und eocänen
Ablagerungen Versteinerungen von Beutelthieren aus der amerikani-
schen Gattung Didelphys sowohl in Frankreich als auch in England
gefunden. Zahlreiche eingeschwemmte Unterkiefer von Beutelthieren
enthalten insbesondere die jüngsten Juraschichten von Purbeck in
Dorsetshire. Jene Thiere standen einigen der heutigen australischen
Beutelthiere sehr nahe, so den insecten- öder fleischfressenden Ameisen-
beutlem (Myrmecobius) und Rauhschwänzen (Dasyurus) oder den von
Früchten sich nährenden Hackenthieren (Hypsiprymnus). Ebenso sind
im' Dogger bei Stonesfield (Oxfordshire) fossile Beutelthiere entdeckt
652 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
worden, deren nächste lebende Repräsentanten in den aastraüschen
Gattungen der Ameisenbeutier und Sauhschwänze gesucht werden
müssen. Wir können daher von Australien sagen, dass seine Fauna
ganz und gar einen paläontologischen, mindestens tertiären Anstrich
habe, dass sie, geologisch gesprochen, einen versteinerungswürdigen
Charakter an sich trage. Es beherbergt veraltete Trachten, welche die
Natur nur auf emev so einsam gelegenen Weltinsel aufzubewahren Ter-
mochte. Wir schliessen hieraus , dass Australien vielleicht vom juras-
sischen Zeitalter an bis zum B^inn der Tertiärzeit mit dem grossen
continentalen Ländergebiete der Alten Welt verbunden war, dass hin-
gegen während der Tertiärzeit eine Trennung bei der Makassar-Strasse
eintrat, welche den ferneren Austausch der Arten verhinderte, während
derselbe wegen des Länderzusammenhanges wenigstens innerhalb da-
nördlichen Hemisphäre noch fort und fort möglich war.
VIII. Die Lehre von der Einheit der Schöpfungs-
mittelpunkte.
Wie für die Pflanzen, so nehmen wir auch für die Thiere an, dass
sich jedes von einem bestimmten Punkte, seinem Schöpfungs-
heerde, aus verbreitete, bis irgend welche Schranken seiner Wanderung
ein Ziel setzten. Es ist nun die Frage, ob sich diese Hypothese tiber-
all mit den Thatsachen in Einklang bringen lässt
Zunächst vermag uns erst diese Hypothese zu erklären, warum
die Faunen gewisser Länderräume, z. B. Madagascar's und Australien' s,
fort und fort ihre Selbstständigkeit bewahrt haben. Im Laufe der ver-
schiedenen geologischen Zeitalter traten an die Stelle der älteren Typen
neue, kräftigere und verdrängten die ersteren; natürlich konnte dies
im allgemeinen nur da geschehen, wo der Länderzusammenhang nicht
zerrissen wurde. Wo hingegen Meerestheile einen natürlichen Schutz
gegen die neueren EindringUnge gewährten, da behauptete die ältere
Fauna das Feld. Madagascar's Fauna und Flora wären längst afiri-
kanisch geworden, wenn diese Insel seit längerer Zeit mit Afrika durch
eine Landbrücke verknüpft gewesen wäre. Ebenso würde Australien's
Thier- und Pflanzenwelt sicher grösstentheils verschwunden sein, wenn
die alte tertiäre Verbindung nicht gelöst worden wäre.
Die Geologie belehrt uns femer, dass einst ein nordatlantischer
Zusanmienhang zwischen Amerika und Europa bestand. Damals war
die Fauna beider Gebiete unzweifelhaft nahezu dieselbe. Sobald jedoch
das atlantische Thal die beiden Welten völlig von einander schied,
gingen die Faunen beider Gebiete in ihrer Entwicklung ihre eigenen
Wege. Nur im hohen Norden, wo die winterhche Eisbedeckung später
imd zum Theil bis auf die Gegenwart alljährlich eine üeberbrückung
des Oceans schuf, konnte auch fernerhin noch ein gegenseitiger Aus-
tausch stattfinden. Deshalb ist die Thierwelt unter allen Meridianen
rings um den Pol dieselbe; nach Süden zu aber tritt eine bedeutende
Differenzirung ein. Hier zeigt sich klar, von welcher Wichtigkeit geo-
logische Vorgänge ftir die Gesittung der Menschheit sein können; denn
654 Vierter Theil. Das organiflche Leben auf Erden.
Amerika entbehrte in Folge dessen bis zur Ankunft der Europäer aDer
jener Thiere, welche als Hausthiere den Bewohnern der Alten Wdt
von unberechenbarem Werthe sein mussten, z. B. des Schafes ^ der
Zi^e, des Schweines, des Rindes , welches letztere der Bison keines-
wegs zu ersetzen vermag. Femer vermissen wir dort die Equineen«
also Zebra, Esel, Pferd (letzteres nur fossil in Amerika), und das auf
die Anden beschränkte Lama steht in seiner Leistungsfähigkeit weh
hinter dem Kameel zurück.
Ist die Hypothese richtig, dass sich die Thiere von gewissen Cen-
tren aus verbreitet haben, so müssen auf Inseln, die nicht Trümmer
von Festländern sind, also auf Inseivulcanen und Koralleninseln, alle
diejenigen Thiere von Haus aus fehlen, welche nicht über grössere
Meerestheile wandern können. Auch dies hat sich fast überall be-
stätigt, wie in dem Abschnitt „Die Thier- und Pflanzenwelt der Inseln*^
(BA I, S. 507 ff.) dargelegt worden ist
Freilich lassen sich auch Thatsachen anftihren, welche der Hypo-
. these von einheitlichen Schöpfungscentren ernste Schwierigkeiten be-
reiten. Es tauchen nämlich bisweilen Thiere in zwei oder mehr iso-
lirten Bezirken auf, während man in Räumen zwischen denselben ver-
geblich nach ihnen forscht Derartige Beispiele sind zwar nicht sehr
zahlreich; ihre Erklärung ist aber meist um so schwieriger, als betreffs
der meisten Thiere eine Verbreitungsart wegfkllt, durch welche sich das
sporadische Auftreten der Gewächse in fernen Gegenden in vielen Fällen
leicht rechtfertigen lässt: der Transport durch Vögel, die den Pflanzen-
samen häufig an den Füssen mit forttragen oder ihn unverdaut ans
dem Magen ausscheiden.
Zu jenen räthsel haften Thatsachen gehören folgende: Die meisten
Formen der Insecten, welche auf dem Plateau der Nilagiris beobachtet
werden, zählen zu europäiBchen FamiUen und Greschlechtem; manche
sind sogar mit europäischen Species identisch, wie Cocdnella septem-
punctata (Sonnenkäfer mit sieben Punkten), Vanessa cardui (Distd-
falter), Polyommatus baeticus (andalnsischer Ai^gusfidter), Oolias palaeno,
lithosia pulchella, während sich an den Abhängen des Gebii^ges rein
indische Formen finden^). Höchst merkwürdig ist femer das spora-
dische Erscheinen von Insecten, deren Weibchen flügellos sind und die
zum Theil niemals den Sack verlassen, welchen ihre Raupen aus Pflanzen-
stoffen herstellten ; dies gilt z. B. von den Psychideu, Oiketicus und allen
anderen Sackträger -Gattungen'). G^heinmissvoU sind auch die an
Afiika erinnernden Züge der Fauna von Celebes. Von den seltsamen
') Ludwig K. Schmarda, Die geographische Yerbreitong der Thiere.
Bd. 1, S. 71. 162 f.
*) Gabriel Koch im Aiuland 187], S. 684.
VIII. Die Lehre von der Einheit der Schöpf angsmittelpunkte. 655
Gestalten derselben sind besonders zu erwähnen ein pavianartiger Affe
(Cynopithecus nigrescens), ein antilopenartiges Rind (Anoa depressicor-
nis oder Sapi-utan) und der mit dem afrikanischen Warzenschwein
verwandte Babirussa. Die eigenthümlichste Thatsache dieser Art aber
ist vielleicht die, dass der Tapir Sumatra's und Hinterindien's mit dem
Tapir Südamerika's zwar nicht identisch ist, ihm aber ausserordentlich
nahe steht, obwohl er in den weiten Räumen zwischen den Sunda-
Inseln und Südamerika überall fehlt.
Schmarda gelangt auf Grund ähnlicher Thatsachen zu der An-
sicht: „Bei weit verbreiteten, durch grosse Länderstrecken getrennten
Thieren muss man nothwendig mehrere Schöpfungsmittel-
punkte annehmen"^). Lidessen sind gegen diese Hypothese ebenfalls
verschiedene Bedenken zu erheben. Sie stört zunächst die Einheit des
Schöpfungswerkes, indem hierbei willkürlich ein, zwei, drei oder noch
mehr Ausgangspunkte flir die einzelnen Thiere gefordert werden. Vor
allen Dingen aber hemmt sie den frischen Trieb zur Forschung, indem
sie sich gleichgiltig verhält gegenüber den verborgenen Pfaden, auf
denen sich das Thierleben einst verbreitet hat. Bevor man zu einer
so bequemen Hypothese greift:, sollte man erst mit allen Mitteln es
versuchen, wie dies die Anhänger der Einheit der Schöpfungscentren
thun, jene Räthsel durch gründliche Studien über die Wanderungen
der Thiere zu lösen. In dem obigen Sinne ist die Annahme mehrerer
Schöpfungsheerde eine schädlich wirkende („bad working") Hypothese.
Schmarda*) selbst liefert uns übrigens Belege, welche recht ge-
eignet sind, das räthselhafte sporadische Auftreten mancher Thiere zu
erläutern. So war der Wolf zu Olaus Magnus' Zeiten (1535) in
Schweden sehr häufig, vor Linn4 (um's Jahr 1735) sehr selten, wäh-
rend er jetzt wieder in grösserer Anzahl vorhanden ist. Hieraus geht
hervor, dass Thiere oft in kurzen Zeiträumen und scheinbar ohne be-
sondere Veranlassung ihre Verbreitungssphäre erweitem oder verengem.
Erlischt auf diese Weise eine Art in der centralen Zone ihres Gebietes, so
ist der räthselhafte Fall des sporadischen Auflauchens gewisser Formen
gegeben. Vespertilio noctua, die grösste schwedische Fledermaus, war
zu Linn^'s Zeiten in Skandinavien unbekannt; Retzius erst be-
richtet uns (etwa 1825) von ihrem Auftauchen in Südschweden. Als
man hierauf die Kirche zu Lund renovirte, fand man alte Knochen
und Skelete von Fledermäusen, welche meistens der V. noctua ange-
hörten und zum Theil mindestens 700 Jahre alt waren. Somit ist
diese Art früher häufig gewesen, dann verschwunden und hierauf
1) Ludwig K. Schmarda, 1. c. Bd. I, S. 66 f.
^ 1. c. Bd. I, S. 200.
656 Vierter Theil. Das organische Leben auf Erden.
wiedergekommen. Ebenso war Motacilla alba (die weisse Bachstdze)
▼or 30 Jahren in Schweden sehr häufig , woraof sie längere Zeit ver-
misst, dann aber auf's neue wieder beobachtet wurde.
Das plötzliche Erscheinen von Thieren an Stellen, wo sie ehemals
fehlten, ist in neuerer Zeit wiederholt wahrgenommen worden. So ist
unser Distel£Edter (Vanessa cardui) vom nördlichen Schweden bis zum
Vorgebirge der Guten Hoffiitmg, sowie in verschiedenen Theilen Asien's,
NeuhoUand's, Nord- und Südamerika's angetroffen worden. Ferdi-
nand V. HochstetterM sagt von ihm, dass er ihn selbst in all«'n
fünf Welttheilen gefangen habe. Er dringt also vielfach in Erdräume
vor, in denen er seinem Colorit und seinem Kleiderschnitt nach ein
Fremdling ist Gabriel Koch kann sich diese weite Verbreitung
nicht anders erklären als durch eine Pluralität der Schöpfungsheerde - ).
Da jedoch, wie Koch selbst anfiihrt, die Raupe des Distelfalters überall
fast nur auf Disteln lebt, die Distel aber erst um 17G9 Südamerika
erreicht hat (vgl. S. 585), so ist der DLsteI£älter höchst wahrscheinlich
auch erst nach dieser Zeit dort heimisch geworden. Ebenso leicht aber
wie den Atlantischen Ocean konnte er auch die übrigen Weltmeere
überschreiten.
Ein ausserordentlich grosses, theilweise sehr zerstücktes Terrain
beherrscht auch der Windenschwärmer (Sphinx convolvuli); denn er
geht vom nördlichen Frankreich bis nach Polynesien. Dies befremdet
uns wenig, da dieser Schmetterling in hohelu Grade wanderungs&hig ist ;
flog doch eine verwandte Art, der Todtenkopf (Acherontia Atroposi,
auf ein Schiff zwischen England und Westindien, welches 250 geogr.
Meilen von jedem Lande entlemt war ^) ! Sphinx convolvuli selbst i^iirde
einmal am Bord des Indienfahrers „Hotspur** unter 12" 9* n. Br. und
21 "^ 17' w. L, V. Gr., also 75 geogr. Meilen vom nächsten Küstenpunkte
Afrika's und über 50 geogr. Meilen von den Capverdischen Inseln ge-
fangen. Ebenso besuchte dieses Schiff auf seiner Heim&hrt ein Todten-
kopf unter 40" 29' n. Br. und 15® w. L. v. Gr., als es vom nächsten
Lande (Portugal) noch 65 geogr. Meilen (zwei Drittel des Abstandes
der Insel Madeira von Afrika) entfernt war^).
Sehr oft ist die Wanderung der Thiere streng abhängig von der
Verbreitung gewisser Culturgewächse, welche gleichsam die Lockspeise
för sie sind. So ist der Kreuzschnabel dem Apfelbaum nach England,
das Bebhuhn dem Kombau nach Schottland gefolgt Der Haussper-
M Neuseeland. Stuttgart 1863. S. 435.
«) Ausland 1S71, S. 6S3 f.
') Guilding im ZooL Joorn. 1828, p. 403.
^) Sir Charles Lyell, Principles of Geology. 12tii ed. London 1S75.
Vol. II, p. 'ibL
VIII. Die Lehre von der Einheit der Schöpfongsmittelpunkte. 657
ling (Pyrgita domestica) , welcher ursprünglich nur die Gestade des
Mittelmeeres bewohnte, kam mit der Weizen- und Gerstencultur der
römischen Colonisten nach Deutschland; später gelangte er mit dem
Getreidebau nach Norw^en bis zum 70. Grad n. Br. und in der ersten
Hälfte des 18. Jahrhunderts nach Sibirien, wo er in dem unangebauten
östlichsten Theile noch fehlt. Der Reisläufer ist in Cuba heimisch,
geht aber seit der Einfiihrung der Beiscultur in grossen Schaaren
nach Nordcarolina ^). Das sporadische Auftreten namentUch kleinerer
filmender Thiere mag nicht selten durch das sprungweise Vorrücken
mancher Culturgewächse veranlasst sein. Im übrigen dürfte hier auch
manches von dem zu beachten sein, was oben (vgl. S. 608 flF.) bereits
über die Mittel gesagt wurde, mit deren Hilfe sich die Thiere viel&ch
verbreiten.
Welche 1ie%reifenden und seltsamen Wandelungen sich noch heute
fort und fort in der Verbreitung mancher Thiere vollziehen, das lehren
uns am deutlichsten die merkwürdigen Wanderungen der Ratte.
Europa ist nach einander von mehreren Rattenhorden heimgesucht
worden. Zuerst erschien angeblich die gothische Ratte, nach ihr die
vandalische, später die hunnische; jede vertilgte die sesshafte Urbe-
völkerung ihres Geschlechtes, so dass die schwächere Race vor der
stärkeren wich, bis diese allmählich in dem neuen Capua verweichlichte
und einem späteren E^roberer unterlag. In Grossbritannien b^ann
nach der Thronbesteigung des Hauses Hannover eine schwarze Ratte,
die sich schon längst Frankreich erobert hatte und deshalb als nor-
mannische oder Whigratte bezeichnet wurde, die alte braune angel-
sächsische oder Toryratte zu vertreiben. Noch dauert dieser Kampf
in Grossbritannien fort, während auf dem Festlande bereits die nor-
mannische Ratte vor einer centralasiatischen Horde (Mus decumanus)
mehr und mehr verschwindet, die im Jahre 1727 über die Wolga
setzte und die man in Paris die russische oder die tatarische nannte.
Erst 1809 kam sie nach der Schweiz, wo sie auch heute noch nicht
zahlreich vertreten ist. Doch hat sie schon seit 1775 in Nordamerika
festen Fuss gefasst. Jetzt ist sie auch nach Centralamerika und Peru
vorgedrungen. Es ist ganz klar, dass jede neue Wanderhorde den
einheimischen Ratten überlegen sein musste, sonst hätte sie diese nicht
verdrängen können.
Die Ratte ist ein äusserst reiselustiges Thier und verbreitet sich
gern nach allen Himmelsstrichen. Namentlich besitzt sie eine Vorliebe
ftbr Seereisen, auch wenn sie sich nach einer anderen Hemisphäre er-
strecken sollten. Diese Reisen gehen oft bis Calcutta und wieder
») Ludwig K. Schmarda, 1. c. Bd. I, S. 201. 206.
Pescbel-Leipoldt, Phys. Erdkunde. H. 42
g58 Vierter TheiL Das oi^anische Leben auf Erden.
zurück, und der Ratten&nger am Bord dnes Indien&hrero fängt bis-
weilen 500 Stück auf einer einzigen sokhen Beise. Unter diesen
Thieren mag es manches geben, das die Welt öfters ums^elt hat als
James Cook. Wohin die europäisch-asiatischen Arten bis jetzt gelangt
sind, da sind die einheimischen Hatten vor ihnen gewichen, und be-
kannt ist Gomara's lebendige Schilderung ihres ersten Auftretens in
Amerika imd namentUch in Peru, wohin sie mit Vicekönig Blasco
Nuiiez (1544) kamen. Die Maori auf Neuseeland sehen in dem Aus-
sterben der polynesischen Batte (Kiore), welche äe selbst bei ihrer
Wanderung nach den Inseln mitgebracht hatten und die von der
schwarzen normannischen Batte der En^änder vernichtet wird, ein
trauriges Vorzeichen ihres eigenen unabwendbaren Bacentodes.
Derartige Bacenkriege zeigen deutlich, dass oft merkwürdige, ja
geheimnissvoUe Vorgänge die Verbreitung der Thiere beherrschen.
Grosse, zusammenhängende Verbrdtungsgebiete werden bisweilen auf
diese Weise zerrissen, und wenn sich solche Vorgänge der Beobachtung
des Menschen entzogen haben, so wird man leicht zu der trügerischen
Annahme einer Plurahtät der Schöpfimgsheerde verleitet
Insbesondere dürfen wir die Lösung versdiiedener thieigeogiaphi-
scher Probleme von der Geologie und Paläontologie erwarten. Je mdir
Au&chlüsse uns diese beiden Wissenschaften über die frühere Gestal-
tung der Länderräume wie über ihre ehemalige Thierwelt bringen, um so
mehr werden wir uns des Zusammenhangs bewusst werden, welcher
zwischen isolirten Gebieten mit verwandter Fauna in früheren Perioden
bestand; um so klarer werden wir erkennen, dass die gegenwärtige
Vertheilung des Thierlebens die naturgemässe Weiterentwicklung der
geologischen Vergangenheit ist Die Forderung einheitlicher Verbrei-
tungsmittelpunkte erscheint uns um so gerechtfertigter, als auch für
das Menschengeschlecht nur ein Schöpfungsheerd angenommen w^-
den darf M.
*) VgL hierzu Oscar Peschel, Völkerkunde.- 4. Aufl. Leipzig 1877.
S. 28—36.
Begister.
Aachen I, 315. 327. ü, 294. 306. 519.
Aale, elektrische II, 646.
Aaboe I, 381.
Aar II, 370. 384. 413. 439. 441.
Aargletscher II, 341. 344. 345. 348.
353.
Aarthal II, 359.
Abai II, 400 f.
Abbot I, 361. II, 392 (Nota 1). 420. 423
(Nota 4).
Aberdeen II, 277.
Abessinien II, 565. 633. 635. 636.
Abich: Flammenerscheinungen am Ve-
suv I, 221.
— Vulcan Tandurek I, 234.
— Schlammvulcane im Gebiete des
Kaukasus II, 311 (Nota 1).
— keine Eriszeit im Kaukasus II, 361.
Abietineen 11, 546.
Ablenkung des Bleilothes von der Ver-
ticalen I, 173 ff.
— der meridionalen Meeres- und Luft-
strömungen durch die Botation det
Erde II, 102 f. 214. 225. 226. 235.
Äbo I, 382.
Abplattung der Erde: Messung ihrer
Grösse I, 150 f. 153 ff. Theoretische
Ableitung des Abplattungswerthes I,
279 f. A. d. £. kein sicherer Beweis
für die ehemalige Gluthflüssigkeit der
Erde I, 281.
Abruzzen II, 620.
Absorption der Sonnenwärme durch
Luft, Land und Meerü, 156—158.
Abu-Arich 11, 195.
Abukir I, 372. II, 416.
Acacia II, 537. 560. 562. 564. 565. 566.
568. 585. 586. 589.
— acanthocarpa II, 537.
— arabica II, 560.
— cavenia II, 585. 586.
— detinens II, 566.
— farnesiana II, 560.
— Giraffae II, 566.
— heterophylla II, 589.
— horrida II, 567.
— serissa 11, 560.
Acalypha rubra I, 526.
Acayutia, Baj von I, 228.
Acer s. Ahorn.
— opulifolium II, 603.
Aceratherium I, 333.
Achäne II, 595.
Acherontia Atropos II, 656.
Acineta Humboldtii II, 541.
Aconcagua, Vulcan I, 232. 240.
Aconitum napellus II, 523.
Acosta, Joseph I, 523, Nota 1.
Acridium aegyptiacum II, 638.
— tataricum II, 638.
Actaeonella I, 326.
Adacna vitrea II, 321.
Adam von Bremen II, 371, Nota 1.
Adams I, 50.
Adamsbrücke I, 370. 505.
Adanson II, 528.
Adansonia digitata U, 528. 537. 564.
Adda II, 441.
Adda-Gletscher in der Eiszeit II, 359.
Adelaide II, 268.
Adh^mar*8che Hypothese 11, 143—151.
Adjak II, 630.
42*
660 Register.
AdriatiBches Meer I, 375 ff. ü, 30. 106. Agassiz, Louis: geogn^hische Homo-
Aegäisches Meer ü, 103. logien I, 395.
Aegina I, 203. ; — Maine zur Eiszeit I, 477.
Aegos Potamos , Meteoritenfall am I, | — Bewegimgen des Aargletschers II,
107. I 344. 345. 34S.
Aegypten (Geologisches:) I, 143. 260.. — Anhanger der Dilatationstheorie H,
328.450.451.454. (Meteorologisches:) 34S.
II, 157. 187. 267. 387. 398. 400 f. 437. , ~ Spuren einer Eiszeit im Amazonas-
(Biologisches:) II, 499. 563. 564. 605. ; thale II, 363.
620. 621. 633. 638. — die Insel Marajö kein Deltaland II,
Aeolische Insehi I, 203. 404, Nota 2.
Aequator, magnetischer II, 463 f. i — über Massenschopfung der Thiere
Aequatoriale Gegenströmung des Allan- 1 II, 602.
tischen Oceans II, 8. 56. 57 f. 87. 89 £, j — über die Fischfeiuna Nordamerika's
des Grossen Oceans II, 75. 91, des; II, 628.
Indischen Oceans II, 79. , Agaven II, 540. 554. 573. 575. 583.
Aequatoriale Luftströmungen II, 222 ff. ' Agrimonia II, 595.
227 ff. 256. I Agrostideen IE, 538.
Aequatoriale Regenzone II, 260 f. Agrumen s. Citrus.
Aequatorialströmungen des Atlantischen . Aguas calientes de las Trincheras II, 294.
Oceans 11, 56 £ 74. 87 £. 419, des!— de Comangillas II, 294.
Grossen Oceans II, 75. 77. 90, des Aguti 11, 643.
Indischen Oceans II, 79. 91. Die Ahorn II, 536. 551. 557. 571. 593. 603.
Ursache der Aequ.-Str. 11, 82 — ^91. Aigle, Meteorsteinfall bei I, 107 f.
Aequinoctien II, 139. Aignes-mortes II, 317.
Aerolithe s. Meteorite. Ailanthus 11, 593.
Aesculus hippocastanum s. Rosskastanie. Airolo I, 542.
Aestuarium II, 403. 411. 412. Airy, G. B.: Saturn vierschultrig I, 96.
Aethalion I, 322. — Abplattung der Erde I, 163. 164.
Aether I, 49. II, 4S3. — Dichte der Erde durch Pendelbeob-
Aetna I, 202. 212. 222. 231, Nota 3. achtimgen ermittelt I, 179.
23S. 239. 259. Q, 283. , — 's Formel, aus der Wellengeschwin«
Affajtato II, 457. digkeit die mittlere Tiefe des Oceans
Affen n, 608. 610. 612. 620. 622. 625. zu berechnen I, 413 f.
628. 629. 632 f. 639. 641. 647. Akabah, Golf Ton II, 325. 441.
Affenbrotbaum s. Adansonia digitata. Akazie s. Acacia.
Afghanistan 11, 601. 623. Akka I, 268.
Afrika (Geologisches:) I, 231. 261. 371 ff. Akodon II, 643.
375. 389 f. 397 ff. 421 f. 423. 44b S. Aksakal II, 322.
462. (Meteorologisches:) U, 127 f. 175. Akbama (Staat) II, 2S0.
179. 186 ff. 262 f. 312 f. 320 f. 354.399. Alahabad II, 609.
436. (Biologisches:) II, 512. 517. 534. Akid I, 229.
539.545.562—568.619—622.632—639. Alais, MeteorsteinfEdl bei I, lOS.
Agardh, J. G. II, 69. Alands-Inseln I, 382.
Agassiz, Alex.: Tiefentemperaturen des Alanggras U, 562.
Mexicanischen Busens II, 51. Alauda II, 637.
— Relictenfiiuna im Titicaca-See 11, 320 Albaner- Gebirge I, 216. 217. II, 326.
(Note 3). Albaner-See I, 217.
Agassiz, Louis : Florida ein Korallenbau , Albatross II, 600.
I, 361. Albis n, 357.
Segister.
661
Alca impennis I, 517.
Alcedo n, 618. 637.
— ispida U, 618.
Aldebaran I, 27. 58.
Aletschgletscher n, 202. 326. 347 f. 353.
Aleuten I, 232. 238. 491. ü, 76. 608.
Alexander der Grosse I, 373. n, 417.
— Severos I, 355.
Alezanderwälle 11, 516.
Alexandrette I, 373.
Alexandria I, 144. 145. 372. II, 267. 417.
Alfons der Weise von Castüien I, 7.
Algen n, 531 f.
Algier (Land) 1 , 260. 377. ü, 320. 334.
496. 523. 554.
Algol I, 115.
Alhagi camelorum 11, 556.
Aljaska (Halbinsel) I, 397. 491. H, 571.
— (Territorium) I, 231. 360. 463. 465.
467. 471. 472. II, 547.
Alkmaar I, 146. 148.
Alleghanies I, 308. 316. 390. 396. 401.
534. 536. 538. 556. 557 f. II, 368. 428.
433. 434. 443 f. 572.
AUierthal H, 277.
Alluvium I, 335.
Almas ü, 396.
Alnus s. Erle.
— acuminata 11, 575.
— incana 11, 69, Nota 1.
Aloe n, 540. 565. 567.
Alpen: Localattraction in den A. I, 175.
176. Erdbeben in den A« I, 261. Das
Emporsteigen der Ä. führte eine
Schmälerung des helveto - germani-
schen Meeres herbei I, 301. Lauren-
tische und huronische Formation I,
305. Kohlenformation I, 315. Trias
I, 321. Jura I, 324 f. Aufrichtung
der Alpen in der Tertiärzeit I, 328.
406. 533. Nummuliten ein Leitfossil
in den Eogenbildungen I, 330. Vo-
lumen der A. und Effect beim Aufbau
Europa*s I, 424. Der Südabhang der
A. ein oceanischer I, 534. Schon vor
der Erhebung der A. war auf dem
Baume ihres Sockels trockenes Land
I, 535. Parallelismus der Ketten I,
536. Die Ketten der Alpen ursprüng-
lich flache Anschwellungen I, 538. 546.
Erläuterung mehrerer geologischer
Querprofile aus den A. I, 540 ff.
Seenreichthum der A. II, 547 f. Die
Aufrichtung der Alpen geschah ohne
Mitwirkung vulcanischer Kräfte I,
554, wahrscheinlich durch tangentialen
Schub I, 558 ff. Neigung der Kamm-
gehänge in den A. I, 568 f. Meteo-
rologisches: 11, 167. 169 ff. 278.
Weiteres Vordringen und Rückzug
gewisser Gletscher 11, 202. Grenze
des ewigen Schnees n, 283. 285.
Entstehung der Alpenseen IE, 314.
316. 326—329. Gletecher der A. 11,
336 ff. 353. 366. Die A. zur Eiszeit
n, 357—360. 364. 366. Die Wild-
wasser in den A. 11, 379—382. Die
A. drängen Flüsse gegen die Abhänge
anderer Gebirge n, 433. Ueber den
Brennerpass 11, 449—451. Die A.
ein sehr wegsames Gebirge IE, 453.
Vegetation an den Abhängen der A.
n, 526. 550. 603. Gegensatz der Mora
der Mittel- und Ostalpen II, 599, Nota 1.
Verwandtschaft der alpinen Flora mit
der nordischen 11, 599 f. Die A. eine
wichtige Scheide für die Thierbe-
völkerung zu beiden Seiten IE, 611.
Zoologisches 11, 617. 618.
Alpen-Murmelthier 11, 617.
Alpenrose ü, 519. 534.
Alpenwolf 11, 622.
Aisine vema II, 519.
Altai I, 316. n, 283. 354. 361. 362. 611.
618. 622.
Altair I, 57.
Alten n, 522.
Altenbay I, 383. II, 538.
Altersbestimmung der Formationen 1, 292
ff., ^er Schichtenstörungen und der Ge-
birge I, 296 ff.
Alt-Goa I, 524.
Altingia n, 560.
Altmann 11, 348.
Altona I, 162. II, 131.
Altwasser (Bad) IE, 306. '
Altwasser, sichelförmige H, 391 ff.
Alyssum incanum II, 597*
Amarasinha Ü, 532.
Amazonas n, 28 f. 369, Nota 1. 370.
662
Register.
400. 405. 409. 412. 419. 434. 436. 543.
608. 610. 645. MÜDdniigsgebiet des A.
I, 359. 392. n, 404.
AmazoDas-Ebenen II, 363. 578 ff.
Ambak H, 563.
AmbiTm I, 492.
Ameisenbentler s. Myrrnecobins.
AmeiBenfresser Q, 644. 648.
Ameisenigel II, 650.
Ameisenscharrer II, 635.
Amerüca I, 421. 423. 11, 436 f. 510 f.
540. 541. 545. 612. Im übrigen s.
Nordamerika und Sädamerika.
Amiens I, 146. 149.
Ammonilen I, 3ia 322. 326.
Ammophila arenaria I, 459.
Amphibien, ihr erstes Auftreten in der
Kohle I, 314.
Amphicyon I, 333.
Amrom I, 380. 456.
Amsterdam I, 378. II, 22.
Amt-Gehren I, 250.
Amu n, 399. 407.
Amucn, Weiher yon II, 312.
Amur n, 371. 427.
Amurgebiet I, 186. 316. 368. II, 234. 269.
270. 551. 552.
Amygdalus communis II, 553.
Ana^rdium occidentale II, 68.
Anaeharis alsinastrum H, 598.
Anaconda II, 646.
Analyse, chemische, der den Yulcanen
entströmenden Gase I, 235 f., des
Meerwassers II, 3 ff.
Anam II, 270.
Ananas II, 523. 539. 575.
Ananchytes I, 326.
Anas n, 638. 649. 651.
— antarctica II, 649.
— Novae Hollandiae H, 651.
— superciliosa 11, 651.
Anastatica hierochontica 11, 505. 563.
Anazagoras I, 59.
Ancud n, 282.
Ancyloceras I, 326.
Andalusien I, 264. II, 554.
Andamanen I, 369.
Andely, flenn d* II, 2U2.
Anden (Geologisches:) I, 153. 173 f. 176.
236. 256. 261. S2S. 390. 401. 403. 425.
533. 534. 535. 536. 555. (Meteorolo-
gisches:) n, 167. 168 f. 283. 284. 312.
354. 363. 433. 460. (Biologisches:) II,
510 £ 524. 582 — 584 (Andenflora).
587. 602. 640. 642. 643. 644. 645. 646.
647. 648.
Andermatt I, 542.
Anderson I, 513.
Andersson, K. J. I, 108.
Andesit I, 292.
Andreasberg I, 192.
Andromeda, y I, 20, y I, 126.
Androsace glacialis II, 519.
Anemometer II, 203.
Anemone II, 593.
Aneroidbarometer II, 134 f.
Anghiera 11, 60.
Angoatura II, 410.
Angraecum sesqnipedale II, 589.
Angström, A. J. H, 479, Nota 2.
Angström'sche Linie (im Nordlichtspec-
trum) n, 478.
Anio n, 309.
Anjou, Lieutenant t. I, 470. II, 67. 321.
AnnapolLs (Fundy-Bay) II, 28.
Anneliden I, 304.
Annonay, Berge von II, 402.
Annularien I, 310.
Anoa depressicomis I, 395. 520. II, 655.
Anomopteris Mougeoti Schimp. I, 319.
Anona cherimolia 11, 582.
Anoplotherium I, 331.
Ansted I, 524.
Antakie (Antiochien) I, 268.
Antarktische Driftströmung 11, 74. 7b.
79. 100. 101.
Anthistiria australis II, 569.
Antholzer-See II, 328.
Anthracit I, 304. 339. 344.
Anticosti I, 391. 500.
Antigua I, 258.
Antiklinaler Schichtenbau I, 299 1
Antiklinales Thai I, 546. II, 329. 443.
Antillen I, 232. 238. 360. 397. 491. 492.
522 f. 529 f. 531. II, 263 f. 497. 576 f.
643.
AutiUenos I, 529.
Antillenströmung II, 59. 99.
Antilope ü, 612. 619. 621. 623. 624. 627.
628. 631. 636.
Begister.
663
Antilope americana ü, 627.
^ bubalis 11, 636.
— crispa n, 624.
— dorcas n, 621.
— furcifer II, 627.
— gnu n, 636.
— gorgon II, 636.
— gntturosa 11, 623.
— lonata n, 636.
— oreotragus 11, 636.
— rupicapra s. Gemse.
— saiga U, 618. 619.
— strepsiceros n, 636.
— subguttorosa 11, 619.
Antiochien s. Antakie.
Antipassat 11, 216 f. 256.
Antisana I, 202. 225. 236. 241.
Aostathal I, 474.
Apachen II, 516.
Apennin I, 268. 329. 11, 308. 309. 433.
Aperea n, 648.
Apfel n, 595. 598. 656.
Apfelsinenorange 11, 554.
Apianus, Phil. 11, 429.
Apoeyneen 11, 593.
Apolda I, 250.
Apollinopolis magna I, 145.
Appalachen s. Alleghanies.
Appenzell (Canton) II, 358.
Aprikose 11, 595.
Apscheron II, 310 f.
Apsidenlinie der Erdbahn, Störungen
der n, 144.
Apure n, 498.
Aquila imperialis 11, 621.
Arabat, Landzunge von I, 444.
Arabien (Geologisches:) I, 231.371. 396.
(Meteorologisches:) 11, 180. 187. 195.
272. 399. (Biologisches:) II, 505. 513T.
515. 562. 563. 612. 632 ff.
Arabis coerulea II, 519.
Arabische Kette (Aegypten) II, 387.
Arabischer Meerbusen I, 281. 11, 79.
Arabische Wüste (Aegypten) I, 450.
Aracan I, 369.
Arad II, 396.
Arago, D. F.: die Cometen als Unglücks-
boten I, 120.
— Pendelbeobachtungen unter verschie-
denen Breiten I, 156.
Arago, D. F. : dritte französische Grad-
messung I, 160. 161.
— Wärmennterschiede die Hauptur-
sache der meridionalen Meeresströ-
mungen n, 92.
— Stetigkeit des Klimas in Palästina
seit 3300 Jahren II, 201.
— Magnetnadel und Nordlicht II, 480.
Aralia II, 551.
Aral-See I, 2)4. II, 321 f. 899. 407.
Ararat, Grosser I, 202. 224. 233. 234.
241. n, 524.
Araucanien II, 588.
Araucaria n, 581. 582. 588. 590.
— excelsa II, 590.
— imbricata II, 588.
Arbela I, 169, Nota 2.
Arcachon I, 377. 458. 460.
Archäische Formationsgruppe I, 298.
801 f. 302—306.
Archaeopteryx I, 819. 323.
Archangel (Stadt) U, 142.
— (Gouv.) n, 551.
Archegosaurus I, 317.
Archimedes I, 139.
Archontophoenix II, 569.
Arcot I, 370.
Arctander I, 354, Nota 1. 362.
Arctictis Binturong II, 629. 630.
Arctomys 11, 617. 619. 626. 643.
— Bobac n, 619.
— ludovicianus II, 626.
— marmota 11, 617.
Arcturus, Parallaxe und Entfernung von
der Erde I, 18. Eigenbewegung I, 27 f.
Spectmm I, 58.
Ardfeche U, 402.
Ardennen I, 315.
Ardonthal 11, 361.
Areca catechu II, 559.
— sapida II, 590.
Aregwüste 11, 568.
Arequipa I, 259. 266, Nota 1.
Argali U, 615. 623.
Argo (Sternbild) I, 23. 24.
Argostoli II, 308.
Argun II, 371.
Argusfalter, andalusischer II, 654.
Arica I, 358.
— Erdbeben von I, 269. 415.
664
Register.
Aristoteles : keine optische Versehiebiiiig
der Fixsterne wahrnehmbar I, 1&.
— Beweise für die Kugelgestalt der Erde
I, 139.
— TuIcaniBches Ereigniss auf Hiera I,
203.
— Erdbeben am häufigsten in hohlen-
reichen G^enden I, 263.
— Drehongsgesetz der Winde 11, 223.
Aristotelia II, 5S7.
Arizona 11, 516.
Arkansas (Pluss) II, 496. 538 L
Arktische Fauna II, 615 f.
— Flora n, 548 f.
— Gebiete mit regenarmen Wintern II,
273 f. 279.
Arles n, 380. 381.
Armadill s. Dasypos.
Armenien I, 234. II, 276. 333 f. 335.
Armeria vidgaris II, 518.
Armstrong, Sir William I, 347 ff.
Arnhem II, 394.
Arno n, 422.
Aron-Gewachse II, 542 f.
Aronstab II, 542.
Arrowsmith I, 561.
Arsena 11, 311.
Arta I, 375.
Artemisia 11, 555. 573.
— cana II, 573.
— tridentata II, 573.
Artem I, 197. U, 334.
Artesische Brunnen: Wärmezunahme in
den a. Br. I, 196 f. Voraussetzungen
zur Anlage a. Br. 11, 291 f.
Arthrostylidium excebum II, 576.
Artischockendistel 11, 585.
Artois n, 292.
Aru-Inseln I, *{69.
Arum maculatum II, 542.
Arundinaria macrosperma n, 538. 572.
Arundo donax II, 555.
— phragmites II, 556.
— Quila U, 585.
— saccharoides II, 580.
Arve (Zirbelnusskiefer) 11, 55u.
Anregletscher der Eiszeit II, 359.
Arys n, 249.
Asama-Yama I, 229.
Asaphus Homfrayi I, 539.
Ascension I, 156. 499. 513. 515. 530. H,
469. 5S9.
Aschaffenburg 11, 509.
Aschen, vnlcanische I, 210. 219. 222 £
225. n, 217.
Aschenkegel, vulcanischer I, 201.
Asclepiadeen II, 593.
Asdepias vincetoxicnm II, 519.
Ascomys 11, 626.
Ashango-Land II, 500, Nota 1.
Asien (Geologisches:) I, 159. 186. 231.
367 ff. 387 f. 397. 421. 423. 462. 4S9.
491 ff. (Meteorologisches:) 11, 127 f.
175 ff. 179. 186 ff. 199. 213. 227.
23^—236. 269 ff. 272 f. 280. 353 f.
361 f. (Biologisches:) II, 512. 545.548—
562. 612. 615—624. 629—632.
Asphalt I, 304.
Aspinwall s. Colon.
Assal-See 11, 320.
Assam 11, 271.
Assiniboine 11, 495.
Assuan s. Syene.
Asterophylliten I, 310.
Astrachan U, 193. 194. 276. 387.
Atocama (Wüste) I, 109. II, 583. 586.
Atbara £1, 398. 400. 435.
Atchafolaya II, 414 f.
Ateles n, 641.
Athabasca-See II, 413.
Atherosperma Novae-Zeelandiae ü, 590.
Atiu I, 497.
Atlantischer Ocean L 159. 281. 3S8. 400.
408. 410—413. 420. 423 1 429. 431 £.
434. 436. 471. 498 f. II, 7 f. 10. 11.
22 f. 24 ff. 26. 32. 33. 34 ff. 37. 45 ff.
52 f. 56 — 74. 87—90. 97—100. 106.
107. — Gebiet des A. O. H, 177. 186 ff.
218 f. 260. 261. 266.
Atlas I, 328. 396. 11 , 361 f. 443. 554.
601. 633. 634.
Atmische Windrose II, 249.
Atmometer H, 240.
Atmosphäre: Aufiiaugung der Atmo-
1 Sphäre I, 53. 101 £ 200. 282 £ Be-
j dentung der A. im Hanshalte der
; Natur I, 81 £ H, 159 £ A. Mercur's
! 1, 82 £, der Venus 1, 84 £, des Mars I, S7,
. Jupiter s 1, 92 ff., Satum's 1, 96, des Ura-
nus I, 97, Neptun's 1, 98, des Mondes I,
Register.
665
100 ff. Annähernd gleichartige che-
mische Zasammensetzung der A. aller
Planeten I, 278. — A. d. Erde:
Znsammensetzung U, 108. Höhe 11,
108—110. Druck H, 110-137. Ab-
sorption der Sonnenstrahlen durch die
A. n, 156 f. Wärmestrahlung der A.
n, 159. 162. Reine A. ist einer starken
Ausstrahlung des Bodens günstig II,
159 ff.
Atolle I, 354. 363 ff. 396. 495. 513 f. 530.
Atrato n, 408. 412. 419.
Atrio del cavallo (Vesuv) I, 215.
Atriplez H, 518. 573. 585.
— canescens II, 573.
Atrypa I, 306.
Attalea n, 68. 579. 581.
— funifera ü, 68.
— spectabilis EL, 579.
Attok n, 327.
Anbei, Herm. u. Karl I, 186.
d'Aubuisson I, 403, Nota 1.
Auburn I, 440.
Auchenia Alpaco II, 644.
— Huanaco U, 644. 648.
— lama s. Lama.
— vicunia 11, 644. 648.
Auckland (Neuseeland) I, 209. 211. 240.
Auckland-Inseln I, 500.
Audjila n, 320. 492.
Auerochse II, 613.
Aufschüttungskegel (vulc.) I, 202.
Aufsteigen und Sinken der Küsten I,
352—384.
Augsburg n, 237. 240. 241.
August's Psychrometer 11, 245.
Augustusbad 11, 306.
Aunis I, 377.
Aurantiaceen s. Citrus.
Aurignac I, 337.
Aurillac n, 278.
AurlandsQord I, 471.
Aurora-Insel I, 497.
Aussichtsweite: Berechnung der A. von
einem erhabenen Standpunkte I, 141 f.
Ausstrahlung der Wärme begünstigt
durch klaren Himmel II, 159 ff.
Ausstrahlungsvermögen des festen Bo-
dens n, 161 f., des Wassers H, 161 f.,
der Luft H, 159. 162.
Austral- asiatisches Mittelmeer I, 420.
426.
Australien (Geologisches:) I, 232. 261.
305. 306. 335. 363 ff. 386 f. 397 ff.
421 f. 423. 462. 489 f. 492. 501 f. 509 f.
516 f. 519 ff. 531. 536. (Meteorolo-
gisches:) n, 127 f. 160 f. 179. 186 ff.
195. 215. 220. 233. 268. 271. 272 f.
281 f. 313. 354. 399. 436. (Biologisches:)
n, 492 f. 511 f. 534. 535. 568—570.
598. 602. 610. 629. 649—652. 653.
Australneger I, 530.
Auvergne, Plateau der I, 202. 217. 225.
227. 233. 238. 242. 260, 559. II, 278.
d'Avezac n, 457.
Avicula I, 322.
Avignon U, 603.
Axishirsch 11, 623. 631.
Azalea procumbens II, 519.
Azorella II, 583.
Azoren I, 238. 494. 498. 514. 516. 525.
II, 26. 266. 535. 545. 588. 594.
Saalbek I, 268.
Babbage I, 219.
Bab-el-Mandeb H, 105. 106.
Baberg, Grat ob I, 543.
Babinet, J. I, 125. 11, 388.
Babirussa I, 395. 520. II, 655.
Baccharis Tola 11, 583.
Bachstelze II, 637. 656.
Back n, 197.
Back's grosser FischflussU, 405. 421. 440.
Bacon, Fr., Lord v. Yerulam, I, 397.
H 223.
Bactris H, 578. 579. 581.
Baculites I, 326.
Baden (bei Wien) U, 306.
Baden-Baden U, 278. 294.
Bader I, 379, Nota 1.
Bänderstructur derGletscher H, 337—340.
Bär s. Ursus.
— (gemeiner, auch brauner) II, 606.
608. 613. 615. 616. 620. 622. 625 f.
— Grosser (Sternbild) I, 27. 28. 29. 57.
— Kleiner (Sternbild) I, 286. II, 144.
Baer, Karl v.: die Kara-See der Eis-
keller Sibirien's H, 66. 191.
— Erklärung des geringen Salzge-
halts des Kaspischen Meeres ü, 323.
666
Register.
Baer, Karl ▼.: die stärkere Benagnng der
rechten Flnssufer auf der nördlichen
Hemisphäre II, 385 ff.
— Allnvionen an der Mündnng des
Terek ü, 407.
— die uralte Waldlosigkeit Südrass-
land's n, 490 f.
Bären-Insel II, 69.
Bären-Insel-Strom II, 71.
Bärenmarder s. Arctictis.
Bärenpavian 11, 633.
Baeyer, J. J. I, 162. 172.
Baffin, W. II, 456.
Baffins-Bay I, 108. 468. 471. 491. H,
70. 73. 103.
Bagdad II, 267.
Bagn^res de Luchon I, 272. II, 2T8.
Bagnethal II, 380.
Bahama-Insehi I, 360. 396. II, 293. 577.
Bahia (Brasilien) I, 156. 159. 359. II,
469.
Bahnen der Planeten: Ezcentricität der
Mercorbahn I, 80, der Vennsb. I, 84,
der Erdb. II, 139, der Marsb. I, 86, der
Planetoidenb. I, 89, der Jupiterb. I,
90, der Satnmb. I, 95, der Urannsb.
I, 96, der Neptonb. I, 98. Bahn des
Mondes I, 99. B. der Meteorite I,
112. 115 ff., der Cometen I, 117 f.
Uebereinstimmnng der Bahnebenen der
Planeten I, 273.
Bahr-bela-ma H, 471.
Bahr-el-Abiad II, 400 f. 563.
Bahr-el-Asrak II, 400. 565.
Baikal-See I, 186. 260. 388. II, 319. 321.
Baille, J. I, 181.
Baily, Francis I, 181.
Baireuth 11, 230.
Baker, S. W. II, 313.
Bakonyer Wald II, 445.
Baksanthal S, 361.
Baku n, 267. 310. 462.
Balaena II, 608. 615. 637. 64b. 650.
— australis II, 637. 64S.
— boops n, 608. 648.
— mysticetus S, 608. 615.
Baläoston-See II, 316.
Balchasch-See I, 234. n, 132 f. 399.
Balearen I, 375.
Bali I, 369. 489. 520. 523.
Balleny 11, 458.
Balleny-Insehk I, 499.
Ballonfahrten zur Ermittelung der Tem-
peraturabnahme in der Hohe II,
162 ff.
Balsamtanne II, 570.
Baltimore II, 367.
Baltisches Meer s. Ostsee.
Baltoro-Gletscher II, 353.
Balutschistan II, 556.
Balyk Gdl I, 233.
Bambusa arundinacea II, 538.
Bambuse II, 538. 558. 559. 575. 576. 579.
580. 581. 587.
Banane II, 524. 539. 559 ; s. auch unter
Pisang.
Banda-Insehi I, 259. 397.
Banda-See ü, 53.
Bandiltis H, 633.
Bangkok II, 270.
Banka I, 511.
Banks, Joseph I, 510.
Bankshalbinsel (Neuseebuad) I, 366.
Banyane II, 560. 564.
Banz ij 323.
Baobab s. Adansonia digitata.
Baranow-Klippen H, 67.
Barbacenia H, 581.
Barbadoes I, 258. 43S. H, 217.
Barent, W.: Sandbank an Stelle der
heutigen Golfstrom-Inseln I, 367.
— erste Umsegelung Nowaja Semlja*s
n, 65.
Barima II, 418.
Barische Windrosen II, 129.
BarnafeU II, 295.
Bamaul II, 197. 388. 630.
Barometer 11. 111. B. als Wetter^as
n, 130, als anemometrisches Werk-
zeug n, 225.
Barometerstand: Tägliche Periode U,
123—126. Jährliche Periode H, 126—
128. Nichtperiodische Schwankungen
n, 128 ff. B. in den beiden Passatsonen
am höchsten II, 131.
Barometrische Höhenmessung H, 111 ff.
Barometrische Neigung H, 225.
Barra II, 369, Nota 1.
Barral H, 162.
Barrancos I, 205.
Register.
667
Barre II, 28.
Barriere -Riff, das grosse australische
I, 386. 501.
Barringtonia U, 560.
Barrow, John II, 73.
Barth, Heinrich I, 372.
Basain I, 370.
Basalt ein eruptives Grestein I, 243. 291.
292. Widerstandsfähigkeit des B. bei
Erdbeben I, 246. Contraction des B.
in Folge Abkühlung I, 289, Nota 1.
Volumenzunahme durch chemische
Zersetzung I, 552. B. ist dem Wasser
gegenüber nicht undurchlässig 11,
288 f.
Basel I, 29&.
Basilisk D, 645.
Bassaris II, 625. 641.
— astuta n, 641.
Bassora 11, 406.
Bassstrasse I, 397 f. 490.
Bastian, Adolf I, 369.
Batate II, 554. 576.
Batavia II, 123 l 248. 271.
Bates: merkwürdige Verfrachtung der
Gewächse I, 512.
— Boren auf dem Cuparf II, 29. 409.
— Regenzeit im Amazonasgebiete 11,
260.
— die Insel Maraj6 kein Deltaland II,
404, Nota 2.
— der Amazonas eine Grenzlinie für
gewisse Vogelarten und A£Pen n, 610.
Bathjergus 11, 635.
Battersea II, 424.
Batum I, 374.
Bau der Ströme in ihrem mittleren
Laufe II, 428—437.
Bauemfeind, C. M. n, 118 £F. 122.
Bauhinia 11, 542.
Baum der Reisenden n, 589.
Baumkatze II, 612.
Baumläufer U, 637.
Baumriesen n, 527 f.
Baumwolle 11, 554. 558. 562. 572. 576.
577. 593.
Baumwollenbaum II, 536 f. 577.
Bayerische Hochebene I, 327. 334. II,
329. 360. 429. 432. 445. 595.
Bayerwald I, 304. 305. II, 278. 384.
Bayonne U, 22.
Bayous E, 414 ff.
Bealey H, 367.
Bear (Fluss) H, 399.
Beaufort-Bank I, 390.
Beaufort-Insel H, 469.
Beauforts-Meer I, 419.
Beccles I, 384.
Bechelbronn II, 521.
Becker I, 366.
Becquerel II, 460.
Bedawin H, 515.
Beechey: über die Fliegenschwärme der
Insel Bow I, 525.
— über die Fluth im Canal und in der
Irischen See II, 29.
Beehive H, 302 f.
Begrenzung der Körperwelt im Räume
I, 15 f., in der Zeit I, 38 f.
Behrmann H, 109.
Beigirkala I, 234.
Beirut I, 373.
Belemniten I, 296. 318. 322. 327.
Belgien I, 266. 294. 306. 308. 313. 315.
327. 334. 348. 423. II, 275. 365.
Belin I, 162.
BeUze E, 264.
Belknap E, 45.
Bellinzona I, 542. E, 377.
Bell Rock (Leuchtthurm) I, 437.
Bemini-Engen E, 60. 61. 98.
Bengalen E, 161.
Bengalischer Meerbusen 1, 231. E, 27. 79.
Bengalische Tiefebene I, 534. E, 559.
Bengasi I, 372.
Benguela-Strom E, 74. 88 f. 100. 263.
494.
Berberei E, 188. 267. 620. 621. 633. 637.
Berberis E, 588.
Berchtesgaden E, 334.
Berendt I, 443, Nota 1 .
Berettyo E, 396.
Bergen (Norwegen) I, 383. E, 207. 247.
277. 278.
Bergen op Zoom I, 146. 148. 452.
Berggehänge, Ueberschätzung ihrer
Neigung I, 568 f.
Bergh, de E, 144.
Berghaus, Heinrich E, 22. 174. 259.
Berglorbeer, hoher E, 576.
668
Begister.
Bergmann, Torbem: Temperatorbe- Biafra, Bucht von II, 56.
obachtongen unter den Tropen I, | Bialowicza, Forst Ton II, 618.
184, Nota 1. BiarriU I, 377.
Biber II, 612. 615. 617. 619. 627
Bibra, v. II, 4.
— Richtung der Halbinseln I, 396.
— Seegebirge I, 430.
— Erklärung des Gejsirphanomens 11, { Bickmore I, 368, Nota 2.
296. Bidens 11, 595.
Bergschlipfe I, 264 f. Biela's Comet I, 125. 126 f.
Berg-Yiscache s. Lagidium pemanum. ' Bieler-See n, 329.
Bering I, 367. ' Biemensdorf II, 306.
Berings-Meer I, 420. II, 52. 75. \ Bienenfresser s. Meropa.
Berings-Strasse II, 75. 608. j BienewiU, PhiL II, 429.
Berlin I, 197. 198. 11, 129. 173. 200. BifUarhjgrometer II, 246.
224. 227. 248. 276. 475. i Bighom II, 615.
Bermudas-Inseln I, 362. 390. 498. 514. ; Bignonia II, 542.*
Bern (Stadt) I, 175. II, 136. 359. 448. ! Biha I, 268.
Bemer Alpen I, 542 f. II, 285. 353. 357. Billich II, 617. 620.
359.
Bemina-Gletscher II, 341.
Bemina-Gruppe H, 341. 353.
Bemouilli I, 38, Noto 1.
Berthat 11, 499.
Berthelot I, 553, Nota 1. 11, 593.
Bertholletia excelsa 11, 580.
Berzelius I, 257. II, 307.
Besangon II, 258.
Bessel, Fr. W. : parallaktische Bewegung
Ton 61 Cygni I, 17.
— dunkle Fixsterne I, 76 f.
. - Entstehung der Cometen I, 131.
— Bestimmung der Erddimensionen I,
161 ff.
— preussische Gradmessung I, 162. 165.
— Erdabplattung I, 164.
— Einfuhrung der Wasserdampfcorrec-
tion in die Barometerformel II, 118.
Betelnusspalme II, 559.
; Bingen I, 298. II, 448.
Binger Loch II, 440.
: Biot: Meteoritenfall bei Aigle I, lOS.
— Pendel beobachtungen I, 156.
— Theilnehmer an der dritten fran-
zösischen Gradmessung I, 160. 161.
Birke II, 536. 551. 571. 603.
, Birma II, 558.
Birmingham II, 207 f.
Birne II, 595.
Biruni I, 496.
Bisamochse II, 616.
Bisamratte II, 627.
Bisam thier s. Moschus.
Bischof^ Gustav: rasche Wärmezunahme
im Bohrloche von Neuffen I, 195.
— Experiment die Abkühlung der Erde
betreffend I, 199.
— Kohlensaurequelle bei Burgbrohl I,
227.
Bethania (Gross-Namaqna-Land) I, 108. ' — Erdbeben die Folge eines Berg
rutsches I, 264.
— Temperaturerhöhung der Source de
la Beine in Bagnöres d. L.
Betula 8. Birke.
— papyracea II, 571.
Beutelratte s. Didelphjs.
Beutelthiere: ihr erstes Auftreten in der | des Erdbebens von Lissabon I, 272.
Trias I, 320, ihr Vorkommen in spä- i Nota 3.
teren Zeitaltem II, 651 f., in der — Möglichkeit einer Abplattung der
Gregenwart ü, 626. 642. 647. 650. Erde durch Meereserosion I, 281.
Bewegung: Verwandlung der B. in Fall- \ — rasche Zersetzung des Granits durch
kraft I, 39, in Wärme I, 40. Wasser I, 466.
Bewohnbarkeit der Planeten I, 78 ff.
Bex n, 334. 357.
Bezeichnung der Sterne I, 17, Nota 2.
— Sprengwirkungen durch Kiystalli-
sation des Wavellit I, 550, NoU 2.
— Silicatgesteine verlieren an Volumen,
Begister.
669
wenn sie krystallinisch werden, I,
551.
Bischof, Gustav: Zersetzung und Volu-
menzunahme der Silicatgesteine durch
Kohlensäure I, 551 ff.
— Abnahme der Bodentemperatur nach
oben in den Anden und im Sieben-
gebirge n, 167.
— Basalt vom Wasser durchdrungen
II, 288 f.
— kalte Quellen in den Alpen II, 304
(Nota 1).
— Erosion im Kalkgebirge 11, 308.
— chemisch aufgelöste mineralische Be-
standtheile sind beim Aufbau der Del-
tas von keiner wesentlichen Bedeutung
n, 412.
— die chemische Beschaffenheit des
Themse- Wassers n, 421.
— die schwebenden Bestandtheile der
Weichsel II, 424.
Bison n, 610. 627. 654.
Bisperg I, 257.
Bittacus ü, 607.
Bittersalzwasser 11, 306.
Biwono Kubi I, 215.
Bizio U, 162.
Black Hills U, 496.
Blair Athol I, 174.
Blancabay I, 391. II, 405.
Blasco Nunez U, 658.
Blastoideen I, 314.
Blegnothal II, 362.
Blei, Verhalten desselben beim Erstarren
I, 551.
Blennius vulgaris PoUini II, 316.
Blickfeuer (bei Gradmessungen) I, 169.
171.
Blodget n, 258 (Nota 3).
Blue Mountains 11, 443.
Boa constrictor I, 510, Nota 1. U, 608.
645 f.
— scytale U, 646.
Bobak n, 619.
Boca del Drago n, 417.
Bocche Nuove (Vesuv) I, 238.
Bochnia II, 334.
Bode n, 513, Nota 1.
Bodensee ü, 212. 359. 439. 441. Um-
gebung des B. n, 357.
Böhmen (Geologisches:) I, 227. 306. 313.
315. 316. 317. 327. 334. 559. (Meteoro-
logisches:) II, 259. 277. 446 f.
Böhmer Wald I, 304. 305. 317. 533.
n, 278.
Borgen, C. 11, 71.
Boganida H, 191.
Bogenente 11, 651.
Bogoslowskoi 11, 176. 197.
Bogota, Santa Fe de U, 521.
Boguslawski, G. v. n, 45 (Nota 1). 46
(Nota 1). 55 (Nota 1).
Bojoslov I, 360.
Boisgletscher II, 847.
Bolbitinischer Nilarm n, 417.
Boldu n, 586.
Bolivia I, 240. 306. 858. 11, 283. 284.
640. 647.
BoU I, 323.
BoUey n, 306.
Bolor 8. Pamir-Plateau.
Bombaz Ceiba 11, 536.
Bombay I, 370. 524. II, 269. 611.
Bomben, vulcanische I, 210. 222.
Bond I, 20.
Bonebed I, 320.
Bonifacius-Tag (14. Mai) 11, 228.
Bonin-Inseln I, 158. 492.
Bonn I, 233. 257. 260. 11, 365. 393.
394. 447.
Bonpland 11, 506.
Boos, Maare von I, 217.
Bootes, a, s. Arcturus.
Boothia Felix I, 396. II, 175. 187. 457.
461.
Borassus aethiopum II, 565.
— flabelliformis 11, 559.
Borda I, 160.
Bordeaux n, 175.
Bordier II, 348.
Bore II, 28. 409. 410.
Borkum I, 379. 518.
Bomeo I, 387. 393 ff. 489. 492. 511 f.
520. n, 316. 560. 601. 629. 630. 631.
Bomu n, 565.
Borstenschwein s. flrethizon.
Bory de St. Vincent I, 510.
Bos americanufl s. Bison.
— bonasus II, 618.
— bubalus 8. Büffel
670
Register.
Bo6 caffer n, 637.
^ frontaÜB n, 631.
— gaunis H, 631.
— grannienB II, 623.
— moachatuB II, 616.
— primigeniiis I, 336.
— taams s. Rind.
— uruB 8. Auerochse.
Bosnien II, 308.
Bosporus I, 389. II, 104 f.
Bottnischer Meerbusen I, 382.
Botzen n, 385.
Bougainville, L. A. de I, 509.
Bouguer, Pierre: betheiligt sich an der
peruanischen Gradmessung I, 152.
161. 228.
— erster Nachweis einer Localattraction
am Chimborazo I, 173 f.
— Höhe des Cotopazi I, 240.
— Barometerformel für Höhenberech-
nungen n, 114 f.
— über die Höhe der Schneegrenze H,
288.
Boulogne (am Canal) I, 378.
Bourbon (Insel) I, 499. 530.
Bourdaloue H, 106.
BoussingauU: Tiefe der invariablen
Schicht in der Tropenzone I, 184.
— Besteigung des Cotopaxi I, 208.
— die den Andenyulcanen entströmenden
Gase I, 236.
— Erdbeben in den Anden I, 261.
— heisse Quellen in Venezuela und
Mexico n, 294.
— über das Wärmequantum für die
Reife der Gerste II, 520 f.
Boussingault'sche Quelle n, 506.
Bouvet-Inseln I, 499.
Bovey Tracey I, 211.
Bow I, 525.
Boyle II, 112, Nota 2.
Brachiopoden im huronischen Schiefer
I, 304, im Silur I, 305, im Devon 1, 307,
in der Kohle I, 314, in der Dyas I,
317, in der Trias I, 319, im Jura I,
322, in der Kreide I, 326.
Brachonyx H, 637.
Brachyuren I, 318.
Bradley I, 17. Br.'s Stemkatalog \ 27.
Bradjpus (Faulthier) H, 612. 644.
Brahmaputra H, 401. 402.
Braldothal H, 353.
Brandenburg (Prov.) I, 320.
Brandes II, 212 (Nota 3).
Brandige Wetter I, 345.
Brandung I, 437.
Brasilianische Flora H, 578—582.
Brasilianische Strömung II, 74. 100.
Brasilien (Geologisches:) I, 109. 359.
(Meteorologisches:) H, 219. 260. 264.
363. .(Biologisches:) H, 499. 538. 57S—
582. 599. 642. 643. 645.
Brauneisenstein H, 309.
Braunfisch s. Delphinus phocaena.
Braunkohlen I, 328. 341. 343. 347.
Braunschweig I, 294. 327.
Bravais I, 183. H, 137. 480.
Breccien, Entstehung der I, 293.
Bremerhafen H, 22.
Bremiker I, 98.
Br^montier: das Vorrücken der Dünen
von Teste I, 457.
— beginnt die Dünen der Landes zu
befestigen I, 460.
ßrennerpass ü, 449-^51. 453«
Brenta II, 397.
Breslau H, 258.
Brest U, 22.
Bretagne I, 306. 435. 458. H, 190.
201.
Breusing II, 455, Nota 2.
Brewster U, 17 7.
Brienzergräthe I, 543.
Brienzer See II, 413. 441.
Brillenschlange U, 632. 638.
Bristenstock II, 542.
Bristol n, 334.
Bristol-Canal I, 434. H, 29.
Brocken H, 290 f.
Brögger, W. C. II, 383 (Nota 2).
Brohlthal II, 306.
Bromeen H, 538.
Bromelia anauas II, 523. 539. 575.
— Pinguin U, 540.
Bromelienform H, 539.
Bromwasser II, 306.
Brooke's Tiefseeloth I, 408 f.
Brorsen*s Comet I, 125. 127. 128.
Brotbaum II, 562.
Broughton-Strasse II, 75.
Register.
671
BrouBseaad I, 171.
Brown, Rob. I, 463, Nota 1. 11, 545.
596 (Nota 2).
Brückenau n, 306.
Brüllaffen 11, 641.
Brunn I, 315.
Brünnelistock I, 543.
Brüssel I, 183. ü, 207. 227.
Brugsch I, 234.
Bruhns, Karl: regelmässig ab- und zu-
nehmende Frequenz der Cometen I,
135.
— Forderung an eine gute hypsome-
trische Karte I, 564.
Brunnen schützen vor Erdbeben I, 255 f.
Brunsbüttel ü, 424.
Brussa I, 260.
Bruun, C. II, 48, Nota 2.
Buache, Phil. I, 401, Nota 1. 406. 430.
563. 567.
Bubo maximus 11, 618.
Buch, Leopold v.: bezweifelt die Exi-
stenz des Eisbodens I, 185.
— Entstehung der Vulcane I, 202 ff. 210.
— Veränderungen des Kraterbodens am
Vesuv im Jahre 1804 I, 218.
— Definition von Lava I, 223.
— Reihenvulcane auf Lanzarote I, 237.
404.
— Centralvulcane I, 238.
— Eintheilung der Juraformation I, 321.
— Hebungen an der schwedischen Küste
I, 352 f 382.
— Lesjö-Thal ein tiefer Querschnitt
durch Skandinavien I, 478. II, 451.
— über barische Windrosen 11, 129.
— Land- und Seewind auf Teneriffa
n, 212 (Nota 1).
— Antipassat auf dem Pic de Teyde
n, 216.
— vulcanische Asche verweht vom Anti-
passat n, 217.
— Bewölkung an der norwegischen
Küste n, 257.
Buchan, Alexander II, 127.
Buchanan, J. Y.: Salinitätsgrad und
specifisches Gewicht des Meerwassers
n, 5.
— Karte über die Salinität des Meeres
II, 6 (Nota 1).
Buchanan, J. Y.: Schwankungen des
Salzgehalts des Meeres in Folge me-
teorologischer Vorgänge II, 6 f.
— die Unterschiede im Salzgehalt der
Meerestheile sind durch die relative
Trockenheit der Atmosphäre bedingt
n, 9.
Buche n, 501. 536. 551. 557. 571. 588.
590. 603.
— japanische II, 557.
Buchner, A. 11, 307.
Bucknall I, 192.
Buddleja 11, 583.
Bückeburg I, 341.
Büffel n, 631.
; Büffel-Antilope n, 636.
Büffel-Gras n, 574.
Buenos Ayres 11, 404. 411. 49S.
Büschel-Gras U, 574.
Buhi-See I, 214.
Buist I, 370. n, 105.
Buliock I, 224.
Bunsen I, 79. 11, 297 f. (Geysirtheorie).
Buntsandstein I, 293.
Buntsandsteinformation 1, 294. 319. 320 f
n, 334.
Buphaga II, 637.
Buickhardt 11, 129.
Burg (bei Magdeburg) I, 197.
Burgbrohl I, 227. 11, 309.
Burrows U, 466.
Burton 11, 313. 496.
Burtscheid 11, 294. 306.
Bussole n, 455.
Bussole-Insel II, 462.
Butea frondosa 11, 560.
Buxbaum II, 553.
Buys-Ballot'sches Gesetz II, 225.
Cabril 11, 627.
Cacao U, 580. 602.
Caccabis rufa II, 596.
Cacteen 11, 540 f. 573. 575. 677. 579.
581. 583. 585. 587.
Cadiz I, 258. 524. II, 22. 30.
Cadorische Alpen II, 328.
Caenopithecus I, 331.
Caesalpinia echinata II, 581.
Caggiano I, 247.
Cagliari I, 375.
672
Register.
Caületet, L. I, 553, Nota 1. 374. 441. 460. (Biologisches:) II, 571.
Calabrien, Erdbeben von, I, 244. 245.' 572. 610. 626.
246. 247. 248. 253. 254. 259. 260. 262. Canadianfloss II, 496.
263. 268. 269.
Calais I, 294. II, 22. 365.
Calamiten in der Kohle I, 309 f. 340,
in der Dyas I, 316. 318.
Galamus II, 542. 559.
Calceola sandalina I, 307.
Calcutta I, 370. 11, 195. 269.
Caldecott I, 184.
Caledonischer Canal I, 479.
Califomien (Halbinsel) I, 397.
Canal k Manche I, 151. 300. 377. 388.
420. 425. 434. 435. 437. 439. 487. 489.
518. n, 26. 27. 29. 425.
Canarische Inseln I, 217. 237. 238. 390.
494. 498. 514. 516. II, 26. 588 f. 593.
596.
Cancale, Bay von II, 29.
Candia s. Kreta.
Canigou II, 136.
Canis alpinus II, 622.
— (Staat) I, 294. 335. 360. II, 227. 268. — antarcticos II, 647.
321. 527. 574. 626.
Califomischer Meerbusen II, 407. 412.
Calladium arborescens II, 543.
Callao I, 258. 358.
Calligonum 11, 562.
Callithriz O, 641.
Callitris II, 569.
Calluna vulgaris H, 535. 545. 552.
Calmen : geringer Salzgehalt der Meere > — hodophilax 11, 624.
unter den C. 11, 6. 8* £ Begriff II, — jubatus II, 642. 647.
216. Der aufsteigende Luftstrom ist — lagopus 11, 615.
nicht Töllig vertical II, 217 f. Breite — latrans II, 626.
und Lage des Calmengürtels ändert — lupus s. Wolf.
sich vielfach 11 , 218 ff. Bewöl magellanicus II, 647.
kung n, 255. Regenverhältiiisse II, — mesomelas II, 634.
, — aureus s. Schakal.
— Azarae 11, 642. 647.
— cancrivorus II, 642.
I — chrysurus II, 630.
i — cinereo-argenteus II, 626.
I — famiÜaris ^Haushund) n, 616.
' — fulvipes n, 647.
— fulvus n, 624.
260 £
Calosoma II, 607.
Calotropis procera II, 556. 565.
Calpin I, 430.
Camaldoli I, 238.
Camarines I, 214.
Cambay, Golf von 11, 27.
Cambrische Formation I, 294.
Camellia japonica 11, 558.
Camelopardalis gira& s. Giraffe.
Camelus bactrianus II, 622.
— dromedarius 11, 636.
Camma 11, 420.
Campbells- Insel II, 538.
Campechc-Baum II, 577.
Campi lapidei II, 380.
— nipon n, 624.
— palUpes n, 630.
— primaevus U, 630.
— procyonoides U, 624.
— rutilans II, 630.
— velox n, 626.
— viverrinus H, 624.
— vulpes s. Fuchs.
— — japonica II, 624.
Cannabis indica 11, 523.
Cannstadt I, 335.
Canon blanco II, 496.
Canons des Colorado des Westens n,
382 f.
Canopische Nilmündung II, 416 f.
Cantabrisches Gebirge I, 441.
Campoe Brasilien's II , 264. 497. 499. Capac Huayna I, 59. 213.
5S0. 581 f. Capac Urcu (Vulcan in Quito) I, 213.
Camus I, 152. Cap Adelaide II, 458.
Canada (Geologisches:) I, 304. 306. Capanema, G. S. de I, 359.
(Meteorologisches:) U, 312. 319. 362. | Cap Bojador I, 434. 452.
Register.
673
Cap Bioer Ruys I, 363.
— Cassipuri ü, 419.
— Cod I, 458.
— der Guten Hoffnung I, 162.
Capella (Fixstern) I, 5S.
Cap Gris-Nez I, 4^9.
— Hatteras I, 362. 434. 443.
— Hoorn, Wellen bei I, 486. Vegetation
bei C. H. n, 588. 600. Thierleben bei
C. H. n, 647.
Cap - Hoorn - Strömung II, 78. 100. 101.
Capland (Geologisches:) I, 162. 296. 806.
328. 436. 505. (Meteorologisches:) II,
267 f. 472. (Biologisches:) 11, 584. 565.
566. 568. 610. 633 ff.
Cap Lindesnaes I, 383.
Cap Lookout 11, 69.
^ Lopez n, 56. 74. 89. 419.
Capmany II, 317 (Nota 1).
Cap Miseno I, 441.
Capparis 11, 563.
Capra Beden 11, 636.
— ibex II, 618.
— iharal II, 623.
— markhur 11, 623.
— pyrenaica 11, 618.
— sibirica II, 623.
— Walie II, 636.
Capromjs Foumieri I, 523. II, 648.
Cap Samana II, 546.
— San Roque 11, 57. 74.
Cap'scher Schakal II, 634.
Cap'scher Turako U, 637.
Cap Söpet I, 447.
Capstadt n, 267 f. 475.
Cap Tscheljuskin I, 470.
— Vela n, 419.
Cap - y erdische Inseln I, 238. 494. 499.
514. 525. n, 589.
Cap Wrede 11, 68.
Capybara n, 612. 648.
Cap York II, 142. 272.
Carabicini II, 618.
Car&cas I, 260. 268. II, 460.
Caraganen IE, 556.
Caraguairazo I, 207. 213.
Caranda-Palme s. Wachspalme.
Carapus II, 646.
Carbo cormoranus II, 649.
Peschel-Leipoldt, Pliys. Erdkunde. IL
Carbonische Formation s. Steinkohlen-
formation.
Cardium edule I, 450. 11, 321.
— Vemeuli II, 822.
Cardona II, 334.
Carex I, 459. II, 518. 549.
— arenaria I, 459.
Cariben I, 529.
Caribisches Meer I, 159. 420. II, 36. 74.
97 f. 408. 417. Gebiet des C. M. II,
219. 268.
Caribische Strömung ü, 59.
Carlini I, 171. 178.
Carlsbader Sprudel 1, 272. H, 294. 306. 307.
Carlshafen I, 227.
Carlskrona I, 383.
Carlsruhe II, 231. 237. 392.
Carlstad 11, 176.
Carmeaux I, 195.
Carolinen I, 365. 510. 11, 220.
Carpenter: Tiefentemperaturen des Mit-
telmeeres n, 50 (Nota 2).
— das Wort Golfstrom 11, 59.
— Geschwindigkeit der Bewegung des
Golfstromes II, 61 (Nota 1).
— Anhänger der Lehre von den Drift-
strömungen II, 84.
— über die thermische Circulation im
Ocean n, 94 f.
— die Strömungen in der Strasse von
Gibraltar 11, 104.
Carpesium cernuum II, 595.
Carpinus II, 551.
Carrington I, 61.
Carrolton 11^ 423.
Cartagena II, 311.
Carter I, 371.
Carthago I, 169, Nota 2. 375.
Caryophyllus aromaticus U, 534. 562.
Casella'sche Presse B, 41. 48. ,
Cashla-Bucht I, 475.
Cassia 11, 68. 587. 575. 605.
— fistula n, 68.
— marylandica 11, 605.
— sensitiva ü, 537.
Cassini, Jean Dominique I, 64, Nota 2.
88. 121. 148. 151.
Cassini de Thurj I, 149, Nota 2. 151.
169. 171. 188. n, 115.
43
674
Register.
Cassiopeia, fA I, 28.
Castanea japonica U, 557.
>- vesca n, 519. 536. 553.
Castanopsis chrysophylla ü, 574.
Castilien n, 277.
Castillan I, 195.
Castor fiber s. Biber.
Casuarinen II, 534. 561. 564. 569. 589.
Catania II, 193.
CatbHFtes 11, 627.
Catiugas II, 580.
Catskiil-Gebirge 11, 443.
Caalopteris I, 309. 319.
Cavendish I, 180.
Cavia II, 640. 643. 648.
— aperea 11, 648.
Caxamarca II, 46ü.
Cajrenne I, 150. 154.
Cebus n, 641.
Ceder II, 554. 561. 601.
Cedrela n, 560. 577.
— toooa n, 560.
Cedrus Deodara 11, 561. 601.
Cejaregion der Anden II, 584. 640.
Celebes I, 238. 393 ff. 406. 489. 505.
520. n, 649. 654 f.
CeiebesSee II, 37. 53.
Celsius I, 152. 352. II, 153.
Cenoman I, 325.
Centaurus, a: Parallaxe und Entfernung
von der Erde I, IS. 25. Grosse I, 26.
Eigenbewegung I, 28. ^ Centauri
I, 126.
Centetes n, 639.
Centralamerika (Geologisches:) I, 228.
232. 240. 359 ff. 391. 397. 403. (Me-
teorologisches:) n, 180. 188. 219. 263 f.
.?1 1. 319 f. 324. (Biologisches :) 11, 497 f.
546. 548. 576 f. 594. 657.
Centralasten (Geologisches:) 1, 231. 233 f.
537. (Meteorologisches:) 11, 169. 187.
220. 319. 324. 353. 454. (Biologisches:)
II, 492. 556. 622 f.
Centralvulcane I, 238.
Centurus carolinensis II, 628.
Cephalaspis I, 30 S.
Cephalopoden im Silur I, 306, im Devon
• 1, 307, in der Kohle I, 314, in der Djas
I, 317, im mesozoischen Zeitalter im
allgemeinen I, 318, in der Trias I,
319, im Jura, I, 322, in der Gegen-
wart n, 607.
Cephalotaxus 11, 546.
Cepheus (Sternbild) I, 24. 2S8.
Ceratiten I, 318. 319.
Cerberodon Perty II, 646.
Cercolabes II, 627. 643.
Cercoleptes caudivolTulns II, 625 f.
642.
Cercopiihecus II, 633.
— Lalandii 11, 633.
Ceres I, 88. 89.
Cereus II, 540. 573. 581. 582. 583. 585.
587.
— giganteus II, 573.
— peruvianus II, 583.
— Quisco II, 587.
Ceril-Cedro II, 564.
Cerodon II, 643. 648.
— Kingii II, 648.
Ceroxylon andicola U, 524, NoU 2. 581.
584.
Cerro del Altar s. Capac Urcu.
— de Santa Lnzia I, 451.
Certhia II, 637.
Cervus (Hirsch) II, 612. 619. 622. 624
627. 629. 631. 636. 640. 644. 648.
— alces 8. Elen (Elch).
— antisiensis II, 644.
— Axis 8. Axishirsch.
— campestris 11, 648.
— capreolus s. Reh.
— dama s. Damhirsch.
— elephas s. Edelhirsch.
— Muntjac D, 631.
— pygargus II, 622.
— sika n, 624.
— tarandus s. Renthier.
Cetraria II, 549.
Cevennen II, 402. 433. 603.
Ceylon I, 370. 388. 504 f. 524. 528 1
530. 531. II, 269. 270. 548. 559. 562.
631. 632. 639.
Chagoslnseln I, 370. 371.
Chalcidischer Strudel 11, 31.
Cbaleurbay U, 411, Nota 1.
Chamaedorea II, 575.
Charoaerops excelsa 11, 558.
~ humilis II, 533. 545. 554. 556.
Chamliery ü, 278.
Register.
675
Chamisso, Adalb. y. I, 397.
Chamoanix II, 16S. 365. 599.
Champlain-See 11, 451.
Champsa nigra II, 645.
Chanar 11, 585.
Ghanarsteppe II, 585.
ChapmaD II, 500, Nota ].
Charak s. Kerak.
Charente I, 377.
Oharleston 11, 281.
Charlottenbrunn 11, 306.
Charpentier II, 348.
Charjbdis II, 31.
Chasseral 11, 357.
Chasseron 11, 357. 359.
Ch&teau Arnoux 11, 381.
— SaLins I, 320. II, 3a5.
Chatham- Insel (Galipagos) I, 513.
Chatham- Inseln I, 500. 528.
Chatte n, 445.
Chaamont 11, 357.
Cbelidonisches Vorgebirge I, 374.
Chemische Beschaffenheit der Quell-
wasser n, 304—307.
Chemische Kräfte, Verwandlung der-
selben in Wärme I, 42. Betheiligung
eh. K. bei der Aufrichtung der Ge-
birge I, 551 ff.
Chemische Zersetzung des Gesteins
durch Mineralwasser II, 307—309.
Chemnitz I, 317.
Chenopodium I, 527. II, 518. 555.
— ambrosioides I, 527.
Chepody-Bay II, 28, Nota 1.
Cherbourg 11, 22.
Cherimoles II, 582.
Chersobatae U, 632.
Chevandier I, 314.
Chibcha II, 437.
Chicago n, 32.
Chihuahua 11, 516.
Chile (Geologisches:) I, 232. 237. 269.
270 f. 325. 357 f. (Meteorologisches:)
U, 268. 282. 354. 426. (Biologisches:)
. n, 534. 541. 586 f. 598. 642. 647. 648.
Chiloe I, 357. 467. II, 282. 588. 647.
Chimborazo I, 173. 207.
Chiminello II, 124.
Chimmo, W. I, 362. 408.
China (Geologisches:) I, 269. 306. 316.
330. 3S5. 348. 368. (Meteorologisches:)
n, 234. 269. (Biologisches:) 11, 514.
545 f. 556 ff. 609. 629 ff.
Chinchilla II, 647.
Chinesen I, 846. II, 454. 455.
Chinesisch-japanische Flora II, 556—558.
Chingan U, 551.
Chios n, 523.
Chirogaleus II, 63.K
Chironectes 11, (»42.
Chirotherium I, 319.
Chiton I, 271. 357.
Chlamydophorus truncalus 11, 648.
Chlorideen II, 53S.
Choloepus II, 644.
Chonos-Inseln I, 357. 11, 647.
Chorisia ventricosa II, 581.
Christchurch 11, 367.
Christiania I, 383. U, 125. 207. 250.
277. 522
Christiania-Fjord I, 481.
Christiansborg (Guinea) II, 131.
Christtag-Sund I, 480.
Chronometer, Verwendung des Chr. bei
Längengradmessungen I, 169.
Chrysanthemum alpinum II, 519.
Chrysochloris U, 633.
Chrysophyllum Cainito 11, 576.
Chthonisothermen I, 189.
Chuquibamba (Vulcan) I, 240.
Chusquea II, 538. 587.
Cinchonen II, 584.
Circumtraction des Windes II, 207.
Cirrocumulus II, 253. 254.
Cirrostratus 11, 253. 254.
Cirruswölkchen II, 252. 253. 254. 481-485.
Cistus II, 553.
Citrone U, 554.
Citrullus caffer II, 566.
Citrus (Orangengewächse) 11, 202. 535.
554. 558. 560. 562.
— aurantium 11, 554.
— limonium U, 554.
— medica II, 554.
— vulgaris 11, 554.
Cladobates II, 629.
Cladonia 11, 531. 549.
I — gracilis II, 531.
! — rangiferina II, 53 1 .
I Cladrastis II, 551.
43*
676
Begister.
Clttraat: Theilnehmer an der lapp-
ländischen Gradmessong I, 152.
— Grosse der Fliehkraft an jedem
Punkte der Erde I, 155.
— YerhSltniss iwischen der Zunahme
der Schwerkraft vom Aeqnator znm
Pol nnd der Grösse der Abplattung
I, 155.
Ckrke I, 164. 165.
Clausins, R. II, 349.
Claosthal II, 278.
Clayering I, 465.
Clematis II, 592.
Clemenshall 11, 307.
Cleomedes I, 145.
Cleopatrabader I, 372.
Clermont II, 111.
Clethra I, 516.
Clifton I, 162.
Clio I, 88.
Clnsen I, 546.
Clnsenseen II, 329.
Clymenia I, 307.
Cobija I, 358.
Coburg I, 294, Nota 4. 319.
Cocastrauch n, 584.
Coccinella II, 607. 654.
— septeropunctata II, 654.
Coccuseiche IT, 553.
Cochinchina I, 368.
Cocospalme I, 512. II, 545. 559. 562.
569. 581. 585. 594.
Cohi n, 484.
— Braunkohle von I, 343.
Coeloptjchium I, 326.
Coimbra 11, 277, Nota 1.
Coirebhreacain II, 31, Nota 2.
Colbergermünde H, 31.
Colby I, 162.
Col du G^aat II, 168. 344.
Cold waU n, 7. 74. 102 f.
Colias palaeno II, 654.
Colibri n, 628. 640. 645.
Colima I, 236. 237. 239.
CoUectivtjpen I, 314 f. 318 f. 330. 331.
Colletia II, 583.
Collioure I, 149, Not« 2. 151.
CoUocalia esculenta II, 631 f.
CoUomb, Edouard 11, 361 (Note 8X
Colobus n, 633.
Colon I, 359.
Colon, Cristobal H, 456.
Colorado des Westens, Thal des II,.
273. 382 f. 407. 412.
Coloradokäfer II, 610.
Coloradowüste II, 321.
Coluber II, 632.
Columba s. Taube.
— turtur n, 618.
Columbia (British-) I, 360. 463. 467.
471. 472.
Comanchen II, 516.
Combenseen II, 329.
Come I, 242.
Comer-See I, 483. 534. H, 314 359. 44U
Cometen: Verkürzung ihrer Umlaufe«
zeit I, 49. Beziehungen der C. zu den
Sternschnuppen I, 117 ff. Freqnenx
der C. I, 120. Gestalt der C. I, 120 ff.
Dimensionen der Cometenschweife I,
122. Ausserordentliche Feinheit der
Cometenmasse I, 122 f. Bahnen der
C. I, 117. 123 ff. Geschwindigkeit der
a I, 123 f. Wiederkehrende C. I,
124 f. Bedeutende Annäherung der C.
an die Sonne 1, 125. Möglichkeit eines
Zusammenstosses mit der Erde 1, 125.
StoruDgen ihrer Bahn I, 125 ff. Phy-
sische Beschaffenheit dqr C. I, 127 ffl
C.-Stoffe I, 127 f. Temperaturen I,
129. Tyndall's Theorie der Cometen-
bilduDg I, 129 f. Widerlegung der-
selben durch ZoUner I, 130 f. Zöll-
ners Theorie I, 131 ff. Harmonischer
Wechsel der Cometen- und Sonnen-
fleckenfrequenz I, 134 f.
Comoren I, 371. 499.
Compter I, 250.
Concepcion (Chile) I, 270 f. 358. H, 26».
Concon-Bay I, 357.
Condor II, 645. 649.
Condorcet H, 460.
Conglomerate, Entstehung der I, 293.
Congo (Fluss) II, 406. 410. 564.
Coniferen im Devon I, 307, in der Stein-
kohlenzeit I, 309. 310, in der Dyaa
I, 317. 340 f., in der Trias I, 319 f.,
im Jura I, 322, in der Kr^de I, 325,
im Tertiär I, 328. 329. 332, in dar
Gegenwart II, 524. 533 f. 550. 554>
Register.
677
557. 668. 569. 574. 575 f. 578. 581.
588. 590. 603.
Connecticut (Fluss) n, 425.
Constantinopel I, 222.
Continentales Klima s. excessives Klima.
Continente: ihre Entstehung I, 290. 532.
556. Ihr heutiger Typus seit der
Tertiärzeit I, 328. Verschiebungen seit
der Tertiärzeit I, 385—392. Sie sind
älter als die Gebirge, welche sich
auf ihnen erheben, I, 402. Abhängig-
keit ihres Flächeninhalts von der
mittleren Tiefe der Weltmeere I,
405—432. Mittlere Höhe der Conti-
nente I, 421. Sie ragen als gewaltige
Hochebenen über die Sohle der Oceane
empor I, 424 iL 535. Ihr Gewicht ist
demjenigen sämmtlicher Oceane gleich
I, 427 f.
Controlbasis (bei Gradmessungen) I,
147.
Cook, Capt. I, 480.
Cook (amerik. Geolog) I, 362, Nota 1.
n, 301.
Cook, James I, 365. 561. II, 481.
Cook-Inseln I, 497.
Cooks-Strasse I, 271.
Coolidge I, 96.
Copernicanisches System I, 16. 78.
Copemicia II, 578.
Copernicus I, 80.
Copiapo n, 586.
Coquimbo II, 586.
Coraboeuf II, 106.
Cordier I, 195.
Cordilleras de los Andes s. Anden.
Cordilleren Nordamerika*s II, 354. 368.
. 382 f. 510 f. 608 f. ; im übrigen s. Rocky
Mountains und Mexico.
Cordouan, Leuchtthurm von I, 377.
Cordyline H, 590.
Corfu n, 30.
Coriander II, 562.
Comu A. I, 181.
Comwall I, 192. 195. 196. 308.
Coromandelküste s. Karomandalküste.
Coronella II, 638.
Corsica I, 375. H, 553. 621.
Conrus s. Rabe.
Corylus H, 551.
Coiypha umbraculifera 11, 559.
Corjrthaix persa II, 637.
Cosequina I, 240. H, 217.
Costa Rica I, 359.
Cotacachi I, 269.
Cotchesqui I, 161.
Cotidal lines n, 22.
Cotopaxi I, 207. 208. 229. 236. 240. 241.
n, 218.
Cotta, Bemh. v. : geologische BeschafiSen-
heit des europäisch -sibirischen Tief-
landes I, 387 £
— das Fichtelgebirge ein G^birgsknoten
I, 536 (Nota 1).
— die Aufrichtung der Alpen vollzog
sich ohne vulcanische Kräfte I, 554.
— Meeresmuscheln bei Petropaulowsk
(am Ischim) II, 322.
— keine Eiszeit im Altai II, 362.
— die Benagung der rechten Flussufer
in Sibirien 11, 386. 387 (Nota 1 und
5). 388 (Nota 2).
— über den Rheinfall bei Schaffhausen
n, 440 (Nota 1).
Coulomb n, 459.
Courtown H, 30.
Coutances I, 377.
Coypu n, 648.
Crataegus II, 552.
Crau n, 380 f.
Credner, Hermann: Verschiedenartig-
keit des Materials innerhalb der
Kreideformation I, 294.
— Altersbestimmung des Emporquellens
eruptiver Massen I, ^97.
— Bildung des Urgebirges I, 303 f.
— Bildung langgestreckter Sand wälle
vor der Ostküste der Vereinigten
Staaten I, 443 f.
— Verwerfungen in Südvirginien II,
325 (Noto 1).
— über die Eiszeit in Nordamerika 11,
362. 363 (Nota 1).
— über das Elbthal unterhalb Tetschen
n, 446 (Nota 1) f.
Credner, Rudolf: Deltabegriff H, 408,
Nota 2.
— Hemmung der Deltaentwicklung
durch die Gezeiten H, 409. 410
(Nota 1).
678
Register.
Credner, Badolf: auch durch £[aik-
gebirii^ gehende Flosse können Deltas
bilden II, 422.
— Sedimentföhrong einiger Deltaflüsse
n, 423.
— Betheiligung der seculsren Nivean-
veranderungen an der Deltabildong
n, 425 ff.
— über das Eibthal unterhalb Tetschen
n, 446 (Nota 1) ff.
— über das Rheinthal unterhalb Bingen
n, 447—449 (Nota 1).
OricetomTB II, 626. 635.
— gambianus II, 635.
Cricetus B. Hamster.
— frumentarius s. (gemeiner) Hamster.
Grinoideen im huronischen Schiefer I,
304, im Silur I, 306, im Deren I, 307,
in der Kohle I, 314, in der Trias
I, 319.
Grocodilus H, 632. 638. 645.
— biporcatus 11, 632.
— Tulgaris II, 638.
Groll: die vom Floridastrom bewegte
Wasser- und Wärmemenge II, 61. 64 f.
— Anhanger der Lehre von den Drift-
stromnngen II, 84.
— Temperaturunterschiede genögen
nicht, um die meridionalen Meeres-
strömungen zu erklären II, 95.
— giebt der Adfa^mar*schen Hypothese
eine neue Wendung II, 148 f.
Crossarchus Goudetii II, 639.
— obscums n, 639.
— rubiginosus II, 630.
Ootalus horridus II, 646.
Crozet-Inseln I, 499.
Cryptoprocta II, 639.
Ciyptums n, 645. 649.
Ctenoiden I, 327.
CtenomjB II, 643. 648.
— magellanicus II, 648.
— torquatus ü, 648.
Coati, geselliger ü, 625 f. 642.
Cuba I, 523. II, 534. 546. 577. 641. 657.
Cnculus n, 697.
Cnenca (Ecuador) I, 152.
Coguar n« 625 f. 628. 642. 647.
Colm (geologische Formation) I, 339.
340.
Gulm (Stadt an der Weichsel) ü,
424.
Cumanä I, 114. 260. U, 130. 240.
Cumbal (Andesvulcan) I, 236.
Cumbal (Stadt) II, 521. 522.
Cumming I, 270.
Cnmulostratus II, 253.
Cumulus n, 252. 253. 254.
Cundinamaica U, 437.
Cupari H, 29. 409.
Cupressineen II, 546.
CnpresBUs s. Cypresse.
— funebris II, 557.
Cupnlüeren H, 536.
Cnrtius, Ernst I, 524 (Nota 2)l
Gutch s. Rnnn of Cutch.
Guxhaven H, 20. 22. 276. 424.
Gojaba n, 436.
Clyathea II, 590.
Clycadeen in der Steinkohlenzeit I,
309. 310, im mesozoischen Zeitalter
im allgemeinen I, 318. 340 f., in der
Trias I, 319, im Jura I, 322, in der
Kreide I, 325, im Tertiär I, 328.
Gycadeenkohle I, 341.
Cydoiden I, 327.
Cyclopteris I, 309.
Cygnus, Doppelstem, Nr. 61 : seine
Parallaxe und Entfernung von der
Erde I, 17 f. Grösse I, 26. £igenbe>
wegung I, 28. Veränderungen des
Lichtwerthes von x ^« 289.
Cygnus plutoneus II, 651.
Gynara Cardnnculus II, 585 f.
Gynocephalus H, 633.
— ursinus H, 633.
Gynogale H, 629.
()ynopithecus nigrescens I, 395. 520. II,
655.
Gyperaceae n, 538.
Gypem II, 621.
Gypresse H, 553. 554. 557. 575.
— chinesische II, 557.
Gyprinus II, 609.
Gypripedium calceolus II, 519.
Gyrenaica I, 372.
Cyrtandraceen ü, 601.
Gyrtoceras I, 306.
Gystophora ü, 648. 650.
— proboscidea II, 648.
Register.
679
Czerna Hora U, 361.
Csemy I, 449, Nota 3.
Bachratte II, 621.
Dachs II, 616. 624. 625.
Dacrydium II, 569.
Dactylomys II, 643.
Dämmerung ein Mittel zur Bestimmung
der Lufthöhe II, 109.
Daemonorhops II, 559.
Dänemark I, 162. 327. 423. 491. II, 365.
551.
Dänemark-Strasse 11, 48.
Dalbergia nigra U, 5S1.
Dalmatien I, 375. 434. 469.
Dahnatinische Inseln I, 405. 469. II,
553. 620.
Dalton n, 239. 258. 287.
Damaraland II, 566.
Damhirsch 11, 621.
Damiette I, 372. II, 416 f.
Damiette- Nilarm U, 417.
Dammara australis U, 590.
Dammriff I, 495.
Dampier I, 433.
Dana, James D.: Begründer der Auf-
schüttungstheorie der Vulcane I, 203.
— Lavaergüsse des Mauna Loa I, 206 f.
— Erhöhung des Schmelzpunktes durch
Druckvermehrung I, 284.
— das grosse Senkungsfeld in der Süd«
see I, 364. 386. 403.
— Parallelismus in der Anordnung der
Insel schwärme der Südsee I, 496 f.
— gehobene Koralleninsein in der Süd-
see I, 497.
— über die Entstehung der Gebirge I,
555 ff.
— Querprofil durch Nordamerika II, 434.
— das Terrain an den Niagarafalien
II, 440 (NoU 3).
— Schichtenfaltungen in den Alle-
ghanies II, 443 f.
Danau-Sriang II, 316.
Danieirs Hygrometer II, 244.
Dardanellen-Strasse II, 105.
Darielschlucht (Kaukasus) 11, 361.
Danen, Golf von II, 412. 419.
Darwin, Charles: Emporracken der
Küste von Chile 1, 270. 271 (NoU 2). 357.
Darwin, Charles : Korallenbildungen aU
Zeugnisse für eine Senkung der Insel-
flur in der Südsee I, 354. 364.
— Strandlinien an der Westküste Süd-
I
I amerika's I, 358.
— Aufrichtung der Ufergebiete des
I Laplata I, 359.
— Tahiti ohne Spuren einer Hebung
I, 365.
— Rüstenaufrichtungen auf den Phi-
lippinen I, 369 (Nota 1).
— über den Beagle-Fjord I, 466, Nota 1.
— patagonische Gletscher ziehen bis
zum Meeresspiegel herab I, 472. II,
354.
— Entstehung der Koralleninseln 1, 494 f.
— die Galäpagos sind ohne Batrachier
I, 510.
— Verbreitung der Gewachse durch
Vögel I, 512. n, 596.
— Pflanzenleben der Keeling - Inseln
I, 513.
— Flora von Ascension I, 513.
— Vegetation der Cbatham*Insel I, 513.
— Verschiedenheit in dem ßeichthum
der Südseeinseln an Pflanzenarten
I, 515.
— ältere Thierformen vielfach in Flüssen
I, 519.
— eigenthümliches Verhalten der Vögel
auf den Galdpagos I, 525.
— ungleichmässigc Hebung eines Fluss-
bettes n, 449.
— manche Samen bewahren im Seewasser
ihre Keimfähigkeit ü, 494.
— Wanderheuschrecken bisweilen auf
hoher See ü, 596.
Dasyprocta II, 643.
Dasypus H, 627. 644. 64S.
— novemcinctus II, 627.
Dasyurus ü, 650 651 f.
Dattelpalme II, 20 1 . 545. 554. 556. 562.
589.
Daubensee n, 304.
Daubeny I, 236.
Daubr^e : Erklärung der raschen Wärme-
zunahme im Bohrloche von Neuffen
I, 195.
— Mitwirkung des Wassers bei vulca-
nischen Eruptionen I, 235.
680 Begister.
Dano, Maar bei I, 217. [Delta, Begriff H, 403, Nota 2.
Danphin^ I, 264. ' Deltabildangen der Strome II, 403—427.
Dannsche Steppe II, 504 f. 539. ' Demawend I, 234.
Daussy n, 107. j DendromjB H, 635.
Dayis-Strasse I, 471. 491. II, 36. 70. 73. ' Denham I, 408.
99. 103. Dentaliom laeve I, 319.
Davy, Humphrey I, 38, Nota 1.
Dawes I, 87.
DawBon, G. M. I, 62.
Dax I, 460.
Dax, Braunkohle von I, 343.
De Candolle, Alphonse: über die Vege-
Dent de Mordes II, 358.
Deodwaia-Ceder n, 561. 601.
Depressionen, continentale, in Afrika
n, 320, in Nordamerika II, 321, in
Asien n, 321 £
Derbend n, 616.
tation der Küsteninseln SchotÜand's Derbjshire I, 315.
Desagoadero II, 312.
Descabezado de Maule n, 354.
Descloizeau I, 214.
I, 518.
— über das Feuchtigkeitsbedürfhiss der
nordischen Laubbäume H, 501 £.
— Abhängigkeit der Grewachse vom j Deshayes I, 329.
Standort n, 519. i Desmanthus natans H, 537.
— Einführung von Grewachsen in Süd- < Desmodina II, 641.
frankreich durch den Wollhandel II, ■ Desmodus n, 625. 647.
596. I — murinus n, 625.
^- Eintheilung der Gewächse auf Grund Desor, Eduard: Meeresbedeckung der
ihrer physikalischen Lebensbedin- 1 nördlichen Sahara I, 375. 450. II. 364.
gangen n, 604 £ — D/scher Gneissfacher I, 540.
De Candolle, Augustin I, 518. ! — Eintheilung der orographischen Seen
De-Castrie-Bay I, 492. H, 329.
Deckenwolke n, 253. 254. | — über die Bollkiesel der Crau II, 381.
Declination, magnetische II, 456 f. — Riesenkessel an der Aar II, 3S4
461—463. 466— 46S. 471—473. 4S0. (Nota 1).
Declinationskarte (Erdmagnetismus) von ' Despretz 11, 41.
1860 n, 461—463. I Deutsches Reich (Geologisches:) I, 306.
Deer Creek ü, 496. • 315. 316. 319. 320. 324. 37a ff. 422.
Deisterkohle I, 341. (Meteorologisches:) n, 173. 186. 201.
Dekhan, Hochland von II, 433. 558. 227 ff. 233. 241. 24». 259. 274 ff. 355.
559. 601. 630. - 365. (Biologisches:) II, 613. 657.
Delambre I, 148. 160. 161. 164. ' Devens 11, 357.
DeUunay I, 286. Deville I, 236.
Delaware I, 362. II, 443. Devonische Formation I, 294. 295. 296.
Delaware-Bay I, 362. 306—308.
Delebpalme II, 565. DcTonport II, 209. ,
Pelesse II, 259. Devonshire I, 192. 306. 311. II, 190.
Delhi n, 609. ' Diabas I, 292.
Delphinus II, 60S. 615. 631. 637. 645. Diablerets I, 543.
648. 650. Diadin I, 234.
— amazonicus H, 645. Diatomaceen I, 342.
— delphis n, 608. 615. Dicholophus II, 645.
— gangeticus H, 631. ' Dichtemaximum des Salzwassers I, 39 f.
— leucas H, 615. , Dichtigkeit der Himmelskörper s.
— orca n, 60S. 615. ■ Schwere.
— phocaena n, 608. 615. I Dicksonia squarrosa II, 590.
Register.
681
Dicotyles albirostris H, 644.
— torquatus 11, 627. 644. 648.
Didelphys 1, 519. II, 612. 626. 642. 647. 651.
— Opossum n, 612.
Dieffenbftch, F. I, 260.
Diego Alvarez I, 499.
Dieaze ü, 834.
Digitalis parpurea II, 519.
Dilatationstheorie (Gletscher) n, 348.
Diluvium I, 301. 385. 887. II, 356 ß.
447. 550. 603 f.
Dimorphandra ezcelsa II, 578.
Dinarische Alpen 11, 308.
Dingo I, 519. II, 680. 649.
Dinoceras I, 331.
Dinosaurus I, 819.
Dinotherium I, 333.
Diomedea n, 600.
Diomedes I, 367 f.
Diorit I, 292.
Dioscorea batatas II, 558.
— pyrenaica n, 601.
Dioszeg II, 896.
Dipodomjs Philippii 11, 643.
Dipus(Springmau8) 11,61 7. 619. 620 f. 635.
Disco-Fjord I, 108. 362.
Disco-Insel I, 109. 466. 11, 68.
Distel II, 585. 595. 598. 656.
Distelfalter I, 510. II, 607. 654. 656.
DixoD, Hepworth 11, 516, Nota 1.
Dnjepr II, 386.
Dnjestr II, 314.
Doane 11, 302.
Doberan II, 306.
Dodo 8. Dronte.
Dörfel I, 123, Nota 1.
Dörfel (Mondgebirge) I, 101.
Dogger (brauner Jura) I, 300. 321. 324.
n, 651.
Dolichotis patagonica II, 648.
Dollart I, 379.
Dolomieu I, 206.
Dombaas 11, 207.
Dompalme 11, 545. 565.
Don n, 386. 388.
Donati's Comet I, 49. 120. 122. 125. 130.
Donaul, 801. 11, 370. 371. 402. 422.
423. 424. 429 f. 432. 433. 435. 488.
445. 611. 617.
Donaudelta II, 314. 815. 393. 408. 424.
Donaueschingen n, 438.
Donauthal bei Wien ü, 377.
Donauwörth II, 438.
Donegal I, 378.
Donez-Plateau I, 315.
Don Juan de Castro I, 372.
Dorsetshire I, 323.
Douai I, 361.
Douarnenez, Golf von I, 377.
Doubs n, 370.
Douglas-Tanne n, 571.
Doux n, 402.
Dove, Heinrich Wilhelm: Verbindung
von thermischen und barischen Wind-
rosen n, 130.
— über den nördlichen Kältepol 11, 177 f.
— EntwurfderMonatsisothermenll, 178.
— durchschnittliche Temperatur jedes
Breitengrades II, 180.
— Vergleich der Wärmeverhältnisse auf
der nördlichen und südlichen Halb-
kugel n, 182 ff.
— Entwurf von Isanomalen H, 185.
— gleichzeitige Wärmeanomalien ver-
schiedener Gegenden H, 198 f.
— die mittlere Jahreswärme von Berlin
constant dieselbe II, 200.
— Drehungsgesetz der Winde n, 222 —
224.
— Abhängigkeit der Wärme von den
Winden E, 226 ff.
— thermische Windrosen U, 230 f.
— Begenarmuth des Juli in Palermo
n, 267.
— der Ausgangsort des schweizerischen
Föhn II, 364.
— über das Nordlicht ü, 477 (Nota 1).
Dover I, 245. 294.
Dovre II, 451.
DovreQeld I, 478. 11, 207. 250.
Draba aizoides U, 519.
Dracaena draco s. Drachenbaum.
Diachen, Nebelfleck im Stern bilde des
I, 31.
Drachenbaum H, 528. 540. 589.
Drachenschlund 11, 417.
DrammensQord I, 4SI. 484. 11, 318.
Dranse 11, 380.
Drebbel, Cornelius H, 151.
Dr^ge n, 567.
682
RegiBter.
DrehoDgsgesetz d«r Winde H, 222—224.
Dreh wage I, 180 f.
Dreieckkopf ü, 632.
Dresden II, 125. 194. 390. 446 £
Dressel I, 236.
DriftströmuDgen U, 74. 78. 79. 96.
Drirnys II, 587. 588.
Dromaeus Novae HoUandiae U, 651.
Dromedar II, 636.
Dronte I, 526.
Drossel n, 637.
Druck der Atmosphäre II, 110—137,
des Windes n, 205 f.
Dmde, 0. I, 520 (Nota 2). n, 532, Nota
1. 545 (Nota 1).
Dryas octopetala II, 693.
Drymomys 11, 643.
Diyobalanops camphora 11, 560.
Diyopithecus I, 333.
Dschebel Koldadschi I, 235.
Dscherba U, 31.
Dschidda I, 371 f.
Dschiggetai H, 622.
Dublin n, 194. 277.
Dubuat n, 95. 394.
Ducarla I, 563.
Du Chaillu ü, 420. 500, Nota 1.
Dünen: I, 448 — 460. Unterschied zwi-
schen D. und Sandbänken I, 448.
Seltenes Vorkommen der D. in den
Tropen I, 448. Auftreten der D. im
Binnenlande I, 448 £P. Entstehung
der binnenländischen D. I, 449 ff.,
der D. am Strande I, 452 ff. Ver-
schiedenheit des Dünenmaterials I,
455. Wandern der D. I, 455 ff. Be-
festigung der D. I, 459 f.
Dünkirchen I, 149, Nota 2. 151. 161.
378.
Dürrheim II, 307.
Duhamel n, 321.
Dnjong n, 637.
Dumfiries II, 277.
Duncan, Francb II, 28.
Dundee II, 208.
Dunedin II, 367.
Dunker, K I, 191. 193. 198.
Dunnose I, 162.
Dupain-Triel I, 563. 567.
Dnperrey I, 156. n, 463.
Du Petit Thouars I, 504. II, 46.
Durance II, 380. 381.
Dnrham I, 297. 11, 334.
Durvillaea edulis n, 531.
Duschet I, 175.
Duschlberg II, 278.
Dutoitskloof n, 567.
Dyas s. Permische Formation.
Dysopes 11, 620. 625. 633. 641. 647. 650.
— Cestoni II, 620.
CSbbe s. Flnth.
Eberesche n, 536. 551. 595.
Ebermayer, £. n, 506 ff.
Ebro n, 402.
Ebrothal I, 533. II, 277.
Echeneis remora II, 609.
Echiniden I, 318. 322. 326.
Echinocactus II, 540. 573. 583. 587.
— Wislizeni II, 573.
Echinogale 11, 639.
Echinomys IL, 643.
Ecuador (Geologisches:) I, 152. 153. 225.
232. 233. 236. 238. 240 l 241. 268.
(Meteorologisches:) 11, 133. 283. 284.
426 f. 437.
Ekldystone, Leuchtthurm I, 437.
Edelhirsch n, 618. G21. 622. 631.
Edelmarder (Mustela martes) n, 616.
625.
Edeltahne II, 550.
— califomische II, 574.
Edfu s. Apollinopolis magna.
Edinburgh II, 131.
Edku-Lagune II, 417.
Egede, Hans n, 198.
Eger I, 250.
Egg Island (New-Jersey) I, 362.
Ehrenberg: seculäre Hebung an den
Küsten des Bothen Meeres I, 372.
— Erosion durch Meeresströmungen
reicht nicht bis in grossere Tiefen
hinab I, 429.
— über den Passatstaub II, 217.
— Polythalamien im Todten Meere II,
326, Nota 1.
Eiche n, 536. 551. 553. 557. 560. 571.
574. 575.
Eichen in der Kreideseit I, 325.
Eichhörnchen I, 511. H, 491. 612. 617.
Register.
683
619. 620. 624. 626. 630. 634. 639.
642.
£ider (Flass) II, 437.
Eidergans II, 616.
Eifel I, 202. 204. 217. 225. 227. 230. 233.
234. 306.
Eigenwärme der Erde I, 183 ff. 11, 138.
289. 294 ff.
Einhorn (Sternbild) I, 24.
Einsturzkrater I, 203.
Eisack II, 449 f. 599, Nota 1.
Eisanhäufdng , stärkere, am «Südpol
(Adh^mar'sehe Hypothese) n, 145 f.
Eisbär 11, 608. 615.
Eisbereitung in Bengalen 11, 161.
Eisberge I, 471. H, 65. 70. 71—73. 76.
76. 355. 594. 608.
Eisboden, unterirdischer I, 185 ff.
Eiscascade II, 343.
Eisen, Verhalten desselben beim Er-
starren I, 550 f.
Eisenach I, 324.
Eisenhnt, echter 11, 523.
Eisenlohr 11, 236. 287.
Eisenockerlager II, 309.
Eisensäuerlinge ü, 306. 309.
Eisernes Thor (bei Derbend) U, 516.
Eismeer, nördliches I, 282. 419. 420. 11,
24, Nota 1. 64. 65 ff. 106. 318. 321.
365. 405. 610 f. — Gebiet des n. E.
n, 177 f. 179.
Eismeer, südliches I, 419. 420. 11,
52. 78.
Eisseen n, 326 f.
Eisvogel n, 618. 637.
Eiszeit I, 335. 836. 471 ff. II, 149. 355.
856 — 368 (Ausdehnung der glacialen
Erscheinungen 356 — 363, die Ursachen
der Eiszeit 368—368). 599 f.
Elaeis guineensis n, 545. 565.
Elaps n, 607. 688. 646.
— corallinos 11, 646.
Elba I, 441.
el Baiad I, 371.
Elbe I, 881. n, 20. 28. 370. 390. 392.
393. 407. 413. 421. 422. 424 f. 426.
431. 432. 440. 611. 617.
Eibsandsteingebirge I, 243. 294. 327.
n, 446 f.
Elbthal oberhalb Pirna 11, 446 f.
Elch 9. Elen und Scheich.
Elektricität : Umsetzung derselben in
Wärme, Magnetismus und Bewegung
I, 43. E. betheiligt bei der Cometen-
bildung I, 131 ff. Die Sonne ein
mächtiger Elektricitätsquell I, 138.
Elektrische Stiöme die Ursache des
Erdmagnetismus II, 465 f.
Elen des Diluviums I, 836, der Gegen-
wart n, 617 f. 622. 627.
Elephant der Tertiärzeit I, 338, der
Diluvialzeit I, 336, der Gegenwart II,
628. 631. 63.5. 644.
Elephas afiricanus II, 685.
— indicus II, 631.
— primigenius I, 386.
Elfenbeinpalme ü, 578.
Elie de Beaumont I, 208. 205 ff. 570.
Elis I, 347.
Elisabeth-Insel I, 497.
Ellice-Gruppe I, 365.
ElUpsolithes I, 539.
Elster (Bad) II, 306.
Elton-See ü, 333.
Elu I, 524.
Elymus arenarius I, 459.
Emballonura 11, 641.
Embothrium U, 58S.
Emden H, 258.
Empetrum nigmm II, 552.
Ems (Bad) II, 294. 306.
Ems (^Fluss) n, 426.
Emsmann II, 224.
Emu n, 651.
Enaliosaurier I, 815.
Encephalartos 11, 568.
Encke I, 128 f. 164.
Encke*s Comet I, 49. 79. 124 f. 127.
Encounter-Baj I, 866.
Encrinus liliiformis I, 819.
Engadin n, 371.
Engelhardt, Moritz v. 11, 133.
Enhydris s. Seeotter.
Ensete-Pisang 11, 564.
Entada gigalobium II, 68. 694.
Ente n, 688. 649. 651.
Entfernung der Fixsterne I, 17 f. E. Mer-
cur's (von der Sonne) I, 80, der Venna
I, 84, des Mars I, 86, der Planetoiden
I, 89, Jupiter's I, 00, Satam*s I, 95»
684
Register.
des Uranos I, 96 f., Neptan*s I, 98.
£. des Mondes von der £rde I, 99.
Entwicklmigsgeschicfate der stehenden
Wasser auf der Erde II, 312—329.
Enzian, grosser II, 519.
Eocfin I, 294. 329.
Eogen I, 329 ff.
Eozoon Canadense I, 304.
Epacrideen ü, 5S5.
Ephedra DL, 562.
Ephesos I, 374.
Ephraim, Grebirge I, 264.
Epicentmm (bei Erderschntterangen) I,
247.
Epiphjten II, 540. 542. 543. 561. 576.
577. 578. 579. 580. 581. 584. 587.
590.
Epomeo I, 230.
Eqniseten I, 319. 320. 322.
Eqaisetom arenaceum I, 319. 320. 341.
— columnare I, 320.
Equos asinus onager s. (wilder) Esel.
— caballus s. Pferd.
— festivos n, 635.
— hemionus 11, 622.
— (l^i'^e^ n, 635.
— zebra 11, 612. 635.
Er n, 396.
Eratosthenes I, 143 ff. II, 320 f.
Erdbeben als Vorzeichen vulcanischer
Aasbrüche I, 218. Begriff I, 244 f.
Geschwindigkeit der Erdbebenbe-
wegung I, 245. Form derselben I,
245 f. Zerstörende Wirkungen der
E. verschieden je nach der Beschaffen-
heit des Gesteins I, 246. Mallet's
Untersuchungen über das calabrische
E.: Auffindung des Epicentrums I,
246 f., des Focus I, 247 f. Die See-
bach*sche Methode: Ermittelung des
Epicentrums I, 249 f., der Fortpflan-
zungsgeschwindigkeit, des Zeitpunktes
des ersten Anstosses und der Tiefe
des Erdbebenheerdes I, 250—252. Ta-
bellen über Fortpflanzungsgeschwin-
digkeit der Erschütterung und Tiefe
des Erdbebenheerdes I, 253. Inten-
sität der Erschütterung I, 253 f. Seis-
mochronograph I, 254 1 Abhängig-
keit der Erdbebenentwicklung von
localen geognostischen Verhältnissen
I, 255 ff. Seebeben I, 258. Verbrei-
tung der Erdbeben I, 258 ff. £. in
der Nähe von Vulcanen I, 258 ff. £.
auf nichtvulcanischem Gebiete 1, 260 f.
Zusammenstellung der Gesetze über
Vertheilung der E. I, 261. Erklärung
der nichtYulcanischen E. I, 261 ff.
Sitz der E. nicht an der Grenze des
gluthflüssigen Erdinnem I, 261 f. Ur-
sache der E. nach P&ff: Empordrin-
gen gluthflüssiger Massen in obere
Hohlxänme I, 262. Andere Ursachen
nichtvulcanischer £. : Spaltenbildung
bei fortgesetzter Abkühlung und Con-
traction des Erdkorpers I, 262 f., Ein-
sturz von Höhlen, die das Wasser
geschaffen hat, I, 263 f., Bergstürze
I, 264 f., Zugkraft von Sonne und
Mond (Erdbebenstatistik) I, 265 ff.
Zerstörende Wirkungen der E. I, 268.
Senkungen bei E. I, 269. Hebungen
bei E. I, 270 ff. Büdung und Zu-
schüttung von Klüften bei K I, 272.
Erddurchmesser verkürzt sich I, 51.
Erde: ihre günstige Stellung im Sonnen-
system I, 78 — 106, insbesondere I,
1U4 ff. Gestalt der E. I, 139 ff.
Grösse der KI, 143 ff. Localat-
traction und Dichtigkeit der E. I,
173 ff. Eigenwärme der E. I, 183 ff.
Vulcanische Kräfte der E. I, 201 ff.
Erdbeben I, 244 ff. Entwicklung der
E. nach der Kant-Laplace*schen Hy-
pothese I, 278 f. Ehemalige Gluth-
flüssigkeit des ganzen Erdballs I,
279 ff. Jetzige Gluthflüssigkeit des
Erdinnem I, 283 ff. Allmähliche Er-
starrung und Contraction der Ober-
fiächenschicbten I, 289 f.
Erdentag, Verlängerung des £. I, 50.
Erdfälle II, 308.
Erdgräber H, 635.
Erdinneres: Zunahme der Dichtigkeit
der Stoffe im E. I, 181 f. Zunahme
der Wärme im E. I, 188 ff. Gluth-
flüssigkeit des E. I, 2S3 ff.
Erdpyramiden H, 384 f.
Erdwolf n, 634.
Erethizon U, 627. 643.
Register.
68&
Erhaltung der Kraft, Gesetz von der
I, 38 ff.
Erhebongskrater I, 202.
Erica arborea II, 588.
— camea II, 519. 534.
— cinerea 11, 534.
— coerulea II, 535. 545.
— tetralix ü, 534.
— umbellata II, 545.
Ericeen 11, 519. 534 f. 545 f. 552. 553.
567. 588. 589.
Ericulus n, 639.
Eridanus, cf I, 28.
Erie-See I, 62. ü, 212. 319. 439. 442.
Erieux ü, 402.
Erigeron ambiguas II, 593.
Erinaceus (Igel) II, 611. 616. 619. 623.
633.
— aurituB II, 619.
— europaeus (gemeiner Igel) 11, 611.
616.
— frontalis 11, 638.
Eriodendron anfractaosnm II, 577.
Eriomys II, 643. 647.
— Chinchilla ü, 647.
— laniger II, 647.
Erle n, 551. 570. 571. 575. 593.
Erlenbach (Schweiz) II, 358.
Erman : Hohe derKliutschewskajaSopka
I, 241.
— Meereshöhe Yon Irkutsk II, 132.
— Magnetische Beobachtungen 11, 460.
462.
Emsthall II, 334.
Erosion durch das Wasser, chemische I,
263. n, 304 f. 307—309. 375.
— mechanische I, 205. 217. 219 f. 546 f.
n, 875—393. 452.
Erratische Blöcke II, 355. 356 S.
Eruption, vulcanische I, 219 ff.
Eruptionsmaterial der Vulcane I, 222 ff.
Eruptivgesteine I, 291 f. Alter ihres
Empordringens I, 297. Bezeichnung
auf geologischen Karten I, 298.
Erythroxylon coca II, 584.
Erzgebirge (8ächs.-böhm.) I, 193. 305.
533. II, 167. 447.
Erzlager I, 301 f. 305. 316. 11, 309.
Escallonia II, 583. 588.
Escalopier, Baron d* II, 326, Nota 1.
Esche U, 536. 551. 557. 571. 574. 593.
Escher von der Linth I, 375. IJ, 364.
Eschweiler, Steinkohle von I, 844.
Esel, wilder H, 619. 621. 622. 631.
Eskjär I, 381.
Esneh II, 401.
Espino n, 586.
Essen I, 244.
Essequibo II, 417 ff.
Essex II, 274.
Esthland I, 381. 473.
tt&ug n, 813.
Etesien 11, 266.
Ete-Wald II, 579 f.
Etsch n, 397. 406. 599, Nota 1.
— Mündungsgebiet der I, 376 f. II,
896. 406.
Ettfchthal n, 360. 451.
Ena I, 497.
Eucalyptus ü, 527. 528. 534. 568. 569.
570.
— amygdalina 11, 527. 570.
— colossea II, 527. 528.
Eucryphia 11, 587. «
Eudromia 11, 649.
Euganeen I, 230. 554.
Eugenia II, 575.
Eule n, 621. 624. 637. 649. 650.
Euomphalus pentagulatus I, 539.
Euphorbia 11, 518. 541. 565. 567. 589.
— abyssinica II, 565.
— candelabrum 11, 565.
— grandidens 11, 567.
Euphrat I, 284. II, 871. 406 f. 412.
437.
Euplectes n, 637.
Eupleres n, 639.
Euripos, Golf yon II, 31«
Europa (Geologisches:) I, 231. 832. 356.
374 ff. 388 f. 421 ff. 462 f. 467. 558 f.
(Meteorologisches:) 11, 63 f. 126 f. 130.
175 f. 179. 186 ff. 193 f. 199. 227 ff.
232—286. 249. 255. 259. 274 ff. 353.
356 ff. 865. 435. 453 f. (Biologisches :)
n, 500 ff. 512—515. 542. 546 f. 549^
552. 615—622. 653. 657.
Europäisch - asiatisches Steppen- und
Wüstengebiet II, 555 f.
Europäisch -sibirisches Waldgebiet 11,
549—552.
686
Begister.
Eorya II, 558.
Eaterpe II, 579.
Evans, F. J. H, 459, Nota 1. 467
(NoU 2). 469 (Nota 1. 2). 47u. 471
(Note 1). 657.
Evaporometer 11, 240.
Everest I, 161. 162. H, 423.
Everett, J. D. II, 28, Note 1.
Evemia II, 549.
Ewiger Schnee II, 282—286. 336.
Excess, sphärischer I, 148.
Excessives Klima 11, 189. 192—194, vor-
zugsweise in den Polargebieten n,
141 f.
Exocarpus capressiformis 119*569.
Exogyra I, 326.
Explosionskratere I, 217.
Extinction des Lichtes I, 37.
Fabricius I, 60.
Facies der geologischen Formationen I,
292 f.
Fackeldisteln II, 540.
Fadenkreuz I, 148.
Fächerpalmen in der Kreide I, 325.
Fächerstructar in den Alpen I, 540 ff.
Färbeginster II, 519.
Färöer I, 388. 479. 11, 190. 547.
Färöer-Shetland-Binne 11, 40. 48. 103.
Fagus antarctica II, 58S.
— betuloides II, 588.
— fermginea 11, 571.
— obliqua II, 588-
— Sieboldi 11, 557.
Fahlun I, 257.
Fahrenheit's Thermometer II, 152 f.
Fair Haven I, 156.
Falb, R I, 267, Note 1.
Falbe II, 212 (Note 2).
Falke 11, 618. 627. 631. 637.
Falkirk I, 384.
Falklandsinseln I, 391. 462, Note 1. 508.
n, 183. 194. 591. 647. 648 f.
Fallen der Schichten I, 299.
Fallkraft, Verwandlung der F. in Be-
wegung I, 39.
Falmark II, 106.
Falmouth I, 37S.
Faltung der starren Erdschale I, 290.
532, der Gebirge I, 588 ff.
Faltungsthal s. syndinales Thal.
Faraday: Erregung von Elektricitat
durch das mechanische Zerreisseo von
Flüssigkeitstheilchen I, 132.
— Änderung des Vorzeichens der Elek-
tricitat durch Beifügung fremder Sub-
stanzen zu dem Elektricitätsquell I,
133.
— über das Zusammenfrieren von Eis-
theilchen unter Anwendung von Drack
n, 350.
— Lichtentwicklun<r durch magnetische
Kräfte H, 476.
Farnbäume II, 532. 559. 564. 575. 576.
579. 581. 589. 590.
Farne im Devon I, 307, in der Stein-
kohlenzeit I, 309. 340, in der Dytks I,
316, in der Trias I, 319 f., im Jura
I, 322, in der Kreide I, 325, im Tertiär
I, 329, in der Gegenwart II, 524. 532.
590. 592.
Fasan II, 627.
Fatehpur II, 609.
Faulhorn II, 250. 599.
Faulthier 11, 612. 644.
Faunengebiete der Erde II, 614—652.
Fausthuhn, Pallas'sches II, 619.
Favre II, 361.
Faye I, 123. 125.
Faye-MöUer's Comet I, 125.
Fazogl U, 499.
Federwolke n, 252. 253. 254.
Fedrige Haufenwolke 11, 253.
Fedrige Schichtwolke 11, 253.
Fedtschenko 11, 321.
Fehling II, 305. 307.
Feigenbaum in der Kreide I, 325; riesige
Dimensionen der australischen Feigen-
bäume n, 52S. Gemeiner Feigenbaum
n, j603 f. Indischer Feigenbaum s.
Banyane.
Feigendisteln II, 540.
Feldmaus 11, 617. 619. 621. 627. 62$.
631. 635. 643. 64S.
Feldspath, Volumenzunahme durch che-
mische Zerseteung I, 552.
Feld- Viscache II, 640. 647.
Felis (Katze) I, 336. II, 617. 619. 620.
622. 624. 625 f. 628. 630. 634. 639.
642. 647.
Register.
687
Felis borealis II, 626.
— caffra n, 634.
— caligata n, 620. 630.
— earacal s. Karakal.
— catus ferus s. Wildkatze.
— celidogaster U, 642.
— cervaria II, 617.
— colocoUo n, 642.
— concolor s. Cuguar.
— eyra II, 642.
— Guigna II, 642.
— guttata n, 634.
— irbis n, 622.
— jubata n, 634.
— leo 8. Löwe.
— Icopardus s. Leopard.
— lynx 8. Luchs.
— macrura 11, 642.
— madagascarensis II, 639.
— manicnlata 11, 634.
— onca 8. Jaguar.
— pajeros II, 647.
— pardalis 11, 625 f. 642.
— pardina II, 620.
— pardus s. Panther.
— rufa n, 626.
— serval II, 634.
— spelaea I, 336.
— strigilata 11, 642.
— tigrina II, 642.
— tigris 8. Tiger.
— variegata II, 630.
— yaguarundi 11, 625 f. 642. 647.
Felsengebirge s. Rocky Mountains.
Fenchel 11, 585.
Ferdinandea I, 231.
Ferkelratte n, 643.
Fernando Noronha I, 499.
— Vaz II, 419 f.
Fernelius, Jean I, 146.
Ferrara 11, 397.
Ferrel, W. H, 102 f.
Festlandsinseln s. Inseln.
Festuca duriuscula 11, 518.
— ovina II, 556.
Feuerkugeln I, 111.
Feuerland I, 296. 466. 480. II, 531. 600.
602. 64S f.
Fezzan n, 160. 195. 492. 637.
Fiber zibethicus s. Bisamratte.
Fichte s. Rothtanne.
Fichtelgebirge I, 305. 317. 536.
Fick I, 55.
Ficus indica 11, 560.
— pertusa 11, 577
— sycomorus 11, 564.
Fidschi-Inseln I, 365. 491. 498. 510. 515.
n, 500. 590.
Fieberrindenbaum U, 5S4.
Fillefjeld ü, 284.
Findlay, Alexander n, 57. 60.
Fingerhut, rother 11, 519.
Fink n, 637.
Finmarken I, 185. 11, 610 f.
Finnischer Meerbusen I, 382.
Finnland I, 305. 382. 473. 11, 312. 383.
441 f.
Finsteraarhorn 11, 353.
Finsteraarhorngletscher II, 341.
Finsterbach (Tirol) 11, 3S5.
Fjordbildungen I, 461—485. Ihr ge-
selliges Auftreten I, 461 f. Fj. kom-
men nur in Europa und Amerika vor
I, 462. Auch hier sind sie auf scharf
begrenzte Räume beschränkt I, 462 £
Besonders zahlreich sind sie an den
Nord- und Westküsten I, 463—465.
Sie sind an keine geologische For-
mation gebunden I, 465 f., finden sich
aber nur unter hohen Breiten I, 466 f.
im Gürtel mit Regen zu allen Jahres-
zeiten I, 467 f. und immer nur an
Steilküsten I, 468 ff. Ihre Beziehun-
gen zur Eiszeit I, 471 ff. Fj. waren
oder sind noch von Gletschern erfallt
I, 471 f.; doch sind sie nicht von
diesen ausgefeilt worden I, 473 ff
Vielmehr war die Zertrümmerung der
Küste mit deren Aufsteigen ge^^eben
I, 478 f. ; indess wurden die Fj. durch
die Gletscher vor Ausschüttung be-
wahrt I, 479 f. Tiefenverhältnisse der
Fj. I, 480 ff. Die Verwandlung von
Fj. in Gebirgsseen I, 482 ff. n, 317 f.
319. Temperaturen ihres Wassers n,
49. 50.
Fimmeer 11, 336.
Firnschnee 11, 336.
Firnstöss 11, 340.
Firth of Clyde I, 384-
688
Register.
Rrth of Forth I, 384.
Fische: ihr Auftreten im Silur I, 306.
Über die Art und Grösse ihrer Yer-
breitung ü, 607, Nota 1. 609. 611 f.
Fischer, Ph.: der Meeresspiegel keine
sphäroidische FlSche I, 158.
— Erdabplattong I, 164.
— Einwände gegen die Annahme eines
dreiaxigen Erdellipsoids I, 166.
Fischer, Theobald II, 374 (Nota 1).
Fischotter 11, 606. 608. 612. 615. 616.
624. 625. 630. 633. 641. 647.
Fischplätze, günstige II, 73 f. 77. 78.
Fischregeii U, 609.
Fitzroy: Emporrücken der Küste yoq
Chile I, 270. 357 f.
— Fluthwellen in einigen Busen Pata-
gonien's 11, 27.
— die Gezeiten im La Plata 11, 411.
Fiume I, 171.
Fixsterne: ihre parallaktischen Be-
wegungen I, 16 £r. Bezeichnung der
F. I, 17, Nota 2. Entfernungen eini-
ger F. von der Sonne I, 18. 25 f.
Zahl der mit blossem Auge sichtbaren
F. I, 19. Verschiedene Grösse der
F. I, 25 f. Eigenbewegung der F. I,
27 ff. Bildung neuer F. I, 33 ff. Ver-
änderung ihrer Lichtstärke I, 54. 76.
Verschiedene Typen ihrer Spectra I,
57 f. Dunkle F. I, 76 £ BöthUche
F. I, 58. 288. Physische^ Zustände
auf den F. I, 288. F. für die Erde
kein wesentlicher Wärmequell II, 138.
Flachs n, 523. 562.
— neuseeländischer I, 527. 11, 539. 590.
Fläming n, 431.
Fhuningo U, 621.
FlammenerscheinuDgen bei vulcanischen
Ausbrüchen I, 221.
Flamsteed I, 167.
Flandern I, 379. II, 202.
Flattach n, 328.
Flavio Gioja 11, 455.
fechten II, 530 f. 549. 592.
Flensburg II, 96.
Hex, Oscar n, 271.
rUederbaum 11, 551.
jpliegenschnäpper II, 637.
Fliehkraft, Gesetz der Abnahme der F.
nach den Polen hin I, 150. 154 f.
Verhältniss der F. und Schwere am
Aequator I, 155.
Flinsberg ü, 306.
Flitzenbach II, 328.
Flögel, J. H. L. n, 478.
Floh II, 612.
Flora (Planetoid) I, 89.
Florenbezirke n, 544—591.
Florentiner Thermometer 11, 151.
Florenz II, 267.
Florida I, 361. 397. 443. II, 280. 571.
Strasse 11, 35. 36. 59. 98.
Strom n, 36. 48. 59—63. 73. 9S f.
103.
Flugbeutler n, 650.
Flughömchen U, 624. 626. 630. 634.
643.
Flussaal 11, 611.
Flusspferd II, 628. 635 f.
Flussschwein s. Capybara.
Fluth und Ebbe hemmen die ErdrotatioD
I, 50 £ F. u. E. im Erdinnem I, 267.
F. u. E. verrichten die Dienste eines
Schlämmwerkes I, 292, üben eine zer-
störende Wirkung aus I, 434 £, sel-
tener eine aufbauende Thätigkeit I,
435. 443, begünstigen die Dünen-
bildung I, 452. Entstehung der F. u.
E. n, 14 — 17. Ungleichheiten in der
Fluthentwicklung (besonders Taube-
ftuth und Springfluth) II, 17 ff. Art
der Wasserbewegung, durch welche
Fluth und Ebbe entstehen, II, 19 ff.
Verbreitung der Fluthwellen (Hafen-
zeit, Homopleroten) II, 21 ff. Höhe
der Fluth U, 26 ff. Cumulation zweier
Fluthwellen H, 29. Neutralisation
durch das Zusammentreffen Ton F. u.
£. n, 29 f. F. u. £• in Band- und
Binnenmeeren II, 30 ff. Ihre Wirkung
auf den Wasserstand von Brunnen
n, 293 £ Ihr Einfluss auf die Ent-
wicklung der Deltas II, 408—411.
FluthbeU eines Stromes H, 377.
Fluthen, Zerstörungen durch hohe
Sturmfl. I, 379.
Flyschformation I, 294. 330.
Focus einer Erderschütterung zu be»
stimmen I, 247. Tiefe desselben 1, 253.
Register.
689
Föhs n, 364.
Föhr n, 293.
Foeniculum 11, 585.
FolBom n, 301.
Fonck I, 357, Nota 3.
Fontana Fredda I, 554.
Foraminiferen I, 304. 326.
Forbes, David: Flammenerscheinungen
am Vesuv I, 221.
— Verquetschung von Fossilien bei der
Aufrichtung der Gebirge 1, 589 (Nota 1).
— über Gletscherbewegung n, 344. 348.
Forbes, Edward n, 103.
Forbiger I, 524 (Nota 2).
Forchhammer: seculäre Hebungen und
Senkungen auf Jütland I, 381.
— chemische Zusammensetzung des
Meerwassers I, 552. ü, 4 (Nota 1). 11
(Nota 1). 12, Nota 2.
Forel n, 320 (Nota 2).
Formationen, geolog., Namen der I, 294.
Material, Pflanzen^ u. Thierwelt, Ver-
breitung I, 302—338.
Formentera I, 160. 161.
Formica omnivora 11, 607.
Formosa I, 368. 492. ü, 76. 77.
Forshej H, 423.
Forster, Joh. Beinh.: emporsteigende
KoraÜeninseln I, 364 f.
— Ähnlichkeit der Umrisse Südameri-
ka's, Afrika*s und Au8tralien*s I, 397.
— Zuspitzung der Weltinseln nach Sü-
den r, 503.
— Thierleben auf den Südseeinseln I,
509.
— Vegetation der Osterinsel I, 513.
— Drehungsgesetz der Winde 11, 223.
Fort Brooke ü, 280.
— Cartin I, 377.
— Churchill II, 191.
— Confidence 11, 194.
— Garry n, 495. 497.
— Gibson U, 497.
— Keamy n, 496.
— Leavenworth II, 281.
— Monroe n, 280.
— Norman 11, 572.
— Reliance n, 197.
— Saint Ange 11, 106.
— San Michael (Territ Aljaska) I, 360.
Feschel-Leipol dt, PhjB. Erdkunde. II.
Fort Simpson I, 186.
— Smith n, 497.
— SnelHng U, 281.
— Socoa n, 106.
— Union (Neu-Mezico) 11, 497.
— William I, 370.
— Yuma n, 273.
Foss I, 458 (Nota 2).
Fossilien: Mittel zur Bestimmung des
Alters der Formationen I, 295.
Foster I, 156.
Fouqu^ I, 236.
Fourcroya longaeva II, 540.
Fox I, 196.
Fraas: häufige Erdbeben im Jordanthal
I, 264.
— Senkungserscheinungen im Nildelta
I, 372, Nota 3.
— Aufsteigen der Küste von Palästina
I, 373.
— die zerstörende Kraft der Sonnen-
wärme I, 428.
— Bitzung der Felswände durch die
von Winden fortgetriebenen Sand-
massen I, 451.
— über die Jordanthalspalte 11, 325 f.
— Spuren einer Eiszeit im Libanon n,
361, Nota 6.
— die Strombewegung des NiFs an
seiner Mündung II, 423.
Fractocumulus n, 253. 254.
Franken I, 308. 320. 321. 11, 334.
Frankfurt a. M. 11, 258.
— a. 0. n, 276.
Frankland I, 69.
Franklin, Benjamin 11, 60 f. 84. 97.
Frankreich (Geologisches) I, 146. 148 f.
151. 153. 160. 161. 171.266. 294. 300.
318. 315. 319. 324. 325. 327. 334. 348.
377. 422. 439.460. (Meteorologisches:)
n, 186. 201 f. 259. 275. 313. 317. 330.
(Biologisches:) 11, 523. 550. 551. 603 f.
609.
Franzenscanal n, 396.
Franz-Joseph-I^ord (Grönland) I, 480.
Franz-Joseph-Gletscher (Neuseeland) I,
472. n, 354. 366.
Franz-Josepb-Land H, 479.
FraserfluBS I, 360.
Fraunhofer'sche Linien I, 67.
44
690
Segbter.
Fraxtnus s. Esche.
Freedeo, W. ▼. 11, 69. 199.
Freetown II, 263.
Freiberg (Sachsen) I, 192.
Freiheit, menschliche, in {ihrem Yer-
hältniss zur kosmischen Ordnung I, 8.
Fi-ejus 1, 193.
Freshfield U, 361.
Frettchen II, 620.
Freundschaftsinselu I, 228. 365. 497.
498. 515.
Freycinet, Louis de I, 156.
Freytag H, 519 (Nota 1).
Friesland I, 378 ff. 456. 459.
Fringilla II, 637.
Frisches Haff I, 381. 443. 458.
Frische Nehrung I, 442 f. 457. 458.
Fritsch, Gustav II. 399.
Fritsch, K. ▼. II, 361.
Fritsch II, 259.
Fritz, H. I, 185, Nota 4.
Frondicularia I, 326.
Froschregen 11, 609.
Froschsaurier in der Kohle I, 314, in
der Dyas I, 317.
Fmhlingsmiere 11, 519.
Fruholm 11, 64.
Fuchs, C. VV. C. : Zahl der Vulcane I,
231.
— höchste Vulcane I, 240.
— Senkungen, hervorgerufen durch Erd-
beben I, 269 (Nota 2).
— keine Hebungen bei dem Erdbeben
von Chile im J. 1835 I, 271 (Nota 1).
Fuchs, antarctiacher U, 647.
— brasilianischer H, 642.
— dreifarbiger H, 626.
— gemeiner H, 606. 608. 615. 617. 620.
622.
— japanischer II, 624.
Fuchseichhom II, 626.
Fuciner See II, 326.
Fucoiden I, 304.
Fucus natans U, 63.
Fuglenaes I, 162.
Fttkian-Strasse II, 76.
Fumarolen I, 226. 228.
— des Tandurek I, 234.
Funchal I, 258.
Fundybay I, 391. II, 27 f. 409.
Furka I, 538.
Fuss n, 132.
Fusus I, 326.
Fu-tschen I, 368.
Ckibes^ Golf von (Kleine Syrte) I, 373.
375. n, 31.
GsßtSL I, 441.
Gaishomsee II, 328.
Galactodendron H, 57 S.
Galago n, 633. 639.
(val^pagos I, 231. 391. 494. 498. 510.
513. 514. 525. 530. H, 78. 590.
Galerites I, 326.
(MietiB n, 625 f. 641. 642. 647.
— barbara II, 625 f. 642.
— vittata n, 641. 647.
Galidia H, 639.
Gralidictis H, 639.
Galilei: über Sonnenflecken I, 60.
— Lichtbrucken zwischen Sonnenflecken
I, 63.
— Vermuthung über den „Abschen der
Natur vor dem I..eeren*^ II, lll«
— wahrscheinlich der Erfinder des Flo-
rentiner Thermometers U, 151, Nota 1.
GaUe I, 98.
Gallns ecaudatus H, 632.
Galmei Veilchen H, 518 £
Galway 1, 475. H, 277.
Gandecken H, 340.
Ganges H, 28. 401. 409. 410. 423 f. 433.
435.
Gangesdelta I, 369 f. 393. II, 426.
(rangesebene I, 406. H, 630.
Ganoiden, heteroceicale, im Devon I,
308, in der Kohle I, 314, in der Dyas
1, 317 ; ihr Aussterben im mesozoischen
Zeitalter I, 318.
Ganoiden, homocercale, ihr Aofbeten
im mesozoischen Zeitalter I, 318; ihr
Vorkonmien im Jura I, 322, in der
Kreide I, 327, im Tertifir I, 328.
Gans, wilde H, 623.
Gantotock H, 358.
Gardasee I, 483. 534. H, 212. 314. 316.
331. 359.
Gardner H, 440, Nota 2.
Ghuiep n, 566.
Garonne, untere, s. Gironde.
(^huronnebecken I, 327. 329. 334.
Gartenschläfer H, 620.
Begister.
691
Gamas n, 493. 582. 586.
Oascogne 11, 552.
Gascoigne, William I, 148, Nota 3.
Gasipur U, 423.
Gasp^-Halbinsel U, 444.
Gasquellen I, 225 ff. ü, 309—311.
Gastein 11, 294. 305. 884.
Gatterer I, 430.
Gauchos II, 516.
Gault I, 325.
Gaultheria odorata n, 601.
Gaur n, 631.
Gaurisankar I, 571.
Gauss: Hannoverische Gradmessung I,
162. 165.
— die Lage des südlichen Magnetpols
n, 458.
— magnetische Tafeln 11, 460.
— absolutes Mass fQr die örtliche Stärke
der magnetischen £rdkraft II, 461.
— Theorie des Erdmagnetismus 11, 465.
Gavialis gangeticus 11, 682.
— tenuirostris II, 632.
Gayal II, 631.
Gay-Lussac I, 221. U, 162.
Gaylussacia boxifolia II, 601.
Gazelle, gemeine II, 621.
Geanticlinalen (Dana) I, 556.
Gebirge: Ablenkung des Lothes durch
G. I, 173 ff. Zunahme der Erdwärme
nach unten in G. I, 188 ff. Heftige
Zerstörungen am Fusse der G. bei
Erdbeben I, 246. Alter der G. I,
297 f. G. nicht massgebend bei der
Gestaltung des Trockenen I, 401. 406.
Ihr Effect beim Aufbau der Continente
I, 403. 424 f. G. auf dem Boden der
See ein irriger Begriff I, 405 f. G.
eine Schutzwehr gegen das anstür-
mende Meer I, 441. Das Aufsteigen
der G. erfolgte an den Rändern der
Festlande I, 533 f. An den festlän-
dischen Abhang der G. lagern sich
vielfach Hochlande an I, 534. Paral-
lelismus der Gebirgsketten, keine
wahre Durchkreuzung derselben I,
536 f. Verschiedenartige Neigung der
Gehänge I, 537 f. Faltung der
Schichten I, 538 ff. (Fächerstructur
I, 540 ff., Überkippung I, 540. 542 f.,
Stauchung I, 543, Spaltenbildungen
und Verwerfungen I, 544). Der rai-
nenhafte Charakter der G. I, 546 f.
n, 381 f. Die gebirgserhebenden
Kräfte I, 549—560 (Krystallisation I,
549 ff., chemische Zersetzung I, 551 ff.,
Vulcanismus I, 554, Contraction der
Erde und seitlicher Druck I, 555 ff.).
Die Aufrichtung der G. ein ausser-
ordentlich langsam fortschreitender
Process I, 557 f. Kartographische
Darstellung der G. I, 561 ff. Ab-
nahme der Temperatur an den Ab-
hängen der G. 11, 167 — 173. Die
Entwicklung der Winde wird durch
G. gehemmt ü, 206 f. G. als Wolken-
verdichter n, 256 f. 272. 277 f. 282.
Entstehung der Gebirgsseen H, 326 —
329, ihre Zuschüttung I, 547 f. Erosion
in den G. II, 375—385. G. hin-
dern die Verbreitung des organischen
Lebens II, 453. 526 f. 599. 611 f.
Änderungen des Pflanzenlebens an
den Abhängen der G. H, 524—527.
G. dienen bisweilen als Brücke für
wandernde Thiere H, 608.
Gebirgsfeuchtigkeit II, 289.
Gebirgsseen, ihre Entstehung ü, 326—
329, ihre Zuschüttung I, 547 f.
Gefle I, 352. 383.
Gefrierpunkt des Salzwassers II, 89 ff.
— Erniedrigung desselben durch Druck
II, 349.
Geier II, 612 f. 618. 621.624. 627. 681.
650.
Geikie, Archibald U, 361 (Nota 2). 452.
GeiniU, £. I, 416.
— H. B. I, 340. 880.
Geissler'sche Rohren I, 128.
Gelbes Meer II, 11.
Gklderland I, 378.
Gellibrand n, 466.
Gemässigte Zonen H, 140 f.
Gremmi I, 543.
Gemse 11, 613. 618.
Genett-Katze 11, 620. 634.
Genf I, 175. 11, 120. 168. 171. 172 f.
359. 365. 418. 448. 501. 605.
Genfer See II, 320. 413, Nota 1. 441.
Genista tinctoria n, 519.
44*
692
Register.
Grensanne I^ 190.
Grentiana germanica II, 519.
— prostrata n, 600.
Genua 11, 202. 501.
Geoffiroj Saint-Hilaire I, 504, Nota 2.
n, 638.
Greoidy sein YerhSltniss zum reinen
Sphäroid I, 167.
Geologische Karten I, 298 ff.
Geonoma 11, 578. 579.
Georgien (Vereinigte Staaten) I, 362.
n, 280. 428.
Greorhychus 11, 635.
Greosanras I, 323.
Greosyndinalen (Dana) I, 556.
Gepaatschgletscher 11, 353.
Gepard II, 634.
Gera n, 334.
Gerstäcker II, 498.
Gerste n, 520 — 523 (Wäimeqaantum zur
Beife der G.). 572. 598. 657.
Grerstenberg, K. v. n, 335.
Gesellschaftsinseln I, 365. 497.
Gesser I, 268.
Gestalt der £rde I, 139 ff.
Gesteine, geschichtete (Sedimentär-) I,
290 f. Massen- (EniptiT-) G. I, 291 1
Zoogene nnd phytogene G. I, 291.
Verhalten der G. gegenüber den ein-
dringenden Meteorwassem 11, 288 f.
Cream n, 595.
Gewachse s. Pflanzen.
Gewitter, Begleiter yalcanischer Aus-
bräche I, 219.
Gewürznelkenbamn n, 534. 562.
Gex n, 357. 358.
Geysir, Grosser I, 226. II, 295—299.
305 f. 309.
Grezeiten s. Flnth and Ebbe.
Giacomo, Pietro, di Toledo I, 208.
Giant II, 802.
Giantess II, 302.
Gibbon n, 629.
Gibraltar I, 447. 11, 22. 193. 620.
— Strasse Ton I, 389. 11, 12. 104.
Giens, Halbinsel I, 446.
Giessen I, 257.
Gila n, 407. 412.
— Thal des n, 273. 516.
Gilbert, William II, 457.
Gilbert-Inseln I, 365.
Gill n, 449.
Gillenfeld I, 217.
Gilolo I, 369. 393 ff. 406.
Giraffe II, 612. 628. 636.
Girard n, 157. 401.
Girgenti I, 375.
Giromagnj I, 190.
Gironde I, 377. 11, 28. 409. 424.
Glacier da G^ant 11, 344. 346.
— da Talöfre 11, 343. 345.
Glagaschilf II, 562.
Glaisher: Ballon&hrten II, 163 ff. 250.
— secnlare Verändernng des Klimas
n, 200.
Glaras (Canton) U, 358.
Glasgow n, 208.
Glaubersalzwasser II, 306.
Glaakonitmergel I, 294.
Gleichgewicht zwischen den Massen des
Meeres and der Erdfesten I, 427 f.
GleichmSssiges Klima n, 189—192. 194,
besonders in den Aeqnatorialgegenden
n, 141 f.
Gleichnng, personliche I, 171.
Gleitungstheorie (Gletscher) 11, 348.
Gleiwitz I, 315.
Glenarm 11, 190.
Gletscher: erodirende Kraft der G. I,
473 ff. Gletscherfragmente, welche als
Eisberge im Oceane amherirren, n,
72. Weiteres Vordringen and Back-
zag gewisser G. II, 202. G. Teran-
lassen die Bildang Ton Eisseen n,
326 f. oder Ton Moränenseen H, 328.
G. bewahrten Thalmolden (spätere
Seebecken) Tor Zaschüttong I^ 328 f.
Aasgangsort der G. II, 336 £ G. sind
Eisstrome B, 337. Bänderstraetor des
Gletschereises n, 337 — 340. Ober-
fläche der G. H, 340. Moränen,
Gletschertische II, 340—342. Glet-
scherspalten n, 342 f. Grandmoräne
n, 343. Bewegang der G. II, 344—
348. Dilatations-ondGleitaagstheorie,
Plasticität des Gletschereises n, 348—
353. Die G. der Vorzeit H, 356—
368.
Gletscherschliffe I, 471. 475. H, 343.
357 ff.
Register.
693
Gletscherspalten : Querspalten 11, 342 f..
Längsspalten II, 343.
Gletschertische 11, 341.
Glimmerschiefer I, 302.
Glos, de n, 123.
Glossina morsitans II, 638.
Glossophaga n, 641.
Glathflüssigkeit Japiter's I, 93 f., Sa-
tum's I, 96, des Uranus I, 97; ehe-
malige G. des ganzen Erdballs I,
279 ff. ; jetzige G. des Erdinnern . I,
283 ff.
Gmelin I, 185. 367. 11, 182. 197.
Gneiss, Entstehung I, 302 ff. Volumen-
zunähme des G. durch chemische Zer-
setzung I, 551 f.
Gneissfächer in den Alpen I, 540. 542.
Gnu n, 636.
Goa I, 370.
Gobi n, 454. 515. 516 f. 622.
Gobius fluviatiUs BoneiU II, 316.
Godin I, 152. 161. II, 123.
Gömüschtepe 11, 408.
Göppert, H. R. I, 340.
Görghen 11, 408.
Goethe I, 542.
Götheborg I, 383. 11, 175.
Göttingen I, 162. 250. 324. U, 193. 471.
475. 476.
Gogra I, 369.
Gold, besonders in den Meridiangebirgen
I, 10, in der archäischen Formations-
gruppe I, 801 f., im Seifengebirge
I, 802. 335.
Goldmaulwurf II, 633.
Goldschmidt I, 88.
Goldwäscherei in Australien I, 438.
Golfo de las damas II, 216.
Golfstrom: grosser Salzgehalt seines
Wassers II, 7 f. Hohe Temperaturen
des G. n, 35. Genauere Feststellung
des Begriffes G. 11, 59 f. Bedeutung
des G. für Europa 11, 63. Mächtig-
keit seiner Strömung 11, 63 ff. Sein
weites Vordringen nach Norden 11,
65 ff.; wimpelartige Bewegung des
G. innerhalb der jährlichen Periode
n, 69 f. Vergleich mit dem Kuro
Siwo n, 77. Vorherrschende Süd-
westwinde im Gebiete des G. 11,
99. Einfluss des G. auf den Gkmg
der Isothermen 11, 177. Transport
der Pflanzen durch den G. II, 67 f.
593.
Golfstrom-Inseln I, 367.
Golling n, 384.
Gbmara II, 658.
Gomera II, 596.
Gomphocarpus fruticosus 11, 596.
Gomphoceras I, 306.
Goniatites I, 307. 314.
Goodrich n, 217.
Gk)rdon I, 234.
Gor^e n, 123.
Gorilla II, 633.
Gorner-Gletscher II, 341. 353.
Gotha I, 324.
Gottland (Insel) I, 306.
Gough I, 499.
Gould I, 361.
Gourliea II, 585. 586.
G^umier 11, 402.
Grad, Charles II, 328.
Gradmessungen: I, 143 ff. Breitengrad-
messungen: älteste G. in Aegypten
' I, 143 ff., G. des Fernelius I, 146,
des Snellius I, 146 ff., französische
G. I, 148 f. 151. 160. 161, lapplän-
dische G. I, 152, peruanische G. I,
152 f. 161, erste und zweite ostindische
G. I, 161 f. 176, englische G. I, 162.
173, hannoverische G. I, 162. 173,
dänische G. I, 162, preussische G. I,
162. 173, russische G. I, 162. 173,
schwedische G. I, 162, capländische
G. I, 162. Längengradmessungen I,
167 ff.
Gräffe, Eduard I, 498, Nota 2. 11, 500,
Nota 2.
Gräger II, 207 f.
Gräser (besonders mit Rücksicht auf
ihren Nahrungswerth) 11, 530, Nota 1.
538 f. 549. 552. 554 f. 556. 562. 563 f.
566. 567 f. 569. 572. 574. 581 f. 583.
585. 587.
Graham, G. II, 459. 471.
Graham, Mrs. I, 270.
Gramineae s. Gräser.
Granmia-Gras 11, 574.
Granatbaum II, 553. 558. 603.
694
Register.
Granatstern I, 288.
Gran Chaco n, 581.
Grandgejsir n, 302.
Granit: Geschwindigkeit der Erdbeben-
welle innerhalb G. I, 245. Contraction
des G. in Folge Abkühlong I, 289,
Nota 1. Enutehung des G. I, 290 f.
292. Verhalten seiner Gemengtheile,
wenn sie krystalliniseh werden, I, 551.
Yolumenzunahme durch chemische
Zersetzung I, 551 f. G. wird Yom
Wasser durchdrungen II, 288.
Grant II, 913.
Graphitflötze I, 339. 344.
Graptolithen I, 296. 306.
Grasbaume II, 569.
Grashuhn s. Crypturus.
Grasnelke 11, 518.
Graubünden 11, 358. 359.
Grayeneire I, 242.
Gravitation, G^eseti der I, 176.
Gravitationstheorie (zur Erklärung der
meridionalen Meeresströmungen) II,
91.
Gray n, 258.
Gray, Asa 11, 547. 651.
Green-Mountains I, 557 £
Greenwich II, 200. 209.
Greifstachler s. Cercolabes.
Greinerwald n, 445.
Grenelle I, 196. 198.
Griechenland I, 172. 259. 491. 11, 554.
620. 634.
GrieselbSr s. Ursus ferox.
Griffithides I, 314.
Grindelwald I, 542.
Grindelwald-Gletscher n, 202. 353.
Grinnell-Land I, 363.
Grisebach, A.: die Vegetation von Neu-
Amsterdam I, 515.
— die Flora des indischen Archipels I,
521.
— Vegetationskarte II, 497. 548.
— über das immergrüne Laub der
Mittehneerflora II, 502.
— zur Physiognomik der Gtewichse II,
530.
— die Vegetationsgebiete der Erde n,
548 ff.
^- aber das Vorkommen Ton Juniperus
foetidissima auf dem Kjurdagh H,
600 (Note 1).
Grisebach, A.: über die Flora der
Magalhftes-Länder II, 600.
— über die Verbreitung der Ceder U^
601 (Nota 3).
Grison 11, 641. 647.
Grodener Thal I, 524.
Grönland (Geologisches:) I, 108 f. 156.
186. 326. 334. 354. 362 f. 385. 388.
461. 462. 463. 464. 466. 471. 478. 480.
551.XMeteorologische8:)II, 24, Nota K
68. 69, Nota 1. 72. 73. 197. 198. 212.
273. 283. 316. 354. 355. 384. (Bio-
logisches:) n, 547. 548 f. 594. 5D7.
603. 608.
Gronlandsee I, 419. II, 103. (^biet der
G.-S. n, 199.
Grösse der Sonne I, 78, Mercur's I, 79,
der Venus I, 83, des Mars I, 86, der
Planetoiden I, 88, Jupitei's I, 89,
Satum's 1, 95, des Uranus I, 96, Nep-
tun's I, 98, des Mondes I, 98, der
Erde I, 143 ff.
Grossbritannien (Geologisches:) I, 162.
165. 258. 260. 265. 300. 308. 313. 315.
316. 317. 319. 320. 321. 324. 325. 327.
334. 347. 348. 349 £ 378. 383 £ 423.
438. 439 £ 487 ff. 517 £ 523. 530.
531. 536. (Meteorologisches:) H, 24 ff.
190. 202. 207 £ 227. 259. 275. 277.
278. 287 £ 334. 356. 361. 365. (Bio-
logisches:) II, 501. 507. 523. 551. 598.
609. 613. 617. 656. 657.
Grosser BSren-See II, 413.
Grosse chinesische Mauer II, 515.
Grosser Gcean (Stiller Gcean, Südsee)
, I, 159. 363. 386. 400. 403. 413—418.
420. 430. 496 ff. n, 8 £ 10 £ 22. 24.
26. 37. 51 ff. 75—78. 90 £ 100 £ 106.
Gebiet des G. 0. II, 177. 186 ff. 212.
219 £ 260. 261. 265. 268. 269 £
Grosser Salzsee II, 334. 399.
— SklaTensee II, 413.
GroTc's Apparat I, 40.
(^ben : Temperatur der Gnibenluft, des
Grubenwassers und Grubengesteins
I, 190 ff. ~ Die tiefsten G. I, 192 f.
Grüner II, 348.
, Grundwasser II, 2b9.
Register.
695
Gnuien IE, 276.
Gras pavonia II, 621.
— virgo n, 621.
Gryphaea I, 322. 326.
Gna^u-Wald II, 579 f.
Guadalimar n, 869.
Guadalquivir II, 369.
Goadarmeno II, 369.
Guadeloupe I, 226. 447. II, 195.
Gnadiana menor II, 369.
Guadua II, 538.
Gni^ira I, 397.
Guanako 11, 644. 648.
Guayabaum I, 528.
Guayana I, 359. 11, 219. 261. 418 f. 420.
577. 578. 641. 64Z 645.
— Hochland von I, 390. n, 433.
Guayaquil I, 184.
Guazuj n, 648.
Gudbrandadalen 11, 451.
Gudumholm I, 381.
Gümbel I, 304. n, 329 (Nota 2). 360.
Gürtelthier II, 627. 644. 648.
Gufferlinien H, 340.
Guiena n, 369, Nota 1.
Guilandina Bonduc II, 68.
Guilding II, 608. 656 (Nota 3).
Guinea II, 263. 565.
Guinea, Busen von 11, 34. 57.
Guinea-Inseln I, 494. 499.
Gkdnea- Strömung 11, 8. 56. 57 f. 87.
89 f.
Guiot von Provins II, 455.
Gulo borealis s. Vielfrass.
— luscus n, 615. 625.
Gundelsheimer 11, 524.
Gunter 11, 466.
Gunung-Bromo I, 216.
Guntur I, 226. 241. 242.
— -Lamongang I, 217.
— -Merapi I, 225.
— -Pdpandajan I, 242.
— -Sögoro-wedi I, 216.
— -Sumbing I, 208.
— -Tgmboro I, 242.
— -Tgngger I, 216.
Gurglergletscher II, 345.
— Eissee des II, 327, Nota 1.
Gurit I, 477.
Guthe, Herrn. : Landverlust durch Sturm-
fluthen an dem Südufer der Nordsee
I, 879.
Guthe, .Herrn. : das Wandern der Dünen
auf den friesischen Inseln I, 456.
— Pflanzen zur Befestigung der Dünen
I, 459. 460 (Nota 1).
— Beichthum der Insel Borkum an
endemischen Gewächsen 1, 518, Nota 2.
Oymnotus II, 646«
Gymnura U, 629.
Gypogeranus H, 637.
Gyrenbad II, 357.
Gyronde II, 371.
Haakedom H, 566.
Haar-Gebirge II, 308.
Haarhygrometer II, 243.
Haarlem U, 183, Nota 1.
Haast I, 522. 527. H, 354. 367.
Habrocebus n, 639.
Habrocoma II, 647 f.
Hackenthier H, 651.
Hadley, George H, 216.
Hällström I, 382.
Haematozyion II, 577.
Härtegrad des Wassers H, 305.
Hafenzeit H, 21 f. 26.
Hahn, F. G. 1, 357, Nota 2. 1, 366 (Nota 2).
Haide H, 513, Nota 1.
Haidekräuter s. Ericeen.
Haie, Auftreten der echten H. im meso-
zoischen Zeitalter I, 318.
Hainbuche II, 551.
Haiti I, 360. 523. H, 534. 546. 577. 641.
Hakodadi H, 270.
Halbaffen H, 629. 633. 639.
Halbinseln, ihre Richtungen I, 396 f.
Haleb I, 268.
Halico*re II, 637. 650.
— cetacea II, 637.
Halifax U, 69. 175 f.
Hall (Astronom) I, 88.
Hall (Geolog) I, 208. 556.
Hall (in Tirol) II, 307. 334.
Halle a S. I, 250. H, 249. 306. 334. 522.
Hallein H, 334.
Halley : Nachweis einer Eigenbewegung
der Fixsterne I, 27.
— die Nebelflecke bestehen zum Theil
aus leuchtendem Dunst I, 30.
696
Register.
Hallej: liefert die erste Barometer-
formel für Hohenberechimngen II,
114.
— Windwechsel die Haaptnrsache der
nichtperiodischen Schwankuiigen des
Barometerstandes II, 128 f.
— mmmt gleicben mittleren Baro-
meterstand för alle Orte der Erde an
II, 130.
— aber den Siedepunkt des Thermo-
meters n, 152.
— über die ostlicbe Ablenkung des
Passats n, 216.
— erster Entwurf einer Declinations-
karte (Erdmagnetismus) II, 461.
— über die seculäre Variation des Erd-
magnetismus n, 469 f.
— Beziehungen zwischen Nordlicht und
Erdmagnetismus II, 476.
Halley's Comet I, 122. 124. 128.
Halophyten II, 518. 555. 562. 569. 573.
585.
Halozjlon Ammodendron II, 556.
Habband-Nabelschwein s. Dicotyles tor-
quatus.
Halysites I, 306.
Hamburg 11, 22. 199. 276. 425.
Hamites I, 326.
Hammada n, 563.
Hammam - Meskhutin , Quellen von Ü,
294.
Hammerfest I, 156. 383. II, 69.
Hamster H, 617. 619. 621. 626. 628.
635.
Hamster, gemeiner ü, 617. 619.
Handeck H, 384.
Hanf n, 523. 597.
Hangö-Udd I, 382. •
Hang-tscheu n, 2S.
Hankel I, 134.
Hann, J. : über das Verschwinden aller
Temperaturschwankungen nach oben
n, 171 f.
— Temperaturen in höheren Breiten der
südlichen Hemisphäre Ü, 183 f.
— die Winde in den mittleren Breiten
der nördlichen Hemisphäre 11, 233—236.
Hannover (Prov.) I, 162. 165. 294.
Hannover (Stadt) I, 327. H, 334.
Hansen I, 100. 170.
Hansteen : russisch-skandinavische Grad-
messung I, 162.
— Meereshöhe von Irkutsk H, 132.
— über den Erdmagnetismus H, 460.
468. 470.
Hapale II, 641.
Hapalotis H, 650.
Haparanda I, 382.
Harafura-See I, 489.
Harpyia destructor II, 645.
Hartbum I, 440.
Harte, W. I, 378.
Hartlej H, 402.
Haztmann, Georg H, 457.
Hartmaun, R.: Wirkungen der Sand-
stürme in der Wüste I, 449, Nota 1.
— Ritzung der Felswände durch die
vom Winde bewegten Sandmassen L
452.
— Wasserführung des Nil H, 401
(Nota 1).
— Steppen am oberen Nil n, 499.
Harton (Kohlengrube bei Newcastle) I,
179.
Härtung I, 203.
Harz I, 298. 308. 316. 317. 320. 327. 533
H, 277. 278. 365.
Haschisch H, 523.
Hase n, 615. 616. 617. 619. 621. 622.
^24. 627. 631. 63». 642. 643. 648.
— gemeiner H, 617. 619. 621.
— japanischer H, 624.
' — veränderlicher H, 615. 617. 622.
' Haselhuhn H, 623.
Haselmaus H, 620.
Haubenadler n, 645.
\ Hauer, v. II, 307.
Haufenwolke II, 252. 253. 254.
Haughton I, 179.
Hausen H, 611.
Haushofer, K. I, 546 (Xota 1).
Hausmaus (Mus musculus) H, 610. 617.
624. 626. 635. 643.
Hausratte (Mus rattus) H, 610. 617. 626.
635. 643. 657 f.
Haussperling H, 656 f.
Hayden, F. V. H, 301 ff.
. Hayes : seculäre Hebung an der West-
l küste des nordlichen Grönland I,
! 363.
Register.
697
Hayes: niedrige Temperaturen im Smith-
sunde n, 197.
— der YerdanstongsproceBB Tollzieht
sich auch bei starker Kälte 11, 240.
Hayes, des n, 123.
Heau (Insel) I, 525.
Heberden n, 258.
Hebriden I, 439. 479.
Hebung, seculare, des Bodens I, 293.
352 £P. 385 ff.
Hedenström I, 367. ü, 66.
Heer, Oswald: Bildung der Kohlenlager
I, 311.
— Klima in der Kreidezeit I, 826.
— Verwandtschaft jungtertiärer Ge-
wächse mit solchen der Gregenwart I,
332.
— diluviale Pflanzen I, 335 f.
— über Torfbildung I, 342.
— die Vegetation von Madeira I, 516.
n, 501.
— die oberrheinische Tiefebene zur
Jurazeit I, 533.
— über die Seekreide n, 324.
— über die Moränen des Aargletschers
n, 341 (NoU 1).
— Annahme zweier Eiszeiten II, 356
(Nota 1).
— über die Eiszeit in der Schweiz II,
357 ff,
— die Ursache der Eiszeit II, 363.
— über die Temperaturen zur Eiszeit
n, 365 f.
— das Jurameer nördlich der Alpen II,
445 (Nota 2).
Heidelberg ü, 536.
Heidler I, 227.
Heim I, 559, Nota 1. H, 384 (Nota 2).
Heis I, in. 115.
Heisse Quellen 11, 294 ff.
Hekla I, 214.
Heia (Halbinsel) I, 454. H, 293.
Heladotherium I, 333.
Helgoland I, 143. 380. 524. ü, 22. 424.
Heliconia H, 524, Nota 2. 576. 578. 579.
581.
Helictis H, 629. 630.
Hell, Pater I, 352.
Heiland: lässt die Fjorde durch Glet-
scher ausfurchen I, 472. 478.
Heiland : Erklärung der seichten Schwel-
len am Eingang der Fjorde I, 481.
Helleborus foetidus H, 519.
Hellmann U, 258.
Hellwald, Friedr. v. I, 378, Nota 2.
Helmersen, Gregor v. H, 362, 495.
Helmholtz, H.: die Verwandlung der
Kräfte I, 41 (Nota 1). 42 (Nota 2).
— das WelUU etwas Vergängliches I,
45 ff.
— Ursprung der Sonnenwärme zurück-
geführt auf die Verdichtung des
Sonnenkörpers I, 46.
— Experimente zur Erläuterung des
Gletscherphänomens H, 350 ff.
Heknkuckuck 11, 637.
Helsingborg I, 388.
Helsingör H, 31.
Helveto-germanisches Meer (Jurazeit) I,
301.
Hemlocktanne H, 523.
Henwood I, 196.
Herbstregen in Westeuropa vorwaltend
n, 274 f.
Herculanum I, 223. 229.
Hercules, a (Fixstern) I, 58.
Heritiera litoralis I, 370.
Hermelin (Mustela erminea) H, 615. 625.
Herodot: Schicksal der von Kambyses
nach der Oase des Jupiter Ammon
gesandten Expedition I, 448.
— über die Nilmündung H, 406.
— Südrussland eine Steppe II, 490 f.
Herpestes (Manguste) H, 620. 628. 630.
634. 639.
— Ichneumon H, 620. 634.
— nimiidicus H, 620.
— Widdringtonii II, 620.
Herrmann H, 154.
Herrnhut (Grönland) I, 114.
Herschel, Sir Alexander I, 113.
Herschel, Miss Caroline I, 34.
Herschel , Sir John : identificirt Nebel-
fiecke und Sternenhaufen I, 20.
— scharfe Begrenzung der Milchstrasse
I, 22.
— die Milchstrasse ein Ring von Sternen-
schwärmen I, 22 f.
— Nebelflecke vorzugsweise in stemen-
öden Räumen I, 34.
698
Register.
Herachel, Sir John: die Umgebung der
Magalhftes'schen Wolken I, 35.
— Annahme einer phinetariBchen Hülle
um die Sonne I, 65.
— Zonen der Sonnenfiecken I, 73.
— Jupiter stört bisweilen die Cometen-
bahnen I, 125.
— der Mond ein Zeiger am ZifiPerblatt
des Himmels I, 170.
— Möglichkeit einer Abplattung der
£rde durch Meereserosion I, 281.
— Druck im Erdinnem nicht vermin-
dert durch die bruckenbogenartige
Wölbung der Erdkruste I, 285.
— planetarische Nebel I, 288.
— seculäres Aufsteigen von Morea 1, 374.
— Wirkungen der Windwellen in der
Tiefe I, 436.
— über die Entstehung der Continente
und Gebirge I, 554 f.
— der Silbergehalt der Oceane H, 5
(Nota 1).
— die Fluth in der Fundy-Bay H, 28.
— Anhänger der Lehre von den Drift-
Strömungen H, 84.
— Temperaturdifferenzen genügen nicht,
die meridionalen Meeresströmungen
zu erklären H, 95. '
— über die Entstehung des Florida- ,
Stromes H, 98.
— über die Wasserführung des Ganges |
n, 401 (Nota 8).
— über den Einfluss von Fluth und ,
Ebbe auf die Deltabildung H, 40S f. ;
Herschel, Sir William : Zahl der in der
Milchstrasse sichtbaren Sterne I, 18 f.
— Bau der Milchstrasse I, 19.
— dunkle Oeffnungen in der Milch-
strasse I, 19.
— Bewegungen eines Doppelnebels in
den Zwillingen I, 32.
— Nebelflecke vorzugsweise in stemen- '
öden Bäumen I, 33 ff. j
— Beobachtung des grossen Sonnen-
fleckens von 1779 I, 64 ff.
— Bewohnbarkeit der Sonne I, 79.
— Saturn vierschultrig I, 96.
— Entdeckung des Uranus I, 96. |
— Farbe des Cometen von 1811 I, 128. 1
— Granatstern (Cepheus, Nr. 7582)1, 288. .
Hervey-Inseln I, 479.
Herzogenrath, Erdbeben von I, 250. 253.
254. 256. 257. 263.
Hesperomys H, 643. 648.
Hessen I, 293. 320.
Heterocephalus H, 635.
Heuschrecke H, 596. 607. 632. 638. 646.
Hevelius, Johann I, 123, Nota 1.
Hezenbrunnen H, 290 f.
Hibbert I, 441.
Hiera (äoL Ins.) I, 203.
Hildburghausen I, 319.
Hill, Walter H, 528.
Himalaya (Geologisches:) I, 81. 176.
306. 328. 406. 533. 534. 535. 569.
(Meteorologisches:) H, 157. 169. 271.
272. 283. 284 f. 354. 382. 401 f. 433.
(Biologisches:) H, 525 f. 561. 600. 601.
602. 611. 622 f. 634.
Hind, Henry Yule: über die Thierwelt
von Anticosti I, 600.
— Belictenfauna im Michigan -See H^
319 (NoU 4).
— die landschaftliche Bedeutung der
Flechten in Labrador H, 530 f.
Hindemisse für die Verbreitung der
Pflanzen H, 599, der Thiere H, 610 —
613.
Hinds n, 547.
Hindukusch I, 537. H, 634.
Hintereisfemer H, 353.
Hinterindien H, 269. 270. 558 ff. 629~
632. 655.
Hieb I, 542 f.
Hipparch I^ 286. 287. H, 144.
Hipparion I, 333.
Hippokrates H, 490, NoU 1.
Hippophae rhamnoides I, 459.
Hippopotamus I, 336.
— amphibius H, 635 f.
Hippuriten I, 296. 326.
Hippuritenkalk I, 246. 326.
Hira H, 406.
Hirsch s. Cervus.
Hirse H, 562. 598.
Hirtenvogel H, 649.
Hirundo H, 637.
Hoang-ho H, 410. 424.
Hobarton H, 194. 45& 474.
Hobson-Bay I, 366.
Register.
699
Hochland (Insel im Finnischen Meer-
busen) I, 162.
Hochschwab-Gruppe I, 568.
Hochstettte , Ferd. y. : Lehre von der
Aufschüttung der Vulcane I, 203.
— keine Erhebungskrater auf Neusee-
land I, 204.
— innere Structur der Vulcane auf dem
Isthmus von Auckland I, 209 ff.
— EoBOon Canadense im Böhmer Wald
I, S04.
— seculäre Hebungen und Senkungen
auf Neuseeland I, 366.
— Berechnung von Tiefen des Stillen
Oceans auf Grund der Wellenge-
schwindigkeit I, 415, Nota 1.
— fing den Distelfalter in allen fünf
Erdtheilen I, 510. H, 656.
— über die Thier- und Pflanzenwelt
Neuseeland's I, 522.
— Eintheilung der Quellen U, 290
(Nota 1).
— über das neuseeländische Geysir-
gebiet n, 299—301.
— über die Schlammvulcane auf Neu-
seeland U, 311 (NoU3).
— die Biesenkessel bei GoUing H, 384
(Nota 4).
— tropische Farne in der Nähe heisser
Quellen der gemässigten Zone U, 592.
Hochufer H, 377.
Hochwasser, Stromspiegel bei n, 373.
Flussbett bei H. H, 377. Mächtige
Kraftentfaltung der Flüsse bei H. II,
379 ff. 390. Die Grösse der Schwel-
lung im Vergleich zum Niederwasser
n, 400 ff.
Höhe, mittlere, der Continente I, 421 ff.,
H. der Atmosphäre H, 108—110.
Höhenklima H, 170 f.
Höhenmessung, barometrische H, 111 ff.
Höhenschichtenkarten I, 563 ff.
Höhlenbär I, 336.
Höhleneule H, 649.
Höhlenhyäne I, 336.
Höhlenlöwe I, 336.
Hoff, K. E. A. T.: Hebung der schwe-
dischen Küsten I, 353.
— Spuren seculärer Hebung auf Tahiti
I, 365.
Hoff, K. £. A. V.: über die Inseln am
Ostrande Asien's I, 493.
— die ehemalige Etschmündung H,
406.
Hoffmann, Fr.: Maare im Albaner-Ge-
birge I, 217.
— ursächlicher Zusammenhang zwischen
Erdbeben und Vulcanismus I, 260.
— Hebungserscheinungen an der Nord-
küste von Sicilien I, 374 f.
Hoffmann, Gustav I, 123, Nota 1.
Hoffnungsthal (Labrador) I, 186.
Hofgeismar H, 306.
Hofmann H, 132.
Hogard H, 361 (Nota 3).
Hohentwiel H, 357.
Hoher Miesing II, 118.
Hohe Tauern II, 353. 450.
Hokitika H, 194. 282. 367.
Holaster I, 326.
Holland (Geologisches:) I, 147 f. 266.
327. 334. 378. 423. 452. 457. 458. 460.
(Meteorologisches:) H, 212. 227. 275.
365. (Biologisches:) ü, 551.
Hollunder ü, 595.
Holochilus II, 643. 648.
Holoptychius I, 308.
Holstein I, 320. 381.
Holzfaser, chemische Zusammensetzung
der I, 342.
Holztafeln (an tropischen Bäumen) H,
560.
Homann, Bapt. I, 561.
Homologien, geographische I, 393—404.
Sie lehren, dass die Umrisse des
festen Landes unabhängig sind von
seiner senkrechten Gliederung I, 401.
Homopleroten H, 22.
Homoseisten I, 250.
Hong-kong U, 142.
Honigkuckuck 11, 637.
Hooker, J. D.: Temperaturverhältnisse
in bedeutender Meereshöhe I, 81. H,
157.
— Tasmanien's Pflanzenwelt ist yöllig
australisch I, 490.
— die Caplande der Ueberrest eines
ehemaligen Festlandes I, 505.
— über die Vegetation der Kerguelen-
Insel I, 513.
700
Begirtar.
Hooker, J. D.: fiber die Flora von
TriBtan da Canha I, 515.
— über die Flora tod St Helena I, 526.
— Fiinfnbmng des Namens Begelation
n, 350.
— Spuren einer Eiszeit im Libanon und
Atlas n, 361 £
— Tropische Farne in der NShe heisser
Quellen der gemässigten Zone H, 592.
— die meisten Inselpflanzen sind Legu-
minosen H, 594.
— Abkunft grönländischer Gkwäelise
n, 594.
— die weite Verbreitung alpiner Ge-
wächse n, 601. 602 (Nota 1).
Hopkins: Zeitbestimmungen zur Er-
mittlung des Obeiflächenmittelpunktes
eines Erdbebens I, 250.
— Mächtigkeit der starren Erdkruste
I, 285 ff. 555.
— Annahme gluthflussiger Massen in
grossen Blasenränmen des Erdinnem
I, 287.
Hordeaceen n, 538.
Horizont, Depression des H. I, 141.
Horizont, künstlicher I, 245.
Homer H, 123.
Homsea I, 440.
Horrebow I, 83.
Howard H, 252.
Howerfordwest H, 277.
Huapi I, 357.
Huaraz H, 449.
Hnch n, 611.
Hudson (Fiuss) H, 425. 451.
Hudsonsbay I, 186. II, 191.
Hudsonsbay-Gebiete H, 191. 440. 441.
495 f. 530 f. 548 f. 570 ff. 615 f.
Hüpf maus U, 626.
Haggins: Eigenbewegung der Fixsterne
I, 27.
— entdeckt die gasförmige Natur eines
Nebelflecks im Drachen I, 31.
~ UntersuchuDgen über die Natur der
Nebelflecke I, 32.
— ^Marsspectrum I, 87.
— Spectra verschiedener Cometen I,
127 l
Hugi n, 344. 345.
HugU n, 28. 410.
Humboldt, A. t.: Kosmos I, 6.
— Zahl der mit blossem Auge am Hün-
mel sichtbaren Sterne I, 19.
— Yorstellungen der Incas von der
Sonne I, 59. 60 (Nota 1. 2).
— dunkle Fixsterne I, 76 f.
— Stemschnnppenfall am 11./12. No-
yember 1799 in Cnmanä I, 114.
— die in den letzten Jahrhunderten
sichtbaren Cometen I, 120 (Nota 1).
— das Pendel ein geognostisches Senk-
blei I, 158.
— „thermometrische Sonden" I, 184.
— Vertreter der Bnch*schen Theorie
über die Entstehung der Ynleane I,
203.
— Bilder tou amerikamschen Yuleanen
I, 207 f.
— die Laven des Jorullo I, 224.
— Zahl der Vulcane I, 291.
— Yulcane im Thian-Schan I, 233 £
— Beziehungen des Yulcanismns zum
Meere I, 235.
— die südamerikanischen Yulcane ent-
behren der Sal zsanreaushauchnngen
I, 236.
— reihenformige Anordnung der Yul-
cane I, 236 £ 493 £
— „Brücken*' bei Erderschütterongen
in Südamerika I, 256.
— Yulcane „Sicherheitsventile*' der Erde
I, 259.
— planetarische Nebel I, 2S8.
— über Celebes und Gilolo I, 394.
— der sjrmmetrische Bau der peruani-
schen Anden I, 396.
— die morphologische Aehnlichkeit von
Südamerika, Afrika und Australien
ein Geheimniss I, 398.
— die Continente sind älter als die Ge-
birge auf ihnen I, 402.
— die Massen der Continente sind viel
grösser als die der Grebirge I, 403.
— über Seegebirge I, 406.
— über die mittlere Höhe der Conti*
nente I, 421 £
— Effect der Pyrenäen und Alpen beim
Aufbau £uropa*s I, 424.
— Ceylon und Madagaskar besitzen
einen continentalen Charakter I, 503.
Register.
701
Humboldt, A. ▼. : über die Kreuzung von
Gebirgsketten in Centralasien I, 537.
— Querprofile von Spanien und Mexico
I, 567 f.
— Silberausfuhr aus Amerika nach Eu-
ropa n, 5.
— die tägliche Amplitude des Ober-
flächenwassers des Meeres II, 33.
— über die kalten Grundwasser der
Oceane II, 46 f.
— über den Namen „Humboldts - Strö«
mung** n, 78, Nota 1.
— der Passat als Urheber der Aequa-
torialströme der Oceane U, 84 ff.
— Differenz in der Spiegelhöhe des
Rothen und Mittelländischen Meeres
n, 106.
— die Grösse des Luftdruckes ist nicht
überall in gleicher Meereshöhe die-
selbe n, ISO.
— Bodentemperaturen in den LIanos n,
157.
— Abnahme der Lufttemperatur nach
oben auf dem Hochlande von Mexico
n, 168 f.
— Erfinder der Isothermen U, 173 £
— die Isothermen an den beiden at-
lantischen Ufern H, 175 f.
— Nachweis eines aufsteigenden Luft-
stromes im Calmengürtel n, 216.
— Regenzeit in den LIanos 11, 260.
— über dieHöhe der Schneegrenze II, 283.
— heisse Quellen in Venezuela und
Mexico n, 294.
— über die Schlammvulcane Südameri-
ka's U, 311 (Nota 4).
— oceanische Fauna des Kaspischen
Meeres II, 321.
— Seehunde am Aral-See H, 322.
— über die Rosenkranzseen der west-
asiatischen Steppen H, 323.
— über das Nildelta n, 406.
— Häufigkeit der Deltas in Binnenseen
H, 407.
— die Fluthwelle an der Mündung des
Orinoco n, 410.
— Abnahme der magnetischen Intensi-
tät nach dem Aequator H, 460.
— über die täglichen Variationen der
Magnetnadel H, 471.
Humboldt, A. ▼.: magnetische Gewitter
n, 475. 477.
— über das Nordlicht H, 477.
— Cumulusbildungen als Begleiter des
Nordlichtes H, 483 (Nota 2).
— über Wüstenbildung H, 490.
— über das Pflanzenleben Europa's ü^
500 f.
— über den See von Valencia II, 506.
— die Vorzüge der mathematischen Lage
Europa's H, 514. 515 (Nota 1).
— das Klima Nordfrankreich's in seinem
Verhältniss zur Weincultur TL, 522.
— die organischen Stockwerke an den
Abhängen der Anden U, 524 und in
Mexico n, 525.
— Physiognomik der Grewächse U, 529.
— hohe Weiden am Magdalenenstrome
n, 535.
— über die Verbreitung der Rosaceen^
des Genus Pinus n. a. Pflanzen H,
546 (Nota 1. 2. 4. 5).
— die alpine Vegetation auf der Silla
▼on Car^uias ü, 601.
Humboldt, Wilhelm y. I, 523.
Humboldts - Strömung s. Peruanischer
Strom.
Humphreys I, 361. H, 392 (Nota 1).
420. 423 (Nota 4).
Hund s. Canis.
— wilder japanischer H, 624.
Hundsgrotte bei Neapel I, 227.
Hunsrück I, 315. 317. H, 448 f.
HuntsYille H, 497.
Huronische Schieferformation I, 292.
302 ff. 427 f.
Huron-See n, 319.
Hurricanes H, 264.
Husum I, 380. H, 277.
Huszth n, 396.
Hutton I, 174. 176. 555. H, 245.
Huyghens I, 150 f.
Hverjar H, 295.
Hyaena I, 336. II, 620. 628. 630. 634. 641.
— brunnea IL, 634.
— crocuta II, 620. 634.
— spelaea I, 336.
— striato (gestreifte Hyäne) IL fiSO^ 630.
634.
Hyde I, 440.
702
Register.
Hjdra-Apparat 1, 409.
Hydra Heveüi I, 30. 289.
fiydrobia stagoalis II, 321.
Hjdrochoenu capjbara II, 612. 64S.
Hydroide II, 607.
Hydromye II, 650.
Hyeren I, 446.
Hygiea (Planetoid) I, 89.
Hyginas (Mondkrater) I, lul.
Hygrometer H, 243 ff.
Hyla cyanea II, 651.
Hylaea II, 578—680.
Hylobates im Tertiär I, 333, in der
Gregenwart II, 62i^.
Hylomys H, 629.
Hyphaene Argun U, 562.
— thebaica II, 545. 565.
Hypsiprymnos II, 651. ^
Hypsometrische Karten I, 563 ff.
Hypudaens s. Feldmaas.
— amphibios (Wasserratte) H, 612.
617.
— arralis II, 617.
Hyrare ü, 625 f. 642.
Hyrax 11, 636.
Jakutsk I, 187. 188. 197. H, 179. 186.
194. 197. 273. 274. 288 f. 366.
Jamaica I, 156. 260. 518. II, 217. 548. 577.
James, Sir Henry I, 162. 164.
I Janbo I, 372.
Jan Mayen I, 231. 367.
Janssen I, 75.
Janoar-Isanomalen II, 187.
'Januar-Isothermen H, 179.
Japan (Geologisches:) I, 231. 238. 259.
260. 330. 368. 387. 491. 492. 531.
(Meteorologisches:) H, 75. 76. 269. 27U.
(Biologisches:) ü, 557 f. 601. 623 L
Japanisches Meer I, 420. H, 11. 75. 76.
101. 103.
Jarra 11, 197.
Java ((xeologisches :) I, 184. 203. 204.
208. 216. 217. 225. 226. 227. 229. 238.
241. 369. 387. 396. 397. 511 f. 520.
523. (Meteorologisches:) n, 811. (Bio-
logisches:) n, 538. 559. 562. 606. 629.
630. 631.
Jaxartes s. Syr^Daija.
Ibba n, 197.
Ibbenbüren I, 315.
Hystrix cristata s. gemeines Stachel- Ibenhorster Forst U, 618.
Ibis II, 621. 632. 651.
Ichneumon H, 620. 634.
Ichthyomis I, 327.
j Ichthyosaurus I, 319. 322 f. 327.
\ Ichu-Gras H, 583.
Idothea entomon II, 322.
Jekaterinburg H, 228. 275.
Jenissei I, lOS. II, 405.
jJenisaeisk II, 197.
Jericho-Rose U, 505. 563.
Schwein.
— hirsutirostris 11, 631.
JFachschlange II, 63S.
Jacob II, 160.
Jaculus U, 626.
Jadebnsen I, 379.
Jäger, 6. U, 612. 613 (Nota 1).
Ja& I, 373.
Jaguar U, 608. 625 £ 628. 642. 647.
Jahr, Länge des J. auf Mercur I, 80, Jersey (norm. Insel) I, 377. 434. H, 29.
auf der Venus I, 83, auf Mars I, 86, ' Jessen I, 358, Nota 1.
auf den Planetoiden I, 89, auf Jupiter Jeverland I, 379.
I, 90, auf Saturn I, 95, auf Uranus ! Igalliko-Fjord I, 354, Nota 1. 362.
I, 96, auf Neptun I, 98. Igapo II, 579 f.
Jahreszeiten auf Mercur I, 81, auf der. Igel n, 611. 616. 619. 623. 633.
Venus I, 85 f., auf Mars 1 , 86, auf • Iger H, 28.
Jupiter I, 90 f^ auf Saturn I, 95, auf Igname II, 601.
Uranus I, 97. — J. auf Erden: Ver- . Iharal H, 623.
theilung der Erdbeben auf die J. I, ' Ili (Fluss) II, 399.
264 ff. Entstehung der J. H, 139 ff. Ilibecken I, 234.
Seculärer Wechsel ihrer lAnge H, i Ilinissa I, 213. 292.
145. 111 II, 394.
Jakuhühner U, 645. Hier 11, 429.
Register.
703
Illinois I, 316.
ntis n, 622.
Immenwolf n, 618.
Immergränes Laub II, 502. 524. 553.
586. 587. 589.
Imperata cylindrica n, 562.
Incas I, 44. 59.
Indination, .magnetische 11, 457—459.
463 f. 468 f. 473. 480 f.
Indianer I, 529 f.
Indianola I, 361.
Indicator n, 637.
Indien s. Vorder- und Hinterindien.
Indigo n, 558. 562. 576.
Indisches IVIonsungebiet (Flora) n, 55S —
562.
Indischer Ocean I, 234. 371. 3S8. 418 f.
420. 430. 490. 11, 9. 10. 11. 22. 24. 26.
32. 37. 53 f. 78 f. 91. 101 f. — Ge-
biet des I. 0.: ü, 175. 186 ff. 212 f.
215. 220. 261. 268. 269.
Indus (Sternbild), c I, 28.
Indns (Strom) II, 327. 410. 424. 435.
Indusdelta I, 260. 269. 356. 370. II, 195.
410. 424. 562.
Ingurthal 11, 361.
Ingwer II, 561. 562.
Inn n, 370. 371.
Innervik I, 382.
Inntbal 11, 360.
Inoceramus I, 326.
Insectenregen H, 609.
Inseln: am zahlreichsten an der Süd-
ostseite der Continente I, 386. Fest-
landsinseln liegen immer in Schaaren
da, wo sich zwei Continente einander
nähern, I, 426. 490 f. Entstehung
langer, flacher Grestade-Inseln I, 443.
I. werden bisweilen durch Meeres-
alluvionen in Halbinseln verwandelt
I, 445 ff., bisweilen mit einer Nach-
barinsel verknöpft I, 447. Ueber den
Ursprung der Inseln I, 486—506.
Willkür bei der Bezeichnung Insel I,
4S6. Festlandsinseln I, 487—491. Yul-
canische Inseln I, 365. 491 — 494. Ro-
ralleninseln I, 396. 494—497. 513 f.
n, 292 f. Musterung dpr oceanischen
Inseln sämmtlicher Weltmeere I,
497—500. NeuCaledonien I, 499 ff.
Madagaskar, Ceylon I, 503 — 505.
Thior- und Pflanzenwelt der Inseln
I, 507—531. H, 588—591.
Intensität, magnetische II, 459—461.
464 f. 469. 473. 480.
Interlaken H, 413.
Inue I, 497.
Inundationsbett II, 377.
Inuus II, 620. 623. 629. 633.
— ecaudatus II, 620. 633.
— speciosus II, 623.
— talapoin II, 63H,
Invariable Erdschiebt I, 183 ff.
Jodwasser H, 306.
Johansen II, 66.
Johnston, Keith II, 259.
Johnstone-Fluss H, 528.
Joinvilleland I, 498.
Jones, Matthew I, 362.
Jonisches Meer H, 30.
Jordan U, 401.
Jordan (Fluss) II, 333. 399.
Jordanthal I, 264. H, 325. 441.
Jorullo I, 224. 238. 239. 260.
Joule I, 41.
Iquique I, 358.
— Erdbeben von I, 415.
Iran, Hochland von II, 621. 622.
Irawadi II, 410.
Irawadi - Thal , Hebungserschei nungen
im I, 369. .
Irbis II, 622.
Iriartea II, 579.
Iris (Pflanze) H, 504. 589. 555. 556. 567.
Iris (Planetoid) I, 89.
Irische See I, 42ü. 434. 435. H, 27. 29 f.
Irkutsk n, 132. 194.
Irland (Geologisches:) I, 258. 304. 806.
315. 378. 438. 439. 463. 465. 467. 471.
479. 487. 489. 518 f. 523. (Meteoro-
logisches:) n, 24 ff. 190. 277. (Biologi-
sches:) n, 613. 617.
Irminger H, 59. 84.
Irtisch U, 386.
Isanomalen II, 185.
Isarthal H, 360.
Isatis tinctoria II, 523.
Ischia I, 226. 230. 524.
Ischim (Fluss) H, 197. 386.
Ischim (Stadt) U, 322.
704
Begister.
Ischl n, 306.
laeo-See I, 534. 11, 359.
Iskandenin s. Alexandrette.
Isla de Pinos H, 546. 577.
Island (Geologisches:) I, 185. 214. 219.
225. 226. 231. 240. 242. 259. 388. 434.
445. 448. 463. 465. 471. 472. 479. 480.
518. 523. (Meteorologisclies:) II, 35.
36. 127. 128. 186. 198. 283. 284. 295 ff.
311. 353. 355. 361. 384. (Biologisches:)
n, 535. 545. 547. 548 f. 593. 608.
Isobaren II, 127 f.
Isochimenen II, 188 f.
Isodynamische Linien II, 461. 464 f.
Isogonische Linien II, 461 f.
Isohysten 11, 259.
Isoklinales Thal II, 329.
Isoklinische Linien II, 461. 463 f.
Isokrymen ü, 78, Nota 2.
Isola do legname II, 505.
Isonzo n, 422.
Isorachien II, 22.
Isotheren II, 188 f.
Isothermen der Meeresoberfläche 11,
34 ff., für die Lufttemperaturen II,
173—185.
Issischer Meerbusen I, 373.
Issyk-kul I, 234.
Istrien I, 375.
Italien (Geologisches:) I, 226. 259. 266.
301. 315. 422. 441. 482 iL (Meteoro-
logisches:) n, 212. 314. 316. 324. 326.
330. (Biologisches :) n, 554. 620. 621. 631.
Juan, Don Jorge I, 152.
Joan-de-Fuca-Strasse I, 467.
Juan Femandez I, 391. 498. II, 590.
Jubaea spectabilis n, 586.
Juda, Gebirge I, 264.
Jndasbanm II, 603.
Jütland I, 298. 379. 381. 388. 517. II,
277. 318.
JugIan8(Wallnu88banm)n, 536. 551. 571.
— nigra 11, 571.
Julien, Stanislas I, 234.
Jnli-Isanomalen 11, 187.
Juli- Isothermen II, 179 f.
Jungfrau II, 353.
JuDghuhn, Franz: Ermittelung der Tem-
peratur der invariablen Schicht auf
Java I, 184 f.
Junghuhn, Franz: Lehre von der Auf-
schüttung der Yulcane I, 203.
— keine Erhebungskratere auf Java I,
204.
— Kratere des Gunung-Tengger I, 216.
— Maare des Guiung-Lamongang 1, 2 1 7.
— Yulcanspallen auf Java und Suma-
tra I, 238.
— Menge der in drei Stunden von dem
Gunung-Guntur ausgeworfenen Aschen
I, 241.
— Eruptionsmassen des Gunung-Tem«
boro und Gunung-Pepandajan I, 242.
— über die Schlanrnivulcane auf Java
n, 311 (Note 2).
Junglewald ü, 559 ff.
Juniperineen II, 546.
Juniperus 11, 68. 575. 600.
— foetidissima (Syn. J. excelsa) II, 600.
— Yirginiana II, 68.
Juno (Planetoid) I, 89.
Jupiter I, 89 ff. 125. 126. 283.
Jura, Frankischer I, 324. 11, 308.
— Schwäbischer I, 301. 324. 11, 278. 308.
— Schweizer I, 321. 324. 396. 533. 536.
538. 546. 558. 11, 308. 329. 357. 359.
433. 443. 603.
Jura, brauner, s. Dogger.
— schwarzer, s. Lias.
— weisser, s. Malm.
Juraformation 1, 294. 296. 300. 301. 321—
325. 341. 5.S3. II, 334. 445. 447 f. 651 f.
Jussaro I, 382.
Iviza I, 160.
Izalco I, 228. 240.
Izteccihuatl I, 239. II, 354.
Kabsch, Wilhelm: das Wärmequantam
zur Reife der Gerste II, 521 f.
— Vegetetionszonen an den Abhängen
der Alpen n, 526 (Nota 1).
— Physiognomik der Gewächse II, 530 ff.
— über die Verbreitung, der Ericeoi
n, 545.
Kadavu I, 498.
Kado I, 369.
Käfer, erstes Auftreten derselben in der
Kohle I, 314.
Kälteperiode im Mai und Juni 11, 228.
Kältepol, nördlicher II, 177.
Register.
705
Kältepole im Januar IF, 179.
Kämtz I, 473. II, 177. 207. 231. 249. 250.
Känguruh II, 650.
Känguruh-Gras II, 569.
Känozoische Formationsgruppe 1, 298.
328—337.
Kärnten II, 32ö, 360.
Kaffee II, 562. 564. 576. 577.
Kafferochse II, 637.
Kaiman, schwarzer II, 645.
Kairo II, 175 f. 422. 478, Nota 1. 522.
Kaiser I, 87.
Kaiseradler II, 621.
Kaisergebirge I, 545 f.
Kalahari II, 263. 494. 565 f.
Kaliana I, 162.
Kalkgebirge, Zerstörung derselben durch
Erosion II, 308 f. 375.
Kalksinterabsätze II, 309.
Kalkstein I, 290. 292. 294. II, 304. 308.
Kalkstete Pflanzen U, 519.
Kalkwasser II, 306.
Kalmar I, 352. 383.
Kalte Quellen U, 303 f.
Kama II, 386. 388.
Kameel II, 556. 612. 622. 636.
Kampher bäum Bomeo's II, 560.
Kampherlorbeer (Kampherbaum) II, 535.
557.
Kamtochatka I, 186. 219. 225. 231. 238.
240. 259. 368. 397. 470. 491. II, 76.
283. 531. 552. 600. 608. 610.
Kamtschatka-Strom II, 75.
Kanawba II, 334.
Kandalakscha I, 185. 186.
Kane: Spuren seculärer Hebung an der
Westküste von Grönland I, 363.
— Grönland ein Continent I, 462.
— über den nördlichen Kältepol II,
178.
— niedrigste Temperatur im Rensselaer-
Hafen II, 197.
Kanin I, 186.
Kaninchen, wildes II, 621.
Kansas (Staat) I, 317. 327. II, 281.
Kant, Immanuel: Entstehung des Sonnen-
systems I, 273 ff.
— der atlantische Ocean gleicht wegen
seiner parallelen Ufer einem Strome
I, 398.
Peschel-Leipoldt, Phya. Erdkunde. II.
Kant, Immanuel; Seegebirge I, 430.
— Willkür beim Gebrauch der Namen
Insel und Continent I, 486.
— über die Entstehung der Aequato-
rialströmungen der Oceane II, 82.
— Drehungsgesetz der Winde II, 223.
Kant-Laplace*sche Hypothese I, 273 ff.
Kanut der Grosse I, 383.
Kaori II, 527.
Karabugas II, 323.
Karakal II, 620. 630. 634.
Karakorumkette II, 285. 35 { f.
Kara-See II, 65. 66. 67. 191.
Karomandalküste I, 370. II, 270.
Karpathen I, 330. 559. II, 2S3. 361.445.
550. 603. 618.
Karroo H, 503 f. 567 f.
Karroodorn II, 567.
Karst I, 264. II, 30S.
Karsten, G. II, 39 f.
Karten, geologische I, 298 ff. Terrain-
karten I, 561 ff.
Kartoffel II, 587. 598. 610.
— chinesische II, 558.
Kartoffelkrankheit II, 598.
Kasan (Gouv.) I, 317.
Kaschelot II, 60S. 615.
Kaschgar I, 234.
Kaspisches Meer I, 234. 389. 533. II,
133. 321—324. 365. 407 f.
Kaspische Steppen I, 260. II, 272. 276.
495. 555 f. 618 f. Vgl. auch Kir-
gisensteppe.
Kastanie (edle) II, 536. 553. 560.
— japanische II, 557.
— nordamerikanische II, 571.
Katarakte II, 439 i.
Katastrophisten (geol.) I, 557.
Kater, Henry I, 156. 162.
Katharinenquellen (Kaukasus) II, 294.
Katmandau II, 561.
Katze s. Felis.
Katzenfrett II, 641.
Kauar II, 492.
Kaukasus (Geologisches:) I, 175. 176.
315. 324. 328. 533. 535. 547. (Meteoro-
logisches:) II, 276. 278. 284. 311. 353.
361. 366. (Biologisches:) II, 600. 611.
617. 618. 634.
Kaurifichte II, 590.
45
706
Register.
Kautschuk, Gewinnung des II, 580. |
Kawisprache I, 523. |
Reeling-Inseln I, 354. 371. 3S8. 494. 513.,
514. 530.
Keilhau I, 471. j
Kellerasseln L 525.
Keller-Leuzinger II, 363. |
Kelten I, 530. |
Kent I, 384.
Kentucky II, 571. 628. i
Kephalonia II, 30 S.
Kepler: betrachtet die Nebelflecke als
leuchtenden Dunst I, 30.
— Annahme eines Weltäthers I, 49,
Nota 2.
— Häufigkeit der kleinen Cometen I,
120.
— über die Entstehung der Aequatorial-
strömungen der Oceane II, 82.
— zweites K.'sches Gesetz II, 145.
Kerak I, 371.
Kerguelen- Insel I, 462, Nota 1. 499.
505. 513. 515. II, 79. 233. 591.
Kessler II, 321 f.
Kettenkoralle I, 306.
Keuper I, 294. 301. 320. 321. II, 334.
Kew n, 474.
Key-West II, 258.
Khanbalu I, 346.
Khandesch 11, 630.
Khassia-Berge II, 27 L
Kiefer II, 550. 554. 572. 575 f. 593.
Kiel n, 277.
Kielnatter II, 638.
Kiepert, H. II, 406.
Kjerulf, Th.: geringe erodireude Kraft
der Gletscher I, 475.
— die Richtungen der Fjorde stimmen
auf Island mit den Systemen ausge-
füllter Gangspalten überein I, 480.
— Norwegen zur Eiszeit II, 360.
Kiesablagerungen am Rande des Meeres
I, 292.
Kieselwasser II, 306.
Kigelia II, 564.
Kijew n, 276.
Killary Harbour I, 474.
Kilnsea I, 440.
King I, 466.
Kingia U, 569.
King-Loch-Ewe II, 317 f.
Kingston (Jamaica) II, 217.
Kinnahan I, 475. II, 361 (Nota 1).
Kinsale I, 258.
Kiore (Maori-Ratte) L 522. 52S. II, 65s.
Kircher, Athanasius I. 401, Nota 1. 40tj
430. U, 457.
Kirchhoff, Alfred: Festlandsinseln I. 4S7
— die Loslösung Neu-Guinea's von:
australischen Continent erfolgte früher
als die Tasmanien^s I, 490.
— nicht alle von V'ulcanen besetzten In-
seln sind vuleanischen Ursprunges I.
491.
— Neuseeland der Ueberrest eines alten
Continents I, 503 (Nota 1).
— alte Thierformen auf den Antillei»
I, 523 (Nota 2).
— über den Ursprung des Todteii
Meeres II, 326, Nota 1.
Kirchhoff, Gustav: spectralaualytische
Untersuchungen des Sonneulichte^
I, 66 ff.
— Erklärung der Sonnenflecken I, 68 f.
Kirgisensteppe II, 322. 495. 505. 515.
Vgl. auch Kaspische Steppen.
Kiringa II, 197.
Kirsche 11, 595.
Kisljar II, 193.
Kissingen II, 300.
Kitchener I, 96.
Kitfucbs II, 626.
Kittis I, 152.
Kittlitz I, 463. Nota 1. II, 279.
Kitzbüchl I, 192.
, Kjurdagh II, 600.
Kiu-Siu I, 215. II, 55b.
Kiwi I, 522.
Klammeraffen II, 641.
Klapperschlange II, 62S. 646.
Klarupholm I, 381.
Klein, Herm. J. 1, 32 (Nota2). 101. II, 4S4.
Kleinasien I, 260. 374. II. 18S. 267. 334.
503. 552
Kleine Syrte s. Gabes (Golf von).
Kleinia 11, 567.
Cleopatra, Nadel der I, 451.
' Klima der Erde zur St«inkohlenzeit l.
313, zur Kreidezeit I, 326. Ausbildung
eines polaren Klimas zur Tertiärzeit 1.
Register.
707
328. Gleichmässiges E. in den Aequa-
torialgegenden, excessives K. an den
Polen II, 141 f. Gegensatz zwischen
polarem Klima und alpinem Höhen- 1
klima II, 170 f. Gleichmässiges (ma-
ritimes oder Küsten-) Klima II, 189 —
192. Excessives (conti nentales oder
Land-)Klima U, 189. 192—194. Secu-
läre Veränderung des Klimas II,
200—202. Bedeutung des K. für das
Pflanzenleben II, 520— -527, für das
Thierleben II, 606 f.
Klinkerfues I, 126. II, 246.
Klippendachs II, 636.
Kliutschewskaja Sopka I, 208. 215. 240.
241.
Klobenstein II, 385.
Klöden, G. A. v. I, 375.
KlofajökuU I, 465.
Klopaier Spitze II, 450.
Kluge, £.: Erdbebenstatistik I, 265.
Erhöhung der Quellentemperatur bei
Erdbeben I, 272, Nota 2.
Kluthahn, schwanzloser II, 632.
Knochenfische, die ersten echten, im
mesozoischen Zeitalter I, 318.
Knorria I, 340.
Kny, L. I, 513.
Knyahinya I, 108.
Koa-Akazie 11, 589.
Koala II, 650.
Koch, Gabriel II, 654 (Nota 2). 656.
Königgrätz 11, 446.
Königsberg (Ostpreussen) II, 176. 276.
Königspalme von Havana II, 576.
Koros n, 371. 396.
Körperwelt räumlich begrenzt I, 15 ff.,
zeitlich begrenzt I, 38 ff. Forderung
eines Anfanges der K. I, 55 f.
Kosen n, 306.
Kohl, J. G. n, 59.
Kohle in der archäischen Fonnations-
gruppe I, 389, im Silur und Devon
I, 339, in der Steinkohlenformation s.
Steinkohle, in derDyas 1, 317. 340 f., in
der Trias I, 341, im Jura I, 341, in
der Kreide I, 341, in der Tertiärzeit
I, 341, im Quartär I, 342. Kohlen-
bildungsprocess I, 342 ff. Wirth-
schaftliche Bedeutung der Kohle I,
346 ff. Kohlenschätze verschiedener
Länder I, 348 f. Verschwendung und
Sparsamkeit im Kohlen verbrauch I,
349 f. Surrogate für die Kohle I, 350.
Kohlenkalk I, 293. 339.
Kohlensäure in der Atmosphäre ver-
mindert sich I, 52. 227, war grösser
im Steinkohlenzeitalter I, 313. K.ist be-
sonders betheiligt an der Zersetzung
der Gesteine I, 551 ff. II, 'AOA f. 374.
Der gegenwärtige Kohlensäure-Gehalt
der Luft II, 108.
Kohlensäure-Aushauchungen I, 226 ff.
Kohlenwasserstoff- Aushauchungen II,
310.
Kohlpalme Ih 576.
Kokaduth I, 369.
Kokon n, 636.
Kola I, 185.
Koldewey I, 142. II, 56 (Nota 1).
Kolindsund I, 3S1. II, 318.
Komorn II, 445.
Kopenhagen II, 31. 596.
Korallen im Silur 1, 306, im Devon 1,
307, in der Kohle I, 314, in der Dyas
I, 317, im mesozoischen Zeitalter im
allgemeinen I, 31b, im Jura I, 322, in
der Kreide I, 326.
Korallenbauten deuten auf Senkung des
Bodens I, 354. 363 f. 371. 403, bis-
weilen auch auf eine Hebung desselben
I, 370. 371.
Koralleninseln 1, 396. 494—497. 513 f.
II, 292 f.
Korallenmeer II, 53. 77.
Korallenschlange II. 646.
Kordofan I, 235. II, 620. 634.
Korea I, 368. 397. 492.
Korff, v. I, 458.
Korkeichen II, 553.
Korninseln II, 506.
Kosi I, 369.
Kosmopolitische Gewächse II, 518.
Kotschy I, 234.
Krabben, Auftreten der echten K. in
der Kreidezeit I, 327.
Krabbenregen II, 609.
Krabben- Waschbär II, 642.
Krain II, 308. 360.
Krakau II, 365.
45
i*
708 Register.
Kranich U, 621. 622. 632. 651. ELryptogamen , grosse Entfaltung der
Krasnojarsk I, lOS. K. in der Steinkohlenperiode L, 309 f.
Krater I, 201 f. Veränderungen am Ejrystallinische Gesteine: relativ ge-
Krater I, 212 ff. 21S f. schützt gegen Erdbeben I, 246. Ihre
Kraterseen II, 326. Entstehung I, 303 f.
Krause, Karl Chr. Fr. I, 493. Kiystallinischer Schiefer I, 294.
Krebs (Sternbild) I, 29. 30. Krystallinische Schieferformation s.
Kreide I, 294. 300. 301. 320. huronische Schieferformation.
Kreideformation I, 294. 296. 298. 325— Krystallisadon der Gesteine ist nicht
328. 533. 559. II, 334. 446. die Ursache der Aufrichtung von Ge-
Kreislauf des Wassers II, 287. birgen I, 549 — 551.
Kremer, Alfred v.: Hebung der Küste Kuckuck II, 637.
bei Sues I, 372. Kuduttong I, 216.
— die stärkere ßenagung der rechten Künlün I, 537. II, 169. 285.
Nilufer in Aegypten II, 387 (Nota 2). Küsten, Modellimng der I, 433 — 447.
— über die Wasserarmuth des Nil's in Küstenklima s. gleichmässiges Klima.
Aegypten II, 398. Küstenzerrüttungen I, 438 ff.
Kreta I, 'MA. II, 212. Kuhbaum II, 57s.
ELreuz, südliches (Sternbild) I, 23. 11, 144. Kulan s. wilder Esel.
Ejreuzbergjoch (Kaukasus) II, 361. KuUianpoor I, 161.
Büreuznach 11, 306. ' Kulon ü, 616.
Kreuzschnabel II, 656. Kulpe II, 335.
Krim I, 324. 374. 444 £ II, 276. 491. 552. Kümo H, 442.
Krokodil II, 632. 63b. 645. Kunä-Turfiem I, 233.
Krone, nördliche (Sternbild) I, 54. Kunguhr- Gruppe II, 362.
Kropotkin, Fürst P. ü, 132. Kupffer II, 132.
Kropp, W. II, 195 (Nota 4). Kurilen I, 229. 231. 238. 36S. 491. II, 6U0.
Krümmel, Otto: grosse Meerestiefen bei Kurisches Haff H, 443.
Spitzbergen I, 282. Kurischc Nehrung I, 442 f. 457.
— die mittlerenTiefen der Oceane 1,411 ff. Kuro Siwo 11, 75 f. 77. 100. 177.
— Gleichgewicht zwischen den Massen Kusu II, 650.
des Meeres und der Erdfesten I, 427. Kutais II, 27b.
— Homopleroten II, 22 (Nota 3). Kuttenberg I, 192.
— Isothermenkarte des Atlantischen Kyros Joki II, 442.
Oceans H, 34 (Note 2).
— Zugangsquerschnitt des Atlantischen Ijaacher See I, 217.
Oceans gegen das nordliche und süd- La Bess^, Schlacht von II, 380.
liehe Eismeer H, 47, Nota 1. Labkraut II, 595.
— über die äquatorialen Strömungen Labrador I, 186. 362. 385. 396. 463. IL
des Atlantischen Oceans H, 56 (Nota j). 530 f. 571.
— zur Theorie der Meeresströmungen Labradorströmung II, 36. 48. 70 £ 7:^.
n, 83 (Nota 1 und 2). 88. 103. Labyrinthodonten in der Kohle I, 314.
— Kegenkarte von Deutschland, sowie La Caille I, 108.
von Europa U, 259. Lacaille I, 149, Nota 2. 169.
— über den Ursprung des Todten Lac de Daaren II, 328.
Meeres II, 326, Nota 1. Fondromaix II, 328.
— über Deltabildungen in Südamerika — des Corbeaux H, 328.
II, 427. — du Bälon II, 328.
Krummholzkiefer II, 550. Lacerta agilis H, 509.
Krusenstom-Strasse II, 75. — Gecco II, 509.
Register.
709
Lachs n, 611.
La Concha I, 376.
Lacondamine : betheiligt sich an der
peruanischen Gradmessung I, 152 f.
161. 228.
— Karte von Quito I, 561.
— die Pororocas des Amazonas II,
409.
Ladoga-See II, 318.
Längenströme U, 431 ff.
Lärche II, 550. 570. 571.
— amerikanische 11, 570. 571.
Lafourche II, 414 f.
Lagenaria vulgaris II, 68.
Lagerungsverhältnisse als Mittel, das
Alter von Schichtenstörungen zu be-
stimmen, I, 296.
Lagidium peruanum II, 643. 647.
Lago Averno I, 209.
— di Agnano I, 227.
Albano I, 217.
Bolsena II, 326.
Nemi I, 217.
— Fucino II, 326.
— Maggiore s. Langensee.
Lagomys alpinus II, 622.
— ogotona II, 622.
— princeps II, 627.
Lagostomus trieb odactylus II, 640. 647.
Lagothrix II, 641.
Lagrange I, 144, Nota 1.
La Guayra II, 131.
Laguna de San Rafael II, 354.
Lagunenriff I, 495.
La Heve I, 439.
Lahire, de I, 151. II, 2S9.
Lahnthal I, 257.
Lake Maree U, 317 f.
— Superior s. Oberer See.
Lakkadiven I, 370. 496.
Lama 11, 640. 644. 64S. 65-1.
Lamanon II, 381. 459.
Lamantin II, 637. 645.
Lambert, J. H. II, 140. 142. 147. 459.
Lambton I, 161. 162.
Lamont I, 497.
— Job. V. II, 155. 466 (Nota 2).
Lancaster I, 265.
Land , Absorption der Wärme durch j
das L. II, 157 f. Ib9. 192. Ausstrah-
lung der Wärme durch das L. II, 161.
189. 192.
Landes I, 454. 457. 45S. 460.
Landklima s. excessives Klima.
Landkriecher n, 632.
Landsberg II, 360.
Landschnabelthier II, 650.
Landskrona I, 383.
Land- und Seewind II, 210-212.
Land- und Wasservertbeiluug auf der
Erdoberfläche I, 405—432.
Langensee I, 483. 534. II, 314. 331. 359.
441.
Langfjeld l, 478.
Languedoc I, lOS.
LaniuB U, 637.
Lantana mixta I, 529.
Lanzarote I, 237. 494.
Lanzenschlange I, 510, Nota 1.
La-Perouse-Strasse II, 75. 76.
LapiUi I, 210. 222.
Laplace: die Länge des Erdeutages
eine constante Grösse I, 50.
— Entstehung der Planetoiden I, 89.
— Abplattung der Erde aus der Moud-
bewegung abgeleitet I, 159 f.
— Entstehung des Sonnensystems I,
273 ff.
— mittlere Höhe der Continente I, 421.
— Maximalwerth für die Höhe der At-
mosphäre II, 108 f.
— Barometerformel für Höhenberech-
Dungen II, 116 f.
— Fluth und Ebbe in der Atmosphäre
II, 237.
La Plata I, 391. II, 30. 404. 405. 4u6.
411. 412. 427. 434. 430. 608.
La Plata, Mündungsgebiet des I, 359.
II, 130. 404. 585. 647.
Lappa II, 5S5.
Lappland I, 152. 153. II, 522. 536. 550.
599.
Laptew I, 470.
Largeteau I, 171.
Laricio-Kiefer II, 550.
Larix sibirica II, 6.).
La Rochelie I, 197.
Lartet II, 325.
Lasaulx, A. v. : über das Erdbeben von
Herzogenrath 1,250. 253. 254,f. 257. 263.
710
Begister.
Lasaulx, A. v.: Seismochronograph I,
264 f.
Lassen I, 86.
Latham I, 524.
Latrobe ü, 527.
Laubfrosch, blauer II, 651.
Laubhölzer: erstes Auftreten in der
mesozoischen Zeit I, 318. .^25, reiche
Ent^EÜtung in der Tertiärzeit I, 328.
329. 332. Immergrune L. der Gegen-
wart n, 502. 524. 553. 586. 587 589.
L. des Nordens (mit Laubwurf) II,
536. 551.
Lauenburg I, 162.
Laufkäfer U, 618.
Laughton 11, 84
Laurelia II, 587.
Laurentische Formation I, 292. 296.
302 ff. 339. 427.
Laurentius, Thränen des hl. I, 114.
Laurenz-Insel II, 76.
Lauras (Lorbeer) II, 190. 523. 535. 553.
m w m*
— camphora (Kampherbaum) II, 535. 557.
— nobilis II, 535. 553.
— Sassafras 11, 523. 535.
Lausitzer Gebirge I, 243.
Lautergletscher n, 341.
Lava I, 201 f. 204. 205 ff. 210. 211 f.
220. 222 ff. 259. 262. 285. 291. IL 289.
Lavakegel I, 211 f.
Lavendel II, 523.
Lavoisier I, 183.
Laxe-Bucht I, 108.
Lebacher Schiefer I, 317.
Lebida s. Leptis Magna.
Lech n, 429 f. 437.
Lechthal II, 360. 595.
1 £cUt I, 439.
Le Coq I, 242.
Lefroy II, 46ü.
L^e I, 457.
Legentil I, 183. II, 463.
Lehmann, J. G. I, 562.
Leibnitz I, 7.
Leichhardt II, 650.
Lein II, 597.
Leiopelma Hochstetteri I, 520.
Leipzig I, 250.
Leilfossilien, Begriff I, 296.
Lek I, 378.
Lemaire I, 525.
Lemming II, 610 f. 6J5. 627. 628.
Lemonnier I, 152. II, 136 f.
Lemur II, 639.
Lemuria I, 388. 505.
Lena I, 187. II, 405.
Lennier I, 439.
Lentz. Hugo II, 18. 19. 20.
Lenz n, 6. 7. 41. 42. 92.
Lenzites U, 530.
Leoniden I, 114 f.
Leopard n, 620. 634.
Lep^re II, lü5.
Lepidodendron im Silur I, 305, im
Devon I, 307, in der Kohle I, 310.
340, in der Dyas I, 316, stirbt am
Ende der paläozoischen Zeit aus I,
318.
Lepidosircn I, 519.
Leptis Magna I, 372.
Leptolepis I, 322.
Lepton3rz II, 648. 650.
— leopardinus II, 648.
Lepus (Hase) U, 615. 616. 6l7. 619.
621. 622. 624.627. 631. 635. 642. 643.
618.
— aegyptius H, 621.
— brachjuras (japanischer Hase) II, 624.
— brasiliensis II, 643.
— glacialis II, 616.
— hibemicus II, 617.
— magelUnicus II, 648.
— mediterraneus U, 621.
— tibetanus II, 622.
— ' timidus (gemeiner Hase) II, 617.
619. 621.
— Tolai 8. Tolaihase.
— variabilis (veränderlicher Hase) II,
615. 617. 622.
Lerche II, 637.
Leroy U, 243.
Lesjü-Thal I, 478. II, 451.
LessÖevärks Vaod I, 478.
Lesson I, 510.
Lessonien II, 531.
Letronne I, 451.
Lettenkohle I, 341.
Leuchterbanm s. Mangrovebaum.
Leuckart U, 316.
Register.
711
Leukerbad I, 272. II, 294.
Leverrier: theoretischer Nachweis eines
transuranischen Planeten I, 98.
— Uranus hat den Eintritt des Novem-
ber-Meteoritenschwarmes in's Sonnen-
system herbeigeführt I, 117.
— Bahnelemente des Cometen I von
1866 I, 117 f.
Lexell I, 126.
— 's Comet I, 126.
Leyden I, 146.
Leypold, Fr. II, 354.
Lianen II, 542. 561. 565. 568. 576. 577.
578. 579. 5S0. 581. 584. 587. 590.
Liasformation I, 294.300. 301. 321.324.
Liaskohle I, 341.
Libanon I, 328. II, 361. 554. 601. 636.
Libration des Mondes I, 99 f.
Libri II, 151, Nota 1.
Libysche Kette II, 387.
— Wüste I, 450.
Lichanotus II, 639.
Licht, Bedeutung desselben für die
Pflanzen II, 520.
Lichtenstein, Hinrich II, 503 f.
Lichtjahr I, 18.
Liebfrauenbrunnen II, 304.
Ligurien I, 347.
Liguster II, 595.
Lille II, 294.
Lima I, 258. 259. II, 449.
Limane II, 314. 412.
Lima striata I, 319.
Limmat II, 328.
Limmatthal II, 359.
Limone 11, 554.
Linde II, 501. 536. 551. 557.
Lindenau ü, 123.
Lindhagen I, 162.
Lindley II, 528.
Lingula I, 304. 306.
Linne (Mondkrater) I, 101.
Linn^ I, 352.
Linthgletscher der Eiszeit II, 359.
Linththal U, 359.
Liparische Inseln I, 238.
Liriodendron tolipiferum II, 536. 571.
Lissabon II, 175. 267.
— Erdbeben von I, 246. 258. 260. 268.
269. 272. n, 22.
Listing I, 157. 167.
Lithosia pulchella II, 654.
Lituites I, 306.
Liu-Kiu-Inseln I, 238. 368. 492. II, 75.
Liverpool I, 320. II, 22. 224. 334.
Livingstone I, 261. 428. II, 313.
Livistona II, 558. 569.
— chinensis II, 558.
Livland I, :h81.
Livorno 11, 30.
Lianeros II, 516.
Llano estacado II, 516.
Llanos U, 157. 219. 260. 497 f. 578.
Lloyd n, 106.
Lobositz II, 440.
Localattraction I, 173 ff.
Loch-Ewe H, 317 f.
Lockyer: die physische Beschaffenheit
der Fixsterne I, 58 f.
— die Elemente der Sonnenatmosphäre
I, 68 (Nota 1).
— Gase unter hohem Druck liefern ein
continuirliches Spectrum I, 69.
— Helium in den Protuberanzen I, 75.
— Marskarten I, 87.
— Cometentemperaturen I, 119. 129.
Lodoicea Seychellarum I, 505, Nota 1.
II, 589.
LÖbejün I, 315.
Löffelhund n, 634.
Löff'ebreiher U, 621.
Löffler, rosenrother II, 645.
LÖSS I, 335.
Low, Oscar I, 360.
Löwe n, 620. 628. 630. 634.
Löwe, amerikanischer, s. Cuguar.
Löwe (Sternbild) I, 114.
Löwenberg (Schlesien) I, 327.
Löwenburg II, 167.
Logan: Entdeckung des Eozoon Cana-
dense I, 304.
— der Laurentiusgolf ein uraltes Thal
n, 411.
— Querthäler in Canada, welche nicht
durch Erosion entstanden sein können,
n, 444. 445 (Nota 1).
Loiret (D^p.) 11, 596.
Loir-et-Cher (D^p.) II, 596.
Lomaria I, 515.
Lomatia II, 588.
712
Begister.
Lombardei II, 554. 555.
Lombardini II, 393. 402. 423.
Lombok I, 242. 369. 4S9. 520. II, 649.
Loncheres II, 643.
London I, 154. 156. 514. 11, 22. 231.
?40. 24S. 249. 25S. 277. 457. 460. 466 f.
469. 471. 474.
Loomis n, 200.
Lop-nor II, 399.
Lorbeer(Laura8) II, 190. 523. 535. 553. 557.
Lorenzquelle (Visp-Thal) 1, 264.
Loreto (Brasilien) II, 369, Nota l.
Lori II, 639. 651.
Loricata 11, 609. 646.
Loschkin 11, 66.
Lot (Flu88) n, 393.
LothablenkuDg darch Localattraction
I, 173 ff.
Lothringen I, 320. 321. II, 334.
Lotosblume 11, 543.
Lottin II, 480.
Louisiade- Archipel I, 366. 501.
Louisiana 11, 571. 572.
Loven II, 318.
Lowestoft I, 384.
Loxolophodon I, 331.
Loyalitätsinseln I, 366. 501.
Luc, Jean Andre de II, 115 f. 136. 152.
Luchs II, 613. 620.
— canadischer II, 626.
Ludwig XIV. I, 14S.
Lübbert, Otto I, 4S0.
Lübeck II, 96.
Lütke I, 157. II, 66.
Lütschinen II, 413.
Luft und Luftkreis s. Atmosphäre.
Luftdruck: mit seinen Veränderungen
schwankt das Niveau des Meeres II,
106 f. Grösse des L. und Benützung
desselben zu Höhenbestimmungen II,
110—137. Tägliche Periode des L. II,
123—126. Jährliche Periode des L.
n, 126—128. Nichtperiodische Schwan-
kungen des L. n, 128 ff*. Ungleiche
Grösse des mittleren jährlichen L. an
verschiedenen Punkten der Erdober-
fläche n, 130 f. Erniedrigung des Siede-
punktes mit der Verminderung desL.
II, 136 f. Beziehung des L. zu den
Winden O, 225 f.
Luftthermometer 11, 151.
Lugan II, 275.
Luganer See I, 534.
Lugau (Kgrch. Sachsen I, 31.5.
Luma II, 58 7.
Lund II, 655.
Lupton I, 192.
Luther I, 88.
Lutra (Fischotter) II, 606.608. 612. 615.
616. 624. 625. 630. 63.^ 641. ti47.
Lutra canadensis II, 615.
— chilensis II, 647.
— platensis 11, 647.
— vulgaris (gemeine Fischotter) II, 6U6.
608. 612. 615. 616. 624.
Luxemburgia II, 581.
Luzech n, 393.
Luzem, Gletschergarten von II, .^S4.
Luzon I, 214.
Lycien I, 374.
Ljcoperdon horrendum II, 530.
Lycopodiaeeen-Zone I, 340.
Lycopodium cemuum II, 592.
Lyell, Sir Charles: Lehre von der Auf-
schüttung der Vulcaue I, 203.
— Senkungen hervorgerufen durch Erd-
beben I, 269 (Nota 1).
— Hebungen während des Erdbebens
von Valparaiso i. J. 1822 I, 270.
— Hebungen an der Küste Neu-See-
land's bei dem Erdbeben am 23. Jan.
1S55 I, 271 (Nota 3).
— Eintheilung der Tertiärformat iou I.
329.
— Aufsteigen der schwedischen Küste
I, 353.
— seculäres Sinken von Georgien und
Südcarolina I, 361 f.
— Hebungserscheinungen an der Süd-
küste von Sicilien I, 374.
— seculäre Senkung an der Somme-
Mündung I, 37b.
— Aufsteigen der schwedischen Küste
I, 382 f.
— Madeira und die Canarien hingen
nie mit Afrika zusammen I, 390.
— östlich der Alleghanies erhob sich
einst ein hohes Gebirge 1, 390.
— unter den Tropen finden sich keine
Spuren der Eiszeit I, 472.
Kegister.
713
Lyell, Sir Charles : über die Entstehung
der Gebirgsseen in Oberitalien I, 4S3.
— Wasserreisen verschiedener Thiere I,
510, Nota 1. II, 608 (Nota 2).
— Wanderung vulcanischer Aschen im
Antipassat 11, 217.
— Bildung des Märj eleu- Sees (Eissee)
II, 326. 327.
— Erklärung der Eiszeit durch eine
andere Vertheilung des Starren und
Flüssigen II, 364.
— die Insel Marajo kein Deitaland
II, 404, Nota 2.
— über das Zurückweichen des Nia-
gara II, 440.
— Schmetterlinge werden bisweilen auf
hoher See gefangen II, 656 (Nota 4).
Lyme Regis I, 323.
Lyon II, 195. 394. 44S.
Lyonnais 11, 603.
Lyonnaiser Ketten II, 433.
Lyra, « I, 18. 286.
LyseQord I, 478. 481.
Lyssabel I, 162.
Lvttelton I, 366.
Maare I, 204. 216 f.
Maasö I, 352.
Maasthal I, 266. 315.
Macaluba II, 311.
Macao I, 524. II, 270.
Mac Clintock II, 419.
Macdonald-Inseln I, 513.
Macedonien n, 554. 601.
Machairodus I, 333.
Mack, Capt. F. C. I, 367. II, 66.
Mackenzie (Fluss) I, 187. II, 405. 413.
Mackenzie-Bucht (Grönland) I, 363.
Mackenzie's Geysirtheorie II, 296 f.
Maclear I, 162.
Macquane-Insel I, 501 tl'.
Macrocolus halticus II, 643.
Macrocystis pyrifera II, 531.
Macropetalichthys I, 30S.
Macruren I, 318.
Madagaskar I, 364. 371. 35S. 5o3f. 519.
531. 536. II, 188. 589. 638 f. 653.
Madeira I, 258. 390. 499. 516. 525. 527.
530. II, 131. 240. 505. 588.
Madenhacker II, 637.
Madison-River, Thal des I, 301 f.
Madras I, 159. 370.
Madrid 11, 224.
Madura I, 523.
Mähren I, 315. 334.
Mael-Strom II, 31, Nota 2.
Märjelen-See II, 326 f.
Maestricht I, 327.
Magalhäes-Länder s. Feuerlaud.
Magalh&es-Strasse I, 463.466.472. II, 283.
Magalhaes'sche Wolken (Nebelfieck am
südlichen Sternenhimmel) I, ^5.
Magdalenenstrom II, 408. 437. 535.
Magdeburg I, 197. II, 422. 431.
Magnesian limestone I, 316.
Magnetismus der Erde: räthselhaft in
Rücksicht auf den gluthflüssigen
Zustand des Erdinnern I, 287. Histo-
risches über die Magnetnadel II, 455.
Magnetische Declination II, 456 f.,
Inclination (Magnetpole) II, 457—459,
Intensität II, 459—461. Verlauf der
isogonischen Linien II, 461—463, der
isoklinischen Linien II, 463 f., der iso-
dynamischen Linien II, 464 f. Theo-
rien über den Erdmagnetismus II,
465 f. Seculäre Variationen der De-
clination II, 466 — 468, der Inclination
II, 468 f., der Intensität II, 469. Ur-
sachen dieser Variationen II, 469 ff.
Tägliche Variationen der Declination
II, 471—473, der Inclination und
Intensität II, 473. Verstärkung des
tellurischen Magnetismus während der
südlichen Declination der Sonne 11,
474. Beziehungen des Erdmagnetis-
mus zu Sonne und Mond II, 474.
Magnetische Störungen II, 474 — 476.
Beziehungen des Erdm. zum Polar-
lichte II, 476 — 481, zu den Sonnen-
ilecken II, 481 — 483, zu den Cirrus-
wölkchen II, 483—495.
Magnetpole II, 458 f. 461. 462 f. 469. 481.
Magnolia II, 557. 572.
— grandiflora II, 572.
Magot s. Inuus ecaudatus.
Magra II, 422.
Mahabalipuram I, 370.
Mahagonibaum U, 576 f.
Mahamailapur I, 370.
714
Register.
Mahauadi I, 369. II, 410.
Maienfeld II, 358.
Mailand I, 171. 175. II, 267. 475.
Main II, 371. 509.
Maine I, 463. 467. 477. II, 374.
Maini II, 418. 420.
Mais II, 554. 562. 572. 576. 5S3. .
Makako a, Inuus.
Makassar-Strasse II, 629. 652.
Makin, 639.
Malabar II, 559.
Malakka I, 364. 387. 397. 511 f. II,
630.
Malapert I, 60.
MalapteruruB electricus II, 63^.
Malayen I, 364. 530.
Malajische Piraten I, 140.
Malediven I, 370. 388, 496.
Mallet: Untersachangen über Erd-
beben I, 244 ff. 262. 263.
— Einwände gegen Hopkins' Theorie
über die Mächtigkeit der starren
Erdkruste I, 286 f.
— Maximaldicke der Gletscherschicht
zur Eiszeit I, 477.
— Verhalten des Eisens beim Erstarren
I, 550 f.
Mallikollo I, 492.
Malm (weisser Jura) I, 300. 321. 324.
Malmö I, 3S1.
Malörn I, 162.
Malta I, 37J. II, 457.
Malte Brun I, 561.
.Maluigin 11, 65 f.
Malvenbäume II, 536 f.
Malvoisine I, 149.
Mamillaria II, 540. 573. 585. 5S7.
Mammnth I, 336.
Mammuthbaum II, 527. 574.
Mammuthbanmthal II, 527.
Mamon l^ 145.
Manakin II, 645.
Manatos II, 637. 645.
— senegalensis II, 637.
Manchester II, 258.
Mandana (Vulcan, Santa -Cruz- Inseln)
I, 240.
Mandelbaum II, 553.
Mandelsloh I, 195.
Mandschurei I, 233.
Mangaia I, 497.
Mangrovebaum I, 448. 459. II, 535. 560.
572. 578.
Mangusta (Herpestes) II, 62o. 628. 630.
634. 639. Im übrigen s. Herpestes.
Manilla I, 260.
Manis U, 624. 631. 635.
Manon I, 326.
Mansfeld I, 316. 317.
Mantawi-Inseln I, 369. 501.
Manuck Debata II, 651.
Manukau-Hafen I, 204.
Maori-Katte I, 522. 528. II, 65S.
Maquis 11, 553. 588. 589.
Mara II, 64^.
Marajö U, 404.
Marais salans II, 330.
Maraldi I, 151. 171.
Maranham I, 156. 159.
Maranhfto II, 261.
Maraiion II, 369, Xota 1.
Marchfeld H, 445.
Marco Polo I, 346. II, 455.
Marder (MustelajII, 615. 616. 620. 622.
624. 625. 630. 633. 641.
Mare Nectaris (auf dem Mond) I, 101.
Marennes I, 171.
Marianen I, 366. 492. 494. 49b. 510. 530.
Maricourt, Pierre de II, 456.
Marienbad I, 227. II, 306.
Marienberg I, 256 f.
Marienkäfer II, 607.
Marigot von N'diadier II, 42u.
Maringouiens II, 420.
Marion-Inseln I, 499.
Mariotte U, 112. 129. 130. 223.
Mariotte's Gesetz U, 112.
Maritimes Klima s. gleichmässiges Klima.
Mariut-See II, 416.
Mar-Khur II, 623.
Marmora, Graf Albert de I, 375.
Marokko (Staat) I, 258.
Maros H, 396.
Marqnesas-(Mendana-)Iii8eln 1, 365. 494.
498.
Mars I, 86.
Marseille II, 183, Nota 1. 604.
Marsh I, 327.
Marshall- Inseln I, 365.
Marskarten I, 86 f.
Kegister.
715
Martaban, seculäre Hebungen am Golf
von 1, 369. Flutb im Golf von M. II, 27.
Martendale II, 1S3 f.
Marlene, Eduard von II, 316.
Martigny II, 3S0.
Martinique (Kleine Antillen) I, 25S.
510, Nota 1.
Martins, Charleis : Wirkungen der Sand-
stürme in der Wüste I, 449 (Nota 1).
— das Vorrücken der Dunen in Jder
Sahara I, 449 (Nota 2).
— über das Thierleben Irland's I, 519
(Nota I).
— Siedepunkt auf dem Montblanc II,
137.
— Weinbau im Mittelalter II, 201.
— Gletscher in den Pyrenäen zur Eis-
zeit n, 360 (Nota 3).
— über die frühere Meeresbedeckung
der Sahara II, 364.
— über die Kiesel der Crau II, 381.
— die Abhängigkeit der Gewächse von
ihrem SUndort 11, 519 (Nota 3).
— über den Austausch der Gewächse
zwischen Europa und Nordamerika
II, 547.
— Verwandtschaft der alpinen Flora
mit der nordischen II, 599 (Nota 2).
— die räth seihafte Verbreitung von
Dloscorea pyrenaica und der ihr nahe-
stehenden Pflanzen ü, 601 (Nota 2).
— über die posttertiäre Flora Süd-
frankreich's II, 603. 604 (Nota 1).
Martin Vaz I, 391. 499.
Martins, Philipp v. II, 404, Nota 2. 532.
579.
Mas-a-fuera I, 391. 49S.
Mascaret II, 28.
Maskarenen I, 371. 38ü. 499. 11, 589.
Maskarenen- Strom II, 101.
Maskelyne I, 174. 176 ff.
Maakenschwein II, 636. 639.
Massengesteine s. Eruptivgesteine.
Massenverhältnisse der Meere und der
Continente I, 407 ff.
Massua I, 372. II, 195. 196.
Mastixbaum n, 523. 553.
Mastodon I, 333.
Mastodonsaurus I, 319.
Masudi II, 406.
Matagorda-Bay I, 361.
Matanne II, 445.
Mathieu I, 156.
Matia-Insel I, 497.
Matiasbay I, 391. II, 405.
Mattapony II, 371.
Matterhorn I, 569.
Matterjoch II, 170 f.
Matteucd I, 194.
Matthew-Insel I, 492.
Maulbeerbaum II, 553. 558.
Maulwurf II, 616. 620. 623.
— blinder II, 620.
— gemeiner II, 616.
Mauna Kea I, 208. II, 217.
— Loa I, 202. 206 f. 2ü8. 213. 218. 224.
259.
Maupertuis I, 152.
Maurienne, Gebirge von I, 559.
Mauritia II, 578. 579.
— flexuosa II, 579.
Mauritius I, 260. 371. 499. 526. 530.
n, 505 f.
Maury (Astronom) I, 126.
Maury (Hydrograph), M. F. : erste Tiefen-
karte des nordatlantischen Beckens
I, 410.
— der Silbergehalt der Oceane II, 5
Nota 1.
— über die Guineaströmung II, 57.
— dachförmige Oberfläche, sowie Farbe
des Floridastromes 11, 62.
— Verschiedenheit der Passatkräfte im
Gebiete des nord- und südatlantischen
Oceans n, 88.
— der Floridastrom bewegt sich bergan,
entsteht durch Salinitätsdifferenzen
II, 99.
— ungleiche Dauer der beiden Mon-
sune im Gebiete des Indischen Oceans
n, 213 (Nota 1).
— der Calmengürtel oder Aequatorial-
wolkenring II, 255.
Maus (Mus musculus) II, 610. 617. 624.
626. 635. 643.
Maxima der Luftwärme II, 194—197,
der Windstärke II, 208 f.
Maximilian, Prinz von Neuwied II, 499.
Maximiliana princeps II, 579.
Maximum-Thermometer II, 153.
716 Register.
Mayer, Jul. Rob. : Gesetz von der Un- im aUgemeineii ist es in allen Ocea-
zerstörbarkeit der Kraft I, 3S. 42. 43 nen dasselbe II, 105 f.
(Nota 1). Meeresströmungen haben nur geringe
— Ursprung der Sonnen wärme zurück- erodirende Kraft, nivelliren den Meeres-
geföhrt auf Meteoritenregen I, 47 f. grund I, 429. Darstellung der M. II.
— Verzögerung der Erdrotation durch 56— 80. Die Theorien der M.II,S1 — 107.
die Gezeiten I, 50 f. M. dienen zur Verbreitung der Ge-
— Bedeutung der Atmosphäi-e im Haus- wachse II, 545. 577. 593 f.
halt der Natur I, 81 (Nota n Meerfelden, Maar bei 1, 217.
Mayer, Tobias: Beobachtung eines Meerkatze II, 633.
grossen Sonnenflecken I, 74. Meermuhlen bei Argostoli II, 30S.
— Mondtafeln I, 170. Meerschwein s. Delphinuä phocaeua.
— Messung der magnetischen Intensität Meerschweinchen II, 64u. 643. 64^.
II, 459. Megaderma II, 633.
Maypo I, 225. Megalobatrachus II, 624.
Mechain I, 160. 161. Megapodidae II, 651.
Mechanische Leistungen der Ströme 11, Mehadia II, 294.
375—397. Meiringen II, 439.
Medanos I, 448. II, 493. Meissner, Braunkohle vom I, 343.
Medardus (8. Juni^ II, 237. Mekhong II, 410.
M^oc I, 45S. Mekran I, 370.
Meech n, 139 (Nota 1). Meialeuca II, 534.
Meer: seine Beziehungen zum Vulcanis- Melan I, 162.
mus I, 232 ff. Erschütterungen des M Melanesia-See s. Koralienmeer.
durch Erdbeben I, 246. Andere Ver- Melaphyr I, 292. 297.
theilnngdesM. in früheren geologischen Melastomaceen II, 537.
Zeitaltem 1,290. Die Grenzen vorhisto- Melbourne I, 366. II, 233. 249.
rischer Meere zu bestimmen I, 29S f. Meles II, 616. 624. 625.
Flächenverhältniss des M. zum Fest- . Melilotus sulcata II, 597.
landel,392. 426. Methoden zur Messung Meline, James II, 496, Nota 2.
seiner Tiefen I, 407 ff. Seine mittleren Meliphagidae II, 651.
Tiefen I, 410—420. Sein Volumen I, Mellum I, 31 9.
427. n, 287. Sein Gewicht ist dem- Melonen-Cactus IL 541. 573. 5S2.
jenigen der Erdfesten gleich I, 427 f. Memel I, 162. II, 32.
Neigimg seiner Wandungen I, 433 f. Memnonsäule I, 451.
Zerstörende Thätigkeit des Meeres Memphis (am Mississippi) II, 497.
I, 433—442. Salzgehalt und speci- Menam II, 41().
fisches Gewicht seines Wassers L 552. Menamdelta I, 369.
II, 3 — 13. Fluth und Ebbe II, 14—32. Mendaiia-Archipel s. Marquesas-Iu&eln.
Temperaturen an seiner Oberfläche Mendaua-Vulcan I, 492.
II, 33 — 3S, in den Tiefen desselben II, Menden I, 257.
38 — 55. Seine Strömungen s. Meeres- Mendesische Niimündung II, 416.
Strömungen.' Meere als Hindemisse Mendoza II, 64b.
für die Verbreitung der Gewächse II, Mensaleh-See I, 372. II> 416.
599, der Thiere II, 611. Mensch: Skelettheile im Diluvium I.
Meeresbecken, ihre Entstehung I, 290. 336 f. Verbreitung der Gewächse uurch
Meeresgrund, sein Relief I. 4i>5 f. 42S ö. den M. II, 596 f Verbreitung der
Meeresniveau , Abweichung des M. von Thiere durch den M. II, 610. Der M.
dem reinen Rotations - EUipsoid in ein Hinderniss für die Verbreitung
Folge Attraction der Festlande 1, 158 f.; mancher Thiere 11^ 613.
Register.
717
Menzies-Tanuc II, 550. 570. 571. i Mettenberg I, 542 f.
Menzzer II, 459 f. ! MexJcanische Flora II, 575 f.
Mephitis(StiQkthier) 11,625.626.640.641. Mezicaniscbe Küstenströmung II, 76.
— Chinga II, 626.
— patagonica II, 647.
— suffocans 11, 647.
Meran II, 360.
Mercur I, 79 ff.
Mer de Glace II, 343. 344. 345. 353. 599.
Mergelschichten, Bildung derselben I,
292 f.
Mergen I, 233.
Meriones (Rennmäuse) II, 621. 631. 635.
643.
Merops II, 618. 637.
— apiaster II, 618.
Merw II, 516.
Mesa 11, 402.
Mesembryanthemum II, 504. 567.
Mesen I, 185.
Mesopotamien II, 160. 196. 437.
Mesozoische Formationsgruppe I, 298.
318—328.
Messier XVn, Nebelfleck I, 34 f.
Messina I, 268. II, 31.
Metall-Maximum- und Minimum-Ther-
mometer II, 154.
Metamorphose des Urgebirges I, 303.
Meteorite I, 107 ff. Aufzählung wich-
tiger Meteoritenfalle I, 107 f. Grösse
und Gewicht der M. I, 108 f. Cha-
rakteristische Merkmale der M. 1, 109 f.
Mexico (Geologisches:) 1, 109. 225. 232.
233. 236 f. 239. 361. 493 f. (Meteoro-
logisches:) n, 168 f. 219. 283. 354.
437. (Biologisches :) II, 525. 540. 546.
573.
Mexico, Busen von I, 420. II, 35. 36.
51. 59. 98. 393. 408. 414. 416. 625. 626.
627. 639. 642. 643. Gebiet des B. v.
M. II, 219. 263.
Meximieux II, 603.
Meyer, 0. E. II, 85. .
Mezquite- Sträucher II, 573.
Michelia II, 560.
Michigan (Staat) I, 316. II, 334. 362.
j Michigan-See II, 32. 319.
Micraster I, 326.
Microcebus II, 639.
Microglossa II, 632.
Microlestes antiquus I, 320.
Micuipampa II, 460.
Middendorff, Alex. Theod. v.: Südgrenze
des Eisbodens in Sibirien I, 186.
— Beobachtungen im Scherginschachte
I, 187 f.
— Hebungserscheinungen an der Nord-
küste von Sibirien I, 368.
— über die Vegetation des Taimyr-
landes II, 548 f.
— über die Vegetation Westsibirien's
II, 551 (Nota 1).
Chemische Zusammensetzung!, 110.;
Specifisches Gewicht I, 110. Einthei- i Milchstrasse I, 18 ff.
lung in Stein- und Eisen-M. I, 110.1— der Nebelflecke I, 21.
Geschwindigkeit der Bewegung I, 112.1 Miller, W. A. II, 43.
Bahnen I, 112 f. Aufleuchten beim I Miller-Casella'sches Thermometer 11,43.
Eintritt in die Atmosphäre I, 113. Milne I, 265.
Erhöhte Frequenz vom 12. bis 14. Milton II, 495 f.
November (Leoniden) und am 10. ^ Milvus isurus II, 651.
August (Perseiden) I, 114 ff. Bahnen i Milwauke6 II, 32.
der November- und Augustschwärme ' Mimosa dormiens II, 537.
— pudica II, 537.
— sensitiva 11, 537.
— somnians U, 537.
1, 1 1 5 ff. Uebereinstimmung derselben
mit Cometenbahnen I, 117 ff. 132.
Meteorsteine s. Meteorite.
Meter, Bestimmung seiner Grösse I, 160. — somniculosa II, 537.
Methone (Methana) I, 202 f. | Mimosen 11, 537.
Metrosideros II, 534. Minas geraes II, 499. 580.
Metroxylon Rumphii II, 559. ! Mincio-Gletscher in der Eiszeit II, 359.
— sagus II, 559. Mindanao I, 239.
'
718
Register.
Mindoro-See II, 53. ',
Mineralwasser II, 305 — 307.
Mingrelien II, 316.
Minima der Lnftwärme 11, 197.
Minimum-Thermometer II, 153 f.
MinnesoU II, 2S1. 362.
Minntoli, v. h 234.
Miocün I, 294. .'{Ol. 329.
Mjösen-See I, 4S4. II, 451.
Miquelon I, 447.
Mira(Stem im Bilde des Walfisches) 1, 2S9. ,
Mississippi (Staat) II, 2S0.
Mississippi (Strom) II, :tTO. 373. 374.
392. 393. 401. 40S. 413 ff. 420. 422.
423. 42S. 433. 434. 436. 53S f. 610.
Mississippi -Delta I, 311. 361. 397. 11,
407. 408. 410. 413 ff. 420. 426.
Mississippi-Ebenen I, 261. 269. IL 2S0 f.
436. 497. 572.
Missouri (SUat) I. 316. II, 2S1.
Missouri (Strom) II, 370.
Mistel II, 595.
Mistral I. 446.
Mitchell I, 180.
Mitchell II, 160.
Mittel zur Verbreitung der Gewächse
11, 592—597, der Thiere IL 6i)S— 610.
Mitteleuropa (Geologisches:) L 163. 171.
292. 377 ff. 3b5. (Meteorologisches:)
II, 193. 233. 274 ff. 480. (Biologisches:)
II, 534 f. 5.50 ff. 616—618.
Mittelmeer I, 372 ff. 389. 420. 436. 452.
II, 10. 1 1 f. 30. .50 f. 104. 106. 317. 408.
Mittel meerflora II, 552- .S55.
Mittelmeerländer I, 330. IL 188. 2f>6 f.
:J61 f. 501 f. 545. 552—555. 619—622.
Mittlere Jahrestemperatur II, 156.
— Monatstemperatur II, 156.
— Tagestemperatur II, 155 f.
Moa I, 522. 526.
Mobile I, 361.
Modellirung der Küsten I, 433—147.
Möbius, Karl I, 3U4, Nota I.
Möllhausen, Balduin IL 3S2 f. 496. 527.
Möllthal n, 328.
Mönch (Berg) I, 568.
Mörderschlinger IL 542.
Moesta, C. L 451.
Mofetten I, 226 ff.
Mohl II, 519.
Mohn, H.: relativ hohes specifisches
Gewicht des atlantischen Wassers in
hohen nördlichen Bretten II, 7.
— jährliche Temperatnramplitude des
Oberflächenwassers im Skager Rak
IL 34 (Nota 1).
— über Tiefseetemperaturen in dem
Norwegischen Meere II, 40.
— über das Auftreten kälterer Meeres-
schichten zwischen wärmeren II, 45.
— über die Tiefentemperaturen im nörd-
lichsten Theile des Atlantischen Oceaiu
II, 48 ff.
— Temperaturverhältnisse in dem Was-
ser der Fjorde II, 50 (Nota 1).
— thermale Strömungen im Ocean IL 92.
— vorherrschende Südwestwiude im G*'-
biete des Golfstromes IL 99, Nota 1.
— Erklärung der täglichen Oscillationen
des Barometerstandes II. 125. 12t>
(Nota 1).
— Windstärke an den Küsten grösser
als im Binnenlande II, 207.
— Beziehungen zwischen Windstärke
und barometrischer Neigung IL 225.
— thermische Extreme der Wiodro»*-
in verschiedenen Ländern IL 232 f.
— die tägliche Periode des Dampf-
druckes im Juli zu Bergen und Upsala
II, 247 f.
— Dampfdruck in Christiania und auf
dem Dovrefjeld II, 250.
Mohn II, 523.
Mohr I, 263.
Mokattam-Gebir^^e L 4öl.
Molasse I, 328.
Moldau (Fluss) II, 370.
Molopo II, 399.
Molukken I, 228. 259. 264. 369. 4'.r>.
IL 215. 534. 559. 562. 608.
Mommsen 1, 524 (NoU 2). 11,437 (Nota I ).
Monatsisanomalen II, 187.
Monatsisothermen IL 178 ff.
Mond : Grösse I, 98. Masse I, 98. Side-
rische und synodische Umlaufszeit L
99. Entfernung von der Erde I, i*^
Seine Bahn I, 99. KoUtion I, 99.
Libratiou I. 99 f. Schwerpunkt de«
Mondes nicht in der Mitte I, luo.
Consequenzen davon L 100 f. Atmo-
Register.
719
Sphäre I, 100 ff. Mondberge I, 101.
216. Absorption der Atmosphäre I,
53. 101 f. Beweise für das Fehlen
einer Atmosphäre I, 102 f. Spectrum
I, 102. Thermische Verhältnisse an
der Mondoberfläche I, 103. Der M.
eine leblose Einöde I, 108. Abplat-
tung der Erde berechnet aus den
Bewegungen des M. I, 159 f. Mond-
finsternisse benützt zur Ermittelung
des Zeitunterschiedes zweier Orte I,
169. Mondtafehil, 170. Einfiuss des
M. auf die Entstehung von Erdbeben
I, 266 ff. Der M. bewirkt (mit der
Sonne) das VoiTÜcken der Tag- und
Nachtgleichen I, 285 f. II, 144, sowie
die Entstehung von Fluth und Ebbe
II, 14 ff. Der M. ist für die Erde
kein wesentlicher Wärmequell II, 13S.
237. Beziehungen des M. zum Wetter
II, 237 f., zum Erdmagnetismus II,
474.
Monde der Venus I, 83, des Mars I, SS,
Jupiter's I, 91. 169, Saturn's I, 95 f.,
des Uranus I, 97, Neptun's I, 9S.
MondorffI, 196.
Mongolei II, 272. 622.
Mongolen II, 454.
Monizia edulis I, 516.
Monkwearmouth I, 34S.
Monodon monoceros II, 615.
Monotremen II, 650.
Monsune 11, 211. 212—215. 219 f. 255.
269-272. 512.
Montagna di Fuego I, 238.
Montaigne (Astronom) I, 83.
Montaigne, Michel de I, 458.
Montalto (Aosta-Thal) I, 474.
Montbaron I, 83.
Montblanc I, 242. 540. 541. II, 136. 169.
285. 343 ff. 353. 359.
Mont Cenis I, 178. 193.
Monte Alto I, 268.
— Argentario I, 441. 446 f.
— Circello I, 441.
— di Somma I, 215. 225.
— -Massi I, 194.
— Nuovo I, 208 f. 225. 355.
— Romano I, 441.
— Rosa II, 353. 358. 359.
Montevideo I, 159. 11, 404. 411. 469.
498.
Montpellier II, 317.
Montreal II, 411.
Montserrat (Catalonien) II, 601.
Mont Sinuire I, 242.
Monument-Cactus II, 573.
Moosbrucher Maar I, 217.
Moose II, 532. 549.
Mopane-Baum II, 566.
Mora II, 578.
Moränen bewirken bisweilen die Bildung
von Seen II, 328. Entstehung der M.
II, 340. Seiteumoränen II, 341, Mittel-
moränen II, 341, Endmoränen II, 342.
Grandmoränen II, 343.
Morbihan, Bucht von I, .^77.
Morchella alba II, 530.
Morea I, 374. II, 620.
Moreno, Garcia I, 236.
Moresnet II, 519.
Morlaix I, 378.
Morro-Melancia I, 452.
Morteratsch-Gletscher I, 474. II, 353.
Monis alba II, 553.
— nigra II, 553.
Mosasaurus I, 327.
Moschus aquaticus II, 636.
— kanchil II, 631.
— meminna II, 631.
— moschiferus II, 622.
— napu II, 631.
Moschusthier s. Moschus.
Moskau I, 176. 315. II, 273.
Moskö-Strom II, 31, Nota 2.
Motacilla II, 637. 656.
— alba II, 656.
' Mount Hood I, 472.
— Rainier I, 472.
Mouvement de bascule s. Schwengel-
bewegung.
Mozambique I, 371. II, 564>
j Mozambique- Strom II, 79. 91. 101.
I Mucuna urens II, 68.
I Mudge I, 162.
Mühlhausen (am Eichsfeld) II, 20^. 249.
Mühlheim (Rheinprovinz) I, 257.
Mühry, A.: über Meeresströmungen II,
82. 87 (Note 1). 91. 92. 93 ff.
— Circumtraction des Windes II, 207.
720 Register.
Mühiy, A.: die Regenzonen der £rde|Mustela foina II, 616.
II, 259 f. 273. 500. — furo II, 620.
Müller, Ferd. II, 527. — huro II, 625.
— Gerhard Friedrich I, 367. — Intreola II, 625.
— Joh. I, 17 (Nota 1). 89 (Nota 1). 113 , — martea II, 616. 625.
(Nota J). 127 (Nota 1). 273, Nota 1. . — pusilla II, 625.
2S0 (Nota 1). — putoriu8 (Iltis) II, 622.
München II, 22S. 237. 360. — Richardsonii II, 615. 625.
Muflon U, 621. 623. 627. i— sibirica II, 616.
Mnghas II, 550. , — subpahnata II, 620.
Maka-5Iuka-Point I, 271. '— vison II, 625.
Mulde (Fluss) U, 392. 431. — vulgaris (Wiesel) II, 615. 625.
Mnldenseen II, 329. — zibellina (Zobel) U, 616. 622.
Muldenthal s. synclinales ThaL . Muszynski, C II, 424 (Nota 3).
Multan II, 195. Mutisiaceen II, 583.
Munkholm I, 3S3. Mutterlau^nsalze II, 332.
Muntjakhirsch II, 631. Mycetes II, 641.
Munzinger II, 196. Mycteria americana II, 645.
Muradabad II, 609. Mydaus II, 629. 630.
Murchison, Sir Roderick I, 10. 305. Myodes heivolus II, 615.
Murmelthier s. Arctomys. — lemmus (Lemming) II, 610 f. 615.
Murzuk II, 195. 627. 62S.
Mus II, 610. 617. 619. 621. 624. 626. — torquatus II, 615.
631. 635. 64 i. 64s 650. 657 f. — trimucronatus II, 615.
— barbarus II, 621. ' Myogale U, 625.
— decumanus II, 617. 624. 626. 635. 643. Myopotamus II, 643. 64S.
— muBCulus (Hausmaus) II, 610. 617. — coypus II, 64S.
624. 626. 635. 643. Myoxus (Schläfer) II, 617. 619. 620. 634.
647.
— glis II, 617. 620.
— Orientalis II, 621.
— rattus (Hausratte) II, 610. 617. 626.
635. 643. 657 f. — melanurus II, 634.
— tectorum II, 621. — muscardinus II, 620.
Musa Ensete U, 564. — nitela H, 620.
— paradisiaca (gemeiner Pisang) II, 539. Myrmecobius U, 650. 651 f.
554. 559. Myrmecophaga s. Ameisenfresser.
— sapientum (Banane) U, 524. 539. 559. Myrsineaceen II, 605.
MuscatnuBsbaum U, 562. Myrte II, 190. 534. 553.
Muschelbänke I, 357, auch Nota 1 und Myrtus communis U, 534.
3. 359. 367. 368. 374. 375. — stipularis U, 534.
Muschelkalkformation I, 294. 319 f. 320. Mystriosaurus I, 323.
U, 334. Mytilus I, 321. 322. 355.
Muschketow, J. I, 234. — polymorphus II, 321.
Muscicapa II, 637. Myzodendrou punctulatum II, 595.
Musophaga U, 637.
Mustela (Marder) U, 615. 616. 620. 622. !fab II, 371.
624. 625. 630. 633. 641. Nab, M' II, 494.
— agilis II, 641. Nabelschwein II, 627. 644. 64b.
— alpina U, 622. Nachtaffen II, 641.
— altaica II, 622. Nachtigall II, 6 IS.
— erminea II, 615. 625. Nadelhölzer vgl. Coniferen.
Register.
721
Nägeli, Karl I, 512.
Nagelflue I, 328.
Nagelfrosch ü, 638.
Nahur U, 623.
Niya II, 632. 638.
Nain (Labrador) I, 186. II, 175 f.
Nairsa I, 525.
Namaqualand I, 108. II, 500, Nota 1.
Namen der Ströme II, 369—371.
Namur I, 315.
Nandu s. (amerikanischer) Strauss.
Narbonne II, 317.
Narenta II, 422. 425.
Nares I, 363. U, 47.
Narwal, gemeiner U, 615.
Nasenthier s. Nasua.
Nashorn s. Bhinoceros.
Nashomyogel II, 632.
Nasmyth'sche „Weidenblätter'* I, 60.
Nasua II, 625 f. 640. 642.
— montana 11, 640.
— socialis n, 625 f. 642.
Natronsäuerlinge II, 306.
Natronseen II, 417.
Natronwasser Ü, 306.
Naumann, C. F. I, 257. 26U. 403, Nota 1.
Nautilus I, 314.
Nazareth-Fluss II, 419.
Neanderthkl (b. Düsseldorf) I, 337.
Neapel I, 226. 227. 256. 11, 131. 175.
267.
Nebel U, 251.
Nebelflecke I, 19 ff. Sie sind zumTheil
unzweifelhaft entzündete Gasmassen
I, 31 S. 278. Bewegungen der Doppel-
nebel I, 32. Wirkliche N. sind Stoff
zu neuen Stemenbildungen I, 33. 278.
Sie finden sich vorzugsweise in stemen-
öden Bäumen I, 33 ff. Entstehung
unseres Sonnensystems aus einem
Nebelsphäroid I, 274 ff. Planetarische
Nebel I, 288.
Nebelsteme I, 288. Das Sonnensystem
früher ein N. I, 275.
Nebi-aska (Staat) I, 317.
Neckam, Alexander ü, 455.
Neger I, 530. II, 436. 517.
Negretti n, 106.
Negretti - Zambra's Tiefseethermometer
n, 43.
Peschel-Leipoldt, Pbys. Erdkunde. II
Negros (eine Insel der Philippinen) I,
238.
Nehrungen I, 442 ff.
Nelumbium speciosum II, 543.
Neocom I, 325.
Neogen I, 329. 331—333.
Neograder Gebirge n, 445.
Neotoma II, 626 f.
Nepal n, 561. 601.
Nephrodium molle II, 592.
— unitum II, 592.
Nephrolepis tuberosa n, 592.
Neptun I, 97 f. 274. 283.
Neptunmond I, 98. 274.
Nereocystis Lütkeana II, 531 f.
Nerinea I, 322. 326.
Neritina liturata ü, 321.
Nertschinsk II, 270. 476.
Neu-Amsterdam I, 499. 515. 530.
Neu-Archangelsk II, 176. 279.
Neu-Bassora n, 406.
Neu-Braunschweig I, 316. II, 27. 409.
Neu-Britannien I, 232.
Neu-Caledonien I, 366. 387. 403. 500 ff.
503. 509. 515. 531. H, 271. 590.
Neue Hebriden I, 229. 240. 366. 492 f
494. 498. 515. n, 26.
Neuenburg II, 357.
Neuenburger See II, 329.
Neu-England I, 265. 463. ü, 191 f. 280.
362.
Neufahrwasser II, 32.
Neuffen I, 195.
Neu-Fundland I, 362. 385. 391. 463. 467.
535. 545. 571.
Neu-Fundland, Bank von I, 390. II, 35.
36. 70. 73 f. 355.
Neu-Granada II, 283. 419. 426 f. 525,
Nota 2.
Neu-Guinea I, 232. 259. 366. 386. 489.
490. 501. 520. 521. 531. ü, 215. 271.
Neu-Hannover I, 396.
Neu-Holland s. Australien.
Neu-Irland I, 366. 396.
Neukirch (bei Bischoiswerda) ü, 120.
Neu-Madrid (Ver. St.) I, 261.
Neumann, Carl v. II, 197 (Nota 4).
Neu-Mezico II, 516.
Neuropteris I, 309. 316.
Neusalzwerk (Westphalen) I, 196. 198.
46
722
Regbter.
Nea - Schottland I, 316. 391. 463. 467.
n, 27. 409.
Nea-Seeland (Geologisches :) I, 204. 209.
211. 217. 226. 232. 240. 259 (auch
Nota 2). 271. 364. 366. 385.387. 468 f.
471. 472. 500. 501 f. 503. 522. 526.
527 f. 531. (Meteorologisches:) H, 268.
281 f. 299—301. 311. 354. 366 £ (Bio-
logisches:) II, 590. 592. 598. 602. 658.
Nea-Sibirien I, 336. 368.
Xeu-Süd-Wales H, 281.
Neuwied I, 257.
Nevado de Chillan II, 354.
Newbold I, 184.
Newcastle, Kohlenbecken von I, 312.
344. 347. 348.
Neweroff II, 197 (Nota 6).
New-Haven (Connecticut) 11, 200.
New-Jersey I, 362.
New-Orleans I, 361. n, 397. 423. 497.
New-Providence II, 293.
New-Quay I, 378.
New-red-sandstone I, 316
New-Kiver II, 334.
Newton : Gresetz von der Erhaltung der
Kraft I, S. 38, NoU 1.
— über den Schweif des Cometen von
1680 I, 122.
— die Richtigkeit seines Gravitations-
gesetzes erwiesen aus der Picard'schen
Gradmessung I, ]49.
— die Verkürzung des Secundenpendeb
am Aequator eine Folge der polaren
Abplattung der Erde I, 150.
— Grösse dieser Abplattung I, 150 f.
— Localattraction I, 173.
Newton (Mondgebirge) I, 101.
New- York (Staat) I, 362. n, 334.
New- York (SUdt) I, 156. 11, 175. 258.
Ngami-See H, 313.
Niagarafalle U, 439 f. 442.
Nicaragua-See II, 319 f.
Nicoya I, 359.
Niebuhr, Carsten I, 371 f.
Niederlande s. Holland.
Niederschlage, Begriff II, 250 f. 257 ; im
übrigen s. bei Kegen.
Nieder- Wildungen II, 306.
Nieswurz, stinkende II, 519.
Niger D, 369. 406. 410. 436.
Nijmegen 11, 394.
Nikkala I, 382.
Nikobaren I, 369.
NikoUjew II, 276.
Nil I, 143. 144. n, 12. 387. 39S. 40li t.
403, jNota 2. 408. 416 f. 422. 42 :v.
424. 435. 436. 437. 499. 563. 564. 635 t.
Nilagiri n, 654.
Nildelta I, 372. 373. II, 403, Nota j.
408. 416 f. 425. 426. 427.
Nilpferd EL, 635 f.
Nimbus II, 253.
Nipon II, 557. 558.
Nippfluth n, 17 f.
Nischne Udinsk 11, 197.
Nischnii-Nowgorod (Gouv.) I, 317. II, 3*>">.
387. 462.
Niu-tschuan I, 368.
NiTeauerhöhung der Oceane an ihre:.
continentalen Ufern I, 15S f. 176.
Nizza n, 202. 267. 533.
Noah n, 334.
Nördliches Eismeer s. Eismeer.
Nördliche Hemisphäre, Temperaturver*
hältnisse H, 175 ff. 179 ff.
Nöschel II, 322.
Nordafrika s. imter Mittelmeerlander.
Nordafrikanische Strömung II, 63.
Nordamerika (Geologisches :) I, 1 86. IST.
231. 294. 296. 30S. 311. 313. 316. 317.
320. 321. 326. 32S. 334. 360 ff. 3^S.
390 f. 396. 397. 400. 401. 461. 463.
465. 467. 472. 473. 498. 529 f. 557 f.
(Meteorologisches:) H, 7b. 127. 175 f
179. ISG ff. 197. 199. 227 ff. 233—236.
256 f. 263 f. 273. 278—281- 301— 30:<.
319. 321. 324. 354. 362 f. 367 L 382.
434. (Biologisches:) H, 495—497. 535,
546 f. 570—576. 598. 624— 62S. 653 f. 65t!
Nordamerikanisches Waldgebiet II, 570- -
572.
Nordbrabant I, 37S.
Nordcanalrinne I, 435.
Nordcarolina I, 444. 11, 571. ü57.
Norddeutsche Tiefebene 1, 327. 334. 11.
355. 365. 552.
Nordenskiöld : Meteoreisen auf Grönland
I, 108 f.
— grosse Meerestiefen bei Spitzbergen
I, 2S2.
— letzte Fahrt in's russische Eismeer I.
470. II, 66. 67.
Register.
723
NordQord II, 50.
Nordlicht EL, 476—486.
Nordiee I, 378 ß. 388. 420. 425. 432
433. 485. 487. 489. 518. H, 26. 30. 49
105. 425.
Nordstrand I, 380.
Norfolk (England) I, 439.
— (Insel) n, 590.
Normandie I, 107. 378. II, 190. 201.
Normannische Inseln I, 439. 524.
Northshields 11, 277.
Northnmberland I, 315.
Northumberlandsund II, 171.
Norton-Sund I, 186. 360.
Norwegen s. bei Skandinavien.
Norwegisches Meer II, 40. 45.
Norwegische Rinne II, 49.
Nostitz, Pauline v. n, 196 (Nota 3).
Nottinghamshire I, 192.
Nouet n, 157.
Nova Scotia I, 362.
Nowaja Semlja I, 367. 489, Nota I. 11,
65 f. 171. 191. 536. 593.
N'pulunai n, 420.
Nubien II, 398. 499. 562. 565. 634. 685.
636.
Nützlichkeitsprincip angewandt auf das
Weltall I, 104 f.
Nullah n, 399. ^
Numida II, 637.
Nummuliten I, 296. 330.
Nussbaum U, 551. 603.
Nutation I, 286.
Nycteris 11, 633.
Nycticejus II, 625. 633. 641.
Nyctipithecus II, 641.
Nyctophilus ü, 650.
Nykjöbing ü, 31.
Nymphäen 11, 548.
Oahu I, 865. 497.
Oasenartiges Auftreten der Pflanzen II,
599 flF., der Thiere II, 654 ff.
Oaxaca (Prov.) H, 540. 576.
Ob II, 66. 386. 388. 405.
Oberalp I, 588.
Oberer See II, 319.
Obergl, 162.
Oberrheinische Tiefebene I, 293. 298 f.
533. II, 237. 277. 377. 394. 447 f.
Obolus I, 306.
Obsidian II, 289.
Occultation I, 102.
Ochnaceen II, 581.
Ochotsk II, 176.
Ochotskisches Meer I, 420. II, 11. 52.
76. 191.
Ochotski^her Strom II, 76 f.
Octodon U, 643. 647.
Odenwald I, 293. 320.
Oder, alter Lauf der I, 3S1.
Odessa II, 276.
Odontopteris I, 809. 316.
Odontopteryx I, 330.
Odontornis I, 327.
Ölbaum II, 536. 553.
— amerikanischer II, 571.
Ölpalme II, 545. 565.
Oenocarpus II, 579.
Oeregrund I, 383.
Österreich (Erzherzogthum) I, 327. 360.
Österreich (Staat) I, 422. II, 259. 276.
334. 360. 550.
Ötzthaler Gruppe II, 285. 353. 450.
Ofen II, 194. 294. 445.
Ofenberg (armenisches Hochland) 1, 234.
Ofotenfjord II, 45. 50.
Ofverbom I, 162.
Oglio-Gletscher der Eiszeit II, 359.
Ogowai-Delta n, 56. 419 f.
Ohio II, 436.
Ohiokohlenbecken I, 390.
Ohmgebirge I, 327.
Ohraffe (Otolicuus) U, 633. 689.
Ohreule, mittlere II, 607.
Ohrrobbe s. Otaria.
Oiketicus II, 654.
Oibers I, 89. 131.
Old Faithful II, 303.
Oldham I, 193.
Old-red-sandstone I, 30;>. II, 550.
Olea americana II, 571.
— europaea II, 53ü. 553. 604.
— verrucosa 11, 566.
Oleander II, 553.
Oligocän I, 294. 329.
Olmstedt I, 114.
Olonez ((xouv.) II, 551.
Olympiodor II, 2i»2.
Olyreen II, 53S.
46*
724
Register.
Oman, Golf von U, 27.
Ombrometer II, 257.
Ombrone-Mündung I, 441. ü, 420.
Omba II, 585.
Onager b. (wilder) Esel.
Onchns I, 306.
Oncidium Papilio II, 541.
Onega-See n, 318.
Ontario-See 11, 319. 413. 421. 439. 442.
Oolithenformation I, 321.
Ophrys U, 541.
Opium n, 523.
Opossum n, 612.
Oppido (Calabrien) I, 268.
Oppolzer I, 117.
Opuntia n, 540. 554. 573. 581. 585. 586.
587.
— Darwini II, 5$6.
-^ ficus indica n, 554.
— missouriensis II, 573.
Orakeikorako II, 299.
Orangengewftchse s. Citrus.
Orang-Utan II, 629.
d*Orbigny I, 325. II, 640.
Orchideen 11, 541 £ 561. 565. 576. 578.
579. 590.
Ord, C. K. II, 7.
Ording I, 456.
Oregon I, 472. II, 268. 571.
Oregon-Ceder n, 571.
Oregon-Tannen II, 571.
Orellana n, 369, NoU 1.
Orenburg (Qouv.) I, 317. H, 193. 539.
Oreodaphne exaltata 11, 576.
Oreodoxa frigida II, 584.
— oleracea 11, 576.
— regia U, 576.
Orinoco II, 405. 410. 417 f. 432. 433.
436. 608.
Orion, o (Fixstern) I, 58.
Orkan II, 206. 208 £ 225.
Orkney-Inseln I, 439. D, 274. 547.
Omithorhynchus paradoxus I, 519. n,
650.
Orographische Seen n, 329.
Oron-See II, 819.
Orotava II, 52S.
Orsk (Gouv. Orenburg) I, 171.
Orthis I, 306. 307.
Orthoceras I, 306. 314.
Orton, James : Profile südamerikanischer
Vulcane I, 208.
— barometrische Beobachtungen im
Amasonasgebiete U, 133.
— geologische Beobachtungen daselbst
U, 363.
— der Amazonas besitzt einen echten
Miindungstrichter 11, 404, Nota 1.
Ortyx n, 628.
Orvin II, 857.
Orycteropus II, 635.
Oryzeen II, 538.
Osbom, Sherard I, 405, Nota 2.
Oschurstranch II, 556. 565.
Osler n, 207 £ 224.
Ostasiatische InseJreihen I, 237 £ 491 £
Ostaustral-Stromung II, 77. 101.
Ostchinesisches Meer I, 420. II, 76.
Osteolepis I, 3^08.
Osterinsel I, 364. 498. 513.
Osteijökull II, 283. 284.
Ostgronländische Strömung 11, 71. 72. 73.
228. 594.
Ostindien s. Vorder- und Hinterindien.
Ostrea placunoides I, 819.
Ostsee I, 881. 888 £ 420. 433. 452. II,
11. 81. 51. 96. 105. 106. 107. 191. 318.
Ostseeländer, russische I, 306. 381. ü,
191. 232.
Ost-Virginien I, 362.
Otaria II, 608. 624. 645. 648. 650.
" jubata (Seelöwe) II, 608. 624. 648.
— nrsina II, 648.
Otocyon II, 634.
Otolicnus n, 683. 639.
— galago II, 633. 639,
Otumpa I, 109.
Oued-Gabes II, 31.
OuTirandra II, 589.
Orerijssel I, 378.
Ovid I, 202 £
Orifak I, 109.
Ovis Argali II, 615. 623.
— aries (HansschaO II, 610.
— cypria II, 621.
— montana II, 627.
— musimon 11, 621.
— Nahoor II, 623.
— Orientalis II, 621.
— tragelaphns II, 621. 637.
Register.
725
Ovi8 Vignei II, 623.
Owen, R. I, 504.
Owthorne I, 440.
OzuB (Amu) II, 399. 407.
Ozelot n, 625 f. 642.
Paachata II, 2S3.
Paar! II, 567.
Padoa n, 124.
Pässe des Mississippi II, 414.
Page, Thomas J. II, 387. 499.
Pahtawara I, 162.
Pairoa-Kette II, 311. 592.
Paka n, 643.
Pako n, 644.
Palaemon 11, 316.
Palaeomeryx I, 333.
Palaeoniscus I, 317.
Palftontologie , ihre Bedeutung für die
Altersbestimmung der Formationen I,
295, für die gegenwärtige Vertheilung
des Pflanzeniebens II, 603 f., sowie
des Thierlebens II, 651 f. 658.
Palaeotherium I, 331.
Paläotomm-See II, 316.
Paläozoische Formationsgruppe I, 298.
302. 305—318.
Palästina 11, 201. 267. 325 f. 441. 505.
563. 564. 634.
Palamedea II, 645. 649.
— cbavaria II, 649.
Palarachnea I, 314.
Palawan I, 492.
Palembang I, 511.
Paleomis U^ 632.
Palermo I, 374. 375. II, 12. 267. 274.
Pallas, P. S. I, 108.
Pallas (Planetoid) I, 89.
Paliiocimis II, 254.
Palliocumnlus II, 253. 254.
Palliser Ray I, 271.
Pallium II, 253.
Paknen in der Kohle I, 309. 310, im
Tertiär I, 328. 329. 333; P. der Gegen-
wart U, 524. 532 f. 545. 554. 558 f.
564 f. 568. 569. 572. 574. 575. 576.
577. 578. 579. 580. 581. 584. 585. 586.
589. 590.
Palmer, J. L. I, 498, Nota 1.
Palmietschilf II, 568.
Palmlianen II, 559. 565.
Palmyrapalme n, 559.
Paltenthal H, 828.
Pamir-Plateau I, 537.
Pampas II, 282. 497. 498 f. 503. 516.
584—586. 598. 610. 644. 648.
Pampashase II, 647.
Pampaakatse ü, 647.
Panama, Golf von II, 27.
— Isthmus von I, 3i*l. II, 106. 609.
Pancratius (12. Mai) II, 22S.
Pandaneen 11, 540.
Pandanen in der Kreide I, 325.
Pandschab U, 195.
Panicum 11, 518.
Pankha II, 196.
Pannesheide (bei Herzogenrath) I, 250.
Pansner U, 132.
Panther (Parder) II, 622. 628. 630. 634.
Panzereidechse 11, 645.
Panzerwelse II, 609. 646.
Papagei II, 628. 632. 637. 640. 645. 651.
Papandayang I, 226. 229.
Pappel II, 536. 551. 556. 670. 571. 593.
Papyrus-Schilf n, 563.
Para (Stadt) I, 159.
Parä (Theil des Amazonaslaufes) 11, 369,
Nota 1.
Paradiesvogel n, 651.
Paradozunis II, 629. 630.
Paraguana I, 397.
Paraguay n, 387. 436.
Parallaxe der Fixsterne I, 16 ff.
Paranä H, 387. 404. 405. 406. 412. 436.
585.
Paranapytinga II, 369, Nota 1.
Paranüsse 11, 580.
Pardelkatze II, 620.
Parder s. Panther.
Paria I, 397.
— Golf von n, 417.
Parina-Spitze II, 7^.
Pariou I, 242.
Paris I, 146. 151. 183. 196. 198.327. U,
131. 175. 231. 258. 460. 467. 468 f.
500.
Parish I, 109.
Park, Mungo II, 197.
Parker, J. P. I, 408.
Parmenides I, 139.
726
Register.
Parrot, Friedrich n, 133. 161.
Parry, Sir Edward I, 46S. 510.
Parry-Archipel I, 362. 463. 46S f. 471.
491. n, 188. 274.
Pascal, Blaise 11, 110. 111.
Passage-Instniment I, 168.
Passate sind betheiligt an der Gestal-
tung der Continente I, 400, erhöhen
den Salzgehalt der von ihnen be-
herrschten Meerestheile n, 6. 8. 11,
veranlassen die Aeqnatorialströmangen
der Oceane ü, 84 ff., stören den nor-
malen Verlauf von Land- und See-
wind n, 211. Entstehung der P. U,
215. VortheUe für die Schiffiihrt H,
215 £ Die Lage der Passatzonen II,
218—221. Heiterkeit des Himmels im
Passatgürtel n, 256, daher Regenlosig-
keit und grosse Trockenheit der Passat-
zonen n, 261 f. 262. 491 f. Aus-
nahme hiervon Q, 261. 262. 264. Ihre
Entwicklung bei entgegengesetzter
Richtung der Erdrotation II, 510 f.
Passatstaub ü, 217.
Passatwölkchen U, 217.
Passau n, o71.
Passeierthal II, 360.
Passiflora n, 542.
Passy (Paris) I, 196.
Pasterze n, 344. 345. 353.
Pasto, Vulcan von I, 236. 272.
Pasumot I, 567.
Patagonien (Geologisches:) I, 357. 359.
391. 442. 463. 464. 467. 471. (Meteoro-
logisches:) n, 78. 282. 283. 354. 355.
> 367. 412. (Biologisches:) U, 534. 584.
586. 587 f. 647. 648 f.
Patagonier H, 516.
Patella I, 271.
Pathologie der Ströme U, 398—402.
Paudree I, 161.
Panllinia ü, 542.
Pavian U, 633.
Payer: secnlfire Hebung der Ostküste
Grönlands I, 363.
— Michtigkeit des Golfstromes im hohen
Norden H, 64.
— Nordlicht und Erdmagnetismus II,
479.
Peacock I, 378.
Pecopteris I, 309.
Pecten I, 322.
Pedetes caffer ü, 635.
Pedro Sarmiento II, 456.
Pegasus, ß (Fixstern) I, 5S.
Pegu, Küste von I, 3b9.
Pekari s. Dicotyles torquatus.
Peking II, 192. 270.
— Ebene von I, 368.
Pelican H, 609. 621. 632. 63S. 651.
P^ligot I, 227.
Peloponnes I, 469 f.
Pelusische Nilmfindung II, 416.
Pemphix I, 320.
Penas, Golf von II, 334. 367.
Penco I, 358.
Pendel: Verkürzung des Secundenp.
nach dem Aequator hin I, 150. 154.
Das P. ein Instrument, die Abplattung
der Erde zu bestimmen I, 153 ff., so-
wie die Dichtigkeit der Erde zu er-
mittebi I, 178 f.
Pendelschwingungen: bei -den P. ver-
wandelt sich Bewegung in Fallkraft
und umgekehrt I, 39.
Penelopidae n, 645.
Penninische Alpen ü, 358.
Pennsylvanien I, 309. 34S. II, 443. 571.
Pentamerus I, 306.
Pentland I, 240.
Pentland-Strasse II, 31, Nota 2.
Penumbra I, 63. 73 f.
Pereskien H, 540 f.
PA-ier n, 111.
Periode, elQährige, in den Nordlichtem.
Sonnenflecken, erdmagnetischen Varia-
tionen und Cirruswölkchen II, 48 1 —485.
Periode, jährliche, der barometrisch ge-
messenen Höhen H, 121, des Baro-
meterstandes n, 126 — 128, der Sonnen-
stnhlung H, 139—142, der Wärme-
abnahme nach oben H, 166. 170, der
Windstärke U, 208, gewisser Winde
II, 212—215, des Wasserdamp^gehalts
der Luft H, 247 f., der DampfsättiguDg
n, 248, der Bewölkung H, 255, der
Wasserfulle in den Flüssen II, 399.
Periode, tägliche, der barometrisch ge-
messenen Höhen H, 119. 120. 121, des
Barometerstandes U, 123 — 126, der
Register.
727
Luftwärme II, 142 f., der Wind-
stärke n, 208, der Land- und See-
winde II, 210—212, des Wasserdampf-
gehalts der Luft U, 246 f., der Dampf-
sättigung U, 24$, der Bewölkung II,
254 f.
Periodicität gewisser Sternschnuppen-
fälle I, 1 14 ff.
Perlhühner H, 637.
Perm (Gouv.) I, 316. 317. 320.
— (Stadt) II, 388.
Permische Formation (Dyas) I, 293. 294.
297. 316 f. 340 f. II, 334.
Perodicticns II, 638.
Peronospora infestans II, 598.
Perpignan II, 136.
Perrey, Alexis I, 266.
Perrottet II, 528.
Persberg I, 257.
Persea I, 516. 587.
— lingue II, 587.
Perseus (Sternbild) I, 115. 289.
Persien I, 260. 330. U, 187. 195. 272.
555.
Persischer Golf I, 420. II, 407. 412.
Person ü, 258.
Perte du Rhöne II, 308.
Perth (Australien) ü, 268.
Perth (Schottland) I, 174. 176.
Peru (Geologisches:) I, 152. 153. 161.
163. 232. 258. 259. 264. 266, Nota 1.
358. 448. (Meteorologisches:) ü, 78.
334. 426. 437. 460. (Biologisches:) n,
640. 641. 642. 644. 647. 657 f.
Pemanische Strömung I, 497. U, 37. 78.
101. 264 f. 493 f.
Peru - bolivianisches Wüstengebiet II,
264 f. 493 f. 510 f.
Pe-schan I, 233 f.
Pesquiers, Lagune von I, 446.
Pest n, 445.
Petaurus sciureus II, 650.
Petermann, A.: Tiefenkarte der Süd-
see I, 416. 417.
— über die Ausdrücke Golfstrom und
Floridastrom 11, 59 f.
— über den Golfstrom II, 63 ff.
— über die sibirische Polynja II, 67.
Petermann, H. II, 196 (Nota 3).
Peters I, 117.
Petroleum häufig im Tertiär I, 328.
Petromyzon Wagneri II, 322.
Petropaulowsk (am Ischim) II, 322.
Petschora II, 410.
Peumus n, 587.
Pezophaps I, 526.
PfSffers II, 306.
Pfaff, Fr.: Bedeutung genauer Zeitbe-
stimmungen bei Erdbeben I, 249.
— Entstehung von Erdbeben durch das
Empordringen gluthflüssiger Massen in
obere Hohlräume I, 262.
— Contraction der Gesteine in Folge
Abkühlung I, 289, Nota 1.
— über Gletscherbewegung II, 345
(Nota 1). 347.
Pfahl (Bayrischer Wald) H, 384.
Pfalz (Rheinpfalz) I, 312.
Pfannensteinsalze II, 332.
Pfannenstiel II, 357.
Pfefferfresser II, 645.
Pfeifhase II, 622. 627.
Pfeilgras II, 580.
Pferd, verwildertes II, 610. 644. 648.
— wildes n, 619. 621. 622. 629.
Pfister II, 154.
Pflanzen: Pflanzenleben im Gebiete des
Eisbodens 1, 1 86 f. Die Pflanzenwelt der
Inseln 1,507— 531. 11,588—591. Abhän-
gigkeit der P. vom Wasser II, 489 ff.,
vom Standort II, 518—520, vom Klima
II, 520—527. Physiognomik der P. 11,
529—543. Die Pflanzenzonen der Erde
n, 544—591. Wanderungen der P.
n, 592-605.
Pflanzendecke wirkt kühlend II, 16 t.
Pflaume II, 595.
Pflugstein 11, 358.
Pfyffer, Ludwig I, 571.
Phacochoerus aethiopicus II, 636.
— Aeliani n, 636.
Phaethon 11, 632.
Phalangista n, 650.
Phascolarctos II, 650.
Phasma gigas II, 646.
Phatnitischer Nilarm II, 417.
Phellodendron II, 551.
Philadelphia II, 209.
Philippi, R. A.: I, 357. II, 354. 510.
Philippia n, 589.
728
Register.
Philippinen I, 231. 23S. 259. 369. 492.
n, 270. 631.
Phiüpps I, 87.
Phillips H, 258.
PhiUipsia I, 314.
Phlegraische Felder I, 2(>S f. 225. 227.
230. 238.
Phoca barbata II, 624.
— caspia II, 619.
— cristata n, 615.
— groenlandica 11, 615. t>24.
— hispida II, 615.
-^ vitolina II, 608. 615.
Phoenix II, 558.
— dactylifera (Dattelpalme) n, 201. 545.
554. 556. 562. 589.
Phönix-Grappe I, 365.
Phoenix reclinata II, 568.
— silYestris n, 559.
Phonninm teoax I, 527. 11, 539. 590.
Phosphorexhalationen I, 22S.
Phragmoeeras I, 306.
Fhjlica arborea I, 515.
PhjUodadns 11, 590.
Phyllostoma II, 641.
Physeter H, 608. 615. 650.
— macrocephalns n, 608. 615.
Physiognomik der Gewächse II, 529 — 543.
Phjtelephas n, 578.
Phyton tigris 11, 632.
Piave n, 422.
Picard I, 146. 148 f.
Picardie n, 201.
Pic de Teyde H, 216.
Pic du Midi de Bagn^res I, 514. II, 599.
de Bigorre n, 117.
Picea obovata 11, 69, Nota 1.
Pichincha I, 207. 240.
Pichtatanne n, 550.
Pictenmauer I, 384.
Pic Yon Orixaba I, 236. 239. II, 354.
Pico (Azoren) I, 238.
Tenerifia I, 202. 238. II, 600.
Pierce I, 365.
Pierre k Bot II, 357.
— Botte I, 260.
PiUa I, 221.
Pillau I, 381. 458. H, 32.
Pilsen I, 315.
Pindo-Palme n, 585.
Pingel I, 354. 362.
Pinie II, 533. 553.
— - Tolcanische I, 203. 219.
Pinoe-Insel s. Isla de Pinos.
Pinsk, Moore von H, 617.
I Pinns II, 583. 534. 546. 550. 553. 564.
i 557. 561. 570. 571. 572. 574. 576. 577,
601. 603.
I — abies n, 550.
j — alba n, 570.
— anstralis II, 572.
I — aostriaca II, 550.
■ — balsamea n, 570.
1 — bnugeana n, 557.
— cedros (Cüeder) II, 554. 601.
— cembra II, 550.
' — cnbensis 11, 577.
— daorica II, 550.
— Doaglasii 11, 571.
— excelsa Wallich II, 561. 601.
— halepensis II, 554.
— Lambertiana II, 574.
— Laricio H, 550.
— larix n, 550.
— longifolia 11, 561.
— Menziesii II, 550. 570. 571.
— Merkusii H, 561.
— Mertensiana 11, 571.
— microcarpa II, 570.
— monspeliensis 11, 603.
— montana II, 550.
— Monteznmae II, 576.
— nigra II, 572.
— nobilis II, 574.
— obovata O, 550.
— occidentalis n, 534. 546.
— Pence H, 601.
— picea n, 550. 554.
— pichta n, 550.
— pinaster n, 550.
— piuea (Pinie) 11, 533. 553. 554.
— ponderosa II, 571.
— pomilio II, 603.
— pyrenaica II, 603.
— reUgiosa 11, 576.
— sibirica 11, 550.
— silvestris 11, 550. 554.
Pipra n, 645.
Pircnnia dioeca II, 5S5.
Pirna n, 440. 447.
Register.
729
Pirol, goldfarbiger 11, 618.
Pisang H^ 539. 554. 559. 576. 578. 579.
580. 581. 582. 589.
Pisangfresser II, 637.
Pisco I, 258.
Pistacia Lentiscus II, 523.
Pitcaim I, 498.
Pithecia II, 641.
Pitzbuhl I, 197.
Plains n, 281.
Plana I, 171.
Planera Kiaki II, 557.
Planeten I, 79 ff. 273 ff.
Planetoiden I, 88 f. 273. 276.
Plantago major II, 597.
PlaUlea Ajaja II, 645.
Platane (Platanus orientalis) U, 536. 553 f.
Plataaius racemosa II, 574.
Plateau's Experiment I, 277 f.
Platteflnsfl II, 496.
Plattschnabel II, 645.
Platjmantis Vitianus I, 510.
Platysomus I, 317.
Plauen (bei Dresden) I, 312. 315.
Plajfair I, 353, Nota 1 .
PlesiOBaunis I, 322. 323. 327.
Pleurotomaria I, 322.
Plinius I, 107. 144, Nota 1. 379. II, 223.
Pliocän I, 294. 329. 332.
Ploceus n, 637.
Ploso n, 560.
Plotoses U, 632.
Plotns n, 632.
Plutarch I, 107.
Plymoutb I, 378.
Po II, 314. 393. 397. 402. 406. 433. 435.
Podda n, 410.
Podelta I, 375 ff. II, 396. 408. 426. 427.
Podiceps Bolandi II, 649.
Podocarpns II, 561. 568. 578. 5S8. 590.
— cupressina 11, 561.
— dacrydioides n, 590.
Podocnemis n, 645.
Podolien I, 559. 11, 516.
Poebene I, 334. 406. 534.
Pöppig, Edaard I, 357.
Poey n, 253.
Pogonias II, 637.
Pogson I, 126.
Pogson's Comet I, 126 f.
Pola I, 375.
Polares Klima II, 141 f. 170 f. 209. 255.
273 f. 286.
Polare Laftströme 11, 222 ff. 227 ff. 256.
Polarfachs II, 615.
Polarländer (nordliche), Uebereinstim-
mung ihrer Flora 11, 594. 595, ihrer
Fauna n, 514—516.
Polarlicht H, 476—485.
Polarmeere s. Eismeere.
Polainächte, ihre Länge II, 141.
Polarstem I, 286. n, 144.
Polarweide II, 549.
Polen I, SOS. 315. n, 365.
PoUuz ^izstem) I, 58.
Polygonum aviculare I, 527.
Polynesische Inseln II, 594.
Polynja, sibirische II, 67.
Polyommatus baeticus II, 654.
Polyporus U, 530.
Poljtrichum II, 549.
Pölzen (Fluss in Nordböhmen) II, 447.
Pomeranze U, 554.
Pomeroon 11, 418 f.
Pommern I, 381.
Pompeji I, 223. 229.
Pondichery II, 123.
Ponteljes-Granit II, 358. 359.
Ponteljestobel ob Trons n, 358.
Pontus s. Schwarzes Meer.
Popocatepetl I, 225. 233. 239. 11, 283.
Populus n, 69, Nota 1. 551. 556.
— euphratica II, 556.
— pruinosa II, 556.
— tremula II, 69, Nota 1.
Pontes elongata n, 326, Nota 1.
Pororoca II, 28 f. 409.
Porphyr: Contraction des P. in Folge
Abkühlung I, 289, Nota 1. Eruptive
Natur des P. I, 291 f.
Port Arthur H, 188, Nota 1.
— Elizabeth I, 371.
Portendik I, 434.
Port Foulke I, 363. 11, 240.
Port Juvenal n, 596.
Portland (Halbinsel, England) I, 447.
Portland (Maine) n, 191.
Port Natal I, 371.
— Nicholson I, 271.
Porto Brondolo II, 406.
i
730 Register.
Port of Spain I, 156. Proctor, Richard A. : über den November-
Portree II, 277. 278. Stemschnuppenring I, 47 (Xota 2).
Port Said II, 417, Xota 1. Procyon ü, 626. 642.
Portugal I, 315. — cancrivoms ü, 642.
Port Valais II, 413, XoU I. — lotor II, 626.
Posen II, 276. Prodactus I, 314. 317.
Pothos-Gewächse II, 543. 561. Profile sind häufig plastische Caricaturen
Potiefebene I, 334. 406. 534. I, 431. 567 ff. U, 434 f.
Potomac n, 443. Prosopis II, 537. 573. 583. 5^5.
Pottfisch II, 637. 64b. — siliquastrum II, 583.
Pouillet: Grösse der Sonueuwäi-me 1, 46. Proteaceen in der Kreide I, 325, im
— Temperatur des Weltraumes I, 131. Tertiär I, 329 f., in der Gegenwart II,
282. II, 159. 567. 569.
— das mechanische Zerreissen von feinen Proteles Lalandii II, 634.
Flüssigkeitstheilchen ein Elektricitäts- Proterosaurus I, 317.
quell I, 132. Protolycosa I, 314.
Powderhom I, 361. Protuberanzen I, 65. 7ü. 72. 74 ff. 133.
Pozzuoli I, 226. 355. II, 483.
Präcession (der Tag- und Nachtgleichen) Provence I, 452. II, 202.
I, 285 f. n, 144. Prunkadder s. Elaps.
Präcisions-Nivellement I, 566. Prunus II, 551. 552.
Präriehnnd U, 626. Psanunomys II, 621.
Prärien (Nordamerika*s) II, 281. 496 f. Psammoiyctes U, 647 f.
572—574. Psaronius I, 317. 341.
Prariewolf II, 626. Pseudomys 11, 650.
Prättigau II, 359. Psidium pomiferum I, 52b.
Prag II, 446. Psittacus s. Papagei.
Prentice I, 496. Psophia II, 645.
Pressburg II, 422. 445. Psychiden II, 654.
Prestel 11, 258. Psychrometer II, 245 f.
Preussen (Kgrch.) I, 192. 193. Pteraspis I, 306.
Preussen (Prov.) I, 162. 165. 3bl. 442 f. Pterichthys I, 308.
454. 457. II, 201. 613. 618. Pteris esculenU 11, 590.
Prevost n, 148. Pterodactylus I, 323. 327.
Preyer n, 296. Pteromys (Flughörnchen) ü, 624. 626.
Primulaceen II, 605. 630. 634. 643.
Prinz-Alfired-Gletscher II, :566. — leucogenys II, 624.
Prionites II, 645. ~ momoga II, 624.
Prionium II, 568. — yolucella II, 626.
Procellaria II, 616. Pteropus II, 623. 629. 633. 650.
Procida I, 441. , Ptemra Sambachii II, 641.
Proctor, Richard A.:2^ahl der mit blossem Ptolemäisches System I, 78. ^
Auge sichtbaren Sterne I, 19, Nota 2. Ptolemäus, Claudius: Kugelgestalt der
— über die Milchstrasse I, 21 (Note 1). Erde I, 140.
24 ff. — Lange eines Meridiangrades I, 145.
— Unterschiede im Rauminhalt der Fix- — Mondfinstemiss benutzt zur Ermitte-
Sterne I, 25 — 27. ! lung des Längenunterschiedes zweier
— Eigenbewegungen d. Fixsterne If 27 ff. Orte I, 169.
— unauflösliche Nebelflecke scheuen \ Ptolemfios Euergetes I, 143.
meist die Ufer der Milchstrasse I, 33. Puffinus 11, 616.
Begister.
731
Puget-Sund 1, 467. 11. 76.
Puias II, 295.
Puissant I, 163.
Pulque n, 575.
Palvermaar I, 217.
Piilversignale (Verwendung bei Grad-
messungen) I, 169. 171.
Puma 8. Cuguar.
Puna-Region (Anden) II, 582. 583. 5S4. 640.
Punica granatum II, 553.
Punkah s. Pankha.
Punnae I, 161. 162. ,
Punta Arenas II, 183.
— de Caribana II, 4J9.
— della Licosa I, 441.
— del Palo I, 219.
Puppis des Schiffes, Nr. 2151 I, 28.
Purac^ (Vulcan) I, 184. 236. 260.
Purbeck II, 651.
Purpurreiher II, 621.
Pussten (üngarn^s) II, 276. 552.
Putorius Cicognanii II, 615.
Puy de Dome H, 111.
Puynipet I, 365.
Pyramiden Aegypteu's I, 454.
Pyrenäen I, 304. 328. 424. 533. 535.
547. n, 278. 283. 284. 328. 353. 360.
601. 603. 611. 618. 62u.
Pyrgita domestica 11, 656 f.
Pyrmont II, 306.
Pyrus n, 551.
Pythagoras I, 139.
fl^uaderformation I, 325.
Cjuaderkohle I, 341.
Quagga ü, 635.
C^uarrington Hill (bei Durham) I, 297.
Quartär I, 334-337. 342. 343.
Quatrefages, A. de I, 381.
Queensland 11, 528. 570.
QueUen : Versiegen der Qu. als Vorzeichen
eines vulcanischen Ausbruches I, 218.
Verstopfung, Temperaturerhöhung der
Qu. bei Erdbeben I, 272. Absteigende
Qu. (Schicht-, Ueberfalls-, SpaltqueUe)
II, 290 f. Aufsteigende Qu. (artesische
Brunnen) n, 291 f. Quellenarmuth
mancher Gegenden 11 , 292 f. Ab-
hängigkeit der Qu. von Fluth und
Ebbe n, 293 f. Temperatur der Qu.
II, 294 ff. Periodische Springquellen
(Geysirs) II, 295—303. Kalte Qu. I,
303 f. Chemische Beschaffenheit der
Quellwasser II, 304—307. Chemische
Erosion derselben II, 307 — 309.
Quercus 11, 536. 551. 553. 557. 571.
— coccifera II, 553.
— Garryana II, 571.
— ilex II, 553.
— occidentalis II, 553.
— pedunculata II, 536.
— pseudosuber II, 553.
— robur II, 536.
— suber 11, 553.
— virens 11, 571.
Querschnitte (bei Terraindarstellungen)
I, 567.
Querströme II, 428 ff., bes. 431.
Quetelet I, 183. ü, 207. 468.
Quiberon I, 447.
Quietisten (geolog.) I, 557.
Quilkga U, 586.
Qnindiu, Schneeberge von 11,524, Nota 2.
Quito n, 123. 142.
Rabe U, 627. 637.
Radde, Gustav U, 132. 504 f.
Radjah-Ente ü, 651.
Radnitz I, 314.
Radowenz I, 317.
' Räubervölker vorzugsweise in der Wüste
: U, 515 f.
Rallenreiher II, 621.
Ramond I, 514. ü, 117 f. 599.
Ramondia pyrenaica II, 601.
Ramsay I, 472 f. 482.
Randmeere n, 11 ff.
' Rangiroa I, 525.
Rangitoto I, 211. 240.
' Raphia vinifera ü, 545.
Rapilli s. Lapilli.
Rapistrum rugosum II, 597.
' Rarotonga I, 497.
Ras MorbatI, 371.
Ras Muhammed I, 372.
Rastern 11, 28.
Rateltts n, 633.
Ratte, Wanderungen der II, 657 f.; im
übrigen s. Mus rattus.
I Ratze), Fr. II, 319, Nota 4.
732 Register.
Raubkafer II, 61 S. hari n, 263. Pera - bolivianisches
Raubmöve II, 616. Wüstengebiet IL, 264 C Zonen der
Rauchsanle über den Vulcanen I, 221. sabtropischen Regen n, 265 — 269.
Raohflchwanz 8. Dasyunis. I Aaiatipehes Monsnngebiet II, 269 — 271.
Raaschbeere 11, 552. , Australisches Monsnngebiet II, 271 f.
Rautenmans (Rhombomys) IL, 619. 621. | Wüsten der gemässigten Zone II,
Rayenala n, 589. | 272 f. Zone mit Niederschlagen za
Revenna I, 377. IL 406. allen Jahreszeiten n, 273—282 (En-
Ravensper I, 440. ropa U, 274^278, Nordamerikm II.
Ravin I, 195. ! 278—281, Australien II, 281 f., Süd-
Rawacheh II, 623. ^ amerika II, 282). Die Wanderongen
Reade, Mellard I, 435, Nota 2. des Regenwassers 11, 287 ff. Bedeu-
R^nmnr, R. A. F. de 11, 152. ' tong des R für das Pflanzenkleid der
Rebhohnl, 512.n, 596. 618. 623. 627. 656. ' Erde n, 489 ff.
Reblaus n, 610. iRegensbnrg I, 301. 11, 521. 522.
Reclus, £.: zerstörende uod aufbauende t Regenwolke H, 253.
Thätigkeit der Fluth I, 435. 439 (Nota ' Regnault U, 136.
1 und 2X ; Reguain I, 369.
— über die Bildung von Nehrungen I, I Regulus (Fixstern) I, 57.
446 f. Reh 11, 618. 621.
— über Dünenbildung I, 453.
— die wandernden Dünen in Europa
ein Werk menschlicher Unbedacht-
Reich, F.: Dichtigkeit der Erde ermittelt
durch die Drehwage I, 180 f.
— Temperaturbeobachtungen in Berg-
samkeit I, 458 f. werken I, 192«
— die Verbreitung der Fjorde ein Zeug- — Zunahme der Temperatur in den
niss für eine jetzt im Rückzug be-| sächsischen Beigwerken I, 193.
griffene Eiszeit I, 479. j — Abnahme der Bodentemperatur nach
— Erklärung der unterseeischen Wälle | oben im Erzgebirge II, 167.
Reichardt, H. W. n, 519 (Nota 2).
Reichenbach I, 111.
Reichenhall n, 306. 307.
am Eingang der Fjorde I, 481.
— Brunnen, deren Niveau mit den Ge-
zeiten schwankt, II, 293 (Nota 1).
— über die Flussmündungen an der Reif n, 251.
Küste von Neu-6ranada II, 419. Reihenvulcane I, 236 ff.
Redfield, W. C. n, 70. Reiher, n, 621. 632. 651.
Red River I, 321. II, 415 f. Rein U, 361.
Reduction der Temperatur eines Ortes Reis II, 554. 558. 562. 572. 5T6. 5i»S.
auf das Meeresniveau II, 173. 657.
Redut-Kale n, 278. Reisläufer II, 657.
Regelation n, 350. Reiss, W. I, 236. 240.
Regen (Fluss) n. 371. Reithrodon II, 648.
Regen: Regenhöhe II, 257. Regen- Relictenfanna I, 483. 484. U, 314. 316.
messerll, 257 f. Die Regenhöhe eines 318. 319. 320. 321 f.
Ortes verringert sich nach oben II, Relictenseen (Begriff)^ II, 316.
258. Abwdchungen vom allgemeinen Relief (bei Terraindarstellungen) I, 57 1 .
Jahresmittel n. 258 f. Regenkarten Rembo 11, 119 £
n, 259 f. Die Regenzoneu der Erde Rennell, James 11, 57. 84. 97.
n, 259—282: Äquatoriale Regenzone Renninaus II, 621. 631. 635. 643.
n, 260 t Regenlose Passatzonen II, Reno II, 397.
261 f. Zonen der tropischen Regen Rensselaerhafen II, 142. 197.
n, 262—265. Sahara II, 262. Kala* Renthier II, 60S. 613. 615. 616. 622. 627.
Register.
733
Renthierfleehte II, 531.
Reptilien, erste Sparen in der Kohle I,
315^ erstes echtes Reptil iu der Dyas
I, 317.
Rerayathal II, 362.
Resina I, 206.
Retama II, 562. 563.
Retzius n, 655.
Räanion I, 371.
Reusch, H. H. n, 383 (Nota 2).
Reuss II, 441.
Reussgletacher der £i8zeit II, 359.
Reussthal JI, 358. 382.
Revillagigedo-Inseln I, 237. 391. 493 f.
498.
Rewel (Reval) U, 176. 52J.
Reykjavik U, 131. 194.
Reynaud ü, 380.
Rhabarber II, 523.
Rhabdogale mustelina ü, 633.
Rhadames ü, 160. 195. 492.
Rhagodia escttlenta n, 569.
Rhamphorhynchus I, 323.
Rhapis n, 558.
Rhea americana n, 645. 649.
— Darwini II, 649.
Rhein I, 233. II, 370. 383. 393. 394. 412.
437. 439. 440. 441.
Rheindelta II, 426.
Rheineck II, 412.
Rheinfall bei Schaffhausen II, 383.
Rheingau U, 190.
Rheingletscher der Eiszeit II, 359.
Rheinisches Schiefergebirge I, 308. 320.
Rheinpfalz 11, 536.
RheinproYinz I, 253. 254. 257. 260. 313.
Rheinthal, oberes ü, 358. 359. 382.
Rheinthal unterhalb Bingen I, 257. 266.
n, 447 ff.
Rhexia 11, 537.
Rhbaster U, 625.
Rhinoceros I, 333. 336. U, 628. 631. 635.
— incisivus (tertiär) I, 333.
— indicus 11, 631.
— tichorhinus (diluvial) I, 336.
Rhinolophus n, 616. 623. 629. 633. 650.
Rhinopoma microphyllum U, 633.
Rhizomys TL, 631. 635.
Rhizophora Mangle s. Mangrovebaum.
Rhode-Island I, 316.
Rhododeudi*on II, 519. 534. 549. 572.
— lapponicum II, 549.
— maximum ü, 572.
Rhön I, 243. 320.
Rhombomys ü, 619. 621.
Rhone 11, 370. 371. 381. 393. 394. 402.
413. 424. 433. 441. 514. 617.
Rhönedelta II, 380 f. 408.
Rhönegletscher U, 202.
— der Eiszeit H, 359.
Rhönethal, oberes II, 357. 358.
— unteres I, 266. 327. 334. II, 402.
Rhynchonella I, 306. 307. 322. 326;
Rbyzaena II, 633 f.
Rias I, 441.
Richardia n, 568.
Richer, Jean I, 150. 154.
Richthofen, Ferdinand, Freiherr v.:
Kohlenlager in China I, 316. 348.
— Lössbilduug in China I, 335.
— seculäre Senkung der südchinesischen
Küste I, 308.
• seculäre Hebung am Golf von Mar-
taban I, 369.
Rico y Sinobas II, 224.
Riedgräser II, 538.
Riesengebirge I, 305. 317. ü, 277. 278.
361.
Riesenhirsch (Diluvium) I, 336.
Riesenkessel n, 383 f.
Riesenrohr 11, 572.
Riesensalamander ü, 624.
Riesenschlange s. Boa.
Riesenstockschrecke 11, 646.
Riesenstorch n, 645.
Riesentopfe II, 383 f.
Riess I, 132.
Rigel (Fixstern) I, 57.
Rigi I, 544 f.
Rinck I, 466.
Rind n, 610. 631. 648.
Ringgebirge auf dem Monde I, 101.
Riobamba I, 272.
Rio Colorado (Nordamerika) I, 321. 361.
— de Janeiro I, 159. 359. II, 264. 461.
— Grande del Norte ü, 427.
— Grande do Sul I, 359.
— Negro I, 114. n, 610. 646.
— Opon II, 535.
Ritchie II, 195.
734
Begister.
Ritter, Karl: über MababaÜpuram I,
370.
— Gebirge die „Gezimmer^ der Erde
I, 401. Nota 1.
— Seegebirge I, 43u.
— über Ceylon I, 504.
— EUntheilung der Stromläufe 11, 403.
— über das Vordringea der Chinesen
nach Westen im 2. Jhrdt. n. Chr. II,
453 l
Riviere Rooge L 321.
Rixhoft I, 454.
Roberts, Edward I, 271.
Robeson-Canal I, 363.
Robinson's Anemometer II, 203 ff.
Rocha, V. de I, 387, NoU 1.
Roches montonnto II, 343.
Rocky Mountains (Geologisches:) I, 317.
321. 325. 401. 472. 533. 534. 537. 547.
556 f. (Meteorologisches:) 11, 354. 368.
433. 434. (Biologisches:* 11, 602. 626.
627.
Rodenberg 11, 334.
Roderberg I, 233.
Rodrignez I, 499. 526. IL 26.
Rodkier I, 83.
Rogers I, 384.
Boggen n, 598. 656.
Rohlfs, Gerhard: seculare Hebungen
am Rothen Meer I, 372, Nota ].
— Wirkungen der Sandstürme in der
Wüste I, 449, NoU 1.
— Vorrücken der Dünen in der Wüste
I, 449, NoU 2.
— die Sandanbänfungeu der Sahara die
Folgen einer ehemaligen Meeresbe-
deckung I, 449, Nota 3.
— Meereshöhe des Tsad-Sees 11, 133.
— Temperaturcontraste in Rhadames
und Fezzan II, 160.
— Mazimaltemperaturen in der Oase
Rhadames 11, 195.
— continenUle Depression in Nordost-
afrika n, 320.
— Trockenheit in der Sahara II, 492.
— der Floh meidet die Sahara II, 612.
Rohrpalme 11, 542. 559.
Roller s. Paradozurus.
Rollschwan zafien 11, 641.
Rom 11, 142. 240. 267.
Roqui I, 377.
Rosa n, 523. 552. 595.
Rosaceen II, 546. 552.
Rose, Gustav I, 110.
Rosenkranzseen 11, 323. 400.
Rosenlorbeer U, 553. 603.
Roseres II, 499.
BosetBchgletscher 11, 341.
Rosette II, 416.
Rosette-Nilarm 11, 417.
Rosmarin II, 523.
Ross, Sir James Clark : fehlerhafte Tief
' seemessung bei St Helena I, 408.
— unrichtiges Gesetz über die Tem-
peraturabnahme in oceanischen Tiefen
0, 38 f. 41.
— Verdunstung des Schnees U, 240.
— Auffindung des nördlichen Magnet-
pols n, 45S.
— Lage des südlichen Magnetpols II, 4 o"«
Ross, Sir John : grönländisches Meteor-
eisen I, 108.
— Fahrt in die Baffins-Bay I, 468.
— Polarfiihrt von 1S29— 1833 U, 45T f.
Rosse, Lord I, 86.
Rosskastanie H, 519. 536. 551. 574.
RoUtion der Erde: sie wurde von Aristo-
teles bezweifelt I, 15. Allmähliche
Verzögerung ihrer Geschwindigkeit I
50. 287. Dauer einer einmaligen R
1, 168. Die R. d. E. erklart deren
Abplattung I, 279 ff., wurde früher
als Ursache der äquatorialen Meeres-
strömungen betrachtet II, 82, bewirkt
eine Ablenkung der meridionalen
Meeresströmungen II, 102 f., der me-
ridionalen Luftströmungen II, 214.
225. 226. 235 und der meridionalen
Flussläufe n, 385— 38S.
Rotation der Sonne I, 61, Mercurs I,
80, der Venus I, 83 f., des Mars l.
86, Jupiter's I, 90, Satum*s I, 95, des
Mondes I, 99.
Rother See II, 333.
Rothes Meer I, 235. 371 f 420. D, In
12. 37. 105. 106. 325. — Gebiet dei
R, M. II, 195 f
RothfnclTs. amerikanischer II. 624.
Rothholzbaum II, 574.
Rothliegendes 1, 293. 21i7. 316. 341.
Register.
735
Bothluchs II, 626.
Rothtanne n, 550.
Rotomahana II, 300. 592.
Rotuma I, 510.
Ronen I, 197.
Rousseau-InBel n, 418.
Roussillon II, 202.
Rowley II, 500, Nota 1.
Roy I, 162. 384.
Royan n, 293.
Rnbus U, 552.
RudiBten I, 326.
Rue, Warren de la I, 64.
Rüdersdorf (bei Berlin) I, 197. 19S.
Rügen I, 294. 326. 327. 381.
Rügenwaldermiinde 11, 32.
Rühlmann, Richard: die tägliche und
jährliche Periode der barometrisch
gemessenen Höhen 11, 120 ff.
— Vergleich der Temperaturschwankun-
gen zu Genf und auf dem Grossen
St. Bernhard 11, 171 (Note 2).
— Anomalie der Temperaturabnahme
an den Abhängen der Gebirge IT,
172 f.
Rüppell I, 372. n, 634.
Rüssehnanguste II, 630.
Rüsselmaus II, 625.
Rüsselpapagei ü, 632.
Rütimeyer, L. H, 382 (Nota 1).
Ruheperiode der Vulcane I, 225 ff.
Ruhrthal I, 257.
Ruke Levu I, 498.
Rumänien I, 423.
Rumelien EL, 601.
Rumex obtusifolius I, 527.
Rumford I, 38. 41.
Rundhöcker II, 343.
Runn of Cutch I, 260. 269. 356. 370.
Rurutea I, 497.
Russegger, J. 11, 499.
Russland (Geologisches:) I, 162. 165.
306. 308. 313. 315. 316. 317. 319. 324.
327. 334. 381 f. 387. 422. (Meteoro-
logisches:) II, 127. 1S6. 193. 227. 229.
233. 275 f. 318. 321—324. 333. 365.
386 ff. (Biologisches :) 11, 490 f. 550 ff.
616 ff.
Rutherford II, 153.
Ruysbroek II, 495.
Saale, Thüringische II, 431.
Saarbrücken, Kohlenbecken von I, 290.
309. 312. 313. 314. 315. 317. 344.
Saaz II, 446.
Sabal II, 572. 577.
— palmetto If, 572.
Sabine, Sir Edward : Pendelbeobachtun-
gen unter yerschiedenen Breiten I.
156 f.
— magnetische Beobachtungen II, 460.
— über die seculäre Variation des Erd-
magnetismus II, 470.
— über die tägliche Variation dessel-
ben II, 472 f.
— über die Verstärkung des tellurischen
Magnetismus während der südlichen
Declination der Sonne II, 474.
— über die Einwirkungen des Mondes
auf den tellurischen Magnetismus II,
474 (Nota 2).
— Magnetnadel und Nordlicht II, 480
(Nota 2).
— Sammlung von Treibproducten an
den Küsten Gröuland's EL, oH.
Sabratha I, 373.
Saccharinen II, 538.
Saccharum spontaneum II, 562. 563.
Sachalin I, 368. 397. 491 f.
Sachsen (Kgrch.) I, 192. 313. 315. 316.
317. 340. II, 365. 446 f.
Sachsen (Prov.) I, 315. 320.
Sächsische Schweiz s. Eibsandsteinge-
birge.
Sägeschnabel II, 645.
Sättigungspunkt der Luft II, 244 f.
Säuerlinge II, 306.
Säugethiere: älteste Spuren derselben
in der Trias I, 318. 319, im Jura I,
323. Die S. der Gegenwart II, S.
614 ff.
Saftdorn H, 573.
Sagenaria Veltheimiana I, 314.
Saginaw n, 334.
Sagopalme 11, 559.
Saguenay II, 413.
Sahama I, 240.
Sahara: frühere Meeresbedeckung I,
375. 449 f. n, 364. 490. Sandver-
wehungen durch den Passat I, 400.
Dünen am Westrande I, 448. 452.
736
Register.
Dünen im Innern I, 448 ff. Entstehung . Salix s. Weide.
der Sandmassen I, 449 ff. Tagliche — Homboldtiana II, 583. 585. 687. (>05.
Temperatorcontraste II, 160. Joli- — polaris II, 536.
temperator 11, 180. Vorherrschen des — safsaf II, 605.
Passats n, 221. 262. 490. Segenlosig-
keit n, 262. 491 f. Artesische Bron-
nen n, 292. 490. Ihre Bewohner sind
Räuber II, 515. Flora ü, 562 £ S.
hindert die Verbreitung der Thiere
n, 612.
Saidschau U^ 306.
Saiga-Antilope 11, 618. 619.
Saint Agnes I, 162.
— Andrd I, 197.
^Anns-See U, 495.
— Angostin IE, 175 f.
— Chamas II, 380.
Sainte Adresse I, 439.
— Anne des Monts II, 445.
Saint Etienne I, 311. 347.
Georgs-Canal n, 26. 29.
— Johns (Nen-Fundland) n, 69. 175 f.
— ^ohns-See n, 413.
— Joseph n, 496.
— Louis (Nordamerika) II, 279. 281.
422.
— Louis (Senegambien) II, 420.
— Malo I, 378.
— Malo, Bay von II, 29.
Salomonen I, 366. 396. 494. 49b.
Salon, Hügel von II, 380.
Salsen n, 310.
Salsette n, 611.
Salsohi II, 518.
Salaen n, 410.
Salzach n, 384.
SaUachthal II, 360.
Salzbrunn II, 306.
Salzburg I, 327. n, 278.
Salzbusch II, 569.
Salzderhelden n, 334.
Salzgarten 11, 330.
Salzgebirge I, 320. 11, 334.
Salzgehalt der Oceane II, 3 ff. 91 f.
Salziger See II, 324.
Sabslager I, 302. 316. 320. 328. 330—
335.
Salzpflanzen s. Halophyten.
Salzsäureanshauchungen I, 226. Sie
fehlen den Andesvulcanen I, 236.
Salzungen II, 306. 307.
Samana, Halbinsel I, 360.
Samara II, 194.
Sambaquis I, 359.
Sambucus II, 551.
— Ouen I, 377.
— Paul (im Atlant. O.) I, 392. 499. 513. Samoa-Inseln I, 366. 498.
— Paul (im Ind. O.) I, 202. 499. 525. Samojeden-Land I, 367. II, 54b f.
530. , Samson (Grube bei Andreasberg) I, 192
— Peter I, 392. 499. , Samsun I, 374.
— Pierre, Bemardin de II, 541. . San Antioco I, 446 t
- Vincent (Insel) I, 510, Nota 1. U, San Blas I, 159.
217. 608.
Vinoent-Golf H, 412.
Sajo H, 396.
Saisan-nor I, 234.
Salado n, 499.
Salamanca H, 277, Nota 1.
Salamis I, 524.
Salangane n, 631 f.
Sala-y-Gomez I, 498.
Salbaum H, 560.
Sal^ve (bei Genf) II, 1 16.
Salicomia n, 518. 5S5.
Salina (Ver. St.) U, 334.
Salisburia adiantifolia II, 546.
Sanet Bernhard (Grosser) II, 120. 136.
171. 172 t 453.
— Bemhardin II, 278.
— (^tthard I, 541 f. II, 127. 171. 35b.
359. 453.
~ Helena I, 158 f. 499. 515. 518. 526.
530. n, 26. 460. 464. 472. 5o6. 531.
589.
Laurentius>(^if I, 420. II, 407. 411.
I 427. 445.
— -Lanrentius-Strom II, 407. 413. 421.
445. 451.
— Maria (Sülfser Joch) II, 278.
! — Miguel (Azoren) II, 266.
Register.
737
Sanct Peter (Riesengebirge) II, 278.
— Petersburg II, 142. 17G. 212. 227.
228. 248. 275.
Theodulpass II, 170 f.
— Thomas U, 131.
Sand, Greschwindigkeit der Erdbeben-
welle innerhalb S. I, 245. S. wird
bei Erdbeben relativ stark erschüttert
I, 246. Ablagerung des S. im Meere
I, 292. Erhitzung des blossen S. in
der Wüste II, 157.
Sandbänke I, 448.
Sandberge s. Dünen.
Sandgräber II, 635.
Sandhalm I, 459.
Sandhuhn II, 623.
Saudratte U, 621.
Sandsegge I, 459.
Sandstein I, 290. 292 ff. U, 2S8.
Sandstürme I, 448 f.
Sandwichinseln I, 202. 203. 206 f. 208.
259. 364. 365. 491. 494. 497. II, 26.
268. 589 f.
San Fernando de Atabapo II, 432.
— Francisco II, 268.
— George, Golf von 11, 27. 405.
— Giorgio I, 376.
Sangir I, 238.
Sanguay I, 225. 228. 233.
Sanguili I, 238.
San Juan Capistrano I, 360.
San Lorenzo (Insel bei Callao) I, 358.
San-Lorenzo-Bay (Haiti) I, 360.
San Miguel I, 240.
— Pedro I, 109.
— Raphael, Laguna de I, 472.
— Salvador I, 228.
Sansibar I, 371.
Santa (Peru) I, 258.
Santa-Croce-See n, 328, Nota 1.
Santa-Cruz, Golf von II, 27.
Santa-Cruz-Inseln I, 240. 492.
Santa Lucia I, 5lu, Nota 1.
— Maria (chilenische Insel) I, 270,
Nota 2. 271. 358.
— Maria (Neu-Granada) I, 359.
San Thom^ I, 156.
Santiago (Chile) I, 269. 451. H, 269. 586.
Santorin I, 202. 221.
Saone H, 370. 371. 394.
Peschel-Leipoldt , Phys. Erdkunde. II.
Sapi-utan s. Anoa depressicornis.
Saramaca 11, 419.
Saratow 11, 462.
Sarcobatus 11, 573.
— vermicularis II, 573.
Sarcorhamphus papa II, 645.
Sardinien (Insel) I, 315. 375. 446 f. II, G21.
Sarepta II, 276.
Sargasso-Meer II, 63.
Sarothamnus scoparius I, 527.
Sars, G. 0. I, 484.
Sary-Kupa II, 322.
Saskatschavvan II, 495. 571.
Sassafras II, 523. 535. 571.
— officinale II, 571.
Saturn I, 94. 283.
Satumringe I, 95. 276.
Satyr, gehörnter II, 632.
Sauerstoff der Atmosphäre vermindert
sich I, 52 f , ist in den Tiefen der
Oceane reichlicher vorhanden als in
denen abgeschlossener Meerestheile
II, 108. Gegenwärtiger S.-Gehalt der
Luft II, 108.
Sauerwasser II, 306.
Saurauja II, 560.
Saussure, H. B. de I, 540. 548. II, 38.
168. 344. 348. 413, Nota 1.
Saussure*8 Haai-hygrometer II, 243.
Savage- Insel I, 497.
Savane II, 497 f.
Savannah 11, 280.
Savoyen I, 266.
Sazaul n, 556.
Sazavord I, 162.
Sbrucz n, 516.
Scalops n, 625.
Scaphites I, 326.
Schaben, ihr erstes Auftreten in der
Kohle I, 314.
Schack, V. II, 514.
Schäfchen (Wolken) II, 253.
Schaf 8. Ovis.
Schafarik II, 516.
Schaffhausen ü, 359. 383. 412. 439. 440.
Schafschwingel 11, 518.
Schakal 11, 620. 630. 634. 642.
Schalaurow I, 368.
Schari II, 399.
Schatt el-Arab II, 371. 406 f. 410.
47
738
Register.
Scbelch (im Dilavium) I, 336.
Schemacha I, 175. 260, Nota 1.
Schergin, Fedor J, 187. 188, Nota 3.
Scherzer, Karl ▼. I, 365.
Scheuchzer, J. J. I, 540. n, 111 f. 348.
Scheuten I, 83.
Schiaparelli: Bahnelemente der Persei-
den I, 115 f.
— Bahnelemente der Leoniden I, 116.
— Uebereinsti mmnng der Meteoriten-
bahnen mit Bahnen der Cometen I,
117 f.
Schichtenbau der abgekühlten Erdrinde
I, 288 ff.
Schichtenlagerong, antiklinale und Syn-
klinale I, 299 f.
SchichtqueUe II, 290.
Schichtwolke 11, 252.
Schickschockgebirge ü, 445.
Schiefer I, 290.
Schierlingstanne 11, 571.
Schiffshalter n, 609.
Schildkröten, ihr erstes Auftreten im
Jura I, 323. Seh. im Eogen I, 330,
in der Oegenwart II, 622. 624. 628.
638. 645. 651.
Schildwnrf 11, 648.
Schilka n, 371.
Schimpanse II, 633.
Schire II, 500, Nota 1.
Schirmfichte 11, 557.
Schirmpalme II, 559.
Schiwelutoch I, 215. 225. 240. II, 283.
Schizodon II, 647 f.
Schlacken, vulcanische I, 210. 222.
Schiackenkegel I, 210. 224.
Schläfer (Myozus) II, 617.619. 620. 634.
647.
Schlagende Wetter I, 344 f.
Schlagmtweit, A. ▼. II, 167. 169.
— E. V. I, 569.
— R T. n, 382.
Schlagintweit-Sakünlünski, Herrn, t. :
Begel für Abschätzung von Entfer-
nungen I, 142.
— Neigung der Abhänge des Himalaja
I, 534 und der Alpen I, 568. 569
(Nota 1).
— Abnahme der Lufttemperatur nach
oben in Innerasien 11, 169.
Schlagintweit - Sakünlünski , Herrn, t. :
Temperaturmaxima im Induagebiete
n, 195 (Nota 5) und am Bothen Meere
n, 195.
— Höhe der Schneegrenze in Mittel-
asien n, 2S5 (Nota 1).
— über die stärksten Mineralquellen II.
307 (Nota 1).
— Beobachtung der Gietscherbewegong
auf der Pasterze 11, 344.
— über die Wasserführung des Brahma-
putra n, 401 (Nota 2^
Schlammgeysir II, 302.
Schlammstrome (Vulc.) I, 223.
Schlammirulcane II, 310 f.
Schlangenhalsvogel II, 632.
Schlankaffe s. Senmopithecus.
Schlatenkees H, 353.
Schlegel I, 5U4. 510.
Schieiden I, 103.
Schleier-Eule H, 607.
Schlesien (österr.) I, 315.
Schlesien (preuss.) I, 308. 313. 314. 315.
320. 324. 327. 340, H, 365.
Schleswig I, 3S0.
Schlinger, getigerter II, 632.
Schlingpflanzen vgL Lianen.
Schlüter I. 17.
Schmarda, Ludwig K.: Thiere, welche
ein grosses Verbreitungsgebiet be-
sitzen, n, 607. 608 (Nota 1).
— über Fischiegen II, 609 (NoU 1).
— die geographische Verbreitung der
Thiere U, 614 (Nota 1) ff.
— verwandtschaftliche Züge in der In-
sectenfauna Europa's und der Kila-
giris n, 654 (Nota 1).
— die Annahme mehrerer Schöpfiingi>-
mittelpunkte H, 655.
— geheimnissToUes Aussterben mancher
Thiere H, 655.
Schmelzpunkt abhängig rom Druck 1.
284.
Schmid, E. £.: die specifische Wärme
einiger Mineralien II, 15b« Nota I.
— thermische Windrose von Cariaruhe
II, 231.
— das thermische Verhalten der ver-
schiedenen Winde im Winter und
Sommer II, 231 f.
Register.
739
Schmidt, Ed. I, 178.
Schmidt, J. F. Julius: Marskarten I, 87.
— Verändemngea auf der Mondober-
iläche I, 101.
— keine Flammenerscheinungen bei vul-
canischen Ausbrüchen I, 221.
— Bedeutung genauer Zeitbestimmun-
gen bei Erdbeben I, 249.
— über' das Ende der astronomischen
Dämmerung II, 109, Nota 1.
Schmutzbänder auf dem Gletscher 11,
340.
Schnabelthier I, 519. II, 650.
Schnabelwalfisch (Balaena boops) II,
608. 648.
Schnarrthier U, 633 f.
Schneefalle bei sehr niedrigen Tem-
peraturen U, 273.
Schneeregion 11, 282—286.
Schneider, Oscar n, 326, Nota 1.
Schnepfe 11, 632.
Schnurrvogel U, 637.
Schönebeck I, 320.
Schöningen II, 334.
Schöpfung der Welt I, 55.
Schöpfungsheerde, Einheit der I, 508.
n, 597—602. 653—658.
Schomburgk, Kichard 11, 418 f
Schonen I, 3S1.
Schoorl I, 452.
Schopfloch n, 278.
Schottland (Geologisches:) I, 174 f. 293 f.
305. 308. 315. 347. 384. 437. 439. 463.
465. 467. 471. 472. 473. 479. 514. 518.
(Meteorologisches:) n, 186. 227. 277.
278. 317 f. 361. 452. (Biologisches:)
n, 523. 613. 656.
Schouw, J. Fr.: über die Vegetation
von Island I, 518.
— erster Versuch, die Erde in Vege-
tationszonen einzutheilen, II, 544. 54S.
— die Verwandtschaft der Flora dies-
seits und jenseits des Atlantischen
Oceans II, 546.
Schraffirung, Methode der (bei Terrain-
zeichnungen) I, 561 ß.
Schranken für die Verbreitung der
Pflanzen und Thiere s. Hindernisse etc.
Schröter I, 81. 96.
Schrotmäuse 11, 643.
Schubert, v. I, 165 f.
Schübeier 11. 68. 522 f.
Schübler H, 237. 241. 242.
Schukburgh II, 130.
Schulten II, 107.
Schultz, Friedrich I, 561.
— Woldemar II, 498.
Schumacher I, 162.
Schumann, Julius I, 454 (Nota 1). 457
(Nota 3). n, 293 (Nota 3).
Schuppenthier II, 624. 631. 635.
Schwabe I, 61. 62.
Schwaben I, 320. 321. II, 445.
Schwämme 11, 530.
Schwalbenwurz, gemeine II, 519.
Schwan (Sternbild) I, 23.
Schwan, schwarzer II, 651.
Schwankungen des Wasserstandes in
den Flüssen II, 398—402.
Schwarzes Meer I, 389. 533. II, 11. 51.
104 f. 106. 133. 314. 321 f 365.
Schwarzwald I, 293. 298. 320. 533. 559.
n, 278. 361. -147 f.
Schweden s. bei Skandinavien.
Schwefeldampfaushauchungeu I, 212.
226. 228.
Schwefelincrustate au der Ausfluss-
öffnung der Solfataren I, 2 26.
Schwefelwasser 11, 306.
Schweif der Cometen I, 121 f.
Schweifaffen II, 641.
Schwein (Hausschwein) I, 527. II, 610.
Im übrigen s. Sus.
Schweinfurth, G. I, 450. H, 197.
Schweiz (Geologisches :) I, 194. 260. 264.
265. 320. . 327. 332. 334. 423. 473.
(Meteorologisches:) 11, 170 ff. 240. 275.
329. 334. 356 ff. 380. 445. (Biologi-
sches:) H, 599. 657.
Schwengelbewegung bei Küstenerhe-
bung I, 271, bei der Aufrichtung von
Bergen I, 545.
Schwere, Methode, die Seh. eines Pla-
neten zu berechnen I, 79, Nota 1. 89,
Nota 1. Seh. der Sonne I, 78', Mer-
cur*s I, 79, der Venus I, 83, des Mars
I, 86, Jupiter's I, 89, Satum's 1, 95,
des Uranus I, 96, Neptun*8 I, 98, des
Mondes I, 98, sämmtlicher Planeten,
wenn die Dichtigkeit der Erde = 1
47*
740
Register.
gesetzt wird, I, 277. Abnahme der
irdischen Seh. mit der Entfemong
vom Anziehongsmittelpunkte I, 150.
154. 176. 17S, mit der geographischen
Breite I, 157. Ermittelang der Seh.
des Erdkörpers aus der Ablenkung
des Lothes durch Bergmassen 1, 176 ff.,
durch Pendelschwingungen auf hohen
Bergen und in tiefen Schachten I,
17S f., mittelst der Dreh wage I, 179 ff.
Scb. der oberen Erdschichten I, 181,
des Erdkernes I, ISl. 282. Zunehmende
Seh. der Massen im Erdinnem ein
Beweis für die ehemalige Flüssigkeit
des Erdkörpers I, 282. Seh. der gc-
sammten oceanischen Wasser und der
Festlandsmassive I, 427.
Schwertfisch (Delphinus orca) II, 608. 615.
Schwimmbeutler II, 642.
Schwimmmaus II, 650.
Schwyzer Mythen I, 547.
Sciadopitys II, 55?.
Scilly-Inseln I, 439.
Scirtetes 11, 619. 635.
Sciurus 8. Eichhörnchen.
— bangkanus I, 511.
— capistratus II, 626.
— carolinensis II, 626.
— - getulus n, 620.
— hudsonius II, 626.
— vulgaris H, 617. 620.
Sclater I, 505.
Scoresby I, 436. 464. 465. 11, 161. 594.
Scrope, Poolett I, 203.
Scrub n, 568. 570.
Scylla n, 31.
Scyphia I, 326.
Seathwaite 11, 278.
Sebchasümpfe n, 320.
Secchi: das plötzliche Aufflammen von
Sternen I, 54 f.
— Bewegung der Protuberanzen I, 72.
— Atmosphäre der Venus I, 84.
— Marskarten I, 86.
— über das Mondspectrum II, 102
(Nota 1).
— Höhe des Aufleuchtens von Stern-
schnuppen I, 111.
— Identification von Stemschnuppen-
sch wärmen und Cometen I, 118.
Secchi: Spectrum des Cometen I von 1S66
I, 126.
Seculäre Hebung und Senkung des Bo-
dens I, 293. 352— 3S4. 3S5 ff. 11, 425 ff.
— Variation des Erdmagnetismus II,
466—471.
— Veränderung des Kliman II, 200—202.
Sedimentärgesteine : Entstehung 1, 290 f. ;
ihr gleichförmiger petrographischer
Habitus I, 293. Bezeichnung auf geo-
logischen Karten I, 298.
Seebach, K. v.: Eintheilung der Vul-
cane in geschichtete und homogene I,
201. 243.
— neue Methode zur Berechnung der
Elemente einer Erderschntterung I,
248 ff.
— Intensität der Erdbebenerschütterung
I, 253 f.
— Bildung eines unterirdischen Spalts
bei dem mitteldeutschen Erdbeben
von 1872 I, 263.
— seculäre Hebungen an der West-
küste von Centralamerika I, 359.
— der Nicaragua-See der Ueberrest
einer Meeresstrasse II, 319 f.
Seebär II, 648.
Seebeben I, 258. Benützung der Wellen-
geschwindigkeit bei S. zu Tiefenbe-
rechnungen I, 413 ff.
Seecocos- Palme H, 589.
Seedom I, 459.
Seegebirge ein irriger Begriff I, 405 L
430 f. 506.
Seehund s. Phoca.
Seeigel H, 607.
Seeklima s. gleichmassiges Klima.
Seekreide I, 342. II, 324.
Seelöwe (Otaria jubate) II, 60S. 624. 64S.
Seemann, Berthold I, 498. U, 500, NoU 2.
506 (Nota 3).
Seen : schmale, tiefe S. in Gebirgen ha-
ben sich bisweilen aus Fjorden ge-
bildet I, 464. 482 ff. Allmähliche
Zuschüttung der Gebirgsseen durch
Flusssedimente I, 547 f. ü, 439. Tem-
peraturen ihres Grundwassers II, 38.
Ihr häufiges Vorkommen auf gewissen
Erdräumen II, 146. 149 f. Seenarmuth
mancher Gebiete ü, 312 f. Entwick-
Kegister.
741
luDgsgeschichte der S. II, 312—329. In
S. allein können sich mächtige Salz-
lager bilden II, 330 f. In S. bilden
sieb Deltas unter relativ günstigen
Bedingungen 11, 407 f. S. als Läu-
terungsbecken der Flüsse II, 412 f.
Seeotter II, 624. 625.
Seerabe, schwarzer II, 649.
Seerosen II, 543.
Seeschwalbe II, 63S.
Seesteme 11, 607.
Seestrandkiefer II, 550.
Seetange im laurentischen Gneiss I,
304, im Silur I, 305, im Devon I, 307,
häufig in der Fljscbzone I, 330.
See- und lÄudwind II, 210—212.
Segeberg I, 320. II, 334.
— Seen bei II, 324.
Segge I, 459. II, 518. 549.
Seidenaffen II, 641.
Seine II, 370.
Seinebecken I, 327. 329. 11, 277.
Seinemündung I, 439. II, 28.
Seismochronograph I, 254 f.
Seitliche Beleuchtung (bei Terrainzeich-
nungen) I, 562 f.
Seivits I, 3S2.
Seiander I, 162.
Selkirk, Lord I, 383.
Semätschlk, Kleine I, 240.
SemUn U, 423.
Semnopithecus im Tertiär I, 333, in der
Gegenwart 11, 629.
Senecio II, 518.
Senegal II, 420. 437.
Senegambien II, 195. 564. 637.
Senkel ü, 429 f.
Senkung, seculäre, des Bodens I, 293.
352 ff. 385 ff. n, 425 ff.
Senkungen, hervorgerufen durch Erd-
beben I, 269.
Sennaar II, 499.
Senon I, 325.
Sequoia gigantea II, 527. 574.
— sempervirens II, 574.
Serapistempel bei Pozzuoli I, 355.
Seriema IT, 645.
Serpentin I, 304.
Serra do Mar II, 5S0 f.
Serval II, 420.
Servatius (13. Mai) II, 22S.
Sesamum Orientale II, 558.
Sesleria disticha II, 519.
Sevem, Golf der I, 434. II, 28. 29. 409.
413.
; Sexe I, 471.
Seychellen I, 371. 38S. 505. 531. 11, 5s9.
Sfaks II, 31.
Shakespeare-Klippe I. 245.
Shannon (Insel an der Ostktiste Gröii-
land's) I, 363.
Shansi I, 348.
Sbarpe I, 246.
Shaw, Robert II, 327.
Shayok II, 327.
Shehallien I, 174. 176. 177.
Sherman (an der Pacific-Bahn) I, 537.
Sherringham I, 439.
Shetlands-Inseln I, 3^8. 439. 440 f. 479.
II, 547.
' Shoal Point II, 68.
Shorea robusta II, 560.
Short I, 83.
I Sibirien (Geologisches :) I, 185. 186. 187.
260. 261. 325. 834. 367 f. 387 f. 396.
470. (Meteorologisches:) II, 179. 191.
197. 227. 233. 248. 273 f. 276. 319.
321 — 324. 366. 386 ff. 435. 460 f.
(Biologisches:) H, 547. 548 f. 549 ff.
615 f. 616—618. 657.
Sibirisches Eismeer H, 65 ff. 321.
Sichelförmige Altwasser II, 391 ff.
Sicilien I, 259. 26S. 374 f. II, 554.
Siderolithes I, 326.
Sidi Daoua I, 377.
Siebenbürgen I, 334. II, 334. 617.
Siebengebirge I, 243. 257. II, 167.
Sieben Inseln II, 68.
Siebenschläfer II, 624.
Sieber n, 212 (Nota 3).
Siedepunkt: Erniedrigung desselben
durch Verminderung des Luftdruckes
und Benützung desselben zur Er-
mittelung von Meereshöhen II, 136 f.
Siegen I, 257.
Siegthal I, 257.
Siemen's Gasregenerationsöfen I, 349.
Sierra de Cazorla II, 369.
j — Leone I, 156. II, 157. 261. 262. 636.
I — Madre II, 573 f.
i
742
Register.
Sierra Morena II, 620.
— Nevada (Califomien) II, 527.
— Parime s. Guayana (Hochland von).
Siewers II, 600.
Sigillarieu im Devon I, 296. 307, in der
Kohle I, 296. 310. 340, in derDyas
I, 316; ihr Aussterben am Ende der
paläozoischen Zeit I, 318.
Sigmodon II, 62(> f.
Si-kiang II, 410.
Sikok n, 55S.
Silber: Vorkommen des S. im Meer-
wasser II, 4 f.
Silberluchs II, 617.
Silberreiher II, 621.
Silene inflata II, 518.
Sm U, 449 f.
Silla von Caracas II, 524, Xota2. 57S. t>01.
Sillein I, 253.
Silur-Formation I, 295. 296. 305 f. 320.
339. 427 f. 500. 557. II, 334.
Silva Coutinho, Dom Joao Martins da 1, 392.
Silybum n, 585.
Simbirsk II, 3S7.
Simia satyrus U, 629.
Simoda, Seebeben bei I, 413 f.
Simons-Bay II, 7.
Simplon I, 570. II, 453.
Simpson, Richard I, 50S.
Sinai-Halbinsel I, 372.
Sindree I, 269.
Sindschar I, 145.
Singapore II, 472. 611.
Singhalesen I, 530.
Sinken der Küsten I, 293. j52 — 384.
385 ff. U, 425 ff.
Sintfluth (nach der Adhemar sehen Hypo-
these) n, 146.
Sioa I, 228.
Sion I, 474.
Sipa matador II, 542.
Sipan-Dagh I, 234.
Siphonia elastica H, 580.
^ ficus I, 326.
Sirius: Parallaxe und Entfernung von
der Erde I, 18. Grösse I, 26. Eigen-
bewegung I, 27. Spectrum I, 57.
Sirks, J. II, 4SI (Nota 1).
{<itcha I, 467. H, 194. 227. 256 f. 278 f.
571. 628.
Siwah I, 448. H, 320. 492.
Siz-Thermometer U, 41 ff.
Skager Rak H, 34.
Skandinavien (Geologisches:) I, 162.
258. 260. 270. 298. 304. 305. 306. 327.
352 f. 381 ff. 385. 388 f. 422. 43l>.
463. 464. 467. 471. 473. 47S. 479. 480.
484. 538. 549. (Meteorologisches :) II, 35.
36. 63. 64. 99, Nota 1. 175. 179. 186.
207. 249. 257. 275. 277. 278. 2S4. 312.
318. 324. 328. 353. 354. 356. 360. 363.
383. 451. (Biologisches:) II, 549. 550.
551. 617. 655 f. 657.
Skorpione, ihr erstes Auftreten in der
Kohle I, 314.
Skuratow H, 65 f.
Smithsund U, 197. 594.
Smyma I, 37-1.
Smyth (Astronom) I, S3.
Smyth (Admiral) I, 436.
Sna n, 623.
Snehaetten U, 451.
Snellius, Wiilebrord I, 146 ff.
Snowdon I, 384.
Socorridos H, 505.
Sölvesborg I, 383.
Sör^ord I, 471.
Soeterwouda I, 146.
SogneQord I, 4SI.
Solanum II, 518.
Solenodon I, 523. II. 641.
Sol&taren I, 212. 226. 22S. 233.
Solimoes II, 369, NoU 1.
Solnhofen I, 323.
Solothum U, 357. 359.
Solstitien II, 139 f.
Somaliküste H, 320.
Somerset I, 294, Nota 3.
Somma I, 215. 225.
Somme I, 378.
Somme-Soude II, 371.
Sona I, 369.
Sonklar, C. t. : stellt zuerst die Richtig-
keit der orometrischen Berechnungen
A. V. Humboldt's in Frage I, 422.
— entwirft die besten hypsometrischen
Karten I, 565.
— orometrische Berechnungen I, 568.
— Regenkarte von Oesterreich-Ungam
U, 259.
Register.
743
Sonklar, C. v.: über die Schneegrenze
in den Alpen II, 2S5.
— über Eisaeen II, 326 (Nota 2). 327.
(Nota 1).
— über die Structur des Gletschereises
II, 337 ff.
Soaklar'sche Seen U, 327 f.
Sonne: I, 57—77. Spectrum der S. I,
59. Rotation der S. I, 61. Grösse
der S. I, 61. 78. Verschiedene Hüllen
um die S. (nach älterer Anschauung)
I, 65. Helligkeit ihres Lichts I, 66,
Spectrum des Sonnenlichts I, 67 ff.
Aggregatzustand des Sonnenkörpers
I, 67 ff. Elemente in der Sonnen-
atmospbäre I, 67 f. 278. Aequatorial-
und Polarströme auf der S. I, 71 f.
Temperataren auf der S. I, 75 f. 78 f.
Allmähliches Erkalten der S. I, 76 f.
288. Schwere der S. I, 78. Bewohn-
barkeit der S. I, 79. Die S. ein mäch-
tiger Elektricitätsquell I, 133. Sie
beschleunigt bisweilen den Eintritt
von Erdbeben I, 265 ff., ist betheiligt
bei der Entstehung von Fluth und
Ebbe II, 16 ff. Beziehungen zu dem
tellurischen Magnetismus II, 474. 483.
Sonnenflecken I, 59 ff. Periodische Ab-
und Zunahme der S. I, 62. Aussehen
der S. I, 63. Höhlennatur derselben
I, 63 ff. S. betrachtet als Wolken I,
68 f., als Schlacken I, 70 ff. Ver-
theilung der S. auf der Sonnenober«
fläche I, 73. Auflösung der S. I, 74.
Beziehungen der S. zum Erdmagnetis-
mus und zu den Cirruswölkchen TL,
481—485.
Sonnenkäfer (mit sieben Punkteh) II, 654.
Sonnensystem I, 78 ff. Entstehung des
S. I, 273 ff.
Sonnen wärme: Bedeutung derselben für
die Erdenbewohner I, 44. 138 ff.
Grösse der S. I, 46 f. Ursprung der
S. I, 46 ff. S. auf Mercur I, 80 ff.,
auf der Venus I, 84, auf Mars I, 86,
auf Jupiter I, 90 f., auf Saturn I, 95,
auf Uranus I, 97, auf Neptun I, 98.
Der grösste Theil der S. verliert sich
im Weltraum I, 104. Zerstörende
Kraft der S. I, 428. 450 f. Wirkungen
der S. auf die Oberflächenschichten
des Oceans ü, 45 f. Periodischer
(jährlicher und täglicher) Wechsel
der Sonnenstrahlung auf Erden H,
138 — 143. Seculäre Schwankungen der
S. (Adh^mar*sche Hypothese) II, 143—
151. Absorption der S. durch Luft,
Land und Meer U, 156—158.
Sonora H, 516. 574.
Soolquellen U, 306. 307.
Sorbus U, 551.
Sorex n, 616. 619. 620. 623. 625. 629.
63.S. 639.
— etruscus II, 620.
— fodiens II, 616.
— Indiens H, 639.
— pulchellus U, 619.
— pygmaeus H, 616.
Sorghum saccharatum U, 555.
Sorrento I, 441.
Soufriere I, 225.
Source de la Reine (Bagneres d. L.)
I, 272.
South-Shields I, 179.
Spalax typhlus H, 620.
Spallanzani I, 221.
Spalten, entstanden durch allmähliche
Erkaltung des Erdkörpers I, 263.
Bildung und Zuschüttung von ^. bei
Erdbeben I, 272. Druckentlastung
und Verwandlung starrer Massen in
gluthflüssige durch Spaltenbildung I,
285.
Spalten, vulcanische I, 239. 258 f.
Spaltquelle U, 290.
Spaltungsthal s. antiklinales Thal.
Spanien (Geologisches:) I, 258. 315. 319.
377. 389. 422. 441. (Meteorologisches:)
U, 30. 277. 330. 435. (Biologisches:)
II, 503. 552. 620. 621.
Spanisches Rohr H, 555.
Spartacus I, 229.
Spartina arundinacea I, 515.
Spartium junceum TL, 553.
Specht U, 618.
Specifisches Gewicht der Himmelskörper
s. Schwere.
des oceanischen Wassers II, 3 ff.
Spectroskop I, 27. 31. 57 f. 66 ff. 278.
Spectrum der Nebelflecke I, 31. 278,
744 Register.
der Fixsterne I, 57 f., der Sonne I, i Springfluthen II, 17 f.
67 flP., der Venus I, S5, des Mai's I, | Springhase II, 635.
87 f., Jupiter's I, 92. 94, Satum's I, j Springmäuse II, 617.619. 620 f. 626. 635.
96, des Uranus I, 97, Neptun's I, 98, ! Springquellen, heisse, periodische (Gey-
des Mondes I, 102, der Cometen I,; sirs) II, 295— 303 (auf Island I, 295—
127 f. 129. 132, des Nordlichts II, 478 f. 299, auf Neuseeland I, 299—301, n
Speke n, 313. | Nordamerika I, 301—303).
Spencer-Golf II, 412. , Ssäwerzoff II, 362.
Sperenberg, Salzlager von 1, 320. II, Stachelratte II, 643.
331. 334. 'Stachelschwein, gemeines If, 619. 621.
— Seen bei II, 324. ' 635.
— Temperaturmessungen in den Berg- Stadtberge I, 315.
werken von I, 191. 192. 193. 198. Stadtsulza 11, 306.
Spermophilus (Ziesel) II, 617. 619. 626. Staffordshire I, 309.
643. Stahlwasser II, 306.
— citillus II, 617. Stalagmiten II, 309.
Spessart I, 320. Stalaktiten II, 309.
Sphaerococcus cartilagineus II, 6S. Standlinie (bei Gradmessungen) I, 147.
Sphagnum II, 549. • Standort, Wichtigkeit des St. für die
Sphe«ophyllen I, :U0. Entwicklung der Gewächse ü, 51 S —
Sphenopteris I, 309. 316. . 520.
Sphinx convolvuli 11, 656. Stanowoi-Kette II, 551.
Spiegel I, 524 (Nota 1). Stapelia II, 567.
Spinnen, ihr erstes Auftreten in der Staphylea II, 551.
Kohle I, 314. Staphylini H, 61^.
Spirifer I, 306. 307. 314. 317. 539. '' Staring I, 459.
— disjunctus (S. giganteus) I, 539. Stark II, 241.
Spirigera I, 314. Stark, F. II, 329 (Nota 2). 360 (Nota 2).
Spirobranchus capensis 11, 63S. Staronekrassowka I, 162.
SpitahnaUe II, 304. Stassfurt, Salzlager von I, 320. 11,331.
Spitzbergen (Geologisches:) I, 156. 282. , 332 f. 334.
326. 367. 462, 464. 471. 472. (Meteoro- ; Stauchung der Schichten I, 543.
logisches:) 11, 35. 36 f. 68 ff. 131. ' Stebnitzki I, 175.
2S6. 353. 355. (Biologisches:) 11, 593. ' Stefano viC v. Vilovo II, 396.
599. 603. Steiermark U, 328. 360.
Spitzbergen-See 11, 99. Steinbock ü, 618. 623.
Spitzklette n, 595. Steineiche II, 553.
Spitzmaus U, 616. 619. 620. 623. 625. , Steinfall I, 346.
629. 633. 639. j Steinkohle: Anhäufung der kohlenbilden-
Spix n, 404, Nota 2.
Splügen n, 453.
Sporer I, 61. 72.
Spörer II, 240.
SpondyluB I, 326.
Spongien in der Kreide I, 326.
Spratt I, 374.
den Pflanzen I, 311. Kohlenbecken
I, 312. Bauwürdigkeit der Flötze I.
312. Uebereinander lagernde Kohlen-
flötze: Zahl, Entotehung I, 312 t
Paralische und limnische Bildungen
I, 313. St. auch am Aequator und im
hohen Norden I, 813. Gefahren beim
Spreuger, A. 1, 143 (NoU 3). 144 (Nota 1). 1 Steinkohlenbergbau I, 344 ff. — Im
Sprengwirkungen der Sonnen wärme I, , übrigen s. unter Kohle.
428. 450 f. Steinkohlenformation 1 , 293. 294. 295.
Springaffen U, 641. 296. 297. 298. 301. 308—316 (klima-
Eegister. 745
tische Verhältnisc^e in der Steinkohlen- Beziehou^en der St. zu den Cometen
zeit I, 313. Dauer der Steinkohlen- I, IIS f. Ihr Aufleuchten ein )las5
periode h 3141 339 f. 344. 55S. II. 334. zur Bet^timmung der Lufthohe II. 1***,
Steinmarder IL 616. Stemtag I. 16S.
Stellung, günstige, der Erde im Sonnen- , Sterzing II. 450.
System I, TS ff. Steub. L. L 524.
Stelzengeier n, 637. Stevenson I, 437.
Stelzenpalme 11, 579. StickstoAaushauebuujren I. 2-0.
Stenops n, 639. Stickstoffgehalt der Luft IL 1 .^.
Stephan, Heinrich IL 513 (Xota 2). Stiefelluchs II. 62o. *V6^k
Stephenson IL 106. Stieregg I^ 542.
Steppen: ihre starke Erhitzung II, 157. Stjemsund II, 45.
Begriff II, 4S9. Meteorologische Vor- Stifle L 37ü.
auBsetzungen der Steppen Bildung 11, Stigmarien L 2^0. :^1L
4S9ff. Beschreibung mehrerer Steppen Stiller Oeean s. Grosser Oceau.
n, 495 ff. St. sind eine Schranke StinkdacLs (Mydausi II, »i2*J. *. ••.
für gewisse TLiere II. 012. Stinkthier (Mephitis) II, 625. 62^'.. r;4«—
Steppen Austraüen's IL 569 f. 641. 647.
— Centralafrika's IL 499 f. 563 £ Stipagraser 11, 556. 56S. 5<1. ö>:». 5>5.
— Centraüamerika's 11, 497 £ 576. 5S7.
— Centralasieus II, 492. 504 f. 555 £ Stipa lehn H, 5^3.
— der Kirgisen II. 49 j. 5u5- 515. Stirling's Luftma^chiue ;Rej;ci.erat?ri
— Xordanicrika's { Prairien . IL 2S1 . 496 £ L 349.
572—^74. Stockheim I, 312.
— des Plateaus von Dekhan IL 561 £• Stockholm I, 3^3. II, 277. ö"».
— Spaniens IL 5o3. Stoliczka I, 234.
— Sudafrika EL 5u«», Xota 1. 503 £ Stonesfield L 323. IL 651.
— Südamerika's s. unter Llaiios , Cam- Storch IL 627. 632.
pos und Pampas. Storsjr>en 1. 4S4.
— Südmssland's II. 276. 490 C 503. Stottemheim IL 334.
555 £ 617. 61 S. Strabo L 229. IL 416.
— Vorderasien's IL 505. Stralsund II, 96.
Steppenhuhn II, 623. Strandbildongen L 292 £
Stema U, 63^. Strandhafer L 459.
Stemapfelbaoin IL .576. Strandlinien . alte L 27u. 354. 357. :^öS.
Steniarchus IL, 646. 359. 36<l. 363. 365. 366. ^67. .1»'>. -'O'?.
Sternschnuppen: MassenLaftigkeit der 371. 374. 37S. 3S2. 3S3.
St. im Sonnensystem 1 . 47. Begriff Strandriff I. 495.
I, 111. Hohe des Aufleuchtens Ton Strandseen II, 313 ff.
St I, 111. Geschwindigkeit I, 112. Strassbnrg EL 596.
Ihre Bahnen L 1 12 £ Grand ihres Auf- StraloTiilcane L lul ff.
leuchtens beim Eintritt in die Atmo- Stratos II, 252.
Sphäre 1,113. Grösse (nach dem Licht- Straoss, afrikanischer II, 621. 637.
werth bestimmt; I, 113. \ ermehrte — amerikanischer IL 645. 649.
Frequenz der St am 12. bis 14. No- — darwinischer II, 649.
Tember (Leoniden) und 10. August — nenholländischer IL 651.
(Perseideni I, 114 ff. Bahnen der Stranasten II, 532.
Leonldeu' and Peraeidenschwäime I, Stransahühner IL 645.
115 ff.: Uebereinstimmung derselben Strichen der Schichten I, 3i>0.
mit Cometenbahuen L 117 ff. Sonstige Streifige Haufenwolke IL 253.
^
746 Register.
Streintz, Heinrich II, 236, Nota I. Struve, W.: Saturnriuge I, 95.
Strelitzia II, 568. — Feinheit der coroetarisehen Masse
StringocephaluB I, 307. I, 122.
Strix (Eale) II, 621. 624. 637. 649. 650. ~ Farbe des Halley sehen Cometen I,
— flammea II, 607. 12S.
— otas II, 607. — rassische Gradmessung I, 162. 165.
— perlata II, 649. . — rassisch •mitteleuropäische Grad>
Ströme fahren nur einen kleinereu Theil , messong I, 171.
der gesammten Niederschläge dem | struve, Oberst 11, 321.
Meere wieder zu II, 287. Nameu der Str. | Stubay-Gruppe 11, 353.
II, 369—371. Gesetze ihrer Bewegung Stubenbach II, 27>.
II, 372—374. 389. Ihre mechanischen Studer, Bernhard : Aehnlichkeit der drei
Leistungen II, 375 — 397 (Process der-' südhemisphärischen Festlande I, 407,
Thalbildung dorch Erosion II, 375 — — Entstehung der Gneissfacher in den
383. Rieeenkessel II, 3S3 f. Teufels- Alpen I, 540.
mauern II, 384. Erdpjramiden II, — die Ueberkippung der Schichten am
384 f. Das Baer'sche Gesetz II, 3S5— Mettenberg I, 542 f.
388. Veränderungen innerhalb einer — die verheerenden Kräfte der Schwei-
Stromcurve durch seitlichen Anprall des zer Alpenflüsse bei Hochwasser II,
Wassers an den aasgebuchteten Ufer- , 380 (Nota 1).
rand II, 389-393. Absatz von 1 Stummelaffen II, 633.
Schwemmland an der Vereinigung Sturbington II, 209.
eines Str. mit einem Seitengewässer ' Sturm II, 2o6. 225.
IT, 393— 397. Allmähliche Erhöhung Sturmsignale II, 226.
des Strombettes II, 397). Pathologie Sturmtaucher 11, 616.
der Ströme II, 398—402. Die Delto- Sturmvogel II, 616.
bildungen der Str. II, 403 — 427. Bau Sturt II, 195.
der Ströme in ihrem mittleren Laufe Stuttgart ü, 229. 237.
II, 428 — 437. Ihre Bedeutung in dem Stye-Pass II, 278.
Gang der menschlichen Gesittung II, Subtropische Regen II, 265—269.
436 f. Ungleichmässige Abfuhr ihrer Subtropische Zone II, 221. 256. 265—
Wasser in Folge Entwaldung II, 50S f. 269. 502 f.
Antheil der Str. an der Verbreitung Sudac I, 374.
der Gewächse II, 594 f. Str. sind Sudan II , 436. II, 563—565 (Flora des
Hindernisse für die Verbreitung der Sudan). 636.
Gewächse II, 599, der Thiere U, 610 f. Sudeten U, 550.
Strömungen des Meeres s. Meeres- Südamerika (Geologisches: I, 159. 219.
Strömungen. 282. 236. 259. 261. 268. 296. 328.
Strokkr H, 2yS f. 357 ff. 385. 390 ff. 397 ff. 400. 401.
Strombett U, 377. 397. 425. 461. 463. 467. 498. 530. (Meteoro-
Stromboli I, 228. 231, Nota 3. 23S. 259. logisches:) H, 127 f. 186 ff. 219.
Stromcorven D, 389— 393. 260 f. 264 f. 282. 312. 354. 363. (Bio-
Stromstrich U, 372. 389 f. lo^sches:) H, 548. 577-588. 598.
Strophalosia I, 317. 639—649. 655. 656.
Strophomena I, 306. 317. Südatlantischer Verbindongsstrom H, 74.
Struthio camelos (afrikanischer Strauss) Südaostral-Strömang H, 79. 102.
n, 621. 637. SüdcaroHna I, 362. U, 280. 428. 572.
Struthiopteris germanica II, 532. Südchinesisches Meer I, 387. 489. O,
Stnive, W. : über die Eztinction des • 6 f. 27. 37. 53.
Lichts I, 37. ! Südeoropa I, 326. 327. 334. 346. 374 ff.
Register.
747
II, 193. 232. 267. 501 f. 523. 533. 550.
Vgl. hierzu Mittelmeerländer.
SüdGeorgia-Inseln I, 462, Nota 1.
Südliches Eismeer s. Eismeer.
Südliche Hemisphäre: charakteristische
Merkmale ihrer Länderconfiguration
II, 146 ff. Temperatarverhältnisse II,
178 ff.
Südlichter ü, 481.
Süd-Orkney-Inseln I, 462, Nota 1.
Süd-Sandwich-Inseln I, 462, Nota 1. 498.
Südsee s. Grosser Ocean.
Südshetland-Inseln I, 462, Nota 1. 498.
Süntel I, 324.
Sues I, 372. U, 142. Isthmus von S.
n, 105 f.
Suess, Eduard I, 554. 55S ff.
Süsser See U, 324.
Suf I, 449.
Suffolk I, 384. 439.
Sujut I, 238.
Sulu-See II, 53.
Sumatra I, 238. 369. 387. 396. 397. 511 f.
520. II, 561. 630. 631. 655.
Sumbawa I, 214. 242. 369.
Sumpfbiber U, 648.
Sumpfcypresse II, 572.
Sund I, 383. II, 105.
Sunda-Inseln (Geologisches :) I, 231.238.
259. 393 ff. 397. 491. 511. 520 f. 530.
(Meteorologisches:) n, 215. 271. (Bio-
logisches:) II, 490. 536. 558 ff. 601.
609. 629 ff. 639.
SunderlikDagh I, 234.
Sundsvall I, 383.
Supan, Alex.: die mittlere Tiefe des
Grossen Oceans I, 416 ff.
— über den Brennerpass II, 450 f.
Surell n, 402.
Surinam (Col.) H, 123.
— (Fluss) II, 419.
Sus (Schwein) I, 527. II, 610. 613. 617.
619. 621. 622. 624. 627. 631. 636. 639.
— larvatus ü, 636. 639.
— leucomystax II, 624.
— scrofa (gemeines Wildschwein) II,
613. 617. 619. 621. 622.
— scrofa domesticus (Hausschwein) I,
527. n, 610.
Susquehanna U, 443.
Sussex I, 384.
Suwarrow-Cactus II, 573.
Svanberg I, 152, Nota 1. 162.
Sveaborg I, 382.
Swietenia Mahagoni H, 576 f.
Swinden, Tobias I, 60. II, 481.
Swinemünde H, 31.
Sydow, E. V. I, 564 (Nota I).
Syene I, 144. 145.
Syenit I, 292. H, 288.
Sykomore II, 557. 564.
Sylt I, 380. 456. 457. ü, 293.
Symphoria II, 576.
Synclinaler Schichtenbau I, 299 f.
Synclinales Thal I, 546. II, 329. 443.
Synclinorium (Dana) I, 550.
Syr n, 399. 407. 413.
Syracuse U, 334.
Syrakus I, 375.
Syrien I, 260. 268. 269. 37;j. 400. H,
267. 505. 634. 636.
Syringa H, 551.
Syrrhaptes paradoxus U, 619.
Syrten (Grosse und Kleine) I, 373. 375.
n, 31. 320.
Szamos U, 371. 396.
Szathmar-Nemethi U, 396.
Tabak H, 572. 576. 597. 598.
Tacarigua-See II, 506.
Tachyglossus II, 650.
Tacitus I, 143.
Tadmor I, 145.
Tadoussac II, 411.
Tafilet n, 492.
Tagliamento II, 422.
Tagnaras U, 538.
Tagschwalbe H, 637.
Tahiti I, 365. 447. 498. 509. 528. H, 26.
Taimyrland I, 368. 470. H, 191. 548 f.
Talabot H, 106. 423.
Talcahuano I, 270.
Talcot I, 361. U, 414.
Talpa caeca ü, 620.
— europaea (gemeiner Maulwurf) H, 616.
— wugura n, 623.
Taman H, 311.
Tamarinde H, 564.
Tamariske II, 555. 562. 563. 565.
Tamarix gallica II, 562.
— nÜotica II, 565.
Tamaulipas I, 361.
748
Register.
Tamias 11, 643.
Taminaschlucht II, 3S2.
Tamisier n, 195.
Tana I, 185.
Tandurek I, 234.
Tanela n, 419.
Tanger I, 258.
Tanitische Nilmündung II, 416.
Tanna I, 229. 240. 492.
Tanne H, 550. 570 £ 576.
Taogaras II, 538.
Tapajos 11, 29.
Taphozous 11, 633.
Tapirus 11, 628. 631. 644. 648. 655.
— indicus II, 631.
— suilluB n, 644. 648.
— villosus n, 644.
Tarabulus I, 268.
Tarawera-See I, 259, Nota 2.
Tarbes II, 117.
Tarde, Jean I, 60.
Tarim H, 399.
Tari-Pass I, 534.
Tarqui I, 152. 161.
Tarser 11, 639.
Tarsipes II, 650.
Tarsias 11, 639.
Tasman-Gletscher II, 367.
Tasmanien I, 306. 366. 386. 397 f. 490.
521. 529. 531. II, 2S1. 601 f. 650.
Tatarische Strasse 11, 76.
Tatra H, 617.
Tatta II, 410.
Taube H, 618. 632. 637 f.
Taubefluth II, 17 f.
Taunus I, 227. H, 448 f.
Taupo-See I, 226. H, 299.
Taurien 11, 258 f.
Taurus II, 554. 601. 634.
Tausendfüsser, ihr erstes Auftreten in
der Kohle I, 314.
Taxodineen II, 546.
Taxodium distichum II, 572.
— mucronatum 11, 576.
Taxus in der Kreide I, 325.
— baccata n, 550.
Taylor, J. G. I, 234.
Tchihatecheff, P. v. I. 374.
Teakbaum II, 560 f.
Teche II, 415.
Tectonia grandis II, 560 1
Teetzmann 11, 258 f.
Tegel I, 328.
Tegetthoff, v. II, 417, Nota 1.
Telegraph: Mittel, die Zeitdiffereuz
zweier Orte zu bestimmen, I, 170 f.
Strömungen im T. während einer
Nordlichterscheinung 11, 479 f.
Teleosaurus I, 323.
Telmissos I, 374.
Teltow I, 193.
Temboro I, 214. 242.
Tempers Comet I, 117 f.
Temperaturen auf der Sonne I, 75 f.,
im Erdinnem I, 183 ff., der Quellen
in der tropischen Zone und auf Island
I, 185, der Lava I, 223, des Wassers
an der Meeresoberfläche II, 33— 3b,
in den Tiefen der Oceane II, 38 — 55.
in den höheren Luftregionen II, 162 ff.
Reduction der Temperatur eines Ortes
auf das Meeresniveau 11, 173. Ma-
xima der Lufttemperaturen II. 19ö—
197. Minima der Lufttemperaturen
n, 197. T. zur Erklärung der Eiszeit
n, 365 ff. Das übrige s. unter Wärme.
Teneriffa 11, 131. 212. 216. 528.
Tennent, Sir Emerson I, 504.
Tenner I, 162. 165.
Tennessee 11, 571.
Teplitz I, 272. 11, 294. 306.
Teplouchoff, Tb. II, 495.
Terebratula I, 319. 322. 326.
Terek n, 407.
Termes s. Termiten.
Terminbeobachtungen (Erdmagnetismus )
n, 475 f.
Termiten 11, 632. 638.
Terraindarstellung I, 561 — 571.
Tertiär I, 294. 296. 298. 800. 301. 320.
328—334. 341. 343. 385 ff. 489. 533.
n, 334. 356. 447 f. 651 f.
Tessin II, 441.
Tessinthal H, 377. 378.
Tetarata II, 300.
Tetranthera califomica II, 574.
Tetrao H, 628. 637.
— cupido H, 628.
— umbellus II, 628.
Tetschen n, 447.
Kegistei*.
749
TeufeUbrücke II, 382.
Teufelsfinger I, 322.
Teufelsmauern I, 225. II, 364.
Teutoburger Wald I, 327. II, SOS.
Texas I, 316. 317. II, 573 f.
Textularia I, 326.
Thäler: ihre Entstebung I, 546. II, 438—
454. Die Bildung von Erosionsthälern
in den Gebirgen II, 376 flP. Tbal-
einschnürungen mit stürmiscber Ero-
sion I, 378 f. Tb. als Hindernisse
für die Verbreitung der Gewäcbse II ,
599.
Thalweg II, 389.
Thau II, 250 f.
Thaupunkt U, 245.
Tbea viridis II, 558.
Theben (Aegypten) U, 157.
Theestrauch II, 558.
Theiss 11, 396 f.
Themse IT, 28. 407. 413. 421 f. 424.
Theophnuitus I, 346 f.
Thermale Ciixulation im Oeean II, 92 fi^.
Thermen U, 294 ff.
Thermische Anomalie II, 185.
Thermische Normalen II, 185.
Thermische Windrosen II, 230 ff.
Thermometer II, 151 — 154. Gebrauch
desselben II, 154 — 156.
Thermometrograph U, 153 f.
Thian-schau I, 233 f. 284. II, 362.
Thiere: die Thierwelt der Inseln I,
507 — 531. Tb. als Verbreiter von
Pflanzensamen II, 595. Abhängigkeit
der Th. vom Boden II, 606, von der
Vegetation ihres Wohnortes 11, 606,
vom Klima 11, 606 f., von der mor-
phologischen und physiologischen Be-
schaffenheit ihres Körpers II, 607 f.
Die Verbreitung der Th. wird ge-
fördert durch schwimmende Fahrzeuge
n, 608, durch Gebirgsbrücken II,
608 f., durch Stürme II, 609, durch
die Thiere selbst II, 609, durch den
Menschen 11, 610; sie wird gehindert
durch Flüsse und Meere n, 610 f.,
durch Gebirge 11, 61 1 f., durch Wüsten,
Steppen und Wälder U, 612 f., durch
den Menschen II, 613. Die Thier-
provinzen der Erde II, 614—652: das
arktische Gebiet II, 015 f., die ge-
mässigte Zone innerhalb der Alten
Welt II, 616—624, das gemässigte
Nordamerika II, 624—628, das indische
Gebiet II, 629—632, das tropische
Afrika n, 632—638, Madagaskar II,
638 f., das tropische Amerika II,
639 — 646, das gemässigte Südamerika
n, 646—649, Australien II, 649-652.
Die Lehre von der Einheit der
Schöpfungsmittelpunkte II, 653—658.
Thiessow II, 31.
Thilo II, 321.
Thlaspi alpestre II, 518.
Thlewee-choh II, 405. 421. 440.
Thompson-Insel I, 499.
Thomson, James II, 349.
Thomson, William II, 349.
Thomson, C. Wyville: über Tiefsee-
messung I, 40b ff. Mittlere Tiefe der
Weltmeere I, 420. Tiefentemperaturen
der Südsee II, 51.
Thonschichteu I, 294. II, 289. Bildung
von Th. I, 292.
Thonschiefer I, 302. 304. II, 28b.
Thorictis II, 645.
Thorshavn II, 193.
Thränen des heiligen Laurentius I, 114.
— des Vesuv I, 222.
Thrakien I, 107. 374.
Thrinax 11, 576.
Thrissops I, 322.
Throndhjem I, 156. 383.
Thsin-Schi-Hoang-ti II, 515.
Thüringen I, 249. 250. 293. 308. 316.
317. 320. II, 277. 365.
Thüringer Wald I, 320. 11, 277. 361.
Thuja gigantea II, 571.
Thun II, 413.
Thuner See II, 413. 441.
Thwaites I, 52b.
Thylacinus II, 650.
Tiber H, 437.
Mündung I, 441.
Tiberias-See H, 325. 441.
Tibet II, 3. 169. 195. 272. 334. 353. 623.
Ticino-Gletscher der Eiszeit 11, 35%.
Tiden ü, 14 (auch Nota 2).
Tiefe, mittlere, des Atlantischen Oceans
I, 410—413, des Grossen Oceans I,
750
Begister.
413—418, des Indischen Oceans I, | Torgan ü, 392.
418 f., des nördlichen und südlichen { Tomatella I, 326.
Eismeeres I, 419, sämmtlicher Welt- 1 Tomea (Stadt) I, 152.
meere I, 420.
Tiefenstufe, geothermiscbe I, ISS ff.
Tiefseebildungen I, 292 f.
Tiefseeloth Brooke's I, 4uS f.
Tiefseemessungen I, 407 ff.
Tie&eetemperaturen II, 3S--55.
Tiflis I, 175.
Tiger 11, 6u6. 611. 622. 628. 630. 634.
Tiger, brasilianischer s. Jaguar.
Tigerpferd II, 685.
Tigris n, 371. 406 f. 412.
Tillandsia usnoidea II, 540. 571.
Timor I, 369. 520.
Tipperary II, 190.
i Toronto (Canada) 11, 209. 474. 476.
1 Torre dell' AnnunziaU I, 23S.
I Torres-Strasse I, 489.
Torreya H, 546.
Torricelli II, 111.
Tortrix H, 607.
Toscana I, 194. 315.
Toulouse n, 176.
■ Tour n, 292.
! Toumefort II, 524.
Toxaster I, 326.
Trachyt I, 292. II, 28S.
TractuB chalyboelitici II, 461.
' Trade-winds II, 215.
Tirol I, 192.327. 554. 11, 328. 360- 385. , Traganthstraucher II, 556.
449-451.
Tirrsa II, 556.
Titicaca-See 11, 312. 320.
— Ebene um den II, 582. 644.
Toau I, 497.
Tobolsk I, 185.
Toconao I, 109.
Todea II, 568.
Todesthal (Java) I, 227.
Todtenkopf n, 656.
, Tragopan satjrus 11, 632.
' Trajanswall H, 516.
' Trampelthier II, 622.
' Trandersholm I, 381.
Transbaikalien II, 274.
j Transkaukasien 11, 552.
I Transmutationshjpothese 11, 604.
: Trappe II, 623. 627. 632. 651.
' Trasimenischer See n, 326.
- Traubenkirsche 11, 551.
Todtes Meer II, 325 f. 333. 399. 441. 556. Travemünde 11, 31.
Todus n, 645.
Tödi II, 359.
Tofua I, 228.
Tokaj n, 396.
Tokio I, 368.
Tolaihase II, 619. 622.
Tola-Strauch II, 583.
Tolbatschinskaja Sopka I, 225.
Tolima I, 236. II, 283.
Tolmezso n, 278.
Tomsk I, 185.
Tonga-Inseln s. Freundschafis-Inseln.
Tongariro I, 260.
Tong-king I, 368.
Toonabaum 11, 560.
Tor I, 372.
Torell I, 282. H, 68.
Torf I, 335. 342. 343.
Torfschichten unter dem Meeresspiegel
Treibeis s. Eisberge.
Treibholz im nördlichen Eismeere U.
67 ff. "
Trelleborg I, 3S1.
- Triangulation I, 146 ff.
Trias I, 301. 3U2. 319—321. 341. II, 334.
Trichechus rosmarus 11, 615.
> Trichoglossus 11, 651.
Triest I, 375. H, 142.
■ Trifolium resupinatnm II, 597.
I Trigonia I, 322. 326.
; Trigonocephalus n, 632.
Trilobiten im Silur I, 306, im Devon
I, 307, in der Kohle I, 314, in der
Dyas I, 317.
1 Trinidad (Änüllen) I, 156. 159. 391. II,
I 311. 541.
Trinidad (im südatlantischen Ocean) I,
i 499.
als Zeugnisse für eine Senkung des • Tripolis I, 222. 372.
Bodens I, 376. 380. 381. | Trisetum subspicatum 11, 538.
Register.
751
Tristan da Cunha I, 499. 515. 518. II,
591.
Triticum II, 572.
TriTandeporum I, 161.
Trogen II, 358.
Troglodytes II, 633.
Troja I, 374.
Trompetenvogel II, 645.
Trons II, 358.
Trop&teinhöhlen ü, 309.
Tropidonotus II, 638.
Tropikvogel II, 632.
Tropische Regen II, 262—265.
Tropischer Wald n, 558.
Tropische Zone II, 140. 141. 212—221.
256. 260 ff. 502 f.
Trotter I, 234.
Trunz I, 162.
Truthahn 11, 628.
Truxillo (Peru) I, 259.
Tsad-See II, 133. 313. 399.
Tsad-See, Ufergebiete des II, 565-
Tscharapundschi 11, 271.
Tscheljuskin I, 470.
Tschelu-Fichte II, 561.
Tscherniawsky II, 316.
Tschemoi-Rejnok Ii, 407.
Tschemyi-Jar II, 387.
Tschickari II, 626.
Tschirimaja-Baum II, 582.
Tschudi, J. J. V.: Erdbeben bei Are-
quiba I, 266, Nota 1.
— seculäres Sinken der Küste bei Callao
I, 358.
— - über die peruanische Wüste II, 493.
— über die Fauna der Anden Peru*s II,
640.
Tschuktschenland I, 470.
Tsetse-Fliege II, 638.
Tsien-tang II, 28. 409.
Tsugaru-Strasse II, 75. 76.
Tuamotu-Gruppe I, 365. 3i)6. 497. 525.
Tuareg II, 515.
Tuat n, 492.
Tubicaulis I, 341.
Tubuai-Gruppe I, 497.
Tübingen n, 241. 242.
Türkei I, 172. 422. H, 267. 553. 621.
Tuffe, Tulcanische I, 223.
Tuffkegel (Vulc.) I, 209 f.
Tukan II, 645.
Tu-kiu II, 515.
Tula II, 365.
Tulpen II, 505. 539. 556.
Tulpenbaum II, 536. 571.
Tumbo n, 566.
Tundra 1, 368. II, 240. 5 1 3, Nota 1.530. 549.
Tunguska, Obere I, 186.
Tunis (Land) I, 373.
Tunis (Stadt) I, 375. U, 212.
Tuqueres, Vulcan von I, 236.
Turdus II, 637.
Turfan, Vulcan von I, 283.
Turgat Bala I, 234.
Turin I, 171.
Turkestan H, 234. 267. 272. 313. 555.
556. 600.
Turkmenen II, 515.
Turkmenische Wüste I, 448. II, 515.
Turon I, 325.
Turrilites I, 326.
Turritella triplicata II, 322.
Turteltaube II, 618.
Turtle-Island I, 365.
Tuscaroratiefe I, 417.
Tuztla, Vulcan von I, 237. 239.
Tycho de Brahe I, 17.
Tylor, E. B. J, 60, Nota 1. 61, Nota 1.
T3mdallf John: Theorie der Cometen-
bildung I, 129 f.
— Annahme einer Ausfeilung der Fjorde
durch Gletscher I, 472 ff.
— die Wasserdämpfe der Luft wichtig
für die Wärmeverhältnisse der Erde
II, 160.
— über die Bänderstruetur des Gletcher-
eises II, 338.
— über Glctscherbewegimg II, 344. 346.
347.
— über die Piasticität des Gletscher-
eises II, 348 ff. 352.
Tyrifjord I, 484.
Tyrus I, 373.
Valan I, 510.
Ucayali II, 370.
Udometer II, 257.
Überfallsquelle II, 290.
Uberkippung der Schichten I, 510.
(Uliberg II, 357.
752
Register.
Uganda II, 564.
Uhu, grosser II, 6 IS.
Ujun Holdongi I, 233.
Ukerewe II, 563. 564.
Ulex enropaeus I, 527.
Ulloa, Don Antonio de I, 152. 161.
Ulm II, 359.
Ulme n, 551. 571. 575. 593.
Ulmer Maar I, 217.
Umbra (Sonnenfiecken) I, 63.
Umlaofszeit, siderische und synodische,
des Mondes I, 99.
Undurchlässige Schichten II, 292.
Ungarn I, 334. II, 276. 277. 503. 550.
552. 617.
Unger I, 311.
Union- Gruppe I, 365.
Unna I, 257.
Unsen I, 215.
Unterseen II, 413.
Unze s. Jaguar.
Unzerstörbarkeit der Kraft, Gesetz von
der, s. Erhaltung der Kraft etc.
Upsala I, 152. II, 247. 475. 521.
Upupa 11, 618.
Uraba, Golf von II, 412. 419.
Ural (Gebirge) I, 185. 305. 315. 317.
335. 533. 538. II, 365. 535. 545. 551.
611. 616.
Uranus I, 96 f. 117. 274. 283.
Uranusmonde I, 97. 274.
ürgebirge I, 302 ff.
Urgneissformation s. laurentische For-
mation.
Urmia-See II, 333 f.
Umerloch II, 382.
Uropedium Lidenii II, 542.
Urotrichns II, 623.
Urserenthal I, 538. 542.
Ursus (Bär) I, 336. II, 6u6. 60$. 610.,
613. 615. 616. 620. 622. 624. 625. 626. ;
629. 630. 633. 640. 642. 647.
— americanus II, 610. 615. 626.
— arctos (gemeiner Bär) II, 606. 6ü8.
613. 615. 616. 620. 622. 625 £
— ferox 11, 624. 626.
- frugilegus II, 642.
- isabellinus 11, 622.
- labiatus ü, 629.
- malayanus II, 629 f.
Ursus maritimus (Eisbär) II, 6US. (>15.
— omatus II, 642. 647.
— spelaeus I, 336.
— tibetanus 11, 624.
— torquatus II, 622.
Urucuri-Paime 11, 579.
Uruguay II, 404. 405. 406 412.
Urumtsi I, 233.
Uruspieh II, 361.
Urville, Dumont d' I, 437. 11, 45b.
Usnea barbata II, 531.
Usneen II, 531.
Ustjansk II, 179.
Usumasinta-Tabasco II, 40;».
Utah (Territ.) 11, 334.
Utah (Wüste) II, 273.492. 496. 497. 510.
573.
Yaccinium myrtillus II, 552.
— uliginosum II, 549. 552.
— vitis idaea II, 549. 552.
Val de Ferret II, 358.
— di Noto I, 374.
Valdivia I, 35S. II, 269. 2S2.
Valencia, See von II, 312. 506.
Valentia (an der Westküste von Irland
I, 171.
Valerianella echinata II, 595.
— hamata II, 595.
Valles II, 184, Nou 2.
Valparaiso I, 159. 270. 35S. II, 469.
Valtenberg II, 120.
Vambery I, 448. II, 408. 515.
Vampyr s. Pteropus.
Vancouver I, 360. 463.
Vanessa cardui s. Distelfalter.
Vanilla aromatica II, 576. 580.
Vanoa Levu II, 500, NoU 2.
VarangerQord II, 45. 50.
Varen, Bernhard 11, 105.
Variabilis Scuti (Fixstern) I, 288.
Variationen, seculäre, des Erdmagnet
mus II, 466—471; tägliche V. i
Erdmagnetismus 11, 471 — 473.
Varin II, 123.
Vatoa I, 365.
Vavau I, 497.
Veddahs I, 530.
Vegetation s. Pflanzen.
Vegetationszonen der Erde II, 544 — |
Register.
753
iM.
Veilchen n, 523.
Vellosia U, 581.
VelseD I, 452.
Vendde I, 377.
Venedig I, 370 f. II, 30. 267.
Venediger II, 450.
Venezien II, 360.
Venezuela II, 497. 516. 577 f.
Vents alizds II, 215.
VenuB I, 83 ff.
Verbreitung der Pflanzen gefordert durch
Winde II, 592 f., durch das Wasser
n, 593 ff. , durch Thiere II, 595 f.,
durch den Menschen 11, 596 £ — Ver-
breitung der Thiere gefordert durch
schwimmende Fahrzeugen, 608, durch
Gebirge n, 608 f., durch Stürme LI,
609, durch andere Thiere II, 609,
durch den Menschen II, 610, gehindert
durch Flüsse und Meere 11, 610 f.,
durch Gebirge II, 61 1 f., durch Wüsten,
Steppen und Wälder 11, 612 f., durch
Menschen 11, 613.
Verbreitungscentren s. Schöpfungs-
heerde.
Verbrennungsprocess I, 42.
Verdunstungsprocess II, 239—2^2.
Vereinigte Staaten von Nordamerika
(Geologisches:) I, 231. 306. 348. 360.
361 f. 390 f. 448 f. 458. (Meteoro-
logisches:) n, 238—236. 273. 279 f.
312. 334. 362 l 367 f. (Biologisches:)
D, 496 f. 503. 570—574. 624—628.
Vermoderungsprocess I, 342.
Vernagtgletscher, Eissee des II, 327. 353.
Verschiebung, optische, d. Fixsterne 1, 15.
Verschiebungen der Welttheile seit den
tertiären Zeiten I, 385—892.
Versteinerungen : Mittel zur Bestimmung
des Alters der Formationen I, 295.
Vertheilung der Wärme auf der Erd-
oberfläche n, 138—202.
Verwandlung der Kräfte I, 39 ff.
Verwerfungen der Schichten I, 544;
Entstehung geräumiger Seebecken
durch V. n, 325.
Verwesungsprocess I, 342.
Vespertiüo H, 616. 623. 625. 629. 633.
Wl. 647. 650. 655.
— noctua II, 655.
Peachel-Leipoldt, Phys. Erdkunde. II.
Vestfjord n, 45.
Vesuv I, 202. 206. 208. 214. 215. 218.
219. 221. 222. 223. 224. 226. 229 f.
231, Nota 3. 238. 239. 242. 259.
Via mala H, 382.
Vianen I, 378.
Vic n, 334.
Vicia cracca U, 597.
Vico, Fr. de I, 85, Nota 2.
Victoria (Australien) 11^ 281. 527.
Victoria-LAud I, 499. 11, 240. 45S.
Victoria regia 11, 543. 580.
Vicuna n, 644. 648.
Vielfrass II, 615. 616. 625.
Vierwaldstätter-See 11, 359. 441.
Viescher-Gletscher n, 202.
Vinago aromatica II, 632.
— ozjura II, 632.
Vincent, H. I, 144 f.
Vinci, Leonardo da II, 92.
Vintschgau II, 450.
Viola lutea calaminaris II, 518 f.
Viper II, 638.
Virginien 11, 280. 325. 334. 571. 572.
Viscum n, 595.
Visp-Thal, Erdbeben im I, 264. 272.
Viti Levu II, 500.
Vitis labrusca U, 572.
— vulpina II, 572.
Viverra II, 620. 628. 030. 634. 641.
— genetta (Genettkatze) II, 620. 634.
— rasse II, 630.
— zibetha II, 630.
Vlieghen eiland I, 525.
Vlotho I, 227.
Vochysiaceen II, 581.
Vögel: erste Spuren von V. in der Tria*
1, 319, älteste Ueberreste im Jura I, 323.
Vogel, Eduard II, 133.
Vogel, H. C. : Bewegungen der Pro-
tuberanzen I, 72.
— Atmosphäre der Venus I, 84 f.
— Marsspectrum I, 88.
— Jupiterspectrttm I, 92 (Nota 1).
— Spectra der Cometen I, 127 f.
~ über das Nordlicht II, 479.
Vogelgesang I, 217.
Vogelsgebirge I, 243.
Vogesen I, 190. 293. 298. 320. 53^. 559.
II, 328. 361. 447 f
4S
754
Register.
Vogt, Karl: über die Fjorde Island's I,
465.
— Felssturz an der Westküste Skandl-
navien'fi I, 53S.
— das Au&teigen der Grebirge die Wir-
kung eines Krystallisationsprocesses
I, 549 £
— gleichartige Fische auf beiden Ab-
hängen der Alpen IT, 450.
Vogtland I, 320.
Volcano I, 231, Nota 3.
Volger I, 263. 265. 272, Nota 1.
Voltzien I, 319.
Vorderasien II, 491. 492. 554; im übrigen
s. Mittelmeerländer, Kleinasien etc.
Vorderindien (Geologisches :) I, 161. 162.
163. 184. 231. 296. 325. 328. 330. 370.
(Meteorologisches:) II, 127. 196. 220.
255. 256. 269 ff. 399. (Biologisches:)
II, 513. 523. 545 f. 554. 558 ff. 6U9.
629-632. 634.
Vorderrheinthal I, 538.
Vulcane I, 201—243. Definition I, 201.
Eintheilung in geschichtete und ho-
mogene V. I, 201. Aeussere Grestalt
der V. I, 201. Entstehung der V.: die
Theorie L. v. Buch*s I, 202 f., die
Aufschüttungstheorie I, 203 ff. Stö-
rungen des Schichtenbaues in der Nähe
eines V. I, 204. Barrancos I, 205.
Beweglichkeit der Laven I, 205 ff.
Neigung der Gehänge eines V. I,
207 f. Bildung des Monte Nuovo I,
2üS f. Innere Structur der V. I, 209 ff.
Submarine Bildungen (Tuffkegel) I,
209 f. Schlackenkegel I, 210. Lava-
kegel I, 211. Kegel von gemischtem
Material I, 211 f. Einstürze von V.
I, 212 ff. Maare I, 216 f. — Thätig-
keit der V.: Vorboten eines Aus-{
bruches I, 218 f., der Ausbruch selbst
I, 219 ff. Flammenerscheinungen I,
221 f. Eruptionsmaterial I, 222 ff. II,
217. Zustand der fiuhe I, 225 ff.
Frequenz der vulcanischen Eruptionen
(thätige und erloschene V.) I, 228 ff
Zahl der V. I, 230 ff. — Räumliche
Vertheilnng der V. : ihre räumliche
und causale Beziehung zum Meere
I, 232 ff.; reiheiiformige Anordnung
I, 236 ff. 395 f. ; L. v. Buch's Ceutral-
vulcane I, 23S f. Vulcanische Spalteu
I, 239. 285. 394. Altemirende Thätig-
keit derjenigen Vulcane, welche auf
derselben Spalte liegen, I, 239 f.
Höhen- und Massenverhältnisse der
V. I, 240 ff. Homogene V. I, 243. —
Zusammenhang zwischen den V. uud
den Erdbeben I, 258 ff. Vulcanische
Heerde im Erdinnem nach Hopkins
I, 2S7. Hebungen auf vulcanischeui
Gebiete I, 355. Vulcanische Kräfte
betheiligt bei den seculären Hebungen
I, 385 f., nicht aber bei der Erhebung
der Gebirge I, 554. Heisse Quellen
am häufigsten in der Nähe vulcanischer
Heerde II, 295.
Vulcanische Inseln s. unter Inseln.
Vulcanismus auf dem Monde I, 101.
Vulpia ligustica II, 597.
Vultur aegyptius II, 621.
— percnopterus II, 621.
Wachspalme II, 524, Nota 2. 5S!.
584.
Wachtel II, 623.
Wadi Arabah U, 325.
— Sanur I, 450.
Wadis U, 399. 563.
Wälder: versteinerte W. I, 317. 341, in's
Meer versunkene W. I, 377. 378. 3S1.
W. ein Schutz gegen das Vordringen
der D. I, 458 ff. Meteorologische Vor-
aussetzungen zur Waldbildung II,
490 f. 494 ff. Örtliche Vermehrung'
der Niederschläge durch die W. 11,
505—507. Der Gesammtregenfall auf
Erden wird durch die W. nicht ver-
grossert H, 507 f. Bedeutung der W.
für gleichmässige Wasserabfuhr II,
508 f. Charakter der Nadelwälder
des Nordens U, 533, der australischen
Eucalyptus - W. H, 534. 569, der
W. der Mittelmeerflora H, 553, der
W. Ostindien's U, 558 ff., des Su-
dan II, 564, Nordamerika*s U, 570,
Guayana's II, 578, Brasilien's II,
579 ff., Peru's U, 584, Patagonien*s
n, 587 f. Bisweilen sind W. Hinder-
ni>8e für die Verbreitung der 6e-
Register.
755
wachse II, 599 , sowie der Thiere II,
612 f.
"Wärme: Verwandlung der W. in Be-
wegung I, 40. W. ist selbst Be-
wegung I, 41; Aequivalent der \V.
I, 41. Entwicklung von W. durch
chemische Verbindungen I, 42, durch
elektrische Kräfte I, 43. W. in der
Tiefe des Erdkörpers I, 183 ff. Täg-
liche und jährliche Wärmevariationen
in den Oberflächenschichten der Erde
I, 183. Wärmezunahme in den Ober-
flächenschichten der Erde auf un-
ebenem Terrain I, 1 88 ff., auf ebenem
Terrain I, 190 ff. Durchschnittliche
Grösse der geothermischen Tiefenstufe
und deren Wachsthum nach unten I,
193 ff. 284. Verschiedenes Wärme-
IcitungsvermÖgen der Gesteine I, 19t).
Beständige Verminderung der Eigen-
wärme der Erde I, 200. Bedeutung
der inneren Erdwärme für die Erd-
obei-fläche 1, 200. II, 139. Die hohe
W. im Erdinnern ein Beweis für eine
ehemalige Gluthflüssigkeit des Erd-
balls I, 282; weniger sicher lässt sich
aus ihr die jetzige Gluthflüssigkeit
des Erdinnern ableiten I, 283 ff.
Wärmeverhältnisse an der Meeres-
oberfläche II, 33—38, in den Tiefen
der Oceane II, 38 — 55. Wärmeunter-
Bchiede als die Ursache der meridio-
nalen Meeresströmungen II, 92 ff.
Wärmequellen, welche die Tempe-
raturen an der Erdoberfläche be-
stimmen, II, ISS. Periodischer (jähr-
licher und täglicher) Wechsel der
Luftwärme II, 138—143. Wärmezonen
der Erde U, 140. Ueber die secu-
lären Schwankungen der Erdwärme
(Adh^mar'sche Hypothese) II, 143—
151. 200—202. Absorption der W.
durch Luft, Land und Meer II, 156—
15S. Wärmestrahlung der Erde II,
158— 1G2. Abnahme der W. mit der
Höhe II, 162—173 (in freier Luft H,
162—167, an den Abhäugen von Ge-
birgen II, 167— 173). Ueber blick über
die Wärmeverhältnisse der Erde an
der Hand der Isothermen und Isano-
malen II, 173—189. Gleichmässiges
und excessives Klima II, 189—194.
Maxima und Minima der Luftwärme
II, 191—198. Gleichzeitige Wärme-
anomalien verschiedener Gegonden II,
198 — 200. Abhängigkeit der W. von
den Winden II, 226—233. Beschleu-
nigung des Verdunstungsprocesses
durch grössere W. II, 241. VVärme-
verhältnisse zur Eiszeit II, 365 ff.
Bedeutung der W. für das Pflanzen-
leben II, 520-527.
Wagner, Andreas II, 614 (Nota 1) ft'.
Wagner, Moriz: Südspitze des Ilinissa
kein Vulcan I, 213, Nota 1
— die Bauch wölken des Cotopaxi IL
218.
— Quellen von Hammam-Meskhutin II.
294.
— der Lech eine zoologische Grenze II,
437, Nota 2.
— über die Savanen Mittelamerika's II,
498.
— über das Vorkommen des Genus Pinus
in Centralamerika II, .~i46 (Nota 3).
— über die Fische an beiden Ufern de&
Isthmus von Panama II, 609.
Wahlenberg : in Skandinavien hat allein
Norwegen Gletscher I, 471.
— über die Abhängigkeit der Gewächse
vom Standort II, 519.
— Verwandtschaft der lappländischen
Tiefen- und der Schweizer alpinen
Flora' II, 599.
Waid n, 523.
Waikato II, 299.
Waikite, kochende Quellen von II,
592.
Wairaufluss I, 271.
Waitemata-Hafen I, 204. 24ü.
Waitoreke I, 522.
Walchien I, 317.
Waidenburg (Schlesien) I, 315.
Waldhuhn II, 628. 687.
Waldrebe II, 593.
Wales I, 305. 306. 308. 309. 315. 347.
II, 361.
\ Walfisch s. Balaena.
Walker, Francis A. II, 497.
Wallace, A. R.: Aehnlichkeit im Bau
48*
756
Register.
von Bomeo, Celebes und Gilolo I,
393, Nota 2. 394 f.
Wallace, A. R.: Naturgrenze zwischen
Asien und Australien I, 489. 521.
— Celebes ein Bruchstück eines nach
Westen hin gelegenen Continents I,
505 (Nota 2X
— über die Sandainseln I, 511.
— über die Thierwelt Neu-Guinea*s 1,
521.
— der Amazonas eine Grenzlioie für
gewisse Affenarten II, 610.
— die geographische Verbreitung der
Thiere II, 614 (Nota 1) ff.
Wallensee U, 359.
Waliich I, 370.
Wallis I, 365.
Wallis (Canton) I, 264. 538. II, 359.
Wallmann II, 328 (Nota 2).
Wallnussbaum II, 536. 551. 571.
Wabross II, 615.
Walsdorf, Maar bei I, 217.
Waltershausen, Sartorius I, 221. 2d6.
Walzenschlange n, 607.
Wasserannuth mancher Strome II,
39S— 402.
Wasserburg U, 360.
Wasserdampf: nicht betheib'gt bei Erd-
beben auf nichtrnlcanischem Grebiet
I, 261 f.
I Wasserdampf in der Luft ü, 109. HS.
239—257 (Verdunstungsprocess II,
239—242. Instrumente zur Ermitte-
' lung des W.-Gehalts der Luft II,
242 — 246. Tagliche und jährliche
Periode des W. II, 246—248, sowie
der Dampfsättigung II, 248. Der
Feuchtigkeitsgrad verschiedenerWinde
n, 248 f. Abnahme des Wasser-
dampfes in der Hohe II, 249 f.
Wolkenbildung II, 251—257).
WasserdampfGiushauchungeu (Fnma-
rolcn) I, 226. 22S.
Wasserjungfer II, 607.
Wassermaulwurf II, 625.
Wassermelone, südafrikanische II, 566.
Wasserpest II, 598.
! Wasserratte II, 612. 617.
, Wasserschnabelthier I, 519. ü, 650.
Wanderheuschrecke Ü, 607.
Wanderratte (Mus decumanus) II, 617. , Wasserschwein II, 643.
624 626. 635. 643. I Waterford I, 193.
Wanderungen der Pflanzen II, 51)2—605, ' Watergap II, 448.
der Thiere H, 606—613.
Wan-See I, 233. 234.
Warasdin-Teplitz n, 307.
Warmbrunn II, 306.
Warren II, 527.
Warzeudisteln U, 540.
Warzenschwein II, 636.
Wasa II, 293.
Waschbär II, 626. 642.
Washington (Stadt) 11, 175 f. 469.
— (Territorium) I, 472.
Wavellit I, 550, Nota 2.
Wealden I, 325.
Wealdenkohle I, 325. 341.
. Webb, T. W. I, 92. 96.
, Wega I, 57. II, 144.
Wegerich, gemeiner II, 597.
Weichsel ü, 424.
Weide II, 535 f. 551. 556. 570. 574. 5S3.
5S5. 586. 593. 605.
Weidenröschen 11, 593.
Weihmuthskiefer II, 571.
Wasser: vermindert sich in Folge Ab- Weilenmann I, 194, Nota 2. II, 170.
Sorption und Bildung von Uydraten ; Weimar I, 114.
I, 53. Bedeutung des W. bei vul-Wein II, 190. 201 f. 554. 572. 574.
canischen Eruptionen I, 201. 221.' 603 f. 610.
223 £ 235 f. Erodirende Kraft des ! Weinmorder II, 228.
W. 8. unter Erosion. Absorption der [ Weissdom II, 552.
Sonnenstrahlen durch W. 11, 158. 189. ; Weisses Meer I, 388 f. II, 11. 318.
Aasstrahlung der Wärme durch das | Weissfisch D, 615.
W. II, 161 f. 189. Bedeutung des ■ Weisstanne II, 550.
W. für das Pflanzenleben II, 490 f. ! Weizen 11, 523. 554. 55S. 562. 598. 657.
494 ff. .Wellen, durch Erdbeben entstanden I,
Register.
757
245 f. 413 ff. WeUen, durch Wind
entstanden I, 436 ff. Ihre Wirkung
in der Tiefe I, 436, ihr allmähliches
Wachsthum I, 436, ihre Höhe I, 436 f.,
ihre Wirkungen an den Küsten 1, 437 ff.
Wellington (Neuseeland) I, 271.
Wellingtonia gigantea II, 527. 528.
Wells II, 159.
Wels n, 611.
Welfih n, 163.
Welwitschia mirabilis II, 566.
Wener-See I, 389. H, 318.
Werra 11, 371.
Wertoch 11, 429 f.
Weser 11, 28. 371. 426.
Wesselowsky II, 194.
Westaustralieu U, 527.
Westaustral-Strömung 11, 79. 101.
Westerwald I, 243.
Westghats II, 256. 271.
Westindische Flora 11, 576 f.
Westphalen I, 313. 315.
Wetter, gutes und schlechtes II, 513 f.
Wetterau I, 227.
Wetterregeln II, 236 f.
WetterSee I, 389. 11, 318.
Wettin I, 314. 315.
Weyman I, 358.
VVeyprecht U, 479.
Whewell, W. : Versuch, die Dichte der
Erde durch Pendelbeobachtungen zu
ermitteln, I, 1 79.
— cotidal lines U, 22 f.
Whiston, W. U, 459.
Whitsunday I, 364.
Whymper, F.: Hebungen au deu Ufern
des Territoriums Aljaska I, 360.
— die Fjordküste des Territoriums Al-
jaska I, 463 (Noto ]).
— Gletschererosion im Aostathale I,
474. 475 f.
— Charakter der von Gletschern ero-
dirten Thäler I, 476.
— über die verheerenden Kräfte der
Durance H, 380.
— über eine eigenthüniliche Art von
Erosionserscheinungen II, 384.
Wibel, F. H, 425.
Wiborg, C. F. I, 374.
Wicke n, 597.
Wickelbär U, 625 f. 642.
Widder (Sternbild) I, 30.
Widdringtonia U, 568.
Widmanstätten'sche Figuren 1, 109. 1 10.
Wiedehopf H, 618.
Wiehengebirge I, 324.
Wieliczka, Salzlager von I, 320. H,
331. 334.
Wien n, 129. 227. 377. 445.
Wiener Becken I, 829.
Wiener Wald H, 550.
Wierchojansk ü, 197.
Wiesbaden H, 294.
Wiesel (Mustela vulgaris) H, 615. 625.
Wiesel, ägyptisches H, 620.
Wigan, Cannelkohle von I, 344.
Wildbad H, 305.
Wildhund, rother H, 630.
Wildkatze II, 617. 620.
Wildschwein, gemeines H, 613. 617.619.
621. 622.
Wilke n, 463.
Wilkes I, 271. H, 458.
Wilkinson, Sir Gardner I, 372.
Wilson, Alezander I, 63 f.
Wilson'sches Phänomen I, 63 f. 69. 73.
Wind als Urheber von Meeresströmungen
n, 84 ff. 96 ff. Störung der regelmässi-
gen Abnahme der Lufttemperatur nach
oben durch W. ü, 166. Begriff W. und
Bezeichnung seiner Richtung II, 203.
Windfahne H, 203. Bestimmung der
Geschwindigkeit des W. (Windmesser)
II, 203 ff. Druck des W. H, 205 f.
Seine Entwicklung ist bedingt durch
die Beschaffenheit des Terrains U,
207. Tägliche und jährliche Periode
des W. II, 207 f. Entstehung des W
II, 209 f. Land- und Seewind H,
210—212. Monsunen, 212— 215. 219 f.
Passaten, 215— 221. üeberblick über
die Windzonen n, 221. Die Winde unter
höheren Breiten (Dovtfs Drehungs-
gesetz) n, 222—224. Der W. weht
immer aus Gegenden hohen Luft-
druckes nach solchen geringeren Luft-
druckes (Wetterprognosen) H, 225 f.
Wichtigkeit der Winde für die Wärme-
verbältnisse der Erde H, 226 — 233.
Die Winde in den mittleren Breiten
der nördlichen Hemisphäre H, 233 —
236. Der Mond beeinflusst die Ent-