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Full text of "Physische Erdkunde / 2"

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PHYSISCHE  ERDKUNDE 


ZWEITER  BAND. 


litinÜKUNDE. 


5«g3[ltLOT. 


Das  Ueberfictzongsrecht  bleibt  Torbelulten. 


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INHALT. 


5EEE-  Tyi-  'LZTTETLIZ.  I 


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VUL 


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X^eiier  dj«-  5ii 


hrtumt  miC  di^  C»Meta8e  itznr 


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Da3  Uebersetzangsrecht  bl«ibt  Torbehalten. 


4    - 


INHALT. 


DRITTER  THEIL. 

DIE  WASSER-  UND  LUFTHÜLLE  DER  ERDE. 

Seite 

I.    Der  Salzgehalt  und  das  specifische  Gewicht  der  Oceane    ....  3 

n.    Fluth  und  Ehbe 14 

III.    Die  Temperatur  des  Meeres 33 

A.  Die  Temperaturen  an  der  Meeresoberfläche 33 

B.  Die  Temperaturen  in  den  Tiefen  der  Oceane 38 

rV.    Darstellung  der  Meeresströmungen 56 

y.    Die  Theorien  der  Meeresströmungen 81 

VI.    Die  Höhe  und  der  Druck  des  Luftmeeres 108 

Vn.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche 138 

A.  Periodischer  Wechsel  der  Sonnenstrahlung 138 

B.  Die  Adh6mai*'sche  Hypothese 143 

C.  Das  Thermometer  und  der  Gebrauch  desselben 151 

D.  Absorption  der  von  der  Sonne  zugestrahlten  Wärme  durch 
Luft,  Land  und  Meer 156 

E.  Die  Wärmestrahlung  der  Erde 158 

F.  Die  Abnahme  der  Lufttemperatur  mit  der  Höhe 162 

G.  Isothermen,  Isanomalen 173 

H.    Gleichmässiges  und  excessives  Klima 189 

J.    Mazima  und  Minima  der  Luftwärme 194 

K.    Gleichzeitige  Wärmeanomalien  verschiedener  Gegenden  .    .  198 

L.    Seculäre  Veränderung  des  Klimas 200 

Vm.    Die  Winde 203 

IX.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge 239 

X.    Die  Quellen 287 

(Anh.:)  Gasquellen  nichtvulcanischer  Art      .........  309 

XI.    Die  Entwicklungsgeschichte  der  stehenden  Wasser  auf  der  Erde   .  312 

(Anh.:)   Salzflötze 330 

Xn.    Die  Gletscher 336 

XTTT.    Die  Eiszeit 856 

XIV.    Ueber  die  Namen  der  Ströme  und  die  Gesetze  ihrer  Bewegung    .  369 

XV.    Die  mechanischen  Leistungen  der  Ströme 375 


297895 


Vin  Inhalt 

Seite 

XVI.    Pathologie  der  Ströme 398 

XVn.    Die  Deltabildungen  der  Ströme 403 

XVI  GL    lieber  den  Bau  der  Ströme  in  ihrem  mittleren  Laufe 428 

XIX.    Die  Thalbildungen.    . 438 

XX.     Die  magnetischen  Kräfte  der  Erde 455 

VIERTER  THEIL. 

DAS  ORGANISCHE  LEBEN  AUF  ERDEN. 

I.    Wüßten,  Steppen,  Wälder 489 

II.    Die  Abhängigkeit  der  Gewächse  von  Standort  und  Klima  .    .    .  518 

IIL    Physiognomik  der  Gewächse 529 

rV.    Die  Vegetationszonen  der  Erde 544 

V.    Die  Wanderungen  der  Pflanzen 592 

VI.    Mittel  und  Schranken  der  Thienrerbreitung 606 

VEL    Die  Faunengebiete  der  Erde 614 

Yin.    Die  Lehre  von  der  Einheit  der  Schöpfungsmittelpunkte  ....  653 


DRITTER  THEIL. 


DIE 


WASSER-  UND  LÜFTHÜLLE 

DER  ERDE. 


Peschel-Leipoldt,  Pbyi.  Erdkunde.    11. 


L   Der  Salzgehalt  und  das  speeiflsche  Gewicht 

der  Oceane. 


Wie  in  allen  Seebecken,  welche  während  langer  geologischer  Zeit- 
räume beständig  Zufluss,  aber  niemals  einen  Abfloss  gehabt 
haben,  so  ist  auch  in  den  grossen  oceanischen  Becken  das  Wasser  eine 
Salzlösung.  Obwohl  der  Salzgehalt  des  dem  Meere  durch  die  Flüsse 
zugeflihrten  Wassers  ein  ausserordentlich  geringer  ist,  so  concentrirt  sich 
derselbe  doch  allmählich  in  Folge  der  Verdampfung.  Da  nämlich  die 
Flüsse  Tag  fiir  Tag  neue  Vorräthe  aufgelöster  Bestandtheile  in  das 
Meer  hinabtragen  und  keiner  dieser  Vorräthe,  wie  das  Wasser,  unter 
Verdunstung  vertheilt  werden  kann,  so  folgt  daraus,  dass  hierdurch 
allein  schon  das  Meer  endlich  salzig  werden  muss.  Derartige  Vorgänge 
lassen  sich  an  kleineren  Seen  mehrfach  nachweisen,  so  in  Tibet,  wo 
einige  Landseen,  nach  Muschelresten  an  ihren  Ufern  zu  schliessen,  ehe- 
mals süsses  Wasser  enthielten,  späterhin  jedoch  salzig  wurden,  als  durch 
Niveauänderungen  des  Bodens  ihr  Äbfluss  gehemmt  wurde.  Mögen  auch 
längere  Zeiträume  erforderlich  gewesen  sein,  den  ungeheiu^n  oceanischen 
^Vassermassen  ihren  heutigen  Salzgehalt  zu  verleihen,  so  muss  doch 
jedenfalls  hier  ein  ähnlicher  Process  angenommen  werden,  wobei  nicht 
in  Abrede  gestellt  werden  soll,  dass  das  Meer  von  allem  Anfeng  an 
einen  gewissen  —  natürlich  weit  geringeren  —  Salzgehalt  besass.  Da 
unter  den  allgemein  verbreiteten  Mineralmassen  Chlomatrium  die  ein- 
zige leicht  löshche  ist,  so  hat  sein  reichliches  Vorkommen  im  Meer- 
wasser nichts  Aufi&llendes.  Zwar  findet  sich  im  fliessenden  Wasser 
noch  viel  häufiger  kohlensaure  Kalkerde  aufgelöst;  doch  zersetzt  sie 
sich  theils  unter  Entwicklung  von  Kohlensäure  und  Abscheidimg  neu- 
traler kohlensaurer  Kalkerde,  theils  wird  sie  von  den  Organismen  zur 
Bildung  ihrer  kalkigen  Skelete  und  Schalen  vei-wandt. 

Durch  chemische  Analysen  hat  man  —  abgesehen  von  Sauerstoff 
und  Wasseratoff,  den  beiden  wesentlichen  Bestandtheilen  des  Wassers,  — 
im  Meere  bisher  folgende  Stoffe  ermittelt:  Chlor  (nächst  Sauer-  und 

I* 


4  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Wasserstoff  in  grösster  Menge  vorhanden),  Brom,  Jod,  Fluor,  Schwefel 
(als  Schwefelsäure  und  Schwefelwasserstoff),  Phosphor,  Kohlenstoff  (als 
freie  oder  mit  Kalk  verbundene  Kohlensäure),  Stickstoff,  Silicium  (als 
Kieselsäure),  Bor  (als  Borsäure),  Silber  (als  Chlorsilber),  Kupfer,  Blei, 
Zink,  Kobalt,  Nickel,  Eisen,  [Mangan,  Aluminium,  Magnesium  (nächst 
Oilor,  Schwefelsäure  und  Natrium  am  gewöhnUchsten) ,  (Calcium  (meist 
als  kohlensaurer,  schwefelsaurer  und  phosphorsaurer  Kalk  oder  als  Fluor- 
calcium),  Strontium,  Baryimi,  Natrium,  Kalium  und  endlich  höchst 
wahrscheinlich  auch  Arsenik  und  Lithium.  Das  Meer  enthält  also  nicht 
weniger  als  29  Grundstoffe,  d.  h.  nahezu  die  Hälfte  der  bis  jetzt  be- 
kannten und  zwar  diejenigen,  welche  die  Natur  in  besonders  reichem 
Masse  aufweist  und  die  das  grosse  chemische  Leben  in  der  anoi^ganischen 
Welt  am  meisten  fbrdem.  In  erster  Linie  sind  ftir  das  Meerwasser 
Chlor,  Schwefelsäure,  Calcium,  Kalium,  Magnesium  uud  Natrium  be- 
deatongsvoll  ^). 

In  dem  offenen  Ocean  schwankt  der  Salzgehalt  zwischen  3,28  und 
3,84  Prooent  des  Meerwassers,  wobei  auch  die  einzelnen  Bestandtheile 
unregelmässig  varüren«  Immerhin  bleiben  sich  die  Mischungsverhältnisse 
wenigstens  annähernd  constant,  wie  aus  folgenden  Analysen  v.  Bibra's 
hervorgeht*). 

Betrag  der  Salze      .     . 

Chlomatrium       .     .     . 

Chlormagnesium       .     . 

Chlorkalium    .... 

Bromnatrium       .     .     . 

Schwefelsaurer  Kalk    . 

Schwefelsaure  Magnesia 

100,00.  100,00. 
Besonders  bemerkenswerth  ist,  dass  eines  der  edlen  Metalle,  das 
Silber,  im  Meerwasser  vorkommt  Auf  die  Entdeckung  dieser  That- 
Sache  leitete  eine  chemisdie  Analyse  des  sogenannten  „OdbmetaUs'^ 
(einer  Art  Messing,  bestehend  aus  Kupfer,  Zinn,  Zink,  Blei  und  Eisen, 
womit  die  Schifie  zum  Schutze  gegen  die  zerfressende  Wirkung  des 
Seewassera,  sowie  g^[en  Bohrwürmer  beschlagen  werden).  Platten 
dieses  Metalls,  welche,  ehe  sie  an  die  Schifie  genagelt  wurden,  nur 
unendlich  kleine  und  selbst  gar  keine  Spuren  von  Sflber  zeigten,  be- 

^)  NachForchhammer  inGastav  Bischofs  Lehrbuch  der  chemischen 
und  physikalischen  Geologie.    2.  Anfl.    Bonn  1863.    Bd.  I,  S.  439  ff. 
*)  Annalen  der  Chemie  und  Phannacie.    Bd.  LXXVII,  S.  90. 
')  Geschöpft  im  Hafen  von  Callao  unter  12  •  5 '  s.  Br.  u.  77  •  1 4 '  w.  L.  v.  Gr. 
*)  Geschöpft  im  Atlantischen  Ocean  unter  41  •  18'n.  Br.  u.  36^  28'  w.L.  v.^r. 


L») 

IL*) 

3^ 

3,84 

75,80 

76,89 

8,87 

8,05 

3,68 

3,33 

1,23 

1,30 

4,54 

4,94 

5,88 

5.49 

I.    Der  Salzgehalt  und  das  specifische  Gewicht  der  Oceane.  5 

Sassen  nach  drei-  oder  vierjährigen  Reisen  eine  ansehnliche  Menge  des- 
selben. Eine  Auflösung  von  salzsaurem  Silber  in  salzsaurem  Sodium 
wird  nämlich  beständig  durch  metallisches  Kupfer  zersetzt,  wobei  sich 
salzsaui'es  Kupfer  bildet  und  Silber  auf  der  Kupferfläche  sich  nieder- 
schlägt. Holland  verwendet  jährUch  für  den  Schifisbeschlag  300  000 
Kilogramm  Gelbmetall.  Der  Beschlag  dauert  gewöhnlich  6  Jahre,  und 
während  dieser  Zeit  entzieht  er  dem  Meerwasser  90  Kilogramm  Silber. 
Man  flige  bei  dieser  Berechnung  die  Flotten  England's,  Frankreich's  und 
der  Vereinigten  Staaten  hinzu,  und  die  Masse  des  auf  dem  Schiffsboden 
abgelagerten  Silbers  wird  sich  in  6  Jahren  auf  9  Tonnen  (ä  20  Centner) 
belaufen.  Indem  man  die  vbn  den  Schiffen  ziuückgelegten  Wege,  so- 
wie die  Zeit  ihrer  Berührung  mit  dem  Meerwasser  berücksichtigte,  hat 
man  ermittelt,  dass  der  Ocean  mindestens  2  Millionen  Tonnen  Silber 
enthält^):  eine  Masse,  welche  etwa  einen  Werth  von  350  Milliarden 
Mark  repräsentirt.  Das  aus  der  Neuen  Welt  bis  zum  Ausbruch  der 
mexicanischen  Bevolution  nach  Europa  ausgeführte  Silber  hat  nach 
A.  V.  Humboldt's  Angabe  ^)  ein G ewicht  von  1 1 0 362  222  Kilogramm, 
ist  also  nur  etwa  Vi  s  dessen,  was  die  Oceane  in  ihren  Fluthen  bergen. 
Finden  sich  auch  die  Stoffe,  welche  im  Meerwasser  aufgelöst  sind, 
nicht  in  allen  Theilen  desselben  in  völlig  gleichem  Mischungsverhältniss, 
so  wird  man  doch,  worauf  bereits  hingewiesen  wurde,  wenig  irren, 
wenn  man  ein  annähernd  gleiches  Mischungsverhältniss  der  Salze  flir 
das  Wasser  aller  oceanischen  Gebiete  annimmt.  Man  ist  daher  be- 
rechtigt, nach  dem  Salzgehalt  des  Meerwassers  sein  specifisches  Gewicht 
zu  bemessen,  was  auch  die  bisher  gemachten  Erfahrungen  durchaus 
bestätigen.  Betrachten  wir  die  Dichtigkeit  des  reinen  Wassers  bei 
4*^  C.  als  Einheit,  so  entsprechen  sich  nach  J.  Y.  Buchanan  folgende 
Salinitätsgrade  und  specifische  Gewichte,  wobei  die  gegebenen  Werthe 
des  specifischen  Gewichts  auf  15,56®  C.  reducirt  sind: 

Salzgehalt  (per  mille)  33,765  85,049  36,343  37,637 
Specifisches  Gewicht  1,025  1,026  1,027  1,028. 
Forschen  wir  nach  den  Ursachen,  durch  welche  der  Salzgehalt  der 
Oceane  örtlich  gesteigert  oder  geschwächt  wird,  so  erkennen  wir  gar 
bald,  dass  dieselben  in  erster  Linie  in  gewissen  meteorologischen  Vor- 
gängen auf  unserem  Planeten  gesucht  werden  müssen.  Auf  zwei  Factoren 
haben  wir  hierbei  vorzugsweise  unser  Augenmerk  zu  lenken:  auf  die 
Verdunstung  und  Eisbildung.    Da  die  erstere  ausschliesslich,  die  letztere 

*)  Sir  John  P.  W.  Herschel,  Physical  Geography  of  the  Globe.  5*1» 
€d.  Edinburgh  1875.  p.  22  sq.  Nach  M.  F.  Maury  (Physical  Geography 
of  the  Sea.  16ti&  ed.  London  1877.  p.  16)  beträgt  der  Silbergehalt  des  Oceans 
200  Blillionen  Tonnen  (?). 

>)  Deutsche  Vierteljahrsschrift  1838.    4.  Heft.    S.  13. 


6  Dritter  Theil     Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

vorzugsweise  an  der  Oberfläche  des  Wassers  wirksam  ist,  so  dürfen 
wir  schon  von  vom  herein  erwarten,  dass  die  Differenzen  im  Salz- 
gehalt der  Oeeane  im  wesentlichen  auf  deren  obere  Schichten  be- 
schränkt sind. 

Wird  einer  Salzlösung,  sei  es  durch  Eisbildung  oder  Verdampfung, 
reines  Wasser  entzogen,  so  tritt  eine  Concentration  derselben  ein; 
durch  reichliche  Süsswasserzufiihr  hing^en  wird  der  Salzgehalt 
namhaft  vermindert  An  den  beiden  Polen  dürfen  wir  daher  Areale 
relativ  hohen  Salzgehaltes  erwarten,  fiir  welchen  die  massenhafte  Eis- 
bildung einen  genügenden  Erklärungsgrund  gewährt  Zwischen  diesen 
beiden  Eäumen  aber  breiten  sich  nach '  Massgabe  der  klimatischen 
Verhältnisse  fünf  Zonen  verschiedenen  Salzgehaltes  aus.  Besonders 
markirt  erscheinen  diejenigen  beiden  Zonen,  welche  mit  den  Räumen 
des  vorwaltenden  Nordost-  und  Südostpassats  zusammenfallen.  Sie  sind 
ausgezeichnet  durch  lebhaftie  Evaporation  und  Armuth  an  Niederschlägen ; 
daher  kommt  ihnen  auch  naturgemäss  der  höhere  Salzgehalt  zu.  Zwi- 
schen ihnen  li^  die  regenreiche  Zone  der  Calmen  mit  relativ  geringem 
Salzgehalt;  ebenso  vermindert  sich  derselbe  ausserhalb  der  beiden  Pas- 
satgebiete, weil  auch  hier  die  Meteorwasser  reichlicher  vorhanden  sind. 

Die  beifolgende  Salinitätskarte  ^)  (Fig.  1),  welche  sich  sowohl  auf 
die  älteren  Untersuchungen  Lenz'  gründet,  sowie  auf  diejenigen,  welche 
am  Bord  des  „Challenger"  und  der  „Gazelle"  vorgenommen  wurden, 
giebt  ein  übersichtliches  Bild  von  dem  Salzgehalt  der  Meere.  Da  sich 
derselbe  je  nach  der  Beschaffenheit  des  Klimas  örtlich  steigert  oder  ver- 
mindert, das  Klima  selbst  aber  innerhalb  eines  Jahres  gewisse  regel- 
mässige Veränderungen  erleidet,  so  sind  die  gezogenen  Curven  offenbiir 
kleinen  jährlichen  Oscillationen  unterworfen;  doch  lassen  sich  diese 
Schwankungen  w^en  mangelnden  Materials  zur  Zeit  noch  mit  keiner- 
lei Sicherheit  genau  bestimmen.  Die  Salinitätszonen  der  obigen  Karte 
entsprechen  daher  nur  im  allgemeinen  einer  jährlichen  ^littellage  der- 
jenigen Zonen,  welche  sie  darstellen.  Wie  ansehnlich  übrigens  die  Schwan- 
kungen des  Salzgehalts  sind,  welche  vorübergehend  durch  meteorolo- 
gische Vorgänge  herbeigeftihrt  werden,  erhellt  aus  folgenden  Beispielen : 
Im  Gebiete  des  Südchinesischen  Meeres  weht  während  der  nördlichen 
Declination  der  Sonne  der  Südwest-,  während  der  südlichen  Declination 
aber  der  Nordostmonsun,  von  denen  der  erstere  ein  feuchter,  der  letztere 
ein  trockener  Wind  ist  Jener  müsste  demnach,  fSdls  unsere  theore- 
tischen Voraussetzungen  richtig  sind,  den  Sabsgehalt  des  Südchinesischen 
Meeres  bedeutend   abschwächen.     In  der  That  haben  neuere  genaue 

^)  Nach  J.  Y.  Buch  an  au 's  „Chart  showing  the  distribution  of  saltness 
in  the  ocean'*  im  Jouniai  of  the  R.  Geogr.  Society  of  London  1877,  zu  p.  73. 


PrüfinuTfiii  d»  vnlKg  beisOitturt;  äejin  Ad&iu:  NovomK»r  (äw  l\i>«^o  t^^ 
Z<'itnazxD«K.  in  weJi^bem  (i(T  Südwcdtmon^Di)  hensoht. «  >vti^1f1  <)m^  ^jv^ 
ci&che  Gewicbi  dieses  Meo^es  nur  l^itiMS,  "«lilihTVirKl  j^n^h  <iss8<>l)v  söhnen 
im  Janoar  zq  tniwon  Werdie  von  1,02^S4  orfioht  m,  Xivli  l>oii^ork<^?? 
wöthar,  wenn  «nch  weni^?er  xukchluütoTid  sind  di^  XTirlcnt^Yi  ompw^Tiev 
stBzker  Gf^wiaerrwren.  So  Woh«chi«te  0^  K.  Ord  ^m  4^  A^\4in<;«jt  l>vvO 
Tonmtüuüs  9  Uhr,  dftss  in  Folpi*  oinos;  ^^li^vron  !5<3$?f^nfiJK  m  <^^* 
Dämons -Bay  lOapUnd)  in  cantr  Stande  d^^  >s}^ocitR>o>iC  ito>\vht  d<^ 
MeerwuBere  Tön  1,0266  «af  hOlftS  w»ducirt  wurdo.  S>hon  nw  i^  Vhv 
Xadunittags  jedodi   -wät    dio  Dichtheit    d<«  Wäsäts   di<«^nv   \w 


In  dem  nordAtlantischcn  IWkctn  otnu^Joht  dto  sj>ooiliÄ^l>o  Si^lnxvw 
des  ÖberfläclienwÄSseKs  wie  ein  BKok  Ä^if  dio  voriiog^^do  S.'^UnJt^te^kÄit^'^ 
leim,  img€&hr  nnt»-  22  **  n.  Br,  und  40  ^  w,  L,  v,  lii\  ihr  M^^xirnnm, 
worin  die  Beol»ciitung«n  am  R>rd  dos  ^llv^lloiv^T**  und  dor  ^Oäw^Ho** 
mit  den  älteren  von  LenE  i?iit  hamH^niron«  Von  hior  äu»  oiix>lgt  naoU 
Süd  TO  dne  sehr  rasclio,  nach  Xonl  hhig^^ni  <Mno  HUWOi>M>hi\tHoh 
langsame  Abnalime  des  specifischen  Gewichts,  so  das»  soUvjit  \\\  hohen 
nördlichen  Breiten,  wie  Mohn 's  grttndliche  Tnti^i^uchun^n  dAi>ix^(han 
haben,  das  atlantisclie  Weisser  noch  ein  ix^lativ  gixvssi^  sjHvifiÄ^hiv^  i  ge- 
wicht besitzt  Auch  die  Wasser  dos  Oolfsttx>nu>s  sind  thnvh  einen  hohen 
Salzgehalt  ausgezeiclmet,  namentlich  weim  wir  sie  vetgleioheu  nut  ih^n 
kalten  und  süssen  PolarwasscTU,  welche  sieh  wi<^  ein  Keil  Rwinehen  tlen 
Golfstrom  und  die  Ostküste  der  Vereinigten  Stuaten  drUi\giMU  l>Mher 
bietet  auch  der  Golfeti'om  hinsichtlich  seiner  Karln^  und  wM!\e«  Sul/. 
gehaltes  wenig  Auffallendes  dar,  wenn  man  »ich  von  Ost  her  »imi^'H 
Ufern  nähert;  hingegen  wiixl  man  in  hohem  Grade  dmx*h  »eine  eigen- 
thümliche  Färbung  übeniischt,  wenn  man,  von  der  amerikanittehen  Kt\»te 
ostwärts  steuernd,  auf  einmal  aus  den  grUiu»n  Wasfiern  de»  „et»ld  >\mI1" 
an  die  salzreicheren  und  daher  tief  blaucMi  WaHHer  de»  wunnen  (InlT 
Stromes  gelangt^).  Ohne  Zweifel  ist  es  eino  Wirkung  de«  (lollHtroine», 
dass  sich  die  Curve  des  spocifischcn  Clewichts  von  1,02(J0  »o  weit  liln 

1)  Vgl.  J.  Y.  Buchanan:  ,,0q  tha  Distribution  of  Hnlt  in  fhn  (M'rttt. 
as  indicated  by  the  Specific  Gravity  of  its  Watom''  —  hi  dnni  tlournnl  of  iht« 
R.Geogr.  Society  of  London  1877,  p.  7fl.  Diener  vor/iilgUehen  Arbeit  vfMtlintkf 
der  vorliegei^e  Abschnitt  xnanigfache  Bcr<;ichonuig. 

>)  AoBland  1865,  S.  894. 

*)  Durch  die  Beobachtungen  am  Bord  der  ,,Uaxo)le''  Int  en  t^ilÜK  f^rwic 
sen,  dase  dsB  Meerwasser  ein  um  so  intensiveres  Blau  annimmt,  Jn  sMlrJiAHlM'*r 
es  ist;    hingegen  wird  seine  Färbung  grünlich ,  s^ibald   slcfi  s(*ln   Hnh^ipUHU 
wesentlich  verringert. 


8  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

auf  nach  Norden  schwingt*);  an  keinem  anderen  Pankte  der  Erde 
erreicht  dieselbe  auch  nur  annähernd  eine  gleiche  Polhöhe.  —  In  den 
äquatorialen  Räumen  stimmt  die  Zone  geringsten  specifischen  Oewichtes 
(weniger  als  1,0260)  ziendich  gut  mit  dem  Gebiet  der  Guinea-Strömung 
überein. 

Im  südlichen  Theile  des  Atlantischen  Oceans  liegt  das  Maxi- 
mum des  Salzgehalts  gleichfiüls  in  der  Passatzone;  nur  entfernt  es  sich 
hier  nicht  so  weit  von  dem  Aequator  wie  im  nordatlantischen  Ocean, 
und  zugleich  erscheint  es  der  Ostküste  Südamerika's  sehr  nahe  gerückt 
Der  höchste  Werth  des  specifischen  Gewichts  (1,02785)  wurde  bd  den 
Abrolhos-Insehi  (unter  18  ^  s.  Br.)  gefunden.  Befiremd^id  ist  der  hohe 
Salzgehalt  an  der  Ostküste  Brasüien's,  weil  er  besteht  trotz  der  mäch- 
tigen Ströme,  welche  ungeheure  Mengen  süssen  Wassers  dem  Meere 
zufiihren.  Von  der  Breite  des  Oap  der  Guten  Hoffiiung,  wo  das  mittlere 
spedfische  Gewicht  des  Oberflächenwassers  1,0261  ist,  nimmt  die  Sali- 
nität  rasch  ab,  bewahrt  jedoch  vom  44.  bis  60.  ®  s.  Br.  ziemlich  gleich- 
massig  den  Wei-th  1,0250. 

In  der  Südsee  sind  die  Salinitätsverhältmsse  wesentlich  andere 
als  im  Atlantischen  Ocean.  Während  in  dem  letzteren  zwei  Zonen 
mit  relativ  hohem  Salzgehalt  deutlich  hervortreten,  Zonen,  welche  cor- 
respondirenden  Breiten  des  nord-  und  südatlantischen  Beckens  ange- 
hören, erscheint  in  der  Südsee  nur  eine  solche  Zone  scharf  markirt, 
nämlich  die  des  südpacifischen  Beckens.  Der  nördliche  Theil  der  Süd- 
see zeigt  hinsichtlich  seines  specifischen  (rewichts  die  grösste  flintönig- 
keit.  Ausserdem  ist  dasselbe  im  ]^Iittel  relativ  gering;  denn  es  erreicht 
im  ]Maximnni  kaum  den  Wcrth  1,0265,  während  in  der  Passatzone  des 
südlichen  Theiles  auf  einem  grossen  Räume  der  Werth  1,0270  über- 
schritten wird,  wie  denn  überhaupt  sein  durchschnittliches  specifisches 
Gewicht  ein  viel  höheres  ist  Offenbar  ist  die  Schwäche  der  nord- 
pacifischen  Passate,  welche  im  Westen  durch  die  regenbringenden  Süd- 
westmonsune während  eines  halben  Jahres  verdrängt  werden,  die 
Hauptursache  des  geringen  Salzgehalts  in  dem  nordpacifischen  Becken. 
Das  Maximum  in  demselben  ist  1,02644  (unter  lat  30  ^  22 '  n.  Br.); 
in  dem  südpacifischen  Becken  hingen  beträgt  es  1,02719  (unter  19  '^ 
*  s.  Br.).  Das  äquatoriale  TtTinimiim  von  1,02585  (unter  7^  26'  n.  Br.) 
fHIlt  wiederum  in  das  Gkbiet  der  äquatorialen  Gr^enströmung.  Ausser- 
ordentlich niedrig  ist  der  Salzgehalt  des  Seewassers  innerhalb  der  in- 
dischen Inselwelt;  dehn  das  spedfische  Gre wicht  sinkt  hieV  durchweg 
unter  1,0255,  auf  weite  Strecken  sogar  unter  1,0250  herab.  Die  Ur- 
sache hiervon  ist  leicht  zu  erkennen.    Zunächst  empfiingen  jene  Meere, 

^«  Vgl  hierzu  Petermann  s  Mittheilongen  1S70,  S.  23S  f. 


I.    Der  Salzgehalt  und  das  specifische  Gewicht  der  Oeeane.  9 

da  der  Calmengürtel  durch  sie  hindurchgeht,  reiche  Nied^schläge ,  so- 
dann aber  auch  die  Flusswasser  der  zahlreichen  Inseln  in  ihrer  Nach- 
barscliaft.  Fast  das  ganze  Jahr  hindurch  ist  hier  die  Luft  sehr 
feucht,  80  dass  ungeachtet  der  hohen  Temperaturen  der  Betrag  der 
möglichen  Concentration  sehr  gering  ist. 

Im  Indischen  Ocean,  dessen  Salinitätsgrade  übrigens  noch  am 
wenigsten  erfoftcht  sind,  ist  die  durch  den  vorherrschenden  Südost- 
passat erzeugte  Zone  grösseren  Salzgehalts  nicht  so  scharf  ausgeprägt 
wie  im  südpacifischen  Ocean.  Für  den  nördlichen  Theü  fehlen  leider 
noch  zahlreiche  genauere  Bestimmungen.  Wie  es  scheint,  ist  der  Indische 
Ocean  unter  den  Weltmeeren  dasjenige,  welches  den  geringsten  Salz- 
gehalt besitzt. 

Aus  diesen  Betrachtungen  ergiebt  sich  deutlich,  dass  klimatische 
Verhältnisse,  insbesondere  das  Vorwalten  gewisser  mehr  oder  weniger 
feuchter  Luftströmungen,  die  Differenzen  in  dem  Salzgehalt  der  Oeeane 
hervorrufen.  Daher  ist  es  auch,  worauf  B  u  c  h  an  an  aufmerksam  macht, 
nichts  Zufälliges,  dass  wir,  wie  ein  Vergleich  der  obigen  Salinitäts- 
karte  mit  einer  Karte  der  Isobaren  ^)  lehrt,  die  Maxima  des  Salzgehalts 
auf  der  nördÜchen  Hemisphäre  im  Südwesten  und  auf  der  südlichen 
Hemisphäre  im  Nordwesten  der  barometrischen  Maxima  finden.  Sie 
kommen  demnach  in  beiden  Fällen  in  das  Gebiet  der  relativ  trockenen 
polaren  Winde  zu  liegen.  Die  Variationen  im  Salzgehalt  des  Meer- 
wassers sind  also  stets  eine  Function  der  relativen  Trockenheit  der 
Atmosphäre;  je  mehr  die  Luft  von  ihrem  Sättigungspunkte  entfernt  ist 
desto  kräftiger  vollzieht  sich  örtlich  der  Verdunstungsprocess  und  desto 
leichter  gelingt  es  ihr,  den  Salzgehalt  des  Meeres  örtlich  zu  erhöhen. 
Die  Zonen  hoher  Salinität  coincidiren  daher  mit  denen  hoher  atmo- 
sphärischer Trockenheit  und  ebenso  diejenigen  geringer  Salinität  mit  denen 
starker  atmosphärischer  Trübung. 

Unsere  bisherigen  Erörterungen  galten  dem  Salzgehalt  des  Meeres 
an  der  Oberfläche;  wesentlich  anderen  Verhältnissen  begegnen  wir  in 
den  oceanischen  Tiefen.  Aus  mehreren  Querschnitten  durch  den  Atlan- 
tischen und  Stillen  Ocean,  in  welchen  Buchanandie  specifische  Schwere 
des  Seewassers  auch  fiir  die  Tiefen  der  Weltmeere  bildlich  darzustellen 
versucht  hat,  scheint  folgendes  allgemeine  Gesetz  hervorzugehen: 

Die  specifische  Schwere  vermindert  sich,  von  der  Oberfläche  an- 
gefangen, bis  zu  einer  Tiefe  von  800  oder  1000  Faden,  worauf  sie  sich, 
wenn  auch  sehr  langsam,  wieder  vermehrt  und  zwar  bis  zum  Boden, 
auf  welchem  sie  im  Stillen  Ocean  überall  den  Werth  1 ,0257  bis  1,0259 
erlangt.     Dasselbe  specifische  Gewicht  besitzen  auch  die  Grundwasser 

^)  Vgl.  den  Abschnitt:  Die  Höhe  und  der  Druck  des  Luftmeeres. 


10  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

des  südatlaniischeii  Oceans;  aber  es  wächst  innerhalb  der  Tropenzone 
des  nordatlantischen  Beckens  und  erreicht  hier  zwischen  2000  und  3000 
Faden  Tiefe  den  Werth  1,02616,  zwischen  3000  und  4000  Faden  Tiefe 
1,02632.  Dem  eben  erwähnten  Gesetze  der  Ab-  und  Zunahme  in  verticaler 
Richtung  gehorchen  die  oceanischen  Wasser  auch  in  den  Passatgebieten ; 
nur  in  der  Calmenzone  beobachtet  man  insofern  eine  Abweichung,  als 
die  specifische  Schwere  meist  von  einem  Minimum  anMer  Oberfläche 
zunimmt  bis  zu  einem  Maximum  in  einer  Tiefe  von  50  bis  150  Faden, 
von  welchem  Punkte  abwärts  sie  demselben  Gesetze  folgt  wie  in  der 
Passatzone.  Der  Grund  fiir  die  Existenz  dieses  submarinen  Maximums 
ist  wahrscheinlich  dieser:  Die  Passate  fiihren  dem  Aequator  relativ 
salzreiches  Wasser  zu;  hier  aber  wird  die  Meeresfläche  durch  die  tro- 
pischen Regen  regelmässig  mit  einem  ansehnlichen  Quantum  warmen, 
süssen  Wassers  überschüttet,  unterhalb  welches  jenes  zu  tauchen  ge- 
zwungen ist  Wenn  übrigens  oben  dem  Oberflächenwasser  eine  grössere 
specifische  Schwere  zugeschrieben  worden  ist  als  dem  Wasser  in  der  Tiefe, 
so  ist  hierbei  immer  zu  berücksichtigen,  dass  beide  Gewichte  auf  dieselbe 
Temperatur  reducirt  sind.  Thatsächlich  sind  die  obersten  Lagen  zwar 
reicher  an  Salz,  aber  vermöge  ihrer  höheren  Temperatur  die  leichteren. 

Bemerkenswerth  ist,  dass  wie  im  nordatlantischen,  so  auch  im  In- 
dischen Ocean  sich  ein  Gebiet  befindet,  dessen  Bodenwasser  durch  ein 
hohes  spedfisches  Gewicht  ausgezeichnet  ist,  was  um  so  aufiallender 
sein  muss,  als  das  Oberflächenwasser  dieses  Weltmeeres  durchaus  kei- 
nen hohen  Salzgehalt  aufweist  Unter  45  ®  s.  Br.  b^egnen  wir  nach 
den  Untersuchungen  am  Bord  der  „Gazelle"  noch  der  normalen  spe- 
cifischen  Schwere  von  1,0256;  Unter  42  ®  s.  Br.  jedoch  beträgt  dieselbe 
schon  1,02617  und  wächst  nach  Norden  zu  noch  mehr.  Bei  Mau- 
ritius ist  sie  sogar  gleich  1,02682,  während  hier  das  specifische  Ge- 
wicht des  Oberflächenwassers  nur  1,02624  ist.  Wahrscheinlich  wird 
der  hohe  Salzgehalt  des  Bodenwassers  im  nördlichen  Theile  des  Atlan- 
tischen, sowie  in  diesem  Theile  des  Indischen  Oceans  hervorgerufen 
durch  die  submarinen  Strömtmgen,  welche  unablässig  die  durch  reichen 
Salzgehalt  bevorzugten  Wasser  des  Mittelländischen  und  Rothen  Meeres 
den  genannten  beiden  Oceanen  überliefern. 

Ueberblicken  wir  noch  einmal  die  Vertheilung  der  Salze  innerhalb 
der  offenen  Oceane,  so  ergiebt  sich  die  überraschende  Thatsache,  dass 
die  oceanischen  Wasser  in  grösseren  Tiefen  einen  annähernd  überein- 
stimmenden Salzgehalt  besitzen,  während  die  obersten  Schichten  erheb- 
liche Differenzen  zeigen.  Hinsichtlich  der  letzteren  tritt  der  Atlantische 
Ocean  mit  einem  Salzgehalt  von  c.  3,6  Procent  vor  dem  Stillen  und 
Indischen  Ocean,  deren  Salzgehalt  nur  c.  3,5  Procent  beträgt,  deutlich 
hervor.    Man   erwartet  eigentlich  das  Gegentheil,   da  die  Südsee  von 


I.    Der  Salzgehalt  und  das  specifische  Gewicht  der  Oceane.  H 

grösseren  Strömen  nur  den  Amur,  Hoang-ho,  Yang-tse-kiang,  den  B^m- 
bodja  und  Columbia  emp&ngt,  während  sich  in  das  Atlantische  Meer 
solche  Riesenströme  wie  der  St.  Laurentius,  der  Mississippi,  der  Orinoeo^ 
der  Amazonas  und  der  La  Plata  ergiessen,  nicht  zu  zählen  den  Congo, 
Niger  und  Gambia.  Jene  eigenthümlichen  Schwankungen  im  SalzgeLilt 
der  Oceane  dürfen  also  nicht  den  hydrographischen  Verhältnissen  der 
betheiligten  Continente  zugesclirieben  werden ;  vielmehr  liegt  die  eigent- 
liche Ursache  darin,  dass  östlich  vom  Atlantischen  Ocean  sich  die  grössten 
Ländermassen  der  Erde  ausbreiten.  Von  ihnen  her  wehen  die  äusserst 
trockenen  Passatwinde  über  den  Atlantischen  Ocean,  während  die  Luft- 
ströme, die  über  den  Stillen  oder  Indischen  Ocean  ihren  Weg  nehmen, 
wesentlich  feuchter  sind.  Hieraus  resultirt  die  grössere  Evaporation, 
sowie  der  grössere  Salzgehalt  des  Atlantischen  Oceans ;  zugleich  erklärt 
sich  hierdurch  dessen  auffallend  hoher  Salzgehalt  an  den  Küsten  der 
Sahara  und  von  Marokko  (ziemlich  3,8).  Gesetzt,  es  seien  vorläufig 
nur  Amerika,  sowie  die  atlantischen  Ufer  der  Alten  Welt  entdeckt, 
die  andere  Hälfte  der  Erde  aber  läge  noch  für  uns  verechleiert  da,  so 
Avüi-de  ein  Physiker  aus  dem  grösseren  Salzgehalt  des  Atlantischen 
Oceans  im  Vergleich  zu  dem  der  Südsee  schliessen  können,  dass  sich 
vom  Atlantischen  Meere  aus  die  unbekannte  Welt  als  Festland  weit 
nach  Osten  erstrecken  müsse. 

Die  ßandmeere  der  Oceane  haben  meist  einen  wesentlich  gerin- 
geren oder  höheren  Salzgehalt  als  die  offenen  Weltmeere.  Es  ist  dies 
eine  Folge  davon,  dass  in  diesen  abgeschlossenen  Meeresbecken  Ver- 
dampftmgsverlust  und  Süsswasserzufluss  niemals  einander  gleich  sind. 
Ist  der  letztere  grösser  als  der  erstere,  so  entsteht  an  dem  Ausgang 
eines  solchen  Meeres  eine  Strömung  nach  dem  offenen  Ocean,  welche 
Salzwasser  fortführt,  während  aus  den  Mündungen  der  Flüsse  grosse 
Massen  Süsswasser  ergossen  werden.  Zu  den  Meeren,  welche  derartige 
Vorgänge  aufweisen,  gehören  die  Ostsee  und  das  Schwarze  Meer,  deren 
Salzgehalt  nur  0,49  (ein  Mittelwerth,  zwischen  Bornholm  und  Schweden 
0,75,  bei  Kronstadt  nur  0,06),  resp.  1,77  Procent  beträgt^).  Auch  das 
Weisse  Meer  (3,22  Pr.),  das  Gelbe  Meer  (3,22  Pr.),  das  Japanische  und 
Ochotskische  Meer  besitzen  einen  geringen  Salzgehalt. 

Umgekehrt  bewirken  geringer  Süsswasserzufluss  und  starke  Eva- 
poration  einen  hohen  Salzgehalt.  So  verliert  das  Mittelländische  Meöt- 
(mit  Ausschluss  des  Pontus)  alljährlich  durch  Verdimstung  eine  c.  50 
engl.  Zoll  mächtige  Wasserschicht  ^),    während  der  Regenfall  nur  eine 

*)  Georg  Forchbamme];  in  den  Philosophical  Transactions  of  the 
R.  See.  of  London.    Vol.  CLV  (1865),  p.  251.  258. 

*)  Sicher  ist  dieser  Werth  nicht  zu  hoch  gegriffen,  da  die  beobachtete 
jährliche  Evaporation  bei  Marseille  85  Par.  Zoll  (»  907^  engl  Zoll)  beträgt. 


12  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

solche  von  22,3  engl.  Zoll  *)  (die  R^enhöhe  von  Palermo)  wieder  er- 
setzt, 80  dass  also  eine  ansehnliche  Wassermenge  (eine  Schicht  von 
27,7  oder  rund  28  engl.  Zoll)  mehr  verdunstet,  als  durch  Niederschlag 
wieder  ei^nst  wird.  Dieser  Aosfisdl,  über  das  ganze  Becken  vertheQt, 
giebt  ein  Volumen  von  508  engl.  Cubikmeilen.  Der  Nil  liefert  dem 
Mittelmeer  jährUch  nur  21,653  engl.  Cubikmeilen  süsses  Wasser,  und 
wenn  man  annimmt,  was  sicherlich  zu  viel  ist,  dass  von  den  sieben 
anderen  Hauptflüssen  (Ebro,  Rhone,  Po,  Donau,  Dnjestr,  Dnjepr, 
Don)  ihm  jeder  eine  gleiche  Menge  Wasser  spendet  wie  der  Nil,  so 
würden  doch  ihre  vereinigten  Zuschüsse  immer  nur  die  Höhe  von  173 
engl.  Cubikmeilen  erreichen,  so  dass  noch  335  engl.  Cubikmeilen  Ver- 
lust durch  Verdampfung  übrig  bleiben.  Diesen  Verlust  entschädigt 
der  Atlantische  Ocean  durch  Einströmung  salzigen  Meerwassers  in  der 
Strasse  von  Gibraltar.  So  kommt  es,  dass  das  Mittelmeer  den  hohen 
Salzgehalt  von  c.  3,80  Procent  erlangt  hat  *) ;  derselbe  würde  jeden- 
falls noch  viel  grösser  sein,  wenn  nicht  in  der  Strasse  von  Gibraltar 
gleichzeitig  mit  dem  Einströmen  des  Oceans  in  grösseren  Tiefen  ein  in 
entgegengesetzter  Richtung  sich  vollziehendes  Ausströmen  des  i^Cttel- 
meerwassers  erfolgte  (vgl.  den  Abschnitt:  Die  Theorien  der  Meeres- 
8trömungen(  ^). 

Den  absolut  grössten  Salzgehalt  hat  nach  den  bisherigen  Mes- 
sungen das  Rothe  Meer;  der  Maximalwerth  desselben  belauft  sich 
auf  4,3067. 

In  solchen  Meeresbecken,  welche  nur  durch  eine  schmale  Strasse 
mit  dem  Ocean  communiciren,  begegnet  man  zugleich  noch  einer  an- 
deren Anomalie  hinsichtlich  des  Salzgehalts.  Es  findet  nämlich  eine 
wesentliche  Zunahme  desselben  mit  der  Tiefe  statt,   während   dieselbe 

^)  Die  mittlere  Regenhöhe  von  11  rings  um  das  Mittelmeer  gelegenen 
Stationen  ist  nach  Admiral  Smjth  gleich  23,05  engL  Zoll. 

*)  Derselbe  unterliegt  nicht  unbedeutenden  Schwankungen;    er  beträgt 

zwischen  Candia  und  Afrika 3,93  Procent, 

zwischen  Sardinien  und  Neapel  ...  3,87  „ 

östlich  von  Malta 3,85  „ 

südlich  von  Barcelona 3,83  „ 

zwischen  Barcelona  und  Corsica    .  .  3,S3  ;. 

*  zwischen  den  Balearen  und  Spanien  3,81  „ 

zwischen  Malta  und  Griechenland    .  3,80  „ 

bei  Malta 3,72  „ 

östlich  von  Gibraltar 3,70  „ 

in  der  Strasse  von  Gibraltar 3,64  „ 

<jr.  Forchhammer,  L  c.  p.  252. 

')  Sir  John  F.  W.  Uerschel,  Physical  Geographj  of  the  Globe.  h^  ed. 
Edinburgh  1875.  p.  26  sq. 


I.    Der  Salzgehalt  und  das  specifische  Gewicht  der  Oceane.  1^ 

in  den  offenen  Oceanen  eine  ausserordentlich  geringfügige  ist.  Die 
durch  Verdunstung  des  Wassers  an  der  Oberfläche  ruhig  stehender 
Salzlösungen  sich  bildende  stärkere  Soole  sinkt  zu  Boden  und  ver- 
mehrt hier  den  Salzgehalt  in  nicht  unbeträchtlichem  Masse,  während 
in  den  offenen  Oceanen  eine  solche  Concentration  durch  die  Bewegun- 
gen und  Strömungen  des  Meeres  verhindert  oder  wenigstens  auf  ein 
Minimum  reducirt  wird. 


IL    Fluth  und  Ebbe. 


Das  zweimalige  Steigen  und  Fallen  des  Meeres  innerhalb  eines  Zeit- 
raumes von  24  Stunden  50  JVIinuten  28,32  Secunden  (durchschnitt- 
liche Länge  eines  Mondtages)^)  bezeichnet  man  gewöhnlich  als  Flutli 
und  Ebbe  oder  Gezeiten  (les  marees,  the  lides).  Die  Seeleute  der 
deutschen  Nordseeküste  brauchen  hierflir  ausschliesslich  das  Wort  Tiden 
(mit  langem  i)  *). 

Die  Elrklärung  der  Fluth  und  Ebbe  gründet  sich  auf  das  von 
Newton  entdeckte  Gesetz  der  Schwere,  welches  sich  auch  hier  in  seiner 
Einfachheit  und  Schärfe  trefflich  bewährt  hat.  Dieses  Gesetz  lautet: 
Alle  Körper  besitzen  eine  Anziehungskraft,  vermöge  welcher  sie  be- 
strebt sind,  die  Körper  der  Aussenwelt  dem  Mittelpunkt  ihrer  kugel- 
förmigen Massen  zu  nähern.  Diese  Kraft  eines  jeden  Körpers  steht  in 
directem  Verhältnisse  zu  seiner  Masse  und  in  indirectem  Verhältnisse 
zu  dem  Quadrate  seiner  Entfernung.  Zwar  wirken  die  anziehenden 
Kräfte  in  ungemessene  Femen;  doch  kommen  in  den  folgenden  Er- 
örterungen ausser  der  Erde  nur  Mond  und  Sonne  in  Betracht,  da  die 
übrigen  Weltkörper  entweder  zu  weit  entfernt  oder  zu  klein  sind,  als 
dass  sie  die  Fluthbildung  in  den  Oceanen  unseres  Planeten  merkbar 
beeinflussen  könnten. 

Fig.  2  stelle  eine  durch  den  Mittelpunkt  von  Mond  und  Erde  ge- 
legte Ebene  dar.  L  sei  der  Mittelpunkt  des  Mondes,  C  der  Mittel- 
punkt der  E>de,   achd  der   starre  Erdkörper.     Die  einzebien  Theile 

*)  Der  Mond  ist  nämlich  während  einer  Erdamdrehang ,  also  innerhalb 
24  Standen,  so  weit  fortgeruckt,  dass  noch  50^, ,  Minuten  vergehen,  ehe  sich 
derselbe  Erdmeridian  wieder  anter  dem  Monde  befindet. 

*)  Sicher  ist  dieser  Name  nicht  englischen  Ursprunges,  da  er  sonst  wie 
die  übrigen  in  der  Seemannssprache  eingebürgerten  englischen  Worte  aach 
wie  im  Englischen,  also  Teid*  aosgesprochen  würde.  Er  dürfte  daher  viel- 
leicht dem  aas  einer  übel  berathenen  Antipathie  gegen  das  Fremdländische 
hervorgegangenen  hochdentschen  Aasdrucke  „Gezeiten"  vorzuziehen  sein. 
Vgl.  Hugo  Lentz,  Fluth  und  Ebbe.    Hamburg  1879.    S.  201. 


II.    Fluth  und  Ebbe. 


15 


Fig.  2. 


der  Erde  befinden  sich  in  verschiedener  Entfernung  von  dem  Monde 
und  werden  daher  auch  mit  verschiedener  Energie  von  diesem  an- 
gezogen. Auf  den  Punkt  a,  welcher 
ihm  um  einen  halben  Erddurchmesser 
näher  ist  als  C,  wird  d^  Mond  stärker 
wirken  als  auf  C,  auf  C  aber  wiederum 
stärker  als  auf  den  noch  um  einen  hal- 
ben Erddurchmesser  weiter  entrückten 
Punkt  b.  Demnach  haben  die  Punkte 
a  und  b  die  Tendenz,  sich  von  C  zu 
entfernen.  Dasselbe  gilt  natürlich  auch 
von  den  benachbarten  Theilen;  doch 
ermattet  dieses  Bestreben,  je  mehr  man 
sich  von  a  und  b  entfernt,  d.  h.  je  mehr 
man  sich  c  und  d  nähert.  Diese  bei- 
den Punkte  haben  unge&hr  denselben 
Abstand  von  L  wie  C;  sie  werden  sich  da- 
her in  keinem  Falle  von  dem  Punkte  Czu 
entfernen  suchen ;  im  Gregentheil  möchten 
sie  sich  demselben  nähern,  da  die  Rich- 
tungen, in  welchen  sie  nach  L  hingezogen 
werden,  nicht  mit  der  Richtung  LC  par- 
allel sind,  vielmehr  mit  dieser  Linie  in 
L  convergiren. 

Nehmen  wir  einen  völlig  starren 
oder  einen  zum  Theil  starren,  zum  Theil 
flüssigen  Erdkörper  an,  so  würde  der 
thatBächliche  Effect  jener  Kräfte  schwer 

zu  bestimmen  sein.  Dies  gelingt  jedoch  viel  leichter,  wenn  wu*,  wie 
dies  in  dem  Folgenden  geschehen  soll,  den  Erdball  als  eine  vollkommen 
flüssige  Masse  ansehen. 

Da  Punkt  a  stärker  angezogen  wird  als  der  Erdmittelpunkt  C,  so 
entfernt  er  sich  von  diesem,  indem  er  sich  nach  a  bewegt;  er  steigt  somit 
über  die  ursprüngliche  Fläche  empor.  Femer  werden  die  drei  von 
dem  Centram  des  Mondes  gleichweit  entfemten  Punkte  c ,  C  und  d 
kräftiger  angezogen  als  6 ;  sie  nähern  sich  ihm  daher  auch  mehr  als  6. 
Demnach  werden  die  Wasser  bei  b  von  dem  Centram  der  Erde  zu- 
rückweichen, d.  h.  nach  6'  gelangen,  wo  also  gleichfalls  eine  Anschwel- 
lung stattfindet  Die  Punkte  c  und  d  hingegen  drängen  nach  dem 
Erdmittelpunkte  hin  und  rücken  etwa  nach  c  und  d\  An  der  an- 
gedeuteten Verschiebung  sind  natürlich  auch  alle  anderen  Punkte  des 
Erdkörpers  nach  Massgabe  ihrer  Entfernung  von  L  betheüigt,  und  so 


16  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  LafthOlle  der  Erde. 

wird  der  kreisförmige  Durchschnitt  der  Wasserkugel  acbd  in  die  ellip- 
tische Grestalt  a  c'  b'  d\  die  Eogelfonn  der  Erde  aber  in  ein  Sphüroid 
▼erwandelt  Die  Fluth  ereignet  sich  somit  an  allen  denjenigen  Orten, 
in  deren  Meridian  der  Mond  steht  sowie  an  den  ihnen  entg^engesetasten, 
also  180^  von  ihnen  entfernten;  gleichzeitig  aber  haben  alle  Punkte 
Ebbe,  deren  Abstand  von  den  Orten  mit  culminirender  Fluth  90^  be- 
trägt Da  nun  der  Mond  innerhalb  eines  Mondtages  ein  Mal  den 
Meridian  jedes  Ortes  passirt  und  ebenso  täglich  ein  Mal  den  eines  180*^ 
entfernten  Ortes,  so  muss  sich  auch  täglich  eine  zweimalige  Fluth  und 
eine  zweimalige  Ebbe  an  jedem  Punkte  der  Erde  einstellen. 

Diese  in  der  Theorie  so  überaus  einfachen  Vorgänge  werden  durch 
das  Eingreifen  zahlreicher  Nebenumstände  zu  sehr  complicirten  Er- 
scheinungen. Zunächst  theilen  Fluth  und  Ebbe  mit  zahlreichen  meteoro- 
logischen Processen  die  Eigenschaft,  dass  sie  erst  dann  das  Ma^immn 
ihrer  Eat&ltung  erreichen,  wenn  die  Kraftquelle,  durch  welche  sie  her- 
vorgerufen werden,  längst  schon  den  Höhepunkt  ihrer  Entwicklung 
überschritten  hat  Wie  die  grösste  Hitze  des  Tages  nicht  gleichzeitig 
mit  dem  höchsten  Stande  der  Sonne,  sondern  1 — 2  Stunden  später 
eintritt,  so  ftült  auch  die  Fluth  nicht  in  die  Culminationszeit  des  Mon- 
des, sondern  bleibt  immer  gegen  2^\  Stunden  hinter  derselben  zurück. 
Gldches  gQt  natürlich  auch  von  der  Ebbe.  Beides  hat  darin  seinen 
Ghmnd,  dass  das  Wasser  wegen  der  Trägheit  seiner  Masse  nicht  mo- 
mentan der  vermehrten  oder  verminderten  Anziehung  zu  gehorchen 
vermag,  sondern  erst  nach  Ablauf  einer  gewissen  Zeit  die  henmienden 
Kräfte  überwältigt 

Femer  ist  es  neben  dem  Monde  auch  die  Sonne,  welche  dne 
namhafte  Wirkung  auf  die  Hebung  der  oceanischen  Wasser  ausübt 
Ist  auch  ihre  Masse  mehr  als  25  000  OOOmal  so  gross  als  diejenige  des 
Mondes,  so  ist  doch  die  Kraft,  mit  welcher  die  Elrde  von  ihr  angezogen 

wird,   nur  ööTi =  170 mal  so  gross  als   die  Mondanziehung, 

weU  sie  884  mal  weiter  als  der  Mond  der  Erde  entrückt  ist  Nun 
kommen  aber,  wie  oben  gezdgt  worden  ist,  bei  der  Bildung  der  Fluth- 
wellen  nicht  die  gesammten  Anziehungskräfte  von  Sonne  und  Mond 
in  Betracht,  sondern  nur  die  Unterschiede  zwischen  der  auf  den  Mittel- 
punkt und  auf  Punkte  der  Erdoberfläche  geäusserten  Kraft.  Da  nun 
die  Sonne  im  Mittel  11  578,  der  Mond  hingcigen  nur  30,15  Erddurch- 
messer von  der  Erde  entfernt  ist,  so  ist  auch  die  flutherzeugende  Kraft 
der  ersteren  nur  ''11578  ihrer  Anziehungskraft,  die  des  Mondes  aber 
'  30.15  8^er  Anziehungskraft.  Demnach  verhalten  sich  die  flutherzeu- 
genden  Kräfte  von  Sonne  und  Mond  zu  einander  vrie  '^%i  578  •  ^'so.i5» 
also  wie  '  «g,! :  Vsoa5  o^^  wie  1 : 2,26  oder  rund  wie  4 : 9. 


II.    Fluth  und  Ebbe.  17 

Nehmen  ^vir  an,  statt  des  Mondes  stünde  die  Sonne  in  der  ihr 
entsprechenden  Entfernung  in  dem  Punkte  L  (Fig.  2),  so  würde  die 
flutherzeugendie   Kraft  derselben  in  den  Punkten   a  und  h  unge&hr 

^^   der  Anziehungskraft  der  Erde  in  denselben  Punkten  be- 

tragen,  und  hieraus  lässt  sich  durch  eine  ein&che  Rechnung  ableiten, 
dass  die  Sonne  in  diesen  Punkten  das  Wasser  um  0,1650  Meter,  d.  h. 

um  QQ  AAA  AAA   ^®^  Erdhalbmessers  erhebt.    Da  die  Wirkungen  der 

Mondanziehung  2,26 mal  so  gross  sind,  so  ergiebt  sich  ^  die  Mond- 
fluthwelle  eine  Erhebung  von  c.  0,3730  Meter.  Die  Senkung  des 
Wassers  bei  c  und  d  ist  in  beiden  Fällen  nur  halb  so  gross  wie  die 
betreffende  Erhebung;  sie  bestimmt  sich  demnach  im  ersteren  Falle  zu 
0,0825  Meter,  im  zweiten  zu  0,1865  Meter.  Da  unter  den  obigen 
Bedingungen  die  Kugelform  der  Erde  durch  den  Einfluss  von  Sonne 
und  Mond  yöUig  verschwindet,  so  kann  man  auch  sagen,  dass  die 
grossen  Halbaxen  des  Erdsphäroids  durch  die  Wirkung  der  Sonne  um 
0,2475,  durch  die  Wirkung  des  Mondes  imi  0,5595  Meter  länger  wer- 
den als  die  kleinen  Halbaxen  desselben. 

Sonne  und  Mond  können  sich  in  den  verschiedensten  Stellungen 
gegen  einander  befinden;  demnach  wird  auch  ihre  vereinigte  Wirkung 
einem  ausserordentlichen  Wechsel  unterworfen   sein.     Steht  der  Mond 
um  90^  von  der  Sonne  ab,  wie  zur  Zeit  der  Quadraturen,  so  suchen 
sich  die  fluthbildenden  Kräfte  von  Sonne  und  Mond  zu   neutralisiren; 
die  Höhe  der  Fluth  wird  daher  ansehnlich  vermindert   Man  bezeichnet 
dieselbe  als  Taubefluth  (Nippfluth).     Stehen  jedoch  beide  Gestirne 
mit  der  Erde  auf  derselben  geraden  Linie,  wie  zur  Zeit  der  Conjunction 
(Neumond)  und  der  Opposition  (Vollmond),  so  erreicht  die  Summe  der 
Wirkungen  von  Sonne  und  Mond  den  höchsten  Werth,  weil  sich  beide 
gegenseitig  unterstützen.     Eine  solche  Fluth  in  den   Syzygien  nennt 
man  Spring  fluth.    Somit  vollzieht  sich  der  Wechsel  von  der  höchsten 
zur  niedrigsten  und  wieder  zurück  zur  höchsten  Fluth  innerhalb  eines 
halben  synodischen  Monats  (s.  Bd.  I,  S.  99)  imd  ftüirt  daher  den  Na- 
men halbmonatliche  Ungleichheit.     Setzen  wir  ftlr  die  fluth- 
hebenden  Mond-  und  Sonnenkräfte  die  Werthe  9  und  4,   so  würden 
beide  vereint  in  den  Quadraturen  einen  Werth  von  9  —  4  =  5,  zur 
Zeit  der  Syzygien  hingegen  einen  solchen  von  9  -+-  4  =  13  repräsen- 
tiren.    Folglich  verhalten  sich  die  Höhen  der  Taubenfluthen  zu  denen 
der  Springfluthen  wie  5 :  13.     Die  grossen  Halbaxen  des  Erdsphäroids 
werden  zur  Zeit  der  Quadraturen  um  0,5595   —  0,2475  =  0,3120 
Meter,  zur  Zeit  der  Syzygien   aber  um  0,5595   +  0,2475  =  0,8070 
Meter  länger  sein  als  die  kleinen  Halbaxen  desselben.    Uebrigens  ist 

PescheULeipoldt,  Phys.  Erdkunde.     II.  2 


18  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

zu  bemerken,  dass  die  niedrigsten  und  höchsten  Fluthen  in  Wirklich- 
keit nicht  genau  an  demselben  Tage  eintreten  wie  die  erwähnten 
Mondphasen  y  sondern  erst  gegen  zwei  Tage  darauf. 

Würden  Sonne  und  Mond,  wie  wir  bisher  angenommen  haben, 
zu  jeder  Zeit  der  Erde  gleich  nahe  sein  und  ihre  Mittelpunkte  stets  in 
der  Ebene  des  Aequators  liegen,  so  würden  die  Fluthen  ausser  der 
halbmonatlichen  Ungleichheit  keinerlei  Variationen  zeigen.  Berück- 
sichtigt man  hingegen  die  unendliche  Manigfaltigkeit  der  Stellungen  von 
Sonne,  Erde  und  Mond,  so  ergiebt  sich  für  die  Gezeiten  in  der  Theorie 
eine  unübersehbare  Vielheit.  Der  Kreb  der  möglichen  Veränderungen 
wird  in  Bezug  auf  den  Mond  zwar  schon  in  19  Jahren,  in  Hinsicht 
auf  die  Sonne  aber  erst  in  21  000  Jahren  durchlaufen.  Wir  müssen 
uns  hierbei  auf  wenige  Andeutungen  beschränken. 

Die  Sonne  ist  der  Erde  im  Wintersolstilium  näher  als  während 
des  Sommersolstitiums;  ebenso  wechselt  der  Mond,  da  er  eine  elliptische 
Bahn  um  die  Erde  beschreibt,  ununterbrochen  seinen  Abstand  von  der- 
selben. Das  fluthbildende  Bestreben  von  Sonne  und  Mond  wird  sich 
daher  periodisch  steigern  und  vermindern.  Da  sich  nun  die  Wellen- 
grösse  ändert  wie  die  dritten  Potenzen  der  Entfernungen,  so  schwankt 
die  Eluthgrösse  der  Sonnenwelle,  welche  bei  mittlerer  Entfernung  der 
Sonne  0,2475  Meter  beträgt,  im  Laufe  des  Jahres  zwischen  0,235  und 
0,260  Meter.  Noch  grössere  Unterschiede  bietet  die  Mondwelle  dar, 
da  die  Differenzen  der  Mondentfemung  ansehnlicher  sind.  Nach 
H.  Lentz  sind  die  Grenzwerthe  der  Mondwelle,  fiir  welche  wir  oben 
das  Mittel  0,5595  Meter  gefunden  haben,  0,460  und  0,683  Meter  i). 
Hieraus  ergiebt  sich,  dass  die  Springfluthen  bis  zu  einer  Höhe  von 
0,683  +  0,260  =  0,943  Meter  anschwellen,  die  Taubenfluthen  aber 
bis  zu  einer  Höhe  von  0,460  —  0,260  =  0,200  Meter  herabsinken 
können.  Sonach  würden  sich  die  höchsten  Springfluthen  zu  den 
niedrigsten  Taubenfluthen  etwa  wie  4: 19  verhalten. 

Endlich  übt  auch  die  Declination  von  Sonne  und  Mond  einen 
nicht  unwesentlichen  Einfluss  auf  die  Entwicklung  von  Fluth  und 
Ebbe  aus.  Sonne  und  Mond  umkreisen  nämlich  unseren  Planeten  auf 
Ebenen,  welche  mit  der  Ebene  des  Aequators  einen  beträchtlichen 
Winkel  bilden ;  gegen  diese  ist  die  scheinbare  Sonnenbahn  um  etwa 
23V2^,  die  Mondbahn  um  c.  28®  geneigt.  Die  genannten  beiden 
Gestirne  entfernen  sich  daher  niemals  über  die  bezeichneten  Grenzen 
hinaus  vom  Aequator,  weshalb  auch  innerhalb  des  tropischen  Gürtels 
die  W^asser  stets  am  kräftigsten  gehoben  werden.  Weiter  nach  den 
Polen  hin  erweisen  ^sich  Fluth  und  Ebbe  inmier  schwächlicher  und  er- 

^)  Hugo  Lentz,  Fluth  und  Ebbe.    Hamburg  1879.,   S.  24. 


II.    Fluth  und  Ebbe.  19 

sterben  schliesBlicli  nahezu  gänzlich  in  den  polaren  Gebieten.  Indem 
Sonne  und  Mond  bald  nach  Nord,  bald  nach  Süd  hin  den  Aeqnator 
bedeutend  überschreiten,  entfaltet  sich  auch  die  Fluth  abwechselnd  auf 
der  nördlichen  und  auf  der  südlichen  Hemisphäre  in  besonderer  Stärke. 
Steht  die  Sonne  senkrecht  über  dem  Aequatqr,  wie  zur  Zeit  der  Aequi- 
noctien,  so  erlangt  die  Sonnenwelle  auf  dem  Aequator  ihren  grössten 
Werth.  In  dem  Masse,  in  welchem  sie  nach  Norden  vorrückt,  zieht 
sie  auch  eine  entsprechende  Wasserschicht  vom  Aequator  nach  sich, 
wodurch  natürlich  ein  Sinken  des  mittleren  Wasserstandes  am  Aequator 
veranlasst  wird  und  zwar  auf  Kosten  jener  Wasseranhäufung,  welche 
mittlerweile  auf  der  nördlichen  Hemisphäre  erfolgt  Dieser  Process 
währt  bis  zum  Sommersolstitium;  zu  dieser  Zeit  ist  der  Wasserstand 
am  Aequator  am  niedrigsten,  bis  er  zur  Zeit  des  Herbstaequinoctiums 
abermals  ein  Maximum  erreicht.  Hierauf  wiederholt  sich  derselbe  Vor- 
gang auf  der  südlichen  Hemisphäre.  Demnach  sind  zur  Zeit  der 
Aequinoctien  die  Springfluthen  auf  dem  Aequator  die  grössten  des 
ganzen  Jahres;  die  folgenden  oder  vorangehenden  Taubentiden  hin- 
gegen müssen  dort  die  kleinsten  des  ganzen  Jahres  sein.  In  den  Sol- 
stitien  hingegen  ist  hier  von  alledem  das  Gegentheil  der  Fall:  die 
Springtiden  sind  unbedeutender,  die  Taubentiden  jedoch  mächtiger  als 
je  im  ganzen  Jahre. 

Die  Verschiebungen  des  Wasserstandes,  welche  der  Mond  hervor- 
ruft, sind  an  keine  halbjährliche,  sondern  an  eine  halbmonatliche 
(14tägige)  Periode  gebunden;  auch  sind  sie,  seiner  grösseren  fluth- 
bildenden  Kraft  entsprechend,  hinsichtUch  der  bewegten  Wassermassen 
viel  bedeutender. 

Endlich  sind  die  Wirkungen  der  Declination  von  Sonne  und  Mond 
in  gewissen  täglichen  Ungleichheiten  zu  erkennen,  welche  sowohl  die 
Höhe,  als  auch  die  Eintrittszeit  von  Hoch-  tmd  Niedrigwasser  betreffen  ^). 
Die  manigfachen  Modalitäten,  welche  hierbei  möglich  sind,  hat  Hugo 
Lentz  in  seinem  schon  mehrfach  erwähnten,  vorzüglichen  Werke  „Fluth 
und  Ebbe",  S.  24  ff.,  in  ausföhrlicher  Weise  erörtert 

Ehe  wir  ims  von  diesen  mehr  theoretischen  Auseinandersetzungen 
zur  Betrachtung  der  Fluth  und  Ebbe  wenden,  wie  sie  sich  thatsächlich 
in  den  Meeren  unseres  Planeten  entwickeln,  dürfte  es  zweckmässig 
sein,  einige  Worte  über  die  Art  der  Wasserbewegung  vorauszuschicken, 
durch  welche  die  Entstehung  und  Fortpflanzung  der  Wellen  verursacht 
wird.  Man  pflegt  diese  Bewegung  gewöhnlich  als  eine  oscillatorische 
oder  schwingende  zu   bezeichnen,  weil  die  Wasser,   pendelartig,  ab- 

*)  Wir  verstehen  unter  Hochwasser  die  Fluth  im  Augenblicke  des  höchsten, 
unter  Niedrigwasser  die  Ebbe  im  Augenblicke  des  niedrigsten  Wasserstandes. 

2* 


20  Dritter  ThdL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

wechselnd  nach  der  einen  und  nach  der  anderen  Sichtung  hin  sich  er- 
giessen.  An  diesen  Bewegungen  bethdligen  sich  nicht  aDein  die  den 
Wellenbeig  bildenden  Wasser,  sondern  auch  die  unter  ihm  Beenden 
und  zwar  je  nach  den  Verhältnissen  bis  zu  einer  geringeren  oder 
grösseren  Tiefe  hinab.  Ferner  ist  die  Bewegung  des  Wass^-s  keines- 
w^  in  allen  Theilen  der  Welle  eine  gleichmässige;  viebnehr  ist  sie  in 
dem  einen  Theile  nach  der  einen  Seite,  in  dem  anderen  Theile  nach 
der  entgegengesetzten  gerichtet  Offenbar  fliesst  hierbei  ein  Thdl  des 
Wassers  bergan;  denn  es  wäre  sonst  nicht  zu  erklären,  wie  das  Thal 
der  Welle  unter  das  Niveau  der  Ebene  herabsinken  könnte,  welche 
vor  der  Erregung  der  Fluth  der  Meeresspiegel  darstellt,  und  ebenso 
räthselhaft  mtisste  es  erscheinen,  dass  sich  der  Gipfel  der  WeUe  über 
dieses  Niveau  erhebt  Wenn  man  übrigens  von  einer  „Strömung"  der 
FluthweUe  spricht,  so  geschieht  dies  insofern  mit  einem  gewissen  Rechte, 
als  die  Richtung  der  Wasserbewegung  sechs  Stunden  lang  völlig  die- 
selbe ist  Wir  beobachten  also  thatsächlich  eine  Strömung,  von  der 
wir  uns  fireihch  immer  veig^enwärtigen  müssen,  dass  sie  rhythmisch 
wechselt 

Die  Strömungen  der  FluthweUe  gestalten  sich,  um  dieselben  wenig- 
stens durch  ein  Beispiel  zu  erläutern,  in  der  Elbe  bei  Cuxhaven  nach 
Hugo  Lentz^)  in  folgender  Weise: 

Zur  Zeit  des  Niedrigwassers,  also  in  dem  Augenblicke,  in  welchem 
das  W^asser  an&ngt  zu  steigen,  geht  noch  ein  starker  Strom  (mit  1,20 
Meter  Geschwindigkeit  per  Secunde)  der  See  zu  und  kommt  erst  etwa 
1^2  Stunden  darauf  zum  Stillstande,  nachdem  das  W^asser  berüts 
nahezu  einen  Meter  gestiegen  ist  und  die  g^en  die  Strömung  gerichtete 
Neigung  des  W^asserspi^els  etwa  1 :  42  000  erreicht  hat  Nun  wech- 
selt die  Strömung;  sie  kentert,  und  der  Fluthstrom  setzt  ein,  welcher, 
allmählich  an  Stärke  wachsend,  seine  grösste  Schnelligkeit  mit  1,15 
Meter  in  der  Secunde  anderthalb  Stunden  vor  Hochwasser  erlangt 
Dann  wird  er  schwächer,  hält  aber  auch  nach  Hochwasser  noch  an, 
und  erst  nachdem  das  Wasser  0,45  Meter  gefallen  ist,  tritt  Stauwasser 
ein.  Der  Ebbestrom  beginnt  wieder,  gewinnt  fortwährend  an  Stärke 
und  läuft  sechs  Stunden  nach  Hochwasser  am  schnellsten,  nämlich 
1,86  Meter  in  der  Secunde.  Einundfiin&ig  Minuten  später  tritt  Niedrig* 
Wasser  ein,  und  derselbe  Kreislauf,  wenn  auch  in  den  einzelnen  Fällen 
manig&ch  wechselnd,  wiederholt  sich  aufs  Neue. 

So  reguliren  sich  die  Strömungen  und  das  Steigen  und  Fallen  des 
Wassers  stets  gegenseitig.  Uebrigens  wird  der  mittlere  Wasserstand 
an  ii^end  welchem  Gestade  kaum  jemals  durch  die  FluthweUe  dauernd 

»)  1.  c.  S.  36. 


IL    Fluth  und  Ebbe.  21 

verändert  Da  vielmehr  jede  Welle  das  zu  ihrer  Bildung  erforderliche 
Wasser  aus  dem  zunächst  liegenden  Wasservorrath  empfangt  und 
dieser  nach  dem  Verschwinden  der  Welle  genau  derselbe  ist  wie  vor- 
her,  so  würde  die  mittlere  Höhe  des  Wasserstandes  ohne  die  schwel- 
lenden Fluthwellen  derselbe  sein  wie  imter  dem  Einflüsse  der  Wellen- 
erregung. 

Wäre  die  ganze  Erdoberfläche  mit  Wasser  bedeckt  und  hätten 
femer  die  Wassertheile  bei  ihrer  Bewegung  keinerlei  Widerstand  zu 
überwinden,  so  würde  das  Fluthphänomen  einen  höchst  ein£a,chen  und 
exacten  Verlauf  nehmen.  Genau  mit  dem  Durchgange  des  Mondes 
durch  den  Meridian  (wir  sehen  hierbei  von  den  kleineren  Störungen 
durch  die  Sonnenfluthwelle  ab)  müssten  alle  Punkte  auf  demselben 
Fluth  haben;  der  Scheitel  der  Fluthwelle  müsste  sich  also  immer  ge- 
nau unter  demjenigen  Mittagskreise  befinden,  über  welchem  der  Mond 
gerade  culminirt.  Die  von  Nord  nach  Süd  lang  gestreckte  Fluthwelle 
aber  würde  gleichmässig  von  Ost  nach  West  fortschreiten  imd  zwar 
am  Aequator  mit  einer  stündlichen  Geschwindigkeit  von  5400 :  24*/6 
=  217,45  geogr.  Meilen. 

Thatsächlich  erfährt  fireilich  der  hier  dargestellte-  ideale  Verlauf 
bedeutende  Modificationen.  Neben  der  Trägheit  des  Wassers,  welche 
den  Anziehungskräften  des  Mondes  durchaus  nicht  momentan  Folge 
leistet,  sind  es  vor  allem  die  unsymmetrische  Gestaltung  der  Continente 
und  die  ungleiche  Tiefe -der  Oceane,  welche  die  Entwicklung  von 
Fluth  und  Ebbe  wesentlich  verändern.  Insbesondere  wird  die  Fluth- 
welle an  den  Rändern  der  Oceane  häufig  in  ihrer  Bewegung  gehemmt 
durch  die  Seichtheit  des  Meeres,  durch  das  Gitterwerk  zahlreicher  In- 
seln und  durch  enge  Golfe,  durch  welche  sie  sich  hindurchdrängen 
muss,  bevor  sie  die  Ufer  der  Festlande  erreicht.  Daraus  erklärt  sich, 
dass  die  Fluthwelle  nicht  an  allen  unter  demselben  Meridian  liegenden 
Hafenorten  gleichzeitig  eintrifft.  Der  Unterschied  zwischen  dem  Mo- 
mente^ in  welchem  das  Hochwasser  thatsächlich  eintritt,  und  demjenigen 
Zeitpunkte,  in  welchem  die  vereinigte  Mond-  und  Sonnenfluth  der 
.Theorie  nach  die  bedeutendste  Höhe  erlangt,  heisst  seine  Hafenzeit 
(Etablissement).  Doch  ist  nicht  immer  die  einer  Culmination  des  Mon- 
des unmittelbar  folgende  Fluth  auch  die  von  dieser  hervorgerufene; 
durch  fortgesetzte  Untiefen  verzögert  sich  hie  imd  da  die  Ankunft  der 
Fluthwelle  an  den  festländischen  Gestaden  um  mehrere  Tage.  Die 
Kenntniss  der  Hafenzeiten  ist  übrigens  fiir  den  Seefahrer  von  hoher  Be- 
deutung; sie  erspart  ihm  oft  Zeitverluste  bei  der  Ausfahrt  aus  einem 
Hafen  und  bei  der  Einfahrt  in  denselben.  Die  Hafenzeit  beträgt  bei- 
spielsweise: 


22 


Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 


fbr  Hamburg.  .  .    5  St. 

6  Sfin    1  für  Brest  .  .  . 

.  .    3  St. 

45  Min. 

„    Cuxhaveii  .  .     1    „ 

5     „ 

„    Bayonne  . 

..    3    , 

30    „ 

„    Helgoland  .  .  11    „ 

T) 

„    Lissabon  . 

..    4    „ 

n 

„    Bremerhafen .    1    „ 

45    „ 

„    Cadiz    .  . 

•.    1    . 

15     „ 

„    Amsterdam   .    3    ^ 

7) 

„    Gibraltar. 

•  •            7i 

n 

„    Calais   ....  11    „ 

45    , 

jf    London.  . 

.•    2    „ 

45     „ 

jf    Cherbomrg .  .     7    „ 

45    „ 

„    Liverpool. 

..11    „ 

7J 

Um  das  Fortschreiten  der  Flnthwelle  in  anschanlicher  Weise  zur 
'Darstellung  zu  bringen,  unternahm  es  im  Jahre  1833  der  Englander 
W.  Whewell,  au;  den  an  vielen  Küstenpunkten  beobachteten  Ein- 
trittszeiten des  Hochwassers  Linien  zu  construiren,  welche  die  Lage 
des  Scheitels  der  Fluthwelle  von  Stunde  zu  Stunde  angeben^).  Whe- 
well  nannte  diese  Linien  cotidal  lines,  woflir  man  in  Deutschland  nach 
Heinrich  Berghaus'  Vorgang^)  bisher  den  Namen  Isorachien  ge- 
braucht hat  Bevor  wir  den  Verlauf  dieser  Linien  näh^  betrachten, 
machen  wir  darauf  aufinerksam,  dass  das  letztere  Wort  dem  englischen 
cotidal  lines  ebenso  wenig  entspricht  wie  der  Sache,  die  damit  gemeint 
ist;  denn  Isorachien  (von  laog^  gleich  stark,  und  ^axicLj  Fluth)  be- 
deutet soviel  als  Linieii  gleichstarker  Fluth,  was  jedoch  gar  nidit  in 
dem  Sinne  von  cotidal  lines  liegt  An  die  Stelle  von  \ooq  ist  un- 
bedingt bfioq  zu  setzen;  statt  Isorachien  haben  wir  demnach  Homo- 
rachien  zu  sagen.  Besser  noch  würde  es  sein,  in  Uebereinstimmung 
mit  dem  englischen  cotidal  eine  Adjectivform  zu  wählen,  zu  der  wir 
uns  den  Begriff  Linien  hinzudenken  müssen.  Wir  bezeichnen  darum 
jene  Linien  als  Homopleroten  (von  TtXr^qovv^  flillen)  und  werden  uns 
in  dem  Nachstehenden  stets  dieses  Ausdruckes  bedienen'). 

Die  Wi^e  der  Fluth  und  Ebbe  befindet  sich  nach  Whewell  in 
demjenigen  Ocean,  welcher  vermöge  seiner  ungeheuren  Ausdehnung  die 
Entwicklung  einer  ansehnlichen  Fluthwelle  am  meisten  b^ünstigt:  in 
der  Südsee.  Von  hier  aus  wandert  sie,  dem  scheinbaren  Laufe  des 
Mondes  folgend,  von  Ost  nach  West  um  die  ganze  Erde.  In  dem  In- 
dischen wie  in  dem  Atlantischen  Ocean  gehorcht  nach  Whewell  die 
Fluth  jenem  Impuls  aus  der  Südsee.  Sie  gelangt  fast  gleichzeitig  an 
die  Ostküsten  von  Australien-  und  Neu -Guinea;  13  bis  14  Stunden 
nachher  erreicht  sie  die  Ostseite  von  Afrika  zwischen  dem  Nadel- 
cap  und  Cap  Guardafui  und  abermals   7  bis  8  Stunden  später  die 

^)  Philoflophical  Transactions  of  tbe  R.  Soc.  of  London.  VoL  CXXIII 
(1833),  p.  147  sq. 

*)  Heinrich  Bergbaus,  Physikalischer  Atlas.  Gotha  1S45.  Erlantem- 
der  Text,  S.  23. 

')  Bezüglich  der  obigen  Controverse  über  das  Wort  Isorachien  folgen 
wir  einem  brieflichen  Vorschlage  des  Herrn  Dr.  Krümmel  in  Göttingen. 


II.    Fluth  und  Ebbe.  23 

Küste  von  Südamerika  zwischen  dem  Feuerlande  und  dem  Aeatuar 
des  La  Plata.  Im  Norden  dieser  weiten  oceanischen  Fläche  der  süd- 
lichen Halbkugel  ist  der  Fluthwelle  ihre  freie  Bewegung  genommen. 
Gezwungen  durch  den  amerikanischen  Continent,  welcher  ihr  den  Weg 
nach  Westen  versperrt,  wendet  sie  sich  gegen  Norden  und  bahnt  sich 
einen  Weg  durch  das  atlantische  Thal  wie  ein  Giessbach,  der  eine 
Bergschlucht  durchrauscht.  Genau  zu  derselben  Stunde  und  unter 
gleichem  Winkel  trifft  sie  die  unter  gleichen  Breiten  gelegenen  Küsten 
Amerika's  und  der  Alten  Welt.  Nach  Wh e well  braucht  die  Fluth- 
welle zur  Zurücklegung  des  Weges  durch  das  atlantische  Thal  voin 
Cap  der  Guten  Hoffiiung  bis  zu  den  britischen  Inseln  (eine  Strecke'  von 
c.  10000  Kilometern)  ungefähr  15  Stunden;  von  der  Entstehung 
der  Welle  .aber  bis  zu  ihrer  Ankunft  an  der  Mündung  der  Themse 
würden  in  Folge  ihrer  Verzögerung  an  den  britischen  Küsten  bereits 
2^/s  Tage  verflossen  sein:  ein  Zeitraum,  in  welchem  sich  mittlerweile 
wieder  vier  neue  Fluthwellen  in  der  Südsee  gebildet  haben  müssten. 

WhewelTs  cotidal  lines  entsprechen,  namentlich  so  weit  die- 
selben den  Gang  der  Fluthwelle  in  dem  offenen  Ocean  darstellen, 
durchaus  nicht  den  thatsächlichen  Verhältnissen.  Dies  hat  W  he  well 
selbst  bei  einem  späteren  Versuche,  die  Homopleroten  in  den  Stillen 
Ocean  einzutragen,  klar  erkannt  und  unumwunden  mit  den  Worten 
eingeräumt^):  ,,Ich  sehe  ein,  dass  alle  Versuche,  solche  Linien  quer 
über  einen  weiten  Ocean  mittelst  Beobachtungen  an  seinen  Ufern  zu 
ziehen,  völlig  werthlos  sein  müssen  ....  Dieser  Schluss  wird  femer 
bestätigt,  indem  wir  finden,  dass,  wenn  wir  cotidal  lines  quer  über 
weite  Oceane  ziehen,  wie  z.  B.  über  den  Atlantischen,  diese  nicht  mit 
den  Gezeiten  übereinstimmen,  welche  auf  Inseln  in  der  Mitte  des  Oceans 
beobachtet  werden,  ohne  dass  wir  den  Linien  solche  Biegungen  geben, 
die  sie  aller  Einfachheit  berauben  und  ihre  weitere  Bestätigung  for- 
dern*)." Nach  seiner  späteren,  gereifteren  Ueberzeugung  hielt  dem- 
nach W  he  well   die   Homopleroten   (cotidal  lines)   auf  hoher  See  für 

*)  Philosophical  Transaclions  of  the  R.  Soc.  of  Loudon.  Vol.  CXXXVIII 
(1848),  p.  2. 

*)  WheweH's  leider  so  wenig  beachtete  Worte  lauten  im  Original:  „I 
conceive  all  attempts  to  draw  such  lines  across  a  wide  ocean  by  means  of  ob- 
Bervations  on  its  shores,  must  be  altogether  worthless  ....  This  conclusion  is 
further  confirmed  by  our  finding  that  if  we  do  draw  cotidal  lines  across  wide 
oceans,  as  for  instance,  the  Atlantic,  they  do  not  agree  with  tides  observed 
at  islands  in  the  mid-ocean,  without  ascribing  to  the  lines  such  flezures  as  de- 
prive  them  of  all  simplicity,  and  make  them  require  further  evidence.*'  Wie 
oft  wurden  Wheweirs  cotidal  lines  von  neuem  in  Atlanten  und  Lehr- 
bücher aufgenommen,  seitdem  ihr  Autor  selbst  das  Urtheil  über  sie  ge- 
sprochen hat! 


24  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

nichts  anderes  als  Phantasiegebilde,  und  leider  roht  bis  heute  über  der 
Fortpflanzung  der  Flndiwellen  durch  die  Ooeane  ein  gehdnmissvolles 
Dunkel.  Uebrigens  sind  WhewelTs  Fluthlinien  auch  fiir  die  Ufer- 
gebiete  nicht  überall  zutreffend.  Gegen  die  von  Whewell  angenom- 
mene Bewegung  der  MuthweUe  lässt  sich  z.  B.  die  Thatsache  anfiihren, 
dass  an  der  ganzen  Küste  vom  Cap  der  Guten  Hoffiiung  bis  Congo 
das  Hochwasser  gleichzeitig  eintritt,  dass  femer  die  Fluthwelle  an  der 
gegenüberli^enden  Küste  von  Südamerika  zwischen  Peraambnco  und 
der  Mündung  des  La  Plata  Ton  Nord  nach  Süd  forfcschrdtet,  während 
doch  nach  Whewell  die  umgekehrte  Richtung  erwartet  weiden  müsste. 
Ebenso  deuten  noch  andere  Thatsachen  darauf  hin,  dass  die  Whe- 
well'sehe  Anschauung  von  dner  ausschliesslidi  im  südpadfischen 
Ocean  sich  bildenden  MuthweUe  nidit  ganz  dem  wahren  Sachverhalt 
entspricht,  imd  es  scheint  sich  die  neuere  Ansicht  mehr  und  mehr 
Bahn  zu  brechen,  dass  die  Anziehungskräfte  von  Mond  und  Sonne  in 
jedem  grossen  ooeanischen  Becken,  also  nicht  allein  im  Stillen  Ocean, 
sondern  auch  im  Indisdien  und  Atlantischen,  eine  Fluthwelle  hervor- 
rufen, welche  sich  vom  Centrum  jedes  dieser  Meere  nach  allen  Rich- 
tungen hin  verbreitet^).    (VgL  hierzu  auch  S.  32,) 

Waren  auch  Whewell' s  Arbeiten  nicht  von  dem  erwünschten 
Erfolge  gekrönt,  so  müssen  wir  ihnen  doch  immerhin  einen  hohen 
Werth  beimessen.  Whewell  gebührt  vor  allem  das  grosse  Verdienst, 
nicht  bloss  durch  theoretische  Untersuchungen,  sondern  auch  auf  .dem 
W^e  der  Beobachtung  die  Erkomtniss  d^  auf  das  Fluthphänomen 
sich  beziehenden  Gesetze  gefördert  zu  haben.  Auch  hat  er  zum  ersten 
Male  in  exacter  Weise  den  Verlauf  der  Homopleroten  an  den  Küsten 
Europa's,  insbesondere  an  denen  England's,  kartographisch  dargestellt. 
Durch  Rechnung  und  unmittelbare  Beobachtung  ist  es  möglich  gewor- 
den, auf  der  immer  bewegten  Meeresfläche  denjenigen  Theil  der 
Schwingungen  genau  abzusondern,  welcher  den  Erscheinung^i  der 
Fluth  und  Ebbe  angehört  Fig.  3  zdgt  das  von  Whewell  entworfene 
Bild  der  Homopleroten  an  den  englischen  Küsten  >).  Demnach  ge- 
langt die  Fluthwdle  4  Stunden  nach  dem  Meridianduichgange  des  Mon- 

^)  Auf  der  ,,Polari8''  beobachtete  man  im  Jahre  1872  an  der  grönländi- 
schen Westkäste  bei  Thank-God  Harbonr  (81 "  38'  n.  Br.)  eine  von  Nord  nach 
Sfid  gehende  FlnthweUe  und  folgerte  ans  ihrer  Richtung,  dass  sie  im  StiUen 
Ocean  entstanden  sein  müsse  (Natnre,  Yol  IX«  Nr.  230.  26.  March  1874. 
p.  404).  Wir  sehen  die  letzte  Schlnssfolgenmg  durchaus  nicht  als  gerechtfertigt 
an.  Die  Thatsache,  auf  welche  sie  sich  stützt,  beweist  nur  den  Inselcharakter 
6ronland*s,  nicht  aber  den  pacifischen  Ursprung  der  Fluthwelle. 

^  Aus  den  Philosophical  Transactions  of  the  R  Soc.  of  London.  VoL 
CXXVI  (1836),  Plate  XXVI  (zu  p.  307). 


n.    Fluth  und  Ebbe. 


25 


Fig.  3. 


■*   :  :*.-> 


Die  colidal  lines  an  den  englischen  Küsten  nach  William  WhewelL 


26  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

des  an  den  EingaDg  des  Oanal  la  Manche  und  des  St -Greoig- Ganais; 
erst  19  Standen  später  tritt  sie^  nachdem  sie  fiist  ganz  Grossbritannien 
umkreist  hat,  im  südlichen  TheQe  der  Nordsee  auf,  nm  dann  in  den 
Ganal  einzudringen,  wo  sie  einer  anderen,  direct  durch  den  Canal 
kommenden  flnthweQe  beg^net 

Wir  haben  oben  bereits  gesehen,  dass,  wenn  der  Erdkörper  eine 
▼ollkommen  flüssige  Masse  wäre,  die  grossen  Halbaxen  des  Erdsphä- 
roids  durch  die  Wirkung  der  Sonne  um  0,2475,  durch  die  Wirkung 
des  Mondes  um  0,5595  Meter  länger  würden  als  die  kleinen  Halbaxen 
desselben«  Der  Maximalwerth  der  theoretischen  Fluth  ist  also  gleich 
0,8070  Meter.  In  der  Thai  übertrifft  die  Fluth  im  offenen  Ocean  nur 
selten  diese  Höhe  um  einen  beträchtlichen  WertL  AuffiJlend  niedrig 
ist  sie  im  Grossen  Ocean;  sie  stägt  im  Durchschnitt  bei  den  Sand- 
wichinsdn  bis  zu  0,8,  bei  Tahiti  nur  zu  0,4  bis  0,5  Meter,  bei  den 
Neuen  Hebriden  dagegen  zu  1,4  bis  1,8  Meter  Höhe.  Im  Indischen 
Ocean  erreicht  sie  bei  Bodriguez  eine  Höhe  von  1,8  Metern  und  im 
Atlantischen  Ocean  bei  St  Helena  von  1  Meter,  bei  den  Azoren  und 
Ganarischen  Inseln  von  1,5  bis  2,4  Metern. 

Aus  den  centralen  Theilen  der  Oceane  schreitet  nun  die  Fluth- 
weQe  nach  den  Rändern  derselben  und  zwar  nach  der  jewdligen  Tiefe 
des  Oceans  mit  grösserer  oder  geringerer  Geschwindigkeit  Wie  näm- 
lidi  ein  Bad,  immer  durch  gleiche  Kräfte  bewegt,  um  so  schndler 
vorwärts  eilt,  je  grösser  sein  Durchmesser  ist,  ebenso  er&hrt  die  Ge- 
schwindigkeit der  Muthwelle  dne  Beschleunigung  oder  Verzögerung 
je  nach  der  Tiefe  der  Wassermasse,  welche  sie  durchschneidet  Ist 
der  Ocean  g^en  2000  Faden  (=  12  000  engl  Fuss)  tief,  so  beträgt 
die  Geschwindigkeit  der  Welle  424  engL  Mdlen  (=  92  geogr.  M.)  in 
der  Stunde;  vermindert  sich  die  Tiefe  auf  200  Faden  (=  1200  eng^ 
Fuss),  so  gelangt  die  Fluth  in  derselben  Zeit  134  engL  Meilen 
(=29ge(^.M.)  weit;  liegt  der  Meeresgrund  20  Faden  (»=  120  engl 
Fuss)  tief,  so  durchläuft  die  Fluthwdle  nur  einen  Weg  von  42  engl. 
Meilen  (=  9  geogr.  M.)  in  der  Stunde,  und  bei  einer  Meerestiefe  von 
2  Faden  (=  12  engl  Fuss)  sinkt  die  stündliche  Geschwindigkeit  der 
Welle  sogar  auf  13  engl  Meilen  (=  3  geogr.  M.)  herab  (vgl.  Bd.  I, 
S.  414).  Aus  dieser  Verzögerung,  welche  ebenso  manig£Edtig  ist,  wie 
es  die  Meerestiefen  sind,  erklärt  sich  die  vielfiu^h  ganz  ansehnliche  Ab- 
weichung der  Hafenzeiten  zweier  Nachbarorte  (s.  S.  22). 

Femer  geht  hieraus  hervor,  dass  die  Homopleroten  niemak  ge- 
rade, sondern  stets  manigfiäch  gebogene  Linien  sind.  Allenthalben 
entwickeln  sie  convexe  Curven  über  den  tieferen  Theilen  des  ooeani- 
sehen  Bettes;  dag^en  sieht  man  die  Woge  in  der  Nähe  seichter  Stellen 
und  Klippen,  insbesondere  aber  an  den  Ufern  der  festlandischen  6e- 


II.  Fluth  und  Ebbe.  27 

Stade  zurückbleiben.  Oenaa  eingetragene  Homopleroten  Yerrathen  uns 
also  unmittelbar  das  Belief  des  Meeresgrundes,  indem  sie  sich  in  seich- 
tem Meere  eng  zusammenschaaren,  während  sie  auf  tiefer  See  weit 
auseinander  rücken. 

Endlich  gestatten  sie  uns,  wenigstens  im  allgemdnen,  dnen  SoUoss 
auf  die  Höhe  der  Fluthwelle  in  einzelnen  Meerestheilen.  Die  Fluth- 
welle  des  Oceans  können  wir  uns  gebildet  denken  dnrch  eine  grosse 
Anzahl  von  aufeinander  folgenden  W(^en,  die  einen  beträchtlichen 
Theil  der  Oberfläche  des  Meeres  dnnehmen.  üeber  tiefe  Oceane  yer- 
breiten  sich  dieselben  mit  grosser  Geschwindigkeit;  aber  in  dem  Masse, 
in  welchem  sie  sich  den  seichteren  Bandmeeren  nähern,  wird  ihre  Be- 
wegung gehemmt;  es  tritt  eine  Comdation  ein,  und  so  gewinnen  sie 
um  so  mehr  an  Höhe,  je  mehr  sie  an  Schnelligkeit  Terlieren.  Wäclist 
aber  die  Fluthwelle  um  so  mächtiger  an,  je  mehr  die  fi^e  Bew^ung 
ihrer  Theile  beeinträchtigt  wird,  so  ist  ein  enges  Zusammenrücken  der 
Homopleroten  ein  gutes  Merkzeichen  för  eine  stark  schwellende  Fluth. 

Dem  ent^rechoi  die  beobachteten  Thatsachen  vollständig.  So 
drängen  seh  die  Homopleroten  dicht  an  einander  in  dem  Golfe  von 
Oman,  im  Busen  von  Bengalen,  im  Südchinesischen  Meer,  im  Golf 
von  Panama,  in  den  Bayen  an  der  Ostküste  von  Patagonien,  in  der 
Fondj-Bay  (zwischen  Neu-Braunschweig  und  Neu-Schottland),  im  Ca- 
nal  la  Manche  und  in  der  Irischen  See,  und  gerade  an  den  Ufern 
dieser  Meerestheile  giebt  es  weite  üfergebiete,  die  vom  Meere  abwech- 
selnd bedeckt  und  entblöest  werden«  Im  Golf  von  Martaban  (Busen 
von  Bengalen)  erhebt  sich  die  Fluth  zu  7  Meter  Höhe,  im  Golf  von 
Cambay  (Arabiadies  Meer)  bei  Sorat  zu  6,4  und  bei  Cambay  zu  9 
bis  1],  im  Grolf  von  Oman  und  im  Südchinesischai  Meer  eben&Os  zu 
11  Meter  Höhe  In  dem  Hafen  von  Panama  beträgt  dieselbe  mdxr 
als  7  Meter;  an  der  Südspitze  Südamerika's,  in  den  Qolfea  von  San 
George  und  Santa-Cruz  (letzterer  am  östlichen  Eingang  der  Magalhäes- 
Strasse)  hat  Fitzroy  sogar  Fluthen  von  15,  18  und  20  Meter  Höhe  ge- 
messen. An  keinem  ooeanischen  Ufer  aber  erreidit  die  Fladi  eine 
grossere  Höhe  als  in  der  Fnndy-Bay,  wo  die  Flodiwdle,  dngeengt 
durch  die  beiden  Halbinseln  Neu-Bnumschweig  und  Neu -Schottland, 
sowohl  dordi  die  Uferumrisse  wie  durch  das  Bdief  des  Meeresgrundes 
mehr  als  irgend  wo  anders  in  ihrem  Fortschreiten  gehemmt  wird. 
Während  der  Unterschied  zwischen  Hoch-  und  Tiefwasser  am  Eingang 
kaum  2,7  Meter  ausmacht,  wächst  er  gegen  den  innersten  Winkd  hin 
allmählich  auf  mehr  als  21  Meter.  Die  Fluth  verwandet  weite  nea- 
trale  Striche,  welche  weder  zum  Meere  noch  zum  Fesdande  gehören, 
in  tiefe  GoUe;  gestrandete  Schiffe  richten  sich  bei  ihrer  Ankunft  wie- 
der auf  und  &hren  fort  mit  vollen  Segdn;   Städte,  wddie  zur  Ebbe- 


28  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  LufthüUe  der  Erde. 

2eit  in's  Innere  des  Landes  versetzt  werden,  befinden  sich  zur  Fluth- 
zeit  auf  Halbinseln  in  unmittelbarer  Nähe  des  Meeres.  Francis 
Duncan  erzählt  uns,  dass  er  im  Jahre  1864  eines  Nachmittags  in 
Windsor  an  der  Fundy-Baj  am  Tische  vor  einem  Hotel  sass  und  be- 
obachtete, wie  eben  ein  beladener  Dampfer  unmittelbar  am  Quai  an- 
löte. Am  Abend  unternahm  er  an  derselben  Stelle  dnen  Spazier- 
gang und  sah  das  Schiff  auf  einem  Felsen  liegen  neben  einem  Ab- 
grund Yon  20  Meter  Tiefe;  unten  breitete  sich  eine  Sohle  gelben 
Schlammes  aus,  durch  welche  der  träge  Avonfluas  so  dürftig  schlich, 
dass  er  kaum  den  strahlenden  Mond  spi^eln  konnte.  Nach  Sir  John 
F.  W.  Her'scheP)  soll  die  Fluth  bei  Annapolis  an  der  Fundy-Bay 
bisweilen  eine  Höhe  von  36  V2  Metern  erreichen. 

Dringt  die  Fluth  in  das  Aestuar  dnes  Stromes  ein,  so  erleidet  sie 
stets  eine  bedeutende  Henmiung  und  zwar  nicht  nur  wegen  der  ge< 
ringen  Tiefe  des  Wassers  und  der  Verengung  des  Strombettes,  sondern 
auch  durch  das  allmähliche  Ansteigen  desselben  und  durch  die  Gegen- 
strömung des  Flusswassers.  Dabei  bew^  sich  das  spedfisch  schwerere 
Meerwasser  auf  dem  Grunde  hin ,  während  das  leichtere  Flusswassor 
oben  zwar  abfliesst,  aber  wie  durch  einen  unteigeschobenen  Keil  eine 
Hebung  er&hrt.  VielfiEU^h  wird  diese  Anschwellung  durch  eine  Kreu- 
zung verschiedener  Strömungen  geschwächt  oder  ausgeglichen;  bisweilen 
aber  vereinigen  sich  alle  Bedingungen,  ihr  eine  ansehnliche  Entwick- 
lung zu  geben,  und  dann  schreitet  die  Fluth  wie  eine  quer  über  den 
ganzen  Strom  gehende  Mauer  aufwärts.  In  der  Elbe  zieht  sie  20  geogr. 
Meilen,  in  der  Weser  9  geogr.  Meilen  weit  hinauf;  sie  wird  von  den 
Uferbewohnem  das  Rastern  genannt.  Die  Fluthwelle  der  Seine  und 
mancher  anderen  firanzösischen  Flüsse  heisst  Barre,  die  der  Gironde 
Mascaret  oder  Wasserratte  (Baz  de  mar^).  Auch  in  der  Themse  und 
Sevem  fehlt  diese  Fluthwelle  nicht  In  Hindostan,  wo  sie  im  Granges 
bis  HugU  aufwärts  gelangt,  bezeichnet  man  sie  als  Bore;  sie  ist  wegen 
ihrer  Grösse  und  Gewalt  gefurchtet.  Besonders  mächtig  ist  die  Bore 
des  chinesischen  Flusses  Tsien-tang  (nach^ryden's  Ausdruck  Iger, 
the  eager);  sie  rollt  als  ein  Wasserwall  von  10  Meter  Höhe  mit  einer 
Greschwindigkeit  von  25  engl.  Meilen  (=  5,4  geogr.  Meilen)  in  der 
Stunde,  also  etwa  so  schnell  wie  dn  Eisenbahnzug,  nach  Hang-tscheu 
hinauf,  alles  vor  sich  her  fi^nd.  Auch  der  Amazonas  hat  seine  Boren 
(von  den  Indianern  Pororoca  genannt).    Zur  Zeit  der  Tag-  und  Nacht- 

^)  Oatlines  of  Astronomy.    New  edition.    London   1875.    §  756,  p.  531. 

Nach  einer  neueren  Angabc  von  J.  D.  Everett,  welcher  mehrere  Jahre  in 

ier  Nähe  der  Fundy-Bay  wohnte,  erreicht  die  Fluthwelle  hier  in  der  Chepody- 

3ay  das  Maximum  ihrer  Entwicklung,  nämlich  eine  Höhe  von  70  engL  Fuss 

=  2P/3  Meter).    Nature,  Vol.  XIX,  Nr.  490.    20.  March  1879,  p.  458. 


II.   Fluth  und  Ebbe.  2& 

gleichen,  wenn  die  äquatorialen  Fluthwellen  sich  am  mächtigsten  ent- 
falten, kann  man  während  drei  aufeinander  folgender  Tage  Borei^ 
mit  4  bis  5  Meter  äöhe  den  Amazonas  hinauft^andem  sehen;  bis- 
weilen sind  von  seiner  Mündung  an  bis  200  engl.  Meilen  (=  43,4 
geogr.  Meilen)  aufwärts  gleichzeitig  gegen  5  Boren  im  Fortschreiten  be- 
griffen*). Bat  es  beobachtete  sie  sogar  noch  auf  dem  Cupari,  einem 
Nebenfluss  des  Tapajos,  an  einer  Stelle,  welche  von.  der  Amazonasmün- 
dung 540  engl.  Meilen  (=116  deutsche  Meilen)  entfernt  ist,  d.  h.. 
ebensoweit  wie  Hamburg  von  Genf. 

In  einzehien  Fällen  mögen  die  ungeheuren  Fluthwellen  an  den 
Küsten  nicht  allein  durch  die  Stauung  der  Welle  in  seichtem  Meere,, 
sondern  auch  durch  Zusammenstoss  zweier  von  verschiedenen  Rich- 
tungen her  kommenden  Fluthwellen  entstehen :  wir  hätten  es  hier  also- 
mit  Interferenzerscheinungen  zu  thun,  ähnlich  denen,  welche  wir  in 
der  Optik  imd  Akustik  kennen  lernen.  An  den  englischen  und  fran- 
zösischen Küsten  lassen  sich  mehrere  hierher  gehörige  Küstengebiete 
nachweisen.  So  hat  Beechey  durch  seine  gründlichen  Unter- 
suchungen*) gezeigt,  dass  die  grossen  Niveauunterschiede  von  Fluth 
und  Ebbe  an  der  Mündung  der  Sevem  und  in  den  Bayen  von  Can- 
cale  und  St  Malo  nicht  allein  durch  die  geringen  Seetiefen,  sondern 
auch  durch  das  gleichzeitige  Zusammentreffen  zweier  Fluthwellen  her- 
beigeführt werden.  Die  Welle,  welche  in  den  St- Georgs -Canal  ein- 
dringt, begegnet  in  der  Breite  des  Golfes  von  Bristol  einer  anderen,. 
12  Stunden  älteren  Welle,  welche  von  Nord  her  das  Irische  Meer  be- 
reits durchschritten  hat.  Sie  vereinigen  sich  und  nehmen  nun  eine 
aus  ihrer  beiderseitigen  Bewegung  hervorgehende  Mittelrichtung  gegen 
die  Sevemmündung  an;  sie  ergiessen  sich  also  mit  erhöhter  Macht  in 
den  Bristol-Canal.  Ebenso  trifft  die  Welle,  welche  in  den  Canal  la 
Manche  eintritt,  in  der  Gegend  von  Jersey  eine  um  24  Stunden  ältere 
Welle,  welche  bereits  den  Weg  um  ganz  England  zurückgelegt  hat; 
diese  beiden  Wasseranschwellungen  prallen  nun,  eine  einzige  Welle 
bildend,  mit  um  so  grösserer  Kraft  an  die  Felsküsten  der  Bretagne 
(vgl.  Bd.  I,  S.  434  f.). 

Das  enigegengesetzte  Verhalten  des  Meeres  beobachtet  man  da, 
wo  Fluth  und  Ebbe,  von  verschiedenen  Richtungen  kommend,  gleich- 
zeitig zur  Geltung  gelangen  sollten.  Natürlich  gelingt  dies  weder  der 
Fluth,  noch  der  Ebbe;  es  erfolgt  vielmehr  ein  Ausgleich  zwischen  bei- 

*)  Sir  John  F.  W.  Her  sc  hei,  Physical  Geography  of  the  Globe, 
oth  edition.  Edinburgh  1875.  §  75,  p.  68.  Vgl.  v.  Spix  und  v.  Martins,. 
Reise  in  Brasilien.    München  1823.    Bd.  III,  S.  957. 

«)  Philosophical  Transactions  of  the  R.  Soc.  of  London.  Vol.  CXXXVIII 
(1848),  p«  112  sq. 


30  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  and  Lnfthalle  der  Erde. 

den,  welche  in  dem  Verharren  des  Meeresspiegels  in  demselben  Ni- 
veau seinen  Ausdruck  findet.  Ein  vorzügliches  Beispiel  hierfür  ge- 
währt die  Westseite  der  Irischen  See,  wo  bei  der  Stadt  Courtown  (süd- 
Uch  von  Arklow)  keine  Spur  der  Fluthwelle  zu  bemerken  ist,  da  das 
Wasser  stets  &st  genau  dieselbe  Höhe  bewahrt.  Es  ist  dies  um  so 
auffallender,  als  an  der  gegenüber  liegenden  englischen  Küste  die  Fluth 
mehr  als  5  Meter  hoch  steigt  und  als  die  Fluth-  und  Ebbeströmung 
an  dei:  Küste  abwechselnd  eine  Greschwindigkeit  von  mehr  als  7  Ealo- 
metem  in  der  Stunde  erreichen«  In  der  Nordsee  treffen  sich  Hoch-  und 
Tiefwasser  unweit  des  Pas  de  Calais  an  einem  Punkte  zwischen  der  hollän- 
dischen und  englischen  Küste,  der  je  nach  den  herrschenden  Winden  seine 
Lage  ein  wenig  zu  verändern  scheint  Hier  erhebt  sich  die  Fluth  nur 
zu  61  Cendmeter  Höhe.  Äehnliche  Vorgänge  vollziehen  sich  in  dem 
Aestuar  des  La  Plata,  obwohl  man  wegen  seiner  Seichtheit  und  seiner 
der  Fundy-Bay  ausserordentlich  ähnlichen  Gestalt  von  vornherein  ge- 
rade das  Gregentheil  erwarten  könnte.  Diese  Anomalie  erklärt  sicli 
dadurch,  dass  sich  eine  Fluthwelle  und  ein  Ebbethal  am  Eingange  der- 
Bucht  begegnen.  Zwischen  der  Ankunft  der  im  Süden  g^en  Brasi- 
lien, im  Nord<^  gegen  Patagonien  vordringenden  Fluthwellen  liegt  ein 
Zeitraum  ^von  c.  sechs  Stunden.  In  dem  Augenblick,  wo  von  Nord 
her  die  Ebbe  eintreten  will,  kommt  von  Süd  her  die  Fluth,  und  naht 
dann  von  Brasilien  her  die  Fluth,  so  senkt  sich  im  Süden  bereits  wie- 
der die  Wasserflädie.  Wir  haben  es  denmach  auch  hier  mit  einer 
Interferenz  zu  thun,  durch  welehe  die  Oscillation  der  Wasser  fiist  gänz- 
lich vernichtet  wird  ^). 

Die  Attraction  des  Mondes  und  der  Sonne  wirkt  nicht  weniger 
auf  kleinere  geschlossene  Meere  wie  auf  die  offenen  Oceane;  nur  hat 
die  Fluth  hier  nicht  den  nöthigen  Baum,  sich  in  deutUch  wahmehni- 
barer  Weise  zu  entwickeln.  Sie  ist  hier  stets  sehr  klein,  und  man  be- 
darf meist  zahlreicher  Beobachtungen,  um  aus  der  Menge  der  zufklligen 
Niveauschwankungen  diejenigen  regelmassigen  Oscillationen  zu  erkennen, 
welche  wir  als  Fluth  und  Ebbe  bezeichnen.  So  glaubte  man  früher, 
dass  das  Mittelmeer  der  Gezeiten  entbehre,  und  aus  der  Oeschichte  be- 
kannt ist  der  Schrecken  der  römischen  Soldaten,  als  ihnen  am  atlan- 
tischen Ufer  bei  Cadiz  zum  ersten  Male  die  ihnen  unheimliche  Ejt- 
scheinung  entgegentrat.  Indessen  fehlt  dieselbe  auch  dem  Mttelmeere 
nicht  gänzlich.  An  den  mediterranen  Ufern  Spanien's  überschreitet  die 
Osdllation  aUerdings  kaum  60  Centimeter;  bei  livomo  beträgt  sie  nur 
gegen  30  Centimeter  und  bei  Venedig  60  bis  90  Centimeter',  doch 
sinkt  sie  am  Ostrande  des  Jomschen  Meeres  bei  Corfu  wieder  auf  32, 

^)  Eiis^e  Beclns,  La  Terre.    Paris  1869.    Tome  II,  p.  141  sq. 


IL  Fluth  und  Ebbe.  31 

bei  Zante  sogar  auf  15  Centimeter. herab ^).    Die  höchsten  Fluthen  des 
Mittelmeeres  finden  sich  m  den  beiden  Syrien.    An  der  Mündung  des 
Oued-Ghibes  (im  Hintergrunde  der  Kleinen  Syrte)  steigt  und  fällt  das 
Wasser  abwechselnd  2  Meter,    weiter  im  Norden  in  dem  Hafen  von 
S&ks  1,5  bis  2,6  Meter;  bei  der  Insel  Dsch^ba  (am  Südsaum  der 
Kleinen  Syrte)   soll  die  mittlere  Fluthhöhe  sogar  3  Meter  erreichen. 
Die  intensivere  Entwicklung  der  Gezeiten  in  diesem  Theile  des  Mittel- 
meeres mag  daher  rühren,  dass  hier  weder  Inseln  noch  Halbinseln  die- 
selbe hemmen,  dieses  Becken  vielmehr  ein  gut  abgerundeter  Meerestheil 
ist,  während  sich  das  Mittelmeer  an  der  europäischen  Küste  in  zahlreiche 
kleinere  Meere  verzweigt     Die  bekannten  Strudel  des  Mittelländischen 
Meerm>  in  der  Meerenge  von  Messina  (Scylla  und  Ciharybdis)  und  im 
Golf  von  Euripos  zwischen  Euböa  und  dem  Hellas  (der  cfaalcidische 
Strudel)  können  wir  ebenfalls  als  Zeugen  für  das  Vorhandensein  von 
Fluth  und  Ebbe  im  Mittelmeer  anfiihren;  denn  ihr  Charakter  wechselt 
regelmässig  mit  der  Stellung  dea  Mondes.    Bei  steigender  fluth  be- 
wegt sich  in  der  Strasse  von  Messina  die  Strömung  nordwärts  vom 
Jonischen  Meere  zum  Tyrrhenischen ;  bei  fallender  Fluth  erlangt  die 
von  Norden    kommende  Strömung   das    Uebergewicht  und  wirft  die 
Gegenströmung  südwärts  zurück.    An  dem  Punkte,   wo  sich  die  bei- 
den Strömungen  treffen,  bilden  sich  die  genannten  Wirbel,  welche  be- 
ständig  Ort  und  Form  verändern,  aber  nur  dann  für  die  Schiffe  ge- 
fährlich sind,  wenn  der  Wind  mit  grosser  Heftigkeit  der  Fluthströmung 
entgegenweht  ^). 

In  den  übrigen  geschlossenen  Meeren  Eutopa's  sind  Fluth  und 
Ebbe  noch  weniger  bemerkbar,  und  insbesondere  gilt  dies  von  der 
Ostsee.  Bei  ga^z  ruhigem  Wetter  nur  ist  es  möglich,  bei  Kopenhagen 
eine  Oscillation  von  einigen  Centimetem  nachzuweisen.  An  den  meisten 
Stellen  konnte  erst  durch  mehrjährige  genaue  Beobachtungen  ermittelt 
werden,  dass  in  der  That  auch  die  Ostsee  ihre  Flujth  und  Ebbe  be- 
sitzt.   Die  Fluthgrösse  beträgt  z.  B. 


bei  Helsingör 6  Ctentim. 

„    Nykjöbing(Falster)  62       „ 
„    Travemünde  ...  11       - 


bei  Thiessow  (Rügen)     7  Cfentim. 
„    Swinemünde  ...     3       „ 
„    Colbergermünde  .     2       „ 


*)  K.  E.  A.  V.  Hoff,  Geschichte  der  natürlichen  Veränderungen  der  Erd- 
oberfläche.   Gotha  1834.    Bd.  III,  S.  256. 

')  In  ähnlicher  Weise  entstehen  die' Wasserwirbel  im  Great-Gulf  oder 
Coirebhreacain  zwischen  den  Inseln  Jura  und  Scarba  an  der  Westküste  Schott- 
land^s,  in  der  Pentland  -  Strasse  zwischen  Schottland  und  den  Orkney -Inseln, 
sowie  am  Südende  der  Lofoten.  Letzterer  ist  unter  dem  Namen  Moskö-Strom 
oder  Mael-Strom  bekannt. 


32  DriUer  Theil.    Die  Wasser-  und  LufthüUe  der  Erde. 

bei  Rügenwaldermünde  2  Centim.  j  bei  Pillau 2  Centim. 

„    Neu&hrwasser  .  .    2       7,         j    ,,    Memel 1        „^). 

Das  kleinste  Seebecken,  in  welchem  man  mit  G^enauigkeit  ein 
rhTtImiisches  Schwanken  des  Spiegels  erkannt  hat,  ist  der  Michigan- 
See.  Mit  grosser  Sorgftdt  wurde  Jahre  lang  zu  Milwaokee  und  Chi- 
cago mit  registrirenden  Fluthmessem  beobachtet,  weshalb  die  gefon- 
denen  Resultate  als  vertrauenswerth  angesehen  werden  dürfen.  Es  er- 
gab sich  hierbei 

fiir  Milwaukee  die  Springfluthgrösse 2,65  Centimeter. 

die  Taubefluthgrösse 1,04  „ 

für  Chicago       die  Springflnthgrösse 7,32  „ 

die  Taubefluthgrösse 3,66  „ 

Die  Thatsache,  dass  selbst  kleinere  Seebecken  eine  Flathwelle  her- 
vorbringen, ist  für  uns  von  hoher  Bedeutung;  denn  damit  hat  die 
Wh ewel lösche  Annahme,  womach  der  Indische  und  Atlantische 
Ocean  zu  klein  sein  sollten  zur  Erzeugung  selbstst&ndiger  FlathweUen, 
ihre  gründlichste  Widerl^ung  er&hren. 

^HugoLentz,  Fluth  and  Ebbe.    Hamburg  1879.    S.  95  f. 


in.   Die  Temperatur  des  Meeres  ^\ 


A.     Die  Temperaturen  an  der  Meeresoberfläche. 

Um  die   ordicfae   Oberäächentemperatur  des   Meeres  zu   ermitteln^ 
schöpft  man  in  einem  ESmer  ein  genügendes  Mass  Seewasser  von 
der  Oberfläche,  steQt  den  Eimer  in  den  Schatten,   taucht  schnell  ein 
gewöhnliches  Thermometer  in  das  geschöpfte  Wasser  und  liest  nach 
einigen  Minuten ,    d.   h.  wenn  das  Thermometer  die  Temperatur  dee 
Wassers  angenommen  hat,  den  Stand  der  Quecksilbersäule  ab.     Wird 
eine  solche  Messung  auf  Damp&chiffen  ausgefilhrt,    so  ist  darauf  zu 
achten,   dass  das  Wasser  nicht  hinter  der  Maschine  geschöpft  wird, 
weil  durch  die  Bewi^ung  des  Rades  oder  der  Schraube  oft  Wasser* 
theile  an  die  Oberfläche  kommen,  welche  relativ  warm  oder  ktdtsind. 
Die  Temperatur  der  Meeresoberfläche  erleidet  innerhalb  eines  Tages 
nur  äusserst  geringe  Schwankungen;  sie  ist  gegen  ^^lorgen  am  niedrigsten 
und  in  den  ersten  Nachmittagsstunden  am  höchsten.   Im  offenen  Ocean 
beträgt  die  tägliche  Amplitude  nur  wenige  Zehntel  eines  Urades;   bei 
Windstille  vergrössert  sie  sich,  erreicht  aber  nach  A.  v.  Humboldt*) 
auch  in  diesem  Falle  noch  nicht  1  *^  C.     Nur  in  der  Nähe  der  Küste, 
insbesondere  an  seichten  Stellen,   erlangt   sie  bisweilen  eine  Höhe  von 
mehr  als  2^  C. 

Viel  deutlicher  ist  die  jährliche  Periode  zu  erkennen,  und  zwar 
fliUt  das  Maximum  der  Temperatur  in  nördlichen  Breiten  in  die  Mo- 
nate August  und  September,  das  IMinimum  in  die  Monate  Februar  und 
März.  Li  südlichen  Breiten  finden  sich  natürlich  die  entgegengesetzten 
Verhältnisse.  Innerhalb  der  Wendekreise  ist  die  Amplitude  am  kleinsten 
und  wächst  polwärts  (im  Atlantischen   Ocean  bis  5"  C);  ebenso  er- 

^)  Die  Abschnitte  über  die  Temperatur  und  Strömungcu  des  Meeres 
sind  eine  vöUig  selbstständige  Arbeit  des  Herausgebers,  gegründet  auf  die 
neuesten  Ergebnisse  der  oceanographischen  Forschung. 

*)  Voyage  de  Humboldt  et  de  Bonpland.  Relation  historique.  Porii 
1814.    Tome  I,  p.  236. 

Pescliel-Leipoldt,  Pliys.  Erdknode.     II.  3 


34  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  £rde. 

wdtert  sie  sich,  je  mehr  man  sich  den  Küsten  nähert.  In  selchten, 
angeschlossenen  Meerestheilen,  wie  z.  B.  im  Skager  Rak,  steigt  sie  so- 
gar bis  über  15  ®  C.  0- 

Sowohl  die  tauche  als  auch  die  jährHche  Amplitude  der  Tem- 
peraturen an  der  Meeresoberfläche  bldbt  nach  alledem  w^t  hinter  da*- 
jenigen  der  Luft  zurück.  Während  sich  diese  leicht  erwärmt,  aber 
auch  rasch  «fie  emp£Emgene  Wärme  wieder  verliert,  nimmt  das  Wasser 
dieselbe  langsam  an,  bewahrt  sie  aber  auch  um  so  länger.  Hieraus 
erklärt  sich,  dass  die  oceanische  Hülle  viel  geringere  Temperatur- 
Schwankungen  zeigt  als  die  atmosphänsche  und  dass  femer  die  höchsten 
und  niedrigsten  Temperaturen  der  ersteren  im  Verglich  zu  denen  der 
letzteren  sich  verzögern,  d.  h.  später  eintreten.  An  seichten  Stdloi 
wirkt  der  Meeresboden  in  ähnlicher  Weise  auf  die  Entwicklung  der 
Temperaturen  ein  wie  der  Erdboden  auf  die  Luft;  er  verschärft  also 
die  Temperatuig^ensätze.  In  gleichem  Sinne  wird  in  der  Nähe  der 
Küste  die  Temperatur  des  Meerwassers  durch  die  abwechsehid  relativ 
hohen  und  niedrigen  Landtemperaturen  beeinflusst 

Wie  die  Luftwärme,  so  ist  auch  die  Meereswärme  ungleichmässig 
und  unr^elmässig  über  die  Oceane  vertheilt.  Dies  ergiebt  sich  beim 
ersten  Blick  auf  die  beiden  Karten  (Fig.  4  und  5),  in  welche  wir 
die  Isothermen  der  Meeresoberfläche  ftir  die  Monate  März  und  Sep- 
tember eingetragen  haben.  Diese  beiden  Monate  wurden  deshalb  ge- 
wählt, weil  die  Sonne  in  denselben  ihren  W^  über  die  südliche,  resp. 
nördliche  Hemisphäre  vollendet  hat;  im  März  ist  daher  die  südlidie, 
im  September  die  nördliche  Hemisphäre  im  Besitz  der  reichsten  Wärme- 
schätze. Ausserdem  bezeichnen  sie  auch  insofern  Extreme,  als  xmter 
äquatorialen  Breiten  der  März  die  höchsten,  der  September  die  ge- 
ringsten Wärmemengen  aufv^eist  Uebrigens  beanspruchen  nur  die  Iso- 
thermen des  Atlantischen  Oceans  dnen  grösseren  Grad  von  Oenauig- 
keit^);  ftlr  die  übrigen  Weltmeere  ist  das  Material  zur  Zeit  noch  zu 
lückenhaft,  als  dass  unserem  Bilde  ein  grösserer  Werth  als  der  dnes 
ersten  Versuches  beigemessen  werden  könnte.  Wir  werden  uns  des- 
halb auch  nur  mit  dem  Atlantischen  Ocean  hier  eingehender  beschäftigen. 

Ein  Blick  auf  die  März  karte  (Fig.  4)  lehrt  uns  Folgendes:  Die 
höchsten  Temperaturen  finden  sich  im  Busen  von  Guinea;  in  dem 
innersten  Winkel  desselben,  zwischen  dem  Reiche  Dahomeh  und  Cap 
Lopez,  überschreitet  die  Meereswärme  sogar  29  ^  C. ,  während  an  der 
Westseite  des  atlantischen  Beckens  (hei  Cäp  San  Boque)  das  Maximum 

*)  H.  Mohn,  Gmndzüge  der  Meteorologie.    2.  Aufl.    Berlin  1879.  S.  57. 

*)  Einen  auf  die  besten  neueren  Arbeiten  gegründeten  Entwurf  einer 
Isothermenkarte  des  Atlantischen  Oceans  finden  wir  auf  Tafel  II  zu  Otto 
Krümmers  „Aequatorialen  Meeresströmungen^'  (Leipzig  1877). 


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IIL    Die  Temperatur  des  Meeres.  35 

nur  27,5®  C.  beträgt.    Die   beiden  Isothermen  von  25®  C.  nehmen 
etwa  diesen  Verlauf:  Die  nördlich  vom  Aequator  gelegene  beginnt  im 
Westen  bei  der  Insel  Margarita  (westlich  von  Trinidad),  steigt  nord- 
östlich von  Barbadoes  bis  zum  19.  ®  n.  Br.  empor,  um  sich  (unter  30® 
w.  L.  V.  Gr.)  dem  Aequator  wieder  bis  auf  7®  zu  nähern,  und  endet 
an  der  Küste  von  Senegambien  unter  12®  n.  Br.    Die  Isotherme  von 
25  ®  C.  südlich  des  Aequators  entfernt  sich  naturgemäss  im  März  viel 
weiter  vom  Aequator  ab  ihre  nördliche  Schwester.     In  der  westlichen 
Hälfte  des  Oceans  föllt  sie  etwa  mit  dem  28.  ®  s.  Br.  zusammen,  erhebt  sich 
aber  in  der  Mitte  desselben  ziemlich  rasch  zu  12®  s.  Br.  und  erreicht 
nördlich  von  Cap  Negro  unter  15®  s.  Br.  die  afrikanische  Westküste. 
Demnach  ist  der  Baum  zwischen  den  beiden  Isothermen  von  25®  C. 
auf  der  amerikanischen  Seite  fest  doppelt  so  gross  als  auf  der  afrika- 
nischen.   Merkwürdig  ist  es,   dass  sich  ausserdem  —  gewissermassen 
inselartig  in  kühleres  Meerwasser  eingeschaltet   —   ein  kleines  Gebiet 
von  mehr  als  25  ®  Wärme  von  der  Mitte  des  Busens  von  Mexico  durch 
die  Floridastrasse  bis  zum  32.  ®  nach  Nordosten  erstreckt;  wir  erkennen 
in  diesem  Gebiet  den  Schauplatz  des  Golfstromes.  Ueberhaupt  treten  uns 
hier  wie  in  allen  grossen  oceanischen  Räumen  an  den  Westrändern  die  Wir- 
kungen der  polwärts  ziehenden  warmen,  an  den  Osträndem  aber  der 
von    den   Polen   konmienden    kalten   Strömungen  deutUch   enigegen. 
Weiter  nach  Norden  reihen  sich  alle  Isothermen  zwischen  24  und  0  ®  C. 
längs  der  amerikanischen  Küste  eng  an  einander,   so  dass  wir  schon 
in  der  Gegend  von  Boston  der  Isotherme  v8n  0®  C.  begegnai.    Hier 
vermindern   sich  also    die  Meerestemperaturen   ausserordentlich   rasch 
nach  Norden  hin.    Femer  ist  es  bemerkenswerth,  dass  die  Isothermen 
von  24  bis  15®  C«  sämmüich  im  Gebiete  des  Grol&tromes  zungenartig 
nach  Norden  ausbi^en,   um  sich   dann  in   grösseren  Abständen  von 
einander  nach  Ostsüdosten  zur  afrikanischen  Westküste  herabzusenken. 
Die  Isothermen  von  16  bis  0®  C.  drängen  sich  etwa  50  geogr.  Meilen 
südlich  von  Neu-Fundland  auf  einem  ganz  schmalen  Gürtel  zusammen 
und  breiten  sich  dann  &cherartig  von  hier  nach  Ost,    Nordost  und 
Nord  aus.    Während  die  Isotherme  von  16  ®  C.  in  ostsüdöstlicher  Rich- 
tung dem  Cap  S.  Vincente  (Portugal)  zueilt,  schwingen  sich  die  übrigen, 
gegen  Norden  mächtige  convexe  Scheitel  darstellend,   nach  den  nord- 
europäischen Küsten;  die  Isotherme  von  0®  C.  steigt,  zuerst  nördlich 
und  dann  nordöstlich  gewendet,  bis  zur  Nordspitze  Island's,  ja  bis  zu 
dem  Südende  Spitzbergen's  empor,  um  erst  bei  der  Halbinsel  Kola  die 
Gestade  des  europäischen  Continentes  zu  treffen.    Diesem  höchst  eigen- 
thümlichen  Isothermenverlauf  verdanken  die  norwegischen  Küsten  ihre 
Eislosigkeit  (selbst  in  den  kältesten  Monaten),  wie  überhaupt  ihre  bei- 
spieDos  mflden  Winter. 


36  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  nnd  Lufthülle  der  Erde. 

Viel  emfbnniger  gestaltet  sind  die  Isothermen  des  südadantisdien 
Beckens.  Im  allgemeinen  ist  die  amerikanische  Ostküste  vor  der  a&i* 
kanischen  Westküste  b^ünstigt,  da  die  Isothermen  an  der  letzteren 
ohne  Ausnahme  nach  Norden,  also  nach  dem  Aeqnator  zu,  sich  heb^t. 
In  der  Nähe  des  40.  Breitengrades  findet  £ast  quer  über  den  ganzen 
Ocean  hinweg  dne  rasche  Temperaturabnahme  von  20  zu  14®  C 
statt.  Die  Isotherme  von  0®  C.  nähert  sich  unter  20®  w.  L.  v.  6r. 
ziemlich  beträchtlich  dem  Paralld  des  Cap  Hoom.  Uebrigens  zeigen 
alle  Isothermen  zwischen  dem  40.  und  60.®  s.  Br.  unmittelbar  an  der 
amerikanischen  Küste  stark  nach  Süd  ausspringende  Scheitd. 

Ein  viel&ch  verändertes  Bild  gewähren  die  Isothermen  der  Meeres- 
oberfläche für  den  Monat  September.  Die  höchsten  Temperaturen, 
nämlich  30  ®  C,  haben  der  Golf  von  Mexico,  die  Florida-Strasse  und  ein 
von  hier  aus  zungenfbrmig  nach  Nordost  bis  zum  33.®  n.  Br.  sich  er- 
streckendes Gebiet,  welches  genau  dem  südlichen  TheUe  des  Floridastromes 
entspricht  Das  ganze  Caraibische  Meer,  sowie  ein  ansehnliches  Gtebiet 
nördlich  und  ösdich  desselben  besitzen  Temperaturen  von  mehr  als 
28®  C.  Die  Isothermen  von  27  bis  24®  C.  b^innen  sänmitlich  auf 
dem  schmalen  Räume  zwischen  Cap  Hatteras  imd  der  Chesapeake-Bay 
und  schwingen  sich,  einer  Doppelguirlande  gleich,  gegen  Südost  nach 
der  Westküste  von  Afiika,  wo  sie  in  geringer  Entfernung  von  ein- 
ander  zwischen  Cap  Verde  und  Cap  Blanco,  also  zwischen  15  und 
21  ®  n.  Br.,  enden.  Die  Isothermen  von  25  bis  10  ®  C.  rücken  an  der 
amerikanischen  Küste  unft  insbesondere  südöstlich  von  Neu -Fundland 
dicht  an  einander;  die  südlichsten  von  ihnen  (23 — 20®  C.)  erheben  mch 
in  der  Mitte  des  Oceans  zu  44,  resp.  47  ®  n.  Br.  und  nehmen  hierauf 
in  ostsüdöstlicher  Richtung  ihren  Weg  nach  den  Westküsten  der  ibe- 
rischen Halbinsel.  Die  übrigen  Isotliermen  (von  19  bis  4®  C.)  erldden 
durch  den  Stoss  der  Labradorströmung  an  der  Bank  von  Neu -Fund- 
land eine  zungenartige  Ausbiegung  gegen  Süden;  sie  erscheinen  dort 
förmlich  zu  einem  Bündel  vereinigt,  worauf  sie  sich  strahlenartig  über 
den  ganzen  Norden  des  Atlantischen  Oceans  ausbreiten.  Die  Isotherme 
von  10  ®  C.  steigt  bis  Island  und  hierauf  bis  an  die  Nordspitze  Europa's 
empor;  die  von  5®  C.  durchschneidet  in  der  Richtung  von  Süd  nach 
Nord  die  Davis-Strasse  und  gelangt  erst  südlich  der  Disco- Insel  an  die 
Westküste  Grönland's,  während  sie  in  dem  östlichen  Haupttheile  des 
Oceans  sich  bis  auf  wenige  Meilen  der  Inselgruppe  Spitzbergen  nähert. 
Bemerkenswerth  ist,  dass  in  der  Davis-Strasse  ebenso  wie  in  dem  nörd- 
lichen Haupttheile  des  Oceans  die  östliche  Hälfte  stets  mit  wärmerem 
Wasser  erfüllt  ist  als  die  westliche  Hälfte.  Auch  erkennt  man  deut- 
lich, dass  ein  Strom  wärmeren  Wassa^  an  der  Westküste  Spitzbergen^s 
vorüberftihrt  und  ein  anderer  an  dem  Nordsaume  Europa's  nach  No- 


in.    Die  Temperatur  des  Meeres.  37 

waja-Semlja  zieht,  während  sich  zwischen  beide  (an  der  Ostseite  Spitz- 
bergen's)  ein  Arm  kälteren  Wassers  keilartig  einschiebt. 

Für  das  südatlantische  Becken  hat  sich  das  Isothermenbild  wenig 
geändert;  nm*  ist  die  Temperatur  üb^^  unge&hr  um  .5  ^  C.  niedriger 
als  im  März. 

ImStillenOcean  herrschen  im  allgemeinen  ähnUche  Temperatur- 
verhältnisse wie  im  Atlantischen  Ocean.  Die  höchsten  Temperaturen 
finden  sich  in  der  Nähe  des  Aequators,  und  nach  Nord  und  Süd  hin 
erfolgt  eine  ziemlich  gleichmässige  Abnahme.  Zwar  sind  die  Isothermen- 
abstände an  der  asiatischen  Küste  viel  kleiner  als  an  der  amerika- 
nischen; doch  sind  hier  keine  so  grossen  Ausbuchtungen  nach  Norden 
vorhanden  wie  an  der  entsprechenden  Stelle  des  nordatlantischen  Beckens. 
Ausserordentlich  auffallend  sind  im  südlichen  Theile  des  StiUen  Oceans 
an  der  Westküste  Südamerika's  die  mächtigen,  gegen  Nord  hin  weit 
vordringenden  Curven  der  Isothermen.  Sie  zeigen  ebenso  wie  die- 
jenigen an  der  Westküste  Südafrika's  relativ  niedrige  Meerestempera- 
toren  an  und  sind  bekanndich  in  diesem  Falle  eine  Wirkung  der  kalten 
Peruanischen  Strömung. 

Im  Indischen  Ocean  erfahren  die  Isothermen  in  ihrem  allgemei- 
nen Verlaufe  von  West  nach  Ost  keine  wesentlichen  Störungen;  nur  an 
der  West-  und  Ostseite  des  Oceans  bilden  sie  flache,  gegen  Süd,  resp. 
Nord  gewandte  Bogen,  worin  ein  Hinweis  enthalten  ist  auf  relativ 
warme  Wasser  an  der  Südostküste  Afrika's,  auf  relativ  kalte  an  der 
Westseite  Australien's. 

Unter  allen  grösseren  occanischen  Räumen  besitzt  der  nordatlan- 
tische Ocean  die  höchsten  Oberflächentemperaturen ;  er  ist  durchschnitt- 
lich um  2  bis  3^  C'  hftier  erwärmt  als  seine  Südhälfte.  Auch  der 
nördliche  Theil  des  Stillen  Oceans  erfreut  sich  einer  grösseren  Ober- 
flächenwärme als  der  südliche  Theil;  doch  beträgt  diese  Differenz 
wahrscheinlich  nur  c.  1  ^  C.  Im  Vergleich  zum  nordatlantischen 
Becken  ist  die  Temperatur  des  Stillen  Oceans  eine  niedrigere,  im  Ver- 
gleich zum  südatlantischen  Becken  eine  höhere.  Auf  der  südlichen 
Halbkugel  zeichnet  sich  der  Indische  Ocean,  namentlich  in  seinem  nörd- 
hchen  Theile,  durch  relativ  hohe  Oberflächentemperaturen  aus. 

Die  höchsten  Temperaturen,  welche  man  bisher  überhaupt  an  der 
Meeresoberfläche  beobachtet  hat,  sind  34,5  ^  C.  (in  dem  südlichen  Theile 
des  Rothen  Meeres)  *)  und  32,8  ^  C.  (an  der  Küste  von  Siam  im  Süd- 
chinesischen Meer).  Die  höchste  am  Bord  des  „Challenger'^  ermittelte 
Oberflächentemperatur  (gefunden  in  der  Celebes-See  unter  4®  14'  n. 
Br.  und  124»  18'  ö.  L.  v.  Gr.  am  21.  October  1874)  Ut  31,1  <>  C. 

*)  Nicht  zufaUig  hat  dasselbe  Meer  den  höchsten  Salzgehalt,  welches  die 
höchsten  Temperataren  aufweist. 


38  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  LufUiülle  der  Erde. 

Natörlich  kommen  so  hohe  Wännegrade  nur  in  Bandmeeren  ^  niemals 
aber  weit  abwärts  von  den  oceanischen  Ufern  an  der  Oberfläche  des 
tiefen  Oceans  vor.  Die  niedrigste  am  Bord  des  ,,Challenger'^  registrirte 
Oberflächentemperatmr  (—  2,8  ^  C.)  ergab  sich  bei  zwei  Gelegenheiten, 
am  18.  und  24.  Februar  1874,  unter  65^  s.  Br.  und  zwar  in  der 
Nähe  Yon  Eisbergen^). 

B.    Die  Temperaturen  in  den  Tiefen  der  Oceane. 

H.  B.  de  Saussure  (f  1799)  fand  auf  dem  Ghimde  der  tieferen 
Schweizerseen  übereinstimmend  eine  constante  Temperatur  von  4^  C. 
Die  Erklärung  dieser  Erschdnung  bietet  keinerlei  Schwierigkeiteii. 
Süsswasser  erlangt  seine  grOsste  Dichtigkeit  bei  4  ®  C.  Da  nun  in  un- 
seren Breiten  die  ganze  Wassermasse  grosser,  tiefer  Seen  im  Sommer 
nicht  über  diese  Temperatur  erwärmt,  im  Winter  aber  auch  nicht  unter 
dieselbe  abgekühlt  wird,  so  müssen  wir  noth wendig  auf  der  Sohle 
dieser  Seebecken  stets  der  Temperatur  von  4  ®  C.  begegnen.  Im  Som- 
mer nimmt  die  Wärme  von  unten  nach  oben  zu;  im  Winter  hingegen 
vermindert  sie  sich  in  gleicher  Bichtung.  Da  sich  in  dem  letzteren 
Falle  das  Wasser  an  der  Oberfläche  stets  dem  Gefrierpunkte  am 
meisten  nähert,  so  ergibt  sich  hieraus  die  wichtige  Consequenz,  dass 
die  Eisbildung  stets  an  der  Oberfläche  b^innt,  worauf  natürlich  unter 
dem  Schutze  der  ESsdecke  der  Eisbildungsprocess  nach  unten  nur  lang» 
sam.  fortschreitet 

Als  Sir  James  Clark  Boss  im  Jahre  1843  von  seiner  grossen 
ElntdeckungsfS&hrt  nach  den  Südpolarräumen  zurückkehrte,  yerkündete 
er  das  Gesetz*),  dass,  sobald  das  Thermon^ter  in  den  Meerestiefen 
eine  Temperatur  von  4^0.  angezeigt  habe,  cue  Elrwärmung  des  See- 
wassers  sich  nicht  mehr  ändere,  selbst  wenn  man  das  Thermometer 
noch  so  tief  in  das  Meer  hinablasse.  Unterhalb  der  submarinen  Iso- 
therme von  4®  C.  breite  sich  demnach  eine  Schicht  invariabler  Tem- 
peratur aus.  Da  dies  allen  wissenschaftlichen  fkwartungen  entsprach, 
insofern  Wasser  von  4®  C.  die  grösste  Dichtigkeit  besitzt  und  in  den 
Schweizer  Landseen  beräts  diese  invariable  Schicht  stets  in  grösseren 
Tiefen  angetroffen  worden  war,  so  zweifelte  niemand  an  der  Richtig- 
keit des  von  Sir  James  Clark  Ross  angestellten  Gesetzes. 

In  den  heissen  Meerestheilen  um  den  Aequator  musste  nach  Sir 
James  CL  Ross  das  Thermometer  mehr  als  1200  Faden  tief  hinab- 
tauchen, ehe  es  die  unveränderUche  Wärmeschicht  erreichte.    Je  mehr 

')  John  James  Wild,  Thalassa.    London  1877.    p.  29. 
*)  Sir  James  Clark  Boss,  Voyage  of  DiscoTery  and  Hesearch  in  tke 
Soathem  and  Antarctic  Begions.    London  1847.    VoL  II.  p.  375  sq. 


III.    Die  Temperatur  des  Meeres.  39 

man  sich  von  dem  Aequator  nach  emem  der  beiden  Pole  entfernte,  um 
80  mehr  näherte  sich  dieselbe  der  Oberfläche,  und  im  südatlantischen 
Becken  unter  56®  14'  s.  Br.  ^),  also  in  der  Breite  von  Cap  Hoom, 
gelangte  die  unveränderliche  Schicht  an  die  Oberfläche.  Dort  also 
vries  das  Thermometer,  seicht  oder  tief  eingesenkt,  immer  auf  4®  C. 
Ging  man  über  diese  Zone  nach  noch  höheren  Breiten,  so  wurde  die 
unveränderliche  Schicht  von  kälterem  Wasser  überlagert,  so  dass  das 
Thermometer  bei  tieferem  Einsenken  stieg,  bis  es  wieder  die  imver- 
änderliche  Schicht  erreicht  hatte.  Nimmt  man  eine  walzenfbrmige  Ge- 
stalt des  Erdkörpers  an,  so  würde  nach  diesen  Anschauungen  ein  Quer- 
schnitt durch  die  atlantische  Wassermasse  von  Nord  nach  Süd  die 
Schicht  der  unveränderlichen  Seewärme  muldenförmig  aufgebogen  er- 
scheinen lassen;  am  Aequator  würde  die  tie&te  Stelle  der  Mulde  liegen; 
ihre  Abhänge  würden  sich  dann  sanft  erheben  nach  den  nördUchen 
und  südlichen  Breiten,  um  dann  von  der  Zone  der  unveränderlichen 
Oberflächentemperatur  an  wieder  hinabzusinken.  Die  äquatoriale  Mulde 
würde  gefüllt  sein  mit  wärmerem  Wasser,  während  man  sich  ihre  ark- 
tischen und  antarktischen  Abhänge  von  kälterem  Wasser  überfluthet 
und  zum  Theil  'mit  Eis  bedeckt  denken  müsste.  Diese  Theorie,  welche 
noch  in  neuerer  Zeit  wiederholt  Vertreter  gefunden  hat  ^) ,  ist  jedoch 
durchaus  nicht  mehr  haltbar;  es  waren  nämlich  mehrere  wichtige  Fac- 
toren  dabei  ganz  übersehen  worden. 

Zunächst  verleiht  der  Salzgehalt  dem  Wasser  ganz  besondere 
physikalische  Eigenschaften.  Die  Frage,  bei  welchem  Grade  das  Meer- 
wasser sein  Dichtigkeitsmaximum  habe,  wurde  seit  Marc  et 's  Zeiten 
(1819)  von  verschiedenen  Physikern  zu  beantworten  versucht,  so  von 
Erman,  Despretz,  G.Karsten,  Lenz  und  Zöppritz^).  Zeigen 
auch  die  Resultate  dieser  Forschungen  im  einzelnen  kleinere  Ab- 
weichungen, so  stimmen  sie  doch  darin  überein,  dass  die  Temperaturen 
des  Dichtemaximums  und  des  Gefrierpunktes  durch  Vermehrung  des 
Salzgehalts  stetig  immer  tiefer  hinabgedrückt  werden  imd  dass  bei 
einem  Salzgehalt  von  nur  1,6  Procent  das  Dichtemaximum  erst  bei 
einer  Temperatur  von  0^  C.  erreicht  wird.  Die  Verschiebung  der 
Maximaldichte  und  des  Gefrierpunktes  durch  die  Salinität  des  Wassers 
vollzieht  sich  nach  Karsten  in  folgender  Weise ^): 

^)  Diese  Ziffer  ist  abgeleitet  aus  sechs  Temperatormessungen  zwischen 
54 Mr  und  58"  36'  s.  Br. 

')  Mühry,  Ueber  die  Lehre  von  den  Meeresströmungen.  Göttingen  1869. 
S.  38.  41.  72.  92.  Petermann  in  seinen  Mittheilungen  1865,  S.  152;  1870, 
S.  225.  232. 

')  Poggendorff's  Annalen,  Ergänzungsband  V,  S.  497  ff. 

*)  Archiv  für  Mineralogie,  Geognosie,  Bergbau  und  Hüttenkunde.  Bd.  XX, 
S.  98  ff. 


40  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

^d'TrLöfuJ^*        Maximaldichte.         Gefrierpunkt. 

0  3,92«  C.  00       C. 

1  1,460  —0,76  0 

2  -  1,120  -  1,52  0 

3  —  3^800  —  2,28^' 
3,6 ')  —  5,47  0  —  2,73  o 

4  —  6,600  —  3,030 
8  —18,760  —5,990 

Die  Meteorologen  und  Geographen  (unter  ihnen  noch  Mtihry 
und  Petermann*))  glaubten,  solchen  Elrgebnlssen  keinen  weiteren 
Werth  beimessen  zu  dürfen  als  sonstigen  „Er&hrungen  im  Labors- 
torium'^  Jetzt  kann  nicht  länger  Zweifel  darüber  bestehen,  dass  auch 
im  Laboratorium  der  oceanischen  Becken  dieselben  Verhältnisse  zur 
Geltung  gelangen.  Durch  zahlreiche  neuere  Bestimmungen  von  Tief- 
seetemperatnren  ist  es  mit  Sicherheit  erwiesen^  dass  fiir  das  oceanische 
Wasser  das  Dichtemaximum  und  d^r  Gefrierpunkt  niedriger  liegen  als 
flir  reines  Wasser,  So  fimd  H.  Mohn  in  dem  Norwegischen  Meere 
zwischen  Norwegen  und  Island  im  Jahre  1876  an  zahlreichen  Punkten 
auf  dem  Grunde  nicht  bloss  Wasser  von  weniger  als  4  0  C. ,  sondern 
sogar  vielfach  von  unter  Oo  C.  Es  herrschte  z.  B.  am  8.  August 
unter  65  0  47,5 '  n.  Br.  und  3  0  7 '  w.  L.  v.  Gr.  in  einer  fiefe  von 
1861  Faden  eine  Temperatur  von  — 1,65  0  C,  am  10.  August  unter 
65  0  13^5'  n.  Br.  und  Oo  33'  ö.  L.  v.  Gr.  in  1539  Faden  Tiefe  eben- 
fiJls  eine  solche  von  — l,65o  C.  *).  Da  in  beiden  Fällen  nach  der 
Oberfläche  hin  die  Temperatur  allmählich  zunahm,  so  geht  daraus  her- 
vor, dass  auch  im  Ocean  die  Dichtigkeit  des  Wassers  selbst  noch  unter 
dem  Nullpunkte  sich  vergrössert.  Ebenso  beträgt  die  Temperatur  des 
Boden  Wassers  in  der  tiefen  Rinne  zwischen  den  Färöem  und  den  Shet- 
hmd-Inseln  nach  den  Messungen  am  Bord  der  „Porcupine^^  bei  640 
Faden  Tiefe  — 1,3  0  C.  Am  Bord  des  „Challenger"  sind,  wie  oben 
bereits  erwähnt,  sogar  zweimal  imter  65  0  s.  Br.  Bodenwasser-Tempera- 
turen von  — 2,8  0  Q^  ermittelt  worden.  Demnach  kann  von  einer 
homothermischen  Tiefenerfiillung  des  Oceans,  wie  sie  einst  Sir  James 
Cl«  Ross  behauptete,  nicht  mehr  die  Rede  sein. 

Auch  der  Gefrierpunkt  des  Seewassers  sinkt  unter  den  normalen 
Druckverhältnissen  ansehnlich  unter  den  Nullpunkt  unserer  Thermo- 

^)  Salzgehalt  des  Meerwassers. 
*)  An  den  S.  39,  Nota  2  erwähnten  Stellen. 

')  H.  Mohn,  Die  norwegische  Nordmeer- Expedition  in  Petermann's 
Mittheilongen  1878,  S.  1  ff. 


IIL    Die  Temperatur  des  Meeres.  41 

meter  herab.  Dies  musste  schon  als  glaubwürdig  ersehenen  seit  den 
sorg^iigen  Versuchen,  welche  Despretz  mit  dem  von  Freycinet  aus 
der  Südsee  geschöpften  Wasser  anstellte.  Dasselbe  hatte  bei  20^  C. 
ein  specifisches  Gewicht  von  1,0273.  Bei  einigir  Bewegung  erstarrte 
es  mit  —  2,55  ^  C. ;  sehr  vorsichtig  abgekühlt  verharrte  es  bis  zu  einer 
Temperatiu"  von  — 3,67®  C.  im  flüssigen  Aggregatzustande  und  er- 
reichte bei  derselben  zugleich  sein  Dichtigkeitsmaximum  ^).  Dass  diese 
Wahrnehmungen  übrigens  ganz  den  Vorgängen  in  der  freien  Natur 
entsprechen,  ersehen  wir  am  besten  aus  einer  Mittheilung  deutscher 
Polarfahrer ^).  Dieselben  berichten  uns,  dass  das  Wasser  unter  dem 
Eise  eine  Temperatur  von  —  2,1  ®  C.  hatte  und  dass  sie  den  ganzen 
Winter  hindurch  dieselbe  geblieben  sei. 

Nach  alledem  muss  es  in  hohem  Ghrade  überraschen,  wenn  James 
Clark  Boss  im  antarktischen  Meere  von  der  Tiefe  von  600  Faden 
an  abwärts  dennoch  üst  überall  eine  Temperatur  von  4  ®  C.  fand,  zu- 
mal audi  andere  ältere  Seefahrer  ähnliche  Beobachtungen  machten. 
In  der  That  mochte  dies  eine  gute  Stütze  fiir  die  frühere  Anschauung 
sein;  ihre  HinMÜgkeit  wird  indess  sofort  erkannt  werden,  wenn  wir 
das  Instrument  prüfen,  mit  welchem  man  ehemals  die  Tie&eetem- 
peratnren  bestimmt  hat. 

Die  Messungen  von  Sir  James  Clark  Boss,  Beechey,  Du- 
mont  d'Urville  u.  a.,  sowie  die  meisten  der  von  Keith  Johnston 
in  seinem  Handbook  of  Phjsical  Geographj  (Edinburgh  und  London 
1870)  veröfientUchten  ^)  sind  mit  B^isterthermometem,  namentlich  mit 
dem  sogenannten  Six- Thermometer  ausgeführt.  Schon  Lenz  hatte 
gegen  den  Gebrauch  dieses  Instruments  den  Einwand  erhoben,  dass 
das  Gefiiss  desselben  durch  den  Druck  in  grösseren  oceanischen  Tiefen 
eingeengt  werde  und  somit  die  Höhe  der  Quecksilbersäule  nicht  nur 
von  der  Temperatur,  sondern  auch  von  der  Grösse  des  Druckes  und 
der  Widerstands&higkeit  der  G^ef^wandungen  abhänge.  Weldi  mäch- 
tigem Drucke  aber  die  unteren  Schichten  des  Meeres  und  somit  auch 
die  hinabgesenkten  Instrumente  ausgesetzt  sind,  zeigt  die  nachstehende 
Tabdie.  Mittelst  der  von  Casella  hierzu  eigens  constmirten  hydrau- 
lischen Presse  hat  man  fär  versdiiedene  Meerestiefen  folgenden  Druck 
des  Oceans  auf  den  eng^  Qnadratzoll  nachgewiesen^): 

>)  Comptes  rendos.  Tome  lY  (1937),  p.  437.  Poggendorff's  Aonaleii, 
Bd.  XU  :l%9^),  S.  69. 

*)  Die  zweite  deutsche  NordpolaifUirt  in  den  Jahren  1869  und  1S70. 
Leipzig  1874.    Bd.  l,  Abtheflong  2,  S.  378. 

*)  Im  Aoszng  wiedeigegeben  in  Peter mann*s  Mittheilongen  1870, 
S.  232. 

0  Capt.  J.  £.  Daris  im  Naatical  Magazine  1871,  S.  518. 


42  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Tiefe  in  Faden«  Drack  in  Atmosphären«      Druck  in  engL  Pfunden. 

250  45,5  682 

500  90,9  1363 

750             •  136,4  2045 

1000  181,8  2726 

1250  227,3  3408 

1500  272,7  4089 

1750  318,2  4771 

2000  363,6  5452 

2250  409,1                       .  6134 

2500  454,5  6817 

Wie  aus  dieser  Tabelle  zu  ersehen  ist,  w&chst  der  Dmck  nicht  in 
geometrischer  Progression  oder  wenigstens  nur  höchst  unbedeutend  in 
diesem  Sinne;  denn  selbst  bei  2500  Fad^i  Tiefe  wird  durch  den  Drack 
die  Dichtigkeit  der  untersten  Wasserschicht  kaum  um  Vio  vermehrt, 
wodurch  ein  Schwereunterschied  etwa  wie  der  zwischen  Süss-  und  Salz- 
wasser hervorgerufen  wird.  Beiläufig  ist  jener  Druck  durchaus  nicht 
im  Stande,  Sand  und  Schlamm  in  dichte  Felsarten  zu  verwandehi; 
denn  er  wird  allsdtig  geübt  und  Wasser  ebenso  gut  zwischen,  wie  auf 
die  Scblammtheile  gepresst.  Nur  wenn  die  Meeresflur  eine  undurch- 
lässige Schicht  wäre,  Vürde  der  Druck  allerdings  ledigUch  senkredit 
und  deshalb  auf  die  Verdichtung  der  Unterlage  erfolgreicher  wirken. 
Auch  verhindert  jener  gewaltige  Druck  in  grossen  Seetiefen  durchaus 
nicht,  dass  sich  dn  reiches  Thier-  und  Pflanzenleben  unter  ihm  ent- 
falte; denn  er  ist  nicht  einseitig,  sondern  allseitig.  Anders  verhält  es 
sich  nur  mit  Stoffen,  welche  wenig  comprimirte  Luft  in  sich  scUiessen ; 
denn  diese  letztere  wird  aus  ihnen  wie  Wasser  aus  einem  Schwamm 
herausgepresst  oder  in  die  kleinsten  Räume  zusammengedrängt  So  ist 
es  erklärlich,  dass  das  Holz  eines  Jagdbootes,  welches  von  einem  tau- 
chenden Walfisch  in  grosse  Tiefen  hinabgerissen  worden  war,  nach  dem 
HerauMehen  und  nicht  bloss  unmittelbar,  sondern  noch  längere  Zeit 
nachher  im  Wasser  sank,  als  ob  es  zu  Stdn  geworden  wäre. 

Was  nun  unter  diesen  Umständen  mit.  einem  Thermometer  ge- 
scheh^i  muss,  hätte  man  sich  schon  firüher  sagen  sollen.  Der  Druck 
auf  die  Glaskugel  verringert  deren  Durchmesser,  und  daher  steigt  das 
Quecksilber  in  der  Röhre  bei  tiefem  Eiatauchen  in  die  See,  auch  wenn 
die  Temperatur  sich  nicht  ändert,  oder  es  beharrt  in  seiner  SteUung, 
wenn  die  Wärme  sich  vermindert  Schon  Lenz  beobachtete  im  Ver- 
ein mit  Parrot,  dass  in  dnem  Falle  das  Quecksilber  unter  einem 
Druck  von  100  Atmosphären  um  20,5  ^  C.  sich  erhob  ^).    Lenz's  Be- 

')  Poggendorff*8  Annalen,  Ergänzungsband  II  (1848),  S.  615. 


IIL    Die  Temperatur  des  Meeres.  43 

denken  aber  erfuhren  bis  zum  Jahre  1869  nur  insofern  Berücksich- 
tigung, als  man  die  Tiefseethermometer  mit  besonders  starken  Wan- 
dungen versah.  Allein  auch  diese  konnten  nicht  vor  grossen  Irrungen 
schützen;  denn  nachträglich  hat  man  erkannt ,  dass  selbst  die  besten 
Instrumente  mit  besonderer  Wandstärke  viel&ch  Temperaturen  an- 
gezeigt hatten,  welche  um  5  ^  C.  höher  waren  als  die  geforderten. 

Erst  durch  W.  A.  Miller  erfuhr  im  Jahre  1869  das  Six-Thermo- 
meter  jene  Verbesserungen,  deren  es  bedurfte,  um  die  Temperaturen 
oceanischer  Tiefen  genau  anzugeben.  Um  die  Quecksilberkugel  wird 
nämlich  bis  zur  Kehle  der  Röhre  eine  zweite  Kugel  gel^,  die  als 
Panzer  od^  als  Ueberzug  dient  Zwischen  den  Glaswänden  der  bei- 
den Kugeln  bleibt  ein  Zwischenraum,  der  bis  zu  drei  Vierteln  mit 
Weingeist  ausgefiillt  wird,  so  dass  der  Druck  nur  g^gen  die  äussere 
Kugel  wirken  und  in  ihren  Hohlraum  den  unschädlichen  Weingeist 
hinauffareiben  kann.  Im  übrigen  ist  das  Miller-Casella'sche  Ther- 
mometer ein  selbstregistrirendes  Maximum-  und  Minimum-Thermometer, 
welches  vermitteLst  zweier  Schwimmer  die  höchste  und  niedrigste  Tem- 
peratur der  durchlaufenen  Wasserschicht  anzeigt  Mit  Hilfe  eines  an- 
deren geschützten  Tie&eethermometers  (constmirt  von  Negretti  und 
Zambra),  eines  sogenannten  „Umkehrungs-Thermometers^,  Termag 
man  auch  die  Temperatur  in  jeder  beliebigen  Tiefe  des  Wassers  zu  messen. 

£ine  mit  grosser  SoigfiJt  ausgeßihrte  Reihe  von  Vergleichen  zwi- 
schen beschützten  und  unbeschützten  Thermometern  am  Lande  mit 
Anwendung  einer  hydraulischen  Presse  hat  gelehrt,  dass  die  beschütz- 
ten Thermometer  auch  unter  hohem  Druck  richtige  Temperaturen 
liefern,  während  die  unbeschützten  bei  wachsendem  Druck  viel  zu  hohe 
Wärmegrade  andeuten.  Da  man  nun  mit  letzteren  früher  in  grossen 
Seetiefen  unrichtige,  d.  L  zu  hohe  Wärmewerthe  gefunden  hat,  so  geht 
hieraus  hervor,  dass  alle  älteren  Tiefentemperaturen  zu  oorrigiren  sind. 
Aber  welche  Correction  ist  hier  anzubringen?  Offenbar  wird  dfe  Gh^össe 
dersdben  schwankoi  je  nach  der  Besdiaffenheit  d^  Thermometer; 
denn  das  eine  wird  dem  Druck  besser  widerstanden  haben  als  das 
andere.  Mittels  der  Casella 'sehen  Presse  lässt  sich  durch  eine  Prü- 
fung des  betreffenden  Instrumentes,  wdcfaes  bei  der  Messung  verwandt 
wurde,  für  jede  Tiefe  genau  die  Correction  ormitteln«  In  allen  den- 
jenigen Fäkn  aber,  wo  das  benützte  Instrument  entweder  nicht  mit 
Sicherheit  festzustellen  oder  überhaupt  nicht  mehr  voriianden  ist,  sind 
die  früheren  Tie&eetemperaturme8Bange&  völlig  unbranchbar,  und  man 
hat  sie  einfiich  als  ungesdidien  aoszustreicfaen.  Nach  Sir  James 
Clark  Boss'  3Iittheilangen > j  hatten  die  von  ihm  bentUzten  Bepater- 

')  Yo3rage  of  Diseoverr  and  Besearch  in  the  Soathern  and  Antaretic  Re- 
gion«.   London  1%47.    Y<^  D,  p.  52. 


44  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

thermometer  sehr  starke  Wandungen;  trotzdem  mussten  sie  in  einer 
Tiefe  von  1500  Faden  Temperaturen  zeigen,  welche  wenigstens  7  ®  F. 
(4®  C.)  zu  hoch  waren.  In  solchem  Falle  aber  weisen  Boss'  Mes- 
sungen selbst  auf  Orundtemperaturen  von  weniger  als  0  ^  C.  hin.  Die 
ältere  Anschauung,  dass  die  Tiefen  des  Ooeans  mit  Wasser  von  4  ^  C. 
erfollt  sden,  ist  denmach  auch  im  Hinblick  auf  die  von  Ross  aa%e- 
zeichneten  Temperaturen  völlig  unhaltbar. 

In  den  offenen  Oceanen  vermindert  sich  —  das  ist  eines  der  Haupt- 
ergebnisse der  neueren  Untersuchungen  —  fest  überall  die  Wärme  niit 
der  Tiefe,  weil  das  Meerwasser  bis  zu  seinem  Gefrierpunkte  stetig  an 
Schwere  gewinnt.  Am  raschesten  erfolgt  die  Temperaturemiedriguiig 
nach  unten  stets  an  der  Oberfläche,  doch  nicht  ohne  ansehnliche  Ab- 
weichungen in  den  verschiedenen  Jahreszeiten.  Am  schnellsten  sinkt 
die  Temperatur  während  der  wärmsten  Monate  des  Jahres,  weü  zn 
dieser  Zeit  die  Luft  wärmer  ist  als  die  Oberfläche  des  Meeres  und  hier- 
durch sowohl,  wie  durch  den  höheren  Sonnenstand  und  den  längeren 
Tag  die  oberen  Schichten  stark  erwärmt  werden.  Da  das  Wasser  ein 
schlechter  Wärmeleiter  ist,  so  kommen  diese  Wirkimgen  den  unteren 
Schichten  nur  wenig  zu  Gute,  zumal  das  warme  Oberflächenwasser  als 
das  leichtere  keinerlei  Tendenz  besitzt,  dem  kälteren,  schwereren  Wasser 
darunter  das  Feld  zu  räumen  und  mit  ihm  sich  zu  mischen.  In 
grösseren  liefen  ist  die  Temperaturabnahme  eine  wesentlich  geringere. 
Unter  höheren  Breiten  gilt  dasselbe  während  der  kälteren  Jahr^zeit 
auch  von  den  oberen  Schichten.  Hier  findet  sogar,  namentlich  in  der 
Nähe  der  Küsten,  in  den  kältesten  Monaten  zuweilen  bis  zu  gewissen 
Tiefen  eine  Temperaturzunahme  nach  unten  statt  Dies  geschieht  immer 
dann,  wenn  die  Luft  wesentlich  kälter  ist  als  das  Meer  und  die  directe 
Sonnenwirkung  eine  sehr  geringe  ist  Freilich  wird  in  solchem  Falle 
das  sch>Yerere  Wasser  an  der  Oberfläche  das  Bestreben  äussern,  in  die 
Tiefe  hinabzusinken,  während  das  leichtere  Wasser  emporzudringen 
sucht  Der  auf  diese  Weise  beständig  sich  vollziehende  Temperatur- 
austausch, der  also  nicht  bloss  durch  Leitung,  sondern  auch  durch 
wirkliche  Wasserbewegung  herbeigeführt  wird,  verhindert  natürlich,  dass 
die  winterliche  Zunahme  der  Temperatur  mit  der  Tiefe  eine  ebenso 
grosse  ist  wie  die  Abnahme  im  Sonmier,  wo  das  Oberflächenwasser 
höchstens  durch  Wellenschlag  und  Strömungen  mit  dem  Wasser  der 
tieferen  Schichten  gemischt  wird. 

Das  Auftreten  wärmerer  Meeresschichten  zwischen  kälteren  darf 
nach  mehrfachen  exacten  Beobachtungen  in  neuerer  Zeit  nicht  mehr 
bezweifelt  werden;  doch  haben  wir  es  hier  jedenfalls  mit  einer  Erschei- 
nung zu  thun,  welche  auf  die  Randgebiete  der  Ooeane  und  auf  höhere 


III.    Die  Temperatur  des  Meeres.  45 

Breiten  beschränkt  ist.  So  hat  der  „Challenger"  in  65  '^  42 '  s.  Br. 
und  79  0  49 '  ö.  L.  v.  Gr.  am  14.  Februar  1874  an  der  Oberfläche 
eine  Temperatur  von  —  1,2  ^  C,  in  einer  Tiefe  von  nur  50  Faden  eine 
solche  von  —  1,7  ®  C.  angetrofien,  dagegen  in  grösseren  Tiefen  eine 
höhere  Temperatur,  in  200  Faden  Tiefe  —  0,8  «  C,  in  300—400 
Faden  Tiefe  0  ^  bis  0,4  ^  C.  Hier  rührte  das  Oberflächenwasser  bis 
zu  50  Faden  Tiefe  von  geschmolzenen  Eisbergen  her  und  war  in  Folge 
dessen  salzarmer,  also  leichter  als  das  salzreichere  Wasser  in  der  Tiefe, 
wie  sich  aus  einer  genauen  Ermittelung  des  specifischen  Gewichtes  er- 
gab ^).  In  anderen  Fällen  ist  jedoch  diese  Erklärung  nicht  statthaft. 
So  entdeckte  Capt.  Belknap  auf  dem  amerikanischen  Dampfer  „Tus- 
carora"  mit  Hilfe  seiner  Miller -Casella'schen  Thermometer  längs  der 
Kurilen  und  nordöstlich  davon  zwischen  49  und  52  ^  n.  Br.,  158  und 
167  ®  ö.  L.  V.  Gr.  nahe  unter  der  Oberfläche  eine  eiskalte  Schicht  von 
c.  200  Faden  Mächtigkeit,  welche  in  tieferen  Lagen  wieder  in  eine 
wärmere  überging.  An  einer  Stelle  wurde  10  Faden  imter  der  Ober- 
fläche 41  0  F.  (5  0  C.) ,  20  Faden  unter  derselben  33,7  »  F.  (1  «  C), 
in  100  Faden  Tiefe  82  «  F.  (0  ^  C.)  gemessen.  In  der  Tiefe  zwischen 
100  und  200  Faden  stieg  jedoch  die  Temperatur  wieder  auf  34,5  ®  F. 
(1,4  0  C.)  bis  38,7  ^  F,  (3,7 »  C),  Mit  der  Entfernung  vom  Lande  nach 
Osten  hin  verminderte  sich  jedoch  die  Breite  dieser  Schicht  *).  Aehn- 
liche  Wahrnehmungen  hat  H.  Mohn  im  Vestfjord,  sowohl  an  der 
Mündung  wie  im  Innern,  im  Ofoteilf jord ,  bei  Bjarkö,  im  Stjemsund 
.und  an  der  Mündung  des  Varangerfjordes  gemacht*). 

üeber  die  Tiefentemperaturen  der  Oceane  haben  uns  die  zahl- 
reichen neueren  Expeditionen,  insbesondere  die  „Challenger"-Expedition 
ein  reiches  Material  geliefert.  Freilich  vertheilt  sich  dasselbe  auf  un- 
geheure Bäume,  und  es  steht  daher  der  Forschung  hier  noch  immer 
ein  weites  Arbeitsfeld  offen.  Die  zahlreichsten  Temperaturmessungen  ge- 
hören dem  Atlantischen  Ocean,  insbesondere  seiner  nördlichen 
Hälfte  an,  weshalb  wir  auch  diesem  oceanischen  Becken  eine  etwas 
ausfuhrlichere  Betrachtung  widmen. 

Nach  den  Beobachtungen  am  Bord  des  „Challenger''*)  wirken 
Luft-  und  Sonnenwärme  nur  bis  zu  einer  Tiefe  von  60  bis  80  Faden. 

^)  G.  Y.  Boguslawski  in  Behm's  Geographiflchem  Jahrbuch.  £d.  VII 
(1878),  S.  607. 

*)  American  Journal  of  science  and  arts.  Jan.  1878,  p.  27.  Vgl.  Peter- 
mann's  Mittheilungen  1878,  S.  164.    Siehe  auch  J.  J.  Wild,  Thalassa.  p.  38. 

')  Petermann*8  Mittheilungen  1876,  S.  434. 

*)  H.  M.  S.  Challenger.  Reporte  of  Capt.  G.  S.  Nares.  With  abstract 
of  soundings  and  diagrams  of  Ocean  Temperature  in  North  and  South  Atlantic 
Oceans.  1873.     Vgl.  Petermann's  Mittheilungen  1874,  S.  290  ff. 


46  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lafthülle  der  Erde. 

Demnach  scUieasen  sich  die  Wärmeverhältnisse  der  Oceane  aach  nur 
bis  zu  diesen  Tiefen  enger  an  die  klimatischen  Eigenthümlichkäten  der 
betrefienden  Meeresgebiete  an.  Unter  dieser  Schicht  löst  mch  das  Band 
zwischen  Meeres-  und  Lufttemperataren  fast  völlig,  was  specieil  fiir  den 
nordatlantischen  Ocean  dadurch  bewiesen  wird,  dass  sein  Wasser  unter 
dem  Niveau  von  80  Faden  Tiefe  überall  wärmer  ist  als  das  Wasser  in 
gleicher  Tiefe  unter  dem  Aequator.  Nur  bei  den  Bermudas-Inseb  er- 
gab sich  eine  Ausnahme,  welche  jeden&Ils  mit  der  kalten,  von  Xord 
her  konmienden  Labradorströmung  in  Zusammenhang  zu  bringen  ist 

Unterhalb  der  von  der  Sonnenwärme  beeinflussten  Schicht,  also 
unterhalb  einer  Tiefe  von  80  Faden,  ist  die  Temperatur  des  Wasser 
im  nordatlantischen  Ocean  bis  zu  1500  Faden  Tiefe  überall  um  2^  2^  ^• 
höher  als  in  gleichen  Tiefen  am  Aequator  und  um  4  ^  C.  höher  als  in  den- 
selben Tiefen  im  südatlantischen  Ocean.  Während  z.  B.  die  submarine 
Isotherme  von  10  ^  C.  im  nordatlantischen  Ocean  —  und  zwar  sowohl 
im  Osten  wie  im  Westen  desselben  —  bis  g^;en  400  Faden  Tiefc 
hinabsteigt,  dringt  sie  zwischen  dem  12.  Grade  n.  Br.  und  dem  6.  Grad 
s.  Br.  nur  bis  zu  einer  Tiefe  von  140,  resp.  190  Faden  ein.  Beicht 
die  submarine  Isotherme  von  4,4  ^  C.  im  nordatlantischen  Meere  zwi- 
schen dem  20.  und  36.  Grad  n.  Br.  700  bis  900  Faden  tief  hinab, 
so  erhebt  sie  sich  innerhalb  derselben  Breiten  südlich  vom  Aequator 
zu  400  bis  300  Faden  Tiefe,  ebenso  auch  in  dem  tropischen  Tfaeile  des 
Atlantischen  Oceans  zwischen  dem  20.  Grad  s.  und  n.  Br'). 

Bemerkenswerth  ist,  dass  die  Temperatur  am  Meeresboden  an  aUen 
Stationen  auf  der  Linie  Bermudas  -  Azoren  -  Cap  -  Verdische  Inseh- 
Aequator  fast  genau  übereinstimmend  35,2  ^  F.  (1,8  ^  C.)  ist  Im 
Nordosten  dieser  Linie,  in  der  Bay  von  Biscaya  ist  die  Bodentem- 
peratur 1  »  F.  (^,'9  ö  C.)  höher,  südwestlich  davon  ^j^^F,  niedriger;  im 
westlichen  Theile  des  Atlantischen  Oceans  beträgt  sie  unter  dem  Aequator 
sogar  nur  32,4  <>  F.  (0,2  »  C),  ist  also  2,8  ^  F.  (1,6  «  C.)  geringer  ak 
auf  der  ersterwähnten  Linie.  Diese  eisige  Temperatur,  die  sich  selbst 
in  der  Tiefe  der  Tropenmeere  vorfindet,  hat  zuerst  zu  der  Forderung 
von  unterseeischen  Polarströmen  gefiihrt,  welche  von  beiden  Polen  geg^ 
den  Aequator  hin  fliessen.  „Ohne  diese  unterseeische  Zuströmung,^ 
sagt  schon  A.  von  Humboldt^)  mit  Bezug  auf  die  von  Dupetit 
Thouars  am  Bord  der  „Venus"  ermittelten  niedrigen  Tiefseetempera- 
turen (2,8  ®  bis  2,5  ®  C),  „würden  die  Tropenmeere  in  jenen  Abgrün- 
den nur  diejenige  Temperatur  haben  können,  welche  dem  Maximum 
der  Kälte  gleich  ist,  die  örtlich  die  herabsinkenden  Wassertheilchen  an 

*)  G.  V.  BogUBlawski,  1.  c.  S.  520. 
*)  Kosmoe.   B<L  I,  S.  322. 


III.    Die  Temperatur  des  Meeres.  47 

der  wännestrahlenden  und  durch  Luftcontact  erkälteten  Oberfläche  im 
Tropenklima  erlangen.^ 

Nares  erkennt  in  der  Thatsache,  dass  alle  Stationen  nördlich  Vom 
Aequator  ein  wärmeres  Grundwasser  besitzen  als  diejenigen  am  Aequator, 
einen  Beweis  dafür,  dass  das  kalte  Wasser  am  Boden  des  Atlantischen 
Meeres  bis  zur  Breite  der  Azoren  und  des  G0I&  von  Biscaya  nicht 
aus  arktischen,  sondern  aus  antarktischen  Gebieten  stammt  oder  rich- 
tiger, dass  eine  ununterbrochene  Verbindung  mit  den  gleichtemperirten 
Schichten  im  antarktischen  Becken  besteht  Wäre  das  kalte  Grund- 
wasser der  tropischen  Meeresräume  auch  nur  zum  Theil  aus  ark- 
tischen Begionen,  so  müsste  es  im  nordatlantischen  Becken  wenig- 
stens ebenso  kalt  sein  wie  das  von  Süd  gekommene  Wasser  am  Aequator; 
auch  dürfte  man  nach  Norden  eine  Temperaturabnahme  erwarten,  wäh- 
in  Wirklichkeit  die  Temperatur  der  tiefsten  Schicht  nach  Norden  hin 
entschieden  zunimmt 

Fragen  wir  nach  den  Ursachen  dieser  überraschenden  Thatsache, 
80  lautet  unsere  Antwort:  Die  antarktischen  Gewässer  können  durch 
eine  weite  und  tiefe  Pforte,  die  arktischen  Gewässer  hingegen  nur  durch 
eine  relativ  schmale  und  seichte  Strasse  in  die  atlantischen  Räume  ein- 
dringen; es  communicirt  also  der  Atlantische  Ocean  viel  leichter  imd 
bequemer  mit  dem  südlichen  als  mit  dem  nördUchen  Eismeere,  dessen 
tie&ten  und  kältesten  Wassern  durch  eine  mächtige  submarine  Barriere 
zwischen  dem  nordamerikanischen  und  dem  europäischen  Continente  der 
Zugang  zu  südlicheren  Breiten  verschlossen  ist  ^).  Auch  ist  jedenfalls 
der  Vorsprung  des  nordamerikanischen  Festlandes  hierbei  mit  bethei- 
ligt; denn  er  lenkt  den  warmen  Golfstrom  nach  Nordosten  ab  und 
nöthigt  ihn,  sich  an  die  europäischen  Gestade  zu  ergiessen ,  an  denen 
er  sich  nach  Süden  umbiegt.  Würde  das  warme  Golfwasser,  bevor  es 
in  die  äquatorialen  Gebiete  zurückkehrt,  erst  das  arktische  Meer  auf- 
suchen, so  würde  das  nordatlantische  Becken  sicher  hinsichtlich  seiner 
Wärmeverhältnisse  nicht  so  bevorzugt  erscheinen. 

Aus  den  von  Nares  entworfenen  Profilen  ist  femer  deutlich  zu 
ersehen,  dass  in  der  westUchen  Hälfte  des  Atlantischen  Oceans  an  allen 
Stellen  südlich  der  Linie  Bermudas -Inseln -Azoren  das  Wasser  am 
Meeresgründe  kälter  ist  aIs  in  der  östlichen  Hälfte.  Dasselbe  gilt  auch 
von  den  darüber  liegenden  Schichten.  So  erheben  sich  die  submarinen 
Isothermen  von  4,4  ^  C.  bis  1,7  »  C.  im  Westen  c.  200  Faden  höher 
als  im  Osten,    Nur  oberhalb  der  Tiefe  von  450   Faden  besteht  fast 

')  Nach  Otto  Krümmel  (Versuch  einer  vergleichenden  Morphologie  der 
Meeresräume.  Leipzig  1879.  S.  62)  ist  der  Zngangsquerschnitt  gegen  das  süd- 
liche Eismeer  gegen  5 mal  so  tief  und  6 mal  so  breit,  also  30 mal  so  gross 
als  die  arktische  Oeffnongsfläche. 


48  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  and  Lufthülle  der  Erde. 

überall  das  enlgegengesetzte  Verhältnisse  cL  h.  hier  ist  das  Wasser  an 
der  Westseite  wärmer  als  an  der  Ostseite.  Die  beobachteten  Tiefen- 
temperaturen  erlauben  den  Schluss,  dass  die  antarktischen  Gewässer 
hauptsächlich  durch  den  Canal  zwischen  den  St-Paul-Felsen  und  der 
brasilianischen  Küste  in's  nordatlantische  Becken  antreten.  Sie  ziehen 
von  hier  gegen  Nordwesten  und  lenken  dann,  sich  allmählich  ausbrei- 
tend, nach  Nordosten  um  und  zwar  in  ähnlidier  Weise  wie  die  Ober- 
flächenströmungen jener  Gebiete.  Den  genannten  kalten  Strom,  dess^i 
Temperatur  1,7  bis  0,2  ^  C.  beträgt,  findet  man  z¥rischen  1700  Faden 
Tiefe  und  dem  Boden ;  er  hat  eine  Gksammtmächtigkeit  von  c.  700  Faden. 

Die  aufiallenden  TemperaturanomaUen  an  der  Ostküste  der  Ver- 
einigten Staaten  werden  dadurch  hervorgerufen,  dass  hier  eine  warme 
imd  eine  kalte  Strömung,  der  Floridastrom  und  die  Labradorströmung, 
über  einander  hinw^fliessen;  wir  verweisen  hier  auf  die  Besprechung 
des  Floridastroms  (S.  59  ff.). 

Wie  sehr  die  Tiefentemperaturen  des  Meeres  unter  sonst  gleichen 
Umständen  von  dem  Belief  des  Meeresgrundes  abhängen,  dafür  gewährt 
uns  der  nördUchste  Theil  des  nordatlantischen  Beckens  ein  lehrreidies 
Beispiel  *). 

Die  Seetiefen  zwischen  der  Nordspitze  Schottland's,  den  Färöem, 
Island  und  Grönland  sind  so  gering,  dass  man  aus  ihnen  mit  Becht 
auf  eine  ehemalige  trockene  Landbrücke  zwischen  Nordeuropa  und 
Grönland  geschlossen  hat.  Der  Meerestheil  zwischen  Grönland  und 
Island,  die  sog.  Dänemark-Strasse,  hat  an  der  schmälsten  Stelle  höch- 
stens eine  Tiefe  von  500  Faden  ^):  der  zwischen  Island  und  den 
Färöem  erreicht  nur  eine  Tiefe  von  200  bis  300  Faden,  und  noch 
seichter  ist  die  Schwelle,  welche  von  den  Färöem  zunächst  nach  Süd- 
westen und  hierauf  nach  Südosten  zu  den  Orkney-Inseln  hinüberldtet. 
Südwärts  von  diesem  unterseeischen  Höhenrücken  liegt  der  mehr  als 
2000  Faden  tiefe  Atlantische  Ocean  und  nordwärts  von  demselben  das 
fast  ebenso  tiefe  Polarmeer.  Scheidet  er  auch  beide  nicht  gänzhch  von 
einander,  so  erschwert  er  doch  ausserordentlich  den  Abfluss  des  kalten 
polaren  Wassers;  für  die  untersten,  kältesten  Schichten  verhindert  er 
denselben  gänzlich.  Der  scharfe  Gegensatz  zwischen  dem  warmen 
atlantischen  und  dem  kalten  Eismeerwasser  zeigt  sich  besonders  am 
Südende  der  Färöer  -  Shetland  -  Rinne  (zwischen  den  Färöem  und  den 
Shetland-Inseln).    Dieselbe  ist  mehr   als  600  Faden  tief  und  erstreckt 

')  Vgl.  H.Mohn,  Die  norwegische  Nordmeer-Expedition  inPetermann's 
Mittheilangen  1878,  S.  1  ff.  und  Taf.  I. 

*)  Mitten  in  dem  schmälsten  Theil  der  Strasse  yerlor  der  norwegische 
Seehund-  und  Walfänger  Capt  C.  Brunn  im  April  1873  ein  Mlller-Casella'sches 
Thermometer,  das  sich  auf  dem  Boden  in  150  Faden  Tiefe  festgesetzt  hatte. 


UI.  Die  Temperatur  des  Meeres.  49 

sich  in  solcher  Tiefe  von  Nord  her  bis  nahe  an  den  oben  bezeichneten 
sabmarinen  Rücken.  Auf  der  südlichen  Seite  desselben  sind  die  Tiefen 
des  Atlantischen  Oceans  durchaus  von  warmem  Wasser  erfilllt,  dessen 
Temperatur  am  Boden  über  0  ®  C. ,  nämUch  durchschnittlich  2,6  ®  C. 
beträgt.  Dasselbe  gilt  auch  noch  von  dem  Wasser  über  dem  Rücken 
selbst,  also  von  dem  Wasser  über  dem  Island-Färöer-Rücken ,  auf  den 
Färöer- Bänken,  auf  der  ganzen  Nordsee -Bank,  in  der  Norwegischen 
Kinne  (an  der  Süd-  und  Südwestseite  Norw^en's),  auf  den  norwegischen 
Küstenbänken  und  in  den  norw^ischen  Fjorden  bis  zu  den  Bänken 
von  West-Spitzbergen.  Auf  der  Nordseite  jenes  Querrückens  hingegen 
nimmt  eine  mächtige  Masse  eiskalten  Wassers  die  Tiefe  ein;  dasselbe 
hat  eine  Temperatur  von  0  ®  bis  — 1,65  ®  C.  Doch  fliessen  auch  hier 
überall  da,  wo  das  Meer  nicht  selbst  eistragend  ist,  die  aus  Südwest 
kommenden  warmen  Oberflächenwasser  hinw^. 

Wie  sich  die  submarinen  Isothermen  des  Atlantischen  Oceans  in 
der  Tiefe  längs  des  Bodens  heben,  um  etwas  nordöstlich  vom  E[anmie 
des  Rückens  rasch  an  die  Oberfläche  gedrängt  zu  werden,  so  steigen 
auch  die  unteren  Isothermen  von  der  Eismeertiefe  auf  die  nördliche 
Böschung  des  Rückens  hinauf;  die  Isotherme  von  —  1  ^  C.  gelangt 
sogar  noch  über  den.  Scheitel  des  Rückens;  das  kalte  Polarwasser 
richtet  also  sein  Haupt  über  das  Niveau  desselben  empor,  wird  aber 
offenbar  von  dem  warmen  atlantischen  Wasser  zurückgehalten.  Dringt 
denmach  auch  das  kalte  arktische  Wasser  nicht  in  den  Atlantischen 
Ocean  ein,  so  macht  es  sich  doch  über  dem  Rücken ,  namentUch  über 
semem  nördlichen  Abhang  durch  eine  stark  abkühlende  Wirkung  bis 
an  die  Oberfläche  bemerklich  (vgl.  hierzu  Petermann's  Mittheilun- 
gen 1878,  Taf.  I,  Durchschnitt  1). 

Hieraus  erklärt  sich,  warum  man  in  der  Meerenge  zwischen  dem 
Norden  Schottland's  und  der  Gbtippe  der  Färöer  oft  unter  gleich  stark 
erwärmter  Oberfläche  an  zwei  benachbarten  Stellen  in  gleicher  Tiefe 
die  grössten  Temperaturg^ensätze  gefunden  hat,  wie  num  dies  aus 
folgender  Tabelle  ersieht: 

Seetiefentemperaturen 

auf  warme^  Strecken.  auf  kalten  Strecken. 

Tiefe  in  Faden.        Wfirme  in  »C.  Tiefe  in  Faden.         Wärme  in  »C. 


0 

11,1' 

0 

11,1» 

150 

8,3  • 

100 

8,9» 

420 

7,8« 

250 

3,3» 

550 

6,7« 

320 

0,0» 

600 

6,1» 

450 

—  0,6» 

700 

5,6  0 

600 

-1,1» 

750 

5,3« 

640 

1,3» 

tschel-Leioo 

ildt.  Phn.  Erdkiua«.  O. 

i 

50  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Auf  warmen  Strecken  sank  also  die  Temperatur  durchsdmitdich 
auf  c.  130  Faden  Tiefe  um  1  ^  C,  auf  kalten  Strecken  hingegen  schon 
auf  etwas  über  50  Faden  Tiefe.  Beide  Temperaturreihen  unterschdden 
sich  übrigens  auch  dadurch  von  einander,  dass  die  erstere  in  der  oberen 
EÜÜlfte,  die  letztere  in  der  unteren  eine  relativ  langsame  Wärmeabnahme 
zeigt  Die  kalten  und  warmen  Seetiefen  rückten  oft  hart  neben  einan- 
der und  waren  meist  nur  4  geogr.  Meilen  von  einander  entfernt;  wo 
jedoch  die  Tiefen  rasch  abfielen,  genügten  bisweilen  schon  IVs  S^ogr. 
Meilen,  um  diesen  Gegensatz  hervorzubringen. 

Höchst  eigenthümlich  sind  die  Temperaturverhältnisse  in  allseitig 
umschlossenen  Meerestheilen.  Besitzt  die  Pforte  zu  einem  solchen  eine 
geringe  Tiefe,  so  können  nur  diejenigen  Sdiichten  desselben  einen  Aus- 
tausch mit  den  oceanischen  Wassern  eingehen,  welche  über  dem  Niveau 
jener  Schwelle  li^en.  Die  Wassermassen  unterhalb  desselben  sind 
völlig  von  dem  Verkehr  mit  dem  Ocean  abgeschlossen;  ihre  Temperatur 
wird  also  durch  das  örtliche  Minimum  der  Oberfläche  oder  durch  die 
Wärme  an  der  EingangsschweUe  bestimmt.  Daher  findet  die  Tem- 
peraturabnahme im  Niveau  dieser  Schwelle  ihre  Grenze;  weiter  abwärts 
hat  das  Wasser  überall  fast  genau  dieselbe  Wärme.  Insbesondere  wurde 
dies  durch  die  zahlreichen  neueren  Tiefentemperaturmessungen  in  den 
Fjorden  klar  erwiesen').  Aus  denselben  hat  sich  ergeben,  dass  die 
Bodentemperatur  in  den  südlichen  norw^ischen  Fjorden  über  6  ^  C. 
ist,  dass  sie  sich  weiter  nordwärts  zwar  vermindert,  aber  selbst  in  Hn- 
marken  noch  mehr  als  3  ®  C.  über  Null  beträgt  In  dem  südlichen 
Norw^en  bis  zum  NordQord  ist  die  Tiefentemperatur  d^  Fjorde  von 
der  jährlichen  Mitteltemperatur  der  Luft  nur  wenig  verschieden;  weiter 
nordwärts  aber  ist  sie  stets  höher  als  dieselbe  (im  OfotenQord  und 
Varangerfjord  sogar  mehr  als  4  ^  C),  woraus  nicht  bloss  deutlich  her- 
vorgeht, dass  die  den  Fjorden  vorgelagerten  Bänke  (vgl  Bd.  I,  S.  480  C) 
dem  kalten  arktischen  Wasser  den  Eintritt  verwehren,  sondern  dass 
sogar  warme  Strömungen  rdche  Wärmemengen  zuftihren  müssen. 

Im  grösseren  Massstabe  b^egnen  wir  ähnUchen  Verhältnissen  im 
Mittelmeere,  das  ja  ebenfEdls  nur  einen  seichten,  kaum  200  Faden 
tiefen  Fiingang  besitzt  Hier  herrscht  in  einer  Tiefe  von  200  bis  2100 
Faden  eine  nahezu  gleichförmige,  constante  Temperatur  von  12,2  bis 
12,8  ^  C. '),  während  in  dem  benachbarten  Atlantischen  Ocean  in  glei- 
cher Tiefe  nur  eine  Temperatur  von  3  ^  C.  gefunden  wird.    Im  Winter 

^)  H.  Mohn:  Die  Temperatar-Verhältniase  im  Meere  zwischen  Norwegen, 
Schottland,  Island  and  Spitzbergen  in  Petermann's  Mittheilnngen  187H. 
S.  427  ff. 

*)  Carpenter  in  den  Proceedings  of  the  R.  Geogr.  Society.  Vol. XVIII 
(1874),  p.  320. 


III.    Die  Temperatur  des  Meeres.  51 

hat  hier  das  Wasser  sogar  von  der  Oberfläche  bis  zum  Grande  hinab 
fast  genau  dieselbe  Temperatur.  Endlich  zeigt  auch  das  Wasser  im 
Busen  von  Mexico  nach  A.  Agassiz'  Ermittelungen  von  600  bis 
1920  Faden  Tiefe  hinab  eine  constante  Temperatur  von  4,2  ®  C. ').  Nur 
im  Pontus  und  in  der  Ostsee  dürfen  wegen  der  viel  niedrigeren  Minima 
und  zeitweiliger  Eisbildung  wesentlich  andere  Verhältnisse  erwartet 
werden. 

Die  Tiefentemperaturen    der  Südsee*)  erinnern  in   manigfacher 
Hinsicht  lebhaft  an  diejenigen  des  Atlantischen  Oceans.    Wie  in  diesem, 
so  besteht  auch  in  der  Südsee  die  ganze  Wasseimasse  aus  zwei  leicht 
unterscheidbaren  Abtheilungen:   einer  oberen  Schicht  von  verhältniss- 
massig  geringer  Tiefe,  deren  Temperaturen  sich  nach  unten  rasch  ver- 
mindern und  ausserdem  nicht  selten  örtlich  ihren  Charakter  wechseln,  und 
einer  mächtigen  Wassermasse,  welche  bis  zum  Meeresboden  hinabreicht 
und  durch  eine  nahezu  gleichmässige  Temperatur  ausgezeichnet  ist.   Oefter 
ist  es  schwer,  diese  beiden  Abtheilungen  scharf  von  einander  zu  trennen ; 
doch   darf  die   submarine  Isotherme  von    5  ^  C.  im  allgemeinen  als 
Grenzlinie  zwischen  beiden   betrachtet   werden.     Bis  zu  dieser  Linie 
hinab  werden  die  Temperaturen  allem  Anschein  nach  vorwi^end  durch 
Ursachen  regulirt,  welche  auf  die  Oberfläche  wirken,  also  durch  Son- 
nen- und  Luftwärme,  sowie  durch  Oberflächenströmungen.     Oberhalb 
der  Tiefe  von  200  Faden  erscheint  der  nordpacifische  Ocean  hinsicht- 
lich seiner  Temperaturen  vor  dem   südpacifischen  Ocean    b^ünstigt. 
Der  Gang  der  Isotherme  von  5^0.  weicht  von  der  horizontalen  Rich- 
tung bereits  wenig  ab;  denn  sie  liegt  durchweg  zwisch^i  400  und  500 
Faden  Tiefe.   Nur  in  der  Aequatorialr^on  sinkt  sie  bis  zu  einer  Tiefe 
von    625   Faden   herab   (jedenfalls   durch   Vermischung  der  unteren 
Wasser  mit  der  oberen,   stärker  erwärmten  Wasserschicht),  während 
sie  sich   unter  40  ^  n.  Br.   bis  300  Faden  erhebt   (wahrsdieinlich  in 
Folge  der  Au&tauung  von^  kaltem  Wasser  g^en  die  arktische  Land- 
barri^re).    Die  nächsten  drei  Temperaturgrade  verlieren  sich  in  stetig 
sich  erweiternden  Abständen  in  den  nächsten  700  Fad^i  Tiefe;  denn 
die  Isotherme  von  2  ^  C.  hat  einen  ziemlich  ebenen  Verlauf  in  einer 
Tiefe  von  1100  Faden.    Jedenfedls  ist  die  Temperatur  der  Wassermasse 
zwischen  200  und  1500  Faden  Tiefe  im   Nordpadfic  ein  wenig  nied- 
riger als  im  Südpadfic.     In  einer   Tiefe  von  1500  Faden  herrscht 

*)  Bull,  of  the  Museum  of  Compar.  Zoology  at  Harvard  College.  VoL  V, 
Nr.  1,  p.  1—8  (Cambridge  1878). 

*)  VgL  Wyville  Thomson:  Preliminary  Report  to  the  Hydrographer 
of  the  Admiralty  on  some  of  the  Resalts  of  the  Craise  of  H.  M.  S.  „Chal- 
lenger^'  between  Hawaii  and  Valparaiso,  dat  aus  Valparaiso  5.  Decbr.  1875. 
S.  462—470.    Annalen  der  Hydrographie  1876,  S.  136—142.  230—239. 

4» 


52  Dritter  Theil.    Die  Wasser  -  und  Lufthülle  der  Erde. 

vom  40.  Qtsä  n.  Br.  bis  40.  Grad  s.  Br.  nahezu  dieselbe  Temperatur 
(1«  bis  1,8«  G,  im  Mittel  1,5«  C);  im  Südpadfic  betragt  sie  etwas 
mehr  (1,6®  C.)  als  im  Nordpaeifie  (1,4«  C).  Auf  dem  Grunde  de» 
Oceans  ermittelte  man  zwischen  40«  s.  und  40«  n.  Br.  eine  Tem- 
peratur von  0,5  bis  1,9«  C.  Obwohl  die  Tiefe  des  Stillen  Oceans  von 
Süd  gegen  Nord  fest  um  1000  Faden  wächst  (vgl  Bd.  I,  S.  417  f.), 
so  er&hrt  doch  die  Bodentemperatur  von  Süd  nach  Nord  eine  allmäh- 
liehe  Erhöhung;  die  Bodentemperaturen  schwanken  nämlich  im  Süd- 
padfic zwischen  0,5  und  1,4«  C.  und  im  Nordpaeifie  zwischen  0,7  und 
1,9  «C.  Ebenso  findet  eine  sehr  geringe  Zunahme  der  Bodentemperatur 
von  West  nach  Ost  statt;  doch  sind  oberhalb  dner  Tiefe  von  700 
Faden  die  westlichen  Theile  beider  oceanischen  Hälften  höher  erwärmt 
als  die  östlichen.  In  allen  dies^  Fällen  erkennen  wir  Analogien  zu 
den  Temperaturverhältnissen  der  atlantischen  Wasser. 

Auch  fiir  die  Südsee  gilt,  was  oben  bereits  ftir  den  Atlantisdien 
Ocean  zu  beweisen  versucht  wurde:  dass  nämlich  ihr  Bodenwasser  aus 
dem  antarktischen  Ocean  stammt  Unzweifelhaft  gelangt  es  aus  einer 
kalten  Quelle  durch  Bewegung  hierher;  denn  es  ist  vid  kälter  als  die 
mittlere  Wintertemperatur  des  Areals,  welches  es  bedeckt  Speddl 
auf  die  Herkunft  aus  dem  antarktischen  Meere  deutet  das  allmähliche 
Steigen  der  Bodentemperatur  nach  Norden,  sowie  der  Umstand,  dass 
gar  keine  adäquate  Quelle  fiir  eine  derartige  Wassermasse  im  Norden 
vorhanden  ist;  denn  der  einzige  Zugang  zum  nördlichen  Eismeer  ist 
nicht  bloss  sehr  schmal,  sondern  auch  nur  40  Faden  tief  und  wird 
ausserdem  zum  Theil  durch  eine  nach  Nord  gerichtete  Strömung  er- 
füllt Die  drei  Strömungen  aus  der  Odiotskischen  und  der  Berings- 
See  aber  vermögen  ebenso  wenig  jenes  dsige  Grundwasser  herb^- 
zuftihren,  weil  die  genannten  Bandmeere  durch  submarine  Wälle  von 
dem  offenen  Stillen  Ocean  geschieden  sind.  Die  Ablenkung,  wdche 
das  kalte  Bod^iwasser  nach  Westen  er&hr^  hat  jeden&Us  darin  ihren 
Grund,  dass  jenes  antarktische  Wasser  aus  Brdten  geringer  Drdiung»- 
geschwindigkdt  in  solche  höherer  Drehungsgeschwindigkdt  gelangt  und 
somit  nach  West  hin  zurückUdbt 

Veigldchen  wir  die  Tiefentemperaturen  des  Stillen  und  Atlantischen 
Ooeans  mit  einander  (s.  die  Querschnitte  in  Wild's  Thalassa,  Plate  9 
und  19),  so  ei^ebt  sich,  dass  der  südpadfische  Ocean  wenigstens  in 
seiner  oberen  Hälfte  wärmer  ist  als  der  südatlantische,  während  die 
bdden  nördlichen  Hälften  in  ihrer  ganzen  Masse  gerade  das  umgekehrte 
Verhältniss  zeigen.  Es  sdieint  uns,  als  ob  im  Atlantischen  Ocean  der 
mächtige  Arm  der  südlichen  Aequatorialströmung,  wdcher  sdnen  W^ 
in  das  nordatlantische  Becken  nimmt,  in  erster  Linie  dazu  bdtriigty 
dieses  Meer  in  Hinsicht  auf  seine  Wärmeverhältniase  zum  Nachtfaefl 


III.    Die  Temperatur  des  Meeres.  53 

des  Büdatlantischen  Oceans  zu  begünstigen.  Im  Stillen  Ocean  besteht 
ein  derartiger  UebergrüF  nicht;  daher  sind  seine  beiden  Hälften  gleich- 
massiger  erwärmt. 

Schliesslich  sei  noch  erwähnt,  dass  auch  der  Stille  Ocean,  gleich 
dem  Atlantischen,  Eandmeere  besitzt,  welche  durch  submarine  Barriä:«n 
vor  dem  Eindringen  des  kalten  Tiefseewassers  geschützt  und  deshalb 
bis  zum  Grunde  mit  warmem  Wasser  erftillt  sind.  So  hat  die  Celebes- 
See  von  800  bis  2600  Faden  Tiefe  gleichmässig  eine  Temperatur  von 
3,7  bis  3  ®  C.  Noch  seichter  muss  die  Schwelle  der  Sulu-  oder  Mindoro-See 
sein;  denn  von  400  bis  2550  Faden  Tiefe  beharrt  hier  die  Temperatur  bei 
10,2^  C.  Hingegen  mag  das  Südchinesische  Meer  diunh  einen  tieferen 
Canal  (wahrscheinUch  zwischen  Luzon  und  Formosa)  mit  der  Südsee 
communiciren,  da  die  Temperaturabuahme  erst  in  einer  Tiefe  von 
1000  Faden  aufhört,  unterhalb  welcher  die  Temperatur  des  Wassers 
bis  zu  2100  Faden  Tiefe  2,4 »  C.  bleibt  i).  Aehnliches  gilt  von  der 
Banda-  und  der  Melanesia  -  See  (Korallen -Meer),  sowie  von  dem 
Meerestheile  zwischen  den  Admiralitäts- Inseln  bei  Neu -Guinea  und 
Japan.  Der  letztere  ist  durch  einen  unterseeischen  Wall,  welcher 
durch  die  Bonin -Inseln  imd  die  Marianen  bezeichnet  wird,  von  der 
allgemeinen  oceanischen  Cärculation  abgeschnitten,  weshalb  sich  hier 
von  1500  bis  4575  Faden  Tiefe  unverändert  ^ine  Temperatur  von 
1,3  ö  C.  vorfindet 

lieber  die  Tiefentemperaturen  des  Indischen  Oceans  sind  wir 
viel  weniger  unterrichtet  als  über  die  des  Atlantischen  und  Stillen 
Oceans*).  Der  südlichste  Theil  ist  von  dem  „Challenger"  und  der 
„Gazelle'^,  der  Baum  zwischen  Mauritius  und  Westaustralien  von  der 
letzteren  allein  durchforscht  worden;  fast  für  den  ganzen  nördlichen 
Theil  hingegen  fehlen  uns  neuere  Untersuchungen.  Wir  besitzen  dem- 
nach zur  Zeit  nur  ein  sehr  lückenhaftes  Bild  von  den  Temperatur- 
verhältnissen dieses  Oceans. 

Südöstlich  vom  Caplande,  zwischen  diesem  und  den  Macdonald-Inseln 
(53  V/  8.  Br.),  haben  die  Bodenwasser  in  Tiefen  von  1600  bis  1900 
Faden  eine  Temperatur  von  1,7  bis  0,8®  C.  Zwischen  60  und  66® 
s.  Br.  und  80  bis  90  ®  ö.  L.  v.  Gr.  wurde  eine  Schicht  kalten  Wassers 
(bis  — 1,7®  C.)  in  einer  Tiefe  von  30  bis  200  Faden  zwischen  wär- 
merem   Oberflächenwasser   und    wärmerem    Grundwasser   beobachtet. 

*)  J.  J.  Wild,  Thalassa.    London  1877.  p.  107  sq.    Plate  16. 

*)  Vgl.  hierzu  Report  Nr.  2  on  Ocean  Soondings  and  Temperatures  of 
U.  M.  S.  „Cballenger**;  Annalen  der  Hydrographie  1874,  S.  263  —  268;  1875, 
S.  405—419. 


54  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Freilich  sind  die  am  Bord  des  y^ChaUenger'^  gebrauchten  Miller-CaseDa'- 
sehen  Thermometer  wenig  zum  Nachweis  kalter  Zwischenschichten  ge- 
eignet; es  bedarf  demnach  jenes  Ei^bniss  noch  der  Bestätigung  spä- 
trer Messungen,  wobei  N^retti-Zambra'sche  Umkehrungs-Thermometer 
angewandt  werden  müssten. 

Nach  den  Ermittelungen  am  Bord  der  „Ghisselle^'  li^en  zwischen 
Mauritius  und  West- Australien,  je  nach  Massgabe  der  Bfeite,  die  Iso- 
therme von  15  «  C.  zwischen  20  und  120  Faden  Tiefe,  die  von  10  "  C. 
zwischen  300  und  500  Faden,  die  von  5^  C.  zwischen  500  und 
700  Faden  und  die  von  2,5  <>  C.  zwischen  700  und  1100  Faden  Tiefe, 
während  die  Bodenwasser  ziemlich  gleichmässig  die  Temperatur  0,7 
bis  1,8^  C.  zeigen.  Offenbar  stammen  diese  kalten  Grundwasser  ans 
den  antarktischen  Meerestheilen.  Verhfiltnissmässig  hohe  Bodentempe- 
raturen finden  sich  in  dem  durch  eine  submarine  Schwelle  von  dem 
offenen  Ocean  getrennten  Rothen  Meere. 

Die  Hauptresultate  der  neueren  Tiefseetemperaturmessungen  sind 
demnach  folgende: 

Die  Temperatur  des  Oceans  nimmt  von  der  Oberfläche  bis  zum 
Meeresboden  ab  und  zwar  sehr  rasch  bis  zu  80  Faden  Tiefe,  d.  h. 
bis  dahin,  bis  wohin  Luft-  und  Sonnenwärme  wirken,  dann  langsamer 
bis  zu  einer  Tiefe  von  c.  600  Faden,  wo  die  mittlere  Wärme  des 
Meeres  etwa  4®  C.  beträgt,  am  langsamsten  aber  in  noch  grösseren 
Tiefen.  Am  Grunde  des  Oceans  herrscht  in  der  ganzen  tropischen 
und  gemässigten  Zone  eine  Temperatur  von  0  bis  2^  C;  in  den 
Polargebieten  sinkt  sie  bis  über  — 2^0.  herab.  Demnach  sind  die 
Temperaturdifferenzen  am  Meeresgrunde  äusserst  geringfügig,  während 
sie  an  der  Oberfläche  zwischen  -\-  3^^  und  —  3  ®  C.  schwanken. 

Die  Bodentemperaturen  des  Oceans  sind  in  der  heissen  und  in  der 
gemässigten  Zone  meist  wesentlich  niedriger  als  die  Oberflächentempe- 
raturen des  Wassers  an  gleicher  Stelle  im  kältesten  Monat  Es  ist 
daher  kaum  zu  bezweifeln,  dass  die  kalten  Grundwasser  des  Oceans 
aus  höheren  Breiten  hierher  gelangen.  Sie  werden  übrigens  nicht  her- 
beigefllhrt  durch  die  relativ  wenig  mächtigen  polaren  Strömungen,  son- 
dern durch  ein  langsames  Vorwärtsdringen  d^  gesammten  untenan 
Wassermassen.  Diese  Bewegung  vollzieht  sich  um  so  freier  und 
leichte,  je  tiefer  der  Ocean  ist,  je  weniger  submarine  Anschwellungen 
ihr  enig^entreten.  Die  Tiefen-  und  Bodentemperaturen  des  Stillen 
und  Indischen  Oceans  sind  im  Vo^leich  zu  denen  des  Atlantischen 
Oceans  niedriger,  was  sich  aus  der  leichteren  Zugänglichkeit  dieser 
Meere  von  Süd  her  erklärt.  Ebenso  hat  die  Erhöhung  der  Boden- 
temperatur nach  Nord  hin,   wie  sie  im   Atlantischen,   Stillen  und  Li- 


III.    Die  Temperatur  des  Meeres.  55 

dischen  Ocean  beobachtet  worden  ist,  darin  ihren  Grund,  dass  die 
Communication  der  beiden  ersteren  mit  dem  nördlichen  Eismeer  eine 
sehr  beschränkte  ist  und  iiir  den  letzteren  eine  solche  überhaupt  nicht 
existirt,  während  nach  Süd  hin  weite  und  tiefe  Thore  den  Eintritt  der 
antarktischen  Wasser  gestatten^). 

*)  VgL  hierzu  die  bereits  mehrfach  erwähnte  treffliche  Arbeit  von  Georg 
V.  Boguslawski  in  Behm's  Geographischem  Jahrbuch.  Bd.  YII  (1878), 
S.  496  —  549. 


IV.    Darstellung  der  Meeresströmungen. 

(Vgl.  Fig.  6.) 


Wie  in  Hinsicht  auf  seine  Temperatorverhältnisse,  so  ist  auch  be- 
zügKch  seiner  Strömungen  der  Atlantische  Ocean,  insbeson- 
dere das  nordatlantische  Becken  am  besten  erforscht  Wir  beginn^i 
daher  mit  der  Betrachtung  der  atlantischen  Strömungen  und  lassen 
diesen  die  des  Stillen  und  Indischen  Ooeans  folgen« 

1.  Die  Strömungen  des  Atlantischen  Oceans.  Zu 
beiden  Seiten  des  Aequators  ziehen  zwei  Strömungen  von  Ost  nach 
West  über  den  ganzen  Ocean:  die  nördliche  und  südliche 
Aequatorialströmung.  Zwischen  ihnen  bewegt  sich,  beide  von 
einander  trennend,  die  Guineaströmung  in  en^^engesetzter  Sich- 
tung, also  von  West  nach  Ost,  der  afrikanischen  Westküste  zu^). 

Der  Südrand  der  südlichen  Aequatorialströmung  fidlt  etwa  mit 
dem  10.  Orad  s.  Br.  zusammen;  ihr  Nordrand  hingegen  liegt  im  Osten 
in  der  Bucht  von  Biafia  und  zwar  ein  wenig  nördlich  vom  Aequator, 
erhebt  sich  aber  unter  dem  30.  Meridian  (w.  v.  Gr.)  bis  zum  5.  Grad  n.  Br. 
Uebrigens  verharrt  diese  Strömung  nicht  zu  allen  Jahreszeiten  in  der- 
selben Lage,  sondern  weicht  im  März  um  nahezu  2  Grade  nach  Süden 
zurück.  Doch  wird  sie  auch  in  ihren  östlichen,  am  weitesten  gegen 
Süd  vorgeschobenen  An&ngen  wohl  niemals  ganz  auf  die  südliche 
Halbkugel  zurück  gedrängt,  wie  dies  aus  der  eigenthümlichen  Bildung 
des  Ogowai-Delta's  und  des  Cap  Lopez  deutlich  hervorgeht^).  Noch 
stärker  oscillirt  die  nördliche  Aequatorialströmung  nach  Süd  und  Nord« 
Sie  reicht  in  ihrem  östlichen  Theile  im  März  vom  5.  bis  zum  15.  Grad 

^)  Vgl.  zu  dem  Nachfolgenden  die  Tortreff  liehen  Arbeiten  von  C.  Kolde- 
wej  in  den  Annalen  der  Hydrographie  1875,  S.  133  ff.,  166  ff.  und  Otto 
Krummel,  Die  äquatorialen  Meeresströmungen  des  Atlantischen  Oceans. 
Leipzig  1877.    S.  21  ff. 

*)  Vgl.  Oscar  Peschel,  Neue  Probleme.  3.  Aufl.  Leipzig  1878.  S.  137 
und  Otto  Krümmel,  Die  äquatorialen  Meeresströmungen.    S. 27. 


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IV.    Darstellung  der  Meeresströmungen.  57 

n.  Br.y  während  ihre  beiden  Ränder  im  September  bis  zum  10.  ^  resp. 
20.  Grad  nach  Norden  vorrücken. 

Die  südliche  Aequatorialströmung  theilt  sich  an  dem  Osthome 
Brasilien's,  bei  Cap  San  Roque,  in  einen  südlichen  und  nördlichen  Arm, 
von  denen  der  erstere  an  der  Ostküste  Brasilien's  gegen  Süden  fliesst^ 
während  dem  letzteren  durch  die  Nordostküste  Brasilien's  der  Weg 
nach  Westnordwesten  vorgezeichnet  ist.  Im  Verein  mit  diesem  ergiesst 
sich  dann  die  in  gleicher  Richtung  vorwärts  dringende  nördliche 
Aequatorialströmung  theils  in  das  Caraibische  Meer,  theils  in  den  Raum 
immittelbar  nördlich  desselben.  Die  Stärke  des  Stromganges  wechselt 
innerhalb  der  beiden  Aequatorialströmungen  sowohl  nach  der  geogra- 
phischen Breite  wie  nach  den  Jahreszeiten.  Das  Maximum  (meist  16 
bis  24  Seemeilen  ^)  in  24  Stunden)  findet  sich  in  der  Nähe  des  Aequa- 
tors,  also  in  der  südlichen  Aequatorialströmung,  das  Minimum  (9  bis 
16  Seemeilen  in  24  Stunden)  in  der  Nähe  des  10.  Grades  nördlicher 
und  südlicher  Breite,  also  an  dem  Rande  der  beiden  Strömungen. 
Perioden  hoher  Stromstärke  sind  Juni  und  Juli,  sowie  December  und 
Januar,  also  diejenigen  Zeiten,  in  denen  die  Sonne  senkrecht  über  den 
Wendekreisen  steht;  doch  gehört  das  Hauptmaximum  den  Monaten 
Juni  und  Juli  an.  Krümmel  berechnet  als  mittlere  Bewegungsstärke 
der  südlichen  Aequatorialströmung  flir  den  Zeitraum  von  24  Stunden 
einen  Werth  von  16,2  Seemeilen,  für  die  nördliche,  für  welche  weit 
weniger  gute  Beobachtungen  vorliegen,  13,1  Seemeilen*).  Die  süd- 
liche Aequatoriaktrömimg  besitzt  demnach  eine  viel  grössere  Stärke 
als  die  nördliche.  Im  Vergleich  zur  Guineaströmung  darf  man  die 
Aequatoriaktröme  ab  kalte  Strömungen  betrachten. 

Die  Guineaströmung  wurde  bis  in  die  Mitte  dieses  Jahrhun- 
derts in  ihrer  eigentlichen  Bedeutung  gänzlich  verkannt.  Noch  James 
Renneil  sah  sie  als  die  Fortsetzung  der  nordafnkanischen  Strö- 
mung an,  welche  er  von  der  Küste  Senegambien's  aus  nach  Südosten 
und  Osten  in  den  Guineabusen  führte  und  in  der  Bucht  von  Benin 
eines  „natürlichen  Todes  verscheiden"  Kess^).  Maury  leitete  sie  so- 
gar die  ganze  Westküste  von  Südamerika  entlang  bis  über  das  Cap 
der  Guten  Hoffnung  hinaus*).  Erst  Alexander  Findlay  wies  ihr 
den  richtigen  Raum  an,  indem  er  sie  keilartig  zwischen  die  beiden 
Aequatorialströmungen  einschaltete  und  zwar  so,   dass  sie  etwa  in  der 

^)  4  Seemeilen  =»  1  geogr.  Meile. 

*)  Die  erste  Zahl  nach  Otto  Krümmel,  1.  c.  S.  28,  die  letztere  nach 
einer  brieflichen  Mittheilung  desselben  Autors. 

")  James  Rennell,  Investigation  of  the  Corrents  of  the  Atlantic  Ocean. 
London  1832.  p.  44. 

^)  Bl  F.  Maury ,  Physical  Geographj  of  the  Sea.  i^^  ed.  London  1877. 
Plate  IX. 


58  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthalle  der  Erde. 

Mitte  des  Ooeans  und  einige  Grade  nördlich  vom  Aequator  begann, 
nach  Osten  za  sich  fiteherartig  erweiterte  nnd  bei  ihrem  Stoss  auf  die 
Westküste  Afrika's  sowohl  nach  Norden,  wie  nach  Süden  auswich^). 
Auch  die  Guineaströmung  erleidet  eine  periodische  Verschiebung 
und  zwar  sowohl  des  Angelpunktes  wie  der  Oeflnung  jenes  Fächers, 
wie  dies  aus  folgenden  Angaben  hervorgeht^): 

Nord-  und  Südponkt  des 
Monat  Anfangspunkt  im  Westen.  Fächers  unter  20"  w. 

L.  V.  Gr. 

Mätz   .     .     .     .  •  270  w.  L.  V.  Gr.  8«  n.  Br.  2«— 8« 

Juni     .     .    .    .    31«  „  5«      „  30  — 8« 

September     .     .    37»  „  8«      „  3«— 10« 

December     .    .    47«  „  6«      „  4<>  — 10<> 

Der  Anfangspunkt  d^  Strömung  rückt  im  Februar  am  weitesten 
nach  Osten  (25  %  im  October  am  meisten  nach  Westen  (50  ^) ;  seine 
südlichste  Lage  erreicht  er  im  Februar  (2^  n.  Br.),  seine  nördlichste 
im  März,  September  und  November  (8^  n.  Br.).  Eine  klare  karto- 
graphische Darstellung  jener  periodischen  Schwankungen  der  Meeres- 
strömungen in  der  AGtte  des  atlantiBchen  Beckens  gewähren  uns  die 
vier  Kärtchen  auf  Tafel  I  zu  ErümmeTs  Aequatorialen  Meeres- 
strömungen, welche  das  von  den  genannten  Strömungen  im  März,  Juni, 
September  und  December  eingenommene  Areal  genau  bezeichnen« 
Nach  den  englischen  Tabellen  (Currents  and  Sur&ce  Tempera- 
tures  etc.,  p.  25)  erlangt  die  Guineaströmung  im  August  das  jVfaximuni 
ihrer  Entwicklung,  also  unge&hr  zu  derselben  Zeit,  in  welcher  die 
äquatorialen  Stömungen  am  weitesten  nach  Norden  vordringen;  hin- 
gegen verliert  die  Guineaströmung  am  meisten  an  Bedeutung  im  Monat 
Februar,  wo  dieselbe  erst  östlich  vom  25.  Grad  w.  L.  v.  Gr.  bemerkt 
wird  und  unter  20^  w.  L.  v.  Gr.  nur  eine  Breite  von  3  Meridian- 
graden besitzt  Die  durchschnittliche  Geschwindigkeit  der  Strömung 
beträgt  15  Seemeilen  in  24  Stunden;  doch  steigert  sich  dieselbe  an  der 
Küste  von  Guinea  nicht  selten  bis  zu  25  Seemeilen.  Auch  ist  ein 
Wechsel  derselben  innerhalb  der  jährlichen  Periode,  namentlich  ein 
Maximum  im  Juli  und  August  nicht  zu  verkennen.  Hinsichtlich  ihrer 
Temperatur  gilt  die  Guineaströmung  als  eine  warme  Strömung;  ins- 
besondere enthält  sie  im  März  reiche  Wärmeschätze,  weshalb  zu  dieser 
Zeit  die  Oberäädientemperatur  im  Busen  von  Guinea  bis  auf  29  ^  C. 
steigt  In  den  übrigen  Jahreszeiten  tritt  dieser  Charakter  weniger 
scharf  hervor.    Ihre  höhere  Temperatur  erklärt  sich  dadurch,  dass  die 

1)  A.  6.  Findlay,  Chart  of  the  North  Atlantic  Ocean.    1850. 

')  Currents  and  Sor&ce  Temperatores  of  the  North  Atlantic  Ocean  firom 
the  Equator  to  lat  40  *N.,  pnbL  by  the  Anthority  of  the  Meteorological  Com- 
mittee,  Nr.  12  (London  1S72),  p.  25. 


IV.    Darstellong  der  MeeresströmoDgen.  59 

Wasserthefle,  welche  sie  bewegt,  aus  den  Aequatorialströmungen  stam- 
men und  somit  zum  zweiten  Haie  unter  tropischen  Breiten  den  Weg 
über  den  Atlantischen  Ocean  nehmen«  Sie  emp&ngen  denmach  auch 
doppdt  soviel  Sonnenwärme  als  die  Wasser  der  Aequatorialströme  ^). 

Die  nördliche  Aequatorialströmung  führt  in  ihrem  weiteren  Ver- 
laufe an  der  Nordküste  Südamerika's  hin  und  ergiesst  sich  mit  ihrer 
Hauptmasse  als  Caraibische  Strömung  durch  die  Inselguirlande 
der  kleinen  Antillen  in  das  Caraibische  Meer.  Ein  schwächerer  Seiten- 
arm fliesst  an  der  Nordseite  der  nach  West  umbiegenden  Inselreihen 
vorüber  und  bleibt  demnach  im  freien  Ocean.  « 

Die  Existenz  der  letzteren  Strömung,  welche  filUier  häufig  ganz 
übersehen  wurde,  bezeugen  nicht  bloss  die  dortigen  Meerestemperaturen^ 
sondern  auch  directe  Beobachtungen  des  Stromganges.  So  fand  Ir- 
minger  mit  Aimä's  submarinem  Stromweiser  an  derselben  Stelle 
(unter  25»  4'  n.  Br.  und  65»  41'  w.  L.  v.  Gr.)  in  c.  500  Faden 
Tiefe  zweimal  eine  nordwestliche  Strömung'),  und  in  die  Karten  des 
Meteorological  Office  sind  noch  zahlreiche  andere  Beobachtungen  ein- 
getragen, welche  das  Vorhandensein  jener  Strömung  bestätigen*)* 
Krümmel  bezeichnet  dieselbe  als  Antillenströmung  im  Gegen- 
satz zu  der  in  das  Caraibische  Meer  eindringenden  Caraibenströmung. 

Die  letztere  bahnt  sich  durch  den  Canal  von  Yucatan  einen  Weg 
in  den  Busen  von  Mexico,  beschreibt  innerhalb  desselben  einen  der 
Ufergestaltung  entsprechenden  kreisförmigen  Weg,  um  dann  durch  die 
Enge  zwischen  der  Bahamabank  und  der  Halbinsel  Florida  wieder  in 
den  freien  Ocean  hinauszueilen. 

Von  demjenigen  Punkte  ab,  wo  diese  Strömung  die  Floridastrasse 
passirt,  um  zuerst  in  nördlicher  imd  dann  in  nordöstlicher  Richtung 
den  Atlantischen  Ocean  zu  durchziehen,  wird  sie  auf  unseren  Kai-ten 
gewöhnlich  „Golfstrom"  genannt.  Dieser  Ausdruck  verbreitete  sich, 
wie  J.  G.  Kohl  in  seiner  Geschichte  des  Golfstromes  gezeigt  hat,  um 
die  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  und  verdrängte  nach  und  nach  den 
älteren  Namen  „Floridastrom'';  indessen  dürfte  es  zweckmässig 
sein,  den  letzteren  zu  Gunsten  einer  schärferen  Begrenzung  des  Be- 
griffes Gol&trom  wieder  zu  erneuern.  Das  Wort  „Golfstrom"  braucht 
nämlich,  wie  Carpenter^)  mit  Recht  bemerkt,  &ßt  jeder  Geograph 
in  anderem  Sinne.  Petermann ^)  schlägt  deshalb  folgende  Verwen- 
dung der  beiden  Ausdrücke  vor,  worin  wir  uns  ihm  gern  anschliessen : 

*)  0.  Krümmel,  1.  c  S.  29. 

*)  Zeitschrift  für  Allgemeine  Erdkunde.    Berlin  1854.    Bd.  III,  S.  173. 
')  Siehe  Corrents  and  Snrface  Temperatures  etc.    General  Current  Chart. 
*)  Proceedings  of  the  R  Geogr.  Society.    Vol.  XVIII  (1874),  p.  367. 
'^)  Petermann*8  Mittheilungen  1870,  S.  202. 


60  Dritter  Theil.    Die  Wasser  -  nnd  Lufthülle  der  Erde. 

Der  Floridastrom  ist  die  aus  der  Floridastrasse  hervorbrechende  Strö- 
mung^ weiche  die  amerikanische  Küste  entlang  bis  Cap  Hatteras  fliesst 
und  dann,  den  Südrand  der  Neufimdlandbank  berührend,  nach  Osten 
zu  ihren  Weg  nimmt,  quer  über  den  Atlantischen  Ocean.  Dieselbe 
erstreckt  sich  bis  dahin,  bis  wohin  die  Wirkungen  des  Floridaapparats 
deutlich  hervortretm,  nämlich  etwa  bis  zum  40.  Grade  w.  L.  v.  Gr.  ^). 
Die  in  ihrer  Verlängerung  liegende  Strömung,  welche  noch  weiter  nach 
Nordosten  vordringt,  ist  nicht  als  ein  Ausläufer  des  Floridastroms  za 
betrachten,  sondern  als  eine  Fortsetzung  der  AntiUenstrOmung,  wdche 
etw%  bis  zum  40.  Grad  w.  L.  v.  Gr.  vom  Floridastrom  überdeckt 
wird  und  hier  erst,  nachdem  dieser  sein  Ende  erreicht  hat,  zur  vollen 
und  alleinigen  Geltung  gelangt  Dieses  warme,  nordostwärts  sich  be- 
w^ende  Wasser  östlich  vom  40.  Grad  w.  L.  v.  Gr.  bezeichnen  wir 
mit  Petermann  als  „Gol&trom''. 

Dass  das  angedeutete  Verhältniss  zwischen  Florida-  und  Golfstrom 
wirklich  besteht,  lehrt  schon  eine  von  Findlaj  angestellte  Berech- 
nung, welche  zu  dem  Kesultate  fcünrte,  dass  alles  durch  die  Bemini- 
Engen  ausströmende  Wasser,  wenn  es  im  nordatlantischen  Becken  über 
die  vom  Gol&trom  eingenommene  Fläche  ausgebreitet  würde,  höchstens 
eine  Wasserschicht  von  6  Zoll  (15^4  Centimeter)  Dicke  liefern  würde. 
Namentlich  aber  wird  die  Richtigkeit  der  obigen  Behauptung  durch 
die  am  Bord  des  „Challenger''  ermittelten  Tie&eetemperaturen  klar  er- 
wiesen. Es  zeigte  sich  nämlich,  dass  der  Floridastrom  nur  eine  Tiefe 
von  etwa  100  Faden  habe  und  auf  dem  Meridian  von  Halifitx  ein 
Delta  bilde ').  Unter  diesem  zieht,  wenn  auch  in  langsamerem  Tempo, 
eine  im  Vergleich  zum  Floridastrom  zwar  kühle,  aber  im  Vergleich  zu 
den  Wassermassen  der  benachbarten  Meeresthdle  warme  Strömung 
nach  Nordosten:  die  Fortsetzung  der  Antillenströmung  und  zugleich 
die  wahre  Quelle  des  in  nördliche  Breiten  sich  ergiessenden  Gt>l£Btromes. 

lieber  die  Enstenz  des  Floridastromes  war  berdts  Anghiera 
im  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  unterrichtet  ^).  Amerikanische  Fischer 
wussten  jedenfidls  schon  im  16.  und  17.  Jahrhundert  Genaueres  über 
seinen  Verlauf.  Ak  Benjamin  Franklin  im  Jahre  1770  in  Lon- 
don verweilte,  ergab  sich  aus  einer  Denkschrift,  welche  an  das  Ca- 
binet  gelangt  war,   dass  bei  den   nordatlantischen   Ueberfiüurten  die 

>)  Vgl.  hierzu  Taf.  XII  in  PetermannU  Mittheilongen  1870  (Isotherme 
von  20  "^  R). 

*)  H.  M.  S.  Challenger.  Reports  of  Capt  G.  S.  N  a  r  e  s.  With  abstract  of  soon- 
dings  and  diagrams  of  Ocean  Temperatore  in  North  and  Soath  Atlantic  Oceans. 
1>73.  §  17,  p.  7.  Petermann's  Mittheilungen  1674,  S.  296  und  Tal  XV, 
Querschnitt  1  und  2. 

*)  Anghiera,  De  rebus  oceanicis  et  orbe  novo.  Bat.  1523.  Dec.  WL 
Lib.  VI,  p.  57. 


IV.    Darstellang  der  Meeresetrömangen.  61 

amerikanischeii  Segelschiffe  immer  um  14  Tage  fiiiher  in  ihrer  Hei- 
math eintrafen  als  die  britischen.  Franklin  erkundigte  sich  darüber 
bei  einem  Walfischfänger  aus  Nantucket,  und  dieser  ertheilte  ihm  den 
einfachen  Aufschluss,  dass  die  amerikanischen  Schiffer  genau  mit  dem 
Floridastrom  bekannt  seien  und  ihn  zu  vermeiden  wüssten,  während 
die  britischen  Schiffe  immer  direct  gegen  den  Strom  segelten.  Im 
Jahre  1775  liess  sich  Franklin  von  amerikanischen  Seeleuten  Karten 
des  Floridastromes  entwerfen,  hielt  sie  jedoch  aus  politischen  Grtlndcn 
bis  1790  geheim.  Als  er  dann  das  erste  geographische  Bild  des  Flo- 
ridastromes veröffentlichte,  wurde  die  Kenntniss  desselben  allgemein. 

Der  Moridastrom  hat  von  seinem  Austritt  aus  dem  Busen  von 
Mexico  bis  Cap  Hatteras  eine  geringe  Breite.  In  den  Engen  von  Be- 
mini beträgt  dieselbe  g^en  32  Seemeilen  (8  geogr.  Meilen)  und  Ost- 
lich von  Cap  Hatteras  75  Seemeilen  (18%  geogr.  Meilen);  doch  wächst 
äe  weiterhin  bis  zu  mehr  als  150  geogr.  Meilen.  In  den  „Narrows", 
d.  i.  in  den  Engen  von  Bemini  ist  der  Floridastrom  kaum  200  Faden 
tief;  dazu  verliert  er  nach  Norden  hin  an  Tiefe,  was  er  an  Breite  ge- 
winnt; seine  Tiefe  ist  daher  bei  Cap  Hatteras  kaum  grösser  als  100 
Faden.  Die  Geschwindigkeit  des  Ausflusses  ist  natürlich  in  den  Be- 
mini-Engen am  bedeutendsten,  und  zwar  ist  das  Jahresmittel  der  täg- 
lichen Geschwindigkeit  gleich  48  engl.  Meilen  (12  geogr.  Meilen);  sie 
erreicht  jedoch  ein  Maximum  im  Juli  (73,6  engl.  Meilen  =  18,4  geogr.  M.), 
ein  Minimum  aber  im  August  (30  engl.  Meilen  =  7,5  geogr.  M.)*). 
Bei  Cap  Hatteras  vermindert  sie  sich  um  ein  Viertel  und  weiterhin  tun 
mehr  als  die  Hälfte.  Diese  Zahlen  beziehen  sich  auf  die  Strömung 
an  der  Oberfläche;  doch  findet  in  der  Tiefe  eine  Verzögerung  der 
Wasserbewegung  statt,  so  dass  ako  der  Mittelwerth  derselben  noch 
niedriger  sein  dürfte  als  48  Seemeilen.  Indem  CrolP)  für  den  Florida- 
strom eine  Breite  von  50  Seemeilen,  eine  Tiefe  von  1000  engl.  Fuss 
(167  Faden)  und  eine  stündliche  Gteschwindigkeit  von  4  Seemeilen 
(=  1  geogr.  Meile)  annimmt^),  berechnet  er,  dass  derselbe  in 
der  Stunde  5  575  680  Millionen  Cubikfuss  (engl.),  am  Tage  also 
133  816  320  Millionen  Cubikfuss  Wasser  fortwälzt   Wird  diese  Wasser- 

*)  Carpenterin  den  Proceedings  of  the  R  Geogr.  Society.  Vol.  XVIII 
(1874),  p.  401.  Die  für  August  wie  für  die  meiBten  der  übrigeD  Monate  bis 
jetzt  ermittelten  Stromgeschwindigkeiten  besitzen  einen  geringen  Werth,  weil 
sie  nur  aof  wenige  Beobachtungen  sich  stützen  und  ganz  regellos  variiren. 
Zuverlässiger^  weil  auf  eine  grössere  Anzahl  von  Messungen  gegründet,  sind 
nur  der  März-,  April-  und  Juliwerth  (48,0,  49»7  und  73,6  Seemeilen  in  24  Stun- 
den).   Vgl  die  Stromkarten  zu  den  Currents  und  Surface  Temperatures  etc. 

*)  Nach  dem  Philosophical  Magazine,  Fbr.  1870,  p.  3  sq.  in  C.  Wyyiile 
Thomson,  The  Depths  of  the  Sea.    2^  ed.    London  1874,  p.  881. 

')  Sowohl  das  erste  als  auch  das  dritte  Mass  ist  sicher  zu  gross. 


62  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

maase  auf  ihrer  Wanderung  nach  Korden  von  einer  Mitteltemperatur 
von  18  ^  C.  zu  einer  solchen  von  4,5  ^  C,  also  um  13,5^  C.  abgekühlt, 
«0  ist  die  gesammte  Wärmemenge,  welche  an  jedem  Tage  auf  diese 
Weise  polwärts  getragen  wird,  gleich  154  959  300  000  000  Millionen 
Fusspfimden,  ein  ungeheurer  Werth,  selbst  wenn  derselbe  um  die  Hälfte 
reducirt  werden  müsste. 

Die  Oberflächentemperatm*en  des  Floridastromes  sind  im  März  am 
niedrigsten,  im  September  am  höchsten.  Im  März  beobachtet  man  von 
den  Beminiengen  bis  zur  Breite  von  Tallahassee  (Häuptort  der  Halb- 
insel Florida)  25  ®  C. ,  in  der  Breite  von  Cap  Hatteras  23  °  C.  und 
unter  40^  n.  Br.  (60^  w.  L.  v.  Gr.)  19^  C.  Im  September  hingegen 
steigt  die  Temperatur  in  den  Beminiengen  bis  auf  30  ®  C. ,  in  der 
Breite  von  Cap  Hatteras  auf  29  »  C.  und  unter  40  «  n.  Br.  (60  ^  w.  L. 
V.  Gr.)  auf  26  ^  C.  Die  rasche  Temperaturabnahme  nach  unten  ist 
ein  Beweis  dafür,  dass  der  Floridastrom  nur  eine  geringe  Tiefe  hat. 
So  vermindert  sich  seine  Temperatur  zwischen  Sandy  Hook  und  den 
Bermudas-Inseln  von  der  Oberfläche  bis  zu  kaum  100  Faden  Tiefe 
um  6  0  C.  (un  Mai  von  24  ^  C.  bis  zu  18 »  C.) ;  in  dieser  Tiefe  liegt 
an  jener  Stelle,  wie  uns  ein  Blick  auf  Tafel  XV  (Querschnitt  1)  zu 
Petermann's  Mittheilungen  von  1874  lehrt,  die  untere  Grenze  des 
Floridastroms.  In  Tiefen  von  600  bis  700  Faden  sinkt  die  Temperatur 
an  jener  Stelle  auf  4  ^  C,  in  Tiefen  von  1500  Faden  auf  2,5  «  C.  und 
am  Meeresboden  auf  1,6  bis  1,2^  C.  herab. 

Da  das  Wasser  des  Floridastroms  in  Folge  seiner  hohen  Tem- 
peraturen minder  dicht  ist  als  das  des  benachbarten  Oceans,  so  erhält 
es  sich  dadurch  an  der  Oberfläche;  ja  es  erhebt  sich  sogar  nach 
Maury's  Ausdruck^)  dachförmig  über  das  Niveau  des  Oceans,  so 
dass  ein  Boot  stets  östlich  oder  westUch  treibt,  je  nachdem  es  über 
den  östlichen  oder  westlichen  Abhang  des  Floridastromes  dahinzieht 
Natürlich  gilt  dies  nur  von  dem  südwestlichen  Theile  des  Stromes, 
nicht  von  dem  nordöstlichen;  denn  weiter  nach  Nordosten,  wo  sich  der 
Floridastrora,  ein  förmliches  Delta  bildend,  in  mehrere  Arme  theSt, 
verliert  er  nach  und  nach  die  Energie  der  Bewegung  und  daher  zu- 
gleich die  scharfe  Begrenzung,  sowie  die  dachförmige  Wölbung.  Auch 
tritt  der  scharfe  Contrast  zwischen  der  tief  indigoblauen  Farbe  des 
Floridastromes  und  der  grünen  Farbe  der  benachbarten  Meerestheile 
wohl  nur  entlang  der  Küste  von  Florida  und  Carolina  an  der  West- 
seite des  Stromes  deutlich  hervor,  wo  man  nach  Maury  oft  bemerken 
kann,  wie  sich  die  eine  Hälfte  eines  Fahrzeuges  im  Floridastrom,  die 

*)  Maury,  Physical  Geography  of  the  Sea.  16^^»  ed.  London  1877. 
p.  39  sq. 


IV.    DarBtellong  der  Meeresströmungen.  63 

andere  im  stromfreien  Meere  befindet  (vgl  S.  7).  Wenigstens  dürfte 
das  Vorkommen  scharfer  Grenzlinien  zwischen  blauem  und  grünem 
Wasser  im  höheren  Norden  zu  den  Seltenheiten  gehören^). 

Südöstlich  von  der  Insel  Neu-Fundland,  etwa  unter  dem  40.  Grad 
w.  L.  V.  Gr.,  erreicht  der  Floridastrom  sein  Ende,  und  cte  Fortsetzung 
der  Caraibischen  Strömung,  auf  deren  Rücken  bis  dahin  der  Florida- 
strom dahinfliesst,  gelangt  nun  ausschUessUch  zur  Geltung.  Wir 
bezeichnen  dieselbe,  wie  bereits  erwähnt  wurde,  mit  dem  Namen 
Golfstrom.  Der  Hauptarm  desselben  ergiesst  sich  zwischen  Island 
einerseits,  den  schottischen  Inseln  und  Skandinavien  andrerseits  in 
das  nördliche  Eismeer.  Ein  schwächerer  Zweig  dringt  in  die  Davis- 
Strasse  ein  und  envärmt  die  Westküste  Grönland's  bis  zum  Smithsund, 
während  ein  anderer,  etwas  kräftigerer  die  Westküsten  der  iberischen 
Halbinsel  trifft,  sich  hierauf  als  Nordafrikanische  Strömung 
nach  Süden  wendet  und  bei  den  Capverde'schen  Insehi  in  die  nörd- 
liche Aequatorialströmimg  eintritt.  Diese  Ströme  stellen  also  einen 
grossen  Bing  dar,  der  im  Süden  beständig  von  Ost  nach  West,  im 
Norden  von  West  nach  Ost  sich  bewegt  Mitten  in  demselben  liegt  eine 
stille  elliptische  Fläche,  das  sogenannte  Sargasso-Meer,  welches,  un- 
geheuren oceanischen  Wiesen  vergleichbar,  weithin  mit  Fucus  natans 
und  anderen  Seepfianzen  bedeckt  ist.  Verwandehi  die  grossen  Strö- 
mungen das  Meer  in  ein  lebendiges  Gewässer,  so  ist  jener  träge  Theil 
des  Atlantischen  Oceans  einem  Teiche  ähnlich,  der  dem  Pflanzenleben 
besonders  günstige  Bedingungen  zu  seiner  Entwicklung  gewährt. 

Unter  den  genannten  Meeresströmungen  ist  keine  so  wichtig  als 
diejenige,  welche  die  W^estküsten  Europa's  bespült:  der  eigentliche 
Golfstrom.  Er  schenkt  unserem  Erdtheile  die  Vortheile  eines  Treib- 
hausesy  das  durdi  warme  Wasser  geheizt  wird.  Ihm  verdanken  wir 
die  Eislosigkeit  der  skandinavischen  Westküsten,  wie  überhaupt  das 
milde  Klima  Europa's,  somit  die  überaus  hohe  Cultur&higkeit  dieses  Con- 
tinents;  er  hat  demnach  auch  einen  wesentlichen  Antheil  an  der  hohen 
Entfaltung  der  europäischen  Civilisation  und  ist  also  einer  der  bedeu- 
tungsvollsten Factoren  unter  den  physikalischen  Einflüssen,  welche  die 
Geschichte  des  Menschengeschlechtes  bestimmt  haben.  Unzweifelhaft 
bildet  er  zugleich  „den  Stamm  oder  den  Hauptfluss  der  ganzen  nord- 
atlantischen Bewegung''^). 

Nach  der  älteren  Anschauung,  die  jedoch  auch  jetzt  noch  zahl- 
reiche Vertreter  hat,  ist  der  Gol&trom  an  den  Küsten  von  Schottland 

^)  Die  zweite  deutsche  Nordpolar&hrt  in  den  Jahren  1 869  und  1870.  Leipzig 
1873.  Bd.  I,  Abth.  1,  S.  28  f. 

*)  Petermann  in  seinen  Mittheilongen  1870,  S.  202.  Diese  yorzügliche 
Arbeit  (S.  201 — 244)  bildet  auch  die  Hanptquelle  zu  der  folgenden  Darstellung. 


64  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lofthälle  der  Erde. 

und  Norwegen  eine  von  den  vorwaltenden  Südwestwinden  erzeugte  Strö- 
mung von  geringer  Tiefe.  Diese  Ansicht  ist  jedoch  zur  Zeit  mindestens 
insofern  nicht  mehr  haltbar^  als  dem  Gol&trome  sicher  eine  beträcht- 
liche Tiefe  zuzuschreiben  ist. 

Völlig  räthselhaft  müsste  es  sonst  erscheinen ,  wie  eine  blosse 
Oberflächenströmung  im  Stande  sein  sollte,  so  reiche  Wärmeschätze 
.nach  dem  hohen  Norden  zu  fiihren;  sind  doch  die  Lufttemperaturen 
an  den  Nordwestküsten  Europa's  im  Winter  überall  viel  niedriger  als 
die  Wassertemperaturen*)!  Selbst  unter  Breiten  (z.  B.  imter  dem  70. 
Orad),  wo  die  arktische  Nacht  während  des  ganzen  Januars  nicht 
weicht,  wo  in  Asien  und  Amerika  die  Kälte  das  Quecksilber  gefrieren 
lässt,  bewahrt  der  Golfstrom  dem  Meere  noch  eine  Temperatur  von 
mehr  als  3«  C.  (so  bei  Fruhohn  unter  71»  6'  n.  Br.  von  3» '4»  C.) 
und  wird  so  zu  einer  reichen  Wärmequelle  fiir  die  Luft  sowohl  über 
dem  Meere  wie  über  den  benachbarten  Küstengebieten. 

Vor  allem  aber  ist  durch  zahlreiche  neuere  Temperaturmessungen, 
insbesondere  durch  die  am  Bord  der  ,,  Porcupine '^  vom  31.  Mai  bis 
7.  September  1869  ausgeflihrten ,  mit  Sicherheit  erwiesen,  dass  der 
Golfstrom  zwischen  Island  und  Spanien  und  ebenso  unweit  des  Fel- 
sens Rockall  westlich  der  Hebriden  noch  eine  Mächtigkeit  von  900  Fa- 
den besitzt  Zwischen  den  Färöem  imd  den  Shedand-Inseln  beträgt  diesdbe 
immer  noch  den  dritten  Theil  der  ganzen  Meerestiefe  von  640  Faden, 
nämlich  200  Faden  ^).  Hier  kann  also  durchaus  von  keiner  Ober- 
flächeuströmung  die  Bede  sein;  es  ist  vielmehr  die  Annahme  eines 
tiefen  und  mächtigen  warmen  Stromes  in  hohem  Grade  befestigt  In 
Uebereinstimmung  mit  dem  Obigen  fiinden  Payer  und  Weyprecht 
in  der  nordöstlichen  Erstreckung  des  Golfttromes  unter  72  Vs  ^  n.  Br. 
die  Schicht  warmen  Wassers  bis  zu  50  Faden  Tiefe  reichend  und 
selbst  in  77  ^  n.  Br.  noch  immer  mehr  als  8  Faden  mächtig ').  Nur 
eine  so  kräftige^  tief  hinab  reichende  Strömung  vermag  ganz  Europa 
bis  zum  Eismeere  mit  einer  weiten  warmen  Wassermasse,  einer  per- 
manenten Warmwass^leitung  zu  umhüUen,  „ohne  welche  En^and  und 
Deutschland  ein  zweites  Labrador,  Skandinavien  und  Russland  ein 
zweites   unter   Gletschern   begrabenes   Grönland   sein   würden'^ 

James  Croll  hat  berechnet^),  dass  der  Gol&trom  soviel  Wärme 
dem  Norden  liefert,  als  3  121  870  engl  Qnadratmeilen  (21 V4  e.  Q.-M. 
=  1  d.  Q.-M.)  am  Aequator  von  der  Sonne  emp&ngen,  und  diese 

>)  Vgl  hienm  Petermann's  Mittheilangen  1870,  Taf.  XIIL 
*)  Petermann's  Mittheilangen  1870,  S.  236. 

>)  J.  Hann  in  Behm's  Geographischem  Jahrbuch.  Bd.  IV  (1872),  S.  134£ 
^)  Nach  James  Croll  („On  Ocean  Carrents**,  Philoeophical  Magasine, 
Febr.  187U,  p.  3  sq.)  in  Petermann's  Mittheilangen  1870,  S.  241. 


/ 


IV.    Darstellung  der  Meeresströmungen.  65 

Wärmemengß  übersteigt  nach  ihm  die  Summe  der  Wärme,  welche 
durch  sämmtliche  heisse  Windströmungen  vom  ganzen  Aequator  dem 
Nord-  und  Südpolargebiet  zugeführt  wird. 

Wie  bedeutend  die  vom  Golfetrom  bewegte  warme  Wassermasse 
ist,  geht  auch  daraus  hervor,  dass  er  niemals  Eisbergen  gestattet,   bis 
an  die  Küsten  Europa's  vorzudringen.     Während  in  den  antarktischen 
Meeren  das  Polareis  überall  mindestens  bis  zum  df .  Breitengrade  treibt, 
an  den  meisten  Stellen  sogar  bis  zum  50.  und  40.,  ja  an  einigen  bis 
zum  35.  (Breite  von  Marokko),  gelangt  auch  nicht  die  kleinste  Scholle 
an  die  europäischen  Küsten.     An  drei  verschiedenen  Stellen  sucht  sich 
der  Polarstrom  den  Eintritt  in  den  Golfstrom  zu  erzwingen:  nämlich 
östlich  von  Neu- Fundland  von  Nordwesten,  sodann  westlich  von  Island 
von  Norden  und  endlich  bei  der  Bären-Insel  (südlich  von  Spitzbergen) 
von  Nordosten.    In  den  beiden  ersten  Fällen  wird  der  Golfetrom  durch 
den  Stoss  der  beiden  Ströme  nach  Südosten  abgedrängt;  doch  tauchen 
diese  hierauf  unter  seine  warmen  Wasser   hinab.     Im   dritten  Falle 
fliesst  der  Polarstrom   sogar  stellenweise   über  den  Golfstrom  hinweg 
und  spaltet  ihn  in  mehrere  Theile,  von  denen  der  westliche  die  West- 
küsten Spitzbergen's  bespült  und  etwa  bis  zum  82.  Grad  nach  Norden 
reicht,  während  der  Hauptarm   am  Nordcap  vorüberzieht  und,   nach- 
dem er  einen  schwächeren   Seitenarm   in   die  Kara-See   gesandt  hat, 
nicht  bloss  die  Westküste  von  Nowaja  Semlja  umfluthet,   sondern  so- 
gar im  Norden  von  Sibirien  seinen  Weg  bis  Neu-Sibirien,  ja  vielleicht, 
wenn  auch  nur  als  schwache  Drift,   bis   zur  Berings- Strasse  fortsetzt 
Dieser  erst  in  dem  letzten  Jahrzehnt  befestigten  Anschauung  stand 
von  jeher  der  alte  Wahn   gegenüber,    dass  sich   eine  constante  Eis- 
barriere von  Spitzbergen  nach  Nowaja  Semlja  hinüberziehe  und  die 
Kara-See  zu  jeder  Zeit  mit  ungeheuren  Eismassen  erfüllt  sei.     Von 
den  älteren  Seefahrern  ist  es  nur  dem  Entdecker  Spitzbergen's,  Wil- 
lem Barent'),  im  Jahre   1594  geglückt,  ganz   Nowaja   Semlja  zu 
ums^eln.    Im  Jahre  1596  kam  er  nochmals  um  das  Grosse  Eiscap 
an   der   Nordostspitze  herum,  wurde  aber   im  Eishafen  (fest  an  der 
Nordostspitze)  vom   Eise  eingeschlossen  und  zur  üeberwinterung  ge- 
nöthigt.     Da  sein  Fahrzeug  nächstes  Frühjahr  nicht  eisfrei  wurde,  be- 
nützte er  mit  seinen  Geführten  ein  offenes  Boot  zur  Heimkehr,  starb 
aber  unterwegs  und  wurde  an  der  Nordküste  von  Nowaja  Semlja  be- 
erdigt. Im  Jahre  1736  gingen  Maluigin  und  Skuratow  von  Archangel 
ab,  gelangten  in  die  Kara-See  und  an  den  Kara-Fluss,  wo  sie  über- 

^)  Man  sieht  sehr  häufig,  insbesondere  in  englischen  Werken,  die  Form 
Barents,  weil  im  Holländischen  Barentsz.  geschrieben  wird.  Allein  Barentsz. 
steht  als  Abkürzung  für  Barentszoon,  d.  i.  Barent*s  Sohn.  Es  ist  daher  nur 
die  Form  BarcQtszoon  oder  Barent  zu  rechtfertigen. 

Peschel-Leipoldt,   Phys.  Erdkunde.     11. 


66  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

winterten.  Im  nächsten  Jahre  drangen  sie  weiter  vor,  umschiffien  das 
Samojedenland  und  liefen  in  den  Ob  ein.  Dies  ist  die  einzige  ältere 
Fahrt,  die  wir  kennen,  auf  wdchar  der  Ob  von  Westen  her  errächt 
worden  ist  Umschifft  wurde  Nowaja  Semlja  im  Jahre  1760  noch  von 
dem  Russen  Loschkin,  der  zwei  Winter  und  drei  Sommer  ausbfieb, 
ohne  dass  Näheres  über  seine  Fahrt  bekannt  geworden  wäre.  Von 
dieser  Zeit  an  warei^  alle  auf  Erforschung  des  Karischen  Meeres  aus- 
gehende Expeditionen  fruchtlos,  und  es  wurde  die  Ansicht  herrschend, 
dass  die  Eara-See  unbeschiffbar  seL  Karl  v.  Baer  erklärte  sie  für 
den  „Eiiskeller'^  Sibirien's,  da  alles  Eis  der  grossen  Flüsse  Ob  und 
Jenissei  von  den  Strömungen  in  sie  hineingetrieben  werde  und,  weil 
die  Karische  Pforte  zu  eng  sei,  keinen  Ausw^  finda 

Seit  1869,  seit  der  kühnen  Fahrt  des  norwegischen  Gapitän  Jo- 
bansen^),  sind  diese  Anschauungen  nicht  mehr  haltbar.  Johansen 
passirte  mit  sdnem  Segelboot  nicht  bloss  Gap  Nassau,  welches  Admünal 
Lütke,  gehindert  durch  gewaltige  Eismassen,  auf  seinen  vi^  Nord- 
ost&hrten  (1821 — 24)  niemals  zu  erreichen  vermochte,  sondern  führte 
auch  (im  Juli  und  August)  dnen  vollständigen  Periplus  der  Kara-See 
aus,  wobei  er  nur  selten  Eis  gewahr  wurde.  Schon  im  Jahre  1870 
konnten  auch  andere  norw^ische  CSapitäne  bezeugen,  dass  das  Eis  im 
Hochsommer  fast  aus  dem  ganzen  Bereich  des  Karischen  Meeres  ver- 
schwindet und  dass  in  den  Monaten  Juni  bis  October  vereinzdte  Trdb- 
eismassen  die  SchifTbarkeit  desselben  wenig  beeinträchtigen.  Der  grösste 
Theil  des  Karischen  Meeres  ist  bei  einer  Oberflächentemperatur  von  3 
bis  mehr  als  6^  C.  im  September  und  October  sogar  gänzlich  dsfrei. 
Auch  ist  erwiesen,  dass  im  Sommer  zwischen  70  und  74^  n.  Br.  eine 
warme  Meeresströmung  an  die  Westküste  von  Nowaja  Semlja  heran- 
fluthet,  welche  eine  Temperatur  von  7*2,  ja  bisweilen  selbst  von 
I2V2®  C.  hat 2).  F.  C.  Mack  fuhr  im  Jahre  1871  sogar  aus  dem 
Karisdien  Meere  bis  77®  n.  ßr.  (unter  78®  ö.  L.  v.  Gr.)  empor  in 
das  Sibirische  Eismeer,  ohne  auf  Eis  zu  stossen  ') ;  wir  haben  hier  also 
durchw^  im  Sommer  ein  offenes  Meer.  Nordenskiöld's  Fahrten 
von  1875,  1876  und  1878  haben  diese  neueren  Erkenntnisse  durchaus 

bestätigt  M. 

Ebenso  darf  behauptet  werden,  dass  auch  nördlich  von  ganz  Si- 
birien ein  weites  Meeresgebiet  während  ^es  grossen  Theils  des  Jahres 
vom  Eise  entblösst  ist.  Schon  Hedenström  sah  im  Jahre  1810  im 
Norden  der  neusibirischen  Inseln  ein  offenes  Meer,  in  welchem  lieute- 

^)  Nicht  y^Johannesen".  Vgl.  Petermann's  Mittheilungen  1S79, S. 57. 

*)  Behm,  GeographiBches  Jahrbuch.    Bd.  lY  (1872),  S.  3S3  t 

^  Petermann's  Mittheilongen  lg72,  Tal  XIX. 

*)  Petermann*8  Mittheilongen  1876,  S.  442  f.;  1878,  S.  433. 


IV.    Darstellung  der  Meeresströmungen.  t)7 

nant  v.  Anj  ou  im  Jahre  1823  sogar  Fluth  und  Ebbe  beobachtete.  Das- 
selbe erstreckt  sich  nach  späteren  Ermittelungen  vom  Taimyr-Fluss  im 
Westen  bis  zum  Cap  Jakan  im  Osten  (in  gerader  Linie  350  geogr. 
Meilen  weit)  und  vom  70.  bis  76.  Grad  n.  Br.  Lieutenant  Ferd.  v. 
Wrangeil ^)  berichtet  uns,  dass  hier  das  Nordmeer  fast  stets  offen  sei 
und  selbst  in  den  kälteren  Monaten  nur  wenig  von  Treibeis  heim- 
gesucht werde;  er  selbst  ging  in  drei  auf  einander  folgenden  Jahren, 
1822,  1823  und  1824,  östlich  von  den  Baranow  -  Klippen  unter  drei 
verschiedenen  Mittagskreisen  mit  Schlitten  im  März  und  April  über  das 
Eismeer,  bis  er  den  Band  der  östUchen  Polynja  erreichte.  Seit  Ferd. 
V.  WrangelTs  ßeisenistdie  Existenz  der  Polynja  von  verschiedenen 
Polarfahrem  und  erst  neuerdings  wieder  durch  Nordenskiöld's 
ruhmreiche  Fahrt  in  das  nordsibirische  Meer  bestätigt  worden.  Die 
Thatsache  aber,  dass  nördlich  von  Sibirien  ein  im  wesentlichen  eisfreies 
Meer  sich  ausbreitet,  muss  um  so  mehr  überraÄchen,  als  dasselbe  ge- 
rade nördlich  von  der  kältesten  Kegion  der  ganzen  Erde  liegt.  Be- 
sondres Gewicht  müssen  wir  darauf  legen,  dass  jenes  eisfreie  Gebiet 
„kein  blosses  Wasserloch,  keine  Wake  ist,  wie  man  sie  zu  benennen 
beliebt  hat,  sondern  ein  ausgedehntes  offenes  Meer,  von  welchem  wir 
allerdings  noch  nicht  viel  wissen,  aber  dennoch  so  viel  mit  Bestinmit- 
heit,  dass  dies  weite  offene  Meer  stets,  Sommer  und  Winter  und  in 
jedem  Jahre  an  derselben  Stelle  gefimden  wird.  Im  ganzen  paläo- 
krystischen  Meere  giebt  es  etwas  Derartiges  nicht.  Die  einzige  ähn- 
hche  Erscheinung,  wenn  auch  in  sehr  kleinem  Massstabe,  ist  der  sehr 
geringe  und  schwache  schmale  Streifen  warmer  Strömung,  die  vom 
Atlantischen  Ocean  aus  an  der  Westküste  Grönland's  entlang  über 
Melville-Bay  hinaus  bis  Port  Foulke  sich  erstreckt;  .  .  .  aber  die  sibi- 
rische Polynja  scheint  in  jeder  Beziehung  von  viel  grossartigeren  Di- 
mensionen und  Charakter  zu  sein"  *).  In  alledem  erkennen  wir  un- 
zweifelhaft die  Wirkungen  einer  ansehnlichen  Wärmequelle,  die  in  sol- 
chem Falle  kaum  in  etwas  anderem  als  in  einer  warmen,  von  West 
her  kommenden  Strömung  gesucht  werden  darf. 

Zur  Lösung  dieses  Problems  hat  man  mit  Recht  de^  Treibholz 
des  nördUchen  Eismeeres  eine  grössere  Aufmerksamkeit  gewidmet. 
Ausserordentlich  häufig  gelangt  dasselbe  an  die  West-  und  Nordküste 
von  Island,  sowie  an  die  norwegischen  Küsten.  '  Die  vollständigste  Zu- 
sammenstellung aller  amerikanischen  Gewächse,  von  denen  erkennbare 
Samen  und  Früchte  an  die  norwegische  Küste   gespült  werden,  ver- 

^)  Reise  längs  der  Nordküste  von  Sibirien  und  auf  dem  Eismeere  in  den 
Jahren  1820  bis  1824.    Berlin  1839.    Bd.  II,   S.  352  ff. 

*)  Petermann  in  seinen  Mittheilangen  1877,  S.  26  f. 

5* 


68  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

danken  wir  SchübelerO.  Seine  Loste  enthält  folgende  Arten:  En- 
tada gigalobiuniy  Cassia  fistula,  Goilandina  Bonduc,  Mucuna  (urens), 
Anacardium  occidentale,  Lagenaria  vulgaris,  Nüsse  einer  Palme  (wahr- 
scheinlich Yon  Attalea  funifera),  Holzzweige  von  Jonipems  virginiana 
und  die  Alge  Sphaerococcos  cartilagineos.  Offenbar  werden  diese  Pflan- 
zen durch  den  Gol&trom  so  weit  nach  Norden  geführt.  Aber  noch 
in  viel  höhere  Breiten  verirren  sich  diese  Zeugen  warmer  atlantischer 
Strömungen.  ^Mittelamerikanische  Mimosen  gehen  bis  zur  Disco -Insel 
(an  der  Westküste  Grönland's  unter  70  ®  n.  Br.) ;  ein  Mahagoni-Block, 
welcher  ebenfidls  vom  Meere  an  die  dortigen  Küsten  getrieben  wurde, 
war  so  gross,  dass  sich  der  dänische  Gouverneur  in  Holsteinborg  (Crrön- 
land)  einen  Tisch  aus  demselben  machen  lassen  konnte^). 

Höchst  bedeutsam  ist  die  Vertheflung  des  Träbholzes  an  den 
Küsten  von  Spitzbergen.  Es  findet  sich  nur  selten  an  den  westlichen, 
sondern  meist  an  den  nördlichen,  nordöstlichen  und  östlichen  Gestaden, 
am  reichlichstoi  am  Nordostlande  und  an  den  Sieben  Inseln.  Fin. 
Theil  davon  besteht  aus  Flosshölzem  von  den  Lofbten,  ist  also  nor- 
wegischer Abkunft;  hingegen  entdeckte  Tor  eil  bei  Shoal  Point  (das 
westlichste  Gap  des  Nordostlandes)  unter  den  Treibproducten  eine  wohl- 
erhaltene Bohne  von  Entada  gigalobium,  eine  westindische  Hülsenfrucht 
Bis  zu  diesem  wichtigen  Funde  war  es  noch  erlaubt,  daran  zu  zwei- 
feln, dass  die  warme  Strömung  längs  der  West-  und  Nordküste  von 
.Spitzbei^n,  die  eine  tiefe  Gasse  bis  über  den  80.  Breitengrad  in  den 
Eismantel  des  Nordpols  hineinleckt,  wirklich  aus  den  westindischen 
Gewässern  stanmie.  Jene  Bohne  aber  ist  das  beste  Zeugniss  dafür, 
dass  der  wahrhaftige  Gol&trom  dem  Nordpol  sich  bis  auf  zehn  geo- 
graphische Grade  nähert^).  Vielleicht  rühren  die  Stücke  Bimsstein, 
welche  unter  dem  Spitzbergen'schen  Treibholz  vorkonmien,  von  einem 
antillischen  od^  mittelamerikamschen  Vulcan  her;  denn  einer  Seefahrt 
isländischen  Bimssteins  sind  die  Strömungen  nicht  günstig. 

Das  massenhafte  Auftreten  der  Treibproducte  an  der  Nordostsdte 
Spitzbei*gen's  hatte  schon  früher  auf  den  Gedanken  geleitet,  dass  sich 
hier  ein  Polaistrom  mit  einem  Aequatorialstrom  trifft;  sanmielt  sich 
doch  auch  das  Treibeis  immer  mit  besonderer  Vorliebe  an  solchen 
Stellen,  an  denen  sich  zwei  derartige  Strömungen  beg^nen!  Jene  An- 
nahme gewann  an  Glaubwürdigkeit ,  seitdem  man  beobachtete,  dass 
sich  ostwärts  nur  bis  zu  Gap  Wrede,  einem  der  nordöstlichsten  Caps 
Spitzbergen's,  norw^ische  Schiffisrgeräthschaften  vor&nden,  während 

<)  Die  Pflanzenwelt  Norwegen's.    Christiania  1873.    S.  31. 
*)  Proceedingu  of  the  R.  Geogr.  Society.    Vol.  XVIII  (1874),  S.  374. 
')  O.  Toreil  and  A.  £.  Nordenskiöld,  Die  schwedischen  Expeditionen 
nach  Spitzbergen  and  Bären-Eiland.    S.  171. 


IV.    Darstellung  der  Meeresströmungen.  69 

es  doch  weiter  nach  Osten  und  Süden  durchaus  nicht  an  Treibholz 
fehlte.  Bereits  im  Jahre  1852  sprach  daher  Petermann  die  Ver- 
muthung  aus,  dass  der  Golfetrom  nicht  mehr  an  diese  Küsten  gelangt, 
dass  sie  dagegen  von  dem  Treibholz  der  sibirischen  Flüsse  erreicht 
werden.  Nun  haben  die  Schweden  von  dieser  Stelle  Treibholz  mit 
heimgebracht;  dasselbe  wurde  von  J.  G.  Agardh  genau  untersucht, 
und  es  hat  sich  mit  unbestreitbarer  Gewissheit  ergeben,  dass  es  vor- 
zugsweise der  sibirischen  Larix  angehört.  Hieraus  aber  geht  hei*vor, 
dass  im  Norden  von  Sibirien  und  hn  Osten  von  Spitzbergen  das  Meer 
im  Sommer  offen  sein  muss,  damit  das  Treibholz,  welches  aus  dem 
Ob,  Jenissei  oder  der  Lena  in's  Eismeer  getragen  wird,  nach  Spitz- 
bergen seinen  Weg  nehmen  kann^).  Wir  erkennen  hieraus  die  Exi- 
stenz eines  Polarstroms  nördlich  von  Sibirien,  zugleich  aber  auch  die 
unzweifelhaften  Spuren  einer  warmen  Strömung,  welche  hier  ein  hoch- 
nordisches Meeresgebiet  offen  hält. 

Grestehen  wir  nach  alledem  dem  Golfstrom  eine  grosse  Macht- 
sphäre zu,  so  geschieht  dies  doch  nur  unter  der  folgenden  wichtigen 
Einschränkung.  Wie  nämlich  der  Golfstrom  innerhalb  eines  Jahres 
seine  Temperaturen  wechselt,  so  ändert  er  audi  in  gleichem  Schritte 
hiermit,  namenthch  im  hohen  Norden,  sein  Verbreitungsgebiet.  Der 
Golfstrom  bewegt  sich  wimpelartig;  er  erhebt  sich  im  Sommer  zu 
höheren  und  senkt  sich  im  Winter  zu  niederen  Breiten  herab.  Im 
Winter  scheint  er  nicht  mehr  bis  nach  Spitzbergen  vorzudringen,  was 
W.  V.  Freeden*)  mit  Recht  daraus  schliesgt,  dass  bei  Gap  Lookout (Süd- 
spitze von  Spitzbergen)  die  mittleren  Monatstemperaturen  für  November 
— 10 0 C.,  füi- December  — 15 ^ C.,  für  Januar  — 13^^  ^ 0.  sind ;  sie  alle 
sind  zu  niedrig,  als  dass  in  westlicher  Nähe  noch  die  See  mit  warmem 
Golfwasser  überfluthet  sein  könnte,  während  doch  auf  der  weiter  süd- 
wärts gelegenen  Bären-Insel  noch  um  Weihnachten  im  Freien  gearbeitet 
werden  kann,  in  Hammerfest  an  der  norwegischen  Küste  ein  Winter 
herrscht  wie  in  St.  Johns  auf  Neu-Fundland ,  welches  auf  demselben 
Breitenkreise  wie  Paris  und  Wien  und  um  20^  südhcher  hegt  als 
Hammerfest.  Die  mittlere  Januartemperatur  des  letzteren  Platzes  ist 
sogar  so  hoch  wie  die  von  Hali&x,  welches  dieselbe  nördliche  Breite 
hat  wie  Genua.  Im  Winter  gelangt  also  das  Golfwrasser  nicht  mehr 
bis  Spitzbergen,  sondern  kaum  bis  zur  Bären-Insel.  Auch  erreicht  der 
nach  Ost  gerichtete  Ann  nicht  mehr  mit  wesentlich  höherer  Temperatur 
das  Sibirische  Meer,  sondern  erstirbt  in  der  Mitte  des  Weges  zwischen 

*)  Treibhölzer  aus  Sibirien,  insbesondere  Larix  sibirica,  Picea  obovata, 
Ahius  incana  und  Populus  tremula,  sind  sogar  an  der  Ostküste  Grönland's 
ziemlieh  häufig. 

«)  Petermann's  Mittheiln-'---  ««««   «.  209. 


70  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  and  Lufthülle  der  Erde. 

dem  europäischen  Nordcap  und  Nowaja  Semlja.  Ein  Blick  auf  Peter- 
mann's  Sparten  Nr.  XllnndXni  in  den  Mittheilungen  von  1870  (der 
Golfstrom  im  Juli  und  im  Januar)  lässt  uns  diesen  Wechsel  sofort  er- 
kennen. Im  Juli  wie  Januar  repräsentirt  etwa  die  Isotherme  von 
2®  R.  (2V2®  C.)  die  Polargrenze  des  Golfstromes.  Während  nun  die- 
selbe im  Sommer  an  der  Westseite  von  Spitzbei^n  um  ein  Beträcht- 
liches den  80.  Breitengrad  überschreitet  und  auch  zwischen  Spitzbergen 
und  Nowaja  Semlja  einen  Arm  nach  Nordosten  tief  in  das  nördliche 
Eismeer  hineinsendet,  erhebt  sie  sich  im  Winter  an  den  isländischen 
Küsten  nur  bis  Reykjavik,  zwischen  Spitzbergen  und  dem  Nordcap 
kaum  bis  zur  Bären-Insel  (74^/^^  n.  Br.),  und  im  Nordosten  endet  sie 
bereits  in  der  Mitte  des  Weges  zwischen  dem  Nordcap  und  Nowaja 
Semlja. 

Die  erwähnten  beiden  Bilder  des  GU)l&tromes  zeigen  übrigens  auch 
noch  einen  anderen  scharf  ausgeprägten  Gegensatz.  Auf  der  Julikarte 
greifen  wir  gleichsam  mit  Händen  den  kalten  Eisstrom,  der  an  der 
Küste  von  Labrador  seine  Eisberge  hinabfluthet  und  wie  ein  Keil  oder 
fingerartig  selbst  über  Neu-Fundland  hinaus  in  den  Gol&trom  einbricht. 
Ebenso  deutlich  treten  uns  die  kalten  Ströme  entgegen,  welche  an  der 
Ostküste  Grönland's  und  Spitzbergen's  herabziehen  und  dem  Golfstrom 
in  die  Flanke  fidlen.  Im  Winter  ist  dieser  Stoss,  wie  der  kaum  ge- 
störte Lauf  der  Isothermen  bekundet,  viel  weniger  kräftig  als  im  Som- 
mer, was  darin  seinen  Grund  hat,  dass  sich  dann  das  Polareis  an  den 
arktischen  Küsten  und  Inseln  mehr  oder  weniger  festsetzt  und  daher 
nicht  so  weit  nach  Süden  treibt,  weshalb  der  Golfstrom  an  den  ge- 
nannten SteQen  im  Winter  sich  viel  mächtiger  zu  entfalten  vermag  als 
im  Sommer.  Den  schlagendsten  Beweis  dafür,  dass  die  Polarströme 
in  der  That  im  Winter  ihre  Eismassen  im  hohen  Norden  ziirückhalten, 
liefert  z.  B.  die  E[arte  des  Treibeises  bei  Neu-Fundland  von  W.  C. 
Redfield,  aus  Beobachtungen  in  den  Jahren  1832  bis  1844  zu- 
sammengestellt^). Unter  100  darauf  verzeichneten  Befunden  kamen 
87  auf  die  Monate  April,  Mai,  Juni,  Juli,  von  den  übrigen  13  auf  den 
März  7,  auf  den  August  3,  auf  den  Februar  2  und  auf  den  Januar  1, 
gar  keine  aber  auf  die  Monate  September,  October,  November, 
December.  Im  Winter  verschwindet  demnach  hier  das  Treibeis  fiist 
gänzlich. 

Wie  schon  mehrfach  angedeutet,  sind  es  drei  arktische  Strömungen, 
welche  mit  dem  Golfstrom  unablässig  um  die  Herrschaft  ringen:  die 
Labradorströmung,  die  durch  die  Baffin-Bay   und  Davis-Strasse 

^)  Zeitschrift  für  allgemeine  Erdkunde.  Berlin  1859.  Neue  Folge.  Bd. 
VI,  Tafel  ü. 


IV.    Darstellung  der  Meeresströmaogen.  71 

ihren  Weg  nimmt  und  bei  Neu  -  Fundland  gegen  den  Golfetrom  ein- 
bricht, die  Ostgrönländische,  welche  am  Ostrande  Grönland's 
vorüber  flihrt,  und  der  Bären-Insel-Strom,  der  die  Ostküste 
Spitzhergen's  umfluthet  und  zwischen  den  Südhömem  dieser  Insel- 
gruppe und  der  Bären-Insel  nach  Südwest  vordringt.  Von  diesen  drei 
Strömungen  hat  die  letztere  die  geringste  Wichtigkeit;  es  sind  also  im 
wesentlichen  die  beiden  ersteren,  auf  deren  Rücken  das  Polareis  nach 
dem  Süden  transportirt  wird.  Doch  wäre  es  ein  Irrthum  zu  glauben, 
dass  das  aUjährUch  durch  die  Polarströme  verfrachtete  Eis  die  Ge- 
sammtheit  des  in  dem  nördUchen  Polarbecken  vorhandenen  Eises  sei. 
Vielmehr  ist  es  nur  ein  kleiner  Theil  desselben,  was  C.  Borgen^) 
durch  folgende  Rechnung  klar  erwiesen  hat. 

f  Das  nördliche  Polarbecken  (nach  Borgen  der  Raum  ianerhalb 
des  70.  Grades  n.  Br.)  umfasst  nach  Abzug  der  bekannten  Länder- 
massen und  einer  Fläche  von  39  000  geogr.  Quadratmeilen,  welche  das 
Gebiet  der  in  das  Polarbecken  sich  ergiessenden  warmen  Strömungen 
repräsentiren,  noch  ein  Areal  von  196  200  geogr.  Quadratmeilen.  Die 
Breite  der  Labrador-  und  Ostgrönländischen  Strömung  beträgt  etwa 
600  Seemeilen  (=  150  geogr.  Meilen)  und  ihre  tägliche  Drifigeschwin- 
digkeit  c.  4  Seemeilen.  Femer  wurde  angenommen,  dass  die  Sommer- 
wärme (=  1,5®  R.  oder  1,875^  C,  eine  offenbar  zu  hohe  Temperatur) 
im  Stande  sei,  eine  0,54  Meter  mächtige  Schicht  Eis  zu  schmelzen,  und 
dass  sich  im  Winter  eine  solche  von  2  Meter  Dicke  bilde.  EndUch 
setzt  Borgen  voraus,  dass  die  Strömimg  nur  */§  Jahr  (beinahe  5  Mo- 
nate) dauert,  weil  sich  die  in  den  Wintermonaten  durch  Strömung  frei 
gewordenen  Flächen  sofort  wieder  mit  Eis  überziehen,  und  dass  Vs  ^^^ 
Eisfläche  durch  die  zerstörenden  Wirkungen  der  Stürme  vom  Eise  be- 
freit werde.  Das  Ergebniss  diesep  Rechnung  ist,  dass  im  Sommer  ein 
Areal  von  65  000  Quadratmeilen  (7  mal  so  gross  als  das  Deutsche  Reich) 
sich  seiner  Eisdecke  ganz  oder  wenigstens  grösstentheils  entledigt,  dass 
aber  inmier  noch  Vs  des  Polarmeeres  seine  Eishülle  bewahrt.  Borgen 
erklärt  daher  ein  offenes,  schiffbares  Polarmeer  für  ein  Ding,  das  dem 
Reiche  der  Phantasie  angehört. 

Die  mächtigen  Eismassen,  welche  die  Polarmeere  alljährlich  nach 
Süden  senden,  sind  übrigens  doppelten  Ursprunges.  Da,  wo  sich  der 
polare  Eismantel  mit  dem  offenen  Meere  berührt,  arbeitet  der  Wellen- 
schlag ununterbrochen,  die  Eiskante  zu  zertrümmern.  Die  so  ent- 
standenen Schollen  sind  also  oceanischen  Ursprunges.  Doch  ist  hier- 
bei  zu  bemerken,    dass   dieselben    kein    Seesalz    enthalten;  vielmehr 

^)  Die  zweite  deutsche  Nordpolarfahrt  in  den  Jahren  1869  und  1S70. 
Leipzig  1874.    Bd.  I,  Abth.  2,  S.  629  ff.  und  Bd.  II,  Abth.  4,  S.  684  ff. 


72  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

scheidet  sich  beim  Erstarreo  das  Salz  aus.  Dasselbe  bleibt  also  im 
ungefrorenen  Wasser  zurück  und  verzögert  so  den  Process  des  Ge- 
fiierens  nach  unten.-  Andere  Eisberge ,  welche  im  Ocean  umherirren, 
stammen  von  den  Gletschern  des  Festlandes,  haben  also  von  Haus 
aus  nichts  mit  dem  Ocean  zu  schaffen.  Eine  Brutstätte  derartiger 
Eismassen  ist  insbesondere  die  Westküste  Grönland's.  Mächtige  Glet- 
scher steigen  hier  bis  zur  Küste  herab  und  erfiillen  die  tiefen  fjorde 
mit  Gletschereis.  Sobald  der  Sommer  b^innt,  werden  diejenigen  Theile 
der  Gletscher,  welche  in  das  Meer  hineinragen,  von  den  Wellen  unter- 
graben und  stürzen  mit  furchtbarem  Getöse  hinab,  in  dem  schäumen- 
den Wasser  sich  schaukelnd,  bis  sie  das  Gleichgewicht  gewinnen, 
worauf  sie,  von  Winden  und  Strömungen  getrieben,  meist  südwärts 
wandern.  Nur  selten  stellen  die  Eisschollen  ebene  Eisflächen  d^; 
vielmehr  werden  sie  durch  Wellenschlag  und  Sturm  liäufig  so  zu- 
sanmiengestaut,  dass  sehr  oft  eine  vorher  glatt  verlaufende  Eisdecke 
zu  einem  chaotischen  Trümmerhaufen  sich  umgestaltet. 

In  einzelnen  Fällen  haben  die  Eisberge  einen  Umfang  von  meh- 
reren engl.  Meilen ;  auch  ist  ihre  Stärke  nicht  selten  eine  ausserordent- 
Uch  bedeutende.  Da  die  Eisberge  oft  30,  ja  selbst  60  bis  90  Meter 
über  den  Meeresspi^el  sich  erheben  ^),  das  Gewicht  des  Eises  aber  zu 
dem  des  Seewassers  sich  wie  8 : 9  verhält,  so  ergiebt  sich  nach  einem 
bekannten  hydrostatischen  Gesetze,  dass  sie  bis  zu  Tiefen  von  240,  ja 
480  bis  720  Metern  unter  die  Meeresfläche  hinabreichen.  Nur  ans 
der  ansehnlichen  Mächtigkeit  der  Eismassen  lässt  es  sich  erklären,  dass 
sich  dieselben  öfter  trotz  Widerstand  leistender  Winde  und  Meeres- 
strömungen nach  Süden  bewegen.  Sie  reichen  dann  sicher  mit  ihrem 
Fusse  in  den  kalten  polaren  Strom  hinab,  der  den  Eisberg  mit  sich 
fuhrt  und  ihn  so  kräftig  vorwärts  <^ängt,  dass  er  gegen  den  Wind 
und  gegen  eine  widrige  Oberflächenströmung  noch  mit  Allgewalt  gleich- 
massig  fortschreiten  und  sich  wie  ein  Pflug  durch  die  dünnen  Pack- 
eismassen einen  Weg  bahnen  kann. 

Die  Grenze  dieser  Treibeismassen  hegt  nicht  in  allen  Jahreszeiten 
an  gleicher  Stelle;  sie  osdllirt  vielmehr  in  derselben  Weise  wie  die 
kalten  Strömungen.  So  läuft  die  Ostgrenze  des  Polareises,  welches 
die  Ostgrönländische  Strömung  südwärts  trägt,  im  Frühjahr  etwa  von 
der  Mitte  Island's  über  Jan  Mayen  nach  dem  Südende  Spitzbergen's;  hin- 
gegen rückt  diese  grosse  Eiskante,  offenbar  in  Folge  kräftigerer  Ent&ltung 
des  Gol&tromes,  im  Sommer  viel  näher  an  die  grönländische  Küste 
heran  und  streicht  etwa  in  der  Richtung  vom  Westende  Island's  nach 
dem  Nordende  Spitzbergen's  *). 

>)  Gilbert^ 8  Annalen,  Bd.  LXTT  (1819),  S.  /46  ff. 
*)  Die  zweite   deutsche  Nordpolarfiüirt   in  den  Jahren    1S69  and    1870. 
Bd.  I,  Abth.  1,  S.  34  f.    Petermann's  Büttheilongen  1877,  Taf.  X. 


IV.    Darstellung  der  Meeresströmungen.  73 

Wie  so  viele  meteorologische  Processe  ganz  eigenthümliche,  in 
ihren  eigentlichen  Ursachen  für  uns  unergrtindbare  Schwankungen 
zeigen,  so  auch  die  Entwicklung  der  arktischen  Eisströme.  In 
einzelnen  Jahren  findet  nämlich,  offenbar  in  Folge  grösserer  som- 
merlicher Wärme  in  den  Polarräumen,  ein  besonders  starker  Eis- 
gang statt.  So  hatte  Grönland  in  den  Jahren  1816  und  1817 
aussergewöhnlich  heisse  Sommer;  es  wurden  daher  Buchten  und 
Küstenstrecken  eisfrei,  die  seit  Menschengedenken  niemals  vom  Eise 
entblösst  waren.  Da  gleichzeitig  auch  in  der  Davis -Strasse  gewaltige 
Eismassen  südwärts  zogen,  so  gelang  es  damals  dem  Engländer  John 
Barrow,  seine  Landsleute  zu  neuen  kühnen  Fahrten  nach  der  nord- 
westlichen Pforte  Amerika's  zu  begeistern.  Wohl  fünf  Jahre  lang  be- 
sass  die  Eisbewegung  so  grossartige  Dimensionen.  Damals  geschah  es 
auch,  dass  ansehnliche  Eisbeine,  durch  Winde  oder  untere  Strömungen 
getrieben,  in  welche  sie  mit  ihrem  Fusse  hinabreichten,  den  Floridastrom 
überschritten.  Bemerkenswerth  sind  besonders  die  Berichte  der  Zei- 
tungen in  Havana  vom  Juli  1818,  in  welchen  es  hiess:  „Seit  mehreren 
Monaten  haben  wir  in  den  westindischen  GewäBsem  ein  grosses 
Naturwunder.  Ungeheure  Massen  Eises,  die  seit  2  bis  3  Jahren 
in  dem  Atlantischen  Ocean  ungewöhnlich  häufig  waren,  ^/2  bis  ^/4 
Mdlen  im  Umfang,  60  bis  90  Meter  über  den  Spiegel  des  Meeres 
emporragend,  sind  nun  auch  zum  ersten  Male  an  imseren  Küsten  er- 
schienen" *). 

Hervorgehoben  zu  werden  verdient  noch,  dass  bei  Gap  Farewell 
(an  der  Südspitze  Grönland's)  die  Ostgrönländische  Strömung  in  die 
Davis-Strasse  einbiegt  und  unter  62  und  63®  n.  Br.  quer  über  die 
Davis-Strasse  ihren  Weg  nimmt,  um  sich  am  Westufer  derselben  mit 
der  aus  der  Baffin-Baj  kommenden  Labrador-Strömung  zu  vereinigen. 
So  wandern  die  ungeheuren  Eismassen  zweier  bedeutenden  polaren 
Strömungen  gemeinsam  nach  Süden,  ungei^hr  bis  zum  45.  Grad  n.  Br. 
Hier  treffen  sie  auf  den  Floridastrom  und  werden  von  dessen  warmen 
Wassern  geschmolzen.  Zugleich  sinken  die  von  den  Eisbergen  ge- 
tragenen Erd-  und  Steinmassen  zu  Boden  (natürlich  sind  hierbei  nur 
diejenigen  Eisberge  betheiligt,  welche  Gletscherfi*agmente  sind),  so  dass 
die  Bank  von  Neu-Fundland  eine  grönländische  Schuttablagerung  ge- 
nannt werden  darf.  Daher  bezeichnen  Untiefen  die  Berührungsstelle 
der  beiden  verschieden  temperirten  Strömungen.  Die  schmackhaften 
Fische  der  arktischen  Gewässer  gehen  nur  bis  hierher  nach  Süden; 
sie  scheuen  vor  dem  warmen  Floridastrom  wie  vor  einer  Flammen- 

^)  £.  £.  Schmid,  Lehrbuch  der  Meteorologie.    Leipzig  1860.    S.  252. 


74  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

barri^  zurück,   weshalb  sie  aof  der  Bank  ^on  Nea-Fimdland  in  so 
reicher  Menge  gefangen  werden. 

Uebrigens  endet  hier  die  kalte  Labradorströmung  nicht  TöDig; 
viehnehr  bewegt  sich  ein  schmaler  Arm,  der  „Cold  Wall"  der  Ameri- 
kaner, zwischen  dem  Floridastrom  und  der  Ostküste  der  Vereinigten 
Staaten  weiter  nach  Südwesten,  während  ein  anderer  Theil  ihres  Was- 
sers unter  den  Floridastrom  hinabtaucht 

Im  Vergleich  zu  den  Strömungen  des  nordatlantischen  Beckens 
sind  die  der  übrigen  oceanischen  Gebiete  zur  Zeit  nur  wenig  bekannt. 
Wir  b^nügen  uns  daher  hinsichtlich  der  letzteren  mit  einer  gedrängten 
Darstellung. 

Die  südliche  Aequatorialströmung  theilt  sich,  wie  bereits 
oben  erwähnt  worden  ist,  an  der  Ostküste  Südamerika's,  bei  Cap  San 
Boque,  in  zwei  Arme,  von  denen  der  eine  die  Nordostküste  Brasilien's 
begleitet  und  hierauf  in  das  Canfkibische  Meer  eindringt,  während  der 
andere  nach  Südwesten  seinen  W^  nimmt  und  als  Brasilianischer 
Strom  der  Ostküste  Südamerika's  folgt  £in  schwächerer  Zweig  des- 
selben beharrt  in  dieser  Richtung  nicht  bloss  bis  zur  Südspitze  des 
südamerikanischen  Continents,  sondern  ergiesst  sich  sogar,  zwischen 
der  patagomschen  Küste  und  den  Falklandsinseln  eine  Schwenkung 
nach  Südost  vollziehend,  in  die  antarktischen  Meeresgebiete.  Der 
Haupttheil  der  Brasilianischen  Strömung  hing^en  biegt  etwa  unter 
35^  s.  Br.  nach  Osten  um  und  durchschreitet  als  Südatlantischer 
Verbindungsstrom  den  Atlantischen  Ocean,  um  sich  hierauf  an 
der  Südspitze  von  Afrika  als  Benguela-Strom  wieder  nach  Norden 
zu  wenden«  Ist  der  Brasilianische  Strom,  wie  ein  Blick  auf  die  Elarten 
der  Meeresisothermen  (Fig.  4  und  5)  lehrt,  als  ein  entschieden  warmor 
Strom  zu  bezeichnen,  so  gilt  der  Benguela-Strom  mit  gleichem  Rechte 
als  ein  kalter;  denn  er  veranlasst  in  demsdben  Masse  eine  Wölbung 
der  Isothermen  nach  Norden,  wie  der  Brasilianische  Strom  nach  Süden. 
Der  Benguela-Strom  ist  übrigens  nicht  dne  ein&che  Fortsetzung  der 
südatlantischen  Verbindungsströmung;  vielmehr  empfängt  er  seine 
kalten  Wasser  zum  grössten  Theil  aus  der  antarktischen  Drifiströmnng, 
mit  welcher  er  sich  im  Südwesten  des  Caplandes  vereinigt  Der  Ben- 
guela-Strom verlässt  die  Küsten  Afrika's  erst  bei  Cap  Lopez,  wo  er  in 
die  südliche  Aequatorialströmung  eintritt 

Demnach  findet  im  südatlantischen  Becken  ein  ähnlicher  Kreis- 
lauf des  Wassers  statt  wie  im  nordatlantischen.  Nur  bewegen  sich  die 
Strömungen  beider  nicht  in  gleichem  Sinne.  In  diesem  entsprechen 
sie  dem  Grang  eines  Uhrzeigers;  in  jenem  ist  ihre  Richtung  gerade  die 
umgekehrte. 


IV.    Darstellung  der  Meeresströmungen.  75 

2.  Die  Strömungen  des  Stillen  Oceans.  Wie  im  atlantischen 
Becken,  so  begegnen  wir  auch  hier  zwei  Aequatorialströmen, 
welche  von  Ost  nach  West  ziehen,  und  einer  zwischen  beide  keilartig 
eingeschalteten  äquatorialen  Gegenströmung,  die  wir  recht  gut 
mit  der  Guinea-Strömung  vergleichen  können.  Auch  erscheinen  sie  sämmt- 
lich  wie  im  Atlantischen  Ocean  beträchtlich  nach  Norden  verschoben;  denn 
die  nördUche  Aequatorialströmung  erfüllt  imgefkhr  den  Baum  zwischen 
dem  Wendekreis  des  Krebses  und  dem  8.  Grad  n.  Br.*,  während  die 
südliche  mit  ihrem  Nordrande  bis  zum  5.  Grad  n.  Br.  nach  Norden 
rückt  Der  Südrand  der  letzteren  liegt,  wenigstens  in  der  östlichen 
Hälfte  des  Oceans,  unter  dem  20.  Grad  s.  Br.;  es  ist  demnach  die 
südpadfische  Aequatorialströmung  der  nördUchen  an  Breite  bedeutend 
überl^en.  Die  äquatoriale  Gegenströmimg  gehört,  wie  im  Atlantischen 
Ocean,  ganz  der  nördlichen  Hemisphäre  an. 

Die  nördliche  Aequatorialströmung  wendet  sich,  an  den  Küsten 
der  Philippinen  und  Formosa's  angelangt,  nach  Nordosten,  und  so  ent- 
steht die  wichtigste  aller  pacifischen  Strömungen:  der  Kuro  Siwo, 
d.  h.  der  Schwarze  Strom  (von  den  Japanesen  so  genannt  wegen  seiner  tief 
dunkelblauen  Farbe,  die  sich  auffallend  von  der  des  übrigen  Meerwassers 
unterscheidet).  In  ein  enges  Bette  gebannt  imd  zwischen  scharf  be- 
grenzten Ufern  geht  er  raschen  Laufes  im  Osten  von  Formosa  vor- 
über. Hierauf  erweitert  er  sich,  die  Liu-Kiu-Inseln  imihüllend,  fecher- 
artfg  und  bespült,  beständig  nach  Nordost  gerichtet,  die  Ostküsten  von 
Japan.  Einen  Seitenarm  sendet  er  (wenigstens  im  Sommer)  durch  die 
Broughton-  und  Krusenstem-Strasse  in  das  Japanische  Meer;  doch  ge- 
lingt es  demselben,  diesem  Meere  durch  die  Tsugaru-  und  La-Perouse- 
Strasse  zu  entweichen  und  sich  wieder  mit  dem  Hauptarme  zu  ver- 
einigen. OesÜich  von  Japan  legt  dieser  tägUch  einen  Weg  von  32  See- 
meilen (=  8  geogr.  Meilen)  zurück  imd  gewinnt  zugleich  eine  Breite 
von  mehr  als  400  Seemeilen  (=  100  geogr,  Meilen).  Auch  fernerhin 
wächst  er  nach  Nordosten  hin  mehr  und  mehr  an  Breite,  nimmt  aber 
an  Tiefe  wie  an  Schnelligkeit  ab.  Etwa  unter  dem  50.  Grad  n.  Br. 
trifft  der  Kuro  Siwo  auf  eine  aus  dem  Berings-Meere  kommende  kalte 
Strömung.  Sie  ist  bei  weitem  nicht  so  mächtig  wie  die  Labrador- 
Strömung  des  Atlantischen  Oceans,  da  ja  die  seichte  Berings- Strasse 
nur  einen  äusserst  beschränkten  Zufluss  arktischen  Wassers  gestattet; 
auch  bringt  sie  nur  selten  Treibeis  bis  an  jene  Berührungsstelle  herab. 
Und  doch  veranlasst  dieser  Einbruch  der  arktischen  Strömung  nicht 
bloss  permanente  und  dichte  Nebel,  sondern  hat  auch  eine  Theilung 
des  Stromes  in  mehrere  Arme  zur  Folge.  Der  eine  derselben,  der  Kam- 
Ischatka-Strom,  fliesst  an  der  Ostseite  der  Halbinsel  Kamtschatka 
vorüber,  um  sich  durch  die  Berings  -  Strasse  in   das  nördliche  Eismeer 


76  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

zu  ergiessen;  wahrscheinlich  wendet  er  sich  dann  nach  der  amerika- 
nischen Nordküste,  wofür  nicht  bloss  theoretische  Gründe  sprechen, 
sondern  auch  die  Thatsache,  dass  sich  dort  häufig  angesdiwemmtes 
Holz  vorfindet,  welches  an  der  benachbarten  asiatischen  Küste  sehr 
selten  ist.  Bei  der  Laurenz-Insel  (südlich  der  Berings-Strasse)  zweigt 
sich  von  der  Kamtschatka-Strömung  wieder  ein  kleiner  Seitenarm  nach 
Osten  ab,  biegt  dann  nach  Süden  und  Südwesten  um  und  fährt  den 
Bewohnern  der  baumlosen  Aleuten  das  Material  zu  ihren  flscher-  und 
Hausgeräthen  zu.  Der  Hauptarm  des  Kuro  Siwo  aber  schreitet,  den 
weiten  Raum  zwischen  dem  40.  und  50.  ParaDel  erfiillend,  von  West 
nach  Ost  quer  über  den  Stillen  Ocean  nach  der  Westküste  Nord- 
amerika's,  durch  welche  er  nach  Südosten  abgelenkt  wird.  So  ge- 
langen seine  Wasser  wieder  in  die  nördliche  Aequatorialströmung  zu- 
rück. Nur  ein  kleinerer  Seitenzweig  dieser  rücklaufenden  Strömung,  die 
Mexicanische  Küstenströmung,  zeigt  insofern  eine  ünr^elmässig- 
keit  in  diesem  Circulationssystem ,  ab  seine  Wasserbew^ung  zwar 
vom  December  bis  April  nach  Südosten  gerichtet  ist,  vom  Mai  bis 
December  jedoch  mit  dem  Winde  in  die  entg^engesetzte  Richtung 
umschlägt 

Die  höchste  Temperatur  des  Kuro  Siwo  beträgt  (bei  Formosa) 
26®  C;  in  der  Breite  von  Jedo  ist  seine  Wärme  noch  um  c.  5®C. 
höher  als  die  des  benachbarten  Oceans.  Auch  ist  seine  Tiefe  ohne 
Zweifel  eine  ganz  ansehnliche;  denn  sämmtliche  submarine  Isothermen 
steigen  unter  der  von  ihm  eingenommenen  Fläche  tief  hinab  (so  östlich 
von  Jedo  die  Isotherme  von  2,5  ®  C.  von  700  zu  mehr  als  1000  Fa- 
den Tiefe) ').  Ihm  verdanken  die  japanischen  Insehi  ihr  müdes  Klima ; 
ebenso  erwärmt  er  den  südlichen  Theil  von  Kamtschatka,  sowie  die 
Westküsten  von  Nordamerika;  noch  im Puget-Sunde  (Territorium  Wa- 
shington, unter  48^  n.  Br.)  bewirkt  er  Wintertemperaturen,  bei  denen 
sich  nur  selten  ein  Schneefoll  ereignen  kann. 

Ausser  der  schwachen,  aus  der  Berings-Strasse  konunenden  kalten 
Strömung  begegnet  der  Kuro  Siwo  noch  einer  etwas  kräftigeren,  welche 
aus  dem  Ochotskischen  Meere,  der  alldnigen  Bildungsstätte  der  fSsberge 
im  nördlichen  Theile  des  Orossen  Oceans,  hervortritt  Durch  drei  ver- 
schiedene Strassen  (die  Tatarische  Str.,  die  La-Perouse-Str.  und  die 
Tsugaru-Str.)  dringt  der  Ochotskische  Strom  in  das  Japanische  Meer 
ein,  fiiesst  hart  an  der  Küste  der  Mandschurei  und  der  Halbinsel  Korea 
vorüber,  durchschneidet  das  Ostohinesische  Meer,  begleitet  hierauf  die 
Ostküsten  Cliina's  und  passirt  endlich  noch  die  Fukian-Strasse  (zwischen 

')  Vgl.  den  Querschnitt   auf  Plate   18  in  J.  J.  Wild,  Thalassa.    Lon^ 
don  1877. 


rV.    DarstelluDg  der  MeeresBtröinuiigeii.  77 

dem  Festlande  und  der  Insel  Formosa),  so  dass  Formosa  im  Osten  von 
einem  warmen,  nordwärts  eilenden,  im  Westen  von  einem  kalten,  südwärts 
sich  ergiessenden  Strome  bespült  wird.  So  geringe  Bedeutung  auch 
an  mid  iiir  sich  der  Ochotskische  Strom  hat,  so  ist  er  doch  deshalb 
wichtig,  weil  er  die  delicatesten  Fische  südwärts  entfUhrt  und  zwar  bis 
an  diejenigen  Stellen,  wo  er  sich  mit  dem  warmen  Euro  Siwo  berührt. 
Hier  finden  sich  die  ausgedehnten  und  ergiebigen  japanischen  Fische- 
reien, die  an  Wichtigkeit  denen  der  neufundländischen  Bank  kaum 
nachstehen. 

Nach  alledem  weisen  die  Strömungen  des  nordatlantischen  und 
nordpacifischen  Beckens  zahlreiche  verwandtschaftliche  Züge  auf.  Hier 
wie  dort  vollzieht  sich  die  Wassercirculation  in  demselben  Sinne;  auch 
umschliesst  dieselbe  im  nordpacifischen  Becken  eine  der  atlantischen 
Sargassowiese  entsprechende  Ansammlung  von  Seetangen.  Insbesondere 
gleichen  die  beiden  Hauptströmungen  der  genannten  Meerestheile,  der 
Golfstrom  und  der  Kuro  Siwo,  einander  wie  ein  paar  Geschwister. 
NamentUch  gilt  dies  hinsichtlich  ihrer  Richtung,  ihrer  fächerartigen  Er- 
weiterung nach  Nordosten,  ihrer  hohen  Temperaturen  und  ihrer  tief- 
blauen Farbe.  Femer  senden  beide  Seitenarme  und  mit  ihnen  süd- 
ländische Treibproducte  bis  in  das  Polarmeer,  und  endUch  werden 
beide  durch  kalte  Strömungen  von  den  westlichen  Wandungen  der 
beiden  Oceane  geschieden. 

Die  südliche  Aequatorialströmung  des  Stillen  Oceans  ent- 
faltet sich  nur  in  ihrem  östlichen  Theile  in  normaler  Weise.  Im 
Westen  der  Tuamotu- Inseln  scheint  ihre  Kraft  gebrochen  zu  sein; 
denn  sie  theilt  sich  hier,  vielleicht  durch  die  zahllosen  Inselsschwärme, 
noch  mehr  aber  jedenfalls  durch  die  wechselnden  Monsune  in  ihrer 
Entwicklung  gehemmt,  in  mehrere  schwächere  Arme.  Von  ihnen  um- 
kreist der  nördliche,  der  Hauptarm,  in  weitem,  nach  Nord  gewandtem 
Bogen  die  ostpolynesische  Inselwelt,  während  der  kleinere  südUche 
Arm  etwa  unter  dem  Wendekreise  des  Steinbocks  von  Ost  nach  West 
quer  über  den  ganzen  Ocean  hinwegschreitet  und  bei  den  Tubuai- 
Inseln  einen  Zweig  nach  den  Ostküsten  von  Neuseeland  sendet.  Die 
Wasser  des  nördlichen  Hauptarmes  gelangen  in  dem  Inselmeere  des 
Monsun-Gebietes  grösstentheils  zum  Stillstand.  Der  südliche  Arm 
schickt  einen  Zweig  durch  die  Korallen -See  nach  der  Südküste  von 
Neu-Guinea,  sowie  einen  anderen,  die  Ostaustral-Strömung,  nach 
der  Ostküste  von  Neu-Holland,  an  welcher  diese  in  der  Richtung  von 
Nord  nach  Süd  vorüberfliesst,  um  dann  nach  Osten  umzubiegen  und 
an  der  Westküste  Neuseeland's  zu  enden.  Ebenso  wendet  sich  jener 
Seitenstrom,  welcher  sich  von  den  Tubuai- Inseln  nach  der  Ostküste 
Neuseeland's  bewegt,  unter  dem  50.  Grad  s.  Br.  nach  Osten  und  lenkt 


78  Dritter  Theil.    Die  Wasser  -  und  Lufthülle  der  Erde. 

schliesslich  in  die  Gewässer  der  aus  dem  südlichen  Eismeere  kommen- 
den antarktischen  Driftströmung  ein.  ^ 
Diese  letztere  erfilllt  unter  dem  60.  Grad  s.  Br.  den  weiten  Raum 
zwischen  dem  100.  und  160.  Grad  w.  L.  v.  Gr.  Von  Südwest  her 
konmiend  trifft;  sie  ungefähr  zwischen  dem  40.  und  50.  Grad  s.  Br. 
auf  die  patagonischen  Küsten.  Hier  spaltet  sie  sich,  indem  sie  nach 
Nord  wie  nach  Süd  ausweicht,  in  zwei  Arme.  Der  eine  zieht  als 
Cap-Hoorn-Strömung  südwärts  und  dringt  jenseits  des  Feuer- 
landes in  den  Atlantischen  Ocean  ein;  der  andere  hingegen  begleitet 
nach  Nord  hin  die  Ufer  des  südamerikanischen  Continentes.  Der  letz- 
tere Arm  wird  auf  unseren  Karten  gewöhnlich  als  Peruanischer 
Strom  bezeichnet^).  Bis  zur  Parina-Spitze  ftihrt  sein  Lauf  dicht  an 
der  südamerikanischen  Westküste  hin ;  hierauf  tritt  er,  nach  Nordwesten 
und  Westen  fortschreitend  und  an  Breite  mehr  und  mehr  wachsend, 
in  die  südliche  Aequatorialströmung  ein.  Der  Peruanische  Strom  ist 
ein  ausgesprochen  kalter  Strom.  Unter  dem  Wendekreise  hat  er  nur 
eine  durchschnittlich^  Wärme  von  16  bis  17®  C,  während  der  offene 
Ocean  sonst  unter  gleicher  Breite  eine  mittlere  Temperatur  von  23  ^  C. 
aufvv^eist  Selbst  bei  den  Galapagos  macht  diese  Differenz  immer  noch 
gegen  5  ^  C.  aus.  Ein  Blick  auf  imsere  Karten  der  Meerestemperaturen 
(Fig.  4  imd  5)  zeigt  uns  deutlich,  dass  es  einzig  die  kalte  Peruanische 
Strömung  ist,  welche  die  Temperaturcurven  an  der  Westküste  Süd- 
amerika's  tief  nach  dem  Aequator  hin  zurückdrängt.  So  weicht  die 
Isokryme*)  von  20*^  C.  (die  Grenzisokryme  fiir  die  Korallenzone)  vom 
25.  Grad  s.  Br.  bis  über  den  Aequator,  nämlich  bis  zum  3.  Grad  n. 
Br.  zurück  (s.  Fig.  5).  Da  die  tägliche  Geschwindigkeit  der  Perua- 
nischen Strömung  12  bis  15  Seemeilen  beträgt,  so  fördert  sie  die 
Küsten&hrten  nach  Norden  in  ausserordentlicher  Weise,  während  sie 
diejenigen  nach  Süden  ebenso  sehr  hemmt  In  glächer  Weise  wie  die 
Bank  von  Neu  -  Fundland  und  die  japanischen  Küsten  sind  auch  die 
Meeresgebiete  zwischen  den  Galapagos -Inseln  und  Peru  das  Paradies 
aller  Fischesser. 

3.     Die   Strömungen   des   Indischen   Oceans.     In   dem 

^)  Vielfach  wird  ihr  auch  der  Name  Humboldts-Strömang  beigelegt.  Wie 
wenig  man  hierzu  berechtigt  ist,  beweisen  folgende  Worte  A.  y.  Humboldts: 
„Ebenso  protestire  ich  (auch  allenfalls  öffentlich)  gegen  alle  „Humboldt^sche 
Strömung.**  ....  Die  Strömung  war  300  Jahre  vor  mir  allen  Fischerjungen  von 
Chili  bis  Payta  bekannt;  ich  habe  bloss  das  Verdienst,  die  Temperatur  des 
strömenden  Wassers  zuerst  gemessen  zu  haben.''  (Briefwechsel  A.  ▼.  Hum- 
boldt's  mit  Heinrich  Berghaus.    Leipzig  1863.    Bd.  H,  S.  294  f.) 

*)  Unter  Isokrymen  versteht  man  Linien,  welche  die  Temperatur  im  käl- 
.  testen  Monat  des  Jahres  angeben. 


IV.    Daratellung  der  Meeresströmungen.  79 

nördCchen  Theile  des  Indischen  Oceans,  nämlich  im  Bengalischen  und 
Arabischen  Meerbusen,  bewirken  die  Monsune  periodische  Drifiströ- 
mungen;  südlich  vom  5.  Grad  s.  Br.  hingegen  findet  sich  ein  ähn- 
liches Circulationssystem  wie  in  den  beiden  anderen  oceanischen  Becken 
der  südlichen  Hemisphäre.  In  der  Gegend  der  Keeling-Insehi  setzt 
zwischen  dem  7.  und  20.  Grad  s.  Br.  der  Aequatorialstrom  ein 
(es  giebt  hier  nur  einen,  da  der  nördliche  Aequatorialstrom  fehlt) 
und  geht,  immer  in  derselben  Breite  verharrend ,  genau  in  der  Rich- 
tung von  Ost  nach  West  quer  über  den  Indischen  Ocean.  Oestlich 
von  Madagaskar,  in  der  Nähe  der  Maskarenen,  erweitert  er  sich  föcher- 
artig  und  theilt  sich  hierauf  in  drei  Arme.  Der  eine  derselben  wendet 
sich  nach  Norden  und  fliesst  (wenigstens  während  unseres  Sommers) 
zwischen  0  und  4^8.  Br.  von  West  nach  Ost  über  den  Indischen 
Ocean  zurück,  um  an  der  Ostseite  desselben  wieder  in  den  Aequatorial- 
strom zurückzukehren.  Er  repräsentirt  gewissermassen,  wenn  auch  nur 
unvollkommen,  die  äquatoriale  Gegenströmung  des  Indischen 
Oceans.  Die  anderen  beiden  Arme  umschliessen  im  Westen  und  Osten 
die  Insel  Madagaskar.  Während  der  nördliche  dieser  beiden  Arme 
als  Mozambique-Strom  den  Canal  gleichen  Namens  passirt  und, 
stets  in  unmittelbarer  Nähe  der  afrikanischen  Küste,  bis  zur  Südspitze 
Afrika's  vordringt,  gelangt  der  andere  Arm,  die  Insel  Madagaskar  zur 
Rechten  lassend,  auf  directem  Wege  ebenfalls  nach  den  Küsten  des 
Caplandes,  wo  sich  beide  vereinigen.  Südlich  vom  Caplande  (etwa 
unter  dem  40.  Grad  s.  Br.)  biegt  diese  warme  Strömung  nach  Osten 
um,  schreitet  quer  über  den  ganzen  Indischen  Ocean  bis  zur  West- 
seite Australien's,  sendet  jedoch  vorher,  etwa  unter  60^  ö.  L.  v.  Gr., 
einen  schwächeren  Arm  warmen  Wassers  nach  der  Kerguelen- Insel 
und  weiter  südwärts  mitten  durch  die  kalte  antarktische  Driftströmung, 
von  welcher  die  rücklaufende  Strömung  des  Indischen  Oceans  im  Sü- 
den begleitet  wird.  Die  genannte  antarktische  Driftströmung  aber  be- 
wegt sich  von  West  und  Südwest  her  der  Südwestspitze  Australien's 
zu.  Hier  spaltet  sie  sich  in  zwei  Arme,  von  denen  der  eine  als 
Westaustral  -  Strömung  der  Westküste  Australien's  folgt,  um 
dann  in  die  Aequatorialströmung  wieder  einzulenken,  während  der 
andere,  die  Südaustral  -  Strömung,  südlich  von  Australien  der 
Insel  Tasmanien  zusteuert  und  sich  im  Norden  und  Süden  derselben 
in  den  StiDen  Ocean  ei^esst. 

Auch  die  südhemisphärischen  Oceane  zeigen  eine  überraschende 
Aehnlichkeit  in  ihren  Strömungen.  In  ihnen  allen  vollzieht  sich  ein 
Kreislauf  in  gleichem  Sinne,  d.  h.  in  entgegengesetztem  Sinne  wie 
in  den  nordhemisphärischen  Becken.     Sie  alle  besitzen  ohne  Ausnahme 


80  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

ihre  Aeqoatoriaktrömuiigen ,  sowie  ihre  rücklaufenden  Strömiiiigen ; 
zu  der  kalten  Peroanischen  Strömung  finden  wir  Nachbilder,  wenn 
auch  schwächlicherer  Art,  in  der  Benguela-  und  Westaustral  -  Strö- 
mung, und  ebenso  wiederholt  sich  die  warme  Brasilianische  Strö- 
mung in  der  Mozambique-  und  Ostaustral- Strömung.  Eine  genauere 
Erforschung  namentlich  auch  der  Unterströme,  flir  ii^elche  bis  jetzt 
nur  ein  äusserst  geringes  Material  TorÜegt,  dürfte  vielleicht  zur  Ek*- 
kenntniss  noch  mancher  ^deren  Analogien  fuhren. 


V.    Die  Theorien  der  Meeresströmungen. 


n^ur  mit  innerem  Widerstreben  begeben  wir  uns  aus  dem  Bereich 
X 1  der  Thatsachen  hinüber  auf  das  Feld  der  Hypothesen  und  Theorien, 
hinüber  in  ein  Gebiet,  auf  welchem  sich  die  Anschauungen  der  grössten 
Physiker  noch  unvermittelt  einander  gegenüber  stehen.  Es  kann  natür- 
lich nicht  unsere  Absicht  sein,  hier  ein  Problem  zu  lösen,  welches  einem 
der  schwierigsten  Theile  der  theoretischen  Physik,  der  Hydrodynamik, 
angehört;  wir  werden  uns  vielmehr  bescheiden,  die  wichtigsten  Theorien 
mitzutbeilen  und  kritisch  zu  beleuchten. 

Sehr  oft  wird  bei  Behandlung  hierher  gehöriger  Fragen  darauf 
hingewiesen,  dass  die  Strömungen  des  Wasser-  und  Luftoceans  genau 
denselben  Bildungsgesetzen  untergeordnet  seien  und  dass  daher  auf  die 
einen  wie  auf  die  anderen  die  gleichen  Erklärungsprincipien  angewendet 
werden  müssten.  Indess  ist  dies  doch  nicht  völlig  zutreffend.  Wir 
machen  nur  auf  folgende  Gegensätze  zwischen  Wasser-  und  Luftocean 
aufinerksam.  Das  Meer  wird  nicht  wie  die  Atmosphäre  von  unten 
erwärmt,  sondern  von  der  Oberfläche;  daher  fehlt  im  Ocean  das  Ana- 
logen zu  den  aufsteigenden  Luftströmen  am  Aequator.  Femer  ist  die 
Bedeutung  der  Temperaturdifferenz  für  die  Entwicklung  von  Strömungen 
eine  viel  geringere  in  den  Oceanen  als  im  Luftkreise.  Der  Unterschied 
der  Meereswärme  am  Pol  und  am  Aequator  ist  verhältnissmässig  klein ; 
denn  er  beträgt  selbst  an  der  Oberfläche  höchstens  35  ®  C. ,  auf  dem 
Grunde  des  Oceans  aber  nur  4  ®  C.  Femer  sind  die  täglichen  Schwan- 
kungen der  Meerestemperaturen  kaum  bemerkbar,  und  selbst  die  jähr- 
lichen sind,  verglichen  mit  denen  der  Luft,  äusserst  geringftkgig.  Auch 
dehnt  sich  die  Luft  bei  gleicher  Temperaturerhöhung  viel  mehr  aus  als 
das  Wasser;  die  Luft  würde  bei  einer  Temperaturerhöhung  von  30  ®  C. 
um  Vio>  das  Wasser  hingegen  nur  um  Vss  ^^  Volumens  vergrössert 
werden.  In  Folge  dessen  sind  die  Gleichgewichtsstörungen  bei  -gleichen 
Temperaturveränderungen  für  jenes  Element  8V2  nial   so  gross  als  für 

Pescliel-Leipoldt,  Phys.  Erdlrancle.    II.  6 


82  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

dieses^),  weshalb  auch  die  Luftströme  heftiger  und  mächtiger,  daftir 
aber  weniger  beständig  sind  als  die  Meeresströme.  Endlich  ist  den 
Luftströmungen  ein  yid  fi*eierer  Spielraum  gewährt  als  den  Meeres- 
strömungen, denen  der  Weg  zu  einem  nicht  geringen  Theile  durch  den 
Verlauf  der  Küsten  vorgezeichnet  ist 

Die  Gresammtheit  der  Meeresströmungen  lässt  sich  im  allgemeinen 
in  zwei  Gruppen  zerlegen:  in  Strömungen,  die  sich  von  Ost  nach  West 
oder  in  umgekehrter  Richtung  bew^en  (unter  ihnen  vor  allem  die 
Aequatorialströmungen) ,  tmd  in  solche,  die  im  Sinne  der  Meridiane 
fortschreiten.  Bei  Mühry  finden  wir  fiir  die  ersteren  auch  die  Aus- 
drücke longitudinale  oder  ßotationsströmungen,  ftir  die  letzteren  die 
Namen  latitudinale  oder  Thermalströmungen. 

Die  von  Ost  nach  West  gehenden  Aequatorialströmungen 
haben  Kepler*)  und  nach  ihm  Kant^)  von  der  im  entgegengesetzten 
Sinne  sich  vollziehenden  Kotation  der  Erde  abgeleitet  Nach  die- 
ser Anschauung  werden  die  nur  locker  auf  dem  festen  Erdkörper  auf- 
liegenden Wasser  in  Folge  ihres  Trägheitsvermögens  durch  die  Botation 
der  Erde  „gleichsam  zurückgeschleudert^.  Diese  Ansicht  lässt  einmal 
die  in  drei  Oceanen  vorhandene  Aequatorialg^enströmung  unerklärt. 
Vor  allem  aber  darf  man  mit  Bestimmtheit  annehmen,  dass,  wenn 
selbst  im  AnfEuig  der  Ocean  der  rotirenden  Erde  nicht  in  gleichem 
Schritte  gefolgt  wäre,  er  doch  im  Laufe  so  langer  Zeiträume  von  einer 
ununterbrochen  wirksamen  Kraft  zu  einer  mit  der  Erde  vöDig  gleichen 
Bewegung  genöthigt  worden  sein  müsste.  Kant  hat  dies  übrigens 
ftir  die  Luftströmungen  selbst  zug^eben;  ebenso  gilt  dasselbe  unzwei- 
felhaft ftir  die  Meeresströmungen,  da  die  Beibung  der  Wassertheilchen 
unter  einander  und  an  dem  festen  Erdkörper  während  unendlich  langer 
Zeiträume  sicher  im  Stande  ist,  der  Wassermasse  eine  der  Rotation 
der  Erde  völlig  entsprechende  Bewegung  mitzutheilen  ^). 

Eine  andere  Theorie  ftihrt  die  Aequatorialströmungen  auf  das  Auf- 
steigen der  Bodenwasser  am  Aequator  zurück.  Nach  dieser 
Theorie  entftdten  sich  die  Aequatorialströmungen  in  folgender  Weise : 
Stünde  die  Erde  still,  so  würde  sich  w^en  der  stärkeren  Erwärmung  der 
äquatorialen  Wasser  eine  verticale  CSrcuiation  entwickefai :  Die  warmen 
äquatorialen'  Wasser  würden  an  der  Oberfläche  nach  den  Polen  zu  ab- 

■)  A.  Mühry  in  der  Zeitschrift  der  österr.  Gesellschaft  far  Meteorologie. 
Bd.  IX  (1874),  S.  279. 

^  A.  Mührj,  lieber  die  Lehre  tod  den  Meeresströmungen.    S.  6. 

*)  Kant,  Schriften  zur  physischen  Geographie.  Bd.  VI  (Rosenkrans- 
Schubert'sche  Ausgabe),  S.  490. 

*)  Otto  Krümmel,  Die  äquatorialen  Meeresströmungen.  Leipzig  1877. 
S.  31  f. 


y.    Die  Theorien  der  Meeresströmongen.  83 

fliessen,  dort  erkaltet  zu  Boden  sinken,  als  kalte  Wasser  submarin  dem 
Aequator  zueilen  und  sich  hier  wieder  erwärmt  erheben.  Nun  aber 
besitzt  die  Erde  eine  Rotation  von  West  nach  Ost.  Demnach  gelangen 
die  am  Aequator  empordringenden  Wasser  in  inmier  schneller  rotirende 
Schichten,  und  da  sie  das  Bestreben'  haben,  ihre  ursprtlngliche  Bota- 
tionsgeschwindigkeit  zu  bewahren,  so  bleiben  sie  nach  West  hin  zu- 
rück, d.  h.  sie  bilden  eine  gegen  West  gerichtete  Strömung. 

Scheinbar  bestätigt  wird  diese  Theorie  durch  die  eisigen  Grund- 
wasser der  äquatorialen  Meeresgebiete,  durch  das  örtlich  beobachtete 
(freilich  vielfiach  auch  vermisste)  Emporsteigen  der  submarinen  Iso- 
thermen nach  dem  Aequator  hin,  sowie  durch  die  vom  Aequator  aus 
nach  Nord  imd  Süd  hin  abnehmenden  Geschwindigkeiten  der  Aequa- 
torialströmungen  ^). 

Indess  regen  sich  auch  gegen  diese  Theorie  sofort  ernste  Bedenken. 
Zunächst  ist  es  sehr  zu  bezweifeln,  dass  am  Aequator  ein  intensives 
Aufsteigen  stattfindet.  Hiergegen  zeugen  vor  allem  die  Oberflächen- 
temperaturen. Würde  sich  nämlich  das  Wasser  rasch  erheben,  so 
müssten  sich  in  der  Nähe  der  Oberfläche  fast  dieselben  Temperaturen 
vorfinden  wie  in  der  Tiefe,  da  das  Wasser  nur  von  oben  her  erwärmt 
wird  und  seine  Wärmeleitungsfähigkeit  eine  sehr  geringe  ist,  die  Wärme 
siao  auch  nur  äusserst  langsam  in  die  Tiefe  hinabdringt.  Statt  dessen 
aber  zeigen  die  Oberflächenschichten  der  äquatorialen  Meere  sehr  hohe 
Temperaturen.  Und  selbst  wenn  ein  rasches  Emporsteigen  der  äqua- 
torialen Wasser  nachgewiesen  werden  könnte,  so  liesse  sich  immer  noch 
daran  zweifeln,  dass  hierdurch  kräftige  Aequatorialströmungen  entstehen 
könnten.  Würde  ein  Körper  aus  einer  Tiefe  von  2100  Faden  unter 
der  mathematischen  Erdoberfläche  (unge&hre  Tiefe  des  Meeres  am 
Aequator)  frei  emporgeschleudert  bis  zu  dem  genannten  Niveau,  so 
würde  er  allerdings  mit  einer  Rotationsgeschwindigkeit  hier  anlangen, 
vermöge  deren  er  am  Aequator  täglich  13  Seemeilen  nach  Westen  zu- 
rückbUebe.  Nun  aber  kann  hier  von  einem  freien  Emporschnellen 
nicht  die  Rede  sein.  Vielmehr  ist  jedes  Wassertheilchen  ein  Glied 
einer  grossen  Masse,  mit  welcher  es  durch  innere  Kräfte  verbunden 
ist;  die  durch  die  Theorie  geforderte  rückläufige  Bewegung  erfahrt  da- 
her thatsächlich  eine  bedeutende  Abschwächung^).  Es  bezeichnet  dem- 
nach die  gefundene  Bewegungsgrösse  von  13  Seemeilen  einen  unter  den 
thatsächlichen  Verhältnissen  unerreichbaren  Maximalwerth,  und  doch 
beträgt  die  wirkliche  Geschwindigkeit  der  Aequatorialströmungen  im 
Mittel  wahrscheinUch  noch  über  13,   in  einzelnen  Fällen   aber  sogar 

»)  Otto  Krümmel,  1.  c.  S.  40  f. 

«)  Vgl.  hierzu  OttoKrümmel,  1.  c.  S.41  f.  K.Zöppritz,  Göttingische 
gelehrte  Anzeigen.    24.  April  1878.    Stück  17.    S.  522  f. 


84  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  and  Lufthülle  der  Erde. 

20  bis  25,  ja  nahessa  30  Seemeilen.  Mithin  kann  ssam  mindesten  das 
Aufsteigen  der  äquatorialen  Wasser  nicht  die  alleinige  Ursache  der 
nach  West  gerichteten  äquatorialen  Strömungen  sein. 

Von  allen  Versuchen^  die  Aequatorialströmungen  zu  erklären,  er* 
fi^ut  sich  seit  einem  Jahrhundert  unter  Geographen  und  Seelenten 
keiner  eines  grösseren  BeifaUs  als  derjenige,  welcher  die  Passate  zum 
Motor  jener  Strömungen  macht. 

Schon  Franklin  betrachtete  den  Passatwind  als  den  Uibeber 
des  seinen  „Gol&trom^  erzeugenden  Aequatorialstromes;  ebenso  scheint 
A.  y.  Humboldt  den  Passaten  eine  gleiche  Bedeutung  zuerkannt  zu 
haben^).  Vor  allem  aber  war  es  Rennell,  welcher  die  Lehre  von 
den  durch  Winde  hervorgerufenen  „Driftströmungen^  (Drificurrents) 
ausbildete.  Hiain  folgten  ihm  Sir  John  Herschel,  Croll,  Laugh- 
ton,  Carpenter  u.  a.,  obwohl  es  auf  d^  anderen  Seite  auch  nicht 
an  Gegnern  dieser  Anschauung  fehlte.  Der  schwerste  Einwand,  wel- 
cher Yon  Seiten  der  letzteren  gegen  die  Passattheorie  geltend  gemacht 
wurde,  war  der,  dass  die  zwar  beständig,  aber  sanft  wehenden  Passate 
das  Meer  nicht  über  5  —  6  Faden  tief  in  Bewegung  zu  setzen  ver- 
möchten'), während  doch  nach  zwei  Beobachtungen  Irminger's^)  die 
nördliche  Aequatorialströmung  des  Atlantischen  Oceans  bis  zu  einer 
Tirfe  von  gegen  500  Faden  hinabreicht 

Dieses  Bedenken,  welches  noch  vor  wenigen  Jahren  völlig  gerecht* 
fertigt  war,  ist  jedoch  hinfiillig  geworden  durch  eine  ausserordenüidi 
werthvolle  Arbeit  von  K.  Zöppritz,  betitelt:  „Zur  Theorie  der 
Meereströmungen^  ^),  in  welcher  durch  eine  eingehende  physikalische 
Analyse  gezeigt  ist,  wie  oberflächliche  Impulse  auf  flüssige  Massen 
wirken  und  sich  durch  die  Reibung  der  Flüssigkeitsschichten  gegen 
einander  in  die  Tiefe  fortpflanzen. 

Die  wichtigsten  Resultate  dieser  Arbeit  sind  folgende:  Wird  eine 
ebene  Flüssigkeitsschicht  durch  irgend  eine  Ursache  in  ihrer  eigenen 
Ebene  mit  gegebener  Geschwindigkeit  fortbewegt,  so  kann  die  ihr  an- 
U^ende  Schicht  nicht  in  Ruhe  bleiben,  sondern  erfährt  in  Folge  des 
molecularen  Zusammenhangs  mit  jener  einen  Antrieb  zur  Bewegung 
in  gleicher  Richtung  und  erlangt  bei  fortdauernd  gleichförmiger  Bewe- 
gung der  ersten  Schicht  sdbst  eine  G^eschwindigkeit,  die  sich  derjenigen 
der  ersten  Schicht  immer  mehr  nähert  Die  zweite  Schicht  wirkt  nun 
auf  die  dritte   wie  die  erste  auf  die  zweite,  und  so  schreitet  die  Be- 

>)  Kosmos.    Bd.  I,  S.  326. 

')Findlay,  A  Directory  for  the  NaTigation  of  the  Pacific  Oceao. 
London  J851.   Part  11,  p.  1238. 

')  Zeitschrift  für  Allgemeine  Erdkunde.    Berlin  1S54.    Bd.  III,  S.  173. 
*)  Wiedemann*8  Annalen.     Nene  Folge.    Bd.  III  (1S78),  S.  582—607. 


Y.    Die  Theorien  der  Meeresstromiingeik.  85 

w^ang  nadi  unteo  Ton  Sdiidit  sa  Schicht  weiter  bis  dahin,  wo  sich 
die  letzte  Flüssigkdtsschicht  mit  &net  faeskea  Gnmdlage  baOhrt 

W^in  sdt  oneiidlich  langer  Zeit  die  OberflSchenachicht  dner  in 
horizontaler  Richtung  unbegrenzten  Flüssigkeitsmasse  immer  in  der- 
selben Geschwindigkeit  ehalten  worden  ist,  so  befindet  sich  die  ganze 
Wassermasse  in  dnem  stationären,  d.  h.  mit  der  Zeit  nicht  mehr  ver- 
änderiichen  Bew^nngszostand.  Die  Greschwindigkeit  ist  dann  nur 
durch  die  Tiefe  unter  der  Oberfläche  bedingt,  und  zwar  nimmt  sie  in 
demselben  Masse  ab,  wie  die  Tiefe  zunimmt,  bis  sie  am  Boden  gleich  0 
ist,  was  durch  die  Gleichung  ausgedrückt  wird: 

wenn  x  eine  gewisse  Tiefe,  tr,  die  Greschwindigkeit  in  derselben,  t^o 
die  Geschwindigkeit  an  der  Oberfläche  und  h  den  Abstand  der  un- 
tersten und  obersten  Schicht  bezeichnet. 

Bei  dem  nach  unendlich  langer  Zeit  hervorgerufenen  Bewegungs- 
zustand ist  die  Gkschwindigkeitsvertheilung  vom  Reibungscoefficienten 
völlig  unabhängig;  sie  ist  demnach  in  einer  dünnen  Flüssigkeit,  wie 
Wasser,  dieselbe  wie  in  einer  dickflüssigen,  z.  B.  in  Syrup.  Die  Ab- 
hängigkeit vom  Reibungscoefficienten  kommt  erst  bei  zeitlich  veränder- 
lichen  Bewegungen  zur  Geltung  und  gewährt  ein  Mass  fUr  die  Tiefe, 
bis  zu  welcher  hinab  der  Oberflächenantrieb  innerhalb  einer  gewissen 
Zeit  wirkt 

Für  die  Geschwindigkeit  in  der  Tiefe  einer  ursprünglich  ruhenden 
Wassermasse  ermittelte  Zöppritz  das  Gesetz,  dass  eine  beliebige, 
zwischen  0  und  Wq  ^)  feilende  Geschwindigkeit  zu  verschiedenen  Zeiten 
in  Tiefen  eintritt,  welche  sich  verhalten  wie  die  Quadratwurzeln  aus 
den  Zeiten.  Eine  weitere  Berechnung  ergab,  dass  239  Jahre  nöthig 
sind,  damit  die  Wassertheilchen  in  100  Meter  Tiefe  die  halbe  Ge- 
schwindigkeit der  Oberfläche  erlangen,  doch  nur  41  Jahre,  damit  ein 
Zehntel  der  Oberflächengescbwindigkeit  so  tief  eindringt  Dieselben 
Geschwindigkeiten  sind  demnach  in  10  Meter  Tiefe  schon  nach  2,39, 
bez.  0,41  Jahren  erreicht.  Der  Reibungscoäfficient  des  Meerwassers 
wurde  dabei  nach  O.  E.  Meyer' s  Bestimmungen  zu  0,0144  ange- 
nommen, wobei  Centimeter  und  Secunde  die  zu  Grunde  liegenden  Ein- 
heiten sind.  Für  zähere  Flüssigkeiten  würden  natürlich  die  entspre- 
chenden Werthe  kleiner  sein. 

Die  oben  angefahrten  Zeiten  belehren  ims,  dass  sich  Bewegungen 
nur  äusserst  langsam  in  die  Tiefe  fortpflanzen ;  dasselbe  gilt  aber  auch 
fbr  das  Eindringen  einer  Geschwindigkeitsänderung  von  der  Ober- 

^)  Wo  bezeichnet  die  constante  Geschwindigkeit  an  der  Oberfläche  seit 
einer  gewissen  Zeit. 

N 


86  Dritter  Tbeil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

fläche  her,  deren  Einfluss  sich  zu  der  fiiiher  vorhandenen  Bewegung 
einfach  addirt  Wirken  deshalb  Gegenwinde  oder  Stürme  vorüber- 
gehend auf  eine  stationäre,  linear  mit  der  Tiefe  sich  verzögernde  Strö- 
mung ein,  80  werden  dadurch  nur  die  oberflächlichsten  Schichten  Ge- 
schwindigkeitsveränderungen erfahren;  weiter  abwärts  hingegen  wird 
eine  mittlere,  mit  der  Zeit  nur  sehr  wenig  veränderUche  Geschwindig- 
keit herrschen,  welche  durch  die  mittlere  Geschwindigkeit  an  der 
Oberfläche  bedingt  ist.  Für  die  Richtung  derselben  sind  die  vorwal- 
tenden Winde  massgebend;  von  ihrer  Stärke  ist  zugleich  die  Schnel- 
Ugkeit  der  Strömung  abhängig. 

Wechseln  die  Winde  periodisch  mit  den  Jahres-  und  Tageszeiten, 
so  wird,  nachdem  dieser  periodische  Zustand  eine  unendlich  lange  Zeit 
gewährt  hat,  die  Geschwindigkeit  in  jeder  Tiefe  eine  periodische  Func- 
tion der  Zeit  von  gleicher  Periode,  aber  mit  nach  abwärts  schnell  sich 
verringernder  Amplitude  der  Veränderlichkeit  und  verzögertem  Eintritt 
der  Maxima  und  Minima.  In  einer  Tiefe  von  10  Metern  wird  die 
Amplitude  der  jährlichen  Oscillation  schon  auf  weniger  als  Via  verrin- 
gert; in  100  Meter  Tiefe  wird  sie  ganz  unmerklich.  Dort  entspricht 
die  Geschwindigkeit  dem  stationären  Zustande;  sie  ist  dieselbe,  wie 
wenn  der  Oberfläche  die  mittlere  jährliche  Geschwindigkeit  ertheilt 
würde.  Wenn  die  Tiefen  in  arithmetischer  Reihe  abnehmen,  so  nehmen 
die  Amplituden  der  Oscillation  in  geometrischer  Reihe  ab,  der  Art,  dass 
in  vier  Tiefen  a?! ,  x^,  x^j  x^j  die  so  gelegen  sind,  dass  0:4  —  Xs  = 
X2  —  Xiy  die  Amplituden  ^^ ,  ^27  ^3  >  ^4  ^  den  Verhältnissen 
stehen: 

i9"4  :  i9'3  =  i9"2  :  fl*!. 

Je  ein  Maximum  imd  das  darauf  folgende  Minimum  der  Oscillation  von 
der  Dauer  eines  Jahres  finden  sich  gleichzeitig  in  einem  Tiefenabstand 
von  11,9  Metern. 

Zöppritz  bat  femer  ermittelt,  welche  Zeit  eine  constant  bleibende 
Oberflächenbewegung  gebraucht,  um  im  Innern  eines  4000  Meter  tiefen, 
vorher  ruhenden  Oceans  den  stationären  Zustand  herbeizuftihren.  Nach 
10  000  Jahren  herrscht  in  der  halben ,  d.  h.  in  2000  Meter  Tiefe  erst 
die  Geschwindigkeit  0,037  Wq,  während  doch  im  stationären  Zustand 
(vgl.  S.  85)  die  Geschwindigkeit  0,5  iVg  betragen  muss.  Nach  10  000 
Jahren  ist  somit  in  solchem  Falle  der  Ocean  noch  weit  vom  stationären 
Zustand  entfernt  Nach  100  000  Jahren  ist  in  der  genannten  Tiefe  die 
Geschwindigkeit  schon  0,461  Wq^  also  dem  definitiven  Werthe  schon 
sehr  nahe.  Nach  200  000  Jahren  weicht  sie  nur  noch  in  der  dritten 
Dedmalstelle  um  zwei  Einheiten  davon  ab.  —  Ausserdem  ist  noch 
hervorzuheben,  dass  flir  einen  Strom  im  stationären  Zustande  der  Ein- 
fluss der  Ufer  auf  die  Geschwindigkeitsvertheilung  ein  ausserordentlich 


V.    Die  Theorien  der  MeeresBtrömuDgen.  87 

geringer  ist,  sowie  dass  in  einer  Fltissigkeitsscliicht  von  constanter 
Tiefe  sehr  wohl  zwei  parallel  derselhen  Geraden,  aher  in  entgegen- 
gesetzten Bichtongen  verlaufende  stationäre  Strömungen,  ohne  sich  zu 
stören,  an  einander  grenzen  können.  Ihre  Scheidefläche  ist  dann  eine 
ihrer  Richtung  parallele  Verticalebene,  in  welcher  die  Geschwindigkeit 
=  0  ist,  die  sich  also  gegen  jeden  Strom  wie  ein  festes  Ufer  verhält. 

Ueber.die  hohe  Bedeutung  der  Z  ö  p  p  r  i  t  z '  sehen  Untersuchimgen  flir 
die  Lehre  von  den  Meeresströmungen  kann  kein  Zweifel  bestehen;  sie 
sind  besonders  insofern  von  grosser  Wichtigkeit,  als  sie  den  Winden 
die  bisher  nur  als  schwächliche  Motoren  der  oceanischen  Oberflächen- 
wasser angesehen  wurden,  eine  ausserordentliche  Machtflllle  zuerkennen. 
Hervorzuheben  sind  namentlich  folgende  den  bisherigen  Anschauimgen 
mehr  oder  weniger  widersprechende  Sätze:  Constante  Oberflächen- 
ströme,  wie  die  durch  die  Passatwinde  erzeugte  Drift  in  den  tropischen 
Oceanen,  machen  sich  mit  linear  abnehmender  Geschwindigkeit  bis  auf 
den  Grund  hinab  bemerkhch.  Aendem  sich  die  periodisch  oder  un- 
periodisch  an  der  Oberfläche  thätigen  Kräfte,  so  pflanzen  sich  ihre 
Wirkungen  nur  äusserst  langsam  in  die  Tiefe  hinein  fort;  ftir  die 
periodischen  vermindert  sich  die  Amplitude  nach  der  Tiefe  zu  sehr 
schnell.  Aus  alledem,  aber  geht  hervor,  dass  die  Bewegung  des  Haupt- 
körpers einer  periodisch-veränderlichen  Oberflächenkräften  unterworfenen 
Wasserschicht  durch  die  mittlere  Geschwindigkeit  der  Oberfläche  be- 
stimmt ist  und  dass  die  periodischen  Veränderungen  nur  in  eine  dünne 
Oberflächenschicht  eindringen. 

Prüfen  wir  nun  nach  diesen  theoretischen  Erörterungen,  ob  die 
Meeresströmungen  der  äquatorialen  Gebiete  mit  den  dortigen  Wind- 
strömungen im  Einklang  stehen,  so  lässt  sich  allerdings  eine  allgemeine 
Harmonie  dieser  beiden  Gruppen  von  Erscheinungen  nicht  verkennen. 
Sie  beide  beherrschen  im  wesentlichen  ein  und  dasselbe  Terrain.  Auch 
erleiden  die  Aequatorialströmungen  im  Atlantischen  Ocean  in  ganz 
ähnlicher  Weise  wie  die  Passate  und  nahezu  gleichzeitig  noit  ihnen  eine 
Verschiebung  nach  Nord  und  nach  Süd,  während,  wenigstens  vom 
Juni  bis  September,  zwischen  beiden  Passaten  (genau  auf  dem  Gebiet 
der  Guinea -Strömung)  ein  Südwestmonsun  nach  der  afrikanischen 
Küste  weht 

Wenn  g^en  den  behaupteten  Causalnexus  zwischen  Passaten  und 
äquatorialen  Strömungen  der  Einwand  erhoben  wird  i),  dass  die  Passate 
in  der  Nähe  des  Aequators  schwächer  blasen,  während  die  Stärke  der 
Meeresbewegung   dort   am  grössten  ist,    so  dürfte  zwar  das  letztere, 

^)  A.  Mühry  in  Petermann's  MittheiloDgen  1874,  S.  373.  Zeitochrift 
der  österr.  Gesellschaft  für  Meteorologie.    Bd.  X  (1875),  S.  173. 


88  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  and  Lufthülle  der  £rde. 

ab^  nicht  das  erstere  mit  Sicheriieit  erwiesen  sein.  Leider  fehlt  es 
in  dieser  Hinsicht  noch  sehr  an  genauem  und  nmBsissendem  Beobach- 
tmigsmateriaL  Vielleicht  setzt  auch  das  Wasser,  enigegen  dem  Ver- 
halten der  Luft,  nur  deshalb  seinen  Weg  nach  dem  Aequator  mit  be- 
schleunigter Geschwindigkeit  fort,  weil  es  in  der  einmal  angenommenen 
Bewegung  beharrUcher  ist  als  die  Luft  und  stets  unter  dem  (wenn 
auch  ein  wenig  schwächer  werdenden)  Antrieb  der  Luft  bleibt. 

Viel  wichtiger  dünkt  uns  dine  andere,  längst  schon  allgemein  an- 
erkannte Thatsache  zu  sein,  welche  eben&lls  die  Intensitäten  der  Passate 
betriffl;:  dass  nämlich  der  Südostpassat  auf  der  Diagonalzone  zwisdien 
dem  Cap  der  Guten  Hoffnung  und  Gap  San  Boque  sich  viel  stärker 
und  steter  entfaltet  als  der  Nordostpassat.  Maury^)  hat  dies  ermit. 
telt  durch  die  Berechnung  der  durchschnittlichen  Greschwindigkdten, 
mit  welchen  die  von  Ostindien  nach  Nordamerika  heimkehrenden  Schiffe 
die  Passatregionen  durchschneiden«  Es  ergab  sich,  dass  sich  die  Stärke 
des  Südostpassates  zu  der  des  Nordostpassates  verhält  wie  etwa  4  :  3. 
Dieses  Resultat  ist  fbr  uns  in  doppelter  Beziehung  von  Bedeutung. 
Erstens  hilft  es  uns  mit  erklären,  warum  die  Aequatorialströmungen  in  der 
Nähe  des  Aequators  (insbesondere  zwischen  dem  2.  Grad  n.  Br.  und  dem 
6.  Grad  s.  Br.)'am  kräftigsten  sind^;  denn  dieses  Gebiet  steht  noch  unter 
der  Herrschaft  des  Südostpassats.  Zweitens  stimmen  mit  jenem  Inten- 
sitätsverhältniss  der  Passate  (4  :  3)  die  aus  den  bisherigen  Au&eich- 
nungen  berechneten  mittleren  Geschwindigkeiten  der  nördlichen  und 
südlichen  Aequatorialströmung  auffallend  überein;  denn  die  mittlere 
Bew^ungsstärke  der  südlichen  Aequatorialströmung  beträgt  16,2  See- 
meilen, der  nördUchen  13,1  Seemeilen  ^);  wir  begegnen  hier  also  Strom- 
intensitäten, die  sich  annähernd  ebenfsLlls  verhalten  wie  4  :  3. 

Besondere  Schwierigkeiten  scheinen  der  Passattheorie  aus  einer 
Thatsache  zu  erwachsen,  auf  die  Otto  ErümmeP)  aufinerksam  ge- 
macht hat  An  der  ganzen  Westküste  Südafirika's  vom  Capland  bis 
zu  den  Guineainseln  wehen  die  Passate,  „detrahirt^^  durch  das  süd- 
afrikanische Hochland,  von  Süd  nach  Nord;  erst  mehr  als  100  Md- 
len  westwärts  von  der  Küste  tritt  der  regelmässige  Südostpassat  auf. 
Das  Gebiet  der  Calmen  li^  dort  im  Mittel  zwischen  dem  2.  und 
5.  Grad  n.  Br.  Man  erwartet  demnach,  dass  die  Wasser  der  Ben- 
guela-Strömung  durch  den  Südpassat  bis  zum  ^gerdelta  nach  Norden 
gedrängt  und  hier  ent  durch  den  afiikanisdien  Continent  nach  Westen 

^)  M.  F.  Manry,  ÄTerage  force  of  the  trade winds  in:  Sailing  direc- 
tions   etc.  S^  ed.  Washington  1 859.  Vol.  II,  p.  857  sq. 

«)  Vgl.  oben  S.  57. 

»)  L  c.  S.  34  f. 


V.    Die  Theorien  der  Meeresströmungen.  89 

abgelenkt  würden.  Statt  dessen  aber  wendet  sich  die  südliche  Aequa- 
torialströmang  wider  Erwartung  mit  scharfem  Knie  schon  bei  Gap 
Lopez  nach  Westen. 

Vielleicht  lässt  sich  diese  Anomalie  in  folgender  Weise  erklären: 
Das  Gebiet  des  Südostpassats  reicht  nach  Norden  zu  fast  genau  bis 
zur  Breite  von  Cap  Lopez.     Bleibt  nun  dieses  Gebiet  auch  zu  weit  von 
der  afrikanischen  Küste  entfernt,  als  dass  man  jenes  Knie  der  directen 
Wirkung  des  Passats  zuschreiben  könnte,  so  ist  derselbe  doch   mittel- 
bar  die  Ursache  jener  plötzlichen  Crirsveränderung  der  Benguelaströ- 
mung.     Der  Passat  treibt  die  Wasser  der  südUchen  Aequatorialströmung 
nach  Westen.    Da  sich  nun  nach  hydrostatischen  Gesetzen  keine  Lücke 
im  Ocean  behaupten  kann,  so  muss  zur  Bewahrung  des  Gleichgewichts 
eine  Strömung   nach   dem  Orte   des  Abflusses    hervorgerufen   werden, 
welche  die  vom  Passat  fortgeführten  Wasser   ersetzt.      Dies  ist  aber 
"der  bei   Cap  Lopez   scharf  umbiegende  östliche  Theil   der  südlichen 
Aequatorialströmung.     Das  Motiv  ist  demnach  aspirativ,   nicht  propul- 
siv  wie  bei  den  durch  den  Passat  direct  erzeugten  Strömungen. 

Die  Guineaströmung  entsteht  offenbar  dadurch,  dass  die  bei- 
den Aequatorialströme  nach  ihrem  Anprall  an  die  Westufer  des  Oceans 
nicht  allein  polwärts  nach  Nord  und  Süd  abfliessen,  sondern  auch  je 
einen  schwächeren  Zweig  nach  innen  senden ;  beide  vereint  bilden  dann 
die  Guineaströmung,  deren  Geschwindigkeit  ja  auch,  wie  die  Theorie 
verlangt,  mit  derjenigen  der  sie  erzeugenden  Ströme  annähernd  über- 
einstimmt. Aber  warum  taucht  dieselbe  nicht  am  Westrande,  sondern 
erst  in  der  IVIitte  des  Oceans  auf?  Sicher  dringt  sie  nicht  aus  der  Tiefe 
desselben  empor,  wie  schon  ihre  relativ  hohen  Temperaturen  zeigen. 
Die  Ursache  hiervon  ist  vielmehr  darin  zu  suchen,  dass  sich  die  Con- 
tinente  nicht  vertical,  sondern  in  sanften  Böschungen  aus  dem  Meere 
erheben  und  ausserdem  der  Verlauf  der  Küsten,  besonders  der  süd- 
amerikanischen, ein  sehr  unregelmässiger  ist;  hierdurch  wird  das  Zu- 
standekommen regelmässiger  Stromfiguren  wesentlich  gestört.  Femer 
ist  die  viel  geringere  Geschwindigkeit  der  nördlichen  Aequatorialströ- 
mung gegen  die  südliche  nicht  ohne  Bedeutung  für  die  Eigenthümlich- 
keiten  im  Auftreten  des  Guineastromes  ^).  Vor  allem  aber  scheint  uns 
das  Fehlen  des  Passats  an  jener  Stelle  entscheidend  zu  sein  für  die 
Lage  und  Entwicklung  des  Guineastromes.  Er  wird  im  westlichen 
Theile  des  Atlantischen  Oceans  besonders  deshalb  vermisst,  weil  hier 
die  ziemlich  genau  von  Ost  her  wehenden  Passate  fast  unmittelbar  zu- 
sammenstossen ,  ohne  eine  Zwischenzone  zwischen  sich  zu  haben.  Er 
entfaltet   sich  jedoch  auf  demselben    keilfbrmigen ,    nach  Westen  zu- 

*)  K.  Zöppritz  in  Wiedemann's  Annalen,  Bd.  ^  '>6. 


90  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

gespitzten  Raum,  welcher  aof  den  Windkarten  Stillten  und  wechselnde 
Südwest-  und  Nordostmonsune  (jene  im  Sommer,  diese  im  Winter) 
aufweist,  also  da,  wo  die  Macht  der  Passate  gebrochen  ist  Nun  ist 
es  klar,  dass  die  Guineaströmung  nicht  durch  die  Südwestmonsune 
verursacht  wird,  da  diese  nur  vom  Juni  bis  September  wehen,  wäh- 
rend die  Guineaströmung  in  keinem  Monate  erstirbt  Sie  bemächtigt 
sich  aber  gerade  jenes  passatlosen  Raumes,  weil  sie  hier  den  geringsten 
Widerstand  zu  bewältigen  hat  Ihr  ansehnHches  Wachsthum  während 
der  Sommermonate  hat  offenbar  darin  seinen  Grund,  dass  sie  sich  vom 
Juni  bis  September  in  gleichem  Sinne  mit  den  Südwestmonsunen 
bewegt 

Wir  leugnen  nicht,  dass  der  obige  Versuch,  die  äquatorialen 
Strömungen  des  Atlantischen  Oceans  den  ihn  beherrschenden  Winden 
dienstbar  zu  machen,  zum  Theil  noch  den  Charakter  des  Hypothetischen 
an  sich  trägt.  Bekräftigt  würde  die  Passattheorie,  sobald  auch  im 
Stillen  'und  Indischen  Ocean  Luft-  und  Meeresströmungen  in  harmo- 
nischer Uebereinstimmung  sich  beiden.  Zwar  fehlt  es  hier  noch 
mehr  an  vollständigem  Beobachtungsmaterial;  doch  sind  wenigstens  im 
allgemeinen  die  verwandtschaftlichen  Züge  beider  Gruppen  von  Er- 
scheinungen nicht  zu  verkennen.  In  dem  ösüichen  und  mittleren 
Theile  des  Stillen  Oceans  entsprechen  sich  die  Grenzen  der  Passate 
ujid  der  Aequatorialströmungen  ziemlich  gut;  besonders  bemerkenswerth 
ist,  dass  innerhalb  der  grossen  Inselflur  westlich  von  den  Tuamotu- 
Inseln,  also  im  Gebiet  der  wechselnden  Südost-  und  Nordwest-Mon- 
sune, eine  Ermattung,  resp.  Theilung  des  südlichen  Aequatorialstromes 
in  schwächere  Arme  eintritt.  Viel  umfangreicher  als  das  Terrain  des 
Südostpassats  ist  im  Stillen  Ocean  dasjenige  des  Nordostpassats;  denn 
der  letztere  weicht  erst  westwärts  der  Marianen  den  ^Monsunen.  Doch 
erreicht  auch  er  nicht  die  Westufer  des  Stillen  Oceans.  Wenn  trotz- 
dem der  nördliche  wie  der  südliche  Aequatorialstrom  im  westlichen 
Theile  dieses  Weltmeeres  bis  an  die  Ostränder  des  asiatischen  und 
australischen  Continents  und  der  Inselwelt  zwischen  ihnen  vordringen, 
so  ist  dies  wohl  die  Folge  davon,  dass  eine  so  starke,  über  den 
grössten  aller  Oceane  sich  erstreckende  Wasserbewegung  nicht  durch 
so  schwache  ]Mittel,  wie  es  die  periodisch  entg^en  wehenden  Monsune 
sind,  plötzlich  zum  Stillstand  gebracht  werden  kann  ^).  Zudem  er&hrt 
die  westwärts  gerichtete  Strömung  des  Wassers  periodisch  eine  Unter- 
stützung durch  den  Nordost-,  resp.  Südostmonsun  während  der  süd- 
lichen, resp.  nördlichen  Declination  der  Sonne,    Was  die  äquatoriale 

')   Vgl.    hierzu  K.    ZÖppritz    in   WiedemauD's   Annaleo,   Bd.  VI 
(1879),  S.  608. 


Y.   Die  TUeonen  der  Meeresstroimiiigeii.  91 

Gregenströmiiog  b^riffi,  so  fiegt  sie  aadi  hier  in  der  S^^dickeii  Hafte 
des  Ooeans  nöidEch  Tom  Aeqaativ  und  Mit  mit  emem  nadi  West 
hin  Zugespitzten  Baum  zusammen,  in  ^reichen  auf  den  Windkaiten 
Stillten  und  für  den  Sommer  Südwestwinde  eingetragen  sind«  Sie  ist 
vielleicht  eine  Aus^eichsstromung  für  den  in  da-  Mitte  des  Oceans  in 
seiner  flntwickfamg  gehemmten  und  stark  nach  Xord  hin  gedri&ngteu 
südlichen  Aequatorialstrom.  Im  übrigen  gilt  fär  sie  das  mdste«  was  oben 
über  die  Guinea -Strömung  gesagt  wurde. 

Endlich  stimmt  auch  das  Passatgebiet  des  Indischen  Oceans  mit 
dem  Grebiet  des  indischen  Aequatorialstromes  vorzügHch  überdn.  Nur 
der  schmale  Arm,  welcher  die  Nordspitze  Ton  Madagaskar  umfliesst, 
in  den  Cänal  von  Mozambique  sidi  einen  Weg  bahnt  und  den  doit 
beständig  henrsdienden  Südwinden  zum  Trotz  an  der  Ostküste  Afnka^s 
nach  Süden  zu  fortsdireitet ,  passt  nicht  in  dieses  System.  Vielleicht 
ist  hier  ein  ähnliches  Motiv  anzunehmen  wie  für  die  Aequatorialströme 
im  westlichen  Theile  des  Stillen  Oceans,  da  die  Mozambique-Strömung 
unzweifelhaft  die  Fortsetzung  eines  durch  den  afrikanischen  Continent 
nach  Südwest  abgelenkten  Armes  von  dem  indischen  Aequatorinl- 
Strome  ist. 

Haben  wir  soeben  in  den  Passaten  das  Agens  erkannt ,  welclios 
den  äquatorialen  Meeren  bis  in  ihre  grössten  Tiefen  hinab  eine  Bewe* 
gung  mitzutheilen  vermag,  so  ist  es  eine  nothwendige  Consequenz,  di\S& 
wir  den  Winden  auch  bei  Entstehung  der  meridionalen  Strö- 
mungen eine  bedeutende  Mitwirkung  zuschreiben.  Docli  wollen  wir 
nicht  unterlassen,  auch  diejenigen  Theorien  kurz  zu  besprechen,  welche 
die  meridionalen  Strömungen  auf  andere  Exiifte  zurückführen. 

Wir  erwähnen  zuerst  die  sogenannte  Gravitationstheorie, 
welche  von  Emil  Witte  aufgestellt  und  früher  von  A.  Mühry  vor- 
theidigt  wurde  ^).  Nach  dieser  Theorie  erhebt  sich  in  Folge  der  ver- 
minderten Schwerkraft  das  Niveau  der  Meere  am  Aequator  höher  als 
an  den  Polen,  weshalb  ein  Abflugs  aus  niederen  Breiten  nach  höheren 
stattfinden  müsse.  Nun  ist  zwar  der  erste  Satz  zutreffend;  dennoch 
wird  die  geforderte  Circulation  nicht  eintreten,  weil  die  höhere  Wasser- 
säule unter  dem  Aequator  genau  so  schwer  ist  wie  die  niedrigere  au 
den  Polen  und  somit  das  hydrostatische  Gleichgewicht  trotz  der  ver- 
schiedenen Grösse  der  Säulen  nicht  gestört  wird. 

Femer  kann  die  verschiedene  Salinitätsstufe  der  Meere  kein 
wesentliches  Motiv  sein  zur  Entwicklung  der  Strömungen.     Zwar  ver- 


^)  E.  Witte  in  Poggendorffs  Annalen,  Bd.  CXLII  (1871),  S.  281  ff. 
und:  üeber  Meeresströmungen.  Pless  1878.  S.  9  ff.  A.  Mühry  in  Peter- 
mann's  Mittheilungen  1874,  S.  375. 


92  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

mehrt  sich  oft  der  Salzgehalt  nicht  unmerklich  bei  starker  Verdunstung, 
wie  er  sich  andrerseits,  z.  B.  in  der  Nähe  schmelzender  Eisberge,  auch 
wesentlich  verringert,  weil  die  Elismassen  keinerlei  Salz  enthalten;  doch 
bewirken  derartige  Vorgänge,  die  noch  dazu  meist  räumlich  ausser- 
ordentlich beschränkt  sind,  nur  geringe  Schwereunterschiede  des  Was- 
sers und  vermögen  sicher  das  System  der  Meerescirculation  nicht  we- 
sentlich zu  beeinflussen. 

Aus  einer  ungleichen  Verdunstung  hat  man  auch  noch  in 
anderer  Weise  die  Bildung  von  Meeresströmungen  abzuleiten  versucht 
Bei  lang  andauernder  Trockenheit  —  sagt  man  —  könne  in  der  Passat- 
zone durch  die  hiermit  verbundene  starke  Verdunstung  eine  Erniedri- 
gung des  Meeresniveaus  herbeigefiihrt  werden;  hieraus  aber  folge  noth- 
wendig  zur  Herstellung  des  Gleichgewichtes  ein  Zuströmen  von  den 
Seiten ').  Gesetzt  aber  selbst,  dass  in  den  Passatregionen  die  tägliche 
Verdimstung  1,2  Centimeter  betrüge,  so  könnten  wir  doch  darin  keinen 
genügenden  Grund  zur  Ent&ltung  von  Meeresströmungen  erblicken. 
Diese  Niveaudifferenz  wird  nätnlich  augenblicklich,  also  stets  ganz  all- 
mählich ausgeglichen,  noch  ehe  sie  eine  namhafte  Grösse  mit  ent- 
sprechendem Grelle  erreichen  kann.  Und  selbst  wenn  sie  etwa  zwischen 
dem  15.  und  55.  Breitengrad  einmal  auf  1,2  Centimeter  stiege,  so 
würde  sich  daraus  immerhin  nur  ein  Ge&lle  von  0,02  Millimeter  auf 
die  Meile  ei^ben:  gewiss  eine  so  geringfilgige  Grösse,  dass  sie  nicht 
im  Stande  wäre,  mächtige  Strömungen  zu  erzeugen.  Höchstens  können 
örtlich  beschränkte  Oberflächendriftien  auf  diese  Weise  hervorgerufen 
werden. 

Eine  andere  Erklärung  der  meridionalen  Meeresströmungen,  zu 
welcher  sich  noch  jetzt  die  meisten  Physiker  und  Geographen  beken- 
nen, gründet  sich  auf  die  Wärmeunterschiede  zwischen  den  äqua- 
torialen und  polaren  Meeren.  Zu  den  Vertretern  dieser  Theorie  ge- 
hören Arago*),  Lenz*),  Mühry*),  Mohn^)  u.  a.;  doch  zählte 
vor  nahezu  400  Jahren  bereits  Leonardo  da  Vinci  zu  ihren  An- 
hängern*). 

*)  G.  A.  V.  Klöden,   Handbuch  [der  physischen  Geographie.   2.  Auflage. 

Berlin  1866.  S.  441.  451. 

»)  Poggendorffs  Annalen,  Bd.  XXXVII  (1836),  S.  450  fL 

^  Bulletin  physico  -  math.  de  l'Acad.  Imp.  de  St  Petersb.  Vol.  V  (1847), 

p.  65  sq. 

^)  A*  Mühry,  Ueber  die  Lehre  ron  den  Meeresströmungen«    Grottingen 

1869.    S.  3.    Zeitschrift   der    österr.    Gesellschaft   für   Meteorologie.     Bd.  IX 

(1874),  S.  280  f.  u.  a. 

'O  H.  Mohn,  Gnindzüge  der  Meteorologie.  2.  Aufl.  Berlin.  1879.  S.  158  £ 
<)  O.  Peschel,   Geschichte  der  Erdkunde.   2.  Aufl.   (heraosgeg.  Ton  S. 

Rage).    München  1877.     S.  438. 


y.    Die  Theorien  der  MeeresströmimgBn.  93 

DoTch  die  Wärme  wird  das  Wasser  ausgedehnt,  wobei  es  noth- 
wendig  an  specifischer  Schwere  verliert,  was  es  durch  die  Ausdehnung 
an  Volumen  gewonnen  hat  Hieraus  folgt  weit^,  dass  das  leichtere 
Wasser  unter  dem  Aequator  ein  höheres  Niveau  einnimmt  als  das 
schwerere  an  den  Polen;  es  wird  daher  nach  den  Polen  zu  abfliessen, 
wie  das  Wasser  eines  Flusses  von  den  Höhen  hinab  zum  Thale  eilt. 
Diese  Strömung  wird  fortdauern,  so  lange  jener  Wärmeunterschied  be- 
steht In  den  unteren  Regionen  des  Wassers  hing^en  wird  sich  ein 
Unterstrom  nach  dem  Aequator  zu  ergiessen;  denn  das  aus  tropischen 
Gebieten  stammende  Oberflächenwasser  verleiht  den  Polarwassem  ein 
Uebergewicht,  während  es  gleichzeitig  die  Aequatorialwasser  noch  mehr 
entlastet  Diese  theoretischen  Erwägungen  sind  so  einfach  und  richtig, 
dass  wir  an  ihrer  Wahrheit  nicht  zweifeln  können. 

Sucht  man  freilich    das  Motiv   zu   den  meridionalen  Meei*esströ- 
mungen  lediglich  in  der  Niveauerhöhung  der  stärker  erwärmten  äqua- 
torialen Meerestheäe,  welche  in  Folge  derselben  oberflächlich  abfliessen 
und  durch  Druckvermehrung  in  polaren  Gegenden  einen  submarinen 
G^enstrom   erzeugen,    so   stösst  man  bald  auf  nicht  zu  beseitigende 
Schwierigkeiten.     Die  Wännewirkungen  der  Sonnenstrahlen,  denen  in 
solchem  Falle  die  Erhöhung  des  Meeresniveaus  zugeschrieben  wird,  er- 
strecken ffich  nämlich,  wie  die  Tiefsee -Lothungen  des  „Challenger^'  und 
der  „Gazelle"  gelehrt  haben,   nur  60  bis  80  Faden  tief  (vgl  S.  45). 
Das  weitere  Eindringen  der  Wärme  in  oceanische  Tiefen  durch  Leitung 
vollzieht  sich   äusserst  langsam  imd  kann  daher  hier  ausser  Betracht 
bleiben.     Wenn  diese  Schicht,  unterhalb  welcher  sich  in  allen  Theilen 
des  Oceans  nahezu  gleich  kalte  Grundwasser  ausbreiten,  am  Aequator 
selbst  eine  durchschnittliche  Temperatur  von  20^  C.  und  unter  dem 
60.  Breitengrade  von  0^  C.  besässe,   so  würde  durch  diesen  Wärme- 
unterschied doch  nur  eine  NiveaudiflFerenz  von  etwa  V4  Faden  (=  46  Cen- 
timeter)  herbeigeführt  werden.    Ein  Meridianbogen  von  60  Grad  Länge 
misst  auf  der  Erdoberfläche  900  geogr.  Meilen;  es  käme  demnach  auf 
die  geogr.  Meile  ein  Ge&Ue  von  c.  Va  Millimeter:  ein  Ge&Ile,  welches 
sicherUch  nicht  im  Stande  ist,  eine  merkbare  Strömung  hervorzurufen. 
Eine  andere  mechanische  Analyse  des  Vorganges  giebt  Mtihry^). 
Er  denkt  sich  den  Ocean  in  zahlreiche  verticale  Schichten  zerlegt,  die 
nach  dem  Aequator  liin  successiv  an  Wärme  zunehmen  und  somit  an 
Gewicht  verlieren.    Da  nun  die  Schwere  des  Wassers  nicht  nur  nach 
unten,  sondern  auch  nach  den  Seiten  hin  wirkt,  so  müssen  die  kälteren 
und  daher  schwereren  Schichten  der  Polargegenden  auf  die  wärmeren 
und   somit    leichteren   der  heissen  Zone  einen   stärkeren  Druck   aus- 
üben als  umgekehrt  die  wärmeren  auf  die  kälteren;    es  müssen  dem- 

^)  Zeitschrift  der  österr.  Gesellschaft  für  Meteorologie.  Bd.  IX  (1874),  S.  280  f. 


94  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

nach  die  letzteren  nach  den  ersteren  hinfülen,  d.  i.  fliessen  und  zwar, 
ihrer  grösseren  Schwere  entsprechend,  auf  der  Tiefe  des  Meeres,  wäh- 
rend sich  ein  warmer  Compensationsstrom  auf  der  Oberfläche  desselben 
in  entgegengesetzter  Richtung  bewegt  Der  polare  Strom  gelangt,  auf 
dem  Grunde  des  Meeres  dahinschreitend ,  nach  dem  Aequator;  hier 
aber  wird  er  die  Leere  auszufüllen  suchen,  welche  durch  den  Abfluss 
des  warmen  Wassers  an  der  Oberfläche  erzeugt  wird:  hier  findet  also 
eine  stete  Ascension  des  Meerwassers  statt,  welche  den  polaren  und 
äquatorialen  Strom  mit  einander  verbindet  Andrerseits  werden  die 
nach  dem  Pol  ziehenden  und  sich  allmählich  abkühlenden  Wasser  sich 
dort  senken  und  so  den  grossen,  vertieal  gesteUten  Wirbel  im  Ocean 
schliessen.  Diese  thermale  CSrculation'  muss  sich  offenbar  auch  bei 
gleichem  Niveau  entwickeln.  Wir  haben  es  hier  mit  keiner  GeftUs- 
Strömung  zu  thun,  sondern  mit  einer  directen  Schwereströmung,  bei 
welcher  der  Polarstrom  der  primäre,  der  AequatoriaLstrom  der  secun- 
däre,  zur  Compensation  zurückfliessende  Arm  ist,  während  die  Bedeu- 
tung der  beiden  Ströme  gerade  die  umgekehrte  ist,  sobald  man  in  der 
Niveaudifferenz  der  äquatorialen  und  polaren  Wasser  die  Ursache  der 
meridionalen  Strömungen  erkennt 

Nach  Mühry  kommt  die  Centrifiigalkraf);  der  Erde,  die  ja  am 
Aequator  am  kräftigsten  ist,  der  thermischen  Circulation  zu  Hilfe,  in- 
dem sie  die  äquatorialen  Wasser  zu  einem  energischen  Aufisteigen  nadi 
oben  bew^t  Hiergegen  ist  jedoch  einzuwenden,  dass  der  Centn- 
fugalkraft  bereits  Genüge  geleistet  wird  durch  die  ellipsoidische  Form 
der  oceanischen  Umhüllung  der  Erde.  Diese  Form  ist  ja  dadurch  be- 
stimmt, dass  an  jedem  Punkte  die  flüssige  Oberfläche  senkrecht  stehen 
muss  auf  der  Resultante  der  wirkenden  Ejäfte,  also  hier  auf  der 
Resultante  der  Schwerkraft  und  der  Centriftigalkraft  ^).  Folglich  kann 
von  einem  Eingreifen  der  Centriftigalkraft  in  die  Strömungen  des 
Meeres,  wie  es  Mühry  angenommen  hat,  nicht  die  Rede  sein.  Die 
Gravitationscirculation  Mühry's  ist  demnach  zu  verwerfen.  Es  fragt 
sich  nun  noch,  welchen  Werth  wir  seiner  thermalen  Circulation  be- 
messen dürfen. 

Für  eine  thermische  Circulation  ist  neuerdings  auch  Carpenter 
eingetreten  und  hat  dieselbe  durch  dn  recht  anschauliches  Experiment 
zu  erhärten  versucht').    Man  fÜUte  zunächst  ein  langes,   aber  schma- 

*)  Zöppritz  in  den  Göttingiscben  gelehrten  Anzeigen  YOm  24.  April 
1878.     Stück  17.    S.  522. 

«)  Proceedings  of  the  R  Geogr.  Society.  VoL  XV  (1871),  p.  66.  Nach 
einer  freundlichen  Mittheilung  des  Herrn  Dr.  Krümmel  hat  bereits  Dana 
dieses  Experiment  ausgeführt.  Vgl.  American  Journal  of  science  and  arts.  Ser.  II, 
Vol.  XXVI  (1858),  p.  231. 


y.     Die  Theorien  der  Meeresströmungen.  95 

les  Gefilss  aus  gläÄcrnen  Wandungen  mit  Wasser.  Hierauf  wurde  an 
dem  einen  Ende  ein  Eisstückchen  eingeklemmt,  an  dem  andern  durch 
eine  Eöhre  heisser  Wasserdampf  in  das  Wasser  geleitet.  Um  nun  die 
Strömungen  vom  kalten  zum  warmen  Ende  und  umgekehrt  sichtbar 
zu  machen,  schüttete  man  eine  blaue,  zähflüssige  Gummilösung,  welche 
sich  nicht  mit  dem  Wasser  vermischte,  am  warmen  und  eine  rothe 
Gummilösung  am  kalten  Ende  in  das  Wasser.  An  dem  letzteren 
wurde  dasselbe  durch  das  schmelzende  Eis  stark  abgekühlt  und  ge- 
wann somit  an  Schwere;  die  rothe  Lösung  sank  deshalb  von  der 
Oberfläche  langsam  auf  den  Boden  hinab,  breitete  sich  hier  aus  und 
floss  dem  warmen  Ende  zu,  um  sodann,  weil  von  hier  aus  das  warme 
Oberflächenwasser  zur  Compensation  dem  anderen  Ende  zuströmte, 
emporzusteigen  und  endlich  erwärmt  wieder  nach  seinem  Ausgangs- 
punkte zurückzukehren.  Somit  war  eine  thermische  CSrculation  ex- 
perimentell festgestellt. 

Trotzdem  tragen  wir  grosse  Bedenken,  die  Temperaturunterschiede 
als  das  wichtigste  Agens  zu  betrachten,  welches  die  Wasser  der  Oceane 
beständig  im  Kreislauf  erhält.  Bereits  Sir  John  Herschel  bezwei- 
felte, dass  Temperatiu'differenzen  im  Stande  sind,  die  meridionalen 
Strömungen  hervorzurufen.  Namentlich  aber  war  es  JamesCroll*), 
welcher,  gestützt  auf  Dubuat's  Versuche,  durch  Rechnung  den  tiber- 
zeugenden Nachweis  lieferte,  dass  in  einem  Becken  von  der  Länge 
eines  Erdmeridianquadranten  selbst  durch  einen  Temperaturunterschied 
von  30®  C  keine  von  dem  Werthe  0  wesentUch  abweichende  Strö- 
mung entstehen  könne.  Zeigte  sich  doch  selbst  bei  Carpenter's 
Versuchen  nur  eine  sehr  langsame  Wasserbewegung,  obwohl  innerhalb 
eines  kleinen  Wasserbehälters  ziemlich  grosse  Temperaturdifferenzen 
zur  Geltung  gelangten!  ^ 

Das  eigenthümliche  Verhalten  des  Wassers  im  Vergleich  zur  Luft, 
welche  durch  ungleiche  Wärmeentwicklung  so  ausserordentlich  leicht 
erregbar  ist,  ist  darin  begründet,  dass  die  Luft  unter  sonst  gleichen 
Umständen  viel  rascher  grössere  Temperaturgegensätze  annimmt  als 
das  Wasser  und  auch  wegen  ihrer  ausserordentlichen  Dehnbarkeit 
(vgl.  S.  81)  und  geringen  Schwere  viel  mehr  zu  Gleichgewichtsstö- 
rungen und  heftagen  Bewegungen  geneigt  ist  als  das  Wasser.  Vor 
allem  aber  ist  eine  Wärmecirculation  des  Wassere  im  Sinne  Mühry 's 
deshalb  nicht  denkbar,  weil  bei  der  geringen  Diathermansie  und  Wärme- 
leitungsfkhigkeit  des  Wassers  bereits  in  60  bis  80  Faden  Tiefe  die 
Wirkungen  der  directen  Sonnenstrahlung  im  wesentlichen  aufhören,  in 

^)  Philosophical  Magazine,  Vol.  XL,  p.  249.    Groll,   Climate  and  Time, 
p.  119. 


96  Dritter  TheiL    Die  Wasser  -  und  LufthüUe  der  Erde. 

einer  Tiefe  von  200  Faden  aber  wohl  kaum  noch  eine  Spur  von  den- 
selben zu  bemerken  ist  Während  die  Luft  von  unten  her  erwärmt 
wird  und  d^er  kräftige  aufeteigende  Ströme  sich  in  ihr  sehr  leicht 
und  häufig  bilden,  bestehen  die  unteren  neun  Zehntel  der  oceanisclien 
Wasser  zu  allen  Zeiten  und  überall^  wo  nicht  besondere  Factoren  ein- 
greifen, aus  einer  in  gleichen  Horizonten  nahezu  gleich  kalten  Masse 
mit  verschwindend  geringer  Tendenz  zu  thermalen  Strömungen.  Diese 
dürften  somit  in  der  Hauptsache  auf  die  oberen  200  Faden  beschränkt 
sein  und  selbst  in  dieser  Schicht  bei  weitem  nicht  jene  Energie  ent* 
falten,  welche  thatsächlich  die  meisten  meridionalen  Strömungen  be- 
sitzen. 

Wenn  sich  demnach  auch  die  vorhandenen  Wärmedifferenzen 
als  ungenügend  erweisen  zur  Erzeugung  der  meridionalen  Meeresströme, 
so  bleibt  uns  nur  noch  eine  Kraft  zur  Prüfung  übrig:  die  Winde. 
Dass  dieselben  —  und  zwar  nicht  bloss  die  Passate,  sondern  auch  die 
Winde  höherer  Breiten  —  Driftströmungen  hervorrufen,  war  schon 
längst  allgemein  anerkannt.  So  verursachen  in  der  Nord-  und  Ostsee 
anhaltende  und  starke  westliche  Winde  deutlich  wahrnehmbare  Ober- 
flächenströmungen. Man  hat  z.  B.  vielfach  beobachtet,  dass  andauernde 
Südwestwinde  die  Fluthen  der  von  Südwest  nach  Nordost  lang  ge- 
streckten Ostsee  g^en  die  ostpreussischen  und  russischen  Küsten  hin- 
trieben und  hier  Ueberschwemmungen  herbeiführten.  Der  sonst  Tegd- 
massig  aus  der  Ostsee  kommende  Strom  wird  dann  angehalten,  ja 
sogar  fllr  eine  Zeit  lang  in  eine  gerade  umgekehrt  sich  bewegende 
Strömung  verwandelt  Geht* darnach  der  Wind  durch  Nord  nach 
Nordost  über,  so  wird  das  ohnehin  schon  aufgestaute  Wasser  der  Ost- 
see mit  verdoppelter  Gewalt  gegen  die  südwestlichen  Küsten  und  in 
die  dort  befindlichen,  trichterfbrmig  lief  in  das  Land  eindringenden 
Förden  geworfen.  Am  13.  November  1872  erhob  sich  der  Meeres- 
spiegel bei  Stralsund  27«»  bei  Lübeck  3  Meter  und  üßt  eben  so  hoch 
bei  Flensburg  über  den  normalen  Wasserstand. 

Eine  solche  Macht  räumte  man  bereits  fiüher  den  Winden  ein. 
Man  erachtete  sie  ftir  &hig,  in  einzeben  Fällen  Driftströmungen  zu 
veranlassen,  und  so  lange  man  keine  weiteren  Wirkungen  der  Winde 
theoretisch  zu  b^ründen  vermochte,  war  man  völlig  berechtigt,  die 
Machtsphäre  der  Winde  in  der  angedeuteten  Weise  zu  beschränken. 
Wesendich  anders  hegen  die  Verhältnisse,  seitdem  K.  Zöppritz  in 
seiner  Arbeit:  „Zur  Theorie  der  Meeresströmungen"  (vgl  S.  84  ff.)  die 
tief  eindringende  Wirkung  der  Winde  erwiesen  hat,  und  wir  dürfen 
wohl  den  Versuch  wagen,  die  Bildung  der  meridionalen  Meeresströ- 
mungen gleich  derjenigen  der  äquatorialen  Ströme  auf  die  Thätigkeit 
der  Winde  zurückzuflihren.    Eine  solche  Prüfung  erscheint  uns  um  so 


y.    Die  Theorien  der  Meeresströmangen.  97 

mehr  geboten,  als  wir  zu  der  Erkenntniss  gelangt  sind,  dass  alle  an- 
deren Kräfte,  welche  bisher  zur  Erklärung  der  meridionalen  Strömun- 
gen angerufen  worden  sind,  hierzu  als  unbrauchbar  erfimden  wurden. 

Wir  haben  also  zu  zeigen,  dass  alle  Meeresströmungen,  für  deren 
Richtung  nicht  ii^end  ein  anderes  Motiv  massgebend  ist,  unter  der 
Herrschaft  eines  constant  oder  wenigstens  vorzugsweise  aus  derselben 
Richtang  wehenden  Windes  stehen.  Hierbei  ist  namentUch  noch  Fol- 
gendes zu  beachten:  Winde  von  kurzer  Dauer  vermögen  zwar  ober- 
flächlich die  Richtung  einer  Meeresströmung  zu  ändern;  doch  kann 
diese  in  der  Tiefe  durch  die  Ueberlegenheit  gewisser  Winde  während  vieler 
Jahrtausende  zu  einer  ausserordentlich  mächtigen  Strömung  geworden 
sein,  welche  von  den  wechselnden  Winden  völlig  unabhängig  ist.  Für  grös- 
sere Tiefen  ist  immer  die  mittlere  Windrichtung  in  dem  letzten  grossen 
Zeitabschnitte  entscheidend.  Da  auch  die  Intensität  der  Winde  hierbei  in 
Betracht  kommt  und  da  femer  das  Relief  des  Meeresbodens  nicht  ohne 
Fiinfluss  ist  auf  die  Entwicklung  der  Strömungen,  in  beiden  Hinsichten 
unsere  Erkenntnisse  aber  noch  sehr  lückenhaft  sind,  so  lässt  sich  zur 
Zeit  natürUch  nur  in  den  allgemeinsten  Zügen  feststeUen,  ob  jene  Har- 
monie zwischen  Winden  und  Meeresströmungen  thatsächlich  existirt. 
Dass  ausserdem  die  Contouren  der  Festlande  im  hohen  Grade  den 
Verlauf  der  Strömungen  mit  bestimmen,  bedarf  wohl  kaum  der  Er- 
wähnung *). 

Höchst  überraschend  ist  es  zunächst,  um  zuerst  ein  negatives  Mo- 
ment hervorzuheben,  dass  wir  nur  und  überall  da  auf  unseren  Wind- 
karten „Stillten  und  veränderliche  Winde''  eingetragen  finden,  wo  sich 
ein  weiter  oceanischer  Raum  ausbreitet,  der,  selbst  strömungslos,  von 
Strömungen  umkreist  wird.  Dies  wäre  ein  wunderbares  Spiel  des  Zu- 
falls, wenn  Winde  imd  Meeresströmungen  nicht  in  causalen  Beziehungen 
zu  einander  stünden,  zumal  sich  dieses  Zusammentreffen  fünftnal  in 
drei  Weltmeeren  wiederholt,  nämlich  im  nord-  und  südatlantischen, 
im  nord-  und  südpadfischen  Becken  imd  im  Indischen  Ocean.  Auch 
sind  diese  neutralen  Gebiete  nicht  etwa  deshalb  strömungslos,  weil  sie 
im  Innern  jener  Cürculationen  liegen;  denn  die  Theorie  fordert  aus 
diesem  Grunde  durchaus  keine  so  weften  todten  Räume  (vgl.  S.  87). 

Indem  wir  auch  hier  die  Untersuchung  mit  den  n  ordatlan  tische  n 
Strömungen  beginnen,  lenken  wir  unser  Augenmerk  zimächst 
auf  deren  stolzeste  Repräsentanten:  auf  den  Golfstrom  und  den  mit 
ihm  verschwisterten  Floridastrom.  Schon  Benjamin  Franklin  und 
späterhin  James  Rennell  nahmen  an,  dass  die  nach  Westen  wehenden 
Passatwinde  die  atlantischen  Wasser  in  das  Caraibische  Meer  und  aus 

^)  Vgl.  zu  dem  Folgenden  Stieler,  Handatlas,  Karte  Nr.  6  und  7  oder 
Fig.  6,  7  und  8  dieses  Werkes. 

Peschel-Loipoldt,  Phjrs.  Erdkunde.     II.  7 


98  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

diesem  in  den  Busen  von  Mexico  hineintreiben;  wo  eine  Stauung  des 
Meerwassers  erfolge,  die  sich  dann  durch  den  Erguss  aus  der  Florida- 
Strasse  wieder  ausgleiche.  Die  Initialgeschwindigkeit  des  liier  austreten- 
den Wassers  würde  also  durch  eine  Art  Ejttarakt  erzidt  werden.  Diese 
Ansicht  wurde  in  späterer  Zeit  wieder  von  Sir  John  Herschel  ver- 
theidigt  G^en  dieselbe  hat  Maury  geltend  gemacht,  dass  das  Wasser 
des  Floridastromes  sich  nicht  abwärts,  sondern  bergan  bew^t  S^e  Tiefe 
ist  nämlich  bei  den  Bemini  -  Engen ,  also  an  der  Quelle,  doppelt  so 
gross  I  =  200  Faden)  als  bei  Cap  Hatteras  \  die  Steigung  seines  Bettes 
beträgt  also  auf  dieser  Strecke  100  Faden.  Somit  könne  von  einem 
Abwärtsfliessen  des  Floridastromes  nicht  die  Bede  sein^. 

Trotz  dieses  Einwandes  erscheint  uns  die  alte  Anschauung  als  die 
richtigere.  Erinnern  wir  uns,  dass  der  Floridastrom  bei  den  Bemini- 
Engen  stündlich  mehr  als  b^!^  Billionen  Cubikfuss  Wasser  fortwälzt 
(vgL  S.  61)!  Diese  Wassermasse  aber  muss  dem  Busen  von  Meidco 
stündlich  zugefiihrt  werden;  denn  sonst  könnte  er  kein  constantes  Ni- 
veau besitzen.  Woher  empfkngt  er  nun  dieses  Wasser?  Die  hohen 
Wärmegrade  in  diesem  Busen  sind  sicher  nicht  im  Entferntesten  im 
Stande,  solche  Wassermengen  täglich  über  das  allgemeine  Meeresuiveau 
zu  erheben  und  zum  Abfluss  zu  bringen ;  noch  weniger  Beifidl  verdient 
M  a  u  r  y '  8  Annahme,  welcher  die  Ursache  dieser  Strömung  in  Salinitäts- 
differenzen  sucht  ^);  am  allerwenigsten  kann  der  Mississippi  als  Erzeu- 
ger des  Floridastromes  betrachtet  werden,  da  er  wohl  kaum  ^looo  des- 
jenigen Wassers  in  den  Mexicanischen  Busen  ergiesst,  welches  aus  diesem 
durch  die  Florida  -  Strasse  in  den  Atlantischen  Ocean  hinauseilt  Somit 
können  die  reichen  Wassermassen,  welche  der  Floridastrom  in  den 
Ocean  trägt,  nur  durch  das  einzige  Thor  eintreten,  welches  ausser  der 
Florida -Strasse  einen  Eingang  in  den  Mexicanischen  Busen  gewährt: 
durch  den  Canal  von  Yucatan  (zwischen  der  Westspitze  Cuba's  und 
der  Nordspitze  Yucatan's),  durch  welchen  hindurch  sich  die  vom  Pas- 
sat errate  Aequatorialströmung  einen  Weg  bahnt  Die  W^asser  der- 
selben sammeln  sich  hier  an  und  drängen  sich  dann,  weil  ihnen  nur 
eine  einzige,  schmale  Ausgangspforte  zu  Gebote  steht,  mit  ziemlicher 
Heftigkeit  durch  dieselbe.  W^ir  haben  es  also,  in  gewissem  Sinne  thatsäch- 
lieh  mit  einem  Ueberfliessen  des  Mexicanischen  Busens  zu  thun.  Na- 
türlich breitet  sich  dessen  warmes  Wasser  aus,  sobald  es  die  enge 
Florida -Strasse  verlassen  hat,  und  verliert  daher  an  Tiefe.  Es  ge> 
langen  hierbei  viele  Wassertheile  von  der  Tiefe  nach  oben,  weil  sie 
wärmer  und  somit  specifisch  leichter  sind  als  das  übrige  Wasser  des 

*)  M.    F.   Maury,    Physical    Geography    of  the   Sea.    16*^    ei  Londou 
1877.  p.  27. 

*;  M.  F.  Maury,  L  c.  p.  3S  sq. 


V.    Die  Theorien  der  Meeresströmungen.         *  99 

Oceans  und  deshalb  immer  das  Bestreben  haben,  die  Oberflächenschiclit 
zu  bilden.  Demnach  hat  Maury  nicht  Recht,  wenn  er  meint,  von 
einem  Abfluss,  bei  welchem  die  Niveaudifferenz  mit  in  Frage  komme, 
könne  deshalb  nicht  die  Rede  sein,  weil  sich  die  Gewässer  der  Florida- 
strömung eine  schiefe  Ebene  hinauf  bewegen.  Relativ  warmes,  also 
leichteres  Wasser  steigt  immer  nach  oben,  auch  wenn  ausser  der 
Schweredifferenz  keine  andere  Ej:aft  es  nach  oben  treibt. 

Weiterhin  vollzieht  sich  im  nordatlantischen  Becken  um  das  Sar- 
gasso  -  Meer  ein  Windwirbel,  welcher  dem  Gang  der  Meeresströmimgen 
genau  entspricht.  Die  AntiUenströmung  begleitet  im  Verein  mit  dem 
Floridastrom,  zunächst  durch  die  Ostküste  der  Vereinigten  Staaten 
dirigirt,  diese  bis  Cap  Hatteras  und  wird  in  solchem  Laufe  von  den 
vorwaltenden  Süd-  und  Südwestwinden  unterstützt;  hierauf  folgt  sie 
den  Westwinden,  welche  den  ganzen  Ocean  zwischen  dem  40.  und 
45.  Grad  n.  Br.  beherrschen  \  erst  am  Ostrande  des  Oceans  biegt  sie  — 
und  zwar  wiederum  in  völliger  Uebereinstimmung  mit  den  Winden  — 
nach  Südosten  und  Süden  um  und  geht  an  den  portugiesischen  und 
marokkanischen  Küsten  in  das  Gebiet  des  Nordostpassats,  d.  i.  in  die 
nördliche  Aequatorialströmung  zurück.  Auf  dem  weiten  Räume  zwi- 
schen der  Südostspitze  Neu-Fundland's  und  dem  Nordcap  Em*opa's 
dominiren,  wie  dies  der  Golfstrom  fordert,  zu  allen  Jahreszeiten  die 
Südwestwinde,  und  wenn  auch  einzelne  Punkte  der  skandinavischen 
Westküste  während  einiger  Monate  andere  Winde  aufweisen  ^),  so  sind 
diese  doch  nicht  im  Stande,  eine  so  weit  ausgedehnte,  mächtige  Was- 
serbewegung wesentlich  zu  stören.  In  der  Spitzbergen -See  (zwischen 
Spitzbergen  und  Nowaja  Semlja)  scheint  der  winterUche  Nordost  die 
Verbreitung  des  Gol&tromes  nach  dem  hohen  Norden  zu  hemmen. 
Das  Meer  an  der  Ostseite  Grönland's  hat  vorwiegend  Nord-  und  Nord- 
ost-, die  Davis  -  Strasse  in  ihrer  ösüichen  Hälfte  im  Sommer  meist  Süd- 
west-, sonst  durchaus  nördliche  bis  westliche  Winde.  Es  mögen  daher 
vielleicht  auch  die  polaren  Strömimgen  zum  Theil  dem  Impuls  polarer 
Winde  gehorchen.  Demnach  zeigen  Wind-  und  Meeressü'ömungen  im 
Atlantischen  Ocean  eine  Harmonie,  wie  sie  kaum  vollkommener  er- 
wartet werden  könnte. 

Dasselbe  gilt  von  den  Strömungen  des  südatlantischen  Oceans. 

*)  Vgl.  Petermann'fl  Mittheilungen  1870,  S.  234.  H.  Mohn,  einer  der 
trefflichsten  Kenner  dieser  Verhältnisse,  äussert  in  Bezug  darauf:  ,.£ine  mäch- 
tige Treibkraft  für  diese  Strömung  sind  die  herrschenden  Winde,  die  im 
Durchschnitt  für  das  ganze  Jahr  südwestlich  sind.  Die  Landwinde  des  Win- 
ters an  den  Küsten  Norwegen's,  die  während  der  Kälteperioden  aus  den  Fjor- 
den herauswehen,  reichen  nicht  viele  Meilen  von  der  Küste  weg,  während 
aussen  auf  dem  Meere  in  solchen  Fällen  Öfters  ein  südwestlicher  Wind  weht.*^ 
(Petermann's  Mittheilungen  1876,  S.  431.; 


-  ♦ 


100  Dritter  Theil.    Die  Wasser  >  und  Lufthülle  der  Erde. 

Das  ganze  Jahr  hindurch  treibep  Südwinde  die  Bengaela- Strömimg 
nach  Norden  bis  zu  ihrer  Einmündung  in  die  südliche  Aequatorial- 
strömung.  Der  südliche  Arm  derselben  wird  am  Westrande  des 
Oceans  zunächst  durch  die  brasilianische  Küste  nach  Süden  abgelenkt 
In  gleichem  Sinne  mit  der  brasilianischen  Strömung  wehen  südwärts 
vom  südlichen  Wendekreise  Nordostwinde,  welche  zwischen  dem  30. 
und  40.  Grad  s.  Br.  zu  Nordwest-  und  Westwinden  werden  und  als 
solche  den  Strom  zurückleiten  nach  dem  Caplande,  wo  er,  von  Süd- 
west- und  Südwinden  erfiisst,  wieder  in  die  Benguela- Strömung  zu- 
rückkehrt. Für  denjenigen  schwächeren  Arm,  welcher  die  Ostküste 
Südamerika's  bis  zum  Südende  dieses  Erdtheils  begleitet  und  sich  dann 
südostwärtB  in  das  antarktische  Meer  ergiesst,  finden  sich  die  entspre- 
chenden Winde  fast  durchgängig  zur  Zeit  der  südlichen  Dedination 
der  Sonne,  während  die  Winde  im  übrigen  TheQe  des  Jahres  jener 
Strömung  nicht  immer  günstig  sind.  Diese  kleine  Anomalie  beunruhigt 
uns  wenig,  da  wir  es  ja  mit  einer  geradlinigen  Fortsetzung  der  Brasil- 
strömung zu  thun  haben,  die  wenigstens  zeitweise  durch  die  dortigen 
Winde  gekräftigt  wird.  Dass  die  zwischen  dem  40.  und  60.  Grad  s. 
Br.  von  Südwest  nach  Nordost  quer  über  den  ganzen  Ocean  ziehende 
antarktische  Drift  und  die  ostwärts  gerichtete  Cap-Hoom- Strömung 
den  dort  vorwaltenden  Westwinden  ihre  Entstehung  verdanken,  ist  eine 
alte  Annahme.  So  sehen  wir,  wie  in  allen  Theilen  des  Atlantischen 
Oceans  sich  die  Meeresströmungen  den  Winden  unterordnen.  Die  hier 
beobachtete  Harmonie  ist  uns  aber  deshalb  besonders  werthvoll,  wdl 
jene  beiden  Gruppen  von  Erscheinungen  gerade  ftlr  den  Atlantischen 
Ocean  besser  als  fiir  die  übrigen  Weltmeere  erforscht  sind. 

Nicht  so  günstig  wie  ftir  den  Florida -Strom  im  nordatlantischen 
Becken  liegen  die  Windverhältnisse  für  den  Kuro  Siwo  im  nord- 
pacifischen  Ocean;  denn  die  Monsune,  welche  den  weiten  Meeres- 
raum östlich  von  China  und  Japan  zwischen  dem  20.  und  35.  Grad  n.  Br. 
beherrschen,  wehen  nur  im  Sommerhalbjahr  aus  Südwest,  im  Winter 
hing^en  aus  Nordost,  also  dem  Laufe  des  Kuro  Siwo  entg^en. 
Hieraus  erwachsen  jedoch  der  Windtheorie  keinerlei  Schwierigkeiten; 
denn  die  festländischen  Ufer  sind  es,  welche  dieser  Strömung  den  Weg 
nach  Nordosten  entlang  der  asiatischen  Ostküste  vorzeichnen;  es  ist 
dies  der  einzige  bequeme  P&d  zum  Abfluss  der  mächtigen  Wasser- 
massen, welche  die  nördliche  Aequatorialströmung  an  die  Südostseite 
Asien's  führt  Wahrscheinlich  ist  die  grössere  Stetigkeit  der  Winde 
an  der  entsprechenden  Stelle  des  nordatlantischen  Beckens  die  Ursache, 
weshalb  der  Golfstrom  viel  mächtiger  ist  als  der  Kuro  Siwo.  Im 
übrigen  stimmen  die  Winde  auch  im  nordpacifischen  Becken  genau 
mit  den  vorhandenen  Meeresströmungen  überein;  denn  zwischen   dem 


y.    Die  Theorien  der  MeereBStrömungen.  101 

40.  und  50.  Grad  n.  Br.  gewinnen  die  Westwinde  während  des  ganzen 
Jahres  die  Oberhand  und  werden  erst  an  der  Westküste  der  Ver- 
einigten Staaten  zu  Nordwest-  und  Nordwinden  ganz  im  Sinne  der 
dort  nach  Süden  umbiegenden  imd  zum  nördlichen  Aequatorialstrom 
zurückkehrenden  Meeresströmung.  Die  periodisch  wechsehiden  Strö- 
mungen im  Japanischen  Meer  und  an  der  Westküste  Mexico's  werden 
offenbar  durch  die  ebenso  regehnässig  sich  ändernden  Monsune  hervor- 
gerufen. 

In  dem  grössten  (östlichen)  Theile  des  südpacifischen  Oceans 
treiben  die  südlich  vom  40.  Breitengrade  vorwaltenden  Westwinde  die 
sogenannte  antarktische  Drift  (wahrscheinlich  jedoch  eine  tiefgehende 
Strömung)  nach  Nordosten.  Dieselbe  prallt  im  rechten  Winkel  gegen 
die  Westküste  Patagonien's  und  wird,  ganz  wie  dies  die  Theorie  for- 
dert^), in  zwei  nach  Süd  und  Nord  ausweichende  Arme  gespalten. 
Der  südliche  Arm  nimmt,  wie  bereits  erwähnt,  durch  die  bei  Cap 
Hoom  zu  jeder  Jahreszeit  dominirenden  Westwinde  erfasst,  seinen  Weg 
in  den  Atlantischen  Ocean,  während  der  nördliche  durch  die  süd- 
amerikanische Küste  nach  Norden  dirigirt  wird.  Der  letztere,  die 
Peruanische  Strömung,  bewahrt  seine  Bedeutung,  bis  zu  seiner  Ein- 
mündimg in  die  südliche  Aequatorialströmung;  denn  er  steht,  ab- 
gesehen von  den  in  unmittelbarer  Nähe  der  chilenischen  Küste  wäh- 
rend der  nördlichen  Dedination  der  Sonne  wehenden  Nordwinden,  von 
den  Ufern  Patagonien's  bis  zum  Aequator  stets  unter  dem  Einfluss 
kräftiger  Südwinde.  An  der  Westseite  des  Stillen  Oceans  angekom- 
men erfahrt  der  südliche  Theil  der  südlichen  Aequatorialströmung 
durch  den  meridional  ziehenden  Ostrand  Australien's  eine  Ablenkung 
nach  Süden.  Die  auf  diese  Weise  sich  bildende  Ostaustral- Strömung 
ywiidy  wenigstens  während  des  australischen  Sommers,  ebenfalls  von 
nördlichen  Winden  begünstigt. 

Im  Indischen  Ocean  begegnen  wir  an  der  Westküste  Neu- 
hoUand's  vorzugsweise  Südwinden,  weshalb  hier  eine  Strömung,  die 
Westaustral- Strömung,  nach  Norden  flihrt.  Unter  dem  Wendekreis 
des  Steinbocks  biegt  sie  in  ihrer  östlichen  Hälfte  nach  Nordosten,  in 
ihrer  westlichen  Hälfte  nach  Nordwesten  um,  beides  genau  im  Ein- 
klang mit  den  dortigen  Winden.  Nur  am  Westende  der  Aequatorial- 
strömung treibt  der  Mozambique- Strom,  von  dem  Ostrande  Afrika's 
nach  Süden  gedrängt,  trotz  der  vorherrschenden  Südwinde  durch  die 
Strasse  von  Mozambique;  dagegen  befindet  sich  der  Maskarenen-Strom 
ösdich  von  Madagaskar  ebenso  in  Uebereinstimmung  mit  den  dortigen  Ost- 
und  Nordostwinden  wie  die  rücklaufende  Strömung  mit  den  zwischen  dem 

»)  Vgl.K.  Zöppritz  inWiedemann's  Annalen,Bd.  VI  (1879),  S.600ff. 


102  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

35.  und  40.  Grad  8.  Br.  vorwaltenden  Westwinden.  Diese  erwdsen  sich 
auch  an  der  Südseite  Neoholland's  noch  mächtig  genug,  die  Süd- 
austrat -Strömung  zu  erzeugen.  —  Die  Strömungen  im  Indischen  Ocean 
nördlich  vom  Aequator  geben  sich  durch  Richtung  und  periodischen 
Wechsel  unmittelbar  als  Driftströmungen  zu  erkennen,  welche  durch 
die  Monsune  hervoi^rufen  werden. 

Aus  dem  Vorhergehenden  resultirt  wohl  zweifellos,  dass  die  Winde 
einen  HauptanÜieil  haben  an  der  Entstehung  der  Meeresströmungen 
imd  zwar  sowohl  der  äquatorialen  wie  der  meridionalen,  die  somit  beide 
im  wesentlichen  auf  ein  einheitliches  Princip  gerundet  erscheinen. 
Bemerkenswerth  ist,  dass  eine  solche  Abhängigkeit  der  Meeresströ- 
mungen von  den  Winden  nur  da  vermisst  wird,  wo  mächtige  Ströme 
in  mehr  oder  minder  steilem  Winkd  an  die  Wandungen  der  Oceane 
getrieben  werden.  Hier  üben  weniger  die  Winde,  als  vielmehr  die 
Küstengliederung  und  die  Tiefseegrenze,  die  etwa  durch  die  100-Faden- 
linie  bezeichnet  wird,  einen  wesentlichen  FJnfluss  auf  die  Entwicklung 
der  Meeresströmungen  aus.  Eine  zutreffende  Analyse  der  Kräfte, 
welche  in  jedem  einzehien  Falle  an  der  Erregung  der  Meeresströmungen 
betheiligt  sind  und  deren  Lauf  r^^uliren,  wird  erst  dann  möglich  sein, 
wenn  nicht  bloss  die  Meeresströmungen  selbst  nach  Bichtnng,  Tem* 
peratur.  Stärke  und  Tiefe  des  Stromganges  (auch  in  den  verschiedenen 
Jahreszeiten)  erforscht  sind,  sondern  auch  genaue  Karten  über  die 
Winde  der  Oceane  und  das  Belief  des  Meeresbodens  vorliegen. 

Endlich  mach^i  wir  noch  auf  eine  Kraft  aufinerksam,  welche  auch 
bis  zu  einem  gewissen  Grade  bestimmend  auf  die  Bichtung  der  meri- 
dionalen Meeresströmungen  einwirkt:  die  Botation  der  Erde.  Die 
vom  Aequator  polwärts  ziehenden  Strömungen  gelangen  nämlich  in 
Breiten  von  immer  geringerer  Drehungsgeschwindigkdt;  indem  sie  die 
schnellere  Drehungstendenz  bewahren,  eilen  sie  der  allgemeinen  Erd- 
rotation voraus  und  werden  daher  auf  der  nördlichen  Halbkugel  zu 
Südwest-,  auf  der  südlichen  zu  Nordwestströmungen.  Umgekehrt  blei- 
ben Meeresströmungen  hinter  der  allgemeinen  Erdrotation  zurück,  wenn 
sie  sich  von  einem  der  Pole  nach  dem  Aequator  hin  bew^en;  sie 
werden  also  auf  der  nördlichen  Halbkugel  zu  Nordost- ,  auf  der  süd- 
lichen zu  Südostströmungen.  Eine  Folge  hiervon  ist,  worauf  schon  der 
amerikanische  Physiker  W.  Ferrel  hingewiesen  hat^),  dass  überall  da^ 
wo  dne  kalte,  polare  Strömung  und  eine  warme,  aus  tropischen  Ge- 
bieten kommende  auf  schmalem  Baume  sich  begegnen,  die  kalte  stets 
westwärts  der  wärmeren  liegt  Die  Erdrotation  ist  es,  welche  die  erstere 
nach  West,  die  letztere  nach  Ost  ablenkt  Dieses  Veibältniss  finden 
wir,  wie  Ferrel  bereits  erwähnt  hat,   zwischen  der  kalten  Strömung 

»)  Natare,  Vol.  V  (1S721  p.  3S5  sq. 


V.    Die  Theorien  der  Meeresströmungen.  103 

an  der  Ostküste  der  Vereinigten  Staaten  und  dem  Floridastrom,  femer, 
worauf  O.  Krümmel^)  hindeutet,  in  der  Davis  -  Strasse  und  Baflins- 
Bay,  in  dem  Meere  zwischen  Grönland  und  Norwegen,  sowie  (nach 
einer  freundlichen  Mittheilung  desselben  Herrn)  in  der  Färöer-SheÜand- 
Rinne  (zwischen  den  Färöem  und  den  Shetland-Inseln)  *).  Endlich  be- 
steht auch  im  Japanischen  Meer  ein  solches  Verhältniss.  Dass  das- 
selbe gerade  in  höheren  Breiten  häufiger  zu  beobachten  ist,  darf  uns 
nicht  Wunder  nehmen,  da  sich  hier  schon  auf  geringe  Breitenunter- 
schiede die  Drehungsgeschwindigkeit  der  Erde  bedeutend  ändert,  somit 
auch  ein  stjlrkerer  Antrieb  zu  jener  Anordnung  gegeben  ist 

Am  Ausgang  unserer  Betrachtungen  über  die  Meeresströmungen 
sei  es  uns  noch  gestattet,  einige  Bemerkungen  über  die  Wasser- 
bewegung innerhalb  abgeschlossener  Meerestheile  und 
besonders  an  der  Oeffnung  derselben  hinzuzufügen. 

Schon  mehrfach  mussten  wir  hervorheben  (vgl.  S.  50  f.,  53), 
dass  kleinere  Meeresbecken,  welche  nur  durch  einen  seichten  Canal 
mit  dem  offenen  Ocean  commumciren,  von  geringer  Tiefe  angefangen 
bis  hinab  zum  Grunde  des  Oceans  von  einer  nahezu  gleichwarmen 
Wassermasse  erfüllt  sind.  Daher  vermissen  wir  in  ihnen  fast  jede 
Spur  einer  verticalen  thermischen  Circulation.  Während  darum  im 
offenen  Ocean  die  von  der  Oberfläche  hinabsteigenden  Ströme  auch 
den  Tiefen  reichliche  Sauerstofimengen  zufuhren,  erhalten  die  Tiefen 
der  Mittehneere  dieses  „animalische  Lebensgas"  wegen  der  mangelnden 
verticalen  Circulation  nur  in  sehr  spärlichem  Masse.  Hieraus  folgt 
weiter,  dass  das  Thierleben  in  grösseren  Tiefen  der  Mittelmeere  ein 
sehr  dürftiges  ist  So  fand  Edward  Forbes,  dass  im  A^äischen 
Meere  in  einer  Tiefe  von  300  Faden  das  animalische  Leben  fast  völlig 
erlischt^).  Er  schloss  hieraus,  dass  dasselbe  im  Salzwasser  überhaupt 
nicht  tiefer  hinabreicht,  was  jedoch  durchaus  nicht  richtig  ist,  da  man 
im  offenen  Ocean  selbst  in  den  kalten  Grundwassem  der  tiefsten 
Meeresgebiete  noch  reiche  Mengen  von  Thieren  angetroffen  hat  Wäh- 
rend also  in  den  Tiefen  des  offenen  Weltmeeres  der  frische  Pulsschlag 
des  Lebens  noch  deutlich  zu  vernahmen  ist,  scheint  in  den  Tiefen  der 
Mittelmeere  Friedho&ruhe  zu  herrschen. 

Entbehren  die  Band-  und  Mittelmeere  der  thermischen  Circulation 
fast  gänzlich,  so  fehlt  es  doch  nicht  an  Oberflächenströmungen,  welche 
durch  die  Winde  erzeugt  werden;  vor  allem  aber  sind  diejenigen  Strö- 
mungen bemerkenswerth,  welche  am  Eingang  dieser  Meere  immer  dann 

*)  Die  äquatorialen  MeereBströmangen.    S.  39. 

')  Vgl.  hierzu  Petermann's  Mittheilnngen  1878,  Taf.  I,  Querscbnitt 
7,  6,  9. 

')  ProceedingB  of  the  R  Geogr.  Society.    VoL  XVHI  (1874),  p.  326. 


104  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  LnfthüUe  der  Erde. 

entstehen  müssen,  wenn  die  Menge  des  'verdunsteten  Wassers  nicht 
genau  dem  Süsswasserzufluss  gleich  ist  Ist  die  erstere  grösser,  so  ist 
diese  Strömung  nach  dem  Binnenmeere  gerichtet,  im  anderen  Falle 
aber  nach  dem  Ocean.  Für  das  Mittelmeer  (mit  Ausschluss  des  Pontus) 
hat  man  berechnet,  dass  es  alljährhch  335  engl  Cubikmeilen  Wasser 
mehr  verdunstet,  als  es  durch  B^;enfall  und  durch  die  einmündenden 
Flüsse  emp^gt  (vgl.  S.  11  f.).  Jener  Vwlnst  wird,  wenn  wir  zu- 
nächst von  dem  Wasserzufluss  aus  dem  Schwarzen  Meere  absehen« 
durch  eine  kräftige  Strömung  ersetzt,  welche  durch  die  Strasse  von 
Gibraltar  (an  der  schmälsten  Stelle  P/4  g^@r-  M^e  breit  und  nur  120  bis 
200  Faden  tief)  in  das  Mittelländische  Meer  eindringt:  eine  den  Schif- 
fern vielfach  sehr  unbequeme  Strömung,  welche  sie  bei  ausbleibendem 
Ostwinde  bisweilen  mehrere  Monate  lang  am  Aus&hren  hindert.  Nach 
Carpenter^)  ist  das  an  der  Oberfläche  ostwärts  sich  bewegende 
W^asser  an  dem  geringeren  speciflschen  Gewicht  sofort  erkennbar. 
Doch  lehren  uns  gleichzeitig  die  beobachteten  Differenzen  im  Salzgehalt, 
dass  sich  eine  submarine  Strömung,  welche  wahrscheinUch  auf  die  ver- 
schiedene specifische  Schwere  des  Wassers  zurückzufiihren  ist,  aus  dem 
Mittelmeere  in  den  Atlantischen  Ocean  ermesst  So  hat  das  Wasser 
über  dem  atlantischen  Abhang  des  „ridge^  (der  unterseeischen  An- 
schwellung zwischen  dem  Atlantischen  Ocean  und  dem  Mittehneer)  an 
der  Oberfläche  ein  specifisches  Gewicht  von  1,0270,  in  350  Faden 
Tiefe  aber  von  1,0285;  das  letztere  Wasser  ist  offenbar  mediterranen 
Ursprungs.  Ueber  dem  „ridge^^  selbst  erlangt  das  Oberfiächenwasser 
ein  specifisches  Gewicht  von  1,0271,  in  125  Faden  Tiefe  aber  von 
1,0292.  Auch  hier  zeigt  sich  also  deutlich  der  G^ensatz  zwischen 
oceanischem  und  mediterranem  Wasser.  Oestlich  des  „ridge^'  beträgt 
in  330  Faden  Tiefe  die  specifische  Schwere  sogar  1,0293.  Ein  Zßug- 
niss  fiir  die  Existenz  jener  submarinen  Strömung  lieferte  übrigens 
längst  schon  die  b^laubigte  Thatsache,  dass  dn  Schiff,  welches  im 
Jahre  1712  zwischen  Tarifa  und  Tanger  in  den  Grund  geschossen 
wurde,  einige  Tage  später  etwa  5  Stunden  weiter  westlich  bei  Tarifa 
auf  den  Strand  trieb,  also  in  einer  dem  Oberflächenstrome  ganz  ent- 
gegengesetzten Richtung  seinen  Curs  genonmien  hatte.  Auch  durfte 
man  einen  solchen  Strom  schon  deshalb  fordern,  weil  ohne  ihn  das 
Mittelmeerwasser  bereits  zu  einer  viel  stärkeren  Soole  geworden  sein 
müsste. 

Aehnlichen  Verhältnissen  b^egnen  wir  am  Eingang  des  Schwansen 
Meeres.  Da  sein  Süsswasserzufluss  wesentlich  grösser  ist  als  sein  Ver- 
dampfungsverlust, so  müsste,  fiills  der  Bosporus  geschlossen  wäre,  der 

»)  Vgl.  Proceedings  of  the  R.  Geogr.  Society.    VoL  XVIII  (1874),  p.  32S. 


V.    Die  Theorien  der  MeereBströmangen.  105 

Pontiisspiegel  steigen  und  sich  so  weit  ausbreiten,  bis  sich  Zufluss  und 
Evaporation  das  Gleichgewicht  hielten.  Da  jedoch  diese  Vorbedingung 
nicht  erfüllt  ist,  so  dringt  eine  ziemlich  heftige  Strömung  von  Nord 
nach  Süd  sowohl  durch  den  Bosporus  als  auch  durch  die  Dardanellen- 
Strasse.  Aber  auch  diese  Strömung  ist,  wie  die  Untersuchungen  am 
Bord  des  „Shearwater"  im  October  1872  eigaben,  nur  eine  oberflächliche. 
Schon  in  einer  Tiefe  von  20  Faden  fand  man  beim  Lothen  eine  Unter- 
strömung, welche  sich  mit  ausserordentlicher  Stärke  in  das  Schwarze 
Meer  ergies&t.  Da  sich  auch  hier  die  Unterströmung  aus  dem  salz- 
reicheren Meere  einen  P&d  in  das  weniger  salzhaltige  bahnt,  so  dürfen 
wir  ihre  Entstehung  ebenfalls  dem  SaUnitätsunterschiede  beider  Meere 
zuschreiben.  Wir  haben  hierzu  um  so  mehr  Grund,  als  wir  eine  der- 
artige Erscheinung  noch  an  eiiier  dritten  Stelle  treffen:  im  Sunde,  wo 
sich  die  überschüssigen  Wasser  der  Ostsee  an  der  Oberfläche  nach 
Nord  hin,  also  zur  Nordsee  bewegen,  während  eine  Unterströmung  aus 
der  salzhaltigen  Nordsee  in  die  Ostsee  einbricht. 

Zwei  derartige  Strömungen  beherrschen  sicher  auch  den  Eingang 
des  Kothen  Meeres.  Ohne  einen  nennenswerthen  Zufluss  zu  empfangen, 
verdunstet  dasselbe  jährlich  eine  7  Meter  hohe  Wasserschicht.  Da  nun  seine 
mittlere  Tiefe  nur  c.  400  Meter  beträgt,  so  würde  es  in  ungefthr  60  Jahren 
völlig  ausgetrocknet  sein,  wenn  die  Strasse  Bab-el-Mandeb  nicht  den 
Eintritt  des  oceanischen  Wassers  gestattete.  Nun  hat  Buist  in  Bom- 
bay berechnet,  dass  sich  das  vom  Meere  zugeflihrte  Salz  in  einem 
Zeiträume  von  höchstens  3000  Jahren,  vielleicht  schon  in  1500  bis 
2000  J.,  zum  grössten  Theil  in  eine  feste  Salzmasse  verwandeln  müsste, 
wenn  keine  unterseeische  Rückströmung  dies  verhinderte.  Da  jedoch 
das  Bothe  Meer  selbst  in  seiner  heutigen  Gestalt  ein  viel  höheres  Alter 
besitzt,  so  kann  die  Existenz  jener  unterseeischen  Strömung  kaum  be- 
zweifelt werden. 

Die  soeben  erwähnten  Ausgleichsströmimgen,  in  denen  eines 
der  bekanntesten  hydrostatischen  Gesetze  zum  Ausdruck  gelangt,  sollten 
uns  unmittelbar  davon  überzeugen,  dass  die  Oceane  der  Erde  im  all- 
gemeinen in  gleichem  Niveau  sich  befinden^).  Trotzdem  wurde  noch 
bis  in  neuere  Zeit  viel  über  diese  Frage  gestritten.  Bereits  in  der 
Mitte  des  17.  Jahrhunderts  hatte  Bernhard  Varen  gelehrt,  dass 
die  Spiegel  aller  Oceane  tmter  einer  Gleichgewichtslinie  lägen.  Dem 
widersprach  jedoch  das  irrige  Ergebniss  des  Nivellements,  welches  unter 
der  Leitung  Lep^re's  zur  Zeit  des  Napoleonischen  Feldzugs  in 
Ägypten  auf  der  Landenge   von   Sues  ^vorgenommen   wurde;   nach 

')  Wir  sehen  hierbei  von  denjenigen  Unebenheiten  ab,  welche  von  der 
Attraction  der  FestlandsmasBen  herrühren  (vgl.  Bd.  I,  S.  158  f.)« 


106  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

diesem  sollte  sich  nämlich  der  Spiegel  des  Rothen  Meeres  um  30  P. 
Fuss  6  Linien  (nahezu  10  Meter)  über  den  des  Mittelmeeres  erheben. 
Damals  glaubte  man  fast  allgemein  an  die  Richtigkeit  jener  Messung, 
und  A.  V.  Humboldt  suchte  dieses  vermeintliche  Aufstauen  des 
Meeresspiegels  im  Rothen  Meere  durch  örtlich  vorwaltende  Winde  imd 
»Strömungen  zu  rechtfertigen,  sowie  dadurch,  dass  die  Form  des  Canals 
(Bab-el-Mandeb)  geeigneter  sei,  die  indischen  Wasser  ein-  als  aus- 
strömen zu  lassen  ^).  Doch  ist  jene  Differenz  längst  als  eine  Folge  von 
Messungsfehlem  erkannt;  denn  eine  neue  Messung,  welche  in  den 
Jahren  1846  und  1847  von  Stephenson,  Negretti,  Talabot 
und  Bourdaloue  auf  Befehl  des  Vicekönigs  von  Aegypten  aus- 
geführt wurde,  reducirte  den  Unterschied  der  beiden  Spiegel  auf 
3  Centimeter  ^).  Auch  anderwärts  hat  sich  die  Richtigkeit  des  Varen'- 
schen  Satzes  bestätigt.  Auf  A.  v.  Humboldt's  Anregung  Uess  Gen. 
Bolivar  1828  durch  Lloyd  und  Falmark  ein  Nivellement  der 
Landenge  von  Panama  vornehmen;  es  stellte  sich  hierbei  nur  eine 
Höhendifferenz  von  1,1  Meter  zwischen  den  Spiegeln  der  Südsee  imd 
des  Atlantischen  Meeres  heraus,  eine  Differenz,  welche  wohl  aus  klei- 
neren Ablesungsfehlem  hervorgegangen  sein  mag^).  Aehnliches  gilt 
auch  von  dem  berühmten  Nivellement,  welches  Coraboeuf  in  den 
Jahren  1825  bis  1827  zwischen  dem  Fort  Socoa  bei  Bayonne  und 
Fort  St.  Ange  bei  Perpignan,  also  zwischen  dem  Atlantischen  Ocean 
und  dem  "Mittelmeer  ausflihrte;  denn  er  ermittelte  nur  einen  Unter- 
schied von  0,73  Meter  *).  Ebenso  hat  die  russisch-skandinavische  Grad- 
messung (1816  bis  1851)  das  wichtige  Ergebniss  geliefert,  dass  aUe 
durch  sie  verbundenen  Meerestheile ,  das  Schwarze  Meer,  die  Ostsee 
und  das  Eismeer,  in  einem  und  demselben  Niveau  stehen.  Die  Unter- 
schiede, welche  man  fsuid,  sind  zu  unbedeutend,  als  dass  man  sie 
nicht  kleinen  Fehlem  im  Nivellement  zuschreiben  mtisste.  Ebenso  ge- 
langte man  durch  den  Anschluss  der  österreichischen  Triangulation  an 
die  russische  zu  der  Erkenntniss,  dass  das  Adriatische  Meer  mit  den 
vorhererwähnten  gleiches  Niveau  hat^). 

Es  soll  jedoch  keineswegs  geleugnet  werden,  dass  das  Niveau  des 
Meeres  je  nach  dem  zeitweiligen  Luftdruck  (so  besonders  bei  anhal- 
tend schweren  oder  leichten  Winden)  locale  Schwankungen  erleidet. 
Das  Meer  selbst  ist  in  dieser  Hinsicht  ein  grosses  Barometer,  welches 

^)  Kosmos.  Bd.  I,  S.  324. 

^)  Phüosophical  Transactions  of  the  R.  See.  of  London.  Vol.  CXLV 
(1856),  p.  112. 

^A.  y.  Humboldt,  Centralasien.  Deutsch  von  W.  Mahlmann.  Ber- 
lin 1844.    Bd.  I,  S.  547. 

*)  1.  c.  S.  550. 

^)  Petermann's  Mittheilangen  1857,  S.  821. 


V.    Die  Theorien  der  Meeresströmungen.  107 

bei  jeder  Verminderang  des  Luftdruckes  13,3  mal  so  hoch  steigt,  als 
das  Quecksilber  in  der  Torricelli'schen  Röhre  sinkt  Dieses  Gesetz 
wurde  ftlr  den  Atlantischen  Ocean  1831  aus  Beobachtungen  bei  Brest, 
später  auch  bei  Lorient  von  Daussj,  fUr  die  Ostsee  von  dem  Schwe- 
den Schulten  nachgewiesen^).  Ebenso  wenig  ist  daran  zu  zweifeln, 
dass  an  den  Rändern  der  Continente  durcb  die  Massenanziehung  der 
Erdfesten  die  oceamschen  Wasser  stets  emporgehoben  werden;  die  Ge- 
stade und  die  centralen  Theile  der  Weltmeere  werden  demnach  nie- 
mals  dieselbe  Niveauhöhe  besitzen.  Andrerseits  aber  ist  die  Annahme 
zu  verwerfen,  dass  das  Niveau  des  Oceans  bisweilen  an  benachbarten 
Küstenpunkten  constant  beträchtliche  Abweichungen  zeige.  Eine  solche 
Annahme  triflRt  nicht  einmal  dann  zu,  wenn  jene  Punkte  den  Ufern 
verschiedener  Randmeere  oder  sogar  verschiedener  Weltmeere  an- 
gehören; denn  auch  in  solchem  Falle  forschen  wir  vergeblich  nach 
Elräften,  welche  das  eine  Meer  hinsichtlich  seiner  Niveauhöhe  beständig 
vor  dem  anderen  begünstigen  könnten.  Vielmehr  erscheint  hier  die 
Anschauung  völlig  gerechtfertigt,  dass  irgend  welche  Niveaudifferenzen 
nach  den  Gesetzen  der  Hydrostatik  durch  Ausgleichsströmungen  stets 
sofort  wieder  beseitigt  werden. 

^)  Comptes  rendos,  Tome  m  (1836),  p.  136  sq. 


VI.    Die  Höhe  und  der  Druck  des  Luftmeeres. 


Eine  unabsehbare,  tiefe  Wassennasse,  deren  Betrachtung  die  vorigen 
Abschnitte  gewidmet  waren,  bildet  die  eine  Hülle,  die  sich  über 
den  grössten  Theil  des  festen  Erdkörpers  ausbreitet;  aber  noch  mäch- 
tiger und  weiter  ausgedehnt  ist  die  andere  Hülle  unseres  Planeten, 
welche  Länderräume  und  Oceane  gleichmässig  umspannt:  die  Atmo- 
sphäre. 

Dß8  Grasgemenge,  aus  welchem  die  Atmosphäre  besteht,  nennt  man 
die  Luft.  Sie  setzt  sich  zusammen  aus  79  Eaumtheilen  (77  Gewichts- 
theilen)  Stickgas  und  21  Baumtheilen  (23  Gewichtstheilen)  Sauerstoff- 
gas, welches  Verhältniss  nirgends,  auch  in  den  verschiedensten  uns  er- 
reichbaren Höhen  nicht,  wesentlich  gestört  erscheint.  Zu  den  an- 
geführten Elementen  kommt  noch  eine  vergleichsweise  ausserordent- 
lich geringe  Quantität  Kohlensäure  (3,3  bis  5,3  Raumtheile  auf  10  000 
Saumtheile  Luft),  sowie  der  Wasserdampf.  Da  dei'  letztere  kein  per- 
manentes Gas  ist,  sondern  oft  zu  Wasser  condensirt  wird,  so  ist  der 
Wasserdampfgehalt  der  Luft  örtlich  und  zeitUch  grossen  Schwankungen 
unterworfen.  Li  unseren  Breiten  beträgt  der  Druck  des  atmosphä- 
rischen Wasserdampfes  etwa  0,01,  in  der  tropischen  Zone  etwa  0.03 
des  G^sanmitdruckes  der  Atmosphäre. 

Bis  zu  welcher  Höhe  erhebt  sich  nun  der  Luftkreis?  Einen 
Maximalwerth  fiir  dieselbe  hat  Laplace^)  in  folgender  Weise  theore- 
tisch festzustellen  gesucht.  Durch  die  Botation  der  Erde  wird  jedem 
materiellen  Punkte  ausserhalb  der  Erdaxe  das  Bestreben  mitgetheilt 
sich  in  der  Bichtung  der  Tangente  von  dem  Mittelpunkte  seiner  Bahn 
zu  entfernen.  Dieser  Kraft,  der  Centrifiigal-  oder  Fliehkraft,  wirkt  die 
Anziehungskraft  der  Erde  entgegen.  Wie  nun  ein  an  einer  Schnur 
befestigter  Stein  im  Schwingen  sich  losreisst  und  fortdlt,  sobald  die 
Fliehkraft  den  Widerstand  des  Fadens  überwältigt,  so  müssen  auch 
diejenigen  Lufttheilchen  sich  von  dem  Luftkreise  hinwegbewegen,  die 
ausserhalb  jener  Grenze  li^en,  wo  sich  Anziehungskraft  und  Flieh- 

*)  TnM  de  M^caniqae  Celeste.  Paris  1799.  Tome  11,  livre  HI,  chap. 
VII,  p   167  sq. 


VI.    Die  Höhe  und  der  Druck  des  Luftmeeres.  109 

kraft  das  Gleichgewicht  halten.  Diese  Grenze  bezeichnet  also  das 
obere  Ende  der  Atmosphäre,  und  sie  befindet  sich  nach  Laplace's 
Berechnung  unter  dem  Aequator  in  einer  Höhe  von  5,6  Erdhalbmessem 
oder  von  c.  4810  geogr.  Meilen.  Dies  würde  demnach  der  Maximal- 
werth  für  die  Höhe  der  Atmosphäre  sein. 

Im  Vergleich  hierzu  ausserordentKch  niedrig  ist  derjenige  Theil 
des  Luftkreises,  der  eine  lichtreflectirende  Bjaft  besitzt.  Die  Höhe 
desselben  lässt  sich  annähernd  aus  der  Dauer  der  Dämmerung  ab- 
leiten,  welche  bekanntlich  von  der  Reflexion  (Spiegelung)  und  Diffiision 
(unregelmässige  Zerstreuung)  des  Lichtes  in  der  Atmosphäre  herrührt. 
Aus  zahlreichen  Beobachtungen  hat  sich  nun  ergeben,  dass  der  letzte 
Saimi  abendlicher  Dämmerung  am  Horizonte  verschwindet,  wenn  die 
Depression  des  Sonnenmittelpunktes  einen  Winkel  von  ungefähr  16  Grad 
erreicht  hat^).  Nach  Behrmann  kommen  die  letzten  Lichtreflexe 
aus  einer  Höhe  von  8,13  geogr.  Meilen.  Natürlich  bezeichnet  diese 
Höhe  nicht  die  wahre  Grenze  der  Atmosphäre,  sondern  nur  diejenige 
Grenze,  jenseits  welcher  die  lichtreflectirende  Wirkung  der  Luft  auf- 
hört, für  unseren  Sehnerv  merkbar  zu  sein.  Immerhin  darf  aus  der 
nahezu  constanten  Dauer  der  Abenddämmerung  geschlossen  werden, 
dass  in  einer  Höhe  von  c.  8  geogr.  Meilen  die  Dichte  der  Luft  sich 
aussergewöhnlich  schnell  verringert. 

Aus  dem  Elasticitätsgesetze  der  Gase  hat  man  berechnet,  dass  in 
einer  Höhe  von  ziemlich  8  geogr.  Meilen  über  dem  Meeresspiegel  der 
Luftdruck  bereits  so  gering  sein  muss,  dass  er  nur  eine  1  Millimeter 
hohe  Quecksilbersäule  zu  tragen  vermag;  die  Luft  ist  dort  in  einem 
Grade  verdünnt,  wie  er  kaum  in  dem  Recipienten  einer  Luftpumpe 
hei^gestellt  werden  kann.  Li  10  bis  12  Meilen  Höhe  tritt  sicher  schon 
ein  Zustand  äusserster  Verdünnimg  ein.  Und  doch  bezeugen  uns  ge- 
wisse Vorgänge  am  nächtlichen  Himmel  unzweideutig,  dass  sich  die 
Luft  thatsächlich  mehr  als  doppelt  so  hoch  erhebt:  das  Aufleuchten 
von  Sternschnuppen  in  einer  Höhe  von  25  geogr.  Meilen  zwingt  uns 
zu  dieser  Annahme,  da  ihr  Feuerschein  nur  eine  Folge  der  durch  den 
Luftwiderstand  hervorgerufenen  Erhitzung  ist.  (Vgl.  Bd.  I,  S.  111.) 
Bis  zu  welchen  Femen  sich  das  letzte  Atom  unseres  Luflkreises  ver- 


^)  Der  früher  allgemein  angenommene  Werth  von  18  Grad  ist  ungenau. 
JuliuB  Schmidt  in  Athen  fand  fUr  das  Ende  der  astronomischen  Dämme- 
rung eine  Depression  des  Sonnenmittelpunktes  von  15,92  Grad  mit  einem 
wahrscheinlichen  Fehler  von  +  0,46  Grad.  In  ziemlicher  Uebereinstimmung 
hiermit  ermittelte  Behrmann  in  den  Tropen  (zwischen  18**  n.  Br.  und  20® 
B.  Br.)  hierfür  einen  Werth  von  15,61  Grad  mit  einem  wahrscheinlichen  Fehler 
von  ±  0,25  Grad, 


110  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

irrty  wild  fiir  alle  Zeit  ein  unlösbares  Problem  bleiben;  es  lässt  mch 
nur  sagen,  in  welcher  Höhe  die  Dichtigkeit  der  Luft  unmerklich  wird. 

Ist  es  gestattet,  hierher,  d.  h.  in  eine  Höhe  von  25  geogr.  Meilen, 
die  Grenze  des  Luftkreises  zu  verl^en,  so  erscheint  uns  derselbe  im 
Vergleich  zu  dem  Erdkörper  als  sehr  geringfügig.  Einem  Globus  von 
einem  Meter  Durchmesser  würde  nur  eine  1,45  Centimeter  dicke  Atmo- 
sphäre entsprechen,  von  welcher  wiederum  nur  ein  äusserst  kleiner 
Theil,  etwa  das  unterste  Fün&igstel,  organisches  Leben  beherbergt 

Hat  die  Luft,  wie  alle  Gase,  einestheils  das  Bestreb^i,  sich  im 
Baume  möglichst  auszudehnen,  so  steht  sie  doch  andemtheils,  wie  alle 
Körper,  unter  dem  Gesetz  der  Schwere;  sie  wird  demnach  von 
der  Erde  angezogen  und  übt  auf  alle  G^enstände,  mit  denen  sie  sich 
berührt,  also  nicht  bloss  auf  Festländer  und  Oceane,  sondern  auch  auf 
ihre  dgenen  unteren  Schichten  einen  Druck  aus.  In  Folge  dieser 
Eigenschaft  nimmt  sie  je  nach  dem  Drucke,  wdcher  auf  sie  wirkt, 
ein  Yerschiedenes  Volumen  ein,  ist  also  nicht  überall  gleich  dicht;  sie 
ist  vielmehr  auf  der  Sohle  des  Luftoceans,  am  Spiegel  des  Meeres,  am 
dichtesten  und  lockert  sich  nach  oben  zu  mehr  und  mehr  auf,  weil 
die  Mächtigkeit  der  darüber  liegenden  Schichten  nach  oben  zu  ach 
stetig  vermindert  Schon  Blaise  Pascal^)  (1623 — 1662)  hatte  beob- 
achtet, dass  ein  Ballon,  der  im  Thale  einigermassen  mit  Luft  gefüllt, 
hierauf  aber  möglichst  gut  verschlossen  und  auf  die  Berge  getragen 
wurde,  sich  dort  beträchtlich  aufblähte.  Dieselbe  Lufhnenge,  wdche 
im  Tieflande  unter  der  Last  der  ganzen  Atmosphäre  auf  einen  relativ 
kleinen  Baum  zusanmiengepresst  wird,  bringt  demnach  ihre  Tendenz, 
sich  auszudehnen,  mit  Erfolg  zur  Geltung  in  Meereshöhen,  wo  jener 
Druck  ansehnlich  geringer  ist. 

Ist  ein  Körper  von  zwei  Luftmassen  mit  gleicher  Spannung  um- 
geben, so  wird  der  Druck,  welchen  die  eine  auf  ihn  ausübt,  durch 
den  G^endruck  der  anderen  neutralisirt.  Daher  kommt  es,  dass  selbst 
die  dünnen  Häutchen  einer  Seifenblase  durch  den  Luftdruck  nicht  zer- 
rissen werden.  Befindet  sich  aber  in  einer  Röhre  zwischen  einem  luft- 
leeren Raum  und  der  Atmosphäre  ein  nach  oben  verschiebbarer  luft- 
dichter Körper,  so  wird  derselbe  durch  die  Spannkraft  der  atmosphä- 
rischen Luft  so  weit  in  den  lufUeeren  Raum  hineingedrängt,  bis  das 
Gewicht  des  gehobenen  Körpers  der  Spannkraft  der  Luft  das  Gleich- 
gewicht hält  Daher  steigt  das  Wasser  in  einer  vertical  gestellten 
Röhre  empor,  sobald  man  die  Luft  aus  derselben  saugt.  Deshalb  lässt 
sich  auch  eine  bis  oben  mit  Wasser  gefiillte,  durch  ein  Stück  Papier 
sorglich  überdeckte  Flasche  umkehren,  ohne  dass  ein  Tropfen  Wasser 
ausfliesst;  denn  der  von  unten  her  wirkende  Luftdruck,   welcher  den 

M  Trait^  de  rEquilibre  des  liqueurs.    Paris  1663.  p.  53. 


VI.    Die  Höhe  und  der  Druck  des  Luftmeeres.  JH 

vollen  Atmosphärendruck    repräsentirt,  ist  weit   grösser  als  derjenige 
der  kleinen  Wassersäule  innerhalb  der  Flasche. 

Als  die  Pumpenmacher  von  Florenz  in  einem  Saugrohre  das 
Wasser  mehr  als  10,3  Meter  heben  wollten,  wurden  sie  zu  ihrem 
grössten  Erstaunen  gar  bald  inne,  dass  alle  Anstrengungen  fruchtlos 
waren.  Damals  erklärte  man  dies  mit  dem  aristotelischen  „Abscheu 
der  Natur  vor  dem  Leeren";  doch  vermuthete  bereits  Galilei,  dass  diese 
Thatsache  mit  der  Schwere  der  Luft  in  Verbindung  zu  bringen  sei, 
was  durch  seinen  Schüler  Torricelli  streng  bewiesen  wurde.  Im 
Jahre  1643  flillte  derselbe  eine  am  Ende  verschlossene  Glasröhre  mit 
Quecksilber,  drückte  die  Oefl&iung  mit  dem  Daimien  zu,  kehrte  die 
Röhre  um  und  senkte  sie  in  eine  Schale  mit  Quecksilber.  Als  er  den 
Finger  zurückzog,  entleerte  sich  das  Quecksilber  nicht  vollständig, 
sondern  blieb  in  der  Röhre  bis  zu  einer  Höhe  von  760  lliUimetem 
stehen.  Dieser  Apparat  war  die  älteste  Form  des  Barometers. 
Die  Quecksilbersäule  innerlialb  der  Röhre  ist  offenbar  als  ein  Gegen- 
gewicht gegen  den  atmosphärischen  Luftdruck  anssusehen.  Nun  er- 
kannte man  auch,  warum  die  Wassersäule  in  dem  obigen  Falle  nicht 
über  10,3  Meter  hoch  stieg.  Vermochte  nämlich  der  atmosphärische 
Druck  eine  Quecksilbersäule  von  760  Millimeter  zu  tragen,  so  konnte 
die  an  ihre  Stelle  tretende  Wassersäule  13,6  mal  so  gross  sein  (also 
==  10,3  Meter),  da  das  Wasser  13,6  mal  so  leicht  ist  als  das  Queck- 
silber. Es  war  demnach  ermittelt,  dass  das  Gewicht  einer  bis  an's 
obere  Ende  des  Luftoceans  reichenden  Luftsäule  übereinstimmt  mit 
dem  einer  10,3  Meter  hohen  Wassersäide  oder  einer  760  Millimeter 
hohen  Quecksilbersäule  von  gleichem  Durchschnitt. 

Ist  es  wirklich  der  Luftidruck,  welcher  das  Quecksilber  in  der 
Barometerröhre  emportreibt,  so  muss  in  gleichem  Masse  mit  ihm  auch 
der  Barometerstand  abnehmen,  wenn  man  sich  senkrecht  erhebt  Dies 
wurde  zuerst  durch  Blaise  PascaP)  erwiesen,  dessen  Schwager  Pa- 
rier am  19.  September  1648  die  Quecksilberhöhe  auf  dem  Gipfel  des 
1477  Meter  hohen  Puy  de  Dome  beobachtete,  während  gleichzeitig  in 
dem  benachbarten  Qermont  der  Stand  des  Barometers  genau  auf- 
gezeichnet wurde.  Man  gelangte  hierbei  zu  dem  wichtigen  Ergebniss, 
dass  die  Quecksilbersätde  auf  der  Spitze  des  Puy  de  Dome  3  Par. 
Zoll  1^2  Linie  (84,6  Millimeter)  niedriger  war  als  in  Oermont. 

J.  J.  Scheuchzer  machte  im  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  ähn- 
liche Er&hrungen,  als  er  die  Barometerstände  am  Fusse  und  an  der 
Spitze  verschiedener  Thürme  mit  einander  vergUch.  So  erhielten  er  und 
sein  Bruder  an  der  Züricher  Domkirche  bei  241  Par.  Fuss  4  Zoll 
(=  78,4  Meter)  senkrechtem  Höhenabstand  S^'g  Linien   (=  7,9  Milli- 

')  1.  c.  p.  164  sq. 


112  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

meter)  Unterschied  in  den  Quecksilberständen.  Auch  wagte  es 
Scheuchzer  in  den  Jahren  1705  bis  1707  zum  ersten  Male,  die 
Differenzen  d^  Quecksilbersäulen  zu  Höhenmessungen  zu  benützen. 
Er  yerglidi  bd  seinen  Alpenwanderungen  die  Quecksilberhöhe  auf 
Gipfehi  und  Pässen,  während  gldchzeitig  in  Zürich  der  (rang  des  Ba- 
rometers beobachtet  wurde,  und  ging  bei  der  Berechnung  davon  aus, 
dass  ein  Sinken  des  Barometers  um  1  linie  einer  Erhebung  von 
80  Fuss  entspreche,  dass  somit  jedes  Herabsteigen  des  Quecksilbers 
um  einen  Raumtheil  dne  11  520  solcher  Kaumtheile  umfEtssende  ver- 
ticale  Erhebung  fordere^). 

Diese  Rechnung  musste  unbedingt  fehlerhafte  und  zwar  zu  nied- 
rige Resultate  liefern;  denn  man  hatte  dabei  vorausgesetet,  dass  die 
Dichtigkeit  der  Luft  in  allen  Höh^i  dieselbe  seL  Es  war  also  das 
erst  später  (1717)  von  Mariotte')  entdeckte  und  nach  ihm  benannte 
Gresetz  völlig  ausser  Betracht  geblieben,  nach  welchem  sich  die  Luft 
mit  der  Zunahme  ihres  dgenen  Druckes  verdichtet,  mit  der  Abnahme 
sich  auflockert  und  nach  welchem  die  Volumina  einer  und  derselben 
Menge  Luft  immer  dem  auf  ihr  lastenden  Drucke  umgekehrt  propor- 
tional sind.  Muss  man  sich  also  c.  10,5  Meter  hoch  erheben,  damit  die 
Quecksilbersäule  von  760  auf  759  Millimeter  sinkt,  so  ist  es  notii- 
wendig,  doppelt  so  hoch,  also  21  Meter,  empor  zu  steigen,  damit  sich 
der  Barometerstand  von  380  Millimeter  um  1  Millimeter  vermindert 
Die  durchschrittene  Lufimenge  ist  in  beiden  Fällen  dieselbe;  nur  er- 
ftillt  sie  im  ersteren  einen  halb  so  grossen  Raum  wie  im  letzteren.  Es 
ergiebt  sich  hieraus,  dass,  w^m  die  Barometerstände  arithmetisch  ab- 
ndmien,  die  senkrechten  Erhebungen  geometrisch  wachsen  müssen. 
Somit  können  die  senkrechten  Höhen  aus  den  logarithmischen  Unter- 
schieden der  Barometerstände  berechnet  werden. 

Ist  an  irgend  einem  Orte  der  Barometerstand  gleich  760  Milli- 
meter, so  hat  man  sich  von  hier  aus  um  10,5  Meter  zu  erheben,  wenn 
die  Quecksilbersäule  um  1  Millimeter  £sdlen  soll;   in  dieser  Höhe  ist 

759 
also  der  Barometerstand  «=  759  Millimeter  oder  760 '  h^^tt  Millimeter. 

760 

Wir  werden  nicht  wesentlich  irren,  wenn  wir  voraussetzen,  dass  die 
Luft  innerhalb  der  genannten  Stufe,  also  vom  Meeresspiegel  bis  zu 
10,5  Meter  Höhe,  so  dicht  sei  wie  am  Boden.  Die  zweite  Stufe,  zwi- 
schen 10,5  und  21  Meter  Meereshöhe,  hat  nach  dem  Mariotte'schen 

*)J.  J.  Scheuchzer,  Itinera  Alpina.  Londini  1708.  Iter  sec  p.  7. 
Vgl  0.  Peschel,  Geschichte  der  Erdkunde.  2.  Aufl.  (herausgeg.  von  S. 
Rage).    Manchen  1877.  S.  688  ff. 

*)  Erfahmngsgemftss  festgestellt  war  das  Gesetz  bereits  durch  Boyle  im 
Jahre  1680;  Mariotte  fand»  gestützt  auf  eigene  Versuche,  hierfür  den  ein> 
fachen  Ausdrack. 


VI.    Die  Höhe  und  der  Druck  des  Luftmeeres.  HS 

759 
Gesetz  bereits  eine  geringere  Dichtigkeit.    Da  nur  -»^tt  des  gesammten 

atmosphärischen  Druckes  auf  ihr  lastet,  so  ist  auch  die  Luftdichtigkeit 

759 
innerhalb  dieser  Stufe  nur  -^^^     von    derjenigen    der    ersten    Stufe; 

dementsprechend  &llt  auch  die  Quecksilbersäule,   wenn  man  von  10,5 

759 
zu  21  Meter  Höhe  emporsteigt,  nicht  1,  sondern  nur  -a^-    Millimeter. 

Atti  oberen  Ende  der  zweiten  Stufe  ist  demnach  der  Barometerstand: 
n^r.   759  759  759  ,^^^      ,,       759^       .^^  /759\«  ,™. 

^«ö  -760  -  w  =  w  (^^^  - 1) = w  =  ^^<^  Km)  ^^^' 

Wird  das  Barometer  durch   eine   dritte  Stufe  abermals  um  10,5 

Meter,  also  bis  zu  einer  Höhe  von  31,5  Meter  emporgetragen,  so  sinkt 

das  Quecksilber  natürlich  wiederum  weniger  als  in  der  zweiten  Stufe 

759 
und  zwar,  da  diese  Schicht   _^^mal  leichter  ist  als  die  vorhergehende, 

759 
nur    „brT  des  Baumes,  um  welchen  es  in  der  zweiten  Stufe  gefallen 
7oü 

war,  also  nur  -=^ .  =^  =  ( «^ )    Millimeter.    Somit  ist   der  Baro- 
meterstand am  oberen  Ende  der  dritten  Stufe: 

759Y 
7öO/ 
Nun  ist  das  Gesetz  Reicht  zu  übersehen.    Am  oberen  Ende  der 

vierten    Stufe    (in   42  Meter  Meereshöhe)    wird    der   Barometerstand 

7759x4 
=s  760  ( 7^ )  7   am  oberen  Ende  der  fünften  Stufe  (in  52,5  Meter 

/759\5 
Meereshöhe)  =  760  [n^Kj    Millimeter,  demnach  am  oberen  Ende  der 

n^^  Stufe  =  760  (^)"  MiDimeter  sein. 

/ 759\m 
Ist  nun  der  Barometerstand  B  an  dem  einen  Orte  =  760  (fT^j 

/759V 
und  derjenige  an  einem  höheren  Orte  b  =  760  («^)    Millimeter,  so 

ist  offenbar  der  Höhenunterschied  beider  Orte  =  (n  —  m)  10,5  Meter. 

Da  JB  =  760  (^)"  und  b  =  760  (^)",  so  ist 

759 

log.  B  =  log.  760  +  m.log.   -=^-  und 


^^  (76Ö}  -[mJ  -[m)  (7öO-l)-7gö^  =  760(^J  Mdlim. 


log.   6  =  log.  760  +   n.log. 


760 
759 


760' 

Peschel-Leipoldt,  Phys.  Erdlrand«.    II.  8 


114  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Sabtrahirt  man  dieizweite  Gleichung  von  der  ersten,  so  folgt  hieraus : 

759 
log.  B  —  1<^.  6  =  (m  —  n)  log.   ^^  und 

log.  B  —  log.  6  =  (n  —  m)  0,0005718; 

demnach  ist 

n  _  in  —  ^ofr  ^  —  ^Qg'   fe 

0,0005718       • 

Da  nun  die  beiden  Orte  einen  Höhenunterschied  h  von  (n  —  m) 

X  10,5  Meter  aufw^eisen,  so  dürfen  wir  auch  sagen: 

h  =  10,5  Meter .  ?^§^ö^^J^^  =  18363  Meter  (log.  5 —  log.  6) 

oder  A  =  18363  log.  j  Meter. 

SoU  die  Höhe  in  Pariser  Fuss  ausgedrückt  werden,  so  lautet  die 
Gleichung 

h  =  56529  log.  yPar.Fuss^). 

Gleichgiltig  ist  es,  ob  die  Barometerstände  in  Millimetern  oder 
Pariser  Linien  angaben  sind,  da  der  Quotient  -j-,  somit  auch  die  Dif- 
ferenz log.  B  —  log.  b  stets  denselben  Werth  behält. 

Den  angefiihrten  Weg  der  Berechnung,  den  man  im  Princip  auch 
heute  noch  nicht  verlassen  hat,  betrat  zuerst  Edmund  Hallej  (1656 
bis  1724)^).  Er  bestimmte  zunächst  das  specifische  Grewicht  der  Luft 
und  des  Quecksilbers  und  sodann  das  Gesetz  der  Abnahme  de> 
Druckes  mit  der  Höhe.    Seine  Formel  lautet: 

A  =  62 169,795  log.   j  engl  Fuss  oder 

h  =  9719  log.  ^  Toisen. 

Sie  liefert  bei  gewissen  Lufttemperaturen  (namentlich  dann,  wenn  sich 
die  halbe  Summe  der  oberen  und  unteren  Luftwärme  nicht  allzuweit 
von  6 ^  C.  entfernt,)  gute  Höhenangaben;  hing^en  erw^st  sie  sich  schon 
bd  geringen  Höhenunterschieden  unter  den  Tropen  als  untauglich. 

Der  an  der  peruanischen  Gradmessung  (1735  bis  1742)  betheiligte 
Astronom  Bouguer,  welcher  oft  barometrische  und  trigonometrische 
Höhen  mit  einander  verglich,  ermittelte  die  einfache  Formel: 

B 
b 


h  =  9667   log.  f  Toisen, 


«)  1  Meter  =«  3,07844  Par.  Fubs;  18  363.     3,70844  —  56  529. 

*)  ,A  disconrse  of  the  Bole  of  the  decrease  of  tbe  hight  of  the  Mercurj 
in  the  Barometer  etc/'  in  den  Philosopbical  Transactions  of  the  R  See.  of 
London.    VoL  X^^  (1696  u.  16S7),  p.  104—116. 


VL    Die  Höhe  und  der  Druck  des  Luftmeeres.  115 

Doch  erlangt  man  mit  Hilfe  derselben,  wie  Bouguer  selbst  be- 
merkt, nur  fiir  das  Hochland  und  Hochgebirge  annähernd  richtige 
Resultate. 

Es  fehlte  also  bis  in  die  IMitte  des  vorigen  Jahrhunderts  eine  ge- 
naue, allgemein  giltige  Barometerformel:  die  vorhandenen  veranlassten 
entweder  stets  grosse  Irrungen,  wie  die  Scheuchzer'sche,  oder  sie 
waren  nur  für  beschränkte  Bäume  brauchbar,  wie  die  Hall ey 's  und 
Bouguer's.  Cassini  de  Thury  erklärte  deshalb  die  Schwan- 
kungen des  Barometers  in  Folge  von  Wärme,  Nebel,  Begen  und  Wind 
für  so  unberechenbar,  dass  die  Höhe  der  Quecksilbersäule  niemals  zur 
Ableitung  der  Bergeshöhen  benützt  werden  könne  ^).  So'  geringe  Er- 
wartungen knüpften  sich  an  die  barometrischen  Höhenmessungen,  als 
der  Schweizer  Jean  Andr^  de  Luc  im  Jahre  1757  von  neuem 
diesem  G^enstand  eine  eingehende  Untersuchung  widmete.  Indess 
sollte  es  ihm  gelingen,  die  erste  allgemein  anwendbare  Barometerformel 
festzustellen  ^). 

J.  de  Luc  war  es,  welcher  zuerst  mit  den  Barometerbeobach- 
tungen thermometrische  Au&eichnungen  vereinigte  und  den  Einfluss 
der  Temperatur  auf  das  Gewicht  der  Luft  wie  auf  die  Höhe  der 
Queckflübei^ule  berücksichtigen  lelule. 

Befindet  sich  von  zwei  in  gleicher  Meereshöhe  au%ehangenen  Ba- 
rometern das  eine  in  der  Sonne,  das  andere  im  Schatten,  so  wird  die 
Quecksilbersäule  des  besonnten  Barometers  höher  stehen  als  die  des 
anderen,  weil  im  ersteren  Falle  das  Quecksilber  durch  die  zugestrahlte 
Sonnenwärme  eine  merkliche  Ausdehnung  erföhrt.  Will  man  also  aus 
zwei  Barometerständen  absondern,  was  eine  Wirkung  des  Luftdnickes 
und  was  eine  Wirkung  der  Quecksilbererwärmung  ist,  so  muss  man 
durch  Rechnung  zuerst  ermitteln,  bis  zu  welchen  Punkten  sich  die 
Quecksilbersäulen  erhoben  hätten,  wenn  ihre  Temperatur  dieselbe  ge- 
wesen wäre.  J.  de  Luc  bestimmte  den  Ausdehnungscoefficienten  des 
Quecksilbers  noch  mit  dem  Barometer  selbst  und  konnte  daher  un- 
möglich ein  genaues  Besultat  erhalten;  dennoch  befiiedigt  dasselbe  in 
hohem  Grade,  da  er  im  übrigen  grosse  Sorgfalt  auf  diese  Messungen 
verwandte.  Nach  J.  de  Luc  beträgt  der  Ausdehnimgscoefficient  des 
Quecksilbers  V4320  (statt  \44oo)j  ^*  ^-  das  Volumen  des  Quecksilbers 
wird  durch  eine  Temperaturerhöhung  von  1  ^  R.  um  ^'4320  vergi-össert. 
Er  nahm  10  ^  R.  als  neutrale   Quecksilbertemperatur  an  und  zog  ftir 

^)  R^flexions  sur  les  observations  du  barom^tre.   Histoire  et  Memoires  de 
TAcad^mie  des  Sciences,  Annee  ]740.    Paris  1742.  p*  94. 

^)  J.  A.  de   Luc,    Recherches  sur   les   modifications   de    TAtmosphere. 
Geneve  1772.    Tome  II,  §  606—634  (p.  9S— 137). 


s* 


IIQ  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

jeden  Grad  R  über  dieser  Temperatur  V^q  Linie  ab  oder  fugte  für 
jeden  Grad  unter  dieser  Temperatur  ^.^o  Linie  zu  dem  Barometer- 
stände hinzu. 

Kräftiger  noch  als  das  Quecksilber  werden  die  Luftschichten  durch 
die  Wärme  ausgedehnt  J.  de  Luc  erkannte,  dass  manbd  niedrigen 
Temperaturen  nicht  so  hoch  empor  zu  steigen  brauche,  um  das  Baro- 
meter um  einen  Zoll  £EÜlen  zu  sehen,  wie  bd  hohen  Temperaturen. 
Mit  Hilfe  sdnes  Bruders  verglich  er  im  Jahre  1759  am  Saleve  bei 
Genf  auf  15  Standorten,  der^i  Höhe  er  geometrisch  gemessen  hatte, 
den  Gang  der  Thermomet»  und  Barometer,  um  den  FJnflnus  der  Luft- 
wärme  auf  die  senkrechte  VertheOung  des  Luftdruckes  zu  erfinrachen, 
und  &nd  als  AusdehnungscoefiSdenten  der  Luft  Vsi5  (statt  ^  ^73). 

Bei  Berechnung  der  Höhe  verfuhr  J.  de  Luc  in  folgender  Weise: 
Nachdem  er  die  Barometerhöhe  von  der  Wirkung  d^  Quecksilber- 
wärme gereinigt  hatte,  suchte  er  die  Differenz  der  Logarithmen  der 
Barometerstände,  ausgedrückt  in  Pariser  Linien,  die  mit  10000  molti- 
pUdrt  die  Höhe  in  Toisen  angiebt,  so  oft  die  halbe  Summe  der  oberen 
und  unteren  Luflwärme  16,75  ®  R  beträgt  Für  je  1 "  R  über  dieser 
Temperatur  addirte  er  ^'^i^  zu  der  ermittelten  Höhe;  für  je  1^  B. 
unter  dieser  Temperatur  hingegen  subtrahirte  er  V2i5«  ^^  Formel  J.  de 
Luc 's  lautet  demnach: 


h  =  10000 Toisen ( ^    ,       2 16,750R\  j^^ 


215  /  b'  —  (t'— 10) 


4320 

wobei  T  und  i  die  Temperaturen  der  Luft,  T*  und  i'  die  Tempera- 
turen des  Quecksilbers  an  der  oberen  und  unteren  Station  in  Graden 
der  Beaumur'schen  Scala,  B'  und  b'  die  abgelesenen,  B  und  b  die 
auf  gemeinschaftliche  Temperatur  reducirten  Barometerhöhen  bedeuten. 
'Eine  weitere  Verschärftmg  erhielt  die  Barometerformd  durch  La- 
place^).  £r  bestimmte  den  Coefficienten  nach  den  genauen  Mes- 
sungen, welche  die  französische  Akademie  mittlerweile  veranlasst  hatte, 
imd  gelangte  so  zu  einer  Formel,  welche  allen  späteren  Barometer- 
formeln als  Grundlage  diente  und  über  die  man  im  wesentlichen  heute 
noch  nicht  hinausgekommen  ist  Sie  lautet,  allgesehen  von  den  Schwere- 
correctionen  und  berichtigt  durch  den  Ramend 'sehen  Coefficienten: 

A  =  18386  Meter.log.  j  (l  +  ^L±J\ 

wobei  B  und  &,  T  und  i  die  gleiche  Bedeutung  haben  wie  oben.    Da- 
neben führte  La  place  noch  folgende  Correction  ein.     Die  Intensität 

^)  Trail^  de  Mecaniqae  Celeste.    Paris  1S02.    Tome  IV,  p,  2S9— 293. 


VI.    Die  Höhe  und  der  Druck  des  Luftmeeres.  117 

der  Schwere  nimmt  ab,  je  weiter  man  sieh  von  dem  Erdmittelpunkte 
entfernt;  sie  vermindert  sich  ako  auch  in  der  Richtung  von  den  ab- 
geplatteten Polargebieten  nach  den  angeschwollenen  äquatorialen  Theilen. 
Zur  Beseitigung  des  hieraus  resultirenden  Fehlers  hat  Laplace  Ta- 
feln ausgearbeitet;  es  ist  zu  den  nach  der  obigen  Formel  berechneten 
Höhen  ein  kleiner  Werth  zu  addiren,  welcher  gleich  ist  dem  Product 
von  52,166  Meter  und  dem  Cosinus  der  doppelten  Breite.  Femer  be- 
achtete Laplace  bei  Aufstellung-  seiner  Formel,  dass  die  Anziehungs- 
kraft der  Erde  auch  in  den  höheren  Luftregionen  eine  geringere  ist 
als  in  den  unteren,  was  eine  vermehrte  Auflockerung  der  Luft  in 
höheren  Schichten  zur  Folge  hat.  Somit  ist  dem  Hechnungsergebniss 
noch  ein  kleiner  Werth  hinzuzufiigen.  Der  Betrag  dieser  beiden  Ver- 
schärftingen ist  überdies  so  unbedeutend,  dass  er  selbst  unter  dem 
Aequator  bei  Höhen  von  4000  Metern,  also  bei  grösster  Cumulation 
der  Unrichtigkeiten,  nur  etwa  eine  Grösse  von  10  Metern  erreicht. 
Nach  der  vollständigen  Lapjace 'sehen  Formel  ist 

h  =  18336  Meter  (1  +  0,002845  cos.  2i//)  (l  +  ^4"—  0,004) 

X  (l  +  *)  (log.  j  +  \    0,868589), 

wobei  xff  die  geographische  Breite  und  r  den  Erdradius  bezeichnet. 

Obwohl  diese  Formel  von  Laplace  mit  voller  Strenge  entwickelt 
war,  harmonirten  doch  die  mit  Hilfe  derselben  ermittelten  barometri- 
schen Höhen  nicht  immer  genau  mit  den  trigonometrischen  Bestim- 
mungen oder  den  Nivellements.  Deshalb  unternahm  es  Ramend, 
durch  genaue  Messungen,  die  er  an  dem  Pic  du  Midi  de  Bigorre  aus- 
ftihrte,  die  Richtigkeit  der  Laplace' sehen  Formel  nochmals  auf  das 
SorgftÜtigste  zu  prüfen.  Der  genannte  Berg  erhebt  sich,  wie  aus  Ra- 
ni o  n  d '  s  sehr  zuverlässigem  Nivellement  hervorgeht,  von  dem  an  seinem 
Fusse  gelegenen  Orte  Tarbes  ziemUch  frei  von  322  zu  2935  Meter 
Meereshöhe;  er  hat  also  eine  relative  Höhe  von  2613  Metern.  Somit 
wurden  diese  Untersuchungen  unter  äusserst  günstigen  Umständen  an- 
gesteUt,  da  die  Gelegenheit,  das  Barometer  an  den  Enden  einer  so 
hohen  und  so  genau  gemessenen  Luftsäule  zu  beobachten,  sehr  selten 
ist  Ramend  fand,  dass  der  von  Laplace  zuerst  benützte  Coöffi- 
cient  von  18  393  Metern  ftlr  Mittagsbeobachtungen  auf  18  336  Meter 
erniedrigt  werden  müsse,  wenn  richtige  Resultate  erzielt  werden  sollen. 
Aus  seinen  mehr  ak  800  Beobachtungen  erkannte  Ramend,  dass  die 
Wahl  der  Beobachtungsstunde  nicht  gleichgiltig  sei  fib:  die  barome- 
trische Höhenmessung.  Moigen-  und  Abendbeobachtungen  forderten 
einen  grösseren,  Beobachtungen  um  1  und  2  Uhr  Nachmittags  einen 
kleineren  Coöfficienten;  dag^en  hielt  er  den  Mittag  ftir  die  beste  Be- 


118  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

obachtangszeit,  vor  allein  weil  die  Luft  am  rahigsten  sei,  nnd  be- 
rechnete daher  fiir  den  Mittag  seinen  Co^cienten.  Auch  der  Ein- 
fluss  der  Winde  auf  die  barometrische  Höhenmessnng  wurde  yon  Ra- 
mend nicht  ausser  Acht  gelassen;  es  zeigte  sich  deutlidi,  dass  bei 
nördlichen  Winden  die  Höhen  zu  gross,  bei  südlichen  zu  klein  aas- 
fielen. Endlich  wurde  auch  die  Existenz  einer  jährlichen  Periode  be- 
reits von  ihm  nachgewiesen. 

Noch  immer  war  ein  Factor  von  nicht  zu  untarschätzendem  Werth 
bei  den  barometrischen  Höhenbestimmungen  nicht  zur  Gleltung  ge- 
kommen: der  Druck  des  Wasserdampfes.  Derselbe  verdient  jedoch 
um  so  mehr  Berücksichtigung,  als  der  Wasserdampfgehalt  der  Luft 
zeitlich  und  örtlich  ansehnlichen  Schwankungen  unterli^:t,  weshalb  sich 
auch  die  Quecksilbersäule  in  der  Barometerröhre  unter  diesem  Einflüsse 
bald  mehr,  bald  minder  hoch  erhebt.  In  unseren  Breiten  varürt  die 
Wirkung  des  Wasserdampfes  auf  den  Barometerstand  zwischen  weniger 
als  zwei  und  mehr  als  fünf  Linien  im  Mittel  Von  Laplace  bis  auf 
Gauss  wurde  eine  Absonderung  dieses  geringen  Werthes  vernach- 
lässigt oder  vielmehr  durch  eine  Erhöhung  der  Temperaturcorreetion 
zu  beseitigen  gesucht  Erst  der  grosse  Astronom  Bessel  befi*eite  die 
Barometerstände  von  der  Wirkung  der  Luftfeuchtigkeit^).  Den  von 
Bessel  gebrauchten,  durch  grosse  Strenge  der  Entwicklung  aus- 
gezeichneten, aber  comphdrten  Ausdruck  fiir  diese  Correction  führte 
a  M.  Bauernfeind^)  auf  eine  ein&chere  Form  zurück;  er  rnuki- 
pHcirt  nämlich  die  beinahe  unveränderte  Laplace'sche  Gldchung  mit 
dem  Factor 


1  +  0,375.-2  (J,+^^, 


in  welchem  o'  und  a'  den  Dampfdruck  an  der  unteren  und  oberen 
Station  bedeuten.  Bauernfeind  hat  zu  dieser  Formd  die  vorhan- 
denen Tafeln  umgerechnet  und  durch  neue  zur  Bestimmung  des  hinzu- 
gefugten Factors  vermehrt. 

Aus  den  Beobachtungen,  wdche  Bauernfeind,  unterstützt  von 
einigen  seiner  Schüler,  am  Hohen  Miesing  angestdlt  hat,  eigaben  sich 
noch  mehrere  wichtige  Resultate,  die  hier  mitgetheilt  zu  werden  verdienen« 

An  dem  genannten  Bei^  wurden  an  f&nf  Punkten  mit  annähernd 
gleichen  Verticalabständen  Stationen  errichtet,    deren  GesammdiOhen- 

^)  Die  TOD  Bessel  ausgearbeiteten  Tafeln  zur  peychrometriBcben  Cor- 
rection finden  sich  in  Schnmacher's  Astrononiiscfaen  Nachrichten.  Bd.  XV 
(1838),  Nr.  357,  S.  360. 

^  Beobachtongen  and  Untersuchnngen  über  die  Genauigkeit  barometri- 
scher Höhenmessungen  und  die  Veränderungen  der  Temperatur  und  Feuchtig- 
keit der  Atmosphäre.    München  1862.    S.  30—32. 


VI.    Die  Höhe  und  der  Druck  des  Luftmeeres.  119 

differenz  nach  einem  genauen  Nivellement  1068,2  Meter  betrug.  Der 
Gang  der  Instrumente  (Barometer,  Thermometer  und  Psychrometer) 
wurde  von  8  Uhr  Morgens  bis  6  Uhr  Abends  nach  Ablauf  je- 
der halben  Stunde  notirt  Wenn  man  nun  die  Mittel  der  gleich- 
zeiligen  Beobachtungen  bei  der  Berechnung  benützte,  so  zeigte  sich, 
dass  die  barometrischen  Höhenmessungen  am  Morgen  und  am  Abend 
zu  kleine,  zwischen  10  Uhr  Vormittags  und  4  Uhr  Nachmittags  zu 
grosse  Resultate  Ueferten.  Aus  den  Beobachtungen  um  6  Uhr  Abends 
erhielt  man  Höhen,  die  um  29,8  bayr.  Fuss  (8,7  Meter)  zu  niedrig 
waren;  diejenigen  für  Mittags  1  Uhr  hingegen  übertrafen  die  wahren 
Höhen  um  16,9  bayr.  Fuss  (4,9  Meter).  Nur  mit  Hilfe  der  Beobach- 
tungen von  10  Uhr  Vormittags  und  4  Uhr  Nachmittags  gelangte  man 
zu  nahezu  richtigen  Werthen.  Hatte  schon  Saussure  bei  seinen  Be- 
obachtungen am  Col  de  G&mt,  sowie  Ramend  bei  seinen  Beobach- 
tungen am  Pic  du  midi  de  Bigorre  eine  solche  tägliche  Periode  er- 
kannt, 80  wurde  sie  doch  weder  von  ihnen,  noch  von  späteren  Mathe- 
matikern eingehender  behandelt;  erst  Bauern feind  machte  sie  zum 
Gegenstand  einer  sorg&lltigen  Prüfung. 

In  scharfsinniger  Weise  wies  derselbe  nach,  dass  die  Ursache  dieser 
Erscheinung  vor  allem  in  den  unrichtigen  Temperaturangaben  zu  suchen 
sei.  Die  Thermometer  hängen  gewöhnlich  unmittelbar  über  dem  Bo- 
den; sie  sind  also  der  Wärmestrahlung  von  unten  her  in  hohem  Grade 
ausgesetzt  und  zeigen  somit  nicht  die  wahre  Wärme  der  horizontalen 
Luftschicht  an,  in  welcher  sie  sich  befinden,  sondern  um  die  Mittags- 
zeit eine  höhere,  am  Morgen  und  Abend  eine  niedere.  Zweimal  wird 
im  Laufe  des  Tages  der  Fehler  compensirt,  nämUch  um  10  Uhr  Vor- 
mittags und  kurz  nach  4  Uhr  Nachmittags.  Aus  den  ermittelten  Ab- 
weichungen der  Höhen  berechnete  Bauernfeind^),  um  richtige  Luft- 
temperaturen zu  erzielen,  folgende  Correctionen  flir  die  Thermometer: 

8^  lO^/g^  12^  IVg^  4»»  6^ 

+  1,480R.    00  R    — 0,70«R.    — 1,13 »R.   —0,16« R.   4-l,76>>R. 

Bauern  feind  schreibt  die  grossen  Differenzen  zwischen  barometrischen 
und  trigonometrischen  Höhenmessungen  (abgesehen  von  groben  Beob- 
achtungsfehlem) hauptsächlich  dem  grossen  Horizontalabstand  der  Sta- 
tionen, dem  Unterschiede  in  der  Beobachtungszeit,  der  zu  geringen 
Zahl  von  Beobachtungen  und  der  Nichtberücksichtigung  der  Wärme- 
strahlung des  Bodens  zu.  „Werden  an  horizontal  nicht  über  lOBogen- 
minuten  entfernten  Stationen  mehrere  gleichzeitige  gute  Beobachtungen 
gemacht  und  die  Lufttemperaturen  entsprechend  verbessert,  so  ver- 
schwinden alle  grossen  Differenzen.  .  .  .  Vier  oder  flinf  gleichzeitige 
Messungen,  bei  guter  Witterung  gegen  10  Uhr  Vormittags  oder  4  Uhr 

*)  1.  c.  S.  69. 


120  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Nachmittags  in  ZwischeniäumeD  von  etwa  20  Minuten  angestdlt,  wer- 
den den  Fehler  des  arithmetisdien  Mittels  bei  500  Meter  Höhenunter- 
schied auf  etwa  2  Meter  und  bei  1000  Meter  Höhenunterschied  auf 
etwa  3  Meter  einschränken'^^).  Bauernfeind  gebührt  demnach  das 
Verdienst,  die  tS^che  Periode  der  barometrisch  gemessenen  Höhai  als 
eine  Folge  der  verschiedenartigen  Wärmestrahlung  des  Bodens  erkannt 
und  näher  bestimmt  zu  haben.  Die  von  ihm  angewandte  Formel 
lautet,  wenn  die  Temperaturen  in  Centigraden  ang^;eben  sind^): 

h  =  18  404,9  Meter   (1  -h  0,0026  cos.  2  t/')  (l  +  ^^  ^  *) 
X  fl  + 0,375. -2-[j>  -i-  ^])  (l  +  0,003665  ?^^) 

X  [log.  f  +  log.  (l  -  ^^)  +  0,86859  ^ , 

wobei  jef  die  Seehöhe  der  unteren  Station  bedeutet 

Neuerdings  hat  Richard  Rühlmann^)  die  Abhängigkeit  der 
barometrisch  gemessenen  Höhen  sowohl  von  der  Tageszeit  als  auch  von 
der  Jahreszeit  eingehend  behandelt  Seine  Beobachtungen,  welche  er 
gleichzeitig  mit  einem  Freunde  vom  28.  August  bis  26.  September  1864 
auf  dem  Valtenberge  bd  Bischo&werda  in  Sachsen  und  in  dem  be- 
nachbarten Neukirch  unternahm,  um&ssen  416  correspondirende  Ab- 
lesungen. Sie  erstrecken  sich  auf  alle  Tagesstunden;  doch  wurde  auch 
4  mal  24  Stunden  hindurch  ununterbrochen  beobachtet  Die  Höhen- 
differenz, welche  vorher  durch  ein  sehr  sorgfältiges  Nivellement  genau 
ermittelt  worden  war,  betrug  869  Par.  Fuss  (282,3  Meter),  die  Hori- 
zontaldistanz nur  6000  Par.  Fuss  (1949  Meter).  Jene  Höhendifferenz 
war  freiUch,  wie  sich  bald  zeigte,  zu  gering,  als  dass  sich  nicht  zu- 
fällige Beobachtungsfehler  sehr  bedeutend  mit  den  regelmässigen  Ab- 
weichungen mischen  konnten.  Rühlmann  bildete  sich  deshalb  noch 
6jährige  Mittel  für  alle  Monate  aus  den  gleichzeitigen  Beobachtungen 
in  Genf  und  am  St  Bernhard,  an  welchen  beiden  Orten  seit  langor 
Zeit  zu  allen  geraden  Stunden  gleichzeitig  beobachtet  wird.  Rühl- 
mann's  Untersuchungen  fiihrten  hinsichtlich  des  allgemeinen  Charak- 
ters der  täglichen  Periode  zu  folgenden  Resultaten^): 

Die  barometrisch  bestimmten  Höhen  erreichen  ihr  MATinnim  kurz 
vor  der  Zeit  der  höchsten  Tagestemperatur,  also  meist  gegen  1  Uhr, 
sinken  dann  rasch  während  des  Nachmittags,  langsamer  während  der 
Nacht   und   erlangen   ihren    kleinsten  Werth  ungefi&hr  eine  bis  zwei 

»)  L  c.  S.  143. 
«)  1.  0.  S.  32. 

')  Die  barometrischen  Höhemnessangen  und  ihre  Bedeutung  fiir  die  Phy- 
sik der  Atmosphäre.    Leipzig  1S70. 
*)  1.  c.  S.  47. 


VI.    Die  Höhe  und  der  Druck  des  Luftmeeres.  121 

Stunden  vor  Sonnenaufgang.    Von  dem  Minimum  aus  steigt  dann  die 
Ourve  sehr  rasch  und  steil  bis  zum  Maximum  gegen  Mittag. 

Die  tägliche  Periode  ist  femer  nur  deutlich  erkennbar  an  Tagen, 
an  denen  bei  nahe  wolkenlosem  Himmel  eine  regelmässige  Bestrafung 
durch  die  Sonne  bei  Tage  und  eine  imgestörte  Ausstrahlung  der  Wärme 
des  Erdbodens  gegen  den  kalten  Himmelsraum  stattfindet.  An  trüben 
oder  windigen  Tagen  vermindert  sich  die  Amplitude  der  Periode  selu-, 
ohne  jedoch  ganz  zu  verschwinden. 

Endlich  ist  der  Charakter  der  tägUchen  Periode  in  den  einzelnen 
Monaten,  den  sehr  verschiedenen  Umständen  der  Jahreszeiten  ent- 
sprechend, ein  sehr  verschiedener.  In  den  Sommermonaten  wächst  die 
Amplitude  der  täglichen  Periode  bei  einem  Höhenunterscliiede  von 
2070  Metern  auf  mehr  als  40  Meter,  während  dieselbe  in  den  Winter- 
monaten ansehnlich  kleiner  wird  und  im  December  auf  obige  Höhe 
sogar  nur  13  Meter  beträgt  *). 

Die  aus  den  Tages-  und  Monatsmitteln  der  meteorologischen  Be- 
obachtungen berechneten  Höhen  zeigen  zugleich  eine  jährliche  Pe- 
riode, deren  Amplitude  jedoch  viel  kleiner  ist  als  die  der  täglichen 
Periode.  Die  Wintermonate  (September  bis  März)  ergaben  zu  kleine, 
die  Sommermonate  (April  bis  August)  zu  grosse  Höhen.  Unter  allen 
Monaten  lieferte  der  März  die  besten  Besultate;  der  Fehler  verringerte 
sich  bei  einer  Höhendifferenz  von  2070  Metern  auf  0,8  Meter.  Hin- 
gegen stand  das  Januarresultat  14  Meter  unter,  das  Juliresultat  9  Meter 
über  der  wahren  Höhe.  Die  Jahresmittel  aller  meteorologischen  Be-' 
obachtungen  ftihrten  zu  Resultaten,  welche  sich  von  dem  wahren  Werthe 
nicht  weit  entfernten ;  sie  waren  im  Durchschnitt  nur  2,8  Meter  zu  niedrig. 

Die  Hauptursache,  welche  jenen  Höhenperioden  zu  Grunde  li^^ 
ist,  wie  Rühlmann  in  überzeugender  Weise  darlegt,  darin  zu 
suchen,  dass  die  Temperatur  der  zu  messenden  Luftsäule  sich  während 
der  Zeit  einer  Periode  nicht  um  so  viel  und  nicht  so  rasch  ändert,  ab 
das  arithmetische  Mittel  der  Thermometerablesungen  an  der  oberen 
und  unteren  Station  besagt;  vielmehr  nimmt  die  Luft  nur  wenig  und 
zögernd  Anthdl  an  den  täglichen  und  jährlichen  Schwankungen  der 
Temperatur  unmittelbar  über  der  Erdoberfläche.  Das  periodische 
Steigal  und  Fallen  der  Resultate,  welche  aus  Barometerbeobachtungen 
abgeleitet  waiden,  rührt  also  davon  her,  dass  dem  Luf^ewicht,  wel- 
ches als  Basis  der  Berechnung  dient,  &lsche  Temperataren  zugeschrie- 
ben werden^  wenn  'las  arithmetische  Mittel  aus  den  Temperaturen  der 
oberen  and  unteren  Station  als  durchschnitdiche  Wärme  der  Luftsäule 
zwiachea  beid^^  gilL  Ist  dieses  arithmetische  Mittel  ein  zu  hoher 
Wertli,  80  eotspridit  d^nuKJben  eine  geringere  Dichte  der  Luft  und 

>)  L  c  8.  «3  l 


122  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

somit  demselben  Luftgewichte  eine  höhere  Luftsäule ;  dann  ist  also  das 
Eesultat  der  Messimg  ein  zu  grosses.  Ist  das  arithmetische  Mittel  hin- 
gegen ein  zu  niedriger  Werth,  so  wird  der  Luft  eine  zu  grosse  Dichte 
beigemessen;  demnach  wird  fiir  das  vorhandene  Luftgewicht  eine  zu 
niedrige  Luftisäule  berechnet 

Der  eigentliche  Grund  jener  Differenz  zwischen  den  Angaben  der 
Thermometer  und  den  wahren  Lufttemperaturen  ist  offenbar  die  relativ 
grosse  Fähigkeit  des  Erdbodens,  Wärmestrablen  zu  absorbiren.  Der 
Boden  wird  durch  directe  Bestrahlung  relativ  stark  erhitzt,  er- 
kaltet aber  auch  ansehnlich  durch  nächtliche  Ausstrahlung.  Ganz  an- 
ders verhält. sich  die  Luft.  Als  ein  sehr  diathermaner  Körper  wird  sie 
während  des  Tages  durch  die  Sonnenstrahlen  wenig  erwärmt;  daftir 
aber  verUert  sie  auch  des  Nachts  wenig  Wärme  durch  Ausstrahlung; 
es  vollziehen  sich  demnach  in  der  Luft  viel  geringere  Temperatur- 
schwankungen als  in  den  Schichten  an  der  Erdoberfläche.  Nun  wer- 
den die  Thermometer  der  Beobachtungsstationen  stets  von  der  strahlen- 
den Wärme  des  Bodens  imd  der  Umgebung  beeinflusst;  sie  nehmen 
daher  an  dem  bedeutenderen  und  schneller^i  Temperaturwechsel  an 
der  Oberfläche  theil.  Leider  ist  es  unmöglich,  die  Thermometer  vor 
diesen  störenden  Einwirkungen  erfolgreich  zu  schützen;  denn  alle 
Gegenstände  an  der  Erdoberfläche  erfahren  theils  durch  directe  Be- 
strahlung, theils  durch  reflectirte  und  diffuse  Wärmestrahlen  eine  Tem- 
peraturerhöhung. Hierin  liegt  ein  Hauptgrund,  weshalb  sich  sehr 
häufig  aus  barometrischen  Höhenmessungen,  selbst  wenn  sie  mit  der 
grössten  Vorsicht  und  8org£sJt  ausgeftihrt  worden  sind,  doch  stark  von 
einander  abweichende  Resultate  ergeben,  namentlich  dann,  wenn  sich 
die  Berechnungen  nur  auf  wenige  Beobachtungen  stützen.  Wenn 
übrigens  Bauernfeind  ^d,  dass  die  barometrischen  Höhenmessungen 
zwischen  10  Uhr  ftilh  und  4  Uhr  Nachmittags  zu  grosse,  um  10  Uhr 
und  4  Uhr  aber  nahezu  richtige  Werthe  Uefem,  so  gilt  dies  nur  ftir 
die  zeitlichen  und  örtlichen  Verhältnisse,  unter  welchen  er  arbeitete. 
Nach  Rühlmann^)  sind  in  unserer  Zone  die  günstigsten  Zeiten  ftir 
Anstellung  barometrischer  Höhenmessungen  die  folgenden: 
im  December:     Nachmittag     1  Uhr. 


7,    Januar: 

Mittag 

12  u. 

„    Februar: 

Vormittag 

10  U.  u. 

Nachmittag  4  U. 

^   März: 

7) 

8U.  , 

6U. 

7)   April: 

7) 

7U.  „ 

7U. 

„    Mai: 

n 

7U.  „ 

7  U. 

„    Juni : 

r? 

öU.  , 

9U. 

„    Juli : 

>j 

6U.  „ 

9Ü. 

*)  1.  c.  S.  95. 

VI.    Die  Höhe  und  der  Druck  des  Luftmeeres.  123 


im  August: 

Vormittag    7  ü.  u.  Nachmittag  3  ü. 

„    September: 

„            8  U.  „            „          6  U. 

„   October: 

10  U.  „            „          4  U. 

„    November : 

11  U.  „            „          2  ü. 

Aeltere  Schriflsteller,  wie  Lindenau  imd  Homer,  forderten  fiir 
die  Zwecke  einer  barometrischen  Höhenbestimmung  nur  isolirte  Beob- 
achtungen. Man  nahm  an^  dass  ein  Ort,  wenn  er  senkrecht  unter 
dem  Beobachtungsort  im  Niveau  des  Meeresspiegels  läge,  genau  einen 
Barometerstand  von  760  Millimeter  habe,  legte  femer  eine  fingirte 
Temperatur  an  der  Meeresoberfläche  zu  Grunde  und  war  so  im  Be- 
sitze des  nöthigen  Materials.  Man  vernachlässigte  somit  vollständig  die 
Variationen,  welche  der  Luftdruck  an  jedem  Orte  der  Erde  zeigt, 
lieber  den  Charakter  dieser  Variationen  an  verschiedenen  Orten  der 
Erde  soll  in  dem  Folgenden  das  Wichtigste  mitgetheUt  werden. 

Die  Schwankungen  des  Barometers  sind  zweifacher  Art:  perio- 
dische und  nichtperiodische,  und  hinsichtlich  der  ersteren  lässt  sich 
wiederum  eine  tägUche  und  jährUche  Periode  unterscheiden. 

Die  tägliche  Periode  tritt  am  schärfeten  unter  den  Tropen 
hervor,  während  sie  in  den  gemässigten  Breiten  durch  die  nichtperio- 
dischen OsdUationen  verhüllt  wird  und  erst  aus  längeren  Beobachtungs- 
reihen sich  unzweideutig  offenbart.  Sie  wurde  demgemäss  in  der  tro- 
pischen Zone  zuerst  bemerkt  imd  zwar  von  Varin,  des  Hayes  und  de 
Glos  im  Jahre  1682.  Sie  £Einden,  dass  das  Barometer  auf  Gor^e, 
einer  Insel  bei  Cap  Verde,  Mittags  gewöhnlich  2  bis  4  Linien  (4,5  bis 
9  Millimeter)  niedriger  stand  als  am  Abend  ^).  Aehnliche  Wahrneh- 
mungen machte  man  am  Ausgange  des  17.  Jahrhunderts  zu  Batavia 
und  Pondichery,  und  in  Surinam  wurde  von  einem  Holländer  im 
Jahre  1722  sogar  erkannt,  dass  die  Quecksilbersäule  täglich  zweimal 
steige  und  feile*).  Doch  scheint  sich  die  Nachricht  hiervon  wenig 
verbreitet  zu  haben;  denn  als  Godin  auf  Grund  umfSässenderer  Be- 
obachtungen im  Jahre  1738  festgestellt  hatte,  dass  zu  Quito  die  Queck- 
silbersäule um  9  Uhr  Vormittags  den  höchsten,  um  3  Uhr  Nachmittags 
den  niedrigsten  (etwa  1 V4  Linie  tieferen)  Stand  erreiche,  beanspruchten 
seine  Begleiter  Bouguer  und  Lacondamine  ftlr  Godin  die  Prio- 
rität der  Entdeckung. 

Um  zu  zeigen,  welchen  Charakter  die  tägliche  Periode  des  Luft- 
druckes in  der  tropischen  Zone  besitzt,  ftihren  wir  an,  wie  sich  die- 
selbe gewöhnlich  in  Batavia  entwickelt. 

^)  A.  de  Humboldt,  Voyage  anz  r^gions  ^uinoxiales,  Relation  histori- 
que.    Paris  1831.    Tome  III,  Hr.  IX,  p.  281  Bq. 

*)  Joumal  lit^raire  de  Fannie  1722.     La  Haye  1723.    Tome  XII,  p.  235. 


124  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Zeit :  Barometerhöhe : 

Elrstes    Minimum:    Nachts      3  Uhr  40  Min.  758,6  Millimeter. 

Erstes    ^laximum:  Vorm.       9  Uhr    8  Min.  760,2  ^ 

Zweites  Minimum :    Nachm.     3  Uhr  40  Min.  757,4  ^ 

Zweites  Maximum :   Abends  10  Uhr  22  Min.  759,8  „ 

Die  Differenz  zwischen  dem  niedrigsten  und  höchsten  Barometer* 
Stande  beträgt  demnach  fiir  Batavia  durchschnittlich  2,8  MiUimeter. 
In  ähnlicher  Weise  wie  in  Batavia  oscillirt  der  Barometerstand  an 
aUen  Orten  der  tropischen  Zone  und  zwar  an  jedem  Tage  mit  so 
grosser  R^elmässigkeit  und  mit  so  bedeutender  AmpUtude,  dass 
meist  schon  eintägige  Beobachtungen  genügen,  um  ein  klares  Bild 
hiervon  zu  erlangen,  und  man  darf  wohl  ohne  Uebertreibung  sagen^ 
man  könne  dort  die  Tageszeiten  aus  den  Barometerschwankungen 
berechnen. 

In  unseren  Elimaten  ist  der  Gang  des  Barometers  so  unregel- 
massig,  dass  es  einer  längeren  Beobachtungsreihe,  etwa  der  eines  Mo- 
nats, bedarf,  um  die  tägliche  Periode  des  Luftdruckes  zu  erkennen. 
Erst  Chiminello  gelang  es  in  den  Jahren  1778  bis  1780  durch  seine 
fleissigen  Beobachtungen  zu  Padua,  auch  für  nördUche  Breiten  dieselbe 
nachzuweisen.  Aus  seinen  AufiEcichnungen  ergab  sich,  dass  die  täg- 
lichen Höhenstände  um  10  Uhr  Moigens  und  11  Uhr  Nachts  imd  die 
Tiefensülnde  um  5  Uhr  Moigens  und  5  Uhr  Nachmittags  eintreten  ^i. 
Die  Gresetzmässigkeit  dieser  Aenderungen  zu  erhärten  war  um  so 
schwieriger,  als  die  OsciUationsamplitude  sich  polwärts  ansehnlich  ver- 
mindert Errdcht  dieselbe  am  Aequator  nahezu  den  Werth  von 
3  Millimetern,  so  ist  sie  unter  30^  Breite  nur  noch  gleich  1,6  Milli- 
meter und  unter  48^  gleich  0,7  Millimeter.  Doch  müssen  wir  hinzu- 
fügen, dass  die  Abnahme  vom  Aequator  nach  den  Polen  hin  durch- 
aus keine  r^lmässige  ist;  namentlich  ist  die  tägliche  Amplitude  an 
den  Küsten  viel&ch  kleiner  als  im  Binnenlande. 

Die  Stunden  der  täglichen  Maxima  und  Minima  eines  Ortes  sind 
durchaus  nicht  immer  diesdben,  sondern  wechseln  mit  den  Jahres- 
zeiten. Im  Allgemeinen  fidlen  die  beiden  Maxima  in  die  Vormittag- 
und  Abendstunden  zwischen  8  und  11  Uhr,  die  bdden  Minima  in  die 
Morgen-  und  Nachmittagsstunden  zwischen  3  imd  6  Uhr.  Die  Ex- 
treme in  der  täglichen  Periode  des  Barometerstandes  li^en  im  Winter 
dem  Mittag  nälier  als  im  Sommer,  wie  dies  aus  der  folgenden  Tabdle 
hervorgeht 

^)  Ephemerides  Societ.  meteorolog.  Palat.    Anno  1784.  p.  230  sq. 


VI.    Die  Höhe  und  der  Druck  des  Luftmeeres. 


125 


Dresden. 

Chrlstiania. 

'      Januar. 

Juli. 

Januar. 

Juli. 

Vormittag-    K,    .             9  U.  55  Min. 
Abend-          )  Maximum     9    ^     „    ^ 

Morgen-         1  ...   .              4    „     55     „ 
Nachmittag- I  •^^'°""'""     2    ,    49    „ 

8  U.  24  Min. 
11   «     9     „ 
3  „     2     , 
5  .    25     , 

lOU.  34  Min. 
9  „   50     „ 
5  »   53     „ 

2  „     6     „ 

7  U.  29  Min. 
5  „  45     „ 

In  der  letzten  Columne  fehlen  Abendmaximum  und  Morgenmini- 
mum; während  des  Juli  steigt  nämlich  in  Christiania  der  Luftdruck 
die  ganze  Nacht  hindurch  wenn  auch  langsam,  so  doch  stetig.  Dies 
gilt  überhaupt  fiir  die  Sommermonate  höherer  Breiten,  während  wel- 
cher die  Nacht  ausserordentlich  kurz  ist.  Endlich  ändert  sich  auch 
die  Grösse  der  Amplitude  mit  den  Jahreszeiten.     Sie  beträgt  z.  B. 

für  Dresden  für  Christiania 

im  Januar    0,39  Millimeter,        0,43  Millimeter. 

im  Juli         0,57  „  1,06  „ 

Sie  ist  demnach  im  Sommer  grösser  als  im  Winter. 

Jene  Oscillationen  des  Barometerstandes  werden  offenbar  hervor- 
gerufen durch  den  täglichen  Temperaturgang  der  Luft  und  die  mit  ihm 
eng  verbundene  regelmässige  Zu-  und  Abnahme  ihres  Wasserdampf- 
gehalts. Indem  die  Sonnenstrahlen  die  Atmosphäre  durchdringen, 
erleiden  sie  eine  relativ  geringe  Absorption  und  erwärmen  die  Luft 
nur  wenig,  weil  dieselbe  ein  sehr  diathermaner  Körper  ist.  Vielmehr 
empfangt  der  Luftkreis  in  erster  Linie  durch  die  von  dem  erhitzten 
Erdboden  kommenden  dunklen  Wärmestrahlen  seine  höheren  Tempe- 
raturen, weshalb  auch  die  unteren  Schichten  am  schnellsten  und  stärk- 
sten durchwärmt  werden.  Sind  nun  diese  unteren  Luftschichten  ge- 
nügend erhitzt,  so  suchen  sie  in  ein  ihrer  geringen  Dichtigkeit  ent- 
sprechendes Niveau  zu  gelangen  und  erheben  sich.  Es  bildet  sich  also 
ein  aufsteigender  Luftstrom.  Dieser  drängt  die  Atmosphäre  an  der  er- 
hitzten Stelle  über  ihre  normale  Höhe  empor,  worauf  die  Luft  von 
hier  aus  nach  denjenigen  Punkten  abfliesst,  an  denen  sie  nicht  eine 
gleiche  Höhe  besitzt.  Das  Gewicht  der  Luftsäule  über  der  erwärmten 
Stelle  ist  also  ein  relativ  geringes,  und  wir  haben  demnach  in  solchem 
Falle  das  Sinken  der  Quecksilbersäule  in  der  Barometerröhre  haupt- 
sächlich als  ein  Werk  des  aufsteigenden  Luftstromes  zu  betrachten. 
Somit  spiegeln  sich  die  Temperaturverhältnisse  eines  Ortes  bis  zu  einem 
gewissen  Grade  in  der  Grösse  des  Luftdruckes  ab.  Freilich  spielt 
neben  den  Temperaturen  der  Wasserdampf  hierbei  eine  wichtige  Rolle. 
Gleichzeitig  mit  der  Temperaturerhöhung  am  Morgen  wächst  nämlich 
auch  der  Dampfgehalt  der  Luft,  und  da  der  Verdampftmgsprocess  sich 


126  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

rascher  vollzielit  als  das  Empordringen  der  Luft,  so  steigt  zunächst  in 
Folge  des  vermehrten  Dampfdruckes  das  Barometer  bis  zum  Vormit- 
tagsmaximum. Nun  erhebt  sich  der  Luftstrom  schneller  und  kräftiger 
als  vorher;  er  trägt  zugleich  reichliche  Mengen  von  Wasserdämpfen 
empor y  welche  sich  mit  ihm  gemischt  haben,  fliesst  oben  seitlich  ab 
und  bewirkt  so  ein  Sinken  des  Barometers  an  dem  Ort  der  Erwär- 
mung. Sowie  aber  mit  der  abnehmenden  Mittagswärme  der  au&tei- 
gende  Strom  schwächer  wird  und  er  denmach  auch  die  Wasserdämpfe 
nicht  mehr  so  reichlich  in  die  Höhe  zu  entfiihren  vermag,  vergrössert 
sich  der  Luftdruck,  und  die  Quecksilbersäule  gewinnt  wieder  an  Höhe, 
insbesondere  gegen  Abend,  wenn  in  Folge  der  eingetretenen  Abküh- 
lung Luft  und  Wasserdampf  herabsinken  und  sich  m  reichlicherer 
Menge  am  Boden  anhäufen  als  vorher.  Findet  nun  des  Nachts  eine 
hinreichende  Ausstrahlung  statt,  so  wird  der  Wasserdampf  der  Luft 
als  Thau  zu  einem  Theile  ausgeschieden,  der  Dampfdruck  also  ver- 
mindert, weshalb  das  Barometer  zu  seinem  IMorgenminimum  herabsinkt  ^ ). 

Nun  erklärt  es  sich  ganz  von  selbst,  dass  in  den  tropischen  Gre- 
genden, wo  der  Wechsel  der  Tages-  und  Nachttemperaturen  viel  be- 
deutender ist  als  in  der  gemässigten  Zone  und  zugleich  eine  reichlichere 
Wasserdampf-  und  Thaubildung  vorhanden  ist,  die  Amplitude  der 
Barometerschwankungen  eine  viel  gi'össere  ist  als  in  höheren  Breiten; 
aus  denselben  Gründen  gilt  dies  auch  für  die  continentalen  Gebiete 
im  Gegeisatz  zu  den  oceanischen  Gestaden,  sowie  ftir  den  Sommer 
im  Gegensatz  zu  dem  Winter. 

Neben  der  tägUchen  Periode  des  Luftdruckes  besteht  auch  eine 
jährliche.  Berechnet  man  zunächst  die  Tagesmittel  und  aus  diesen 
wiederum  die  Monatsmittel,  so  erkennen  wir  bei  einer  Zusammenstel- 
lung derselben  sofort  ein  in  jedem  Jahre  sich  regelmässig  wiederholen- 
des, natürlich  für  jeden  Ort  eigenartiges  Steigen  imd  Fallen  des  Ba- 
rometers. Ein  allgemeines,  alle  Erdräume  umfassendes  Gesetz  lässt 
sich  aus  den  bisherigen  Aufzeichnungen  nicht  ableiten.  Im  westlichen, 
maritimen  Europa  beobachtet  man  zwei  Maxima  (in  der  Mitte  des 
Winters  und  am  Ende  des  Sonmiers  oder  Anfang  des  Herbstes)  und 
zwei  Minima  (im  April  und  November).  Der  Unterschied  zwischen 
dem  grössten  und  kleinsten  Monatsmittel  beträgt  etwa  2  bis  4,  selten 
mehr  Millimeter.  Nur  hohe,  isolirte  Bei^  machen  hier  insofern  von  der 
obigen  Kegel  eine  Ausnahme,  als  sie  bloss  ein^Iaximum  (in  der  Mitte 
des  Sommers)  und  ein  ATinimnin  (im  Winter  und  Frühhng)  zeigen; 
auch  erscheint  hier  die  Periode  des  Luftdruckes  nicht  allein  einfisu^er, 
sondern  zugleich  deutlicher  ausgeprägt,  da  der  Unterschied  zwischen 
dem  Maximum  und  dem  Minimum   beträchthch   wächst  (auf  dem  St 

')  H.  Mohn,  Grandzüge *der  Meteorologie.  2.  Aufl.   Berlin  1879.  S.  121  Ü\ 


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VI.    Die  Höhe  und  der  Druck  des  Luftmeeres.  127 

Ootthard  bis  zu  11,46  Millimeter).  Einen  ähnlichen  Chai*akter  besitzt 
die  jährliche  Periode  auf  Island:  hier  ist  der  Luftdruck  im  Mai  am 
höchsten,  im  Januar  am  niedrigsten;  dabei  erreicht  die  jährUche  Am- 
plitude den  hohen  Werth  von  fast  13  Millimetern.  In  Osteuropa  tritt 
das  Sommermaximum  mehr  und  mehr  zurück,  und  von  dem  Ural  bis 
an  den  Ostrand  des  asiatischen  Continentes  begegnen  wii*  meist  nm* 
einem  Minimum  in  der  Mitte  des  Sommers  und  einem  Maximum  in 
der  Mitte  des  Winters ;  die  jährUche  Amplitude  steigt  hier  in  der  Nähe 
des  Baikal-  Sees  sogar  bis  auf  25  Millimeter.  Eine  ähnliche  jährliche 
Veränderung  erleidet  der  Barometerstand  in  Vorderindien  und  an  den  Süd- 
ostküsten Asien*s,  sowie  in  Nordafrika  imd  im  Innern  Nordamerika's; 
nur  ist  die  Amplitude  hier  nirgends  so  gross  wie  im  Innern  Asien's. 
Endlich  finden  wir  auch  in  den  südhemisphärischen  Länderräumen,  also 
in  Südafrika,  Südamerika  und  Australien,  den  Gegensatz  zwischen  som- 
merlichem Minimum  und  winterlichem  Maximum  des  Luftdruckes  wieder. 

Ein  übersichtliches  Bild  über  die  jährlichen  Schwankuhgen  des 
Luftdruckes  gewähren  uns  diejenigen  Karten,  auf  w.*i<ifBn  die  Orte 
mit  gleichem  Barometerstand  (reducirt  auf  den  Meeresspiegel)  dui-ch 
Linien  verbunden  sind.  Man  nennt  letztere  Isobaren.  Die  eraten  der- 
artigen Darstellungen  verdanken  wir  dem  schottischen  Meteorologen 
Alexander  Buchan^),  welcher  fiir  zahlreiche  Orte  die  monatlichen 
Mittel  des  Luftdruckes  berechnet  und  sodann  auf  Karten  in  Mercator's 
Projection  fiir  jeden  Monat  die  Isobaren  entworfen  hat.  Fig.  7  und 
8  geben  uns  in  dieser  Weise  einen  Ueberblick  über  die  Vertheilung 
des  Luftdruckes  in  den  Monaten  Januar  und  Juli^). 

Die  Januar  karte  lehrt  uns,  dass  im  Winter  die  Maxima  des 
Luftdruckes  auf  der  nördlichen  Halbkugel  über  Ostasien  (Luftdruck 
mehr  als  774  Millimeter)  mid  Nordamerika  (nahezu  770  Millimeter) 
liegen.  E^e  Zone  relativ  hohen  Luftdruckes  erstreckt  sich  von  Ost- 
asien nach  den  Mittelmeerländem  und  hierauf  zwischen  dem  20.  und 
40.  Grad  n.  Br.  quer  über  den  ganzen  nordatlantischen  Ocean  nach 
Nordamerika.  Ebenso  weist  in  der  Osthälfte  des  Stillen  Oceans  das 
Gebiet  zwischen  dem  20.  ilÄd  40.  Grad  n.  Br.  einen  relativ  hohen 
Luftdruck  auf  Die  räumh'ch  ausserordentlich  beschränkten  Maxima 
der  südlichen  Hemisphäre  gehören  den  östiÜchen  Hälftien  des  Atlantischen, 
Stillen  und  Indischen  Oceans  an  und  werden  sämmdich  vom  30.  Pai'allel- 
kreis  durchschnitten.  Ein  Minimum  des  Luftdruckes  findet  sich  in  der  Nähe 
des  Aequators  auf  einem  Gürtel,  welcher  die  ganze  Erde  umschliesst. 

*)  Mean  Pressure  and  Winds.    Edinburgh  1969. 
')  Der  Entwurf  dieser  Karten  gründet  sich  in   erster  Linie  auf  die  Ar- 
beiten Buch  an 's  (1.  c),  Mohnes  (L  c.)  und  Wojeikof's  (Ergänzungsband 
VIII  zu  Petermann's  Mittheilungen,  1S74). 


128  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Noch  schärfer  ausgeprägte  MiTiima  treffen  wir  in  der  Umgebung  von 
Island  (746  Millimeter),  östlich  von  Kamtschatka  (752  Millimet^),  über 
Südafrika  (756  Millimeter),  Südamerika  (758  Millimeter)  und  Austra- 
lien (758  Millimeter),  sowie  über  dem  südlichen  Polarmeere  (unter 
742  Millimet^). 

I^in  durchaus  anderes  Bild  zeigen  die  Juliisobaren.  Die  Maxima 
des  Luftdruckes  sind  auf  der  nördlichen  Hemisphäre  während  der  ersten 
sechs  Monate  des  Jahres  von  den  Ciontinenten  nach  den  Oceanen  (dem 
Atlantischen  und  Stillen)  gewandert,  wo  sie  weite  Gebiete  zwisdien  dem 
20.  und  45.  ParaUelkreise  beherrschen.  Auf  der  südlichen  Hemisphäre 
beg^nen  wir  einem  breiten  Bande  höheren  Luftdruckes,  welches  die 
ganze  Erde  umspannt;  seine  nördliche  Grenze  ftült  ziemlich  gut  mit 
dem  15.  Parallelkreise,  seine  südliche  in  Amerika,  dem  Stillen  Ocean  und 
Australien  mit  dem  30.,  im  übrigen  aber  mit  dem  40.  Parallelkräse  zu- 
sammen. Den  Maximalwerth  dieses  Gürtels  finden  wir  in  Südafrika 
im  Gebiet  des  Oranje  (768  Millimeter).  Ausserordentlich  tief  sinkt 
der  Luftdruck  herab  über  dem  Inneren  Asiens  (748  Millimeter)  und 
Nordamerika's  (754  Millimeter),  über  dem  StiUen  Meere  längs  des 
Aequators  (760  Millimeter)  und  über  dem  antarktischen  Ocean  (unter 
742  MilUmeter). 

Die  sommerliche  Auflockerung  der  Luftmassen  über  den  Cionti- 
nenten  wird  offenbar  herbeigeftihrt  durch  die  starke  Erwärmung  der 
Fesdande  zur  Sommerzeit  und  die  auf  diese  Weise  hervorgerufenen 
aufsteigenden  Luftströme.  Die  Luft  verliert  hierdurch  soviel  an  Schwere, 
dass  auch  d^  vermehrte  Wasserdampfgehalt  nicht  hinreicht,  den  Ge- 
wichtsverlust der  Luft  in  genügender  Weise  zu  ersetzen.  Der  höhere 
Barometerstand  über  den  Continenten  zur  Winterzdt  aber  gdit  hervor 
aus  der  bedeutenden  Wärmeausstrahlung  des  Bodens  und  der  starken 
Erkaltung  der  unteren  Luftschichten.  Indem  sich  dieselben  zusammen- 
ziehen, üben  ne  auf  die  Oberfläche  einen  stärkeren  Druck  aus.  Zu- 
gleich wird  durch  die  Raumverminderung,  welche  sie  erfiihren,  neuen 
Luftmassen  Zutritt  gewährt,  wodurch  der  ohnehin  schon  verstärkte 
Druck  auf  die  barometrische  Quecksilbersäule  noch  erhöht  wird. 

Ausser  den  periodischen  Veränderungen,  welche  der  Luftdruck  im 
Laufe  eines  Tages  und  eines  Jahres  erleidet,  ist  derselbe  auch  nicht- 
periodischen Schwankungen  unterworfen,  welche  namentlich 
im  Gebiete  der  gemässigten  Zone,  wie  wir  oben  bereits  erwähnt  haben, 
so  bedeutsam  werden ,  dass  sie  die  tägliche  und  jährliche  Periode  fiist 
ganz  verhüllen.  Als  Hauptursache  der  nichtperiodischen  Veränderungen 
gab  bereits  Halley^)  den  Wechsel  des  Windes  an,  in  welcher  An- 

0  Philosophical  Transactions  of  the  R.  Soc  of  London.  VoL  XYl  (1686 
1697),  p.  110—114. 


me  • 


:.-§• 


VI.    Die  Höhe  und  der  Druck  des  Lnftmeeres.  129 

nähme  er  besonders  durch  die  Thatsache  bestärkt  wurde,  dass  diese 
Art  der  Oscillationen  in  den  Tropen,  wo  beständig  der  Passat  weht, 
fast  ganz  fehlt  Noch  klarer  erkannte  Mariotte  die  Abhängigkeit 
beider  Erscheinungen,  und  bereits  am  Anfang  dieses  Jahrhunderts  be- 
rechnete Burckhardt  aus  gleichzeitigen  Wind-  und  Barometerbeob- 
achtuDgen  in  Kopenhagen  und  Paris  den  mittleren  Barometerstand  «Air  die 
Hauptwindrichtungen  ^).  Indem  man  die  Werthe  tabellarisch  zusam- 
menstellt, erhält  man  nach  Befinden  fiir  einzelne  Monate,  für  die  Jah- 
reszeiten oder  flir  das  ganze  Jahr  eine  Uebendcht  über  die  durch- 
schnittliche Schwere  der  Luft  bei  verschiedenen  Winden.  Man  nennt 
solche  Tabellen  barische  Windrosen*).  Für  Berlin  und  Wien  lauten 
dieselben  wie  folgt: 

Mittlerer  Luftdruck  in  Millimetern  für 
Winde.        Berlin«).  Wien*). 

N.  758,68  749,90 

NO.  759^5  749,13 

O.  758,77  745,77 

SO.  754,68  748,31 

S.  751,33  747,74 

SW.  752,56  745,88 

W.  756,00  745,84 

NW.  757,61  749,16 

Mittel  756,12  747,72. 

Nicht  immer  stehen  in  der  barischen  Windrose  die  schwersten  und 
leichtesten  Winde  einander  gegenüber,  wie  dies  die  obige  Tabelle  deut- 
lich zeigt.  So  hat  ftlr  Berlin  der  Nordostwind  die  grösste,  der  Süd- 
wind die  geringste  Schwere,  während  in  Wien  Nord-  und  Ostwind  den 
gleichen  Gegensatz  bezeichnen. 

Zahlreiche  barische  Windrosen,  welche  man  für  die  verschieden- 
sten Theile  der  nördUch  gemässigten  Zone  entworfen  hat,  haben  das 
Ergebniss  geUefert,  dass  es  vorwiegend  südliche,  zugleich  südwestliche 
und  südöstliche  Winde  sind,  welche  das  Sinken  des  Barometerstandes 
verursachen,  während  mit  dem  Auftreten  nördlicher  Winde  ein  rasches 

')  Gilbert» B  Annalen,  Bd.  XXXII  (1809),  S.  231—235. 

')  Leopold  y.  Buch,  dessen  bahnbrechende  Arbeit  über  diesen  Gegen- 
stand im  Jahre  1818  erschien,  nannte  sie  barometrische  Windrosen.  Ueber 
barometrische  Windrosen:  Abhandlungen  der  Kgl.  Akademie  der  Wissenschaf- 
ten in  Berlin  aus  den  Jahren  18J8— 1819.    Berlin  1820.    S.  103  —  110. 

*)  L.  V.  Buch  in  den  Abhandlungen  der  Kgl.  Akademie  der  Wissen- 
schaften in  Berlin  aus  den  Jahren  1818  —  1819.  Berlin  1820.  S.  99.  Die  Pa- 
riser Linien  wurden  in  Millimeter  umgerechnet. 

*)  Ka  h  der  Meteorologie.    Leipzig  1832.    Bd.  II,  S.  314. 

Pesc  'kundfl.     11.  9 


130  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Laüholle  der  Erde. 

Steigen  desselben  verknüpft  ist  Speciell  fiir  Europa  gSt,  abgesehen 
Yon  örtlichen  Verschiebungen,  die  B^el,  dass  die  Quecksilbersäule  sieh 
erhebt,  wenn  der  Wind  von  Südwest  durch  Nordwest  nach  Kordost 
dch  bew^,  und  fidlt,  wenn  er  Yon  Nordost  durch  Südost  nadi  Süd- 
west geht  Verbindet  man,  wie  es  Dove  geüian  hat,  thermische 
und  barische  Windrosen  mit  einander,  so  erkennt  man  sofort,  dass 
auf  den  Windrosen  die  thermometrischen  MiTiima.  und  barometrischen 
Maxima  und  umgekehrt  dicht  bei  einander  liegen,  mit  anderen  Worten, 
dass  die  schweren  Luftströmungen  stets  die  kiüteren,  die  leichteren 
aber  die  wärmeren  sind  ^). 

In  Europa  sind  die  leichteren  Südwest-  und  Westwinde  Seewinde; 
sie  sind  am  mmten  mit  Wasserdampf  gesS^ttigt  und  bringen  uns  daher 
gewöhnlich  Regen.  Die  schweren  Nordostwinde  hingegen  sind  Land- 
winde und  sind  ausserdem  w^en  ihrer  niedrigen  Temperatur  weniger 
mit  W^asserdampf  erfilllt;  sie  yerscheuchen  demnach  das  Gtewölk  und 
machen  den  Himmel  heiter.  Somit  zeigt  das  Fallen  des  Barometers 
im  allgemeinen  regnerisches,  das  Steigen  desselben  hing^en  heiteres 
Wetter  an.  Doch  ist  diese  Begel  nur  ftir  solche  Gegenden  zutreffend, 
in  denen  die  warmen  Winde  Regen  in  ihrem  Gefolge  haben.  An  der 
Mündung  des  Laplata- Stromes  z.  B.  sind  im  Gegentheil  die  kaltrai 
Südostwinde  die  R^enwinde,  während  die  warmen  Nordwestwinde 
Heiterkeit  des  Himmels  herbeifiihron.  Hier  verkündet  also  das  Sinken 
der  barometrischen  Quecksilbersäule  „schönes^,  das  Stdgeu  aber  „schlech- 
tes" Wetter. 

Noch  könnte  vielleicht  die  Vermuthung  ausgesprochen  werden, 
dass  trotz  aller  periodischen  und  nichtperiodischen  Schwankungen  des 
Barometers  an  jedem  Orte  der  Erde  doch  dar  mittlere  jähriiche 
Barometerstand  (reducirt  auf  das  Niveau  des  Meeres)  überall  nahezu 
derselbe  seL  In  der  That  glaubte  man  dies  früher.  Nach  Halley's 
Vorgang  nahm  man  an,  dass  der  atmosphärische  Druck  einer  Queck- 
silbersäule von  30  engl.  Zoll  (=  28,15  franz.  Zoll  oder  762  Milli- 
meter) das  Gleichgewicht  halte.  Mariotte  erniedrigte  jene  Höhe 
unter  W^lassung  des  Bruches  auf  28  franz.  Zoll  (758  Millimeter), 
welches  Mass  fortan  als  Normahnass  des  Luftdruckes  diente. 

fjrschüttert  wurde  die  Anschauung  von  der  gldchmäsfiogen  Ver- 
theilung  des  Luftdruckes,  als  A.  v.  Humboldt  im  Jahre  1799  zu 
Cuman&  in  Südamerika  einen  mitderon  Barometerstand  von  758,59 
Millimeter  beobachtete,  während  ihn  damals  Schukburgh  am  Mee- 
resspiegel der  europäischen  Küsten  gleich  761,18  Millimeter  gefunden 

^)  H.  W.  DoTC,  Meteorologiflche  Untenachongen.    Berlin   1837.    S.  115 
und  Taf.  I,  Fig.  1  —  8. 


VI.    IMe  Höhe  und  der  Dmck  des  Luftmeeres.  131 

hatte«  Spätere  umfassende  Zusammenstelliiiigen  haben  bestätigt ,  dass 
der  Barometerstand  in  den  äquatorialen  Gebieten  vergleichsweise  niedrig 
ist  und,  wenigstens  auf  der  nördlichen  Halbkugel^  etwa  bis  zum  30.  Grad 
sich  hebt,  um  dann  bis  zum  65.  Grad  zu  sinken  und  hierauf  abermals 
zu   wachsen.     So   beträgt  der  mittlere  jährliche  Barometerstand ,   auf 

das  Meeresniveau  zurückgeführt,  in  der  Nähe  des  Atlantischen  Meeres 

Nördliche  Breite.  Millimeter, 

in  Christiansborg  (Gumea)  SV» «  759^28 

in  la  Guayra  (VenezueU)  10     ^  760,16 

auf  St  Thomas  19     »  760,51 

aufTeneriflFa  28     «  764,20 

anf  Madeira  327»^  765,17 

in  Neapel  41     »  762,33 

in  Paris  49     <>  761,41 

in  Altona  53  Va  ^  760,41 

in  Edinbuigh  56     <>  758,25 

in  Reykjavik  64     ^     .  752,00 

auf  Spitzbergen  75V,  ^  756,76 '). 

Die  südliche  Hemisphäre  scheint,  analog  ihren  übrigen  meteorologi- 
schen EigenthümUchkeiten ,  eine  weit  grössere  Gleichförmigkeit  hin- 
sichtlich des  Luftdruckes  aufisuweisen  als  die  nördliche.  Doch  ist  auch 
hier  ein  allmähliches  Wachsthum  desselben  vom  Aequator  bis  zum 
30.  Grad  s.  Br.  und  weiterhin  gegen  den  Pol  eine  Verminderung  mit 
Sicherheit  constatirt  Ueber  die  antarktischen  Grebiete  fehlen  uns  in 
dieser  Hinsicht  jegliche  Kenntnisse. 

Die  Abnahme  des  Luftdruckes  am  Aequator  ist  eine  Folge  der 
beständigen  Auflockerung  der  Luft,  während  da^  Maximum  in  der 
Nähe  des  30.  Grades  n.  und  s.  Br.  wahrscheinlich  der  Trockenheit 
der  Passate  zugeschrieben  werden  muss.  Da  nämlich  die  Wasser- 
dämpfe leichter  sind  als  die  trockene  Luft^),  so  wird  die  feuchte  Luft 
in  freier  Atmosphäre  einen  um  so  grösseren  Druck  ausüben,  je  weniger 
sie  mit  Wasserdampf  gesättigt  ist.  Vielleicht  erklärt  sich  im  Einklang 
hiermit  der  niedrige  Barometerstand  in  den  weiten  oceanischen  Gebie- 
ten der  südlichen  Hemisphäre  am  einfachsten  aus  dem  reichen  Wasser- 
dampfgehalt der  Luft;, 

UeberbUcken  wir  nach  diesen  Erörterungen  noch  einmal  die  Ge- 
sammtheit  aller  Fäctoren,  welche  den  Stand  des  Barometers  beeinflussen, 
so  kommt  es  uns  zunächst  höchst  zweifelhaft  vor,  ob  dasselbe  ein  ge- 

*)  E.  £.  Schmid,  Lehrbuch  der  Meteorologie.  Leipzig  1860.  S.  871  f. 
Die  Pariser  Linien  wurden  in  Millimeter  verwandelt. 

')  Vgl.  H.  Mohn,  Gmndzüge  der  Meteorologie.  2.  Anfl«  Berlin  1S79. 
S.  206. 

9* 


132  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

eignetes  Instniment  ist  zur  BestimmuBg  von  Höhen.  In  der  That  sind 
die  Meinungen  hierüber  noch  heute  sehr  getheilt  Während  die  einen 
ihm  einen  hohen  Werth  heilten,  sprechen  ihm  die  anderen  die  Brauch- 
barkeit zu  Höhenmessungen  ab  oder  erkennen  ihm  wenigstens  nur 
eine  sehr  untergeordnete  Bedeutung  zu.  Die  letzteren  weisen  insbe- 
sondere auf  die  ausserordentUche  Verschiedenheit  der  Ergebnisse  hin, 
zu  welchen  barometrische  Höhenmessungen  geführt  haben.  Allerdings 
können  uns  dieselben  viel&ch  wenig  Vertrauen  einflössen,  da  sie  zu 
weit  von  einander  abweichen.  So  beträgt  z.  B.  die  Höhe  von  Irkutsk 
nach  Gmelin  430,8  Meter, 

„     Pansner  (1836)  471,4      „ 

„     Fuss  (1838)  405,0       „ 

„     H Ofmann  (1847)  468,7       „ 

„     Kupffer  (1851)  387,1       „ 

„     Erman  (1860)  359,9       „ 

„     Radde  (1861)  414,2       „ 

^     Hansteen  (1863)  428,0      „ 

„     Fürst  P.  Kropotkin  (1872)    370,0       „ 

Das  MiTiimiim  ist  somit  359,9,  das  MA-gimnin  471,4  Meter,  die 
Differenz  beider  111,5  Meter*). 

Offenbar  sind  viele  der  obigen  Ziffern  nur  rohe  Näherungswerthe ; 
es  würde  jedoch  voreilig  sein,  wegen  der  grossen  Divergenz  derselben 
die  ganze  Methode  zu  verurtheilen.  Im  Innern  aussereuropäiBcher 
Länder  ist  es  nämlich  Beist  niemals  möglich,  gleichzeitige  Au&etchnun- 
gen  des  Luftdruckes  an  einem  benachbarten  Orte  von  genau  ennittdter 
Seehöhe  zu  erlangen.  Man  muss  demnach  die  strenge  Vorschrift  ver- 
lassen und  ftlgt  dann  gewöhnlich  in  solchem  Falle  an  Stelle  der  corre- 
spondirenden  Ablesungen  den  mittleren  Luftdruck  am  Meeresniveau 
ergänzend  in  die  Berechnung  ein.  Die  Interpolation  dieses  Werthes 
aber  bleibt  in  jedem  Falle  eine  mehr  oder  weniger  willkürliche  Sache. 
Setzt  man  ftü:  denselben,  wie  es  früher  gewöhnlich  geschah,  den  Durch- 
schnittswerth  762  oder  758  MiUimeter,  ohne  die  Jahreszeit  zu  berück- 
sichtigen, in  welcher  die  Beobachtungen  behufs  Höhenbestimmung  ge- 
macht wurden,  so  kann  dies  zu  den  grössten  Irrungen  führen,  da  der 
Luftxlruck ,  namentlich  in  der  gemässigten  Zone  und  hier  vor  allem  in 
der  Glitte  der  Continente,  bedeutenden  Schwankungen  unterworfen  ist 
(vgl.  Fig.  7  imd  8).  Welch  ansehnliche  Fehler  entstehen,  wenn 
man  einfach  lür  einen  Ort  einen  constanten  Luftdruck  im  Meeresniveau 
von  c.  760  Millimeter  annimmt,  geht  z.  B.  daraus  hervor,  dass  man 
dann  für  den  ßalcLisch  -  See  aus  Januarbeobachtungen   eine  Seehöhe 

*    Fürst  P.  Kropotkin  in  Pet erman n's  Mittheilungen  1S72,  S.  342  f. 


VI.    Die  Höhe  und  der  Druck  des  Luftmeeres.  133 

von  130  Metern,  aus  Julibeobachtungen  aber  von  350  Metern  berech- 
nen könnte  ^).  Aber  selbst  wenn  sich  die  Barometerhöhe  eines  Ortes 
auf  jahrelange  Aufzeichnungen  stützt,  ist  die  Genauigkeit  des  Rech- 
nungsresidtates  keineswegs  gesichert,  da  sich  die  auf  den  Meeresspiegel 
reducirte  mittlere  Barometerhöhe  eines  Ortes  nicht  theoretisch  ableiten 
lässt,  jede  Schätzung  derselben  aber  von  sehr  fraglichem  Werthe  ist. 
Obwohl  man  in  der  tropischen  Zone  weit  weniger  zu  beflirchten  hat, 
extreme  Werthe  für  die  Barometerstände  zu  erhalten,  da  sich  hier  die 
Hauptschwankungen  innerhalb  eines  Tages  vollziehen,  so  sind  doch 
auch  hier  noch  beträchtUche  Irrthtimer  möglich,  sobald  correspondirende 
Beobachtungen  an  einem  Punkte  mit  genau  ermittelter  Meereshöhe 
fehlen«  Zum  Belege  hierflir  sei  nur  an  zwei  Thatsachen  erinnert: 
Gerhard  Rohlfs  berechnete  fiir  denTsad-See  eine  Meereshöhe  von 
375  Metern,  Eduard  Vogel  eine  solche  von  260  Metern*).  James 
Orton,  der  im  Jahre  1867  von  Guayaquil  nach  Quito,  von  dort  nach 
dem  Napo,  einem  Nebenflüsse  des  Amazonas,  und  dann  den  Napö,  sowie 
den  Amazonas  abwärts  reiste,  erzählt,  dass  beim  Herabfahren  auf  dem 
Napö  das  Barometer  von  Papallacta  bis  zur  Mündung  des  Curaray 
stetig  stieg;  allein  von  hier  ab  sank  es  wieder,  als  ob  das  Boot  strom- 
aufwärts steuerte. 

Endlich  schützt  auch  die  etapenmässige  barometrische  Höhenmes- 
sung nicht  immer  vor  grösseren  Irrungen,  wie  aus  Folgendem  her- 
vorgeht. Moritz  V.  Engelhardt  und  Friedrich  Parrot  unt6r- 
nahmen  im  Jahre  1811  eine  barometrische  Höhenmessung  auf  der 
Landenge  zwischen  dem  Schwarzen  und  dem  Kaspischen  Meere.  In- 
dem der  eine  Beobachter  stets  um  einen  Marsch  hinter  dem  Geführten 
zurückblieb ,  wurde  auf  48  Halteplätzen  gleichzeitig  der  Luftdruck  be- 
stinmit  und  zwar  doppelt ,  auf  der  Wanderung  nach  dem  Kaspischen 
und  auf  der  Rückkehr  zum  Schwarzen  Meere.  Zuletzt  verftigte  sich 
Parrot  noch  einmal  nach  dem  kaspischen  Ufer,  während  v.  Engel- 
hardt am  Pontus  zurückblieb,  um  gleichzeitige  Barometermessungen 
in  einem  sechstägigen  Zeiträume  zu  wiederholen.  Als  mittleres  Ergeb- 
niss  erhielt  man  eine  Einsenkung  des  kaspischen  Spiegels  von  50  Toi- 
sen  (97,5  Meter)  imter  die  Fläche  des  Schwarzen  Meeres,  während 
dasselbe  thatsächlich  nur  26  Meter  unter  dem  Niveau  des  Meeresspie- 
gels li^t  Und  doch  war  in  diesem  Falle  die  Untersuchung  mit  aller 
Vorsicht  ausgefiihrt  worden*). 

*)  J.  Hann  in  Be  hm 's  Geographischem  Jahrbuch.  Bd.  IV  (1872),  S.  143  f. 

*)  Gerhard  Rohlfs,  Quer  durch  Afrika.    Leipzig  1874.    Bd.  I,  S.  328. 

*)  V.  Engelhardt  und  Parrot,  Reise  in  die  Krym  und  den  Kaukasus. 
Berlin  1815.  Bd.  II,  S.  62.  VgL  O.  Peschel,  Geschichte  der  Erdkunde. 
2.  Aufl.  (herausgeg.  von  S.  Rüge).    München  1877.    S.  614  f. 


134  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  nnd  Lufthülle  der  Erde. 

Mögen  nun  auch  barometrische  Beobachtungen  bisweQen  ganz 
ungenaue  Höhen  liefern,  namentlich  wenn  nicht  gleichzeitig  der  Baio- 
meterstand  an  einem  benachbarten  Orte  angezeichnet  wird,  dessen 
Höhe  durch  trigonometrisdie  Messung  od^  NiveQement  genau  be- 
kannt ist,  so  ist  doch  andrerseitB  ebenso  gewiss,  dass  aus  grösseren 
Reihen  sorg&ltig  ausgefiihrter  correspondirender  Beobachtungen  Höh^a 
mit  einer  Genauigkeit  ermittelt  werden  können,  wdche  fiir  die  Zwecke 
des  Geographen  genügend  ist  Insbesondere  gilt  dies  dann,  wenn  si<^ 
die  eine  der  Stationen  in  der  Nähe  des  Meeres  befindet  oder  wenn 
deren  Meereshöhe  durch  Nivellement  beräts  festgestellt  worden  ist. 
Vor  allen  anderen  Methoden  hat  die  barometrische  Messung  jeden£EJls 
den  grossen  Vorzug,  dass  die  zur  Verwendung  konmienden  Instra- 
mente  ausserordentlich  einfach  sind  und  von  jedem  Reisenden  leicht 
gehandhabt  werden  können. 

Das  Barometer  ist  aber  trotz  alledem  ein  unbequemer  Begleiter 
auf  der  Wanderung  und  von  höchst  zart^  Gesundheit;  wenigstens 
lesen  wir  immer  von  Beigsteigem  oder  Reisenden,  —  nur  A.  v. Hum- 
boldt macht  unter  ihnen  eine  rühmliche  Ausnahme^)  —  dass  ihre 
Druckmesser  Schiffbruch  litten.  Wenn  wir  also  ein  transportableres 
und  minder  zerbrechliches  Werkzeug  statt  der  mit  Quecksilber  gefiill- 
ten  Glasröhren  benüteen  könnten,  so  wäre  uns  geholfen. 

Eine  solche  Hilfe  gewähren  jetzt  die  Aneroide  oder  barometrischen 
Dosen.  Die  Art,  wie  durch  sie  der  Luftdruck  bestimmt  wird,  ist  eine  sehr 
einfeu^he.  Eine  metallene  Eapsd  ist  möglichst  luftleer  verschlossen ;  daher 
wird  ihr  oberer,  nicht  von  einer  Unterlage  geschützter  Deckel  von  der 
Luft  üi  den  Hohlraum  gedrückt.  Mindert  sich  der  Druck  der  Luft, 
so  hebt  sich  dem  entsprechend  der  Decket  Dieses  Heben  und  Senken 
wird  sichtbar  durch  ^e  auf  dem  Deekel  ruhende  Feder,  welche  wie- 
derum einen  Hebel  in  Bewegung  setzt  und  einen  Zeiger  auf  einer 
Scheibe  verschiebt,  somit  durch  eine  höchst  sinnräche  Vorrichtung. 
Der  Zeiger  auf  der  Scheibe  sollte  also  angeben  (gleichviel  ob  in  Linien 
oder  in  Millimetem),  wie  hoch  ein  Barometer  gleidizeitig  an  demselben 
Orte  stehen  würde.  Wäre  schon  ein  Aneroid  vorhanden,  welches  mit 
einem  Barometer  neben  ihm  stets  ganz  gleichen  Schritt  hielte,  gleichzeitig 
also  und  in  gleichen  Beträgen  ^stiege^  oder  ,.fiele^ ,  dann  hätten  wir 
das  Ideal,  welches  wir  suchten. 

Indess  ist  das  Aneroid  zu  launenhaft,  als  dass  wir  ihm  einen  sol- 
chen W^erth  zuerkennen  könnten.  Es  wurde  bereits  erwähnt,  dass  die 
Höhe  der  barometrischen  Quecksilbersäule  zum  Theil  auch  von  deren 

0  A.  ▼.  Humboldt,    eine  wissenschaftliche  Biographie.    Hermusgeg.  Ton 
Karl  Brnhns.    Leipzig  1872.    Bd.  I,  S.  353. 


VI.    Die  Höhe  und  der  Druck  des  Luftmeeres.  135 

Temperator  abhängt;  daher  muss  bei  jeder  Barometerbeobachtung  die 
Höbe  des  Quecksilbers  durch  Bechnimg  auf  denjenigen  Stand  zurück- 
gefbbrt  werden,  den  es  gehabt  hätte ,  wenn  es  genau  bis  auf  0®  C. 
erwärmt  gewesen  wäre.  Bei  dem  Aneroid,  dessen  Theile  aus  Metall 
hei^eBteUt  sind,  ist  ebenfalls  eine  solche  Correction  erforderlich;  aber 
diese  verlangt  eine  ziemlich  complicirte  Rechnung.  Der  Gang  eines 
jeden  Aneroides  bei  Temperaturänderungen  ist  nämlich  ganz  individuell; 
er  muss  von  jedem  Beobachter  erst  gefunden  werden ,  indem  derselbe 
neben  einem  Normal -Barometer  bei  ganz  oder  nahezu  stationären 
Barometerständen  die  unter  dem  Einfluss  von  Temperaturwechsel  ein- 
tretenden Schwankungen  in  den  Angaben  beider  Instrumente  vergleicht. 
Das  Schlimmste  aber  ist,  dass  die  so  gefundene  Correction  nur  auf 
kurze  Dauer  ihre  Giltigkeit  behält.  Nach  längeren  Zeiträumen,  be- 
sonders nach  Reisen  oder  wenn  das  Aneroid  erschüttert  worden  ist, 
muss  der  Gang  von  neuem  geprüft  und  der  Betrag  der  Correction 
von  neuem  ermittelt  werden. 

Was  die  Genauigkeit  der  Aneroidangaben  betrifft,  so  sind  an  den 
Tbeilstrichen  noch  unmittelbar  Grössen  bis  zu  0,5  Millimeter  abzu- 
lesen, und  ein  Beobachter  wird  es  rasch  dahinbringen,  die  Stellung 
der  Nadel  oder  des  Zeigers  noch  bis  auf  0,1  Millimeter  Genauigkeit 
richtig  ^u  beurtheilen.  Da  nun  in  der  Meereshöhe  von  Wien  ein  Sin- 
ken des  Barometerstandes  von  1  Millimeter  eine  Erhebung  von  etwa 
34  Wiener  Puss  (10,75  Meter)  voraussetzt,  so  können,  soweit  das  Ab- 
lesen in's  Spiel  kommt,  am  Aneroid  noch  Höhen  bis  zu  3,4  Wiener 
Fuss  (1,07  Meter)  bestimmt  werden;  ja  nach  einiger  Uebung  soll  ein 
guter  Beobachter  sogar  noch  Scalatheile,  die  0,05  und  0,03  Millimeter 
entsprechen,  unterscheiden  können  und  beim  Besteigen  einer  Treppe 
von  je  3  zu  3  Stufen  das  Fortrücken  des  Zeigers  wahrnehmen.  Bei 
dieser  Empfindlichkeit  muss  also  das  Aneroid  als  ein  vorzügliches 
Messwerkzeug  betrachtet  werden. 

Das  Aneroid  ist  nach  alledem  ein  „Stein  der  Weisen";  in  den 
Händen  wachsamer  und  strenger  Beobachter  kann  es  das  Barometer 
hinlänglich  vertreten  für  alle  solche  Aufgaben,  bei  denen  die  höchste 
Genauigkeit  nicht  gefordert  wird,  vrie  sich  denn  überhaupt  barome- 
trische Höhenmessungen  nur  für  Ermittelung  grösserer  Höhendifferen- 
zen auf  einem  sehr  rauhen  Terrain  eignen ,  während  sie  auf  ebenem 
Gebiete  gewiss  bei  Seite  gestellt  werden  können,  zumal  man  dort  mit 
Femrohrmessungen  ausserordentlich  rasch  weiter  kommt.  Reisende, 
die  in  fernen  Ländern  Bergeshöhen  messen  wollen,  müssen  immerhin 
noch  ein  Barometer  ffir  den  Beobachter  an  der  unteren  Station  mit 
sich  führen,  schon  um  von  Zeit  zu  Zeit  an  ihren  Rastplätzen  den 
Gang  des  Barometers  und  Aneroides  vergleichen  zu  können. 


136  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lnfthälle  der  Erde. 

Am  Schlosse  dieses  Abschnittes  sd  noch  erwähnt,  dass  die  Mee- 
reshöhe eines  Ortes  aach  durch  genaue  Beobachtung  des  Siedepunktes 
gefunden  werden  kann.  Wenn  eine  Wassermasse  kocht,  so  bilden 
sich  bekanntlich  überall  in  derselben  emporsteigende  Dampfblasen; 
von  dem  Dampf  aber,  welcher  die  Blasen  ausfüllt,  gilt,  dass  er  eine 
Spannkraft  besitzt,  welche  dem  auf  ihm  lastenden  Druck  das  Gleich- 
gewicht hält  Vermindert  sich  demnach  der  Luftdruck,  so  medet  das 
Wasser  schon  bei  niedrigen  Temperaturen;  somit  kann  man  aus  dem 
thermometnschen  Siedepunkte  des  Wassers  fiir  jeden  Ort  den  Drack 
der  Luft  oder  den  Barometerstand  gewinnen.  Es  gewährt  demnach 
die  Bestimmung  des  thermometnschen  Siedepunktes  einen  Nothbehelf 
bei  Höhenmessungen,  wenn  man  auf  grössere  Genauigkeit  yerzichtet. 

Lemonnier  beobachtete  am  4.  October  1739  zuerst,  dass  auf 
der  Höhe  des  Canigou  das  Wasser  zu  sieden  b^ann  bei  einer  um 
11,25^  C.  niedrigeren  Temperatur  und  einen  um  genau  8  Zoll  (21,65 
Centimeter)  niedrigeren  Stand  des  Barometers  als  gleichzeitig  in  Per- 
pignan^).  Zu  Lemonnier 's  Zeiten  dachte  man  noch  nicht  daran, 
Formehi  zur  Ableitung  der  Höhen  aus  den  Siedepunkten  des  Wassers 
zu  finden,  sondern  erst  de  Luc  hat  1772  ein  annähernd  richtiges  Ver- 
fisJuren  der  Berechnung  gelehrt*).  Aus  Regnaul t's  Tabellen  zur 
Beduction  der  Siedetemperaturen  des  Wassers  auf  Barometerstände  ent- 
nelmien  wir  folgende  Werthe'): 

Siedepunkt  (°  C).  Barometerstand  in  Millimetern. 

100  760 

98  707,26 

96  657,54 

94  610,74 

92  566,76 

90  525,45 

88  486,69 

86  450,34 

In  Bern,  wo  der  mittlere  Luftdruck  713  Millimeter  beträgt,  siedet 
das  Wasser  bei  98,4  ^  C,  auf  dem  St  Bernhard  unter  einem  mitderen 
Druck  von  563  Millimeter  bei  91,8^  C;   auf  dem  Montblanc  ermittel- 

^)  Cassini  deXhury  in  Histoire  et  M^moires  de  TAcadänie  des  Sciences. 
Annee  1740.    Paris  1742.    p.  92. 
i  *)  Recherches  sor  les  modifications  de  1* Atmosphäre.   Genöye  1772.   Tome  I, 

§  450  (p.  352).  Tome  II,  §§  1085  —  88  (p.  403  sq.).  Vgl.  O.  Peschel,  Ge- 
schichte der  Erdkunde.  2.  Aufl.  (heraosgeg.  Ton  S.  Buge).  Manchen  1877. 
S.  748  f. 

»)  Poggendorff's  Annalen,  Bd.  VII  (1846),  S.  390  f. 


VI.    Die  Höhe  und  der  Druck  des  Luftmeeres.  137 

ten  Bravais  und  Martins   einen  Barometerstand  von  423,7  Milli- 
meter  und  eine  Siedetemperatur  von  84,4  ®  C  ^). 

Aus  dem  Siedepunkt  ergiebt  sich  freilich  immer  zunächst  nur  der  Ba- 
rometerstand eines  Ortes;  daher  sind  auch  sämmtliche  Correctionen  noth- 
wendig  wie  bei  Barometerbeobachtungen  imd  ebenso  die  correspondi- 
renden  Ablesungen  an  der  unteren  Station.  Da  nun  eine  strenge  Be- 
stimmung des  Siedepunktes  sehr  schwierig  ist,  so  ist  es  in  den  meisten 
Fällen  nicht  einmal  möglich,  die  entsprechende  Barometerhöhe  mit  hin- 
reichender Schärfe  festzustellen;  die  Richtigkeit  der  Rechnung  ist  daher 
noch  viel  zweifelhafter  als  bei  reinen  Barometermessungen.  In  Zu- 
kunft wird  man  wohl  ganz  davon  absehen,  Höhen  aus  den  Siede- 
punkten zu  berechnen,  da  der  einzige  Vortheil  dieser  Methode  in  der 
geringeren  Zerbrechlichkeit  imd  dem  leichteren  Transport  des  Koch- 
apparats liegt;  dieselben  Vorzüge  besitzt  aber  auch  das  Aneroid  und 
bietet  zugleich  mehr  Garantien  für  die  Correctheit  der  Beobachtungen. 

^)  B.  Stade r,   Lehrbuch  der   physikalischen   Geographie   und   Geologie. 
£em,  Chor  und  Leipzig  1847.    Bd.  U,  S.  16. 


VII.  Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberflache. 


A.    Periodischer  Wechsel   der  Sonnenstrahlung. 

Vier  Wärmequellen  sind  es,  welche  die  Temperatoren  an  der  Ober- 
fläche unseres  Planeten  bestimmen.  Zunächst  steigt  ans  den  hoch- 
erhitzten Tiefen  desselben  auch  heute  noch  Wärme  zu  seiner  längst 
erkalteten  Hülle  empor.  Femer  hat  die  Erde  Äntheil  an  den  Tem- 
peraturen, welche  die  unzähligen,  nach  allen  Sichtungen  hin  das  Son- 
nensystem umgebenden  Fixsterne  diesem  zusenden.  Elndlich  aber  sind 
es  Mond  und  Sonne,  welche  uns  mit  ihrem  glänzenden  Lichte  zugleich 
Wärme  zustrahlen. 

Von  diesen  vier  Wärmequellen  sind  die  drei  ersten  im  Vergleich 
zu  der  vierten  von  äusserst  geringer  Bedeutung.  Die  aus  dem  Erd- 
innem  empordringende  Wärme  ist  so  schwach,  dass  selbst  bei  gftnz> 
Ucher  Erkaltung  des  Erdkörpers  die  mittleren  Temperaturen  an  der 
Erdoberfläche  nur  eine  Verminderung  von  Vso  ^  ^-  erfiähren  würden, 
also  eine  Verminderung,  welche  kaum  durch  die  sorgMtigsten  Beob- 
achtungen nachgewiesen  werden  könnte  (vgL  Bd.  I,  S.  200).  Ebenso 
ist  die  Wärme,  welche  die  Fixsterne  der  fkde  zustrahlen,  wegen  der 
unermesslichen  Entfernung  derselben  so  gering,  dass  sie  auch  mit  Hilfe 
der  feinsten  thermo- elektrischen  Apparate  bisher  nicht  erkannt  werden 
konnte.  Die  Wärmewirkung  der  Mondstrahlen  ist  zwar  ebenfalls  eine 
ausserordentlich  kleine;  doch  ist  es  wenigstens  gelungen,  sie  mittelst 
thermoskopischer  Vorrichtungen  wahrzunehmen.  Somit  bldbt  uns  als 
Hauptwärmequell  für  die  EIrde  nur  die  Sonne  übrig. 

Da  die  Sonne  einen  wesentlich  grösseren  Durchmesser  besitzt  als 
die  Erde,  so  bescheint  sie  auch  nicht  bloss  die  ihr  zugekehrte  Erdhälfte, 
sondern  dne  weit  grossere  Fläche,  nämlich  im  Mittel  0,500231  der 
Qesanmitoberfläche  der  Erde.  Die  noch  beleuchtete  Zone,  welche  der 
von  der  Sonne  abgewandten  Erdseite  angehört,  sollte  dgentlich  im 
Mittel  iihre  Grösse  ändert  sich  je  nach  der  Sonnenfeme)  eine  Breite  von 
18,29  amerikanischen  Meilen   (=  29,436  Kilometer)  haben,  erweitert 


VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  139 

sich  aber  in  Folge  der  Brechang  des  Lichts  auf  mehr  ab  das  Doppelte, 
nämlich  auf  gegen  40  amerikanische  MeQen  (64  Kilometer)  ^). 

Die  Menge  der  Wärme,  welche  ein  Ort  empfiUigt,  hängt  von  drei 
Umständen  ab :  von  der  Strahlungsdauer,  von  der  Richtung,  in  welcher 
die  Sonnenstrahlen  den  Boden  treffen,  —  und  zwar  wächst  die  Wärme 
im  Verhältniss  des  Sinus  der  Sonnenhöhe  —  und  von  der  Sonnen- 
feme, deren  Quadrat  sie  umgekehrt  proportional  ist.  Da  nun  Strah- 
lungsdauer, wie  Strahlungsrichtung  und  Entfernung  von  der  Wärme 
spendenden  Quelle,  der  Sonne,  nach  bestimmten  Gesetzen  regelmässig 
wechseln,  so  muss  auch  die  Stärke  der  Strahlung  periodischen 
Schwankungen  imterworfen  sein.  Bei  den  weiteren  Erörterungen  soll  zu- 
nächst der  letzte  der  drei  genannten  Factoren  nicht  in  Betracht  gezogen 
werden,  weil  die  Excentricität  der  Erdbahn  (0,0168)  äusserst  klein  ist. 

Wenn  die  Erdaxe  senkrecht  auf  der  Erdbahnebene  stünde  und 
die  Sonne  somit  immer  im  Aequator  bliebe,  dann  müssten  überall  auf 
Erden  jahraus  jahrein  dieselben  Erleuchtungs-  und  Wärmeverhältnisse 
herrschen  wie  zur  Zeit  der  Tag-  und  Nachlgleiche,  d.  i.  wie  am 
21.  März  und  23.  September.  Ein  zwöl&tündiger  Tag  und  eine 
zwöl&tündige  Nacht  würden  demnach  an  jedem  Orte  regelmässig  auf 
einander  folgen,  und  fbr  die  Wärmeverhältnisse  der  Erde  wäre  somit 
allein  die  Strahlungsrichtung  entscheidend;  es  würde  nur  eine  tägUche, 
aber  kerne  jährUche  Periode  existiren.  Die  Wärme  aber  müsste,  wie 
dies  an  jedem  Aequinoctialtage  der  Fall  ist,  nach  dem  Pole  zu  stetig 
abnehmen  und  zwar  nach  Massgabe  des  Cosinus  der  Breite,  also  am 
Aequator  langsam,  nach  den  Polen  zu  aber  sehr  rasch. 

Indessen  steht  die  Erdaxe  nicht  rechtwinklig  auf  der  Erdbahn- 
ebene, sondern  bildet  mit  derselben  einen  Winkel  von  66"  32'  28"; 
Erd-  und  Himmelsäquator  machen  demnach  mit  der  Erdbahnebene 
einen  Winkel  von  28 «  27 '  32 ".  Da  nun  die  Richtung  der  Erdaxe 
das  ganze  Jahr  hindurch  imverändert  dieselbe  ist,  so  muss  die  Sonne 
an  allen  zwischen  2S^  27'  32"  n.  und  s.  Br.  gel^enen  Orten  zwei- 
mal im  Jahre  durch  das  Zenith  gehen.  Ihre  grOsste  Entfernung  vom 
Aequator  erreicht  die  Sonne  am  21.  (22.)  Juni  (Sommersolstitium)  und 
21.  (22.)  December  ( Wintersolstitium) ,  weshalb  man  die  beiden  durch 
die  Solstitialpunkte  gelegten  Kreise  als  Wendekreise  bezeichnet. 

An  den  genannten  beiden  Tagen  ist  die  Wärme  in  wesentlich 
anderer  Weise  vertheilt  als  zur  Zeit  der  Aequinoctien.  An  diesen  Ta- 
gen fuhrt  die  Beleuchtungsgrenze  nicht  von  Pol  zu  Pol  wie  zur  Zeit 
der  Aequinoctien,  sondern  von  Polarkreis  zu  Polarkreis,  das  eine  Polarr 
gebiet  aus-,  das  andere  in  sich  schliessend.    In  Folge  dessen  schwankt 

*)  M  e  e  c  h ,  On  the  relative  intensity  of  the  heat  and  b'ght  of  the  sun  etc. 
Washington  (pnblisbed  by  tbe  Smitbonian  institation ) ,  November  J856.    p.  7. 


140  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

die  Dauer  der  Strahlung  an  diesen  Tagen  zwischen  0  Stunden  (inner- 
halb des  einen  Polarkreises)  und  24  Stunden  (innerhalb  des  anderen 
Polarkreises).  Auch  ist  die  Strahlungsrichtung  verändert;  denn  die 
Sonne  befindet  sich  senkrecht  über  dnem  der  Wendekreise,  eriiebt 
sich  also,  vom  Wendekreise  an  gerechnet ,  über  jedem  Punkte  der- 
jenigen Hemisphäre,  auf  welcher  sie  wdlt,  23  ®  27 '  32 "  höher  als  zur 
Zeit  der  Aequinoctien,  während  die  Sonnenhöhe  auf  jedem  Punkte  Aer 
anderen  Hemisphäre  um  den  gleichen  Betrag  geringer  ist  Nadi  J.  H. 
Lambert^)  nimmt  die  Menge  der  zugestrahlten  Sonnenwärme  am 
21.  Juni  vom  nördlichen  Wendekreise  bis  in  die  Breite  von  Italien 
zu,  er&hrt  hierauf  eine  Verminderung  bis  in  die  Breite  von  Mittd- 
deutsddand,  um  wdter  g^en  Nord  hin  wieder  bis  zu  einem  absoluten 
Maximum  am  Nordpol  zu  wachsen.  Dasselbe  ist  lV4mal  so  gross  als 
diejenige  Wärmemenge,  welche  ein  Ort  unter  dem  Aequator  an  einem 
zwölfstündigen  Aequinoctialtage  emp&ngt 

Man  pflegt  nach  den  besprochenen  Bestrahlungsverhältniss^i  auf 
der  Erdoberfläche  fünf  Zonen  oder  mathematische  Klimagürtel  zu  un- 
terscheiden. 

Die  tropische  Zone  liegt  zu  beiden  Seiten  des  Aequators  und 
wird  von  den  Wendekreisen  b^renzt  An  jedem  Orte  innerhalb  der- 
selben steht  die  Sonne  aQjährlich  zweimal  im  Zenith,  an  den  Wende- 
kreLsen  jedoch  nur  je  einmal,  nämlich  im  Sommer-,  resp.  Wint»r- 
solstitium. 

Die  nördliche  und  südliche  gemässigte  Zone  sind  die 
beiden  Räume  zwischen  den  Wendekreisen  und  Polarkmsen;  hier  er- 
reicht die  Sonne  niemals  das  Zenith. 

Die  nördliche  und  südliche  Polarzone  wenlen  je  von  einem 
Polarkreise  umschlossen.  Die  Sonne  steigt  hier  im  Mittel  am  wenigsten 
hoch  über  den  Horizont  empor  und  verwdlt  während  des  Winters 
einmal  24  Standen  (am  Polarkreis)  bis  6  Monate  lang  (am  Pole)  fort- 
gesetzt unter  demselben. 

Am  Aequator  finden  sich  jährlich  (zur  Zeit  der  Aequinoctien)  zwei 
Wärmemaxima  und  ebenso  (zur  Zeit  der  Solstitien)  zwei  Wärmeminima. 
Da  hier  jedoch  Tag  und  Nacht  stets  einander  gleich  sind  und  die 
Mittagshöhe  der  Sonne  nur  zwischen  90^  (März  und  September)  und 
66  Vs  ^  (Juni  und  December)  schwankt,  so  erscheint  der  Charakter  unserer 
Jahreszeiten  daselbst  hai  ganz  verwischt.  Es  verhält  sich  hier  die 
Sonnenwärme  eines  Aequinoctialtages  zu  der  eines  Solstitialtages  wie 
20  :  18. 

Nach  den  Wendekreisen  zu  nähern  sich  die  beiden  völlig  gleichen 
Maxima  zeitlich  mehr  und  mehr^   auf  der  nördlichen  Halbkugel  &llen 

*)  Pyrometrie.     Berlin  1779.    §  595,  S.  813. 


VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  141 

beide  in  unser  Sommersemester,  auf  der  südlichen  in  unser  Winter- 
semester. In  Folge  dieser  Annäherung  ^er  Maxima  werden  die  Mi- 
nima ungleich,  bis  endlich  das  zwischen  den  beiden  an  einander  rücken- 
den Maximis  gelegene  Minimum  ganz  verdrängt  wird.  An  den  Wende- 
kreisen giebt  es  nur  ein  Maximum  imd  ein  Minimum,  imd  beide 
treten  zur  Zeit  der  Solstitien  ein.  Da  hier  die  Tageslängen  bereits 
zwischen  13  Stunden  28  Minuten  und  10  Stunden  32  Minuten  und 
die  Mittagshöhen  der  Sonne  zwischen  90  ®  und  43  ®  variiren,  so  bilden 
sich  innerhalb  eines  Jahres  auch  grössere  Temperaturgegensätze  aus  als 
am  Aequator. 

Noch  mehr  verschärfen  sich  dieselben  gegen  die  Pole  hin.  Zwar 
weisen  die  Mittagshöhen  der  Sonne  in  den  verschiedenen  Jahreszeiten 
genau  dieselben  Differenzen  auf  wie  an  den  Wendekreisen  (47  ^  oder 
genauer  46®  55'  4");  aber  die  Längen  der  Sommer-  und  Winter- 
tage weichen  bis  zu  den  Polen  hin  immer  mehr  von  einander  ab,  wie 
die  folgende  Uebersicht  lehrt. 

Dauer 


Breite. 

des  läng 

sten*] 

rages. 

des  kürzesten  Tages. 

80« 

13  St 

56  Min. 

10  St    4  Min. 

40» 

14    „ 

51 

n 

9    „      9      „ 

50« 

16    „ 

9 

!1 

7    „   51      „ 

60» 

18    . 

30 

n 

5    „    30     „ 

66  V, " 

24    „ 

n 

0   „      0      „ 

Innerhalb  der  Polarkreise  bewegt  sich  die  Tageslänge  zwischen 
0  und  24  Stunden,  so  lange  die  Sonne  noch  auf-  und  untergeht;  doch 
verweilt  die  Sonne  im  Sommer  längere  Zeit  beständig  über  dem  Hori- 
zont und  während  des  Winters  eine  entsprechende  Reihe  von  Tagen 
unterhalb  desselben.  So  sinkt  die  Sonne  des  arktischen  Polargebietes 
während  des  Sommers  nicht  hinab 

65  Tage  lang  unter  dem  70.  Breitengrad, 

134        V)  n  n  n       80-  „ 

186      „        „         „         „     90.  „ 

während  die  lange  Polarnacht  unter  denselben  Breiten  Zeiträume  von 
60,  127  imd  179  Tagen  umfasst^).  Trotz  des  im  Vergleich  zu  un- 
seren Gegenden  niedrigen  Sonnenstandes  empfangen  die  polaren  Ge- 
biete im  Sommer  in  Folge  der  längeren  Dauer  des  Tages  reiche 
Wärmekräfte;  freilich  wird  auch  die  Winterkälte  durch  die  langen 
Polarnächte  eine  ausserordentlich  strenge.  Demnach  wachsen  nach  den 
Polen  hin  die  Unterschiede  zwischen  dem  jährlichen  Maximum   und 

^)  Auf  die  atmosphärische  Strahlenbrechung  und   Dämmerung  ist  hierbei 
keine  Rücksicht  genommen. 


142 


Dritter  TheiL    Die  Wawer-  und  Lufthülle  der  Erde. 


Minirngm  der  Wanne,  wie  zwischen  den  mittleren  Sommer-  and 
Wintertemperataren  überhaupt  So  ist  nach  Lambert's  Berechnong  ^) 
die  Samme  der  jährlichen  Sonnenstrahlung 


for 


Sommer. 


Winter. 


Jahr. 


Aeqoator  . 
Wendekreis 
45«  Br.  .  . 
Polarkreis  . 
Pol     .    .    . 


6,0261 6  >)    ■ 

6,57011 

6,22041 

5,30671 

5,00411 


6,02615 
4,57739 
2,68197 
0,71647 
0,00000 


12,05231 

11,14750 

8,90238 

6,02318 

5,00411 


14'  S.) 
44'  S.) 
56'  N.) 

58'  N.) 


56'  N.) 
32'  N.) 


a 

C. 


Dass  in  der  That  die  Contraste  zwischen  Sonmier-  and  Winter- 
temperatoren  im  allgemeinen  nadi  den  Polen  hin  sich  TerBchfirfen,  läast 
sich  aach  durch  directe  Beobachtongen  leicht  erwdsen.  So  betrSg;t 
die  Differenz  zwischen  den  mittleren  Temperatoren  des  heiasesten  und 
kältesten  Monats  für 

Quito (0® 

Cap  York  (Australien) (fo® 

Hong-kong (22« 

Suez (29« 

Bom (41«  54*  N.) 

Triest (45«  39'  N.) 

Petersburg (59  « 

Archangdsk (64« 

Bensselaerhafen  (Nordwestgrönland)  (78«  37'  N.) 

Tritt  die  jährliche  Wärmeperiode  um  so  kräftiger  hervor^  je  mehr 
wir  uns  den  Polen  nähern,  so  gilt  von  der  täglichen  Periode  gerade 
das  G^entheil:  sie  Yerliert  in  gleichem  Sinne  mehr  und  mehr  an  Be- 
deutung. Am  Aequator,  wo  die  Sonne  an  jedem  Tage  66^s  bis  90 
Grad  über  den  Horizont  emporsteigt,  wechselt  die  Eanstrahlung  inner- 
halb der  täglichen  Periode  in  viel  höherem  Masse  als  die  mittlere  tSg- 
hche  Insolation  durch  die  geringe  Veränderung  der  Mittagshöhe  der 
Sonne  in  der  jährlichen  Periode.  Man  hat  daher  mit  Recht  die  Nacht 
ab  den  Winter  der  Tropen  bezeichnet  Auch  bewirkt  die  gleichblei- 
bende Tageslänge,  dass  die  Maxima  der  Insohttion,  sowie  der  stärkste 
Effect  der  Ausstrahlung  im  ganzen  Jahre  auf  dieselbe  Zeit  innerhalb 
der  täglichen  Periode  fEÜlen,  während  umgekehrt  am  Pole,  wo  sich  die 
Sonne  in  einer  fiist  unmerklich  gegen  den  Horizont  geneigten  Spirale 


1,5  «  C. 

3,2«  C. 
13,1 «  C. 
15,3«  C. 
16,6«  C 
19,9« 
26,9« 
29,4«  C 
41,4«  C. 


>j  Pyrometrie.    §§  399—606,  S.  317  —  320. 

*)  Diese  Zahlen  beaehen  sich  aaf  keine  bestimmte  Einheit,  sondern  be- 
xeichnen  bloss  Werthverhältnisse. 


YIL    Die  Vertheilong  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  143 

erhebt,  die  tauche  Periode  so  gat  wie  yoUständig  in  der  jähriichen 
Periode  aufgeht^).  Nach  den  Polen  hin  wird  demnach  die  tägliche 
Periode  immer  unansehnlicher  und  zwar  in  der  Weise,  dass  sie  im 
Sommer  viel  deutlicher  ausgesprochen  ist  als  im  Winter,  weQ  im  Som- 
mer die  täglichen  Sonnenhöhe^  zwisdien  weiteren  Ghr^izen  yarüren 
als  im  Winter  (unter  50®  n.  Br.  zwischen  0  imd  63  Vs  ^  im  Sommer, 
hingegen  nur  zwischen  0  und  16  V«  ^  ini  Winter). 

Im  allgemeinen  werden  die  Eigebnisse  dieser  theoretischen  Unter- 
suchungen durch  die  Er£EJurung  bestätigt  Ausser  einigen  später  zu 
erörternden  Abweichungen  sei  hier  noch  erwähnt,  dass  die  Wärme- 
maxima  niemals  gleichzeitig  mit  dem  höchsten  Sonnenstande  eintreten, 
sondern  stets  etwas  später  folgen.  Wenn  nämlich  die  Sonne  am  Tage 
ihren  höchsten  Stand  erreicht  hat,  ist  die  Wärmemenge,  welche  der 
Erde  zugeführt  wird,  noch  immer  grösser  als  diejenige,  welche  sie 
durch  Rückstrahlung  veriiert.     Deshalb  nimmt  die  Temperatur  zu  bis 

1  oder  2  Stunden  nach  der  Culmination  der  Sonne,  also  bis  1  oder 

2  ühr  Nachmittags,  und  dann  erst  ;beginnnt  die  allmähliche  Abküh- 
lung. Dieselbe  schreitet  fort  bis  gegen  Sonnenau^ang;  dann  ist  also 
die  Temperatur  am  niedrigsten.  Da  die  Zeit  zwischen  Sonnenau%ang 
und  Mittag  viel  kürzer  ist  als  die  zwischen  Mittag  imd  dem  folgenden 
Sonnenau%ang,  so  ist  der  aufsteigende  Ast  der  Temperatnrcurve,  wie 
dies  auch  die  Theorie  fordert,  stets  vid  steiler  als  der  absteigende. 
Wie  die  täglichen  Maxima  und  Minima,  so  erleiden  auch  die  jährlichen 
aus  gleichem  Grunde  eine  Verschiebung;  deshalb  ist  bei  uns  nicht  der 
Monat  mit  dem  höchsten  Sonnenstande  (Juni)  der  heisseste,  sondern 
der  Juli,  wie  denn  umg^dut  audi  nicht  der  December,  sondern  der 
Januar  der  kälteste  ist 

B.    Die  Adh^mar'sche  Hypothese. 

Ausser  d^i  erwähnten  ^lich^i  und  jähriichen  Schwankungen  der 
Wärmestrahlung  giebt  es  auch  solche,  welche  sich  erst  in  ausserordent- 
lich langen  Zeiträiimen  vollzidiien«  Sie  entstehen  dadurch,  dass  sich 
die  Elemente  der  Erdbahn,  die  Excentridtät  ihrer  elliptischen  Form 
und  die  Ndgung  ihrer  Ebene  zur  Ebene  des  Aequators  in  langen  Pe- 
rioden yerändoiL  Koch  immer  werden  von  Laien  wie  von  Gelehrten 
diesen  Verändeningen  die  höchsten  Wirkungen  auf  die  klimatischen 
Verhältnisse  der  Erde  bdgemessen;  es  erscheint  uns  daher  nöthig,  die 
Wahrheit  solcher  Annahme  näher  zu  prüfen. 

>;  EL  W.  Dore  in  A.  t.  Humboldt,  eine  wiMensehaftliche  Biographie. 
Herausgeg.  Ton  KarlBrahns.    Leipzig  1872.    B<L  III,  8.  93  f. 


144  I>ritt€r  TfaeiL    Die  Wasser-  and  Lufthälle  der  Erde. 

Die  hier  zu  betrachtende  Hypothese  wird  gewöhnlich  die  Adhö- 
mar'sche  Hypothese  genannt,  obwohl  sie  schon  vor  Adh^mar 
von  de  Bergh,  einem  Freunde  und  G^&hrten  Leopold  v.  Bach's^ 
ausgesprochen  wurde  ^).  Sie  geht  davon  aus,  dass,  wenn  auch  die  Bo- 
tationsaxe  der  Erde  im  allgemeinen  mit  sich  selbst  parallel  im  Baume 
fortschreitet,  doch  eine  Kraft  beständig  bestrebt  ist,  diesen  ParaOelis- 
mus  aufsuheben  und  diese  Axe  senkrecht  gegen  die  Erdbahnebene 
zu  stellen.  Es  ist  dies  eine  Wirkung  der  Anziehungskraft,  wdche 
Mond  und  Sonne  (letztere  am  mdsten  zur  Zeit  der  Solstitien)  auf  den. 
ausgebauchten  Theil  des  Erdsphäroids  ausüben.  So  wird  die  Lage 
der  firdaxe  stets  ein  wenig  von  ihrem  Parallelismus  abgelenkt  und 
die  Erdaxe  gezwungen ,  eine  konische  Flache  um  eine  auf  die  Ebene 
der  Ekliptik  errichtete  Senkrechte  zu  beschreiben.  Demgemäss  rücken 
auch  die  Himmelspole  weiter,  mit  ihnen  zugleich  aber  die  Punkte,  in 
welchen  die  Ekliptik  von  dem  Hinmielsäquator  durchschnitten  wird^ 
d.  i.  die  Aequinoctialpunkte  oder  der  Frühlings-  und  Herbstpunkt, 
und  zwar  bew^en  sich  diese  langsam  von  Ost  nach  West,  also  dem 
Laufe  der  Sonne  en^^en,  so  dass  die  Tag-  und  Nachtg^eichen  all- 
mählich firüher  und  ftliber  eintreten.  Man  bezeichnet  dieses  Vorrücken 
derselben  gewöhnlich  mit  dem  Namen  Praecession.  Sie  wurde 
schon  von  Hipparch  im  2.  Jahrhundert  v.  Chr.  entdeckt  und  an- 
nähernd bestimmt  Der  Stern  a  des  kldnen  Bären,  der  bekannte  Po- 
larstem, welcher  jetzt  ungefähr  P  ,  Grad  von  dem  Nordpol  des  Him- 
mels absteht,  war  damals  noch  &st  12  Grad  von  demselben  entfernt; 
vor  etwa  14  000  Jahren  aber  be&nd  sich  derselbe  nicht  hier,  sondern  in 
der  prachtvollen  W^a  in  der  Leier.  Zu  jener  Zeit  war  das  südliche 
Kreuz  noch  an  den  Ufern  des  Baltischen  Meeres  sichtbar.  Alle 
diese  Veränderungen  sind  nur  die  optischen  Wirkungen  der  Praeoes- 
sion.  Das  Fortschreiten  der  Tag-  und  Nachtgleichen  beträgt  im  Laufe 
eines  Jahres  0«  0'  50,  10"  oder  1  <>  in  71,856  Jahren;  ein  vollstän- 
diger Umlauf  um  den  Pol  der  Ekliptik  erfordert  denmach  einen  Zeit- 
raum von  25  868  Jahren. 

Hierzu  gesellt  sich  noch  ein  anderer  Wechsel  in  der  Stellung  der 
Erde  zur  Sonne.  Durch  die  g^ensdtige  Anziehung  der  Planeten 
werden  nämlich  Störungen  der  Apsidenlinie  (der  grossen  Axe  der  Erd- 
bahn) hervorgerufen,  so  dass  sich  das  Perihelium  oder  der  Punkt,  wo 
die  Erde  der  Sonne  am  nächsten  ist,  verschiebt  und  zwar  jährfich  um 
11,80".  Die  wahre  Zeit,  in  welcher  die  Aequinoctialpunkte  ^en 
ganzen  Umlauf  in  der  Ekliptik  vollenden,  erhält  man  nun,  wenn  man 

*^  O.  Fe  schal,  Geschichte  der  Erdkunde.     2.  Aufl.   (heraosgeg.  von  S. 
Ruge).    München  1877.    S.  152,  Nota  4. 


VII.     Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  145 

360«  durch  die  Summe  von  50,10"  und  11,80",  also  durch  61,90'' 
dividirt.     Dieser  Zeitraum  umfasst  in  runder  Zahl  21  000  Jahre. 

Da  die  Erdbahn  eine  Ellipse  ist  und  in  einem  ihrer  Brennpunkte 
die  Sonne  steht,  so  erreicht  die  Erde  alljährlich  einmal  den  Punkt  der 
grössten  Sonnennähe  imd  einmal  den  gegenüberliegenden  Punkt  grösster 
Sonnenfeme.  Nun  ist  nach  dem  zweiten  Kepler 'sehen  Gesetz  die 
Geschwindigkeit,  mit  welcher  die  Erde  auf  ihrer  Bahn  vorwärts  eilt, 
von  der  Art,  dass  der  Leitstrahl  (radius  vector),  welchen  man  sich  von 
der  Sonne  zur  Erde  gezogen  denken  kann,  in  gleichen  Zeiten  gleiche 
Flächenräume  beschreibt.  Es  wächst  also  die  Geschwindigkeit  der 
Erdbewegung,  sobald  die  Erde  sich  der  Sonne  nähert,  während  sie 
abnimmt,  sobald  sich  die  Erde  von  der  Sonne  weiter  entfernt, 
wobei  jedoch  die  Erdrotation  keinerlei  Störung  erfährt.  So  kann  es 
geschehen,  dass  für  die  eine  Halbkugel  der  Sommer  länger  dauert  als 
der  Winter,  während  fiir  die  andere  der  Winter  an  Zeitlänge  den 
Sommer  übertrifft.  Innerhalb  21  000  Jahren  wird  einmal  die  nördHche 
Halbkugel,  ein  andermal  die  südUche  Halbkugel  einen  längeren  Som- 
mer gemessen,  nämlich  10  500  Jahre  die  eine,  10  500  Jahre  die  andere. 
Im  Jahre  1250  unserer  Zeitrechnung  hatte  die  nördliche  Erdhälfte  den 
längsten  Sommer,  weil  damals  die  Zeit  der  grössten  Sonnennähe  mit 
der  Wintersonnenwende  zusammenfiel.  Seitdem  werden  unsere  Sommer 
kürzer,  und  5250  Jahre  nach  1250,  also  im  Jahre  6500  n.  Chr.,  wer- 
den beide  Jahreszeiten  auf  beiden  Halbkugeln  gleich  lang  sein.  Hier- 
auf wird  während  der  folgenden  5250  Jahre  der  Sommer  der  süd- 
Uchen  Halbkugel  länger  werden  und  dann  wieder  sich  verkürzen. 
Noch  gegenwärtig  ist  die  Summe  der  Frühlings-  und  Sommertage 
(186  Tage  12  Stunden)  für  die  nördliche  Halbkugel  um  7  Tage  18  Stun- 
den grösser  als  die  der  Herbst-  und  Wintertage  (178  Tage  18  Stun- 
den); auf  der  südUchen  Halbkugel  hingegen  findet  sich  natürlich  das 
umgekehrte  Verhältniss  zwischen  Sommer-  und  Winterlänge. 

Adhämar  behauptete  nun,  dass  die  Sonnen  wärme,  welche  einer 
Ekdhalbkugel  bei  kurzem  Sommer  und  langem  Winter  zu  Theil  werde, 
geringer  sei  als  die  der  anderen  Halbkugel  bei  kurzem  Winter  und 
langem  Sommer.  Hieraus  aber  folgerte  er  weiter:  Wegen  der  um 
7^4  Tage  längeren  Polarnacht  am  Südpol  musste  sich  dort  bisher  wäh- 
rend des  Winters  eine  grössere  Eismasse  anhäufen  als  am  Nordpol, 
und  da  sich  dies  mehrere  tausend  Jahre  hindurch  wiederholte,  so  ver- 
grösserte  sich  die  Eisschale  oder  Eiskuppel  um  den  Südpol  sowohl  der 
senkrechten  Höhe  wie  dem  Durchmesser  nach.  Die  nothwendige  Conse- 
quenz  davon  war,  dass  diese  Halbkugel  um  das  ganze  Gewicht  ihres  Schnee- 
und  Eispanzers  schwerer  wurde  als  die  andere  Halbkugel.  Es  konnte 
deshalb  nicht  ausbleiben,  dass  der  Schwerpunkt  unseres  Planeten  in  die 

Pesehel-Leipoldt.   Phys.  Erdkunde.     If.  10 


146  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

schwerer  gewordene  südliche  Erdhälfte  nachrückte.  Die  auf  der  Erdober- 
fläche ausgebreiteten  Wassermassen  mussten  darum,  dem  Gesetze  der 
Schwere  gehorchend,  nach  der  südlichen  Halbkugel  abziehen,  diese  über- 
schwemmen  und  ihr  ein  oceanisches  Gepräge  geben,  während  andrerseits 
ein  grosser  Theil  der  nördhchen  Halbkugel  trocken  gelegt  wurde  und  einen 
vorzugsweise  continentalen  Anstrich  bekam.  Nach  der  Annahme  A  dh  e  - 
mar 's  tritt  alle  10  500  Jahre  eine  Sin  tfluth  abwechselnd  fiir  die  nörd- 
Uche  und  iur  die  südliche  Erdhälfte  ein ,  so  dass  jede  der  beiden  He- 
misphären im  Laufe  von  21  000  Jahren  je  einmal  überfluthet  wird. 
Gegenwärtig  ist  die  südliche  einer  solchen  Fluth  ausgesetzt 

In  der  That  scheinen  die  weiten  oceatiischen  Flächen  der  süd- 
lichen Hemisphäre  und  ebenso  die  gleichförmige,  charakteristische  Phy- 
siognomie ihrer  Festlande  für  die  Richtigkeit  der  Adhemar' sehen 
Hypothese  zu  sprechen.  Bemerkenswerth  ist  namentUch,  dass  die  letz- 
teren alle  mehr  oder  weniger  in  der  Gestalt  von  Pyramiden  oder  Hör- 
nern enden,  wie  Südamerika,  Südafrika,  die  vorderindische  Halbinsel, 
wenn  man  diese  noch  hierher  redmen  darf,  die  Halbinsel  Malakka  und 
Australien.  Sie  deuten  darauf  hin,  dass  eine  von  der  nördhchen  Hemi- 
sphäre heraufgedrungene  Wassermasse  einen  Länderzusammenhang  dort 
unterbrochen  und  überfluthet  hat  Nicht  wenig  Gewicht  1^  Adh^- 
mar  auch  darauf,  dass  nur  die  nördliche  Halbkugel  einen  grossen 
Eeichthum  an  Landseen  habe.  Während  sich  in  Nordamerika  die 
Süsswasserseen  kettenartig  an  einander  reihen  und  grosse  Flächenräume 
bedecken,  ist  Südamerika,  wenn  wir  von  den  meist  kleineren  Gebirgs- 
seen absehen,  sehr  arm  an  umfangreicheren  Wasserbecken.  Ebenso 
finden  wir  im  Norden  der  Alten  Welt  grosse  Golfe,  wie  die  Ostsee  und 
das  Mittelmeer,  grosse  Binnenseen,  wie  den  Easpischen,  den  Aral-,  den 
Balchasch-,  den  Baikal-See,  nicht  zu  gedenken  der  ungezählten  Seen 
auf  der  finnischen  Granitplatte  und  der  Gebirgsseen  Skandinavien'«, 
während  Afrika  deren  vergleichsweise  wenige  besitzt.  In  diesem  Sinne 
gewährt  uns  die  südliche  Halbkugel  das  Bild  einer  starken  Ueber- 
fluthung,  die  nördUche  das  Bild  einer  abtrocknenden  Hälfte.  Zieht  sich 
nämlich  nach  der  Ueberfluthung  das  Wasser  ma^^senhaft  von  den  Con- 
tinenten  zurück,  die  es  vorher  bedeckt  hatte,  so  werden  in  den  Ver- 
tiefungen Wasser  zurückbleiben,  die,  vom  Ocean  durch  das  Land  ab- 
geschnitten, theilweise  verdunsten,  theilweise  sich  als  Seen  erhalten. 

Endlich  würden  sich  durch  die  Adh^raar'sche  Hypothese  auch 
die  kühleren  Temperaturen  der  südlichen  Halbkugel,  der  periodische 
Eintritt  sogenannter  Eiszeiten,  sowie  die  bei  so  vielen  Völkern  noch 
vorhandene  Fluthsage  gut  erklären  lassen. 

Nach  alledem   hat  Adhömar's  Hypothese  auf  den  ersten  An- 


VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  147 

blick  viel  Verlockendes,  und  doch  müssen  wir  ihr  auf  das  Entschie- 
denste widersprechen. 

Zunächst  irrte  sich  Adh^mar  darin,  dass  er  meinte,  die  Sonnen- 
wärme, welche  einer  Erdhalbkugel  bei  langem  Sommer  und  kurzem 
Winter  zu  Theil  wird,  sei  grösser  als  diejenige,  welche  die  andere 
Halbkugel  bei  langem  Winter  und  kurzem  Sommer  empfängt.  Schon 
seit  Lambert^  ist  es  mit  Evidenz  erwiesen,  dass  die  Grösse  der 
Insolation  in  jedem  Jahre  und  beständig  für  beide  Erdhälften  völlig 
die  gleiche  ist;  denn  gerade  zu  der  Zeit,  wo  auf  der  einen  Halbkugel 
der  lange  Sommer  herrscht,  befindet  sich  die  Erde  in  grösserer  Ent- 
fernung von  der  Sonne.  Da  nun  die  Stärke  der  Insolation  umgekehrt 
dem  Quadrat  der  Sonnenfeme  proportional  ist,  so  wird  das  um  7^/4 
Tage  längere  Verweilen  der  Sonne  über  der  nördlichen  Hemisphäre  in 
seiner  Wirkung  dadurch  vollkommen  ausgeglichen,  dass  sich  während 
des  kürzeren  südlichen  Sommers  die  Erde  der  Sonne  mehr  nähert 
Wären  also  beide  Hälften  der  Erde  entweder  gleichmässig  mit  Wasser 
oder  gleichmäflsig  mit  Land  oder  in  gleichmässiger  Mischung  mit  bei- 
den bedeckt,  so  würde  gegenwärtig  die  nördliche  Hemisphäre  einen 
längeren,  aber  wegen  der  grösseren  Sonnenfeme  etwas  kühleren  Som- 
mer und  einen  kürzeren,  wegen  der  grösseren  Sonnennähe  jedoch  re- 
lativ warmen  Winter  gemessen.  Dagegen  müsste  die  südliche  Hemi- 
sphäre einen  kürzeren,  aber  wegen  der  grösseren  Sonnennähe  etwas 
heisseren  Sommer  und  einen  längeren,  wegen  der  grösseren  Sonnen- 
feme kälteren  Winter  haben. 

Diesen  theoretischen  Auseinandersetzungen  widersprechen  jedoch 
die  Beobachtungen.  In  Wahrheit  sind  nämlich  fast  durchweg  die  me- 
teorologischen Sommer  auf  der  südlichen  Halbkugel  viel  kühler,  die 
Winter  viel  milder  als  auf  der  nördlichen  Halbkugel.  Es  rührt  dies 
offenbar  davon  her,  dass  die  südliche  Halbkugel,  überfluthet  von  weiten 
Occimen,  ein  feuchtes  und  daher  viel  gleichmässigeres  Klima  besitzt 
als  die  nördliche  Halbkugel  mit  ihren  ungeheuren  Länderräumen.  Hier 
zeigt  sich  deutlich,  dass  die  geographischen  Gestaltungen  an  Einfluss 
viel  mächtiger  sind  als  die  astronomischen  Schwankungen  der  Sonnen- 
abstände und  dass  uns  jene  besser  als  diese  die  Temperaturverände- 
rungen in  der  geologischen  Vergangenheit  zu  erklären  vermögen.  Die 
thermischen  Unterschiede  zwischen  südlicher  und  nördhcher  Halbkugel 
sind  die  Consequenzen  der  Wasserbedeckung  und  nicht  der  Präcession 
der  Aequinoctien. 

Die  Anhänger  der  Adh^mar 'sehen  Hypothese  sahen  nun  wohl 
ein,  dass  die  Grösse  der  Besonnung  ftir  beide  Erdhälfl^n  immer  gleich 

')  Pyrometrie.     S.  310. 

10* 


148  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

sein  müsse,  wenn  auch  die  Sonne  länger  in  den  nördlichen  als  in  den 
südlichen  Zeichen  verweilt.  Sie  gaben  dag^en  zu  bedenken  (so  vor 
allem  Prevost),  dass  die  Wiederausstrahlung  der  Wärme  bd  dnem 
längeren  Winter  viel  stärker  sein  müsse  als  bei  einem  kurzen  und  dass 
die  Ungleichheit  der  Jahreszeiten  ungleiche  Wärmeverluste  durch  Aus- 
strahlung hervorrufen,  also  fiir  die  benachtheiligte  Erdhalbkugel  eine 
Temperaturemiedrigung  herbeifuhren  müsse.  Uns  erscheint  diese  Be- 
gründung eben&Us  nicht  stichhaltig;  denn  die  Ausstrahlung  ist  ein 
Process,  welcher  sich  ebenso  gut  am  Tage  wie  in  der  Nacht  vollzieht, 
im  Lichten  wie  im  DunkeL  Da  überdies  fiir  die  südliche  Halbkugel 
das  ^Maximum  der  Winterlänge  bereits  seit  geraumer  Zeit  (seit  1250 
n.  Chr.)  vorüber  ist,  so  müsste  die  Abkühlung  schon  so  lauge  gewirkt 
haben,  dass  wenigstens  ihr  Effect  auf  die  Wintertemperaturen  (im 
Sommer  ist  ja  die  Insolation  dort  intensiver)  leicht  erkannt  werden 
könnte.  Beobachtungen  in  Südamerika  und  Neuseeland  zeigen  jedoch« 
wie  oben  bereits  angedeutet  wurde,  dass  hier  im  Gegentfaeil  die  meteo- 
rologischen Wintertemperaturen  viel  höher  sind  als  auf  der  nördlichen 
Halbkugel  > ). 

James  Groll,  ebenfalls  ein  Vertheidiger  der  Adh^mar 'sehen 
Hypothese,  hat  dieser  eine  etwas  andere  Wendung  veriiehen.  Er  stützt 
sich  darauf,  dass  während  eines  langen  Winters  viel  Schnee  &Uen 
wird,  dessen  Wegschmelzen  die  Wärme  des  nachfolgenden  Sommers 
au&ehrt  Gleichzeitig  werden  beim  Schmelzen  des  Schnees  viele  Dunst- 
massen und  Wolken  entstehen,  welche  die  Erwärmung  der  Erdober- 
fläche durch  die  Sonnenstrahlen  abschwächen,  so  dass  der  kurze  Som- 
mer trotz  der  Sonnennähe  sehr  kühl  verlaufen  wird.  Diese  Behaup- 
tung begegnet  jedoch  ernsten  Schyrierigkeiten.  Fällt  wiiklich  viel 
Schnee  und  bildet  sich  Eis,  so  wird  bekanntlich  gebundene  Wärme 
finei,  und  die  frei  gewordene  Wärme  müsste  zur  Milderung  des  Win- 
ters genau  soviel  beitragen,  als  im  nächsten  Sommer  durch  das 
Wegschmelzen  von  Schnee  und  Eis  an  Luftwärme  verloren  geht  Es 
findet  also  eine  Compensation  statt 

Wollte  man  selbst  annehmen,  dass  über  den  oceanisch  gedachten 
Südpolarräumen  ein  uhif^lasartiges  Eisgewölbe  schwebe,  so  könnte  sich 
dieses  Dach  höchstens  um  den  neunten  Theil  der  dortigen  mittleren 
Seetiefen  über  das  Niveau  des  Erdsphäroides  erheben.  Sollten  aber 
diese  Seetiefen  im  Durchschnitt  1800  Faden  nicht  überschreiten  (vgL 
Bd.  I,  S.  420),  so  würde  das  Eis  höchstens  gegen  200  Faden  den 
mathematischen  Seespi^el  überragen  können  und  zwar  nur  deswegen, 

*)  Vgl.  hierza  J.  Hann  in  Behm*8  Geographischem  Jahrbach,  Bd.  IV 
(1S72),  S.  131  f. 


VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  149 

weil  es  um  ^/g  leichter  ist  als  das  Seewasser.  Gefröre  also  die  See 
innerhalb  des  südlichen  Polarkreises  auch  bis  auf  den  Meeresboden, 
so  würde  darum  die  südliche  Halbkugel  nicht  schwerer,  weil  das  Eis 
dasselbe  Gewicht  besässe  wie  die  Wassermasse,  aus  der  es  hervorging. 
Somit  ist  auch  dieses  Argument  ftir  die  Adhömar'sche  Hypothese 
nicht  beweiskräftig. 

Der  Schwerpunkt  könnte  also  höchstens  dadurch  verrückt  wer- 
den, dass  mächtige  Schneemassen  auf  das  Festland  fielen  oder  auf 
Eisschollen,  welche  bis  zum  Grunde  des  Meeres  hinabreichen.  Nun 
ist  es  schon  sehr  unwahrscheinlich,  dass  in  den  antarktischen  Gebieten 
der  Schneefall  ein  sehr  reicher  ist,  da  nach  den  Berichten  der  Polarfahrer 
wenigstens  innerhalb  des  nördlichen  Polarkreises  der  winterliche  Schnee- 
feil  meist  ein  sehr  geringer  ist  ^).  Unterdrücken  wir  aber  auch  dieses 
Bedenken,  so  ist  doch  noch  zu  erwägen,  dass  die  trockene  eisige 
Winterluft  den  Schnee  um  so  stärker  hinwegleckt,  je  weiter  er  sich 
um  den  Pol  herum  lagert.  Es  ist  also  ganz  unmöglich,  dass  die  näm- 
liche physische  Eisschale  beständig  um  den  Südpol  schwebe.  Und 
würde  selbst  durch  Schneeanhäuftmg  und  Eisbildung  das  antarktische 
Gebiet  senkrecht  wachsen,  so  müsste  gleichzeitig  auch  das  Ge&U  der 
Gletscher,  mit  dem  Gefäll  ihre  Geschwindigkeit,  mit  der  Geschwindig- 
keit die  Zahl  der  Eisberge  zunehmen,  welche  durch  die  Gletscher  ab- 
gestossen  werden,  imd  so  würde  immer  wieder  das  Gleichgewicht  her- 
gestellt. 

James  Groll  und  andere  halten  an  der  Adh^mar'schen  Hy- 
pothese fest,  um  die  Eiszeit  erklären  zu  können.  Nach  unserer  Ueber- 
zeugung  würde  man  weit  fehlen,  wenn  man  sich  auf  der  nördlichen 
Halbkugel  die  Winter  von  der  Länge  und  die  Sommer  von  der  Kürze 
der  australischen  denken  wollte,  um  damit  zu  begründen,  dass  einst 
in  der  Schweiz  die  Gletscher  das  Rhonethal  und  den  Genfersee  er- 
ftdlten  und  mehr  als  600  Meter  hoch  an  den  Abhängen  des  Schweizer 
Jura  sich  erhoben.  Dazu  sind  die  gegenwärtigen  Zeitunterschiede 
zwischen  den  australischen  und  borealischen  Wintern  viel  zu  gering. 

Noch  möchten  wir  darauf  aufmerksam  machen,  dass  der  Seen- 
reichthum  der  nördlichen  Hemisphäre,  auf  welchen  die  Anhänger  der 
Adh^mar' sehen  Hypothese  immer  besonderes  Gewicht  legten,  durch- 
aus nicht  ein  ausschliessliches  Privilegium  unserer  Halbkugel  ist.  Viel- 
mehr besitzt  auch  die   südliche  Halbkugel   eine  grössere  Anzahl  aus- 

^)  Vgl.:  Die  zweite  deutsche  Nordpolarfahrt  in  den  Jahren  1S69  und  1870. 
Leipzig  1874.  Bd.  I,  Abth.  2,  S.  346.  419.  Wojeikof  (Ergäuzungsheft  38 
zu  Peter  mann 's  Mittheilungen  von  1874,  S.  12)  bezweifelt  freilich  die  Exi- 
stenz eines  Polargürtels  mit  regen-  (resp.  schnee-)  armen  Wintern  und  schreibt 
diese  nur  den  arktischen  Gebieten  mit  excessivem  Klima  zu. 


150  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

gedehnter  Wasserbecken ;  es  sei  hier  nur  an  die  grossen  Seen  Central- 
Afiika's,  den  Mwntan-,  ükerewe-,  Tanganjika-,  Njassa-  und  Bangweolo- 
See  erinnert.  Seen  finden  sich  überall  auf  der  Erde  da,  wo  die  später 
zu  besprechenden  Vorbedingungen  zu  ihrer  Bildung  vorhanden  sind. 
Femer  können,  was  die  Alte  Welt  betrifit,  im  wesentlichen  nur  die  ge- 
schwisterlichen aralo-kaspischen  Seen,  der  Baikal -See,  die  Seen  des 
Newa-Gebietes,  die  grossen  schwedischen  und  die  lombardischen  Seen 
ab  Zeugen  einer  ehemaligen  oceanischen  Ueberfluthung  angerufen  wer- 
den; denn  die  übrigen  yerdanken  nicht  dem  sich  zurückziehenden 
Meere,  sondern  lediglich  den  Flüssen  ihre  Entstehung. 

So  erweisen  sich  also  alle  Gründe,  welche  Air  die  Adh^  mar 'sehe 
Hypothese  angeführt  wurden,  als  nicht  stidihaltig.  Aber  angenommen 
selbst,  alle  Voraussetzungen  Adh^mar's  seien  so  richtig,  wie  sie 
fSälsch  sind,  welchen  Effect  dürften  wir  dann  der  yermeintlichen  Sclmee- 
und  Eiscalotte  am  Südpol  zuschreiben? 

Die  Gebiete  der  Polarkreise  sind  bekanntlich  relativ  regenarm; 
wir  dürfen  deshalb  als  mitdere  Menge  des  Niederschlags  nicht  mehr 
als  30  Centimeter  in  Rechnung  bringen  (Schnee  wird  hierbei  in 
Wasser  verwandelt  gedacht).  Der  Schneefisdl  des  Nordpolarkreises  hält 
dem  des  Südpolarkreises  annähernd  das  Gleichgewicht;  eine  Differenz 
ei^ebt  sich  nur  in  Folge  der  längeren  Winterzeit  in  dem  antarktischen 
Grebiete.  Nun  beträgt  der  grösstmögliche  Unterschied  zwischen  Som- 
mer- und  Winterlänge,  welcher  immer  nach  Verlauf  von  10  500  Jahren 
eintritt,  c.  8  Tage,  im  Mittel  also  während  der  ganzen  Zeit,  in  wel- 
cher auf  einer  Halbkugel  der  längere  Winter  herrscht,  4  Tage;  es 
müssten  somit  365  Jahre  vergehen,  ehe  die  Eisschale  um  den  Südpol 
120  Centimeter  über  das  normale  Niveau  emporragte.  Demnach  würde 
diese  Eisanhäufung  in  10  500  Jahren  eine  Höhe  von  34  Vi  Metern  er- 
reichen, welche  Masse,  da  das  spedfische  Gewicht  des  fjses  gleich 
0,92  und  das  der  Ejde  gleich  5,6  ist,  dner  5,7  Meter  hohen  Anschwel- 
lung des  Erdkörpers  mit  der  mittieren  Dichtigkät  desselben  entspricht. 
Würde  nun  diese  Schicht  in  gleicher  Höhe  alles  antarktische  Land 
innerhalb  des  70.  Breitengrades  (=»  281  542  geogr.  Quadratmeflen) 
bedecken,  also  einen  Körperinhalt  von  c.  216  Cubikmeilen  besitzen, 
um  wieviel  vermöchte  sie  dann  den  Schwerpunkt  der  Erde  zu  ver> 
schieben? 

Die  Erde  hat  einen  Cubikinhalt  von  2  650  000  000  Cubikmeilen, 
jede  Halbkugel  somit  von  1  325  000  000  Cubikmeilen.  Jene  216  Cubik- 
meilen sind  hiervon  nur  etwa  ^eoooooo*  Hieraus  aber  ergiebt  sich, 
dass  der  Schwerpunkt  unseres  Planeten  eine  Verschiebung  von  nicht 
einmal  0,3  Meter  erleiden  würde,  selbst  wenn  in  Folge  der  grösseren 
Dichtigkeit  der  centralen  Erdmassen  der  Schwerpunkt  jeder  der  beiden 


cri,i§tiifiiiii£'S^>|>i:i:i 


Erdoberfläche. 


l^dradiuB  dem  Mittel- 

dass  eine  solche 

diTumente  spottete,   lun 

__         B-dcutung  8OT1  könnte, 

ä^g'^^^^f  ^^[VB{r|tiypotheee  zuerkennen. 

''^'■•^8airieei'Ö"Ä"wröl^Sf'e9*uch  desselben. 

1  V^iSflgn&Ti a tS' iflä . J^okmäBsig  sein,   zuerst 
^7lJSS£i|iPt^HiU|Afllq9rorauszuschicken,  mit 

r  ftTB^  ifc»«pw«^Ti1»'!HOT^fen  gewonnen   worden 

™ --"-•-"-■  "Ite.       •■*»■ 


LjitltbenaiiBtn. 

l*on  der  Acadcmia  del 

irhunderts  gebrauchten 

in   eine   mit   aufrecht 

gewissen  Höhe  Wein- 

Scala  hinzu,    auf 

erreichte,  wenn 

wenn  man  es 

äonnenstrahlen  aus- 

i*reuze  der  Scala  durch 

denn  Libri 
FraoEöaiBcheii  tou  Ca- 


152  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

die  Entdeckung  Edmund  Halley's  (1693) ,  dass  Weingeist  wie 
Quecksilber  in  der  Thermometerröhrey  wenn  sie  in  siedendes  Wasser 
gehalten  wurde,  stets  bis  zu  einem  gewissen  Masse  und  nie  über  das- 
selbe stiren,  gleichviel  wie  lange  das  Sieden  des  Wassers  dauerte  und 
wie  oft  die  Versuche  wiederholt  wurden  ^). 

Bis  zum  Jahre  1730  gab  es  nicht  zwei  Thermometer,  deren  Grang 
übereinstimmend  gefunden  worden  wäre  und  deren  Temperaturangaben 
einen  strengen  Veigleich  zuliessen.  Erst  damals  ersann  Ren^  An- 
toine  Ferchault  de  Räaumur  (1683  bis  1757)  ein  Verfiüiren,  wie 
man  an  aDen  Orten  Thermometer  anfertigen  könne,  die,  vde  er  sich 
ausdruckt,  „in  gleicher  Sprache^'  zu  dem  Beobachter  redeten.  Er  Ter- 
besserte  das  Thermometer  in  zweifisu^her  Hinsicht  Er  erwählte  als 
Nullpunkt  den  Höhenstand,  den  der  Weingeist  einnimmt ,  wenn  das 
Thermometer  in  langsam  gefrierendes  Wasser  oder  in  schmelz^iden 
Schnee  gestellt  wird.  Sein  Hauptverdienst  aber  lag  darin,  dass  er 
Thermometer  schu^  in  welchen  beim  Nullpunkt  der  Temperatur  genau 
1000  Theile  einer  Flüssigkeit  Raum  hatten  und  dass  er  seine  Stufen- 
leiter abtheilte,  je  nachdem  sich  die  Flüssigkeit  um  10,  20,  30  u.  s.  w. 
solcher  Raumtheile  ausgedehnt  hatte  ^).  Freilich  zeigte  der  Nullpunkt 
des  ersten  R^aumur' sehen  Thermometers  nicht  genau  die  Temperatur 
des  gefrierenden  Wassers,  sondern  die  des  eben  gefrorenen  und  nach- 
her weiter  abgekühlten  Wassers.  Er  war  gleich  — 0,8^  des  heutigen 
R^aumur' sehen  Thermometers.  Seine  exacte  Ausbildung  erfaidt 
dasselbe  durch  J.  A«  de  Luc^). 

Fahrenheit  (1686  bis  1736)  bestimmte  den  unteren  Normal- 
pimkt  durch  eine  Mischung  von  Wasser,  Eis  und  Chlorammonium  oder 
Kochsalz  und  ging  deshalb  von  diesem  aus,  weil  er  glaubte,  tiefer 
würde  die  Temperatur  gar  nicht  herabsinken.  Der  Nullpunkt  des 
Fahrenheit'schen  Thermometers  trifit  mit  dem  Theilstriche — 14',., 
der  R6aumur'schen  Scala  zusammen.    Der  Schmelzpunkt  des  ESses 

roT^.  Siegen  und  Wiesbaden  1S42.  S.  21)  fand  das  geschlossene  Thermo- 
meter, d.  h.  das  Weingeistthermometer,  bereits  in  einem  1611  —  also  im  zweiten 
Jahre  nach  der  Uebersiedelang  Galilei's  von  Padaa  nach  Florenz  —  ge- 
schriebenen Bande  der  Bibliothek  des  Arsenals  zu  Paris  (Nr.  20  der  ital. 
Handschriften)  erwähnt.  Auch  andere  Gründe  sprechen  für  die  obige  An- 
nahme.   Vgl.  £.  E.  Schmid,  Lehrbuch  der  Meteorologie.  Leipzig  1^60.  S.65. 

^1  Philosophical  Transactions  of  the  R.  Soc.  of  London.  YoL  XVII 
(1693\  p.  652. 

-)  K.  de  Ueaumur,  Rögles  pour  constmire  des  Thermom^tres ,  gelesen 
am  19.  November  1730,  in  den  M^moires  de  TAcad^mie  des  Sciences.  Aun^»* 
1730.     Paris  1732.  p.  453  sq. 

^  J.  A.  de  Luc,  Kecberches  sur  les  modification:»  de  TAtmosph^re. 
Genöre  1772.    Tome  I,  §  427—458  (p.  331—408). 


VIL    Die  Vertheiliing  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  158 

ist  auf  derselben  mit  32  ^  der  Siedepunkt  des  Wassers  mit  212  be- 
zeichnet; somit  beträgt  der  Zwischenraum  zwischen  beiden  180^.  Die 
Fahrenheit'sche  Scala  bietet  den  Vortheil  kleinerer  Graduirung, 
ermöglicht  also,  durch  ganze  Zahlen  (mit  Vermeidung  von  Brüchen) 
Temperaturen  schon  ziemlich  genau  auszudrücken,  imd  gestattet  femer 
fast  immer  die  Weglassung  der  Vorzeichen,  da  Temperaturen  unter 
— 14%  ®  R.  selten  vorkommen.  Celsius  (1701  bis  1744)  wandte 
das  Decimalsystem  auf  die  Barometerscala  an,  indem  er  das  Intervall 
zwischen  dem  Gefrierpunkt  und  dem  Siedepunkt  in  100  Theile  zer- 
legte.    Nach  den  obigen  Angaben  sind  demnach 

a;o  K  =  ^  a;  4-  32  ^  F.  =  I  a;0  C. 

x^  F.  =  |(a;  —  32)öR.  =  |(^    —  32) «  C. 

x^  G,  =  l  x"^  B..  =  l  X    +  32«  F. 

Auffallend  ist  die  Thatsache,  dass  sich  das  Thermometer  Fahren- 
hcit's,  also  das  eines  Deutschen,  in  England,  das  R^aumur's,  so- 
mit das  eines  Franzosen,  in  Deutschland  und  das  Celsius' sehe,  das 
eines  Schweden,  in  Frankreich  eingebürgert  hat  Zum  Zwecke  wissen- 
schaftlicher Untersuchungen  bedient  man  sich  jetzt  fast  allgemein  der 
hunderltheiligen  Scala. 

Da  es  häufig  von  Wichtigkeit  ist,  zu  wissen,  welches  innerhalb 
einer  gewissen  Zeit  die  höchste  und  niedrigste  Temperatur  war,  so  hat 
man,  um  nicht  beständig  beobachten  zu  müssen,  sogenannte  Maximum- 
und  Minimum -Thermometer  construirt.  Die  bekannteste  Form  der- 
selben ist  der  von  Rutherford  schon  im  Jahre  1794  angefertigte 
Therm ometrograph.  Derselbe  wird  von  zwei  Thermometern  ge- 
bildet, deren  Röhren  wagerecht  liegen.  In  der  mit  Quecksilber  ge- 
füllten Röhre  des  Maximumthermometers  befindet  sich  ein  Stahlstiftchen, 
welches  so  lange  durch  die  Quecksilbersäule  fortgeschoben  wird,  als 
sich  das  Quecksilber  in  Folge  der  Temperaturerhöhung  ausdehnt.  So- 
bald jedoch  eine  Temperaturemiedrigung  eintritt  imd  die  Quecksilber- 
säule zurückgeht,  so  verharrt  das  Stiftchen  an  seinem  Orte  und  zeigt 
so  die  höchste  Temperatur  innerhalb  eines  gewissen  Zeitraumes  an. 

Für  das  Minimumthermometer  benützt  man  statt  des  Quecksilbers 
Weingeist  und  statt  des  Stahlstiftchens  ein  feines,  an  beiden  Enden 
mit  kleinen  Knöpfchen  versehenes  Glasstäbchen.  Ist  dasselbe  einmal 
in  den  Weingeist  eingetaucht  so  kann  es  wegen  der  Adhäsion  nicht 
über  dessen  freie  Oberfläche  hinaus  gelangen;  es  zieht  sich  also  beim 
Sinken  der  Temperatur  das  Glasstäbchen  gleichzeitig  mit  dem  Wein- 
geist zurück.  Dagegen  behält  das  Glasstäbchen  unverändert  seine 
Lage,  wenn  die  Temperatiu"  zunimmt  und  die  Weingeistsäule  sich  ver- 
längert; es  giebt  somit  immer  die  Minimaltemperatur  eines  gewissen 
Zeitraumes  an.     Setzt  man  also  am  Vormittag  gleichzeitig  Minimum- 


§5«   'il^gif <l;|.f.sä|* 


[hülle  der  Erde. 


an  man  am  nächsten  Vor- 
der Teräoaaenen  24  StuQ- 


§9K<;|^^B'|g|(^i«1^i^|^V^'|gg^  Messungen  häu%  das 
9^(|9^il''48^^ir^i^0l*^Btniirte  und  sehr  zuver- 
~  ~         ■VE?*?lG9I  Haximum-   und   Miuimuin- 

l«k^«?lS^i6s-  10>-  Dasselbe  besteht 
f^flv'Bl^'^  langen,  1  Centimeter 
.^U^.^.Bj  gl  Millimeter  dicken   Stahl- 

1^%m^&tmmfiaer  ganzen  Länge  nach 
QaHH^^Mirvon  gleichen  Dimensionen 
.yS^ftHl  Bft—  Beide  sind  durch  Vergol- 

IStH^S^'&S'^^^''^^'*'  ^^^^  Metall- 

^ufi^f'oAjSJtg^  einer  Spirale  s  gebogen, 

]  S tfSw^^m^^'^  Süssere,  das  Messing  die 

.*p3ir;^m'§]VViQdungeQ  bUdet    Wah- 

^^^-'*^*3^t^''  '^  einem  Metallzapfen 

:^£^^3^:^bt  das  Ende  b  frei  beveg- 

^^ü^^^^^^mmlen  Temperatur  hat 

^'»^äl*"^!*!^™!"^  Stellung.     Da  »ich 

^Ci^li^jJI^i^inBdehnt  als  Stahl,  so  wird 

-^^^•^<Gfflj  bei  Temperaturerhöhung 

-»-.Ä-;^^;r^l^   TemperaturemiedriguQg 

'"^^C^Ij^Srängt  werden.     Durch  die 

~jk«^und  g  wird  die  Bew^ong 

[EdSj  dem  anderen  Zöger,  cd 

kels   ähnlich   sind,    mit- 

welche  sie  in   dem  Mo- 

oder  links   inne  hatten. 

gestattet  uns,  sofort  die 

gewissen  Zatraomes  ab- 


JcO^r^^^i^^g^^ratur  do'   frvien  Luft  an- 

^r^Ri^äi^i^il^j4)*j^^^ommen  werden,  störende 

.  .     .  ™  Ee  igt  yoj.  allen  di^, 

i  TOD  allen  Seiten  her  im- 

|3en  directen  Sonnenstrahlen 

ü^^^^-ßoden ,   wie   von  Wänden 

*|[Es  nicht  TOQ  den  reflectirten 

PhjBik.     4.  Aad.     Braun- 


VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  155 

Wärmestrahlen  getroffen  werde.  Steigen  doch  Thermometer,  welche 
an  einer  von  der  Sonne  beschienenen  Wand  oder  unmittelbar  über 
nacktem,  von  den  Sonnenstrahlen  direct  getroffenem  Sandboden  an- 
gebracht sind,  selbst  in  unseren  Gegenden  während  des  Sommers  oft 
bis  auf  50®  C!  Natürlich  ist  diese  Wärme  nicht  die  der  Luft,  son- 
dern der  erhitzten  Wand,  resp.  des  Bodens.  Endlich  muss  dafiir  ge- 
sorgt sein,  dass  das  Instrument  vollkommen  trocken  bleibt. 

Am  zweckmässigsten  ist  es,  das  Thermometer  auf  freiem  Platze 
in  einem  Gehäuse  aufzustellen,  welches  durch  doppelte  jalousieartige 
Wände  gebildet  wird,  nach  oben  mit  einem  Dach  versehen,  nach  unten 
aber  offen  ist  und  auf  vier  etwa  3  Meter  hohen  Pföhlen  ruht.  Die 
Treppe  ist  an  der  nördlichen  Seite  zu  befestigen,  welche  letztere  zu- 
gleich als  Thüre  dient. 

Ueberraschend  ist  die  von  Lamont  entdeckte  Thatsache,  dass 
ein  Thermometer,  welches  auf  einem  ganz  freien  Grrasplatze  zwischen 
zwei  2^/3  Meter  hohen  Stangen  an  einem  Drahte  hing  und  den  directen 
Sonnenstrahlen  ausgesetzt  war,  fast  dieselbe  Temperatur  zeigte  wie  ein 
gegen  zufUllige  Störungen  geschütztes  im  Schatten.  Zweijährige  Be- 
obachtungen ergaben,  dass  die  mittlere  Differenz  der  mit  dem  besonn- 
ten und  dem  beschatteten  Thermometer  erlangten  Temperaturen  früh 
7  Uhr  —0,15,  Mittags  12  Uhr  0,34  und  Abends  6  Uhr  —0,18®  R. 
betrug.  Hieraus  geht  deutlich  hervor,  dass  an  der  Thermometerkugel 
eine  fast  vollständige  Reflexion  erfolgte. 

Um  die  Mitteltemperatur  fiir  einen  gewissen  Zeitraum,  z.  B. 
flir  einen  Tag,  einen  Monat  oder  ein  Jahr  bestimmen  zu  können,  bedarf 
man  natürlich  einer  kleineren  oder  grösseren  Reihe  von  Ablesungen. 
Das  Tagesmittel  erhält  man,  wenn  man  die  Summe  der  24  Tempera- 
turen^  welche  von  Stunde  zu  Stunde  im  Laufe  eines  Tages  gemessen 
worden  sind,  durch  24  dividirt.  Doch  gewährt  auch  das  arithmetische 
Mittel  aus  den  nach  Ablauf 'von  zwei  oder  drei  Stunden  regelmässig 
vorgenommenen  Beobachtungen  ein  gutes  Tagesmittel.  Da  jedoch  der- 
artige Reihen  das  Zusammenwirken  mehrerer  Personen  voraussetzen, 
so  lässt  sich  diese  Methode  nur  auf  grösseren  Observatorien  durchflihren. 
An  den  meisten  Orten  begnügt  man  sich  hierbei  mit  einigen  im  Laufe 
des  Tages  gemachten  Ablesungen.  Brauchbare  Tagesmittel  liefern 
z.  B.  die  Beobachtungen  um 

ö  U.  Morgens,  2  U.  Nachmittags  und  10  U.  Abends, 

'     rt  7>  ^     rt  7)  7)         ^    n  n 

•77  n  "«  ri  V  ^    n  T) 

Etwas  weniger  zuverlässig  sind  die  Combinationen  der  Tempera- 


j 


156  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

turen  von  gleichnamigen  Stond^i  (z.  B.  8  Uhr  Moi^ns  und  8  Uhr 
Ab^ids,  9  Uhr  Morgens  und  9  Uhr  Abends). 

Wird  die  Sunune  aUer  Tagesmittel  eines  Monats  durch  die  Zahl 
der  Tage  getheilt,  so  ergiebt  sich  die  Mitteltemperatur  des  Mo- 
nats. In  ähnlicher  Wdse  gewinnt  man  aus  den  12  Monatsmitteln 
die  Mitteltemperatur  des  Jahres.  Liegen  von  irgend  einem 
Orte  yieljährige  Monats-  und  Jahresmittel  vor,  so  berechnet  man  das 
allgemeine  Monatsmittel,  indem  man  die  Mitteltemperaturen  des- 
selben Monats,  wie  sie  in  den  verschiedenen  Jahren  gefunden  wurden, 
addirt  und  die  Summa  durch  die  Zahl  der  Beobachtungsjahre  dividirt 
Analog  ver&hrt  man,  wenn  es  sich  um  Au&uchung  des  allgemeinen 
Jahresmittels  handelt 

D.    Absorption  der  von  der  Sonne  zugestrahlten  Wärme 

durch  Luft,  Land  und  Meer. 

Die  Wärme  verbreitet  sich  auf  dreierlei  Wdse  von  einem  Punkte 
nach  einem  anderen :  durch  Strahlung,  wobei  sie  ein  Medium  durch- 
dringt, ohne  dessen  Temperatur  zu  erhöhen,  durch  Leitung,  wenn 
der  die  Wärmefortpflanzung  vermittelnde  Körper  selbst  mit  erwärmt 
wird,  und  durch  Strömungen,  indem  der  erwärmte  Körper  sogar 
eine  Bewegung  vollzieht  und  so  die  emp&ngene  Wärme  weiter  trägt 

Die  Sonnenkräfte  werden  der  Erde  zugestrahlt  Bevor  sie  die 
Oberfläche  unseres  Planeten  erreichen,  haben  sie  den  mit  Aether  er- 
füllten Weltraum  und  die  Atmosphäre  zu  durchlaufen.  Während  hin- 
sichtlich des  ersteren  wohl  eine  &st  ganz  reine  Durchstrahlung  erfolgt, 
wird  ein  nicht  unwesentlicher  Bruchtheil  der  gesammten  zugestrahlten 
Wärme  von  der  Luft  angenommen  oder  absorbirt  und  zwar  um  so 
mehr,  JQ  länger  der  W^  ist,  welchen  die  Sonnenstrahlen  innerhalb  der 
Atmosphäre  zurückzulegen  haben  und  je  dichter  und  dampfireicher  die 
Luftschichten  sind,  durch  welche  die  Strahlen  hindurchgehen.  Da  die 
Sonnenstrahlen  am  Morgen  und  Abend  auf  viel  weitere  Strecken  die 
Atmosphäre  durcheilen,  so  erleiden  sie  hier  einen  bedeutenden  Wärme- 
verlust, zumal  sie  auf  viel  längerem  Wege  die  untersten  Schichten  des 
Luftkreises  durchsehreiten,  welche  wegen  ihrer  grösseren  Dichtigkeit 
und  ihres  Beichthums  an  Wasserdämpfen  relativ  viel  Wärme  absor- 
biren.  Dagegen  erweisen  sich  die  Sonnenstrahlen  an  der  Erdober- 
fläche um  so  kräftiger,  je  höher  sich  unser  Tagesgestim  erhebt;  denn 
in  solchem  Falle  ist  ihr  Weg  durch  die  Atmosphäre  ein  viel  kleinerer ' ). 

^)  Dass  die  Sonne  auch  aus  anderen  Gründen  bei  höherem  Stande  die 
Erdoberfläehe  stärker  erwärmt,  wurde  bereits  oben  erwähnt  (s.  S.  1391 


VII.     Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  157 

Seibat  bei  ganz  heiterem  Himmel  und  bei  senkrechtem  Sonnen- 
stand verliert  ein  Sonneilstrahl ,  indem  er  die  Luft  durchwandert,  0,2 
seiner  erwärmenden  Kraft,  durchschnittlich  in  unseren  Breiten  aber  0,4 
bis  0,5  und  gegen  Morgen  oder  Abend  sogar  mehr  als  die  Hälfte  seiner 
Wärmekräfl«.  Nun  erkennen  wir  auch,  warum  sich  in  den  tropischen 
Steppen-  und  Wüstengebietien,  sowie  auf  hohen  Bergen  unter  dem  Ein- 
fluss  der  Sonnenstrahlung  die  höchsten  Bodentemperaturen  entwickeln, 
obwohl  gerade  hier  während  der  Nacht  die  Abkühlung  durch  Aus- 
strahlung ausserordentlich  gross  ist.  Sah  doch  Hooker^)  auf  dem 
Himalaya  in  SOOO  Meter  Meereshöhe  im  December  um  9  Uhr  Mor- 
gens das  Quecksilber  eines  von  der  Sonne  beschienenen  Thermometers 
mit  geschwärzter  Kugel  bis  auf  55,5®  C.  steigen!  Offenbar  ist  hier 
die  ausserordentlich  dünne  und  reine  Luft  unfähig,  die  Strahlung  der 
Sonne  mit  Erfolg  zu  hemmen;  letztere  vermag  daher  um  so  energischer 
den  Boden  und  die  Gegenstände  an  demselben  zu  erhitzen.  So  dient 
immer  derjenige  Theil  der  Sonnenstrahlung,  welcher  nicht  durch  die 
Atmosphäre  absorbirt  wird  und  die  Erdoberfläche  erreicht,  im  wesent- 
lichen dazu,  dieser  eine  höhere  Temperatur  zu  verleihen. 

Die  thatsächliche  Wärmewirkung  der  bis  zur  Erdoberfläche  ge- 
langenden Sonnenkräfte  ist  femer  bedingt  durch  die  Beschaffenheit  des 
Materials,  auf  welches  die  Sonnenstrahlen  treffen.  Vor  allem  ist  es 
nicht  gleichgiltig,  ob  das  bestrahlte  Areal  Land  oder  Wasser  ist.  Der 
feste  Erdboden  wirft  meist  nur  wenige  Strahlen  zurück,  saugt  daher 
eine  relativ  grosse  Menge  derselben  auf  imd  wird  namentlich  dann 
ausserordentlich  schnell  und  stark  erhitzt,  wenn  er  ganz  trocken  und 
von  einer  Pflanzendecke  völlig  entblösst  ist.  Man  hat  schon  mehrfeu^h 
beobachtet,  dass  trockener  Fels  und  Sand  durch  die  Sonnenstrahlen 
bis  zu  60  und  mehr  Grad  C.  erwärmt  werden.  So  wächst  nach  dem 
Berichte  A.  v.  Humboldt 's  die  Temperatur  des  Sandes  in  den  Lla- 
nos  (Südamerika)  Nachmittags  2  Uhr  ganz  gewöhnlich  bis  zu  52,5  ^  C, 
ja  bisweilen  bis  zu  60®  C.  ^).  Ein  Thermometer,  welches  Girard  in 
den  Wüstensand  Aegypten^s  gesenkt  hatte,  zeigte  56  ®  R.  (70  ^  C.)^). 
Nouet  fand  bei  Theben  in  Aegypten  die  Temperatur  der  Bodenober- 
fiäche  zu  67,5®  C.  und  Winterbottom  den  Boden  von  Sierra  Leone 
zu  59®  C.*) 

*)  Himalayan  Journals.     Vol.  II,  p.  407. 

*)  A.  V.  Humboldt,  Centralasicn.  Ucbersetzt  von  W.  Mahl  mann. 
Berlin  1844.    Bd.  II,  S.  117  f. 

')  PhiloBophical  Transactions  of  the  R.  Soc.  of  London.  VoL  CXLVIII 
(1859),  p.  68. 

^)  Mahlmann  in  Dove's  Repertorlum  der  Physik.  Berlin  1841.  Bd. 
IV,  S.    173. 


158  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Ein  ganz  anderes  thermisches  Verhalten  als  das  Land  weist  das 
Wasser  auf.  Zunächst  reflectirt  es  weit  mehr  Strahlen  als  das  feste 
Land;  ein  grösserer  Theil  derselben  dringt  also  nicht  einmal  in  das 
Wasser  ein.  Femer  ist  das  Wasser  unter  den  an  der  Erdoberfläche 
vorherrschenden  StoflFen  derjenige,  welcher  am  meisten  Wärme  erfor- 
dert, wenn  man  seine  Temperatur  um  einen  gewissen  Betrag  erhöhen 
will.  Es  ist  nämlich  eine  doppelt  so  grosse  Wärmemenge  nothwendig, 
das  Wasser  um  ebenso  viele  Grade  zu  erhitzen  wie  das  gleiche  Vo- 
lumen eines  der  ilineraUen,  welche  die  starre  Erdrinde  bilden.  Be- 
zogen auf  das  gleiche  Gewicht  würde  sogar  statt  der  doppelten  erst 
eine  fünffache  Wärmemenge  genügen  M-  Dazu  kommt,  dass  die  dem 
Wasser  zugefiihrte  Wärme  nicht  ausschliesslich  dazu  verwandt  wird, 
die  Temperatur  desselben  zu  steigern;  vielmehr  wird  ein  Theil  der 
Wärme  durch  die  gleichzeitig  eintretende  Dampfbildung  gebimden. 
Demnach  geht  die  Erwärmung  einer  Wasserfläche  unter  gleichen  Ver- 
hältnissen viel  langsamer  vor  sich  als  die  des  festen  Bodens,  zu- 
mal die  grössere  Dampfentwicklung  über  dem  Wasser  die  directe  Wir- 
kung der  Sonnenstrahlen  schwächt  und  Strömungen  sofort  die  ent- 
standenen Temperaturdifterenzen  auszugleichen  suchen. 

E.    Die  Wärmestrahlung  der  Erde. 

Die  Wärmestrahlung,  welche  der  Erdkörper  emp&ngt,  bleibt  nicht 
dessen  unveräusserliches  Eigenthum;  vielmehr  wird  dieselbe  stets  und 
zwar  in  zweifacher  Weise  dem  Weltraum  zurückg^eben :  sogleich  durch 
Spiegelung  an  der  Oberfläche  oder  allmählich  durch  Ausstrahlung.  Der 
erstere  der  beiden  W^e  ist  namentlich  bei  glatten  Körpern,  also  ins- 
besondere bei  Flüssigkeiten  von  Bedeutung,  während  Körper  mit  rauher 
Oberfläche,  dieselben  also,  welche  die  Wärme  am  leichtesten  aufiiehmen, 
sie  nur  in  geringem  Masse  zur^ckspi^eln.  Doch  findet  allüberall, 
über  Land  wie  über  Wasser,  wenn  auch  in  manigfach  wechselndem 
Grade,  ein  beständiger  Ausstrahlungsprocess  statt,  ein  Kampf  zwischen 
Wärmegewinn  und  Wänneverlust ,  dessen  jeweiliges  Resultat  in  der 
Temperatur  an  der  Erdoberfläche  seinen  Ausdruck  findet.  Die  Inten- 
sität der  Ausstrahlung  entspricht  im  allgemeinen  dem  Unterschiede  zwi- 
schen der  Temperatur  an  der  Erdoberfläche  und  der  Temperatur  des 
Weltraumes,  durch  welchen  sich  unser  Planet  bewegt.   Da  die  letztere 

*)  So  beträgt  die  specÜische  Wärme 

bei  gleichem  Oewicht  bei  gleicliem  Tolamen 

für  das  Wasser 1,0000  1,0000 

fiir  Kalk  (Kalkspath) 0,2046  0,5555 

für  Quarz  (Bergkrystall)    ....  0,1894  0,5025 

für  Feldspath  (Adular) 0,1861  0,4760. 

£.  £.  Schmid,  Lehrbuch  der  Meteorologie.  Leipzig  1860.    S.  52. 


VII.   ,Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  159 

unzweifelhaft  eine  sehr  niedrige  ist  (nach  Pouillet's  Berechnung 
— 142®  C)  und  somit  allerwärts  eine  ganz  ansehnliche  Diflferenz  zwi- 
schen den  genannten  beiden  Temperaturen  besteht,  so  muss  die  Aus- 
strahlung tiberall  eine  sehr  grosse  und,  wenn  wir  die  Erde  als  Ganzes 
betrachten,  im  allgemeinen  eine  gleich  starke  sein. 

Die  Weise,  in  welcher  sich  die  Ausstrahlung  vollzieht,  ist  je  nach 
dem  Zustande  der  Atmosphäre  und  der  Beschaflfenheit  der  ausstrahlen- 
den Körper  eine  vei-schiedene.  Es  ist  oben  bereits  gezeigt  worden, 
dass  unser  Luftkreis  die  aus  einer  hocherhitzten  Wärmequelle  her- 
rülirenden  leuchtenden  Wärmestrahlen  ziemHch  leicht  hindurchlässt 
Ganz  andere  Eigenschaften  aber  besitzen  die  dunklen  Wärmestrahlen, 
welche  dem  Erdboden,  also  einer  Quelle  von  niederer  Temperatur  ent- 
stammen. Sie  werden  nämlich  von  der  Atmosphäre  viel  kräftiger  absor- 
birt;  die  Luftniasse  selbst  wird  demnach  hauptsächlich  von  ihnen  erwärmt 
und  giebt  nur  allmähUch  die  erlangte  Wärme  an  den  eisig  kalten  Weltraum 
ab.  Die  Wärmeausstrahlung  wird  also  im  Verhältniss  zur  Wärme- 
zufuhr verzögert,  weshalb  unser  Luftkreis  jederzeit  namhafte  Wärme- 
schätze in  sich  birgt.  So  ist  die  Atmosphäre  einem  Schirm  oder  einer 
über  die  Erde  ausgebreiteten  Decke  vergleichbar;  sie  verrichtet  die 
Dienste  eines  nach  unten  sich  öffiienden,  nach  oben  aber  sich  schliessen- 
den  Ventiles  (s.  Bd.  I,  S.  81);  sie  wirkt  —  um  ein  vielfach  gebrauch- 
tes Bild  anzuführen  —  wie  die  Fenster  eines  Treibhauses,  welche  den 
Sonnenstrahlen  den  Eintritt  gestatten,  aber  die  von  den  Gewächsen 
ausgehenden  Wärmestrahlen  zurückhalten. 

Hieraus  erklärt  sich  auch,  warum  sich  die  Wärme  mit  der  Höhe 
eines  Ortes  über  dem  Meeresspiegel  vermindert.  Die  schützende  Decke 
der  Atmosphäre  ist  ja  in  hohen  Bergregionen  wesentlich  dünner;  daher 
entweicht  hier  die  zugestrahlte  Wärme  viel  schneller  in  den  Weltraum, 
und  so  ist  die  Erkaltung  hier  eine  intensivere,  der  vorhandene  Wärme- 
vorrath  aber  ein  geringerer  als  im  Niveau  des  Meeres. 

Ebenso  sind  trockene  Luft  und  klarer  Himmel  einer  starken  Aus- 
strahlung sehr  günstig,  während  reicher  Wasserdampfgehalt  oder  gar 
eine  Wolkenschicht  dieselbe  nicht  unwesentlich  hindert.  Recht  instructiv 
sind  in  dieser  Hinsicht  folgende  Beobachtungen  Wells'.  Er  spannte 
ein  quadratisches  baumwollenes  Tuch  von  ^1^  Meter  Seitenlänge  15 
Centimeter  über  dem  Rasen  in  horizontaler  Richtung  aus  und  fand 
später  die  Temperatur  des  Rasens  unter  dem  Tuche  um  6^0.  höher 
als  an  benachbarten  Punkten.  Eine  ähnliche  Rolle  wie  hier  das  Tuch 
spielen  die  Wolken ;  namentlich  strahlen  dichte,  niedrige  Wolken,  deren 
Temperatur  die  der  unteren  Atmosphäre  ist,  fast  ebenso  viel  Wärme  zum 
Boden  zurück,  als  sie  von  diesem  empfangen  haben.  Höhere  Wolken  kön- 
nen natürlich  nicht  in  gleichem  Grade  die  Ausstrahlung  hemmen.    In  einer 


160  Dritter  Thell.    Die  Wasser-  und  LufthüUe  der  E^de. 

häteren  Nacht  war  das  Gras  emer  Wiese  bereits  6,7**  C.  kälter  ge- 
worden als  die  Luft.  Da  umwölkte  sich  der  Himmel,  und  sofort  stieg 
die  Temperatur  des  Grases  um  5,6^  C,  obwohl  sich  die  Lufttempera- 
tur nicht  geändert  hatte  M.  Der  Wasserdampf  der  Luft  ist,  wie  John 
TyndalP)  sich  ausdrückt,  eine  Decke,  die  dem  Pfl<inzenleben  noth- 
wendiger  ist  als  die  Kleidung  dem  Menschen.  Die  Entfernung  der 
Wasserdämpfe  aus  der  Atmosphäre  würde  in  unseren  Gegenden  schon 
in  einer  einzigen  Sommernacht  von  der  Vernichtung  aller  Pflanzen 
begleitet  sein,  welche  die  Gefriertemperatur  tödtet;  denn  die  Wärme 
unserer  Felder  und  Gärten  würde  in  diesem  Falle  unersetzt  in  den 
Yon  eisiger  Kälte  durchdrungenen  AVeltraum  ausströmen. 

Ueberall^  wo  die  Luft  sehr  trocken  ist,  vollzieht  sich  in  der  Tbat 
eine  ausserordentlich  grosse  Abkühlung  bei  Nacht  Demnach  ist  die 
nächtliche  Wirkung  der  Wärmeausstrahlung  am  bedeutendsten  auf  den- 
selben Gebieten,  auf  welchen  der  Boden  durch  die  Sonnenstrahlung 
am  stärksten  erhitzt  wird,  nämlich  auf  den  öden  Steppen-  und  Wüsten- 
gebieten, über  denen  sich  &st  immer  ein  reiner,  ungetrübter  Himmel 
ausbreitet.  Hier  b^egnen  wir  also  den  grössten  Temperaturunter- 
schieden. Schon  in  der  Genesis  wird  uns  dies  von  Mesopotamien  be- 
richtet an  jener  Stelle  (Cap.  31,  V.  40),  wo  Jacob  zu  Laban  sagt: 
„Des  Tages  verschmachtete  ich  vor  Hitze  und  des  Nachts  vor  Frost  ^ 
Am  schärfsten  sind  die  Temperaturcontraste  in  der  Sahara,  wo  des 
Nachts  bisweilen  das  Wasser  in  den  Schläuchen  gefriert,  während  sich 
am  Mittag  die  Hitze  bis  über  40 ^  C.  erhebt^).  Gerhard  Rohlfs^) 
sah  in  Rhadames,  das  eine  mittlere  Jahreswärme  von  23  ^  C.  hat  und 
in  den  Sommermonaten  Lufttemperaturen  bis  .zu  50^  C.  aufvreist,  das 
Thermometer  während  der  Wintermonate  zuweilen  bis  auf  — 5^  C. 
herabsinken.  In  der  Oase  Fezzan,  wo  die  höchsten  Temperaturen  der 
Erde  vorkommen,  beobachtete  Rohlfs^)  am  20.  December  1865  vor 
Sonnenaufgang  — 4®  C,  am  30.  Januar  1866  — 5®  C,  und  während 
der  beiden  Monate  December  und  Januar  fiel  das  Thermometer  an 
24  Tagen  auf  oder  unter  den  Gefrierpunkt  Auch  in  der  Mitte  von 
Australien  hat  man  ähnliche  Erfahrungen  gemacht  So  hatte  Mit- 
chell auf  seiner  letzten  Reise  in  das  nordwestliche  Innere  sehr  kalte, 
eisige  Nächte.    Das  Thermometer  zeigte  am  2.  Juni  bei  Tagesanbruch 

M  Two  EBsays  etc.  bj  the  late  W.  C.  Wells.    London  1818.  p.  156. 

")  Die  Wärme  betrachtet  ab  eine  Art  der  Bewegung.  Uebersetxt  von 
H.  He  Im  hol  tz  und  G.  Wiedemann.  3.  Au£.  Braunschweig  1875.  S. 
457  f.  466. 

*)  A.  Y.  Humboldt  in  Poggendorff*s  Annalen,  Bd.  XI  (1S27),  S.  7  £ 

«)  Quer  durch  Afrika.    Leipzig  1874.    Bd.  1,  S.  72. 

«)  1.  c  Bd.  1,  S.  147. 


VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  161 

— 11,6®  C.  und  erreichte  19,4®  um  4  Uhr  Nachmittags;  es  ging  also 
durch  einen  Zwischenraum  von  31  ®  C.  ^). 

Der  Grad  der  Ausstrahlung  hängt  aber  nicht  bloss  von  dem  Zu- 
stande der  Luft,  sondern  auch  von  der  Beschaffenheit  des  Bodens  ab. 
Im  allgemeinen  darf  es  als  Gesetz  ausgesprochen  werden,  dass  Körper 
mit  glatten,  spiegelnden  Flächen,  auf  denen  die  Wärmestrahlen  stark 
reflectirt  werden,  am  wenigsten  Wärme  ausstrahlen,  diese  also  am 
längsten  bewahren,  während  Körper  mit  rauher  Oberfläche  ein  relativ 
grosses  Ausstrahlungsvermögen  besitzen,  und  zwar  erkalten  unter  ihnen 
wiederum  diejenigen  am  meisten,  welche  die  schlechtesten  Wärmeleiter 
sind.  Zugleich  sind  die  ersteren  dieselben  Körper,  welche  die  Wärme 
am  schwersten,  letztere  aber  die,  welche  sie  am  leichtesten  aufiiehmen. 

Ein  mit  Pflanzen  bedeckter  Boden  ist  im  allgemeinen  kühler,  weil 
die  Sonnenstrahlen  ihn  nicht  direct  treffen  und  die  Pflanzen,  indem  sie 
Wasser  verdunsten,  eine  Menge  Wärme  binden.  Ausserdem  strahlen 
sie  vergleichsweise  viel  Wärme  zurück,  und  so  kommt  es,  dass  die 
Temperatur  des  Grases  oft  7  bis  9®  C.  niedriger  ist  als  die  der  Luft. 
Aehnlich  verhält  sich  auch  eine  Schneefläche.  Ihre  Temperatur  sinkt 
bei  uns  oft  4  bis  5®  C,  in  den  Polargegenden  (nach  Scoresby's 
und  Parrot's  Beobachtungen)  sogar  9®  C.  unter  die  Lufttemperatur 
herab.  Diese  Erkenntnisse  helfen  auch  die  Thatsache  erklären,  dass 
in  Bengalen,  wo  die  Natur  sonst  niemals  Eis  bildet,  doch  eine  Her- 
stellung desselben  ohne  Anwendung  von  Kältemischungen  oder  Eis- 
maschinen sehr  leicht  möglich  ist.  Es  werden  nämlich  flache  Ver- 
tieftmgen  ausgegraben  und  in  ihnen  auf  dem  mit  Stroh  belegten  Bo- 
den flache,  mit  Wasser  geflillte  Schüsseln  dem  klaren  Himmel  aus- 
gesetzt. Das  Wasser  strahlt  seine  Wärme  aus,  während  das  Stroh  als 
schlechter  Wärmeleiter  die  Wärmezuftihr  vom  Boden  hindert.  So  findet 
bis  Sonnenaufgang  eine  stete  Erkaltung  statt,  welche  das  Wasser  in 
Eis  verwandelt  Da  bei  starkem  Luftzug  ein  derartiger  Versuch  nie- 
mals gelingt,  so  ist  es  klar,  dass  hierbei  der  Verdunstungskälte  kein 
wesentlicher  Einfluss  zugeschrieben  werden  darf. 

Das  Vermögen,  Wärme  auszustrahlen,  besitzt  das  Wasser  in  un- 
gleich geringerem  Grade  als  das  feste  Land,  weshalb  auch  die  Tem- 
peraturschwankungen an  der  Meeresoberfläche  (vgl.  S.  33  f.)  viel  un- 
bedeutender sind  als  auf  dem  festländischen  Boden,  zumal  noch  ver- 
schiedene andere  Factoren,  wie  die  ansehnliche  Beflexion  der  Sonnen- 
strahlen am  Meeresspiegel,  die  hohe  specifische  Wärme  des  Wassers 
und  die  Entstehung  von  Dämpfen  über  der  Wasserfläche  in  gleichem 
'  Sinne  wirken  (S.  158).    Das  Vorkommen  von   Wasser   an   der  Erd- 

»)  J.  Tyndall,  1.  c.  S.  470  £ 

Pescliel-Leipoldt,  PliyB.  Erdkunde.     II.  11 


162  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  LaftfaUlle  der  Erde. 

Oberfläche  hat  demnach  stets  eine  Schwächung  aller  Wärmeverände- 
rangen  an  dem  betrefienden  Orte  zur  Folge. 

Aach  die  Luft  strahlt  Wärme  aus,  doch  in  weit  geringerem  Masse 
als  Land  und  Meer. 


F.     Die  Abnahme  der  Lufttemperatur  mit  der   Höhe. 

Ballon&hrten,  sowie  Besteigungen  hoher  Berge  haben  schon  längst 
zu  der  Erkenntniss  gefuhrt,  dass  die  Lufttemperatur  um  so  tiefer  her- 
absinkt, je  höher  man  sieh  über  das  Niveau  des  Meeres  erhebt  Man 
hat  sich  diese  Thatsache  in  folgender  Weise  zu  erklären:  Die  Luft 
absorbirt  nur  einen  Theil  der  Wärmestrahlen,  welche  die  Sonne  der 
Erde  zusendet;  vielmehr  empfangt  die  Luft  den  Haupttheil  ihrer  Wärme 
von  dem  Boden,  welcher  die  durch  die  Sonne  ihm  zugestrahlte  Wärme 
wieder  zurückgiebt  Wollte  man  sich  den  Uebergang  der  Temperatur 
aus  den  unteren,  wärmeren  Schichten  nach  den  oberen,  kälteren  nur 
durch  Leitung  vermittelt  denken,  so  würde  man  zu  dem  Resultate  ge- 
langen, dass  die  Dichte  und  Temperatur  der  Luft  immer  einander  ent- 
sprechen, dass  somit  die  Temperatur  ebenso  wie  der  Luftdruck  nach 
oben  in  einer  geometrischen  Reihe  abnimmt 

Jene  Voraussetzung  ist  jedoch  insofern  nicht  zutreffend,  als  die 
Verbreitung  der  Wärme  nach  oben  auf  einem  anderen  ^^'^e  in  viel 
wirksamerer  Weise  sich  vollzieht  als  durch  Leitung:  nämlich  durch 
Luftströmungen.  Wird  die  Luft  im  wesentlichen  von  unten  her  er- 
wärmt, so  erhalten  auch  die  den  Boden  berührenden  Luftschichten  die 
reichsten  Wärmemengen  und  werden  somit  am  meisten  ausgedehnt 
Hur  specifisches  Gewicht  verringert  sich;  sie  steigen  empor  und  tragrai 
zugleich  die  Wärme  nach  oben,  welche  ihnen  am  Boden  mitgetheilt 
wurde.  Dennoch  wird  die  Temperatur  der  oberen  Luftschichten  hier^ 
durch  nicht  namhaft  erhöht.  In  diesen  Regionen  tritt  nämlich  eine 
ansehnliche  Druckverminderung  ein,  weshalb  gleichzeitig  dne  Volumen- 
vefgrössemng  der  onpoigedrungenen  Luftmasse  stattfindet  Eine  der- 
artige Arbeitsldstung  aber  ist  von  einer  Wärmebindung,  also  von  dnem 
Verlust  fireier  Wärme  b^leitet  Somit  sinkt  die  Temperatur;  die  höhe- 
ren Luftschichten  müssen  demnach  kälter  sein. 

Schon  seit  längerer  Zeit  bedient  man  sich  der  Ballonfahrten,  um 
Temperaturbeobachtungen  in  verschiedenen  Höhen  anzustellen.  Beson- 
ders ergebnissreich  waren  die  von  Gay-Lussac*)  im  Jahre  1804, 
die  von  Barral  und  Bixio*)  im  Jahre   1850  in  Frankreich,  sowie 

M  Gilbert*8  Annaleu,  Bd.  XX  (lSo5),  S.  1*J— 37. 
*)  Comptes  rendus.  Tome  XXXI  (1850).  p.  5  sq. 


Vn.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  163 


die  im  Jahre  1852  unter  der  Leitung  Welsh's^)  in  England  unter- 
nommenen Luftreisen.  Die  zahlreichsten  derselben  wurden  in  neuerer 
Zeit  von  Glaisher  ausgeführt^).  Am  5.  September  1862  gelangte 
Glaisher  sogar  bis  zu  einer  Höhe  von  11  000  Metern,  also  in  Re- 
gionen, welche  bisher  noch  nicht  wieder  erreicht  worden  sind  und  selbst 
die  höchsten  Gipfel  der  Erde  weit  hinter  sich  lassen.  Es  wurden  hier- 
bei in  den  nachstehend  verzeichneten  Zeiten  und  Meereshöhen  folgende 

Temperaturen  abgelesen: 

Höhe. 
Wolverhampton 

1()09  Meter  (Höhe  der  Schneekoppe) 
32  IS      „       (Maladettahöhe) 
48ii0       „       (Montblanchöhe) 
6137       „       (Chimborazohöhe) 
bUOO       „       (Dhaulagirihöhe) 
II 000       „ 

Die  lelztgenannte  Temperatur  wurde  nicht  in  dieser  Höhe  selbst 
beobachtet,  da  die  Aufsteigenden  hier  wegen  der  Wirkungen  der  ver- 
dünnten Luft  und  der  grossen  Kälte  den  Stand  der  Quecksilbersäule 
nicht  mehr  mit  Sicherheit  zu  ermitteln  vermochten ;  es  ist  dies  vielmehr 
die  Temperatur,  welche  das  mit  empor  getragene  Minimumthermometer 
anzeigte. 

Durch  die  vier  wichtigsten  Luftfahrten  im  Jahre  1862  erhielt 
Glaisher  folgende  Tafel  über  die  Wärmeabnahme  der  Atmosphäre 
in  freier  Luft: 


Zeit. 
Mittags  1   U 
1   U.  10  Min. 
1    «    21     „ 
1    -    28    ,, 
39     « 


1    r 
1    . 


49 


l'cmperatur. 

15" 

C. 

5° 

C. 

-1° 

C. 

—  7° 

C. 

—  13" 

C. 

—  19" 

C. 

—  24,4 

"  c. 

1 
1 

Wärm  e    in 

"C. 

«        Höhe  über  der  See 

17.  Juli. 

19.  Aug. 

21.  Aug. 

5.  Sept. 

Mittel. 

0  engl.  Fu8s(      0  Meter) 

,       16,2 

20,9 

16,7 

16,8 

n,7 

5  000    ,        ,     (J524    „      ) 

4,3 

8,9 

6,3 

5,2 

6,2 

10  000     ,         „     (3048     ,       ) 

2,2 

4,8 

0.0 

—0,6 

0,5 

15  000     „         „     (4572     „       ) 

—0,6 

-0,5 

-7,2 

-ß,l 

-3,6 

20  000     „         „     (6096     „       ) 

0,6 

-8,4 

—11,9 

-4,9 

25  000     „         „     (7620     „       ) 

:  -8,9 

-4,5 

—17,8 

—10,4 

30  000     „         „     (9144     ^       ) 

1 

—20,7 

Abnahme    der    Wärme    bei 

25  000  Fu88  (7620  Meter)  Er- 

1               1 

hebung     

25,1     , 

1 

25,4 

34,6 

28,1 

*)  Philosophical  Transactions  of  the  R.  Soc.  of  London.  Vol.  CXLIII 
(1853),  p.  311-346. 

^)  Glaisher^s  Berichte  sind  niedergelegt  in  verschiedenen  Bänden  der 
Report«  of  the  meetings  of  the  British  Association  for  the  advancement  of  science. 

11* 


164  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  and  Loffchalle  der  Erde. 

Diese  Uebersicht  lässt  zwar  eine  allgemeine  Wärmeabnahme  nach 
oben  klar  erkennen;  andrerseitB  weist  sie  jedoch  so  viele  Anomalien 
auf,  dass  es  unmöglich*  ist,  ein  Gesetz  aus  den  obigen  2jiffem  abzuleiten. 
So  bemerkt  man,  dass  der  Luftschifier  am  17.  Juli  bei  10  000  engl. 
Fuss  schon  eine  Temperatur  von  — 2,2^  C.  fand,  dass  aber,  je  hoher 
er  sich  eiiiob,  die  Wftrme  wieder  wuchs  und  dass  sie  selbst  bei  20  000 
engl.  Fuss  noch  nicht  auf  den  Nullpunkt  gesunken  war.  Aber  auch 
die  in  der  letzten  Columne  angeführten  Mittelwerthe  können  uns  wenig 
befiriedigen.  Als  Mittel  sänmitlicher  Beobachtungen  ergab  sidi  inner- 
halb der  ersten  Stufe  von  5000  Fuss  eine  Abnahme  von  11,5^  C, 
innerhalb  der  zweiten  (5000  bis  10  000  Fuss  Höhe)  von  5,7«  C, 
innerhalb  der  dritten  (10  000  bis  15  000  Fuss)  von  4,1  ^  C.  Bis  hier- 
her tritt  eine  gewisse  (resetzmässigkeit  deutlich  hervor.  Allein  inner- 
halb der  vierten  Stufe  (von  15  000  bis  20  000  Fuss  Höhe)  beträgt  der 
Rückgang  der  Temperatur  nur  1,3  «  C.  und  innerhalb  der  nächsten  (20  000 
bis  25  000  Fuss  Höhe)  wieder  5,5  ®  C.  Hier  vermissen  wir  völlig  eine 
strenge  Regel,  nach  welcher  sich  die  Temperatur  aufveärts  vermindert. 
Nicht  bloss  ist  der  Grad  der  Abnahme  zu  verschiedenen  Zeiten  und 
in  verschiedener  Höhe  dem  manigfachsten  Wechsel  unterworfen,  son- 
dern man  beg^net  auch  dann  und  wann  auf  weiten  Strecken  über- 
haupt keiner  Temperaturabnahme  nach  oben.  Der  Ballon  durch- 
schneidet offenbar  bisweilen  zuerst  untere  kalte,  dann  höhere  warme 
Luftschichten,  die  auf  den  kalten  ruhen  oder  vielmehr  über  sie  hinw^- 
fliessen. 

Eine  grössere  Gesetzmässigkeit  der  Wärmeabnahme  zeigte  sich 
innerhalb  der  untersten  5000  engl.  Fuss  (1524  Meter).  Auf  acht  Luft- 
fEihrten  fiel  das  Thermometer  innerhalb  dieser  senkrechten  Erhebung 
durchschnittlich  um  11,8  <>  C.  (also*  auf  424  engl  Fuss  oder  129  Meter 
um  1®  C),  und  zwar  war  das  Maximum  der  Abnahme  (12,8^  C.) 
vom  Minimum  (10,4"  C.)  nicht  sehr  weit  entfernt  Innerhalb  jener 
5000  engl.  Fuss  ergab  sich  von  1000  zu  1000  en^  Fuss  ab  Mittd 
aus  acht  Beobachtungen  folgende  Wärmeabnahme: 

bei  1000  engl.  Foss  (  305  Meter)  Höhe  Yon  3,06  <"  C. 
„     2000      ,         ,      (  610       „     )      ,  .     2,89«  C. 

„  3000  ,  „  (914  „  )  ,  •  .  2,28*  C. 
„  4000  „  ,  (1219  ,  )  „  n  133  •  C. 
„     5000      „         ,      (1524       ,      )      ,         n     1,78»  C. 


Samma  der  Wärmeabnahme :    11,84"  C 

Auch  hier  ist  es  zu  verwundem,  dass  die  Wärmeabnahme  im  un- 
teren und  oberen  Theile  der  8cala  viel  langsamer  vorwärts  schreitet 
als  in  der  Mitte  derselben. 

Von  besonderem  Interesse  sind  die  Temperaturmessungen,  welche 


VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  165 

Olaisher  vom  25.  Mai  bis  28.  Juli  1869  anstellte^).  Mit  Hilfe  eines 
grossen  Ballon,  der  durch  ein  Seil  in  beliebigen  Höhen  festgehalten 
werden  konnte  (ballon  captive),  untersuchte  er  von  100  zu  100  engl. 
Fuss  (30,5  Meter)  die  Temperatur  der  Luft  bis  zu  1000  oder  1700 
engl.  Fufls  (305  oder  518  Meter)  Seehöhe.  Bemerkenswerth  waren 
hierbei  die  unterschiede  der  Wärmeabnahme  bei  klarem  und  bei  trü- 
bem Wetter.     So  betrug  dieselbe  auf  100  engl.  Fuss  (30,5  Meter): 

bei  klarem     bei  bewölktem 
Himmel  Himmel 

von  0  bis  100  engl.  Fuss  (30,5  Meter)  Höhe  0,55''  C.  0,48°  C. 

von  100  bis  500  engl.  Fuss  (30,5   bis   152,4 

Meter)  Höhe 0,33  °  C.  0,32  °  C. 

von  500  bis  1000  engl.  Fuss  (152,4  bis  304,8 

Meter)  Höhe 0,25  bis  0,19»  C.      0,25"  C. 

In  der  Höhe  von  über  500  engl.  Fuss  verminderte  sich  die  Wärme 
nahezu  gleichmässig  bei  heiterem  wie  bei  bewölktem  Himmel  und  zwar 
im  Mittel  0,24 ^  C.  auf  100  engl.  Fuss,  also  0,79 ^  C.  auf  100  Meter; 
dagegen  zeigt^i  die  unteren  Schichten  bei  reiner  Luft  eine  ansehn- 
lichere Temperaturabnahme  als  bei  dampferfüllter  Atmosphäre. 

Nicht  ohne  Wichtigkeit  ist  es  hierbei,  namentlich  wenn  der  Him- 
mel klar  ist,  in  welcher  Tageszeit  die  Beobachtungen  ausgeführt  wer- 
den. Schon  bei  seiner  ersten  nächtlichen  Ballonfahrt  am  2.  October 
1865  &nd  G^laisher  zu  seinem  grössten  Erstaunen,  dass  die  Tem- 
peratur bis  zu  beträchtlicher  Höhe  beständig  wuchs.  Bei  der  Ab- 
ührt  (6  Uhr  20  Minuten)  herrschte  in  Woolwich  eine  Temperatur 
von  56"  F.  (13,3  0  C);  in  einer  Höhe  von  1100  engl.  Fuss  (335  Me- 
ter) las  man  eine  Temperatur  von  etwas  über  58"  F.  (14,4  ^  C),  in 
^er  Höhe  von  2000  engl.  Fuss  (610  Meter)  eine  solche  von  60  ^  F. 
(15,6  0  C.)  ab.  Beim  Herabsteigen  sank  die  Temperatur  und  fiel  in 
600  engl.  Fuss  (183  Meter)  Höhe  bis  57  »  F.  (13,9  <>  C);  zwei-  oder 
dreimal  erhob  und  senkte  sich  der  Ballon  500  bis  600  engl.  Fuss  ' 
(152  bis  183  Meter),  und  jedesmal  war  das  Resultat  ein  gleiches. 

Durch  Glaisher's  Luftreisen  im  Mai,  Juni  und  Juli  1869  wur- 
den neue  Belege  zu  der  eben'  erwähnten  Thatsache  gewonnen.  Zwi- 
schen 10  und  11  Uhr  Vormittags  bemerkte  man  durchschnittlich  die 
rascheste  Temperaturabnahme  nach  oben,  nämlich  0,41 "  C.  flir  je  100 
engl.  Fuss  (30,5  Meter);  g^en  7  Uhr  Abends  verminderte  sich  die- 
selbe für  die  nämUche  Höhenstufe  auf  0,17^  C.  und  schlug  sogar  bis- 
weilen in  Wärmezunahme  um.  Es  erklärt  sich  dies  aus  der  ansehn- 
lichen Wärmeausstrahlung  des  Bodens  am  Abend  und  der  damit  zu> 

^)  Report  of  the  thirty  -  ninth  uieeting  of  the  British  Association ,  Au- 
gust 1869. 


166  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  and  Lufthülle  der  Erde. 

8ainmeiihängenden  Äbkühlang  der  umnittelbar  über  den   Boden  aos- 
gebreiteten  Loftscfaichten. 

Femer  stimmen  die  Besoltate,  zu  denen  man  im  Herbst ,  Winter 
nnd  Frühling  gelangte,  durdiaus  nicht  mit  den  im  Sommer  ermittdten 
überein.  Im  wesentlichen  ist  dies  darin  begründet,  dass  die  Loftwärme 
grOsstendieils  von  dem  erwärmten  Erdboden  her  stammt.  Im  Winter, 
wo  diese  Wärmequelle  ihre  Bedeutung  verliert  und  zugldch  die  Luft 
rdatiT  feucht  ist,  nimmt  die  Temperatur  nach  oben  langsamer  ab 'als 
im  Sommer,  wo  die  unteren  Luftschichten  während  des  Tages  durch 
die  stark  erhitzte  Erdoberfläche  intensiv  erwärmt  werden.  Noch  ist 
hinzuzufügen^  dass  im  Winter  die  Wolkenr^on  dne  geringere  Höhe 
hat  als  im  Sommer;  daher  emp&ngen  im  Winter  tiefer  li^;ende  Luft- 
schichten die  Wärme,  wdche  durch  Condensation  der  in  der  Luft 
schwebenden  Wasserdämpfe  fird  wird,  und  auch  dieser  Umstand  trägt 
zu  der  winterlichen  Verzögerung  der  Temperaturabnahme  nach  ob^i  beL 

Vielfach  sind  die  in  den  höheren  Lufbegionen  gefundenen  Tem- 
peraturabweichungen eine  Wirkung  eigenthümlicher  Windv^hältnisse, 
wie  wir  am  klarsten  aus  folgenden  Beobachtungen  Glaisher's  er- 
kennen. Während  seiner  Ballonfahrt  vom  12.  Januar  1864  traf  Glai- 
sher  ganz  unerwarteter  Weise  einen  aus  Südwest  kommenden  Strom 
warmer  Luft  von  &st  2000  engl.  Fuss  (c  600  Meter)  Mächtigkdt 
Er  war  offenbar  die  Ursache,  dass  sich  die  Temperatur  nach  oben  hin 
mehr  und  mehr  steigerte.  Diese  auffidlende  Erwärmung  hielt  jedoch 
nicht  bis  zum  Ende  der  flxcursion  an.  Von  1300  Meter  fjrhebung 
an  nahm  die  Temperatur  ganz  regehnässig  ab  und  sank  in  einer  Höhe 
von  4000  Metern  bis  zu  —12^  C.  Am  6.  April  1864  b^egnete 
Glaisher  sogar  mehreren  in  grösserer  Entfernung  über  einander 
hinfliessenden  warmen  Luftströmen.  In  der  untersten  Luftschicht  herrschte 
damals  in  einer  Mächtigkeit  von  100  Metern  eine  ganz  gleichmässige 
Temperatur  von  7  bis  8®  C.  Von  hier  ab  wurde  die  Wärme  ganz 
allmählich  geringer;  denn  erst  in  1300  Meter  Höhe  zeigte  das  Ther- 
mometer die  Temperatur  des  Gefrierpunktes.  Weiter  aufwärts  gelangte 
man  in  einen  warmen  Luftstrom,  und  die  Temperatur  stieg  bis  zur 
Höhe  von  2300  Metern,  wo  man  4,5^  C.  ermittelte  (dieselbe  Tempe- 
ratur wie  in  450  Meter  Höhe).  Nun  verminderte  sich  die  W^ärme  bis 
auf  0  ^  C.  in  2450  Meter  Höhe  und  wuchs  dann  wieder  langsam  bis 
zu  3^  C.  in  3350  Meter  Höhe,  d.  h.  bis  zu  einer  Temperatur,  welche 
man  in  2600,  2000  und  900  Meter  Höhe  eben&lls  gehabt  hatte. 

Aus  Glaisher's  Luftfahrten  eigiebt  sich,  dass  die  Temperatur- 
abnähme  in  freier  Luft  durchaus  keine  regelmässige  ist;  ein  Gesetz  der 
Wfirmeabnahme  nach  oben  lässt  sich  aus  den  vorliegenden  Ablesungen 
nicht  ableiten.     Innerhalb  der  unteren  Luftschichten  dürfte  die  Wärme- 


VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  167 

abnähme  im  Mittel  fiir  etwa  100  Meter  Erhebung  1  ^  C.  betragen. 
Diese  aörothermische  Stufe  wird  sich  verkleinem  oder  vergrössem,  je 
nachdem  die  Beobachtungen  bei  Tage  oder  gegen  Abend,  bei  heiterem 
oder  bedecktem  Himmel,  während  der  warmen  oder  kalten  Jahreszeit 
vorgenommen  werden.  Ausserdem  greifen  Luftströmungen  oft  sehr 
störend  in  diese  Verhältnisse  ein.  Leider  stehen  die  durch  Luftreisen 
geftmdenen  Resultate  in  Bezug  auf  Zeit  und  Baum  zu  vereinzelt  da, 
als  dass  sie  Anspruch  auf  allgemeine  Giltigkeit  erheben  könnten. 

In  wesentlich  anderer  Weise,  nämlich  viel  langsamer  als  in  freier 
Luft  erfolgt  die  Temperaturabnahme  an  den  Abhängen  der  Ge- 
birge. Im  Grossen  und  Ganzen  stimmen  hier  die  Mitteltemperaturen 
der  Luft  mit  denen  an  der  Bodenoberfläche  überein;  meist  sind  die 
letzteren  etwas  höher  als  die  ersteren,  selten  ein  wenig  niedriger.  Dem- 
nach dürfte  auch  die  Abnahme  ftir  beiderlei  Temperaturen  annähernd 
dieselbe  sein.  Um  einen  Vergleich  zwischen  beiden  zu  ermöglichen, 
machen  wir  zunächst  einige  Angaben  über  die  Veränderuugen  der 
Bodentemperatur  an  den  Gehängen  der  Gebirge. 

Nach  Bischofs  Berechnung^),  welche  sich  auf  die  zahlreichen 
Temperaturmessungen  Boussingault's  stützt,  sinkt  die  Temperatur 
in  den  Anden  um  1  ^  C. 

zwischen       0  u.    747  Met.  (  2300  Par.  Fuss)  Meereshöhe  auf  181,4  Met.  Erhebung, 
747  „    1722     „     (  5300    „        „    )  „  „    174,4      „ 

„        1722  „   2631     „     (  8100    .        „    )  „  „    171,5      „ 

„        2631  „    5457     „     (16800    „        „    )  „  „    176,5      „ 

im  allgemeinen  auf    175,9     „  „ 

Hiervon  weichen  auch  diejenigen  Resultate  nicht  sehr  ab,  zu 
welchen  Reich*)  im  Erzgebirge,  Bischof^)  auf  der  Löwenburg  im 
Siebengebirge  imd  A.  v.  Schlagintweit**)  in  den  Alpen  gelangt 
sind.  Eine  Temperatursenkung  von  1  ^  C.  forderte  im  Mittel  ein  Em- 
porsteigen von 

193.4  Meter  im  Erzgebirge, 

187.5  „        .,    Siebengebirge, 
165,7      „        „in  den  Alpen. 

^)  Gustav  BiBchof,  Die  Wärmelehre  des  Innern  unseres  Erdkörpers. 
Leipzig  1837.    S.   208. 

^)  Beobachtungen  über  die  Temperatur  des  Gesteins  in  verschiedenen 
Tiefen  in  den  Gruben  des  sächsischen  Erzgebirges  in  den  Jahren  1830  bis 
1832.    Freiberg  1834.     S.  113  ff. 

»)  1.  c.  S.  216. 

«)  Poggendorffs  Annalen,  Ergänzungsband  IV  (1854),  S.  576  —  601. 
Der  von  A.  v.  Schlagintweit  gefundene  Mittelwerth  bezieht  sich  nur  auf 
die  Monate  August  und  September. 


168  Dritter  Theü    Die  Wasser  -  und  LufthüUe  der  Erde. 

Obwohl  in  den  angefiihrten  Fällen  die  Beobachtungsorte  einander 
weit  entrückt  waren,  zeigte  sich  doch  ziemlich  gleichmässig  bei  einer 
Erhebung  von  c.  170  bis  190  Metern  eine  Erniedrigung  der  Boden- 
temperatur  von  1  ^  C.  Im  Sommer  nahm  übrigens  die  Wärme  nach 
oben  rascher  ab  als  im  Winter. 

lieber  den  Einfluss  der  Höhe  auf  die  Lufttemperatur,  wel- 
cher sich  in  Gebirgsgegenden  am  deutlichsten  äussert,  hat  bereits  H.  B. 
de  Saussure ^)  soi^&ltige  Untersuchungen  angestellt  Aus  seinen 
zweÜBtündlichen  Auizeichnungen  während  seines  16tägigen  Aufenthalts 
auf  dem  Col  du  Geant  (vom  3.  bis  19.  Juli  1788),  die  er  mit  den 
gleichzeitigen  Ablesungen  zu  Chamounix  und  Genf  verglich^  ging  her- 
vor, dass  zu  dieser  Zeit  die  aerothemüsche  Stufe  flir  1  ®  C.  zwischen 
dem  Col  du  Gr^nt  und  Chamounix  eine  Höhe  von  157,0  Metern,  zwi- 
schen Chamounix  und  Genf  eine  solche  von  168,7  Metern  hatte. 

Eine  Reihe  von  werthvoUen  Temperaturbestimmungen  auf  den 
Ketten  der  Anden  und  auf  dem  mexicanischen  Hochlande  verdanken 
wir  A.  V.  Humboldt  Sie  sind  besonders  deshalb  werthvoU,  weil  sie 
sich  zum  Theil  auf  jahrelang  fortgesetzte  Messungen  gründen.  Die 
Hauptresultate  derselben  sind  folgende^): 

Höhe  über  de  Mittlere  Temperatur        Erhebung  in  Met.  für  1 "  C 

in  "C.  Temperatarabnahme 

Meeresfl&che.  :  ~         r~    . ,-. . 

lin  denAnden.)  in  Mexico.   indenAnden.    in  Mexico. 


0  Meter  (      0  Toisen 

975      ^  (  500      „ 

1949      ,.  (1000      „ 

2924      r  (1500      „ 

3898      r,  (2000      ,. 

4873      ^  (2500      ^ 


27,5  26,0 

21,8  19,8  171  157 

18,0  18,0  256  541 

14^  ,        14,0  264  244 

7,0  7,5  134  150 

1,5  1.0  177  150 


In  der  Region  zwischen  1000  und  3000  Metern  ist  hier  offenbar 
die  Temperaturabnahme  eine  stark  verzögerte.  Wahrscheinlich  ist  die 
Ursache  hiervon  die  vermehrte  Wolkenbildung  in  den  mittleren  Höhen, 
da  die  durch  Condensation  finei  werdende  Wärme,  wie  bereits  auf 
S.  166  erwähnt  wurde,  einer  raschen  Temperaturvermindenmg  nach 
oben  entg^enwirkt  Von  besonderem  Interesse  ist  hierbei,  dass  in 
dieser  Region  die  Temperator  des  Bodens  weit  gleichfbrmiger  sinkt 
als  die  der  Luft  (vgl.  S.  167). 

^)  Voyages  dans  les  Alpes.    Neuchatel  1787—1796.  §  2050—2052. 
-')A.  T.  Hamboldt,  Kleinere  Schriften.    Stattgart  und  Tübingen  1853. 
Bd.  I,  S.  296.  —  CentralaBien.    Uebenetst  von  W.  Mahlmann.    Berlin  1844. 
Bd.  n,  S.  139  f. 


VIL    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  169 


Vermissen  wir  auch  in  den  obigen  Tabellen  jegliche  Regelmässig- 
keit  der  Temperaturabnahme  nach  oben,  so  harmoniren  doch  die  Mittel- 
werthe  der  aerothermischen  Höhenstufen  recht  befriedigend  mit  ein- 
ander; denn  diese  Stufen  sind  nach  den  angefiihrten  Temperaturreihen 
in  den  Anden  gleich  187  Metern  und  auf  dem  mexicanischen  Hoch- 
landegleich 195  Metern.  In  Innerasien  scheint  die  Temperaturabnahme 
weit  langsamer  zu  erfolgen  als  in  den  genannten  Gebieten  der  Neuen 
Welt;  denn  nach  Hermann  v.  Schlagintweit  beträgt  sie  in  den 
weniger  feuchten  Theilen  des  Himalaya^)  1^  C.  erst  auf  720  engl. 
Fuss  (219  Meter),  in  Tibet  auf  693  engl.  Fuss  (211  Meter),  im  Kün- 
lün  auf  684  engl  Fuss  (208  Meter)  und  in  Hochasien  im  allgemeinen 
auf  702  engl.  Fuss  (214  Meter)  ^). 

Am  besten  bekannt  in  Folge  Anl^ung  zahlreicher  Beobachtungs- 
stationen sind  die  Höhentemperaturen  der  Alpen.  Die  Wärmeabnahme 
in  den  höheren  Regionen  unseres  centraleuropäischen  Hochgebirges 
wurde  zum  ersten  Male  eingehend  untersucht  von  Hermann  und 
Adolf  V.  Schlagintweit  Wir  entlehnen  aus  den  von  ihnen  ent- 
worfenen Tabellen  nachstehende  Angaben^): 


• 

o 

Ebene  am  Nord- 
rande u.kleinere 
Erhebungen. 

Centralalpen. 

Gruppe    des 
Montblanc. 

Ebene  am  Süd- 
rande u.kleinere 
Erhebungen. 

• 
e 

a 

-  g 

•9  g 

S:i§ 

Ui 
11 1 

•sg 

SS 

1 

B 

12 

130 

247 

12 

9 

487 

552 

734 

201 

942 

232 

9 

6 

1056 

190 

1121 

190 

1286 

184 

1527 

195 

6 

3 

1536 

160 

1614 

164 

1813 

176 

3 

0 

1982 

149 

2079 

155 

2339 

175 

0 

-3 

2449 

156 

2524 

148 

2842 

168 

—3 

-6 

2943 

165 

2989 

155 

3326 

161 

—6 

-9 

3476 

162 

3804 

159 

—9 

—12 

3976 

167 

4288 

161 

-12 

—15 

4775 

162 

15 

>)  Hermann  v.  Schlagintweit,  Reisen  in  Indien  und  Hochasien. 
Jena  1871.    Bd.  II,  S.  292.  ^ 

*)  Hermann  v.  Schlagintweit  im  Aosland  1865,  S.  1021. 

")  Hermann  und  Adolf  Schlagintweit,  Untersuchungen  über  die 
physikalische  Geographie  der  Alpen.    Leipzig  1850.    S.  345. 


170  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Die  Abnahme  der  Temperatur  ist  in  allen  vier  FäUen  am  Fasse 
des  Gebirges  am  geringsten;  ihren  Maximalwerth  erreidit  sie  am  Nord- 
rande in  2000,  in  den  Centralalpen  in  2500,  am  Montblanc  in  3500 
Metor  Meereshöhe,  worauf  weiter  aufwärts  wieder  eine  Verzögerung 
eintritt  Wir  b^egnen  hier  also  durchaus  anderen  Vertiältnissen  als 
im  Gebiet  der  Anden.  Im  Durchschnitt  konmit  nach  den  obigen  Zif- 
fern eine  Temperaturabnahme  von  1  ®  C.  auf  eine  verticale  Erhebung 
von  171  Metern:  ein  Werth,  der  mit  den  Besultaten  der  neuesten 
Messungen  nahezu  libereinstimmt 

Von  dem  neueren  Material  sind  die  auf  dem  St  •  Theodulpasse 
(Matterjoch)  gemachten  Au&eichnungen  von  besonderer  Wichtigkeit, 
da  sie  dem  höchsten  europäischen  Orte  angehören,  von  dem  wir  ein 
ganzes  Jahr  hindurch  fortgesetzte  Beobachtungen  haben.  Jener  Pass 
hat  eine  Höhe  von  3340  Metern  und  eine  mittlere  jährliche  Luftwärme 
von  — 6,6^  C.  Die  zahlreichen  meteorologischen  Daten  von  dem- 
sdben  brachte  man,  um  die  Orösse  der  Temperaturabnahme  in  der 
Höhe  zu  ermitteln,  mit  dem  grossen  Beobachtungsnetze  der  Schweiz 
in  Verbindung,  und  das  Ergebniss  der  nach  verschiedenen  Methoden 
durchgeführten  Rechnungen  lautet:  In  den  Alpen  sinkt  —  und  zwar 
annähernd  gleichmässig  in  allen  uns  erreichbaren  Höhenschichten  — 
die  Jahreswärme  auf  je  100  Meter  Erhebung  um  0,56^  C,  also  auf 
je  178,6  Meter  um  1  ®  C.  *)  (nach  Weilenmann  auf  100  Meter 
0,577«  C,  also  auf  173,3  Meter  1  <>  C.  Vgl  Bd.  I,  S.  194,  Nota  2). 
Hierbei  zdgte  sich,  dass  die  Wärmeabnahme  eine  starke  jährliche  Pe- 
riode hat.  Sie  ist  am  geringsten  im  December  und  Januar,  wo  sie 
nur  0,37  ®  C.  fiir  je  100  Meter  fjrhebung  beträgt,  am  raschesten  im 
Juni,  wo  bei  einem  gleichen  Emporsteigen  die  Temperatur  um  0,68  ®  C. 
fällt  Nach  W  e  i  1  e  n  m  a  n  n  ist  die  Wärmeänderung  für  je  1 00  Meter  Höhe 

im  Winter    =  0,45  •  C,  im  Sommer  =  0,73  ^  C, 

im  Frühling  =  0,67 «  C,  .  im  Herbst     =  0,52«  C.*). 

Dieser  Wechsel  ist  hauptsächlich  darin  begründet,  dass  die  unteren 
Schichten  viel  bedeutendere  Schwankungen  ihrer  Temperatur  aufweisen 
als  die  oberen;  somit  veiprössem  sich  die  Temperaturdifferenzen  zwi- 
schen dem  unteren  und  oberen  Ende  einer  Lufbäule  im  Sommer  und 
werden  auf  ein  Minimum  reducirt  im  Winter,  d.  h.  im  Sommer  ist  die 
Temperaturabnahme  eine  beschleunigte,  im  Winter  eine  verzögerte. 

Der  letetgenannte  Punkt  leitet  uns  auf  einen  früher  ganz  über- 
sehenen Gegensatz,  welcher  zwischen  dem  polaren  Klima  und  dem 
alpinen   Höhenklima   trotz    ihrer  sonstigen  Aehnlichkeit   besteht:    der 

')  J.  Hann  in  Behm's  GeographiBchem  Jahrbuch.  Bd.  IV  (1872),  8. 
137  ff.  nach  Mat^aox  poor  T^tude  des  glacien.    Tome  VIIL    Paris  1869. 

')J.  UanninBehm's  Geographischem  Jahrbach.   Bd.  Y  (IS74X  S.  10. 


VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  171 

jährliche  Wärmegang  beider  ist  nämlich  ein  durchaus  verschiedener. 
Die  mittlere  Jahrestemperatur  am  St.-Theodulpass  ( —  6,6  ®  C)  ist  etwas 
höher  als  die  von  Nowaja  Semlja  unter  73  V2®  n.  Br.  (-7,8<>  C), 
und  doch  sank  auf  jenem  Passe  während  des  Winters  1865/66  die 
Temperatur  nie  unter  — 21,4®  C.  herab,  während  sie  auf  Nowaja 
Semlja  —  40  ®  C.  erreichte.  Ebenso  sind  bisher  auf  dem  St.  Gotthard 
und  dem  Grossen  St.  Bernhard  keine  tieferen  Minima  beobachtet  wor- 
den als  —  30  ®  C.  Dafür  aber  ist  die  mittlere  Sommerwärme  auf  diesen 
Höhen  viel  niedriger;  sie  betrug  auf  dem  St.-Theodulpa8s  -|-  0,2®  C, 
während  Nowaja  Semlja  eine  solche  von  mehr  als  4  ®  C.  besitzt.  Ueber- 
haupt  ist  bis  jetzt  noch  nirgends  ein  kälterer  Sommer  angetroffen  wor- 
den als  auf  dem  St-Theodulpass.  In  dein  arktischen  Nordamerika, 
wo  nächstdem  die  kältesten  Sommer  auf  der  Erdoberfläche  vorkommen, 
fand  man  im  Northumberlandsund  unter  76 "  9 '  n.  Br.  eine  mittlere 
JuUtemperatur  von  -|-  2,0  ®  C. ,  auf  dem  St.-Theodulpass  aber  nur  von 
+  1,0®  C.i). 

Ebenso  hat  von  zwei  benachbarten  Orten,  von  denen  der  eine  auf 
der  Höhe,  der  andere  aber  im  Thale  liegt,  der  erstere  eine  wesentlich 
geringere  AmpUtude  der  täglichen  und  jährUchen  Temperaturschwan- 
kungen als  der  letztere.  So  ändert  sich  die  Lufttemperatur  im  Monat 
JuU  auf  dem  St.  Bernhard  im  Mittel  täglich  um  6,2  ®  C,  zu  Genf  hin- 
gegen um  9,2^  C.  Ebenso  weichen  die  Mitteltemperaturen  des  wärm- 
sten und  kältesten  Monats  auf  dem  St.  Bernhard  weniger  von  einander 
ab  als  in  Genf;  denn  sie  sind  im  ersteren  Falle  gleich  15,68,  im  letz- 
teren gleich  18,25®  C.  *).  Darf  bei  dem  Vergleich  zwischen  den  Tem- 
peraturen auf  dem  St-Theodulpass  und  auf  Nowaja  Semlja  die  un- 
gleiche Bestrahlung  (vgl.  S.  141  ff.)  zur  Erklärung  dieser  Gegensätze 
angerufen  werden,  so  ist  natürlich  flir  das  letzte  Beispiel  eine  solche 
Erklärung  unzulässig.  Wir  müssen  hier  vielmehr  annehmen,  dass  aus- 
gedehnte Hochebenen  weit  intensiver  als  isolirte  Kämme  und  Gipfel 
die  Temperaturen  der  über  ihnen  sich  ausbreitenden  Luftschichten 
beeinflussen,  woraus  sich  unmittelbar  jene  eigenthtimliche  Thatsache 
rechtfertigt.  Ohne  Zweifel  wird  der  Unterschied  zwischen  Sommy- 
und  Wintertemperatur  nach  oben  hin  immer  kleiner;  es  muss  daher 
eine  Höhengrenze  vorhanden  sein ,  wo  die  jährliche  .Periode  gänzlich 
verschwindet  oder  sich  wenigstens  im  wesentlichen  auf  die  durch  Luft- 
strömungen herbeigeführten  Temperaturwechsel  beschränkt,  und  diese 
Grenze  würde  nach  J.  Hann^)   in   Gebirgsgebieten  von   etwas  über 

1)  J.  Hann,  1.  c.  Bd.  IV  (1872),  S.  137  f. 

')  Richard  Kühlmann,  Die  barometrischen  HöhenmesBongen  und  ihre 
Bedeutung  für  die  Physik  der  Atmosphäre.    Leipzig  1870.  S.  73.  76. 
«)  1.  c.  Bd.  IV  (1872),  S.  ISy. 


172  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  and  LufthüUe  der  Erde. 

10000  Meter  Höhe  zu  suchen  sem,  fidls  es  Gebirge  vou  solcher  Höhe 
gäbe,  während  m  der  frden  Atmosphäre  dieses  Gleichmass  der  jähr- 
lichen Wärme  schon  in  geringeren  Höhen  erreicht  werden  dürfte. 

Das  Bdief  des  Bodens  beeinflusst  übrigens  auch  noch  in  anderer 
Hinsicht  die  Temperaturverhältnisse  der  Höhen.  Bei  den  Forschungen 
in  der  Schweiz  erkannte  man  nämlich  ganz  deutlich,  dass  die  Tem- 
peratur sehr  langsam  auf  mehr  plateauartigen  Gebirgsgliedem  sinkt, 
langsam  an  den  Abhängen  grösserer  GebirgsmassiTe,  rascher  jedoch 
an  denen  freier  Berggipfel.  Zu  alledem  stimmt  die  Thatsache,  dass 
bei  annähernd  senkrechtem  Elmporsteigen  im  Ballon  die  Temperatur- 
▼erminderung  noch  schneller  erfolgt 

Besonders  wichtig  erscheint  uns  noch  der  Hinweis  darauf,  dass 
wir  eigentlich  durchaus  nicht  berechtigt  sind,  die  in  verschied^ien  Höhen 
unserer  Gebii^  beobachteten  Temperatm^en  als  Temperaturen  einer 
Luftsäule  zu  betrachten,  welche  sich  von  der  untersten  Station  senk- 
recht bis  zur  Höhe  der  obersten  erhebt;  ebenso  wenig  ist  es  statthaft, 
das  arithmetische  Mittel  der  an  den  Endstationen  abgelesenen  Tem- 
peraturen als  mittlere  Temperatur  jener  Luftsäule  anzusehen.  Weiss 
man  die  durch  ein  genaues  Nivellement  festgestellte  Höhendi£Ra«nz, 
sowie  die  Barometerstände  zweier  Orte,  so  lässt  sich  mit  EQlfe  der 
barometrischffli  Höhenformel  aus  den  genannten  Grössen  (wir  vernach- 
lässigen dabei  die  unwesentlichen  Correctionen  ftir  Luftfeuchtigkeit  und 
Veränderlichkeit  der  Schwere)  die  wahre  mittlere  Tempa:«tur  der  Luft- 
säule zwischen  den  beiden  Stationen  ableiten.  Diese  Bedingungen  sind 
ftir  den  St  Bernhard  und  Genf  erftillt,  und  Bühlmann  hat  nun  aus 
ihnen  durch  Berechnung  nachgewiesen,  dass  die  Thermometer  nicht 
jene  wahre  mittlere  Lufttemperatur  anzdgen ').  So  ist  z.  B.  die  be- 
rechnete wahre  Lufttemperatur  um  2  Uhr  Nachmittags  im  Juli  zwi- 
schen Grenf  und  dem  St  Bernhard  12,0  <>  C,  die  beobachtete  16,0^  C; 
hingegen  ist  um  4  Uhr  Morgens  die  berechnete  Lufttemperatur  10,3  ^  C, 
die  beobachtete  nur  8,8*^  C.  Auch  erlangt  die  mittlere  wahre  Luft- 
wärme ihren  höchsten  Werth  (12,6^  C.)  erst  imi  6  Uhr  Abends  und 
ihkn  kleinsten  Werth  (10,1  <>  C.)  um  6  Uhr  Morgens.  Der  Abstand 
der  täglichen  fktreme  beträgt  im  Juli  ftir  die  wahre  Lufttemperatur  nur 
2,5  ^  C,  ftir  die  beobachtete  hing^en  7,2  ®  C.  Dementsprechend  ist  auch 
das  Jahresmittel  des  wahren  täglichen  Temperaturwechsels  (1,7  ^^  C.)  viel 
kleiner  als  das  des  beobachteten  (5,5  ®  C).  Ebenso  ist  die  Amplitude 
der  mittleren  Monatstemperaturen  sowohl  nach  den  Aufiseichnungen  in 

^)  Richard  Kühlmann,  1.  c.  S.  71  ff. 


Vn.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  173 

Genf  (18,25  ^  C),  als  auch  auf  dem  St.  Bernhard  (1 5,68 »  C.)  grösser, 
als  sie  in  Wahrheit  ist  (13,69  <>  C). 

Aus  alledem  geht  deutlich  hervor,  dass  sich  die  gesammte  Luft- 
masse bei  weitem  nicht  in  dem  Masse  und  nicht  so  schnell  zu  er- 
wärmen vermag,  wie  dies  die  Thermometer  für  die  unmittelbar  über 
dem  Boden  sich  ausbreitenden  Luftschichten  angeben ;  die  oberen  Luft- 
massen nehmen  also  nur  wenig  und  zögernd  Theil  an  den  täglichen, 
sowie  an  den  jährlichen  Temperaturschwankungen.  Diese  Differenzen 
zwischen  beobachteten  und  wahren  Lufttemperaturen,  welche  insbeson- 
dere bei  barometrischen  Höhenmessimgen  sorgfältig  in  Erwägung  zu 
ziehen  sind,  wenn  nicht  wesentliche  Irrungen  eintreten  sollen,  lehren 
uns,  dass  die  Temperatur  an  den  Abhängen  der  Gebirge  nicht  in  der- 
selben Weise  sinkt  wie  innerhalb  einer  correspondirenden ,  frei  empor- 
steigenden Luftsäule.  Die  Ursache  d^er  Erscheinung  wurde  bereits 
frtlher  dargelegt  (vgl.  S.  122). 

Hat  man  an  einem  Orte  oder  in  massiger  Entfernung  von  dem- 
selben durch  Beobachtung  festgestellt,  wieviel  man  sich  erheben  muss, 
um  eine  gewisse  Temperaturverminderung  zu  bemerken,  so  lässt  sich 
leicht  ermitteln,  welche  Temperatur  ein  Ort  von  bekannter  Seehöhe 
haben  würde,  wenn  er  im  Niveau  des  Meeresspiegels  läge.  So  ergiebt 
sich  z.  B.  aus  den  Au&eichnungen  auf  der  meteorologischen  Station 
in  Berlin  eine  mittlere  Jahrestemperatur  von  8,90®  C.  Da  nun  die 
Temperaturabnahme  in  Deutschland  auf  c.  180  Meter  ]  ®  C.  beträgt 
und  jene  Station  eine  Meereshöhe  von  47  Metern   hat,   so  würde  die 

47 
auf  das  Meeresniveau  reducirte  Temperatur  Berlin's  =  8,9  +  voa^* 

oder  9,16  ®  C.  sein.  Erst  durch  derartige  Reductionen  wird  es  uns 
möglich  zu  beurtheilen,  ob  ein  Ort  bezüglich  seiner  Wärme  im  Ver- 
gleich zu  anderen  höher  oder  tiefer  gelegenen  Nachbarorten  begünstigt 
ist  oder  nicht,  sowie  gewisse  Gesetze  über  die  Vertheilung  der  Wärme 
abzuleiten.  Die  Untersuchung  wird  hierdurch  einheitlich  und  über- 
sichtlich gestaltet. 

G.    Isothermen,    Isanomalen. 

So  lange  man  die  mittleren  Jahrestemperaturen  zahlreicher  Orte 
in  tabellarischer  Form  geordnet  vor  sich  hat,  ist  es  sehr  schwer ,  sich 
von  den  manigfach  wechselnden  Wärmeverhältnissen  grösserer  Länder- 
räume ein  deutliches  Bild  zu  machen.  Ausserordentlich  anschaulich 
hingegen  treten  uns  die  Unregelmässigkeiten  der  Erderwärmung  vor 
die  Augen  durch  eine  sinnreiche  Erfindung  A.  v.  Humboldt's  (aus 
dem  Jahre  1817):  durch  die  Isothermen,  d.  h.  Linien,  welche  Orte 


\T4:  Dritter  TheiL    Die  Wa38er-  and  Lufthülle  der  Erde. 

gleicher  mittlerer  Jahreswärme  mit  einander  verbinden  ^ ),  wobei  das  durch 
Beobachtung  eriangte  Jahresmittel  in  d^  oben  erwähnten  Weise  in  ein 
ideales  verwandelt  wird,  indem  man  es  auf  das  Meeresniveau  zurückfährt 

A.  V.  Humboldt  selbst  hat  keine  Isothermenkarte  gezeichnet, 
sondern  gab  nur  die  Anleitung  dazu,  nach  welcher  Heinrich  Berg- 
haus im  Jahre  1838  für  seinen  „Physikalischen  Adas"  (Abth.  I,  Nr.  1 » 
die  erste  Isothermenkarte  entwarf.  Warum  A.  v.  Humboldt's  Idee 
erst  so  spät  verwirklicht  wurde,  lässt  sich  sofort  errathen.  Zur  An- 
fertigung einer  solchen  Karte  ist  eine  reiche  Anzahl  von  Temperatur- 
messungen erforderlich,  die  jedoch  damals  nur  in  sehr  spärlichem  Masse 
vorhanden  waren.  Im  Jahre  1817  wusste  man  die  Mitteltemperaturen 
von  nur  56  Orten  der  Erde,  1844  schon  von  422,  im  Jahre  1853  von 
506  Punkten,  und  gegenwärtig,  sdtdem  man  durch  A.  v.  Humboldt 
den  Werth  solcher  Vergleiche  kennen  gelernt  hat,  spannt  sich  das 
Netz  der  Stationen  über  alle  2^nen  und  dringt  immer  weiter  in  das 
Innere  auch  der  aussereuropäischen  Elrdtheile  ein-). 

Von  besonderem  Interesse  ist  es  nun,  den  Verlauf  der  Isothermen 
zu  verfolgen  und  aus  ihrer  Grestalt,  aus  der  Bichtimg  ihrer  bald  ge- 
wölbten (convexen),  bald  hohlen  (concaven)  Scheitel  das  Gesetz  der 
Störungen  zu  ersehen  und  die  störenden  Ursachen  zu  enthüllen. 
(Vgl.  zu  dem  Folgenden  Fig.  11)'). 

Zunächst  zeigt  sich  hierbei,  dass  die  Isothermen  weder  mit  den 
Breitengraden,  noch  unter  einander  streng  parallel  sind,  woraus  hervor- 
geht, dass  die  Wärmeabnahme  nach  den  Polen  hin  bald  eine  beschleu- 
nigte, bald  eine  verzögerte  ist  Die  Ausbuchtungen  der  Isothermen 
g^en  die  Pole  hin  lassen  die  örtlichen  Wärmeverfaältnisse  als  rdativ 
günstige,  diejenigen  gegen  den  Aequator  hin  als  ungünstige  erscheinen. 
Im  allgemeinen  ziehen  die  Isothermen  in  den  Tropen  dem  Aequator  nahezu 
parallel,  weichen  aber  in  den  höheren  Breiten  der  nördlichen  Halbkugel  ' 
ansehnlich  von  dieser  Richtung  ab.  Auch  wird  man  sofort  gewahr,  dass 
sie  sich  in  den  mittleren  Breiten  am  meisten  zusammenschaaren ;  doch 
hat  dies  nichts  Ueberraschendes ,  da  sich  hier  schon  der  Theorie  nach 
die  Intensität  der  Sonnenstrahlung  relativ  scimell  vermindert  ( vgL 
S.  142,  Columne  IH  der  Tabelle). 

Ein  mächtiger  Gürtel  zu  bdden  Seiten  des  Aequators  hat  ^e 
mittlere  Jahrestemperatur  von  melur  als  25  ^  C.    Er  ist  im  Durchschnitt 

MA.  V.  Humboldt,  Kleinere  Schriften.  Stattgart  1S53.  Bd.I,  S. 206— 314 
(zuerst  erschienen  in  franzosischer  Sprache  im  Jahre  1817  in  den  M^moires  de 
phjsique  et  de  chimie  de  la  Soci^t^  d'ArcneiL    Tome  111.  p.  462 — 6021 

')  0.  Peschel.  Geschichte  der  Erdkunde.  2.  Aufl.  (herausgeg.  tou 
S.  Rüge).    München  1877.    S.  755. 

*)  Die  dem  Werke  beigegebenen  Karten  der  Isothermen  sind  unter  Her- 
beiziehung  eines  reichen  neueren  Materials  nach  Doye  entworfen  worden. 


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1      ^ 

I     2. 


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I 


VII.    Die  Yertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche. 


175 


g^en  30  Grad  breit;  am  meisten  zusammengeschnürt  ist  er  an  den 
Westküsten  Afrika's  (bis  auf  12  Grad)  und  Amerika's  (bis  auf  20  Ghrad), 
erreicht  aber  dafür  über  der  östlichen  Hälfte  von  Afrika  und  der  west- 
lichen des  Indischen  Oceans  eine  Breite  von  nahezu  50  Graden.  Zu- 
gleich weist  er  hier  die  höchsten  Temperaturen  auf;  denn  weite  Räume 
von  Centralafrika  besitzen,  wie  sonst  kein  Gebiet  der  Erde,  eine  Mittel- 
temperatur von  mehr  als  30®  C. 

Betrachten  wir  die  Isothermen  der  nördlichen  Halbkugel  näher,  so 
fWt  vor  allen  Dingen  auf,  dass  sie  an  den  Westküsten  von  Europa 
und  Nordamerika  weit  gegen  den  Pol  vordringen,  dagegen  auf  ihrem 
Wege  nach  den  Ostküsten  von  Asien,  resp.  Nordamerika  weit 
nach  Süden  wieder  herabsteigen.  Die  sanft  gewölbten  Scheitel  der  Iso- 
thermen finden  sich  also  auf  den  Westküsten  der  beiden  continentalen 
Massen  und  senken  sich  von  hier  aus  nach  Ost  und  nach  West,  und 
zwar  wird  die  Neigung  der  Isothermen  gegen  die  Breitengrade  um  so 
grösser,  je  weiter  man  sich  von  den  Tropen  entfernt  Die  folgenden, 
von  A.  V.  Humboldt  zusammengestellten  Temperaturen  lassen  dies 
fiir  den  Atlantischen  Ocean  deutlich  erkennen^). 


Orte. 

Breite. 

Mittlere  Jahres- 
temperatur. 

Unterschied  der 
mittler.  Jahres- 
temperatur. 

Kairo 30»  2' 

St.  AugUBtin 29«  48' 

22,3°  C. 
22,3»  C. 

0»  C. 

Lissabon 

Washington 

38«  43' 
38«  54' 

15,6«  C. 
12,3°  C. 

3,3»  C. 

Neapel 

New-York 

Bordeaux 

HaUfaz 

Paris 

St.  Johns 

Götheborg 

Nain  (Labrador) 

Küste  von  Skandinavien  unter 
Boothia  Felix 


40*  51' 
40«  43' 


15.3 »  C. 
10,9»  C. 


4,4»  C. 


44»  50' 
44»  39' 


12,8»  C. 
6,2  »  C. 


6,6»  C. 


48»  50' 
47»  34' 


10,8»  C. 
3,5»  C. 


7,3»  C. 


57 »  41 ' 
57»  10' 


7,9»  C. 
3,6»  C. 


11,5»  C. 


70» 
69»  59' 


1»  C. 
15,7  »  C. 


16,7 »  C. 


^)  De  distributione  geographica  plantarum.  Lutetiae  Parisiorum  1817. 
S.  68.  —  Centralasien.  Uebersetzt von  W.  Mahlmann.  Berlin  1844.  Bd.  II, 
S.  124.  125.  — Kleinere  Schriften.  Stuttgartund  Tübingen  1S53    Bd.  I.  S.  235  ff. 


178  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  and  Lufthülle  der  Erde. 

oder  den  Pol  zu  berühren-  \).  Später  wurde  von  den  Franklin-Suchern, 
insbesondere  von  Kane  diese  Ansicht  bestätigt^).  Demnach  gehört  der 
Elältepol  (sicher  unter  — 20^  C.)  wahrscheinlich  weder  dem  amerika- 
nischen, noch  dem  asiatischen  Continent  an,  sondern  einem  von  Polar* 
reisenden  bisher  noch  nicht  betretenen  Gebiet  nordwestlich  der  Melville- 
Insel  und  ist  dem  Drehungspol  der  Erde  wohl  ziemlich  weit  entrückt. 

Auf  der  südlichen  Halbkugel  weisen  die  Isothermen^  der  ein- 
förmigen Wasserbedeckung  dieser  Hemisphäre  entsprechend,  keine  so 
starken  Krümmungen  auf  wie  nördhch  vom  Aequator.  Den  grössten 
Unr^ebnÄssigkeiten  begegnen  wir  hier  in  den  Tropen,  also  da,  wo 
grosse  Ländermassen  die  weiten  oceanißchen  Flächen  unterbrechen. 
Besonders  deutlich  sind  die  Wirkungen  der  beiden  kalten  Meeres- 
strömungen an  den  Westküsten  von  Afrika  und  Amerika  zu  erkennen, 
welche  beide,  vor  allem  die  letztere,  wie  mit  kräftigem  Stosse  die  Iso- 
thermen nach  dem  Aequator  zurückdrängen.  Hier  bilden  dieselben 
also,  im  ausgesprochenen  Gegensätze  zu  dem  Verlauf  der  Isothermen 
auf  der  nördUchen  Halbkugel,  nach  dem  Pol  hin  nicht  convexe,  son- 
dern concave  Scheitel.  Doch  verschwindet  diese  Unregelmässigkeit  iast 
vollständig  unter  dem  40.  Breitengrad,  von  wo  an  sie  nahezu  parallel 
den  Brdtengraden  von  Ost  nach  West  über  das  vorwiegend  oceanische 
Gebiet  ziehen.  Bemerkenswerth  ist  noch,  dass  sich  die  Isothermen 
gleich«*  Wärmegrade  auf  der  nördlichen  Halbkugel  weiter  vom  Aequa- 
tor entfernen  als  auf  der  südlichen,  wenigstens  bis  zum  40.  Breiten- 
grad, woraus  man  auf  eine  grössere  Erwärmung  der  nördlichen  Halb- 
kugel geschlossen  hat.  Die  Wahrheit  dieser  Annahme  werden  wir 
weiter  unten  prüfen. 

E^nen  tieferen  Einblick  in  die  Wärmeverhältnisse  der  Erde  gewinnt 
man,  wenn  man  in  gleicher  Weise  wie  ftür  das  Jahr  im  allgemeinen 
auch  för  die  einzelnen  Monate  Isothermenkarten  entwirft.  Auch  dies 
hat  Dove  zuerst  gethan;  seine  zwölf  Karten  der  Monatsisothermen 
legte  er  bereits  im  Jahre  1848  der  kgl.  preussischen  Akademie  der 
Wissenschaften  vor^).  Unter  diesen  Karten  sind  die  itir  den  Januar 
imd  ftir  den  Juli  am  lehrreichsten,  weil  diese  beiden  Monate  ftu*  die 
meisten  Orte  der  Erde  entweder  die  kältesten  oder  die  wärmsten  sind. 
Während  die  Karte  der  Jahresisothermen  einen  Uebergangszustand  zur 

')  Dove,  Die  Verbreitung  der  Wärme  auf  der  Oberflache  der  Erde. 
Berlin  1S52.    S.  23. 

•)  Dove,  Klimatologische  Beiträge.    Berlin  1S5T.    Bd.  I.  S.  5-1. 

')  Bericht  über  die  zur  Bekanntmachung  geeigneten  Verhandlungen  der 
Kgl.  preussischen  Akademie  der  Wissenschafteu  zu  Berlin.  November  1S4S. 
S.  3S9  ff. 


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VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  179 

Darstellung  bringt,  werden  uns  durch  die  Januar-  und  Juliisothermen 
die  Extreme  der  jährlichen  Erwärmung  vorgeführt. 

Die  Isothermen  des  Januar  (Fig.  12)  zeigen  uns  zu  beiden 
Seiten  des  Aequators  —  und  zwar  zum  grössten  Theile  südlich  des- 
selben —  eine  Zone  von  mehr  ab  25  ®  C.  Wärme ,  innerhalb  deren 
im  centralen  Theile  von  Südafrika  und  von  Australien  die  Temperatur 
S()^  C.  übersteigt;  die  beiden  Maxima  finden  sich  also  über  zwei  süd- 
hemisphärischen  Festlandsgebieten.  Während  auf  der  südlichen  Halb- 
kugel, namentlich  in  höheren  Breiten,  die  Isothermen  wenig  erhebliche 
Störungen  erleiden,  beschreiben  sie  auf  der  nördlichen  Halbkugel ,  ins- 
besondere nördlich  vom  40.  Breitengrad,  mächtig  gewölbte  Curven, 
welche  als  halbkreisförmige  Linien  die  beiden  grossen  nordhemisphä- 
rischen  Länderräume  durchschneiden  und  zwar  in  der  Art,  dass  die 
Mittelpunkte  dieser  Halbkreise  ungefähr  in  die  Mitte  der  Nordufer 
Asien's  und  Amerika's  zu  hegen  kommen.  Wenn  sich  sonst  die  Tem- 
peratur polwärts,  also  auf  der  nördlichen  Halbkugel  von  Süd  nach 
Nord  zu  vermindern  pflegt,  so  geschieht  dies  hier  im  wesentlichen 
von  West  nach  Ost  an  den  Westrändern,  hingegen  von  Ost  nach  West 
an  den  Osträndern  der  Continente.  Dem  entsprechend  laufen  die  Iso- 
thermen vielfach  von  Süd  nach  Nord,  insbesondere  in  Mittel-  und  Nord- 
europa und  dem  westlichen  Theile  von  Sibirien,  sowie  östlich  und  nörd- 
lich der  Baffins-Bay,  wobei  sie  in  Europa  sogar  einen  nach  Ost  hin 
überhängenden  Scheitel  besitzen.  So  nimmt  beispielsweise  die  Iso- 
therme von  0^  C.  ihren  Weg  durch  die  Zuider-See  über  Bergen  nach 
den  Lofoten,  und  in  gleichem  Sinne  bewegt  sich  weiter  ostwärts  eine 
grössere  Anzahl  dieser  Linien.  Im  nördlichen  Skandinavien  (Finmarken) 
tritt  sogar  der  eigenthümliche  Fall  ein,  dass  die  Wärme  nach  Nord 
hin  wächst.  Es  sind  zwei  Räume  strengster  Kälte  zu  unterscheiden: 
der  eine  von  ihnen  liegt  bei  Jakutsk  in  Sibirien  zu  beiden  Seiten  des 
nördlichen  Polarkreises,  der  andere  nördUch  der  Berings- Strasse  etwa 
unter  dem  80.  Grad  n.  Br.;  in  beiden  Gebieten  sinkt  die  mittlere 
Januartemperatur  unter  — 40^  C.  herab.  Eine  Vereinigung  dieser 
beiden  ^Kältepole^  erscheint  deshalb  nicht  statthaft,  weil  für  Ustjansk 
(im  nördlichen  Sibirien,  südöstlich  von  der  Mündung  der  Lena)  eine 
höhere  Mitteltemperatur  gefunden  worden  ist  als  für  Jakutsk.  Im  all- 
gemeinen erkennt  man,  dass  die  Continente  im  Winter  durch  Aus- 
strahlung die  meiste  Wärme  verlieren,  während  die  Meere  eine  hohe 
Wärme  bewahrende  Kraft  besitzen ;  denn  über  den  Continenten  herrscht 
durchgängig  eine  relativ  strenge  Kälte,  während  sich  eine  milde  Luft 
über  den  Meeren  ausbreitet. 

Durchaus  anders  ist  das  Bild  der  Juliisothermen  (Fig.  13). 
Der  Gürtel,  dessen  Mitteltemperatur  mehr  als   25®  C.  beträgt,  gehört 

VI* 


180  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

fast  ganz  der  nördHchen  Halbkugel  an;   sdne  Nordgrenze  ist  in  den 
Osthälften  der  Oceane  bis  zum  20.,  in  den  Westfafilften  derselben   bis 
zum  35.  Grad  n.  6r.  vorgeschoben ,    erreicht  jedoch  über  den  Conti- 
nenten  selbst  den  45.  Grad.    Auf  diesen  b^egnen  wir  daher  auch  den 
Wärmemaxiniis,  so  in  Centraiamerika  (über  30^  C),  wie  in  der  Sahaia 
nnd  Arabien  (über  35  ^  C).    Mit  der  Zone  grt^sster  Erwärmung  sdnd 
natürlich  sämmtliche  Isothermen  nach  Norden  gewandert    Die  der  süd- 
lichen Hemisphäre  zeigen  ausser  dieser  Verrückung  kdne  wesentliche 
Aenderung.    Sie  erheben  sich  über  den  Continenten  etwas  weiter  nach 
Norden  als  über  den  Oceanen,  was  darauf  hindeutet,  dass  die  Land- 
massen vergleichsweise  kälter  sind  als  die  Meere.   Uebrigens  verschwin- 
den auch  diese  sanfiien  Ausbuchtungen  an   den  Südspitzen  der  Conti- 
nente  fiist  völlig.     Die  Isothermen  der    nördlichen   Hemisphäre  aber 
nehmen   durchw^   einen  ganz    anderen    Verlauf  als  im  Januar:    sie 
sind  über  den  Continenten  weit  nach  Nord  hin  ausgebogen,   während 
sie  über  den  Meeren  weit  nach  Süden  zurückweichen.     Daraus  folgt 
dass  zu  dieser  Zeit  das  Land  und  somit  auch  die  Luft  über  demsdben 
höher  erwärmt  wird  als  das  Meer.     Ausserdem  liegen  im  Juli  die  Iso- 
thermen der  nördlichen  Halbkugel  viel  weiter  aus  einander  als  im  Ja- 
nuar; es  vermindert  sich  also  die  Wärme  nach  Nord  hin  viel  langsamer 
als  im  Winter,  und  sie  sinkt,  soweit  der  Mensch  bisher  nach  dem  Nor- 
den vorgedrungen  ist,  an  keinem  Orte  der  nördlichen  Hemisphäre  bis 
zum  Gefrierpunkt  herab. 

Mit  Hilfe  der  Monatsisothermen  hat  Dove  femer  die  durch- 
schnittliche Temperajtur  jedes  Breitengrades  festzustellen 
gesucht  ^).  Auf  den  zwölf  Karten  der  Monatsisothermen  interpolirte  er 
graphisch  von  10  zu  10^  Länge  Wärmewerthe  ftir  die  ParaJlelkreise 
00,  10«,  20^  80^  40^  50^  60«,  65»  und  70«  der  nöidUchen  Halb- 
kugel und  berechnete  dann  die  mittlere  Jahrestemperatur  jedes  Punktes 
aus  den  zwölf  Monatsmitteln,  um  schliesslich  aus  den  36  gldchmässig 
über  jeden  dieser  Parallelkreise  vertheilten  Jahresmittehi  die  mitd^ie 
Temperatur  der  genannten  Breitengrade  abzuleiten.  Für  den  80.  Ghrad 
imd  den  Pol  wurde  sie  in  anderer  Weise  geftmden.  J!ß  ergaben  sich 
hierbd  fbr  die  einzelnen  Breitengrade  folgende  Werthe: 

(Siebe  di«  Tabelle  snf  der  folgenden  Seite.) 

Diese  TabeUe  ist  in  mehr&cher  Beziehung  ausserordentlich  lehr- 
reich. Zunächst  bestätigt  sie  eine  schon  oben  ausgesprochene  theore- 
tische Forderung,  nach  welcher  sich  die  mittleren  Jahrestemperaturen 
in  der  Nähe  des  45.  Breitengrades  am  schnellsten  vermindern  (vgl. 

»)  H.  W.  Dove,  Die  Verbreitung  der  Wärme  auf  der  Oberfläche  der 
Erde.    Berlin  1S52.    S.   13  ff. 


VU.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  181 


Breite. 


Januar. 


Nördliche  Halbkugel: 


Juli. 


90« 
80« 
70  • 
60« 
50« 
40« 
30« 
20« 
10« 
0« 


Mittl.  Jahres- 
wärme. 


Zunahme  der 
mittl.  Jahres- 
wärme. 


82,5  «  C. 
29,1 «  C. 
24,4  «  C. 
15,8  «  C. 
~  6,8  «  C. 
4,6  «  C. 

14,8 « a 

21,1 «  C. 
25,1 «  C. 
26,4 «  C. 


Südl.  Halbkugel: 


Mittlere  Jahres- 
w&rme. 


—  0,7  «  C. 
1,1  «  C. 
7,3  «  C. 
13,5 «  C. 
17,0  «  C. 
22,4  «  C. 
25,8 «  C. 
27,6 «  C. 
27,1 «  C. 
25,9  «  C. 


- 16,5  «  C. 
- 14,0  «  C. 
—  8,9  «  C. 
- 1,0 «  C. 
5,4 «  C. 

13,6  «  C. 

21,0 «  C. 

25,2 «  C. 

26,6 «  C. 

26,5 «  C. 


2,5 «  C. 

5.1  «  C. 
7,9 «  C. 
6,4 «  C. 

8.2  «  C. 
7,4 «  C. 
4,2  «  C. 
1,4  «  C. 

—  0.1 «  C. 


12,5  «  C. 
19,4 «  C. 
23,4  «  C. 
25,50  G. 
26,5 «  C. 


S.  142).  Auch  erhalten  wir  aus  dieser  Tabelle  einen  scharfen  ziffer- 
mäasigen  Ausdruck  für  die  ebenfiJls  bereits  angedeutete  Thatsache 
(vgl.  S.  180,  sowie  142),  dass  Aequator  und  Pol  im  Winter  viel 
grössere  Temperaturgegensätze  zeigen  als  im  Sommer.  So  beträgt  die 
Temperaturabnahme 

im  Januar.        im  Juli. 

von  0  bis  70  0  Br.       50,8  <>  C.       18,6^  C. 

von  0  bis  90  0  ßr.      58,9  ^  C.       26,6«  C. 

Aus  den  von  Dove  entworfenen  Tabellen  ergiebt  sich  femer,  dass 
vom  Nordpol  bis  zum  40.  Grad  n.  Br.  der  Juli  der  wärmste  Monat  ist. 
Unter  dem  40.  Breitengrad  sind  Juli-  und  Augustwärme  einander 
gleich;  unter  dem  30.  übertriffit  letztere  die  erstere,  während  unter  dem 
20.  Breitengrad  wieder  Uebereinstimmung  der  Tem[)eratur  in  bi^i^Um 
Monaten  herrscht  Hing^en  ist  der  Januar  in  allen  Breiten  vom  Pol 
bis  zum  Aequator  der  kälteste  Monat;  nur  unter  d^^m  li^tztgimannten 
ParallelkreiB  sinkt  die  Juli-,  August*,  Kr;ptember-,  OctoU^r-  un/1  lie- 
cember-Temperatur  ein  wenig  unter  di«^  Januart'5m[M.Tatur  \umi\h  In 
der  Nähe  des  10.  Grades  wird  die  Ternp^aturcurvo  ilm  JnUrm  dt$r 
Aeqoatorialform  mit  ituien  beidim  mhwiuiU  \utrvt)rir*tU^niUm  Müxiritf« 
(im  April  und  November;  und  Minimi«  (Un  Juli  und  lh^m$i\mr)  m*hi' 
ähnlich. 

Da  nach  der  obigen  TaMU  Am  Yjtfm  nVir\MU*,r  \*WUWMmn  nH^i 
dem  Aequator  BUgeh^Mf  mßtuUfm  aiim^UiMt  in  dii?  t^>r4lU'im  M^nit 
Sphäre  gerfickt  ist  Gunter  lO^riJ^,  Mi  d^f  '\*mi\i*^9iUir  Wf^'h  um  OJ  ''<!, 
höher  als  unter  deui  Aiequalor;,  so  durfte  tfiM$$  ^rwiirUfhf  thtm  di^  unrfi 
liehe  Hemiq^iäre  ussUnr  fß^^i^m  lir*iUm  ^A^ft^  yNtkni^%ftu\n  mt¥ifiAm 


182  Dritter  Theil.    Die  AVasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

als  die  südliche,  dass  also  die  südliche  Halbkugel  ein  geringeres  Mass 
freier  Sonnenwärme  besitze  als  die  nördliche.  In  der  That  scheinen 
Dove's  Untersuchungen  diese  Anschauung  zu  bekräftigen;  denn  nach 
Dove  besteht  folgender  Unterschied  der  thermischen  Jahresmittel  für 
gleiche  Breiten  der  nördlichen  und  südlichen  Halbkugel: 

Breite.  Nördliche  Halb-        Südliche  Halb-  Unterschied. 

kugel.  kugel. 


0 »  26,5 "  C.  '    26.5  "  C.  0  °  C. 

10 «»  '           26,6  «C.  25,5  "C.  1,1  •»  C. 

20°  25,2  »C.  23,4  •'C.  1,8»  C. 

30°  21,0°  C.  19,4°  C.  1,6  °C. 

40°  13,6°  C.  '           12,5  *C.  1,1  °C. 

I 

Da  diese  DiflFerenzen  weder  der  ungleichen  Lange  des  Sommers 
auf  beiden  Erdhälften,  noch  der  stärkeren  Ausstrahlung  während  des 
längeren  südlichen  Winters  zugeschrieben  werden  können  (vgl.  S.  147  f.), 
80  bleibt  kein  anderer  Grund  zur  Erklärung  dieser  Differenzen  übrig 
als  die  vorwiegend  oceanische  Bedeckung  der  südlichen  Halbkugel. 
Die  der  nördlichen  Halbkugel  zugesandte  Wärme  empfangen  zumeist 
Stoffe,  welche  ihren  Aggregatzustand  nicht  verändern ;  die  Wärme  dient 
hier  also  unmittelbar  zur  Erhöhung  der  BodeÄ-  und  zugleich  auch  der 
Luflwärme.  Die  den  weiten  oceanischen  Flächen  der  südlichen  Halb- 
kugel mitgetheilte  Wärme  hingegen  wird  zum  Theil  durch  die  Ver- 
dampfung des  Wassers  verbraucht,  also  gebunden.  Gleichzeitig  wird 
die  Wännewirkung  der  Sonne  dadurch  vermindert,  dass  sich  über  den 
Oceanen  eine  mächtigere  Dampf-  und  Wolkenschicht  ausbreitet  als 
über  dem  Festlande.  DoveM  nahm  doshalb  an,  dass  zur  Zeit  der 
nördlichen  Declination  der  Sonne  die  Summe  der  freien  Wärme  an 
der  Erdoberfläche  grösser  sei  als  zur  Zeit  der  südUchen  Declination, 
weil  die  Sonne  im  ersteren  Falle  weite  Landflächen,  im  letzteren  grosse 
oceanische  Gebiete  bestrahlt  imd  freie  Wärme  sich  dort  in  reicherem 
Masse  als  hier  entwickeln  kann.  Er  spricht  dies  mit  den  Worten  aus : 
„Der  heisse  continentale  Sommer  der  Nordhälfte  trifft  zusammen  mit 
dem  milden  Winter  der  Südhälfte.  Dies  giebt  eine  grössere  Wänne- 
summe  als  der  kalte  Winter  der  Nordhälfte  der  Erde  plus  dem  kühlen 
Sommer  der  Südhälfte."  Dove  erhärtete  dies  durch  den  Nachweis, 
dass  der  Winter  der  südlichen  und  der  Sommer  der  nördlichen  Halb- 
kugel in  Summa  höhere  Wärmewerthe  liefern  als  in  gleichen  Breiten 
der  Sonmner  der  südlichen  und  der  Winter  der  nördlichen  Halbkugel, 

1)  Poggendorff'B  Annaleu,  Bd.  LXVII  (1S46),  S.  325. 


VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche. 


183 


Juli  t 

Mittel 

2\y  V. 

15,5  0  C. 

12,0»  C. 

13,6°  C. 

16,S«»  C. 

14,6°  C. 

und  zwsir  sind  die  ersteren  Summen  nicht  selten  8  bis  10  ^  C.  grösser  ^). 
Natürlich  sind  die  allgemeinen  Unterschiede  viel  geringer,  immerhin 
aber  noch  beträchtlich.  Dove  erhielt  als  llittelwerthe  aus  seinen  Be- 
rechnungen für  den 

Januar 

der  nördlichen  Halbkugel  .  .  9,4"  C. 
der  südlichen  Halbkugel.  .  .  15,2'  C. 
der  Erde 12,3°  C. 

Die  Gesammttemperatur  der  unteren  Atmosphäre  würde  demnach 
vom  Januar  zum  Juli  um  4,5  ®  C.  steigen  *). 

Leider  erstrecken  sich  Dove's  Vergleichungen  nur  bis  zum  40. 
Breitengrade,  da  zu  jener  Zeit  für  die  südliche  Halbkugel  jenseits  dieses 
Qrades  kein  Beobachtungsmaterial  vorlag.  Seitdem  hat  sich  jedoch  das- 
selbe bedeutend  vermehrt,  und  man  ist  zu  der  überraschenden  Er- 
kenntniss  gelangt,  dass  in  den  höheren  südlichen  Breiten  die  Jahres- 
mittel der  Wärme  nicht,  wie  früher  vermuthet  wurde,  niedriger,  son- 
dern höher  sind  als  die  entsprechenden  der  nördlichen  Halbkugel*). 
So  hat  Punta  Arenas  in  der  Magalhäesstrasse  (unter  53 '^  12'  s.  Br.) 
eine  mittlere  Jahrestemperatur  von  6,1"  C;  ist  sie  nun  auch  um 
2,8"  C.  niedriger  als  die  von  Hamburg  (unter  53"  33'  n.  Br.),  so 
ist  sie  doch  höher  als  die  von  Dove  ftir  diesen  Parallelkreis  auf  der 
nördlichen  Halbkugel  ermittelte  Normaltemperatur  (c.  3,4®  C).  Die 
Falklandsinseln  (unter  52"  s.  Br.)  sind  in  dieser  Hinsicht  noch  weit 
mehr  begünstigt;  denn  sie  haben  eine  mittlere  Jahres  wärme  von  8,5 "  C.  *). 
Femer  sei  noch  angeflihrt,  dass  die  südlichste  meteorologische  Station 
auf  Neuseeland,   Martendale   (46"   17'   s.  Br.),   eine  mittlere  Jahres- 

»)  Vgl.  H.  W.  Dove,  Temperaturtafeln.  Berlin  1848.  Ö.  89,  wo  wir  fol- 
gende Angaben  finden: 


Port  Arthur 
Marseille 
Summe    .    . 


Winter. 


Falklandsinseln    .    .    .    . 

Haarlem 

Summe 


16,94 »  C. 

7,35 »  C. 

24,29 »  C. 

11,82  •>  C. 

2,56 »  C. 

14,38  •  C. 


Sommer. 

11,82  «^  C. 
22,74  «>  C. 
34,56  «  C. 

8,24  °  C. 
16,62  °  C. 
24,86 «  C. 


Unterschied. 


10,27  ö  C. 


10,48  •  C. 


*)  Bericht  über  die  zur  Bekanntmachung  geeigneten  Verhandlungen  der 
KgL  preuss.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin.   November  1848.  S.  396  f. 

")J.  HanninBehm*B  Geographischem  Jahrbuch,  Bd.  IV  (1872),  S.  129  f. 

^)  J.  Hann  in  der  Zeitschrift  der  österreichischen  Gesellschaft  für  Me- 
teorologie.   Bd.  VI  (1871),  S.  184. 


184 


Dritter  Theil.     Die  Wasser-  und  Lufthiille  der  Erde. 


Wärme  von  10,2^  C.  zeigt  ^),    während  diesem  BrdteDkreifle  auf  der 
nördlichen  Halbkngel  eine  Temperatur  von  c.  8,4®  C.  zukommt 

Vei^eichen  wir  nun  die  Mittdtemperaturen  der  beiden  Halb- 
kugehi,  indem  wir  auf  der  ganzen  nördlichen  Elrdhälfte  und  bis  zam 
40.  Parallel  s.  Br.  den  Angaben  Dove's,  von  hier  an  weiter  süd- 
wärts aber  den  Angaben  Hannos  folgen,  so  gewinnen  wir  nach- 
stehende Zahlenreihen: 


Breite. 

Temperatur  (in  »C.) 
auf  der 

,  nordL  Halb- 1  sudl.  Halb- 
'         kngel.              kugeL 

Differenz. 

10« 

26,6«  C. 

25,5«C.     i 

+  1,1  •  c. 

20« 

.      2M*  C. 

23,4  •  C. 

+  1,8  •  C. 

90« 

21,0«  C. 

19,4  •  C.     j 

+  1,6  •  C. 

40« 

13,6  •  C. 

12,5  •  C.     1 

+  1.1  •  c. 

45« 

9,5  •  C. 

10,2  •  C.     ! 

—  0,7  •  C. 

50* 

M*C. 

7,9  •  C.     . 

-  2^  •  C. 

•  55« 

2,2«  C. 

5,4  •  C. 

-  3.2  •  C«) 

Es  ist  demnach  wohl  zweifellos  erwiesen,  dass  die  Temperatur- 
ungleichheit der  nördlichen  und  südlichen  Hemisphäre  nur  in  niMeren 

>)  J.  Hann,  L  c.  Bd.  VI  (1&71X  S.  28t. 

^  Die  Angaben  des  Franzosen  Vall^s  (Distribution  des  temp^ratures  de 
long  des  c6tes  ocdaniques.  Annoaire  de  la  Soc.  m^t^roL  de  France,  1869« 
pnbL  Dec  1871)  stimmen  in  den  einzelnen  Ziffern  allerdings  nicht  ganz  mit 
dieser  Tabelle  überein;  doch  verrathen  auch  sie  deutlich,  dass  die  mittlere 
Jahreswärme  der  südlichen  Hemisphäre  in  höheren  Breiten  eine  grössere  ist 
als  in  gleichen  Breiten  der  nördlichen.  Nach  Vallös  sind  die  Uitteltempera- 
turen  der  Breitengrade  auf  der  nördlichen  und  südlichen  Hemisphäre  folgende : 


Temperatur  der 

Breite. 

nördlichen  Halb- 

südlichen Halb- 

Differenz. 

kngel. 

kugel. 

a-5* 

26,6  •  C. 

26,1  •  C. 

+  0,5*  C. 

5— 10* 

27,4  •  C. 

25,3  •  C. 

+  2,1«C. 

10-15" 

27,3  •  C. 

24,5  •  C. 

+  2,8"  C. 

l^-20« 

25,1  •  C. 

23,4«C. 

+  1,7  •  C. 

20— 25* 

23,2«  C. 

22,2*  C. 

-f  1.0*  C. 

25-30  • 

20,7  •  C. 

20,3  •  C. 

+  0,4°  C. 

30-^35» 

17,5  •  C. 

18,2  •  C. 

—  0,7  •  C. 

35— 40* 

!        14,9  •  C. 

15,4  •  C. 

—  0,5 «  C. 

40-45» 

1        10,4  •  C. 

12,4  •  C. 

—  2,0^  C. 

45—50* 

,         8,3«  C. 

9,4  "  C. 

—  1,1  •  C. 

50— 55« 

5,0  •  C. 

M*  C. 

—  l.l  •  C. 

VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  185 

Breiten  eine  iiir  die  erstere  vortheilhafte  ist ;  jenseits  des  40.  Parallelkreises 
ist  vielmehr  die  südliche  Halbkugel  im  Besitze  reicherer  Wäi*meschätze. 

Der  Qrund  dieser  eigenthümlichen  Elrscheinung  lässt  sich  kaum  in 
etwas  anderem  finden  als  in  der  ungleichen  Vertheilung  der  Land-  und 
Wasserflächen  über  die  nördliche  und  südliche  Halbkugel.  Treffen 
nämlich  die  Sonnenstrahlen  Stoffe  des  Festlandes,  so  treten  ihre  Wärme- 
wirkungen zumeist  als  Temperaturerhöhung  hervor;  fallen  sie  hingegen 
auf  weite  Meeresgebiete,  so  wird  ein  wesentlicher  Theil  der  zugesandten 
Sonnenwärme  bei  der  Verwandlung  des  Wassers  in  Dampf  gebunden; 
es  ist  demnach  weniger  Wärme  frei.  Die  ungleich  mehr  mit  Wasser 
bedeckte  südliche  Halbkugel  wird  demnach  in  denjenigen  Breiten  re- 
lativ niedrige  Temperaturen  zeigen,  wo  der  Vei*dampfungsprocess  sich 
rascher  und  kräftiger  vollzieht,  also  in  den  wärmeren  Gebieten.  Die 
gebundene  Wärme  ist  aber  keineswegs  verloren.  Sie  wird  durch  die 
Winde  mit  den  Wasserdämpfen  nach  höheren  Breiten  gefUbi;,  wo  sie 
frei  wird,  sobald  sich  die  Dämpfe  zu  Tropfen  verdichten.  Vielleicht 
ist  es  das  Uebermass  der  durch  Veränderung  des  Aggregatzustandes 
frei  gewordenen  Wärme,  welches  den  höheren  südhemisphärischen  Brei- 
ten die  wärmeren  Temperaturen  verleiht.  Immerhin  ist  wohl  kaum 
anzunehmen,  dass  die  Qesammtwärme  der  südlichen  Halbkugel  ebenso 
gross  ist  wie  die  der  nördlichen  und  zwar  schon  deshalb  nicht,  weil 
der  Wärmeverlust  durch  Spiegelung  auf  der  südlichen  Halbkugel  wegen 
der  weiten  Wasserflächen  derselben  jederzeit  und  überall  auf  der- 
selben eine  weit  namhaftere  Grösse  ausmacht  als  auf  der  nördlichen 
Halbkugel. 

Wird  die  auf  die  Meeresfläche  reducirte  Mitteltemperatm*  eines 
Ortes  mit  der  berechneten  Mitteltemperatur  des  ihm  zugehörigen  Par- 
allelkreises verglichen,  so  ergiebt  sich  nur  selten  eine  volle  Ueber- 
einstimmung  beider  W.erthe;  vielmehr  weichen  sie  fast  immer  mehr 
oder  weniger  von  einander  ab.  Man  bezeichnet  diese  Differenz  als 
thermische  Anomalie.  Dove  verband  nun  alle  Orte,  welchen 
dieselbe  thermische  Anomalie  zukommt,  die  also  gleichviel  wärmer  oder 
kälter  sind,  als  sie  in  Hinsicht  auf  ihre  Polhöhe  sein  sollten,  durch 
Linien,  welche  er  Isanomalen  nannte.  Die  Linien,  längs  dei'en  die 
Anomalie  0  ist,  welche  also  die  Räume  mit  relativ  zu  hoher  und  zu 
niedriger  Temperatur  von  einander  scheiden,  heissennach  Dove  Isonor- 
malen, wofUr  man  jedoch  besser  den  Namen  thermische  Normalen 
gebraucht  Dove 's  Karten  der  Isanomalen  lieferten  Resultate,  die  in 
hohem  Grade  überraschen  mussten.  Es  stellte  sich  nämlich  heraus, 
dass  zwei  Gürtel  relativer  Kälte  und  zwei  Gürtel  relativer  Wärme  den 
Erdkreis  umspannen,  dass  diese  Gürtel  den  Aequator  in  schräger  Rich- 
tung schneiden  und  dass  sie,  weit  entfernt  den  Räumen  grosser  Land- 


186  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

oder  grosser  Wassennassen  zu  entsprechen,  gleichsam   absichtlich    die 
'  rossen  Land-  und  die  grossen  Wassermassen  kreuzen. 

Der  eine  Gürtel  gesteigerter  mittlerer  Temperatur  oder  relativ 
grösserer  Wärme  (vgl.  Fig.  11)  bedeckt  einen  grossen  Theil  Austra- 
lien's  (die  Südwestecke  ausgenommen)  und  des  südpacifischen  Oceans, 
den  Indischen  Ocean,  Vorder-  und  Hinterindien,  Südwestasien,  Afrika 
(ohne  den  Westsaum),  fast  ganz  Europa,  das  Nordgebiet  des  Atlan- 
tischen Oceans,  sowie  Grönland  und  den  Meerestheil  zwischen  dieser 
Insel  und  Nowaja  Semlja.  Ein  grosser  kalter  Gürtel  begrenzt  diese 
Zone  gegen  Osten.  Er  umfasst  das  westliche  Südamerika,  die  Südsee 
(bis  auf  die  polynesische  Inselflur  und  den  Osttheil  nördlich  vom  40. 
Grad  n.  Br.)  und  ganz  Ost-,  Nord-  und  Centralasien.  Darauf  folgt, 
wenn  wir  weiter  gegen  Osten  fortschreiten,  eine  relativ  warme  Zone, 
die  im  südwestlichen  Theile  des  Adantischen  Oceans  beginnt,  die  öst- 
liche Seite  Südamerika's,  Centralamerika,  die  Ostküste  Mexico's,  sowie 
Meeresgebiete  ostwärts  der  genannten  Länder  umschliesst  imd  endlich 
quer  durch  die  Vereinigten  Staaten,  sowie  entlang  der  Westküste  von 
Britisch-Nordamerika  bis  zum  Temtorium  Aljaska  sich  erstreckt  End- 
lich gelangen  wir  zu  dem  zweiten  Gürtel  relativer  Kälte,  zu  welchem 
der  östliche  Theil  des  südatlantischen  Beckens,  der  Westrand  Afrika' &, 
Räume  des  nordatlantischen  Oceans  und  das  ösdiehe  imd  nördliche 
Nordamerika  gehören. 

Das  Gesetz,  welches  sich  aus  dieser  Au&ählung  thermisch  bevor- 
zugter und  benaehtheiUgter  Gebiete  ableiten  lässt,  lautet:  Nördlich 
vom  W^endekreis  des  Krebses  sind  die  West-,  südlich  vom  \»\'endekreia 
des  Krebses  aber  die  Osthälften  der  Continente  über  die  normalen 
Werthe  erwärmt;  umgekehrt  empfangen  nördlich  vom  Wendekreis  des 
Krebses  die  Osttheile  der  Festländer  und  südlich  davon  die  Wftsttheile 
nicht  das  Mass  der  ihnen  gebührenden  Erwärmung. 

Innerhalb  der  vier  angegebenen  Zonen  nimmt  die  Störung  vom 
Bande  nach  der  Mitte  zu,  und  es  lassen  sich  sogar  Brennpunkte  der 
relativ  grössten  Wärme  oder  der  relativ  grössten  Kälte  nachweisen. 
Einer  der  Räume  der  relativ  grössten  Wärme  befindet  sich  am  Polar- 
^l^is  zwischen  Island  und  dem  Nordcap,  wo  die  normale  Wärme  um 
12  ^  C.  erhöht  erscheint  Eine  Begünstigung  von  gegen  7  "  C.  gemessen 
Island,  Schotdand  und  Norwegen,  eine  solche  von  4  bis  5  ^  C.  Frank- 
reich, Deutschland  und  der  mittlere  Theil  von  Russland,  eine  solche 
von  mindestens  2  ^  C.  aber  tast  ganz  Europa  und  der  Meeresraom 
zwischen  unserem  Erdthdl  und  Grönland.  Von  den  beiden  nördlichen 
„Polen^  der  relativ  grössten  Kälte  liegt  der  eine  bei  Jakutsk  in  Sibi- 
rien, wo  die  beobachtete  Temperatur  um  mehr  als  8^.^  ^  C.  hinter  der 
normalen  Temperatur  des  62.  Parallelkreises  zurückbleibt,   der  andere 


VII.    Die  Vertheilvmg  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  187 

in  der  Nähe  des  Polarkreises  südlich  von  Boothia  Felix  mitten  in  dem 
Insellabyrinth  des  arktischen  Amerika's;  in  dem  letzteren  Falle  be- 
trägt die  thermische  Anomalie  — T%^  C.  Auf  der  südlichen  Halb- 
kugel treten  nirgends  so  ausgesprochen  relativ  kalte  Bäume  hervor. 

Auch  für  die  einzelnen  Monate  hat  Dove  Isanomalen  entworfen. 
Am  lehrreichsten  sind  die  der  Monate  Januar  und  Juli,  weil  sie  die 
jährlichen  Extreme  der  Wärmewandelungen  zum  Ausdruck  bringen. 
Im  Januar  (vgl.  Fig.  12)  bilden  die  Isanomalen  der  nördlichen  Halb- 
kugel zum  gi'össeren  Theil  die  Gestalt  der  Continente  in  der  Weise 
nachy  dass  diejenigen,  welche  eine  geringere  als  die  normale  Tem- 
peratur bezeichnen,  im  Innern  der  Continente  und  parallel  mit  ihren 
Rändern  deren  Bild  verkleinert  darstellen,  während  die  Isanomalen  mit 
höherer  als  normaler  Temperatur  jenen  Parallelismus  an  den  Rändern 
der  Continente  und  über  den  Oceanen  vielfach  wiederholen.  Auf  der 
südlichen  Halbkugel  erstreckt  sich  während  des  Januars  der  Wärme- 
mangel meist  über  oceanische  Gebiete.  Ein  Wärmeüberschuss  besteht 
über  den  nördlichen  Theilen  des  Atlantischen,  Stillen  imd  Indischen 
Oceans,  in  Europa  (mit  Ausnahme  der  Stidostecke  unseres  Erdtheils), 
an  dem  Nord-  und  Südostrande  Afrika's,  den  Südspitzen  Asien's,  in 
ganz  Australien,  in  dem  grössten  (östlichen)  Theile  von  Südamerika 
und  an  der  Westküste  Nordamerika's.  Hingegen  gebricht  es  an  Wärme 
fast  dem  ganzen  asiatischen  Continent,  dem  Innern  Afnka's  und  fast 
ganz  Nordamerika,  welche  Erdtheile  durch  die  winterKche  Ausstrahlung 
stark  erkalten,  femer  der  Westseite  Südamerika's  und  den  südlichen 
Theilen  des  Atlantischen,  Stillen  und  Indischen  Oceans. 

Im  Juli  sind  die  Verhältnisse  im  allgemeinen  die  entgegengesetzten 
(vgl.  Fig.  13);  fast  alle  Räume,  die  im  Januar  zu  warm  waren,  sind 
nun  zu  kalt  und  umgekehrt.  Unter  dem  Einfluss  einer  bedeutenden 
Mittagshöhe  der  Sonne  und  der  grösseren  Tagesdauer  werden  nament- 
lich die  auf  der  nördlichen  Halbkugel  gelegenen  Ländermassen  stark 
erhitzt,  und  zwar  findet  sich  der  höchste  Wärmeüberschuss  im  Gebiete 
der  Wiisten  (er  wächst  in  Aegypten,  Arabien  und  Persien  bis  auf  mehr 
als  5®  C,  ebenso  hoch  in  Centralasien).  Mehr  als  normal  erwärmt 
ist  fast  die  ganze  Alte  Welt;  auszuschliessen  sind  hierbei  nur  die  Ost- 
spitze von  Asien,  sowie  die  Westküsten  und  der  südliche  Theil  von 
Afrika.  Femer  sind  durch  relativ  hohe  Wärmegrade  ausgezeichnet 
das  Innere  von  Nordamerika,  Centralamerika  und  der  Nordosten  von 
Südamerika,  die  Südspitze  Australien's  und  weite  oceanische  Räume 
der  südlichen  Halbkugel.  Dagegen  fehlt  es  an  Wärme  den  oben  an- 
geführten Theilen  der  Alten  Welt,  den  Rändern  Nordamerika's ,  dem 
Westen  und  Innern  Südamerika's  und  dem  australischen  Continent, 
sowie  fast  dem  ganzen  Atlantischen  und  nordpacifischen  Ocean. 


188  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  and  Lufthülle  der  Erde. 

Ein  Vergleich  zwischen  Januar-  und  Jnlibild  lehrt  uns:  Im  Ja- 
nuar zu  warm  und  zugleich  im  Juli  zu  kalt  sind  das  nordatlantische 
und  das  nordpacifische  Becken,  ein  grosser  Theil  von  Südafrika,  die 
westlichen  Uferlandschaften  Nordamerika's,  centrale  Gebiete  von  Süd- 
amerika und  fast  ganz  Neu-HoUand.  ^Im  Januar  zu  kalt  und  dabei  im 
Juli  zu  warm  sind  einzelne  Theile  des  südatlantischen  und  südpacifischen, 
sowie  des  südlichen  Indischen  Oceans,  b&t  ganz  Asien,  Nordafrika  und 
das  Innere  von  Nordamerika.  Im  Januar  und  Juli  sind  zu  kalt:  die 
östlichen  Bäume  des  südatlantischen  und  südpadfischen  Beckens,  die 
Ostspitze  Asien's,  die  Westküste  Afiika's  und  die  Nordostseite  Nord- 
amerika's  sammt  den  Parry- Inseln,  sowie  der  Westen  Südamerika's. 
Zu  den  privilegirten  Bäumen  endlich,  welche  sowohl  im  Januar  als 
auch  im  Juli  zu  hohe  Temperaturen  besitzen,  gehören  der  nördliche 
Theil  des  Indischen  Oceans,  dnige  tropische  Gebiete  der  Südsee  und 
das  Meer  westlich  von  Spitzbergen,  die  Südhälfien  der  dra  süd- 
asiatischen Halbinseln  und  ESeinasien,  die  Berberei,  Madagaskar  und 
die  ihm  benachbarte  afrikanische  Küste,  Centralamerika,  üsi  ganz 
Europa,  das  nordöstliche  Südamerika  und  die  Südspitee  von  Neu- 
Holland. 

Da  die  Januar-  und  Juhtemperaturen  wenigstens  in  den  allge- 
meinsten Zügen  die  Vertheilung  der  Winter-  und  Sommerwärme  über- 
haupt erkennen  lassen,  so  dürfen  wir  das  eben  Gefundene  auch  in  fol- 
gende Sätze  zusammenfrusen:  Es  giebt  1)  Bäume  mit  relativ  milden 
Wintern  und  kühlen  Sonmiem  (die  padfische  Küste  von  Nordamerika  etc. ), 
2 )  Bäume  mit  kalten  Wintern  und  heissen  Sommern  (das  Innere  von 
Asien,  Afrika,  Nordamerika  etc.),  3)  Bäume  mit  kalten  Wintern  und 
kühlen  Sommern  (die  Ostspitze  Asien's,  die  Westküste  Afrika's,  der 
Westrand  Südamerika's  etc.)  und  4)  Bäume  mit  milden  Wintern  und 
warmen  Sonmi^m  (die  südlichen  Theile  von  Vorder-  und  Hinterindien, 
die  Berberei,  üast  ganz  Europa  etc.). 

Um  die  örtlichen  Unterschiede  der  Sommer-  und  Wintertempera- 
turen Uar  zum  Ausdruck  zu  bringen,  bedient  man  sich  auch  noch 
einer  anderen  Art  von  Linien:  der  Isotheren  und  Isochimenen, 
d.  h.  der  Linien  von  Reicher  Sommer-  und  Winterwärme.  Gegen  die 
Einführung  dieser  Linien  in  die  Meteorologie  lassen  sich  jedoch  manig- 
fache  Bedenken  erheben,  z.  B.  die  willkürliche  Begrenzung  der  meteo- 
rologischen Jahreszeiten^),  sowie  deren  wesentlich  veränderte  Bed^i- 
tung  in  der  tropischen  Zone.     Zweckmässig  erscheint  es  daher,  statt 

^)  Sie  hllen  darchaos  nicht  mit  den  astronomischen  Jahreszeiten  insam- 
men;  Tiehnehr  lässt  man  in  Deutschland  den  Sommer  mit  dem  Juni,  den 
Winter  mit  dem  December  beginnen.  Die  Engländer  fangen  diese  beiden 
Jahreszeiten  mit  Juli,  resp.  Janaar  an. 


VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  189 

der  Jahreszeiten  ganz  willkürlich  gewählte,  aber  allgemein  angenom- 
mene kleinere  Zeitabschnitte,  wie  es  die  Monate  sind,  zu  brauchen, 
den  jährlichen ,  Wärmewechsel  also  lieber  durch  Monatsisothermen  als 
durch  Isotheren  und  Isochimenen  darzustellen. 

V  H.     Gleichmässiges  und  excessives  Klima. 

üeberblicken  wir  vergleichend  den  Verlauf  der  Januar-  und  Juli- 
isothermen, so  erkennen  wir  sofort  folgenden  wichtigen  Gegensatz  zwi- 
schen beiden  Bildern:  die  Isothermen  des  Januar  senken  sich  fast 
überall  im  Innern  grosser  Länderräume,  während  sich  die  des  Juli  in 
ebenso  einheitlichem  Sinne  innerhalb  der  Continente  gegen  Norden  er- 
heben, und  zwar  tritt  dieses  Gesetz  auf  der  nördlichen  Halbkugel, 
ihren  grösseren  continentalen  Massen  entsprechend,  viel  deutlicher  zu 
Tage  als  auf  der  südlichen.  Hieraus  aber  geht  hervor,  dass  die  cen- 
tralen Theile  der  Festländer  im  Winter  eine  relativ  niedrige,  im  Som- 
mer hingegen  eine  verhältnissmässig  hohe  Temperatur  besitzen  oder 
mit  anderen  Worten,  dass  sich  die  Wärmeunterschiede  innerhalb  der 
jährlichen  Periode  um  so  mehr  steigern,  je  tiefer  wir  in  die  continen- 
talen Gebiete  eindringen. 

Diese  klimatischen  Contraste  sind  leicht  zu  erklären.  Das  Land 
wird  durch  die  zugestrahlte  Wärme  rasch  erhitzt;  aber  es  erkaltet 
auch  nach  dem  Aufhören  der  Insolation  ausserordentlich  schnell,  wäh- 
rend sich  das  Meer  wegen  der  grossen  specifischen  Wärme  des  Was- 
sers nur  langsam  erwärmt,  die  empfangene  Wärme  jedoch  auch  nicht 
so  schnell  wieder  zurückgiebt.  Demnach  ist  auch  die  Luft  über  dem 
Meere  und  in  der  Nähe  desselben  im  Winter  weniger  kalt,  im  Som- 
mer hingegen  weniger  warm  als  über  dem  Festlande.  Hierzu  kommt, 
dass  ein  Theil  der  dem  Meere  zugestrahlten  Wärme  lediglich  dazu 
dient,  Wasser  in  Dampf  zu  verwandeln;  es  wird  also  dem  Wass«: 
und  somit  indirect  auch  der  Luft  über  demselben  Wärme  entzogen. 
Femer  ist  mit  der  vermehrten  Dampfentwicklung  naturgemäss  eine 
reichere  Wolkenbildung  verknüpft.  Hierdurch  aber  wird  über  dem 
Meere  und  an  seinen  Gestaden  die  Insolation  gemässigt,  die  Ausstrah- 
lung hingegen  gehemmt  Es  bewirken  demnach  über  und  an  dem 
Meere  verschiedene  Factoren  eine  Abschwächung  sowohl  der  Sommer- 
hitze als  auch  der  Winterkälte.  Man  bezeichnet  daher  dasjenige  Klima, 
welches  durch  kühle  Sommer  und  milde  Winter  charakterisirt  ist,  als 
maritimes  oder  Küstenklima,  solches  hingegen,  welches  hohe 
Sommer-  und  strenge  Wintertemperaturen  aufweist,  alscontinentales 
oder  Landklima;  doch  empfehlen  sich  hierfiir,  wie  wir  weiter  unten 
(S.  191  f.)  sehen  werden,  noch  mehr  die  Ausdrücke  gleichmässiges 
und  excessives  Klima. 


190  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  LufthuUe  der  Erde. 

In  Europa  haben  Grossbritannien  und  Irland  ein  auffidlend  gleich* 
massiges  Klima.  Im  nordöstlichen  Irland  gefriert  es  kaum,  obwohl 
die  mittlere  Jahrestemperatur  der  des  mitderen  Deutsehland  gleich  ist. 
In  der  Grafschaft  Tipperary  (Munster)  bleibt  der  Lorbeer  im  Winter 
ungeschützt  und  erreicht  6  — 10  Meter  Höhe,  imd  an  der  Küste  von 
Glenann,  in  gleicher  Breite  mit  Königsberg,  vermag  die  Myrte  aifch 
die  rauhe  Jahreszeit  im  Freien  zu  überdau^n.  Dasselbe  gilt  von  den 
Küsten  von  Devonshire,  wo  Myrten,  Camellien  und  Fuchsien  im  Freien 
überwintern  und  sogar  Orangebäume,  die  an  Spalieren  emporwachsen 
und  im  Winter  höchstens  mit  Matten  bedeckt  werden,  bisweilen  Früchte 
tragen.  Devonshire  und  der  Rheingau  werden  nahezu  von  denselben 
Isothermen  (11^  C),  aber  nicht  von  den  gleichen  Isotheren  und  Iso- 
chimenen  durchschnitten.  Der  milde  Winter  Devonshire's  (6,2  ^^  C. 
lässt  ^lyrte  und  Lorbeer  im  Freien  aushalten,  die  im  Rheingau  er- 
frieren würden;  umgekehrt  bringen  die  warmen  Sommer  des  Rhein- 
gau's  die  köstlichsten  Weine  zur  Reife,  welche  in  Devonshire  wegen 
jVIangel  an  Wärme  (mittlere  Sommerwärme  15  ®  C.)  nicht  zur  Reife 
gelangen.  Auch  in  der  Normandie  und  Bretagne  gedeihen  Granat-  und 
Lorbeerbaum  ausserhalb  der  Gewäclishäuser,  während  doch  die  Wein- 
traube im  Sommer  nicht  die  zu  ihrer  Reife  erforderliche  Wärme  em- 
pfängt^). Selbst  auf  den  Färöem  ist  der  Winter  so  geUnde,  dass  auf 
kleineren  Seen  und  sogar  auf  Wasserpfiitzen  jegliche  Eisbildung  ver- 
misst  wird;  doch  ist  der  Sommer  so  kühl,  dass  während  desselben 
nicht  selten  Schnee  in  den  Ebenen  fällt.  Buchen  imd  Eichen  kom- 
men hier  schon  nicht  mehr  fort,  obwohl  die  Winter  milder  sind  als  in 
Ungarn. 

Wesentlich  andere  als  die  geschilderten  Einflüsse  üben  diejenigen 
Meere  auf  die  Lufttemperatur  ihrer  Umgebung  aus,  an  deren  Rändern 
sich  während  des  Winters  ausgedehnte  Eisflächen  ansetzen.  Von  dem 
Zeitpunkte  an,  in  welchem  der  Wasserspiegel  sich  mit  Eis  überzieht, 
spielen  die  Meeresgebiete  im  wesentlichen  dieselbe  Rolle  wie  das  Fest- 
land. Sie  mildem  demnach  zwar  die  Sommerwärme,  nicht  aber  die 
Winterkälte;  denn  die  W^ärmeausstrahlung  ist  hier  während  des  Win- 
ters eine  ebenso  kräftige  wie  auf  dem  Festlande.  Eine  wesentliche 
Störung  des  normalen  Temperaturganges  erfolgt  in  der  Nähe  weiter 
Eisfelder  noch  zur  Zeit  der  Eisschmelze.  Da  nämlich  während  der- 
selben die  zugeflihrte  Sonnenwärme  zum  grossen  TheU  dazu  diente 
Eis  in  Wasser  zu  verwandeln,  also  zur  Erhöhung  weder  der  Wasser- 
noch  der  Lufttemperatur  etwas  beiträgt,  so  verzögert  sich  der  Eintritt 

^\  A.  V.  Humboldt.  Kleinere  Schriften.  Stuttgart  und  Tübingen  1853. 
Bd.  I,  S.  260  ff. 


VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  191 

grösserer  Sommerwärme  ausserordentlich.  Bekannt  ist,  wie  sehr  die 
Eisschmelze  in  den  nördlichen  Theilen  der  Ostsee  die  Frtihlingstempe- 
raturen  der  umliegenden  Küstengebiete  stark  erniedrigt.  Entstehen 
aber  so  mächtige  Eismassen  in  einem  Meere  wie  im  Karisclien,  in  wel- 
ches zugleich  noch  durch  die  beiden  Ströme  Ob  und  Jenissäi  viel 
Treibeis  hinab  bewegt  wird,  so  muss  der  sommerliche  Wärmegang 
eine  noch  bedeutendere  Veränderung  erleiden.  In  der  That  ist  dies 
der  FaD;  denn  auf  Nowaja  Semlja  und  an  der  Boganida  im  Taimyr- 
lande  (71  «  5'  n.  Br.  und  118«  ö.  L.  v.  Gr.)  findet  sich  Aas  Maxi- 
mum der  Temperatur  nicht  im  Juli,  sondern  erst  im  August ').  Ebenso 
sind  die  Küsten  des  Ochotskischen  Meeres  im  Sommer  anomal  kalt, 
weil  in  diesem  Meere  noch  im  August  Eis  vorhanden  ist,  dessen  Schmel- 
zung viel  Wärme  fordert. 

Nun  erklären  sich  auch  die  kühlen  Sommer  und  die  strengen 
W^inter  in  den  Uferdistricten  der  Hudsons-Bay.  Die  zahlreichen  Süss- 
wasserspiegel  von  Nordamerika,  vor  allem  die  grossen  canadischen 
Seen,  sowie  die  vielen  tief  eindringenden  Meeresbuchten,  insbesondere 
die  Hudsons-Bay,  bedecken  sich  bei  beginnendem  Winter  mit  Eis, 
nehmen  also  in  thermischer  Hinsicht  den  Charakter  des  Festlandes  an. 
Daher  begegnen  wir  hier  trotz  der  Nähe  des  Meeres  im  Winter  den 
strengsten  Temperaturen,  im  Frühjahre,  wenn  die  Eismassen  schmelzen, 
noch  immer  beträchtUcher  Kälte  und  auch  im  Sommer  einer  vergleichs- 
weise niedrigen  Temperatur.  So  hat  Fort  Churchill  an  der  Hud- 
sons-Bay (unter  59  Grad  n.  Br.)  bei  einer  mittleren  Jahreswärme  von 
—  7,6®  C.  zwar  eine  dem  „Küstenklima"  entsprechende  niedere  Juli- 
temperatur (13,7®  C),  zugleich  aber  auch  die  tiefe  Februartemperatur 
von  —  29,5  ®  C.  Die  mittleren  Monatstemperaturen  schwanken  also 
ZMTischen  43,2  ®  C,  d.  h.  ganz  in  der  Weise  des  continentalen  Klimas. 

Unsere  letzten  Erwägungen  lassen  erkennen,  dass  der  Ausdruck 
„Küstenklima^  kein  glücklich  gewählter  ist,  weil  es  thatsächlich  Küsten- 
gebiete giebt,  welche  die  ganze  Strenge  des  Winters  in  gleichem  Masse 
erfahren  wie  die  inneren  Theile  der  Continente.  Doch  gilt  dies  nicht 
etwa  nur  im  Hinblick  auf  die  polaren  Ufergebiete,  die  im  AA'inter 
durch  die  Bildung  weiter  Eisflächen  dem  Ocean  gleichsam  entrückt  er- 
scheinen, sondern  auch  für  solche  Gestade,  die  gänzlich  ohne  Küsten- 
eis sind.  Neu-England  hat,  obwohl  es  vom  Meere  bespült  wird,  ein 
excessives  Klima.  Portland  in  Maine,  unter  43  ^  39 '  n.  Br.  und  zwar 
unmittelbar  am  Meere  gelegen,  hat  eine  mittlere  Jahrestemperatur  von 
9®  C;  dabei  beträgt  die  Mitteltemperatur  im  Januar,   dem  kältesten 

^)  K.  y.  Baer  in  A.  Th.  v.  Middendorff's  Reise  io  den  fiussersten 
Norden  und  Osten  Sibirien^    Petersburg  184S.    Bd.  I,  Tb.  1,  S.  55  ff. 


192  Dritter  Tlieil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde, 

Monat,  — 5,1"  C,  im  Juli  aber,  dem  wärmsten  Monat,  20,1^  C;  die 
beiden  extremen  Monatsmittel  difieriren  demnach  um  25,2^  C,  wäh- 
rend der  gleiche  Werth  für  Leipzig  (mittlere  Jahrestemperatur  8,5  ®  C, 
Januartemperatur  — 1,1®  C,  Julitemperatur  17,9®  C),  obwohl  dieses 
dem  Binnenlande  und  einer  höheren  Breite  angehört,  nur  gleich  19  ®C. 
ist  Peking  (unter  39®  54'  n.  Br.),  obschon  nur  18  geogr.  Meil^i 
weit  von  der  Küste  entfernt,  hat  einen  Januar  (mittlere  Temperatur 
—  4,6  ®  C.)  wie  das  europäische  Nordcap  und  einen  Juli  (mittlere  Tem- 
peratur 2G^  ®  C. )  wie  Smyma.  Die  Amplitude  der  Monatsmittel  tiber- 
schreitet hier  also  30®  C. ,  und  doch  würde  man  mit  Bücksicht  auf 
die  Lage  Peking's  geneigt  sein,  dieser  Stadt  ein  „maritimes"  E[lima, 
d.  h.  ein  Klima  mit  geringen  Temperaturunterschieden  innerhalb  der 
jährUchen  Periode  zuzuschreiben.  Das  excessive  Klima  Neu-Elngland's 
und  Nordchina's  erklärt  sich  aus  den  eigenthümlichen  Windverhält- 
nissen  beider  Gebiete.  Hier  wie  dort  walten  während  des  Winters 
kalte  Nordwest-  und  während  des  Sommers  warme  Südwest-,  resp. 
Südwinde  vor,  also  im  ersten  Falle  und  zimi  Theil  auch  im  zweiten 
Landwinde.  Wir  dürfen  überhaupt  sagen,  dass  Orte  am  Meere,  welche 
mehr  unter  der  Herrschaft  von  Land-,  als  von  Seewinden  stehen,  auch 
nicht  jenes  gleichmässige  Klima  besitzen,  welches  man  mit  Vorliebe 
.Seeklima"  nennt  Wir  haben  um  so  weniger  Ursache,  von  einem 
solchen  zu  sprechen,  als  unter  höheren  Breiten  auch  der  Einfluss  des 
Meeres  nicht  mehr  hinreicht,  die  G^ensätze  der  mittleren  Monats- 
temperaturen  wesentlich  zu  mildem,  wie  die  zweite  Tabelle  auf  S.  142 
deutlich  erkennen  lässt  Sämmtliche  dort  angeführte  Orte  befind^i 
sich  in  der  Nähe  des  Meeres,  und  doch  schwanken  die  Amplituden 
ihrer  Monatstemperaturen  nach  Massgabe  der  Breite  zwischen  1,5  und 
41,4^  C. !  Man  sollte  deshalb  die  Namen  „maritimes"  und  „continentales 
Klima''  unbedingt  aufgeben,  da  sie  leicht  irrige  Anschauungen  hervor- 
rufen, und  statt  deren  die  bezeichnenderen  Ausdrücke  „gleichmässiges'' 
imd  „excessives  Klima''  brauchen. 

Letzteres  tri£Pi;  man  viel  consequenter  im  Innern  der  Festländer 
an  als  ersteres  an  den  Bändern  derselben.  Die  Festländer  werden 
durch  die  zugestrahlte  Sonnenwärme  stärker  erhitzt  als  das  Meer,  zu- 
mal durch  die  geringe  Dampfbildung  nur  wenig  Wärme  gebunden 
wird  und  auch  die  vorwiegende  Heiterkeit  des  Himmels  einer  reicheren 
Wärmeentwicklung  im  Sommer  günstig  ist  Doch  ist  hier  im  Winter 
in  Folge  der  Beinheit  der  Luft  die  Wärmeausstrahlung  eine  relativ 
grosse,  weshalb  auch  zu  dieser  Zeit  die  Temperaturemiedrigung  am 
ansehnhchsten  ist  Daher  begegnen  wir  auf  den  Continenten,  insbeson- 
dere in  deren  Innerem  dem  grössten  täglichen  und  jährlichen  Tem- 
peraturwechsel.   Doch  hat  man  sich  hierbei  immer  zu  vergegenwärtigen^ 


VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche. 


193 


claBS  in  der  tropiflchen  Zone  selbst  in  den  innersten  Gebieten  der  Erd- 
theile  die  Monatstemperaturen  niu*  um  10  — 15^  C.  von  einander  ab- 
weichen; bloss  am  Südrande  der  Sahara  überschreitet  die  AmpUtude 
den  Werth  von  20 »  C. 

In  Europa  tritt  der  Charakter  des  excessiven  Klimas  erst  in  den 
östlichen  Grenzdistricten  klar  hervor.     Fig.  14  zeigt  uns,   wie  ganz 

Fig.  14. 


Gang  der  Temperatur  in  der  jährlichen  Periode  za  Orenbnrg,  Catania, 

Göttingen,  Gibraltar  und  ThorshaTn. 

anders  der  jährUche  Temperaturgang  an  der  asiatischen  Grenze  bei 
Orenburg  ist  als  an  den  Ufern  des  Atlantischen  Oceans  (Thorshavn, 
Gibraltar);  die  Curven  für  Göttingen  und  Catania  stellen  eine  Mittel- 
form dar.  Januar-  und  Julitemperatur  weisen,  wie  Fig.  14  lehrt, 
in  Orenburg  eine  Diflferenz  von  mehr  als  35®  C,  in  Thorshavn,  der 
Hauptstadt  der  Färöer,  aber  von  nicht  ganz  8  ®  C.  auf. 

Noch  viel  mehr  als  die  Mitteltemperaturen  einzelner  Monate  oscü- 
liren  natürlich  die  in  einzelnen  Fällen  wahrgenommenen  höchsten  und 
niedrigsten  Temperaturwerthe.  So  reifen  in  Astrachan  im  Sommer  die 
schönsten  Trauben;  dennoch  sinkt  bei  Elisljar  am  Terek  (Eisljar  liegt 
in  gleicher  Breite  wie  Avignon  und  lümini!)  im  Winter  das  Thermo- 
meter bis  auf  — 20,  ja  selbst  — 30^  C.  herab  >).    Im  Gouvernement 

>)  A.  ▼.  Humboldt  in  Poggendorffs  Annalen,  Bd.  XXIII  (1831), 
S.  89. 

Peschel-Leipoldt,  Phys.  Erdknnde.   II.  ^* 


194 


Dritter  Theil.    Die  Wasser-  and  Lufthülle  der  Erde. 


Samara  (unter  51  ^  5^  n.  Br.^  also  auf  demselben  Piarallelkreise  wie 
Dresden)  ^t  das  Thermometer  nach  Wesselowsky  bis  ~39,4^C. 
wie  in  Archangel  und  steigt  bis  41  ^  C.  wie  in  Unterägypten  und 
Madras^).  In  Jakutsk  (Januartemperatnr  — 40,8^  C,  Julitemperatar 
17,4^  C.)j  wo  sich  die  Unterschiede  der  mittleren  Monatstemperaturen 
bis  auf  58,2^  C.  steigern,  entfernen  sich  die  änssersten  bisher  be- 
obachteten Temperaturen  sogar  um  95,6 '^  C;  denn  man  hat  im 
Sommer  schon  35,6®,  im  Winter  aber  — 60,0®  an  dem  hundert- 
theiligen  Thermometer  abgelesen.  In  Nordamerika  bietet  wohl  Ft. 
Confidence  (66®  54'  n.  Br.,  118«  49'  w.  L.  v.  Gr.)  diegrössten  Tem- 
peraturcontraste  dar;  denn  die  mitderen  Temperaturen  des  Januar 
(—32,6®  C.)  und  des  Juli  (11,6®  C.)  differiren  um  44,2®  C. 

Zur  Charakterisirung  des  gleichmfissigen  und  des  excessiren  Kli- 
mas diene  noch  folgende  Tabelle: 


Ort. 


Breite. 


Seehöhe. . 


Mittlere 
Jahres- 
tempera- 
tur. 


I  Mittlere  , 

Janoar- 
;  tempera- , 
i       tur. 


Mittlere  ,  Differenz 
Jnlitem-  |  zwischen 
peratur.  1  beiden. 


Hokitika  (Neusee- 
land)    .    .    .    . 

Falklands-Inseln  . 

Hobarton 

Dnblin 

Sitcha .    . 

Reykjavik 

Dresden  . 
Ofen    .    . 


I 


Astrachan 
Irkutsk 
Jakutsk   . 


.▼  I 


42»42'S. 
;  52»       S. 

42«53'S. 

53«  21'  N 
.57«  3'N 

64«  8'N 

51*  3'  N. 
47»31'N. 

46»21'N. 
52»  17'  N 

62*   l'N. 


128 


3  Met,  11,3 •  C.     15^«C.>) 

:  I2,4»a») 

16,7  •  C. 

5,1  •  C. 

0,0  «C. 

-~2,0«C.^) 

0,0  •€. 
—1,4  •  C. 


127  Met. 


8,5  •  C. 

12.0  •  C. 

10.1  •  C. 
6,2  •  C. 

4.1  •  C. 

9.2  •  C. 
10,9  •  C. 


7,3  »C. 

3,0*0. 

6,5  •  C. 

15,8  •€. 


8,2«  C. 

9,4  •  C. 
10,2  •  C. 
10,7  •  C. 


—  9,5  •  C. 

;382  Met  -41,5 •  C. 

87     „     -10,2«  C, 


— 6,4»C. 
—21,2  •  C. 

-40,8  »C. 


13,2  •C«)  13,2»  C. 

13.4  •€.  15,4  »C. 

18.5  •  C.  :  18,5  •  C. 

22.4  «C.  23,3  •€. 

24.5  •  C.  30,9  *  C. 
18,5  •  C.  39,7  •  C. 
17,4  •  C.  :  58.2  •  C. 


1)  FebnuutoBpvmtar. 

2)  Aogwttempcnfcar. 


J.    Maxima  und  Minima  der  Luftwärme. 

Die  höchsten  und  niedrigsten  Mitteltemperaturen  der  Monate  be- 
zeichnen, wie  berdts  angedeutet  wurde ,  keineswegs  die  thatsächlichen 
Wänneextreme  eines  Ortes,  sondern  sind  selbst  nur  die  Mittel  aus  einer 


^)  Wesselowsky,  Sur  le  climat  de  la  Steppe  Trans- Wolgaienne.    Tir^ 
des  mdlanges  asiatiques.    Tome  m,  p.  103  sq. 


VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  195 

Reihe  von  Temperaturoscillationen,  unter  denen  einzelne  weit  über  die 
beiden  äussersten  Monatsmittel  hinausreichen. 

Wahrscheinlich  kommen  die  höchsten  Temperaturen  in  Tibet 
vor,  obwohl  der  südliche  Theil  dieses  Landes  noch  30  Grad  vom  Aequa- 
tor  entfernt  ist.  Hier  steigt  im  Sommer  die  Lufttemperatur  bis  zu 
65®  C.  ^).  Ritchie  und  Lyon  beobachteten  in  der  Oase  von  Mur- 
zuk  im  Schatten  56,2®  Cl.  ^);  Sturt  £Eknd  am  Flusse  Macquaire  in 
Australien  53,9®  C,  Tamisier  in  Abu-Arich  (Arabien)  52,5®  C. ^). 
In  Massua  soll  sich  in  den  Sommermonaten  die  Temperatur  zuweilen 
bis  auf  52  ®  C.  erheben  *).  Im  Indusdelta  wächst  sie  während  einiger 
Stunden  des  Tages  häufig  auf  30  bis  40®  C,  im  Pandschab  aber 
(z.  B.  bei  Multan)  sogar  auf  50  bis  52®  C.  Bis  zu  diesen  Graden 
erhitzte  Luft  heisst  in  der  englischen  Terminologie  der  Pandschab- 
bewohner  nicht  mehr  „heiss",  sondern  „scorching,  grilling",  d.  i.  „rö- 
stend^^^).  Als  Maximaltemperatur  ftü*  das  Gebiet  des  Senegal  wie  fUr 
die  Insel  Guadeloupe  giebt  man  54  ®  C. ,  für  Persien  52  ®  C.  ®) ,  für 
die  Oase  Rhadames  (Nordrand  der  Sahara)  50  ®  C. ') ,  für  Calcutta 
49  ®  C.  an. 

Geftlrchtet  sind  selbst  die  hohen  Wärmegrade  der  Luft  über  dem 
Rothen  Meere.  Dieses  enge,  von  kahlen,  steilen  Felsufem  umschlossene 
Meer  straWt  eine  flammende  Hitze  zurück,  und  nicht  selten  ereignet  es 
sich,  dass  Passagiere  auf  den  Dampfern  niederfallen,  als  ob  sie  erstickt 
oder  vom  Blitz  getroffen  worden  wären.  Las  doch  Hermann  v. 
Schlagintweit  auf  dem  Schiffe  im  Rothen  Meere  am  12.  October 
1854  (also  durchaus  nicht  im  heissesten  Monat)  Nachmittags  2  Uhr  an 
seinem  Thermometer  eine  Temperatur  von  35,2®  C.  ab®)!  Capitaine, 
welche  von  Sues  aus  nach  Süden  reisen,  sind  wegen  der  unerträglichen 
Hitze  im  südlichen  Theile  des  Meeres  bei  flauer  Brise  oder  Windstille 
manchmal  gezwungen,  während  der  heissesten  Tagesstunden  das  Schiff 
zu  wenden  und  rückwärts  arbeitend  den  Curs  so  gut,  als  es  geht, 
fortzusetzen,  um  den  von  der  Hitze  vollständig  erschöpften  Passagieren 


1)  Nature,  Vol.  VI,  Nr.  166.    2.  January  1873,  p.  170. 

^)  A.  y.  Humboldt,  Centralasiea  Uebersetzt  von  W.  Mahlmann. 
BerUn  1844.    Bd.  II,  S.  66,  Nota. 

«)  E.  E.  Schmid,  Lehrbuch  der  Meteorologie.    Leipzig  1860.    S.  401  f. 

*)  W.  Kropp  in  den  Mittheilungen  der  k.  k.  geographischen  Gresell- 
schaft  in  Wien.    Bd.  XV  (1872),  S.  360. 

")  Herm.  y.  Schlagintweit  -  Sakünlünski,  Reiseh  in  Indien  und 
Hochaaien.    Jena  1869.    Bd.  I,  S.  413.  417. 

*)  Nature,  1.  c.  p.  170. 

^)  Gerhard  Bohl fs,  Quer  durch  Afrika.    Leipzig  1S74.  Bd.  I,  S.  72. 

«)  H.  V.  Schlagintweit-S.,  1.  c.  Bd.  I,  S.  26. 

13* 


196 


Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  LnfthüUe  der  Erde. 


nur  etwas  Erleichtening  zu  verscfaafiien  ^).  Granz  besonders  gik  dies 
von  der  Gregend  um  Massna,  wo  in  der  heissen  Jahreszeit  selbst  die 
Nächte  nur  sehr  geringe  Abkühlung  gewähren.  Hunzinger  fand 
hier  beispidsweise  folgende  Temperaturen  im  JuK  und  August  d 
Jahres  1865: 


Juli: 


MiUeL 

Maximum. 

Minimnm 

34^*  C. 

36,0  •  C. 

32,0  •€. 

35,6 «  C. 

41,0  •  C. 

34^0»  C. 

35,0  •  C. 

• 

37,0  •  C. 
August: 

34^0«  C. 

33,4  •  C. 

36,6  •  C. 

34,8  •  C. 

37,0  •  C. 

41,0  •  C. 

'      37,3«  C. 

28,5  •  C. 

30,0 «  C. 

29,0«  C«) 

7  Uhr  Vorm. 
]     jf      Nachm. 

6  rf      Nachm. 

7  „      Vorm. 

1     ^      Nachm. 
6    n      Nachm. 


Im  Orient,  insbesondere  in  Mesopotamien  und  Vorderindien,  be- 
dienen sich  nicht  nur  Europäer,  sondern  auch  reiche  fSngeborene  zur 
Abwehr  der  fbrchterlichen  Hitze  während  der  heissen  Monate  eines 
grossen,  über  das  ganze  Zimmer  reichenden  Fächers  oder  Schirmes 
von  dünnem  Zeug,  Pankha  (auch  Punkah,  Ponke,  Banka)  genannt, 
der  an  der  Zinmierdeeke  befestigt  ist  und  mittelst  eines  Strickes  von 
einem  Diener  stets  hin-  und  heigezogen  wird.  Für  den  Neuling  ist 
die  auf  diese  Weise  erzeugte  Abkühlung  so  empfindlich,  dass  er  dabei 
von  einer  Anwandlung  von  Frost  befidlen  wird.  Indess  Teriiert  sich 
dies  nach  kurzer  Zeit,  und  dann  erscheinen  die  Pankhaschwingungen 
nicht  bloss  während  des  Tages,  sondern  wohl  auch  des  Nachts  nöthig. 
Obwohl  das  Bette  in  Indien  nur  aus  einem  Bohigeflechte  ohne  aDes 
Polster  und  die  Decke  nur  aus  einem  Leintuch  besteht,  so  stört  die  Hitze 
dennoch  die  Nachtruhe,  und  der  Schlafende  bricht  augenblicklich  in 
Schweiss  aus,  sobald  die  Pankha  sich  nicht  mehr  bewegt'). 

üebrigens  vermag  sich  der  Mensch  ziemlich  bald  ohne  grosse  Be- 
schwerden an  hohe  Temperaturen  zu  gewöhnen,  fiills  dieselben  fort- 
gesetzt auf  ihn  wirken,  womit  sich  fireiHch  immer  auch  zugleich  eine 
grosse  Empfindlichkeit  gegen  Wärm^rade  verbindet,  welche  den  Be- 

M  W.  Kropp,  L  c  S.  352. 

«)  W.  Kropp,  1.  c.  S.  361. 

3)  Pauline  ▼.  Nostitz,  Johann  Wilhelm  Helfer's  Reisen  in 
Vorderasien  und  Indien.  Leipzig  1S73.  Bd.  IL,  S.  41  f.  H.  Petermann, 
Reisen  im  Orient    Leipzig  1S61.    Bd.  U,  S.  14S. 


VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  197 

wohnem  höherer  Breiten  durchaus  nicht  in  gleichem  Masse  unbequem 
sind.  So  erzählt  uns  Mungo  Park^),  dass  im  Februar  1796  in  der 
Nähe  von  Jarra  (am  Südrande  der  Sahara,  unter  15  ^  n.  Br.  und  8  ^ 
w.  L.  V.  Gr.)  keiner  der  ihn  begleitenden  Neger  vor  Kälte  hätte 
schlafen  können,  weil 'das  Thermometer  nur  auf  20  ^  C.  zeigte.  Und 
Qt.  Schweinfurth^)  berichtet  uns,  dass  nach  längerem  Bade  im 
Flusse  Ibba  (im  Grebiete  der  Niam-Niam,  etwa  unter  dem  5.  Grad 
n.  Br.)  seine  Haut  in  einen  Zustand  der  Erstarrung  gerathen  sei ,  als 
er  das  Wasser  verliess,  da  die  Lufttemperatur  kaum  30  ^  C.  überstieg. 

Fast  genau  soviel,  als  einzelne  Temperaturmaxima  über  dem  Null- 
punkte liegen,  befinden  sich  auch  einzelne  Temperaturminima 
unter  demselben.  Die  niedrigste  bekannte  Temperatur  ermittelte 
Gmelin  bei  Kiringa  in  Sibirien,  nämlich  120^  F.  imter  dem  Gefiier- 
punkte  ( —  66%  ®  C.)  ^).  Zu  Wierchojansk  in  Tschuktschen  -  Lande 
sank  das  Thermometer  einmal  bis  zu  —  62^/4  ®  C.  *),  in  Nischne  Udinsk 
(nordwestlich  von  Irkutsk)  bis  zu  — -62V2^  C.  ^),  in  Jakutsk  (am 
21.  Januar  1838)  bis  zu  —60«  C«),  in  Jenissäisk  bis  zu  —  59«  C. 
(Januar  1872),  in  Bogoslowsk  (Ostfiiss  des  Ural)  bis  zu  — 56®  C. 
(Januar  1868),  in  Bamaul  bis  zu  —  55®  C.  (December  1860),  in 
Ischim  (Ob-Gebiet)  bis  zu  —  54o  C.  (Januar  1858)  7).  Diesen  Tem- 
peraturen des  asiatischen  Continents  lassen  sich  folgende  aus  den  ark- 
tischen Gebieten  Amerika's  zur  Seite  stellen:  Capt.  Back  sah  in  Ft. 
KeUance  (62 »  46,5'  n.  Br.)  am  17.  Januar  1834  sein  Alkohol -Ther- 
mometer bis  — 56,7®  C.  fallen®).  Hayes  beobachtete  auf  einer 
Schlittenreise  im  Smithsunde  (an  der  Westküste  Grönland's)  in  der 
Nacht  vom  17.  zum  18.  März  1861  eine  Temperatur  von  —55,8  ^  C.*), 
Kane  am  21.  Januar  1842  im  Bensselaer- Hafen  eine  solche  von 
—  55,6  0  C. 

Die  äussersten  Temperaturwerthe,   welche  bisher  auf  Erden  über- 

^)  Reise  in  das  Innere  von  Afrika  in  den  Jahren  1795,  1796  und  1797. 
Hamburg  1799.  S.  117. 

*)  Im  Herzen  von  Afrika.    Leipzig  1874.     Bd.  I,  S.  473. 

»)  Sir  John  F.  W.  Herschel,  Physical  Geography  of  the  Globe.  Sthed. 
Edinburgh  1875.  p.  238.  Herschel  giebt  einfach  —120*'  F.  (— 84V9*  C.)  an; 
doch  bemht  dies  wohl  auf  einem  Versehen. 

*)  Nach  Carl  v.  Neumann  im  Globus,  Bd.  XXVI  (1874),  Nr.  20,  S.  314. 

^  Nach  Herm.  v.  Schlagintweit-S.,  1.  c.  Bd.  I,  S.  417. 

•)  Nach  Neweroff  in  Dove,  Klimatologische  Beiträge.  Berlin  1857. 
Bd.  I,  S.  55. 

^)  A.  Wojeikof,  Die  atmosphärische  Circulation  (Ergänzungsheft  Nr.  38 
zu  Petermann's  Mittheilungen  1874).    S.  8. 

')  Poggendorff's  Annalen,  Bd.  XXXVHI  (1836),  S.  285. 

»)  J.  J.  Hayes,  The  open  Polar-Sea.    London  1867.  p.  284. 


198  Dritter  ThdL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

haupt  wahrgenommen  worden  sind,  entfernen  sich  demnach  mehr   als 
130®  C.  von  einander,  somit  weiter  als  Gefrier-  und  Siedepimkt 

Dass  der  Mensch  bei  all  diesen  so  aosserordentlich  wechselnden 
Temperaturen  siegreich  seine  Existenz  zu  behaupten  vermag,  ist  ohne 
Zweifel  ein  bedeutungsvoQes  Zeugniss  f&r  seine  hohe  Organisation. 

E.     Gleichzeitige  Wärmeanomalien  verschiedener 

Gegenden. 

Wenn  auch  im  allgememen  die  Temperatur  eines  Ortes  regd- 
massig  sich  vollziehenden  Schwankungen  unterli^t,  so  sind  doch  dabei 
kleinere  und  selbst  grössere  Abirrungen  von  der  normalen  Temperatur 
nicht  ausgeschlossen.  Dove  hat  dieselben  zum  G^enstand  einer  ge- 
nauen Untersuchung  gemacht  und  in  einer  Reihe  von  Au&ätzen  in  den 
Abhandlungen  der  Egl.  Akademie  der  Wissenschaften  za  Berlin  über 
sie  berichtet^). 

Zweierlei  hat  Dove  vor  aUen  Dingen  durch  seine  Arbeiten  scharf 
erwiesen:  1)  dass  eine  erhebliche  Abweichung  vom  wahren  Mittel,  sei 
es  ein  Ueberschuss  oder  ein  Mangel  an  Wärme,  nie  örtlich  beschrftnkt 
ist,  sondern  sich  vielmehr  gleichzeitig  über  grössere  Länderräume  ver- 
breitet, innerhalb  welcher  die  Störung  von  einem  Maximum  in  der 
Mitte  nach  den  Rändern  zu  allmählich  abnimmt,  und  2)  dass,  wenn 
auf  einer  der  beiden  Halbkugeln  an  einem  Orte  eine  solche  Störung 
der  Temperaturverhältnisse  erfolgt,  irgendwo  westlich  oder  östlich 
vom  Störungsgebiet  eine  Anomalie  im  entgegengesetzten  Sinne  eintritt. 
Besässe  z.  B.  das  westliche  Europa  eine  niedrigere  Temperatur  als  die 
normale,  so  müssten  demnach  etwa  Nordamerika  und  Russland  ein  be- 
sonders mildes  Wetter  gemessen,  so  dass  auf  der  nördlichen  Erdhälfte 
immer  ein  Ausgleich  stattfinde  wie  zwischen  Soll  und  Haben  einer  ge- 
ordneten Buchfbhrung. 

Schon  Hans  Egede  wusste,  dass  in  Grönland  ein  milder  Winter 
sich  einzustellen  pflegte,  wenn  es  in  Kopenhagen  besonders  kalt  war 
oder  umgekehrt,  und  die  dänischen  Kaufleute  schätzen  jetzt  nach  dem 
nämlichen  Er&hrungssatz  die  Menge  derjenigen  nach  Island  zu  senden- 
den Waaren,  deren  Consum  durch  die  Rauhheit  des  Winters  bedingt 
ist.  Auf  Island  herrschte  beispielsweise  grosse  Milde  im  Januar  1740^ 
dem  kältesten  Wintermonat,  über  den  bei  uns  Beobachtungen  vorliegen. 
Die  Zuyder-See  fror  ganz  zu,  so  dass  Mitte  Februar  Schlitten  von 
Friesland  nach  Enkhuizen  über  die  Eisfläche  sich  bewegen  konnten. 
Das  schönste  Beispiel  ftir  die  Dove' sehe  Lehre  gewährt  der  Winter 

^)  Jahrgänge  1S38,  S.  285  ff.;  1839,  S.  305  ff.;  1842,  S.  117  ff.;  1845, 
S.  141  ff.  und  1852,  S.  67  ff. 


VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  199 

von  1829/30,  namentlich  der  December,  in  welchem  sich  in  Central- 
europa  das  Monatsmittel  um  6  bis  12^  C.  erniedrigte ,  während  der 
December  in  Jakutsk  um  2,6^  C.  und  in  Nordamerika  um  4  bis 
8  ^  C.  zu  warm  ausfiel«  Im  Januar  1834  hatte  umgekehrt  das  west- 
liche und  mittlere  Europa  vorwiegend  positive  Differenzen,  Nordasien 
und  Nordamerika  hingegen  negative^). 

Wir  ftlgen  noch  ein  Beispiel  aus  der  neueren  Zeit  hinzu,  auf  wel- 
ches W.  V.  Freeden,  gestützt  auf  die  Temperaturmessungen  der 
deutschen  Polarfahrer  im  Jahre  1868,  aufinerksam  gemacht  hat^). 
Er  berechnete  zunächst  nach  dem  Vorbilde  und  mit  Hilfe  der  Vor- 
arbeiten Dove's,  wie  hoch  für  jeden  Tag  des  Jahres  und  einen  ge- 
gebenen Punkt  der  Erde  die  Temperaturen  lauten  sollten.  Hierauf 
verglich  er  die  beobachteten  und  berechneten  Temperaturen  mit  ein- 
ander und 'fand,  dass  1868  am  Bord  des  deutschen  Nordpolar&hrers 
^Grönland^  an  104  Tagen  die  abgelesene  Mitteltemperatur  niedriger, 
an  21  höher,  an  3  Tagen  aber  gleich  der  normalen  Temperatur  des 
jeweiligen  Ortes  war,  so  dass  an  den  128  Tagen  der  Fahrt  206,7 
Tageswärm^rade  (R)  zu  wenig  und  13,1  Tageswärmegrade  zu  viel 
abgelesen  wurden,  mithin  während  der  Fahrt  die  durchschnittlichen 
Tagestemperaturen  um  1,5®  R.  (1,9®  C.)  zu  niedrig  waren,  d.  h.  dass 
der  Sommer  der  Grönland-See  von  1868  ein  sehr  ungünstiger  gewesen 
ist.     Es  waren  nämlich  die  mittleren  Monatstemperaturen  von  1868 

in  Hamburg  an  Bord  des  Schiffes  „Grönland'' 
über  dem  Monatsmittel:  unter  dem  Monatsmittel: 

Juni.     ....     1,21 0  R.  2,260  r, 

Juli 1,95«  R  1,88  0  R. 

August  ....     1,79  0  R.  1,80  ^  R. 

September.     .     .     1,28 ^R.  0,32 »  R. 

Summa:     6,23»  R.  (7,79 ^  C.)  6,26 «  R.  (7,82 <>  C.) 

Wenn  also  in  Hamburg  während  der  Nordpolarfahrt  vom  Juni 
bis  September  1868  ein  Ueberschuss  über  die  mittlere  Monatswärme 
von  6,23«  R.  bestand,  so  wurde  dieses  Uebermajss  ausgeglichen  durch 
eine  Erniedrigung  in  der  Grönland -See  um  nahezu  dieselbe  Summe 
der  Mittelbeträge  (6,26  «  R.). 

Diese  Thatsachen  lassen  sich  einfiäch  auf  folgende  Weise  erklären. 
Die  vorübergehende  Begtlnstigung  oder  Benachtheiligung  eines  Erd- 
raumes hinsichtlich  seiner  Wärmeverhältnisse  hängt  in  erster  Linie  von 
den  vorherrschenden  Winden  ab,  welche  in  der  betreffenden  Zeit  wehen. 
Je  nachdem  örtlich  der  Aequatorial-   oder  der   Polarstrom   Sieger  ist, 

')  H.  W.  DoY  e,  Klimatolog.  Beiträge.  Berlin  1869.   Bd.  II,  S.  240  ff.  289  ff. 
*)  Petermann 's  Mittheilnngen  1869,  S.  212. 


200  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

beg^;nen  wir  hier  einer  relativ  hohen  oder  niedrigen  Temperatur.  Da 
nun,  wie  später  gezeigt  werden  soll,  der  Wind  auf  einer  ganzen  Halb- 
kugel nicht  dieselbe  Sichtung  haben  kann,  sondern  Ströme  entgegen- 
gesetzter Richtung  neben  einander  belaufen  müssen,  so  können  sich 
auch  jene  Abweichungen  nicht  auf  einmal  über  eine  ganze  HalbkugeL 
sondern  nur  über  gewisse  Zonen  derselben  erstrecken. 

L.     Seculäre  Veränderung  des  Klimas. 

Wenn  es  kaum  einem  Zweifel  unterliegt,  dass  die  Temperatur  der 
Erdoberfläche  seit  der  Zdt  ihrer  Oluthflüssigkeit  und  allmählichen  Er- 
starrung ungeheure  Wärmeverluste  ^litten  hat,  so  dürfte  doch  der 
Nachweis  einer  Temperatunraminderung  an  der  Erdoberfläche  und  in 
der  Atmosphäre  in  historischen  Zeiten,  was  gleichbedeutend  wäre  mit 
dem  Nachweis  einer  verminderten  Sonnenstrahlung,  ziemlich  schwer 
fallen.  Zwar  kann  die  Abnahme  der  Sonnenkräfte  nicht  in  Frage  ge- 
stellt werden  (vgL  Bd.  I,  S.  76  f.),  und  in  der  Theorie  steht  uns  so- 
mit der  Rückgang  der  irdischen  Temperaturen  in  kommenden  Zeit- 
altem  fest;  aber  es  ist  äusserst  schwierig,  ftir  die  kurze  Spanne  der 
letzten  Jahrhunderte  oder  sdbst  Jahrtausende  sichere  Zeugnisse  für 
eine  derartige  Temperaturwandelung  beizubringen.  Um£skBsen  doch  bis 
jetzt  genaue  Temperaturbeobachtungen  an  keinem  Orte  der  Erde  einen 
Zeitraum  von  wesentlich  mehr  als  150  Jahren! 

Qlaisher  hat  für  mehrere  Perioden  die  mittlere  Temperatur 
von  Greenwich  berechnet  Es  ergab  sich  hierbei  ftlr  den  Zeit- 
raum von 

1770  bis  1799  eine  mittlere  Temperatur  von  8,7  <>  C. 
1800    „    1829     „  „  „  „     9,2  0  C. 

1830    „    1859     „  „  „„     9,40  c. 

'  Hieraus  würde  sogar  ein  allmähliches  Wachsthum  der  Temperatur 
folgen.  Dove  hat  gefunden,  dass  die  mittlere  Jahrestemperatur  von 
Berlin  während  -der  Periode  von  1848  bis  1865  nur  um  */go  ®  C.  von 
der  aus  137  Jahresmitteln  abgeleiteten  Mitteltemperatur  abweicht  Da- 
gegen sank  nach  Loomis  die  mitdere  Temperatur  von  New-Haven 
(Connecticut),  welche  in  der  Periode  von  1778  bis  1820  9,5«  C.  be- 
trug, innerhalb  der  Jahre  1820  bis  1865  auf  9^4  0  C.  herab. 

So  geringe  Differenzen  erlauben  uns  jedoch  keinen  Schluss  auf 
wirklichen  Wechsel  der  Temperatur.  Sie  können  den  Fehlem  der  in 
verschiedenen  Perioden  angewandten  Instrumente,  der  veränderten  Auf- 
stellung derselben  und  anderen  Ursachen  zugeschrieben  werden.  Da 
die  bisherigen  Temperaturmessungen  zu  einem  solchen  Nachweis  nicht 
genügen,  so  hat  man  versucht,  die  Verbreitung  gewisser  Gewächse 
hierzu  zu  benützen. 


VII.    Die  Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erdoberfläche.  201 

Nach  Arago's  Auseinandersetzung^)  kann  die  Temperatur  Pa- 
lästina's  seit  3300  Jahren  um  nicht  mehr  als  ^'^  ®  C.  varürt  haben. 
Die  Früchte  der  Dattelpahne  nämlich  reifen  nur  in  Ländern  ^  deren 
mittlere  Jahrestemperatur  mindestens  21  ^  C.  erreicht;  die  Trauben  des 
Weinstocks  liefern  Wein  nur  in  solchen  Gegenden,  deren  mittlere 
Jahrestemperatur  22  ^  C.  nicht  überschreitet.  Moses'  Kundschafter  be- 
gegneten nun  in  den  Thälem  Canaan's  einer  reichen  Dattel-  und  Wein- 
cultur;  somit  muss  damals  die  mittlere  Jahrestemperatur  in  den  Niede- 
rungen des  gelobten  Landes  21 V2^  C).  gewesen  sein,  d.  i.  genau  die- 
selbe wie  heute. 

Indessen  ist  diese  Beweisfiihrung  nicht  so  untrügUch,  als  sie  beim 
ersten  Blick  erscheint  Es  wäre  ja  möglich,  dass  die  Dattelpalme  und 
die  Bebe  damals  in  wesentlich  anderer  Meereshöhe  gediehen  als  gegen- 
wärtig. Mit  Hilfe  einer  Verschiebung  ihrer  Culturgrenze  Uesse  sich 
also  immer  noch  eine  kleine  Temperaturveränderung  erklären. 

Zur  Begründung  einer  gegenwärtigen  Temperaturabnahme  soll 
sehr  häufig  die  Thatsache  dienen,  dass  der  Weinbau  während  des 
Mittelalters  in  Deutschland  viel  weiter  nach  Norden  verbreitet  war  als  jetzt. 
Doch  muss  hier  wiederum  vor  allzu  raschen  Schlussfolgerungen  gewarnt 
werden;  denn  die  Pflege  des  Weinbaues  ist  von  vielen  Factoren  auch 
nicht  kUmatischer  Natur  abhängig.  Der  Weinbau  konnte  sich  so  lange 
über  ein  weites  G-ebiet  von  Norddeutscbland  erstrecken,  als  man  mehr 
auf  die  Blume  der  Weine  sah  und  darüber  die  Süssigkeit  vergass. 
Wir  besitzen  Berichte  alter  Chronisten,  in  welchen  ausdrücklich  hervor- 
gehoben wird,  dass  in  besonders  heissen  Jahren  das  Erzeugniss  der 
Beben  in  der  Provinz  Preussen  etwas  weniger  von  seiner  gewöhnlichen 
Säure  gehabt  habe.  Offenbar  spricht  diese  Notiz  nicht  für  die  Wärme 
des  Klimas,  sondern  nur  flir  die  wenig  wählerischen  Zungen  der  deut- 
schen Herren.  Mit  fortschreitender  Verfeinerung  der  Zunge  aber  zog 
sich  der  Weinbau  auf  diejenigen  Gebiete  zurück,  welche  eine  schmack- 
hafte Frucht  liefern.  Die  Werthlosigkeit  saurer  Weine  war  also  die 
eigentliche  Ursache,  weshalb  man  den  Weinbau  späterhin  an  vielen 
Orten  aufgab. 

Auch  die  Picardie,  Bretagne,  Normandie  imd  England  hatten  im 
Mittelalter  grosse  Bebenanpflanzungen;  doch  waren  jene  Trauben  sicher 
nicht  besser  als  die  preussischen.  Mit  Becht  bemerkt  Martins^): 
Hat  man  im  13.  Jahrhundert  Krähen,  Störche  und  Seeraben  fiir  Deli- 

^)  Les  climats  terrestres  tels  qu'on  peut  les  d^duire  des  observations  faites 
dans  divers  siScles  in:  Annuaire  pour  Tan  1834  pr^sentö  au  roi  par  le  bureau 
des  longitudes.    Paris  lSd2.    p.  202. 

*)  Des  climats  de  la  France  in:  Annuaire  m^tdorologique  de  la  France 
pour  1850.    Paris  1S50.  p.  111  sq. 


202  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

catessen  gehalten,  wanim  soll  man  nicht  auch  sauren  Wein  mit  Be- 
hagea  getrunken  haben?  Ja,  ein  Schriftsteller  des  13.  Jahrhunderts, 
Henri  d'Andely,  sagt  in  seiner  ,yBataiUe  des  vins"  geradezu,  aDes 
Gewächs  in  England,  Flandern  und  in  Frankreich  jenseits  der  Qise 
sei  niditswtirdig  ^). 

Femer  wissen  wir  genau,  dass  die  Cnltur  der  Orangenbäume  in 
Roussillon  und  in  der  Provence,  sowie  bei  Ifizza  und  Genua  seit  dem 
Mittelalter  bedeutend  zurQckgedrftngt  worden  ist,  weQ  die  Früchte 
dieser  Gegenden  die  Concurrenz  mit  denen  aus  Spanien  und  Sicilien 
nicht  bestehen  konnten.  Wahrschdnlich  verschwinden  in  den  erst- 
genannten Gebieten  die  Citrushaine  in  späteren  Zeiten  fibst  ganz*;  würde 
dann  jemand  berechtigt  sein,  klimatische  Aenderungen  hi^rfiir  verant- 
wortlich zu  madien? 

Endlich  sei  noch  erwähnt,  dass  einige  Alpengletscher  jetzt  wdter 
vordringen  als  ehemals,  so  der  grosse  Aletschgletscher,  welcher  jetzt 
einen  Pass  bedeckt,  auf  dem  ehemals  die  Protestanten  des  OberwalEs 
ihre  Kinder  zur  Taufe  nach  Grindelwald  trugen^).  Aber  auch  dieses 
Moment  zwingt  uns  nicht  zur  Annahme  einer  seculären  Variation  des 
iniTOA«  Es  sei  hier  daran  erinnert,  dass  gleidizeitig  in  den  Alpen 
auch  einige  Gletscher  im  Rückzug  b^riffen  sind,  so  der  Grinddwald-, 
Rhone-,  Vieseher-Gletscher  u.  a.,  ohne  dass  eine  merkliche  Temperator- 
veränderung  dabei  stattfindet  Es  liegen  hier  demnach  locale  Ursadi^i 
zu  Grunde,  welche  sich  mdst  nur  sehr  schwer  bestimmen  lassen,  da 
die  Meereshöhe  des  unteren  Gletscherendes  von  gar  vielen  zusammen- 
wirkenden Ursadien  abhängig  ist 

Nach  alledem  ist  wohl    die  Behauptung  gerechtfertigt,    dass  die 
Wärmeverhältnisse  der  Atmosphäre  innerhalb  der  historischen  Zeit 
wesentlichen  Wandelungen  er&hren  haben. 

^)  £.  £.  Schmid,  Lehrbuch  der  Meteorologie.    Leipzig  1860.    S.  4o5. 
-)  E.  E.  Schmid,  1.  c.  S.  457. 


VIII.    Die  Winde. 


Jede  Luftbewegung  i&k  Wind,  also  nicht  bloss  die  in  horizontaler 
Richtung  erfolgende,  auf  welche  der  Volksmund  den  Begriff  Wind 
beschränkt,  sondern  auch  die  auf-  und  abwärtssteigende.  Die  Erfor- 
schung der  letzteren  ist  freilich  zur  Zeit  noch  eine  sehr  ungenügende, 
da  sie  sich  der  directen  Beobachtung  weit  mehr  entzieht  als  die  erstere 
und  meist  nur  an  der  Veränderung  des  Barometerstandes,  sowie  an 
eigenthümlichen  Wolkenformen  (Cumuluswolken)  erkannt  wird.  Es  sind 
darum  hauptsächlich  die  horizontal  wehenden  Winde,  mit  denen  wir 
uns  hier  zu  beschäftigen  haben. 

Ihre  Richtung  bezeichnet  man  von  jeher  nach  derjenigen  Him- 
melsgegend, von  welcher  der  Wind  herkommt.  Die  Himmelsgegen- 
den fiihren  hierbei  dieselben  Namen  wie  auf  dem  Compass.  Nach  den 
vier  Cardinalpunkten  des  Horizonts  unterscheidet  man  daher  zunächst 
Nord-,  Ost-,  Süd-  und  Westwind.  Durch  successive  Halbirungen  er- 
hält man  dann  die  vier  Zwischen  winde :  Nordost,  Südost,  Südwest, 
Nordwest,  und  hierauf  Nordnordost,  Ostnordost,  Ostsüdost,  Südsüdost, 
Südsüdwest,  Westsüdwest,  Westnordwest  und  Nordnordwest.  Weitere 
Theilungen  werden  in  der  Meteorologie  äusserst  selten .  gebraucht. 

Zur  Ermittelung  der  Windrichtung  bedient  man  sich  der  Wind- 
fahne, welche  mögUchst  frei  angebracht  und  leicht  drehbar  sein  muss. 
Femer  ist  es  ein  unbedingtes  Erfordemiss,  dass  ihr  Schwerpunkt  in 
die  Drehungsaxe  Mit  und  diese  völlig  vertical  steht,  da  sonst  bei 
sch?vachem  Winde  die  Fahne  nach  derjenigen  EKmmelsgegend  zeigt 
oder  vielmehr  herabhängt,  nach  welcher  die  Axe  geneigt  ist 

Die  Windrichtung  in  den  oberen  Luftregionen  lässt  sich  häufig 
aus  dem  Fluge  der  Wolken  ableiten;  nicht  selten  ist  sie  derjenigen 
in  den  unteren  Regionen  völlig  entgegengesetzt. 

Die  Geschwindigkeit  des  Windes  wird  mit  Hilfe  eines  Ane- 
mometers oder  Windmessers  bestimmt.  Dieses  Instrument  kann 
in  verschiedener  Weise  construirt  werden;   Fig.  15  stellt  Robin son's 


204 


Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  £rde. 


Anemometer  dar.  Ein  senkrechter,  leicht  drehbarer  Stab  trägt  ein 
horizontales,  rechtwinkliges,  gleicharmiges  Kreuz,  an  dessen  Endoi 
vier  leichte,  hohle  Halbkogehi  so  befestigt  sind,   dass  ihre  gewölbten 

Fig.  15. 


Anemometer    (Windmesser)  *). 

Flächen  in  EBnsicht  auf  die  einzehien  Arme  des  Elreuzes  nach  dner 
Seite  und  zwar  nach  derjenigen  gewandt  sind,  nach  welcher  sich  das 
Kreuz  bew^t  Woher  auch  der  Wind  wehen  mag,  so  trifft  er  doch 
immer  auf  zwei  Halbkugefai,  von  denen  ihm  die  eine  ihre  hohle,  die  andere 
ihre  gewölbte  Fläche  zukehrt.  Da  er  nun  auf  die  hohle  Seite  .stärker 
wirkt  als  auf  die  gewölbte,  an  welcher  er  gleichsam  abgleitet,  so  ro- 
tirt  das  Kreuz  in  der  Weise,  dass  die  gewölbte  Seite  der  Halbkugehi 
vorangeht  Bei  jeder  Vierteldrehung  des  Eltcuzcs  bietet  das  ganze 
System  dem  Winde  (Ueselben  Verhältnisse  dar;  daraus  resultirt  zu- 
gleich, ^ass  es  immer  in  gldchem  Sinne  fortschreitet,  von  welcher 
Himmelsgegend  auch  der  Wind  kommen  mag.  Durch  Versuche  hat 
man  gefunden,  dass  der  Mittelpunkt  einer  der  Halbkugeln  einen  zwei- 
bis  dreimal  so  kleinen  Weg  zurücklegt  wie  der  Wind,  welcher  die 
treibende  Kraft  ausübt  Aus  der  Zahl  der  Umdrehungen  lässt  sich 
also  die  Geschwindigkeit  des  Wiades  berechnen.  Um  der  Arbeit  des 
directen  Nachzählens  überhoben  zu  sein,  ist  das  untere  Ende  der  senk- 
rechten Axe  mit  einer  endlosen  Schraube  versehen.    Die  Oänge  der- 


^)  Ans  H.  Mohn*  8  Grandzagen  der  Meteorologie.    2.  Aofl.    Berlin  1S79. 
S.  134. 


VIII.    Die  Winde.  205 

selben  greifen  in  die  Zähne  eines  Rades  ein,  so  dass  bei  jeder  vollen 
Umdrehung  der  Axe  das  Rad  um  einen  Zahn  vorwärts  rückt.  Be- 
sitzt also  das  Rad  50  Zähne,  so  sind  50  Umdrehungen  der  Axe  noth- 
wendig,  bevor  es  eine  emzige  Umdrehung  vollendet  hat  Durch  ein 
kleineres  Zahnrad  (Trieb),  welches  mit  der  Axe  des  Rades  verbunden 
ist  und  etwa  10  Zähne  hat,  wird  die  Bew^ung  auf  ein  grösseres  Rad 
mit  c.  100  Zähnen  übertragen,  welches  letztere  sich  natürlich  10  mal 
so  langsam  dreht,  also  auch  erst  eine  Umdrehung  vollzieht,  während 
das  erste  10  derselben  macht.  In  ähnlicher  Weise 'lassen  sich  noch 
mehrere  Räder  hinzufügen.  Ein  vor  jedem  Rade  senkrecht  stehender 
fester  Zeiger  belehrt  uns  jederzeit  über  die  Anzahl  der  (numerirten) 
Zähne,  welche  ihn  bereits  passirt  haben.  Hieraus  aber  ergiebt  sich, 
wie  oft  sich  das  erste  Rad  imd  auch  das  Kreuz  gedreht  hat  und  wie 
weit  der  Wind  innerhalb  der  Beobachtungszeit  gelangt  ist.  Voraus- 
gesetzt z.  B.,  dass  der  Mittelpunkt  der  Halbkugehi  0,5  Meter  von 
der  Drehungsaxe  entfernt  ist,  so  ist  ihr  W^  bei  einer  Umdrehung 
=  2  X  3,14  X  0,5  Meter  oder  3,14  Meter,  während  der  Wind  in 
derselben  Zeit  eine  dreimal  so  grosse  Strecke,  nämlich  eine  solche  von 
3,14  Metern  X  3  =  9,42  Metern  durchläuft.  Hat  das  erste  Rad 
50  Zähne,  so  entspricht  der  ersten  Umdrehung  desselben  ein  Windweg 
von  9,42  Metern  X  50  =  471  Metern,  der  ersten  Umdrehung  des 
zweiten  Rades  (nach  der  oben  angenommenen  Zahl  der  Zähne)  ein 
Windweg  von  4710  Metern,  der  ersten  Umdrehung  des  dritten  ein 
Wind  weg  von  47  100  Metern  etc.  Man  hat  daher  nur  den  Stand  der 
verschiedenen  Räder  am  An&ng  und  Ende  eines  gewissen  Zeitraums 
zu  notiren,  um  dann  aus  der  Zahl  der  Umdrehungen  durch  eine  ein- 
fache Multiplication  zu  ermitteln,  wie  weit  der  Wind  innerhalb  dieses 
Zeitraumes  vorwärts  drang,  worauf  sich  ja  leicht  berechnen  lässt,  mit 
welcher  durchschnittlichen  Geschwindigkeit  er  während  einer  beliebigen 
Zeiteinheit  (Stunde,  Minute,  Secunde)  seinen  Pfad  durcheilte. 

Der  Druck  des  Windes  wird  am  besten  durch  eine  der  Wind- 
seite zugekehrte  Platte  gemessen,  hinter  welcher  sich  mehrere  Gegen- 
druck leistende  Federn  befinden.  Das  Mass,  in  welchem  sie  zusammen- 
gepresst  werden,  lässt  uns  die  Grösse  des  Winddruckes  erkennen.  Ge- 
wöhnlich wird  derselbe  in  Kilogrammen  ftlr  den  Quadratmeter  an- 
gegeben. Zahlreiche  vergleichende  Versuche  haben  zu  dem  Resultate 
geführt,  dass  der  Druck  des  W'indes  dem  Quadrate  der  Geschwindig- 
keit proportional  ist.  Beträgt  z.  B.  die  Geschwindigkeit  des  Windes 
7  Meter  in  der  Secunde,  so  übt  er  einen  Druck  von  c.  6  Bölogrammen 
auf  den  Quadratmeter  aus;  eine  doppelt  so  grosse  Windbewegung  aber 
(also  von  14  Metern  in  der  Secunde)  bewirkt  einen  4  mal  so  grossen 
Druck,  nämlich  von  c.  24  E^ilogrammen  auf  den  Quadratmeter. 


206 


Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 


Um  80  kostspidige  Instnunente,  wie  es  die  Apparate  zur  Messung 
des  Druekes  und  der  Greschwindigkeit  des  Windes  sind,  entbehren  zu 
können,  bedient  man  sich  nicht  selten  eines  viel  dn&cheren,  allerdings 
auch  nicht  so  correcten  Ver&hrens  zur  FeststeQung  der  Windstärke: 
man  sdiätzt  dieselbe  nach  gewissen,  fiust  überall  in  der  Natur  zu  be- 
obachtenden Voigängen,  insbesondere  nach  den  Bewegungen,  weldie 
die  yerschiedenen  TheQe  des  Baumes  zeigen.  Die  gewöhnlichste  Scala 
der  Windstarke,  welche  sich  auf  derartige  Verhältnisse  gründet,  ist 
folgende  ^) : 


Windstärke.  «£  wÄ"* 


Winddruck. 


0  —  6 


M«t«r  in  der 
Seconde. 


Kilogramm  «af  den 
Quadratmeter. 


Wirkungen 

des 

Windes. 


0 


2 

8 

4 

5 
6 


Stille 
Schwach 

Massig 

Frisch 

Stark 

Sturm 
Orkan 


0  bis  0,5*) 
0,5-4 

4—7 

7— 11 

11-17 

17-28 
über  28 


0  bis  0,15 
0,15—1,87 

1.87—5,96 

5,96—15,27 

15,27—34,85 

84,35—95,4 
über  95,4 


Der  Bauch  steigt  gerade 
oder  fast  gerade  empor. 

I  Für  das  Gefühl  merkbar, 
I    bewegt  einen  WimpeL 

;  Streckt  einen  Wimpel, 
■  bewegt  die  Blätter  der 
t    Bäume. 

I  Bewegt  die  Zweige   der 
Bäume. 

I  Bewegt  eprosse  Zweige  ul 
schwächere  Stämme. 

'  Die  ganzen  Biume  wer- 
i    den  bewegt 

I  Zerstörende  Wirkungen. 


Für  den  Seemann  ist  natürlich  diese  Scala  unbrauchbar;  dagegen 
bieten  ihm  die  Gteschwindigkeit  und  die  S^;dftQirung  eines  Schiffes 
Mittel  genug,  die  Windstärke  in  ähnlicher  Weise  zu  bestimmen. 

Bichtnng  und  Stärke  des  Windes  wechseln  nach  Ort  und  Zeit 
ausserordentlich.  Bergländer  mit  einem  manigfialtig  g^liederten  Belief 
hemmen  die  freie  Entwicklung  des  Windes.  Häufig  hat  hier  der  Wind 
in  den  unteren  Regionen  dieselbe  Richtung  wie  die  Thäler,  weshalb 
oft  schon  an  Nachbarorten  Richtung  und  zugleich  auch  Stärke  des 
Windes  keinerlei  Uebereinstimmung  darbiete.  Im  allgemdnen  er- 
mattet die  Kraft  des  Windes  in  den  niederen  TheQen  des  Gebirges. 
Auf  weiten  Ebenen  sind  die  Winde   viel   gleichmässiger  und   regel- 

*)  H.  Mohn,  Grundzüge  der  Meteorologie.    2.  Aufl.   Berlin  1879.   S.  13S. 

*)  Wir  glauben  in  der  That  oft  im  Freien  Windstille  zu  beobachten, 
während  die  Geschwindigkeit  der  Luftströmung  einen  halben  Meter  in  der 
Secunde  beträgt. 


Vm.    Die  Winde.  207 

massiger;  auch  ist  ihre  Gresch windigkeit  hier  durchweg  grösser  als  in 
den  Gebirgen,  wird  aber  noch  übertroffen  durch  die  Schnelligkeit  der 
Winde  auf  offener  See,  '  wo  sich  ja  fast  keinerlei  Hindemisse  ihnen 
entgegenstellen.  So  ist  nach  H.  Mohn^)  die  durchschnittliche  Wind- 
stärke das  Jahr  über  an  der  norwegischen  Küste  2,5  bis  3  Meter,  in 
Bergen  2,1,  in  Christiania  1,4  und  bei  Dombaas  auf  dem  Dovre^eld 
nur  0,9  Meter  in  der  Secunde.  Femer  hat  man  in  Yarmouth  an  der 
Ostküste  fkigland's  beobachtet,  dass  der  von  Ost  kommende  Seewind 
im  Mittel  eine  doppelt  so  grosse  Geschwindigkeit  besitzt  als  der  von 
West  her  blasende  Landwind,  obwohl  die  Uferlandschaften  ziemlich 
flach  sind.  Dieser  Gegensatz  verschwindet  indess  gar  bald,  wenn  man 
sich  aufs  Meer  begiebt;  denn  bereits  auf  dem  V2  geographische  Meile 
ostwärts  sich  befindenden  Leuchtschiffe  treten  Ost-  und  Westwind  mit 
gleicher  Stärke  auf. 

Prallt  ein  Wind  senkrecht  gegen  eine  gut  geschlossene  Gebirgs- 
mauer,  so  wird  er  gezwungen,  an  den  Abhängen  des  Gebirges  empor- 
zusteigen, und  die  an  der  Leeseite,  also  gewissermassen  im  Windschatten 
gelegenen  Abhänge  haben  dann  Windstille.  Nur  am  Rande  dieser  ge- 
schützten Zone  entfalten  sich  schwächere  rücklaufende  Strömungen, 
die  sich  recht  passend  vergleichen  lassen  mit  der  Rückströmung  an  der 
hinteren  Seite  eines  Strompfeilers.  Sie  dienen  offenbar  ziu:  Ausfüllung 
der  an  der  Rückseite  nothwendig  entstehenden  Leere.  Mühry*)  be- 
zeichnet diesen  Vorgang  als  „Circumtraction  des  Windes". 

Da  der  Wind  an  der  unebenen  Erdoberfläche  und  selbst  noch 
über  dem  unablässig  wogenden  Meere  eine  Hemmung  erleidet,  welche 
in  höheren  Luftregionen  völlig  verschwindet,  so  ist  die  Bewegung  des 
Windes  naturgemäss  auf  den  Höhen  durchgängig  eine  viel  schnellere 
und  kräftigere.  Deutliche  Zeugnisse  hierfür  sind,  abgesehen  von  directen 
Messungen,  der  selbst  bei  ruhigem  Wetter  oft  zu  bemerkende  rasche 
Flug  der  Wolken  und  der  starke  Luftzug  auf  den  Spitzen  isolirt  sich 
erhebender  Berge. 

Die  Windstärke  ist  jedoch  nicht  bloss  örtlichen,  sondern  auch  zeit- 
lichen (täglichen  und  jährlichen)  Schwankungen  unterworfen.  Schon 
Kämtz^)  hatte  die  tägliche  Periode  erkannt;  sie  erhielt  einen  ge- 
naueren Ausdruck  durch  die  Beobachtungen  imd  Berechnungen  Os- 
ler's  in  Birmingham*),  Quetelet's  in  Brüssel^)  und  Gräger's  in 

*)  L  c.  S.  140  f. 
*         *)  ^S^'  Mühry  in   der  Zeitschrift   der  österreichiBchen  Gesellschaft  ftir 
Meteorologie.    Bd.  II  (1867),  S.  541—543.    Bd.  VI  (1871),  S.  362— 366.  375—378. 
")  Lehrbuch  der  Meteorologie.    Leipzig  1831.    Bd.  I,  S.  217. 
*)  Report  of  the  British  Association  for  the  advancement  of  science  1840. 
London  1841.  p.  347. 

^  Nouveaux  m^moires  de  Tacad.  etc.  de  Bruxelles.  TomeXyntl844),p.  43. 


208  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lnfthnlle  der  Erde. 

Mühlhausen  am  Eichsfeld  ^).  Die  auf  Grund  jener  Beobachtungen  zu- 
sammen gestellten  Tabellen  belehren  uns,  dass  die  Windstärke  im  all- 
gemeinen mit  der  Intensität  der  Sonnenstrahlung  wächst  und  abnimmt 
Sie  erreicht  ihr  Maximum  kurz  nach  Mittag,  ihr  Minimum  um  Sonnen- 
aufgang. Von  Sonnenuntei^ang  bis  Sonnenaufgang  bleibt  sie  ziemlich 
constant  und  ist  nur  ^/g-  bis  ^l^msl  so  gross  als  gegen  Mittag.  So 
beträgt  beispidsweise  in  Birmingham  der  mittlere  jährliche  Winddmck 
auf  eine  Fläche  Yon  1  engl  Quadratfuss  um  3  Uhr  Nachts  108,5,  um 
1  Uhr  Mittags  aber  295,6  engl  Pfund,  und  für  Mühlhausen  ist  die 
mittlere  jähriiche  Geschwindigkeit  des  Windes  Vormittags  9  Uhr  = 
3,73  Meter  in  der  Secunde,  Nachmittags  1  Uhr  hingegen  5,00  Meter. 
Neuere  Untersuchungen  in  Elngland  haben  ergeben,  dass  daselbst  im 
Jahresmittel  die  Geschwindigkeit  des  Windes  von  Mittemacht  (11,03 
engl  Meilen^)  in  der  Stunde  oder  4,93  Meter  in  der  Secunde)  bis 
Nachmittags  3  Uhr  (15,11  engl.  Meilen  in  der  Stunde  oder  6,75  Meter 
in  der  Secunde)  sich  steigert,  um  von  da  ab  stetig  wieder  bis  Mitter- 
nacht zu  sinken^). 

Auch  in  den  yerschiedenen  Jahreszeiten  scheint  der  Wind  eine 
verschiedene  Eneigie  zu  entfidten.  Mehrjährige  Aufzeichnungen  in  Eng- 
land fährten  zu  dem  Resultate,  dass  die  mittlere  Geschwindigkeit  des 
Windes  in  der  Stunde  sich  belief 


im  Winter  auf  . 
im  Frühling  auf  . 
im  Sommer  auf  . 
im  Herbst  auf 


15,6  engl.  Meilen, 

15,1     „ 

11,8     . 

11,5     .  .*). 


Es  sind  also  Winter  und  Frühling  ungleich  stürmischer  als  Som- 
mer und  Herbst  Die  durchschnittliche  Geschwindigkeit  war  gleich 
12,61  engl  Meilen  in  der  Stunde.  Der  Maximalwerth  der  Wind- 
schnelligkeit dürfte  in  unseren  Breiten  kaum  72  engl.  MeQen  (116  Kilo- 
meter) in  der  Stunde  überschreiten;  diese  Stärke  hatte  nach  den  Be- 
obachtungen auf  dem  Observatorium  zu  Glasgow  der  Orkan,  welchem 
die  grosse  Eisenbahnbrücke  bei  Dundee  am  28.  December  1879  zum 
Opfer  fiel  Fügen  wir  dem  noch  hinzu,  dass  englische  Schnellzüge  in 
der  Stunde  einen  Weg  von  60  engL  Meilen  (96,5  Kilometer  oder  13,0 
geogr.  Meilen)  zurücklegen,  so  dürfen  wir  auch  sagen,  dass  in  unseren 
Breiten  selbst  von  starken  Stürmen  bewegte  Lufttheilchen  von  einem 
Eilzuge  überholt  werden  könnten;  nur  der  Orkan  braust  noch  rascher < 

')  Poggendorff's  Annalen,  Bd.  LXII  (1844),  S.  393. 

^)  1  engl  MeUe  »  1609»3  Meter. 

"")  H.  W\  Do ve,  Klimatologische  Beiträge.    Berün  1S69.    Bd.  II,  S.  12. 

*)  1.  c  S.  II  f. 


VIII.    Die  Winde.  209 

dahin  ak  dieser.  Verglichen  mit  der  Rotationsgeschwindigkeit  der  Erde 
am  Aequator  (225  geogr.  Meilen  in  der  Stande)  ist  die  Schnelligkeit 
der  Luftbewegung  selbst  bei  Orkan  (13  geogr.  Meilen  in  der  Stunde 
oder  32%  Meter  in  der  Secunde)  eine  äusserst  geringe. 

Die  durchschnittliche  Geschwindigkeit  des  Windes  ist  nur  fiir 
wenige  Orte  der  Erde  anemometrisch  bestimmt.  Sie  beträgt  ftir  eine 
Stunde 

in  Toronto  (Canada)     ....       8,98  engl.  Meilen, 

„   Philadelphia 6,39     „ 

^    Sturbington  (England).     .     .     15,56     „  ^ 

„   Devonport 21,48     „  „ 

„   Greenwich 20,15     „  „  ^) 

Viel  mächtiger  und  verheerender  als  in  unseren  Breiten  treten  die 
Orkane  in  der  tropischen  Zone  auf,  und  es  könnte  demnach  scheinen, 
wie  früher  auch  thatsächlich  viel&ch  angenommen  wurde,  als  ob  die 
Polargebiete  niemals  von  so  mächtigen  Stürmen  heimgesucht  würden 
wie  unsere  Breiten.  Dies  wäre  jedoch,  wie  wir  aus  der  Geschichte 
der  zweiten  deutschen  Polarfahrt  wissen,  durchaus  nicht  richtig  ^).  Am 
16.  bis  20.  December  1869  hatten  nämlich  die  deutschen  Polarreisen- 
den mit  einem  103  Stunden  lang  anhaltenden,  wüthenden  Orkan  zu 
kämpfen.  Da  er  in  der  Stunde  eine  mittlere  Geschwindigkeit  von  60  See- 
meilen (=  15  geogr.  Meilen)  besass,  so  konnte  er,  wenn  er  in  gerader 
Linie  nach  Süden  seinen  Weg  fortgesetzt  hätte,  innerhalb  jener  Zeit 
die  Breite  des  Südendes  von  Afrika  erreichen,  also  mehr  als  ein  Viertel 
des  Erdumfangs  durchlaufen.  Bei  einer  Geschwindigkeit  des  Windes 
von  67  bis  68  Seemeilen  in  der  Stunde  (35  Meter  in  der  Secunde) 
wagte  man  noch,  an's  Land  zu  gehen.*  Zu  Zeiten  konnte  man  das 
Anemometer  gar  nicht  mehr  ablesen;  ohne  Zweifel  war  die  Geschwindig- 
keit auf  70  bis  75  engl.  Meilen  gestiegen. 

Die  Entstehung  des  Windes  wie  überhaupt  eines  Lufbcirculations- 
systems  lässt  sich  am  besten  erläutern,  wenn  man  im  Winter  ein  ge- 
heiztes Zimmer  ein  wenig  öffiiet  und  sich  mit  einer  brennenden  Kerze 
dem  Spalt  naht.  Bringt  man  die  Kerze  an  äas  obere  Ende  des  Spalts, 
so  wird  die  Flamme  nach  aussen ,  d..  i.  nach  dem  kälteren  Corridor 
hin  umgebogen.  Indem  man  die  Kerze  weiter  nach  unten  rückt,  ver- 
hört die  Flamme  ihre  seitliche  Neigung  mehr  und  mehr;  in  der  Mitte 
des  Spalts  stellt  sie  sich  senkrecht;   endlich  strebt  sie  mit  ihrer  Spitze 

^)  £.  E.  Schmid,  Lehrbuch  der  Meteorologie.  Leipzig  1860.  S.  538  nach 
C  off  in,  Winds  of  the  northem  hemisphere.  Washington  city,  published  hy 
the  Smithsonian  Institution.    New-Yor^  ^*^«^^   --    173.  177.  180—182. 

2)  Die   zweite    deutsche   Nordpo  ^  Jahren    1869  und   1870. 

Leipzig  1874.    Bd.  I,  Abth.  2,  S.  4? 

Peschel-Leipoldt,  Pbys.  Erdkunde 


210  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

nach  dem  Zimmer  hin  und  zwar  um  so  mehr,  je  weiter  man  sich  dem 
unteren  Ende  des  Spalts  nähert.  Diese  Veränderung  der  Flammen- 
richtung ist  offenbar  die  Folge  einer  Luftdrculationy  deren  Deutung 
keinerlei  Schwierigkeiten  bereitet 

Im  Zimmer  befindet  sich  warme,  also  relativ  leichte,  auf  dem 
Corridor  kalte,  somit  relatiy  schwere  Luft.  Sobald  nun  das  Zinmier 
geöffiiet  wird,  dringen  die  beiden  ungleich  schweren  Luftarten  gegen- 
seitig in  einander  ein,  da  kältere  und  somit  dichtere  Luft  neben  wär- 
merer und  deshalb  weniger  dj^hten  nicht  in  gleichem  Niveau  ruhen 
kann.  Dabei  bewegt  sich  die  kältere  Luft  des  Corridors  als  die 
schwerere  unmittelbar  über  der  Schwelle  nach  dem  Zimmer  zu,  wäh- 
rend die  warme  Luft  des  Zimmers  als  die  leichtere  oben  nach  dem 
Corridor  hin  abzieht  In  der  Glitte  des  Spalts  neutralisiren  sich  beide 
Luftströmungen,  denen  die  Flamme  stets  gehorchte. 

Wie  hier  im  Kleinen,  so  werden  in  der  Natur  überaU  die  Luft- 
strömungen hervorgerufen  durch  Wärme-  und  —  was  gewöhnlich  eng 
damit  verbunden  ist  —  durch  Sdiwereunterschiede  der  Luft;.  Best^t 
ii^ndwo  kalte  und  warme,  d.  i.  schwere  tmd  leichte  Luft  neben  ein- 
ander, so  sucht  sich  die  erstere  am  Boden,  die  letztere  in  der  Höhe 
auszubreiten.  In  stärker  erwärmten  Geg^iden  steigt  die  durch  die 
Wärme  ausgedehnte  und  daher  leichter  gewordene  Luft  empor,  um 
oben  nach  kälteren  Gebieten  abzufliessen  und  zugleich  der  unten  seit- 
wärts herbeiziehenden  relativ  kalten  und  schweren  Luft  das  Feld  zu 
räumen. 

Hängt  die  Entwicklung  der  Winde  so  innig  mit  den  Temperatur- 
verhältnissen zusanmien,  so  darf  man  schon  im  voraus  vermuthen, 
dass,  falls  irgendwo  über  zwei  Nachbarräumen  innerhalb  einer  täg- 
lichen oder  jährlichen  Periode  eine  Temperaturungleidiheit  bald  zu 
Grünsten  des  einen  und  bald  zu  Gunsten  des  anderen  Raumes  eintritt 
auch  der  Wind  einer  entsprechenden  täglichen,  resp.  jährlichen  Periode 
unterliegt     In  der  That  existiren  derartige  periodische  Winde. 

Die  tägliche  Periode  in  der  Richtung  und  zugleich  in  der  Stärke 
des  Windes  zeigt  sich  vor  allem  in  der  tropischen  Zone  an  den  Ufern 
des  Meeres  in  dem  r^elmässig  wechsehiden  Land-  und  Seewind. 
Sie  werden  dadurch  erzeugt,  dass  die  Temperatur  der  Landoberfläche 
yiel  grösseren  Schwankungen  unterworfen  ist  als  diejenige  der  Meeres- 
oberfläche, was  natürlich  auch  von  der  Luft  über  beiden  gilt  Wind- 
stille herrscht,  so  lange  die  Temperaturen  über  Land  und  Meer  die- 
selben sind.  Durch  eine  kräftige  Sonnenstrahlung  wird  das  Land  und 
somit  auch  die  über  ihm  lagernde  Luft  relativ  stark  erwärmt;  in  Folge 
thermischer  Auflockerung  steigt  daher  über  dem  Lande  ein  Strom 
erhitzter  Luft  senkrecht  empor.     Gleichzeitig   aber  setzt  die  Seebriae 


VIII.    Die  Winde.  211 

ein,  welche  vom  Meere  nach  dem  Lande  hin  bläst,  also  von  dem  Ge- 
biete kälterer,  schwererer  Luft  nach  demjenigen  thermisch  aufgelockerter 
Luft.  Dieser  Strömung  entspricht  natürlich  in  den  oberen  Luftregionen 
ein  gerade  umgekehrt,  also  vom  Land  nach  dem  Meere  wehender  Wind. 
Die  Intensität  des  Seewindes  ist  nicht  unmer  dieselbe;  sie  wäclist  bis 
zu  dem  Zeitpunkte,  in  welchem  der  Temperaturunterschied  zwischen 
Land  und  See  am  grössten  ist  und  vermindert  sich  dann  allmähUch, 
bis  sich  über  Land  und  See  annähernd  gleiche  Temperaturen  vor- 
finden; damit  wird  eine  kurze  Periode  der  Windstille  eingeleitet.  Ge- 
wöhnlich fangen  die  Seewinde  Vormittags  9  Uhr  als  sanftie,  kaum 
wahrnehmbare  Brisen  an,  die  allmählich  an  Frische  gewinnen,  von  12 
oder  1  Uhr  ab  bis  3  Uhr  am  kräftigsten  sind  und  gegen  Nachmittag  5  Uhr 
ihre  Thätigkeit  ganz  einstellen.  Auch  hier  bestätigt  sich,  was  oben 
(cf.  S.  208)  bereits  in  allgemeinerer  Form  gesagt  wurde,  dass  der  Wind 
gegen  Abend  ermattet;  in  unserem  Falle  schlummert  er  völlig  ein. 

Da  das  Land,  sobald  die  Sonnenstrahlung  au%ehört  hat,  rascher 
erkaltet  als  das  Meer,  so  sinkt  auch  die  Temperatur  der  Luft  über 
dem  Land  vergleichsweise  tiefer  herab,  imd  nun  beginnt  der  Land- 
wind seine  Thätigkeit,  während  in  den  oberen  Luftregionen  eine  Com- 
pensationsströmung  von  dem  Meere  nach  dem  Lande  gerichtet  ist. 
Die  Zeit,  während  welcher  Landwinde  wehen,  lässt  sich  nicht  "bestimmt 
angeben.  Sie  erheben  sich  zwischen  6  und  12  Uhr  Nachmittags  und 
endigen  zwischen  6  und  10  Uhr  Vormittags.  In  der  Nähe  von  Vor- 
gebirgen und  Landzungen  ist  der  Seewind  stärker,  tritt  früher  ein  und 
hört  später  auf;  an  tief  eindringenden  Golfqn  hingegen  gut  dies  von 
den  Landwinden.  Letztere  sind  oft  ziemlich  weit  im  Innern  des  Lan- 
des noch  bemerkbar,  erstrecken  sich  aber  seewärts  kaum  3  bis  4  eng- 
lische MeUen  weit.  Für  die  Küstenschifftahrt  sind  Land-  und  Seewind 
selbstverständlich  von  namhafter  Bedeutung. 

Innerhalb  der  tropischen  Zone,  wo  die  Winde  in  vielen  Gegenden 
das  ganze  Jahr  hindurch  aus  Osten  (Nordosten  oder  Südosten)  kom- 
men, wie  im  Atlantischen  und  Stillen  Ocean  und  im  südlichen  Theile 
des  Indischen  Oceans,  oder  im  Sonunerhalbjahr  aus  Südwesten,  im 
Winterhalbjahr  aus  Nordosten  wehen,  wie  im  nördlichen  Theile  des 
letztgenannten  Weltmeeres,  werden  Land-  und  Seewind  theils  gestärkt, 
theils  geschwächt.  Im  Gebiet  der  Passate  sind  an  den  Ostküsten 
der  Inseln  und  Festiänder  die  Seewinde  weit  kräftiger  als  die  Land- 
winde, während  an  den  Westküsten  umgekehrt  die  Landwinde  domi- 
niren.  In  der  Region  der  Monsune  erfahren  an  jeder  Küste  in  den 
beiden  Jahreshälften  abwechselnd  Land-  und  Seewind  eine  Kräftigung, 
resp.  Öemmung.  Zugleich  werden  sie  daselbst  durch  die  übrigen  Luft- 
strömimgen  mehr  oder  minder  abgelenkt;  daher  schneiden  hier  Land- 

14* 


212  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

und  Seewind  bisweilen  nicht  im  rechten^  sondern  im  sefarfigen  Winkel 
die  Küste.  Oft  sind  sie  nur  im  Stande,  die  herrschenden  T/^de  ein 
wenig  zu  stören  oder  werden  von  diesen  wohl  gar  gänzlich  unterdrückt. 

In  nördlichen  Breiten^  wo  sich  die  Unterschiede  zwischen  Tages- 
und Nachttemperatur  bedeutend  vermindern,  gehören  Land-  imd  See- 
wind zu  den  selteneren  Erscheinungen.  Doch  werden  sie  noch  beob- 
achtet auf  Teneriffii  ^) ,  in  Nordafirika  bei  Tunis ')  und  in  Südeuropa 
an  den  Küsten  Italien's  und  auf  Greta ^).  Für  HoDand,  Russhind 
(Petersburg)  und  selbst  Gh^nlond  ist  wenigstens  die  Tendenz  zur  Bil- 
dung dieser  Winde  nachgewiesen  worden;  denn  es  hat  sich  gezeigt, 
dass  während  des  Tages  Küstenlinie  und  Windrichtung  sich  mdir 
einem  rechten  Winkel  nähern  als  während  der  Nacht  ^).  Sogar  an 
den  Ufern  grösserer  Binnenseen  hat  man  Land-  und  Seewinde  wahr- 
genommen, nämlich  am  Garda-  und  Bodensee,  sowie  am  Eriesee.  Wir 
erkennen  hieraus,  dass,  wenn  irgendwo  eine  örtliche  Auflockerung  der 
Luft  durch  stärkere  Erwärmung  eintritt,  sofort  eine  locale  Umbiegung 
der  Windströmung  hervorgonien  wird,  selbst  wen^  die  letztere  eine 
relativ  kräftige  und  weit  verbreitete  sein  sollte. 

Als  Land-  und  Seewinde  in  'grossem  Style,  welche  jedoch  nicht  in 
täglichen,  sondern  in  jährlichen  Perioden  wechseln,  können  wir  auch 
die  Mon'sune  (von  dem  altarabischen  Mausim,  d.  h.  Jahreszeit)  be- 
trachten. Ihr  Schauplatz  ist  vor  allem  der  nördliche  Theil  des  In- 
dischen Oceans,  die  China-  und  Java-See  und  der  anliegende  Theil  des 
Stillen  Oceans. 

Ueber  dem  nordhemi£|>härischen  Gebiet  des  Indischen  Oceans  und 
dem  Meeresraum  zwischen  Hinterindien  und  Japan  entwickeln  sich  die 
Monsune  in  folgender  Weise.  Während  der  südlichen  Dedination  der 
Sonne,  also  während  unseres  Winters  weht  dort,  wie  auch  anderwärts  in 
der  Nordhälfte  der  tropischen  Zone,  der  Nordostwind.  G^en  Ausgang 
März  und  An£uig  April  wird  derselbe  verdrängt  durch  den  Südwest- 
wind, welcher  von  diesem  Zeitpunkte  an  ein  halbes  Jahr  lang,  also 
bis  October  herrschend  bleibt.  Um  diese  Zeit  erneut  sich  das  Bingen 
der  beiden  Winde  und  endet  schliesslich  mit  dem  Si^e  des  Nordost 
welcher  sich  nun  wieder  ein  halbes  Jahr  behauptet  Uebrigens  beginnt 
der  Kampf  zwischen  beiden  Monsunen  nicht  mit  einem  Male  auf  der 
ganzen  Linie,  sondern  er  setzt  stets  im  Norden  ein  und  schreitet  nach 

*)  Leopold  Y.  Buch,  Physikalische  Beschreibong  der  canarischen  In- 
sebi.    Berlin  1825.    S.  15. 

«)  Falbe  in  Poggendorff's  Annalen,  Bd.  XIV  (182SX  S.  625. 

')  Sieb  er,  Reise  nach  der  Insel  Greta.  Leipzig  and  Soran  1823.  Bd. 
II,  S.  30.    Brandes,  Beitrage  zur  Witterongskonde.    Leipzig  1820.    S.  135. 

*}  £.  £.  Sehmid,  Lehrbuch  der  Meteorologie.    Leipzig  1860.    S.  497. 


VIII.    Die  Winde.  218 

Süd  allmählich  weiter  fort.  Während  zwischen  dem  22.  und  20.  Grad 
n.  Br.  schon  im  Februar  die  beiden  Munsune  gleich  mächtig  einander 
gegenüber  stehen  und  der  Südwest  Anfang  März  bereits  der  stärkere 
ist,  gelangt  ^dieser  zwischen  dem  20.  und  15.  Grad  n.  Br.  erst  Ende 
März  und  weiter  südwärts  in  der  Mtte  und  gegen  Ende  April  zur 
Geltung.  Dementsprechend  weicht  der  Südwest  zwischen  dem  22.  und 
15.  Grad  n  Br.  schon  in  der  Mitte  October,  zwischen  dem  15.  und  5.  Grad 
n.  Br.  Ende  October  und  Anfang  November  und  in  den  südlichsten 
Gebieten  erst  Mitte  December.  Somit  theUen  sich  die  Monsune 
nicht  ganz  gleichmässig  in  die  beiden  Jahreshälften,  sondern  der  Süd- 
westmonsun weht  im  allgemeinen  gegen  7  Monate,  der  Nordostmonsun 
hingegen  nur  5  Monate  ^).  In  der  Nähe  des  Aequators  verlieren  beide 
l>edeutend  an  Energie  imd  entwickeln  sich  auch  nur  während  eines 
kürzeren  Zeitraumes. 

Für  die  Entfiiltung  der  Monsune  im  Indischen  Ocean  ist  in  erster 
Linie  die  Lage  und  Configuration  des  asiatischen  Continents  mass- 
gebend. Während  der  Wintermonate  erhebt  sich  die  Sonne  am  höch- 
sten über  dem  südlichen  Theile  der  Tropen,  f^  ist  daher  die  Zone 
höchster  Wasser-  und  Luftwärme  einige  Grade  südlich  vom  Aequator 
zu  suchen,  in  dessen  Nähe  zugleich  auch  ein  Gebiet  relativ  geringen 
Luftdruckes  sich  vorfindet  (vgl.  hierzu  Fig.  7  und  12).  Gleichzeitig 
erreicht  über  dem  im  Winter  stark  erkalteten  asiatischen  Continent  der 
Luftdruck  den  ungewöhnlich  hohen  Werth  von  775  MiUimetem.  Es 
ist  demnach  zu  erwarten,  dass  über  dem  nördlichen  Theil  des  Lidischen 
Oceans  durch  die  unteren  Luftschichten  ein  Strom  von  Nord  nach  Süd 
«einen  Weg  nimmt,  während  ein  anderer  in  den  oberen  Regionen  pol- 
wärts  wandert.  Wenn  die  Sonne  jedoch  im  Sommer  über  der  nörd- 
lichen Halbkugel  weilt,  steigert  sich  die  Hitze  über  den  grossen  Länder- 
massen Asien's  in  ausserordentlicher  Weise;  zugleich  aber  sinkt  hier 
der  Luftdruck  bis  unter  748  MiUimeter  herab,  während  der  Luftdruck 
am  Aequator  ebenso  wie  im  Winter  unverändert  den  Werth  von  c.  760 
Millimetern  aufweist.  Die  Auflockerung  der  Luft  über  dem  asiatischen 
Continent  aber  bewirkt  nothwendig  einen  Zuzug  der  Luft  aus  den 
Gebieten  relativ  hohen  Luftdruckes  am'  Aequator;  sie  veranlasst  also 
einen  Südwind,  während  in  den  oberen  Regionen  eine  Strömung  nach 
Süden  ftihrt. 

Die  thatsächUchen  Verhältnisse  stimmen  nicht  ganz  mit  der  obigen 
Darlegung  überein,  weU  dabei  die  Rotation  der  Erde  ausser  Betracht 
gelassen  worden  ist.    Jeder  Körper  nämlich,  welchem  eine  Bewegung 

^)  Vgl.  die  Windtabelle  in  M.  F.  Maury,  Phjsical  Greography  of  the 
.Sea.     16^1^  ed.  London  1S77.  p.  368. 


214  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

mitgetheät  worden  ist,  bewahrt  nach  dem  sogenannten  Gesetz  der 
Trägheit  die  Bichtnng  und  Grösse  dieser  Bewegung  so  lange,  als  nicht 
irgend  welche  Hindemisse  ihm  in  den  Weg  treten.  Nun  rotirt  mit  der 
Erde  audi  ihre  atmosphärische  HüUe;  die  Luftmassen  am  Aequator 
beschreiben  demnach  ebenso  wie  jeder  feste  Punkt  dasdbst  tä^ch 
einen  Weg  von  5400  geogr.  MeQen.  Die  durch  die  Erdrotation  er- 
zeugte Bewegungsgeschwindigkeit  eines  Körpers  an  der  Elrdoberfläche, 
also  auch  jedes  Lufttheilchens,  beti^Lgt  in  der  Secunde 

ftr  0«  Br.  464  Meter 
fiir  20<>  „  436  „ 
fiir  40«  „  355  „ 
fiir  600  „  232  „ 
ftir  80»  „  81  „ 
für  90«   ^        0     -, 

Vermöchten  wir  also  ein  Lufttheikhen  mit  der  ihm  inne  wohnen- 
den Bewegungsgesdiwindigkeit  vom  20.«  Br.  direct  nach  dem  Aequator 
zu  bringen,  so  würde  es  hier,  da  sich  die  Erde  von  West  nach  Ost 
um  ihre  Axe  dreht,  in  der  Secunde  464  —  436  =  28  Meter  nach 
West  zurückbleiben,  d.  h.  es  würde  die  Rolle  dnes  ausserordentlich 
kräftigen  Ostwindes  spielen,  (reht  der  Wind  jedoch  polwärts ,  gelangt 
er  somit  nach  Breiten  geringerer  Drehungsgeschwindigkeit,  so  erfolgt 
eine  Ablenkung  in  umgekehrtem  Sinne.  Hin  plötzlich  vom  Aequator 
nach  dem  20.  Breitengrad  versetztes  Lufttheilchen  würde  dort  in  der 
Richtung  der  Erdbewegung,  also  von  West  nach  Ost,  um  28  Meter 
in  der  Secunde  vorauseilen,  d.  h.  es  würde  als  ein  Westwind  bemerkt 
werden,  der  eine  Geschwindigkeit  von  28  Meter  besässe. 

Aus  alledem  ergiebt  sich,  dass  die  Polarströme  auf  der  nördlichen 
Halbkugel  zu  Nordost-,  auf  der  südlichen  zu  Südostwinden  werden^ 
während  die  Aequatorialströme  ihnen  gerade  entg^enwehen,  also  Süd- 
westwinde auf  der  nördlichen  und  Nordwestwinde  auf  der  südlichen 
Halbkugel  sind^).  Da  die  indischen  Monsune  der  nördlichen  Halb- 
kugel angehören,  so  müssen  nothwendig  ihre  sommerlichen  Seewinde 
zu  Südwest-  und  ihre  winterlichen  Nordwinde  zu  Nordostströmungen 
werden.    In  den  oberen  Luftregionen  herrscht  hier  natürlich  stets  ein 

^)  Wir  bedienen  uns  der  von  Dove  eingeführten  Aasdrücke  ^Aeqnatorial- 
Strom*'  und  TyPolarstrom*',  weil  sie  jetzt  allgemein  gebraucht  werden,  bleiben 
uns  jedoch  dabei  bewusst,  dass  sie  streng  genommen  nicht  ganz  richtig  sind ; 
denn  unsere  warmen  Südwestwinde  kommen  keineswegs  von  dem  Aequator, 
sondern  von  der  Polargrenze  des  Passats,  und  ebenso  wenig  ist  der  Pol  der 
Ausgangspunkt  unserer  Nordostwinde.  Vgl.  A.  Wojeikuf,  Die  atmosphä- 
rische Circulation  (Erganzungsheft  Nr.  38  zu  Petermann 's  Mlttheilnngen 
1874).    S.  3. 


Vm.    Die  Winde.  215 

Wind,  der  dem  in  den  unteren  Regionen  beobachteten  diametral  ent- 
gegen läuft. 

Das  wichtigste  Monsungebiet  auf  der  südlichen  Hemisphäre  ist  die 
südliche  Hälfte  der  Inselflur  zwischen  Asien  und  Australien  sammt 
einem  kleineren  Meeresraume  westwärts  und  einem  grösseren  ostwärts 
davon.  Hier  tritt  das  australische  Wärmecentrum  in  den  Vordergrund. 
Zur  Zeit  der  südhemisphärischen  Sommermonate  (November  bis  April) 
bläst  über  die  Molukken  imd  Neu-Guinea  hinweg,  sowie  weiter  süd- 
und  ostwärts  der  Nordwestmonsun,  da  die  Auf  lockerungsstelle  in  diesem 
Halbjahre  auf  dem  australischen  Continente  liegt;  vom  April  bis  No- 
vember hingegen  wandert  die  Aspiration  mit  dem  Zenithstande  der 
Sonne  nach  Norden  und  bewirkt  das  Wehen  des  Südostmonsuns  (vgl. 
hierzu  Fig.  7  und  8). 

Wenn  man  übrigens  von  Monsunen  der  westafrikanischen,  der 
mexicanischen,  argentinischen  und  chilenischen  Küste  spricht,  so  ist  das 
die  Uebertragung  eines  Namens,  der  grossen  Verhältnissen  entnommen 
ist,  auf  kleinere.  Ein  zweimaliger  Wechsel  des  Windes  innerhalb 
der  jährlichen  Periode  findet  in  der  That  auch  an  den  genannten 
Küsten  statt. 

Die  Monsune  treffen  wir  nur  auf  denjenigen  tropischen  imd  sub- 
tropischen Gebieten,  über  welchen  in  Folge  einer  eigenthümlichen  Ver- 
theilung  von  Land  und  Wasser  die  Auflockerung  der  Atmosphäre  durch 
die  Solstitialbewegung  der  Sonne  eine  namhafte  Verschiebung  nach 
Nord  und  Süd  erfilhrt.  Wo  hingegen  die  Aequatorialzone  gleichmässig 
oder  wenigstens  vorwiegend  vom  Meere  bedeckt  ist,  besteht  das  ganze 
Jahr  hindurch  in  der  Nähe  des  Aequators  eine  Zone  relativ  bedeuten- 
der Erwärmung;  hier  steigen  also  stets  erhitzte  Lufimassen  empor,  und 
in  den  luftverdünnten  Baum  brechen  ebenso  beständig  kältere  Luft- 
strömungen von  Nord  und  Süd  ein.  Würde  die  Erde  in  Ruhe  ver- 
harren, so  wären  dies  reine  Nord-  und  Südwinde;  da  jedoch  die  Erde 
um  ihre  Axe  rotirt  und  jene  Winde  aus  höheren  Breiten  kommen ,  so 
haben  die  von  ihnen  herbeigeflihrten  Luftmassen  eine  kleinere  Drehungs- 
geschwindigkeit als  die  Breitenkreise,  nach  welchen  dieselben  getrieben 
werden ;  sie  werden  also  zu  Nordostwinden  auf  der  nördlichen,  zu  Süd- 
ostwinden auf  der  südlichen  Halbkugel  (vgl.  S.  213  f.).  Diese  Winde 
sind  die  Passate  (die  trade- winds,  d.  i.  Handelswinde  der  Engländer, 
die  vents  aliz&  oder  einförmigen  Winde  der  Franzosen).  Innerhalb 
der  Passate  ist  bei  der  jahraus  jahrein  gleichmässigen  Luftströmung 
(Stürme  und  Windstillen  sind  fast  völlig  ausgeschlossen)  die  SchifflFahrt 
80  leicht  und  wegen  der  fast  beständigen  Klarheit  des  Himmels,  den 
nur  selten  leichte  Wölkchen  bedecken,  so  anmuthig,  dass  die  Spanier 
das  von  ihnen  zuerst  gekannte  Passa^ebiet  des  nordatlantischen  Oceans 


216  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

el  golfo  de  las  damas  (Meer  der  Frauen)  nannten.  Jener  äquatoriale 
Gürtel  y  innerhalb  welches  die  Luft  in  steter  Asoension  b^riffen  ist 
wo  also  horizontal  wehende  Winde  fast  gänzlich  fehlen,  hdsst  der 
Calmengürtel.  Er  scheidet  das  Gebiet  des  Nordostpassats  von  dem 
des  Südostpassats.  Wie  die  Calmen,  so  entwickeln  sich  auch  die  Pas- 
sate in  normaler  Weise  nur  über  den  weiten  oceamschen  Flächen;  auf 
dem  Festlande  erleiden  sie  ansehnliche  Störungen,  welche  sich  in  der 
Nähe  grösserer  Ländermaasen  häufig  sogar  weit  in  die  oceanischen  Ge* 
biete  hinaus  erstrecken. 

Es  sei  hierbei  erwähnt,  dass  bereits  Halley^)  im  Jahre  1685, 
freilich  ohne  Erfolg,  die  östliche  Ablenkung  des  Passats  auf  mechanische 
Principien  zu  gründen  versucht  hatte;  doch  gelang  dies  eigentlich  erst 
George  Hadley  im  Jahre  1735.  Die  oonstant  bleibende  Ursache 
aber,  welche  das  Zuströmen  der  Winde  von  beiden  Erdhälften  nach 
dem  Aequator  hin  veranlasst,  nämlich  das  Aufsteigen  der  Luft  im 
Calmengürtel,  hat  A.  v.  Humboldt  nachgewiesen*). 

Fragen  wir  uns  nun,  wohin  die  in  dem  Calmengürtel  empor- 
gedmngene  Luft  kommt,  so  lautet  die  Antwort:  Sie  fiiesst  in  den 
oberen  Luftregionen  polwärts,  obwohl  nicht  genau  nach  Norden  und 
nach  Süden,  sondern,  durch  die  Rotation  der  Erde  abgelenkt,  nach 
Nordosten  auf  der  nördlichen,  nach  Südosten  auf  der  südlichen  Halb- 
kugel Die  den  Passaten  gerade  entgegengesetzten  ob^:«n  Winde 
bezeichnet  man  als  Antipassate.  Wir  müssen  die  Existenz  der- 
selben schon  deshalb  fordern,  weil  sonst  der  beständige  Luftzufluss 
aus  den  polaren  Gebieten  nicht  erklärt  werden  könnte;  wir  besitzen 
jedoch  auch  zahlreiche  directe  Zeugnisse  hierfttr. 

Am  frühesten  wurden  die  Antipassate  an  den  polaren  Rändern 
der  Piissate  beobachtet,  wo  sie  ja  in  viel  tiefere  Schichten  herabgelangen 
als  inmitten  der  Passatzonen.  Schon  Leopold  v.  Buch^)  berichtet 
uns,  dass  der  Gipfel  des  Pic  de  Teyde  auf  Tenerifia  (3711  Meter  hoch, 
unter  dem  28.  Grad  n.  Br.  gelten)  stets  in  die  Strömung  des  Anti- 
passats  hinaufragt,  obwohl  tiefer  unten  Nordostwinde  während  der 
meisten  Monate  vorherrschend  sind.  Sobald  die  Sonne  in  die  südlichen 
Zeichen  tritt,  schwebt  der  Westwind  allmählich  am  Abhang  des  Beiges 
herab;  im  October  hüllen  bereits  Wolken  den  Pic  ein,  die  sich  all- 
mählich immer  tiefer  senken  und  zwar  bis  zur  Küste  herab,   wo  sie 

M  Philosophical  Transactions  of  the  B.  Soc.  of  London.  VoL  XVI  (1686), 
p.  153  sq. 

*)  H.  W.  Dove  in  A.  v.  Humboldt,  eine  wissenschaftUche  Biographie. 
Heransgeg.  von  Karl  Brüh n 8.    Leipzig  1872.    Bd.  III,  S.  92  f. 

*)  PhTsikalische  Beschreibong  der  canarischen  Inseln.  Berlin  1825.  S.  6Sff. 


VIIL    Die  Winde.  217 

sich  dann  eine  längere  Zeit  behaupten.  Aehnliche  Wahrnehmungen 
machte  Goodrich  auf  dem  4253  Meter  hohen  MaunaEea,  der  ebenso 
wie  der  Pic  de  Teyde  an  der  Nordgrenze  des  Nordostpassats  sich  er- 
hebt. Er  fSEUid  in  den  oberen  Rhenen  Südwestwind,  während  in  den 
unteren  der  Nordost  wehete^). 

"Eia  weiterer  Beleg  für  das  Vorhandensein  der  Antipassate  sind 
die  kleinen  leichten  Passatwölkchen,  die  zwar  nur  sehr  langsam  sich 
bew^en,  aber  entschieden  nach  Ost  und  nicht  nach  West  hin  ziehen, 
also  offenbar  dem  Passat  zuwiderlaufen.  Femer  haben  wir  hinzuweisen 
auf  den  sogenannten  Passatstaub.  Nach  Ehrenberg^s  Untersuchungen 
ist  der  an  den  Ufern  des  Atlantischen  Oceans  und  des  Mittelländischen 
Meeres  gefallene  Passatstaub  nichts  anderes  als  eine  zahllose  Menge 
kieselartiger  Infusorien  aus  den  Llanos  Südamerika's,  welche  demnach 
in  die  Höhe  gewirbelt  und  durch  eine  Strömung  in  den  oberen  Luft- 
regionen über  den  Atlantischen  Ocean  bis  an  die  Gestade  Europa's 
geführt  worden  sein  müssen^). 

Diejenigen  Windfahnen,  die  uns  die  Existenz  des  Antipassats  am 
deutlichsten  anzeigen,  sind  unzweifelhaft  die  Aschen  wölken,  welche 
hohe  Vulcane  der  tropischen  Zone  entsenden.  So  überschüttete  im 
Jahre  1812  der  Vulcan  von  St.  Vincent  (unter  13Vs  Grad  n.  Br., 
1466  Meter  hoch)  mit  seinen  Aschemassen  die  ostwärts  gelegene 
Insel  Barbadoes.  Sie  konnten  nur  von  dem  Antipassat  dahin  getragen 
.werden,  da  in  den  unteren  Luftschichten  der  Wind  die  entgegengesetzte 
Richtung  hatte ^).  Noch  bemerkenswerther  ist  folgendes  Beispiel^). 
Im  Januar  1835  hatte  der  Vulcan  Coseguina  an  der  Fonseca-Bay 
(Centralamerika)  einen  Ausbruch.  Ein  Theil  der  von  ihm  in  reicher 
Menge  empor  geschleuderten  Aschen  sank  bei  Truzillo  an  den  Küsten 
des  Gol&  von  Honduras  zu  Boden;  andere  Aschemassen  aber  wurden 
bis  nach  Kingston  (Jamaica),  also  über  170  geogr.  Meilen  weit  nach 
Nordosten  getrieben,  zu  welcher  Wanderung  sie  mehr  als  vier  Tage 
brauchten,  und  dies  alles  geschah,  während  in  den  unteren  Luft- 
schichten der  regelmässige  Passat  wehte. 

Weim  übrigens  oben  gesagt  wurde,  dass  in  der  Calmenzone,  dem 
Ausgangsgebiet  des  Antipassats,  die  Luft  in  steter  Ascension  begriffen 
sei,  so  ist  doch  keineswegs  eine  völlig  rerticale  Ascension  hiermit  ge- 
meint. Da  nändich  die  Lufttheile  des  Calmengürtels  zu  bedeutenden 
Höhen,  also  zu  Höhen  mit  wesentlich  grösserer  Rotationsgeschwindig- 

>)  Dove,  Meteorologische  Untersuchungen.    Berlin  1887.    S.  270. 
^  £.  Reclus,  La  Terre.    Paris  1869.    Tome  U,  p.  313. 
^  L.  V.  Buch,  1.  c.  S.  68. 

*)  Sir  Charles  Lyell,  Principles  of  Geology.  12*1»  edition.  London  1875. 
Vol.  I,  p.  584. 


218  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  nnd  LufthüUe  der  Erde. 

keit  emporgetragen  werden,  so  müfisen  sie  hier  nothwendig  nach  West 
hin  zurückbleiben.  Dieser  theoretischen  Forderung  scheinen  die  Rauch- 
wolken eines  der  höchst»!  Vulcane  der  Erde,  des  Cotopaxi  (5943  Meter 
hoch,  unter  0,7  Grad  s.  Br.  geleg^i),  völlig  zu  entsprechen.  Moriz 
Wagner >)  theilt  uns  von  denselben  mit:  ^Ueber  dem  Gipfid  des 
Cotopaxi,  in  einer  Höhe  von  18  000  Fuss  (c.  6000  Meter)  ist  während 
des  Tages  der  Nordwest  allezeit  vorherrschend.  Stets  nimmt  die  nach 
oben  sich  ausbreitende  vulcanische  Wolke  über  dem  Eliaterrand  eine 
südöstliche  Bichtung.  In  der  Höhe  von  21  000  Fuss  (c  7000  Meter) 
wendet  sie  sich  aber  plötzlich  wieder  nach  Nordwest  und  bleibt  bis  zu 
einer  Höhe,  die  wir  auf  mindestens  28  000  Fuss  (c.  9100  Meter) 
schätzten,  dieser  Bichtung  getreu.'' 

Der  Calmengürtel  ist  keineßw^  ein  Bing,  welcha*  überall  gleich 
breit  ist  und  immer  in  gleicher  Lage  die  äquatorialen  Gebiete  um* 
spannt;  vielmehr  ist  seine  Brdte  grossen  Schwankungen  unterworfen, 
und  ausserdem  bew^  er  sich,  dem  senkrechten  Stande  der  Sonne 
folgend,  wie  ein  Pendel  alljährlich  einmal  zwischen  den, Wendekreisen 
hin  und  zurück.  Gleichzeitig  mit  ihm  verschieben  sich  auch  die  Passat- 
regionen, und  zwar  geschieht  dies,  wie  es  Fig.  7  und  8  darstellen. 

In  der  Mitte  des  nordatlantischen  Beckens  reicht  der  Passat  im 
Januar  etwa  vom  25.  bis  3.,  im  Juli  aber  vom  28.  bis  10.  Grad  n.  Br. ; 
doch  rücken  die  Grenzen  in  beiden  Fällen  an  den  afrikanischen  Küsten 
viel  weiter  g^en  Norden  vor.  Im  südatlantischen  Ocean  sind  in  den- 
selben Zeiten  die  Grenzen  des  Passats  auf  dem  20.  Meridian  w.  v.  F. 
unter  dem  1.  Grad  n.  und  26.  Grad  s.  Br.,  resp.  unter  dem  4.  Grad 
n.  und  25.  Grad  s.  Br.  zu  suchen.  Demnach  greift  hier  der  Südost- 
passat zu  jeder  Jahreszeit  auf  die  nördliche  Halbkugel  hinüber;  auch 
ist  derselbe  weit  kräftiger  als  der  Nordostpassat  (v^.  S.  88),  was  wohl 
beides  darin  seinen  Grund  hat,  dass  er  über  den  grösseren  Wasser- 
flächen des  südatlantischen  Beckens  sich  ungestörter  und  freier  ent- 
fisdten  kann.  AuffiJlend  ist  femer,  dass  sich  die  Südgrenze  des  Süd- 
ostpassats im  Januar  von  Ost  nach  West  um  19  Breitengrade  (vom 
34.  bis  15.)  nach  Norden  erhebt  (im  Juli  allerdings  ungleich  weniger). 
Die  bereits  früher  erwähnte  Thatsache,  dass  an  der  ganzen  Westküste 
Südafrika's  vom  Capland  bis  zu  den  Guineainseln  die  Passate,  „de- 
trahirt^'  durch  das  südafrikanische  Hochland,  von  Süd  nach  Nord 
wehen,  erklärt  sich  von  selbst,  wenn  man  den  Verlauf  der  Isobaren 
in  Süd-  und  Mittelafrika  in's  Auge  &asL  Da  die  bdden  Passate  in 
dem  westlichen  Theile  des  Atlantischen  Oceans  fast  unmittelbar  zu- 

')  Naturwissenschaftliche  Reisen  im  tropischen  Amerika.    Stuttgart  1870. 
S.   513. 


VIII.    Die  Winde.  219 

sammenstossen,  so  ist  die  Calmenzone  auf  einen  keilartigen,  im  Westen 
zugespitzten  Raum  in  der  Osthulfte  dieses  Weltmeeres  beschränkt, 
dessen  Westspitze  im  Januar  unter  dem  2.,  im  Juli  unter  dem  8.  Grad 
n.  Br.,  also  jederzeit  auf  der  nördlichen  Halbkugel  liegt,  wie  dies  über- 
haupt fbr  das  ganze  atlantische  Calmengebiet  gilt.  Auch  erweitert  sich 
dasselbe  im  Sommer  ansehnlich  und  dringt  zugleich  um  mehr  als  15 
Grade  weiter  nach  Westen  vor,  wird  jedoch  zu  dieser  Zeit  in  der 
ganzen  Osthälfte  von  Südwestwinden  beherrscht. 

Unter  allen  Continenten  ist  Südamerika  derjenige,  welcher  wegen 
seiner  weiten  offenen  Ebenen  an  der  Ostseite  den  Passaten  am  meisten 
zugänglich  ist.  Ueber  den  Amazonas  streichen  vom  August  bis  Ja- 
nuar heftige  Ostwinde  dahin,  während  sonst  Calmen  und  unregel- 
mässige Westwinde  wechseln ;  in  Guyana  sind  die  Winde  fast  das  ganze 
Jahr  hindurch  Ostwinde  und  in  den  Llanos  des  Orinoco  wenigstens 
zur  Zeit  der  südlichen  Declination  der  Sonne.  Wahrscheinlich  ver- 
schiebt sich  hier  die  Calmenzone  innerhalb  der  Grenzen  von  2  Grad 
s.  und  8  Grad  n.  Br.  ^)  Weiter  im  Norden ,  über  dem  Caraibischen 
Meere,  hat  der  Passat  meist  eine  fest  genau  östliche  Richtung.  Ziem- 
lich das  ganze  Jahr  hindurch  ergiesst  er  sich  auch  über  Centralamerika^ 
ist  jedoch  im  Mexicanischen  Meerbusen  und  in  Mexico  während  der 
Wintermonate  nicht  mehr  regelmässig  entwickelt. 

Der  Stille  Ocean  hat  in  seiner  nördlichen  Hälfte  während  des 
ganzen  Jahres  normalen  Passat.  Die  Nord-  und  Südgrenzen  desselben, 
die  sich  im  Mittel  zwischen  dem  28.  (Januar)  und  28.  Grad  (Juli), 
resp.  4.  (Januar)  imd  10.  Grad  n.  Br.  (Juli)  halten,  steigen  an  der 
amerikanischen  Küste  rasch  gegen  Norden  empor.  Der  südhemisphä- 
rische  Passat  weht  während  der  nördUchen  Declination  der  Sonne  von 
der  Westküste  Südamerika's  bis  zur  Ostküste  Australien's.  Er  über- 
schreitet im  JuH  den  Aequator  um  6  bis  8  Grade,  während  sich  sein 
Südrand  im  Mittel  unter  dem  20.  Grad  s.  Br.  befindet.  Auch  zur  Zeit 
unseres  Winters  rückt  der  Südostpassat  3  bis  5  Grad  über  den  Aequa- 
tor gegen  Norden  vor;  doch  vermissen  wir  ihn  auf  der  ganzen  weiten 
Inselflur  zwischen  Neu-Guinea  und  den  Tuamotu-Inseln,  also  auf  einem 
grossen  Theile  der  Westhälft»  des  StiUen  Oceans.  Sein  Südrand  wird 
im  Januar  durch  eine  Linie  bezeichnet,  welche  sich  vom  35.  Grad 
s.  Br.  an  der  amerikanischen  Küste  fast  bis  zum  Aequator  im  Nord- 
osten der  Fidschi -Inseln  erhebt.  Ueber  dem  erwähnten  Inselraume 
aber  b^egnen  wir  Calmen  und  Nordwestwinden;  wir  haben  es  dem- 
nach mit  einem  Theile  des  australischen  Monsungebietes  zu  thun.  Die 
Entstehung  des  Nordwestmonsuns  ist  hier  jedenfalls  der  sommerlichen 

')  A.  Wojeikof,  1.  c.  S.  29. 


220  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Auflockening  der  Luft  zuzuschreiben;  in  der  That  nimmt  der  Luft- 
druck gegen  Asien  hin  stetig  zu.  Wahrscheinlich  ist  an  dieser  Auf- 
lockerung in  erster  Linie  der  Insdreichthum  jener  Gegend  betheiligt, 
an  deren  hohen  Inselbergen  Wasserdämpfe  in  reichem  Masse  oondoisirt 
und  aus  der  Luft  ausgeschieden  werden  ^).  Erst  westlich  vom  160.  Gtad 
w.  L.  T.  Gr.  setzen  die  Südostpassate  wieder  ein,  bew^en  sich  jedoch 
bat  durchw^  nur  in  dem  Baume  zwischen  dem  20.  und  30.  Grad 
s.  Br.  Da  in  der  Mitte  des  Stillen  Oceans  die  beiden  Passate  ts^st  zu 
jeder  Jahreszeit  auf  einander  stossen,  so  gewinnt  auch  hier  (wie  im 
Atlantischen  Ocean)  die  Cahnenzone  die  Gestalt  eines  nach  West  hin 
fein  zugespitzten  Dreiecks,  dessen  Westecke  (etwa  unter  dem  160.  Grad 
w.  L.  y.  Gr.)  zwischen  dem  4.  (im  Januar)  und  7.  Grad  n.  Br.  (im 
Juli)  varürt  Im  Juli  öffiiet  sich  die  Calmenzone  nach  Ost  hin  mehr 
als  im  Januar;  doch  gehört  zu  keiner  Jahreszeit  irgend  welcher  Theil 
derselben  der  südlichen  Halbkugel  an.  In  der  Mitte  und  in  der  West- 
hälfte des  Stillen  Oceans  ist  die  Calmenzone  ganz  unvollkommen  aus- 
gebildet, namentlich  während  der  südlichen  Dedination  der  Sonne; 
doch  weist  zur  Zeit  unseres  Sommers  der  weitausgedehnte  Inselschwami 
der  Carolinen  (etwa  unter  dem  8.  Grad  n«  Br.)  zwischen  dem  Kord- 
ostpassat und  dem  Südostmonsun  eingeschaltete  Calmen  an£ 

Die  Störungen,  welche  die  Passate  in  dem  nördlichen  Australien, 
sowie  in  Südost- Asien  und  den  benachbarten  Meeresgebieten  erfisdireiL. 
wurden  bereits  oben  (s.  die  Monsune,  S.  212  ff.)  näher  betrachtet  Be- 
merkenswerth  ist  namentlich,  welch  ausserordentlichen  Schwankungen 
hier  der  Calmengürtel  imterworfen  ist  Im  Januar  lieg^  derselbe  über 
dem  australischen  Continent  und  in  der  Mitte  des  Indischen  Oceans 
zwischen  dem  9.  Grad  s.  und  dem  4.  Grad  n.  Br.;  im  April  und 
Blai  ist  das  Gebiet  niedrigsten  Luftdruckes  bereits  bis  in  die  Glitte  von 
Vorderindien  eingedrungen,  weshalb  hier  sowohl  feuchte  Südwestwinde 
vom  Indischen  Ocean,  als  auch  trockene,  heisse  Winde  von  Nordwest 
her  wehen.  Im  JuU  aber  wandert  dieses  Auflockerungsgebiet  bis  zu 
dem  Wüstengürtel  Mittelasien's  nach  Norden,  weshalb  die  Luft  von 
allen  Seiten  dorthin  strömt;  dann  aber  weicht  dasselbe  allmählich  wie- 
der zurück  und  zwar  bis  zur  südlichen  Hemisphäre,  bis  zum  austra- 
lischen Continente.  Der  südhemisphäiische  Passat  findet  sich  im  In- 
dischen Ocean  während  des  Januar  durchschnittlich  zwischen  dem  9. 
und '30.  Grad  s.  Br.,  während  des  Juli  zwischen  dem  2.  und  23.  Grad 
s.  Br.  Obwohl  auch  nördlich  vom  Aequator  der  Südostwind  im 
Sommer  noch  vereinzelt  auftritt,  so  kann  man  doch  von  einer  Herr- 
schaft des  Passats  in  diesem  Gebiete  nicht  mehr  sprechen.     £r  ist  aUo 

>)  A  Wojeikof,  1.  c.  S.  34. 


VIII.    Die  Winde.  221 

im  wesentlichen  auf  die  südliche  Hemisphäre  beschränkt  An  den 
afrikanischen  Ostküsten  erleidet  der  Passat  namentlich  im  südhemisphä- 
rischen  Sommer  durch  die  Auflockerung  der  Luft  über  den  südafrika- 
nischen Wüsten  eine  bedeutende  Ablenkung.  Ausserordentlich  beharr- 
lich ist  der  Nordostpassat  in  der  Sahara,  weil  die  Grebiete  nördlich  da- 
von stets  einen  höheren  Luftdruck  z^gen  als  die  äquatorialen  Auf- 
lockerungsgebiete; im  Sommer  erstreckt  er  sich  an  einzelnen  Stellen 
am  nördlichen  Ufer  des  Mttelmeeres  bis  zum  43.  und  44.  Grad  nach 
Norden. 

Durchschnittlich  reichen  die  Passatzonen  bis  zum  26.  Grad  n.  und 
s.  Br.,  ziehen  sich  jedoch  innerhalb  der  jährlichen  Periode  über  den- 
selben zurück,  um  ihn  ein  halbes  Jahr  später  wieder  zu  überschreiten. 
Demnach  lassen  sich  zwischen  Pol  und  Aequator,  wenn  wir  das 
Gebiet  unregelmässig  wechselnder  Winde  in  den  höheren  Breiten  der 
gemässigten  und  in  der  kalten  Zone  hinzufügen,  folgende  Windzonen 
unterscheiden:  1)  Die  Zone  der  Calmen  (im  Mittel  zwischen  dem  8. 
und  10.  Grad  n.  Br.),  in  welcher  die  Luft  vorwiegend  eine  Bewegung 
nach  oben  zeigt  und  somit  gewöhnlich  Windstillen  beobachtet  werden. 
An  sie  reiht  sich  2)  die  Zone  mit  beständig  wehendem  Passat  (un- 
gefkhr  zwischen  dem  10.  und  25.  Grad  n.  Br.,  sowie  dem  3.  Grad  n. 
und  25.  Grad  s.  Br.),  femer  3)  eine  Zone,  in  welcher  der  Passat  wie 
überhaupt  polare  Winde  nur  dann  herrschen,  wenn  ftir  dieselbe  der 
meteorologische  Sommer  angebrochen  ist,  während  im  Winter  Aequa- 
torialströme  dominiren.  Die  letztere  liegt  im  Mittel  zwischen  dem  25. 
und  40.  Grad  n.  wie  s.  Br.  Die  Polargrenze  dieser  subtropischen  Zone 
fällt  nicht  mit  der  Polargrenze  der  Passate  zusammen,  sondern  greift 
über  dieselbe  hinaus,  da  auch  polwärts  von  den  regelmässigen  Passaten 
im  Sommer  häufig  polare  Winde  vorwalten.  Uebrigens  ist  diese  Zone 
über  den  Continenten  wegen  der  ganz  puderen  Vertheilung  des  Luft- 
druckes noch  weit  mehr  gestört  als  die  Passatzone;  A.  Wojeikof^) 
bezeichnet  sie  geradezu  als  eine  wesentlich  oceanische  Erscheinung. 
An  diese  Zonen  reiht  sich  4)  noch  dasjenige  Gebiet,  in  welchem  äqua- 
toriale und  polare  Winde  nicht  bloss  über  einander  hinwegfliessen,  son- 
dern auch  in  scheinbar  regelloser  Folge  einander  durchdringen. 

Bevor  wir  noch  einige  charakteristische  Merkmale  der  letzten 
W^indzone  hervorheben,  sei  darauf  hingewiesen,  dass  keineswegs  die 
ganze  Luft,  welche  der  Antipassat  polwärts  treibt,  in  den  Bereich 
dieser  Zone  kommt.  Wie  nämlich  der  niedrige  Barometerstand  im 
Gebiet  der  Calmen  den  au&teigenden  Luftstrom  verräth,  so  deutet  der 
permanent  hohe  Luftdruck  an  den   polaren  Bändern   der  Passate  auf 

*)  l  c.  S.  10. 


222  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  LnfthüUe  der  Erde. 

einen  sich  herabsenkenden  Luftstrom  hin.  Ferner  lässt  hier  die  Exi- 
stenz einer  allerdings  al^geschwächten  Zone  von  Windstillen  und  ver- 
änderlichen Winden,  wie  sie  auch  im  Gebiet  der  Calmen  sieh  vor- 
findet^  anf  das  Vorhandensein  einar  in  der  Hauptsache  verticalen  Luft- 
Strömung  schliessen.  Wir  sind  also  zu  der  Annahme  berechtigt,  dass 
ein  Theil  der  von  dem  Äntipassat  polwärts  bew^^gten  Luft  inneriialb 
der  Passatzone  hin-  und  heimgetragen  wird,  also  einen  Kreislaiif  voll- 
endet, ohne  in  höhere  Breiten  zu  gelangen. 

Granz  anders  als  in  der  tropischen  Zone  ordnen  sich  äquatorude 
und  polare  Strömungen  unter  höheren  Breiten.  Dass  wir  es  auch  hier 
mit  diesen  beiden  Arten  von  Winden  zu  thun  haben,  ist  unschwer  zu 
erkennen.  Die  in  den  gemässigten  Zonen  vorwaltenden  Westwinde 
bekunden  ihre  Abstammung  aus  niederen  Breiten  schon  dadurch,  dass 
sie  die  Sichtung  abgelenkter  Aequatorialströme  besitzen,  ausserdem 
aber  auch  durch  ihre  hohe  Wärme  und  ihre  grosse  Feuchtigkeit  Nie- 
mals herrscht  ein  Aequatorialstrom  bloss  an  der  Erdoberfläche,  was 
sich  aus  dem  Wesen  der  Aequatorialströme  von  selbst  eigiebt;  ver- 
breitet er  sich  dennoch  bis  in  die  unteren  Luftschicht^  so  darf  hieraas 
gefolgert  werden,  dass  er  seinen  Pfind  von  oben  herab  immer  tiefer  ge- 
1^  hat  und  nun  die  Atmosphäre  ihrer  ganzen  Höhe  nach  durchweht. 

Nächst  den  Westwinden  sind  in  den  gemässigten  Zonen  die  Ost- 
(auch  Nordost-  und  Südost-)  Winde  ausserordentlich  häufig,  und  da  sie 
durch  Richtung  wie  durch  Wärme  und  Feuchtigkeit  den  schär&ten 
Contrast  zu  den  Aequatorialströmungen  bezeichnen,  so  dürfen  sie  wohl 
als  Polarströme  betrachtet  werden.  Sie  bilden  öfter  blosse  Unterströme. 
Da  jedoch  bisweilen  die  höchsten  Wolken»  in  gleichem  Sinne  mit  ihnen 
ziehen,  wiewohl  dieselben  bei  diesen  Winden  selten  sind,  so  mögen 
auch  sie  von  unten  her  oft  die  ganze  Atmosphäre  durchdringen.  Dar- 
auf gründet  sich  die  von  Dofe  zuerst  ausgesprochene  bedeutungsvolle 
Lehre,  dass  Aequatorial-  und  Polarströme,  welche  unter  den  Tropen 
als  Passate  und  Monsune  über  einander  hinw^fliessen ,  weiter 
polwärts  neben  einander  li^en,  womit  zwei  andere  Behauptungen  en«r 
zusammenhängen:  dass  sich  nämlich  Aequatorial-  und  Polarströme  da:» 
Gleichgewicht  halten,  indem  sie  gleiche  Luftmassen  hin-  und  herfiihren 
und  dass  die  Aenderungen  der  Windrichtung  einem  Wechsel  von  Aequa- 
torial- und  Polarströmen  gleichkommt^). 

Die  Thatsache,  dass  in  höheren  Breiten  die  Aequatorialströme 
häufiger  und  heftiger  auftreten  als  die  Polarströme,  steht  übrigens  mit 
den  obigen  Sätzen  völlig  im  Einklang.  Da  nämlich  die  Aequatorial- 
ströme wegen  ihrer  höheren  Temperatur  und  ihrer  grösseren  Feuchtig- 

')  H.  W.  Dove,  Meteorologbche  Untersucbungen.  Berlin  1837.  S.  175—243. 


VIII.    Die  Winde.  223 

keit  ein  relativ  grosses  Volumen  einnehmen,  so  müssen  sie,  um  eine 
gleiche  Luftmasse  zu  bewegen  wie  die  Polarströme  entweder  in  brei- 
terem Bette  oder  mit  vermehrter  Geschwindigkeit  dahineilen.  Nach 
den  bisherigen  Beobachtungen  ist  beides  der  Fall.  In  höheren  Breiten 
theilen  die  Aequatorialströme  ihren  TemperaturUberschuss  dem  Boden 
mit,  und  ebenso  scheiden  sie  hier  einen  grossen  Theil  ihrer  Dämpfe  in 
festem  oder  flüssigem  Zustande  aus. 

Wo  nun  abgelenkte  Polarströmungen  den  abgelenkten  Aequatorial- 
lüften  begegnen,  wird  ein  £[ampf  beider  stattfinden,  der,  wenn  er  nor- 
mal verläuft,  auf  der  nördlichen  Halbkugel  eine  Drehung  des  Windes 
von  Nord  durch  Ost,  Süd  und  West  nach  Nord  bewirkt.  Eme  solche 
Drehung  geschieht  ganz  im  Sinne  der  bereits  entwickelten  Drehungs- 
gesetze, welchen  diejenigen  Lufttheile  unterworfen  sind,  die  ihre  äqua- 
toriale Breite  verändern.  Der  Nordwind  der  nördlichen  Hemisphäre, 
welcher  nach  Breiten  grösserer  Drehungsgeschwindigkeit  vordringt, 
wird  eben  deshalb  zu  einem  Nordost-  und  Ostwind,  der  Südwind  hin- 
gegen, von  dem  das  Umgekehrte  gilt,  zu  einem  Südwest-  und  West- 
wind. Die  Drehung  durch  die  beiden  anderen  Quadranten  erklärt 
sich  in  folgender  Weise :  Der  mit  nahe  Ost  aufhörende  Polarstrom  und 
der  mit  Süd  beginnende  Aequatorialstrom  geben  eine  südöstliche  Re- 
sultante. Der  Strom  rückt  dabei  dem  Ostpunkte  um  so  näher,  je 
schwächer  der  anhebende  Aequatorialstrom  ist,  verschiebt  sich  jedoch 
um  so  mehr  nach  dem  Südpunkte,  je  mehr  der  Polarstrom  nachlässt. 
Ebenso  wird  der  nahe  von  West  her  wehende  Aequatorialstrom  von 
dem  Polarstrom  durch  Nordwest  nach  Norden  gedrängt.  Offenbar 
sind  die  Monsune  der  einfachste  Fall  einer  solchen  Drehung. 

Auf  der  südlichen  Halbkugel  vollzieht  sich  die  normale  Drehung 
des  Windes  aus  den  angeführten  Ursachen  von  Süd  über  Ost,  Nord 
und  West  nach  Süd.  Innerhalb  der  Quadranten  von  Süd  durch  Südost 
gegen  Ost,  sowie  von  Nord  durch  Nordwest  gegen  West  ist  der  Wind- 
wechsel in  der  eigenthümlichen  Entfaltung  der  Polar-  und  Aequatorial- 
strömungen  selbst  begründet;  die  Quadranten  von  Ost  durch  Nordost 
nach  Nord  und  von  West  durch  Südwest  nach  Süd  bilden  die  ver- 
nüttelnden  Uebergänge. 

Die  Thatsache,  dass  sich  der  Wind  auf  der  nördlichen  Halbkugel  im 
Sinne  eines  Uhrzeigers  über  die  Windrose  zu  drehen  pflegt,  ist  schon  von 
Aristoteles  bemerkt  und  später  von  zahlreichen  anderen  Forschem  ^) 
(Plinitis,  Baco,  Mariotte,  Kant  u.  a.)  wiedererkannt  worden.  J.  R. 
Forst  er  beobachtete  auf  der  südlichen  Halbkugel,  wie  es  das  Gesetz  er- 

»)  Vgl.  H.  W.  Dove,  Klimatologische  Beitrage.  Berlin  1857.  Bd.  I, 
S.  248. 


224  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

heischt,  eine  Drehung  in  umgekehrter  Bichtung.  Doch  hat  diese 
Erscheinung  erst  Dove  wissenschaftlich  b^ründet  und  sie  das 
Drehungsgesetz  der  Winde  genannt 

Siegt  bei  dem  Kampfe  der  Polar-  und  Aequatoriabtrömungen  der 
angreifende  Theil,  so  ist  die  Drehung  eine  gesetzmässige;  unterliegt 
aber  der  Angreifer,  so  fallen  die  Winde  wieder  rückwärts,  und  das 
Spiel  beginnt  von  neuem.  Es  verhält  sich  dies  wie  mit  den  Zdgem 
einer  Uhr:  man  mag  sie  noch  so  oft  zurückstellen,  so  werden  sie  doch 
immer  wieder  auf  dem  Zifferblatt  ihren  alten  Weg  einschlagen. 

Nach  Emsmann^)  hatte  Berlin  in  den  Jahren  1831  — 1835 
347,2  regelmässige  Drehungen  und  277,8  regelwidrige;  es  kamen 
also  auf  5  regelmässige  Drehungen  4  regelwidrige.  Die  Zahl  der  voll- 
ständigen Drehungen  ohne  Rücksprünge  betrug  im  jährhchen  Mittel 
12,  die  der  regelwidrigen  3. 

Osler ^)  hat  aus  den  zu  Liverpool  auf  dem  Observatorium  auf- 
gezeichneten Luftströmungen  ermittelt,  dass  die  Drehungen  des  Win- 
des durch  die  ganze  Windrose  waren 

im  Jahre        regelmässig        regelwidrig 

1852  28  mal      12  mal 

1853  24  „      12  „ 

1854  26.  „       2  „ 

1855  24  „      10  „ 

Hier  treten  also  die  Drehungen  im  Sinne  des  Gesetzes  vergleichs- 
weise oft  ein;  die  Summa  der  ersteren  ist  nahezu  dreimal  so  gross  als 
die  der  letzteren, 

Madrider  Beobachtungen  ergaben  (nach  Rico  y  Sinobas)  wäh- 
rend des  Jahres  1854 

▼olle  Umdrehungen  im  Winter        Frühling        Sommer        Herbst        Jahr, 
regeknässige    ...     12  11  26  16  65 

regelwidrige     ...       6  8  5  5  24^). 

Ueberblicken  wir  das  grosse  System  der  Luftcirculation,  welches 
die  ganze  Erde  beherrscht,  so  erkennen  wir,  dass  die  Polar-  und 
Aequatorialströme,  welche  im  Gebiete  der  Passate  über  einander  hin- 
äiessen,  nach  den  Polen  zu  einander  durchdringen,  also  neben  ein- 
ander hinziehen.  Sieht  man  in  den  Aequatorialströmen  höherer  Breiten 
herabgestiegene  Winde  der  tropischen  Zone  und  in  den  Polarströmen 
wieder  deren  nach  den  Tropen  umbiegende  Verlängerung,  so  lässt  sich 

^)  Untersuchungen  über  die  Windverhältnisse  zu  Berlin.  Frankfurt  a.  0. 
1839  (abgedruckt  in  Poggendorff's  Annalen,  Bd.  CXXXII  (1867),  8.636  ff.). 

^)  Report  of  the  British  Association  for  the  advancement  of  science  1855. 
London  1856.  p.  138. 

°)  £.  £.  Schmid,  Lehrbuch  der  Meteorologie.    Leipzig  1860.    S.  561. 


Vm.    Die  Winde.     ^  225 

der  Kreislauf  einer  kleineren  Luftmasse,  welche  die  Passatzone  über- 
schreitet, am  anschaulichsten  mit  einer  Schnur  ohne  Ende  vergleichen, 
welche  auf  der  einen  Seite  (in  niederen  Breiten)  um  eine  verticale, 
auf  der  andere  Seite  (in  höheren  Breiten)  um  eine  horizontale  Holle 
gelegt  ist. 

Ein  anderes  fundamentales  Gesetz  der  neueren  Meteorologie,  welches 
ebenfalls  die  Richtung  der  Winde  betriffl;,  ist  von  Buys-Ballot  auf- 
gestellt worden.  Dasselbe  gründet  sich  auf  den  einfachen  Satz  der 
Mechanik,  dass  Flüssigkeiten  und  Gase  stets  nach  einem  Gleich- 
gewichtszustande streben,  und  lautet:  Der  Wind  strömt  immer  von 
Gebieten  höheren  Luftdruckes  nach  solchen  niederen  Luftdruckes  und 
er&hrt  dabei  im  wesentlichen  nur  eine  Ablenkung  durch  die  Erdrotation 
(auf  der  nördlichen  Halbkugel  nach  rechts,  auf  der  südUchen  nach 
links,  vgl.  S.  213  f.). 

Da  sich  die  Grösse  des  Luftdruckes  an  irgend  einem  Orte  aus 
dem  Barometerstande  ergiebt,  so  hat  das  Barometer,  seitdem  jenes 
Gesetz  erwiesen  ist,  eine  neue,  hohe  Bedeutung  erlangt :  es  ist  zu  einem 
wichtigen  anemometrischen  Werkzeuge  geworden.  Kennt  man  die 
Barometerhöhen  mehrerer  Nachbarorte  (reducirt  auf  das  Meeresniveau), 
so  findet  man  aus  ihnen  unmittelbar,  ob  zwischen  jenen  Orten  eine 
grosse  oder  geringe  Tendenz  zu  einer  Luftbewegung  vorhanden  ist; 
denn  die  Stärke  des  Windes  wächst  mit  der  Grösse  der  barometrischen 
Differenz.  Dividirt  man  die  Entfernung  zweier  Orte  (in  Kilometern) 
durch  die  barometrische  Differenz  (in  Millimetern),  so  erhält  man  die 
sogenannte  „barometrische  Neigung"  (den  barometrischen  Gradienten) 
und  in  ihm  ein  Mass  flir  die  Kraft  des  zwischen  jenen  beiden  Orten 
wehenden  Windes.  Nach  Mohn 's  Berechnungen  bestehen  folgende 
Beziehungen  zwischen  Windstärke  und  barometrischer  Neigung  (die 
Zahlen  geben  an,  auf  wie  viele  Kilometer  Entfernung  eine  Differenz 
des  Luftdruckes  von  1  Millimeter  kommt,): 

Windstärke.  Barometrische  Neigung. 

Orkan unter  17 

Sturm 17—  23 


Sehr  starker' 
Starker 
Massiger 
Schwacher 


i 


23—  34 

50 

^"^^ ^50—100 


(23— 
I34— 

SkA_ 


über  100  ^). 


Der  Wind  ist  immer  aus  Gegenden  hohen  Luftdruckes  nach 
solchen  geringeren  Luftdruckes  gerichtet  Um  ein  Maximum  des  Luft- 
druckes bläst  demnach  der  Wind  auf  aUen  Seiten  nach  aussen  hin; 

*)  Behm,  Geographisches  Jahrbuch.    Bd.  IV  (1872),  S.  174. 

Peschel-Leipol dt,  Phja.  Erdkunde.    Ü.  15 


226  Dritter  TheiL  •  Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Südwind  haben  wir  also  auf  der  Nordseite  desselben,  Westwind  auf 
der  Ostseite  etc.  Um  ein  Minimum  des  Luftdruckes  hing^en  dringt 
der  Wind  von  allen  Himmdsgegenden  her  nach  innen  ein;  es 
herrscht  somit  Nordwind  auf  der  Nordseite ,  Ostwind  auf  der  Ostseite 
etc.  Doch  1^  der  Wind  keinen  geradlinigen  Pfiwi  von  dem  Orte 
hohen  nach  dem  Orte  geringen  Luftdruckes  zurück ,  durchschneidet 
also  auch  die  Isobaren  nicht  rechtwinklig;  vielmehr  wird  er  durch  die 
Rotation  der  f^rde  der  Art  abgelenkt,  dass,  wenn  man  das  Gesiebt 
dem  barometrischen  IVIinimum  zuwendet,  der  Ort,  nach  welchem  der 
Wind  weht,  nach  rechts  (auf  der  südlichen  Halbkugel  nach  linkst 
gerückt  erscheint  Auf  der  nördlichen  Halbkugd  wird  denmach  Nord- 
wind zu  Nordostwind,  Südwind  zu  Südwestwind,  auf  der  südlichen 
Halbkugel  hingegen  Nordwind  zu  Nordwestwind,  Südwind  zu  Süd- 
ostwind. 

Somit  lassen  sich  aus  einer  genügenden  Anzahl  barometrischer 
Beobachtungen  Stärke  und  Sichtung  des  zu  erwartenden  Windes  auf 
eine  wenn  auch  nur  kurze  Zeit  vorausbestimmen.  Seitdem  man  den 
elektrischen  Funken  in  den  Dienst  der  Meteorologie  gestellt  hat, 
welcher  schneller  denn  mit  Windeseile  die  Lüfte  durchmisst,  berechnet 
man  in  der  angedeuteten  Weise  in  den  Hafen-  und  Küstenorten  den 
Eintritt  herannahender  Stürme,  und  so  ist  es  durch  die  Sturmsignale 
möglich  geworden,  den  Orkanen  und  ihren  Verderben  bringenden 
Wirkungen  auszuweichen  ^).  Auf  dieselbe  Methode  gründen  sich  die 
in  zahlreichen  binnenländischen  Städten  zur  Veröffentlichung  gdangen- 
den  Wetterprognosen,  bei  denen  man  das  Ziel  im  Auge  hat,  die 
Witterung,  die  ja  in  erster  Linie  von  den  Winden  abhängig  ist,  fiir 
die  nächsten  24  Stunden  anzugeben.  Locale  Hindernisse,  wie  Grebirge 
und  Thäler,  greifen  zwar  häufig  störend  in  den  Gang  der  Winde  ein; 
doch  ist  ihr  Einfluss  nur  localer  Art  Es  bedarf  nun  keiner  Recht- 
fertigimg mehr,  warum  wir  in  die  Kärtchen  der  Isobaren  (Fig.  7  und  8 ) 
die  Windpfeile  eingetragen  haben ;  Luftdruck  und  Winde  stehen  ja, 
wie  auch  ein  Blick  auf  jene  Kärtchen  sofort  lehrt,  in  der  innigsten 
Beziehung  zu  einander. 

Von  grösster  Wichtigkeit  sind  die  Winde  für  die  Wärme  Ver- 
hältnisse der  Erde;  namentlich  dürfen  die  nichtperiodischen  Verän- 
derungen der  Temperatur  fast  ausschliesslich  dem  Wechsel  der  Luft- 
strömimg  zugeschrieben  werden.     Sie  sind  daher  sehr  gering,  wo  die 

^)  Die  Starmwamangen  wurden  eingeführt:  in  den  Niederlanden  186o, 
in  England  1S61,  in  Frankreich  1868,  an  den  deatschen  Nordseeküsten  1864,  in 
den  Vereinigten  Staaten  1S65,  an  den  deatschen  Ostseeküsten  1868,  in  Itaüen 
1S69.  Hermann  Kopp,  Einiges  über  Witterungsangaben.  Braonschweig 
1879.    S.  134. 


VIIL    Die  Winde.  227 

Windrichtung  im  grössten  Theile  des  Jahres  dieselbe  ist,  also  im  Gebiet 
der  Passate.  Ansehnlicher  sind  die  Anomalien  im  regelmässigen  Gang 
der  Temperatiu*  schon  unter  der  Herrschaft  der  Monsime,  am  grössten 
aber  polwärts  von  den  beiden  genannten  Regionen,  d.  i.  da,  wo  die 
Winde  häufig  und  vielfiuih  fast  regellos  varüren.  Wie  durch  warme 
äquatoriale  und  kalte  polare  Meeresströmungen  in  jedem  grossen  ocea- 
nischen  Becken  beträchtUche  Gegensätze  der  Wassertemperatur  auf  einem 
imd  demselben  Parallelkrdse  hervorgerufen  werden,  so  wird  auch  die 
jeweilige  Vertheilung  der  Luftwärme  in  den  aussertropischen  Länder- 
räumen durch  die  äquatorialen  und  polaren  Winde  wesentUch  bestimmt. 
Ein  Unterschied  besteht  in  beiden  Fällen  nur  insofern,  als  warme  und 
kalte  Meeresströmungen  viel  beharrlicher  der  von  ihnen  einmal  ge- 
wählten Strasse  folgen,  während  die  Winde  ausserordentlich  unstet  sind. 
Wir  dürfen  wohl  ohne  üebertreibung  sagen,  dass  wir  (im  mittleren 
Deutschland)  je  nach  den  vorwalteüden  Winden  bisweüen  an  die  Ge- 
stade des  Mittelmeeres  oder  des  Eismeeres  versetzt  zu  seiu  scheinen; 
denn  es  wird  uns  nicht  selten  die  Temperatur  des  40.  Breitengrades 
oder  die  des  Polarkreises  zugeführt.  Einige  Beispiele  mögen  dies 
erläutern. 

Vom  December  bis  März  1834/35  lag  Europa  im  ,,atmosphärischen 
Golfstrom" ;  in  Folge  dessen  hatten  St  Petersburg  um  3  ®  C,  Berlin 
und  Wien  um  2  ^  C,  Brüssel  um  1,5  ®  C.  zu  hohe  Temperaturen, 
während  gleichzeitig  ein  Polarstrom  über  die  westlichen  Ufer  des 
Atlantischen  Oceans  hereinbrach  und  das  Quecksilber  selbst  in  der 
Breite  von  Genua  und  Mailand  geft*or  ^).  Die  gegentheiligen  Verhält- 
nisse vries  der  Winter  1829/30  auf.  Der  Polarstrom  wehte  über 
Europa  hinweg,  und  der  December  war  in  Norddeutschland  sogar  um 
10^  C.  zu  kalt;  während  desselben  Monats  aber  erfireute  sich  Nord- 
amerika eines  Wärmeüberschusses  von  6  ^  C.  ^).  Im  Januar  1856  floss 
ein  warmer  Aequatorialstrom  über  Asien  und  Osteuropa  polwärts.  Die 
normale  Wärme  wurde  überschritten  im  westlichen  Sibirien  um  5  ®  C, 
im  Innern  Russland's  um  nahezu  6  ^  C,  in  Deutschland  um  2  ^  C,  in 
England  und  Holland  um  1  ^  C.  Weiter  westwärts  aber  zeigte  sich 
der  Polarstrom  mit  seinen  niedrigen  Temperaturen;  Schottland  war 
bereits  zu  kalt,  die  Ostküste  Nordamerika's  um  47^^  C.  und  das 
Innere  sogar  um  7®  C.  Doch  verriethen  die  relativ  hohen  Tempera- 
turen von  CaUfomien  und  Sitcha  bereits  wieder  einen  Aequatorialstrom  '). 

Immer  erstrecken  sich  die  Temperaturanomalien,  wie  sich  auch 
aus  den   obigen  Ausftihrungen  ergiebt,    über  grössere  Gebiete.     Wir 

*)  H.  W.  Dove,  Klimatologische  Beiträge.    Berlin  J869.  Bd.  II,  S.  272  f. 
«)  H.  W.  Dove,  1.  c.  S.  240  ff. 
8)  H.  W.  Dove,  1.  c.  S.  256  f. 

15* 


228  Dritter  Tlieil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

haben  uns  hierbei  zu  denken,  dass  in  der  Richtung  von  West  nach  Ost 
kalte  und  warme  Strömungen  von  ziemlicher  Breite  neben  einander 
herlaufen  und  Ueberschuss  wie  Mangel  an  Wärme  sich  gegenseitig 
annähernd  compensiren,  so  dass  der  mittlere  Temperaturzustand  einer 
Hemisphäre  dabei  unverändert  derselbe  bleibt  Nicht  selten  hat  hierbei 
Europa  einen  zu  warmen  und  gleichzeitig  Amerika  einen  zu  kalten 
Winter  oder  umgekehrt  (vgl  S.  198  flf.).  Ereignet  sich  das  erstere, 
so  treten  meist  bei  uns  im  Frühjahr  empfindliche  Eälteriickfälle  ein, 
welche  för  die  V^etation  um  so  gefkhrlicher  sind,  als  diese  in  Folge 
des  vorausgegangenen  milden  Winters  relativ  weit  entwickelt  ist. 
Dove  hat  in  überzeugender  Weise  dargelegt,  dass  die  kältebringenden 
Polarwinde  West-  und  Mitteleuropa's  im  Frühling  und  Sommer  von 
Nordwesten  kommen,  was  darauf  hindeutet,  dass  ihre  ferne  Ursprungs- 
Stätte  an  dem  amerikanischen  Sommerkältepol  oder  bei  den  Eismassen 
der  Ostgrönländischen  Meeresströmung  zu  suchen  ist.  Dove  nennt 
deshalb  die  „gestrengen  Herren"^)  (die  wegen  ihrer  Fröste  gef)irchteten 
Tage  vom  12.  bis  14.  Mai,  also  die  Tage  Pancratius,  Servatius 
und  Bonifadus,  sonst  auch  als  „Weinmörder''  bezeichnet,)  „geborene 
Amerikaner". 

Ueberdies  senkt  sich  die  Wärmecurve  zwischen  dem  12.  und  14. 
Mai  weit  weniger  als  gegen  Mitte  Juni,  und  zwar  erfolgt  diese  Tem- 
peraturemiedrigung  ziemlich  regelmässig  in  jedem  Jahre  in  ganz  West- 
und  Mitteleuropa.  Sie  ist  nur  deshalb  weniger  bekannt,  weil  sie  die 
Vegetation  niemab  ge&hrdet;  denn  zu  dieser  Zeit  hat  die  Wärme  bereits 
so  hohe  Grade  erreicht,  dass  strenge  Fröste  völlig  ausgeschlossen  sind. 
Auch  hier  zeigt  sich,  dass  die  Abkühlung  von  West  nach  Ost  fort- 
schreitet Wir  haben  es  hier,  wie  die  Beobachtungen  lehren,  ebenfiEÜls 
mit  dem  Einbruch  kühler  nordwestlicher  Winde  zu  thun,  welche  im 
Frühsommer  durch  die  relativ  hocherhitzten  continentalen  Gebiete  her- 
beigezogen werden. 

Wie  sehr  Winde  den  normalen  Verlauf  der  Temperaturen  stören 
können,  sehen  wir  am  klarsten  aus  nachstehendem  Beispiel,  welches 
uns  vielleicht  den  schlimmsten  bisher  erlebten  mitteleuropäischen  Mai 
vorführt  Im  Jahre  1836  stieg  das  Thermometer  in  Petersburg  am 
2.  Mai  auf  23  0  C,  in  Jekaterinburg  am  11.  Mai  auf  13,7®  C,  am 
15.  Mai  sogar  auf  17,5®  C,  und  während  derselben  Zeit  erfi-oren  die 
Weinstöcke  von  Pest  bis  Coblenz;  über  die  Karpathen  breitete  sich 
eine  tiefe  Schneedecke  aus,  und  in  München  fiel  am  11.  Mai  Morgens 
die  Quecksilbersäule  bis  auf —  8,7  ®  C.    Die  Temperaturabnahme  rückte 

^)  Diesen  Namen  brancht  man  in  der  Mark  Brandenburg;  in  Süddeutsch- 
land  heissen  sie  „die  drei  Eismänner'',  in  Frankreich  die  „trois  saints  de  glace**. 


VIII.    Die  Winde.  229 

dabei  von  Westen  nach  Osten  vor.  Aus  Dove's  Tafeln  ergiebt  sich, 
dass  Nordamerika  im  Februar  eine  recht  fiihlbare,  im  März  eine  sehr 
strenge  Temperaturemiedrigung  (2,5  bis  über  6  ®  C.  imter  das  örtliche 
Monatsmittel)  erfahren  hatte;  der  April  glich  dem  Februar;  der  Mai 
hingegen  wies  durchschnittlich  eine  höhere  Monatstemperatur  auf.  In 
Russland  und  Deutschland  bestand  während  dieser  Zeit  gerade  das 
umgekehrte  Verhältniss:  der  Februar  war  wärmer  als  sonst,  der  März 
sogar  aussergewöhnlich  wärmer  (zwischen  3  und  6®  C);  der  April 
war  dem  Februar  ähnlich,  und  im  Mai  fand  der  bedeutende  Temperatur- 
rückgang statt  ^). 

Hatte  Europa  im  Jahre  1836  vom  Februar  bis  April  einen  reichen 
Wärmeüberschuss  und  hierauf  im  Mai  einen  ansehnUchen  Wärme- 
mangel, während  Nordamerika  zu  derselben  Zeit  die  gegentheiligen 
Temperaturwandelungen  zeigte,  so  könnte  dies  zu  dem  Irrthum  ver- 
anlassen, als  müsste  immer  eine  Compensation  von  warmen  und  kalten 
Strömungen  und  somit  innerhalb  eines  Jahres  stets  eine  Vergütung  flir 
eine  Verringerung  der  Monatsmittel  eintreten.  Indess  existirt  in  dieser 
Beziehung  kein  Gesetz,  und  es  ist  ebenso  wohl  möglich,  dass  im 
grössten  Theile  des  Jahres  aussergewöhnlich  niedere  oder  hohe  Tem- 
peraturen herrschen.  So  waren  im  Jahre  1816  die  Stuttgarter  Tem- 
peraturen in  allen  Monaten  zu  niedrig;  nur  die  Januarwärme  übertraf 
den  normalen  Werth  um  0,86  ^  C.  Die  anderen  Monate  besassen 
sämmtlich  ein  zu  kleines  Wärmemittel,  und  zwar  war  dasselbe  zu 
klein  im 


Februar 

.  2,96»  C. 

Mftrz  .    .  0,75 «  C. 

April  . 

.  0,85 »  C. 

Mai     .    .  2,770  c. 

Juni    . 

.  3,29»  C. 

Jnli     .     .  3,06 «  C. 

August 

.  2,93»  C. 

September  1,06«  C. 

.    October 

.  0,21  0  C. 

November  3,06 »  C.  December  1,03  ^  C«) 

Es  folgte  also  auf  einen  Winter  mit  strengem  Februar  ein  kühles 
Frühjahr,  auf  dieses  ein  kalter  Sommer,  auf  diesen  ein  rauher  Herbst 
mit  strengem  November.  Die  Erniedrigung  des  Jahresmittels  betrug 
i,65®  C,  so  dass  Stuttgart  statt  einer  Jahreswärme  von  9,54®  C.  eine 
solche  von  7,89®  C.  hatte,  also  noch  nicht  einmal  eine  gleich  grosse 
Wärme  wie  Stargard  in  Pommern  (7,95  "  C.)  genoss,  obwohl  die  letztere 
Stadt  unter  53®  25'  n.  Br.,  somit  um  4®  39'  nördlicher  liegt  als 
Stuttgart 

')  H.  W.  Dove,  Klimatologißche  Beiträge.    Berlin  1869.    Bd.  II,  S.  274ff. 
*)  H.  W.  Dove,  1.  c.  S.  284.  • 


230  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Ebenso  ist  für  einzelne  Orte  in  gewissen  Jahren  das  beharrliche 
Vorwalten  äquatorialer  Winde  beobachtet  worden,  welche  natni^gemäss 
fortlaufend  von  relativ  hohen  Temperaturen  breitet  waren.  In  D  o  ve '  s 
Tafehi  fiir  1821  und  1822  0  finden  wir  flir  Baireuth  vom  November 
1821  bis  October  1822  ununterbrochen  Wärmeüberschüsse  über  die 
allgemeinen  Monatsmittel  und  zwar  im 

November  (1821)  3,77  <>  C.  December  3,15  <>  C. 

Januar  (1822)     .  3,33  <>  C.  Februar  .  3,22«  C. 

März     .     .    .    .3,68^0.  April.     .  2,45«  C. 

Mai 4,450  c.  Juni    .    .  5,24»  C. 

Juli 2,970  c.  August     .  1,280  C. 

September.    .    .  1,07«  C.  October    .  3,59®  C. 

Im  Durchschnitt  war  die  Temperatur  in  diesen  zwölf  Monaten 
um  3,20  0  C.  zu  hoch.  Das  allgemeine  Jahresmittel  von  Baireuth  ist 
7,91  0  C.;  in  jenen  günstigen  zwölf  Monaten  aber  war  dasselbe  gleich 
11,110  c  Das  Jahresmittel  von  Meran  in  Südtirol  ist  11,44  0  C, 
unterscheidet  sich  also  sehr  wenig  von  jenem  Baireuther  Mittel  der 
glücklichen  zwölf  Monate.  Baireuth  li^  unter  49  0  57'  n.  Br.  und 
351,5  Meter  hoch,  Meran  unter  46  0  40'  n.  Br.  und  312,8  Meter 
hoch.  Denmach  kann  wohl  dann  und  wanii  ein  Jahr  eintreten,  in 
welchem  ein  Ort  unserer  Heimath  in'  Folge  abnormer  Windverhältnisse 
meteorologisch  um  volle  drei  Grad  südhcher  und  aus  Deutschland  auf 
die  sonnige  Seite  der  Alpen  versetzt  erscheint 

Um  die  Wechselbeziehungen  zwischen  Windrichtung  und  Temperatur 
zu  ermitteln,  berechnete  Dove  nach  dem  Vorbilde  von  Leopold  v. 
Buch 's  barometrischen  Windrosen  thermische  Windrosen.  Er 
stellte  hierbei  fiir  einen  bestimmten  Zeitabschnitt,  z.  B.  iür  einen  Monat, 
eine  Jahreszeit  oder  wohl  auch  Air  ein  ganzes  Jahr,  sämmtUche  Tem- 
peraturen zusanmien,  welche  bei  jedem  der  verschiedenen  Winde  notirt 
wurden.  Hierauf  suchte  er  das  Mittel  aus  den  Wärmenwerthen  der 
einzelnen  Winde  und  gelangte  so  zu  einer  Uebersicht  über  deren 
manigfache  Wärmewirkungen,  fjine  solche  Zahlenreihe  oder  Tabelle, 
die  natürlich  inmier  nur  fiir  einen  gewissen  Ort  Giltigkeit  hat,  ist  eben 
eine  thermische  Windrose. 

Für  Carlsruhe,  London  und  Paris  sind  Folgendes  die  ^^laxima  und 
Minima  der  thenmschen  Windrose. 

')  1.  c.  S.  2S6. 


Vin.    Die  Winde. 


281 


Maxima. 

Minima. 

Unter- 

Betrag 
in  «  C. 

Lage. 

Betrag 
in^C. 

Lage. 

schiede. 

Winter.  . 

5,54 

s.  28  nv. 

—  8,22 

N.  58  0. 

8,76 

Carlsrahe 

Frühling 

17,92 

0.  63    S. 

11,32 

N.  32  0. 

6,60 

nach 

Sommer  . 

26,57 

0.  12   S. 

22,30 

W.  79  X. 

4.27 

Schmid*) 

Herbst .  . 

14,51 

S.  85   W. 

10,77 

N.  41  0. 

3,74 

Jahr  .  .  . 

15,62 

S.  41    W. 

11,09 

N.  47  0. 

4,53 

Winter.  . 

6,38 

S.  80  W. 

1,19 

X.  11  0. 

5,19 

London 

Frühling 

12,15 

S.  14  W. 

8,22 

X.  82  0. 

3,93 

nach 

Sommer  . 

19,15 

S.  71  0. 

17,05 

X.  54  W. 

2,10 

Kämtz>) 

Herbst .  . 

11,67 

S.  24  0.     • 

9,34 

X.    5  W. 

2,33 

Jahr  .  .  . 

11,87 

S.  12  W. 

9,08 

X. 

2,79 

» 

Winter.  . 

5,51 

S.61«53'W. 

—  0,06 

X.51»39'0. 

5,57 

Paris 

Frühling 

11,18 

S.35   11  W. 

8,48 

W.83  44  X. 

2,70 

nach 

Sommer  . 

19,82 

0.  7   29  S. 

16,74 

S.89  15  W. 

3,08 

Dove«) 

Herbst .  . 

12,99 

0.88     5   S. 

8,99 

X.32  35    0. 

4,00 

Jahr  .  .  . 

11,87 

0.89  37   S. 

9,24 

X.29     8   0. 

2,63 

Aus  der  Betrachtung  zahlreicher  thermischer  Windrosen  ergiebt 
sich,  dass  die  südwestlichen  und  nordöstlichen  Winde  der  nördlich  ge- 
mässigten Zone  fast  tiberall  das  entgegengesetzte  thermische  Verhalten 
zeigen.  Jene  führen  die  Wärme  niederer  Breiten  nach  dem  Norden 
ab;  diese  tragen  die  polare  Kälte  nach  dem  Süden.  Sie  erweisen  sich 
demnach  wie  in  Hinsicht  auf  ihre  Richtung,  so  auch  im  Hinblick  auf 
die  Wärme  der  von  ihnen  bewegten  Luft  als  wahre  Aequatorial-  und 
Polarströme.  Je  nachdem  der  eine  oder  der  andere  vorherrscht,  ist  ein 
Ort  in  die  Luft  niederer  oder  höherer  Breiten  eingetaucht,  ist  er  also 
mehr  oder  weniger  als  normal  erwärmt.  Da  nun  beide  nicht  regel- 
mässig abwechseln,  sondern  örtlich  bald  während  längerer,  bald  während 
kürzerer  Zeiträume  wehen,  so  Uegt  die  mittlere  Jahrestemperatur  eines 
Ortes  bald  über,  bald  unter  dem  allgemeinen  «Jahresmittel  und  kann 
selbst  mehr  als  5^  C.  von  demselben  abweichen. 

Windrichtung  und  Temperaturstörung  entsprechen  übrigens  nur 
selten  den  aus  langjährigen  Beobachtungen  fiir  sie  berechneten  Mittel- 
werthen,  am  häufigsten  noch  im  Winter,  weil  dann  polwärts  die 
rascheste     Temperaturabnahme    stattfindet    und    somit    die    Wärme- 

1)  £.  £.  Schmid,   Lehrbuch  der  Meteorologie.    Leipzig   1860.     S.  586. 
')  Kämtz,  Lehrbuch  der  Meteorologie.    Leipzig  1832.    Bd.  II,  S.  28. 
')Poggendorff'B  Annalen,  Bd.  XI  (1827),  S.  58». 


232  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lofthälle  der  Eide. 

gegensätze  zwischen  Aeqoatorial-  und  Polarstrom  viel  deutliche  aus- 
geprägt sind,  zumal  die  über  weite  Landerflächen  ausgebreitete  Schnee- 
und  Eisdecke  sich  den  Sonnenstrahlen  gegenüber  allüberall  glächartig 
verhält  und  die  noch  bleibenden  thermischen  Ungleichfbrmigkeiten 
wegen  der  geringeren  Sonnenhöhe  &8t  ganz  immerklich  werdai. 
Namentlich  hindern  locale  aufsteigende  Ströme  den  grossen  Ej-eislauf 
der  Atmosphäre  zwischen  Pol  und  Aequator  im  Winter  weit  weniger 
als  während  der  warmen  Jahreszdt 

Anders  im  Sommer.  Die  thermischen  Extreme  der  Windrose 
stehen  in  dieser  Jahreszeit  einander  nicht  scharf  gegenüber,  fisJlen  auch 
nicht  streng  auf  die  den  Aequatorial-  und  Polarstrom  vertretenden 
Winde,  sondern  das  W^ärmemaximum  rückt  (in  Europa)  von  Süden 
gegen  Osten  (theQ weise  sogar  über  den  Ostpunkt  hinaus),  während 
sich  das  Minimum  g^en  Nordwesten  (hie  und  da  bis  Westen)  ver- 
schiebt. Offenbar  sind  hier  Einflüsse  secundärer  Art  mit  im  SpieL 
die  wir  namentlich  in  dem  verschiedenen  Feuchtigkeitsgrad  der  Winde 
zu  suchen  haben.  Der  Polarstrom  erzeugt  nämlich  Klarheit,  der 
Aequatorialstrom  Trübung  des  Himmels.  Klarheit  und  Trübung  aber 
wirken  auf  die  Temperatur  des  festen  Bodens  und  somit  auch  auf  die 
Temperatur  der  Luft  über  demselben  im  Sommer  in  ganz  anderer 
Weise  ein  als  im  Winter.  Mit  der  Klarheit  des  Himmels  ist  im 
Sommer  eine  kräftige  Ent&ltung  der  Sonnenwärme,  im  Winter  eine 
bedeutende  Wärmeausstrahlung  verbunden.  Trübung  des  Himmels 
hing^en  bewahrt  das  Land  im  Sommer  vor  einer  energischen  Insola- 
tion, im  Winter  aber  vor  einer  starken  Ausstrahlung.  Somit  ist  der 
trockene  Polarwind  im  Sommer  von  einer  starken  Erhitzung,  im  Winter 
von  einer  ansehnlichen  Erkaltung  des  Bodens  und  der  darüber  liegen- 
den Luftschichten  b^leitet,.  während  der  feuchte  Aequatorialwind  die 
Sommerwärme  schwächt,  die  Winterkälte  hingegen  mildert  Im  Winter 
unterstützen  sich  also  die  primären  und  secundären  Blinflüsse  der  Wind- 
drehung auf  die  Temperaturen;  im  Sommer  aber  beeinträchtigen  sich 
dieselben  g^enseitig  ^). 

Die  folgende  Tabelle  ^)  um^Eisst  die  Hauptresultate  der  thermischen 

AN'indrosen: 

Winter.  Sommer. 

Höchste    Niedrigste  Höchste    Niedrigste 

Temperatur.  Temperatur. 

Nordeuropa WgS        OgN 

Südliches  Europa    ....      SW         ONO  O  N 

Ostseeländer SW         ONO  SO         N^^ 

')  E.  £.  Schmid,  Lehrbuch  der  Meteorologie.    S.  5S8£ 

*)  Aus  H.  Mohn,  Grundzage  der  Meteorologie.  2.  Aufl.  Berlin  1S79.  S.195. 


Vin.    Die  Winde. 


233 


Nordseeländer     .     .     . 
Mitteldeutschland     .     . 
Nordrussland  .... 
Mittel-  und  Sudrussland 
Westsibirien    .... 
Ostasiatisches  Küstenland 
Oestliches  Nordamerika 
Westliches  Nordamerika 
Melbourne,  Australien  . 
Kerguelen-Insel  .     .     . 


Winter. 
Höchste    Niedrigste 
Temperatur. 


SW 
SWgW 

SSW 
SgW 
SgO 
SgO 
SgO 
NgW 


ONO 
NO 

NNO 
N 
NW 
NNW 
NNO 
OgS 


Sommer. 

Höchste    Niedrigste 

Temperatur. 

OSO      WNW 


SO 

SSO 

so 

SSO 

SSW 

NgO 
NO 


WNW 

N 
NW 
NNW 

NO 

W 
SW 


Ein  Vergleich  dieser  Tabelle  mit  den  Karten  der  Januar-  und 
Julüsothermen  lehrt  uns,  dass  die  wärmsten  Winde  immer  von  dorther 
wehen,  wo  eine  relativ  hohe  Temperatur  herrscht,  nach  welcher  also 
die  Wärme  am  meisten  zunimmt,  die  kältesten  hingegen  aus  derjenigen 
Himmelsgegend,  nach  welcher  sich  die  Temperatur  am  schnellsten  ver- 
mindert. Hieraus  geht  klar  hervor,  dass  die  Winde  immer  die  Tem- 
peratur derjenigen  Gegend  herbeitragen,  aus  welcher  sie  kommen. 

Am  Schlüsse  unserer  Betrachtungen  über  die  Luftströmungen  sei 
es  uns  noch  gestattet,  ein  übersichtliches  Bild  von  den  Winden  in 
den  mittleren  Breiten  der  nördlichen  Hemisphäre  zu  ent- 
werfen. Sind  doch  die  Windverhältnisse  gerade  auf  diesem  .Gebiete, 
dem  Wohnplatz  der  wichtigsten  Culturvölker  der  Erde,  flir  uns  von 
besonderem  Interesse;  zugleich  sind  dieselben  hier  besser  erforscht  als 
sonst  in  irgend  einem  Erdenraume  ^). 

Während  des  Winters  ist  die  Häufigkeit  der  Winde,  in  Procenten 
der  Gesamratzahl  ausgedrückt,  folgende: 

N.  NO.  0. 

in  Westeuropa 6      8 

in  Ostasien 12       7 

in  den  nördl.  Vereinigten  Staaten  12     11 

Westwinde  sind  es  also,  welche  in  den  drei  genannten  Gebieten 
dominiren.  Ihre  Bedeutung  ist  jedoch  insofern  eine  ganz  verschiedene, 
als  sie  in  Westeuropa  Südwestwinde,  somit  warme  Aequatorialströme, 
in  Ostasien  aber  und  in  den  Vereinigten  Staaten  Nordwestwinde,  also 
kalte  Polarströme  sind.  Hiermit  ist  der  scharfe  Temperaturgegensatz 
in  Verbindung  zu  bringen,   welcher  zwischen  dem  ersten  der  erwähn- 


X 

SO. 

S. 

SW. 

W. 

^W. 

9 

11 

13 

25 

17 

11 

6 

4 

4 

9 

24 

.34 

6 

7 

9 

15 

15 

25 

>)  Vgl.  J.  Hann  in  Behm's  Geographischem  Jahrbuch.    Bd.  IV  (1872), 
S.  153ff. 


234  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lafthfille  der  Erde. 

ißü  Gebiete  nnd  den  beiden  letzten  besteht  Im  Winter  wird  demnach 
ganz  Europa  von  einem  Aequatoriaktrom  tiberfluthet;  in  Westeuropa 
gehören  zu  den  Süd-,  Südwest-  und  Westwinden  durchschnittlich  sogsur 
55  Procent  aller  Winde.  Die  Aequatorialströme  walten  noch  jenseits 
des  Ural  am  Ob  und  Jenissei  vor.  Doch  haben  das  südliche  West- 
sibirien, sowie  Turkestan  und  die  aralo-kaspische  Niederung  schon  vor- 
wiegend Xord-,  Nordost-  und  Ostwinde  (48  Procent  gegen  27  Procent 
der  Süd-,  Südwest-  und  Westrichtung).  In  China  und  im  Amurlande 
betragen  die  continentalen  imd  polaren  Bichtungen  West,  Nordwest 
und  Nord  sogar  70  Procent  g^en  14  Procent  der  oceanischen  und 
äquatorialen  Sichtungen  Osten,  Südosten  und  Süden.  In  Nordamerika 
b^innt  bereits  unter  55^  w.  L.  v.  Gr.,  also  imter  dem  Meridian  der 
Ostspitze  von  Labrador,  auf  dem  Nordatlantic  die  Herrschaft  der  Nord- 
westwinde; an  der  nördlichen  Ostküste  der  Vereinigten  Staaten  sind 
52  Procent  West-,  Nordwest-  und  Nordwinde  g^en  22  Procent  Ost-, 
Südost-  und  Südwinde.  Auch  im  Innern,  sowie  im  arktischen  TheUe 
von  Nordamerika  haben  die  polaren  Winde  das  Uebergewicht;  nur  im 
Westen  sind  wie  in  Europa  die  südlichen  Winde  relativ  häufig. 

Sowohl  die  Alte  wie  die  Neue  Welt  besitzt  ihr  besonderes  Wind- 
circulationssystem :  auf  der  Ostseite  bahnt  sich  ein  kalter,  schwerer 
Luftstrom  den  Weg  vom  Kältepol  nach  dem  nächsten  Ocean;  auf  den 
Westseiten  aber  erfolgt  der  Zufluss  der  warmen,  feuchten  Aequatorial- 
luft.  Ruhig  und  gleichmässig  zieht  die  kältere  Luft  im  Osten  ab; 
hingegen  sind  die  Luftbew^ungen  an  den  Westseiten  heftig  und 
stürmisch,  weU  die  warmen,  feuchten  Luftmassen  beim  Eindringen  auf 
den  kalten  Continent  durch  Condensation  der  Wasserdämpfe  und  Er- 
kaltung an  Volumen  und  Masse  verlieren. 

Die  oben  angeführte  Vertheilung  der  Winde  erklärt  sich  sehr 
ein£ich,  wenn  wir  uns  vergegenwärtigen,  dass  während  des  Winters 
im  Innern  der  Continente  in  Folge  der  beständigen  Heiterkeit  des 
Himmels  eine  bedeutende  Wärmeausstrahlung,  d.  h.  eine  starke  Er- 
kaltung des  Bodens  und  der  über  ihm  li^enden  Luftschichten  eintritt. 
So  entsteht  im  Innern  der  beiden  grossen  nordhemisphärischen  Länder- 
räume ein  Kältecentrum,  während  über  dem  Meere  und  seiner  Um- 
gebung selbst  in  höheren  Breiten  milde  Temperaturen  walten,  da  sich  das 
Meer  relativ  langsam  abkühlt  und  ausserdem  noch  den  Schutz  einer 
über  demselben  sich  ausbreitenden  Wolkenhülle  geniesst.  Schwere^ 
frostdichte  Luftmassen  lagern  also  über  den  Continenten,  leichte,  dibrh 
grössere  Wärme  au%elockerte  über  den  Oceanen.  Die  von  Süd  her 
wehenden  warmen  äquatorialen  Winde  finden  daher  über  den  Oceanen 
ein  offenes  Feld,  über  dem  Innern  der  Continente  hingegen  ein  Hinder- 
niss  in  den  dichten  Luftmassen,  welche  selbst   das  Bestreben  haben. 


iftM4||WSpg'0i|Srden  aus  den  Aequa- 
li|^<«y^^^1l^iBche   Wärme   nacfa 


OSi^V^quatorialBtröme  der 
eine  Äbleakung 


der  Kältepole  ihr 
Ostseiten  der  Con- 
wie  nns  ein  Blick 

i*^0*>tr   (Fig.  7,  bez.  12) 

"^'£"^«rt,   das8  im  Januar 

iten  viel  langsamer 

'am  besten   folgende 


Ä^tältnlsse  ia  den  mitt- 

jst  andere,  insbesondere 

'■■- dich,    wenn  wir  die 

ir  Gesammtzahl  aus- 

S::'^ci:;i:^.a'.  s.  sw.  w.  kvv. 

.;ll'-°Ä-5i:;|:'.f;*  lo  22    21    n 

-  -*--—* 16  10     9    10 

17    23     12     14 

_  jin  nicht  sehr  geändert ; 

^•l>^>  übrigen  Strömungen 

•^■'S^er  Umschwung  ein- 

mde  (W_eflt,  Nordwest 

l^ibfd^rCiJj^igöäLun  ■'-ängt 


236  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

worden.  Die  Zahl  der  erstonen  ist  Yon  70  auf  26  Prooent  h^nb- 
gesonken;  hingegen  ist  die  der  letzteren  von  14  auf  55  Prooent  ge- 
stiegen. Das  winterliche  Continentalkliina  ist  so  durch  die  vom  Meere 
her  wehenden  Winde  za  einem  Seeklima  geworden«  Weniger  stark 
wechselt  der  Charakter  des  Klimas  in  Nordamerika.  Hier  waltet  nicht 
der  Südostwind  vor.  wie  in  Ostasien,  sond^n  der  Südwestwind,  welcher 
um  so  weniger  im  Stande  ist,  grosse  Wandelungen  des  Klimas  hervor- 
zurufen, ab  schon  während  des  Winters  Südwest-  und  Westwinde  nicht 
selten  waren. 

.  In  Europa  zeigt  sich  also  das  EXma  am  beharrlichsten,  weniger 
in  Nordameräa,  am  wenigsten  aber  in  Nordasien. 

Im  Sommer  erfahren  die  Continente  dne  viel  höhere  Erwärmung 
als  das  Meer,  nicht  bloss  weil  das  Land  überhaupt  schneller  uikd 
kräftiger  die  zugestrahlte  Sonnenwärme  annimmt  als  das  Wasser,  son- 
dern auch  weil  nur  sdten  Wolken  den  Himmel  bedeck^i.  Daher 
erheben  sich  erhitzte  Luftmassen  im  Innern  der  Continente,  und  von 
allen  Seiten  her  dringt  die  Luft  auf  das  Festland  ein.  Im  Innern  des 
grössten  Ländeigebietes,  im  Innern  Asien's,  ist  die  Auflockerung  am 
grösston  j  daher  auch  die  Aenderung  der  Windrichtung  am  ansehn- 
lichsten. In  Amerika  ist  die  erstere  und  mit  ihr  in  gleichem  Masse 
auch  die  letztere  viel  unbedeutender. 

Kennen  wir  auch  im  allgemeinen  die  Gesetze,  nach  denen  die 
Luftströmungen  in  den  mittleren  Breiten  der  nördlichen  Halbkugel 
wechseln,  so  sind  wir  doch  noch  keineswegs  im  Stande,  ftir  einen 
Monat  oder  ftir  einzelne  Tage  desselben  das  Wetter  auch  nur  mit 
einiger  Sicherheit  eine  längere  Zeit  Torher  anzugeben.  Wir  sind  davon 
noch  viel  weiter  entfernt,  als  dies  nach  der  gewöhnlich«!  Volksmeinung 
der  Fall  ist 

Nach  Eisenlohr'  s  Untersuchungen  ^)  sind  fast  alle  in  Süddeutsch- 
land im  Bauemmimde  gebräuchlichen  Wetterregeln  falsch,  und  es  gUt 
dies  wohl  überhaupt  von  den  sogenannten  AVetterregeln  derjenigen 
Länder,  wo  Aequatorial-  und  Polarstrom  sich  stetig  bekämpfen  imd 
sich  immer  von  neuem  gegenseitig  verdrängen.  Die  wenig  richtigen 
sind  zumeist  so  allgemeiner  Art,  dass  ihre  Uebereinstimmung  mit  den 
thatsächlichen  Verhältnissen  uns  nicht  wundem  kann.  Zu  diesen  ge- 
hören z.  B.  die  folgenden:  ,,Nach  Martini  scherzt  der  Winter  nickt 
mehr.^  ,,W^enn  der  Tag  an&ngt  zu  langen,  kommt  die  Kälte  erst 
g^angen.^     „Ist  der  April  auch  noch  so  gut,  es  schneit  dem  Bauer 

')  ünteiBUchangen  über  die  ZaTerlässigkeit  and  den  Werth  der  gebrauch- 
liehen  Wetterregeln.    Carlsruhe  1S47. 


VIII.    Die  Winde.  237 

auf  den  Hut^    „Nach  Medardus  ^)  ist  der  Frost  dem  Weinstock  nicht 
mehr  gefilhrlich.** 

Diese  Begehi  bringen  ohne  Zweifel  meteorologische  Wahrheiten 
zum  Ausdruck.  In  der  That  sinkt ,  wie  es  die  erste  Regel  fordert^ 
selbst  in  der  oberrheinischen  Tiefebene,  dem  wärmsten  Gebiete  Deutsch- 
land's,  die  Temperatur  im  Durchschnitt  am  8.  November  zum  ersten 
Male  unter  0®  C.  herab.  Ebenso  richtig  ist  die  zweite,  nach  welcher 
das  Maximum  der  Winterkälte  nicht  zur  Zeit  der  kürzesten  Tage  ein- 
tritt, sondern  sich  wesentlich  verspätet,  sowie  die  dritte,  welche  dem 
April  eine  dem  Nullpunkt  nahe  stehende  Temperatur  zuschreibt.  Am 
präcisesten  und  treffendsten  aber  ist  die  vierte;  denn  in  der  IVIitte 
Juni  ist  sehr  häufig  noch  ein  bedeutender  Temperaturrückschlag  zu 
beobachten,  der  bisweilen  sogar  von  Frösten  begleitet  ist. 

Nach  der  Volksmeinung  spielt  auch  der  Mond  eine  grosse  Rolle 
in  dem  Verlauf  des  Wetters.  Wie  der  Mond  im  W^eltmeer  Fluth  und 
Ebbe  erzeugt,  so  ruft  er  auch  eine  ähnliche  Bewegung  in  der  Lufthülle 
tmseres  Planeten  hervor,  die  jedoch,  wie  bereits  La  place  dargethan 
hat,  nur  ein  äusserst  geringes  Mass  besitzt  Reine  Frage  ist  es  femer, 
dass  die  Wärmestrahlung  des  Mondes  zur  Zeit  des  Vollmondes  nicht 
ohne  Wirkung  bleibt  fiir  die  Erwärmimg  der  Atmosphäre;  insofern 
mag  auch  die  Annahme  einer  wolkenzerstreuenden  Kraft  des  Voll- 
mondes ein  Kömchen  Wahrheit  enthalten.  Wichtiger  noch  scheint  der 
Einfluss  des  Mondes  auf  die  Entwicklung  der  äquatorialen  und  polaren 
Winde  zu  sein.  Schübler's  Berechnungen  (ausgeführt  auf  Grund 
der  meteorologischen  Aufiseichnungen  in  Augsburg,  Stuttgart  und 
München)  haben  das  Resultat  geUefert,  dass  die  Süd-  und  Westwinde 
bis  zum  zweiten  Octanten^)  immer  häufiger,  zur  Zeit  des  letzten 
Viertes  aber  am  seltensten  werden,  während  im  letzteren  Falle  nörd- 
liche und  östUche  Winde  das  Uebergewicht  erlangen*). 

Eisenlohr's  Ermittelungen^),  welche  sich  auf  Beobachtungen 
in  Carlsruhe  von  1808  bis  1819  gründen,  stimmen  hiermit  ziemlich  gut 
überein.  Es  zeigte  sich  nämlich  ein  Vorherrschen  des  Süd-,  Südwest- 
und  Westwindes  bei  Vollmond  (nächstdem  im  zweiten  und  dritten 
Octanten,  sowie  im  ersten  Viertel),  hingegen  ein  Vorwalten  des  Nord-, 
Nordost-  und   Ostwindes  im  vierten  Octanten  (nächstdem  im  letzten 

^)  8.  Juni. 

*)  Die  MondphaBeu  sind :  Neumond,  erster  Octant,  erstes  Viertel,  zweiter 
Getan t,  Vollmond,  dritter  Octant,  letztes  Viertel,  vierter  Octant. 

')  Schübler,  Ueber  den  Einfluss  des  Mondes  auf  die  Atmosphäre. 
Leipzig  1830.    S.  22  f. 

*)  Otto  Eisenlohr,  Ueber  '^ —  i?:-a„«,  Hi^s  Mondes  auf  die  Witterung 
in  Poggendorff*s  Annalen,  Bd.  72,  bes.  97. 


238  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Viertel,  Neumond  und  ersten  Octanten).  Demnach  darf  dem  Mond 
ein  gewisser  Antheil  an  dem  Verlaufe  des  Wetters  zuerkannt  werden; 
nur  hat  man  sich  denselben  als  sehr  geringfügig  zu  denken,  wie  er 
denn  auch  erst  durdi  die  um&ngreichsten  Zusammenstellungen  nach- 
gewiesen werden  konnte^). 

^)  Vgl.  hierzu  die  Abhandlung  von  Heinrich  Streintz:  Uebt  der 
Mond  einen  nachweisbaren  Einfluss  auf  meteorologische  Erscheinungen?  — 
in  Poggendorff's  Annalen,  Ergänzungsband  V  (1871).  S.  603 ff.,  insbes.  62u. 


IX.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge. 


Gelangen  mehrere  Gase,  welche  nicht  chemisch  auf  einander  wii'ken, 
mit  einander  in  Berührung,  so  lagern  sie  sich  nicht  nach  IVIass- 
gabe  ihrer  Schwere  über  einander,  wie  dies  in  solchem  Falle  die  meisten 
tropfbaren  Flüssigkeiten  thun  würden,  sondern  durchdringen  sich  gleich- 
förmig und  nehmen  die  Summe  der  Räume  ein,  welche  sie  vorher 
getrennt  von  einander  erfüllten.  Man  bezeichnet  diesen  Process  als 
die  Diffusion  der  Gase.  In  der  angeflilirten  Weise  ist  auch  die  Atmo- 
sphäre zusammengesetzt  und  zwar  aus  vier  Gasen :  aus  Stickgas,  Sauer- 
Btoffgas,  Wasserdampf  und  Kohlensäure.  Sie  bilden  gewissermassen 
vier  selbstständige  Atmosphären,  welche  sich  im  wesentlichen  gegen 
einander  wie  leere  Räume  verhalten  und  hinsichtUch  des  Druckes,  den 
sie  auf  das  Meeresniveau  ausüben,  fast  völlig  unabhängig  von  einander 
Bind.  Die  folgenden  Erörterungen  sind  ausschliesslich  der  Wasserdampf- 
atmosphäre unseres  Planeten  gewidmet. 

Wasser,  welches  der  Luft  eine  freie  Oberfläche  darbietet,  ver- 
dunstet an  derselben,  d.  h.  es  geht  in  Dampfform  über.  Die  Menge 
des  verdunsteten  Wassers,  welche  auf  die  Flächeneinheit  eines  Wasser- 
spiegels kommt,  ist  um  so  grösser,  je  höher  die  Temperatur  und  je 
geringer  der  jeweilige  Feuchtigkeitszustand  der  Luft  ist.  Nach  Dal  ton 
beträgt  die  Verdunstung  von  einem  Pariser  Quadratftiss  Wasserfläche 
unter  einer  vorher  völlig  ausgetrockneten  und  ganz  ruhigen*  Atmosphäre 
während '24  Stunden 

bei      30  0  C.  130,5  Pariser  CubikzoU, 

bei      20«  C.     72,9        „  „ 

bei      10  0  C.    40,4        ^,  ,, 

bei        O^C.     21,6        „  „ 

bei— 100  C.      9^8        „  „0. 

Es  vollzieht  sich  denmach  selbst  dann  noch  der  Verdunstungs- 
process,  wenn  die  Temperatur  weit  unter  den  Nullpunkt  herabgesunken 

^)  £.  £.  Schinid,  Lehrbuch  der  Meteorologie.    Leipzig  1860.    S.  595. 


240  DriUer  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

isty  und  zwar  ist  dies  nicht  bloss  ein  E^rgebnies  der  Dalton'schen 
Versaefae,  sondern  es  haben  dies  auch  Beobachtungen  in  der  firden 
Natur  manigfach  bestätigt  So  erzählt  uns  der  Polar&hrer  Hayes 
aus  dem  hohen  Norden:  An  Waschtagen  wurden  die  Flanellhemden 
nass  im  Freien  aufgehangen.  Natürlich  gefroren  ne  sogleich;  nach 
etlichen  Tagen  aber  waren  sie  vollkommen  weich  und  trocken.  Auch 
bemerkte  Hayes  in  Port  Foulke  (Nordgrönland,  unter  78  ®  18'  n.  Br.), 
dass  selbst  bei  strenger  Winterkälte  Fisplatten  in  der  Luft  zusammen 
schwanden  und  sich  zuletzt  vollständig  auflösten^).  In  den  Gletscher- 
r^onen  der  Schweiz  hat  man  längst  ähnliche  Erfahrungen  gemacht. 
Femer  berichtet  uns  Spörer  von  dem  Schnee  in  den  Tundren,  dass 
derselbe  „oft  vor  dem  Eintritt  der  Schneeschmelze  verdampft,  au%e- 
sogen  von  der  trockenen  Luft^  ^).  Sir  James  Clark  Ross  imd 
J.  D.  Hook  er  fanden  im  Victorialande  Steinblöcke  auf  dem  Schnee, 
die  entweder  durch  langsame  Schmelzung  desselben  oder  durch  Eva- 
poration  blossgelegt  worden  waren  ^). 

um  die  Grösse  der  Verdampfung  an  einer  freien  Wasserfläche 
zu  ermitteln,  hat  man  ein  Gefass  von  bestimmtem  Querschnitt  der 
freien  Luft  auszusetzen  und  das  Wassergewicht  unmittelbar  vor  und 
nach  dem  Gebrauch  sorgfältig  festzustellen;  hieraus  ergiebt  sich  ohne 
Weiteres  der  Verdampftmgsverlust  Ein  derartiges  Instrument  (Atmo- 
meter  oder  Evaporometer  genannt)  ist  durch  Ueberdachung  vor  B^en 
zu  schützen,  jedoch  nicht  vor  Luftzug.  Da  es  äusserst  schwierig  ist, 
zufällige  Einflüsse  vollständig  fem  zu  halten,  so  zeigen  sich  häufig 
kleinere  oder  grössere  Difierenzen  zwischen  atmometrischen  Mitten 
benachbarter  Orte;  die  bisher  erlangten  Besultate  können  demnach 
keinen  hohen  Grad  von  Genauigkeit  beanspruchen. 

Die  Grösse  der  jährUchen  Verdunstung  beträgt  ftir 

Cumand  .     .     (IOV2  Gr.  n.  Er.)  3520  Millimeter, 
Madeira  .     .     (323/4  Gr.  n.  Br.)  2030  ^ 

Rom   ...    (42       Gr.  n,  Br.)  1980  „ 

Augsburg    .     (481/3  Gr.  n.  Br.)  1625  „ 

Würzburg   .     i49^U  Gr.  n.  Br.)     685  „ 

London   .    .     (51  ^/g  Gr.  n.  Br.)    650  „ 

Es  darf  nicht  erwartet  werden,  dass  die  atmometrischen  und  ther- 
mometrischen  Jahresmittel  gleichmässig  wachsen  und  sich  vermindern, 
da  die  Verdunstung  durch  verschiedene,  weiter  unten   zu  nennende 

^)  J.  J.  Hayes,  The  open  Polar  Sea.    London  1867.  p.  218  sq. 

<)  Spörer,  Nowaja  Semlä  (Erganzungsheft  Nr.  21  za  Petermann*s 
Mittheilangen  1868).    S.  84. 

•)Sir  Charles  Lyell,  Principles  of  Geology.  12*i»  "edition,  London 
1875.    Vol.  I,  p.  2yO. 


IK.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge.  241 

Factoren  beschleunigt  oder  verzögert  wird ;  doch  geht  schon  aus  den 
obigen  Zahlen  hervor,  dass  im  allgemeinen  die  Verdunstung  in  der 
tropischen  Zone  am  stärksten  ist  und  nach  den  Polen  hin  sich  ver- 
ringert. Es  bestätigt  sich  somit  auch  in  der  Natur  die  bereits  von 
Dal  ton  nachgewiesene  Abhängigkeit  der  Verdunstungsgrösse  von  den 
herrschenden  Temperaturen. 

Dementsprechend  wechselt  auch  die  Qrösse  der  Verdunstung  in 
den  einzelnen  Monaten  der  Art,  dass  sie  in  dem  heissesten  Monat  ein 
Maximum,  in  dem  kältesten  ein  Minimum  erreicht  So  ist  nach 
Schübler's  dreijährigen  Beobachtungen  die  tägHche  Verdunstung  zu 
Tübingen  im  Schatten 

im  Januar     .     .     .    0,41  Millimeter, 
im  April  ....     2,19  „ 

im  Juli     ....     3,77  „ 

im  October    ...     1,22  „ 

Da  grössere  Wasserspiegel  stets  den  directen  Wirkungen  der 
Sonnenstrahlen  ausgesetzt  sind,  so  dürften  sich  Stark 's  im  Sonnen- 
schein angestellte  Beobachtungen,  die  einen  Zeitraum  von  14  Jahren 
umfassen,  der  Wahrheit  weit  mehr  nähern.  Er  fand  ak  tägliche  Ver- 
dunstung zu  Augsburg 

fiir  März  ....     3,65  Millimeter, 

„   Juli     ....     7,11  „ 

„    August    ...     7,17  „ 

„    November    .     .     2,55  „ 

Während  der  Frostmonate  wurden  die  Beobachtungen  unterbrochen. 

In  den  heissen  Monaten  Juni,  Juli  und  August  ist  die  Verdun- 
stung in  unseren  Gegenden  8-  bis  9mal  so  gross  als  in  den  drei  kalten 
Monaten  December,  Januar  und  Februar;  ebenso  ist  sie  im  Sonnen- 
schein gewöhnlich  2-  bis  3mal  so  gross  als  im  Schatten  und  im  inten- 
siven Sonnenschein  heisser  Sommertage  4-  bis  5mal  so  gross  als  im 
schwachen  kalter  Wintertage  ^). 

Femer  ist  die  Verdunstungsgrösse  auch  durch  den  Feuchtig- 
keitsgehalt der  Luft  bedingt.  Ist  die  Luft  mit  Wasserdämpfen 
gesättigt,  so  ist  sie  unfähig,  noch  weitere  Wassertheile  in  sich  auf- 
zunehmen; es  ist  dann  eine  weitere  Verdunstung  unmöglich.  Je  geringer 
jedoch  der  Feuchtigkeitsgrad  der  Luft  ist,  um  so  rascher  vollzieht  sich 
der  Verdunstungsprocess.  Hieraus  erklärt  sich  die  starke  Verdunstung 
in  trockenen  Gebieten,  z.  B.  in  Wüsten. 

Da  sich  im  Sommer  und  namentlich  bei  Sonnenschein  häufig  auf- 
steigende Luftströme  entwickeln,  welche  die  Wasserdämpfe  nach  oben 

*)  E.  E.  8chmid,  1.  c.  S.  597  f. 

Peschel-LeipoMt.  Fhyii.  Erdkande.    II.  ]g 


im  Frühling     . 
im  Sommer 
im  Herbst  .     . 
im  Jahresmittel 


242  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

entfuhren,  also  den  Dampfgehalt  der  unteren  Schichten  erniedrigen^  so 
wird  auch  hierdurch  eine  rasche  Verdunstung  b^ünstigt  Wir  dürfen 
überhaupt  sagen,  dass  jede  Luftbewegung  ihr  förderlich  ist.  Herrscht 
irgendwo  Windstille,  so  ist  die  Luft  gar  bald  mit  Wasserdämpfen  ge- 
sättigt; damit  aber  ist  der  weiteren  Verdunstung  ein  Ziel  gesetzt. 
Weht  hingegen  der  Wind  über  eine  Wasserfläche,  so  werden  die  mit 
Dämpfen  erflillten  Luftschichten  über  derselben  fortgeführt;  gleichzdtij 
aber  kommen  immer  neue  trockene  Luftmassen  herzu.  Dies  bestätigi^ 
auch  die  von  Schübler  in  Tübingen  angestellten  Beobachtungen,  wie 
die  folgende  Tabelle  zeigt ').     Es  verdunsten  nämlich  über  einer  Flache 

von  1  Quadratfiiss  in  24  Stunden 

bei  Windstille  bei  Wind 

im  Winter  ....       0,98  CubikzolL      3,91  CubikzolL 

•.       8,51  „  11,68 

.     11,92  „  19,84 

.       6,57  .,  14,94 

.      6,65  „  13,32 

Somit  ist  die  Verdunstung  an  windigen  Tagen  im  Sommer  1,7- 
mal,  im  Winter  4mal,  im  Jahresmittel  aber  doppelt  so  gross  als  btri 
Windstille.  Trockene  Winde  rufen  hierbei  eine  viel  lebhaftere  Ver- 
dunstung hervor  als  feuchte.  Der  mit  Wadserdämpfen  reich  beladene 
Südwestwind  bewirkt  nach  Schübler  über  einer  Wasserfläche  von 
1  Quadratfuss  in  24  Stunden  im  Jahresmittel  nur  eine  Verdunstung 
von  6,25  Cubikzoll,  der  Xordostwind  hingegen  doppelt  soviel,  nämlich 
12,90  Cubikzoll.  Der  erstere  ist  denmach  einem  befeuchteten,  letzterer 
aber  einem  trockenen  Schwämme  zu  vergleichen,  welcher  das  Wasser 
begierig  aufsaugt 

Anders  als  die  fireie,  weithin  ausgebreitete  Wasserfläche  veihlüt 
sich  feuchte  Gartenerde  und  nasser  Grasboden.  Feuchte  Gartenerde 
weist  fast  durchweg  (nur  im  Winter  nicht)  einen  geringeren  Verdun- 
stungsbetrag auf  als  die  freie  Wasserfläche;  hing^ren  wird  die  Dampf- 
bSdung  an  der  letzteren  bedeutend  übertroffen  durch  diejenige  des 
nassen  Grasbodens.  Es  verdunstet  nämlich  von  einem  dicht  bewachsenen 
Grasboden  zwei-,  selbst  dreimal  soviel  W^asser  als  an  einem  gleich 
grossen,  daneben  befindlichen  Wasserspi^eL  Ofienbar  ist  dies  eine 
Folge  der  ausgedehnten  Oberfläche  des  gesammten  Blattwerkes. 

Die  Construction  zweckmässiger  Instrumente  zur  Ermitte- 
lun^r  des  Dampfgehaltes  der  Luft  konnte  nicht  eher  gelingen, 
als  bis  man  das  eigentliche  Wesen  des  W^asserdampfes  erkannt  hatte. 
Lange  Zeit  war  die  Verdunstung  des  Nassen  voller  Räthsel  gebliebeiL. 
weil  man  sie  als  eine  chemische  Verbindung  des  Wassers  mit  der  Luft 

*)  Schübler,  Grundsatze  der  Meteorologie.    Leipzig  1 S3I .    S.  70. 


L 


"*™"''^yM»-^i:«ie*|3*Äa»^Äl»llier,  im  Jahre  1752 
^'^^'^H'i^''S*^S?^^^^°  Wasserdampf  ent- 
ri^^Ai^^i^^AfJ'il^B&  Wänden  dnea  Qlae- 
i|^Bi]§^|i(tt«Sii&rfe.     Die  Feuchtigkeit 

Ijl?*"^«^»'®*!!'  ÄlW,A.bacheidimg  gewesen 

^;^9lWiSf^,^^Si^i<r,  daes  die  Luft  eine 

I  9-9.9.9^^^*''*''"'^  ^^'  ^i''^''  gewisaen 

"" "        )  lasse  sie  gewisse 

i  Temperatur,   so 


lllfMfi 


iHigimgspunkt  bei  ver- 

>Ber  (Hygrometer)  aus 

Erst  im  Jahre 


""     ""     '"^'"^  SSttigungsatufen   stete 
li^'besserungen  eingeführt 


J.a^^*|i*lDl.    Parts  1755.  p.  485  sq. 


13,  p.  107 
Halle  IS40.  S.  100. 


244 


Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 


Fig.  n. 


OftBieira  Hygrometcfr. 


Ein  viel  zuverlfissigereB  Instroment  als  das  beschriebene  ist 
DanielTs  Hygrometer  (Fig.  17).    Es  besteht  aus  einer  doppelt 

umgebogenen  Röhre,  welche  in  zwei 
Kugeln  endigt.  Die  Röhre  ist  lufUeer, 
enthält  jedoch  Schwefeläther,  der  sofort 
aus  einer  Kugel  in  die  andere  über- 
destUIirt,  sobald  eine  Temperaturdiffe- 
renz zwischen  beiden  eintritt  Die  Kugel 
des  längeren  Schenkels  a  birgt  in  sich 
ein  kleines  Thermometer,  dessen  Scala 
in  die  Röhre  t  hineinragt,  und  ist  mit 
einer  blanken  Gold-  oder  Platinschicht 
überzogen,  während  die  andere  Kugel  b 
mit  einem  Läppchen  feiner  Leinwand 
umwickelt  ist  Träufelt  man  nun  auf 
die  letztere  etwas  Aether,  so  erkaltet 
das  Ge&ss  b  in  Folge  der  Verdampfung ; 
im  Innern  desselben  werden  Aether- 
dämpfe  condensirt,  was  wieder  eine  Ver- 
dampfung des  eingeschlossenen  Aethers 
aus  der  anderen  Kugel  a  herbeifuhrt  Hierdurch  wird  auch  in  dieser 
Kugel  Wärme  gebunden;  sie  kühlt  sich  allmählich  bis  zu  deijenigea 
Temperatur  ab,  fiir  welche  die  Lufl  umher  mit  Wasserdampf  gesättigt 
ist.  Vermindert  sich  die  Temperatur  noch  weiter,  so  scheidet  sich  ein 
Theil  des  Wasserdampfes  aus  der  Luft  aus,  und  es  schlagen  sich  feine 
Tropfen  auf  der  spi^elnden  Goldfläche  nieder. 

Nun  lehrt  die  Physik,  dass  sowohl  im  lufUeeren,  wie  im  lufl- 
erfiillten  Raum  die  Spannkraft  des  Wasserdampfes  für  eine  bestimmte 
Temperatur  eine  gewisse  Grenze  hat,  welche  sie  nicht  überschreiten 
kann,  und  dass  die  Spannkraft  mit  erhöhter  Temperatur  wächst.  Das 
M^'^rimiiTn  der  Spannkraft  des  Wasserdampfes  beträgt  für  eine  Tempe- 
ratur von  10^  C.  9,2  Millimeter;  dem  entspricht  eine  Dichtigkeit  des 
Wasserdampfes  yon  0,0000093;  somit  kann  ein  lufUeerer  wie  luft- 
erfüllter  Raum  von  1  Cubikmeter  bei  einer  Temperatur  von  10®  C 
höchstens  9,3  Gramm  Wasser  in  Dampfform  aufgelöst  enthalten.  Ist 
dieser  Maadmalwerth  erreicht,  so  sagt  man,  die  Luft  sei  mit  Wasser- 
dampf gesättigt 

Vielfach  ist  dies  durchaus  nicht  der  Fall.  Hätte  die  Luft  z.  B. 
bei  einer  Temperatur  von  10®  C.  nur  6,7  Gramm  Wasserdampf  in 
sich  angenommen,  so  wäre  sie  noch  nicht  gesättigt  Da  dies  jedoch 
das  Maximum  des  Wasserdampfes  bei  einer  Temperatur  von  5®  C. 
ist,  so  würde  die  Luft  bei  gleichem  Dampfgehalt  gesättigt  sein,  sobald 


Ltur  aber,  für  w^he 
ist,  von  wo  ab  alao 

. -— KHf — ™-  — ^^chtung    des   Waßser- 

l^^£^iSftt'rÜ^B?Ofi^^"  "i^i^i    sobald 
iC^^^vSitli^S'fl^ä^  TabeUen  entworfen, 

m^m^^aua^Mffl^^hi   Tabellen    ist  der 

iB$1I^Mll(^^4  ^^'^^  ^  ermittek^ 

JS^S^.^ilPS'^l'iveffendeQ  Tbaupunkt 

_,       ».  Lidem  man  diesen 

nden  Maxinuddruck 

I^^IV^S^**^  ist  X.  B.  fllr  ^e 

li^*b||9£t  9,2  Hillimeter,  fllr 


.■4M!.",  i  -"."'.-■^•■i^S^ 


Fig.  18. 


■''4  ?  4:-i'"Ä"'-*"-  i^ 


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.^. .  JJ,  .^.  .^.  .^.  .;j.  .^. 


gendorffB  AnnaleD, 


246  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

des  letzteren  ist  mit  einem  feinen  Leinwandläppchen  umhüllt,  welches 
nach  dem  Gewiss  B  herüberführt  und  durch  Wasserzuäuss  von  dem- 
selben stets  nass  erhalten  wird.  Indem  das  Wasser  verdunstet,  wird 
Wärme  gebunden;  das  befeuchtete  Thermometer  erkaltet  daher  und 
zeigt  somit  nach  einiger  Zeit  eine  niedrigere  Temperatur  an  als  das 
trockene  Thermometer.  Nur  bei  völlig  gesättigter  Luft  tritt  keine 
Verdunstung  und  somit  auch  kein  Wärmeverlust  ein.  Natürlich 
wird  sich  dieser  Process  um  so  kräftiger  vollziehen,  abo  auch  die 
psychrometrische  Differenz  oder  der  Unterschied  des  trockenen  und 
feuchten  Thermometers  um  so  mehr  wachsen,  je  trockener  die  Luft 
ist  Aus  dieser  Differenz,  aus  der  an  dem  trockenen  Thermometer 
abgelesenen  wirklichen  Lufttemperatur,  sowie  aus  dem  Barometerstände^ 
welcher  gleichzeitig  beobachtet  wird,  leitet  man  den  Druck  der 
Dämpfe  und  die  relative  Feuchtigkeit  der  Luft  ab.  Das  Psychrometer 
ist  in  gleicher  Weise  vor  störenden  fSnilüssen  zu  schützen  wie  das 
Thermometer  (s.  S.  154  f.);  vor  allem  darf  es  dem  Winde  nicht  aus- 
gesetzt sein.  Mit  Hilfe  von  Tabellen,  die  sich  auf  Versuche  und 
Bechnungen  .gründen,  kann  man  aus  den  oben  angegebenen  W^ertfaen 
unmittelbar  den  Dampfgehalt  der  Atmosphäre  gewinnen. 

Unter  den  neueren  Hygrometern  ist  noch  ein  von  Elinkerfues 
angefertigtes  sinnreiches  Instrument  hervorzuheben :  das  Bifilarhygro- 
meter^).  Dasselbe  wird  im  wesentUchen  von  einem  an  zwei  Haaren 
bifilar  au%ehangenen  Stäbchen  gebildet  Dieses  wird  durch  zwei 
andere  Haare  verhindert,  der  Torsion  der  beiden  ersten  Fäden  nach- 
zugeben, welche  das  Bestreben  haben,  sich  in  eine  Ebene  zu  stellen. 
In  seiner  äusseren  Construction  ähnelt  dieses  Instrument  demjenigen, 
welches  Gauss  zur  Messung  der  Aenderungen  in  der  Intensität  dt?s 
Erdmagnetismus  benützt  bat;  natürlich  wird  es  durch  ganz  andere 
Kraft»  bewegt  als  dieses. 

Wie  die  Temperatur,  so  hat  auch  der  Wasserdampf  der  Luft  eine 
tägliche  und  jährliche  Periode.  Da  bei  hoher  Temperatur  die 
Verdunstung  nicht  nur  eine  weit  kräftigere  ist  als  bei  niedriger,  son- 
dern auch  bei  grösserer  W^ärme  die  Luft  mehr  Wasserdämpfe  in  sich 
zu  bergen  vermag,  so  darf  schon  von  vom  herein  eine  regelmässige, 
im  allgemeinen  den  Wärmewandelungen  entsprechende  Ab-  und  Zu- 
nahme im  W^assergehalt  der  Luft  vermuthet  werden,  und  in  der  That 
bestätigen  dies  die  Beobachtungen. 

Der  tägliche  Gang  der  Feuchtigkeitscurve  hat  an  den  ocesi- 
mschen  Ufern  einen  anderen  Charakter  als  im  Binnenlande.    An  allt-n 

^)  Klinker fa es,  Theorie  des  Bifilarhygrometers.    Göttingen  1S75. 


IX.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge.  247 

Küsten  (mit  Ausschluss  der  tropischen)  ist  die  tägliche  Periode  folgende. 
Am  geringsten  ist  der  Druck  der  Wasserdämpfe  zur  Zeit  der  Morgen- 
dämmerung; er  wächst  während  des  Vormittags,  erreicht  Mittags 
zwischen  1  und  3  Uhr  sein  Maximum  und  sinkt  dann  während  des 
Nachmittags  und  des  Abends,  sowie  während  der  Nacht.  Hier  tritt 
uns  die  strenge  Abhängigkeit  der  Dampfmenge  in  der  Luft  von  den 
wechselnden  Temperaturveriiältnissen  deutlich  entgegen.  Im  Binnen- 
lande höherer  Breiten,  sowie  allüberall  in  der  tropischen  Zone  ist  die 
tägliche  Periode  des  Dampfdruckes  etwas  anderer  Art  Zwar  ist 
auch  hier  bei  Anbruch  des  Tages  die  Dampfinenge  am  geringsten; 
sie  vermehrt  sich  jedoch  nur  bis  gegen  8  oder  9  Uhr  Morgens.  In 
Folge  der  starken  Erwärmung  des  Bodens  entwickelt  sich  zu  dieser 
Zeit  ein  aufsteigender  Luftstrom  und  ftlhrt  die  Dämpfe  der  unteren 
Luftregionen  in  die  Höhe;  hierdurch  vermindern  sich  die  Dämpfe  in 
der  Nähe  des  Bodens,  obgleich  der  Verdunstungsprocess  unausgesetzt 
und  in  der  Mittagsstunde  unzweifelhaft  in  erhöhtem  Grade  fortdauert. 
Jener  Rückgang  im  Dampfgehalt  der  Luft  findet  bis  Nachmittags 
2  oder  3  Uhr  statt  Nun  beginnt  der  aufsteigende  Luftstrom  schwächer 
zu  werden,  und  je  mehr  er  erstirbt,  desto  mehr  Wasserdämpfe  sammeln 
sich  in  den  unteren  Luftschichten  an.  Dadurch  wird  der  Dampfdruck 
abermals  vermehrt  und  zwar  bis  gegen  9  Uhr  Abends.  Dann  aber 
veranlasst  die  weitere  Abkühlung  der  Luftschichten  eine  Auscheidung 
der  Dämpfe  in  Form  von  Thau,  weshalb  sich  der  Dampfdruck  bis 
gegen  Sonnenaufgang  wieder  verringert.  An  der  Küste  erweist  sich 
der  aufeteigende  Luftstrom  viel  zu  schwach,  um  derartige  Wirkungen 
hervorzubringen.  Während  des  Winters  ist  überdies  in  unseren 
Breiten  die  tägliche  Periode  sehr  gering  und  nähert  sich,  da  ein 
intensiver  aufsteigender  Luftstrom  in  dieser  Jahreszeit  fehlt,  in 
ihrem  Verlauf  derjenigen,  welche  an  der  Küste  beobachtet  wird:  die 
beiden  Maxima  um  9  Uhr  Morgens  und  9  Uhr  Abends  verschwin- 
den und  weichen  einem  Maximum  um  Mittag.  Figur  19  stellt  nach 
H.  Mohn*)  die  Curven  des  täglichen  Dampfdruckes  im  Juli  für 
Bergen  (B)  und  Upsala  (U)  dar;  beide  zeigen  recht  deutlich  den 
oben  erwähnten  Gegensatz  zwischen  der  Feuchtigkeitscurve  für  litorale 
und  continentale  Gebiete. 

Noch  enger  als  die  tägliche  Periode  schliesst  sich  die  jährliche 
Periode  des  Dampfdruckes  an  den  Gang  der  entsprechenden  Tem- 
peraturcurve  an.  In  unseren  Breiten  kommt  demgemäss  der  höchste 
Dampfdruck  fast  stets  dem  Juli  und  August,  der  niedrigste  hingegen 
dem  Januar  und  Februar  zu.     Er  beträgt  z.  B.  (in  Millimetern) 

^)  Grundzüge  der  Meteorologie.    2.  Aufl.    Berlin  1879.    S.  94. 


248 


Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lafthülle  der  Erde. 


Janaar.     Februar.      Juli.       Augmst    Amplitude, 
für  Berlin     .    .     .    4,31         4,11       11,08      10,99        6,07 
für  London  ...    5,46        5,84      12,25      12,32        6,86 
für  Petersbui^   .    .    2,73        2,62      10,49       10,69        8,07 
Schon  diese  wenigen  Beispiele  lassen  erkennen,  dass  die  Amplitude 
des  Dampfdruckes  an  Orten  mit  gleichmässigem  EÜÜma  kleiner  ist  als 


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Fig. 

19. 

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Die  t^^Uehe  Periode  des  Dampfdruckes  im  Juli  in  Bergen   (B)  nnd  Upsala  (UK 

an  solchen  mit  excessivem  Klima;  sie  wächst  also  im  allgemeinen,  je 
tiefer  wir  in  die  Gontinente  eindringen  und  je  mehr  wir  uns  von  dem 
Aequator  entfernen.  So  ist  die  jährliche  Amplitude  für  Batavia  =2,1 
[Millimeter  (Dampfdruck  im  April  21,8,  im  August  19,7  Millimeter); 
im  Innem  von  Sibirien  aber  erreicht  sie  einen  Werth  von  9  bis  10 
Millimetern. 

Nimmt  nach  alledem  die  Periode  der  Dampfspannung  oder  der 
absoluten  Feuchtigkeit  einen  ganz  ähnlichen  Verlauf  wie  die  Periode 
der  Lufttemperaturen,  so  ist  die  Damp&ättigung  oder  die  relative 
Feuchtigkeit  völlig  entgegengesetzten  Veränderungen  unterworfen.  Am 
frühen  Moigen,  also  zu  derjenigen  Zeit,  in  welcher  der  Dampf- 
druck am  geringsten  ist,  nähert  sich  die  Luft  dem  Sättigungspunkte 
am  meisten ;  zur  Mittagszeit  hing^en,  wenn  der  absolute  Wasseigehalt 
am  ansehnhchsten  ist,  besitzt  die  Luft  die  relativ  grösste  Trockenheit, 
d.  h.  der  Thaupunkt  liegt  tiefer  als  sonst  unter  der  Temperatur  der 
Luft.  In  Uebereinstimmung  hiermit  erlangt  auch  die  relative  Feuchtig- 
keit der  Luft  im  Winter  ihr  Maximum,  im  Sommer  hingegen  ihr 
Minimum. 

Wäre  allen  Winden  gleichmässig  eine  flüssige  Bodenfläche  dar> 
geboten,  aus  welcher  sie  die  Wasserdämpfe  schöpfen,  so  würden  sie 
bezüglich  ihrer  absoluten  Feuchtigkeit  dieselben  G^ensätze  zeigen  wie 
bezüglich  ihrer  Temperaturen  (vgl.  S.  231).  Die  äquatorialen  Winde 
würden  die  feuchten,  die  polaren  Winde  hing^en  die  trockenen  sein. 
Da  aber  die  obige  Bedingung  keinesw^  erfüllt  ist,  die  Winde  vid- 
mehr  bald  See-,  bald  Landwinde  sind,  so  lassen  sich  die  hygrometrischen 


IX.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge.  249 

Werthe  der  verschiedenen  Windrichtungen  nicht  einfach  aus  den  ther- 
mischen W^indrosen  ableiten;  sie  weisen  vielmehr  nicht  imbeträchtliche 
locale  Abirrungen  hiervon  auf.  Um  die  Abhängigkeit  des  Dunstdruckes 
von  der  Windrichtung  übersichtlich  darzustellen,  hat  man  sogenannte 
atmische  Windrosen  construirt;  sie  belehren  uns  über  die  durch- 
schnittliche Damp&pannung;  welche  jedem  der  Winde  aus  den  Haupt- 
richtungen der  W^indrose  zukommt. 

So  lautet  die  atmische  Windrose  fiir  Halle  nach  Eämtz^): 

Dampfspannung  in  Millimetern. 
N.       NO.        0.        SO.        S.       SW.       W.      NW. 

6,72    6,5ö    6,90    7,31     7,83    7,47    7,26    6,90. 
Aus  den  bisher   entworfenen  atmischen  Windrosen  ei^eben  sich 
folgende  Resultate: 

Winter.  Sommer. 

Höchster  Niedrigster  Höchster  Niedrigster 

Druck  der  Wasserdämpfe.    Druck  der  Wasserdämpfe. 

Südliches  Norwegen    .    .    SW.        NNO.  SO.         ^W. 

London SW.        ONO.  S.  NO. 

HaUe S.  NO.  S.  NO. 

Mühlhausen  am  Echsfeld    SW.  NO.  S.         WNW. 

Arys  in  Ostpreussen    .     .*    W.         ONO.  OSO.         W. 

Melbourne SSW.         O.  NO.       NNW. 

In  Europa  sind  es  im  Winter  meist  Südwest-,  im  Sonmier  aber 
Süd-  und  Südostwinde,  welche  die  grösste  Dampfinenge  mit  sich  führen, 
während  Nordostwinde  im  Winter,  Nordost-  und  Nordwestwinde  aber 
im  Sommer  relativ  arm  an  Wasserdämpfen  sind.  Merkwürdig  ist  es, 
dass  in  letzterem  Falle  die  dampfarmen  Winde  grösstentheOs  See- 
winde sind. 

Auch  die  relative  Feuchtigkeit  erleidet  je  nach  den  herrschenden 
Winden  bedeutende  Schwankungen.  An  den  Küsten  besitzen  See- 
winde immer  die  grösste,  Landwinde  die  geringste  relative  Feuchtigkeit. 
Im  Innern  Deutschland's  ist  nur  im  Sommer  der  Westwind  feucht  und 
der  Ostwind  trocken;  im  Winter  besteht  das  entg^engesetzte  Ver- 
halten. So  ersehen  wir  aus  der  von  Kämtz  fiir  Halle  berechneten 
atmischen  Windrose,  dass  die  Feuchtigkeit  (ausgedrückt  in  Procenten 
der  zur  vollkommenen  Sättigung  nöthigen  Dampfinenge)  beträgt: 
im  Jahresmittel  78,3  (Max.)  bei  Nordwind,  73,0  (Min.)  bei  Ostwind, 
im  Winter  .  .  92,6  (]ttax.)  bei  Ostwind,  80,9  (Min.)b«  W^estwind, 
im  Sommer     .     71,4  (Max.)  bei  Westwind,  61,3  (Min.)  bei  Ostwind. 

Wie  die  Lufttemperatur,  so  nimmt  auch  die  Menge  des  Wasser- 
dampfes ab,  je  mehr  man  sich  über  den  Spiegel  des  Meeres  erhebt 

*)  Vorlesiingen  über  Meteorologie.    Ilalle  1S40.    S.  122. 


250  Dritter  Theü.    Die  Wasser  -  und  LnfthüUe  der  Erde. 

So  fend  Kämtz*)  im  September  und  Oetober  1832  und  1833  auf 
dem  Faulhom  in  2570  Meter  Meereshöhe  einen  Dampfdruck  von 
4,128  ]^Ii]Iimetem,  während  gleichzeitig  in  Zürich  ein  solcher  von  9,253 
Mm.  beobachtet  wurde.  Nach  H.  Mohn')  ist  das  jährliche  Mittd 
des  Dunstdruckes  für  Chiistiania  5,3  Millimeter,  auf  dem  DoyreQeld 
aber,  643  Meter  über  dem  Meeresspi^el ,  nur  4,2  Millimeter.  Der 
Druck  des  Wasserdampfes  vermindert  sich  übrigens  weit  rascher  als 
der  Luftdruck  und  sinkt  schon  in  1962  Meter  Höhe  auf  die  Hälfte 
und  in  6500  Meter  Höhe  auf  ^%  seiner  Oesammtgrösse  im  Meeres- 
niveau herab. 

Die  relative  Feuchtigkeit  der  Lult  in  verschiedenen  Höhen  ist 
bedingt  durch  die  Dampfinenge  der  oberen  Schichten,  sowie  durch 
deren  Temperaturen.  Da  sich  nun  beide,  insbesondere  aber  die  letzteren, 
vielfach  in  der  Höhe  r^ellos  ändern,  so  gilt  dasselbe  auch  von 
der  relativen  Feuchtigkeit  der  Luft.  Dies  haben  die  BaUon&hrten 
Glaisher's  durchaus  bestätigt  Sehr  häufig  bemerkte  Glaisher 
beim  Austritt  aus  einer  trockenen  Schicht  einige  Hunderte  von  Metern 
höher  eine  mit  Feuchtigkeit  gesättigte,  und  er  kam  zu  dem  Schlüsse: 
In  der  Atmosphäre  scheint  stets  eine  gewisse  Anzahl  abwechsdnd 
trockener  und  feuchter  Schichten  nach  ii^nd  einer  Ordnung  über 
einander  gelagert  zu  sein  und  zwar  nicht  bloss  in  den  niederen, 
sondern  auch  in  sehr  hohen  Segionen;  denn  auch  bei  seinen  höchsten 
Luftreisen  sah  er  noch  in  grosser  Höhe  Wolken  über  sein  Haupt  hin- 
ziehen, in  deren  Nähe  die  relative  Feuchtigkeit  doch  stets  nahezu  10<) 
Procent  vsL  Immerhin  darf  behauptet  werden,  dass  in  sehr  bedeutenden 
Höhen  der  geringen  absoluten  Menge  des  Wasserdampfes  entsprechend 
auch  die  relative  Feuchtigkeit  allmählich  eine  sehr  geringe  wird. 

Erfolgt  irgendwo  in  der  Atmosphäre  eine  Temperaturemiedrigung, 
so  nähert  sich  die  Luft  dem  Sättigungspimkte.  Ist  dieser  errdchc 
so  bewirkt  jede  weitere  Abkühlung,  dass  sich  ein  Theil  der  Wasser- 
dämpfe  in  tropfbarem  oder  festem  Zustande  ausscheidet  Diese  Ver> 
dichtungsproducte  bezeichnet  man  als  Niederschlag.  Derselbe  ftihrt 
je  nach  den  Verhältnissen,  unter  denen  er  sich  bUdet,  verschiedene 
Namen. 

Thau  und  Reif  nennt  man  ihn,  wenn  er  unmittelbar  am  Boden 
entsteht,  ohne  dass  ach  hierbei  die  unterste  Luftschicht  trübt  Es  ge- 
schieht dies  immer  dann,  wenn  die  Temperatur  der  Erdoberfläche 
unter  den  Thaupunkt  herabgesunken  ist  Zunächst  zeigt  sich  hierbei 
ein  fdner  Beschlag,  der  jedoch,  indem  er  sich  vermehrt,  meist  gar 
bald  die  Gestalt  kleiner  Wassertropfen  annimmt    Eine  starke  Erkaltung 

M  1.  c.  S.  los. 
^)  1.  c  S.  97. 


EX.    Die  WaBserdämpfe  in  der  Luft,    Niederschläge.  251 

des  Bodens  und  der  über  ihm  sich  ausbreitenden  Luftschicht  ist  nur 
dann  möglich,  wenn  der  Himmel  wolkenfrei  oder  die  Wolkendecke  sehr 
dünn  und  hoch  ist;  darum  setzt  reiche  Thauentwicklung  heitere  Nächte, 
zugleich  aber  auch  genügende  Mengen  von  Wasserdämpfen  in  der 
Lult  voraus.  Die  ersteren  fehlen  vielfach  an  oceanischen  Gestaden, 
die  letzteren  aber  auf  weiten  wasserlosen  Flächen  im  Innern  der  Con- 
tinente;  in  solchen  Gebieten  vermissen  wir  den  Thau  fast  gänzlich. 
Nicht  alle  Stoffe  werden  gleich  stark  bethaut.  Körper  mit  geringem 
Strahlungsvermögen,  wie  Steine,  eignen  sich  wenig  zur  Erzeugung 
von  Thau;  dagegen  wird  das  Holz  der  Thüren  und  Fenster,  sowie 
das  Gras  der  Wiesen  stark  vom  Thau  benetzt,  weil  diese  Gegenstände 
die  stärkste  Wärmeausstrahlung  besitzen. 

Liegt  der  Thaupunkt  imter  dem  Gefrierpunkt,  so  scheiden  sich 
die  Wasserdämpfe  in  fester  Form,  d.  h.  als  Eiskrystalle  aus;  diesen 
gefrorenen  Thau  nennen  wir  Reif. 

Da  es  unmöglich  ist,  den  als  Thau  und  Reif  auf  die  Erde  fallenden 
Wasserdampf  der  Luft  auch  nur  einigermassen  genau  zu  messen,  so 
entsteht  hierdurch  eine  nicht  unwesentliche  Lücke  in  der  Kenntniss 
von  dem  Kreislauf  des  Wassers. 

Eine  andere  Art  des  Niederschlags,  der  R^en,  fordert  vorherige 
Wolkenbildung. 

Wolken  und  Nebel  sind  im  Grunde  ein  und  dasselbe:  beide  sind 
massenhafte  Anhäufiingen  kleiner  Wasserbläschen.  Wir  bezeichnen  sie 
als  Wolken,  wenn  sie  hoch  über  uns  hinwegziehen,  als  Nebel,  wenn 
sie  sich  unmittelbar  auf  dem  Boden  auflagern.  Die  ersteren  be- 
wegen sich  gewöhnlich  durch  weit  kältere  Räume  und  setzen  sich  daher 
bisweilen  aus  feinen  Eisnadeln  zusammen. 

Wolken  und  Nebel  erscheinen  immer  dann,  wenn  die  Luft  eine 
im  Vergleich  zu  ihrer  Temperatur  zu  grosse  Menge  von  Wasserdämpfen 
enthält.  Dieser  Zustand  der  Atmosphäre  kann  auf  dreifache  Weise 
herbeigeführt  werden: 

1)  Vom  Meere  oder  der  feuchten  Erdoberfläche  steigen  mehr 
Dämpfe  auf,  als  die  Luft  nach  ihrer  Temperatur  aufzunehmen  vermag. 
Dies  geschieht  natürlich  nur  dann,  wenn  das  Wasser  oder  der  feuchte 
Boden  wärmer  ist  als  die  Luft  und  somit  auch,  der  höheren  Temperatur 
entsprechend,  eine  relativ  kräftige  Verdampfung  stattfindet 

2)  Die  Luft  erkaltet  und  nähert  sich  so  dem  Sättigungspunkte. 

3)  Zwei  Luftschichten  von  verschiedener  Temperatur  berühren 
sich  mit  einander  und  zwar  in  der  Weise,  dass  die  wärmere  Luftmasse 
an  ihrer  Grenzfläche  bis  unter  ihren  Thaupunkt  abgekühlt  wird,  was 
sofort  eine  Ausscheidung  des  WasHcrdampfe»  zur  Folge  hat  Eine 
wirkliche  Durchdringung  zweier   unglmch   erwärmten  Luftströmungen 


252  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lnfthalle  der  Erde. 

tritt  wohl  ebenso  »Atea  ein  wie  eine  Miachong  warmer  und  kalter 
Waasermasaai  im  Ocean. 

In  den  metsten  FälDen  entatdien  die  Wolken  durch  die  Erkaltung 
der  Loft.  Sobald  der  Thanponkt  erreicht  ist,  hat  jeder  weitere  Bock- 
gang  der  Temperatur  eine  Trübung  der  Luft  durch  auBgeschiedaies 
Wasser  zur  Folge.  Yine  solche  Abkühlung  aber  kann  sich  im  wesent- 
lichen auf  drei&chem  Wege  vollziehen:  indem  eine  senkrecht  sich  er- 
hebende Strömung  die  Luft  in  höhere,  kältere  Regionen  fährt,  femer 
indem  anfing^ich  horizontale  Strömungen  ^urch  BodenanschweDungen 
nach  oben  gedrängt  werden  (weshalb  die  Spitsoi  Jioher  Gebirge  so 
häufig  in  Wolken  gehüllt  sind)  und  endlich,  indem  Strömungen  (so 
besonders  die  Aequatorialströmungen)  in  horizontaler  Bichtung  nach 
kälteren  Oebieten  fortsdireitraL 

Nadi  Howard^)  thdlt  man  die  Wolken  hinsichdich  ihrer  Gestalt 
in  drei  Hauptarten  ein. 

1.  Die  Federwolke  oder  der  Cirrus  setzt  sich  zusammen 
aus  zarten,  glänzend  weiBsen  Wolkoiftden,  wdche  oft  langgestreckte, 
über  den  ganzen  Himmel  sich  ausbrütende  Reihen  darstellen  und  deren 
^öhe  nicht  selten  die  d^  höchsten  Gipfel  der  Erde  (9000  Meter)  über- 
trifft Aus  dem  letzteren  Umstände  dürfen  wir  zugleich  schliessen, 
dass  sie  Anhäufungen  von  feinen  Eisnadeln  sind,  da  in  solchen  Höhen 
die  Temperatur  stets  weit  unter  den  Nullpunkt  herabsinkt 

2.  Die  Haufen  wölke,  Cumulus,  ist  aus  grossen,  kugd- 
oder  traubenfbrmigen  Dunstmassen  gebildet,  deren  Grundfläche  meist 
dunkel  ist,  während  ihre  Spitzen,  gleich  fernen  Schne^ebirgen,  im 
Sonnenschein  häufig  in  lichtem  Glänze  erscheinen.  Sie  ist  in  der  tro- 
pischen Zone,  sowie  während  des  Sommers  in  unseren  Breiten  die 
gewöhnlichste  Wolkenform  und  wird  offenbar  durch  den  aufsteigenden 
Luflstrom  hervoigerufen,  welcher  die  Wasserdämpfe  der  unteren, 
wärmeren  Lufb'egionen  in  hohe,  kältere  emportrUgt,  wo  sie  sich  in 
Folge  der  geringen  Temperatur  verdichten.  Die  horizontale  Basis  der 
Haufenwolken  befindet  sich  in  derjenigen  Luftschicht,  in  welcher  der 
empordringende  Strom  bis  auf  den  Thaupunkt  erkaltet  Ihre  Ab- 
hängigkeit von  einer  derartigen  Strömung  wird  am  deutlichsten  daraus 
erkannt,  dass  sie  vielfiich  erst  gegen  Mittag  auftauch^i  und  sich  nicht 
selten  in  den  späteren  Nachmittagsstunden  wieder  auflösen,  wenn  die 
Kraft  dieses  Stromes  nachlässt  und  sie  sich  vermöge  ihrer  Schwere  in 
die  unteren,  wärmeren  Schichten  herabsenken. 

3.  Die  Schichtwolke,  Stratus,  besteht  aus  weitausgedehnten 
lorizontalen  Wolkenstreifen,  durch  welche  namentlich  gegen  Abend 
jisweilen  prachtvolle  Lichtphänomene  bewirkt  werden. 

*)  Climate  of  London.    London  1S20.    VoL  U,  p.  329. 


IX.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge.  253 

Diesen  Grundformen  hat  man  noch  folgende  Uebergangsformen 
hinzugefiigt : 

4.  Der  Cirrocumulus  oder  die  fedrige  Haufenwolke^ 
vom  Volksmunde  als  „Schäfchen^  bezeichnet,  ist  eine  Vereinigung 
zahbeicher  kleiner,  weisser,  abgerundeter  Wölkchen. 

5.  Der  Cirrostratus  oder  die  fedrige  Schichtwolke 
ist  die  (vielfach  nur  perspectivische)  Verbindung  vieler  Federwolken 
zu  langgestreckten  Streifen,  wie  sie  öfter  am  Horizonte  beobachtet 
werden;  im  Zenith  würde  man  statt  derselben  eine  Nebeneinander- 
lagerung zarter  Wölkchen  bemerken. 

6.  Der  Cumulostratus,  die  streifige  Haufenwolke,  ist 
zu  betrachten  als  eine  Zusammenschaarung  von  Haufenwolken.  Die 
Gestalt  derselben  ist  oft  ganz  unregelmässig  und  zerrissen.  Ihre  Farbe 
ist  dunkel,  so  dass  bisweilen  der  ganze  Himmel,  namentlich  der  Hori- 
zont durch  sie  einen  blauschwarzen  Farbenton  erhält. 

7.  Der  Nimbus  oder  die  Regenwolke  entwickelt  sich  am 
häufigsten  aus  dem  Cumulostratus,  bisweilen  jedoch  auch  aus  anderen 
Wolkenformem 

Die  Ho  ward 'sehe  Terminologie  berücksichtigt  nur  die  äussere 
Erscheinung  der  Wolken;  einen  Schritt  weiter  ging  Poey  in  Havana, 
indem  er  dn  System  schuf,  welches  sowohl  die  Ursache,  als  auch  die 
Art  und  Weise  der  Wolkenbildung  zum  Ausdruck  bringt.  Von  den 
Ho  ward 'sehen  Wolkenformen  hat  Poey  nur  den  CSrrus,  Cirrostra- 
tus, Cirrocumulus  und  den  Cumulus  in  seine  Classification  herüber- 
genommen; dagegen  wurden  der  Stratus,  Cumulostratus  imd  Nimbus 
ausgeschieden  und  neue  Formen  dafiir  eingeflihrt.  Die  wichtigste  der 
letzteren  ist  das  Pallium  oder  die  Deckenwolke,  d.  i.  die  graue,  asch- 
farbige Wolke,  deren  gleichförmiges  Gewand  sich  oft  üj)er  den  ganzen 
Himmel  ausbreitet  und  aus  der  so  häufig  der  Regen  herabströmt.  Die 
dichten,  massigen  Wolken  nun,  welche  sich  beim  Aufhören  einer  Regen- 
periode an  der  Unterfläche  des  PaUiums  isoliren,  heissen  nach  Poey 
Falliocumulus;  sie  sind  also  das  tiefere  Lager  jenes  weiten,  dichten 
Wolkenmantels.  Theilt  sich  hierauf  der  Palliocumulus  in  zahlreiche 
Bruchstücke  von  unbestimmter,  unregelmässiger  und  sehr  manigfaltiger 
Form,  welche  von  einem  tieferen  Luftstrom  rasch  hinweggetrieben 
werden,  so  haben  wir  den  Fractocumulus ,  die  Windwolke.  Wenn 
aber  am  Ende  eines  Regenschauers  die  Wolkenhülle  zerreisst,  zeigt 
sich  durch  die  Wolkenöfinungen  zugleich  noch  ein  höheres  und  weisseres 
Wolkenlager  aus  Feder-  imd  Federschichtwolken :  der  Palliocirrus  oder 
die  Deckenwolke. 

Die  sieben  Wolkenformen  Poey 's  heissen  demnach:  1.  die  Feder- 
wolke (Grrus),  2.  die  fedrige  Schichtwolke  (Cirrostratus),  3.  die  fedrige 


254  Dritter  TheiL     Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Haufenwolke  (CSrrocuinulus),  4.  die  Deckenwolke  (PaUiocirrus),  5.  die 
K^enwo!ke  (Palliocumulus),  6.  die  Windwolke  (Fractocumulus),  7.  die 
bergfönnige  Wolke  (Cumulos). 

Die  Entwicklung  dieser  einzelnen  Formen  charakterisiren  wir  am 
besten  n.it  den  Worten  K.  Frit seh 's  folgendermassen  ^) :  Die  Feder- 
wolke (Cirrus)  ist  eine  gestreifte,  träge  Wolke,  welche  sich  in  den 
höchsten  Regionen  der  Atmosphäre  bei  sanfter  Berührung  von  wirk- 
lichem Froste  bildet.  Die  fedrige  Schichtwolke  (Cirrostratus)  ist  eine 
gestreifte,  zu  einem  Flor  gewebte  Wolke,  welche  entsteht,  wenn  der 
Frosthauch  herabsinkt  in  eine  tiefere  Region  mit  häufigeren  Wasser- 
dünsten. Die  fedrige  Haufen  wölke  (CSrrocumulus)  ist  eine  Frostwolke, 
deren  Ränder  getüpfelt  und  abgerundet  sind;  sie  entsteht,  wenn  die 
Lufttemperatur  sich  ein  wenig  über  den  Frostpunkt  erhebt  Der 
PaUiocirrus  ist  eine  hohe  Eiswolke,  welche  sich  bei  genügender  Feuchtig- 
keit verdichtet  und  vermehrt,  nicht  minder  kalt,  obgleich  sie  sich  dem 
Funkt  der  Sättigung  mit  Dünsten  nähert  oder  ihn  erreicht,  wobei  sie 
Niederschläge  veranlasst.  Der  Palliocumulus  ist  Wasserdunst  in  den 
tieferen  Regionen  der  Atmosphäre,  welcher  bald  mehr,  bald  weniger 
angehäuft  ist  bis-  zum  Sättigungspunkte  oder  Niederschlage.  Der 
Fractocumulus  ist  eine  Wolke  von  stets  wechselnder  äusserer  Form, 
organisch  aber  und  in  der  That  bezeichnet  durch  seine  unveränderliche 
Art  der  Bildung  —  in  Folge  der  raschen  Trennung  der  zerüsJlenden 
Wolkenmassen  in  isolirte  Theile  bei  dem  Treiben  des  bewegenden 
W' indes.  Die  Haufenwolke  (Cumulus)  ist  Wasserdunst,  welcher  ver- 
dichtet wird  durch  den  au&teigenden  Luftstrom  der  Atmosphäre  bei 
vereintem  Einflüsse  der  Abkühlung  und  des  abnehmenden  Luftdruckes. 

Die  Grösse  der  Bewölkung  drückt  man  jetzt  &st  allgemein 
durch  die  2^hlen  0  bis  10  aus  imd  zwar  in  der  W'eise,  dass  0  den 
gänzlich  unbewölkten,  10  liingegen  den  in  dichten  Nebel  gehüllten 
Himmel  bedeutet  Die  Zahl  1  giebt  an,  dass  ^/%  des  Himmels  mit 
W^olken  bedeckt  ist;  2  und  3  heisst  leichtbewölkt,  4  beinahe  halbklar, 
5  halbklar,  6  nicht  ganz  halbklar,  7  und  8  stärker  bewölkt,  9  &st 
völlig  bewölkt 

Auch  die  Bewölkung  hat  ihre  tägliche  und  jährliche  Periode. 
Die  erstere  tritt  am  entschiedensten  in  der  Calmenzone  hervor,  indem 
an  vielen  Stellen  derselben  im  grössten  Theile  des  Jahres  die  Sonne 
bei  klarem  Himmel  auf-  und  untergeht,  wälirend  in  den  ^littagsstunden 
eine  kräftige  \\'olkenentwicklung  stattfindet  In  der  gemässigten  Zone 
ist  die  tägliche  Periode  besonders  im  Sommer  bemerkbar.     Die  Be- 

')  Zeitschrift  der  österreichischen  Gese habhaft  für  Meteorologie.  Bd.  VI 
(iSTlX  S.  325. 


IX.     Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge.  255 

wölkung  wächst  während  des  Vormittags,  erreicht  gegen  Mittag  ihr 
Maximum  und  verringert  sich  wiederum  bis  gegen  Abend.  Die  Nächte 
sind  verhältnissmässig  häufig  klar.  Die  Vermehrung  der  Wolken  zur 
Mittagszeit  wird  durch  den  aufsteigenden  Luftstrom  herbeigefiihrt.  In 
den  Wintermonaten  ist  bei  uns  die  tägliche  Periode  wenig  scharf  aus- 
geprägt. Die  dichten  Nebel,  welche  sich  am  Morgen  über  die  Erde 
ausbreiten,  werden  gewöhnlich  während  des  Tages  verscheucht,  so  dass 
die  Klarheit  des  Himmels  gegen  Abend  am  grössten  ist  In  den  Polar- 
gegenden wird  während  des  grössten  Theiles  des  Jahres  die  tägliche 
Periode  diesen  Charakter  zeigen. 

Die  jährliche  Periode  ist  je  nach  localen  Verhältnissen  sehr  ver- 
schieden. In  dem  Gebiete  der  Calmen,  das  freilich  mit  dem  Stande 
der  Sonne  kleinere  oder  grössere  Verschiebungen  erleidet,  ist  in  Folge 
der  starken  Ascensionsströmung  die  Wolkenbildung  das  ganze  Jahr 
hindurch  eine  so  kräftige,  dass  man  diese  Zone  recht  treffend  als  den 
Aequatorialwolkenring  bezeichnet  hat').  In  Vorderindien  hängt  die 
Wolkenbildung  streng  von  dem  Wechsel  der  Monsune  ab.  Der  im 
Sommer  wehende  Südwestmonsun  trägt  die  Dämpfe  des  wannen 
Indischen  Oceans  nach  dieser  Halbinsel  und  hüllt  insbesondere  die 
Berglandschaften  an  der  Westküste  und  im  Innern  des  Landes  in 
Wolken,  während  der  winterliche  Nordostmonsun,  der  vom  Lande  her 
bläat,  Klarheit  des  Himmels  bewirkt.  Die  Ostküste  von  Vorderindien 
bietet  hierzu  den  schärfsten  Contrast,  weil  der  Südwestmonsun  für  sie 
ein  relativ  trockener  Landwind,  der  Nordostmonsun  aber  ein  feuchter 
Seewind  ist.  Da  im  Winter  die  barometrischen  Maxima  meist  im 
Innern  der  Continente  liegen  und  somit  die  Luft  von  hier  nach  dem 
Meere  abfliesst,  so  ist  in  der  Mitte  der  continentalen  Länderräume  der 
Winter  relativ  heiter,  während  die  sommerliche  Auflockerung  der  Luft 
Seewinde  herbeizieht  und  so  Trübung  veranlasst.  In  Europa  weisen 
die  Winter  mit  ihren  vorherrschenden  Südwestwinden  die  stärkste 
Bewölkung  auf;  die  Westwinde  des  Sommers  aber  vermögen  deshalb 
keine  so  dicke  Wolkendecke  zu  erzeugen,  weil  der  continentale 
Boden  im  Sommer  stärker  erwärmt  wird  und  somit  eine  grössere 
wolkenzerstreuende  Kraft  besitzt  Doch  trübt  sich  im  allgemeinen 
der  Himmel  am  meisten  bei  Südwestwind,  am  wenigsten  bei  Nord- 
ostwind. 

Wie  in  den  angeführten  Beispielen,  so  ist  auch  sonst  der  durch- 
schnittliche Grad  der  Bewölkung  in  erster  Linie  von  den  Winden 
abhängig.    Eilen  die  Winde  aus  höheren  Breiten  nach  niederen,   also 

*)  M.  F.  Maury,  Physical  Geography  of  the  Sea.  16*^  ed.  London  1877. 
p.  270  sq. 


256  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  LafthOlle  der  Erde. 

nach  wärmeren  Grebieten,  so  entfernen  sie  sich  von  ihrem  Sättigangs- 
ponkte;  wehen  sie  hingegen  umgekehrt  ans  niederen  Breiten  nach 
höheren,  so  nahem  sie  sich  in  gleichem  Masse  demselben.  Somit 
bewirken  Polarströme  meist  Heiterkeit  des  Himmels;  Aeqoatorialströme 
hingegen  haben  Wolken  in  ihrem  Gefolge.  Darum  ist  aof  der  nörd- 
lichen Halbkugel  der  Sonnenschein  yomehmlich  ein  Geschenk  der 
Nordostwinde,  trübes  Wetter  aber  insbesondere  ein  Breiter  der  Säd- 
Westwinde.  Demnach  finden  wir  in  der  tropischen  Zone,  wo  die 
Passate,  also  Polarwinde  vorherrschen,  meist  einen  wolkenlosen,  tief- 
blauen Himmel,  namentlich  zwischen  der  höchsten  Lage  ihrer  Aequa- 
torial-  und  der  niedrigsten  Lage  ihrer  Polargrenze.  Zwischen  Nordost- 
und  Südostpassat  ist  der  Aequatorialwolkenring  wie  ein  schmales  Band 
eingeschaltet  An  den  Polargrenzen  der  Passatzone  entsteht  durch  das 
Herabkommen  des  rücklaufenden  Passates  eine  Trübung  der  Atmo- 
sphäre, welche  dem  mit  der  Sonne  polwärts  rückenden  Passat  periodisch 
weicht  So  zeigt  also  diejenige  Zone,  die  nur  periodisch  dem  Passat- 
gebiete angehört,  einen  regelmässigen  Wechsel  zwischen  Heiterkeit 
und  Trübung  des  Himmels,  wdcher  sich  YölUg  dem  jährlichen  Grang 
der  Sonne  unterordnet  Weiter  polwärts  jedoch  verändert  sich  die 
Bewölkung  des  Himmels  ebenso  unr^ebnässig  wie  die  Windrichtung: 
sie  erreicht  bald  ein  Maximum,  bald  ein  Minimum,  je  nach  dem  der 
Aequatorial-  oder  Polarstrom  vorwaltet  Freilich  bestimmen  diese 
niemals  allein  die  Grösse  der  Bewölkung;  diese  wird  vielmehr  gldch- 
zeitig  durch  die  grössere  oder  geringere  Entfernung  eines  Ortes  vom 
Meere,  sowie  namentlich  durch  die  eigenthümUchen  Terraingestaltungen, 
die  ihn  umgeben,  wesentlich  beeinflusst. 

Steigt  nämtich  feuchte  Luft  an  einem  wallartig  sich  erhebenden 
hohen  und  steilen  Gebirge  empor,  so  erfolgt  eine  Ejrkaltnng  derselben 
und,  wenn  die  Temperaturemiedrigung  den  Thaupunkt  überschreitet, 
eine  Trübung:  die  Berge  hüllen  sich  in  Wolken.  Oft  vollzieht  sich  auf 
den  Höhen  eine  Wendung  des  Wetters,  welche  in  der  davor  übenden 
Ebene  einige  Tage  später  zur  G^tung  gelangt,  weshalb  die  Grebirgs> 
bewohner  nicht  ganz  mit  Unrecht  nach  den  Häuptern  ihrer  Beige  sehen, 
um  das  Wetter  fiir  die  nächsten  Tage  zu  ermitteln.  Die  Fähigkeit 
der  Gebirge,  Waaserdämpfe  zu  oondensiren,  tritt  uns  besondo«  an  der 
Westküste  Vorderindien's  in  grossartiger  Weise  entg^en.  Die  West- 
ghatB  bilden  einen  gewaltigen  Damm  g^en  die  Südwestmonsune  und 
sind  daher  während  der  halbjährigen  Herrschaft  derselben  beständig 
von  den  dichtesten  Wolken  umlagert,  aus  denen  sich  furchtbare  Ge- 
witter entladen.  Ebenso  verschleiern  mächtige  Nebel,  die  unzertrenn- 
lichen Gefährten  der  Südwestwinde  an  der  Westküste  Nordamerika*s, 
ausserordentlich  häufig  die  westlichen  Randketten  und  die  davor  liegen- 


IX.     Die  WaBserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge.  257 

den  Inselii,  wie  Sitcha  u.  a.  Aehnlicbes  berichtet  uns  Leopold  y. 
Buch  von  den  Nebehi  der  norwegischen  Küste,  wenn  er  sagt:  ^^Die 
Sonne  zeigt  sich  auf  den  Inseln  nur  als  eine  Seltenheit;  der  Sommer 
ist  ohne  Wärme,  und  kaum  mag  man  sich  einiger  wenigen  heiteren 
Tage  erfreuen.  In  wenig  Augenblicken  treibt  der  Nordwest  aus  dem 
Meere  dicke  Wolken  über  das  Land ;  Ströme  von  Begen  stürzen  daraus 
hervor,  und  die  Wolken  ziehen  Tage  lang  über  den  Boden  hin^)." 

Verdichtet  sich  eine  Wolke  durch  Erkaltung  noch  weiter,  so  ver- 
wandeln sich  die  feinen  Nebelbläschen,  aus  denen  sie  besteht,  in 
Wassertropfen  bei  einer  Temperatur  von  über  0^  C,  in  ELskrystalle 
(Schnee)  bei  einer  Temperatur  unter  0®  C.  Regen  und  Schnee  nennt 
man  auch  zusammen£Eissend  Niederschläge. 

Die  Häufigkeit  derselben  wird  gewöhnlich  ausgedrückt  durch  die 
Zahl  der  Tage,  an  denen  es  r^net  oder  schneit;  hingegen  bezeichnet 
man  die  Menge  des  als  Regen  oder  Schnee  auf  die  Erdoberfläche 
fallenden  Wassers  durch  Angabe  der  Höhe,  bis  zu  welcher  Regen  und 
Schnee  (letzterer  geschmolzen)  den  Boden  bedecken  würden,  wenn  sie 
auf  einer  horizontalen  Fläche  sich  ansammelten  und  weder  einsickerten, 
noch  verdunsteten.    Diese  Höhe  heisst  die  Regenhöhe  eines  Ortes. 

Zur  Ermittelung  der  letzteren  bedient  man  sich  eines  Instrumentes, 
welches  die  Namen  Regenmesser,  Ombrometer,  Udometer  oder  auch 
Hyetometer  fiihrt  und  im  allgemeinen  von  folgender  Construction  ist: 
Es  wird  im  wesentlichen  von  einem  runden  oder  viereckigen  Oe&sse 
gebildet,  welches  nach  oben  offen  ist  und  dessen  Boden  wie  ein  Trichter 
konisch  vertieft  ist  Durch  eine  kleine  OeSnung  des  letzteren  läuft 
das  Wasser  in  ein  engeres  Sammelge&ss  hinab,  in  welchem  es  durch 
den  darüber  liegenden  Trichterboden  g^en  Verdunstung  geschützt  ist. 
Mittelst  CTies  Hahns  wird  in  gewissen  Intervallen  (insbesondo«  nach 
jedem  R^en-  und  Schneefdl)  das  Wasser  in  ein  graduirtes  Glasgefäss 
abgdassen,  dessen  Querschnitt  meist  viel  kleiner  ist  als  der  des  Regen- 
messers.   Veriiält  er  sich  zu  dem  des  Hanptge&sses  beispidsweise  wie 

1 :  lOy  so  beträgt  die  Regenhöhe  nur  j^  Millimeter,  wenn  das  Wasser 

in  dem  Messcylinder  Ins  zum  nten  Theiktridi  emporreicfat. 

Die  AufiteDong  des  B^enmesseis  erfordert  mamg&che  Vorsichts- 
massregefai.  Vor  aDem  ist  darauf  zu  achten,  dass  der  hierzu  gewählte 
Ort  mö^üchssi  dieselboi  Regenmengen  empfingt  wie  die  nähere  und 
weitere  Umgebung.  R^cn  und  Schnee  müssen  darum  von  allen 
Seiten  firesen  Zutritt  haben;  durch  genügende  Höhe  muss  aDen  Scfanee- 

';  L.  T.  Buch,  Reise  durch  Norwegen  mad  Lavoland.  Beriin  1%I0. 
Bd.  Ih  S.  42  £ 


258  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  and  Lufthülle  der  Erde. 

verwehungen  YOigebeugt  sein;  auch  darf  die  Oeffimng  des  Regen- 
messers nach  oben  durchaus  nicht  von  der  horizontalen  Sichtung  ab- 
weichen. 

Femer  ist  es  nicht  gleichgiltigi  in  welcher*  Höhe  über  dem  Boden 
das  Instrument  sich  befindet;  denn  die  Regenmenge  tines  Ortes  nimmt 
nach  oben  hin  ab.  Diese  Thatsache  entdeckte  bereits  Heb  erden  um 
die  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts;  sein  R^enmesser  auf  dem  Thurme 
der  Westminsterabtei  in  London  zeigte  nämlich  weniger  Regen  an  als 
der  auf  dem  Boden.  Aehnhche  Beobachtungen  machten  Dal  ton  zu 
Alanchester,  Phillips  und  Gray  in  York,  Person  zu  Besangon^ 
Prestel  in  Emden,  Hellmann  in  Breslau  u.  a.  ^)  Besonders  werth- 
voll  sind  die  einen  ausserordentlich  langen  Zeitraum  (1817  bis  1848) 
um&ssenden  Pariser  Au&eichnungen,  welche  das  Resultat  geliefert 
haben,  dass  im  Hofe  der  Pariser  Sternwarte  im  Laufe  des  Jahres 
durchschnittlich  ö76,79  Millimeter,  auf  der  28,8  Meter  höher  li^enden 
Terrasse  aber  nur  507,41  Millimeter  Regen  fallen  ').  Das  Wachsthum  der 
R^enhöhe  nach  unten  erklärt  sich  daraus,  dass  sich  die  Regentropfen 
auf  ihrem  W^e  durch  die  mit  Wasserdampf  gesättigte  Atmosphäre 
yergrössem,  indem ,  sie  sich  mit  den  in  der  Luft  schwebenden  Dunst- 
bläschen vereinigen.  Doch  ist  es  bisher  noch  nicht  gelungen,  ein  auch 
nur  {lir  die  unteren  Luftschichten  geltendes  Gesetz  der  R^enver- 
minderung  nach  oben  zu  ermittdn. 

Wenn  wir  weiter  unten  öft;er  die  meist  aus  einer  längeren  Reihe 
von  Beobachtungsjahren  abgeleiteten  mittleren  jährlichen  Regenmengen 
anftihren,  so  darf  dabei  nicht  vergessen  werden,  dass  in  den  einzehien 
Jahren  grosse  Abweichungen  von  dem  allgemeinen  Jahresmittel  vor- 
kommen. So  haben  New- Yorker  Beobachtungen  von  1836  bis  1854 
im  Jahre  1840  ein  Minimum  von  758,  im  Jahre  1837  ein  Maximum 
von  1664  Millimetern  ergeben.  Bei  Key- West  (Florida)  wurde  inner- 
halb der  Jahre  1833  bis  1845  das  kleinste  Jahresmittel  (520  Millimeter 
im  Jahre  1838)  von  dem  grössten  (1513  Milluneterim  Jahre  1841)  um 
das  Drei&che  übertroffen').  Frankfurt  a.  M.  hat  nach  den  Au&eich- 
nungen  von  1837  bis  1867  eine  mittlere  Regenhöhe  von  25,9  Par.  Zoll; 
doch  war  der  höchste  Werth  (53,2  Zoll  im  Jahre  1867)  viermal  so 
gross  als  der  niedrigste  (13,5  Par.  Zoll  im  Jahre  1864)^).  Im 
Gouvernement  Taurien  kommen  sogar  Jahrgänge  vor,  wo  es  weder  r^net 
noch  schneit.  So  erlebte  Teetzmann  eine  Dürre  von  20  Monaten 
(1832  und  1833),  in  denen  kein  Tropfen,  keine  Flocke  zu  Boden  fiel ; 

^)  £.  £.  Schmid,  Lehrbuch  der  Meteorologie.    Leipzig  1860.    S.  693. 
')  Annuaire  m^t^rologique  de  la  France  pour  1851.    Tome  HI,  p.  15S. 
')  Blodget,  Climatology  of  the  United  States  etc.  Washington  1857.  p.66. 
*)  Joh.  Müller,  Kosmische  Physik.   4.  Aufl.  Braunschweig  1875.  S.  709 


IX.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Lnft.    Niederschläge.  259 

in  anderen  Jahren  verminderte  sich  die  Menge  des  Niederschlages  auf 
weniger  als  ein  Zehntel  des  Betrages  von  nassen  Perioden  (wie  des 
Jahres  1838)  ^). 

Auf  solche  Anomalien  muss  man  schon  deshalb  gefasst  sein,  weil 
Häufigkeit  und  Menge  des  Niederschlages  in  erster  Linie  von  den 
herrschenden  Winden  abhängen,  diese  aber  in  der  gemässigten  Zone 
nicht  bloss  ziemlich  regellos  ihre  Richtung  wechseln,  sondern  auch  von 
unberechenbarer,  bald  grösserer,  bald  geringerer  Stetigkeit  sind. 

Um  ein  Gesammtbild  von  den  örtlichen  Unterschieden  der  Regen- 
menge auf  einem  grösseren  Länderraum  zu  erhalten,  entwirft  man 
jetzt  Regenkarten,  wobei  man  in  folgender  Weise  verfilhrt:  Nach- 
dem man  die  mittleren  jährlichen  Regenhöhen  fUr  eine  grössere  Anzahl 
von  Orten  zusammengestellt  hat,  verbindet  man  alle  Orte,  welche 
gleich  viele  Niederschläge  empfangen,  durch  Linien  (Isohysten),  die  in 
sich  selbst  zurücklaufende  Cürven  bilden.  Uebersichtlicher  wird  die 
Karte  dadurch,  dass  man  (ähnlich  wie  bei  hypsometrischen  Karten) 
den  einzelnen  Benetzimgsstufen ,  d.  h.  den  Zwischenräumen  zwischen 
benachbarten  Curven,  verschiedene  Farbentöne  verleiht.  Derartige 
Karten  wurden  gezeichnet  von  Fritsch  für  Böhmen,  von  C.  v. 
Sonklar  flir  Oesterreich-Ungam *) ,  von  Delesse  fiir  Frankreich*), 
von  Keith  Johnston  für  die  britischen  Inseb^)  und  von  O. Krümm el 
für  Deutschland  %  sowie  für  das  gesammte  Europa  ^).  Für  die  ausser- 
europäischen  Erdtheile  fehlen  bis  jetzt  derartige  Karten  gänzlich. 

Noch  bedeutungsvoller  für  die  Physik  der  Atmosphäre  sind  die- 
jenigen Karten,  welche  weniger  nach  der  Grösse  des  R^en&Us,  als 
vielmehr  nach  der  Gleichartigkeit  der  Erscheinungen  in  dem  jährlichen 
Witterungsgang  die  Erdräume  in  gewisse  Zonen  theilen. 

Den  frühesten  Versuch,  die  Erdoberfläche  in  Regenzonen  zu 
zerl^en,  verdanken  wir  Heinrich  Berghaus,  der  im  Jahre  1840 
in  seinem  ^Physikalischen  AÜas^  (1.  Abtheilung,  Meteorologie,  Tafel  IX) 
die  erste  Regenkarte  veröffentlichte.  Wesentlich  vervollkommnet  wurde 
dieses  Bild  durch  A.  Mühry,   der  im  Jahre  1860  einen  neuen  Ent- 

*)A.  Grisebach,  Die  Vegetation  der  Erde.  Leipzig  1S72.  Bd.  h 
S.  458.  • 

*)  Mittheilnngen  der  k.  k.  geographiftchen  Gesellschaft  zu  Wien.   Bd.  IV 

(1S60X  Taf.  IV. 

*)  Distribution  des  plnies  en  France  im  Bulletin  de  la  Soc.  de  Gtogr.  de 
Paris,  Aoüt  1868. 

*)  Hydrographical  map  of  the  British  Isies. 

*)Andree-Peschel,  Physikalisch  - statistbcher  Atlas  des  Deutschen 
Reichs.    Leipzig  1876.    Bd.  I,  Karte  VI. 

•)  Zeitschrift  der  Gesellschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin.    Bd.  XllI  (1878), 

Tafel  ni. 

17* 


260  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Wurf  einer  derartigen  Karte  lieferte^).  Der  Hauptmangel  derselben 
besteht  darin,  dass  oceanische  und  continentale  Eäume  meist  nach 
demselben  Schema  behandelt  sind.  Beide  weisen  jedoch  bezüglich 
ihrer  Regenzonen  ähnliche  Gegensätze  auf  wie  die  Windsysteme, 
welche  über  ihnen  zur  Herrschaft  gelangen.  Diesen  Fehler  beseitigte 
A.  Wojeikof  in  einer  trefflichen  Schrift,  betitelt:  „Die  atmosphärische 
Circulation"  *).  Die  nachfolgenden  Betrachtungen,  sowie  der  Ejitwurf 
der  beigegebenen  B^enkarte  (Fig.  20)  stützen  sich  in  erster  Unie 
auf  diese  in  mehr&cher  Hinsicht  bahnbrechende  Arbeit 

Wir  durchwandern  nun  die  verschiedenen  B^enzonen  der  Eide 
und  beginnen  hierbei  mit  den  Zonen  der  äquatorialen  B^en,  der 
regenlosen  Passate  und  der  tropischen  Begen.  Hierauf  betreten  wir 
die  subtropischen  Begengebiete  und  die  grosse  asiatisch  -  australische 
Monsunzone,  sowie  endlich  die  Wüstenräume  der  gemässigten  Zone 
imd  die  Zone  mit  Niederschlägen  zu  allen  Jahreszdten.  Von  den 
genannten  Zonen  sind  drei  &st  ausschliesslich  auf  oceanische  Grebiete 
beschränkt:  die  Zonen  der  äquatorialen  Begen,  der  regenlosen  Passate 
und  der  subtropischen  Begen. 

Die  äquatoriale  Begenzone  fidlt  im  allgemeinen  mit  dem 
Gürtel  der  äquatorialen  Windstillen  (Calmen)  zusammen  und  Terschiebt 
sich  wie  diese  mit  dem  wechselnden  Sonnenstande  innerhalb  &ner 
jährlichen  Periode  bald  nach  Korden,  bald  nach  Süden.  Im  Atlan- 
tischen Ocean  hält  sie  sich  zwischen  0  und  10  Grad  n.  Br.,  erstreckt 
sich  jedoch  im  Sonmier  und  Herbst  in  der  Nähe  von  Afrika  bis  zum 
12.  Grad  n.  Br.  und  im  Frühling  und  Sonmier  an  der  südamerikanischen 
Küste  bis  zum  5.  Grad  s.  Br.  In  dem  Stillen  Ocean  finden  wir  die 
äquatoriale  Begenzone  etwa  zwischen  dem  2.  und  12.  Grad  n.  B.;  sie 
gehört  denmach  (wenigstens  westlich  der  Galapagos)  ganz  der  nörd- 
lichen Halbkugel  an.  Doch  reicht  sie  nach  Westen  nicht  bis  zum 
asiatischen  Continent;  vielmehr  endet  sie  bereits  im  Meridian  der 
Marianen.  Andrerseits  aber  machen  sich  oceanische  Einflüsse  über 
einem  Continente,  nämlich  über  Südamerika,  so  sdir  geltend,  dass  auch 
ihm  eine  äquatoriale  Begenzone  zugeschrieben  werden  darf.  So  be- 
hauptet sich  die  mit  Calmen  und  Westwinden  verbundene  Begenzeit  in 
den  IJanos  des  Orinoco  nach  dem  Berichte  A.  v.  Humboldt's  vom 
Mai  bis  October  und  (nach  Bates)  in  der  Nähe  des  Amazonas  vom 
Februar  bis  Juli.  Weiter  aufwärts  am  Amazonas  dauert  bei  schwächer 
werdenden  Westwinden  die  B^enzeit  zehn  Monate  oder  gar  das 
ganze  Jahr  hindurch.    Im  Mittel  scheint  die  Calmenzone  hier  in  dem 

')  Petermann^s  Mittheilongen  1S60,  S.  1—9  („Die  geographische  Yer- 
theilang  des  Regens  auf  der  Krde"). 

')  Erganzongsheft  38  zu  Petermann's  Mittheilangen.    1S74. 


3  S  T^ 


*mmK-       «*i     X     -       ■   • 

o  r. 


IX.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge.  261 

Baume  zwischen  dem  8.  Grad  s.  und  dem  8.  Grad  n.  Br.  zu  liegen. 
Uebrigens  bringt  in  Guyana  auch  der  Passat  bisweilen  Regen  mit  sich, 
was  nach  Wojeikof  zum  Theil  durch  die  Condensation  in  der  Passat- 
strömung selbst,  namentlich  über  den  feuchten  Wäldern,  zum  Theil 
aber  auch  durch  das  Auftreten  von  feuchten  westlichen  Winden  über 
dem  Passate  veranlasst  sein  kann. 

In  der  äquatorialen  Begenzone  ist  die  Luft  fast  immer  reich  be- 
laden mit  Wasserdämpfen,  welche  die  Passate  auf  ihrem  Wege  nach 
dem  Aequator  aufgenommen  haben.  Die  grosse  Wärme  und  Feuchtig- 
keit verursachen  ein  kräftiges  Aufsteigen  der  Luft;  in  den  höheren, 
kälteren  Luftregionen  aber  erfolgt  sofort  eine  Erkaltung  und  Verdichtung 
der  Dämpfe  zu  Tropfen,  weshalb  dann  unter  gewaltigem  Blitzen  und 
Donnern  mächtige  R^enströme  herabrauschen.  Da  des  Nachts  die 
Ascension  der  Luft  ermattet,  so  sind  die  Nächte  gewöhnlich  heiter  und 
regenlos.  Doch  gilt  das  Gesagte  keineswegs  für  alle  Tage  des  Jahres; 
vielmehr  giebt  es,  wie  die  „Pilot  Charts  for  the  Atlantic  Ocean"  (ver- 
öffentlicht von  dem  Londoner  Meteorolqgical  Office)  uns  belehren, 
keinen  Punkt  im  Atlantischen  Ocean,  welcher  das  ganze  Jahr  hindurch 
Begen  hätte,  und  dasselbe  gilt  wohl  ftir  jeden  Punkt  des  offenen  Oceans. 
Doch  ist  die  Regenhöhe  hier  überall  eine  sehr  bedeutende  und  überschreitet 
wohl  durchweg  1200  Millimeter.  Maranhäo  in  Brasilien  (2Vs  Grad  s. 
Br.)  und  die  Sierra-Leone-Eüste,  beide  am  Rande  dieser  Zone  gelegen, 
haben  eine  jährliche  R^enmenge  von  7110  imd  3195  Millimetern. 

Dass  die  äquatoriale  Regenzone  während  unseres  Sommers  nirgends 
bis  zum  nördlichen  Wendekreise  rückt,  hat  darin  seinen  Grund,  dass 
sich  das  Wasser  nur  langsam  erwärmt  und  die  Sonne  eine  viel  zu 
kurze  Zeit  senkrecht  über  den  G^enden  des  Wendekreises  steht,  als 
dass  sie  hier  einen  kräftigen  aufsteigenden  Luft»trom  erzeugen  könnte. 
Die  einseitige  Verschiebung  dieser  Zone  nach  der  nördlichen  Halbkugel 
aber  erklärt  sich  dadurch,  dass  die  letztere  bis  zum  40.  Breitengrad 
wesentlich  höhere  Temperaturen  besitzt  als  die  südliche  bis  zu  gleicher 
Breite  (vgl  S.  181  ff.)  und  dass  die  Passate  der  südlichen  Halbkugel 
über  deren  weiten  Wasserflächen  eine  grössere  Stärke  entfalten  als 
über  den  nordhemisphärischen  Gebieten  (s.  S.  88),  somit  diese  Zone 
auch  weiter  nach  Norden  zurückdrängen. 

Nord-  und  südwärts  von  der  Zone  der  äquatorialen  Regen  finden 
wir  über  den  Ooeanen  die  regenlosen  Passatzonen.  Sie  reichen  im 
nordatlantischen  Becken  vom  10.  bis  27.  Grad  n.  Br.,  im  südatlantischen 
Becken  vom  Aequator  bis  zum  24.  Gr.  s.  Br.,  im  Indischen  Ocean 
vom  10.  bis  23.  Grad  s.  Br.,  im  nordpacifischen  Ocean  vom  11.  bis 
22.  Grad  n.  Br.  und  im  südpacifischen  Ocean  vom  2.  Grad  n.  Br.  bis 
zu  einer  Linie,  die  sich  vom  9.  Grad  s.  Br.  im  Westen  weiter  ostwärts 


262  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

allmählich  bis  zum  südlichen  Wendekreise  senkt  Mit  vollem  Bedite 
trägt  Wojeikof  im  Gegensatz  zu  Mflhry  diese  Zonen  in  seine  Regen- 
karte ein;  denn  die  Passate  sind  Winde,  welche  stets  aus  kälteren 
«  nach  wärmeren  Gegenden  blasen,  sich  also  vom  Sättigungspunkte  mehr 
und  mehr  entfernen«  Demnach  sind  Grebiete,  welche  fortdauernd  von 
den  Passaten  beherrscht  werden,  unbedingt  r^enlos,  sobald  der  Luft- 
strom, wie  dies  auf  dem  Meere  der  Fall  ist,  durch  keinerlei  Uneben- 
heiten nach  oben  gedrängt  wird.  Es  spannt  sich  also  immer  ein 
heiterer  Himmel  über  diesen  Seer^onen  aus,  und  der  Schiffer  sidit 
sich  fisust  nie  durch  heffige  Stürme  bedroht 

Anders  verhält  es  sich  mit  den  Continenten  und  Inseln  der  Tropen- 
gebiete; sie  bilden  eine  dritte  Zone:  die  der  tropischen  Regen. 
Hier  werden  selbst  die  Passate  zu  Regenwinden,  wenn  sie  durch 
Gebirge  und  Hochländer  geaswungen  werden,  sich  in  höhere,  kältere 
Luftschichten  zu  erheben,  in  denen  ihre  Wasserdämpfe  condensirt 
werden.  Femer  wird  das  Wehen  des  Passats  auf  dem  Festlande  wie 
auf  Inseln ,  namentlich  bei  senkrechtem  Sonnenstande,  oft  auf  längere 
Zeit  unterbrochen;  es  bilden  sich  dann  Calmen,  und  zugleich  fuhren 
aufsteigende  Luflströme  ebenso  heftige  R^engüsse  herbei  wie  in  der 
äquatorialen  R^enzone  über  dem  Meere.  Auch  die  durch  die  sommer- 
liche Auflockerung  der  Luft  über  den  Continenten  herbeigezogenen 
jahreszeitlichen  Seewinde,  sogenannte  Monsune,  bewirken  vielfisu^  locale 
Condensationen.  Kommt  der  Passat  auf  weiten  einfbrmigen  Länder- 
räumen fortgesetzt  zur  Geltung,  so  sind  diese  ebenso  regenlos  wie 
die  oceanischen  Passatzonen,  was  wir  an  dem  Gebiet  der  Sahara 
am  deutlichsten  erkennen.  Die  Zone  der  tropischen  Regen  findet  sich 
demnach  nur  da,  wo  innerhalb  der  jährlichen  Periode  der  Passat  zeit- 
weise wesentlich  in  seinem  normalen  Verlaufe  gestört  wird. 

Da  sich  in  der  tropischen  Regenzone  der  R^engürtel  mit  der 
Sonne  nach  Norden  und  Süden  verschiebt,  so  besitzen  im  allgemdnen 
die  G^enden  um  den  Aequator  zwei  R^enzeiten:  die  eine  im  Frühling, 
die  andere  im  Herbst;  in  der  Nähe  der  Wendekreise  aber  verschmelzen 
sich  dieselben  zu  einer  R^enperiode,  welche  dem  Hochsommer  der 
betreffenden  Gebiete  angehört  Demnach  vertritt  die  Trockenperiode 
der  Tropen  unseren  Winter,  die  R^enzeit  aber  den  Sommer^). 

In  Afrika  entwickehi  sich  die  tropischen  Regen  in  folgender  Weise. 
In  dem  südlich  vom  18.  Grad  n.  Br.  gelegenen  Sudan  fiülen  sie  in 
der  Mitte  des  Sommers,  d.  h.  wenn  die  Sonne  ihren  höchsten  Stand 

*)  Eine  Theilong  der  tropiBchen  Regenzone  in  einen  Gürtel  mit  swei- 
faclier  und  in  einen  solchen  mit  einfacher  Regenzeit  (vgl.  Mühry*B  Regen- 
karte in  Petermann'e  Mittheilni^en  1860,  S.  1)  nnterlaut  Wojeikof  ab- 
sichtlich, weil  diese  Verhältnisse  Örtlich  ausserordentlich  wechseln. 


IX.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge.  263 

erreicht.  An  der  Küste  von  Nordguinea  herrschen  Südwestwinde,  also 
Seewinde,  herbeigezogen  durch  die  stete  Auflockerung  der  Luft  über 
dem  Continente,  während  des  ganzen  Jahres  vor.  Im  Winter  sind  sie 
jedoch  schwach  und  räumlich  sehr  beschränkt,  während  sie  im  Sommer, 
ihrer  grösseren  Kraft  entsprechend,  bis  zur  Südgrenze  der  Sahara  vor- 
dringen und  dabei  unter  flirchterlichen  Gewittern  reiche  Regenmengen 
entladen.  Freetown  an  der  Sierra-Leone-Küste  hat  bei  einer  jährlichen 
Regenhöhe  von  3195  Millimetern  in  den  drei  regenreichsten  Monaten 
(Juli  bis  September)  eine  R^nhöhe  von  2012,  in  den  drei  trockenen 
(Januar  bis  März)  nur  von  39  Millimetern^). 

In  Südafrika  sind  die  Regenverhältnisse  an  der  Ost-  und  West- 
küste völlig  verschiedene.  Im  östlichen  Theile,  wo  der  Passat  an  dem 
Hochlande  emporsteigt,  wird  er  selbst  zu  einem  Regenwinde,  nament- 
lich in  der  wärmeren  Jahreszeit,  in  welcher  er  mit  Dämpfen  reicher 
gesättigt  ist.  In  der  Nähe  des  Aequators  dauert  die  Regenzeit  vielfach 
10  Monate,  au  den  grossen  centralafrikanischen  Seen  (Ukerewe-  und 
Mwutan-See)  sogar  das  ganze  Jahr  hindurch.  In  höheren  Breiten 
findet  sich  jedoch  eine  scharfe  Trennung  von  nasser  Jahreszeit  (während 
des  Südhemisphärischen  Sommers)  und  trockener  (während  der  nörd- 
lichen Declination  der  Sonne).  Die  Zone  der  tropischen  Regen  entfernt 
sich  hier  sogar  mehr  ab  30  Grade  vom  Aequator.  Viel  regenärmer 
als  die  Osthälfte  Südafrika's  ist  die  Westhälfte.  Mögen  hierzu  auch 
die  Passate  beitragen,  welche  beim  Ueberschreiten  des  Hochlandes  ihre 
Feuchtigkeit  verlieren,  so  kommen  sie  doch  sicher  nicht  in  erster  Linie 
in  Betracht;  denn  an  der  Westküste  walten  zu  allen  Jahreszeiten 
Südwest-  und  Südwinde  vor,  welche  als  relativ  kalte  Winde  (ihr  Aus- 
gangsgebiet ist  die  kalte  Benguela-Strömung)  zugleich  trocken  sind. 
Daher  breitet  sich  nördlich  vom  Ciaplande  an  der  Westküste  zwischen 
dem  18.  und  29.  Grad  s.  Br.  ein  weites  regenarmes  Wüstengebiet  aus: 
das  Gebiet  der  Kalahari.  Erst  nordwärts  vom  18.  Grad  s.  Br., 
wo  die  Benguela-Strömung  von  der  Küste  zurückzuweichen  b^innt, 
entwickeln  sich  theils  bei  CJalmen  und  aufsteigendem  Strome,  theüs 
bei  Südwestwinden  zur  Zeit  des  höchsten  Sonnenstandes  stärkere 
Regengüsse. 

Ausser  in  Afrika  begegnen  wir  auch  über  dem  Cüaraibischen  Meere 
und  dem  Busen  von  Mexico  und  an  deren  Ufern,  sowie  in  Südamerika 
Zonen  tropischer  Regen.  Auf  den  Antillen  fällt  die  R^enzeit  in  den 
Sommer  und  Herbst.  Im  Sommer  bilden  sich  bei  hohem  Sonnenstande 
locale  Calmen  mit  Gewittern;  im  Herbst  haben  die  beiden  genannten 

')  Zeitschrift  der  österreichischen  Gesellschaft  für  Meteorologie.  Bd.  V 
(1870),  S.  122. 


264  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lofthülle  der  Erde. 

Meere  ihre  höcliste  Temperatur  (vgl.  Fig.  5  za  S.  36);  die  Passate 
sind  daher  mit  reichen  Mengen  von  Wasserdämpfen  erfüllt  und  scheiden 
diese  über  den  bereits  erkaltenden  Landgebieten  unter  heftigen  Wind* 
stössen  und  AA^indwirbeln  (Hurricanes)  wieder  aus.  Natürlich  empfimgen 
zu  dieser  Zeit  die  Ostküsten  die  Hauptr^enmengen;  so  beträgt  die 
R^enhöhe  für  Belize  (Britisdb-Honduras)  im  October  allein  400  Milli- 
meter. Doch  fehlt  auf  der  Ostküste,  auf  welche  der  Passat  stets  auf- 
trifft,  der  B^en  zu  keiner  Jahreszeit,  während  auf  der  Westseite  die 
Begenzeit  auf  etwa  4  bis  5  Sonunermonate  beschränkt  ist,  auf  die- 
jenigen Monate  nämlich,  in  denen  der  Passat  durch  die  von  der  Süd- 
see her  wehenden  Südwestmonsune  verdrängt  wird.  Zu  dieser  2k>ne 
gehört  endlich  auch  die  Nordküste  von  Südamerika,  deren  B^enzeit 
etwa  vom  Juni  bis  October  dauert. 

In  der  eigentlich  südamerikanischen  Zone  der  tropischen  Begen 
herrschen  meist  die  Passate.  Von  ihnen  erhalten  die  brasilianischen 
Gebilde,  insbesondere  die  an  der  Ostküste,  einen  TheQ  ihrer  Nieder- 
schläge, welche  dafiir  in  den  tief  im  Innern  gelegenen  Ebenen,  den 
Campos,  um  so  seltener  sind.  Fast  überall  tritt  der  Begenfsdl  im  süd- 
hemisphärischen  Sommer  bei  Calmen  und  au&teigenden  Luftströmung^^i 
am  häufigsten  ein.  Das  Grebiet  nördlich  vom  12.  Grad  s.  Br.  und  die 
ganze  Ostküste  sind  am  reichsten  mit  Begen  ges^net  (Bio  de  Janeiro 
mit  1213,3  Millimetern,  davon  im  Sommer  388,8,  im  Herbst  357,3,  im 
Winter  141,6,  im  Frühling  325,6  Millimeter)  O-  Südlich  vom  12.  Grad 
ist  das  Innere  des  Landes  vorwiegend  öde,  da  hier  die  Niederschläge 
mit  der  Ekitfemung  vom  Meere  mehr  und  mehr  abnehmen.  —  Das 
regenarme  Wüstengebiet  der  Westküste,  welches  sich  etwa 
vom  3.  bis  30.  Grad,  ja  weiter  landeinwärts  sogar  bis  zimi  37.  Grad  s.  Br. 
nach  Süden  erstreckt,  sondert  sich  nach  der  früheren  Anschauung  deshalb 
von  der  Zone  tropischer  B^en  ab,  weil  der  Passat  als  ein  trockener 
Wind  jenseits  des  Andenkammes  ankommt,  so  dass  sich  also  der 
Westabfisdl  des  Gebirges  gewissennassen  im  Begenschatten  desselben 
befindet  Dabei  vergass  man  jedoch,  dass  der  Passat  eben£GÜls  ein 
trockener  W^ind  sein  würde,  wenn  die  Anden  niedriger  wären  oder 
gänzlich  fehlten.  Wojeikof  führt  die  Begenlosigkeit  der  peruanisch* 
bolivianischen  Küste  in  recht  ansprechender  Weise  auf  das  Zusammen- 
trefien  zweier  Factoren  zurück:  der  kalten  Peruanischen  Strömung  imd 
des  schmalen  Küstensaumes  zwischen  dem  Meere  und  d^i  Anden  ^). 
Die  Peruanische  Strömung  und  mit  ihr  die  benachbarten  Küsten  haben 
eine  so  niedrige  Temperatur  wie  sonst  kein  Punkt  der  tropischen  Zone. 

^)  Zeitschrift  der  österreichischen  Greselbchaft  für  Meteorologie.    Bd.  VI 
(1871X  S.  1S8. 

«)  A.  Wojeikof,  1.  c.  S.  31. 


IX.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge.  265 

Darum  ist  der  Luftdruck  über  dem  Meere  relativ  hoch,  und  der  Wind 
bläst  von  Süd  und  Südwest  her  landeinwärts  und  zwar  im  Sommer 
bei  grösserem  Temperaturunterschiede  stärker  als  im  Winter.  Doch 
bleibt  zu  jeder  Jahreszeit  die  Luftx^irculation  eine  eng  begrenzte,  weil 
die  mächtigen  Andenketten  den  Austausch  der  Luft  mit  den  Ebenen 
im  Osten  hindern.  Da  nun  der  Küstenstrich  allem  zu  schmal  ist,  um 
Luft  von  jenseits  des  kalten  Meeresraumes  herbeizuziehen,  welche  ihrer 
höheren  Temperatur  gemäss  auch  mehr  Feuchtigkeit  enthalten  tmd 
daher  Hegen  bringen  würde,  so  ist  jener  üferstreifen  stets  das  Herr- 
schaftsgebiet kalter,  relativ  trockener  Winde  und  wird  daher  nur  selten 
von  Begen  benetzt.  Das  beste  Zeugniss  ftlr  die  Richtigkeit  dieser 
Erklärung  ist  wohl  die  Thatsache,  dass  sich  von  da  an,  wo  der  kalte 
Peruanische  Strom  die  Küste  verlässt  (unter  dem  3.  Grad  s.  Br.),  auch 
die  Gegend  wie  mit  einem  Zauberschlage  verändert.  Wir  haben  dem- 
nach hier  ein  Analogon  zu  dem  Wüstengebiet  an  der  Westküste 
Afrika's  zwischen  Cap  Negro  imd  dem  Oranje.  Das  letztere  dringt 
nur  deshalb  nicht  so  tief  in  die  tropische  Zone  ein ,  weil  jene  beiden 
Factoren  hier  wesenüich  geschwächt  erschemen:  die  Benguela-Strömung 
ist  weniger  kalt,  und  statt  des  Kettengebirges  erhebt  sich  ein  weites 
Hochland  an  der  Küste,  welches  eine  umfangreichere  Luftdrculation 
ermöglicht. 

Ein  letztes  Gebiet  tropischer  Begen  liegt  in  der  Südsee  nördlich 
vom  Wendekreis  des  Steinbocks  zwischen  diesem  und  der  südhemi- 
sphärischen  regenlosen  Passatzone.  Während  des  australischen  Winters 
weht  hier  der  Passat;  die  Begen  sind  daher  selten  imd  &st  nur  auf 
die  Ostseite  der  Inseln  beschränkt.  Hingegen  sind  die  mit  Calmen 
abwechselnden  sommerUchen  Nordwestwinde  von  starken  Begengüssen 
begleitet,  da  sie,  vom  Aequator  her  kommend,  mit  Feuchtigkeit  reich 
gesättigt  sind. 

An  die  tropische  Begenzone  reiht  sich  polwärts  überall  da  die  so- 
genannte Zone  der  subtropischen  Begen  an,  wo  oceanische 
Einflüsse  vorwalten.  Im  Sommer  dominiren  hier  überall  Passate  oder 
wenigstens  polare  Winde  ^).  Diese  bewirken  natürlich  Heiterkeit  des 
Hinmiels,  und  zwar  wird  diese  innerhalb  der  jährlichen  Periode  um 
so  länger  bestehen,  je  mehr  sich  ein  Ort  dieser  Zone  dem  Aequator 
nähert,  bis  die  Grenze  der  regenlosen  Passatzone  erreicht  ist.  Im 
Winter  verursachen  feuchte  Aequatorialwinde  Begen.  Das  Auftreten 
dieser  Zone  ist  an   die  Voraussetzung  gebunden,   dass  das  Maximum 

')  Die  Polargrenzen  der  subtropischen  Regenzonen  stimmen,  wie  ein  Ver- 
gleich der  Regenkarte  mit  den  Isobarenkarten  (Fig.  7  und  8)  zeigt,  nicht  mit  den 
Folargrenzen  de?  Passate  überein.  Dies  erklärt  sich  daraus,  dass  auch  jenseits 
der  Passatgrenze  ein  Gebiet  liegt,  welches  vorwiegende  Polarwinde  aufweist. 


266  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lofthülle  der  Erde. 

des  LnftdnickeS;  wdches  die  Polargrenze  der  Passate  bezeichnet ,  im 
Sonuner  polwärts,  im  Winter  aber  nach  dem  Aequator  hin  wandort. 
Dies  geschieht  in  der  That,  wie  ein  Blick  auf  die  Isobarenkarten  lehrt, 
über  den  Ooeanen.  Auf  den  Continenten  hingegen  weicht  mitar  gHchen 
Breiten  (etwa  vom  28.  bis  40.  Grad)  die  Verdidlang  des  Lofidmckes 
wesentlich  hiervon  ab:  die  sommerliche  Erwärmung  und  Auflockerung 
der  Luft  zieht  von  den  kälteren  Meeren  feuchte,  regenbringende  Winde 
herbei,  während  die  kalte,  schwere  Continentalluft  des  Winters  als 
trockener  Polarstrom  abfliesst  Ueber  den  Continenten  finden  wir  also 
ganz  andere  meteorologische  Verhältnisse  als  über  den  Oceanen;  die 
Zone  der  subtropischen  Regen  muss  somit  als  eine  Torwi^end  oeeanische 
betrachtet  werden. 

In  dem  nordatlantischen  Ocean  li^  dieselbe  etwa  zwisdien 
dem  26.  und  42.  Orad  n.  Br.  Hier  hat  z.  B.  St  Miguel  auf  den 
Azoren  (unter  dem  38.  Grad  n.  Br.)  bei  dner  jährlichen  Bcgenhöhe  yon 
797,5  Milhmetem  im  Juli  nur  19,1  Millimeter  B^en,  im  Nov^Dober 
aber  107,7  und  im  December  106,4  Millimeter^).  Weniger  rein  ent- 
wickelt, aber  dennodi  ganz  unverkennbar  Yorhanden  ist  diese  Zone 
an  den  Gtestaden  des  Mittelmeeres;  ja  man  darf  sie  sogar  bis  an  die 
Ufer  des  Easpischen  Meeres  Terlängem.  An  kdner  anderen  Stdle 
der  Erde  dringt  die  subtropische  Zone  so  tief  in  das  Innere  eines 
Gontinentes  ein,  und  zugleich  gelangt  sie  hier  am  weitesten  polwärte. 
Wojeikof)  giebt  als  Ursache  hiervon  die  g^enseitigen  Beziehungen 
des  Mittelmeeres  zur  Sahara  an.  Im  Winter  herrscht  nämlich  der 
höchste  Luftdruck  im  Atlantischen  Ocean  bei  den  Canarien  und  (wenig- 
stens bis  Tripolis)  in  den  nördlichen  Theilen  der  Sahara,  während 
er  über  dem  Mittdmeere  etwas  niedriger  ist;  dah^  walten  im  west- 
hdien  Theile  desselben  südliche  und  westliche  Winde  vor,  welche  von 
reichen  Niederschlägen  begleitet  sind.  Der  östliche  Theil  hat  zwar 
vorwiegend  Nordostwinde;  doch  wechsdn  dieselben  öfter  mit  anderen 
Winden.  Ueberhaupt  nnd  die  Unterschiede  des  Luftdrucks  im  Gebiete 
des  Mittelmeeres  so  manigfach  und  imbeständig,  dass  sich  auch  die 
Winde  häufig  änderiL 

Im  Sommer  wird  die  Sahara  in  hohem  Grade  erhitzt;  nach  diesem 
Auflockerungsgebiet  strömen  daher  namentlich  von  dem  westlichen 
Theile  des  Mittelmeeres,  wo  der  Luftdruck  relativ  hoch  ist,  ziemlich 
bdarriich  polare  Winde:  die  Etesien  der  Alten.  Nun  sind  zwar  bo 
der  reichen  horizontalen  und  verticalen  Gliederung  der  Mittdmeerländer 
Sonmierrq;en  nicht  ganz  ausgeschlossen;  doch  ereignen  sie  sich  selten 

')  Zeitschrift  der  östeTTeichischen  Gesellschaft  für  Meteorologie.  Bd.  VI 
(1871),  S.  411.  • 

")  L  c  S.  25  f. 


IX.    Die  WameHimpfe  in  der  Luft.    Niedenchlige.  267 

und  and  nnr  von  kimer  Danar.  So  ist  die  Regenmenge  des  Jnli  im 
Mittd  in  Liflsabon  27,5-  und  in  Palenno  14,8mal  so  kldn  als  im  December. 
Im  Juli  &lh  in  Neapd  llmal  so  wenig  Regen  als  im  November  und  in 
Rom  lOmal  so  wenig  als  im  October.  Innerfaalb  des  2^traumes  von 
1806  bis  1853  fiind  Dove  in  dem  Beobachtongsjoumale  von  Palermo 
nicht  wffliiger  als  24  Jahre,  in  denen  auch  nicht  ein  Tropfen  Regen 
während  des  Juli  gefiiüen  war^).  Durchschnittlich  hat  Nizza  6,  Rom  15, 
Florenz  17,  Mailand  18,  Venedig  19  Regentage  im  Sommer. 

Während  die  subtropische  Zone  im  Rhonethale  und  am  Nordende 
des  Adriatischen  Meeres  nahezu  bis  zum  45.  Brdtengrad  nach  Norden 
reicht,  ersehet  sie  auf  der  türkisdi-griechischen  Halbinsel  schon  bei 
Constantinopel  unter  dem  41.  Breitengrad  nicht  mehr  deutlich  aus- 
geprägt Doch  beg^nen  wir  ihr  wieder  in  Kleinasien,  insbesondere 
am  Südrande,  femer  in  Syrien  und  Palästina.  In  dem  letzteren  Lande 
sind  die  Monate  Juni  bis  September  bei  vorherrschendem  Nordwest 
regenlos.  Offenbar  wirkt  hier  nicht  mehr  die  Sahara,  sondern  das 
heisse  Innere  von  Arabien  bestimmend  auf  die  Windrichtung.  Aehn- 
liches  gilt  fiir  Bagdad,  wo  jeder  der  Wintermonate  wenigstens  gegen 
5  Regentage  aufweist,  während  Juli  und  August  gar  keinen  Regen 
bringen.  Femer  darf  auch  zu  dieser  Zone  gerechnet  werden  die  Gegend 
von  Baku  am  Easpischen  Meere,  wo  die  Regenmenge  des  Herbstes 
und  Winters  je  33  Procente,  des  Frühlings  aber  24  und  des  Sommers 
nur  10  Procente  des  gesammten  jährlichen  Niederschlags  beträgt,  sowie 
die  Gebirgsregion  am  oberen  Amu  und  Syr  mit  ihren  regelmässigen 
Winter-  und  Frühlingsregen.  In  Nordafrika  gehören  die  Nordküste 
von  Aegypten  und  die  Berberstaaten  zur  subtropischen  Regenzone. 
Hier  ist  der  Hochsommer  (höchstens  die  Gebirge  der  Berberei  aus- 
genommen) ganz  regenlos,  und  die  Wintermonate  (in  Alezandrien 
insbesondere  December  und  Januar  mit  ^1^  des  jährlichen  Gesammt- 
regenfalls)  sind  die  eigentlichen  Regenmonate. 

Die  Zone  der  subtropischen  Regen  im  südatlantischen  Ocean  um- 
fasst  etwa  den  Meeresraum  zwischen  dem  24.  und  41.  Grad  s.  Br.,  sowie 
die  West-  imd  Südküste  (letztere  nur  in  ihrem  westlichen  Theile)  des 
Caplandes.  Während  des  südhemisphärischen  Sommers  erzeugen  die 
vorwiegenden  polaren  Winde  (vgl.  die  Sparte  der  Januarisobaren,  Fig.  7) 
Trockenheit;  dag^en  fllhren  die  relativ  warmen  winterlichen  Nord- 
westwinde (Fig.  8),  deren  Entstehung  durch  die  Verschiebung  des 
barometrischen  Maximums  nach  Norden  bedingt  ist,  reiche  Nieder- 
schläge herbei.    In  Capstadt  ist  die  Regenhöhe  fiir  December  13,  ftlr 

^)PeBchel-Krüinmel,  Europäische  Staatenkunde.  Leipzig  1880. 
BcL  I,  S.  53  f. 


268  Dritter  TheiL    Die  Wasser  -  und  Lufthülle  der  Erde. 

den  Juni  aber  115  Millimeter;  an  neun  Stationen  der  West-  und  Siid- 
kQste  des  Gaplandes  fsdlen  im  Winter  50,  im  Herbst  22,  im  Frühling  21. 
im  Sommer  aber  nur  7  Procente  der  jährlichen  Regenmenge. 

Da  sich  Afrika  nur  bis  zum  35.  Breitengrad  nach  Süden  erstreckt, 
so  schliesst  sich  die  subtropische  Zone  des  Indischen  Oceans  eng  an 
die  des  südatlantischen  Oceans  an;  auch  ist  sie  üast  genau  durch  die- 
selben Breitenkreise  b^renzt  wie  diese.  Gleich  der  nord-  und  sud- 
atlantischen  Zone  umfiasst  sie  an  ihrem  Ostende  noch  einige  üferland- 
Schäften  des  anstossenden  Continentes,  also  West-  und  Südaustraliea*s. 
Die  subtro[nsche  Begenperiode ,  welche  auch  hier  durch  den  Wechsel 
Yon  südlichen  (Polar-)  AVinden  im  Sommer  und  nördUchen  (Aequatorial-  • 
Winden  im  Winter  hervorgerufen  wird,  tritt  im  Westen  entschiedener 
hervor  als  im  Osten,  wie  dies  auch  folgende  Zahlen  zeigen^): 


1     Jährliche     , 

Regenmenge 

inMilÜmetem. ' 

Procente  der  Jahresmenge: 

1 

Wiator.      i     Fr&Uiiig.          Somner. 

Herbst. 

Adelaide  .    .    . 
Perth    .    .    .    . 

544 

839 

31               32               11 
20                3 

26 
19 

Die  subtropische  Zone  des  nordpacifischen  Oceans  bildet  einen 
Streifen  zwischen  dem  nördlichen  Wendekreis  und  dem  40.  Grad 
n.  Br.,  der  von  dem  asiatischai  Monsungebiete  bis  Galifomien  reicht. 
Von  den  wichtigeren  Insdschwärmen  der  Südsee  gehört  ihr  demnach 
nur  die  nordwestliche  Hälfte  der  Sandwichgruppe  an;  doch  bereift 
ffle  die  Westküste  Califomien's  und  Oregon's  bis  zum  44.  Grad  n.  Br. 
in  sich.  In  San  Francisco  vertheüen  sich  die  Niederschläge  der  Atl 
dass  auf  d^i  W^inter  50,  auf  den  Frühling  38,  auf  den  Sonmier  O 
und  auf  den  Herbst  12  Procente  kommen. 

Endlich  ist  noch  ab  letztes  Gebiet  der  subtropischen  Begen  das 
des  südpadfischen  Oceans  zu  nennen,  welches  in  geringer  Entfernung 
von  den  ostanstralischen  Küsten  b^;innt  und,  die  Nordspitze  von  Nea> 
Seeland  berührend,  etwa  zwischen  dem  25.  und  38.  Grad  s.  Br.  den 
ganzen  Ocean  umspannt;  ausserdem  zählt  hierzu  noch  der  schmale 
chilenische  Westrand  zwischen  dem  30.  und  40.  ParaDelkreise,  wdcher 
sich  vor  dem  wdter  nordwärts  gel^enen  r^enarmen  Gebiet  hinsieht- 
lieh  seiner  Vegetation  in  vortheilhaftester  Weise  auszeichnet  Auch 
hier  ist  nach  dem  Aequator  hin  der  subtropische  Charakter  d^idicher 
ausgeprägt  als  an  dem  polaren  Bande  der  Zone^  wie  die  folgenden 
Zahlen  bestätigen. 

»)  Wojeikof,  1.  c.  S.  35. 


IX.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge. 


269 


Jährliche 
Regenmenge 
in  Millimetern. 

Procente  der  Jahresmenge: 

Winter. 

FTlibling.          Sommer. 

Herbst. 

r 

Valdivia,  40«  s.  Br. 
Concepcion,37**8.Br. , 
Santiago,  33°  s.  Br. 

2768 

2866 

426 

46 
74 
65 

15 

7 

17 

9 
8 
2 

80 
16 
16 

Ein  Gebiet,  welches  nicht  allein  tropische  und  subtropische  Räume 
umfasst,  sondern  bis  zu  höheren  Breiten  sich  erstreckt  (auf  der  nörd- 
lichen Halbkugel  bis  zum  60.  Grad),  ist  das  grosse  Monsungebiet 
im  Südosten  der  Alten  Welt.  Dasselbe  zer&Ut  in  einen  nordhemisphä- 
rischen  und  südhemisphärischen  Theil,  welche  wohl  auch  die  Namen 
asiatisches  und  australisches  Monsungebiet  fiihren. 

Das  asiatische  Monsungebiet  stellt  ein  mächtiges  recht- 
winkliges Dreieck  dar,  als  dessen  beide  Katheten  der  2.  Grad  n.  Br. 
und  etwa  der  147.  Grad  ö.  L.  v.  Gr.  betrachtet  werden  können;  die 
erstere  endet  ungefähr  unter  dem  Meridian  der  Ostspitze  Afiika's,  die 
letztere  unter  dem  60.  Grad  n.  Br.  Demnach  umschliesst  die  asiatische 
Monsunzone  nicht  bloss  den  nordhemisphärischen  Theil  des  Indischen 
Oceans,  Vorder-  und  Hinterindien,  das  südliche  China  und  die  Meeres- 
räume ostwärts  davon,  wie  früher  angenommen  wurde,  sondern  auch 
das  nördliche  China,  Japan  und  die  Amurländer.  Allüberall  finden 
wir  hier  kalte,  trockene  Continentwinde  mit  heiterem  Himmel  und 
geringen  Niederschlägen  während  des  Winters,  hingegen  feuchte  See- 
winde mit  reichlichem  Regen  während  des  Sommers  ^).  Dass  südUch 
vom  Wendekreis  der  winterliche  Nordost  mit  einem  sommerUchen 
Südwest,  nördlich  von  jener  Linie  aber  der  winterliche  Nordwest  mit 
einem  sommerHchen  Südost  wechselt,  kann  die  Einheit  dieser  Regen- 
zone nicht  stören;  denn  beiden  Windsystemen  liegt  dieselbe  Ursache 
zu  Grunde:  die  winterUche  Erkaltung  und  die  sonmierliche  Erhitzung 
des  asiatischen  Continentes,  und  ebenso  ist  der  Gang  der  Feuchtigkeits- 
curve  für  beide  völlig  derselbe.  In  Indien  setzen  übrigens  die  Sonuner- 
regen  zu  verschiedenen  Zeiten  ein:  in  Ceylon  und  bei  Cap  Comorin 
schon  im  April,  in  Bombay  erst  An£uig  Juni.  Die  stärksten  G^witter- 
r^en  ereignen  sich  im  südlichen  Indien  im  Mai  und  Juni,  zu  Bombay 
im  Juni  und  Juli,  in  Caicutta  und  Umg^end  im  Juli  und  August 
Weiter  im  Süden  trifft  man  ein  zweites  Maximum  der  Regen  im 
October.  Ganz  ähnlichen  Erscheinungen  begegnet  man  an  der  Ost- 
seite Asien's;   denn  während  in  den  tropischen  Gebieten  zwei  R^en- 


1)  Die  Erklärung  der  Monsune  wurde  S.  212  ff.  bereits  gegeben. 


270  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  and  Lufthülle  der  Erde. 

Tniixima  am  Anfang  und  finde  des  Sommers  klar  erkannt  werden  (so 
zu  Bangkok,  Macao  etc.),  vereinigen  sich  diese  beiden  wdter  im 
Norden  (etwa  zwischen  dem  35.  und  50.  Grad  n.  Br.)  zn  einem 
einzigen  im  Jnli  (Peking,  Hakodadi)  oder  August  (Nertschinsk)  ^).  Diese 
Thatsache  erklärt  sich  ein&ch  dadurch,  dass  die  sommerUche  AilT- 
lockerung  mit  dem  Stande  der  Sonne  eine  Verschiebung  eilddet  Jene 
Auflockerung  aber  ist  im  Hochsommer  in  der  Nähe  des  40.  Parallel- 
kreises am  grössten;  ^eichzeitig  findet  sich  über  dem  Stillen  Meere 
zwischen  dem  30.  und  40.  Grad  n.  Br.  eine  G^end  höchsten  Luft- 
druckes. Daher  schaaren  sich  hier  die  Isobaren  dicht  zusammen 
( s.  Fig.  8) ;  hier  entwickelt  also  zu  dieser  Zeit  der  Monsun  seine  Haupt- 
kraft  und  ist  in  Folge  dessen  auch  von  ansehnlicheren  KiederschlSgen 
begleitet.  Am  An&ng  und  E2nde  des  Sommers  ist  die  Auflockerungsstelle 
über  dem  Continente,  sowie  die  Gegend  relativ  hohen  Luftdruckes  auf 
dem  Meere  und  mit  beiden  das  Gebiet  krä^ger  Monsunregen  viel  weiter 
nach  Süden  gerückt  Am  deutlidisten  illustriren  uns  diese  Gegonsatze 
die  Regenmengen  von  Peking  und  Bangkok  in  den  fünf  Monaten  von 
Mai  bis  September: 

Mid.    Juni.      JnlL     August    September. 
Peking,  39 «  n.  Br.  .    •      36      82      205      154  83  Millimeter. 

Bangkok,  13  <>  n.  Br.    .    235    204      178      180  313  Millimeter. 

Wie  in  Ostasien  so  ist  auch  auf  den  beiden  indischen  Halbinseln 
das  Wandern  des  Auflockemngsgebietes  die  Ursache  der  ungleichen 
EntfisJtung  der  Regenzeiten  unter  verschiedenen  Breiten.  Zi^eich 
stimmen  beide  Räume  darin  über^,  dass  die  meisten  Ostküsten  (z.  B. 
die  Coromandelküste  Vorderindien's,  die  Ostküsten  von  Ceylon,  von 
Anam  und  von  den  Philippinen)  ihre  R^;en  hauptsädilich  im  Spät- 
herbst beim  Anbruche  des  Nordostmonsuns  emp&ngen;  die  Südwest- 
winde können  ihnen  ja  nur  wenig  R^en  bringen,  weil  sie  vor  der 
Ankunft  an  jenen  Küsten  ihren  W^  üb^  hohe  Gebiige  genommen 
haben,  auf  denen  sie  den  Haupttheil  der  von  ihnen  fortbew^ten 
Wasserdämpfe  verlieren.  Uebrigens  sind  im  ganzen  Monsungebiete 
die  Winter  nicht  völlig  regenlos,  sondern  nur  sehr  regenarm.  So  ist 
in  Hakodadi  im  März  (Minimum)  die  R^enmenge  4mal,  in  Peking 
im  Januar  57mal  so  kldn  als  im  Juli  (Maximum),  in  I^Iacao  im  Januar 
20mal  so  klein  als  im  Mai,  in  Bangkok  im  Januar  65mal  so  klein 
als  im  September.  Diese  2^hlenwerthe  entsprechen  ganz  denen  der 
tropischen  Regenzone  (in  Deutschland  veiiialten  sich  die  äussersten 
Hxtreme  der  monatlichen  Regenmengen  wie  1 : 3).  Relativ  regenreich 
sind  die  Winter  in  Japan  und  am  unteren  Amur,  weil  hier  die  Winde 

»)  Wojeikof,  L  c.  a  22. 


IX.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge.  271 

in  dieser  Jahreszeit  bisweilen  auch  vom  Meere ,  nämlich  von  Ost  und 
Südost  her  wehen,  wobei  fast  stets  Regen&ll  eintritt,  da  sie  von  einer 
warmen  Strömung  nach  relativ  kalten  Bäumen  vordringen. 

Wahrscheinlich  gehört  der  indischen  Monsunzone  das  regenreichste 
Gebiet  der  Erde  an;  denn  die  zu  Tscharapundschi  an  den  Ehassia- 
Bergen  (Himalaya)  beobachtete  Regenhöhe  von  c.  15  000  Millimetern 
im  Jahre  steht  bis  jetzt  unübertroffen  da.  Die  Provinz  AssÄm,  in 
welcher  sich  die  Ehassia- Berge  erheben,  ist  darum  überreich  mit 
Wasser  gesegnet.  So  berichtet  Oscar  Flex^)  über  Assäm:  „Die 
Anzahl  der  Flüsse  übersteigt  wohl  die  jedes  andern  Landes  von 
gleicher  Grösse;  denn  von  den  bedeutendsten,  imter  welchen  der 
Brahmaputr  die  erste  SteUe  einnimmt,  hat  man  allein  61  gezählt, 
welche  alle  durch  ein  unentwirrbares  Netz  von  Nebenflüssen  mit 
einander  verbunden  sind.  Das  Land  ist  daher  im  höchsten  Grade 
wasserreich  .  .  .  Die  Begenzeit  dauert  hier  länger  als  in  anderen 
Theilen  Indien's:  sie  beginnt  im  März  und  endet  Mitte  November,  so 
dass  die  niederen,  den  Flüssen  zunächst  gelegenen  Strecken  oft  mehr 
als  acht  Monate  unter  Wasser  stehen."  —  Auch  in  den  Wesighats  . 
sind  die  Begenhöhen  sehr  bedeutend  (4500  bis  6500  Millimeter); 
doch  sinken  dieselben  im  Innern  hinter  dem  Gebirgswall  rasch  bis  zu 
800  Millimeter  herab. 

Das  australische  Monsungebiet  begleitet,  im  Westen  den 
Baum  zwischen  dem  2.  Grad  n.  Br.  und  10.  Grad  s.  Br.  erfüllend, 
das  asiatische  im  Süden;  gegen  Osten  nur  greift  es,  und  zwar  mit 
wesenthch  vermehrter  Breite ,  weiter  nach  Osten  aus  als  dieses.  Es 
um&sst  ausser  dem  südhemisphärischen  Theil  der  Sunda-Inseln  Neu- 
Guinea  und  die  Inselreihe  südostwärts  bis  Neu-Caledonien,  sowie  die 
Nordostseite  des  australischen  Continents.  In  dieser  Zone  bewirkt  der 
während  des  südhemisphärischen  Winters  vorwaltende  Südostwind 
Heiterkeit  des  Himmels  und  Begenlosigkeit;  hingegen  ist  der  sommer- 
liche Nordwest  von  trübem  und  regnerischem  Wetter  begleitet  Natür- 
lich weisen  auch  in  dieser  so  viel&ch  gegliederten  Inselwelt  die  Ost- 
küsten oft  gerade  die  entgegengesetzen  Verhältnisse  auf,  zumal  beide 
Luftströme  über  warme  Meeresgebiete  dahinziehen;  ebenso  sind  Calmen 
und  aufsteigende  Ströme  keineswegs  ausgeschlossen.  Doch  finden  wir 
nirgends  vorwiegende  Zenithah*egen.  So  fidlen  in  Batavia  in  den  sechs 
nassen  Monaten.  October  bis  März  76,  in  den  sechs  trockenen  nur  24 
Procent  Begen,  wobei  April  und  November  (die  Sonne  passirt  im  März 
und  October  das  Zenith)  keineswegs  durch  reiche  Niederschläge  aus- 
gezeicBnet  sind.     Auch  erfolgen  die  meisten  B^engüsse  während  der 

^)  Pflanzerleben  in  Indien.    Berlin  1873.    S.  2. 


272  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Bc^nzeit  des  Nachts  und  des  Moigens;  sie  werden  also  nicht  dnrck 
aufsteigende  Lofiströme  erzeugt,  da  sie  sich  sonst  am  häufigsten  Nach- 
mittags ereignen  würden.  Am  schär&ten  tritt  der  Monsun-Charakter 
an  der  Nordspitze  Australien's  hei  Cap  York  (unter  dem  11.  Grad  s. 
Br.)  hervor,  wo  Decemher,  Januar,  Februar  und  März  dne  B^enhöhe 
von  322,  resp.  504,  409  und  536  Millimetem  haben,  während  sie  im 
September  und  October  auf  4  und  3  MiDimeter  herabsinkt  ^ ).  Bedeutungs- 
voll ist  es,  dass  diesem  Erdraume  eine  eigentliche  Calmenzone  fehlt 

Nordwestlich  von  dem  asiatischen  Monsungebiete  breitet  sich  eine 
weite  Wüstenregion  aus;  sie  ist  unter  den  Wüsten  der  gemässigten 
Zone,  zu  denen  wir  nun  übei^hen,  bei  weitem  die  um£uigreichste 
und  wichtigste.  Ausser  dem  nördlichen  Arabien,  Persien,  Tibet  und 
der  Mongolei  rechnet  Wojeikof  die  Landschaften  um  den  Balchasch-, 
Aral-  und  Easpi-See  bis  zum  52.  Orad  n.  Br.  hierher  (bei  dem  letzt- 
genannten See  die  Südwestufer  ausgenommen).  Wie  haben  sich  nun' 
jene  weitausgedehnten  Wüsten  Asiens  gebildet?  Die  Hanptursache 
sind  ohne  Zweifel  die  hier  vorwaltenden  Nordwinde,  die,  weil  sie  sich 
•  mehr  und  mehr  von  ihrem  Sättigungspunkte  entfernen,  niemals  B^^i- 
winde  sein  können.  Ferner  sind  alle  diese  Plateaux  von  den  wärmeren 
Meinen  durch  hohe  Gebirgsketten  getrennt;  diese  aber  condensiren 
die  Feuchtigkeit  der  Winde,  bevor  dieselben  jene  GrebiigswäUe  über- 
schritten haben.  Tibet  würde  sicher  durch  den  sommerlichen  Südwest- 
monsun reiche  Niederschläge  empfiuigen,  wenn  nicht  der  Biesendamm 
des  Himalaja  ein  so  gewaltiger  Condensator  wäre.  Da  die  südlichen 
Bandgebiige  des  centralasiatischen  Hochlandes  nach  Ost  hin  niedriger 
werden,  so  entbehrt  der  östliche  Theil  dieses  Wüstengebietes  der 
Sommerr^en  nicht  gänzlich.  Für  die  aialo  -  kaspische  Niederung 
kommen  natürlich  die  südasiatischen  Gebirgsmassive  nicht  in  Betracht; 
hier  ist  die  Begenarmuth  einfiich  eine  Folge  der  vorherrschenden  Nord- 
winde.   Uebrigens  ist  keine  G^egend  Asien's  vöUig  ohne  Begen. 

Ebenso  wie  in  Asien  schliesst  sich  in  Australien  unmittelbar  an 
die  Monsunzone  ein  regenarmes  Wüstengebiet  an.  Auch  hier  blähen 
die  Begen  keineswegs  völlig  aus;  aber  sie  sind  selten  und  fidlen  sdr 
unregefanäaBig.  Der  landschaftliche  Charakter  dieses  EMranmes  ist 
eher  der  aralo-kaspischen  Steppe  als  der  Sahara  zu  verg^dchen. 
Während  des  südhemisphärischen  Winters  befindet  sich  über  Australien 
ein  Maximum  des  Luftdruckes;  daher  bläst  der  Wind  fiist  über  allen 
Theilen  des  Continents  seewärts  und  ist  somit  meist  ohne  Begen.  Hin- 
gegen zieht  die  sommerliche  Auflockerung  Seewinde  in's  Land,  die 
jedoch  nur  an  der  Nord-  und  Ostseite  von  stärkerem  Begen  breitet 

»)  Wojeikof,  L  c.  S.  24. 


IX.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft    Niederschläge.  273 

sind,  weil  sie  hier  vom  Aequator  her  wehen  und  somit  warm  und 
relativ  feucht  sind.  Im  Süden  und  Westen  hingegen,  sowie  im  Innern 
stammen  sie  aus  höheren  Breiten  und  sind  daher  trocken. 

Den  Plateauwüsten  von  Asien  entspricht  &st  ganz  genau  das 
regenarme  Wüstengebiet  Nordamerika's.  Während  des  Winters  besteht 
in  Folge  starker  Erkaltung  des  nordamerikanischen  Continents  ein 
barometrisches  Maximum  über  demselben;  Continentwinde  dominiren 
darunn  in  dem  nordamerikanischen  Windcirculationssjstem,  wobei  Begen 
natürUch  relativ  selten  sind.  Im  Sommer  dringen  nun  zwar  Süd-  und 
Südwestwinde  in  das  Innere  des  Festlandes  ein;  aber  die  reichen 
Wasserdämpfe,  welche  sie  mit  sich  fuhren,  spenden  sie  den  oceanischen 
Abhängen  der  hohen  Gebirge,  von  denen  jene  Hochländer  umsäumt 
werden.  Diese  selbst,  gewissermassen  im  Begenschatten  jener  Gebirge 
gelegen,  sind  fast  regenlos.  So  hat  Fort  Yuma,  obwohl  noch  relativ 
begünstigt,  nur  eine  jährliche  Begenhöhe  von  75  Millimetern.  Die 
heissen  Thäler  des  Colorado  und  Gila  sind,  wie  die  Nordamerikaner 
sagen,  ein  Stück  Arabien. 

Der  letzte  grosse  Begengürtel,  welcher  sowohl  auf  der  nördUchen 
wie  auf  der  südlichen  Halbkugel  den  ganzen  Baum  vom  Pol  bis  etwa 
zum  40.'  Parallelkreise  einnimmt,  ist  nach  Wojeikof  die  Zone  mit 
Niederschlügen  zu  allen  Jahreszeiten.  Wojeikof  scheidet 
und  wohl  mit  Becht  Mühry's  Cürcumpolargürtel  mit  regenarmen 
Wintern^)  aus  der  Beihe  seiner  Begenzonen  aus  und  zeigt,  dass 
Mühry  hierbei  Erscheinungen  des  Continentalklimas  mit  Gewalt  auf 
dieselben  Breiten  des  Seeklimas  angewandt  hat^).  Jener  Cürcum- 
polargürtel Mühry's  entstand  auf  Grund  der  irrigen  Anschauung, 
dass  wie  im  mittleren  Europa,  so  auch  anderwärts  bei  einer  Temperatur 
von  — 12®  bis  — 15®  C.  keine  Schneefalle  vorkommen  könnten. 
Indess  erfolgen  solche  in  Moskau  selbst  bei  —  22  ®  C.  und  darunter; 
ja  in  Jakutsk  ereigneten  sich  dieselben  in  den  Jahren  1845  bis  1854 
an  mehr  als  20  Tagen  sogar  bei  einer  Temperatur  von  unter  —  37  ®  C, 
(einmal  bei  —  46  ®  C).  Dass  es  im  hohen  Norden  bei  sehr  niedrigen 
Temperaturen  nur  selten  schneit,  ist  einfach  darin  begründet,  dass 
dieselben  bei  heiterem  Himmel  und  starker  Wärmeausstrahlung  ein- 
treten. Die  Thatsache,  dass  in  Grönland  nördlich  vom  70.  Breiten- 
grade im  Winter  oft  mächtige  Schneemassen  fallen,  beweist  deutlich, 
dass  die  Gebiete  mit  r^enarmen  Wintern  örtlich  zu  beschränken  sind 
und  zwar,  wie  uns  Wojeikof  belehrt,  auf  die  Gegenden  des  amerika- 
nischen  und   asiatischen   Kältepols,    wo   mit  dem   hohen  winterlichen 

^)  Vgl.  Peterinann*B  Mittheilungen  1860,  S.  1. 
«)  Wojeikof,  1.  c.  S.  12. 

Peschel-Leipoldt,  Pkys.  Erdkunde.     II.  18 


274 


Dritter  Thea    Die  Wasser-  und  LafthüUe  der  Erde. 


Lufidrack  sich  vorwiegend  continentale  Winde  Terbinden.  In  hohem 
Grrade  tragen  den  Charakter  winterlicher  Schneearmuth  die  C mgebang 
▼on  Jakutsk  und  Transbaikalien  an  sich,  weit  weniger  die  Küsten  des 
nördlichen  Eismeeres,  sowie  der  Archipel  im  Norden  des  nordamerika- 
nischen Continents. 

Die  Zone  mit  Niederschlägen  zu  aOen  Jahreszeiten  breitet  sich 
gleichmässig  über  Ocean  und  Festland  aus.  Luftdruck  und  Temperatur 
wechseln  ebenso  unregdmässig  wie  die  Winde ;  es  fehlen  daher  warme 
Aequatorialströme  zu  keiner  Jahreszeit,  und  dementsprechend  entbehrt 
auch  keine  derselben  den  B^en. 

Von  den  Festlandsgebieten  gehört  zu  dieser  Zone  zunächst  ganz 
Mittel-  und  Nordeuropa;  denn  kein  Tag  des  Jahres  ist  hier  völlig  be- 
wahrt vor  Niederschlägen,  und  längere  Perioden  der  Trockenheit  sind 
äusserst  selten.  Freilich  ist  dabei  der  jährliche  Gang  der  Regencurve 
örtlieh  sehr  verschieden.  An  den  Westküsten  und  auf  den  wesdich 
voi^elagerten  Inseln  findet  sich  das  Maximum  der  B^en  im  Herbst, 
an  der  Grenze  der  subtropischen  Zone  im  Frühling  und  Herbst  in 
Ifittel-  und  Osteuropa  aber  im  Sommer;  doch  sind  auch  in  den  beiden 
erstgenannten   Gebieten   die   Sommerregen   nicht    unbeträchtlich,     fjn 


Fig.  21. 


Oang    der  Kiedersehlif  e    in    d«r  jüirlidieo  Periode,  aa^gedritekt 
dnrch  die  Procentaathefl*  der  Monate  an  der  mittleren  Regenhöhe  des  Ja]ire«*K 

*)  Ans  Peachel-Krflmmel,  Enropftiache  SUatenknnde.     Leipaig  1880.     Bd.  I.  S.  SS. 


übersichtliches  Bild   über   die  G^ensätze   im    Verlauf  der  jährlichen 
Regencurve  innerhalb  unseres  Erdtheils  gewährt  uns  Fig.  21. 


IX.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge.  275 

Bei  Erklärung  der  Herbstmaxima  ist  vor  allem  darauf  zu  achten, 
dass  im  Winter  —  und  auch  schon  im  Anfang  desselben  —  die 
Isothermen  in  der  Richtung  von  Nordnordwest  nach  Südsüdost  durch 
Europa  ziehen.  Die  Westwinde  gelangen  also  rasch  in  kältere  Regionen, 
in  denen  ihre  Wasserdämpfe  condensirt  werden,  und  kommen  daher 
mit  relativ  geringer  Feuchtigkeit  beladen  in  das  Innere.  Nimmt  auch 
die  Zahl  der  Regentage  bis  an  den  Ural  hin  nicht  wesentlich  ab,  so 
bleibt  doch  die  Menge  des  im  Innern  fallenden  Regens  weit  hinter  der 
Regenmenge  an  den  Westufem  des  Continents  zurück.  Gerade  am 
Beginn  des  Winters  aber  sind  die  Regen  hier  deshalb  am  stärksten, 
weil  zu  dieser  Zeit  das  Meer  noch  eine  vergleichsweise  hohe  Wärme 
besitzt;  sein  Wärmemaximum  tritt  ja  erst  im  September  ein. 

Im  Sommer  durchschreiten  die  Isothermen  nahezu  in  der  Richtung 
der  Parallelkreise  den  Continent,  imd  da  das  Meer  relativ  kühl  ist,  so 
empfangen  die  Westküsten  weit  geringere  Niederschläge;  vielmehr 
werden  reiche  Mengen  von  Wasserdämpfen  durch  die  Westwinde  bis 
tief  in's  Innere  der  Continente  gefiihrt.  Daher  ist  die  sommerliche 
Regenmenge  von  den  Ostküsten  England's  bis  an  den  Ural,  ja  selbst 
bis  jenseits  desselben  nur  geringen  iSchwankungen  unterworfen.  Die 
Gleichmässigkeit  der  sommerlichen  Erwärmung  hat  zur  Folge,  dass 
häufig  locale  Einflüsse  bei  Entwicklung  von  Regen  in  erster  Linie 
betheiligt  sind  und  dass  in  ähnlicher  Weise  wie  in  den  Tropen,  natür- 
Uch  mit  weit  geringerer  Kraft,  mit  Calmen  verbundene  aufsteigende 
Ströme  sich  entfalten,  welche  von  Gewittern  und  reichen  Regenströmen 
um  so  öfter  begleitet  werden,  als  im  Sommer  bei  der  hohen  Temperatur 
der  Luft  ihr  Feuchtigkeitsgehalt  meist  ziemlich  gross  ist.  Die  Wahrheit 
dieser  Behauptung  hat  Wojeikof^)  dadurch  erhärtet,  dass  vom  Mai 
bis  October  zu  Petersburg,  am  Ural  und  in  Lugan  (Südrussland)  von 
8  Uhr  Morgens  bis  8  Uhr  Abends  fast  durchweg  weit  mehr  Regen 
iällt  als  in  den  übrigen  Tagesstunden.  Für  Petersburg  beträgt  diese 
Regenmenge  im  August  66,  zu  Jekaterinburg  im  Juni  73  und  zu 
Lugan  im  gleichen  Monat  75  Procent  der  gesanunten  Regenmenge. 

Da  nach  Osten  hin  die  W^interregen  immermehr  an  Bedeutung 
verlieren,  während  die  Sommerregen  sich  nicht  wesentlich  vermindern, 
so  erlangen  die  letzteren  im  Innern  des  Continents  ein  relatives  Ueber- 
gewicht.  Die  Herbstregen  walten  noch  vor  in  ganz  Grossbritannien, 
an  dem  Westrande  Skandinavien's ,  in  den  Küstengegenden  HoUand's 
und  Belgien's,  im  westlichen  Frankreich,  sowie  im  Rhönethale  und  in 
der  westlichen  Schweiz.  Im  inneren  und  östlichen  Frankreich  kommen 
schon  die  Sonmierregen  mehr  zur  Geltung;  in  Deutschland  und  ganz 

')  1.  c.  S.   14. 

18* 


276  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Oesterreich  nördlich  von  den  Alpen,  sowie  nördlich  und  östlich  von 
den  Karpathen  dominiren  sie  mit  30  bis  -10  Prooent  der  gesammten 
jähriiehen  Regenmenge.  Die  Regenarmuth  der  Pussten  Ungam's 
(Maximum  im  Mai)  ist  der  ümkrftnznng  dieses  Landes  von  Ge- 
birgen zoznschreiben,  welche  die  Winde  nicht  passiren  können^ 
ohne  den  grössten  Theil  ihrer  Fenchtigkeit  dnzubüssen.  Der  geringe 
B^en£ill  (jährlich  kaum  400  Millimeter)  in  Verbindung  mit  der  grossen 
Sommerhitze  prägt  diesem  Gebiete  den  Steppencharakter  aofl  Eb^nao 
sind  an  den  Nordufem  des  Schwarzen  und  Asow'schen  Meeres  die 
Sommerregen  entschieden  vorherrschend.  So  sind  in  Odessa  die  Regen- 
höhen,  ausgedrückt  in  Procenten  der  Jahresmenge, 

im  Winter    =  16,     im  Sommer  =  37, 
im  Frühling  =  23,     im  Herbst    =  24. 

Auch  die  nördliche  Krim  gehört  zu  diesem  Gebiete;  an  der  Süd- 
küste  aber  überwi^en  schon  Herbstr^en.  Weiter  ostwärts  beginnt 
an  dem  hohen  westlichen  Wolga-Ufer  die  traurige,  öde  kaspische  Steppe, 
auf  der  (was  in  der  südrussischen  Steppe  durchaus  nicht  erforderiich 
ist)  ohne  künstliche  Bewässerung  eine  Ackercultur  unmöglich  ist  Im 
Kaukasus  begegnen  wir  ein^  Zone  mit  R^en  zu  allen  Jahreszeiten 
am  Ostende  des  Schwarzen  Meeres,  während  Grusien  und  ein  Th^ 
des  armemschen  Hochlandes  räche  Frühlings-  und  Sommerregen  haben 
und  die  Südwestufer  des  Easpischen  Meeres  ein  subtropisches  Klima 
besitzen.  Endlich  sind  auch  in  Sibirien  die  Sommer  durch  relativ 
reiche  Niederschläge,  die^  Winter  aber  durch  Heiterkeit  des  HimmplA 
ausgezeichnet;  der  Hauptcharakterzug  des  KlimA«  ist  also  hier  ein 
ähnUcher  wie  in  dem  grossen  Monsungebiete  Süd-  und  Ostasien^s.  Frä- 
lich  sind  die  Regen  in  der  Gegend  des  sibirischen  Kältepols  oft  selbst 
im  Sommer  sehr  gering  und  fbr  den  Ackerbau  kaum  genügend. 

Fassen  wir  auf  der  grossen  europäisch-asiatischen  Zone  mit  Regen 
zu  allen  Jahreszeiten  lediglich  die  im  Jahre  gemessenen  mittleren  Regen- 
höhen in's  Auge,  so  ergiebt  sich,  dass  unter  sonst  glichen  Verhältnissen 
die  durchschnittliche  jährliche  Regenmenge  mit  der  Entfernung  von 
demjenigen  Meere  sich  vermindert,  von  welchem  die  feuchten  Winde 
herwehen;  die  R^enhöhen  verringern  sich  also  nach  Osten,  wie  die 
folgenden  Reihen  beweisen: 

Cuxhaven  801 ,  Hamburg  733 ,  Beriin  597,  Frankfurt  a.  O.  523, 
Posen  512  Millimeter. 

Königsberg  604,  Kijew  485,  Nikolajew  332,  Saiepta  (an  der  Wolga) 
250,  Astrachan  124  Millimeter. 

Diese  G^ensätze  zwischen  dem  Westen  und  Osten  von  Europa 
zeigen  sich  —  natürlich  in  vidfSsMsh  verkleinertem  Massstabe  —  auch 


IX.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge.  277 

schon  an  den  West-  und  Ostküsten  von  Skandinavien,  von  Gross- 
britannien und  Irland,  ja  selbst  von  der  jütischen  Halbinsel.  So 
beträgt  der  Regenfall 

in  Bergen  2258,  in  Christiania  537,  in  Stockholm  401  Millimeter, 

in  Portree  auf  Skye  2578,  in  Aberdeen  748  Millimeter, 

in  Dumfries  934,  in  Northshields  653  Millimeter, 

in  Howerfordwest  (Pembroke)  1220,  in  London  624  Millimeter, 

in  Galway  1295,  in  Dublin  742  Millimeter, 

in  Husum  748,  in  Kiel  651  Millimeter. 

Die  Ostküsten  sind  in  den  angeführten  Beispielen  jedoch  nicht 
bloss  deshalb  ärmer  an  Niederschlägen,  weil  sie  dem  oflfenen  Ocean 
weiter  entriickt  sind,  sondern  auch  weil  sie  theils  durch  hohe  Gebirgs- 
ketten, theils  wenigstens  durch  niedrige  Höhenzüge  gegen  den  Ocean 
hin  geschützt  sind,  also  gewissermassen  im  „Schatten"  der  von  West 
her  kommenden  Regenwinde  liegen.  Da  nun  die  Gebirgsmassive 
Skandinavien's  und  Schottland's  weit  mächtigere  Condensatoren  sind 
als  die  Gebirge  England's  und  Irland's  oder  gar  der  niedrige  Höhen- 
zug der  jütischen  Halbinsel,  so  sind  auch  die  Differenzen  der  Regen- 
höhen an  beiden  Küsten  flir  die  ersteren  Gebiete  weit  grösser  als  flir 
die  letzteren.  Wir  dürfen  diese  Erkenntniss  verallgemeinem  und  sagen, 
dass  stets  diejenigen  Abhänge  der  Gebirge  die  meisten  Regen  empfangen, 
welche  von  den  Regenwinden  zunächst  getroffen  werden.  Indem  sich 
der  Wind  an  ihnen  in  kältere  Regionen  erhebt,  scheidet  er  einen  Theil 
semer  Dämpfe  in  Tropfenform  aus  und  gelangt  dann  in  seinem  Dampf- 
gehalte geschwächt  auf  der  Leeseite  des  Gebirges  an.  Einen  „Regen- 
schatten^  werden  darum  namentlich  solche  Gebirge  werfen,  deren 
Längenaxe  mit  der  Richtung  der  Regenwinde  einen  rechten  Winkel 
bildet  (wie  der  Thüringer  Wald,  der  Harz,  das  Riesengebirge  etc., 
welche  ihre  Frontseite  den  Regen  bringenden  Südwestwinden  zukehren). 
Solche  „Regenschattengebiete^  sind  in  Europa  (vgl.  hierzu  die  schöne 
Regenkarte  von  Europa  von  Otto  Krümmel,  Taf.  HI  in  der  Zeit- 
schrift der  Gesellschaft  flir  Erdkunde  zu  Berlin,  Bd.  XHI)  das  iberische 
Hochland  (insbesondere  die  beiden  castilischen  Hochebenen^)  und  das 
Ebrothal),  das  AIlier-Thal,  das  Seinebecken  um  Paris,  die  Rheinebene 
nördlich  von  Mannheim,  das  nördliche  Thüringen  und  Böhmen,  die 
ober-  und  niedenmgarische  Tiefebene  und  ein  schmaler  Streifen  jenseits 
des  Ural.  Hingegen  treten  alle  Gebirge,  ja  selbst  niedrige  Land- 
rücken durch  relativ  grosse  Regenhöhen  deutlich  hervor;  daher  ver- 
rathen  uns  Klarten,  auf  denen  Gebiete  mit  ansehnlichem  Regen&U  durch 

^)  Coimbra  hat  eine  Begenhöhe  von  S63,  Salamanca  nur  von  240  Milli 
metem. 


278  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

eine  besondere  Farbe  ausgezeichnet  sind,  sofort  das  Relief  eines  Ge- 
bietes. Die  gewaltigsten  Dampfcondensatoren  sind  natürlich  die  Hoch- 
gebirge; in  ihnen  beobachtet  man  daher  die  grösste  B^enmenge.  So 
erreicht  dieselbe  auf  dem  Bemhardin  2564,  in  St  Maria  (auf  dem 
Stilfeer  Joch  am  Fusse  des  Ordes,  unter  28®  4'  ö.  L.  v.  F.,  46  »^ 
31'  n.  Br.)  2483,  in  Tolmezzo  (am  Südfiisse  der  Carmschea  Alpen, 
unter  JJO®  41'  ö.  L.  v.  F.  und  46«  24'  n.  Br.)  2436,  in  C!hamb&y 
1650  und  in  Sabsburg  1061  Millimeter^).  In  den  Pyrenäen  hat 
Bagneres  de  Luchon  eine  Begenhöhe  von  1490,  in  dem  Eaukasas 
Bedut-Kale  (am  Schwarzen  Meer)  von  1533  und  Kutais  von  149^ 
Millimetern.  Hinter  diesen  Werthen  blähen  die  in  den  Mittelgebirgen 
Centraleuropa's  gefundenen  Begenquantitäten  theils  gar  nicht  und  theils 
nur  wenig  zurück,  wie  folgende  Begenhöhen  beweisen: 

Aurillac  (Äuvergne)  ....  1130  Millimeter, 

Baden  (Schwarzwald)     .     .     .  1444  „ 

Schopf  loch  (Bauhe  Alp)      .    .  1025  „ 

Duschlberg  (Bayrischer  Wald)  1195  „ 

Stubenbach  (Böhmer  Wald)     .  2198  „ 

St.  Peter  (Biesengebirge)     .     .  1218  „ 

Clausthal  (Harz) 1427  „ 

Aber  alle  soeben  angeführten  2iahlen  werden  überholt  durch  die- 
jenigen, welche  an  den  Abhängen  schroff  aus  dem  Meere  sich  erheben- 
der Gebirge  ermittelt  wurden.  Beiden  in  Norwegen  hat  eme  B^^aa- 
höhe  von  2251,  Poröree  auf  Skye  von  2578,  Seathwaite  (Cumberland) 
von  3867  und  die  Station  am  Stye-Passe  (ebenfalls  in  Cumba:land) 
von  4812  Millimetern.  An  dem  letztgenannten  Punkte  ist  also  die 
jährliche  B^enmenge  8mal  so  gross  als  in  Berlin  oder  Königsberg 
und  selbst  4V2mal  so  gross  als  in  Salzburg. 

Die  eingehendere  Betrachtung  der  Begenverhältmsse  Euit>pa*s 
hatte  zwar  zunächst  den  Zweck,  die  Erkenntnias  desjenigen  Erden- 
raumes zu  fbrdem,  der  fbr  uns  der  wichtigste  ist;  zugleich  aber  wurde 
damit  beabsichtigt,  durch  Ziffern  Gesetze  zu  bellen,  die  sich  zur  Zeit 
für  andere  Erdtheile  nicht  mit  gleicher  Schärfe  b^ründen  lassen. 

Suchen  wir  nun  das  nordamerikamsche  Gebiet  mit  B^en  zu  allen 
Jahreszeiten  auf,  so  b^^nen  wir  viel&ch  Erscheiaungen ,  welche 
denen  der  Alten  Welt  ähnlich  sind.  Von  Oregon  bis  zum  60.  Qnkd 
n.  Br.  sind  die  Sommer  zwar  trübe,  haben  aber  massige  Begen.  EUn- 
gegen  fkllt  derselbe  in  reicher  Menge  während  des  Spätherbstes  und 
im  Winter   (die  jährliche  B^enhöhe  der  Insel  Sitcha.  ist  gleich  2250 

')  C.  V.  Sonklar  in  den  Mittheilungen  der  k.  k.  geographiechen  Gesell- 
schaft zu  Wien.    Bd.  IV  (1860),  S.  205  ff. 


IX.    Die  Wasaerdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge.  279 

Millimetern),  v.  Kittlitz  berichtet  uns  über  Neu- Archangel  auf  Sitcha, 
da£s  es  nur  44  bis  60  heitere  Tage  im  Jahre  habe.  Regenwetter  sei 
die  normale  Witterung  des  ganzen  Jahres.  Bei  einer  Seeexcursion  in 
der  Bay  von  Sitcha  hielt  er  im  Bote  sein  Gewehr  in  aufrechter  Stellung 
neben  sich,  und  hierbei  geschah  es,  dass  innerhalb  einer  halben  Stunde 
beide  Läufe  bis  obenhin  mit  Wasser  gefiillt  wurden^).  Das  Regen- 
maximum gehört  aus  gleichen  Ursachen  wie  an  den  ^^'estküsten  Europa's 
dem  Herbst  an  (vgl.  274  f.). 

Tiefer  im  Innern  des  nordamerikanischen  Continents  finden  wir 
ein  Gebiet,  welches  einen  vorwiegend  heiteren  Winter  hat  und  die 
Hauptmenge  seiner  Niederschläge  im  Sommer  empfängt.  Wie  in 
Innerasien ,  so  besteht  auch  hier  während  des  Winters  in'  Folge  der 
ausserordentlichen  Erkaltung  des  Continents  ein  hoher  Luftdruck; 
es  ergiessen  sich  daher  trockene  Luft»tröme  aus  dem  Innern  nach 
den  Rändern  des  Erdtheils.  Hingegen  zieht  die  sommerliche  Auf- 
lockerung regenbringende  Seewinde  herbei.  Denselben  Witterungs- 
charakter besitzen  auch  im  wesentUchen  die  Länder  im  Westen  der 
Hudsons-Bay. 

Aus  dem  Obigen  könnte  vielleicht  geschlossen  werden,  dass  auch 
das  östUche  Nordamerika  mit  dem  östhchen  Asien  hinsichtUch  seiner 
Wind-  und  Regenverhältnisse  nahe  verwandt  wäre ;  dies  würde  jedoch 
ganz  unrichtig  sein.  Die  Nordwestwinde  dominiren  nämlich  während 
des  Winters  im  östUchen  Nordamerika  viel  weniger  als  in  Ostasien 
(vgl.  S.  233);  im  Sonmier  aber  walten  in  gleichen  Breiten  Nordamerika's 
statt  der  Südostwinde  Südwestwinde  vor,  weil  die  Stelle  höchsten  Luft- 
druckes nicht  wie  in  Asien  im  Südosten  des  Erdtheils,  sondern  im 
Busen  von  Mexico,  für  das  östliche  Nordamerika  also  im  Südwesten 
liegt.  Vor  allem  aber  entbehrt  das  östliche  Nordamerika  jene  Regel- 
mässigkeit der  klimatischen  Erscheinungen,  jene  strenge  Scheidung 
einer  trockenen  und  nassen  Jahreszeit,  wie  sie  dem  östlichen  Asien 
eigen  ist.  Im  Gegentheil  erfolgen  in  der  östlichen  Hälfte  von  Nord- 
amerika häutig  die  jähesten  nichtperiodischen  Veränderungen  des 
Witterungsganges  selbst  imter  Breiten,  wo  wir  sonst  die  jährhche 
Periode  mit  fast  tropischer  Regelmässigkeit  sich  entwickeln  sehen.  So 
sind  die  mittleren  monatlichen  Extreme  des  Barometerstandes  während 
des  Winters  in  St.  Louis  unter  dem  39.  Grad  n.  Br.  ebenso  gross  wie 
in  Wien  unter  dem '48.  Grad  n.  Br.  imd  grösser  als  in  Jakutsk  unter 
dem   62.   Grad  n.   Br.    Daher  treten  auch  bis  Florida  imd   bis  zur 


*)  F.  H.  V.  Kittlitz,  Denkwürdigkeiten  einer  Reise  nach  dem  russischen 
Amerika,  nach  Mikronesien  und  durch  Kamtschatka.  Gotha  1S58.  Bd.  I, 
S.  242  f. 


280  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  and  LufthfiUe  der  Erde. 

Misaissippi-Mündimg  die  Wetterstürze  mit  einer  Schnelligkeit  ein^   wie 
sie  sonst  nii^ends  beobachtet  wird. 

Als  Hauptnrsache  dieser  Gregensätze  giebt  Wojeikof ')  an,  dass 
die  Gebirge  und  Hochländer ,  hinter  denen  der  hohe  Lnfidrack  des 
Winters  in  Asien  stattfindet,  einen  fireien,  ungehinderten  Austauach 
zwischen  der  kalten  inneraaatiachen  Luft  und  der  wannen  Luft  über 
den  benachbarten  Meerestheilen  hemmen,  weshalb  sich  hier  nur  ein 
massig  starker,  dafür  aber  sehr  beharrlicher  Polarstrom  bildet  fibenso 
kann  die  Lücke  auf  dem  sommeilichen  Auf  lockerungsgebiete  durch 
herbeiströmende  kalte  Luft  nicht  so  leicht  ausgeftük  werden,  weil  die 
Gebirge  auch  in  diesem  Falle  verzögernd  wirken.  In  Amerika  hin- 
g^;en  vollzieht  sich  der  winterliche  Abfluss  wie  der  sommerliche 
Zufluss  der  Luft  viel  fireier  und  leichter;  daher  steigert  sich  auch  der 
Maximalwerth  des  Luftdruckes  in  Amerika  viel  weniger  als  in  Asien; 
ebenso  aber  bleibt  der  Minimalwerth  weit  hinter  dem  Asien's  zurück« 
Es  ist  in  Folge  dessen  der  Antrieb  zu  gleichmfissigen,  steten  Winden 
in  Amerika  weit  weniger  kräftig  als  in  Asien.  Neben  der  grösseren 
Massenentwicklung  Asien  s  ist  es  also  vor  allem  die  Abgeschlossenheit 
seiner  erhitzten  centralen  Plateaux,  welche  Asien  jene  grössere  Gresetz- 
mässigkeit  veiieiht.  Auch  macht  das  Vorkonmien  mehrerer  ooeanischer 
Luitdruckmaxima  über  den  Nachbarmeeren  Nordamerika's  einen  ein- 
heitlich geordneten  Verlauf  der  Windbahnen  unmöglich. 

Schon  die  wenigen  Andeutungen  über  die  Windverhältnisse  des 
östlichen  Nordamerika  lassen  uns  errathen,  dass  die  wannen  und 
feuchten,  vom  Mexicanischen  Busen  her  wehenden  Südwestwinde  ftir 
jene  Gr^enden  die  Hauptr^enwinde  sind,  und  da  sie  im  Sommer  vor- 
walten,  so  ist  auch  diese  Jahreszeit  die  regenreichste  in  den  meisten 
Gebieten  zwischen  den  aüantisdien  Küsten  und  dem  MississippL  Nur 
Neu-England,  sowie  Alabama  und  Mississippi  sind  hiervon  auszunehmen. 
Während  in  Neu-England  die  Niederschläge  völlig  gleichmässig  über 
die  vier  Jahreszeiten  vertheilt  sind,  tritt  in  den  beid^i  letztgenannten 
Staaten  eine  Neigung  zu  stärkeren  Winterregen  hervor.  Auf  der 
ganzen  Strecke  von  Vuginien  an  bis  Florida  aber  wächst  von  Schritt 
zu  Schritt  der  sommerliche  Regenfall;  er  beträgt  z.  B.  in  Ft  Monroe 
(Viiginien)  33,  in  Charleston  (Südcarolina)  39,  in  Savannah  (Georgia) 
43,  in  Ft  Brooke  (Florida)  51  Procent  von  dem  GresanmitregenfiBdl 
innerhalb  eines  Jahres.  Zugleich  ist  die  Begenhöhe  an  jenen  Ufer- 
Staaten  des  (rol&tromes  eine  sehr  ansehnliche,  nämlich  1200  bis  15(H^ 
Millimeter. 

In  den  weiten  Ebenen  nördUch  der  Mississippi-Mündungen  herrschen 

»)  I.  c.  S.  6  fc 


IX.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge.  281 

wiederum  Sommerregen  vor  und  zwar  nach  Nord  hin  bis  zu  den 
Mississippi-Quellen  mit  einem  immer  grösser  werdenden  Procentantheil; 
denn  die  Winterregen  werden  bei  den  im  Winter  vorwi^enden  con- 
tinentalen  Winden  nach  dem  Innern  zu  immer  seltener.  Doch  ver- 
mindert sich  die  gesammte  jährliche  Regenmenge  in  gleicher  Sichtung 
mehr  und  mehr.  So  hat  St.  Louis  in  Missouri  eine  solche  von  1117 
Millimetern  (davon  31  Procent  im  Sommer),  Ft.  Leavenworth  in  Kansas 
von  770  Millimetern  (40  Pr.  i.  S.),  Ft.  Snelling  in  Minnesota  von 
645  Millimetern  (43  Pr.  i.  S.).  Diese  Abstufung  ist  insofern  eine  sehr 
günstige,  als  bei  der  weit  grösseren  Verdunstung  in  den  heisseren  süd- 
lichen Districten  ohne  reichere  Wasserzufiihr  ein  entwickelteres  Pflanzen- 
leben kaum  seine  Existenz  zu  behaupten  vermöchte.  Beginnt  auch 
schon  in  den  Staaten  am  mittleren  Mississippi  die  weite,  &st  baum- 
lose Prairie-Region,  so  sind  doch  diese  Ländereien  wie  die  stidrussischen 
Steppen  für  den  Anbau  der  Cerealien  noch  in  hohem  Grade  geeignet. 
Auch  in  anderer  Hinsicht  lassen  sie  sich  recht  gut  mit  diesen  ver- 
gleichen. So  zeigt  sich  auch  hier  ein  Regenmaximum  im  Juni  (nicht 
im  Juli  zur  Zeit  der  grössten  Erwärmung  des  Continents,  wie  man 
eigentUch  erwarten  sollte).  Wojeikof  erklärt  diese,  wie  es  scheint, 
den  Steppengebieten  eigenthümliche  kleine  Verschiebung  des  Regen- 
maximums in  scharfsinniger  Weise  dadurch,  dass  die  wilden  Gräser 
wie  die  cultivirten  CereaHen  im  Juni  noch  grün  sind,  also  auch  an  die 
Luft  noch  grosse  Mengen  von  Wasserdampf  abgeben,  während  bereits 
im  Juli  ftlr  jene  Gewächse  die  Zeit  der  Dürre  angebrochen  ist;  im 
JuU,  folgert  er  weiter,  ist  daher  diese  Feuchtigkeitsquelle  gescl^wächt 
und  der  Regenfall  somit  ein  geringerer. 

Wollten  wir  die  Parallele  zwischen  dem  nordamerikanischen  und 
dem  südrussischen  Steppengebiete  noch  weiter  ftlhren,  so  könnten  wir 
noch  hinzu^en;  dass,  wie  sich  die  wüstenähnliche  aralo-kaspische 
Niederung  an  die  südrussischen  Steppen  anschliesst,  auch  hier  die  öden, 
fast  aller  Bodencultur  baren  ^Plains^  sich  unmittelbar  westwärts  der 
Prairie-Region  (etwa  westlich  vom  100.  Grad  w.  L.  v.  Gr.)  ausbreiten. 

Gleich  der  nördUchen  Halbkugel,  hat  auch  die  südHche  eine  weit- 
ausgedehnte Zone  mit  Regen  zu  allen  Jahreszeiten.  Sie  beherrscht 
hier  fast  nur  oceanische  Räume,  weshalb  auch  ihre  Aequatorialgrenze 
mit  überraschender  Gleichförmigkeit  fast  durchw^  dem  40.  QrreA  s.  Br. 
folgt  Nur  da,  wo  sie  über  Contmente  (Australien  und  Südamerika) 
hinweg  ihren  Weg  nimmt,  erleidet  ihr  Gang  wesentliche  Störungen. 
In  Australien  gehört  zu  dieser  Zone  das  Land  südöstlich  der  Darling- 
Murray-Linie,  also  hauptsächlich  Victoria  und  Neu-Süd- Wales,  sowie 
Tasmanien  und  Neuseeland.  Auf  dem  Continente  verursachen  während 
des  Winters   die   aus   dem  Lmem  kommenden  Winde   eine  Periode 


282  Dritter  Theil.     EWe  Wasser-  und  Lufthalle  der  Erde. 

relativer  Trockenheit,  während  die  sommerlichen  Nordostwinde  nament- 
lich an  der  Ostküste  stärkeren  Regenfidl  mit  sich  bringen.  Jenseits 
der  östlichen  Randketten  emp&ngt  das  Land  nur  noch  geringe  Regen- 
mengen ;  es  befindet  sich  ja  im  „R^enschatten^  dieser  Grebiige.  Die 
Lage  derselben  ist  also  eine  onglinstige  fiir  die  fjit&ltung  des  vege- 
tabilischen nnd  animalischen  Lebens  im  Innern:  sie  ist  daher  indirect 
auch  fnr  die  Entwicklung  des  dortigen  Völkerlebens  eine  Verhängnis»- 
volle  geworden.  Auf  Neuseeland  ist,  wenn  "wir  von  der  Nordsphze 
der  Nordinsel  absehen,  welche  zur  subtropischen  Zone  zu  rechnen  ist 
(vgL  S.  268),  der  RegenfiJl  ziemlich  gleichmässig  auf  aOe  Jahreszeiten 
vertheQt;  doch  weist  die  Westküste  gegen  viermal  so  starke  Nieder- 
schläge auf  als  die  Ostktlste  und  mehr  als  irgend  ein  anderes  Gebiet 
der  gemässigten  Zone  (Hokitika  2836  Millimeter). 

Wie  in  Australien  so  nähert  sich  auch  in  Südamerika  die  Zone 
mit  Regen  zu  allen  Jahreszeiten  an  der  Ostküste  des  Continents  dem 
Aequator  weit  mehr  als  an  der  Westküste.  Während  ihre  Aequatorial- 
grenze  im  Mittel  etwa  unter  dem  30.  Grad  s.  Br.  zu  suchen  ist,  dringt 
sie  am  Ostrande  bis  zum  25.  Grad  nach  Norden  vor,  scUiesst  sich 
also  hi^  unmittelbar  an  die  Zone  der  tropischen  Regen  an,  weicht 
hingegen  an  der  Westküste,  durch  die  subtropische  Zone  verdrängt« 
bis  zum  40.  Grad  s.  Br.  zurück.  Das  Klima  der  Pampas  läast  schon 
sehr  die  tropische  R^elmässigkeit  des  Witterungsganges  vermissen; 
Süd-  und  Nordwinde  wechsehi  hier  ebenso  unr^elmässig  wie  längere 
Perioden  der  Trockenheit  mit  heftigen  R^engüssen.  Im  allgemeinen 
leidet  das  Gebiet  ostwärts  der  Anden  bis  zum  50.  Grad  s.  Br.  an 
Wassermangel,  da  die  vorherrschenden  feuchten  W^estwinde  behn 
Ueberschreiten  des  Grebii^ges  den  grOssten  Thdl  ihres  Feuchtigkeits- 
gehaltes ausscheiden.  Um  so  reichere  R^enmengen  werden  der  West- 
küste Südchile's  und  Patagonien's  zu  Theil;  denn  Ancud  auf  Qiüoe 
hat  eme  R^enhöhe  von  3349,  Valdivia  von  2768  Millimetern.  Für 
Orte  in  den  Anden  sind  noch  wdt  grössere  Werthe  zu  erwarten.  Am 
ei^ebigsten  sind  hier  die  Regen  des  Winters  und  nächstdem  die  des 
Herbstes. 

Der  ewige  Schnee.  In  den  unteren  Regionen  der  tropischen 
und  subtropischen  Zone  besitzen  die  Niederschläge  meist  die  Gestalt 
von  Tropfen.  Weiter  polwärts  tritt  im  Winter  der  Schnee  an  deren 
Stelle;  ja  im  hohen  Norden  bildet  er  sogar  die  gewöhnliche  Form  des 
Niederschlags.  Denselben  Uebergang  beobachten  wir  jedoch  auch  in 
den  Aequatorialgegenden,  wenn  wir  an  höheren  Gebirgen  emporsteigen: 
je  mehr  wir  uns  über  den  Meeresspiegel  erheben,  um  so  reichlicher 
wird  der  Schneefall.  In  den  unteren  Regionen  der  Grebii^sabhänge 
schmilzt    der   Schnee  unter  den  warmen   Strahlen  der  Sommersonne 


IX.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge.  283 

ganz  hinweg;  weiter  aufwärts  aber  gelangen  wir  endlich  an  eine  Linie, 
oberhalb  welcher  er  niemals  weicht:  dies  ist  die  sogenannte  Grenze 
des  ewigen  Schnees,  welche  wir  in  dem  Folgenden  der  Einfachheit 
wegen  schlechtweg  als  Schneegrenze  bezeichnen  wollen.  Dieselbe  liegt 
in  der  Nähe  des  Aequators  am  höchsten  und  sinkt  nach  den  Polen 
zu  allmähUch  herab.  Dies  ergiebt  sich  deutlich  aus  nachstehender 
Tabelle: 

Ort.  Breite.         Schneegrenze. 

NordgrönUnd 75     o  n.  Br.  715  Meter, 

Island,  Osterjökull 65     ^   ?,     ^  936  „ 

Kamtschatka,  Schiwelutsch 56V2  *^   77     t,  1600  „ 

Altai 50     «   „     „  2144  „ 

Karpathen,  Hohe  Tatra 49     ®   „     „  2592  „ 

Alpen  (Mittel) 46     «   „     „  2700  „ 

Pyrenäen 42»/4 »   „     „  2728  „ 

Aetna 37Va  ®   n     n  2905  „ 

Himalava  /Südabhang 1  4940  „ 

Mimalaya  j^j^^^b^ang H         "     "  5670  „ 

Popocatepetl  (Mexico) 19o„„  4563  „ 

Tolima  (Neu-Granada) ^     ^   n     r>  4670  „ 

Anden  von  Quito 1     <>  s.  Br.  4824  „ 

Paachata  (westliche  Cordillere  von  Bolivia)    18     ^   „     „  6120  „ 

Eüstencordillere  von  Patagonien  .     .     .     .  42Va®   7»     n  1832  „ 

Magalhäes-Strasse 53V2  ^    n     n  H^O  „ 

Ein  prüfender  Blick  auf  diese  Zahlen  belehrt  uns,  dass  sich  die 
Schneehöhe  nicht  gleichmässig  mit  der  Breite  ändert;  vielmehr  finden 
wir  ziemlich  häufig  kleinere  oder  grössere  Anomalien.  Auf  diese 
müssen  wir  schon  deshalb  gefasst  sein,  weil  die  Wärmeverhältnisse 
auf  der  Erdoberfläche  auch  nicht  streng  nach  den  geographischen 
Breiten  sich  richten.  Bouguer  nahm  deshalb  an,  die  mittlere  Jahres- 
wärme vonO®  C.  sei  entscheidend  für  den  Verlauf  der  Schneegrenze. 
Indess  hat  schon  A.  v.  Humboldt^)  gezeigt,  dass  die  Schneegrenze 
zwischen  Aequator  und  Polarkreis  sich  innerhalb  der  mittleren 
Jahrestemperaturen  von  1,5^  C.  und  — 6,8®  C.  bewegt.  Die  Schnee- 
grenze ist  somit  auch  nicht  streng  abhängig  von  dem  Gang  der 
Isothermen.  Wird  doch  in  der  Umgegend  von  Jakutsk  in  Sibirien 
selbst  bei  einer  mittleren  Jahreswärme  von  — 10,9  ^  C.  noch  Acker- 
bau getrieben! 

^)  Fragments  de  geologie  et  de  climatologie  asiatiques.  Paris  183]. 
Tome  II,  p.  531. 


284  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Viel  eher  dürfen  wir  erwarten,  daas  die  örtliche  Höhe  der  Schnee- 
grenze durch  die  mittleren  Sommertemperatoren,  vor  allem  durch  die 
Temperatur  des  heissesten  Monats  bestimmt  wird.  Mag  auch  die 
Winterkälte  noch  so  gross  sein,  so  wird  doch  der  Schnee  ganz  hinweg- 
schmelzen, wenn  nur  der  Sommer  die  genügende  Wärme  besitzt.  Für 
Jakutsk  beträgt  die  Temperatur  des  wärmsten  Monats  17,4  ^  C. ;  würden 
hier  Januar-  und  Julitemperatur  zwischen  —  22  und  0  "  C.  (statt  zwischen 
—  40,8  und  17,4^  C.)  schwanken,  so  würde  bei  Jakutsk  die  Schnee- 
decke niemals  weichen.  An  Orten  mit  excessivem  Klima  Y^hd  dieselbe 
demnach  vergleichsweise  hoch  U^en.  Da  nun  in  der  Nähe  des  Aequators 
die  Temperatur  das  ganze  Jahr  hindurch  nur  geringen  Wechseln  unter- 
worfen ist,  so  wird  hier  die  Jahrestemperatur  an  der  Schneegrenze 
eine  höhere  sein  als  in  der  gemässigten  und  kalten  Zone.  In  der 
That  haben  genauere  Untersuchungen  dies  bestätigt;  denn  in  den 
Aequatorialgebieten  der  Anden  beobachtet  man  an  der  Schneegrenze 
eine  mittlere  Lufttemperatur  von  -+-1,2  "  C. ,  im  nördlichen  Norwegen 
hingegen  von  —  5 "  C. 

Aus  gleichen  Gründen  steigt  in  mittleren  Breiten  die  Schneegrenze 
überall  da  weit  herab,  wo  durch  die  Nähe  des  Meeres  die  Gegensätze 
zwischen  Sommer-  und  Wintertemperaturen  abgeschwächt  werden,  wo 
also  die  Sommer  relativ  kalt  sind.  So  haben  Island  und  das  Innere 
von  Norwegen  zwischen  60  und  62  ^  n.  Br.  ziemlich  dieselbe  (auf  das 
Meeresniveau  reducirte)  mittlere  Jahreswärme;  doch  besitzt  Norwegen 
höhere  Sommertemperaturen  als  Island,  weshalb  die  Schne^renze  in 
Island  (am  Osterjökull  936  Meter  hoch)  weit  mehr  herabsinkt  als  im 
Innern  von  Norwegen  (auf  dem  Fillef^dd  1700  Meter  hoch).  In  gleicher 
Weise  ist  es  zu  erklären,  dass  sich  die  Schneegrenze  im  Kaukasus 
800,  am  nördlichen  Abhänge  des  Thianschan  1000  Meter  höher  erhebt 
als  in  den  Centndpyrenäen. 

Femer  ist  die  grössere  oder  geringere  Reichhaltigkeit  der  Keder- 
schlage  nicht  ohne  f^fluss  auf  die  Höhe  der  Schneegrenze.  Je  grössere 
Schneemassen  während  des  Winters  in  einem  Gebiige  fallen,  um  so 
mehr  Wärme  ist  im  Sommer  nöthig,  dieselben  in  Wasser  zu  ver- 
wandeln. Folglich  wird  sich  die  Schne^renze  überall  da  höher  in  das 
Gebirge  zurückziehen,  wo  der  Schneefidl  dn  geringer  ist  und  somit 
die  Sommersonne  hinsichtlich  der  Schneeschmelze  eine  kleiuere  Arbeit 
zu  verrichten  hat.  Hieraus  arklärt  sich  die  zunächst  übeiraschende  That- 
Sache,  dass  die  Schneegrenze  an  der  westlichen  Cordillere  von  Bolivia, 
die  nur  ausserordentlich  wenig  Niederschläge  empfingt,  1300  Meter  höher 
emporsteigt  als  in  dem  Calmengürtel  auf  den  Anden  von  Quito.  Auch 
erkennen  wir  nun,  warum  die  Schneegrenze  am  Nordabhang  des 
Himalaja   (5670  Meter  hoch)  g^en  730  Meter  höher  liegt  als  am 


IX.    Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.    Niederschläge.  285 

Sttdabhang  (4940  Meter  hoch).  Die  reichen  Niederschläge,  welche  der 
Südwestmonsun  vom  Indischen  Ocean  herbeifUhrt  und  in  Gestalt  von 
Regentropfen  an  den  unteren,  von  Schnee  an  den  of)eren  Abhängen 
des  Gebirges  absetzt,  sind  unzweifelhaft  die  Ursache  dieser  Elrscheinung. 
Auf  den  nördlich  vom  Himalaja  emporsteigenden  Ketten  des  Karako- 
nun  und  Künlün,  wo  die  Niederschläge  an  den  beiden  Abhängen 
nicht  mehr  so  scharfe  Gegensätze  darbieten,  begegnen  wir  wieder 
normalen  Verhältnissen;  denn  die  Schneegrenze  erhebt  sich  in  beiden 
Fällen  am  Südabhang  etwas  höher  als  am  Nordabhang,  ist  aber 
trotz  der  nördlicheren  Lage  des  Karakorum  an  diesem  in  noch 
grössere  Höhen  hinau%erüc^t  als  am  Himalaya,  wie  die  folgende 
Tabelle  zeigt  i): 

Schneegrenze. 
Himalaya,  Südabhang      ....     4940  Meter, 


5670 
5970 
5670 
4820 
4600 


„         Nordabhang    .     . 

Karakorumkette,  Südabhang 

^  Nordabhang 

Künlün,  Südabhang     .     .     . 

„        Nordabhang    .     .     . 

Die  bedeutende  Wärmeausstrahlung,  welche  im  Sommer  auf  dem 
hocherhitzten  tibetanischen  Hochlande  stattfindet  (vgl.  S.  195),  trägt 
viel  zur  Erhöhung  der  Schneegrenze  an  den  Abhängen  der  Karakorum- 
kette bei. 

Man  darf  übrigens  nicht  glauben,  daas  innerhalb  eines  Gebirges, 
selbst  wenn  es  in  der  Richtung  der  Parallelkreise  zieht,  die  Schnee- 
grenze au  demselben  Abhänge  überall  gleiche  Meereshöhe  besitzt,  also 
einen  horizontalen  Verlauf  nimmt;  es  kann  daher  die  Höhe  der  Schnee- 
grenze für  ein  ganzes  Gebirge  nicht  aus  einer  Bestimmimg  gewonnen 
werden.  C.  v.  Sonklar,  ein  so  treflFlicher  Kenner  der  Alpen,  ver- 
sichert, dass  hierin  die  Schutzlosigkeit  einer  Oberfläche  gegen  Wind 
und  Sonne,  der  Grad  der  Steilheit,  die  Insolations-  und  Wärmeleitungs- 
fähigkeit des  Bodens  in  den  Alpen  Höhenunterschiede  von  325  Metern 
und  mehr  zu  bewirken  vermögen*).  An  Stellen,  die  der  Sonne  und 
dem  Winde  zugänglich  sind,  steigt  in  der  Oetzthaler  Gruppe  nach 
C.  V.  Sonklar  die  Schneelinie  bis  zu  2845  Meter  Höhe  empor, 
während  sie  doch  in  der  Montblanc -Gruppe  nur  2630  und  in  den 
Bemer  Alpen  2708  Meter  Höhe  erreicht. 

Da  die  Schneegrenze  in  höheren  Breiten  mehr  und  mehr  herab- 

')  H.  V.  Schlagintweit-Sakünlünski  im  Globus,  Bd.  XXXI  (1877), 
Nr.  9,  S.  137. 

•)  C.  V.  Sonklar,  Die  Oetzthaler  Gebirgsgruppe.    Gotha  1860.     S.  287. 


286  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  and  Lofthülle  der  Erde. 

sinkt,  80  hatte  man  vermathety  in  den  Polargebieten  zn  einer  Groize 
za  gelangt^,  wo  der  ewige  Schnee  noch  im  Niveau  des  Meeresspi^els 
vorkommt  Dem  entsprecheo  die  bisherigen  Beobachtongoi  keines- 
wegs. Selbst  aof  Spitzbergen  erhebt  sich  die  Grenze  des  ewigen 
Schnees  bis  zu  einer  Höhe  von  325  Metern.  Der  Hanptgrond  for 
diese  Erscheinung  hegt  wohl  in  dem  meist  unbedeutenden  Schneefiül 
der  arktischen  Grebiete;  schon  eine  geringe  Sommerwärme  genügt, 
jene  arktische  Schneedecke  bis  zu  gewisser  Höhe  hinwegzuschmelzexu 


X.     Die  Quellen. 


"T^irgends  auf  Eiden  verharrt  das  Wasser  an  demselben  Orte;  viel- 
Jl\  mehr  ist  es  unablässig  in  einem  Kreislauf  begriffen.  Als  Wasser- 
dampf steigt  es  aus  Meeren  und  Flüssen,  sowie  von  befeuchteten 
Gegenständen  empor,  verdichtet  sich  und  kommt  als  Regen  oder  Schnee 
zur  Erde  zurtlck.  Nimmt  man  an,  dass  die  Weltmeere  bei  einer 
mittleren  Tiefe  von  1880  Faden  (=  0,463  363  geogr.  Meilen)  ein 
Areal  von  6  786  000  Quadratmeilen  bedecken,  so  würde  die  gesammte 
Wassermasse,  welche  die  oceaniscUen  Becken  erfüllt,  ein  Volumen  von 
c.  3 144  380  Cubikmeilen  besitzen  (vgl.  Bd.  I,  S.  427).  Da  nun  die 
durchschnittliche  jährliche  Regenhöhe  auf  der  Erdoberfläche  c.  500 
Millimeter  beträgt,  also  gegen  625  Cubikmeilen  Wasser  jährlich  fallen, 
so  würden,  wenn  der  Wassergehalt  der  Regenwolken  lediglich  dem 
Meere  entstammte,  5031  Jahre  nothwendig  sein,  damit  die  ganze 
Wassermenge  des  Oceans  jenen  Kreislauf  vollziehen,  d.  h.  verdunsten 
und  durch  Regen  wie  durch  Flusszufuhr  wieder  erneuert  würde. 

Freilich  ist  der  Kreislauf  des  Wassers  kein  so  regelmässiger,  wie 
wir  uns  ihn  vorzustellen  gewöhnt  sind.  Nicht  alles  Regenwasser, 
welches  die  Festländer  empfangen,  ja  nicht  einmal  der  grössere  Theil 
desselben,  wird  durch  die  Flüsse  dem  Meere  zugeführt.  Dalton  hat 
berechnet,  dass  England  eine  mittlere  jährliche  Regenhöhe  von  31,4 
engl.  Zoll  (797,6  Millimeter)  hat,  welchem  Werthe  er  noch  5  engl. 
Zoll  (127  Millimeter)  Thau  hinzufügte.  Bei  stehenden  Wassern  fand 
er  eine  jährliche  Verdunstung  von  36,8  engl.  Zoll  (936  Millimeter) ;  da- 
gegen ergab  sich,  dass  sämmdiche  Flüsse  nur  13  engl  Zoll  (330  Milli- 
meter) der  engHschen  Meteorwasser  zurückerstatten,  also  nur  etwa 
^'26  des  gesammten  Niederschlags^).  Hieraus  geht  hervor,  dass  in 
England  weit  mehr  Regen  fkUt,   als  durch  die  Ströme  abfliesst,  sowie 

»)  John  Dalton  in  Gilbert's  Annalen  der  Physik,  Bd.  XV  (1803), 
S.  251—271. 


288  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  and  Lufthülle  der  Erde. 

dass  die  Verdanstung  hinreichen  würde,    alle  Niederschläge  zu  ver- 
dampfen, wenn  sie  sich  stehend  ansammebi  wollten. 

Ohne  Zweifel  verdunstet  das  meiste  des  durch  Regen  der  ISrde 
zugefhhrten  Wassers;  ein  kleinerer  Theil  eilt  in  den  fliessenden  Gt^ 
wässern  dem  Meere  zu  und  zwar  entweder  direct  oder  nachdem  er 
bereits  durch  die  obersten  Schichten  des  Erdkörpers  seinen  Weg  ge- 
nommen hat;  äusserst  gering  ist  endlich  die  Quantität,  welche  die 
organischen  Wesen  verbrauchen,  sowie  diejenige,  welche  durch  die 
Bildung  von  Hydraten  beim  Vermtterungsprocess  der  Gesteine  chemisch 
gebunden  wird.  Hier  soll  uns  ausschliesslich  derjenige  Theil  des 
Wassers  beschäftigen,  welcher  aus  der  Erde  hervorbricht,  nachdem  er 
sich  durch  die  Oberflächenlager  der  starren  Erdrinde  einen  Pfiid  ge- 
bahnt hat 

Nur  ein  kleiner  Theil  des  Wassers,  welches  in  die  Ejrde  eindringt, 
kommt  als  Quell  schon  nach  kurzer  Zeit  wieder  zum  Vorschein;  meist 
hat  es  weite  Wanderungen  durch  die  zahlreichen  Schichten  der  Erd- 
oberfläche zu  machen.  Ob  eine  solche  Wanderung  eine  langsame 
oder  beschleunigte  ist,  ob  sie  sich  tief  oder  weniger  tief  in  s  Erdinnere 
erstreckt,  hängt  in  erster  Linie  von  der  Beschaffenheit  des  Gesteins- 
materials  ab,  auf  welches  das  Wasser  trifft.  Zunächst  folgt  das  Wasser 
den  Spalten  und  Schichtungsflächen  der  Gesteine,  durchdringt  sie  aber 
endlich  ihrer  ganzen  Masse  nach,  wie  es  etwa  ein  Stück  Zucker  durch- 
dringt Jedes  Gestein  besitzt  nämlich  mikroskopische  Poren;  feine 
Haarspalten  durchkreuzen  es  nach  allen  ßichtungen  imd  gestatten  dem 
Wasser  den  Durchgang.  Leicht  durchlässig  ist  insbesondere  der  Sand- 
stein. Die  kleinen  Sandkörner  li^en  ziemUch  lose  auf  einander;  denn 
sie  berühren  sich  nur  in  wenigen  Punkten  und  lassen  somit  zahlräche 
leere  Räume  zwischen  sich.  Sandstein  saugt  deshalb  das  Wasser  ver- 
gleichsweise hastig  auf.  Aehnlich  verhalten  sich  alle  grobkörnigen 
Gesteine,  wie  Grranity  Syenit  und  Trachyt  Zerschlägt  man  nach 
länger  währendem  Frühjahrsr^en  grobkörnige  krystallinische  Gesteine, 
so  wird  man  mehr  oder  weniger  feuchte  Bruchflächen  und  nicht  etwa 
bloss  in  der  Nähe  der  Oberfläche  oder  bei  kleinen  Handstücken,  son- 
dern auch  bei  fussgrossen  Blöcken  wahrnehmen.  Feinkörnige  Gesteine, 
wie  die  Thonschiefer,  werden  von  den  Gewässern  leicht  in  der  Richtung 
der  Schieferungsflächen,  äusserst  selten  jedoch  in  rechtem  Winkel  geigen 
die  Schieferungsflächen  durchdrungen.  Selbst  Basalt  vermag  dem 
Wasser  auf  die  Dauer  nicht  zu  widerstehen.  Beim  Brechen  von 
Basaltsäulen  fand  Bischof^)  nasse  Flächen  manchmal  ganz  im  Innern 

^)  Gustav  Bischof,  Lehrbuch  der  chemischen  und  physikalischen 
Geologie.     2.  Aufl.    Bonn  1S63.     Band  I,  S.  207  f. 


X.    Die  Quellen.  289 

der  Masse,  und  bei  mikroskopischen  Untersuchungen  zeigten  sich  feine 
ELaarspalten,  die  dem  Wasser  den  Zutritt  ermöglichten.  Wassertropfen 
hat  man  sogar  auf  Bruchflächen  der  Lava  von  Kiedermendig  entdeckt, 
und  nur  solche  Laven  haben  sich  als  wasserdicht  erwiesen,  die  wie 
die  Obsidiane  eine  glasartige  Masse  bilden.  Auch  mit  Feuchtigkeit 
gesättigte  Thon-  und  Lehmschichten  leisten  dem  von  oben  her  kommen- 
den Wasser  vortrefflich  Widerstand.  Dies  erkannte  bereits  Lahire, 
welcher  ein  2V2  Meter  tiefes  Blechge&ss  mit  Lehm  geflillt  bei  Paris 
im  Freien  vergrub  und  nach  15jährigen  Beobachtungen  im  Jahre  1703 
verkündete,  dass  das  Begenwasser  nie  bis  zu  der  Röhre  am  Boden 
seines  Gefässes  durchgedrungen  sei^). 

Jene  die  Poren  aller  Gesteine  durchziehenden  Wasser,  die  in  den 
Stollen  und  Schächten  allüberall  so  reichlich  hervorquellen,  bezeichnet 
man  als  Gebirgsfeuchtigkeit. 

Im  wesentlichen  sind  es,  wie  wir  oben  sahen,  thonige  Schichten, 
welche  das  Niedersinken  des  Wassers  verhindern,  indem  sie  dasselbe 
aufsaugen  und  sich  dann  schliessen.  Wir  müssen  jedoch  sogleich  noch 
hinzufügen,  dass  auch  ohne  die  den  Durchgang  verwehrenden  Thon- 
lager  die  Meteorwaaser  nicht  bis  zum  Mittelpunkt  der  Erde  hinabzu- 
steigen vermöchten.  Es  ist  ihnen  vielmehr  wegen  der  hohen  Tempera- 
turen des  Erdinnem  nur  gestattet,  bis  zu  einer  im  Verhältniss  zum 
Erdganzen  sehr  geringen  Tiefe  hinabzusickem.  Indem  die  Tempera- 
,  turen  des  Erdinnem  sich  dem  Wasser  mittheilen,  vermindert  sich  dessen 
Dichtigkeit,  woraus  unmittelbar  das  Bestreben  entsteht,  sich  zu  erheben. 
Im  günstigsten  Falle  gelangt  das  Wasser  bis  zu  Tiefen  hinab,  durch 
deren  hohe  Temperaturen  dasselbe  selbst  bei  dem  Druck  einer  bis 
zur  Erdoberfläche  reichenden  Wassersäide  zum  Sieden  gebracht  wird, 
worauf  es  als  Dampf  nach  oben  entweicht 

Indessen  findet  das  durch  feine  Haarspalten,  sowie  durch  Risse 
und  Klüfte  eindringende  Wasser  wohl  meistens  eine  Schicht,  die  ihm 
den  Weg  zu  weiteren  Tiefen  versperrt  Man  nennt  solches  Wasser, 
welches  sich  über  wasserdichte  Schichten  bewegt  oder  über  denselben 
sich  sammelt,  Grundwasser,  und  dieses  ist  es,  welches  vielfach  die 
nächste  Veranlassung  zur  Quellenbildung  wird. 

Aber  wie  gelangt  nun  das  Wasser  aus  den  Tiefen  der  Erde  zur 
Oberfläche?  Dies  geschieht  auf  zweierlei  Weise:  entweder  verfolgt  es 
eine  wasserdichte  Schicht  in  ihrem  Fallen  bis  zu  ihrem  Ausgehenden, 
an  welcher  Stelle  es  hervorbricht,  oder  es  wird  durch  hydrostatischen 
Druck,  unter  Umständen  auch  durch  die  Gewalt  hocherhitzter  Dämpfe 

^)  0.  Peschel,  Geschichte  der  Erdkunde.  2.  Aufl.  (heraosgeg.  von 
S.  Rüge).    München  1877.    S.  770. 

Peschel-Leipoldt,  Phys.  Erdkunde.    II.  19 


290 


Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 


Schichtqnelle. 


Fig.  23. 


üeberfaUflqaelle. 


aus  der  Tiefe  emporgetrieben.     Man  unterscheidet  daher  abstdgende 
und  au&teigende  Qudlen. 

Die  gewöhnlichsten  Formen  der  absteigenden  Quellen  werden 
durch  die  Fig.  22  bis  24  erläutert    In  Fig.  22  sehen  wir  das  Wasser 

durch  die  zerklüftete  Gestdnslage 
Fig.  22.  o  eindringen;  auf  der  wasserdich- 

ten Schicht  h  ang^ommen,  fliesst 
es  auf  derselben  abwärts  und  tritt 
an  ihrem  Ende  als  Schichtquelle 
zu  Tage.  Ist  die  wasserdichte 
Unterlage  beckenartig  gewölbt  wie 
in  Fig.  23,  so  sammeln  sich  die 
Wasser  bis  zum  Rande  des  Beckens 
und  ergiessen  sich  dann  vielleicht 
nach  vffliBchiedenen  Richtungen  hin 
als  Ueberfallsquellen.  Fig. 
24  zeigt,  wie  sich  dies  namendich 
in  Kalkgebirgen  häufig  beobachten 
lässt,  einen  bis  zum  Sammelbecken 
hinabreichenden  Spalt,  aus  welchem 
das  Wasser  als  Spaltquelle  ent- 
weicht ^). 

Eine  absteigende  Quelle  seltener 
Art  ist  der  Hexenbrunnen  auf 
dem  Brocken,  da  er  nahezu  dem 
höchsten  Punkte  dieses  Beiges  an- 
gehört Woher  empfiüigt  diese 
Quelle  ihr  Wasser?  Genauere 
Untersuchungen  führten  zu  dem 
Resultate,  dass  sie  von  der  Spitze 
des  Berges  noch  um  6  Meter  über- 
ragt wird.  Da  nun  die  jährliche  Regenhöhe  des  Brocken  1240  Milli- 
meter beträgt,  so  würde  jene  Quelle,  wenn  sie  nur  niedriger  läge  als  eine 
kreisförmige  Fläche  von  160  Meter  Halbmesser  und  wenn  sie  sämmt- 
liche  Meteorwasser  des  über  sie  erhabenen  Theils  der  Spitze  in  sich 
vereinigte,  täglich  über  273  Cubikmeter  Wasser  liefern  können.  Da 
ihr  jedoch  täglich  nur  49  Cubikmeter  Wasser  entströmen,  so  besitzt 
sie  eigentlich  gar  nichts  Räthselhafles  und  ist  unter  die  gewöhnlichen 
absteigenden  Quellen  zu  zählen.  Der  Umstand,  dass  sie  1786  und  1822 
bei  längerer  Trockenheit  vorübergehend  versi^te,   bestätigt  übrigens, 

*)  J.  Hann,  F.  v.  Hochstetter  und  A.  Pokorny,  Allgemeine  Erd- 
kunde.   Prag  1572.    S.  14S. 


Spaltqnelle. 


*i|t,|<i«~  " 


Bpilten  wittl  du 


■fei  *'-.?^^^^^kS^-^i¥^'^ 


Bitiifeli^ichtung  zu  entweichen. 
i^ll^ebQii;  es  wandert  durch 
{i^ti^  ahwärta  sich  windend, 

^a^^jü^ä^4>ar0se  oder  zerklüftete 
;c^' i^^e^^ili^^^^Ki^^jE^^SM^islagen  eingeschlossen, 
'>^WS'^^^^-^!^!^^%üach  unten  abfliessen, 

.ft.  .ft.  .ft. .«. .«.  :StffeÄß- 


^.'   s-tJ.!ff4'^w:S^<«KtS3s^icS^^3^  80  hoch  empor,  als 
W^^Al^'<^l^§'^S&^^^-f%-tSS:26).     Man  bezeichnte 


mnr^B^cTBjILp*  und  Thonltg^r. 


292  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

solche  Brunnen  als  artesische  Brunnen,  weQ  sie  in  Europa  in  der 
Gra&chaft  Artois  (Frankreich)  zuerst  (im  Jahre  1126)  angel^  wurden. 
In  der  Sahara  bestehen  sie  allerdings  seit  uralten  Zeiten.  Sie  werden 
bereits  von  den  arabischen  Schrifbtellem  des  Mittdalters  beschrieben; 
ja  selbst  dem  Alterthum  mögen  sie  nicht  fremd  gewesen  sem,  da  sie 
schon  von  Olympiodor  (in  der  ersten  Hälfte  des  5.  Jahrhunderts 
n.  Chr.)  erwähnt  werden  ^).  Doch  hatte  man  bis  in  das  Mittelalter 
in  Europa  wohl  noch  keine  Kenntniss  Ton  ihnen. 

Häufig  zeigt  sich  in  der  Nähe  artesischer  Brunnen  keine  Boden- 
anschwellung,  obwohl  die  Höhe  des  hervorschiessenden  Strahles  einen 
ansehnlichen  Druck  und  ein  ihm  entsprechendes  Ge&U  des  Wassers, 
also  auch   eine  benachbarte  Bodenerhebung  voraussetzt.    Offenbar  ist 
hierbei  der  höher  gelegene  Eintrittspunkt  des  Wassers  in  das  unter- 
irdische Sammelbecken  so  weit  von  dem  Brunnen  entfernt,  dass  er  von 
diesem  aus  nicht  gesehen  wird.    Dass  die  artesischen  Wasser  manchmal 
auf  ausserordentlich  weite  Strecken  durch  das  zerklüftete  Gestein  ihren 
W^  nehmen,  wird  auch  durch  die  Thatsache  bezeugt,  dass  der  arte- 
sische  Brunnen  von  Tours  einmal  am  30.  Januar  gut  erhaltene  Samen 
von   Pflanzen  heraufbrachte,   die  nur  im   Herbste  vorher  gereift  sein 
konnten.     Sie  hatten  also  zu  ihrer  Wanderung  durch  den  artesischen 
Canal  3  bis  4   Monate  gebraucht     Dass   sie   auf  ihrer  Bahn  keine 
wesentlichen  Hindernisse  zu  überwinden  hatten,  scheint  daraus  hervor- 
zugehen, dass  sie  in  Menge  gleichzeitig  erschienen;    es  ist  also  das 
Wasser  jedenfidls  aus  weiter  Feme  gekommen. 

Ist  nun  das  Wasser  emerseits  weithin  unter  der  Oberfläche  thätig, 
so  ist  es  doch  andrerseits  nicht  unter  jeder  Oberfläche  in  der  Hefe 
anzutreffen.  Der  Bergmann  teuft  bisweilen  bis  zu  grossen  Tiefen  ganz 
trockne  Schächte  ab;  er  bricht  in  sehr  bedeutenden  Tiefen  Steinsalz, 
welches  längst  vom  Wasser  au%elö8t  und  fortgeführt  worden  wäre, 
wenn  nicht  eine  Decke  wasserdichter  Erden  wie  ein  B^enschirm  über 
das  Steinsalz  ausgespannt  wäre  und  dem  Wasser  das  Eindringen  ver- 
wehrte. Daher  sind  auch  viele  Bohrungen  zur  Hanstellung  artesischer 
Brunnen  ohne  Erfolg  gewesen.  Undurchlässige  Schichten  an  der  Ober- 
fläche sind  somit  gewOhnUch  die  Ursache,  weshalb  das  Wasser  in 
grösseren  Tiefen  fehlt 

flache  Inseln,  namentlich  solche  madreporischen  Ursprungs,  sind 
stets  arm  an  Trinkwasser.  Indem  die  ge&Uenen  Meteorwasser  hier 
einsickern,  gelangen  sie  rasch  unter  das  Niveau  des  Meeres  und  fliessen 
dann  meist  untersedsch  ab.  Solche  Inseln  entbehren  daher  häufig  der 
Quellen;  man  sanmielt  das  Trinkwasser  in  Cüstemen  und  sucht  in  der 

^)  £.  Desor,  Aus  Sahara  and  Atlas.    Wiesbaden  1865.    S.  II  f. 


X.    Die  Quellen.  298 

Milch  der  Cocosnüsse  ein  Surrogat  für  dasselbe.  Auch  flache,  niedere 
Festlandsküsten  leiden  an  Stlsswassermangel.  Finden  sich  aber  daselbst 
Quellen,  so  zeigen  sie  oft  die  bemerkenswerthe  Eigenthümlichkeit,  dass 
sie  je  nach  dem  flintritt  von  Fluth  und  Ebbe  viel  oder  wenig  Wasser 
spenden  oder  dass  der  Brunnenspiegel  sich  in  Uebereinstimmung  mit 
den  Gezeiten  erhöht  und  senkt,  und  zwar  geschieht  dies  selbst  dann, 
wenn  der  Brunnen  über  dem  Meeresspiegel  liegt.  Es  steigen  und 
sinken  nämlich  hierbei  die  unterirdischen  süssen  Wasser  genau  so  wie 
die  Gewässer  der  in  den  Ocean  mündenden  Flüsse:  die  salzhaltigen 
und  schwereren  Wasser  wirken  stets  von  unten  her  und  heben  die 
süssen  Grundwasser  auf  ihrem  Rücken  empor,  da  die  Meereswellen  in 
die  Küstenformationen  vielfach  mit  beinahe  ebenso  grosser  Leichtigkeit 
eindringen,  als  sie  das  Gestade  umwogen. 

Solche  mit  den  Gezeiten  harmonische  Niveauschwankungen  der 
Brunnen  beobachtet  man  bei  Wasa  in  Finnland,  bei  Boyan  am  rechten 
Ufer  der  Gironde,  auf  Neu-Providence  und  anderen  der  Bahama- 
Inseln^).  Auch  deutschen  Inseln,  z.  B.  Sylt  und  Föhr,  ist  diese  Er- 
scheinung nicht  fi^md.  Die  Brunnen  daselbst  geben  zwar  ein  schönes, 
süsses  Quellwasser,  besitzen  aber  irgend  welche  Verbindung  mit  dem 
Meere;  denn  bei  südwestlichen  Stürmen  und  Fluthen  erfolgt  sogar  in 
den  25  bis  30  Meter  tiefen  Brunnen  der  hochliegenden  Norddörfer 
Braderup  und  Eampen  auf  Sylt  ein  Schwellen  des  Wassers,  ein  Brausen 
der  Luft  nach  oben,  so  dass  bisweilen  die  schwersten  Brunnendeckel 
emporgetrieben  wurden.  Bei  östlichen  und  nördlichen  Winden  entsteht 
hingegen  ein  Luftzug  nach  unten  in  den  Brunnen;  das  Wasser  Mit 
dann  in  gleicher  Weise  wie  der  Spi^el  des  benachbarten  Meeres*). 

Femer  wird  uns  Aehnliches  von  der  Halbinsel  Heia  (Westpreussen) 
berichtet^).  Hier  begegnet  man,  etwa  auf  der  Mittellinie  zwischen 
beiden  Küsten,  zahlreichen,  1 — IVs  Meter  tiefen  Brunnen,  welche  zwar 
weiches,  aber  doch  trinkbares  süsses  Wasser  liefern.  Dasselbe  ist 
nichts  anderes  als  Begenwasser,  da  zum  Leidwesen  der  Seeleute  kein 
mechanisches  Filtrum  dem  Wasser  die  gelösten  Salze  nimmt.  Ebenso 
gewiss  ist  es  jedoch,  dass  das  Meerwasser  nach  dem  Gesetz  der 
commimicirenden  Bohren  den  ganzen  Sandwall  bis  zum  Niveau 
des  Meeres  erftdlt;  nur  wegen  der  Capillarität  wird  die  horizontale 
Ebene,  welche  den  trocknen  Sand  von  dem  nassen  scheidet,  um  etwa 
50  bis  60  Millimeter  gehoben  werden.  Nach  Aussage  der  Nehrunger 
findet  beim  Steigen  und  Sinken  der  See  auch  ein  Steigen  und  Sinken 

»)  fi.  Reclus,  La  Terre.    Paris  1869.    Tome  II,  p.  189  sq. 
»)  Ausland  1865,  S.  1199  f. 

')  Julius  Schumann,  Geologische  Wanderungen  durch  Altpreussen. 
Königsberg  1869.    S.  47  f. 


294 


Dritter  Tbefl.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 


des  Wuhiiciii  in  den  Bnnmen  statt    Es  niht  dfrimiwA  das  SösswmBBer 
anf  dem  salzigen  Wasser. 

Zuweilen  sind  jene  Schwankmigen  der  WasseriiOhe  in  den  Bmmiiai 
noch  weit  landeinwärts  za  beobachten.  Bei  dem  Krmmen  des  IGfitäür- 
ho8[ntals  za  üDe,  8^ ,  S^^»  Mdkn  vom  nidisten  Köstenponkte  ent- 
fernt, sind  die  OsciDationen  des  Spiegds  am  stärksten  in  den  Syzygien 
(bei  Neu-  nnd  VoDmond),  am  schwächsten  in  den  Quadiatoren  (erstes 
mid  letztes  Viertd).  Der  höchste  Wasserstand  tritt  immer  8  Standen 
nach  dem  £intreflkn  der  höchsten  Fhithwdle  zwischen  Donkirdien  and 
Qüais  ein^). 

Die  Temperatar  der  Qaellen  entspricht  mdst  der  mittlereii 
Jahrestemperatnr  derjenigen  Gegend,  aas  wdcher  sie  herrortMredMii. 
Sind  sie  merklich  wärmer,  so  bezeichnet  man  sie  als  warme  oder  lane ; 
erreichen  sie  nahezu  die  Temperatur  des  Siedepunktes,  so  nennt  man 
sie  heisse  Quellen«  Beide  Arten  um&sst  der  Ausdruck  Thermen.  Es  ist 
demnach  klar,  dass  der  Begriff  der  Thermen  durch  die  klimatischen 
Verhältnisse  eines  Ortes  bestimmt  wird.  In  ai^tischen  Gebieten  mit 
einer  mittleren  Jahrestemperatur  von  —  2®  C.  ist  dne  Quelle  von 
+  1  ^  C.  bereits  eine  Therme,  während  in  der*Nähe  des^Aequators,  wo 
die  mittlere  Jahrestemperatur  26  bis  28  ^  C.  beträgt,  von  einer  Therme 
eine  Temperatur  von  mindestens  30^  C.  gefordert  wird« 

Durch  ausserordentUch  hohe  Temperaturen  berühmt  sind  ausser 
den  weiter  unten  zu  betrachtenden  heissen  Springquellen  die  von  A« 
Y.  Humboldt  und  Boussingault  untersuchten  Aguas  cahentes  de 
las  Trincheras  in  Südamerika  zwisdien  Portocabello  und  Nueva  Valencia 
(nach  A.  V.  H.  90,3,  nach  B.  23  Jahre  späto:  97  ^  C.)  und  die  Agaas 
de  Comangillas  bei  Guanaxuato  in  Mexico  (96®  C),  sowie  die  von 
Moriz  Wagner  ausführlich  beschriebenen  Quellen  von  Hammam- 
Meskhutin  im  algerischen  Atlasgebirge  (95®  C.)  und  die  Eatharinen- 
queUen  im  Kaukasus  (88,7®  C).  Zu  den  heisseren  Quellen  Mittel- 
europa's  gehören  folgende: 

BurtBcheid    .    .    .     77,5®  C. 


(}arkbad 
Wiesbaden  . 
Baden-Baden 
Ofen  .     .    . 


75,0  ®  C. 
70,0  ®  C. 
67,5®  C. 
64,0®  C. 


Aachen 
Ems      •    . 
Leukerbad 
Teplitz 


57,  5®  C. 
56,25  ®  C. 
50,  2®  C. 
49,  4®  C. 
48,  1®  C. 


'Gastein.     . 
Mehadia  (Ungarn)    64,0®  C. 

Die  höheren  Temperaturen  derartiger  QueUen  sind  ohne  Zweifel 
meist  dadurch  zu  erklären,  dass  ihr  Heerd  in  grossen  Tiefen  liegt 
Da  nach  dem  firüher  gefundenen  Gesetz  der  Wärmezunahme  in  den 


>)  Comptes  rendos.    Tome  XIV  (1S42),  p.  310  sq. 


X.    Die  Quellen.  295 

oberen  Schichten  der  Erdrinde  die  Temperatur  auf  je  33  Meter  Tiefe 
um  1  ^  C.  wächst  (vgl  Bd.  I,  S.  199),  so  darf  man  hieraus  ableiten, 
dass  Quellen,  welche  10^  C.  wärmer  sind  als  die  durchschnittliche 
Lufttemperatur  des  betreffenden  Ortes,  aus  einer  Tiefe  von  330  Metern 
kommen,  dass  somit  QueUen,  welche,  wie  die  Thermen  von  Wiesbaden, 
jenen  Werth  um  (JO®  C.  überschreiten,  aus  Tiefen  von  330  Metern 
X  6  =  1980  Metern  heraufsteigen,  wobei  man  den  kleinen  Betrag 
der  Abkühlung  vernachlässigt,  welche  die  Wasser  beim  Durchgang 
durch  die  oberen,  kälteren  Schichten  erfahren. 

Gebiete,  welche  noch  g^enwärtig  der  Schauplatz  vulcanischer 
Kräfte  sind  oder  es  einstmals  waren,  ja  selbst  basaltische  und  trachy- 
tische  Gegenden  zeigen  häufig  eine  weit  schnellere  Wärmezimahme 
nach  unten.  Darum  begegnet  man  hier  heissen  Quellen  häufiger  als 
anderwärts;  kochend  heisse  Quellen  sind  sogar  ausschliesslich  auf 
vulcanische  Territorien  beschränkt.  Doch  ist  die  Bildung  der  Thermen 
überhaupt  keineswegs  nothwendig  an  das  Vorhandensein  thätiger  oder 
erloschener  Vulcane  geknüpft;  vielmehr  fehlen  sie  weder  eruptivem, 
noch  sedimentärem  Gestein ,  weder  jüngeren,  noch  älteren  Formations- 
gliedern.  Dass  bisweilen  auch  chemische  Kräfte  die  Wärme  der  Quell- 
wasser erhöhen,  kann  wohl  kaum  geleugnet  werden;  doch  darf  ihnen 
im  allgemeinen  hierbei  nur  eine  nebensächliche  Bedeutung  zugeschrieben 
werden. 

Die  interessantesten  aller  Thermalquellen  sind  die  periodischen 
Springquellen  (auf  Island  Hverjar,  auf  Neuseeland  Puias  genannt). 
Genauer  erforscht  wurden  zuerst  diejenigen  auf  Island,  insbesondere 
der  grosse  Geysir,  an  welchem  wir  darum  das  Phänomen  der  Spring- 
quellen näher  erläutern  wollen. 

Der  grosse  Geysir^),  am  Fusse  des  Bamafell  gelegen,  hat  sich 
selbst  durch  allmählichen  Absatz  der  in  seinem  Wasser  aufgelösten 
Eaeselerde  um  seine  Ausmündung  einen  flachen  Kegel  von  Kieselsinter 
aufgebaut,  welcher  etwa  um  10  Meter  die  Thalfläche  überragt  und 
einen  Durchmesser  von  70  Metern  hat  In  seinen  Gipfel  ist  ein  &st 
kreisrundes,  kesselartiges  Becken  eingesenkt,  dessen  Wände  ebenfalls 
ausserordentUch  sanft  geneigt  sind.  Dieses  Bassin  hat  eine  Tiefe  von 
2  bis  2V8  Metern  und  an  seinem  oberen  Rande  von  Ost  nach  West 
einen  Durchmesser  von  18,  von  Süd  nach  Nord  einen  solchen  von 
16  Metern.  In  seinem  Grunde  mündet  der  oben  etwa  3  Meter  weite 
und  21  Meter  tiefe,  nach  unten  sich  verengende  cylindrische  Canal, 
aus  welchem  das  Wasser  empordringt.    Die  Wände  desselben  bestehen 

^)  Geysir  heisst  soviel  als  Sprudler;  dieser  Name  könnte  daher  auf  alle 
heissen  Springquellen  angewandt  werden. 


296  r>ritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

ans  Eaesdsinter  und  erscheinen  in  Folge  der  beständigen  Beibang 
Wassen  so  glatt,  als  ob  sie  polirt  wären.  Grewölmlich  ist  das  Becken 
mit  krystaDheUem,  blänfich-gränem  Wasser  angefoDt;  dasselbe  besitzt 
an  der  Oberfläche  eine  Temperator  von  76  "bis  89  •  C,  in  der  Tiefe 
von  21  Metern  Tor  den  Wasser-  nnd  Damp&nsbrüchen  dne  solch*r 
von  127^,  nach  denselben  von*122^  C. 

Von  Zeit  zu  Zdt,  gewöhnlich  nadi  einer  Pause  von  24  bis  3^* 
Stunden,    erfolgt    eine    änsserst   heftige,    grossartige    Wassererupüon. 
welcher  mehrere  kleinere  Änsbrüdie  vorausgehen.    Starke  nnterirdischr 
(}ewittertöne  verkündigen  den  ersten  derselben;  das  Wasser  seh\rilh 
bis   zmn  Rande    des   Bassins  an,    beginnt   za    wallen;    eme    alber- 
glänzende Sänle  steigt  ans  der  Mitte  des  Hügels  empor  nnd  stürzt, 
nachdem  sie  dne  Höhe  von  5  bis  6  Metern  erreicht  hat,  sofort  wieder 
in  sich  zusammen.    Derartige  vorläufige  Eruptionen  wiederholen  sich 
während  des  ganzen  Tages  nach  Sartorins  v.  Waltershausen  in 
r^ehnässigen  Perioden  von  zwei  Stunden,  nach  Preyer  und  Zirkel 
mit  grosser  B^ehnässigkeit  in  20  bis  30  Minuten ,  also  wahrscheinlich 
anfimgs  alle  zwd   Stunden,   dann  aber  in  kürzeren  Zwischenrätunen« 
bis  endlich  eine  der   grösseren  Eruptionen  eintritt    Unter  stärkerem 
Gedonner  und  erneuten,  furchtbaren  Schlägen,  bei  denen  der  Erdboden 
heftig  erschüttert  wird,    erhebt  sich  pfeilschneQ  ein  mächtiger  StrahL 
der  sich  oben  verdünnt  und  zuletzt  zerstäubt    Er  ist  etwa  3  Meter 
stark  und  mehr  als  30  Meter  hoch;  biswellen  sinkt  er  auf  einen  Augen- 
blick bis  zur  Hälfte  zusammen  oder  verschwindet  ganz,  um  im  nächsten 
AugenbUcke   wieder  mit   um    so    grösserer   Gewalt   hervorzubrech^L 
Ungeheure  Dampf  wolken  lagern  sich  über  einander  und  verhüllen  zum 
Theil  die  Wassergarbe.    Dieses  unvergleicUich  grossartige  Schauspiel 
währt  etwa   10  Minuten  lang.    Hierauf  fidlt  der  Wasserstrahl  in  sich 
zusammen,    und   die   Buhe   kehrt   wieder.    Das  hocherhitzte  Wasser 
fliesst  an  den  Sdten  des  Kegek  herab;  das  Becken  li^  trocken  vor 
dem  Auge  des  Beobachters  da;  das  Wasser  steht  still  und  ruhig  in  dem 
Ausflussrohre,  noch  etwa   2   Meter  mit  seiner  Oberfläche  von  dem 
Eraterrande  entfernt    Nur  ganz  allmählich  steigt  es  wieder,  und  ene 
neue  Elruption  bereitet  sich  vor. 

Nach  der  älteren,  schon  von  Tobern  Bergmann  angestellten 
und  später  von  Mackenzie  erweiterten  Theorie  sind  unterirdische 
Hohlräume  (H  in  Fig.  27)  als  Heerd  der  Geysiremptionen  anzusehen« 
in  welche  von  oben  (durch  die  Spalten  W)  Wasser  und  von  unten 
(durch  die  Spalten  D)  Dampf  eindringt  In  diesen  Hohlräumen 
werden  die  Dampfmassen  durch  die  Wassersäule  zurückgehalten, 
welche  den  Verbindungscanal  nach  der  aufwärts  führenden  Röhre  ver- 
schliesst    Daher  sammeln  sich  die  Wasserdämpfe  in  dem  oberen  Theile 


n'^gjtt.ig^lj-w  297 

WUVilS»f|i«iANl^^''Bi'  B^annykraft  den 


I  gewaltsam  durch  die 


Sil 


Lact  der  Theorie 


ulgiE^^^^^Xii^i^^  •Wassersäule  zu  heben. 

„^^K^^^^- ^^S^^^^'^'^  >   seitdem 

.     -,    .     .  ^i^'^^^^^?^#«i?ie  Temperaturen  des 

-■*;  -3-^0  :S'&^'l«^!Ki^||J:^-*'le^KÄäfiaoniene  in  neuer,  sehr 

J*^u^^'^^«S'i^t'>her  erkannt  worden 

^.^iC^i^^tS&j^aäln^ptioDscanal  nach  unten 

"  ^»^^«^o  (ausser  bei  den  Erup- 

innerhalb  der  Röhi-e 


t'ä^^Sf^^tk       ^. _..^. 

■M^t'^li'    ^fe  *»p.i4S.-.S5r.jä««™Ki.i.a„Ti».™B.....-,. 

■SSM  fr  »  '^'S'-^'^-^^- 

■2"^£5Ä*äB'^*^K*H^e''  erhitzt  nach  oben 
~ '      ''^       '^"     "       ;nitur  in  allen  Höhen 


298  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lofthälle  der  Erde. 

der  Wassersäule.    Sie  beträgt  in  der  Tiefe  der  Bohre  122  bis  127  <^  C.  ; 
dennodi  siedet  bier  das  Wasser  nicht,   weQ   der   Druck   der    hoben 
Wassersäule  es  daran  Terhindert     Endlich  konunen  bei  fortgesetzter 
Erwärmung   der  gesammten   Wassermenge  im  Bohre  heisse  Wasaer- 
partien   herauf  in   Schichten,  in  welchen  sie  den  dem  Drucke   ent- 
sprechenden Siedepunkt   errdchen.     Sofort   entwickehi  sich   Dämpfe; 
hierdurch  erfiGdu:en  die  darunter  Hegenden  Schichten  eine  Druckvemiin- 
derungy  und  so  verwandelt  sich  ein  grösserer  Theil  der  Wassersäule  in 
DampC    Alles  Wasser  oberhalb  dieser  Dämpfe  wird  durch  diesdben 
emporgehoben   und    hoch  in  die  Luft  geschleudert     Abgekühlt   &Ih 
es  in  das  Becken  zurück,   und  so  erfolgt  eine  kleine  Unterbrechnng 
der  Dampfentwicklung.    In  immer  kürzer  werdenden  Intervallen  wieder- 
holt sich  dieser  Vorgang,  bis  schliesslich  eine  gewaltige  Dampfex{do6ion 
einen   ganz   besonders    kräftigen    Strahl    emportreibt     Die    kleineren 
Eruptionen  sind  gleichsam  misslungene  Bildungsversuche  der  letzten, 
welche  erst  dann  eintritt^  wenn  die  Wassermasse  soweit  erhitzt  worden 
ist,  dass  die   mit  dem   Entweichen   der  Dämpfe  verbundene  Drack- 
verringerung  ein  allgemeines  Aufkochen  bewirken  kann.     Nach  jeder 
grösseren  Eruption  ist  der  Stand  des  Wasserspiegels   1   bis  2  Meter 
niedriger  als  vorher,  weil  ein  Theil  des  Wassers  auf  die  äusseren  Ab- 
hänge des  Kegels  trifit  und  hier  abfliesst 

Da  die  Länge  der  Perioden  zwischen  je  zwei  Haupteruptionen 
durch  die  Menge  und  die  Temperatur  der  in  das  Bohr  einströmenden 
Wasser,  sowie  durch  die  Dimensionen  des  Bohres  bedingt  ist 
so  ist  es  klar,  dass  nicht  nur  die  Pausen  zwischen  zwei  Eruptionen 
verschiedener  G^sir,  sondern  auch  die  eines  und  .dessdben  Geysirs 
in  verschiedenen  Zeiten  hinsichtlich  ihrer  Länge  beträchtliche  Differenzen 
aufweisen  müssen. 

Nach  Bunsen  ist  bei  der  Erklärung  des  Grejsirphänomens  die 
Annahme  grosser  unterirdischer  Hohlräume,  in  denen  sich  mächtige 
Dampfinassen  ansammeln,  schon  deshalb  nicht  haltbar,  weil  das 
Wasser  der  Bohre  nach  der  Eruption  nicht  gänzlich  in  jene  Hohl- 
räume zurücksinkt,  sondern  sich  nur  um  diejenige  Menge  vermindert 
welche  an  den  äusseren  Bändern  des  Beckens  herab&Ut 

Nur  wenige  hundert  Schritte  von  dem  grossen  Geysir  entfiemt 
hegt  eine  andere  periodische  Springquelle:  der  Strokkr  (das  Butter- 
£eiss).  Statt  des  Eruptionskegeb  umgiebt  nur  ein  wuktförmiger,  kaum 
10  Centimeter  hoher  Band  aus  braunem,  festem  Sinter  seine  Oeffiiung. 
Sein  Bohr  verengt  sich  nach  unten  trichterförmig;  es  hat  oben  eine 
Weite  von  etwa  2Vs  Metern,  unten  hing^en  nur  von  ^  4  Meter.  Die 
Wassersäule  nähert  sich  dem  Bande  gewöhnlich  auf  3  bis  4  Meter 
und  ist  dauernd  in  starkem  Wallen   und  Aufkochen   b^iiffien.    Im 


X.    Die  Quellen.  299 

Vergleich  zu  dem  grossen  Geysir  sind  bei  dem  Strokkr  die  Ausbrüche 
häufiger,  die  emporgeschleuderten  Wassermassen  aber  geringer.  Seine 
in  den  feinsten  Staub  au%elösten  Wasserstrahlen  erreichen  eine  Höhe 
▼on  40  bis  50  Metern.  Durch  Hinabwerfen  von  Steinen  und  Erden 
in  seinen  Schlund  lässt  er  sich  zu  einer  Eruption  nöthigen. 

Um  den  grossen  Geysir  und  Strokkr  schaaren  sich  noch  gegen 
40  kleinere  Quellen  und  Sprudel  auf  einer  von  Nordnordost  nach 
Südsüdwest  langgestreckten  eUiptischen  Fläche;  der  kleine  Geysir 
sendet  von  vier  zu  vier  Stunden  eine  10  bis  13  Meter  hohe  Wasser- 
garbe empor. 

Noch  bedeutsamer  als  die  Geysirbildungen  auf  Island  sind  die- 
jenigen auf  Neuseeland  und  im  Gebiete  des  Yellowstone-River  in  den 
Vereinigten  Staaten. 

Die  Geysirregion  Neuseeland's  (der  nördlichen  EUiuptinsel  zu- 
gehörig) lässt  sich  am  besten  durch  zwei  parallele  Linien  begrenzen^ 
welche  man  vom  West-  und  Ostende  des  Taupo-Sees  nach  Nordosten 
bis  zur  Bay  of  Plenty  zieht;  auf  diesem  kleinen  District  entströmen  an 
mehr  als  tausend  Punkten  heisse  Dämpfe  der  Erde.  Wir  ßihren  hier 
nur  das  Wichtigste  aus  der  Schilderung  an,  welche  Ferdinand 
V.  Hochstetter  von  diesem  Geysirgebiete  giebt^). 

Der  aus  dem  Taupo  -  See  kommende  Waikato  stürzt  sich  etwa 
4  geogr.  Meilen  unterhalb  seines  Austrittes  aus  demselben  reissenden 
Laufes  durch  das  enge,  tief  ausgedrehte  Thal  von  Orakeikorako,  über 
welches  uns  F.  v.  Hochstetter  Folgendes  berichtet :  „An  den  Ufern 
steigen  weisse  Dampfwolken  auf  von  heissen  Cascaden,  die  in  den 
Fluss  fallen,  und  von  Kesseln  voll  siedenden  Wassers,  die  von  weisser 
Steinmasse  umschlossen  sind.  Dort  steigt  eine  dampfende  Fontaine  in 
die  Höhe  imd  sinkt  wieder  nieder;  jetzt  erhebt  sich  an  einer  andern 
Stelle  eine  zweite  Fontaine;  auch  diese  hört  auf;  da  fangen  aber  zwei 
zu  gleicher  Zeit  an  zu  springen,  eine  ganz  unten  am  Flussufer,  die 
andere  gegenüber  auf  einer  Terrasse,  und  so  dauert  das  Spiel  wechsehid 
fort,  als  ob  mit  emem  kimstvoU  und  grossartig  angelegten  Wasserwerke 
Versuche  gemacht  würden,  ob  die  Springbrunnen  auch  alle  gehen,  die 
Wasserfälle  auch  Wasser  genug  haben.  Ich  fing  an  zu  zählen  alle 
die  einzelnen  Stellen,  wo  ein  kochendes  Wasserbecken  sichtbar  war 
oder  wo  eine  Dampf^oUce  ein  solches  andeutete.  Ich  zählte  76  Punkte, 
ohne  jedoch  daa  ganze  Gebiet  übersehen  zu  können,  und  darunter 
sind  viele  intermittirende,  geysirähnUche  Springquellen,  welche  perio- 
dische Wassereruptionen  haben  .  .  .  Das  Quellengebiet  erstreckt  sich 
dem  Waikato  entlang  etwa  eine  englische  Meile  weit  an  beiden  Fluss- 
ufem." 

')  Ferdinand  y.  Hochstetter,  Neuseeland.  Stuttgart  1S63.  S.251— 294. 


]fl?äNfl^^|&^'f  Jl-on   Orakeikorako  und   der 

^gr*3l*'S''irl#*^  '^ftender  L&ndachafteii    einer 

'jCRgO^^'^fiAriil^iw^^llen  tmd  onter  ümen  aacb 

yg{«V.|9^AirHl8ttiB>'^(=^t>™   Uo-   herror;     das 

"  »llM'll'l^oi    NatorschOnheiten    2sea- 

g^SäflB  '^tt  im  Südosten  jenes  See- 

BflcSnJtlBp  oder  wannen  See&      Er 

l|H|emi  sowoU  an  dem  Rande 

B5j|aU  siedend  hdsses  Wasser 

IBlnigebuig  ist  fortwährenden 

_ -  jKn.'n   in  Wasser,  mid  Felsen 

■S'*«S*ff  fl  ^eofllen  versiegen,  andere  ent- 
IfS^^^SCS^'ä^®  <^^  grossaitigsten  Quellen. 
JTlif^'B&lViriVlft)  6tf'^^°^°   B^t   Tetarata    4der 

Sbi9LiaA£^2«?iVtf  BlentliQmlicIien  Formen   der 
_&g«S^i  ^^itiHH^  Ende  da>  Sees.     ,Xtm 
IF^  «^i1>ewachsenen  Bttgelabbang. 
^J^S«clv'd  gerOtheten  Stilen  hasse 
^i^t||ti^g>aterförmigen,  nach  der  See- 
"»i^'^ül^n,  10  bis  13  Meter  hohen. 

'"^^^ 

-  -".:|t  Fig.  29. 


^- 


**^*1' 


B*J>99ARkaR>  aft»  m^  äSF»  afta  «Rb 

^.MZt^m^/Jlätt^^.l 

"  "r%^w^*!^'|'l'ä'breQd  nahezu  dnen  5Ieter 

Ungeheure  Dampftrolkai, 

^  wirbdn  auf  und  verhindern 

Der  Engeborene  ■wdcher 

jSnchtete  ihm,  dass  biswalon 

imrer  Kraft   aoegewor&n 


X.    Die  Quellen.  301 

werde  und  dass  man  dann  gegen  10  Meter  tief  in  das  leere  Bassin 
hinabschauen  könne,  das  sich  aber  sehr  schnell  wieder  Mle.  Nur 
bei  heftigem,  anhaltendem  Ostwinde  sollen  solche  Eruptionen  vor- 
kommen ^). 

Das  Wasser  reagirt  neutral,  hat  einen  schwach  salzigen,  aber 
keineswegs  unangenehmen  Geschmack  und  besitzt  in  hohem  Grade 
die  Eigenschaft  zu  versteinern  oder  richtiger  zu  übersintem  und  zu 
incrustiren.  Der  Absatz  ist,  wie  bei  den  isländischen  Quellen,  Eaesel- 
sinter  oder  Kieseltuff,  und  der  Abfluss  des  Sprudels  hat  am  Abhang 
des  Hügels  ein  System  von  Kiesekinterterrassen  geschaffen,  die  weiss, 
wie  aus  Marmor  gehauen,  einen  AnbUck  gewähren,  den  keine  Beschrei- 
bung und  kein  Bild  wieder  zu  geben  vermag.  Es  ist,  als  ob  ein  über 
Stufen  stürzender  Wasserfall  plötzlich  in  Stein  verwandelt  worden  wäre. 
Die  unteren  Terrassen  sind  niedrig,  die  oberen  hingegen  1  bis  2  Meter 
hoch.  Sie  bestehen  aus  einer  Anzahl  halbrunder  Stufen  oder  Becken, 
von  welchen  sich  jedoch  nicht  zwei  in  ganz  gleicher  Höhe  befinden. 
Jede  dieser  Stufen  hat  einen  kleinen  erhabenen  Rand,  von  welchem 
zarte  Tropfsteinbildimgen  auf  die  tiefere  Stufe  herabhängen,  und  eine 
bald  schmälere,  bald  breitere  Plattform,  die  ein  oder  mehrere  im 
schönsten  Blau  schimmernde  Wasserbecken  umschliesst  Diese  Wasser- 
becken bilden  ebenso  viele  natürliche  Badebassins,  die  der  raffimirteste 
Luxus  nicht  prächtiger  und  bequemer  hätte  herstellen  können.  Man 
kann  sich  die  Bassins  seicht  und  tief,  gross  und  klein  auswählen,  wie 
man  will,  imd  von  jeder  beUebigen  Temperatur,  da  die  Bassins  auf 
den  höheren,  dem  Hauptbassin  näher  gelegenen  Stufen  wärmeres  Wasser 
enthalten  als  die  auf  den  tieferen  Stufen^). 

Die  nordamerikanische  Geysirregion  haben  wir  an  zwei  Neben- 
flüssen des  Missouri,  an  dem  Upper  Yellowstone-  und  dem  Madison- 
Biver,  zwischen  dem  44.  und  45.  Grad  n.  Br.  und  dem  110.  und 
111.  Grad  w.  L.  v.  Gr.  zu  suchen.  Sie  wurde  im  Sommer  1869  durch 
Cook  und  Folsom  entdeckt  und  im  Jahre  1871  (Juni  bis  August) 
durch  eine  von  der  Regierung  der  Vereinigten  Staaten  ausgerüstete 
Expedition  unter  Leitung  des  Geologen  F.  V.  Hay  d  en  genauer  erforscht. 
Hayden  sagt  in  seinem  Bericht  („Preliminary  Report  of  the  U.  St. 
geological  Survey  of  Montana"),  dass  die  Schönheit  und  Erhabenheit 
jenes  Schauplatzes  vulcanischer  Thätigkeit  jede  Erwartung  übertreffe. 
Die  Regierung  der  Vereinigten  Staaten  beschloss,  dieses  Geysirgebiet, 
um  es  nicht  eine  Beute  gewinnsichtiger  Speculation  werden  zu  lassen, 
zu  einer  Staatsdomaine  zu  erklären  und  einen  Nationalpark  aufi  dem- 
selben zu  schaffen. 

')  L  c.  S.  271  l 

«)  Wörtlich  nach  F.  v.  Hochstetter,  1.  c.  S.  272  f. 


302  Dritter  Theil.    Die  Wasser  -  und  Lufthülle  der  Erde. 

Die   Thäler   jenes  durchweg    vulcanisdieii   Ternuns    (doch     sine 
thätige  Vulcane  nicht  voihanden)  li^en  gegen  2000  Meter  hoch   and 
sind   von    mächtigen   Grebiigsketten    umgeben,    deren   schneebedeckte 
Häupter  bis  zu  einer  Meereshöhe  von  3000  bis  4000  Metern  sicli  er- 
heben.   Wie  auf  Neuseeland,  so  finden  sich  auch  hier  blendend  weisse. 
aus  kalkhaltigen  Niederschlägen  zusammengesetzte  Hügel,  welche,  durch- 
ans  einer  gefit)renen  Cascade  gleidiend,  in  stnfenartigen  Terrassen  herab- 
steigen.  Die  steileren  Seiten  der  Hügel  sind  gewöhnlich  mit  dner  Reihe 
halbkreisförmiger   Becken  geschmückt,    deren    Seitenwftnde   bisweilen 
eine  Höhe  von  nur  wenigen  Centimetem,  bisweilen  aber  auch  von  2. 
ja  2Vs  Metern  besitzen. 

Von  der  grossen  Anzahl  der  dortigen   Geysir  sind  folgende  die 
bedeutendsten:  Am  Tellowstone-Biver  sendet  der  Schlammgeysir  alle 
3^4   Stunden  dnen  im  Durchschnitt  5  Meter  (manchmal  6,  sogar  10 
Meter)  hohen,  von  dichten  Dampf  wolken  umhüllten  Wasserstrahl  empor, 
welcher  unge&hr  15  Minuten  lang  verbleibt  und  dann  eboiso  rasch 
wieder  verschwindet,   als  er  erschien.    In  dem  Lower  Oeysir-Basm 
(an  dem  Fire-Hole-River,   einem  der  QueDflüsse  des   Madison-Biveri 
begegnet  man  zahlreichen,   aber  meist  kleineren  Springquellen.     Hln- 
g^en  tritt  uns  das  Geysirphänomen  in  dem  Upper  G^ysir-Basin  (eben- 
&IIs  am  Ure-Hole-River)   in  ausserordentlich  grossartiger  Weise  ent- 
gegen.   Hier  treibt  der  „Grand  Geysir**  in  Pausen  von  etwa  32  Standen 
einen  2  Meter  starken  Wasserstrahl  20  Minuten  lang  bis  zu  einer  Höhe 
von  63  Metern  empor,  während  die  Dampf  wolke  sogar  eine  Höhe  von 
325  Metern  erracht    Demselben  Thale  gehört  auch  der  „Biese*'  (Gianti 
an,  welcher,  während  Hayden  im  Upper  Geystr-Basin  weilte,  einmal 
80  Minuten  lang  einen  Wasserstrahl  bis  zu  einer  Höhe  von  45  Metern 
emporsandte.    Lieutenant  Doane  sah  aus  demselben  Becken  im  Jahre 
1871  eine  Wassersäule  ununterbrochen  3  Stunden  lang  in  einer  Stärke 
von  1'  3  Metern  bis  zu  einer  Höhe  von  SO  bis  65  Metern  emporsteigen. 
Die  ^Riesin^   (Griantess),  in  demselben  Thale  weiter  aufwärts  gelegen, 
hat  die  grossartigsten  Eruptionen  in  dieser  Geysirregion.    Mit  macht- 
voller Bew^ung  dringt  die  Hauptwassermasse  gegen  20  Meter  über  den 
Beckenrand  empor;  gleichzeitig  überragen  5  oder  6  kleinere  Wassersäulen 
von  15  bis  40  Centimeter  Durchmesser  den  Gipfel  jenes  Wasserkegeb 
und  schiessen   manchmal  bis  zu  dner  Höhe  von  80  Metern  empor. 
Dieser  Umstand  deutet  auf  Nebenröhien  hin,  welche  sich  nahe  der 
Oberfläche  mit  der  Hauptröhre  vereinigen.  Die  flruptionen  der  „Giantess^ 
halten  etwa  20  Minuten  an  und  ereignen  sich  in  Zwischenräumen  von 
22  Stunden.    Unge&hr  90  Meter  von  der  „Riesin^  entfernt  befindet 
sich  ein  symmetrischer  Kegel  von   einem  Meter  Höhe,  der  ,3^^^- 
stock"  (Beehive),  welcher  bei  einem  18  Minuten  lang  dauernden  Aus- 


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Der 

yden  mit  dem 

:ächnet;  er  Eendet  in 

2  Meter  starke 


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iST^H"i^>-  ■^■^«n  d«  V(reinigt«n  bluten). 

pft^^r^^i^äst  in  allen  Ländern 
.J2^^f^tfig;d.  h.  Quellea,  deren 
!^  ji«^Si?^^*re  Lußtemperatur  des 

:^^«^^n^^en    1872,    S.    241—25». 


304  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  nnd  Lufthülle  der  Erde. 

Ortes,   an  welchem  sie  zu  Tage  treten,  zu  den  grössten  Seltenheiten. 
Kommen  die  Thermen   ohne  Ausnahme  aus  den  Tiefen  der  Erde,  so 
steigen  kalte  Quellen  immer  aus  höheren  B^onen  herab  und  erscheinen 
dann  in  den  Thälem  als  relativ  kalte  Wasser.    Mit  Firnschnee  nn^l 
Gletschern  bedeckte,  von  Spalten  viel&ch  durchzogene  Grebiige  bieten 
die  günstigsten  Bedingungen  fiir  die  Entstehung  kalter  Quellen  dar. 
Ruht  ein  Gletscher  auf  zerklüftetem  Kalkstein,  so  sinken  seine  Schmelz- 
wasser in  die  Klüfte  und  bilden  weiter  thalabwärts  eiskalte,  periodisch^ 
Quellen.     Sie  fliessen  meist  nur  im  Sommer,  versiegen  aber  im  Winter. 
wenn  die  Wasser  innerhalb  der  Gletschermasse  zum  grössten    Theil 
erstarren.     Zu  derartigen  Quellen  ist  z.  B.  der  eiskalte  Liebfiraaen- 
brunnen  zu  zählen,  der  nur  200  Schritte  von  den  warmen  Quellen  des 
Leukerbades  entfernt  ist    An   d^  Gemmi  Uegt  in  2275  Meter  Höhe 
der  Daubensee,  der  sich  über  sehr  zerklüftetem  Kalkstein  ausbreitet. 
400  Meter  tiefer,  auf  der  Spitalmatte  zwischen  Kandersteg  und  der 
Gemmi,  brechen  50  ergiebige  kalte  Quellen  hervor,  welche  als  der 
Abfluss  des  Daubensees  angesehen  werden  dürfen^). 

Die  chemische  Beschaffenheit  der  Quellwasser  ist  ^ne 
ausserordentlich  verschiedene.  Beines  Wasser  findet  sich  nur  äusserst 
selten  in  der  Natur,  da  schon  der  aus  der  Luft  herabstürzende  B^en- 
tropfen  ein  Qiuintum  Sauerstoff  und  Kohlensäure,  nicht  selten  auch 
Ammoniak  oder  Schwefelwasserstoff  mit  zur  Erdoberfläche  herabbringt 
Indem  nun  das  Wasser  in  die  lose  Erdkmmendecke  eindringt,  wirkt 
es  vermöge  seines  Kohlensäure-  und  Sauerstoffgehaltes  überall  zersetzend 
und  auflösend,  insbesondere  nach  seinem  Durchgang  durch  die  an  ver- 
wesenden vegetabilischen  Besten  reiche  obere  Schicht  der  Erde,  in 
welcher  es  die  durch  Fäulniss  von  Oiganismenresten  entstehende 
Kohlensäure  in  reicherer  Menge  aufhrmmt* 

Jede  Felsart  wird,  vom  Wasser  angegriffen,  im  Laufe  der  Zeit 
zerstört;  doch  geschieht  dies  je  nach  der  Art  des  Gesteinsmaterials 
bald  auf  diese,  bald  auf  jene  Weise.  Manche  Gesteine  löst  es  direct 
(z.  B.  Gyps,  Steinsalz,  Kalkstein,  Dolomit,  Alaun,  Salpeter);  andere, 
welche  dem  Wasser  Widerstand  leisten,  wandelt  es  aus  wasserfineien 
in  wasserhaltige  Mineralien  um  (so  Anhydrit  in  G^yps),  um  sie  dann 
mit  fortzutragen;  noch  andere  unlösliche  Mineralien  er&hren  zunächst 
eine  Zersetzung  durch  die  Kohlensäure  des  Wassers,  welches  hierauf 
aDe  dann  löslichen  Elemente  (der  Alkalien,  des  Kalkes,  des  Eisen- 
oxyduls und  eines  Theiles  der  Kiesdsäure  der  Feldspathe)  entfährt 
So  werden  entweder  durch  directe  Lösung  oder  durch  vorausgehende 

^)  Gustav  Bischof,    Lehrbuch    der  chemischen  und   physikalischen 
Geologie.    Bonn  1863.    Bd.  I,  S.  238  f. 


X.    Die  Quellen.  305 

Zersetzung  und  dann  erfolgende  Lösung  die  manigfachsten  Mneral- 
lösungen  gebildet,  welche  theilweise  in  den  unterirdischen  Hohlräumen 
durch  Verlust  eines  Theiles  der  Kohlensäure  oder  durch  Verdunstung 
des  Wassers  ihre  Bestandtheile  wieder  absetzen  oder  als  Mineralquellen 
zu  Tage  treten. 

Viele  Salze,  namentlich  kohlensaurer  Kalk  und  kohlensaure  Mag- 
nesia, werden  in  erster  Linie  durch  die  Kohlensäure  aufgelöst ;  von  dem 
Kohlensäuregehalt  des  Wassers  hängt  darum  auch  vor  allem  die  Menge 
der  im  Wasser  aufgelösten  mineralischen  Substanzen  ab;  durch  deren 
grössere  oder  geringere  Quantität  aber  ist  der  Unterschied  zwischen 
hartem  imd  weichem  Wasser  bedingt.  Das  erstere  ist  wegen  seines 
reicheren  Kalkgehalts  ungeeignet  zum  Waschen,  sowie  zum  Kochen  von 
Hülsenfrüchten,  die  in  demselben  hart  bleiben,  während  sie  in  dem 
letzteren  rasch  erweichen.  Durch  diese  Eigenschaften  erklären  sich  die 
beiden  Namen  hartes  und  weiches  Wasser.  Man  bezeichnet  (nach 
Fehling's  Methode  der  Härtebestimmung)  den  Härtegrad  des  Wassers 
mit  1,  2  etc.,  wenn  man  in  100  Cubikcentimetem  (=  100  Gramm) 
Wasser  1,  2  etc.  Milligramm  Calciumoxyd  oder  einen  Gehalt  von 
^'i  00  000  3.n  härtemachenden  Bestandtheilen,  in  Kalkäquivalenten  aus- 
gedrückt, in  dem  Wasser  vorfindet.  Als  Trink-  imd  Nutzwasser  sind 
die  Wasser  noch  verwendbar,  so  lange  sie  den  Härtegrad  18  nicht 
überschritten  haben. 

Eine  viel  reichere  Menge  von  Salzen  und  anderen  mineralischen 
Stoffen  findet  sich  in  den  sogenannten  Mineralwassem,  wozu  die  meisten 
warmen  und  heissen  Quellen  gehören,  deren  Wasser  vermöge  seiner 
hohen  Temperatur  viele  Substanzen  der  Erdkruste  leichter  auflöst  als 
kaltes.  Doch  müssen  nicht  alle  warmen  Quellen  nothwendig  Mineral- 
quellen sein  und  sind  es  thatsächlich  nicht  imimer,  da  die  Substanzen, 
durch  welche  sie  hindurchgehen,  in  sehr  ungleichem  Grade  löslich 
sind.  So  sind  die  warmen  Quellen  von  Gastein  und  P&ffers,  sowie 
von  Wildbad  durchaus  keine  Mineralquellen,  bestehen  vielmehr  aus 
besonders  reinem  Wasser.  Die  Mineralquellen  enthalten  hauptsächlich 
Carbonate,  Sulfate  oder  Chlorverbindungen  von  Calcium,  Magnesium 
oder  Natrium,  femer  Kieselsäure  und  Eisenoxydul.  So  besitzt  das 
Wasser  des  grossen  Geysirs  auf  Island  nach  genauer  Analyse  auf  je 
1000  Theile  folgende  Substanzen  in  den  angegebenen  Quantitäten: 

Kieselsäure 0,5097 

Kohlensaures  Natron  .  .  .  0,1930 
Kohlensaures  Ammoniak  .  0,0083 
Schwefelsaures  Natron  .  .  0,1070 
Schwefelsaures  Kali  .  .  .  0,0475 
Schwefelsaure  Magnesia  .     .     0,0042 

Feschel-Leipoldt,  Fhys.  Erdkunde.   U.  20 


306  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Salzsaures  Natron       .     .     .     0,2521 

Natronsulfid 0,0088 

Kohlensäure 0,0557. 

Nach  den  vorwaltenden  mineralischen  Stoffen  fuhren  die  Mineral- 
quellen verschiedene  Namen,  wobei  jedoch  daran  zu  erinnern  ist,  dass 
wegen  der  manigfaltigen  Mischung  nicht  selten  mehrere  Bezeichnungen 
filr  eine  und  dieselbe  Quelle  statthaft  sind.     Kalkwasser  (Pyrrnom 
und  Nieder- Wildungen  in  Waldeck,  Hofgeismar  bei  Cassel),  kalt,  warxc 
oder  heiss,   sind  reich  an  Kohlensäure  und  kohlensaurem  Elalk,  welch 
letzteren  sie  absetzen,  wenn  erstere  entwdicht ;  Kieselwasser  (Geysir- 
wasser)  halten  vermittelst  ihrer  hohen  Temperatur  neben  anderen  Sub- 
stanzen insbesondere  viele  Kieselsäure  au%elöst;   Sauerwasser  oder 
Säuerlinge  (Brückenau  in  Bayern,  Augustusbad  bei  Radeberg  imc 
Elster    im   Königreich    Sachsen,    Charlottenbrunn    und    Flinsberg    in 
Schlesien,  Pyrmont),  kalt  und  warm,  besitzen  viele  fireie  Kohlensäure: 
Eisensäuerlinge  oder  Stahlwasser  (Aachen,  Burtscheid,  Brohl- 
thal,  sowie  Altwasser,  Charlottenbrunn,  Salzbiiinn  in  Schlesien,  Doben\n 
in  Mecklenbui^)  bergen  zugleich  noch  kohlensaures  Eisenoxydul;  Na- 
tronsäuerlinge oder  Natron  Wasser  (Ems,  TepUtz  in  Böhmen* 
haben  einen  bedeutenden  Gehalt  von  kohlensaurem  Natron;  Glauber- 
Salzwasser    (Carlsbad,    Marienbad)    weisen    ausser   grösseren    oder 
kleineren    Mengen    von    Kohlensäure    einen    namhaften    Gehalt    von 
schwefelsaurem  Natron  auf;   in  dem  Bittersalzwasser  (Saidschütz 
in  Böhmen)  herrschen  schwefelsaure  JSIagnesia  und  schwefelsaures  Natron 
vor;  Schwefelwasser  (Baden  bei  Wien)  enthalten  neben  schwefel- 
und  kohlensauren  Salzen  fireien  Schwefelwasserstoff,  Jod-  und  Brom- 
Wasser  (Kreuznach,  Eossingen,  Warmbrunn  in  Schlesien)  zugldch  viel 
Kochsalz.    Quellen,  deren  Chlomatriumgehalt  so  gross  ist,  dass  sie  sich 
zur  Gewinnung  von  Kochsalz  eignen,  nennt  man  Soolquellen.    Sie 
kommen  sehr  häufig  vor  in  den  Alpen  (Beichenhall,  Ischl),  in  Thüringen 
(Salzungen,  Stadtsulza),  in  der  Provinz  Sachsen  (bei  Halle  und  Kosen), 
in  Galizien,  Siebenbürgen  und  anderwärts. 

Mineralquellen  mittlerer  Stärke  haben  in  1000  Theilen  1  bis  5 
Theile  unorganischer  Salze  aufgelöst;  doch  wird  dieser  Mittelwerth  nicht 
selten  überschritten.  Die  Glaubersalzwasser  des  Kreuz-  und  Ferdinands- 
brunnen  in  Marienbad  erreichen  die  Werthe  8,97,  resp.  10,29,  und 
diese  werden  hinsichtlich  der  von  ihnen  au%elö8ten  Mineralsubstanz 
noch  durch  die  Bitterwasser  übertroffen,  in  denen  die  schwefelsaure 
Magnesia  vorwaltet  Die  stärkste  dieser  QueDen  findet  sich  bei  Biemens- 
dorf  in  der  Schweiz  in  fast  1700  Meter  Meereshöhe;  ihr  Salzgehalt 
beträgt  nach  Bolley  31,1  pro  mille.  Auch  ftir  das  Bitterwasser  von 
Saidschütz   (bei  Brüx  in   Böhmen)  ist  derselbe  sehr  bedeutend  (23,2(> 


X.    Die  Quellen.  307 

pro  mille  nach  Berzelius).  Indess  zeigt  sich  bei  weitem  die  grösste 
Menge  von  Salzen  in  den  Soolquellen.  So  hat  nach  A.  Buchner's 
Analyse  die  Edelquelle  zu  Reichenhall  im  ELilogramm  233,79  Gramm 
fester  Bestandtheile  (davon  224,35  Chlomatrium  oder  Kochsalz).  Noch 
stärker  sind  die  Quellen  zu  Hall  in  Tirol,  zu  Dürrheim  in  Baden  (Kreis 
Villingen)  und  Clemenshall  in  Württemberg  (Neckarkreis);  vielleicht 
am  stärksten  aber  ist  der  Bemhardsbrunnen  zu  Salzungen  (Sachsen- 
Meiningen),  welcher  267,22  Gramm  im  Kilogramm,  davon  260,7  Gramm 
reines  Kochsalz  enthält.  Das  Maximum  von  Kochsalz,  welches 
sich  im  Wasser  von  12^  C.  auflösen  kann,  ist  nach  Fehling's 
Untersuchungen  gleich  359  Gewichtstheilen  in  1000  Gewichtstheilen 
Wasser  ^). 

Die  Entführung  vieler  Theile  der  Felsarten  mit  Hilfe  der  Kohlen- 
säure, welche  sowohl  in  gasförmigem  Zustande,  als  auch  gemischt  mit 
dem  Quellwasser  in  den  Klüften  der  Berge  ihre  Wirksamkeit  entfaltet, 
muss  eine  der  mächtigsten  Ursachen  der  im  Schosse  der  Erde  vor  sich 
gehenden  Veränderungen  und  Wiederanordnungen  der  Stoffe  sein.  Sind 
diese  Veränderungen  auch  in  mehreren  Jahren  kaum  wahrnehmbar, 
so  werden  sie  doch  im  Laufe  längerer  Zeiträume  sehr  beträchtlich. 
G.  Bischof  hat  für  diese  Art  der  Zerstörung  den  glücklichen  Aus- 
druck „chemische  Erosion"  gebraucht. 

Wie  mächtig  dieselbe  bisweilen  ist,  geht  aus  folgenden  Beispielen  her- 
vor. In  dem  Carlsbader  Sprudel  findet  sich  unter  anderem  eine  relativ 
geringe  Quantität  Fluorcalcium  und  zwar  1  Theil  in  300  000  Theilen 
Wasser  aufgelöst.  Trotzdem  eigiebt  sich  aus  dieser  sehr  unscheinbaren 
Grösse  eine  jährliche  Summe  von  12  500  Kilogramm,  welche  dem 
Gestein  durch  Auslaugung  entzogen  werden.  Ausserdem  fördern  die 
Carlsbader  heissen  Quellen  jährlich  über  6  500  000  Kilogramm  kohlen- 
saures Natron  und  gegen  10  000000  Kilogramm  Glaubersalz  (schwefel- 
saures Natron),  zugleich  aber  auch  grosse  Mengen  von  kohlensaurem  Kslk 
und  von  Kochsalz  zu  Tage.  Die  heisse  Schwefelquelle  von  Warasdin- 
Teplitz  in  Croatien  liefert  jeden  Tag  77  000  Eimer  Wasser  von  56  ^  C, 
und  dieses  enthält  an  festen  Bestandtheilen  (Schwefel,  Kali,  Natron, 
Eisen 9  Kalk-,  Talk-,  Thon-  und  Kieselerde)  soviel,  dass  sie  nach 
V.  Hau  er 's  Berechnung  seit  Beginn  der  christlichen  Aera  bereits 
gegen  3900  Millionen  Elilogramm  dieser  MineraUen  an  die  Erdober- 
fläche getragen  hat,  also  eine  Masse,  die  einem  Würfel  von  über  140 

')  Hermann  v.  Schlagintweit-Sakünlünski:  Untersuchungen  über 
die  Salzseen  im  westlichen  Tibet  und  in  Turkistan,  I.  Theil,  in  den  Abhand- 
lungen der  mathem.-physik.  Classe  der  Kgl.  bayerischen  Akademie  der  Wissen- 
schaften.   München  1S71.    Bd.  XI,  Abth.  1,  S.  157  f. 

20* 


308  Dritter  TheiL    Die  Waaser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Meter  Seitenlange  entspricht,   d.  L  einem  Würfel  von  der  Höhe  des 
Strassbuiger  Münsters^). 

Die  grossaiügsten  Wirkungen  der  zerstörenden  Kraft  des  Wassers 
müssen  wir  im  Kalkgebirge  suchen.  Das  Wasser  löst  hier  Theile  des 
Gebirges  auf  und  schwemmt  sie  fort,  so  dass  Erd^e  eintreten.  Gustav 
Bischof  hat  aus  den  Analysen  der  Wasser,  welche  die  Flüsse  des 
Teutobuiger  Waldes  und  der  Haar  fortfuhren,  ermittelt,  dass  sich  aus 
dem  kohlensauren  Kalke,  den  sie  enthalten,  jährlich  ein  Würfel  von 
mehr  als  32,5  Meter  Seitenlänge  herstellen  Uesse.  Einer  der  grössten  der 
dortigen  Erdfälle  bildete  einen  Trichter  von  50  Meter  Durchmesser  und 
8  Meter  Tiefe.  Ein  solcher  Kalkkegel  aber  würde  allein  von  den  Pader- 
quellen  in  etwa  67  Tagen  aufgelöst  und  hinweggespült  werden*). 

Da  sich  die  chemische  Erosion  immer  in  Kalkgebirgen  am  kräftig- 
sten erweist,  so  finden  wir  hier  auch  die  grössten  Verheerungen  durch 
das  Wasser.  In  der  That  übertreffen  die  Kalkgebirge  Europa's  (Jura« 
E^arst,  dinarische  Alpen,  Apennin  etc.)  alle  übrigen  Gebirge  hinsichtlich 
ihres  Beichthums  an  Höhlen,  welche  letzteren  theik  zugänglich  sindL 
theils  den  Flüssen  als  Durchgangspforte  dienen  (wir  erinnern  an  di*.- 
Perte  du  Rhone  bei  Genf,  an  die  zahlreichen  verschwindenden  Husse- 
in Krain  und  Bosnien),  theils  zusammenstürzen  und  kesselartige  Ver- 
tiefungen an  der  Oberfläche  hinterlassen,  wodurch  der  Landschaft  der 
Charakter  einer  mit  Blattergruben  bedeckten  Fläche  angedrückt  wird. 
Wir  müssen  hier  auch  der  höchst  eigenthümUchen  Mcermühlen  bt-i 
Aigostoli  (Kephalonia)  gedenken,  da  ihre  Anl^ung  ohne  die  reicht-n 
Zerklüftungen  des  Kalkgebirges  unmögUch  geworden  wäre.  Nördlich 
von  der  Stadt  ArgostoU  giebt  es  zwei  Punkte,  an  welchen  das  Meer 
in  die  weiten  Spalten  des  Kalksteins  eindringt,  also  direct  in  den  Elrd- 
boden  einfliesst  Welche  Grösse  dieselben  haben  müssen,  erhellt  am 
besten  aus  dem  Umstände,  dass  genauen  Messungen  zufolge  täglich 
nicht  weniger  als  SVs  Millionen  engL  Cubikfuss  Wasser  emströmen; 
dabei  ist  die  Fallhöhe  des  Wassers  so  gross,  dass  es  an  jedem  Ort*^ 
eine  Mühle  zu  treiben  vermag. 

Der  zerstörenden  Kraft  des  Wassers  en^ht  kein  Gestdn;  denn 
sie  alle  sind  von  einem  Netze  feiner  Haarspalten  durchzogen.  Fein- 
kömige,  wie  grobkörnige  Gesteine  erliegen  dem  unablässig  nagenden 
Zahne  des  Wassers,  wie  aus  der  völligen  Zersetzung  mancher  Basalte 
zu  Wacken,  sowie  aus  der  Ekaolinisirung  mancher  Granite  deutlich  zu 
erkennen  ist.    Ausser  Gold  und  Platin  existirt  wohl  kaum  irgend  ein 

')  J.  Hann,  F.  v.  Hochstetter  und  A.  Pokorny,  Allgemeine  Erd- 
kunde.    Prag  1S72.    S.  157. 

*)  Gustav  Bischof,  Lehrhnch  der  chemischen  und  physikalischen  Geo- 
logie.   2.  Aufl.    Bonn  1863.    Bd.  I,  S.  232. 


X.    Die  Quellen.  309 

in  kohlensäurehaltigem  Wasser  absolut  unlösliches  oder  unzersetzbares 
Mineral;  namentlieh  vermögen  alle  diejenigen  Mineralien,  welche  einen 
wesentlichen  Antheil  an  dem  Aufbau  der  Erdkruste  haben,  der  Zer- 
setzung und  Auflösung  durch  die  Sickerwasser  nicht  zu  widerstehen. 

Die  chemische  Thätigkeit  der  Grund-  und  Quellwasser  ist  jedoch 
nicht  bloss  eine  zerstörende,  sondern  auch  eine  neuschaffende.  Gelangen 
kohlensäurehaltige  Wasser,  welche  auf  ihrem  Wege  durch  Ealkstein- 
lager  viel  kohlensauren  Kalk  aufgelöst  haben,  in's  Freie,  so  schlägt 
sich  derselbe  als  Kalktuff  und  Eieselsinter  nieder,  sobald  die  freie  und 
die  halbgebundene  Kohlensäure  bei  der  Verdunstung  des  Wassers  sich 
verflüchtigt.  Daher  triff);  man  in  den  Höhlen  der  E^alksteingebirge 
häufig  weit  ausgedehnte  Incrustationen,  sowie  grosse  eiszapfenähnliche 
Gebilde,  von  denen  man  die  von  der  Decke  abwärts  wachsenden  als 
Stalaktiten,  die  von  dem  Boden  aus  nach  oben  strebenden  als  Stalag- 
miten bezeichnet.  Die  grössten  Kalksinterabsätze  finden  sich  wohl  in 
Italien,  wo  durch  viele  Quellen  aus  der  kalkreichen  Kette  des  Apennin 
das  Material  zu  grossen  Travertinablagerungen  herbeigeführt  wird. 
Zu  den  schönsten  derselben  zählen  die  am  Anio  bei  Tivoli  östlich 
von  Rom. 

In  der  Nähe  des  Laacher  Sees  kann  man  vielfach  beobachten, 
wie  diu'ch  Eisensäuerlinge  Absätze  von  Eisenoxydhydrat  (Brauneisen- 
stein) entstehen.  Berechnungen  haben  ergeben,  dass  die  dortigen  Mineral- 
quellen innerhalb  eines  Zeitraumes  von  1000  Jahren  ein  Eisenocker- 
lager herstellen  können,  welches  bei  einer  Mächtigkeit  von  Vs  Meter 
etwa  Vs  Quadratmeile  umfasst.  Ausser  Carbonaten  gehören  Quellab- 
sätze von  Kieselsäure  (wie  am  grossen  Geysir),  von  Eisenkies  (z.  B.  bei 
Burgbrohl),  insbesondere  aber  von  Gyps  zu  den  häufiger  vorkommen- 
den Erscheinungen.  Auch  die  Bildung  von  Erzgängen  haben  wir  uns 
zu  eTklären  durch  das  Eindringen  metallischer  Lösimgen  in  die  Gang- 
spalten der  Gebirge. 

Gasquellen  nichtvulcanischer  Art. 

Anhang  zu  dem  Absclinitt: 

Die  Quellen. 

An  die  Betrachtung  der  mineralischen  WasserqueUen  reihen  wir 
am  zweckmässigsten  die  in  mehrfacher  Beziehung  ihnen  verwandten 
Gasquellen  nichtvulcanischer  Art  Bei  Besprechung  des  Vulcanismus 
wurde  darauf  hingewiesen,  dass  Vulcane  im  Zustande  der  Buhe  meistens 
Wasserdämpfe,  Schwefelwasserstoff  und  schweflige  Säure,  sowie  Kohlen- 
säure und  andere  Gase  aushauchen.  Doch  begegnet  man  auch  an  zahl- 
losen,  zum  Theil  von  vulcanischen  Heerden  weit  entfernten  Punkten 


310  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

der  Erdoberfläche  Ausströmungen  von  Schwefelwasserstoff,  Kohlensäure^ 
Sump%as  und  ölbQdendem  Cras,  deren  Ursprung  da*  Zersetznng 
vegetabilischer  Substanzen  zuzuschreiben  ist.  Besonders  bemerk^is- 
werth  sind  die  Kohlenwasserstoff- Exhalationen,  weil  sie,  angezündet, 
mächtige  Flammen  liefern,  welche  man  als  Erdfeuer  bezeichnet  Eine 
reiche  Menge  solcher  zum  Thdl  brennender  Quellen  findet  sich  bei 
Baku  auf  der  Halbinsel  Apscheron  am  Kaspischen  Meere.  Grewöhnlich 
trifil  man  sie  im  Verein  mit  Petroleumquellen,  indem  sie  unter  Zischen 
und  Brausen  aus  den  zur  Petroleumgewinnung  angelegten  Bohriöchem 
hervorbrechen. 

Eine  besondere  Art  der  Gasquellen  sind  die  sogenannten  Schlamm- 
vulcane  oder  Salsen.  Entwickeln  sich  irgendwo  durch  Zersetzung 
organischer  Substanzen  Kohlenwasserstoffgase  und  li^  femer  die  Aus- 
bruchsstelle  auf  thonigem,  durch  stagnirende  Gewässer  schlammartig 
aufgeweichtem  Boden,  so  sind  alle  Bedingungen  erfiillt  zur  Entstehung 
von  Schlammvulcanen.  Besitzen  sie  auch  in  ihrem  Bau  imd  in  ihi>er 
Thätigkeit  manigfiEtche  Züge,  welche  an  die  wirklichen  Vulcane  er- 
innern, so  sind  sie  doch  den  Vulcanen  durchaus  nicht  unterzuordnen; 
denn  es  wirken  in  ihnen  ganz  andere  Kräfte:  ihre  Eruptionen  haben 
nichts  zu  thun  mit  dem  hocherhitzten  Erdinnem,  sondern  werden  ledi^ch 
durch  die  Zersetzung  organischer  Substanzen  und  die  damit  verbundene 
Gaserzeugung  hervoigerufen. 

Die  Kegel  der  Salsen  sind  meist  klein,  oft  kaum  einen  Meter, 
bisweilen  5  bis  10,  selten  30  Meter  hoch ;  nur  die  höchsten  erreichen  eine 
Höhe  von  mehr  als  100  Metern.  Sie  werden  durch  thonigen  Schlamm 
gebildet,  welcher  während  des  Ausbruches  zähflüssig  ist,  während  der 
Ruheperiode  jedoch  austrocknet  und  dann  nach  allen  Richtungen  hin 
von  Spalten  zerrissen  wird.  An  der  Spitze  befindet  sich  eine  krater- 
ähnliche Vertiefung,  von  deren  Boden  aus  zahlreichen  Oeffiiungen  die 
Gase  empordringen. 

Auch  bei  den  Schlammvulcanen  wechseln  Zeiten  der  Ruhe  mit 
Zeiten  gestdgerter  Thätigkeit  Im  Zustand  der  Ruhe  bricht  mit  etwas 
Kohlenoxydgas  oder  Kohlensäure  gemischtes  Kohlenwasserstofigas  her- 
vor, wodurch,  fidls  fortdauernder  R^en  den  Thonkegel  in  einen  ScUamm- 
tümpel  verwandelt  hat,  der  halbflüssige  Schlamm  in  brodelnder  Bewegung 
erhalten  wird.  Ist  der  Schlamm  zähflüssig,  so  entwickeln  sich  an  dar 
Oberfläche  grosse  Blasen.  Sie  zerplatzen  schliesslich,  worauf  ein  Theil 
überfliesst,  ein  anderer  hing^en  in  den  Trichter  zurücksinkt,  am 
verdnt  mit  den  nachquellffliden  Massen  dasselbe  Spiel  zu  wiederholen. 

Bisweilen  beftllt  aber,  wenn  auch  nur  selten  und  nur  auf  sehr 
kurze  Zdt,  den  Schlanunvulcan  ein  Paroxysmus,  während  dessen  er 
die  grossartigsten  Erscheinungen  zeigt     unterirdische  Donner  und  erd- 


X.    Die  Quellen.  311 

bebenartige  Erschtittenmgen  verkünden  das  Eintreten  eines  heftigen 
Ausbruches;  Feuerflammen  steigen  hoch  auf,  und  endlich  erfolgen 
Explosionen,  durch  welche  Schlamm,  Steine  und  Felsblöcke  30  bis  50 
Meter  hoch  aufwärts  geschleudert  werden.  Die  Thonschlammströme 
fuhren  oft  aufgelöstes  Kochsalz  und  Naphtha  in  beträchtlicher  Menge 
mit  sich. 

Eine  der  berühmtesten  Salsen  ist  die  Macaluba  bei  Girgenti  auf 
SiciUen.  Sie  besteht  aus  einem  sehr  flachen,  abgestiunpften  Hügel  von 
etwa  750  Meter  Umfang  und  50  Meter  Höhe,  Ihr  Gipfel  ist  mit 
einer  grossen  Menge  kleiner  Kegel  besetzt,  von  denen  die  grössten 
über  einen  Meter,  die  kleinsten  aber  nur  wenige  Centimeter  hoch  sind, 
während  jeder  auf  seinem  Gipfel  eine  trichterförmige  Vertieftmg  hat. 
Die  Zahl  der  thätigen  Kegel  beträgt  über  hundert,  ist  aber  sehr  ver- 
änderlich; ebenso  wechselt  Lage  und  Grösse  der  Kegel  häufig.  Die 
grösste  der  bis  jetzt  bekannten  Salsen  ist  die  Arsena  am  Kaspischen 
Meere,  welche  eine  Höhe  von  350  Metern  erreicht.  Ueberhaupt  ist 
das  westliche  imd  östUche  Ende  des  Kaukasus  (die  Halbinseln  Taman 
und  Apscheron)  reicher  an  Salsen  als  irgend  eine  andere  Gegend  der 
Erde.  Ihre  stete  Vereinigung  mit  Naphthaquellen  ist  ein  Beweis  daftir, 
dass  ihr  Vorkommen  an  das  Vorhandensein  von  organischen  Sub- 
stanzen geknüpft  ist,  deren  Zersetzung  jene  Gase  erzeugt  ^).  Auch  auf 
Island,  Java*),  der  Nordinsel  von  Neuseeland  (am  Fusse  der  Pairoa- 
Kette)  ^) ,  auf  Trinidad,  in  Central-  imd  Südamerika  (bei  Cartagena)  *) 
finden  sich  Schlammvulcane. 

^)  Vgl.  hierzu  H.  Abich:  Ueber  eine  im  Kaspischen  Meere  erschienene 
Insel  nebst  Beiträgen  zur  Kenntniss  der  Schlammvulcane  in  den  M^moires 
de  l'Acad^mie  imperiale  des  sciences  de  St.-Pdter8bourg.  Ser.  VII,  Tome  VI 
(1S6S),  Nr.  5. 

^)  Franz  Junghuhn,  Java,  seine  Gestalt,  Pflanzendecke  und  innere 
Bauart.  Deutsch  v.  J.  K.  Hasskarl.  Leipzig  1854.  Bd.  II,  S.-5  f.  145  ff. 
212  ff.  793  ff.  795  f.  830  f. 

8)F.  V.  Hochstetter,  Neuseeland.    Stuttgart  1863.    S.  262  f. 

*)  A.  V.  Humboldt,  Kosmos.    Bd.  IV,  S.  257  ff*. 


XL    Die  Entwicklungsgeschichte  der  stehenden  Wasser 

auf  der  Erde^). 


Alle  Seen  im  Festlande,  grosse  wie  kleine,  sind  Vertiefungen,  wdchtr* 
vom  B^en  ilire  Ausfüllung  erhalten   oder  denen  wenigstens  d»> 
Regen  ihren  Verdampfimgsverlust  ersetzen  muss.     Sie  veranlassen  uns 
daher  zu  einer  doppelten  Untersuchung,  nämlich  über  den  Ursprung: 
der  Vertiefimg  ihrer  Becken  und  über  die  Ursache  ihrer  Ausfiillung: 
mit  Wasser.     In  Bezug  auf  letztere  ist  das  gürtelförmige  Auftreten 
der  Seen  am  mdlsten  bemerkenswerth.    Das  gesellige  Vorkommen  von 
Seen  in  Canada   und  im  Korden  der  Vereinigten  Staaten,  in  Skan- 
dinavien,   Finnland    und   an  den   nördlichen   Bändern   des   mittleren 
Hochasien's  deutet  auf  him'eichenden  Ueberschuss  des  Begen&Iles  über 
die  örtlich  herrschende  Verdunstung.     Gebirge,  die  von  feuchten  Luft- 
strömen  angeweht  werden,   rufen  ebenfalls  am  Fusse  ihrer  Abhänge 
und   in  Thalsenkungen  solche  Wasserbecken  hervor.    AufiaUend  arm 
an  stehenden  Wassern  ist  dagegen  Südamerika.     Sie  beschränken  sich 
dort  im  Norden  auf  den  See  von  Valencia,  auf  den  Weiher  von  Amucu 
und  in  den  Anden  von  Peru  und  Bolivia  auf  den  Titicaca,  der  nach 
dem  Desaguadero  abfliesst    Aber  so  wie  wir  den  40.  Breitengrad  er- 
reichen, begegnen  wir  sogleich  in  und  an  den  patagonischen  Cordilleren 
wieder  einer  Gesellschaft  von  Seen,  deren  Aequatorialgrenze  zusanunen- 
Mit  mit  dem  Auftreten  der  Fjorde,  die  ganz  sicherlich  nur  den  regen- 
reichen Gebieten  unter  hohen  Breiten  angehören. 

Armuth  an  Seen  finden  wir  überall  im  Bette  der  trockenen  Passat- 
winde. Wo  letztere  herrschen,  entbehren  Nord-  und  Südafrika  der 
stehenden  Wasser;  aber  so  wie  man  sich  von  beiden  Seiten  dem  Aequator 
nähert,  treten  die  Seen  erst  schwächlich,  dann  gesellig  und  zugldch 
als  Individuen  von  beträchtlicher  Spi^elausdehnung  auf.    Diese  Seen 

^)  Dieser  Aufsatz,  zuerst  veröffentlicht  im  Ausland  rom  15.  März  1875 
(in  den  ^Neuen  Problemen*',  S.  AolL,  S.  165 — 179),  war  die  letzte  grossere 
Arbeit  Peschel's;  er  ist  nur  durch  einige  kleinere  Zusätze  (auf  S.  313,  31 S, 
319  1,  321  f.,  326,  328)  erweitert  worden. 


XI.    Die  Entwicklungsgeschictite  der  stehenden  Wasser  auf  der  Erde.  313 

verdanken  ihre  Waaserzufuhr  den  tropischen  Regen  bei  senkrechtem 
Stande  der  Sonne.  Gerade  hart  an  der  Polargrenze  dieser  periodischen 
Niederschläge,  nach  Norden  sowohl  wie  nach  Süden,  finden  wir  als 
Vorposten  den  Ts4d-See  des  Sudan  und  den  Ngami-See  im  Gebiete 
der  Betschuanenstämme.  Zwischen  beiden,  und  stärker  je  näher  dem 
regenspendenden  Indischen  Oceane,  Uegt  die  äusserst  zahlreiche  Gruppe 
von  Seen^  die  durch  die  britischen  Entdecker  Burton,  Speke, 
Grant,  Livingstone  und  Baker  uns  seit  den  letzten  zwanzig 
Jahren  erschlossen  worden  sind.  Auch  Australien  ist  reich  an  stehen- 
den Wassern,  denen  aber  nur  in  seltenen  Fällen  eine  Ausdauer  durch 
alle  Jahreszeiten  gesichert  ist.  Sie  lassen  sich  übrigens  mit  den  anderen 
Seen  deswegen  nicht  vergleichen,  weil  ihre  Unterhaltungskosten  durch 
regentragende  Monsune  bestritten  werden  müssen.  Bei  einem  meteoro- 
logischen Gemälde  der  Erdoberfläche  können  daher  die  Seen  eingetheilt 
werden  in  solche,  die  dem  Gebiete  der  tropischen  Regen  und  der  Mon- 
sime,  und  in  solche,  die  dem  Gebiete  des  Regens  zu  allen  Jahreszeiten 
angehören,  oder  deren  örtliches  Vorkommen  nur  der  Verdichtung  des 
Wasserdampfes  an  Gebirgen  verdankt  wird.  In  einzelnen  Fällen  er- 
fi-euen  sich  freilich  auch  regenarme,  vorwiegend  von  Polar  winden  be- 
herrschte Gebiete  eines  grossen  Seenreichthums,  so  vor  allem  die  west- 
turkestanische  Steppe,  welche  trotz  ihrer  grossen  Trockenheit  Hunderte 
von  kleinen  Seen  aufweist^). 

W^o  die  erforderliche  Menge  an  Niederschlägen  vorhanden  ist,  um 
nicht  bloss  vergängHche  Ueberschwemmungen  hervorzurufen,  sondern 
Seen  dauernd  vor  dem  Eintrocknen  zu  retten,  da  zerfallen  die  Becken 
selbst  ihrer  Entstehungsgeschichte  nach  in  echte  Binnenseen,  welche 
erst  nach  der  Hebung  eines  Festlandes  ausgetieft  wurden,  und  in 
abgetrennte  Stücke  eines  alten  Meeresbodens,  über  welchen  die  Con- 
tinente  hinausgewachsen  sind.  Diese  letzteren  verkündigen  uns  also 
einen  Sieg  des  Trockenen  über  das  flüssige  Gebiet  der  Erde. 

Der  geschichtUche  Hergang  bei  den  Strandseen  bedarf  keines  an- 
gestrengten Nachdenkens.  Alle  diese  stehenden  Wasser  haben  eine 
mehr  oder  weniger  elliptische  Form,  und  stets  ist  ihre  grosse  Axe  dem 
Ufer  parallel.  In  Frankreich,  wo  man  diese  Erscheinung  als  Etang 
bezeichnet,  wurden  die  atlantischen  Strandseen  zwischen  Garonne  und 
Pyrenäen  durch  Dünenketten,  die  mediterraneischen  zwischen  Pyrenäen 
und  dem  Rhone  durch  Sandzimgen  und  Nehrungen  abgesperrt. 

Eine  veränderte  topographische  Physiognomie  zeigen  solche  Seen, 
die  vor  ihrer  völligen  Abtrennung  senkrechte,  gol&rtige  oder  posaunen- 
fbrmige  Einschnitte  in  eine  ehemalige  Meeresküste  bildeten.    Wo  ein 

1)  Ausland  1878,  S.  297. 


314  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  and  Lufthülle  der  Erde. 

schlainmiger  Strom  in  ein  Meer  austritt,  droht  er  mit  seinen 
die  Mündongen  solcher  Küstenausachnitte  za  verri^efai,  in  deren  Rick- 
tong  sich  die  Kustenströmnng  bew^;t.  Das  Donaaddta  ist  der  Schau- 
platz eines  solchen  Voiganges  (flg.  31).  Wir  sehen  hier  alle  Stafen 
der  Seebfldmig  neben  einand» :  Becken,  die  schon  tief  in's  Binnenlan-l 
gerockt  und  mit  ihrem  Abflüsse  dem  Strome  zollpflichtig  gewardesL 
sind,  dann,  näher  der  Mündung  zu,  Seen,  die  durch  Ndimngen^  ani^ 
gebaut  aas  Donaaschlamm,  ihren  alten  Zusammenhang  mit  dem  Pontn« 
verloren  haben,  und  solche,  die,  in  limane  verwandelt,  ihrer  ganzUclier: 
Absperrung  nur  durch  den  Beistand  dnes  Flusses,  wie  des  Dnjestzv. 
noch  entgangen  sind,  der  sich  einen  Abfluss  offen  halten  muss.  Ver- 
weilen wir  noch  ein  wenig  länger  bei  diesem  morphologischen  Schau- 
spiel, so  gewinnen  wir  die  fjr&hrung,  dass  ein  Becken,  dessen  SohZr 
und  Wände  ehemals  dem  Meere  angehörten,  nicht  nothwendig  Salz- 
wasser fuhren  muss;  denn  in  der  Zeit,  wo  es  zwar  schon  von  einer 
Nehrung  abgesperrt  war,  ein  zugehöriger  Fluss  aber  eine  Ausgangs- 
pforte  sich  offen  hielt,  muss  sein  Salzgehalt  durch  beständige  Au?- 
süssung  sich  verloren  haben,  und  daher  kann  eine  £intheiluiig  iz 
Süss-  und  in  Salzseen  nichts  zur  Entwicklungsgeschichte  beitragec. 
denn  Seen  festländischen  Ursprungs  können  hohe  Salinitätfttufen  be- 
sitzen, Seen  oceanischen  Ursprungs  dagegen  völlig  süss  sein. 

Wie  die  Donau  an  ihrer  Mündung,  so  haben  in  der  jüngsten 
geologischen  Vergangenheit  der  Po  und  seine  geschwisterlichen  Alpei:- 
ströme  vormalige  Fjorde  des  lombardisch -venetianischen  Meeres  in 
Binnenseen  verwandelt  (vgl.  Bd.  I,  S.  482  ff.).  Darauf  deuten  nici.: 
bloss  die  schar^eschnittenen  Umrisse  der  italienischen  Alpenseen,  son- 
dern noch  nachdrücklicher  ihre  grossen  Tiefen,  so  zwar,  dass  iiwr: 
Sohlen  sehr  beträchtlich,  beim  Corner  See  eine  SteDe  391,  beim  Langen- 
see  eine  andere  657  Meter  unter  den  adriatischen  Spiegel  zu  liegen 
kommen.  Von  einem  dieser  Seen,  nämlich  vom  Garda,  besiteen  wir 
noch  lebendige  Zeugen,  dass  er  ehemak  dem  Meere  angehörte.  Mi: 
der  Abtrennung  eines  solchen  Golfes  vom  Meere  und  seiner  Aussüssong 
muss  sich  nämlich  nothwendig  die  Thierwelt  ändern:  es  müssen  zuerst 
diejenigen  Greschöpfe  versdiwinden,  denen  der  volle  ooeanische  Salz- 
gehalt zu  ihren  Lebensverrichtungen  nothwendig  ist,  und  endlich  müssen 
ihnen  auch  die  Bewohner  des  brackischen  oder  schwachsaliniachen 
Wassers  folgen.  Unter  den  zahllosen  Arten  des  Salzwassers  worden 
sich  aber  doch  einige  wenige  durch  glücUiche  Veränderung  ihres 
Olganismus  während  der  langen  Uebeigangszeit  dem  n^ien,  süss  ge- 
wordenen Lebensraum  anbequemen.  Weil  diese  Gesdiöpfe  die  Hinter- 
lassenschaft  eines  ehemaligen  Meeres  darstellen,  hat  man  ihnen  die 
treffende  Bezdchnung   „Relictenfanna"   g^ben,  und  Seen,    die  mit 


XI.    Die  Entwicklungsgeschichte  der  stehenden  Wasser  auf  der  Erde.  315 


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316  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

solchen  Gkschöpfim  ausgestattet  sind,  könnte  man  nach  einem  münd- 
lichen Vorschlag  von  Rudolph  Leuckart  Relictenseen  nennen.  So 
ernährt  der  Garda-See  zwei  Fischarten  (Blennius  vulgaris  PoUini  und 
Gobius  fluviatilis  Bonelli),  die  zu  zwei  marinen  Gattungen  gehören, 
ausserdem  einen  PalAmon,  der  viel  kleiner,  aber  sonst  nahe  verwandt 
ist  dem  Palaemon  squilla  maris  ^).  Auf  der  Moskauer  Natnrforscher- 
yersammlung  im  Jahre  1869  schilderte  Tschemiawskj  einen  merk- 
würdigen Bdictensee  in  Mingrelien,  Paläotomm  (anderwärts  Baläoston  ') 
geschrieben).  Trotz  der  Trinkbarkeit  seines  Wassers  ernährt  er  eine 
Thierwelt  völlig  marinen  Ursprungs,  wie  das  Auftreten  von  Baianus-, 
Nereis-  und  Nemertes- Arten  hinlänglich  bezeugt^).  Ebenso  fimden 
kürzlich  auf  der  Fahrt  der  „Polaris*'  die  amerikanische  Entdecker 
an  der  Westküste  von  Grönland,  nördlich  vom  Humboldtgletscher,  weit 
aus  dem  Bereiche  der  Springfluthen  und  über  dem  Meeresspi^el  dnen 
Süsswassersee  mit  einer  oceanischen  Thierwelt^).  Auf  der  Insel  Bomeo 
li^  an  der  Westseite  im  Gebiete  des  Eapuas  ein  grosser  Landsee, 
Danau-Sriang.  Sein  Wasser  ist  völlig  süss,  und  doch  wurden  auf 
einer  Insel  des  Sees  dem  Zoologen  Eduard  v.  Martens  von  den 
Eingeborenen  firischge&ngene  Fische  gebracht,  ^die  solchen  Familien 
angehörten,  welche  wir  in  Europa  nur  als  marine  kennen  ^)*^.  Der 
See  selbst  ist  40  geogr.  Meilen  in  gerader  Linie  und  60  geogr.  Meilen 
dem  Wasserlaufe  nach  von  dem  Meere  entfernt 

Bevor  wir  zur  weiteren  Au&ählung  solcher  festländisch  gewordenen 
Meeresbecken  schreiten,  diürfte  es  rathsam  sein,  nach  geschichtlichen 
Beweisen  über  die  stattgefimdene  Abänderung  sich  umzusehen.  Ein 
Zweifler  wäre  nämlich  zu  dem  Einwurf  berechtigt,  dass,  wenn  solche 
Abdämmungen  vor  sich  gegangen  seien,  Beispiele  aus  der  historischen 
Zeit  nicht  fehlen  sollten.  Zwar  liesse  sich  darauf  erwidern,  dass  solche 
Umwandlungen  nur  sehr  langsam  sich  vollziehen  und  die  Zeit,  seit 
welcher  das  Spiel  der  Naturkräfte  überwacht  wird,  eine  fiist  ver- 
schwindend kurze  genannt  werden  kann;  allein  mit  solchen  Ausreden 
entzieht  man  sich  allerdings  der  Last  des  Beweises,  wird  aber  nie 
damit  einen  Ungläubigen  bekehren.  Wir  wollen  daher  erinnern,  dass 
noch  im  späten  Mittelalter,  im  vierzehnten,  ja  selbst  noch  im  fun&ehnten 

*)  Archiy  für  Naturgeschichte.  Berlin  1857.  Jahrgang  xxiii,  Bd.  I, 
S.  156—158. 

*)  Der  yerstümmelte  Name  deutet  darauf  hin,  dass  es  sich  um  eine  alte 
Mündung  des  fiion  handelt. 

*)  R  Leuckart,  Bericht  über  die  wissenschaftlichen  LeiBtungen  in  der 
Naturgeschichte  der  niederen  Thiere.    Berlin  1871.    S.  6. 

*)  Nature,  Vol.  IX,  Nr.  290.  26.  March  1874,  S.  405. 

^  £.  T.  Martens:  Ueber  einige  ostasiatische  Süsswasserthiere  im  Archiv 
für  Natorgeschichte.    Jahrgang  XXXIV,  Bd.  I,  S.  8 — 9. 


r  auf  der  Erde.  317 


MMh^RlIft  1  .lBr>^.'a^ Jl IToff-Ä« 'JBinSm'SiSpf^^  Narbonne ,  Mont- 
^JaT^K^—^Ä'™^»^  jetzt  aber  durch  vor- 
.  nBQ'^w^«E'f  gf  S^Vf^^  abgetreimt  worden 
B'f^'lttilB^'SriS^jBclisweise  sehr  raa^h  von 

ftii  verwandelt  worden  ist 

J- -_ — _  -_■ .  .^ ■■ -^  —JliaftEosfl  liegt  ein  tiefer 
'A^'ra^SFtt'f  S4if  B'  ^>^^  üi  seiner  Verlange- 
<4^Vg't^  HiJK^g^'^tree,  den  eine  Landenge 
^— iSLsi^fiRi  H  Ä^^*  äUBsersten  Hintei^nmd 


'^^'i/S^&m^'W.  •«»•  .Vn^  .«iW  .«i^  .«Xp  .«Pp  MSw 


kt(i»vu3».i||<e^^ame,  der  im  Oaelischen 
ajc^l^  •J|*9^Hl^t)rt  seinen  Namen  erhielt, 


ina  de  Barcelona.  Tome  I, 

'ßl'ßC'Ml'*"M.'M, 

■^^^^!l'i^4^**^*'0'<  '3^''  WeBtkÜate  Schott- 
;S«e^4^il^^J^ntscticn  gtiologiachea  Ge- 


318  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

war  also  der  IVIaree-See  noch  nicht  vorhanden,  sondern  der  Zugang  zu 
dem  Meere  durch  Loch-Ewe  noch  offen.  Die  Ghielen  rühmen  sich 
daher,  dass  ihre  Sprache  schon  vorhanden  gewesen  sei,  ehe  die  Seen 
geschaffen  wurden.  Femer  nennen  wir  in  Jütland  den  Kolindsund. 
der,  wie  sein  Name  bezeugt,  eine  ehemalige  Meeresstrasse  oder  wenig- 
stens ein  Busen  gewesen  sein  muss,  jetzt  aber  in  einen  See  sich  um- 
gestaltet hat.  Gerade  in  jener  Gegend  Jüdand's  U^en  etliche  Kirch- 
spiele, deren  Namen  auf  ob  auslautet,  die  also  ehemals  Inseln  angehörten 
(vgl  Bd.  I,  S.  381).  Endlich  fuhren  wir  noch  den  DrammensQord 
im  südlichen  Norw^en  an,  der,  wie  uns  sein  Name  lehrt,  unver- 
kennbar noch  in  historischen  Zeiten  ein  Meeresarm  war,  jetzt  aber 
nur  durch  einen  seichten,  zur  Verschlammung  geneigten  Canal  mit  dem 
Meere,  verbunden  ist  Sein  brackiges  Wasser  beherbergt  noch  eine 
marine  Faima;  seine  ehemalige  Zugehörigkeit  zum  Ocean  ist  also  vor 
jedem  Zweifel  gesichert  (s.  Bd.  I,  S.  484). 

Solche  Stücke  ehemaligen  Meeresbodens  sind  nicht  nur  tief  in's 
Land  hineingerückt,  sondern  mit  diesem  später  auch  noch  gehoben 
worden.  So  hat  Lov^n  eine  Relictenfauna  (Cmstaceen)  in  den  schwe- 
dischen Wener-  und  Wetter-Seen  nachgewiesen^).  Der  Wener-See 
erhebt  sich  mit  seinem  Spiegel  44  Meter  über  das  Meer,  besitzt  aber 
eine  grösste  Tiefe  von  89  Metern;  der  Wetter-See  dagegen  wurde  um 
88  Meter  gehoben  und  bewahrte  sich  eine  tiefete  Stelle  von  125  Metern, 
so  dass  ein  Theil  der  Sohle  des  ersteren  noch  45  Meter,  des  anderen 
noch  37  Meter  unter  den  Spiegel  der  Ostsee  hinabreicht  ^).  An  den 
Ufern  des  Baltischen  Meeres  finden  die  Geologen  Versteinerungen  von 
Seethieren,  die  nicht  in  der  Nordsee  vorkommen,  wohl  aber  im  rus- 
sischen Eismeere.  Daraus  ist  geschlossen  worden,  dass  die  Ostsee 
vormals  als  Golf  nach  Norden  sich  geöffnet  habe  und  zwar  in  der 
Richtung  des  Weissen  Meeres.  Zu  diesem  Golfe  der  Vorzeit  gehörten 
aber  die  Ladoga-  und  Onega-Seen.  Noch  jetzt  deuten  ihre  üfer- 
unuiBse  eine  alte  Küstenlinie  an;  auch  bei  ihnen  kehrt  das  sicherste 
Wahrzeichen  eines  oceanischen  Ursprungs  wieder;  denn  bei  dem  ersteren 
sind  grösste  Tiefen  bis  zu  375  Metern,  bei  dem  anderen  bis  zu  180 
Metern  gefunden  worden,  und  zwar  senkt  sich  der  eine  bis  auf  860 
Meter,  der  andere  bis  auf  108  Meter  unter  den  Spiegel  des  Baltischen 
Meeres').  Beide  beherbergen  alte  Meeresbewohner;  am  Ladoga  trifft 
man  obendrein  noch  Seehunde^). 

>)  Vgl  Lovän,  Gm  Oeaterejön.    Stockholm  1864.    S.  5  ff. 

*)  G.  A.T.K]öden  in  Beb  m 's  Geographischem  Jahrbuch.  Bd.I(lS66),S.2S9. 

')  G.  A.  Y.  Klöden,  L  c.  S.  2S5.  286  und  C.  v.  Sonklar,  Allgemeine 
Orographie.    Wien  1873.    S.  169. 

*)  O.  T 0 r e  1 1  und  A.E.  Nordens kjöld,  Die  schwedischen  Expeditionen 
nach  Spitzbergen  und  Bären-EiUnd.    Jena  1869.    S.  ISl. 


XI.    Die  EntwickluDgBgeschicIite  der  stehenden  Wasser  auf  der  Erde.  819 

Vereinigen  sich  in  diesen  Fällen  immer  drei  Merkmale  des  oeea- 
nischen  Ursprunges  von  Seen,  nämlich  die  Umrisse  des  Ufers,  das 
Auftreten  von  Heeresgeschöpfen  und  eine  Senkung  der  Sohle  unter 
den  Meeresspiegel,  so  darf  man  mit  einiger  Vorsicht,  wo  zwei  Merk- 
male zusanmientreffen,  auch  das  Dasein  des  dritten  vermuthen.  Der 
Verfasser  hatte  im  Jahre  1868  bereits  in  dem  Baikal  wegen  seiner 
morphologischen  Aehnlichkeit  und  des  Auftretens  von  Seehunden,  also 
einer  ehemaligen  Meeresthierwelt,  einen  Fjord  des  alten  sibirischen  Eis- 
meeres erkannt  (vgl.  Bd.  I,  S.  388) ;  es  waren  also  dort  grosse  Tiefen 
zu  erwarten.  In  der  That  haben  die  Russen  im  Jahre  1872  im  Baikal- 
See  Tiefen  von  1248  Metern^)  bei  einer  Meereshöhe  des  Spiegels  von 
433  Metern  ^),  also  eine  Senkung  unter  das  Eismeer  bis  zu  815  Metern 
geftmden.  Nach  neueren  Mittheilungen,  welche  freilich  noch  der  Be- 
stätigung bedürfen,  soll  seine  Tiefe  sogar  nahezu  4000  Meter  betragen. 
Da  übrigens  alle  Landseen  durch  fortdauernde  Zuschüttung  beständig 
an  Tiefe  verlieren,  so  darf  man  namentlich  bei  kleinen  und  vom  nächsten 
Meere  weit  abgedrängten  Seen  nicht  immer  Depressionen  unter  den 
Seespiegel  erwarten,  selbst  wenn  sie  von  einer  Belictenfauna  bewohnt 
werden  sollten.  Der  Oron-See  in  Sibirien,  der  einen  Abfluss  zu  dem 
Witim,  einem  Nebengewässer  der  Lena,  besitzt,  war  ebenfalls  ein  alter 
Bestandtheil  des  Eismeeres,  weil  er  Seehunde  beherbergt;  wir  dürften 
aber  nicht  überrascht  werden,  wenn  sich  dort  nicht  die  erforderlichen 
Tiefen  finden  sollten. 

Die  schöne  Bestätigung  des  maritimen  Ursprunges  beim  Baikal- 
See  hatte  uns  schon  früher^)  ermuthigt,  auch  in  den  grossen  nord- 
amerikanischen Becken,  im  Superior-,  Michigan-,  Huron-,  Erie-  und 
Ontario-See,  die  noch  jetzt,  obgleich  das  Land  sich  beträchtlich  gehoben 
hat,  mit  ihren  tiefsten  Stellen  76,  130,  130,  99  und  81  Meter  unter 
den  Meeresspiegel  hinabsinken,  ein  altes  Mittelmeer  nach  Analogie 
unserer  Ostsee  zu  erkennen.  Seitdem  aber  haben,  wenigstens  im 
Michigan-See,  die  Untersuchungen  mit  dem  Schleppnetz  eine  ehemaUge 
oceanische  Thierwelt  jenes  Beckens  an  das  Licht  gezogen*).  Auch 
hier  hat  sich  also  die  Voraussetzung  rasch  bestätigt. 

Femer  ist  der  Nicaragua-See  zu  den  Belictenseen  zu  zählen.  Haben 
es  schon  K.  v.  Seebach's  geologische  Untersuchungen  sehr  wahr- 
scheinlich gemacht,   dass  er  der  Ueberrest  einer  Meeresstrasse  sei,  die 

*)  Zeitschrift  Globus,  Bd.  XXI  (1872),  Nr.  14,  S.  224. 

^  C.  V.  Sonklar,  1.  c.  S.  169. 

')  Mittheilungen  des  Vereins  für  Erdkunde  zu  Leipzig.     1872.    S.  192. 

*)  Henry  Y.  Hind  in  Nature,  Vol.  X,  Nr.  244.  2.  July  1874,  p.  166. 
VgL  hierzu  auch  Fr.  Ratzel,  Die  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika. 
München  1878.    Bd.  I,  S.  421  f. 


320  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

einst  (im  pleistocänen  Zeitalter)  den  Stillen  and  Atlantischen  Ocean 
mit  einander  verband,  so  wurde  diese  Annahme  noch  bekräftigt  durch 
Auffindung  einer  Belicten&una;  denn  der  Nicaragua -See  beherbergt 
einen  Megalops,  der  bisher  nur  in  tropischen  Meeren  angetroffen 
wurde,  sowie  einen  (allerdings  weniger  beweiskräftigen)  Hai  und  einen 
Sägefisch  1). 

Zu  den  räthselhaftesten  Erschdnungen  gehört  es,  dass  zwei  hoch 
gelegene  Gebii^gsseen,  der  Genfer-See  (375  Meter  hoch)  und  der  Titicaca 
(3700  Meter  hoch),  neben  lauter  Süsswasserfischen  und  -MoUusken 
einige  maritime  Crustaceen  in  sich  bergen:  der  erstere  dn  im  Mittel- 
meer vorkommendes,  noch  nicht  einen  Millimeter  langes  und  etwa  ^^ 
Millimeter  breites  Muschelkrebschen  ^),  der  letztere  die  durchaus  maritime 
Familie  der  Orchestiaden  ^).  Haben  diese  Seen  wirklich  eine  pelagische 
Vei^angenheit  hinter  sich,  so  würde  man  gezwungen  sein,  die  Grebiete 
derselben  als  den  ^hauplatz  der  gewaltigsten  geologischen  Verände- 
rungen zu  betrachten. 

Alle  bisherigen  Beispiele  bezogen  sich  auf  Seen,  die  Zuflüsse  er- 
halten und  durch  Abflüsse  sich  entleeren.  B^eben  wir  uns  nun  in 
die  trockene  Passatzone,  so  werden  dort  ehemalige  Meeres-Golfe,  die 
durch  Querdämme  abgeschnitten  werden,  anderen  Schicksalen  entg^en- 
gehen.  An  der  Somaliküste,  etwa  13^  n.  Br.,  ist  unweit  Tedjura  an- 
geblich durch  einen  Lavastrom  der  hinterste  Zipfel  eines  engen  GU)lfes 
vom  Meere  abgeschnitten  worden  und  hat  sich  dort  der  Assal-See  ge- 
bildet^). Da  dieser  aber  keinen  Zufluss  erhielt,  so  verdampfte  das 
Wasser,  und  jetzt  liegt  der  Spiegel  schon  185  Meter  tief  unter  dem 
Niveau  des  Golfes  von  Aden.  Das  Schicksal,  periodisch  au%esogen 
zu  werden,  erleiden  g^enwärdg  die  Sebcha-  oder  Salzsümpfe  südlich 
von  Algerien  in  der  Sahara.  Femer  hat  Rohlfs  barometrisch  ermittelt, 
dass  durch  eine  Nehrung  oder  diux^h  einen  Dünensaum  am  Syrten- 
Meere  eine  ehemals  geräumige,  aber  seichte  Meeresfläche,  die  sich  über 
Audjila  bis  nach  der  Oase  Siwah  erstreckte,  deren  südliche  wie  öst- 
liche Ausdehnung  aber  noch  nicht  näher  begrenzt  ist,  abgetrennt  und 
in  eine  trockene  Senkung  (Depression)  verwandelt  wurde.  Schon 
Eratosthenes  hatte  aus  den  Resten  von  Austern  und  anderer  See- 
muscheln, die  sich  in  der  Nähe  des  Anmiontempels  finden,   auf  eine 

>)  Nature,  Vol.  XVI,  Nr.  415.     11.  October  1877,  p.  505. 

')  Nach  einer  freundlichen  Mittheilong  des  Herrn  Prof.  Kirchhoff  in 
Halle  hat  Forel  diese  Entdeckung  gemacht. 

*)  Alexander  Agassiz  in  den  Proceedings  of  the  Americain  Academy 
of  Arts  and  Sciences.    Vol.  XI  (1S76),  p.  287. 

*)  Someryille,  Fhys.  Geogr.  6^  ed.  p.  299.  Elis^e  Reclus,  La 
Terre.    Paris  1869.    Tome  H,  p.  234.    Fig.  83. 


XI.    Die  Entwicklungsgeschichte  der  stehenden  Wasser  auf  der  Erde.  321 

ehemalige  Ausbreitung  des  Mittelmeeres  bis  zu  der  berühmten  Orakel- 
stätte geschlossen^). 

Solche  Vorgänge  beschränken  sich  durchaus  nicht  auf  Afrika; 
auch  in  den  äusserst  trockenen  Gebieten  Niedercalifomien's  haben  die 
Vermesser  der  pacifischen  Südbahn  in  der  Coloradowüste  Depressionen 
bis  zu  90  Metern  ge&nden^). 

Durch  das  Bisherige  sind  wir  nun  gut  vorbereitet,  um  der  gross- 
artigsten Erscheinung  Yon  Einhüllungen  geräumiger  Meeresgolfe  näher 
zu  treten.  Das  sibirische  Eismeer  muss  nämlich  ehemals  nicht  bloss 
bis  zum  Baikal-See,  sondern  bis  zum  Aral-See  und  dem  Easpischen 
Meere,  dem  Ostabhang  des  Ural  entlang  sich  erstreckt  haben.  Der 
Spiegd  des  Easpischen  Meeres  liegt  25  Meter,  seine  tiefsten  Stellen 
über  711  Meter  unter  der  Oberfläche  des  Pontus.  Die  Höhe  des 
Aral-Sees  wurde  1826  von  Anjou  und  Duhamel  zu  38  Metern,  im 
Jahre  1858  von  Oberst  Struve  zu  43  Metern  und  1874  von  Obrist 
Thilo  zu  54  Metern  über  dem  Meere  gefimden.  Sollten  diese  Angaben, 
wie  zu  besorgen  ist,  nur  auf  barometrischen  Messungen  beruhen,  so 
besässen  sie  der  möglichen  Fehler  wegen  nur  wenig  Gewicht  Immer- 
hin würde  der  Aral-See,  da  seine  Tiefen  bis  zu  68  Metern  sich  belaufen, 
selbst  nach  der  Thilo 'sehen  Messung  noch  mit  Theilen  seiner  Sohle 
unter  den  Meeresspiegel  reichen. 

An  einer  ehemaligen  oceanischen  Fauna  fehlt  es  im  Easpischen 
Meere  nicht  Schon  Alexander  v.  Humboldt')  rechnet  dahin  die 
Squillen,  Arten  von  Syngnathus  und  Gobius,  Cerithien  und  einige  Algen 
aus  der  Familie  der  Ceramieen  und  Florideen.  Die  Weichthiere  des 
Easpischen  Meeres  und  Aral-Sees,  sowie  des  ganz  jungen  Steppen- 
kalkes, der  vom  Pontus  über  den  Aral-See  noch  tief  in  die  Steppen 
hineinreicht,  sind  em  Anhang  der  Mittelmeerprovinz.  Von  14  Müschelu 
kommen  8  auch  im  Pontus.  2  in  den  nordeuropäischen  Meeren  vor, 
und  4  sind  dem  araUsch-kaspischen  Gebiet  eigenthüinlich.  Der  leider 
so  früh  der  Wissenschaft  entrissene  Beisende  und  Entdecker  Fedt- 
schenko,  von  dem  sich  der  Verfasser  über  die  eben  berichteten  Ver- 
hältnisse belehren  liess,  hatte  im  Aralbecken  folgende  Arten  gesanunelt: 
Adacna  vitrea,  Cardium  edule,  Neritina  liturata,  Hydrobia  stagnalis, 
lauter  Brackwasserarten,  zu  denen  sich  noch  Mytilus  polymorphus  und 
eine  nicht  näher  bezeichnete  Paludina-Art  gesellen,  welche  letzteren 
beide  auch  im  oder  nur  im  Süsswasser  vorkommen. 

Im  Herbste  1876  wurden  die  Fische  jener  Seen  von  Eessler 
genauer  untersucht.    Hierbei   eigab  sich,  dass  25  Arten  dem  Pontus 

»)  Strabo,  lib.  I,  cap.  3,  ed.  Tauchn.    Vol.  I,  p.  77. 

*)  Petermann 's  Mittheilongen  1874,  S.  150. 

*)  Centralasien.  Deutsch  von  W.  Mahlmann.   Berlin  1844.   Bd.  I,  S.460. 

PescbeNLeipoldt,  Phys.  Erdlnuid<>.   H.  21 


322  Dritter  Theil.    Die  Waaser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

und  Kaspi,  4  dem  Easpi  und  Aral,  6  aber  allen  drei^i  gemön- 
sam  waren  ^).  Sie  sind  sanuntlich  Brackwasser-  oder  indifferente 
Formen;  Kaspi-  und  Aral-See  entbehren  sowohl  der  echten  Süss* 
wasser-,  als  auch  der  wahren  Meeresfische ,  während  das  Schwarze 
Meer  vorwiegend  echt  marine  Formen  besitzt  Wenn  übrigens  der 
mediterraneische  Typus  aller  Organismen  im  Kaspi-  und  Äral-See  sdir 
in  den  Vordergrund  tritt,  so  ist  dabei  nicht  ausser  Acht  zu  lassen,  dajss 
mehrere  Thierformen  des  Kaspi -Sees,  so  die  Seehunde  (nach  A.  v. 
Humboldt*)  auch  am  Aral-See),  ein  Kennauge  (Petromyzon  Wagneri) 
und  die  arktische  Crustacee  Idothea  entomon  ohne  Zweifel  aus  dem 
nördUchen  Eismeere  stammen  '). 

Im  Aral-See  b^egnen  wir,  worauf  bereits  mehr&ch  aufinerksam 
gemacht  wurde,  gleichfisdls  einer  ReUcteniauna,  und  damit  liefern  wir 
den  besten  Beweis,  dass  jenes  Becken  der  abgeschnittene  Best  eines 
alten  Meeres  sei,  welches  sich  ehemals  nicht  bloss  in  der  Richtung 
nach  dem  Kaspi-See,  sondern  auch  gegen  Norden  zunächst  auf  300 
Werst  oder  40  geogr.  Meilen  erstreckte,  insofern  aus  den  Grebieten 
der  mittleren  Ejrgisenhorde  zwischen  den  unzähligen  Steppenseen  Meer- 
muscheln (Turritella  triplicata  und  Cardium  Yemeoli)  durch  den  Reisen- 
den Nöschel  nach  Petersburg  gesendet  werden  konnten*).  Das 
damalige  Meer  ist  noch  um  vieles  nördUcher  bei  Petropaulowsk  am 
Ischim  durch  B.  y.  Cotta^)  nicht  bloss  durch  das  Auftreten  vieler 
Salzseen,  sondern  wiederum  durch  das  Vorkommen  von  Meeresmuscheb 
und  namentlich  einer  Austemspecies  nachgewiesen  worden.  Durch  die 
Zunahme  des  festen  Landes  in  der  Richtung  des  heutigen  Eismeeres 
mussten  nothwendig  die  transuralisdien  Steppen  immer  trockener  werden, 
und  die  jetzt  noch  vorhandenen  Seen,  meist  nur  ernährt  durch  schmel- 
zenden Schnee,  sind  im  Eintrocknen  begriffen.  In  einer  solchen  trau- 
rigen Lage,  gleichsam  in  den  letzten  Zügen,  gewahren  wir  den  Saiy- 
Kupa  unter  50  ^  n.  Br.,  vormals  ein  elliptisches  Becken  mit  einer  grossen 
Axe  von  15  geogr.  Meilen,  jetzt  zerstückt  in  20  grössere  Weiher.  In 
eine  ähnliohe  Grruppe  kleiner  Becken  ist  vom  Saiy-Kupa  südlich  auf 
halbem  W^e  zum  Aral-See  der  Aksakal  zerfiedlen  ®).  Ihuuit  eine  ähn- 
liche Erscheinung  der   Steppen   nicht  mit  den  eben  geschilderten  ver- 

>)  Zeitschrift  für  wissenschaftliche  Zoologie.    Bd.  XXVIII  (1S77),  S.  40S. 

^)  Centralasien.    Bd.  I,  S.  475. 

s)  Russische  Reyue.    Bd.  VI  (1875),  S.  355  ff. 

^)Gr.  ▼.  Helmersenin  den  Beiträgen  znr  Kenntniss  des  Rassischen 
Reiches.    Bd.  XVm  (1856),  &  132. 

^)  Der  AltaL    Leipzig  1871.    S.  57. 

")  VgL  die  Karte  zu  NöscheTs  Reise  an  den  Axal-See  in  den  Beiträgen 
zur  Kenntmss  des  Russischen  Reiches.    Bd.  XVIII  (1S56). 


XI.    Die  Entwicklungsgeschichte  der  stehenden  Wasser  auf  der  Erde.  323 

wechselt  werde,  wollen  wir  rasch  einschalten,  dass  die  oft  geradlinig 
auf  einer  Kette  liegenden ,  wie  Perlen  eines  Rosenkranzes  an  einander 
gereihten,  von  A.  v.  Humboldt  deshalb  Bosenkranzseen  benannten 
Weiher,  wie  dieser  Naturbeobachter  es  längst  erklärt  hat,  in'  den  Ver- 
tiefiingen  eines  ausgetrockneten,  von  Sandwehen  streckenweise  ver- 
schütteten Strombettes  durch  Ansammlung  der  jährlichen  Niederschläge 
entstehen,  ako  nicht  etwa  zu  den  Seen  maritimen  Ursprungs  gehören  ^). 

^'enn  aber  das  Kaspische  Meer  ehemals  ein  Meeresgolf  gewesen 
war,  wenn  es  selbst  nach  seiner  Abtrennung  als  Binnensee  noch  an 
Ausdehnung  beträchtlich  verloren  haben  muss  und  nachgewiesener 
Massen  verloren  hat,  so  darf  es  uns  doch  stark  befremden,  dass  sein 
Salzgehalt  ein  so  geringer  ist.  Damals,  als  es  noch  ein  Golf  war,  konnte 
sein  Wasser  kaum  weniger  als  34  Promille  fester  Bestandtheile  ent- 
halten, und  wenn  in  Folge  von  Verdampfung  sein  Spiegel  nach  der 
Absonderung  sank,  so  musste  sein  Wasser  an  Salz  sich  bereichem. 
Wir  wären  berechtigt,  bei  ihm  eine  Salinitätsstufe  von  weit  mehr  als 
40  Promille,  mehr  selbst  als  im  Arabischen  Golf  bei  Sues  zu  erwarten. 
Statt  dessen  ist  dajs  kaspische  Wasser  im  Norden,  wo  es  von  dem 
Ergüsse  der  Wolga  überfluthet  wird,  nur  brackisch,  und  selbst  im 
Süden,  wo  es  nur  sehr  schwach  durch  Eüstenflüsse  verdünnt  wird, 
enthält  es  nicht  mehr  als  14  Promille  fester  Bestandtheile^).  Nun  hat 
allerdings  Karl  v.  Baer  uns  belehrt,  dass  noch  jetzt  die  Aussüssung 
fortschreitet.  Der  Earabugas  am  Ostufer  sei  nämUch  eine  seichte,  aber 
äusserst  geräumige  Pfanne  mit  einer  engen,  nur  150  Schritte  breiten 
Oeflhung  von  P/3  Meter  mitüerer  Tiefe,  durch  welche  beständig  kas- 
pisches  Wasser  einströme,  ohne  je  zurückzukehren,  da  es  dem  Earabugas 
wieder  durch  Verdampfung  entzogen  werde.  Die  festen  Bestandtheile 
müssen  natürUch  auf  der  Sohle  der  P&nne  als  ein  Salzflötz  zurück- 
bleiben. Gewiss  ist  diese  Beobachtung  höchst  schar&innig ;  doch  dürfte 
der  Earabugas  schwerUch  tief  genug  gewesen  sein,  um  alles  Salz  des 
Easpischen  Golfes  in  seinem  Schosse  beherbergen  zu  können;  auch 
musste  seine  Mündung,  als  früher  der  Wasserstand  ein  höherer  war, 
viel  breiter  und  tiefer  gewesen  sein;  ja,  es  fragt  sich,  ob  damals  über- 
haupt der  Earabugas  als  ein  abgesondertes  Becken  bestand.  Wir  be- 
dürfen aber  gar  nicht  dieser  Erklärung;  denn  wenn  das  Easpische 
Meer  aus  einem  Golf  in  einen  Binnensee  überging,  muss  es  eine  Zeit 
durchlebt  haben,  in  welcher  seine  Verbindung  mit  dem  Ocean  nur  in 
einer  oder  etlichen  Meerengen  bestand,  genau  so,  wie  es  jetzt  mit  der 
Ostsee  der  Fall  ist,  imd  solche  Mittelmeere  können,  ausgesüsst  durch 

^)  A.  V.  Humboldt,   Centralasien.    Bd.  I,  S.  515. 
*)  Petermann's  Mittheilungen  1858,  S.  97. 

21* 


324  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

die  einmündenden  Müsse,  bis  auf  die  niedrigste  Salinitätsstuüsn  ge> 
bracht  werden;  ist  doch  im  Sommer  das  Wasser  im  Bottnisch^i  Golfe 
noch  trinkbar! 

Das  Eigebmss  nnserer  Insherigen  Untersuchungen  ist  daher  ein 
überraschendes.  Alle  grossen  und  geräumigen  Seen  Nord-  und  Central- 
amerika's,  am  Südabhange  der  Alpen,  in  Schweden,  in  Nordrussland,  in 
CentraUsi^i  und  in  Sibirien  sind  ooeanischen  Ursprunges.  Leid^  wissen 
wir  bis  jetzt  nichts  hinzuzufügen  über  die  Thierwdt  der  Becken  in  Süd- 
afrika, in  Australien  und  in  Patagonien.  In  unseren  Tagen  bedarf  es 
aber  nur  dner  Anr^ung  zu  Beobachtungen,  so  bringt  die  nächste  Zeit 
schon  die  Antwort  auf  neu  gestellte  Fragen. 

Die  zweite  Classe  der  stehenden  Wasser  sind  die  Landseen, 
deren  Becken  sich  erst  mit  oder  nach  der  Hebung  des  Festlandes  ver- 
lieft oder  geschlossen  haben.  Da  solche  Seen  selbst  dem  lockeren 
Diluvium  nicht  fehlen,  könnte  zunächst  die  Frage  bennruhig^i,  woher 
es  wohl  komme,  dass  ihr  Beckengrund  das  Wasser  nicht  durchlasse. 
Selbst  Granit,  in  dessen  Vertiefungen  beispielsweiBe  die  Seen  in  Finn- 
land sich  angesiedelt  haben,  wird  aUerorten  von  Klüften  und  Sprüngen 
durchzogen,  welche  das  Wasser  nach  grösseren  Tiefen  entweichen  lassen. 
Deshalb  ist  es  angemessen,  noch  hinzuzufügen,  dass  jeder  junge  See 
damit  beginnt,  sein  eigenes  Ge&ss  zu  verkitten.  Der  feine  Nieder- 
schlag, den  ihm  Bäche  oder  Kiesel  zufuhren,  und  die  Schalen  von 
Schnecken  jmd  Muschebi  überziehen  den  Boden  mit  einer  Art  Glasur 
aus  festem  Letten,  den  man  in  der  Schweiz  Seekreide  nennt  ^).  Nicht 
bloss  Seen,  sondern  auch  Torfinoore,  ja  jedes  Salzflötz  ist  im  übenden 
durch  eine  solche  geognostische  Membran  wasserdicht  abgeschlossen. 

Ein  Theil  der  echten  Binnenseen  ist  durch  Einsturz  entstanden. 
Solche  trichterförmige  Einsenkungen  liegen  dicht  gesäet  in  aUen  Earst- 
gebirgen;  doch  kommt  das  Wasser  dort  selten  zum  Stehen  wc^en  der 
vielen  Sprünge,  Elüfie  und  Höhlen,  die  durch  chemische  Erosion  in 
allen  E^alkgebirgen  unausgesetzt  erneuert  werden.  Der  Zirknitzer  See  mit 
s^em  periodisch  schwankenden  Spiegel  *)  muss  hier  als  Beispiel  genügen. 

Wo  Gjps  im  Erdinnem  lagert,  bleiben  fast  nie  Einstürze  aus; 
denn  dieses  Mineral  löst  sich  in  460  Theilen  Wasser.  Durch  solche 
Auslaugungen  entstanden  die  Seen  bei  Sperenberg  unweit  Berlin  und 
bei  Segebei^  in  Holstein.  Salzflötze  sind  eben&lls  der  Lösung  durch 
Wasser  ausgesetzt,  und  so  wird  die  Bildung  des  süssen  und  des  salzigen 
Sees  bei  Eisleben  dem  Einsturz  von  ehemals  salzhaltenden  Hohlräumen 
zugeschrieben. 

')  Oswald  Heer,  Die  Urwelt  der  Schweiz.    Zürich  1865.    S.  22.  27. 
*)  J.  Hann,  F.  t.  Hochs tett er  und  A.  Pokornj,  AUgemeine  £rd> 
künde.    Wien  1872.    S.  164. 


XI.    Die  Entwicklungsgeschichte  der  stehenden  Wasser  auf  der  Erde.   325 

Geräumiger  werden  die  Becken,  welche  starken  Verwerftmgen 
ihren  Ursprung  danken.  Darunter  versteht  man  das  Einsinken  von 
Stockwerken  der  Erdrinde  einem  Risse  oder  einer  Spalte  entlang,  deren 
eine  Wand  ihre  alte  Höhe  unverändert  beibehält.  In  Südvirginien  giebt 
es  derartige  Verschiebungen  mit  2 — 3000  Meter  Niveauunterschied;  die 
Kohlenkalke  sind  dort  hinabgesunken  bis  auf  die  Horizonte  der  unter- 
silurischen  Kalksteine  ^).  In  einer  solchen  Verwerfungsspalte  liegt  das 
Jordanthal  mit  dem  Tiberias-See,  dem  Todten  Meere,  dem  Wadi  Arabah 
imd  dem  Golfe  von  Akabah.  Leider  findet  sich  noch  immer  auch 
in  neueren  Bilchem  über  Palästina  die  Vermuthung  ausgesprochen,  dass 
das  Todte  Meer  und  die  Jordanspalte  ehemals  nach  dem  Rothen  Meere 
sich  fortsetzten,    durch    spätere  vulcanische  Ausbrüche  aber  von  ihm 

Fig.  33. 


Oeolog^uclier  Querscluiitt  Ton  Jal&  bis  Schiliaii,  nach  L.  Lartet. 
Höhen  über  (+)  and  Senkungen  unter  (— )  dem  Mittelmeerspiegel  in 
Metern  nach  französischen  Yerniessangen. 
b  Basalt,     c  Kalkstein  der  Kreidezeit,     g  nnbischer  Sandstein, 
m  alte  Absätze  des  Todten  Meeres,     p  gehobener  sandiger  Meeresgrund. 

getrennt  worden  sein  sollten.  Soweit  Oscar  Fraas  aber  die  Ufer 
bei  d  Ghor  untersuchte,  ergaben  sich  jene  Behauptungen  als  „reine 
Gebilde  einer  aufgeregten  Phantasie  und  der  geologischen  Unkennt- 
niss"  *).  Wir  brauchen  auch  nur  den  nebenstehenden  Querschnitt  Palä- 
stina's  von  Lartet  zu  betrachten,  um  den  Vorgang  dieser  Thalbildung 
als  Verwerfung  zu  erkennen^).  Wäre  das  Todte  Meer  jemals  ein  Zu- 
behör der  Oceane   gewesen,  so  müsste  sein  Wasser  Silber  enthalten. 

^)  Hermann  Credner,  Elemente  der  Geologie.  3.  Aufl.  Leipzig  1876. 
S.  460. 

^  AoB  dem  Orient.    Stuttgart  1867.    Bd.  I,  S.  65. 

")  Die  eingehenden  Untersuchungen  Lartet^s  finden  sich  in  Yojage 
d*£xploration  ä  la  Mer  Morte  etc.  par  le  Duc  de  Luyues.  Tome  111.  G^logie. 
Paris  1877. 


326  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Dies  wird  aber  ausdrücklich  von  denjenigen  verneint,  die  es  auf  diesen 
Bestandtheil  untersucht  haben.  Wir  müssten  femer,  wenn  auch  nicht 
im  Todten  Meere,  dessen  hohe  Salinität  das  Thierleben  ausschUesst, 
wohl  aber  im  Jordan  und  im  Tiberias  eine  Belictenfauna  finden,  die 
aber  erst  noch  nachzuweisen  wäre^). 

In  Binnenräumen  bieten  die  Kratere  von  Vulcanen  fertige  GrefiUse 
fiir  die  Ansammlung  von  Süsswasser.  Es  genügt  hier  wohl,  auf  die 
tyrrhenische  Küstenstufe  Italien's  zu  verweisen,  wo  die  Beispiele  zu 
dieser  Entstehungsgeschichte  auf  der  sogenannten  subapenninischen 
Formation  im  Trasimenischen  See,  im  Lago  di  Bolsena,  im  Fudner 
See  und  in  dem  Albaner  Gebirge  schon  beim  Jugendunterricht  erwähnt 
werden. 

B^eben  wir  uns  endlich  in  die  Gebirge,  so  finden  wir,  dass  die 
Wasserbecken  auf  sehr  verschiedenen  Wegen  entstanden  sind.  Wo  zwei 
Thäler  senkrecht  oder  nur  unter  einem  hohen  Winkel  auf  einander 
stossen,  kann  es  kommen,  dass  ihre  Gletscher  zusammenwachsen  und 
im  inneren  Winkel  ihrer  Berührungsstelle  dem  Wasser  einen  Hohlraum 
zur  Ansammlung  gewähren.  Es  ist  übrigens  nicht  nothwendig,  dass 
zwei  Gletscher  zusammenstossen;  es  genügt  schon,  dass  ein  einziger 
Gletscher  die  Mündung  eines  Seitenthaies  versperre.  Das  aufgestaute 
Wasser  oberhalb  wird  dann  ein  Eissee  genannt^).  Zu  diesen  gehört 
der  Märjelen-See  (Fig.  34),  der  zu  dem  Aletschgletscher  in  Beziehung 
steht  ^).    Den  Bewohnern  der  abwärts  liegenden  Thalsohlen  droht  jeder 

^)  Obwohl  der  Herausgeber  im  Hinblick  auf  neuere  Forschungen  nicht 
völlig  die  Anschauungen  seines  Lehrers  theilt,  hielt  er  es  doch  für  seine 
Pflicht,  das  Obige  unverändert  stehen  zu  lassen,  da  die  Acten  über  das  in  so 
hohem  Grade  interessante  Capitel  von  dem  Ursprünge  des  Todten  Meeres 
noch  keineswegs  geschlossen  sind.  Mit  treffenden  Gründen  ist  namentlich 
Alfred  Kirchhoff  (Deutsche  Revue.  October  lS7d,  S.  lOS  ff.)  neuerdings 
für  die  pelagische  Abkunft  des  Todten  Meeres  eingetreten.  Die  Abwesenheit 
der  Silbersalze  erklärt  er  dadurch,  dass  sie,  mit  Schwefelwasserstoff  gefallt, 
am  Boden  des  Sees  bereits  abgelagert  sind.  Vor  allem  aber  erkennt  er  in 
den  vom  Baron  d'Escalopier  an  Valenciennes  aus  dem  Todten  Meere 
überbrachten  Korallen  (Pontes  elongata)  und  in  den  von  Ehrenberg  im  See 
entdeckten  uralt  marinen  Polythalamien  lebendige  Zeugen  einer  früheren 
Zugehörigkeit  des  Todten  Meeres  zum  Rothen  Meere.  Hingegen  betrachten 
Oscar  Schneider  („Ueber  die  Entstehung  des  Todten  Meeres"  in  der  Gaea 
1871  (Bd.  VH),  S.  325—389)  und  OttoKrümmel  (Versuch  einer  vergleichen- 
den Morphologie  der  Meeresräume.  Leipzig  1879.  S.  50  ff.)  das  Todte  Meer, 
insbesondere  mit  Bezug  auf  die  Forschungen  Lartet*s,  als  ein  uraltes  Sanunel- 
becken  theils  meteorischer,  theils  local  dem  Erdinnem  entströmender  Gewässer. 

*)  Vgl.  hierzu  C.  v.  Sonklar,  Allgemeine  Orographie.  Wien  1873. 
S.  167  f. 

3)  Sir  Charles  Lyell,  Principles  of  Geology.  12**»  ed.  London  1875. 
VoL  I,  p.  372  sq. 


XI.   Die  Entwicklungsgeschichte  der  stehenden  Wasser  auf  der  Erde.  327 

Eissee  die  höchste  Ge&hr.  Es  kann  dann  geschehen,  wie  am  14.  Juni 
1845,  wo  der  Eissee  des  Vemagtgletschers  in  einer  Stunde  seinen  In- 
halt von  2,3  Millionen  Cubikmetern  entleerte  ^).  Die  grossartigsten  Ver- 
heerungen verursachte  jedoch  der  Ausbruch  eines  Eissees  im  Jahre  1841. 

Fig.  34. 


Bildung  eines  Eiasees  nach  Sir  Charles  Lyell. 

a  h  RQcken  zwischen  den  beiden  Thälern. 

c  senkrechte  Eiswand,  welche  einen  mächtigen  Qaerriegel  bildet  und  den 

See  zwingt,  zum  Yiescher  Thale  ahznfliessen. 

Damals  lagerte  ein  Heer  der  Sikhs  am  Indus  in  der  Nähe  von  Attok, 
als  plötzlich  der  Strom  seine  Ufer  verUess  und  einen  guten  Theil  der 
Kriegsmannschaft  verschlangt).  Spuren  dieses  Gewaltergusses  waren 
in  den  Engschluchten  des  Indus  weiter  oberhalb  sichtbar,  und  die  indo- 
britischen  Geographen  schrieben  das  Wunder,  welches  an  den  Heer- 
schaaren  des  Pharao  im  Pendschab  geschehen  war,  dem  Ausbruch  eines 
Eissees  zu,  der  aber  vorläufig  unbekannt  bUeb.  Der  wahre  Unheil- 
stifter ist  erst  später  erkannt  und  neuerdings  von  dem  verdienstvollen 
Reisenden  Shaw  beschrieben  worden.  Südhch  vom  Karakorum-Passe 
entwickeln  sich  nämlich  die  Gletschermassen  des  Shayok,  der  sich 
als  mächtiger  Fluss  mit  dem  Indus  vereinigt,  und  der  Ausbruch  eines 
dortigen  Eissees  ist  es  gewesen,  der  noch  bei  Attok,  alle  Krümmungen 
eingerechnet  180  geogr.  Meilen  abwärts,  eine  Entfernung  wie  die 
nächste  Linie  zwischen  Hamburg  und  Rom,  verheerend  auftreten 
konnte  3). 

Die  Abdämmung  einer  Thalsohle  braucht  nicht  immer  aus  Eis  zu 
bestehen.     Kn  plötzlicher   Bergrutsch    leistet   dieselben   Dienste,    und 

^)  Die  Geschichte  des  Vemagtgletschers  finden  wir  bei  C.  v.  Sonklar, 
Die  Oetzthaler  Gebirgsgruppe.  Gotha  1860.  S.  154  ff.  Ebendaselbst,  S.  76 — 77, 
werden  wir  auch  über  den  Eissee  des  Langthaies,  der  vom  Gurglergletscher 
gebildet  wird,  unterrichtet. 

»)  Proceedings  of  the  R.  Geogr.  Society.    Vol.  XV  (1871),  p.  175. 

^)  Eine  Abbildung  des  Eismeeres  an  der  Shayok  -  Quelle  findet  sich  in 
Robert  Shaw's  ,,Rci8e  nach  der  hohen  Tatarei,  Yarkand  nnd  Kasghar**. 
Jena  1872.    S,  369. 


328  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  imd  LnfüioUe  der  Erde. 

einem  «dchen  ans  dem  Jahre  1771  Todankt  der  AUeg^e-See  in  den 
cadoriacheii  Alpen  (Provinz  Bdlono)  seinen  UreprongV. 

Ein  anderer  Bergbrnch,  der  1854  die  ThakoUe  bö  Ilattach  im 
kSmtneriscfaen  Möüthal  aa&chltttete,  eneeiigte  einen  See,  der  1861*noGii 
1500  Klafter  (=  2845  Meter)  Länge  besass.  Oder  es  konnte  auch  ge- 
schehen, dass  Wolkenbrüche  Sdilammmassen  als  Qaerricigel  in  ein  Thal 
sdiwemmtai.  Auf  diese  Art  entstand  dar  Gaishomsee  im  Baltentfaale 
Steiermark's  durch  einen  Wnthaosbrach  des  Flitzoobaches.  Endlich 
kann  auch  die  Bfldnng  ganz  firiedlich  erfolgen,  wenn  die  Sdiuttkegel 
ans  g^enaber  Uzenden  Sdilochten  in  der  Mitte  des  Hanptthales  zu- 
sammenwachsen, wie  dies  die  Bildung  des  Antholzer  Sees  im  gleich- 
namigen Thale  TiroFs  veranlasst  hat^). 

Wasseranspannongen,  die  durch. solche  Thalvenriegelungen  ent- 
stehen, bezeichnet  man  am  besten  als  Sonklar'sche  Seen  nach  dem 
Namen  desjenigen ,  der  zuerst  durch  ihre  Entwicklungsgeschichte  die 
Wissenschaft  bereichert  hat.  Mitunter  kann  die  Endmoifüie  eines 
Oletschers,  wenn  ihr  Urheber  sich  weit  zurückgezogen  hat,  als  dne 
Thalsperre  dienen;  wenigstens  endet  der  Züridier  See  am  Fusse  einer 
Moräne,  welche  die  Limmat  durchbrochen  hat  Doch  liegt  auch  bei 
ihm  die  Sohle  des  Beckens  allenthalben  tiefer  als  der  Spiegd  des  Ab- 
flusses,  so  dass  die  Moräne  höchstens  di&  Stauung  etwas  gesteigert 
hüben  kann.  Dagegen  besitzen  die  Vogesen,  in  denen  bekanntlich  die 
Spuren  alter  Oletscher  nicht  sdten  sind,  wie  Charles  Orad')  gezeigt 
hat,  eine  Anzahl  von  Seen  (Lac  des  Oorbeaux,  L.  du  Bälon,  L.  de 
Fondromaix,  L.  de  Daaren),  welche  ihre  Bildung  nur  der  Ablagerung 
alter  Endmoränen  verdanken.  Femer  weisen  auch  die  Pyrenäen  und 
das  skandinavische  Hochland  zahlrdche  Seen  auf,  die  an  ihrem  unteren 
Ende  durch  Moränen  abgesperrt  sind^). 

Erfüllten  in  der  Fisz/äi  die  Oletscher  ein  bereits  vorhandenes  Thal, 
so  wurde  von  ihnen  streckenweise  dieses  Thsl  vor  einer  Zuschüttung 
durch  Oeröllmassen  und  Seitenmoränen  geschützt  Zogen  sich  dann 
die  Oletscher  nach  ihrem  Ursprünge  zurück,  so  beharrte  das  Eis  im 
Thale  noch  eine  Zeit  lang  und  hinterliess  beim  Einschmelzen  einen 
Hohlraum,  der  den  Oeologen  in  den  Inihum  versetzen  kann,  als  sei 
eine  Auswaschung  oder  Austiefung  anstatt  dner  verhinderten  Zuschüttung 
vor  sich  gegangen.    Auf  diese  Weise  hat  der  Verfiasser  die  Elntstehung 

^)  6.  A.  V.  Rlöden,  Europa.  2.  Aufl.  S.  1241.  Der  SanU-Croce-See 
m  der  Nahe  entstand  auf  gleiche  Weise  im  7.  Jahrhundert  n.  Chr. 

')  Vgl.  Heinrich  Wallmann  im  Jahrbuch  des  österreichischen  Alpen- 
vereins.   Wien  1868.    Bd.  IV,  &  4  f. 

*)  Bulletin  de  la  Soci^t^  g^logique  de  France.  Ser.  II,  Tome  XXVI 
(1868  und  1869),  p.  677 — 686,  insbesondere  das  Profil  des  Lac  de  Daaren  auf  p.  683. 

*)  Th.  Kjerulf,  Die  Eiszeit.    Berün  187S.    S.  22.  48. 


XI.    Die  EntwicklungBgescIiichte  der  stehenden  Wasser  auf  der  Erde.  329 

des  Neuenburger  und  Bieler  Sees  im  Jahre  1868  erklärt^).  Seitdem 
ist  der  Ursprung  etlicher  anderen  flachen  Seen  der  Schweiz  auf  diesen 
Vorgang  zurückgeflihrt  worden.  Auch  die  Seen  am  Fusse  der  baye- 
rischen Alpen  liegen  sämmtlich  innerhalb  der  Grenzen  einer  vormaligen 
Vergletscherung.  Nicht  der  kleinste  Weiher  ist  jenseit  der  Moränen- 
grenze mehr  au&ufinden  >). 

Die  Vertiefungen  der  Erdrinde,  welche  sich  zur  Aufiiahme  von 
Wasserschätzen  eignen,  können  aber  auch  mit  der  Hebung  oder  Faltung 
der  Erdrinde  gegeben  sein.  In  solchen  Fällen  sprechen  wir  von 
orographischen  Seen  und  wollen  damit  ausdrücken,  dass  die  Gestalt 
der  Beckensohle  unmittelbar  oder  mittelbar  nnt  den  Krümmungen  ihres 
Schichtenbaues  zusammenhänge.  Da,  wo  durch  seitlichen  Druck  eine 
einförmige      parallele 

Faltung  der  Schichten  ^'^'  ^^• 

erzielt  wurde,  entstan-  Muid»  y/use  ^  Combe 

den,  wie.  im  Jura, 
sattelfbrmige  Rücken, 
zwischen  denen  in  Ein- 

Senkungen    oder    S\ll-  Ualden-,  einten-  nnd  Combensee. 

klinalen  Thälem  sich 

die  Muldenseen  ansammelten  (Fig.  35).  Dies  ist  eine  der  drei 
Hauptformen  von  Hebungsseen,  die  zuerst  F.  Desor  zu  unterscheiden 
gelehrt  hat*).  Wird  durch  fortgesetzte  Hebu%  die  Wölbung  der 
Schichten  aufgesprengt,  so  entstehen  in  der  klaffenden  Schlucht  die 
Clusenseen.  findlich  kann  es  sich  zutragen,  dass  durch  Auswaschung 
einer  locker  verbundenen  Schicht,  die  zwischen  harte  Gesteinsmassen 
eingeschaltet  lag  und  mit  ihnen  aufgerichtet  wurde,  ein  isoklinales  Thal 
sich  entwickelt,  welches  durch  nachfolgende  Hebung  oder  Verriegelung 
zu  einem  Becken  sich  verwandelt.  Auf  diese  Art  gestalteten  sich  die 
Combenseen  der  Desor' sehen  Terminologie.  Selbstverständlich 
werden  nicht  alle  Seen  den  Typus  ihrer  Entstehungsart  mn  bewahren, 
sondern  es  geschieht  vielmehr,  dass  einzelne  Stücke  bald  diesem,  bald 
jenem  Ursprung  angehören.  Ueberhaupt  sei  es  verstattet,  zum  Schlüsse 
noch  daran  zu  erinnern,  dass  in  der  Natur  die  verschiedensten  Wege 
zu  den  scheinbar  gleichen  Ergebnissen  fiihren  und  dass  nothwendig 
die  Entstehungsgeschichte  der  Seen  alle  beobachteten  Fälle  umüässen 
sollte,  durch  welche  eine  Vertiefung  der  Erdoberfläche  unter  das  Niveau 
der  begrenzenden  Umgebung  verursacht  werden  kann. 

*)  Ausland  1868,  S.  1005  f.:  Ueber  den  Ursprung  der  Jura-Seen. 

*)  Hauptmann  F.  Stark  in  der  Zeitschrift  des  deutscheu  Alpenvereins. 
Bd.  n\  Vereinsjahr  1873.  München  1873.  S.  72.  Vgl.  auch  C.  W.  Gümbel, 
Abriss  der  geognostischen  Verhältnisse  bei  Miesbach  etc.   München  IST 5.  S.  21. 

=)  Der  üebirgsbau  der  Alpen.    Wiesbaden  1865.    S.  128  f. 


330  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Salzflötze. 

Anhang  zn  dem  Abschnitt: 
Die  Entwicklangsge schichte  der  stehenden  Wasser  auf  der  Erde. 

Die  Bildung  der  Salzflötze  wurde  bereits  bei  Bespiechung 
des  Earabugas  (S.  323)  angedeutet  In  ruhig  verharrenden  Salz- 
lösungen wird  durch  die  Verdunstung  des  Wassars  an  der  Oberfiäche 
eine  Concentration  der  Soole  herbeigeftlhrt  Indem  sie  hierdurch  an 
Schwere  gewinnt,  sinkt  sie  zu  Boden;  es  findet  daher  eine  Zunahme 
des  Salzgehaltes  nach  der  Tiefe  zu  statt '  In  dem  von  Strömungen 
unablässig  bewegten  Ocean  ist  eine  solche  Concentration  schon  deshalb 
unmöglich,  weil  die  Meeresströmungen  ununterbrochen  die  salzarmen 
und  saizreichen  Theile  des  Oceans  mit  einander  mengen,  das  verdunstete 
Wasser  aber  stets  durch  Flusswasser  wieder  ersetzt  wird^).  Meeres- 
theile,  welche  nur  durch  eine  schmale  Strasse  mit  dem  offenen  Ocean 
communiciren,  schdnen  sich  viel  besser  zur  Ablagerung  von  Steinsalz- 
flötzen  zu  eignen,  da  ihn^i  dne  kräftige  Wasserdrculation  gänzlich 
fehlt  (vgl.  S.  103).  Wir  beobachten  diesen  Voigang  im  Kldnen  an 
den  Küsten  von  Spanien,  Frankreich  und  Italien.  Während  der  Fluth- 
zeit  füllt  das  Meer  die  mit  Schleusen  versehenen  Salzgärten  (marais 
salans),  in  welchen  die  mittägliche  Sonne  hierauf  die  Verdampfung 
beschleunigt  Durch  die  Verdunstung  wird  das  Meerwasser  in  den 
abgeschlossenen  Buctten  allmählich  zu  einer  gesättigten  Stänsalzlösung, 
aus  welcher  Steinsalz  auskiystalHsirt  wird.  In  d^  That  weisen  die 
Salzlager  neben  dem  Chlomatrium  (Kochsalz)  in  kleineren  Quantitäten 
auch  aDe  diejenigen  chemischen  Verbindungen  (CUormagnesium,  sdiwefel- 
saure  Magnesia,  schwefelsauren  Kalk  etc.)  auf,  welche  überall  im  Meere 
vorkommen. 

Dennoch  darf  nur  äusserst  selten  den  Salzlagem  ein  oceanischer 
Ursprung  zugeschrieben  werden,  wie  sich  aus  folgender  Berechnimg 
ergiebt  Die  Mächtigkeit  der  Chlomatriumschicht,  welche  sich  nach 
Verdampfung  des  Oceans  auf  dem  Gnmde  desselben  niederschlagen 
würde,  beträgt  im  Mittel  14  Millimeter  auf  je  1  Meter  Wasserhöhe. 
Selbst  der  (rarda-See,  welcher  eine  sehr  tiefe  ehemalige  Meeresbucht 
repräsentirt,  würde,  fidls  einst  an  seinem  Ausgang  eine  Barriere  dem 
oceanischen  Wasser  plötzlich  den  Zutritt  verwehrt  und  kein  Fluss  den 
See  ausgelaugt  hätte,  nur  ein  Salzflötz  von  höchstens  3,1  Meter  Mächtig- 
keit hinterlassen  haben,  da  die  Sohle  des  Sees  nur  219  Meter  unter  das 

^)  In  der  That  ist  die  specifieche  Schwere  des  oceanischen  Wassers  in 
allen  Tiefen  nahezn  dieselbe.  Sie  Tennindert  sich  ein  wenig  bis  zu  einer 
Tiefe  von  SOO  bis  1000  Faden,  um  sich  dann,  jedoch  äusserst  langsam,  wieder 
zu  vermehren.    Vgl.  S.  9  f. 


XI.    Die  Entwicklungsgeschichte  der  stehenden  Wasser  auf  der  Erde.  331 

Niveau  des  Meeresspiegels  hinabreicht  0.  Noch  beträchtlich  tiefer,  näm- 
lich 657  Meter  tief,  taucht  der  Langen-See  unter  die  Meeresfläche  hinab  ^), 
und  doch  würde  auch  er  nur  ein  Salzflötz  von  9,2  Meter  Mächtigkeit 
gehefert  haben,  wenn  dieser  ehemalige  Fjord  sich  plötzUch  vom  Meere 
abgetrennt  hätte  und  Süsswasserflüsse  von  ihm  femgehalten  worden 
wären.  In  den  genannten  Seebecken  haben  indessen  die  Flüsse  fiir 
Äussüssimg  gesoi^.  Wenn  nun  selbst  tiefe,  mit  Meerwasser  gefilllte 
Busen  im  Falle  der  Absperrung  und  Austrocknung  nicht  im  Stande 
sind,  die  Bildung  grösserer  Salzlager  zu  bewerkstelligen,  so  vermögen 
dies  noch  viel  weniger  flache  Strandseen.  Die  Salzschichten,  welche 
sich  bei  ihrer  Verdunstung  auf  ihrem  Grunde  niederschlagen,  können 
nur  eine  geringe  Mächtigkeit  besitzen  und  müssen  verschwindend  schwach 
sein  gegen  die  Salzlager  von  Stass&rt,  Wieliczka  und  Sperenberg. 
Die  ^Mächtigkeit  des  bisher  aufgeschlossenen  Salzflötzes  von  Stassfurt 
beträgt  400  Meter;  doch  hat  man  das  Liegende  desselben,  d.  h.  seine 
untere  Grenze  noch  nicht  erreicht.  Die  Salzlager  von  WieHczka  sind 
stellenweise  über  1400  Meter  mächtig;  bei  Sperenberg  (5^/^  geogr. 
Meilen  südlich  von  Berlin)  hat  man  Steinsalz  in  einer  Tiefe  von  90 
Metern  erbohrt  und  dasselbe  in  völliger  Reinheit  bis  zur  Tiefe  von 
1550  Metern  verfolgt,  ohne  bis  zum  Liegenden  vorzudringen.  Eine 
Salzschicht  von  solcher  Mächtigkeit  würde  einen  Ocean  voraussetzen, 
dessen  Tiefe  100  Kilometer  (13 ^/g  geogr.  Meilen)  beträgt,  während 
doch  der  Ocean  nur  eine  durchschnittliche  Tiefe  von  8^/2  Kilometern 
(nicht  ganz  '/g  geogr.  Meile)  hat. 

Schwächere  Salzflötze  mögen  vielleicht  bisweilen  oceanischen  Ur- 
sprunges sein ;  zur  Ablagerung  grösserer  Salzmassen  aber  sind  offenbar 
nur  Binnenseen  ohne  Abfluss  geeignet.  Bäche  und  Flüsse  fuhren  den 
Seen  ununterbrochen  das  Material  hierzu  herbei  und  zwar  ausser  Chlor- 
natrium auch  ChlorkaUum,  Chlormagnesium  und  schwefelsaure  Magnesia^ 
sowie  (insbesondere  im  Frühjahr)  Schlamm,  d.  h.  dieselben  Mineralien, 
aus  denen  sich  die  Steinsalzlager  meist  zusammensetzen.  Die  durch  Ver- 
dunstung an  der  Oberfläche  concentrirte  Lösung  senkt  sich  zu  Boden, 
bis  hier  endlich  aus  der  gesättigten  Salzlauge  Steinsalz  auskiystallisirt. 
So  ist  der  Bildungsprocess  eines  Salzlagers  eingeleitet,  der  so  lange 
fortdauert,  als  die  Flüsse  Salze  in  den  See  hinabtransportiren,  und 
der  somit  auch  die  Anhäufung  der  mächtigsten  Salzmassen  hervor- 
rufen kann. 

Im  Frühjahr  wird  gewöhnlich  in  Folge  des  reicheren  Wasser- 
zuflusses kein  Steinsalz  ausgeschieden,  während  gerade  zu  dieser  Jahres- 

')  Sein  Spiegel  liegt  in  71  Meter  Meereshöhe,  und  seine  Tiefe  beträgt 
290  Meter. 

*)  Meereshöhe  seines  Spiegels:  197  Meter;  Tiefe:  854  Meter. 


332  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufüiülle  der  Erde. 

zeit  das  Yon  suspendirten  KsJk-  und  Thontheilchen  getrübte  Wasser 
die  Entstehung  von  Elalk-  und  Thonsedimenten  über  den  SalzflötEen 
bewirkt  Im  Sommerhing^en  begünstigt  die  stärkere  Wasserverdunstung 
die  Ablagerung  des  Salzes ;  somit  entwickeln  sich  in  mehr&cher  Wieder- 
holung Steinsalz-,  Thon-  und  Ealkschichten  über  einander.  Enthält 
das  Wasser  dnes  Beckens,  in  welchem  ein  derartiger  Voigang  statt- 
findet, auch  schwefelsauren  Kalk  au%elöst,  so  muss  sich  dieser  firüher 
als  das  Chlomatrium  ausscheiden,  da  der  Sättigungspunkt  des  Wassers 
durch  schwefelsauren  Kalk  eher  erreicht  wird  als  durch  Chlomatrium. 
Daher  hegen  Gyps-  oder  Anhydritschichten  so  häufig  unmittelbar  unter 
Steinsalzflötzen.  Wechseln  die  ersteren  mit  den  letzteroi  öfter  ab,  so 
darf  man  hieraus  schliessen,  dass  sich  der  Wasserzufluss  periodisch 
erneuerte.  Die  Thatsache,  dass  sich  der  schwefelsaure  Elalk  bald  wasser- 
firei  als  Anhydrit,  bald  in  Verbindung  mit  Wasser  als  Oyps  ausschddet, 
erklärt  sich  aus  der  Verschiedenheit  des  Druckes,  welcher  auf  den 
sich  bildenden  Schichten  lastet  Ein  Druck  von  10  Atmosphären  genügt 
nämUch,  den  schwefelBauren  Kalk  aus  seiner  Lösung  als  Anhydrit  ans- 
kiystallisiren  zu  lassen.  Diese  Bedingung  aber  ist  bereits  auf  dem  Bod^i 
eines  103  Meter  tiefen  Sees  erftillt  Die  am  lichtesten  löslichen  Salze,  wie 
Chlormagnesium,  ChlorkaUum,  Chlorcalcium,  schwefelsaures  Kali,  schwefel- 
saures Natron  und  schwefelsaure  Magnesia,  die  sogenannten  Mutteriaugen- 
salze,  scheiden  sich  zuletzt  aus,  wenn  das  Wasser  vollständig  verdunstet 

Sonach  würde  auf  dem  Grunde  eines  Sees,  in  dessen  verdunsten- 
dem Wasser  Salze  aufgelöst  sind,  unter  normalen  Verhältnissen  zuerst 
ein  Lager  von  Oyps  entstehen,  dann  ein  Schichtencomplex  von  Stein- 
salz mit  dünnen  Zwischenlagen  von  Thon,  Kalk,  Oyps  oder  Anhydrit 
und  zuletzt  eine  Schicht  der  am  leiditesten  löslichen  Mutterlaugensalze. 
Dieser  Vorgang  ist  demnach  dem  künstiichen  Verdunstungsprocess  der 
Soolen  in  den  Salzsiedereien  in  hohem  Orade  ähnlich;  denn  hier  setzen 
sidi  zuerst  die  Pfiumensteinsalze  ab,  imter  denen  meist  schwefelsaurer 
Kalk  (Oyps)  vorwaltet,  also  die  schwerlöslichsten  Salze,  sodann  die 
Soppensalze  und  zwar  hauptsächUch  das  Kochsalz,  während  die  leicht- 
löshchen  Salze  noch  in  der  Mutterlauge  blähen;  bei  weiter  fort- 
sdireitendem  Abdampfen  würden  auch  sie  sich  ausscheiden. 

Ein  treffliches  Zeugniss  fär  die  Sichtigkeit  der  obigen  Annahme 
lieferte  die  Durchbohrung  des  mächtigen  Salzlagers  von  Stassfiirt 
(4  geogr.  Meilen  südlich  von  Magdeburg).  Die  tie&te,  228  Meter 
mächtige  Lage  (das  untere  Ende  ist  dabei  noch  nicht  erreicht)  ist  reines 
Steinsalz,  welches  durch  parallele,  etwa  8  bis  16  Centimeter  brdte 
Anhydritstr^en  in  zahlreiche  Bänke  getheilt  wird  (Anhydrit-R^on). 
Auf  dieser  ruht  eine  66  Meter  mächtige  Schicht  unreinen  Steinsalzes, 
welches  mit  leichtlösUchen  Substanzen,  namentlich  mit  Chlormagnesium 


XI.   Die  Entwicklungsgeschichte  der  stehenden  Wasser  auf  der  Erde.  333 

gemengt  ist  und  von  Polyhalitschnüren  durchzogen  wird  (Polyhalit- 
B^on).  Die  nttchste,  etwa  60  Meter  mächtige  Zone  zeigt  neben  Stein- 
salz und  mit  ihm  wechsellagemd  schwefelsaure  Verbindungen,  insbesondere 
Kieserit  und  Bittersalz  (Eieserit-Region).  Den  Abschluss  des  Steinsalz- 
lagers nach  oben  bezeichnet  endlich  eine  45  Meter  mächtige  Schicht, 
die  aus  einem  bunten  Gemisch  von  Steinsalz,  Bittersalz  und  leicht  zer- 
fliesslichen  Kalisalzen  (sog.  Abraumsalzen  oder  Mutterlaugensalzen: 
Camallit,  Stassfurtit,  Sylvin,  Eainit,  Tachyhydrit)  besteht  (Camallit- 
Region).  Das  Stassfurter  Steinsalzlager  ist  demnach  wohl  zweifellos 
das  Ergebniss  eines  Verdunstungsprocesses,  welchem  eine  bewegungs- 
lose Salzlösung  ausgesetzt  war. 

Wir  würden  jedoch  irren,  wenn  wir  der  geologischen  Vergangen- 
heit allein  derartige  Bildungen  zuerkennen  wollten;  vielmehr  entstehen 
dieselben  auch  heute  noch  vor  unseren  Augen.  Wir  eriimem  hierbei, 
um  nur  ein  Beispiel  anzuführen,  an  das  Todte  Meer.  Der  wichtigste 
Zufluss  desselben,  der  Jordan,  ist  reich  an  au%elösten  Salzen;  denn 
auf  100000  TheQe  seines  Wassers  konunen,  abgesehen  von  den  übrigen 
BestandtheUen,  52  TheQe  Chlomatrium  und  25  Theile  Chlormagnesium. 
Da  das  Todte  Meer  natürlich  nur  reines  Wasser  durch  Verdunstung 
verliert,  während  der  Jordan  ununterbrochen  salziges  Wasser  herbeileitet, 
so  wird  der  Salzgehalt  stetig  vergrössert  Dabei  lagerten  sich  schwefel- 
saurer Kalk  und  Steinsalz  zuerst  ab;  hingegen  blieb  Chlormagnesium 
au%elöst  im  Wasser  zurück.  Je  mehr  aber  der  Chlormagnesiumgehalt 
des  Wassers  zunimmt,  um  so  weniger  Kochsalz  vermag  das  Wasser 
zu  lösen.  Es  vollzieht  sich  daher  im  Todten  Meere  bei  der  jetzigen 
Beschaffenheit  des  Wassers  fortdauernd  die  Ablagerung  von  Steinsalz, 
da  der  Jordan  unablässig  neues  Material  hierzu  liefert,  obwohl  daa 
Chlomatrium  jenes  Meeres  nur  8,41  bis  15,95  Procent  der  Wasser- 
masse ausmacht  Das  Wasser  des  Todten  Meeres  ist  sondt  —  und 
zwar  wegen  der  durch  lange  Zeiträume  hindurch  fortgesetzten  Ver- 
dunstung —  im  Zustande  einer  Mutterlauge,  deren  bedeutender  Brom- 
magnesiumgehalt eine  bereits  erfolgte  starke  Ausscheidung  von  Chlor- 
natrium anzeigt  Würden  plötzlich  alle  dem  Todten  Meere  zuströmen- 
den Wasser  versiegen,  so  bildete  sich  in  seinem  Becken  eine  im  wesent- 
lichen aus  Chlormagnesium,  daneben  aber  aus  Chlomatrium,  Chlor- 
caldum,  Chlorkalium  und  Brommagnesium  bestehende  Schicht.  Wie 
von  dem  Todten  Meere,  welches  24,5  Procent  fester  Bestandtheile  auf- 
weist, so  dürfen  wir  auch  von  anderen  Seen,  deren  Wasser  eine  nahezu 
gesättigte  Salzlauge  ist,  annehmen,  dass  in  ihnen  gleiche  Processe  wie 
im  Todten  Meere  stattfinden;  dies  gilt  z.  B.  von  den  Seen  Südrussland's 
(von  dem  Elton-See  bei  Saratow  mit  28,8,  dem  Rothen  See  bei  Perekop  mit 
37,2  (?)  Procent  Salzgehalt),  des  armenischen  Hochlandes  (vom  Urmiasee 


334  Dritter  TlieiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde.. 

mit  22,07  Procent  Salzgehalt),  Kldnasien's,  Tibet's,  sowie  der  Wüste  Utah 
(vom  grossen  Salzsee)  u.  a.  Die  dicken  Krusten,  welche  sich  in  Folge 
Uebersättdgung  des  Wassers  am  Boden  und  an  den  Ufern  dieser  Seen 
niederschlagen,  sind  augenscheinliche  Zeugnisse  hierfiir. 

Wenn  wir  oben  erwähnten,  dass  die  am  leichtesten  löslichen  Mutter- 
laugensalze nur  in  den  obersten  Schichten  der  Salzlager  angetroffen 
werden,  so  ist  hierbei  wohl  zu  beachten,  dass  sie  in  vielen  Fällen  gänz- 
lich fehlen,  da  sie  sich  häufig  überhaupt  nicht  ausscheiden,  oder,  wenii 
dies  geschieht,  bald  nachher  durch  das  Wasser  wieder  fortgeftüirt  werden. 
So  vermisst  man  sie  hat  durchgängig  in  den  Salzlagem  der  Alpen  und 
Earpathen.  Aber  auch  den  eigentlichen  Steinsalzlagem  droht  die  Gre- 
&hr,  eine  Beute  des  Wassers  zu  werden,  und  sie  wurden  thatsächlich 
von  diesem  Schicksal  wohl  immer  dann  betroffen,  wenn  sie  nicht  von 
wasserdichten  Thonschichten  umhüllt  und  so  vor  Auflösung  und  ECn- 
wegschwemmung  geschützt  wurden«  Eine  solche  wasserdichte  Hülle 
umscUiesst  z.  B.  die  Steinsalzlagerstätte  von  Stassfnrt  so  hermetisch, 
dass  die  dortigen,  der  permischen  Formation  angehörenden  und  somit 
viele  MilUonen  Jahre  alten  Chlorcalcium-  und  Chlormagnesiumschichten, 
welche  bei  dem  gewöhnUchen  Feuchtigkeitsgehalt  der  Atmosphäre  zer- 
fliessen  würden,  doch  durchaus  trocken  geblieben  sind.  Ebenso  sind 
die  Salzlager  von  Wieliczka  allseitig  von  Thonschichten  umgeben.  Sowie 
an  derartigen  Stellen  eine  Schichtenstörung  erfolgt,  beginnt  das  Wasser 
seine  auslaugende  Thätigkeit,  und  so  ist  die  Bildung  von  Soolquellen 
eingeleitet 

Die  grössten  Steinsalzlager  scheint  die  Trias  zu  bergen,  weshalb 
man  sie  früher  mit  dem  Namen  „Salzgebirge''  bezeichnete;  indess  kennt 
man  sie  jetzt  £Eist  in  allen  Formationen.  Silurische  Steinsalzlager 
finden  sich  in  Westvii^inien,  bei  Salina  und  Syracuse  im  Staate  New- 
York,  sowie  bei  Saginaw  in  Michigan,  carbonische  am  ICanawba 
und  New -River  rWestvirginien),  im  englischen  Steinkohlengebirge  von 
Durham  und  Bristol,  dyassische  bei  Gera,  Artem  (Thüringen),  Stass- 
fiirt,  Halle,  Sperenberg  und  Segebeig  (Holstein),  triassische  im  Bunt- 
sandstein bei  Hannover,  Salzderhelden  (Provinz  Hannover),  Schöningen 
(Braunschweig),  im  Muschelkalk  bei  Emsthall  und  Stottemheim  (Thü- 
ringen), in  Franken,  am  oberen  Neckar  und  Kocher  (Württemberg) 
und  in  der  nördlichen  Schweiz,  im  Keuper  bei  Hall  (Tirol),  Hallein. 
Berchtesgaden  und  in  Lothringen  bei  Vic,  Dieuze  und  Chateau  Salins, 
sowie  in  Ebgland  bei  Liverpool,  jurassische  bei  Rodenberg  am 
Deister  (Soole)  und  bei  Bex  im  Canton  Waadt,  cretacöische  in 
Algerien  und  Peru,  tertiäre  bei  Wieliczka  und  Bochnia  in  OaUzien, 
in  Siebenbüi^n,  bei  Cardona  in  Catalonien,  in  Kleinasien  und  Armenien, 
und  noch  heute  schreitet  jener  Bildungsprocess  von  Salzlagem,  wie 


XI.    Die  Entwicklungsgeschichte  der  stehenden  Wasser  auf  der  Erde.  335 

oben  gezeigt  wurde,  ununterbrochen  weiter  fort^).  Die  Bedingungen 
zur  Entstehung  von  Salzlagem  fehlen  also,  mindestens  von  der  silu- 
rischen Periode  an,  keinem  geologischen  Zeitalter,  und  sie  werden  so 
lange  vorhanden  sein,  als  sich  Continente  mit  abgeschlossenen  Binnen- 
seen über  die  Meeresfläche  erheben. 

Wahrscheinlich  ist  der  Salzbergbau  fast  ebenso  alt  wie  die  Mensch- 
heit selbst  Das  älteste  Salzbergwerk,  von  welchem  wir  Kunde  haben, 
ist  wohl  dasjenige  zu  Kulpe  (Eulpi,  Kulp)  im  südwestlichen  Theile  von 
Russisch -Armenien.  Geht  doch  die  Sage  von  ihm,  dass  Noah  bereits 
hier  Salz  geholt  habe!  Auf  weite  Strecken  hin  liegt  hier  das  Stein- 
salz firei  zu  Tage;  der  Salzgewinn  erfordert  hier  also  nur  einen  äusserst 
geringen  Mühaufwand  *). 

^)  Herrn.  Credn er,  Elemente  der  Geologie.  3.  Aufl.  Leipzig  1876.   S.  45 
«)  K.  y.  Gerstenberg  im  Ausland  1872,  S.  913  ff. 


XII.    Die  Gletscher. 


Die  Bezeichnung  „ewiger  Schnee^  kann  leicht  za  der  irrigen  Meiniing 
flihren,  dass  derselbe  Schnee,  welcher  vor  Jahrhunderten  oder  gar 
Jahrtausenden  auf  den  Hochgebirgen  oberhalb  der  Schneegrenze  fiel, 
auch  heute  noch  sich  dort  behaupte.  Wäre  dies  richtig,  so  müssten 
auf  den  meisten  Hochgebirgen  Schneemassen  liegen,  welche  fär  sich 
allein  einen  gebirgartigen  Schneewall  zu  bilden  yermöchten.  Würde 
z.  B.  der  alpinen  Schneemasse  alljährlich  eine  Sdiicht  von  1  Meter 
Höhe  hinzugefugt,  so  müsste  sie  seit  Beginn  der  christüdien  Zeitrechnung 
an  Höhe  um  1880  Meter  gewachsen  sein« 

Die  über  die  Hochgebiige  ausgebreitete  Schneedecke  ist  jedoch 
schon  deshalb  keine  beharrEche,  weal  sich  der  Verdunstongsprocess 
auch  bei  Temperaturen  unter  dem  Grefiierpunkt  unausgesetzt  vollzieht 
Hierzu  kommt,  dass  die  oberen  Sdmeemassen  auf  die  unteren  ^en 
Druck  ausüben;  die  letzteren  bew^en  sich  daher  thalwärts  und  zwar 
theils  ruckweise  in  Lawinenstürzen,  insbesondere  an  stdlen,  firei  stehenden 
Abhängen,  thdls  stetig,  aber  mit  kaum  wahrnehmbarer  Geschwindigkeit 
auf  sanft  geneigtem  Bette,  bis  sie  wärmere  Gegenden  erreichen,  in 
denen  sie  schmdzen. 

In  den  Alpen  bewahrt  der  gefidlene  Schnee  nur  in  Höhen  von  mehr 
als  4000  Metern  in  Folge  der  grossen  Kälte  und  Trockenheit  der  Luft 
seine  Eiystallgestalt  Weiter  abwärts  schmilzt  die  oberflächliche  Schnee- 
schicht unter  der  Einwirkung  der  Sonnenstrahlen  und  warmer  Winde; 
das  Wasser  dringt  in  die  tieferen  Lagen  ein,  wo  es  niedere  Tempera- 
turen vorfindet  und  deshalb  wieder  gefriert  So  verwandelt  sich  der 
mit  Wasser  getränkte  Schnee  allmählich  in  eine  aus  erbsengrossen,  ab- 
gerundeten Körnern  bestehende  Masse,  welche  man  als  Firn  oder  "Sevi 
bezeichnet  (fem,  im  Mittelhochdeutschen  fime,  bedeutet  soviel  als  alt, 
vorjährig;  der  Firn  ist  also  alt^,  voijähriger  Schnee).  Die  vom  Firn 
überlagerten  Flächen  heissen  flinfelder  oder  Fimmeere.  Sie  sind  ge- 
Wissermassen  die  Quellr^on  der  Gletscher,  d.  k  ihr  Ausgangsgebiet 


.  XU.    Die  Gletscher.  337 

Wie  der  Hochschnee,  so  gehorcht  auch  der  kömige  Firnschnee 
dem  Gesetz  der  Schwere;  er  sammelt  sich  sowohl  in  den  von  steilen 
Felswänden  umschlossenen  Gebirgstobeln,  als  auch  in  den  sanfte 
Böschungen  darbietenden  flachen  Thalmulden  und  wandert  in  denselben 
thalabwärts.  Demnach  bilden  die  Fimfelder  die  Eisreservoirs  flir  die 
Gletscher,  wie  etwa  die  Seen  die  Wasserbassins  für  die  Flüsse,  welche 
ihnen  entströmen.  Wir  dürfen,  um  noch  einen  Augenblick  bei  diesem 
Vergleich  zu  verweilen,  mit  vollem  Rechte  den  Gletscher  selbst  als  einen 
Eisstrom  betrachten.  Die  Tiefen  imd  Untiefen,  die  Erweiterungen  und 
Einengungen,  die  Strecken  mit  bedeutendem  imd  geringem  GefkU,  die 
Beschleunigung  der  Bewegungsgeschwindigkeit  von  imten  nach  oben, 
von  den  Rändern  nach  der  Mitte,  die  Verbindung  des  Hauptarmes  mit 
Zuflüssen:  dies  alles  findet  sich  bei  einem  Gletscher  ebenso  wie  bei 
einem  Strome.  Besonders  ist  zu  betonen,  dass  die  Gletscher  gleich  den 
Strömen  nur  den  Thälem  angehören.  Gebannt  in  enge,  tiefe  Gehäuse 
sind  daher  die  Gletscher  fast  niemals  aus  der  Feme  sichtbar.  Das 
blendende  Weiss  auf  den  Häuptern  unserer  Hochgebirge,  welches  wir 
schon  in  einem  Abstände  von  vielen  Meilen  erblicken,  rührt  nicht  von 
Gletschern,  sondern  vom  Firnschnee  her. 

Das  Gletschereis  ist  durchaus  keine  homogene  Masse;  vielmehr 
unterscheidet  es  sich  durch  eine  ihm  eigenthümliche  Structur  von 
jedem  anderen  Eise.  Der  Gletscher  besteht,  wie  man  dies  an  breiteren 
Klüften  am  Fimfelde  wie  auf  dem  eigentlichen  Gletscher  beobachten 
kann,  nicht  aus  einer  gleichartigen  Eismasse,  sondern  abwechselnd  aus 
weissem  Eise,  welches  den  grösseren  Theil  der  Masse  bildet,  und  aus 
dunklerem,  d.  h.  blauem  Eise,  welches  in  dünnen,  vielfach  parallelen 
Lagen  das  erstere  durchsetzt.  Häufig  laufen  diese  blauen  Bänder  in 
gleicher  Richtung  mit  der  Oberfläche ,  schneiden  sich  jedoch  auch  oft 
mit  dieser,  sowie  mit  der  Längenaxe  des  Gletschers  unter  den  manig- 
&chsten  Winkeln. 

Eine  nähere  Untersuchung  des  weissen  und  blauen  Eises  lässt  uns 
sehr  bald  die  Ursache  dieses  Gegensatzes  erkennen.  Die  weisse  Varietät 
ist  nämlich  mit  zahlreichen  kleinen  Luffcbläschen  erflillt;  an  den  Wänden 
derselben  wird  das  eindringende  Licht  nach  allen  Seiten  reflectirt,  und 
so  erscheint  dieses  Eis  weiss  und  undurchsichtig.  Im  Vergleich  zu  dem 
weissen  Eise  enthält  das  blaue  nur  wenig  Luftblasen  und  ist  deshalb, 
ähnlich  unserm  Wassereis,  bläulich  und  durchsichtig.  Uebrigens  ist 
die  Beschaffenheit  des  Gletschereises  nicht  an  allen  Theilen  des  Gletschers 
dieselbe;  es  vollzieht  sich  vielmehr  thalabwärts  ein  steter  Umwandlungs- 
process.  In  der  Nähe  der  Fimregion  hat  das  weisse  Eis  wegen  seiner 
zahlreichen  und  grossen  Luftblasen  ein  fast  schwammähnliches  Aus- 
sehen; weiter  abwärts  hingegen  wird  die  Masse  compacter  und  nähert 

Peschel-Leipoldt,  Phys.  Erdkunde.    II.  22 


338 


Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 


sich  endlich  am  unteren  Ende  des  Gletschers  in  seinem  Gesanunt- 
charakter  mehr  und  mehr  dem  bkaen  Eise^). 

Verschiedehe  Factoren  mögen  dazu  bätragen ,  dem  Gletschereis 
jene  Bänderstmctnr  zu  yerldhen.  Tyndall  führt  znr  Erklärong  der- 
selben an,  dass  Schnee  zwischen  die  Blöcke  von  fjscascaden  hindn- 
fidlt,  dass  dann  diese  Mischmig  von  Schnee  und  klarem  Eis  bei  dem 
weiteren  Vorwärtsschreiten  des  Gletschers  wieder  zusanmiengepresst  und 
durch  die  Bew^ung  der  IVIasse  allmählich  sowohl  zu  weissen  Lagen 
(aus  Schnee),  wie  zu  klaren  (aus  Eis)  gleichmässig  gestreckt  wird. 
Weit  mehr  sind  zeitweilige  Hegen,  sowie  die  Schneeschmelze  an  der 
Entstehung  der  blauen  Eisadem  beiheiligt  Im  Sommer  sinkt  das  in 
grosser  Menge  vorhandene  Schmelzwasser  in  ansehnUche  Tiefen  hinab 
und  eilt  bei  raschem  Fortgange  des  Schmelzungsprocesses  über  die  mit 
Wasser  gesättigten  oberen  Schichten  thalabwärts.  Sind  diese  jedoch 
im  Herbst  einmal  fest  gefiroren,  so  wird  die  ESsmasse  nur  oberflächlich 
durch  die  Sonne  geschmolzen;  das  Wasser  dringt  nur  wenig  tief  ein 
und  wird  des  Nachts  wieder  zu  Eis.  Dasselbe  geschieht  auch  mit  dem 
Wasser,  welches  warme  Strichr^en  liefern;  eb^iso  werden  durdi  starke 
Thaubildung  in  heiteren  Nächten  neue,  dünne  Eislagen  geschaffen, 
deren  ConsoUdation  durch  oberflächUches  Anschmelzen  an  klaren,  ruhigen 
Wintertagen  sehr  gefördert  wird.  Fallen  nun  im  Winter  bedeu- 
tende Schneemassen,  so  vermag  die  Sonnenwärme  nicht  mehr  auf  den 
voijährigen  Firn  wesentlich  einzuwirken.  Sein  unterer  Theil  erstarrt 
jetzt  zu  einem  porösen,  blasenreichen  Eise,  welches  von  der  neuen  Firn- 
sdiicht  durch  ein  Band  dichteren,  blasenärmeren  und  deshalb  blau 
erscheinenden  Eises  getrennt  ist. 

Die  beifolgenden  Zeichnungen  (Fig.  36,  37,  38)  geben  dn  ideales 
Bild   von  der  Lage  der  einzelnen  Schichten  des  Gletschers,  die  wir 

Fig.  36. 


Lingenprofil  eines  Gletschen.     Nach  C.  t.  8011  klar. 


etwa  den  Jahrringen  der  Bäume  vergleichen  können.  Der  concaven 
Form  der  Fimmulde  entsprechend,  von  welcher  der  Gletscher  ausgeht, 
nimmt  auch  die  erste  Gletscherschicht,  da  das  Fia  ein  starrer  Körper  ist. 
eine  concave   Form  an.     Im  nächsten  Jahre  entsteht  im  Fimgebiete 

^)  C.  Y.  Sonklar  im  Aasland  1S70,  S.  721  f. 


'^K^^V^pj^f^'wtl^t,  welche  ebeuBO 
''H'.^^H^Sf®^^^**  dieser  "' 


mß.  ST. 


^SlH^E^i^^lSf^iä^  ^  ihrem  Liegenden 
*Sm*B^^^'P'^||'^  >'^  ^^^^  Btbider 
]]M^1^d|:teCii|t3^er  sind  sie  parallel  den 
3^i^*^^£^^^>^  Mitte  des  Gletschers 
^J^:^^^^!^^»*  Axe  der  Bewegung 
il^Vi^JfS^li^^^Ä^^hten  in  dieser  Gegend) 

:^*r  ;  •  • 


n.£&^;&^e%A^tr|ftr:33ff^ehr  kleinen,  dann  aber 

i*C.^|^«i^l0Selfönnige  Erhebung 

El^^pl!^^  auf  den  Ausgang  der 

-  ■S^S^?^^^^*^^'^'^  °'^  keineswegs 


löUe  der  Erde. 


uSl^lt!i^^|p|}{B^.a^ten,   wie  sie  die  obigen 


i=g^yials,  da  die  Hochgebirgs- 

— **"B  bin  dassdbe  Retief  be- 

eites  Tbal  ein,   so  erfüllt 

ESslagen  verlieren  hierbei 

Führt  hing^en   s^ 

:{9  B''cl^'^i^e  Bänder  an  beiden  Seiten 

Higi)SEIStWiftn«'>ngende  Felsen  den  Laof 

■  atarsrclHI 'UÜ'uii*.^^    wrIIrh-    ndor    ricikTack- 


SlMi  |^^*^(lH'^^tti£&   wdlen-  oder  zickzack- 

fDgg  H'''-B'l9i9if^R"^^''^  nicht,   wie  man  so 
1i^iHl^j^^iy»^ififJiS}dar;  vielmehr  breitet  sich 

I|'2p^H^g^>.||^JB  mÜ|Stäublöcken  gleich    losem 

t^l^MLlS^hüll'ShGO  Oa   theils  in  Folge  der  Ver- 
Dif^BA9K«teinszeT^pret)gung  durch 
ä|:  s:  i^gebeuren  SchutÜialden  an- 
.    g.     -■—-■.■«,,--.  w- -«■'^'''^^'^S^"*'*  drängende  Eisstrom 
-t      •*"Cr-t";-'-lf|;:|£^6§ÄpI^l^^»:der  Staob  und  Sand  über 


..*-; 


:l 


t  man  ausser  den  moir^ 

welche    durch  die   blauen 

S|!  Gletscher  gezogen  werden, 

,^^_^_jjj3ie  noch  schmutzige  Streifen 

!^^^^l^^»^}^leinere  Steine  mehr  Wärme 

Jt^t^t^^ei3s^>  1^  Eis,   so  schmilzt  dasselbe 

,*y>^guiä^3^!b^vi^tältmssmässig  rasch,  and  so 

2£9^^e^ä^^*&^I'ertiefW  Bmnen  geschaffen, 

i^^^S^C^^^t^^''^''^''^''^  Bog^n  ^ou  dem 

^^Ä^ägSl^lÄ^eipQletschers  bis  zom  andern 

■S^'äp^^£^3i^3£C  Ansammlung  von  kleine- 

:liiJii6»*^!s[i^u^Ssonder8  eignen. 

. : .  iS»^|^;H^"*m^^   sind  jedoch  diejenigen 

''^e^gcf^^^^^    welche    sich    als    lange, 

^;^^^^^;^Üle  an   den  Rändern  des 

'^..»^«i.r^^l^^gQQj  Ende  verfolgen  lassen. 

i^%^^^   Bemer  Oberland  Gan- 

^^^^^ien   (ilittebnoränen) ,    im 

3«-3*i^ac-^i^'^P   ^®  Älorilnen  nicht  bloss 

i>ülE^*^itt&^£«t^;.^t'^^^'^  bildet  der  Schutt 
ä^U^e^^^^M^S^Sü^,  welche  das  darunter  be- 
^^^^'^W^^jiUw  ^^if*-  Während  nun  die  frei- 
'''^h^S^^^^^^'^^f^^^   schmelzea  und   somit 


341 
Blöcken  Ubersäeten 


842 


Dritter  Theil .    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 


Ist  der  Gletscher  in  Thalgebiete  herabgestiegen  ^  dei^ta  mitdere 
Jahrestemperatur  tlber  0^  C.  ist,  so  b^innt  das  Abschmelzeni  und 
dieses  erfolgt  in  um  so  stärkerem  Masse,  je  wdter  der  Gletscher  nach 
unten  vorrückt.  Endlich  gelangt  er  an  einen  Punkt,  wo  sich  die  Eis- 
massen des  Gletschers  völlig  in  Wasser  auflösen.  Hierbei  sinkt  der 
Gesteinsschutt,  welchen  der  Gletscher  auf  seinem  starren  Rücken  bis  hier- 
her zu  transportiren  vermochte,  zu  Boden  und  bildet  die  Stirn-  oder 
Endmoräne,  welche  meist  in  einem  thalabwärts  convexen  Bogen  die 
schmelzende  Eismasse  umlagert  Aus  der  petrographischen  Beschaffen- 
heit der  Geschiebe  lässt  sich  mit  EQlfe  einer  geologischen  Sparte  häufig 
der  Ort  im  G^bii^  bestimmen,  woher  dieser  oder  jener  Stein  stammt 
und  durch  welchen  Gletscher  er  herabgetragen  worden  ist.  Die  End- 
moränen erreichen  oft  eine  Höhe  von  50  bis  60  Metern,  während  Seiten- 
und  Mittehnoränen  nur  selten  mehr  ab  10  bis  12  Meter  hoch  sind. 

Obwohl  das  Gletschereis  unter  gewissen  Verhältnissen  eine  plastische 
Substanz  ist,  so  erweist  es  sich  doch  andrerseits  auch  als  eine  sehr 
spröde  Masse,  wie  die  zahlreichen  Spalten  lehren,  von  denen  es  durch- 
zogen ist  Spalten  entstehen  selbst  da,  wo  die  Neigung  der  Thalsohle 
beständig  die  gleiche  ist  und  das  Gletscherbett  dieselbe  Breite  bewahrt, 
weil  nicht  alle  Schichten  des  Gletschers  gläch  schnell  vorwärts  schreiten. 
So  bleiben  insbesondere  die  Ränder  gegen  die  Mitte  zurück.  Zwei  be- 
beliebige benachbarte  Punkte,  von  denen  der  eine  in  der  l^Iitte,  der  andere 
am  Rande  liegt,  entfernen  sich  demnach  mehr  und  mehr  von  einander; 
da  sich  nun  das  flis  nicht  dem  entsprechend  dehnen  kann,  so  zerreisst 
es  schliesslich,  d.  h.  es  wird  von  Spalten  durchschnitten.  Gesteigert 
wird  ihre  Zahl,  sobald  iigend  welche  Unregelmässigkeiten  im  Gletscher- 
bette  vorkommen.  Stellt  sich  einer  vordringenden  Gletschermasse  ein 
Felsenriff  in  den  W^,   so  staut  sie  an  demselben  und  ergiesst  sich 

schliesslich    stark    zer- 


Fig.  43. 


klüftet  über  denselben 
hinweg.  Wo  ferner  die 
Thalsohle  ihre  Neigung 
wesentlich  ändert,  er- 
folgt überall  eine  starke 
Zersplitterung  des  Eises. 
Tiefe  und  breite  Qu  er- 
s  palten  durchsetzen  in 
diesem  Falle  den  Glet- 
scher von  dem  einen 
Ufer  bis  zum  anderen. 
Am  Fusse  einer  besonders  schräg  geneigten  Thalpartie  wird  der 
Gletscher  durch  den  Druck  der  Masse  dahinter  gewaltig  zusammen- 


Qii«np«lt«ii  dM  GWtschers. 


XII.    Die  Gletscher.  343 

gepresst;  die  Eislager  werden  nach  oben  gedrängt,  und  so  entsteht  ein 
System  von  Falten,  wie  es  durch  Fig,  43  (a)  angedeutet  wird.  Ein 
gebogener  Stockgriff  oder  ein  Bockärmel  (letzterer  falls  der  Ellbogen 
gekrümmt  ist)  bietet  ein  ähnliches  System  von  Falten  dar.  Am  Be- 
ginn des  steileren  Gehänges  aber  (Fig.  43  h)  bricht  das  Eis  radial  um 
die  Felskante,  so  dass  die  Spalten  oben  am  weitesten  auseinander 
klaffen  und  nach  unten  sich  verengen.  Wo  die  Thalsohle  nahezu 
senkrecht  verläuft,  da  wird  die  Eismasse  völlig  zertrümmert,  indem 
die  Eisblöcke  mit  Donnergetöse  in  die  Tiefe  hinabstürzen.  Am  Fusse 
einer  solchen  Eiscascade  findet  sich  ein  Chaos  von  Blöcken,  Thürmen, 
Zacken  imd  Nadeln  aus  Eis,  sowie  von  Felsstücken;  viele  derselben 
langen  zu  Pulver  zermalmt  unten  an.  Zu  den  schönsten  Eiscascaden 
gehören  die  auf  dem  Glacier  du  Talifire,  sowie  am  unteren  Ende  der 
Mer  de  Glace  (beide  in  der  Montblanc-Gruppe  gelegen). 

Tritt  irgendwo  eine  Erweiterung  des  Gletscherbettes  ein,  so  dehnt 
sich  die  Gletschermasse  über  die  ganze  Thalbreite  aus;  es  bilden  sich 
demnach  Spalten,   welche  den  Ufern 
des   Gletschers   nahezu   parallel    sind.  F'g-  44. 

Man  bezeichnet  dieselben  als  Längs- 
spalten  (Fig.  44).  Kreuzen  sich  zwei 
Spaltensysteme,  so  entstehen  thurm- 
oder  obeUskenartige  Eisfelsen ,  welche  Lamcsspaiten  des  oietachers 

durch  seitlichen  Stoss  leicht  umgestürzt 
werden  und  im  Momente  des  Falles  in  lauter  Eissplitter  zerstieben. 

Diejenigen  Gesteinsstücke,  welche  auf  der  Gletscheroberfläche  fort- 
bewegt werden,  besitzen  firische  Bruchflächän,  scharfe  Ecken  und 
Kanten.  Durch  die  Spalten  aber  gelangen  zahlreiche  Trümmer  hinab 
an  die  felsigen  Uferwände  oder  auf  die  Thalsohle  des  Gletschers  und 
werden  unter  dem  Druck  der  auf  ihnen  lastenden  Eismasse  entweder 
zu  Sand  zerrieben  oder  abgerundet,  geglättet  und  mit  feinen  Streifen 
versehen  (polirte  und  geritzte  Gletschergeschiebe).  Diese  Geröllschicht 
auf  dem  Grunde  des  Gletschers  heisst  seine  Grundmoräne.  Wie 
das  Gletschergeschiebe,  so  wird  auch  das  Gletscherbett  geschliffen, 
geftircht  imd  zerkratzt  Ursprünglich  eckige  Felskanten  zeigen  nament- 
lich auf  der  vom  Gletscher  zuerst  getroffenen  Seite  abgerundete  Formen 
(Bundhöcker,  roches  moutonn^es).  Jene  Bitzen  und  Streifen,  die 
man  Gletscherschliffe  nennt,  sowie  die  Bundhöcker  sind  überall,  wo 
sie  gefimden  werden,  Zeugnisse  dafUr,  dass  einst  Gletscher  hier  ihre 
Thätigkeit  entfalteten.  Wie  gering  übrigens  die  erodirende  Elraft  der 
Gletscher  ist,  wurde  schon  früher  (Bd.  I,  S.  473  ff.)  dargelegt. 

Wiederholt  haben  wir  bereits  angedeutet,  dass  die  Eismasse  des 
Gletschers,   obwohl  starr  und  scheinbar  bewegungslos,  doch  beständig 


hülle  der  Erde. 


_^^b  Jahrhunderten  war  die 
Ij^pniss;  sie  ist  jedoch  ent 


,-.~-.^-». 


|j|:«^fiÖ9li>^  worden  und  zwar  zuerst 
@a!K£||;^^ter  wurden  zu  gleichem 
"""*  3g?^||^iz  auf  dem  Aaigletacher, 
Prüdem  Schlagtnt  weit 
^^sSi^ioÄ^*  Mer  de  Glace  und  toh 
lKi^Mg2"3  jifewegung  im  Grossen  and 
iii:Si.Ä!?^  dürfen. 

-J*  geeignet  sind,  die  Grösse 

SMZgsharakterisiren ,   verdienen 

"^en.     Im  Jahre  1788  lieas 

bd  der  Eiscascade  des 

S&e  bOlz^ne  Ldter  zurück, 

'>$ter,  mehr  als  5200  Steter 

l:<omit  war  der  Olacier  da 

.  120  Meter  Toigerückt 

ehe  m  StUck  Es  des 

phers  anlangt     Im  Jahre 


Xn.    Die  Gletscher.  345 

1836  stürzte  ein  Führer  in  der  Nähe  des  berühmten  „Jardin",  eines 
aus  dem  Glacier  du  Tal&fre  hervorragenden  Felsens,  in  eine  Gletscher- 
spalte, rettete  sich  jedoch  unter  Zurücklassung  seines  Tornisters.  Derselbe 
kam  10  Jahre  darauf  1400  Meter  weiter  abwärts  wieder  zum  Vorschein, 
hatte  somit,  was  zugleich  von  dem  Gletscher  selbst  gilt,  jährlich  einen 
durchschnittlichen  Weg  von  140  Metern- zurückgelegt.  Im  Jahre  1827 
errichtete  Hugi  auf  der  Mittehnoräne  des  Unteraaigletschers  eine  Hütte, 
um  dort  Beobachtungen  vorzunehmen.  Der  Punkt,  an  welchem  diese 
Hütte  stand,  wurde  von  ihm  selbst  und  später  von  Agassiz  wieder 
bestimmt,  wobei  sieh  ein  ansehnliches  Abwärtswandem  derselben  ergab. 
Nach  Ablauf  von  14  Jahren,  nämlich  1841,  hatte  sie  sich  1587  Meter 
von  ihrem  ursprünglichen  Orte  entfernt;  sie  war  demnach  mit  einer 
durchschnittlichen  Geschwindigkeit  von  113  Metern  im  Jahre  thal- 
abwärts  geschritten. 

Die  stärkste  bisher  ermittelte  Bewegung  zeigt  die  Mer  de  Glace, 
nämlich  864  Millimeter  in  24  Stunden;  dann  folgt  der  Gurgler  Gletscher 
mit  771,  der  Aargletscher  mit  374,  die  Pasterze  mit  257  IVIillimetem. 
Diese  vier  Gletscher  legen  also  in  der  Stunde  im  Mittel  nur  einen  Weg 
von  36,  resp.  32,  15,6  und  10,7  Millimetern  zurück  *)! 

Das  Mass  der  Gletscherbewegung  ist  jedoch  nicht  bloss  für  jeden 
Gletscher  ein  besonderes,  sondern  variirt  auch  an  verschiedenen  Stellen 
eines  und  desselben  Gletschers;  ja  es  ist  sogar  beträchtlichen  zeitlichen 
Schwankungen  unterworfen. 

Die  Geschwindigkeit  des  Fortrückens  steigert  sich  zunächst,  je 
mehr  die  Neigung  des  Gletscherbettes  wächst.  Daher  kommt  es,  dass 
sich  manche  Gletscher  in  ihrem  mittleren  Theile  rascher  bewegen  als 
an  ihrem  unteren  Ende,  wodurch  zugleich  ansehnliche  Differenzen  in 
der  Dichtigkeit  des  Eises  herbeigeführt  werden.  So  zieht  der  mittlere 
Theil  des  Aargletschers  nahezu  1^/3  mal  so  schnell  abwärts  als  der 
untere;  in  Folge  der  hierdurch  hervorgerufenen  Compression  wiegt  ein 
Cubikmeter  Eis  vom  Ende  dieses  GletscKers  72  Kilogramm  mehr  als 
ein  solcher  aus  der  Mitte  desselben. 

Auch  die  Grösse  der  nachdrängenden  Eismassen  ist  nicht  ohne 
Bedeutung  für  die  Schnelligkeit  der  Gletscherbewegung.  So  fend 
Agassiz,  dass  der  Aargletscher  in  gleicher  Entfernung  von  der 
Mittelmoräne  eine  sehr  verschiedene  Bewegungsgeschwindigkeit  besitzt 
Auf  demjenigen  Theile  des  Gletschers,  welcher  dem  Finsteraarhom- 
gletscher  entsprach,  beobachtete  er  eine  Bewegung  von  189  Millimetern 
in  24  Stunden,  während  sie  in  gleicher  Zeit  auf  dem  Zuflüsse  des 
Lauteraar  nur  55  J^IiUimeter  betrug,   obwohl  beide  Eisströme  vereinigt 

')  Fr.  Pfaff  in  Poggendorffs  Annalen,  Bd.  CLI  (1874),  S.  327. 


346  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  £rde. 

in    demselben    Bett   und   unter   gldchen   Neigungsverhftltniiwen    fort- 
rücken. 

Femer  bew^  sich  der  Qletscher  ganz  in  Uebereinstinmiung  mit 
flüssigen  Massen  in  der  Mitte  rasdier  als  an  den  Bfindem  und  an  der 
OberflAche  schneDer  als  in  der  Tiefe,  weil  an  den  Rändern  wie  in 
der  Ti^  die  Reibung  an  dem  Gestein  hemmend  auf  die  Bewegung 
einwirkt  Das  vergleichsweise  rasche  Fortschreiten  des  Gletschers  in 
der  Mitte  erkennt  man  sofort,  wenn  man  eine  grossere  Anzahl  von 
P&hlen  in  einer  geraden  Linie,  welche  die  lAngsaxe  des  Gletsdiers 
rechtwinklig  durchschneidet,  auf  diesem  aufpflanzt  Alle  P&hle  wan- 
dern thaUbwärts,  die  mittleren  jedoch  rascher  als  die  äusseren;  daher 
bildet  jene  Rdhe  gar  bald  eine  Curve,  die  zuerst  flach  ist,  sich  jedodi 
nach  und  nach  immer  stärker  krümmt      •  * 

Schwerer  hing^en  ist  es,  eine  Ebr&hrung  dafiir  zu  gewinnen,  daas 
sich  die  oberen  Schicht^i  des  Gletschers  rascher  bew^en  als  die 
unteren.  Eine  seltene  Gel^enheit  hierzu  bot  dem  enghschen  Physiker 
Tyndall  im  Jahre  1857  ein  g^en  45  Meter  hoher,  &st  senkrecht 
abstürzender  lasabgrund  auf  der  nahe  beim  Tacul  liegenden  Seite  des 
Glader  du  G&mt^).  Auf  dem  Gripfel  und  nahe  am  Fusse  wurden 
Stangen  aufgerichtet;  auch  gelang  es,  durch  Aushauen  von  Stufen  im 
Eise  eine  Stange  auf  der  Mitte  der  Eiswand  ungeßlhr  in  dner  Höhe 
von  13  Metern  zu  befestigen.  Nach  einigen  Tagen  wurden  die  von 
den  drei  Stangen  durchlaufenen  Strecken  gemessen,  und  es  ergaben 
sich  folgende  durchschnittliche  tägliche  Bewegungen: 

Stange  auf  der  Höhe      .    .    152,40  Millimeter, 
Stange  in  der  Mitte   .    .    .    116,59         „ 
Stange  am  Fusse  ....      65,02         ^ 
Die  Stange  auf  der  Höhe  rückte  demnach  mehr  als  doppelt  so 
schnell  vorwärts  ab  die  am  Fusse,  während  die  Geschwindigkeit  der 
mittleren  Stange  dem  arithmetischen  Mittel  aus  dem  ersten  und  dritten 
Werthe    ziemlich    gleichkam.     Hiemach   scheint  die  Geschwindigkeit 
nicht  in  gleichem  Masse  zu  wachsen  wie  die  Entfernung  vom  Boden, 
sondern  rascher,   so   dass  man   in   dem  obigen  Falle  wahrscheinlich 
bereits  30  Meter  über  dem  Boden  die  Geschwindigkeit  der  Oberflächen- 
schichten gefunden  haben  würde.    Messungen,  welche  Tjndall  auf 
einer  angrenzenden  Eisklippe  anstellte,   bestätigten  dies.     Hieraus  er- 
klärt sich  auch,  weshalb  die  Wände  der  transvo^en  Spalten  oben 
immer  vertical  bleiben. 

Noch  in  emer  anderen  Hinsicht  sind  die  Gletscher  denselben 
Bew^ungsgesetzen  unterworfen  wie  die  Flüsse.    Die  Linie  der  grössten 

^)  John  Tyndall,  In  den  Alpen.   2.  Anfl.    Brannschweig  1875.    S.  305  1 


Xn.    Die  Gletscher. 


347 


Geschwindigkeit  des  Eises  stimmt  nämlich  nicht  genau  mit  der  Mittel- 
linie des  Oletschers  tiberein,  sondern  tiberschreitet  die  letztere  bei  jeder 
Krümmung  des  Gletscherbettes  der  Art,  dass  sie  sich  immer  der 
concaven  Thalwand  weit  mehr  nähert  als  der  convexen  (siehe  mno  pq 
in  Fig.  46).    Die  Curven,  welche  sie  beschreibt,  sind  also  noch  stärker 

Fig.  46. 


jn^ 


Die  Linie  gröuter  Geschwindigkeit  der  Gletscherbewegong  {mnop  q). 

gewunden  als  das  Thal.  Tyndall  hat  durch  seine  Messungen,  aus- 
geftlhrt  auf  dem  Boisgletscher  in  Savoyen,  über  welchen  an  geeigneten 
Orten  fünf  durch  10  bis  20  Punkte  markirte  Linien  gezogen  wurden, 
die  Richtigkeit  jenes  Gesetzes  erwiesen^).  Auch  drängt  die  Eismasse 
analog  dem  Flusswasser  an  engeren  Stellen  stets  schneller  vorwärts 
als  in  Thalweitungen. 

Endlich  wechselt  die  Grösse  der  Gletscherbewegung  noch  mit  den 
Jahres-  und  Tageszeiten.  Zwar  geht  die  Fortbewegung  des  Eises,  wie 
die  soi^g&ltigen  Beobachtungen  Fr.  Pfaff's  auf  dem  Aletschgletscher 
im  Jahre  1873  ergeben  haben*),  stets  ohne  alle  Unterbrechung  von 
statten,  so  dass  der  Gletscher  niemals  völlig  zum  Stillstand  gelangt; 
doch  wird  sie  während  des  Winters  bedeutend  verzögert  und  bisweilen 
bis  auf  die  Hälfte,  ja  auf  ein  Drittel  der  sommerlichen  Bewegimg 
redudrt.  Dies  ist  hauptsächlich  darin  begründet,  dass  die  Gletscher- 
masse im  Winter  in  Folge  hoher  Kälte  viel  starrer  und  compacter  ist 
als  im  Sommer;  in  der  heissen  Jahreszeit  wird  durch  das  alle  Eislagen 
durchdringende  Schmelzwasser  ihre  Beweglichkeit  wesentlich  erhöht. 
Ebenso  ist  die  Geschwindigkeit  zur  Nachtzeit  durchschnittlich  etwas 
geringer  als  bei  Tage.  Während  z.  B.  Fr.  Pf  äff  auf  dem  Aletsch- 
gletscher an  zwei  Tagen  im  Mittel  für  die  ganze  Beobachtungszeit 
(Vormittag  11  Uhr  bis  Nachmittag  57»  Uhr)  eine  Bewegung  von 
19  Millimetern  flir  die  Stunde  fand,  erhielt  er  um  12  Uhr  8  Milli- 
meter für  dieselbe  Zeit,  Nachmittag  um  4  Uhr  10  und  um  4^4  Uhr 


^)  Tyndall,  Glaciers  of  the  Alps.    London  1860.    p.  277—284. 
>)  Poggendorff*e  Annalen,  Bd.  CLI  (1874),  S.  330  f. 


848  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

24  Millimeter.  Sie  eüeg  bis  5  Uhr  5  Minuten,  wo  sie  80  Millimeter 
{lir  die  Stande  ergeben  hätte,  und  sank  um  SVs  Ubi*  wieder  auf 
18  Millimeter  herab.  In  dieser  Hinsicht  sind  Gletscher-  und  Fluss- 
bewegung wesentlich  von  einander  y^*schieden;  während  der  Fluss 
bei  gleichbleibender  Wassermenge  örtlich  dieselbe  Geschwindigkeit 
bewahrt,  ändert  sich  dieselbe  bei  einem  Gletscher  oft  im  Verlauf 
weniger  Standen,  obwohl  die  Eismasse  keinerlei  Wachsthum  oder  Ab- 
nahme er&hrt. 

Im  Jahre  1845  erkannte  Agassiz,  dass  die  Bew^ung  des  Aar- 
gletschers auch  an  auf  einander  folgenden  Tagen  eine  sehr  ungleiche 
sei  und  fiir  den  halben  Tag  von  6  Uhr  Morgens  bis  6  Uhr  Abends 
in  der  Mitte  des  Gletschers  zwischen  80  und  210  Millimetern  schwanke. 
Lässt  sich  nun  auch  der  directe  Einfluss  der  Witterung  auf  die  jähr- 
liche und  tagUche  Periode  leicht  nachweiBen,  so  fehlt  es  doch  noch  an 
einer  genügenden  Erklärung  derartiger  Ungleichheiten,  ftir  welche 
meteorologische  Vorgänge  durchaus  nicht  verantwortUch  gemacht  werden 
können  ^). 

Die  Ursachen  der  Gletscherb^wegung  sind  berdts  seit 
mehr  als  Vl^  Jahrhundert  der  Gegenstand  eifriger  Forsdiung.  Nach 
der  von  Scheuchzer  im  Jahre  1705  aufgestellten,  von  Charpentier 
und  Agassiz  erneuerten  Dilatationstheorie  liefert  die  Aus- 
dehnung des  in  den  feineren  Spalten  (Capillarspalten)  des  Eises  gefrieren- 
den Wassers  die  Kraft,  mit  welcher  der  Gletscher  abwärts  treibt 
Altmann  imd  Grüner  schufen  im  Jahre  1760  die  sogenannte 
Gleitungstheorie,  welche  später  auch  von  H.  B.  de  Saussure 
und  Forbes  vertheidigt  wurde  und  gegenwärtig  die  allein  harschende 
ist  Nach  dieser  Theorie  schreiten  die  Gletscher  kraft  ihrer  Schwere 
wie  starre  Körper  über  die  geneigte  Grundfläche.  Dabei  betrachtete 
zuerst  Bordier  (1773)  und  nach  ihm  vor  allem  Forbes  die  Gletscher- 
masse nicht  als  einen  völlig  starren  Körper,  sondern  als  eine  plastische 
Substanz,  welche  sich  wie  eine  recht  zldie  Flüssigkeit  vorwärts  wälzt 
Besonders  wurde  man  dadurch  zu  dieser  Anschauung  genöthigt,  dass 
das  Gletschereis  jederzeit  die  Fähigkeit  besitzt,  sich  dem  Canal,  welchen 
es  passirt,  anzupassen;  eine  zähe  Masse  würde  offenbar  dasselbe  Ver- 
halten zeigen.  Indess  vermisst  man  an  dem  Eise  jene  Dehnbarkeit, 
welche  Theer  oder  Honig  erkennen  lassen,  gänzlich;  vielmehr  wird 
ja  durch  die  reiche  Spaltenbildung  unmittelbar  bezeugt,  dass  wir  es 
hier  mit  einem  sehr  spröden  Material  zu  thun  haben«  Dennoch  giebt 
es  eine  physikalische  Eigenschaft,  welche  uns  die  Plastidtät  des  Gletscher- 
eises erklären  hiUt.    Es  ist  insbesondere  Tjndall's  Verdienst,  die 

^)  Fr.  Pfaff  in  Poggendorff's  Annalen,  1.  c  S.  931  f. 


XIL    Die  Gletscher.  349 

hier  vorhandenen  scheinbaren  Widersprüche  gelöst  zu  haben,  und  zwar 
geschah  dies  in  folgender  Weise  ^): 

Eis  und  Wasser  können  nur  bei  einer  Temperatur  von  0®  C. 
neben  einander  bestehen.  Bei  jeder  neuen  Wärmezufuhr  würde  Eis 
von  0®  C.  in  gleich  kaltes  Wasser,  bei  jedem  Wärmeverlust  Wasser 
von  0^  C.  in  Ogrädiges  Eis  verwandelt  werden,  so  lange  noch  Eis 
und  Wasser  mit  einander  gemischt  sind.  Da  nun  ein  Gletscher  eine 
nach  aUen  Richtungen  hin  von  Wasseradern  durchdrungene  Eismasse 
ist,  so  muss  er  in  seinem  Inneren  überall  die  Temperatur  des  Gefrier- 
punktes haben.  Nun  hat  schon  im  Jahre  1849  James  Thomson 
theoretisch  bewiesen,  dass  durch  Druck  die  Schmelztemperatur  des 
Eises  erniedrigt  werde*),  was  später  von  R  Clausius*)  auf  theore- 
tischem Wege  und  von  William  Thomson*)  experimentell  be- 
stätigt wurde.  Hiemach  sinkt  bei  jeder  Vermehrung  des  Druckes  um 
eine  Atmosphäre  der  Gefrierpunkt  um  0,0075  oder  V400  ^  C.  Somit 
muss  eine  Mischung  von  Wasser  und  Eis  unter  der  Einwirkung  eines 
grösseren  Druckes  bis  unter  0  ^  C.  erkalten.  Wird  dabei  dem  Gemisch 
keine  Wärme  entzogen,  so  kann  dies  nur  geschehen,  indem  freie 
Wärme  latent  wird,  d.  h.  indem  etwas  Eis  in  dem  Gemische  schmilzt 
und  zu  Wasser  wird.  Da  das  Eis  einen  grösseren  Raum  erfüllt  als 
das  Wasser,  welches  durch  Schmelzung  aus  ihm  hervorgeht,  so  ver- 
ringert sich  das  Volumen  der  Masse;  diese  kann  daher  dem  auf  ihr 
lastenden  Drucke  viel  besser  nachgeben,  als  dies  ohne  eine  solche  Ver- 
änderung des  Gefrierpunktes  der  Fall  gewesen  wäre.  So  liegen  die 
Verhältnisse,  wenn  Wasser  und  Eis  in  einem  festen  Gefäss  eingeschlossen 
sind,  welches  dem  Wasser  keinen  Ausweg  gewährt. 

Etwas  anders  gestaltet  sich  die  Sachlage  bei  den  Gletschern,  weil 
das  zwischen  den  zusammengepressten  Eisblöcken  befindliche  Wasser 
durch  Spalten  entweichen  kann.  Da  die  tieferen  Eisschichten  einen 
geringeren  oder  grösseren  Druck  zu  tragen  haben,  so  wird  das  £jL9 
kälter,  entsprechend  der  Erniedrigung  des  Gefrierpunktes  durch  den 
Druck.  Die  auf  diese  Weise  fi^i  werdende  Wärme  flihrt  eine  theil- 
weise  Schmelzung  des  Eises  zu  Wasser  von  unter  0®  C.  herbei.    In- 

*)  Vgl.  hierzu  John  Tyndall,  Glaciers  of  the  Alps.  London  1860,  sowie 
J.  Tyndall,  The  Forma  of  Water.    London  1872.    p.  163  sq. 

*)  Proceedings  of  the  Royal  Society  of  Edinburgh.  Vol.  II ,  p.  204  sq. 
(January  1849)  und  Transactions  of  the  Royal  Society  of  Edinburgh.  Vol.  XVI 
(1849),  p.  575  sq. 

5)  Poggendorff's  Annalen,  Bd.  LXXIX  (1850),  S.  368  ff.  und  500  ff. 

*)  Proceedings  of  the  R.  Society  of  Edinburgh.  Vol.  11,  p.  267  sq. 
(January  1850).  Vgl.  hierzu  Poggendorff's  Annalen,  Bd.  LXXXI  (1850), 
S.  163  ff. 


350  Dritter  ThdL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

dem  das  letztere  in  die  leeren  Zwischenräume  eindringt,  in  denen  es 
jenem  Drucke  nicht  mehr  ausgesetzt  ist,  gefriert  es  sofort  wieder,  und 
so  kommt  es,  dass  fortdauernd  Wasser  rings  um  das  unter  höherem 
Druck  stehende  Eis  gefriert,  während  ^eichzeitig  ein  Theil  des  ge- 
pressten  fSses  hinwegschmilzt 

Nimmt  man  zwei  Eisstücke  in  die  Hand  und  drückt  sie  zusammen, 
so  beobachtet  man  einen  ähnlichen  Vorgang.  Die  beiden  einander 
zugekdbrten  Flächen  berühren  sich,  weil  sie  niemals  YöUig  eb^i  sind, 
nicht  ihrer  ganzen  Ausdehnung  nach,  sondern  nur  in  dnzelnen  Punkten. 
An  den  BerührungssteDen  schmilzt  nun  das  Eis  in  Folge  der  Druck- 
erhöhung, wobd  das  sich  bildende  Schmelzwasser  gleich  dem  Eise  eine 
Temperatur  von  unter  0^  C.  besitet  Gelangt  dieses  Wasser  in  leiere 
Zwischenräume,  in  denen  es  dem  Druck  entzogen  ist,  so  gefriert  es 
sofort  wieder,  und  auf  diese  Weise  werden  die  beiden  Eisstücke  ver- 
einigt Daher  pressen  die  Ejiaben  den  Schnee,  wenn  sie  Schneebälle 
und  Schneemänner  machen.  Doch  haften  die  Schnee-,  resp.  Eismassen 
nur  dann  fest  an  einander,  wenn  sie  eine  Temperatur  von  0^  C. 
haben.  Sehr  kalter  Schnee  verhält  sich  wie  Salz  oder  wie  ein  trockenes 
loses  Pulver. 

Das  soeben  eriäuterte  Phänomen  wurde  im  Juni  1850  von  Fara- 
day  entdeckt  und  später  vonTyndall  auf  die  Gletschererscheinungen 
angewandt^).  Nadi  Hooker's  Vorschlag  bezeichnet  man  es  jetzt 
allgemein  als  Regelation. 

Im  grössten  Massstabe  tritt  uns  dieselbe  auf  den  Gletschern  ent- 
gegen, wo  sie  bei  der  Verwandlung  des  Schnees  in  Gletschereis  eine 
ausserordentlich  wichtige  BoUe  spielt  Der  ursprünglich  lockere  und 
feinpulvrige  Firnschnee  wird  von  den  über  ihm  sich  aufthürmenden 
Schneemassen  zu  dnem  dichten  Gefiige  zusanmien  gedrückt  Schmilzt 
dann  bei  Sonnenschein  die  obere  Schneeschicht  hinw^,  so  trifit  das 
einsickernde  Wasser  in  der  Tiefe  kälteren  Schnee  an;  sofort  gefriert 
es,  und  so  werden  die  feinen  Eisnadelchen,  ans  denen  der  frisch  ge- 
fallene Schnee  besteht,  zu  Eiskömem.  Da  durch  neuen  Schneefiill 
das  Gewidit  der  überlagernden  Schichten  wächst,  so  w^en  die  ein- 
zdnen  Kömchen  immer  fester  an  einander  gepresst,  und  es  bildet  sich 
aus  dem  Firn  nach  und  nach  eine  ganz  dichte  und  harte  Eismasse. 

Um  die  Verwandlung  von  Schnee  in  Eis,  welche  mch  in  den 
Gletschern  unter  relativ  geringem  Druck  in  langen  Zeiträumen  voU- 
zieht,  durch  Anwendung  stärkeren  Druckes  in  kurzer  Zeit  zu  erzielen, 
hat  H.  Helmholtz')  den  Hohlraum  eines  auf  0^  C.  erkalteten,  unten 

^)  Philosophical  Transactioiis  of  the  B.  Society  of  London.  Vol.  CXLYII 
(1857),  p.  327  sq. 

^  Populäre  wissenschaftliche  Vorträge.  Braunschweig  1865.  Bd.  I,  S.  120  ff. 


351 


mKt  dieaoi  OBta' 

eines  durch  eiiic 

Cythida-    hinäa- 

;  täyommai ,   oitd  es  fiu»l 


,,  .^^,jlS£S'Jlfi.i^^agen  und  trübe  dimji- 
Ill'lll^KSAnigaliTi!^' geworden  tni. 
^--•■''^■''''',^fMfMtjk'ae^finaaäe  geformt« 

i£^ii^f£ä}g^»B^  Form  anfügte,  aber 


od  msammmigeiveäst, 
'j^ifester,    scharfkantiger 


ä jk^  »itistellte.    Ebenso  i 

l!J^J5?«Glet»cheM  onter  dem 

^ISfipiRkvVVi  S'''^^"^  Eis  zti  Tranigen. 

ii|S>^»tiKltt'^^^KuarreD  und  Knacken 

■  f^^^Ä^fe^^iSt^i^Sl^esem  Falle  die  Eis< 

.„^^ä/SUjup^'SfitSß^'^ ^'^''^  erst  susanunoi- 

^%^'^^^  «c&^«^j||<Ä:^§^  unter  die  Eisstttcke, 

.3     n.^'  Z^  1  _-fliTefc,^-®t^fj^,;-;j^^  trüben  Esea,  ersterea 

ll^^äfiEipuii^  herrührend.     Die  an- 

^•^te^*^Üi^>i^4^tten  verwandelt;  sie 

::#: 

Ck^etallcyliDdere ,  so  läset 
^  ,       _  _  lÄi?»  ife|»n?i?»ihten.     InstructiTer 

•^*-/--^M»  »*""ViSag  •^cä^i^^^!i^sEC^^$^&der  frei  zwischen  twtä 


^3^  *  ^  "ts-tB^N«^»  ^11^  'I^W^W  'S**«'  ^*^a    dnen   Eiscylinder, 
^M'  s^  ^S^Stl^e^iSI^-MS^if^^  oder  S«e'.  eotnommeii 


Jpä£I^-^^T^b^ött:ZerbrecIieD  zu  Stande. 
^^^|lj*MifSS»^s^^^emkryBtaUi8irtP' 


352  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lnftholle  der  Erde. 

Körper  zu  thirn  haben;  wesentlich  anders  verhält  sich  jedoch  ein  Eis- 
cylinder,  welcher  eine  körnige  Stnictor  besitzt  Zwar  ändert  auch 
er  beim  Antreiben  der  Presse  unter  fortwährendem  Knacken  und 
Knarren  seine  Form;  aber  er  bricht  niemals  aus  einander.  Er  wird 
YieLraehr  nach  und  nach  immer  niedriger  und  breiter,  und  erst  wenn 
er  sehr  platt  geworden  ist,  beginnt  er  am  Bande  einzurdss^i  und 
Spalten  zu  bilden,  gleichsam  Gletscherspalten  im  Kleinen  (Fig.  47). 

Ein  aufinerksamer  Blick  auf  den  in  der  Presse  sich  befindenden 
Eiscylinder  lässt  uns  erkennen,  dass  in  den  Momenten,  in  denen  man 
die  Presse  antreibt,  eine  unermessliche  Anzahl  feiner  Sprünge  wie  eine 
trübe  Wolke  durch  die  ganze  Masse  hindurchschiesst;  sie  verschwinden 
jedoch  sofort  zum  grössten  Theile,  sobald  der  Druck  nachlässt  Diese 
feinen,  wohl  meist  lufdeeren  Spalten  machen  die  Eismasse  in  hohem 
Grade  nachgiebig,  indem  sie  den  einzelnen  Theilen  eine  Verschiebung 
gestatten.  Hierdurch  werden  ihre  Wände  momentan  dem  Drucke  ent- 
zogen, worauf  sie  zum  grösseren  Theil  sofort  zufirieren  und  veigehen. 
Nur  da,  wo  in  der  neuen  Lage  die  Form  der  Eispartikelchen  nicht 
zusanunenpasst  oder  wo  das  Eis,  dessen  Wärme  nach  der  Pressung 
weit  unter  0  ®  C.  herabsank,  die  Temperatur  von  0  ®  C.  wieder  erlangt 
hat  und  demnach  die  engen  Spalten  sich  mit  Wasser  (nicht  mit  Eis) 
füllen,  bleiben  diese  als  weissliche  Lini^i  und  Flächen  sichtbar.  In 
letzterem  Falle  besteht  ein  Eisblock  aus  einer  Menge  Stecknadelkopf- 
bis  erbsengrosser  Eiskömer,  welche  einestheils  ein  festes  G^fäge  haben, 
andemtheils  jedoch  durch  viele  enge,  von  Wasser  durchdrungene 
Spalten  von  einander  getrennt  sind.  Dasselbe  gilt  von  dem  Gletscher- 
eis; nur  sind  die  Stucke,  aus  denen  es  zusammengesetzt  ist,  meist 
grösser  als  die  des  künstlichen  Eises  und  erreichen  biswdlen  die  Grösse 
von  Taubeneiem  *). 

Dass  bei  der  Umbildung  von  Schnee  in  Gletschereis  die  Feuchtig- 
keit nothwendig  ist,  dass  also  wirklich  ein  Schmelzen  und  Wieder- 
gefirieren  stattfindet,  hat  Tyndall  noch  durch  folgenden  Versuch  er- 
härtet Eine  Eiskugel  wurde  in  einem  Bade  von  fester  Kohlensäure 
und  Aether  abgekühlt  und  dadurch  vollständig  getrocknet  Hierauf 
wurde  sie  in  eine  entsprechende  Form  gelegt  und  unter  die  hydrau- 
lische Presse  gebracht;  aber  die  zerdrückten  Theilchen  erwiesen  sich 
so  weiss  und  undurchsichtig  wie  zerstossenes  Glas.  So  lange 
die  Theilchen  trocken  waren,  vermochte  man  nicht,  sie  durch  Druck 
in  durchsichtiges  Eis  zu  verwandeln,  während  dies  doch  so  leicht 
gelingt,  wenn  die  zusammengepresste  Masse  eine  Temperatur  von 
0«  C.  hat*).  ^ 

»)  H.  Helmholtz,  L  c.  S.  119  S. 

*)  John  Tyndall,  In  den  Alpen.    Braonschweig  1S75.    S.  324  f 


XIL    Die  Gletecher.  353 

Eis,  welches  durch  Pressung  aus  zahh^chen  Schneeflocken,  also 
aus  feinen  Eiskrystallen  hergestellt  worden  ist,  zeigt  sich  ganz  beson- 
ders biegsam.  Da  in  der  flockigen  Masse  noch  zahlreiche,  mit  Luft 
gefiiUte  Zwischenräume  zurückbleiben,  so  sieht  solches  Eis  trübe  aus. 
Es  wii^d  aber  heller,  wenn  man  es  noch  mehr  zusammenpresst,  weil 
dann  eine  Menge  Luftbläschen  als  feiner  Schaum  entweichen,  und  so 
wird  es  immer  durchsichtiger,  je  öftier  es  in  der  angegebenen  Weise  um- 
geknetet wird.  Aehnliche  Vorgänge  sind  es  jedenfalls,  durch  welche 
die  trübe,  weissliche  Fimmasse  weiter  abwärts  nach  und  nach  zu 
klarem,  durchsichtigem  Gletschereis  umgebildet  wird. 

Die  Verbreitung  der  Gletscher  ist  im  allgemeinen  an  das  Auf- 
treten von  Hochgebirgen  gebunden.  In  den  Alpen  ist  ein  Areal  von 
mehr  als  60  geographischen  Quadratmeilen  mit  Firn  und  Gletschereis 
bedeckt,  und  gegen  2000  Gletscher,  darunter  200  erster  Ordnung, 
ti^en  die  auf  dem  Hochgebirge  sich  anhäufenden  Schnee-  und  Eis- 
massen thalabwärts.  Die  zahlreichsten  und  grössten  hiervon  finden 
sich  am  Montblanc  (hier  allein  23,  unter  ihnen  die  Mer  de  Glace), 
am  Monte  Rosa  (Gomer  Gletscher),  in  den  Bemer  Alpen  (an  der 
Jungfrau  und  dem  Finsteraarhom  der  Aletsch-Gletscher,  Grindelwald- 
Gletscher,  Unter-  und  Ober- Aargletscher),  in  der  Bemina  (Mortiratsch- 
Gletscher),  in  der  OetzthaJer-  imd  Stubay-Gruppe  (Gepaatschfemer, 
Hintereisfemer,  Vernagtfemer)  und  in  der  Kette  der  Hohen  Tauem 
(Schlatenkees,  Pasterze). 

Ausserhalb  des  Alpengebietes  ist  die  Gletscherbildung  in  Europa 
im  wesentlichen  auf  die  Pyrenäen,  den  Kaukasus,  Skandinavien, 
Island  imd  Spitzbergen  beschränkt  In  den  Pyrenäen  kommen  nur 
Gletscher  von  secundärer  Grösse  vor;  dagegen  ist  der  Kaukasus  über- 
aus reich  an  grossen  Gletschern  und  ebenso  Norwegen,  obwohl  hier 
der  Gebirgsbau  (wegen  relativer  Armuth  an  Thälem)  ihrer  Entwicklung 
nicht  so  günstig  ist  wie  in  den  Alpen.  In  dem  nördlichen  Norwegen, 
sowie  auf  Island  und  Spitzbergen  gelangen  sie  vielfach  bis  zum  Meeres- 
spiegel hinab. 

Die  bedeutendsten  Gletscher  der  Erde  besitzt  Centralasien ,  ins- 
besondere Westtibet.  Während  die  ansehnUchsten  europäischen  Gletscher, 
wie  die  Mer  de  Glace  und  der  Aletsch-Gletscher,  P/,,  resp.  3  geogra- 
phische Meilen  lang  sind,  steigen  von  den  8000  Meter  hohen  Gipfeln 
Westtibet's  Gletscherströme  herab,  welche  eine  Länge  von  4  bis  8  geogr. 
Meilen  erreichen^).  Unter  ihnen  ist  besonders  bemerkenswerth  der 
riesenhaft«,  gegen  8  geogr.  Meilen  lange  imd  Vs  ^^  Vz  geogr. 
Meile  breite  Baltoro-Gletscher  in  dem  Braldothal,  einem  Zweige  des 

*)  Vgl.  hierzu  Petermann's  Mittheilungen  1863,  S.  6tif. 
Peschel-Lei pol d t,  Phys.  Erdkunde.    II.  23 


354  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Shigarthales  im  Earakomm.  Doch  schdnt  diese  grossartige  Entialtung 
der  Gletscher  in  Asien  lediglich  ein  Privilegiam  des  EGmalaya  und  der 
Earakorum-Eette  zu  sein.  Ln  südöstlichen  Theile  des  Altai  begegnet 
man  nur  dnigen  embryonischen  Gletschern  ^).  Am  dürftigsten  ist  die 
Gletscherentwicklung  in  Afrika^  wo  höchstens  in  den  äquatorialen 
Hochgebirgen  an  der  Ostseite  Gletscher  zu  treffen  sein  dürften. 

Auch  das  tropische  Gebiet  von  Südamerika  ist  wenig  ftir  die  Er- 
zeugung von  Gletschern  disponirt,  da  sich  in  Folge  der  grossen 
Trockenheit  an  der  Westküste  die  Grenze  des  ewigen  Schnees  bis  zu 
6000  Meter  Höhe  erhebt  (s.  S.  283).  Nach  den  Beobachtungen  von 
R.  A.  Philippi  und  Fr.  Leypold  treten  sie  hier  erst  unter  35" 
s.  Br.  am  Descabezado  de  Maule  und  unter  36^  s.  Br.  am  Nevado 
de  Chillan  in  Chile  auf^).  Die  grossartigsten  Gletscher  des  süd- 
amerikanischen Festlandes  weist  Patagonien  auf').  So  berichtet 
Darwin,  dass  im  südlichen  Theile  dieses  Landes  beinahe  jeder  Fjord, 
welcher  tief  in's  Innere  des  Landes  eindringt,  an  einem  Gletscher 
endet  Selbst  im  Golf  von  Penas  (46^  50'  s.  Br.)  und  einige  Mdlen 
weiter  nördlich  in  der  Laguna  de  San  RafSsid  gehen  die  Gletscher  bis 
in's  Meer  hinab.  —  In  Nordamerika  sind  die  hohen  Vulcane  Mexico's 
verhältnisamfissig  arm  an  Gletschern;  so  findet  sich  auf  dem  Pic  von 
Orizaba  nur  ein  unbedeutender  Gletscher,  während  der  Iztaocihuatl 
allerdings  mehrere  derselben  trägt  ^).  Weiter  nach  Norden  sind  sie 
in  den  höheren  Theilen  der  Cordilleren  nicht  selten.  Vor  allem  aber 
ist  Grönland  der  Schauplatz  weit  ausgedehnter  Gletscherthätigkeit; 
auch  hier  gelangen  zahlreiche  Eiaströme  bis  zum  Niveau  des  Meeres- 
spi^els. 

In  Australien  sind  die  Gletscher  auf  die  Südinsel  von  Neuseeland 
beschränkt;  doch  gehen  sie  hier  ausserordentlich  weit  herab.  So  steigt 
der  von  Haast  entdeckte  fVanz- Joseph-Gletscher  unter  43  ^  35'  s.  Br. 
auf  der  Westseite  der  neuseeländischen  Alpen  mit  seiaem  unteren  Ende 
(213  Meter  Meereshöhe)  bis  zu  Gegenden  mit  einer  Jahreswärme  von 
10®  C.  (das  Jahresmittel  von  Wien)  hernieder^).  Auf  der  viel  weniger 
mit  Niederschlägen  bedachten  Ostseite  ist  die  Gletscherbfldung  weit 
geringer. 

Erreichen  die  Gletscher,   wie  dies  in  dem  nördlichen  Norwegen. 

')  Bernhard  v.  Cotta,  Der  Altai,  sein  geologischer  Bau  und  seine 
Erzlagerstätten.    Leipzig  1871.     S.  65. 

*)  Petermann's  Mittheilnngen  1863,  S.  255. 

^  Petermann's  Mittheilnngen  1878,  Tafel  XXIV. 

*)  Zeitschrift  fnr  allgemeine  Erdkunde.  Bd.  lY  (1855),  S.  379  ff.  Bd.  V 
(1855),  S.  125  ff.  190  ff. 

*)J.  HanninBehm's  Geographischem  Jahrbuch.    Bd.  IV (1872), S.  132. 


XII.    Die  Gletscher.  355 

auf  Island,  Spitzbergen,  Grönland,  sowie  an  den  Westküsten  Pata- 
gonien's  der  Fall  ist,  das  Meer,  so  rücken  sie  zunächst  auf  dem 
Grunde  der  Fjorde  weiter  vor,  bis  der  Aussenrand  an  einer  Tiefe  an- 
gekommen ist,  wo  die  in  das  Meer  eingetauchte  Eismasse  in  Folge 
ihres  geringen  specifischen  Gewichtes  emporgehoben  wird.  Noch  be- 
wahrt der  Eisstrom  seinen  Zusammenhang  und  wandert  weiter  in  das 
Meer  hinaus;  endlich  aber  wird  sein  Zungenende  durch  den  Wellen- 
schlag des  Meeres  oder  sonst  welches  Ereigniss  losgerissen  und  von 
den  Fluthen  des  Meeres  hinweggetragen.  Die  losgelösten  Gletscher- 
bruchstücke treiben  mm  als  Eisberge  auf  dem  Meere  umher.  Sie 
ragen  oft  30,  ja  selbst  60  bis  90  Meter  über  die  Meeresoberfläche 
empor.  Da  das  specifische  Gewicht  des  Eises  sich  zu  dem  des  Wassers 
wie  8  zu  9  verhält,  so  darf  man  hieraus  schliessen,  dass  die  Gesammt- 
höhe  der  Eisberge  9mal  so  gross  ist  als  der  über  die  Wasserfläche 
emporschauende  Theil  (vgl.  S.  72).  Indem  sie  nach  Süden  ihren  Weg 
nehmen,  schipelzen  sie  nach  und  nach  unter  dem  Einflüsse  der  grösseren 
Wasser-  und  Luftwärme.  Da,  wo  dies  geschieht,  sinkt  all  jener  Schutt 
imd  jenes  Geröll  zu  Boden,  welches  sich  auf  den  Gletschern  ansammelte, 
als  sie  noch  die  Gebirgsthäler  durchzogen.  So  dienen  die  Eisberge 
zur  Verfrachtung  des  Gesteinsmaterials;  dieses  aber  veranlasst  da,  wo 
die  Ablagerung  eine  besonders  reiche  ist,  wie  auf  der  Bank  vpn  Neu- 
Fundland  (an  dem  nördlichen  Ufer  des  warmen  Floridastromes),  die 
Bildung  weitausgedehnter  Untiefen.  Die  zahlreichen  erratischen  Blöcke, 
welche  wir  über  die  norddeutsche  Tiefebene  ausgestreut  finden,  sind 
nichts  anderes  als  die  Denkmäler  jener  Fahrten,  welche  grosse  Gletscher 
in  einem  früheren  geologischen  Zeitalter  über  dasjenige  Meer  aus- 
ftihrten,  das  einst  die  norddeutsche  Ebene  bedeckte. 


23 


XTTT.    Die  Eiszeit 


k  m  Schlüsse  der  Tertiärperiode,  also  an  der  Schwelle  der  geologischen 
x\.Glegenwart,  insbesondere  beim  Uebergang  von  der  pUocänen  zur 
postpliocänen  Zeit,  verbreiteten  sich  die  Gletscher  in  Europa  über  ein 
wdt  grösseres  Gebiet  als  jetzt  Man  hat  hieraus  gefolgert,  dass  die 
Temperaturen  unseres  Erdtheils  damals  wesentlich  niedriger  waren  als 
jetzt,  und  jenes  Zeitalter,  insbesondere  mit  Rücksicht  auf  die  bedeutende 
GletBcherentwicklung,  als  Eiszeit  bezeichnet  Es  ist  wohl  möglich,  dass 
es  nicht  bloss  eine  Eiszeit,  die  eben  erwähnte  postpliocäne  gegeb^i 
hat,  sondern  auch  frühere  oder  spätere  geologische  Zeitabschnitte  eine 
reichere  GletscherentfEiltung  b^ünstigten.  Insbesondere  ist  die  Eristenz 
einer  noch  jüngeren  Eiszeit  dadurch  wahrscheinlidi  gemacht,  dass 
(z.  B.  in  der  Schweiz,  in  England,  Schottland  und  Skandinavien)  unter 
dem  geschichteten  Diluvium  geglättete  Felsen  und  über  demsdben 
erratische  Blöcke  vorkonmien  ^).  Streng  bewiesen  ist  jedoch  nur  eine, 
die  Eiszeit  am  B^inn  der  geologischen  G^enwart;  denn  die  anderen 
Eisthätigkeiten  werden  nur  bezeugt  durch  den  Fundort  und  die  Ober- 
flächenbeschaffenheit  angebackener  Felsstücke;  für  die  anerkannte  Eis- 
zeit aber  haben  wir  nicht  bloss  erratische  Blöcke,  nicht  bloss  alte 
Moränen,  sowie  abgeschliffene  Fels^i  und  Steinritzungen  als  Beweise, 
sondern  etwas,  was  viel  schwerer  Viegt,  nämlich  Versteinerungen  von 
solchen  Pflanzen  und  Thieren,  die  nur  in  sehr  kalten  Erdräumen  zu 
leben  vermögen.  Wie  wenig  bewebkräftig  das  Auftreten  einzelner 
erratischer  Blöcke  ist,  lässt  sich  leicht  ermessen.  Die  Verfrachtung 
derselben  vollzieht  sich,  wie  wir  oben  sahen,  nicht  bloss  auf  dem 
Rücken  der  Gletscher,  sondern  auch  auf  dem  der  Ebbei^,  sobald 
nämlich  die  Gletscher  bis  zum  Meere  herabsteigen  und  ihre  Zungen- 
enden hier  abgebrochen  werden.    Schmelzen  solche  Gletscherfragmente 

>)  Oswald    Heer,    Die    Urwelt  der   Schweiz.    Zürich   1S65.    S.  529  ft. 
VgL  hierzu  Th.  Kjerulf,  Die  Eiszeit.    Berlin  1878.    S.  27. 


Xril.    Die  Eiszeit.  357 

■ 

später  nach  einer  weiten  Meereswanderung  an  irgend  welchem  Orte 
des  Oceans,  so  fallen  die  von  ihnen  fortgetragenen  Gesteinstrümmer  zu 
Boden,  und  wenn  das  Meer  später  zurückweicht,  so  wird  man  dieselben 
finden.  Diese  Art  von  erratischen  Blöcken  beweist  also  keine  zeit- 
weilige Temperaturemiedrigung;  ihre  Grenze  kann  nur  eine  alte  Strand- 
linie andeuten. 

Um  einen  Einblick  in  die  klimatischen  Verhältnisse  der  Eiszeit 
zu  gewinnen,  ist  es  vor  allem  erforderlich,  die  Verbreitung  der 
Gletscher  während  derselben  in's  Auge  zu  fassen. 

Viel  ansehnlicher  als  jetzt  war  damals  die  Gletscherentwicklung 
vor  allem  in  den  Alpen.  So  dürfen  wir  aus  den  vielen  Merkmalen 
im  Schweizer  Jura  schliessen,  dass  einst  die  Gletscher  vom  Bemer 
Oberland  nicht  bloss  bis  an  dieses  Gebirge  heran,  sondern  auch  an 
seinen  Abhängen  bis  zu  grossen  Höhen  hinauf  gereicht  haben.  Ihr 
Pfad  ist  bezeichnet  durch  Moränen,  erratische  Blöcke,  abgeschliffene 
und  gefurchte  Felsen,  sowie  durch  eigenthümliche,  ringförmig  aufgestellte 
Felsstücke.  Im  Jura  bildet  die  Blockgrenze  einen  merkwürdigen 
Bogen,  dessen  grösste  Höhe  ungefähr  der  Mitte  des  Genfer-Sees  g^en- 
über  liegt;  sie  erhebt  sich  am  Clhasseron  1000  Meter  über  den  Thal- 
boden (1400  Meter  über  den  Meeresspiegel),  am  Chaumont  noch  780 
Meter  über  Neuchätel,  am  Chasseral  650  bis  715  Meter  bei  Orvin 
225  Meter  und  sinkt  bei  Solothum  auf  die  Schweizer  Hochebene  herab ; 
der  andere  westliche  Theil  des  Bogens  erreicht  bei  Gex  den  Thal- 
boden ^).  Bisweilen  sind  die  fortbewegten  Gesteinsmassen  von  riesen- 
hafter Grösse.  Ein  erratischer  Block,  gefeiert  unter  dem  Namen  Pierre 
k  Bot,  hat  12  Meter  Umfang  und  ruht  auf  einem  Berge  275  Meter 
über  dem  Neuenburger  See.  Ein  anderer  Kalksteinblock  zu  Devens 
bei  Bex  (ßhönethal)  misst  4560  Cubikmeter;  derselbe  ist  wenigstens 
6  geographische  Meilen  weit  verfrachtet  worden  und  zwar  so  sanft, 
dass  seine  Kanten  noch  ganz  scharf  geblieben  sind.  Dieser  Stein  hat 
sicherlich  zur  Zurücklegung  seines  Weges  Jahrtausende  gebraucht. 

Aehnlichen  Erscheinungen  begegnen  wir  in  der  östKchen  Schweiz. 
Im  Canton  Zürich  haben  wir  mächtige  Blockablagerungen  von  Hoch- 
gebirgskalk,  Semifit  und  Granit  bei  Gyrenbad  (780  Meter  über  dem 
Meere),  auf  dem  ganzen  Höhenzug  des  Albis  bis  zum  Uetliberg  und 
auf  der  das  rechte  Seeufer  umsäumenden  Hügelkette  vom  Pfannenstiel 
bis  zum  Zürichberg.  Auch  die  den  Bodensee  umgebenden  Hügel  sind 
hie  und  da  bis  auf  ihre  Gipfel  hinauf  mit  Blöcken  besetzt;  ja,  wir 
treffen  sie  sogar  noch  auf  dem  Hohentwiel  im  Hegau. 

Alle  jene  Blöcke   sind  offenbar  Fremdlinge  in  dem  Molassenland 

*)  Oswald  Heer,  1.  c.  S.  513. 


358  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

der  Schweiz;  ihre  eigentliche  Helmath  sind  die  Bergstöcke  und  Gebii^- 
Züge  der  Alpen ,  welche  genau  aus  demselben  ilaterial  bestehen.  In 
vielen  Fällen  lässt  sich  sogar  ohne  Mühe  der  P&d  feststellen,  auf 
welchem  sie  nach  der  Hochebene  gelangt  sind,  indem  eine  Kette  von 
Bruchstucken  gleichen  Gresteins  hinaufßihrt  nach  ihrem  Ausgangspunkt 
im  Hochgebiige.  So  liegt  bei  dem  Städtchen  Trogen  (Ganton  Appen- 
zell) in  beträchtlicher  Meereshöhe  ein  Felsstück  aus  sogenanntem  Granit 
von  Ponteljes,  welcher  nirgends  im  ganzen  Alpengebiete  als  hoch  oben 
in  Graubünden  im  Ponteljestobel  ob  Trons,  20  geographische  Meilen 
▼on  Trogen,  am  Unken  Rheinufer  vorkommt  Blöcke  dieser  eigen- 
thümlichen  Granitart  findet  man  in  reicher  Menge  zwischen  beiden 
Punkten  und  zwar  immer  am  linken  Rande  des  Rheinthaies;  selbst 
dort,  wo  dieses  eine  ganze  Viertelskreisschwenkung  macht,  wie  bei 
Maienfeld  unweit  Chur,  hat  merkwürdiger  Weise  auch  nicht  ein  einziges 
Stück  den  Rhein  überschritten.  Die  zahllosen  Trümmer  von  Semifit 
(rother  Ackerstein)  im  Canton  Zürich  haben  keine  so  weiten  Wande- 
rungen vollzogen;  deim  sie  stammen  ohne  Zweifel  aus  dem  Semifit- 
gebirge  des  Linth-  und  Wallenseegebietes.  Da  der  Semifit  in  manig- 
£Eu;hen  Varietäten  auftritt,  so  lässt  sich  bisweilen  selbst  der  Gebirgsstock 
ermitteln,  wo  jene  Blöcke  einst  ihre  Sitze  hatten.  So  stimmt  das 
Gestein  des  haushohen  Pflugsteines  oberhalb  Erlenbach  völlig  mit  dem 
feinkörnigen,  porphyrartigen  Semifit  des  Gantstockes  in  der  Mitte  des 
Gantons  Glarus  überein;   ihm  mag  es  also  vormals  angehört  haben ^). 

Im  Gebiete  der  Reuss  treffen  wir  unzählige  Blöcke  aus  Gneiss 
und  Gneissgraniten  des  St.  Gotthard.  Die  Findlinge  des  Rhonegebietes 
bestehen  aus  Felsarten,  aus  denen  die  Penninischen  Alpen  zwischen 
dem  Grossen  St.  Bernhard  und  dem  Simplon  gebildet  sind.  Der  Monte 
Rosa  hat  Serpentine  und  eine  Abart  von  Gabbro  (Euphotide),  der  Val 
de  Ferret  feinkörnigen  Alpengranit,  die  Dent  de  Morcles  grauen, 
schwarzgefleckten  Sandstein  in  die  Thäler  gesandt. 

Welche  Kräfte  jene  mächtigen  Blöcke  thalabwärts  geführt  haben, 
ist  nicht  schwer  zu  entscheiden.  Bäche  und  Flüsse  können  unmöglich 
haushohe  Blöcke  thalabwärts  bew^en,  noch  viel  weniger  aber  auf  die 
Höhen  des  Jura  emporheben.  Und  wie  hätten  dann  jene  Felstrünmier 
ihre  eckige  Gestalt  zu  bewahren  vermocht?  Auch  auf  der  Fläche  eines 
Sees  kann  jener  Transport  nicht  vollzogen  worden  sein;  denn  dann 
müssten  sich  die  Blöcke,  dem  horizontal  verlaufenden  Meeresufer  ent- 
sprechend, an  diesem  in  annähernd  gleicher  Bergeshöhe  abgelagert  haben. 
Dem  widerstreitet  jedoch  die  Thatsache,  dass  die  Blöcke  am  Südost- 
abhange  des  Jura  eine  Bogenlinie  beschreiben,  welche  von  Gex  auf- 

>)  Oswald  Heer,  1.  c.  S.  514. 


XIU.    Die  Eiszeit.  359 

steigend  am  Chasseron  ihre  grösste  Höhe  ermcht  und  dann  wieder 
gegen  den  Bielersee  herabsinkt.  Aach  müsste  es  dann  als  ein  wunder- 
licher Zu£Etll  betrachtet  werden,  daas  gleichartige  Blöcke  nur  auf  einer 
Thalseite  vorkommen,  z.  B.  die  Ponteljes- Granite  nur  an  der  linken, 
die  aus  dem  Prättigau  stammenden  Gesteine  nur  an  der  rechten  Seite 
des  Rheinthaies.  Wären  sie  auf  schwimmenden  Eisbergen  fortgetragen 
worden,  so  hätten  sie  die  Mittellinie  des  Thaies  sicher  nicht  so  streng 
innegehalten.  Vor  aUem  aber  fehlt  jede  Spur  einer  Meeresbedeckung 
in  allen  diluvialen  Ablagerungen  der  Schweiz  sowie  im  benachbarten 
Deutschland.  Allein  durch  die  Gletschertheorie  kann  der  Transport 
jener  alpinen  Schuttmassen  in  befriedigender  Weise  erklärt  werden. 
Die  Gletscher  bildeten  die  Brücke  über  alle  Thal-  und  Seetiefen,  selbst 
über  die  ganze  Schweizer  Hochebene  hinweg,  um  Erd-  und  Felsmassen 
an  den  Abhängen  und  auf  den  Spitzen  der  Berge  und  Gebirgsrücken 
abzusetzen. 

Von  den  zehn  grossen  alpinen  Gletschern  der  Eiszeit  gehörten  sechs 
der  nördhchen  und  vier  der  südlichen  Abdachung  der  Alpen  an.  Der 
Arvegletscher  erstreckte  sich  vom  Mont  Blanc  bis  zum  Südwest- 
ende des  Schweizer  Jura.  Der  Rhone  gl  etscher,  der  grösste  von 
allen,  bedeckte  vom  St.  Gotthard  und  Monte  Rosa  aus  ganz  WaUis 
und  erweiterte  sich  beim  Austritt  aus  diesem  Thale  fächerartig;  sein 
Zungenende  schob  er  nach  Südwesten  bis  Genf,  nach  Nordosten  bis 
Solothurn  vor.  Der  von  dem  Bemer  Oberland  ausgehende  Aar- 
gletscher  gelangte,  durch  den  quer  vorliegenden  Rhonegletscher  in 
seiner  Entwicklung  gehenmit,  nur  wenig  über  Bern  hinaus.  Die  alten 
Verschanzungen  dieser  Stadt  befanden  sich  auf  einer  seiner  Endmoränen, 
die,  gegen  32  Meter  hoch,  in  Halbmondform  das  Aarthal  sperrt.  Der 
Reussgletscher  drang  vom  St.  Gotthard  aus  über  den  Vierwald- 
stätter  und  Zuger  See  hinweg  nahezu  bis  an  die  Aar  vor.  Der 
Linthgletscher  bewegte  sich  vom  Tödi  aus  durch  das  Linth-  und 
Limmatthal  und  endete  bei  der  Stadt  Zürich,  welche  auf  einer  grossen 
Endmoräne  desselben  erbaut  ist.  Der  Rheingletscher  kam  aus 
Graubünden,  sandte  einen  Seitenarm  durch  das  Linththal,  erfüllte  das 
Becken  des  Bodensees  und  breitete  sich  nördlich  von  demselben  fächer- 
förmig aus  bis  zu  einer  Linie  Wallensee  -  SchafFhausen  -  Ulm.  Den  ge- 
nannten Gletschern  reihten  sich  auf  der  Südseite  der  Alpen  die  grossen 
Gletscher  des  Ticino,  der  Adda,  des  Oglio  und  des  Mincio  an, 
welche  einstmals  die  Becken  des  Langen-,  Como-,  Iseo-  und  Garda-Sees 
mit  ihrem  Eise  tiberzogen.  Hierfür  zeugen  unter  anderem'  auch  die 
mächtigen  Moränen  an  den  Südrändem  dieser  Seen,  an  denen  jene 
Gletscher  endeten. 

Aber  auch   in   den  Ostalpen  fehlt  es  nicht  an  Spuren  einer  ehe- 


360  Dritter  TheiL    Die  Wasser*  und  Lufthülle  der  Erde. 

mals  viel  ansehnlicheren  Gletscherentfidtung.  Im  Etsch-  und  Passeier- 
thale,  sowie  in  der  Umg^end  von  Meran  hat  Gümbel  im  Jahre  1872 
zahlreiche  Gletscherschliffe  und  erratische  Blöcke  wahrgenommen^). 
Im  Lechthale  drangen  die  Gletscher,  wie  alte  Elndmoränen  beweisen, 
bis  über  Landsberg  vor,  im  Isarthale  nahezu  bis  München,  am  Inn 
bis  Wasserburg  und  an  der  Salzach  fast  bis  zu  deren  Mündung  in 
den  Inn  ^).  Endlich  bieten  auch  die  Thäler  des  Erzherzogthums  Oester- 
reich,  sowie  diejenigen  von  Steiermark,  Kämthen,  Krain  und  Venezien 
unzweideutige  Inschriften  aus  einer  Periode  mit  reicherer  Gletscher- 
bildung. 

Wie  die  Alpen,  so  besassen  auch  andere  Gebirge  Europa's  mächtige 
und  ausgedehnte  Gletscher.  Die  Pyrenäen  mit  ihren  hohen  Ketten 
und  zahlreichen  CSrcusthälem  haben  einst  Gletscher  beherbei^,  mit 
denen  sich  die  gegenwärtigen  nicht  im  entferntesten  messen  können^). 
Femer  war  Skandinavien  viel  reicher  an  Gletschern  als  jetzt  Write 
Landstriche,  welche  jetzt  gänzlich  von  Gletschern  entblösst  sind,  zeigen 
hier  an  zahlreichen  Orten  abgerundete  Felsflächen  und  sind  von  dicht 
neben  einander  gereihten,  parallelen  Furchen  oder  feinen  Scheuer- 
streifen bedeckt,  welche  offenbar  von  Gletschern  herrühren.  Zugleich 
lässt  sich  leicht  die  Richtung  feststeUen,  in  welcher  dieselben  zogen; 
sie  ergiebt  sich  ganz  von  selbst  aus  der  Anordnung  jener  Linien,  sowie 
aus  dem  Umstände ,  dass  diese  auf  der  einen  Seite  der  Hügel .  über 
welche  die  Gletscher  hinwegschritten,  nämlich  auf  der  sogenannten 
Stossseite,  vorhanden  sind,  auf  der.  anderen  aber,  der  Leeseite,  fehlen. 
Zahlreiche  genaue  Untersuchungen^)  haben  zu  dem  Resultate  gefuhrt, 
dass  die  skandinavischen  Gletscher  einst  weite  Räume  einnahmen  und 
von  mehreren  Mittelpunkten  radienformig  nach  allen  Richtungen  hin 
ausgingen.  Viele  errichten  das  Meer  und  liessen  mit  Gletscherschutt 
beladene  Eisberge  nach  fernen  Gestaden  ausschwärmen;  aber  auch  in 
Skandinavien  selbst  lind^i  sich  sehr  bedeutende  Gletscherablagerungen. 

NatürUch  waren  die  niedrigeren  Gebirge  des  mittleren 
Europa  weit  weniger  der  Schauplatz  der  Gletscherthatigkeiten ;  dennoch 

')  Sitzungsberichte  der  mathem. -physik.  Classe  der  Kgl.  bayrischen 
Akademie  der  Wissenschaften  zu  München.    Bd.  II  (1S72).  S.  223  ff. 

*)  Vgl  Hauptmann  F.  Starkes  Karte:  Ideale  Uebersicht  von  Südost - 
Bayern  zur  Eiszeit  —  in  der  Zeitschrift  des  deutschen  Alpen  Vereins.  Bd.  IV 
(IS73)  und  die  Arbeit  K.  ZitteTs  in  den  Sitzungsberichten  der  mathem.« 
physik.  Classe  der  KgL  bayrischen  Akademie  der  Wissenschaften  zu  München. 
Bd.  IV  (1S74),  S.  252  ff. 

')  C  h.  M  a  r  1 1  n  s  im  Bulletin  de  la  Sociale g^logique.  Ser.  III,  Tome  XV  ( 1867>. 

*}  Th.  Kjerulf:  Uebcr  Frictionsphänomene ,  Terrassen  und  Glacial- 
ablagerungen  in  Norwegen  s.  Zeitschrift  der  deutschen  geologischen  Gesell- 
schaft. Bd.  XII  (1S601  S.  :<S9  ff.  Bd.  XV  (186:^).  S.  619  ff.  Bd.  XXH  (IS70),  S.  1  ff. 


Xni.    Die  Eiszeit.  361 

fehlten  auch  ihnen  einst  die  Eisströme  nicht  völlig.  So  waren  die  Berg- 
landschaften an  der  Westseite  Irland's  Sammel-  und  Ausgangsstätten  der 
Gletscher  ^),  und  die  Gebirge  von  Schottland  *)  und  Wales  sandten  nach 
verschiedenen  Himmelsgegenden  hin  Gletscher  in  die  Thäler  hinab. 
Sogar  einige  der  deutschen  Mittelgebirge,  z.  B.  die  Vogesen*),  der 
Schwarzwald,  das  Riesengebirge  und  der  Thüringer  Wald,  sowie  ausser- 
dem die  Earpathen  (der  Nordabhang  der  Czema  Hora)  *)  weisen  Spuren 
vormaliger  Gletscher  auf. 

Um  die  äussersten  Grenzen  kennen  zu  lernen,  bis  zu  welchen  sich 
auffallende  Gletscherwirkungen  am  Ende  der  Tertiärperiode  erstreckten, 
nennen  wir  noch  vier  Gebirge,  welche  theils  bestimmt  eine  reichere 
Gletscherentwicklung  besassen,  wie  der  Kaukasus  und  Libanon,  theils 
wenigstens  in  diesem  Verdachte  stehen,  wie  Atlas  und  Altai. 

Noch  im  Jahre  1858  erklärte  Abich,  dass  der  Kaukasus  von 
der  Eiszeit  völlig  unberührt  geblieben  sei.  Diese  Behauptung  ist  jetzt 
nicht  mehr  haltbar,  da  die  Thäler  des  Ardon  und  Ingur  Zeugnisse 
einer  ehemals  grösseren  Ausdehnung  von  Eismassen  darbieten.  Ebenso 
hat  der  Genfer  Geolog  Favre  Wahrzeichen  alter  Gletscher  am  Kreuz- 
bergjoch und  in  der  Darielschlucht  längs  der  grossen  Heerstrasse  wahr- 
genommen. Wanderblöcke,  meist  aus  Granit,  werden  noch  auf  der 
Steppe  nördlich  vom  Kaukasus  gesehen,  und  Freshfield  und  seine 
Begleiter  entdeckten  im  Baksanthale,  etwa  drei  geographische  Meilen 
vom  jetzigen  Gletscher  entfernt  und  eine  Wegstunde  oberhalb  Uruspieh, 
eine  65  Meter  hohe  Endmoräne  mit  Granitblöcken  *).  Aus  diesen  An- 
gaben aber  würde  folgen,  dass  sich  die  Eiszeit  im  Kaukasus  bei  weitem 
nicht  in  so  grossartiger  Weise  entfisJtete  wie  in  den  Alpen. 

Spuren  einer  Eiszeit  hat  Hooker  im  Libanon^)  und  im  marok- 
kanischen Atlas  gefunden;  doch  sind  bezüglich  der  Gletscherschliffe  in 
dem  letzteren  Gebirge  von  anderer  Seite  her  ernste  Bedenken  erhoben 
worden.  So  berichtet  K.  v.  Fritsch  '),  welcher  mit  Bein  im  Sommer 
1872   den   marokkanischen   Atlas  bereiste:    „Ueber   das  frühere  Vor- 

^)  Kinn  ah  an,  The  general  Glaciation  of  Jar-Connaught.    Dublin  1872. 

')Archibald  Geikie  in  den  Transactions  of  the  Geolog.  Society  of 
Glasgow,  Vol.  L 

^  Ho  gar  d,  llecherches  sur  les  moraines  et  les  d^pöts  de  transport  et 
de  comblement  des  Vosges.  Epinal  1842.  J^douard  Collomb,  Preuves  de 
Texistence  d'anciens   glaciers  dans  les  Vosges.    Paris  1847. 

*)  Ausland  1876,  S.  880. 

'^)  Ausland  1869,  S.  999  nach:  Douglas  W.  Freshfield,  Travels  in  the 
central  Caucasus  and  Bashan.    London  1869. 

^)  Betreffs  des  Libanon  wurden  die  Anschauungen  Hooker's  bestätigt 
durch  Oscar  Fr  aas  (Aus  dem  Orient.    Stuttgart  1878.    Bd.  II,  S.  114  f.). 

•)  Zeitschrift  Globus,  Bd.  XXII  (1S72),  Nr.  20,  S.  318  f. 


362  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

handensein  yon  Gletschern  bin  ich  wesentlich  anderer  Ansicht  als 
Hooker  und  seine  Begleiter.  Die  Trümmermasse  im  oberen  Beraya- 
thal  kommt  ans  einem  kleinen  und  engen  Seitenthal  hervor;  polirte 
Felsstücke  liegen  zwar  unter  den  anderen ;  diese  PoUtor  ist  aber  nicht 
der  Gletscherschlifi^  sondern  ein&che  Rutschfläche.  Wirkliche  Gletscher- 
wirkmigen:  Rundhöckerbildong,  Ansschleifailg  der  Felsen  bis  zu  einer 
früheren  oberen  Gletschergrenze,  Seitenmoränen,  Grandecken  im  Haupt- 
thal: alles  dies  fehlt,  und  jener  mächtige  Schuttkegel  mit  seinen  haus- 
grossen  Felstrümmem,  mit  der  kleinen  Ebene  im  Hauptthale  hinter 
demselben  ist  meiner  festen  Ueberzeugung  nach  nur  der  Schuttk^el 
eines  Bargsturzes,  wie  man  sie  in  den  Alpen  viel&ch  sieht,  z.  B.  im 
Bl^nothal." 

Was  den  Altai  betrifit,  so  sind  die  Meinungen  über  dne  ehemalige 
grössere  Vergletscherung  eben&Us  getheilt  Gr.y.  Helmersen  vermisste 
im  Altai  jede  Spur  von  älteren  erratischen  Blöcken,  von  Felsrundung 
und  Gletscherschliff,  und  Bernhard  v.  Cotta  hat  trotz  eifrigen 
Suchens  weder  in  den  Vorhügeln  des  Altai,  noch  in  den  tiefen  Thal- 
einschnitten des  Grebiiges  Spuren  älterer  Gletscher  erkennen  können, 
obwohl  die  Bei^e  2300  bis  3300  Meter  über  den  Meeresspiegel  auf- 
rag^i  und  die  Kunguhr-Gruppe  gegenwärtig  einige  kleine  Gletscher 
enthält  ^).  Wenn  nun  zwei  so  ausgezeichnete  Forscher  keine  Anklänge 
an  eine  Eäszeit  hier  zu  entdecken  vermochten,  so  ist  wohl  die  Annahme 
gerechtfertigt,  dass  die  Oslgrenze  ihres  Verbreitungsgebietes  nicht  jen- 
seits des  Altai  gesucht  werden  darf.  Weiter  im  Süden  ist  sie  jeden&lls 
nach  dem  Thian-schan  zu  verlegen,  wo  Ssäwerzoff  neuerdings  Beweise 
fiir  eine  ehemals  stärkere  Gletscherentwicklung  gefunden  hat 

UeberbHcken  wir  nun  denjenigen  Theil  der  Alten  Welt,  wdcher 
nach  dem  jetzigen  Stande  der  Wissenschafl  einst  von  der  Eiszeit  be- 
herrscht wurde,  so  ergiebt  sich,  dass  derselbe  nur  einen  relativ  kleinen 
Raum  umfasst,  nämlich  Ekiropa  und  vidleicht  noch  das  nördliche 
Asien,  soweit  das  letztere  damals  aus  dem  Schosse  des  Meeres  empor- 
getaucht war. 

Auch  der  Neuen  Welt  fehlt  es  nicht  an  Gletschererscheinungen 
aus  dei*  Diluvialzeit.  Grossen  Sand-  und  Kiesniassen,  sowie  mächtigen, 
1000  bis  1500  Cubikmeter  grossen  Blöcken  begegnet  man  in  ganz 
Canada,  Neu  England,  Michigan,  Wisconsin  und  Minnesota  bis  jenseits 
des  Mississippi  und  nach  Süden  zu  etwa  bis  zum  39.  Breitengrade. 
Sie  stammen  offenbar  aus  einer  nördUcheren  Heimath,  haben  aber  wohl 
nicht  so  weite  Wege  zurückgelegt  wie  die  der  norddeutschen  Ebene. 
Ausgedehnte  Gesteinsflächen  sind  durch  Wogen  und  ELsbergeinwirkungen 

^)  Bernhard  v.  Cotta,  Der  Altai,  sein  geologischer  Bau  und  seine 
Erzlagerstätten.    Leipzig  IST].    S.  65. 


XHL    Die  Eiszeit.  363 

spiegelglatt  geschliffen,  dann  fein  gestreift  und  tief  geftircht  worden.  Die 
feinen  parallelen  Ritzen  mögen  durch  schwimmende  Eismassen  hervor- 
gerufen worden  sein,  an  deren  Boden  eingefrorener  Sand  haftete,  die 
tieferen  Furchen  durch  gestrandete  Eisberge,  die  von  Ebbe  und  Fluth 
auf  und  ab  bewegt  wurden.  Häufig  trifit  man  eine  solche  Polirung 
nur  auf  den  nördlichen  Abhängen  und  auf  den  Gipfeln  der  Hügel, 
während  die  südlichen  Abfklle  rauhe  imd  zackige  Formen  zeigen,  was 
uns  unzweideutig  über  die  nordische  Abkunft  jener  diluvialen  Gletscher 
belehrt  ^). 

Mit  voreiUger  Begierde  hat  Agassi z  die  Eiszeit  zu  einer  kos- 
mischen Katastrophe  umzugestalten  gesucht.  Als  er  im  Jahre  1865 
Brasilien  bereiste,  entdeckte  er  angebUch  viele  Zeugnisse  daflir,  dass 
früher  ein  ungeheurer  Gletscher,  von  den  Anden  herabsteigend,  bis  zu 
den  Küsten  des  Atlantischen  Oceans  gelangt  sei  und  das  ganze  Ama- 
zonasbecken mit  einem  versteinerungsleeren  Gletscherlehm  ausgeflillt 
habe.  Nun  konnte  Agassiz  zwar  keine  Polirungen  nachweisen,  er- 
klärte dies  aber  daraus,  dass  die  Felsen  allenthalben  unter  den  Ein- 
flüssen der  tropischen  Sonne  und  der  wannen  Regengüsse  längst  bis  zu 
grosser  Tiefe  hinab  zersetzt  seien.  Leider  wird  jene  Agassiz 'sehe 
Vermuthung  noch  immer  vielfach  als  Thatsache  behandelt,  obwohl  sie 
auf  völHger  Täuschung  beruht.  Beobachter  von  Santiago  erkannten 
rein  eruptive  Bildungen  da,  wo  Agassiz  scharf  markirte  Moränen 
sah;  femer  fanden  James  Orton  und  seine  Begleiter,  die  kurz  nach 
Agassiz  (im  Jahre  1867)  die  Amazonasebenen  durchkreuzten,  die 
vermissten  Versteinerungen  in  den  dortigen  Formationen.  Auch  deutsche 
Ingenieure  (unter  ihnen  Keller-Leuzinger),  welche  diesem  Gegen- 
stande Beachtung  schenkten,  haben  nichts  von  glacialen  Erscheinungen 
bemerkt.  Es  ist  daher  die  Behauptung  vöUig  gerechtfertigt,  dass  im 
Gebiete  der  Neuen  Welt  die  Eiszeit  auf  den  nördlichen  Theil  von 
Nordamerika  beschränkt  war. 

Zahlreiche  Forscher  —  unter  anderen  auch  Oswald  Heer*)  — 
haben  besonderes  Gewicht  darauf  gelegt,  dass  die  Eiszeit  in  Nord- 
amerika und  in  Europa  gleichzeitig  imd  in  derselben  Weise  auftrat, 
und  daraus  gefolgert,  dass  sie  sich  nicht  auf  locale  Ursachen  zurück- 
fuhren lasse.  Es  wurden  daher  kosmische  Ursachen  zur  Hilfe  gerufen. 
Man  huldigte  der  Anschauung,  dass  sich  das  Sonnensystem  einst  durch 
kältere  Himmelsräume  bewegt  habe  —  eine  Hypothese,  die  sich  zu 
wenig  auf  reale  Grundlagen  stützt,  als  dass  man  ihr  zustimmen 
könnte.    Andere  meinten,  dass  die  Wärmestrahlung  der  Sonne  ehemals 

^)  Herrn  au  D  Credner,  Elemente  der  Geologie.  3.  Aufl.  Leipzig 
1876.    S.  661. 

2)  1.  c.  S.  529. 


364  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

bedeutenden  periodischen  Schwankungen  ausgesetzt  gewesen  sei  —  eine 
Annahme  y   gegen  welche  Theorie  und  Er&hrung  protestiren. 

Dem  localen  Charakter  der  Eiszeit,  den  wir  oben  zu  begründen 
Tersuchten,  entspricht  es  ohne  Zweifel  viel  besser,  nicht  kosmische, 
sondern  locale  Ursachen  für  die  Entstehung  der  Eiszeit 
yerantwortlich  zu  machen.  Am  meisten  Beachtung  Yerdient  der 
von  Sir  Charles  Lyell  zuerst  ausgedrückte  Oedanke,  die  Ebzeit 
durch  eine  andere  Vertheihmg  des  Starren  und  Flüssigen  auf  der  Erd- 
oberfläche zu  erklären. 

Mit  besonderer  Vorliebe  wandte  man  sich  dem  Lyell 'sehen 
Gedanken  zu,  als  Arnold  Escher  von  der  Linth  im  Jahre 
1852  die  Ansicht  äusserte,  dass  zur  Eiszeit  in  der  Schweiz  der  Föhn 
gefehlt  habe  oder  delmehr,  dass  der  damalige  Föhnwind  nicht  ein 
trockener,  heisser,  sondern  ein  feuchtkalter  Wind  gewesen  sei,  weil  sich 
über  der  Sahara  noch  ein  Meer  ausbreitete.  Unter  diesen  Umständen 
sei  der  Föhn  kein  „Schneefresser"  gewesen,  wie  ihn  die  Alpenhirten 
bezeichnen;  vielmehr  habe  er  die  Alpen  alljährlich  mit  den  ansehn- 
lichsten Schneemassen  belastet  und  somit  eine  reichere  Gletscher- 
entwicklung begünstigt 

Allein  diese  Vermuthimg  enthält  einen  Irrthum,  den  Dove  in 
seiner  Schrift  „Ueber  Eiszeit,  Föhn  und  Sdrocco"  (Berlin  1867) 
längst  aufgedeckt  hat.  Der  schweizerische  Föhn  hat  keinerlei  Beziehung 
zu  den  Luftmassen,  die  über  der  Sahara  aufsteigen,  sondern  sein  Ur- 
sprung liegt  in  westlichen  atlantischen  Femen,  während  die  Luftmassen, 
die  sich  über  der  Sahara  erheben,  in  Folge  der  Erdumdrehung  erst  in 
Südrussland  wieder  zur  Erdoberfläche  herabgelangen.  Femer  ist  es 
keineswegs  festgestellt,  dass  die  gesammte  Sahara  oder  auch  nur  ein 
beträchtlicher  Theil  derselben  zur  Eiszeit  vom  Meere  überfluthet  war; 
denn  Desor^),  Esche'r  von  der  Linth  und  Martins  haben  dies 
nur  für  eine  sehr  schmale  Zone  südlich  vom  algerischen  Atlasgebiet 
erwiesen,  wo  noch  jetzt  Seen  oder  ausgetrocknete  Salzsümpfe  sich  vor- 
finden. Dies  ist  jedoch  der  gewalligen  Baumausdehnung  der  Sahara 
g^enüber  nur  ein  schmaler  Streifen,  der  mehr  einem  engen  Golf  als 
einem  Meer  geliehen  haben  muss  und  viel  zu  geringfiigig  war,  als 
dass  er  die  meteorologische  Verfassung  Europa's  wesentlich  hätte  um- 
wandeln können  ^J.  Auch  zeigt  sich  obendrein,  dass  der  Föhn  nicht 
einmal  ein  absolut,  sondern  nur  ein  relativ  trockener  Wind  ist,  d.  h.  ein 
Wind,  der  nicht  desw^en  trocken  erscheint,  weil  er  wenig  W^asser- 
dampf  mit   sich  fiihrt,   sondem  weil  er  sehr  warm  ist.    Folglich  muss 

')  £.  Desor,  Aus  Sahara  und  Atlas.    Wiesbaden  1865.    S.  46  ff. 
«)  Vgl.  hierzu  Bd.  I,  S.  449  ff. 


XIIL    Die  Eiszeit.  365 

der  Föhn  gänzlich  ausser  Spiel  bleiben  bei  der  Erklärung  der  Eiszeit. 
Um  den  Eintritt  der  Eiszeit  zu  begründen,  muss  daher  ein  anderer 
Weg  eingeschlagen  werden.  Der  einfachste  und  natürlichste  dünkt  uns 
der  folgende  zu  sein. 

Europa  war  während  der  Eiszeit  kaum  halb  so  gross  als  jetzt'). 
Es  hatte  die  Gestalt  einer  schmalen,  von  West  nach  Ost  sich  erstrecken- 
den Insel.  Während  seine  Südgrenze  annähernd  mit  der  heutigen  über- 
einstimmte, zog  sich  die  Nordgrenze  etwa  von  Calais  aus  durch  Belgien 
über  Bonn  nach  dem  Harze,  hierauf  quer  durch  Thüringen,  Kgrch.  Sachsen 
und  Schlesien,  wandte  sich  bei  Erakau  nach  Nordosten,  berührte  die 
Umgebung  von  Tula,  Nischnii- Nowgorod,  sowie  das  Quellgebiet  der 
Wytschegda  und  endete  an  der  Nordspitze  des  Ural  Dieses  Gebirge 
gehörte  noch  zu  Europa,  wurde  aber  im  Osten  von  dem  grossen  sibi- 
rischen Meere  bespült,  welches  sich  als  ein  Theil  des  nördlichen  Eis- 
meeres über  das  ganze  heutige  nordasiatische  Tiefland  ausbreitete. 
Holland,  Dänemark,  Norddeutschland,  Polen  und  das  nordwestliche 
Russland  waren  vom  Meere  bedeckt,  aus  welchem  Skandinavien  und 
die  gebirgigen  Theile  von  Grossbritannien  als  Inseln  hervorragten. 
Auch  das  Schwarze  und  Easpische  Meer  reichten  damals  weiter  nach 
Norden  und  standen  vielleicht  noch  mit  einander  in  Verbindung. 

Unser  Erdtheil  war  demnach  in  jenem  Zeitalter  nach  aUen  Rich- 
tungen hin  von  mächtigen  Meeren  umwogt  5  selbst  die  Ost-  und  Nord- 
ostwinde, welche  sich  jetzt  durch  grosse  Trockenheit  auszeichnen,  "waren 
mit  Wafiserdämpfen  erfüllt  und  bewirkten  in  den  Gebirgsländem  fast 
ebenso  reichen  Regenfall  wie  damals  und  noch  heute  die  Westwinde. 
Somit  musste  in  der  Diluvialperiode  das  Klima  Europa's  zu  allen  Jahres- 
zeiten ein  wesentlich  anderes,  nämlich  ein  viel  feuchteres  sein.  Und 
diese  Erkenntniss  liefert  uns  den  Schlüssel  in  die  Hand  zur  Erklärung 
der  Eiszeit 

Wir  schalten  hier  ein,  dass  man  bisher  immer  eine  Temperatur- 
emiedrigung  von  4  bis  5®  C.  forderte,  um  die  Phänomene  der  Eiszeit 
rechtfertigen  zu  können.  Der  Calcül  ist  hierbei  nach  Heer  folgender  *) : 
Genf  hat  gegenwärtig  eine  mittlere  Jahrestemperatur  von  9,16®  C. 
Nimmt  man  für  die  Linie  des  ewigen  Schnees  eine  Meereshöhe  von 
c.  2700  Metern  an,  so  steigen  die  Gletscher  im  Chamounix-Thale  1550 
Meter  unter  diese  Linie  herab.  Hätte  Genf  eine  um  4®  C.  niedrigere 
Temperatur  (also  von  5,16®  C),  so  würde,  wenn  bei  einer  Erhebung 
von  188  Metern  das  Thermometer  um  1  ®  C.  fiele,  die  Schneelinie  um 
750  Meter  tiefer  sinken  und  läge  daher  in  1950  Meter  Meereshöhe. 
Die  Gletscher  aber  würden  dann  bis  zu  400  Meter  Höhe,  d.  h.  nahezu 

")  Vgl.  hierzu  Tafel  VI  zu  Peter  mann' s  Mittheilungen  1878. 
*)  Oswald  Heer,  1.  c.  S.  548  f. 


366  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

bis  Genf  gelangen.  Bei  einem  Rückgang  der  mittleren  Jahreswärme 
von  4  oder  5  ^  C.  würden  demnach  die  Gletscher  unaufhaltsam  wieder 
in  die  Ebene  herabkommen  und  dieselbe  von  neuem  bedecken. 

Bei  diesem  Calcül  sind  jedoch  sehr  wichtige  Factoren  ganz  ausser 
Acht  gelassen;  denn  das  Vordringen  oder  Zurückweichen  der  Gletscher 
hängt  durchaus  nicht  in  erster  Linie  von  der  mittleren  Jahrestemperatur 
der  betreffenden  Gebiete  ab,  sondern  viel  mehr  noch  von  der  VOTtheilung 
der  Wärme  und  Kälte  auf  die  verschiedenen  Jahreszdten,  sowie  von  der 
Menge  der  örtlichen  Niederschläge.  Wechselt  ein  milder,  durch  starken 
Schneefsdl  ausgezeichneter  Winter  mit  einem  kühlen,  legenreich^i 
Sommer,  so  ist  im  Sonmier  relativ  wenig  freie  Wärme  vorhanden, 
welche  den  Gletscher  in  9einem  unteren  Theile  auflösen  könnte.  Tritt 
hingegen  nach  einem  sehr  kalten  Winter  mit  geringem  SchneefiBdl  ein 
hdsser,  trockener  Sommer  ein,  so  vermag  die  Sommerwärme  mit  viel 
grösserem  Erfolg,  also  bis  in  bedeutendere  Höhen  hinauf  das  untere 
Ende  des  Gletschers  zu  zerstören,  d.  h.  die  Gletscher  ziehen  unter  den 
ersten  Voraussetzungen  yiel  tiefer  herab  als  imter  den  letzteren,  selbst 
wenn  beide  Male  die  mittlere  Jahrestemperatur  genau  dieselbe  ist 

Offenbar  ist  die  Gletscherentwicklung  nicht  allein  durch  die  ört- 
lichen Lufttemperaturen,  sondern  auch  durch  den  Feuchtigkeitsgrad 
der  Atmosphäre  wesentlich  bedingt  Daher  sind  die  Alpengletscher 
weit  grossartiger  als  die  des  Kaukasus,  welcher  doch  nahezu  denselben 
Breiten  angehört  wie  die  Alpen.  Daher  fehlen  sie  auch  in  den  Bogen 
von  Ostsibirien,  an  deren  Fusse  (z.  B.  in  Jakutsk)  die  mittlere  Jahres- 
temperatur unt^  — 10  ^  C.  herabsinkt,  während  sie  doch  auf  Neusee- 
land in  Thalgebiete  herabwandem,  deren  mittlere  Jahrestemperatur 
4- 10  ^  C.  (die  durchschnittliche  Jahreswärme  von  Wien,  sogar  noch  höher 
als  die  von  Genf)  beträgt.  Die  klimatischen  Zustände  der  regenrdchen 
Westküste  Neuseeland's  würden  in  einem  längeren  Zeiträume  sich  wirk- 
sam genug  erweisen,  den  Alpengletschem  ihre  ehemalige  Grösse  wieder 
zu  verleihen,  ohne  dass  die  mittleren  Jahrestemperaturen  des  Alpen- 
gebietes sich  irgendwie  änderten. 

Die  glacialen  Verhältnisse  Neuseeland's  gewinnen  auch  deshalb 
ein  besonderes  Into'esse  ftir  uns,  weil  wir  hier  das,  was  wir  Eiszeit 
und  postgladale  Epoche  nennen,  auf  kleinem  Baume  neben  einander 
finden.  Beide  Abhänge  der  neuseeländischen  Alpen  besitzen  ihre 
Gletscher;  aber  während  die  unteren  Enden  des  Franz- Joseph-Gletschers 
(an  der  Westseite  unter  43®  35'  s.  Br.,  also  in  der  Breite  von  Mont- 
pellier, Marseille,  Livomo)  und  des  Prinz- Alfred-Gletschers  nur  c.  200 
Meter  über  dem  Meere  liegen,  d.  h.  in  (^bieten,  wo  unmittdbar  neben 
den  Gletschern  immergrüne  Nadelhölzer  aDer  Art,  Ratas,  Buchen, 
baumartige  Farne  und   Fuchsien  gedeihen,   erreicht  der  grösste  und 


XIII.    Die  Eiszeit.  367 

längste  aller  Gletscher  auf  der  Ostseite,  der  Tasman-Gletscher,  keine 
grössere  Tiefe  als  845  Meter.  Femer  sind  nach  Haast's  Messungen 
die  Gletscherenden  im  Gebiete  des  Rangitata  in  1189,  des  Tekapo-Sees  in 
1326,  des  Pukaki-Sees  in  924,  des  Ohau-Sees  in  1255,  also  im  Mittel 
an  der  Ostseite  in  c.  1175  Meter  Meereshöhe,  d.  h.  in  Gegenden  mit 
einer  Mitteltemperatur  von  5  ®  C.  zu  suchen  ^).  Somit  beträgt  der 
Höhenunterschied  der  Gletscherenden  auf  der  beiderseitigen  Abdachung 
der  neuseeländischen  Alpen  c.  975  Meter,  womit  gleichzeitig  eine  Diffe- 
renz der  mittleren  Jahrestemperaturen  an  den  untersten  Gletscherzungen 
Ton  5^0.  verbunden  ist.  Dieser  letzte  Werth  würde  ganz  genau  der 
von  Heer  zur  Erklärung  der  Eiszeit  geforderten  Temperaturemiedrigung 
entsprechen.  Der  Grund  dieser  eigenthtimlichen  Gegensätze  ist  ein- 
&ch  der,  dass  die  gewaltige  Kette  der  neuseeländischen  Alpen  fUr  die 
Südinsel  eine  Wasser-  und  Wetterscheide  bildet  und  dass  an  der  West- 
seite die  Niederschläge  ungleich  häufiger  sind  als  an  der  Ostseite.  Zu 
Christchurch  und  Dunedin  auf  der  Ostseite  fallen  nicht  V4  und  ^,3  der 
Regenmengen,  die  Hokitika  und  Bealey  (an  der  Westküste)  aufweisen 
können ,  wo  die  jährliche  Regenhöhe  bis  zu  2800  Millimetern  wächst. 
Daher  sind  im  Westen  die  Sommer  ausserordentlich  kühl,  die  Winter  hin- 
gegen mild;  das  Klima  ist  also  in  hohem  Grade  der  Entwicklung  der 
Gletscher  günstig. 

Unter  ganz  ähnlichen  klimatischen  Verhältnissen  wie  auf  der  West- 
seite Neuseeland's  steigen  auch  an  den  Küsten  von  Patagonien  (am 
Golf  von  Penas  unter  46%  Grad  s.  Br.)  Gletscher  bis  in's  Meer  hinab 
(vgl.  S.  354)  und  sind  sie  einst  zur  Diluvialzeit  in  Europa  herab- 
gestiegen in  Thalregionen ,  wo  jetzt  statt  des  Eises  die  Pflugschar  den 
Boden  bearbeitet. 

Noch  bleibt  die  Frage  zu  beantworten,  ob  die  amerikanische  Eis- 
zeit auf  dieselben  Ursachen  zurückgeführt  werden  darf  wie  die  euro- 
päisch-nordasiatische. In  der  That  erhob  sich  in  der  älteren  Quartärzeit 
ebenso  wie  von  Europa  auch  von  Nordamerika  kaum  die  Hälfte  des 
heutigen  Continents  aus  dem  Schosse  des  Oceans.  Nordamerika  war 
damals  eine  langgestreckte,  schmale  Insel,  deren  Längenaxe  etwa  die 
Richtung  von  Süd  nach  Nord  hatte.  Ihre  nordöstlichen  Ufer  werden 
durch  eine  Linie  bezeichnet,  welche  man  von  Baltimore  westwärts  bis 
zum  Mississippi  und  hierauf  parallel  dem  Fusse  des  Felsengebirges 
nach  Norden  bis  an  das  nördliche  Eismeer  zieht.  Das  ganze  nord- 
östlich von  dieser  Linie  gelegene  Land  war  zu  jener  Zeit  bis  auf  einige 
kleine  Gebirgsgebiete  von  einem  gegen  1000  Meter  tiefen  Meere  be- 
deckt.    Aber  auch  im  Süden  gehörten  die  breiten  Küstenebenen  des 

^)  J.  Hann  in  der  Zeitschrift  der  österreichischen  Gesellschaft  für 
Meteorologie.    Bd.  VI  (1871),  S.  342  l 


368  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Atlantischen  Oceans  und  des  Mexicanischen  Busens  (letztere  fast  bis 
zur  heutigen  Ohio -Mündung  aufwärts)  noch  dem  Oceane  an,  und  die 
centralamerikanische  Scheidewand  zwischen  der  Südsee  und  dem  Atlan- 
tischen Ocean  war  noch  nicht  autgerichtet  Wir  sind  demnach  zu  der 
Anschauung  berechtigt,  dass  in  Nordamerika,  speciell  auf  den  Cordilleren 
und  Alleghanies,  aus  gleidien  Gründen  wie  in  Europa  am  Ende  der 
Tertiärperiode  und  am  Anfang  der  Quartärzeit  eine  viel  reichere 
Gletsdierentfaltnng  stattfand  als  jetzt 

So  scheint  uns  eine  Aenderung  in  der  Vertheilung  von  Land  und 
Wasser  vollständig  zu  Erklärung  der  Eiszeit  zu  genügen.  Der  Vorzug 
dieser  Erklärung  besteht  darin,  dass  sie  sich  auf  Vorgänge  in  der  Natur 
stützt,  die  noch  jetzt  beobachtet  werden,  und  sich  nicht  mit  der  will- 
kürlichen Annahme  von  anderen  oder  in  der  Vorzeit  anders  wirkenden 
Kräften  befasst 


XIV.     lieber  die  Namen  der  Ströme  und  die  Gesetze 

ihrer  Bewegung. 


Vielfach  herrscht  hinsichtlich  der  Bezeichnung  der  Ströme  eine  auf- 
fallende Willkür.  Wir  erinnern  hier  zuerst  daran,  dass  man  öfter 
jedem  grösseren  Abschnitt  eines  Stromes  einen  besonderen  Namen  ge- 
währt. Wer  dächte  hierbei  nicht  an  die  vierzehn  Namen,  welche  der 
Niger  an  verschiedenen  Stellen  seines  I^aufes  führt,  sowie  an  die  sieben 
Namen,  die  der  Riesenstrom  Südamerika's  trägt  ^) !  Erklären  und  recht- 
fertigen lässt  sich  eine  so  seltsame  Namengebung  nur  dadurch,  dass 
die  Völker,  welche  die  Ufer  eines  Stromes  bewohnen,  wenig  oder  gar 
nicht  mit  einander  in  Berührung  kommen ,  woraus  nothwendig  folgt, 
dass  keiner  der  von  ihnen  dem  Strome  beigelegten  Namen  zu  allgemeiner 
Geltung  gelangt. 

Noch  mehr  Willkür  waltet  da,  wo  weder  der  längste,  noch  der 
wasserreichste,  sondern  irgend  welcher  geringfügige  Quellarm  dem 
Hauptstrom  seinen  Namen  verliehen  hat.  Das  beste  Beispiel  einer 
solchen  verkehrten  Strombenennung  liefert  uns  das  obere  Gebiet  des 
Guadalquivir  (Fig.  48).  In  geringer  Entfernung  von  seiner  Quelle 
empfangt  der  auf  dem  Ostabhang  der  Sierra  de  Cazorla  entspringende 
Guadalquivir  von  links  her  den  Guadiana  menor  und  von  rechts  her 
den  Guadalimar.  Beide  Nebenflüsse  aber  sind  nicht  bloss  länger  als 
der  Guadalquivir,  sondern  auch  reicher  an  Wasser.  EigentUch  müsste 
der  Guadalimar,  der  noch  bedeutender  ist  als  der  Guadiana  menor,  als 
Hauptquellarm  des  Guadalquivir  angesehen  werden,  ja  streng  genommen 
nicht  einmal   dessen  Quellarm,   sondern  sein  Nebenfluss  Guadarmeno, 

*)  Biß  Loreto  heiest  er  Maranon,  sodann  bis  Barra  Solimöes  (auch  Orellana) 
und  hierauf  bis  zur  Mündung  Parä.  Der  Gesammtname  ist  Amazonas;  die 
Eingehorenen  bezeichnen  ihn  auch  als  Paranapytinga  (weisser  Strom)  und 
Guiena. 

Pescbel-Leipoldt.  Phys.  Erdkunde.    IT.  24 


370 


Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 


f^'SJt.Y.F. 


i^*6.L,yr.¥. 


3   700    OOO 


welcher    den    Guadalimar    wieder    an    Länge    und    Wasserreichthum 
übertriflft  i). 

In  vielen  Fällen  erkennt  man  ohne  Mühe,  welcher  Ader  des  Strom- 
systems  der  Vorrang  gebührt;  in  anderen  hing^en  bereitet  die  Fest- 

stellimg   des  Hauptarmes  nicht 
Fig.  4S.  geringe    Schwierigkeiten.      Um 

hier  jede  Willkür  anszuschliessen 
und  ein  festes  Princip  zur  An- 
wendung zu  bringen^  müsste 
man  vor  allen  Dingen  Länge, 
Wassermasse  und  Richtung  der 
manigfiEu^hen  Quellarme  eines 
Stromsjstems  in  Betracht  ziehen. 
Aus  einer  nach  diesen  Gesichts- 
punkten ausgeführten  Untersu- 
chung geht  hervor,  dass  eine 
nicht  geringe  Anzahl  von  Strö- 
men falsche  Namen  besitzt.  Hält 
man  die  Länge  des  Wasserlaufs 
für  massgebend,  so  dürfte  der 
stolzeste  der  nordamerikanischen 
Ströme  nicht  Mississippi  heissen ; 
denn  der  Missouri  ist  an  seiner 
Mündung  in  den  Mississippi  um 
nicht  weniger  als  330  geogra- 
phische Meilen  länger  als  dieser.  Femer  müsste  der  Amazonas  seinen 
Kamen  mit  dem  des  Ucajali  vertauschen,  und  die  Donau  hätte  den 
Namen  des  11  Meilen  längeren  Inn  zu  tragen.  Saöne  imd  Rhone 
wären  nur  Nebenflüsse  des  Doubs,  dessen  Gesammtlänge  vom  Mont 
Risoux  bis  zum  Golf  du  Lion  um  20  geographische  Meilen  grösser  ist 
als  die  des  Rhone.  Soll  die  durchschnittliche  WasserfuUe  die  höhere 
Würde  verleihen,  so  würden  Donau,  Rhdn  und  Seine  Nebenflüsse  sein 
von  Inn,  Aar  und  Yonne.  Würde  endlich  die  Richtung  des  Thaies 
entscheidend  sein  und  derjenige  Fluss  als  Hauptarm  angesehen  werden, 
welcher  nach  der  Vereinigung  mit  einem  andern  ihm  sonst  ziemlich 
ebenbürtigen  Flusse  seinen  «'Uten  Lauf  geradlinig  fortsetzt,  so  müssten 
die  Moldau  und  nicht  die  Elbe,  die  Saune  und  nicht  der  Rhone,  die 
Yonne  und  nicht  die  Seine  als  eigentliche  Quellarme  gelten. 

An  den  hergebrachten  Namen  aber  llUst  sich  nichts  mehr  ändern. 
Die  Wissenschaft  kann  den  erniedrigten  Flüssen  den  ilmen  gebührenden 

*)  Vgl.  C.  G.  D.  Stein  and    Ferd.  Hörschelmanu,   Handbuch    der 
Geographie  und  Statistik.    7.  Aufl.    Leipzig  1^62— IS" I.    Bd.  III,  Abth.  2,  S.  30. 


I  *  %  ^  *  % 


40 


Du  Qnellgebiet  des  Goadalquirir. 


XIV.    Ueber  die  Namen  der  Ströme  und  die  Ge«etze  ihrer  Bewegung,  371 

Hang  nicht  wieder  verachafFen ;  sie  muss  sich  hier  vielmehr  beugen  vor 
der  Macht  der  herrschenden  Tradition.  Der  Grund  jener  principlosen 
Verwendung  der  Namen  ist  offenbar  ein  historischer :  Volksstämme,  die 
an  einem  Strome  auf-  oder  abwärts  wanderten,  berücksichtigten  bei 
der  Namengebung  weder  die  Grösse,  noch  die  Richtimg  der  einmünden- 
den Gewässer,  sondern  stempelten  denjenigen  Wasserarm  zum  Haupt- 
arm des  ganzen  Stromsystems,  an  welchem  ihr  Weg  dahinfuhrte. 
Fragen  wir  also,  warum  sich  der  Name  Donau  von  Passau  ab  nicht 
mit  dem  grösseren  Inn  verknüpft,  so  lautet  die  Antwort:  weil  die  her- 
aufziehenden Völker,  statt  in  die  entlegene  Sackgasse  des  Engadin  ein- 
zudringen, lieber  der  bequemen  Strasse  des  breiten,  offenen  Donau- 
thales  folgten.  Ebenso  hat  sich  sicher  der  erste  keltische  Völkerzug 
nicht  von  der  Quelle  der  Saone  nach  der  Mündung  des  Rhone  oder 
umgekehrt  bewegt;  der  Name  des  Flusses  ist  uns  zu  einem  Zeugniss 
dafUr  geworden,  welchen  Pfad  hier  zuerst  der  Völker-  und  Culturstrom 
einschlug.  Es  liegt  demnach  jener  für  principlos  gehaltenen  Benennimg 
doch  wohl  meist  ein  Princip  zu  Grunde,  nur  kein  geographisches, 
sondern  ein  historisches. 

Haben  wir  bisher  über  imzweckmässige  Namengebung  gesprochen, 
so  erscheint  uns  auch  ein  Wort  über  zweckmässige  Strombezeichnung 
geboten.  Zweckmässig  ist  es  zunächst,  den  verschiedenen,  nahezu 
gleichbedeutenden  Quellarmen  eines  Flusses  einen  und  denselben  Haupt- 
namen zuzuweisen,  jeden  einzelnen  aber  durch  eine  Beifiigung  näher 
zu"^bestimmen.  Eine  derartige  Nomenclatur  findet  sich  ziemhch  häufig. 
So  zeigen  uns  die  Landkarten  einen  Rothen  und  Weissen  Main,  eine 
Fichtel-,  Wald-  und  Heide -Nab,  einen  Schwarzen  und  Weissen 
Regen,  eine  Kleine  und  Grosse  Szamos,  eine  Weisse,  Schwarze  und 
Schnelle  Koros  u.  s.  w.  Besser  noch  ist  es,  einem  aus  der  Vereinigung 
ebenbürtiger  Gewässer  hervorgegangenen  Fluss  einen  völlig  neuen  Namen 
zu  verleihen.  Dies  geschieht  z.  B.,  indem  man  Schilka  und  Argun 
zum  Amur,  Euphrat  und  Tigris  zum  Schatt-d-Arab,  Werra  und  Fulda 
zur  Weser  werden  lässt^).  Am  besten  aber  ist  eine  Bezeichnung, 
welche  die  Namen  der  wichtigsten  Zuflüsse  in  sich  zusammenfasst,  wie 
Somme-Soude,  Gyronde  (aus  Gyr  und  Onde,  in  dem  Departement 
Hautes  Alpes);  ja  in  Ostvirginien  haben  wir  einen  Fluss  mit  Namen 
Mattapony  (Nebenfluss  des  York-River),  der  aus  den  Namen  der  Ge- 
wässer Mat,  Ta,  Po  und  Ny  gebildet  ist. 

*)  Werra  und  Weser  sind   im  Grunde  allerdings  ein  und  dasselbe  Wort, 

da  sie  beide   aus   dem  mittelalterlichen  W^isaraha,  welches  den  ganzen  Strom 

bis  zur  Werraquelle  hinauf  bezeichnete,  sich  gebildet  haben.    Die  erste  Spur 

bewusster  Scheidung  finden  wir  bei  Adam  vonBremen.  Vgl.  Ausland  1868, 

S.  511. 

24* 


372 


Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 


Wir  wenden  uns  nun  zu  den  Gesetzen  der  Bewegung  dea 
Wassers  in  Flüssen.  So  lange  der  Spi^el  einer  Flüssigkeit  völlig 
horizontal  ist,  verharrt  dieselbe  in  ihrer  Ruhelage;  erhält  hingegen  der 
Spiegel  irgend  ein  Gefäll,  so  tritt  die  Wassermasse  augenblicklieh  ihren 
Weg  nach  unten  an,  und  ihre  Bew^ungsgeschwindigkeit  wächst  mit 
der  Grösse  der  Neigung  gegen  die  horizontale  Ebene.  Nach  den  Gte- 
setzen  des  Falles  sollte  man  erwarten,  dass  die  Geschwindigkeit  des 
Wassers,  wenn  sich  das  Gefidl  nicht  ändert,  eine  gleichförmig  be- 
schleunigte ist,  dass  sie  also  derjenigen  einer  Kugel  gleicht,  welche  auf 
einer  schiefen  Ebene  hinabläuft.  Dem  ist  jedoch  nicht  so;  vielmehr 
wird  die  Bew^ung  durch  die  Reibung  am  Umfimg  des  Flussbettes  so 
stark  gehemmt,  dass  sie  selbst  bei  fortdauernd  gleichem  Gef^e  zu  einer 
nahezu  gleichförmigen  wird.  Die  Bewegung  des  Wassers  ist  in  Folge 
dessen  auch  keine  gleitende,  sondern  eine  roUende. 

Die  Geschwindigkeit  der  Bewegung  ist  innerhalb  der  Wassermasse 
eines  Stromes  eine  sehr  verschiedenartige.  Durch  die  Reibung  an  den 
Uferwänden  erleiden  die  Wassertheile  an  den  Rändern  eine  namhafte 
Verzögerung.  Wassermoleciile  an  der  Oberfläche  (oder  in  gleicher 
Tiefe),  welche  in  diesem  Moment  eine  gerade  Linie  rechtwinklig  quer 
über  den  Strom  bild^  sind  im  nächsten  Moment  zu  einer  nach  unten 
convex  gekrümmten  Curve  angeordnet  (Fig.  49).    Dies  gilt  jedoch  nur 

von  Strömen,  deren  Sohle  von  den  Ufern 
nach  der  Mitte  zu  gleichmässig  geneigt 
ist,  nicht  aber  von  solchen,  deren  tie&te 
Rinne  dem  einen  Ufer  wesentlich  näher 
liegt  als  dem  anderen.  Hier  eilt  das  Wasser 
caeteris  jiaribus  am  schnellsten  vonvärts, 
wo  es  am  tiefsten  ist  (Fig.  50),  weil  es 
daselbst  dem  hemmenden  FinflnK«  der 
Reibung  am  Grunde  am  weitesten  ent- 
rückt  ist;  die  Bewegimg  ist  demnach  hier 
am  fireiesten.  Der  sogenannte  Stromstrich, 
d.  h.  die  Linie  der  grössten  Geschwindig- 
keit, folgt  daher  nicht  der  ]VIittellinie  des 
Stromes,  sondern  befindet  sich  in  jedem 
Punkte  vertical  über  der  tiefsten  Furche  des  Strombettes. 

Die  Geschwindigkeit  der  Wassertheilchon  wächst  jedoch  nicht  bloss 
mit  der  Annäherung  an  den  Stromstrich,  sondern  auch  mit  der  Ver- 
grösserung  des  Verticalabstandes  von  der  Sohle.  Unmittelbar  am  Grunde 
hat  das  Wasser  stets  die  stärkste  Reibung  zu  überwinden  und  bewegt 
sich  somit  hier  am  langsamsten;  nach  dem  Spiegel  zu  hingegen  wird 
diese  Hemmung  immer  geringer,   die  Geschwindigkeit   somit  grösser. 


Fig.  49. 


1 


Bewegung  dei  Walsers  an  der  Ober* 

fläche  eines  Stromes  mit  r^elmässig 

aosgebanchter  Sohle. 


XIV.    Ueber  die  Namen  der  Ströme  und  die  Gesetze  ihrer  Bewegung.    373 


Fig.  50. 


Bewegung  des  Wassers  an  der  Ober- 
fläche eines  Stromes   mit  unsymme- 
trisch gestalteter  Sohle. 


In  jeder   dem  Stromstrich   parallelen  Verticalebene    nimmt    daher   im 

allgemeinen  die  Geschwindigkeit   gegen  die  Oberfläche  hin  zu.     Eine 

Reihe  von  Wassertheilchen,  welche  soeben 

einer  völlig  verticalen  Linie  entspricht,  stellt 

im   nächsten   Moment   eine   stromabwärts 

ausgebogene   Curve  dar.     Die  Linie  der 

grössten  Greschwindigkeit  rückt  in  seichten 

Flüssen    der    Oberfläche    ziemlich    nahe, 

sinkt  jedoch  in  tiefen  Strömen,  wie  beim 

Mississippi,    etwa  um   ^lo   ^^r   Flusstiefe  j 


unter  die  Oberfläche  hinab  (Fig.  51). 
Ueberdies  hängt  die  grössere  oder^'geringere 
Convexität  jener  Curve  zugleich  auch  von 
den  herrschenden  Winden  ab;  die  Con- 
vexität wird  bedeutend  vermehrt  durch 
Thal  wind  (FG)j  verringert  durch  Berg- 
wind (FE). 

Femer  wächst  die  Stromgeschwindig- 
keit unter  sonst  gleichen  Verhältnissen 
stets  mit  der  Höhe  des  Wasserstandes; 
sie  ist  demnach  bei  Hochwasser  grösser 
als  bei  Niederwasser.  Indem  der  Strom 
schwillt,  entwickeln  namentlich  die  der 
Reibung  mehr  denn  sonst  entzogenen  cen- 
tralen Theile  eine  ausserordentlich  lebhafte 
Bewegung.  Daher  findet  in  der  Mitte 
eine  bedeutendere  Wasserzufuhr  statt ;  das 
Niveau  erhebt  sich  hier  augenscheinlich 
höher  als  an  den  Rändern,  und  es  bildet 
sich  so  in  der  Mitte  des  Stromlaufes  eine 


AB  darchschnittliche  Geächwindigkeit 
am  Wasserspiegel.  CD  grösste  Ge- 
schwindigkeit. BF  Geschwindigkeit  an 
der  FluBssohle.  FG  Form  der  Curve 
bei  Thalwind,  FH  ihre  Form  bei 
Berg  wind. 


y 


Art  Kamm   (Fig.  52).     Fällt  das  Wasser 
wieder,  so  verharrt  auch  jene  Anhäufung  desselben  in  der  Mitte  nicht 
länger ;  ja  sie  geht  schliesslich  in  eine  deutlich  wahrnehmbare  Depression 
über,  weil  die  centralen  Wasser 
mit   relativ  grosser   Heftigkeit  *^' 

abfliessen,  ohne  jedoch  in  ge- 
nligender  W^eise  ersetzt  zu 
werden  (Fig.  53).  Sobald  die 
Wassermasse  des  Stromes  sich 
nicht  weiter  vermindert,  be- 
wegen sich  die  an  den  beiden 
Ufern  über  dem  mittleren  Niveau  stehenden  Wasser  wieder  gegen  die 
Mitte,  und  so  verschwindet  die  Depression  des  Stromspiegels  allmählich. 


Querprofll  eines  Flusses  während  des  Hochwassers. 


Qoerprofil  eines  Flones  nach  dem  Hochwasser. 


374  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Bei  gleichbleibender  Wasserftlle  wölbt  sich  schliessUch  das  Stromwasser 
in  der  Mitte  abermals  ein  wenig  wegen  der  grosseren  Leichtigkeit^ 
mit  welcher  hier  die  Wassermolecöle  fortschreiten. 

Das  Niveau  des  anschwellen- 

Fig.  53.  den  Mississippi  ist  bisweilen  in 

^g|i*v  /^^  ^^  Mitte   über    einen    Meter 

*       >---^- ,1^  • ,  I  höher  als   am  Rande.    Aehn- 

'-'         ^^^^^^^^^^^^' ■-  i  liches  beobachtet  man  an  den 

rassischen  Strömen,  namentlich 
im  Frühjahr,  wenn  sie  sich  bei 
b^innender  Schneeschmelze 
mehr  und  mehr  fiillen,  aber  die  Eisdecke  sich  noch  ziemlich  unge- 
brochen über  sie  ausbreitet  Man  bemerkt  hier  überall,  dass  die  Ober- 
flächenwasser in  langgestreckten  Lachen  diejenigen  Theile  der  Eisdecke 
überlagern,  welche  den  Ufern  am  nächsten  sind,  während  der  mittlere, 
gewölbeartig  abgerundete  Theil  fortdauernd  trocken  ist  Auf  der 
Wolga  steigert  sich  die  Differenz  zwischen  den  Bändern  und  der  Mitte 
der  Eisdecke  ebenfalls  bis  zu  einem  Meter. 

Alles,  was  der  gewölbte  Bücken  eines  Flusses  trägt,  Reitet  von 
der  Wölbung  nach  den  Bändern  und  strandet  am  Ufer;  umgekehrt 
streben  schwimmende  Körper  nach  der  Mitte  des  Stromes,  wenn  das 
Wasser  fällt;  deshalb  erwarten  die  Holzflösser  in  Maine  und  Canada 
erst  den  Eintritt  von  Niederwasser,  bevor  sie  ihre  Scheite  abstossen^). 
Schiffbare  Flüsse  haben  bei  massiger  Strömung  eine  mittlere  Gre- 
schwindigkeit  von  ^3  bis  P3  Meter  in  der  Secunde;  sie  wächst  bei 
schneller  Strömung  von  IV3  bis  3  Meter.  Wildbäche,  wie  sie  ins- 
besondere in  Hochgebirgen  häufig  vorkommen,  erreichen  bei  einem 
GefiÜle  von  6  Metern  auf  100  Meter  sogar  eine  Geschwindigkeit  von 
14  Metern  in  der  Secunde. 

*)  Elisee  Reclus,  La  Tenre.    Deuxi^me  edition.    Paris  1S70.    Tome  I, 
p.  422  sq. 


XV.    Die  mechanischen  Leistungen  der  Ströme. 


Ebenso  wie  der  fallende  Tropfen  nach  und  nach  den  Stein  aushöhlt, 
so  wird  auch  durch  das  fliessende  Wasser  die  Rinne,  durch  die  es 
seinen  Weg  nimmt,  mit  der  Zeit  immer  tiefer  ausgefurcht.  Der  grössere 
oder  geringere  Erfolg,  mit  welchem  dies  geschieht,  hängt  freilich  nicht 
allein  von  der  mechanischen  Kraft  des  Walsers  ab,  sondern  auch  von 
der  Lagerung  und  der  .petrographischen  Beschaffenheit  der  Gesteine, 
über  welche  sein  Pfad  hinw^führt.  An  manchen  Felsen  verrichtet 
das  Wasser  eine  rein  mechanische  Arbeit;  einzelne  Theile  derselben 
werden  einfach  untergraben,  losgelöst  und  hinweggeschwemmt.  Häufig 
beobachten  wir  jedoch  neben  der  mechanischen  gleichzeitig  eine 
chemische  Wirkung.  Geht  z.  B.  Wasser  mit  ansehnlichem  Kohlen- 
säuregehalt durch  kalkhaltige  Schichten  hindurch,  so  löst  es  dabei 
viel  kohlensauren  Kalk  auf  und  trägt  ihn  mit  hinweg.  Die  LösUch- 
keit  des  Kalksteins  ist  die  Ursache,  weshalb  sich  Kalkgebirge  durch 
ihre  phantastischen  Formen,  sowie  durch  den  Reichthum  an  Grotten 
und  Höhlen  vor  anderen  Gebirgen  auszeichnen. 

Fast  immer  sind  mechanische  und  chemische  Kräfte  des  Wassers 
veremt  thätig,  um  den  Untergrund,  auf  welchem  sich  dasselbe  bewegt, 
zu  zerstören.  Der  rasch  dahin  brausende  Giessbach  vermöchte  selbst 
in  langen  Zeiträumen  kaum  merkbare  Spuren  auf  einer  fest  geschlossenen 
granitischen  Fläche  zu  hinterlassen,  wenn  nicht  unter  dem  zersetzenden 
Eiinflusse  der  Kohlensäure  das  Gestein  zu  Grus  und  Sand  zerfiele. 
Hierauf  gelingt  es  natürlich  dem  Wasser  ausserordentlich  leicht,  das 
zersetzte  Gestein  hinweg  zu  spülen;  da  jene  Fragmente  sogar  als 
Schliffinittel  dienen,  so  beginnt  jetzt  auch  eine  erfolgreichere  mecha- 
nische Erosion. 

Die  zerstörenden  Kräfte  des  Wassers  werden  dadurch  wesentlich 
unterstützt,  dass  sich  dasselbe  beim  Gefrieren  ausdehnt.  Da  das 
Wasser  in  alle  Klüfte,  Ritzen  und  Poren  an  der  Erdoberfläche  ein- 
dringt   und   da   femer  in   mittleren  Breiten  im  Herbst   und  Frühjahr, 


376 


Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 


auf  Hochgebirgen  aber  auch  im  Sommer  an  vielen  Tagen  jenes  Sicker- 
wasser gefriert,  so  findet  hier  ein  beständiges  Zersprengen  der  Felsen 
statt.  Somit  stürzen  Schutt  und  Geröll  auch  häufig  von  hohen  Ufer- 
felsen in  den  Fluss  hinab,  obwohl  jene  höheren  Felspartien  niemals 
direct  von  dem  Flusswasser  erreicht  werden. 

Die  wichtigsten  Schöpfimgen  des  Wassers  in  den  Gebiigsr^onen 
sind  ohne  Zweifel  die  Thäler,  womit  jedoch  keinesw^s  behauptet 
werden  soll,  dass  alle  Gebirgsthäler  durch  die  erodirende  Thätigkeit 
des  W^assers  geschaffen  worden  sind. 

Der  Process  der  Thalbildung  an  den  Abhängen  von  Grebirgen 
wird  dadurch  eingeleitet,  dass  auf  der  mehr  oder  weniger  geneigten 
Fläche  zahlreiche  kleine  Rinnsale  entstehen.  Diese  vereinigen  sich 
weiter  abwärts  da  und  dort  und  furchen  dann  eine  der  verstärkten 
Wassermenge  entsprechende  tiefere  Binne  aus.  Hiermit  sind  die  An- 
fänge der  Thalbildung  g^eben.  Da  nun  der  reissende,  wasserreiche 
Gebirgsbach  das  Gestein  viel  kräftiger  zernagt  als  seine  wasserarmen 
Quellen,  so  verbreitert  und  vertieft  sich  das  Thal  zuerst  in  den  unteren 

R^onen    und    wird 
Fig.  54.  nach  oben,  also  rück- 

wärts    inmier     tiefer 
ausgeschnitten.     Flg. 
54  veranschaulicht 
diesen Voigang.   AB 
stellt  einen  durch  Ero- 
sion noch  nicht  ver- 
letzten G^birgsabhang 
dar.   Ueber  denselben 
ergiessen     sich     nun 
zahlreiche  feine  W^asseradem.     Dieselben  laufen  nahe  bei  dem   Fusse 
(etwa  bei   l)   zusammen   und   werden   so   zu    starken   Gebirgsbächen. 
Bei  l  erscheint  daher  zuerst  eine  Thalftut^he,  und  der  Weg  des  W^assers 
gleicht  dann   der  Profillinie  A  Im  B.    Auf  der  Strecke  l  m  hat  der 
Bach  das  stärkste  GeikU;  hier  arbeitet  er  deshalb  am  erfolgreichsten 
an  der  Vertiefimg  der  Thalsohle;  die  Abfiihr  von  Gebirgsschutt  ist 
viel  bedeutender  als  die  Ablagerung.    Diese  Strecke  bezeichnet  man 
als  das  Berggebiet;   auf  derselben  ist  das  Querprofil  des   Thaies 
dem  Baume  zwischen  zwei  Zacken  einer  Säge  ähnlich,  also  *\/*förmig. 
Bei  m  hingegen  liegt  die  Thalsohle  nur  wenig  über  dem  Niveau  der 
Ebene;  das  GrefaU  ist  daher  auf  der  Strecke  m  B   sehr  gering  und 
die  Ablagerung  grösser  als  die  Abfuhr.     Eine  Elrosion  findet  hier  nur 
bei  Hochwasser  statt,   und  sie  wirkt  mehr  auf  eine  Erweiterung  als 
auf  eine  Vertieftmg  des  Thaies  hin ;  zugleich  flacht  sich  dasselbe  durch 


Thalbildanf  durch  Erosion  an  dem  Abhang«  eines  Gebirgen. 


XV.    Die  mechauischen  Leistungen  der  Ströme.  377 

Herbeischafiting  von  Sand  und  Kies  mehr  und  mehr  ab.     Der  Quer- 
schnitt des  Thaies  ist  demnach  hier  "LTförmig.  Diese  imtere  Strecke 
(m  B)   heisst   im  G^nsatz    zu    dem  Berggebiet   das   Thalgebiet. 
Hier  trifft  man  meist  zwei  Betten:    ein  Bett,  in  welchem   sich   der* 
Fluss    für   gewöhnlich   bewegt, 

das  Flussbett  (B  in  Fig.  55),  ^^^-  ^^- 
und  ein  anderes,  höher  gelegenes, 


breiteres,     das    Fluth-     oder  '  ^S^^' ••' '<••-'< -"^<:'*iT> i-lf- 

Inundationsbett   (J  D),  '"' -^^^^^ML^f-^:'  ' 

welches  der  Fluss  nur  bei  Hoch-  Fiusabett  b  und  Fiuthbett  j  d. 

Wasser  erfüllt.   Auch  das  letztere 

ist  ein  Werk  des  Flusses  selbst;  es  entsteht,  wenn  dieser  bei  hohem 
Wogengang  einen  Theil  der  AUuvionen,  welche  er  früher  selbst  ge- 
bildet hat,  wieder  fortreisst.  In  weiten,  mit  Alluvionen  bedeckten 
Flussthälem  fllhren  mehrere  Terrassen  oder  sogenannte  Hochufer  von 
den  höheren  Thalrändem  nach  dem  Stromspiegel  herab,  so  im  Donau- 
thal bei  Wien,  im  Rheinthal  zwischen  Basel  und  Bingen,  im  Tessinthal 
bei  Bellinzona  und  anderwärts. 

Indem  die  Erosion  weiter  fortschreitet,  wird  das  Berggebiet  bis  zu 
dem  Punkte  n  (Fig.  54)  und  das  Thalgebiet  bis  o  zurückweichen. 
Erreicht  endlich  dieser  Process  den  Gipfel  des  Abhanges  A^  also  den 
Kamm  des  Gebirges,  in  dessen  Nähe  die  Niederschläge  am  häufigsten 
sind,  wo  also  auch  die  unablässig  thätigen  Bergwasser  eine  besondere 
Energie  entfalten,  so  wird  daselbst  gewöhnlich  ein  enger  Kessel  mit 
streckenweise  fast  senkrechter  Thalsohle  ausgefurcht.  Diesen  Theil  des 
Thalweges  könnte  man  als  die  Region  der  Wasserfälle  bezeichnen (I). 
Weiter  abwärts  folgt  ein  Thalabschnitt,  der  zwar  nicht  so  schroffe 
Abstürze  aufweist,  aber  immer  noch  abschüssig  genug  ist,  um  zahl- 
reiche Stromschnellen  hervorzurufen:  die  Region  der  Stromschnellen 
(H).  Die  unterste  Partie  des  Thalweges  endlich  ist  nur  wenig  geneigt; 
sie  ist  daher  die  Region  des  ruhigen  Wasserlaufes  (IH).  So 
lange  die  drei  angegebenen  Thalstreeken  im  Profil  noch  durch  eine 
gebrochene  Linie  darzustellen  sind,  wie  in  Fig.  54,  hat  die  Thalbildung 
noch  keinen  stabilen  Zustand  erlangt;  der  Thalw^,  welcher  gewisser- 
massen  die  Resultante  von  der  Kraft  der  Wasserbewegung  und  der 
Widerstandsfähigkeit  des  Bodens  ist,  wird  erst  dann  in  der  vom 
Wasser  geschaffenen  Form  verharren,  wenn  er  die  Gestalt  einer  Curve 
gewonnen  hat,  auf  deren  einzelnen  Punkten  sich  überall  die  Kraft  des 
Wassers  und  die  Widerstandsfähigkeit  des  Bodens  das  Gleichgewicht 
halten. 

Ragt  ein  Gebirge  in  die  Region  des  ewigen  Schnees  empor,  so 
wird   bis    zum   Rande    derselben   die   Eix)sionsthätigkeit   des  Wassers 


378  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

aufgehoben.  Hindert  jedoch  keine  Fimschneebedeckung  dasselbe^  das 
Gebirge  zu  durchfurchen,  so  schreitet  der  Thalbildungsprocess  auf 
beiden  Seiten  bis  zum  Grat  des  Gebirgszuges  hinauf,  wodurch  der  ur- 
sprüngliche breite  Gebirgsrücken  zwischen  zwei  an  den  Quellen  sich 
berührenden  Flüssen  beider  Abhänge  zu  einem  schmalen,  scharf- 
randigen  E^mme  {B'  q'  p'  Ä  p  q  B  in  Fig.  56)  umgewandelt  wird. 


ThAlbüdnng  dnrcli  Erosion  an  beiden  Abbängen  eines  Gebildes. 

Bei  fortdauernder  Wirksamkeit  des  Wassers  verschwinden  die  Regionen 
der  Wasserfalle  und  Stromschnellen  zu  beiden  Seiten  des  Kammes, 
und  es  bleibt  zwischen  den  nach  entgegengesetzten  Richtungen  laufen- 
den Flussthälem  nur  eine  niedrige  Bodenanschwellung  (B'  w  B)  als 
Wasserscheide  bestehen. 

Wir  haben  bisher  der  Einfisu^hheit  wegen  eine  gleiche  Widerstands- 
Miigkeit  der  Felsarten  gegen  die  zerstörende  Kraft  des  Wassers  ange- 
nonmien.  Die  Leistungen  der  Erosion,  die  zunächst  mit  der  Wasserftdle 
und  dem  Ge^e  eines  Flusses  wachsen,  sind  jedoch  auch  noch  an  andere 
Bedingungen  geknüpft.  Vor  allem  werden  sie  vermindert  durch  erhöhte 
Widerstandsfilhigkeit  der  Felsarten,  die  natürlich  nach  der  Beschaffenheit 
des  Gesteins  örtlich  steigt  oder  sinkt  Wenn  E  die  Erosionsleistung, 
m  die  Menge  des  Wassers,  f  das  Gefidl  und  w  den  Widerstand  oder 

Hl  f 

die  Härte  der  Felsarten  bedeutet,  so  ist  ^  =  — -.     An  allen  Stellen, 

wo  sich  ein  Flusslauf  unter  irgend  einem  Winkel  seinen  Weg  durch 
eine  härtere  Felsmasse  bahnt,  muss  noth wendig  eine  Stauung  der 
Erosion  eintreten,  die  sich  innerhalb  dieses  härteren  Materials  bei 
gleichzeitiger  Einschnürung  durch  Stromschnellen  oder  Wasserstürze, 
oberhalb  durch  eine  tenrassenartige  Ebnung  der  Thalsohle  bei  gleich- 
zeitiger Erweiterung  verräth.  So  gewährt  das  Tessinthal  treffliche 
Beispiele  von  Thaleinschnürungen  mit  stürmischer  Erosion  und  terrassen- 
artigen, breiten  Thalsohlen  mit  schwächerem  Ge&Ue.  Ist  aber  zuletzt 
der  harte  Querri^el  von  dem  Flusse  durchsägt,  dann  geht  auch  die 
Erosionspause  für  die  weiter  aufwärts  befindliche  zahme  Thaktrecke 
zur  Neige;  denn  rasch  schreitet  dann  die  Stromschnelle  rückwärts,  also 
aufwärts  durch  das  weichere  Gestein.  Fig.  57  erläutert  diesen  Yorgang. 
Die  Schichten  aus  leicht  zerstörbarem  Gestein  sind  mit  xcy  die  härteren 
mit  h  bezeichnet.    Da  die  letzteren  dem  Wasser  hartnäckig  die  Stime 


XV.    Die  mechanischen  Leistungen  der  Ströme.  379 

bieten,   während   die  ersteren  von  ihm  leicht  aufgelöst  und  fortgeführt 
werden,  so  erscheinen  jene  stufenartig  abgebrochen  und  jäh  abstürzend, 

Fig.  57. 


stufenförmige  Absätze  innerhalb  eines  Thalgmndes,  der  abwechselnd  ans  hartem  (A) 

nnd  weichem  (w)  Gestein  besteht. 

Während  das  weiche  Gestein,  namentlich  nach  unten  hin  stets  nahezu 
dasselbe  Niveau  besitzt  wie  der  unmittelbar  abwärts  liegende  Schichten- 
kopf des  härteren  Gesteins,  durch  welches  das  weichere  gegen  Weg- 
schwemmung geschützt  wird.  Erst  wenn  jener  Schichtenkopf  durch 
die  Gewalt  des  Wassers  beseitigt  ist,  wirkt  die  Erosion  auch  inner- 
halb der  weicheren  Masse  mit  bestem  Erfolg;  doch  bleibt  der  stufen- 
förmige Charakter  des  ganzen  Systems  fort  und  fort  bestehen,  so  lange 
der  Fluss  ein  Gebirge  hinter  sich  hat,  d.  h.  so  lange  er  ein  Gefall  hat, 
also  überhaupt  Fluss  bleibt. 

Die  zerstörende  und  transportirende  Thätigkeit  der  Flüsse  erweist 
sich  am  mächtigsten  in  den  Bächen  und  Flüssen  der  Hochgebirge. 
Die  von  denselben  herabeilenden  Wildwasser  sehen  wir  freilich  meist 
in  einer  Jahreszeit,  in  welcher  sie  ziemlich  harmlos  und  friedfertig  sind, 
nämlich  im  Sommer.  Ganz  anders  verhalten  sie  sich  im  Frühjahr,  wo 
sie  sich  gewissermassen  in  höchster  Ekstase  befinden.  Sie  entfalten 
dann  eine  furchtbar  verheerende  Macht.  So  wenig  man  vielleicht 
sonst  geneigt  ist,  weite,  sonnige  Thäler  sich  durch  Erosion  entstanden 
zu  denken,  so  wird  man  doch  die  Möglichkeit  einer  derartigen  Bildung 
nicht  mehr  in  Zweifel  zu  stellen  wagen,  wenn  man  einmal  die  gewaltig 
angeschwollenen,  heftig  dahin  brausenden  Wildbäche  der  Hochgebirge 
im  Frühjahr  beobachtet  hat.  Unablässig  benagt  das  Wasser  den 
Felsen  im  Vorbeieilen  und  bearbeitet  seine  Ecken  mit  kleineren  Steinen, 
die  es  ihm  entgegenschleudert.  So  wird  der  scharfkantige  Block  immer 
runder;  er  isolirt  sich  zugleich  mehr  und  mehr,  bis  er  endlich  einmal 
von  den  daherjagenden  Fluthen  entwurzelt,  kopfliber  hinabgestürzt  und 
hinabgerollt  wird.  Vermöge  ihres  raschen  Gefälls,  d.  i.  vermöge  der 
ihnen  innewohnenden  bedeutenden  Stosskraft  bewegen  jene  Wildwasser 
schwere  Blöcke,  deren  specifisches  Gewicht  etwa  2  bis  3  ist,  um  so 
leichter  thalabwärts,  als  dieselben  ganz  in  das  Wasser  getaucht  sind,  also 


380  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

die  Hälfte  oder  ein  Drittel  ihres  Gesammtgewichts  verlieren  und  somit 
einer  relativ  geringen  Kraft  bedürfen,  um  fortgerissen  zu  werden.  Die 
Fluth  des  Bagnethales  (in  Wallis,  östlich  vom  Combin,  von  der  Dranse 
durchäossen)  hat  im  Jahre  1818  Blöcke  von  mehreren  tausend  Cubik> 
ftiss  Inhalt  in  das  Hauptthal  nach  Martigny  getrieben.  Auch  im 
August  1834  vermochten  die  durch  Begen  und  schnelles  Abschmelzen 
der  Gletscher  hoch  angewachsenen  Schweizer  Alpenflüsse ,  obgleich 
weit  schwächer  als  die  Bagnefluth,  doch  Felsmassen  von  4000  Cubik- 
fuss  (138  Cubikmeter)  weit  in  die  Thäler  hinabzutransportiren.  Blöcke 
von  mehr  als  1000  Cubikftiss  (34,5  Cubikmeter)  Grösse  wurden 
12  Fuss  (4  Meter)  hoch  über  dem  gewöhnlichen  Wasserstand  auf 
andere  Blöcke  abgesetzt  und  sind  daher  nicht  nur  fortgewälzt,  sondern 
au%e8chnellt  oder  schwebend  getragen  worden*).  Für  gewöhnlich  gilt 
dies  jedoch  nur  von  dem  Schlamm  und  Sand;  grössere  Gesteinsstücke 
werden  wohl  meist  auf  dem  Boden  fortgerollt  und  fortgeschoben.  Es 
sei  hierbei  noch  an  folgende  höchst  bemerkenswerthe  Thatsache  er- 
innert, welche  dem  kühnen  Edward  Whymper  von  dem  Führer 
Rejnaud  am  Wachtfeuer  bei  der  Besteigung  des  Pelvoux  (Dauphin^) 
mitgetheilt  wurde.  Wenn  die  Durance  im  Frühling  zur  Schneeschmelze 
geschwollen  ist,  bringt  sie  bisweilen  so  viele  Felsblöcke  mit  herunter, 
dass  man  an  der  Stelle,  wo  sie  durch  die  enge  Schlucht  von  La 
Bessee  strömt,  gar  kein  Wasser,  sondern  bloss  Steine  sieht,  welche 
über  einander  hinwegstürzen,  sich  g^enseitig  zu  Staub  zerreiben  und 
soviel  Funken  schlagen,  dass  sich  der  Strom  im  Feuer  zu  bewegen 
scheint*). 

Welch  weite  Wanderungen  solche  losgesprengte  Gesteinsstücke  oft 
zurückl^en,  das  lehrt  uns  eine  Betrachtung  der  Crau')  (im  Alterthum 
campi  lapidei),  einer  Ebene  zwischen  dem  Grossen  Rhone  und  den 
Hügeln  von  Salon  und  Saint  (Ilhamas  südöstlich  von  Arles,  welche 
wegen  ihrer  Luftspiegelungen  imd  ihres  öden,  wüstenähnlichen  Charakters 
im  Sommer  wohl  auch  die  fiunzösische  Sahara  genannt  wird.  Die  etwa 
980  Quadratkilometer  grosse  Bodenfläche  ist  vollständig  mit  dicken, 
ovalen,  auf  einer  röthlichen,  sehr  fein  zertheilten  flrde  ruhenden  Eiesebi 
bedeckt  Die  Grösse  derselben  schwankt  zwischen  der  Dicke  einer 
Faust  und  der  eines  grossen  Kürbis  oder  eines  Pferdekopfes.  Neun 
Zehntel  dieser  Steine  gehören  zu  den  Quarziten;  hierauf  sind  noch  am 
reichlichsten  vertreten  grüne  Serpentine,  Hornblenden  derselben  Farbe, 

^)  B.  Studer,  Lehrbuch  der  physikaliBchen  Geographie  und  Geologie. 
Bern,  Chur  und  Leipzig  1S44.    Bd.  I,  S.  107  f. 

*)  Edward  Whymper,  Berg-  und  Gletscherfahrten  in  den  Alpen. 
Braunschweig  1S72.     S.  36. 

^)  Von  dem  keltischen  Worte  cra'i,  welches  Stein  bedeutet. 


Xy.    Die  mechanischen  Leistungen  der  Ströme.  381 

Kiesel  von  glasigem  Quarz,  femer  quarzhaltige  Porphyre,  rosenrothc 
Feldspathgranite,  rothe  Sandsteine  und  endlich  ganz  kleine  schwarze 
Kalksteine.  Dabei  zeigt  sich,  dass  die  Kiesel  um  so  gemeiner  und 
dicker  werden,  je  härter  das  IVIaterial  ist,  aus  dem  sie  gebildet  sind. 
Den  Ursprung  dieser  Eliesel  muss  man  ohne  Zweifel  in  Gebirgen 
suchen,  die  aus  krjstallinischen  Felsen  aufgebaut  sind,  d.  h.  in  den 
Alpen,  wo  alle  jene  Gesteine  anstehend  sind.  Zwei  grosse  Wasserläufe 
haben  sie  niu:  in  die  Ebenen  der  Crau  herabtragen  können :  der  Bhone 
oder  die  Duraivce.  Allein  der  jetzige  Bhöne  führt  unterhalb  seiner 
Spaltung  in  den  Grossen  und  E3einen  Rhone  (bei  Arles)  keine  Kiesel 
mehr  mit  sich;  auch  weisen  die  Serpentine,  die  Variolilen,  welche 
besonders  in  den  nördlichen  Ablagerungen  vorkommen,  darauf  hin, 
dass  die  Crau  aus  dem  Thale  der  Durance  mit  Kieseln  überschüttet 
wurde.  Lamanon,  der  bekannte  Begleiter  Lapörouse 's  auf  dessen 
Weltumseglung,  hat  zuerst  diese  Ansicht  begründet.  Er  sammelte 
mit  Sorgfalt  die  Kiesel  der  Crau  und  unterschied  unter  denselben  19 
Spielarten.  Hierauf  zog  er  der  Durance  entlang  bis  zu  deren  Quelle 
aufv^ärts  und  beobachtete  hierbei,  dass  sich  oberhalb  jedes  Zuflusses 
der  Durance  die  Zahl  dieser  Kieselvarietäten  verminderte.  Nun  ging 
er  das  Thal  jedes  dieser  Kebenflüsschen  hinauf  und  fand  an  ihren 
Ufern  die  Felsen  anstehend,  denen  die  Kiesel  dei*  Crau  entstammen. 
Im  Jahre  1859  wiederholten  Charles  Martins  und  E.  Desor  nach 
vorheriger  genauer  Bestimmung  der  Bollkiesel  in  der  Crau  die  näm- 
liche Wanderung  mit  folgendem  bemerkenswerthen  Ergebniss :  Je  mehr 
sie  thalaufwärts  vordrangen,  desto  mehr  nahmen  die  Kiesel,  welche  der 
Fluss  in  seinem  Bette  bewegt,  an  Umfang  zu  und  zwar  genau  im  um- 
gekehrten Verhältniss  zu  ihrer  relativen  Härte.  Im  oberen  Theile  des 
Flusslaufes  waren  die  Steine  eckig,  würfelförmig,  prismatisch,  im  unteren 
hingegen  abgeschliffen,  elliptisch,  bohnenfbrmig.  Martins  meint,  dass 
die  Gewalt  der  gegenwärtigen  Gewässer  der  Durance  diese  Gesteins- 
massen nicht  herabzuwälzen  vermochte,  dass  sie  vielmehr  von  den 
viel  mächtigeren  Diluviabtrömen  hinweggeschwemmt  wurden,  welche 
einst  aus  dem  das  Thal  der  Durance  bis  Chateau  Amoux  erflülenden 
Gletscher  hervorbrachen;  jene  Kiesel  aber  gehörten  zur  Endmoräne 
desselben  ^).  Demnach  mögen  die  Kräfte,  welche  die  Durance  entfaltet, 
schon  seit  vielen  Jahrtausenden  wirksam  gewesen  sein  und  in  früheren 
Zeiten  vielleicht  noch  weit  energischer  als  in  der  Gegenwart. 

Die    angeftlhrten   Kraftproben,    welche    die    Wildwasser    unserer 
Hochgebirge  liefern,  lassen  uns  ahnen,  wie  es  hier  dem  Wasser  möglich 

^)  Charles  Martins,  Von  Spitzbergen  zur  Sahara.    Jena  186S.   Bd.  II, 
S.  135—149. 


382  I>ntter  Theü.    Die  Wasser-  imd  Lnftkölk  der  Erde. 

ward,  zmt  krSftig<a'  Ebokd  die  tiefsten  Forchen  in  die  GehirganMeare 
zxk.  ziehen  tmd  Ihrem  stolzen  Bsa  ein  rmiKnhafies  AnsBchen  «i£eii- 
präj^en.  As  diewe  Aügeiralt  des  WasBen  wird  der  Alpenwanderer 
TOQ  Scfaritt  ZQ  Schritt  gemahnt  Bescmden  grodBsrdg  tritt  ihm  diesdbe 
eotg^en  im  Bemwthal,  wo  seh  die  Strave  zur  Tenfelsfarocke  und 
zam  Unkerioch  fainanfwiDdet,  gebohrt  in  ein  mik^tiges  graniti8die& 
Kiff;  das  einst  das  Thal  ToULommai  ahspente.  beT{M*  der  Schnitt  der 
Keuas  begannt.  Gleidii  pxMaartig  ist  die  ron  400  Meier  hoben,  £k!t 
senkiseeht  ncfa  erhebenden  Kalk£elsen  g^eUldete  Via  mala,  sowie  die 
noch  oigere,  ron  20<J  Meter  hoben  Felswänden  umrahmte  Tamina- 
Bchlocht,  von  denen  die  erstere  Tom  Hinterrbein,  die  letztere  von  der 
Tamina  dnrehtobt  wird« 

Nodi  gewaltiger  aL  in  den  Alpen  sind  nadi  dem  Berichte  B.  t. 
Schlagintweit's  die  ErodonsersdieinQngen  im  Himalaja,  wo  die 
Bergljdcbe  hie  und  da  1000  Meter  tiefe,  enge  Thalrinnen  ao^eforcfat 
halicn.  Aber  auch  diese  werden  in  den  Schatten  gestellt  dmrch  jene 
Thalschluchten  Nordamerika's ,  för  welche  die  an  makrisdien  Namen 
für  Beliefibrmen  wonderbar  reiche  spanische  Sprache  den  sdiönen 
Ausdruck  CaAon  hat  Canon  bedeutet  nämlich  eigentlich  den  Lauf 
eines  Feueigewehres  und  das  Rohr  eines  Bronnens.  Merkwürdig  sind 
besonders  die  (JaAons  des  Colorado  und  seiner  Nebengewässer  <Ver- 
dnigte  Staaten).  Auf  einer  Länge  von  75  geographischen  Meilen 
zwischen  dem  110.  und  115.  Grad  w.  L.  v.  Gr.  haben  sich  der  Strom 
und  seine  Geschwister  enge  Gehäuse  mit  lothrechten  Felswänden  von 
1 000  bis  2000  Met^T  Tiefe  ausgefeilt,  oben  durch  Ealklager  ond  andere 
Schichten  der  Steinkohlenformation,  weiter  unten  150  Hs  300  Meter 
tief  durch  noch  ältere  paläozoische  Felsarten  und  zuletzt  durch  festen 
Granit,  der  bisweilen  noch  in  Klippen  und  Nadeln  aufragt  Wo  es 
gelingt,  die  Höhe  dieser  Wände  zu  ersteigen^  übersieht  man  eine  glatte 
Ebene,  welche  wenig  von  den  tiefen  mäandrisch^i  Einsdmitten  er- 
rathen  lässt 

Balduin  Möllhausen  entwirft  von  einer  solchen  Schlucht  im 
Coloradogebiete  folgende  ergreifende  Schilderung:  «^Wir  standen  hart 
am  Rande  des  Plateaus,  und  die  grausige  Tiefe  öffiiete  sich  unmittel- 
bar vor  unseren  Füssen.  Schüchtern  schauten  wir  hinab  auf  das  nahe 
an  2000  Fusi»  (000  Meter)  tief  gelegene  dunkelrothe  Bette  des  trockenen 
Bassinn;  in  unzähligen  Windungen,  ähnlich  pliantastischen  Arabesken, 
zogen  sich  die  verschiedenen  Wasserrinnen  dahin.  Vor  mir  aus 
scliauc^rlicher  l'ieft*  thürmten  sich  die  Formationen  verschiedener 
'^4j)ochen  (der  SteinkolüenformationJ  über  einander,  deutlich  erkennbar 

ML.  Rütimeyer,  Ueber  Thal-  und  Seebiliung.    Basel  1S69.    S.  25. 


XV.    Die  mechanischen  Leistungen  der  Ströme.  383 

an  den  grellen  Farbeneontrasten ,  jede  einzelne  Schicht  ein  Weltalter 
bezeichnend.  Senkrecht  standen  die  Wände,  als  ob, die  geringste  &- 
schütterung  sie  hinabzustürzen  vermöchte,  und  wie  eine  Mahnung  an 
die  Unendlichkeit  erschienen  mir  die  Merkmale,  die  klar  bewiesen, 
dass  der  fallende  Wassertropfen  die  Schlünde  bildete,  welche  mir  von 
allen  Seiten  entgegenstarrten.  Ich  sass  und  zeichnete  und  bUckte 
zugleich  sehnsüchtig  hinüber  nach  der  hohen  Felswand,  die  sich  in  der 
Entfernung  von  ungefilhr  20  englischen  Meilen  (über  4  geographische 
Meilen)  aus  der  Ebene  erhob  und  an  deren  Fuss  der  Kleine  oder  der 
Gi'osse  Colorado  vorüberschäumen  musste.  Beide  Flüsse  konnten  sich 
nach  unserer  Berechnung  in  jener  Breite  nicht  über  1500  Fuss  (460 
Meter)  hoch  über  dem  Meeresspiegel  befinden,  und  da  9000  Fuss 
(2740  Meter)  die  Erhebung  des  Plateaus  war,  so  musste  das  eigen- 
thümliche  Bild  verborgen  vor  uns  liegen,  in  welchem  ein  Fluss  sich 
zwischen  senkrechten  Wänden  von  7000  und  mehr  Fuss  (über  2100 
Meter)  dahindrängt  oder  in  stufenweisen,  unmittelbar  auf  einander 
folgenden  Fällen  den  Höhenunterachied  überwindet^)." 

Ehe  wir  die  höheren  Gebirgsregionen ,  den  Schauplatz  der  ge- 
waltigsten Erosionsthätigkeit  der  Flüsse,  verlassen,  sei  noch  auf  drei 
eigenthümliche  Erscheinungen  hingedeutet,  welche  hier  durch  die  ab- 
rinnenden Meteorwasser  geschaflen  werden. 

Wir  nennen  an  erster  Stelle  die  Riesenkessel  oder  Riesen- 
töpfe. Sie  entstehen  da,  wo  ein  rasch  dahineilender  Giessbach  auf 
seinem  Wege  eine  Vertiefung  im  Felsen  antriffi,  namentlich  aber  am 
Fusse  von  Wasserfällen.  Hier  bildet  sich  zunächst  ein  Wasserwirbel. 
Gelangen  nun  die  durch  das  AA'asser  mit  fortgerissenen  Gerolle  und 
Gesteinsblöcke  zufällig  in  jene  Vertiefiing,  so  werden  sie  eine  Zeit 
lang  in  kreisender  Bewegung  erhalten.  Sie  bohren  sich  immer  tiefer 
und  tiefer  in  das  Gestein  und  arbeiten  runde  Höhlungen  mit  glatten 
Wänden  in  das  härteste  Material,  wobei  gleichzeitig  auch  das  als 
Bohrmaterial  dienende  Gestein  mit  abgeschliffen  wird.  Oft  erreichen 
diese  Riesenkessel  eine  Tiefe  von  mehreren  Metern,  bisweilen  s(»lbst 
von  mehr  als  10  Metern.  Besonders  häufig  sind  sie  in  Skandinavien*) 
und  Finnland,  wo  sie  meist  in  Granit  und  Gneiss  eingebohrt  sind. 
In  dem  trockenen  Sommer  des  Jahres  1857  wurde  eine  grosse  Menge 
solcher  cylindrischer  Aushöhlungen  an  den  Felsplatten  des  Rheinfalls 
bei  ScliaflFliausen  beobachtet.     Man  findet  sie  femer  an   der  Biiicke, 

*)  Balduin  Möllhausen,  Reisen  in  die  Felsengebirge  Nordamerika's. 
Leipzig  1861.    Bd.  11,  S    «JO  ff.  nebst  Abbildung. 

*)  Vgl.  W.  C.  Brögger  und  H.  H.  Reuse h  in  Christiania  über  ,,Rie8en- 
kessel  bei  Christiania"  in  der  Zeitschrift  der  deutschen  geologischen  Gesell- 
schaft.   Bd.  XXVI  (1974),  S.  793-815. 


384  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lofthülie  der  Erde. 

welche  oberhalb  Handeck   über  die  Aar  iührtM^   im  Gletschei^arten 
von  Lozem^),  bei  Gastein  und  an  der  Salzach  bei  Golling^). 

Eine  andere  bemerkenswerthe  Erosionswirkung  tritt  uns  in  gewissen 
schmalen,  isolirten,  wandartig  gestalteten  Felsbildungen  entgc^n. 
Werden  nämlich  leicht  zerstörbare  Gesteinsmassen  zu  beiden  Seiten 
einer  härteren  Gesteinsschicht  hinw^geschwemmt ,  so  bleiben  mauer- 
artige Ueberreste  der  letzteren  stehen.  So  berichtet  uns  z.  B.  Ed- 
ward Whymper*)  aus  dem  Alpengebiete:  Wenn  von  Gletschern 
geglättete  Felsen,  die  von  Quarzadem  durchzogen  sind,  den  Einflüssen 
der  Sonne,  des  Frostes  und  vor  allem  des  Wassers  ausgesetzt  sind,  so 
dauert  es  nicht  lange,  bis  der  Quarz  seine  grössere  Widerstandsiähig- 
keit  zu  bewahren  beginnt.  Ist  er  von  Gneisslagem  umgeben,  so  leidet 
der  mit. ihm  in  Berührung  kommende  Gneiss  bald.  Von  den  Ver- 
bindungspunkten der  beiden  Steinarten  strahlen  kleine  Risse  über  die 
Oberfläche  des  weicheren  Stofies  aus.    In  diese  schmalen  Spalten  dringt 

Wasser  ein,  dehnt  sich  bei  Frost  aus 
*^^^-  •^^-  und  spült,  wieder  flüssig  geworden, 

von  dem  zersprengten  Gestein  ein 
Korn  nach  dem  andern  hinweg,  bis 
endlich,  wie  in  Fig.  58  bei  C,  kleine 
Schluchten  ausgegraben  sind,  die  auf 
beiden  Seiten  der  Quarzader  A  liegen. 
In  Grönland  sah  Whymper  Gneiss, 
der  neben  Quarzadem  bi^.zu  -'^  Meter 

.1  hartes  Gestein  (Qoara).  Tiefe    WC^efreSSCU    War.      Die   gTOSS- 

B  ireich  s  Gestein  (Gneiss).  artiffste   Erscheinunff   dicßcr   Art   ist 

r  .IxiTch  W«ser  gebildete  öüfte.  ^  ^-  ,  ,   .    ^       .     ,         ,,.11 

wohl  der  Pfahl  im  Bayrischen  \N  aide. 
Femer  weisen  verschiedene  vulcanische  Gebiete  Lavamassen  auf  (in 
Island  als  «Teufelsmauem^  bezeichnet),  deren  Nachbargesteine  längst 
dem  Zahne  der  unablässig  nagenden  Meteorwasser  crimen  sind,  während 
sie  selbst  sich  hartnäckig  behauptet  haben. 

Eine  dritte  auffidlende  Schöpfung  der  Erosion  sind  die  Erd- 
pyramiden.  Sie  finden  sich  im  Gegensatz  zu  den  Riesentöpfen 
nicht  in  hartem  Gestein,  sondern  in  lehmig-sandigen  Schuttanhäutungen. 
Einige  grössere,  in  die  Schuttmasse  eingebettete  Steine  schützen  wie 
»Schirme    die   darunter    ruhenden   weicheren    Massen    gegen    die   ein- 

M  £.  Desor,  Der  Gebirgsbaa  der  Alpen.    Wiesbaden  1S65.    S.  lOO. 

-)  Heim,  Ueber  den  Gletschergarten  in  Lozern.     1S73. 

^)  J.  Haun,  F.  v.  Höchst ett er  und  A.  Pokorny,  Allgemeine  Erd- 
kunde.   Prag  lb72.    S.  166. 

*)  Berg-  und  Gletscherfahrten  in  den  Alpen.  Braunschweig  1872. 
S.  407. 


'."ä'S'a'ii  Stf  "»" 


^t?jaRl^l^]|<'^)^^fit  lose  Schutt  m  den 
■£^«H^f|  fl'S'pitg^hrt  winl,  bleiben 


bchlanke  Säulen  oder 
Auttea   stehen ,   welche 

ifliic  ■  ■■ 

.!K^«e-WV^ffVapBit  letzen. 


BjBiltgegnet  den  Erdpyra- 
Slllilderer  .Schönheit  sind 


■  ■"  m:^'.isi;i!^       ,  , 

it|t  .^uk^iulJ^en ;   doch  ist   es  zum 

^E^*S*  °"^  feiner   Erde,    in 

"  "£^t.     Witten    durch   die 

1^^  an  ihm  erheben  sich 

le   und  dicke  Säulen 

.„..^Ides. 

i:lcij^4ebirgen,  insbesondere 

;*^j'j»i»y»  unzweideutiger  Weise 

'^j^^^usgeprägt  in  den  vor 

..  ^jÜiaoch  üben  die  Flüsse, 

^Sü^f^Aci^ll^seh  daliinbmusenden 

läe^cffsCeiSäia'ial  der  Ebene  gleicli- 

daas  viele  Flüsse  nach 
jt  «.    --  **'"''  l'enagen.   Als  die 

f«|^ü^ä^3hre  1860  dieRota- 
^^^^•i'n  nachstehender  Weise 
:■:•*■■»"»•  25 


■a-s- 


386  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

erklärt  Die  Erde  dreht  sich  in  der  Richtung  von  West  nach  Ost  um  ihre 
Axe;  natürlich  geschieht  dies  mit  einer  ftir  die  einzelnen  Punkte  der  Erd- 
oberfläche sehr  verschiedenen  Geschwindigkeit.  Vom  Aequator,  wo  die 
Geschwindigkeit  464  Meter  in  der  Secunde  beträgt,  sinkt  sie  allmählich 
herab  auf  0  Meter  an  den  Polen.  Nun  bringt  ein  Körper ,  der  sich 
vom  Aequator  nach  dem  Pol,  also  auf  unserer  Halbkugel  nach  Norden 
bew^,  seine  grössere  Drehungsgeschwindigkeit  mit  nach  höheren 
Breiten,  sucht  also  dort  mit  grösserer  Schnelligkeit  als  seine  Um- 
gebung nach  Osten  vorzudringen.  Ein  nach  Norden  fliessender  Strom 
wird  somit  durch  die  Erdrotation  g^en  sein  rechtes  Ufer  gedrängt 
und  erodirt  daher  dieses  stärker  als  das  linke.  Geht  hingegen  ein 
Strom  der  nördlichen  Halbkugel  von  Norden  nach  Süden,  so  gelangt 
er  nach  Breiten  mit  grösserer  Drehungsgeschwindigkeit;  seine  Ufer 
eilen  gleichsam  voraus;  der  Druck  des  Stromes  und  seine  grössere 
zerstörende  Kraft  ist  daher  nach  Westen,  d.  h.  wieder  gfig^n  das  rechte 
Ufer  gewandt  Auf  der  südlichen  Halbkugel  werden  aus  gleichen 
Gründen  die  linken  Stromufer  mehr  angegriffen  als  die  rechten. 

Das  Baer'sche  Gesetz,  welches  soeben  erläutert  wurde,  ist  eine  so 
unbestreitbare  Wahrheit,  dass  es,  wenn  auch  alle  Erscheinungen  damit 
in  Widerspruch  ständen,  demioch  als  vorhanden  gelten  müsste.  Wenn 
auf  der  ganzen  Erde  das  Ge&ll  ganz  gleichmässig  vertheilt  und  die 
Erdrinde  aus  gleich  weichem  Erdreich  gebildet  wäre,  so  müssten  alle 
von  Nord  nach  Süd  oder  von  Süd  nach  Nord  laufenden  Ströme  auf 
unserer  Halbkugel  fortdauernd  nach  rechts  rücken.  Nur  ist  es  die 
Frage,  ob  die  Kraft,  mit  welcher  dieselben  ihre  rechten  Ufer  benagen, 
unter  den  thatsächlichen  Verhältnissen  stark  genug  ist,  eine  merkbare 
Wirkung  auf  die  Ufergestaltung  auszuüben. 

Für  die  Richtigkeit  des  Ba er 'sehen  Gesetzes  scheinen  folgende 
Thatsachen  zu  sprechen:  Da  nach  demselben  auf  der  nördlichen 
Halbkugel  immer  das  rechte  Ufer  steil,  das  linke  hingegen  flach  sein 
müsste,  so  hätten  wir  fiir  gewöhnlich  die  meisten  Städte  auf  dem 
gegen  Ueberschwenmiungen  geschützten  rechten  Ufer  zu  suchen.  In 
der  That  li^en  am  linken  Ufer  der  Wolga  von  Kasan  an  nur 
4  Städte,  während  sich  auf  dem  rechten  mehr  als  30  befinden.  Die- 
selbe Wahrnehmung  bietet  sich  an  den  Ufern  des  Don,  wo  die  Kosaken- 
Stanizen  grösstentheils  auf  dem  rechten  Ufer  stehen,  und  ebenso  an 
denen  des  Dnjepr  ^).  Femer  besitzt  die  nach  Süd  abfliessende  Kama 
fast  nur  auf  der  Westseite  hohe  Steilufer,  während  sich  an  den  nach 
Nord  gehenden  Flüssen  Westsibirien's,  wie  Ischim,  Irisch,  Ob  u.  a., 

^)  KarlErnst  y.  Baer,  Beden  gehalten  in  wissenschaftlichen  Versamm- 
langen and  kleinere  Aafsätze  vermischten  Inhalts.  U.  Theil.  Stadien  aus 
dem  Gebiete  der  Natarwissenschaften.    St.  Petersburg  1876.    S.  125—128. 


XV.    Die  mechanischen  Leistungen  der  Ströme.  387 

in  der  Regel  das  Steilufer  auf  der  Ostseite  erhebt  ^).  In  ganz  Ober- 
ägypten  breitet  sich  zwischen  dem  linken  Nilufer  und  dem  Libyschen 
Gebirge  überall  ein  weites,  flaches  Uferland  aus;  hingegen  tritt  die 
Arabische  Kette  mit  ihren  senkrechten  Felswänden  häufig  unmittelbar 
bis  an  den  Strom  heran*).  Um  endlich  noch  ein  Beispiel  von  der 
Südlichen  Halbkugel  anzufiifaren,  wo  natürlich  das  allmähliche  Vor- 
rücken des  Flusslaufes  im  entgegengesetzten  Sinne  erfolgen  muss  wie 
auf  der  nördlichen,  fbgen  wir  hinzu,  dass  der  Paraguay  wie  der  Paranä 
ihr  Strombett  beständig  von  West  nach  Ost  verschoben  haben.  Das 
östliche  Ufer  ist  in  der  Kegel  eine  hohe  Bank,  welche  der  Fluss  imter- 
graben  hat,  während  gegen  Westen  allein  Inselschwärme  vorkommen  *). 

Eine  noch  jetzt  fortschreitende  Ausnagung  des  einen  Ufers  im 
Sinne  des  Baer' sehen  Gesetzes  zeigt  sich  nirgends  schöner  als  an 
der  Wolga.  Von  ihrem  rechten  Ufer  berichtet  uns  K.  E.  v.  Baer*): 
Es  sind  nicht  nur  einzelne  Gebäude,  wie  ein  Kloster  bei  Nischnü- 
Nowgorod  und  ein  anderes  bei  Astrachan  an  dem  Wolgaarme  Bolda, 
in's  Wasser  gestürzt,  weil  der  Boden  unter  ihnen  unterwaschen  war. 
Von  der  kleinen  Stadt  Tschemyi- Jar  ist  ein  Wall,  sowie  die  eine  Seite 
einer  Strasse  ebenfaUs  von  der  Wolga  zerstört  worden,  und  den  ehe- 
maligen Kirchhof  fand  v.  Baer  halb  eingerissen.  Doch  ist  Tschemyi- 
Jar  schon  einmal  verlegt  worden,  weil  sich  ergab,  dass  es  auf  un- 
sicherem Boden  erbaut  worden  war,  und  die  grössere  imd  pittoreske 
Stadt  Simbirsk  steht  in  steter  Ge&hr,  dasselbe  Schicksal  zu  erleiden. 
In  Sibirien  mussten  mehrere  Ansiedelungen  aus  ähnlichen  Gründen 
bald  ihre  ursprünglichen  Plätze  mit  anderen  vertauschen. 

K.  E.  V.  Baer  selbst  scheint  nicht  davon  überzeugt  gewesen  zu 
sein,  dass  die  erwähnten  Thatsachen  ausschliesslich  dem  seitlichen  Druck 
des  von  Nord  nach  Süd  sich  bewegenden  Wassers  zuzuschreiben 
sind;  denn  er  setzt  vorsichtig  hinzu:  Im  allgemeinen  aber  liegen  die 
Städte  an  der  Wolga  doch  seit  Jahrhunderten  auf  derselben  Stelle  und 
liefern  den  Beweis,  dass  das  Andrängen  des  Stromes  nach  der  rechten 
Seite  nur  sehr  langsam  wirkt  Wir  müssen  noch  hinzufligen,  dass 
auch  Ausnahmen  von  der  Regel  durchaus  nicht  selten  sind,  indem  das 
vom  Wasser  beständig  unterwühlte  Steilufer  nicht  der  rechten,  son- 
dern der  linken  Stromseite  angehört.    B.  v.   Cotta^)    entdeckte  im 

^)  Bernhard  v.  Cotta  im  Ausland  1869,  S.  291. 

*)  Alfred  y.  Krem  er,  Aegypten.    Leipzig  1863.    Bd.  I,  S.  11  f. 

')  Nach  Thomas  J.  Page,  La  Plata,  the  Argentine  Confederation  and 
Paraguay  (London  1859)  im  Ausland  1859,  S.  947. 

*)  1.  c.  S.  127  f. 

^)  Der  Altai,  sein  geologischer  Bau  und  seine  Erzlagerstätten.  Leipzig 
1871.    S.  63. 

25* 


388  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Jahre  1869  an  der  Wolga'  und  am  Don  mehrere  solche  Ausnahmen, 
ebenso  am  Ob  (z.  B.  bei  Bamaul)  und  an  der  Eama  (bei  Perm).  Er 
hebt  ausserdem  noch  hervor,  dass  die  russischen  und  sibirischen  Flüsse 
ihre  hohen  Steilufer  vor  allem  dem  orographischen  Bau  jener  Gebiete 
verdanken;  die  Seitenlage  der  Steilufer  ist  bei  ihnen  meist  durch  den 
W^  bedingt,  den  sich  das  Wasser  ursprüngUch  zum  Ablauf  gewählt 
hat  Im  übrigen  aber  dürfte  es  wohl  häufig  sehr  schwer  zu  entscheiden 
sein,  welcher  £ffect  hierbei  der  Rotation  der  Erde  oder  der  erodiren- 
den  Thätigkeit  der  Sröme  an  der  convexen  Seite  ihrer  Krümmungen 
zuzuerkennen  ist  (vgl.  S.  389  ff.). 

Wie  unbedeutend  der  durch  die  Erdrotation  hervorgerufene  seit- 
liche Druck  ist,  hat  Babinet  gezeigt^).  Er  berechnete  nämlich  den 
Constanten  Druck,  mit  welchem  in  der  Breite  von  Südfrankreich  jeder 
in  der  Richtung  der  Meridiane  ziehende  Fluss  in  Folge  der  Erdrotation 
gegen  sein  rechtes  Ufer  gedrängt  wird,  und  es  ergab  sich  fiir  den- 
selben nur  unge&hr  Viooooo  desjenigen  Druckes,  welchen  ein  ebenso 
breites  ab  tiefes  Wasser  durch  seine  Schwere  ausübt;  ftir  einen  10 
Kilometer  breiten  Strom  ist  also  diese  Kraft  nicht  grösser  als  der 
Druck  eines  1  Decimeter  tiefen  Baches  auf  sein  Bett  Nun  lässt  sich 
zwar  flSr  jede  Breite  ermitteln,  um  wieviel  jedes  Wassertheilchen  von 
seiner  ursprünglichen  Richtung  abgelenkt  wird,  wenn  es  keine  ausser- 
gewöhnlichen  Hindernisse  zu  überwältigen  hat;  den  Effect  der  Aus- 
spülung festzustellen ,  ist  jedoch  deshalb  unmöglich,  weil  hier  zu  viele 
Factoren  (Härte  und  Lagerung  des  Ufergesteins,  Flusskrümmungen, 
Grösse  des  Gefklles  u.  a.)  mit  im  Spiele  sind.  Zwar  fuhren,  wie  dies 
Sir  Charles  Lyell  zuerst  in  Beziehung  auf  geologische  Vorgänge 
schlagend  erwiesen  hat,  kleine  Ursachen,  welche  während  langer  Zeit- 
räume unausgesetzt  thäüg  sind,  schliesslich  auch  zu  grossen  Wirkungen. 
Ist  jedoch  diese  Ursache  unendlich  klein  und  wird  ihre  Kraft  immer 
sofort  aufgehoben  (d.  h.  hier  in  Wärme  verwandelt),  wie  dies  z.  B. 
von  einem  leichten  Wellendruck  gilt,  welcher  gegen  ein  festes  Felsufer 
gerichtet  ist ,  so  dürfen  wir  keinen  sichtbaren  Erfolg  erwarten.  Dem- 
nach wäre  es  wohl  denkbar,  dass  die  Benagung  der  rechten  Flussufer 
auf  leicht  zerstörbaren  Sand-  und  Lehmschichten  eine  merkbare  Grösse 
erreichen  kann,  namentlich  in  höheren  Breiten,  wo  der  Rotationsunter- 
schied schnell  wächst.  Hingegen  wird  sie  auf  felsigem  Terrain  kaum 
jemals  irgend  welche  deutlich  wahrnehmbaren  Spuren  hinteriassen.  Da 
die  obigen  Bedingungen  fiir  die  südrussischen  und  sibirischen  Ströme 

rftdlt  sind,  so  ist  bei  ihnen  ein  Einfluss  der  Erdrotation  auf  die  Ufer- 

estaltung  nicht  ganz  unmöglich^). 

M  Comptes  rendoB,  Tome  XLIX  (IS59),  p.  769  sq. 
*)  B.  V.  Cotta,  1.  c.  S.  61  ff. 


XV.    Die  mechanlBchen  Leistungen  der  Ströme. 


389 


Viel  schärfer  treten  diejenigen  Veränderungen  des  Stromlaufes 
hervor,  welche  innerhalb  einer  Stromcurve  durch  seitlichen  An- 
prall des  Wassers  an  den  ausgebuchteten  Uferrand  her- 
vorgerufen werden. 

So  lange  der  Weg  des  Stromes  ein  annähernd  geradliniger  ist, 
fliesst  jedes  der  einzelnen  Wassertheilchen  parallel  den  Ufern  ab;  an 
einer  Biegung  angelangt  folgt  jedoch  irgend  ein  gegebener  Punkt  im 
Wasser  nicht  mehr  einfach  den  Windungen  des  Flussbettes,  sondern 
sucht  zunächst  dem  Gesetz  der  Trägheit  entsprechend  seine  bisherige 
Sichtung  beizubelialten.  Er  prallt  bei  a  (Fig.  60)  an  das  Stromufer 
und     wird     hierauf 

gegen  c  hin  reflectirt.  Fig.  60. 

Die  auf  diese  Weise 

zurückgeworfenen 
Wasser  wenden  sich 
nun  nach  der  ande- 
ren Seite  des  Stromes, 
wo  sie  von  neuem 
umlenken,  um  aber- 
mals den  Strom  zu 
durchkreuzen.  Wir 
haben  es  also  mit 
einer  pendelartigen  Bewegung  zu  thun;  würde  der  Stromlauf  keinerlei 
besonderen  EUndemissen  begegnen,  so  müsste  jede  Oscillation  eine 
andere  im  entgegengesetzten  Sinne  nach  sich  ziehen. 

Aber  die  Wasser  des  Stromes  begnügen  sich  nicht  damit,  von 
Schritt  zu  Schritt  bald  gegen  das  eine,  bald  gegen  das  andere  Ufer 
einen  Stoss  auszufuhren;  sie  benagen  diese  gleichzeitig  an  der  con- 
vexen  Seite  jeder  Stromkrümmung  und  arbeiten  daher  hier  ununter- 
brochen an  der  Vergrösserung  der  Stromcurve,  sowie  an  der  Versteilerung 
des  Ufers,  während  der  Strom  auf  der  concaven  Seite  (bei  6),  wo  offen- 
bar ein  relativ  todter  Raum  entsteht,  unter  Umständen  das  transportirte 
Bodenmaterial  ablagert.  Das  Ergebniss  einer  derartigen  Stromthätigkeit 
bringt  Fig.  61  zur  Darstellung.  Das  steile  Ufer  a  ist  durch  verstärkten 
Strich,  das  flache  h  durch  Schraffen  bezeichnet.  Das  Querprofil  zeigt 
uns  den  Durchschnitt  des  Flussbettes.  Demnach  liegt  der  sogenannte 
Thalweg,  d.  h.  die  Linie,  welche  die  tiefsten  Punkte  des  Strombettes 
mit  einander  verbindet,  nicht  in  der  Mitte  des  Stromes,  sondern  nähert 
sich  immer  der  convexen  Seite  desselben ;  er  befindet  sich  also  bald 
auf  der  einen,  bald  auf  der  anderen  Seite  der  Mittellinie.  Da  der  Strom 
vertical  über  dem  Thalweg  seine  grösste  Geschwindigkeit  entfaltet 
(vgl.  S.  372),   so  muss  der  Stromstrich  (die  Linie  der  schnellsten  Be- 


Die  Wasserbewegnng  innerhalb  einer  Stromkrümmang. 


•>y'i 


Dritter  Thed.    Die  W 


wegnng  aof  der  Oberfläefae)  tchoa  au  diesem  Gnmde  die  Hitteffioie 
bei  jeder  Stromeorre  nach  der  SAe  des  eonrexen  Stromnfen  über- 

tcfareiten  (rgL  luerza  F%.  4<> 


Flg.  «U 


«if  S.  :i47L 

Der  oben  erwSlmte  Gegen- 
fiUz  Ton  tieüem  und  seicfatem 
Scromnuid    jm   den 


windimgeo  ist  höcfast  bedeot- 
sam  fbr  die  Lage  der  Stidte. 
Em  prüfisnder  Bück  auf  die 
Karte  läast  uns  bald  er- 
kennen, da»  Städte  an  schiff- 
baren Strönum  sich  meist  an 
dem  convexen  Ufer  deradben 
aasbreiten,  wo  die  heftige 
Stosskraft  des  Wassers  keine 
ScUamm-  mid  SandaUage- 
rongen  znlässt.  Daas  ön 
»Strom  thatsächlich  inneiiialb  jeder  Biegong  das  eine  Ufer  so  einseitig 
iK'gflnstigt,  beobachtet  man  am  besten  unmittelbar  nach  einem  Hoch- 
wasser,  weil   Bfnne  erodirenden  Kräfte  während  dessdben  in  wenigen 


FlmMwiMtacra  »it  Bnvf  a«f  die  bUilhgit  ikrer  Tfer. 


Fig.  62. 


Tagen  oft  vid  mehr 
leisten  als  sonst  wäh- 
rend des  ganzen  übn- 

ICk \ — = gen    Jahres,     mithin 

diese  Wirkungen  auch 
am  auffiillendsten  sind. 
So  wurde  bei  der  Hoch- 
fluth  im  Frühjahre 
1875  der  ganze  Elb- 
Strom  bei  Dresden, 
wo  er  einen  nach  Süd 
ausspringenden  Win- 
kel bildet  (s.  Fig.  62), 
an  das  linke  Ufer  her 
übergedrftngt.  Wfih 
rend  die  Neustädter 
Seite  vor  dem  Ponton- 
schuppen ( a )  ungemein 
versandete,  wurde  die 
Wassoretrasse  auf  dem  Altstädter  Ufer  längs  der  neuen  Quaibauten  ih) 
tiefer  donn  je.     Würden  hier  nicht  feste  Steindämme  die  Macht  der 


l^^mli 


XV.    Die  mechanischen  Leistungen  der  Ströme. 


391 


Fig.  63. 

i»3'^0'W.  li.P. 


Wogen  gebrochen  haben,  so  hätte  hier  der  Strom  ohne  Zweifel  sein 
Bett  weiter  nach  Süden  verlegt. 

In  der  That  gelingt  es  überall  da  den  Strömen,  ihre  Windungen 
seitwärts  immer  weiter  hinauszuschieben,  wo  sie  durch  lockeres  Erd- 
reich ihren  Weg  nehmen.  Erweitem  sie  nun  einestheils  an  den  äusseren 
Seiten  der  Krümmungen  ihr  Bett,  so  verengern  sie  es  andemtheils  auf 
den  inneren  Seiten  durch  Anhäufung  von  Schutt  und  Schlamm.  Auf 
diese  Weise  werden  schwache  Strombiegungen  nach  und  nach  halb- 
kreisförmig. Auch  hierbei  verharren  sie  nicht,  sondern  vergrössem 
sich  beständig,  so  dass  Anfimg  und  Ende  derselben  später  nur 
durch  einen  ganz  schmalen  Isthmus  von  einander  getrennt  sind. 
Endlich  wird  —  und  zwar  gewöhnlich  bei  einer  Hochfluth  —  der 
Isthmus  durchbrochen  und  ein  hufeisenförmiges  Stück  des  Stromlaufes 
abgeschnitten,  welches  neben  dem  neugeschaffenen  Strompfade  noch 
eine  Zeit  lang  dem  Wasser  als  Abflusscanal  dient.  Da  jedoch  in  der 
neuen  geradlinigen  Passage  das  GefHUe  wesentlich  grösser  ist  als  inner- 
halb der  Stromcurve,  so  er- 
fährt derjenige  Theil  des 
Wassers,  welcher  sich  in  die 
Krümmung  ergiesst,  eine  be- 
deutende Hemmung,  also  auch 
eine  Verzögerung  seiner  Be- 
wegung und  wird  bisweilen 
wohl  gar  zurückgeworfen. 
Daher  lässt  das  Wasser  die 
schwebenden  Schlammtheile, 
welche  es  enthält,  fallen,  und 
so  wird  nach  und  nach  ein 
Sand-  oderThonwall  zwischen 
dem  alten  und  neuen  Bett  des 
Flusses  aufgerichtet.  Ebenso 
wird  der  untere  Ausgang 
der  Strombiegung  allmählich 
verschlossen  imd  die  Com- 
munication  ihrer  Wasser  mit 
dem  Strome  völlig  unter- 
brochen. Die  Wasser  der 
Stromwindung  werden  stag- 
nant;  sie  bilden  einen  See, 
der  nur  dann  und  wann, 
namentUch  bei  Hochwasser  reichen  Wasserzufluss  emp&ngt 

Besonders  grossartig  entwickelt  sind  diese  sogenannten  sichelförmigen 


53*50'  \V.  L.i*. 

1 

I  I  t   I  t  >  t  '   I  «  t       >      < • ►— •   «», 

0     2     ^^     fi     S     ßO  f9JQl. 

Sichelförmige  Altwasser  am  Mississippi  bei 
New-Carihage. 


^M       l^^^fäiillii(«*ili^$|ll>ülle  de,  Erde. 


«i« 


Altwasser  am 
Miaeösaippi ,  toq 
denen  Fig.  63 
eine  kimere  An- 
zahl wiedergiebt 
Wir  kennen  be- 
mtsfiinf Beispiele, 
in  denen  die  Ent- 
stehung sichelför- 
miger AltwaBser 
am  Miseisäppi  be- 
obachtet wurde, 
nämlich    in    den 

Jahren  1821, 
1831,  1848,  1848 
and  1858  M.  Fig. 
64  stellt  den  Rhfän 
in  der  Nähe  von 
Carlsrahe  dar  and 
z^gt  uns  die  die- 
nialigen  Krüm- 
mungen des  wcin- 
seligen  Stromes, 
nis  er  noch  in  der 
guten  ahen  Zeit, 
ohne  Ton  Strom- 
correctionen  be- 
lustigt zu  werden, 
dorch  die  Ebene 
schwanken  durfte. 
Auch  an  anderen 
deutschen  Strß- 
men  und  Flttssen 
(bo  an  der  Elbe 
bei  Torgau ,  an 
der  Mulde  unter- 
halb Würzen  u. 
anderw.)  gehören 
sichelförmige  Alt- 


Report  npoD  the  Pbyüca 
^elphia  1861.    p.  IM. 


XV.    Die  mechanischen  Leistungen  der  Ströme.  393 

Wasser  nicht  zu  den  Seltenheiten.  Der  Po  braucht  an  verschiedenen 
Punkten  seines  Laufes  nach  Lombardini's  Berechnungen  80  Jahre, 
um  eine  Windung  zu  erzeugen  und  sie  durch  Zusammenschnürung 
wieder  zu  vernichten. 

Die  obigen  Beispiele  bezogen  sich  alle  auf  Stromstrecken  inner- 
halb des  Tieflandes;  doch  begegnen  wir  --  wenn  auch  weit  seltener  — 
hie  und  da  selbst  in  gebirgigem  Terrain  grossen  Krümmungen,  welche 
ebenfalls  den  oben  geschilderten  Process  wiederholen,  wie  dies  aus  einer 
grossen  Curve  des  Lot  bei  Luzech  (Dep.  Lot)  deutlich  zu  ersehen  ist  ^). 

In  Zukunft  freilich  werden  wir  diese  pendelartige  Bewegung  der 
fliessenden  Wasser  an  den  heimischen  Strömen  nicht  mehr  wahrnehmen 
könn^i,  da  der  Mensch  jene  freien  Regimgen  der  Natur  durch  mächtige 
Steindämme  gewaltsam  hemmt.  Wo  dies  jedoch  noch  nicht  geschieht, 
sind  vielfach  unsere  besten  Karten  nur  Bilder  von  vergänglichem 
Werthe. 

War  in  den  genannten  Fällen  eine  verstärkte  Erosionsthätigkeit 
des  Stromes  in  Folge  kräftigeren  Anpralls  an  das  eine  Ufer  der  Grund 
der  Veränderung  seines  Laufes,  so  ist  in  dem  nun  zu  besprechenden 
Process  eine  Verzögerung  der  Stromgeschwindigkeit  die  Ursache,  welche, 
wenn  auch  in  etwas  anderer  Weise,  den  Strom  aus  seinen  Bahnen 
drängt.  Wir  müssen  liier  vorausschicken,  dass  fast  jeder  Strom  eine 
Menge  von  schwebenden  Theilchen  (Flusstrübe)  mit  sich  fuhrt.  So 
emp&ngt  der  Mexicanische  Busen  durch  den  Mississippi  alljährlich  eine 
Schlammmasse,  welche,  auf  einer  Fläche  von  einer  Quadratmeile  gleich- 
massig  abgelagert,  diese  4,1  Meter  hoch  bedecken  würde.  Die  Sedi- 
mente, welche  der  Ganges  alljährlich  an  seiner  Mündung  anhäuft,  be- 
tragen 235  Millionen  Cubikmeter,  würden  also  eine  Fläche  von  einer 
Quadratmeile  um  4,3  Meter  erhöhen.  Die  Donauniederschläge  würden, 
über  ein  Areal  von  einer  Quadratmeile  ausgebreitet,  eine  0,8  Meter 
mächtige  Schicht  liefern,  die  des  Po  unter  gleicher  Bedingung  eine 
solche  von  0,78  Meter  Höhe.  Der  Rhein  bewegt  jährlich  1  275  000 
Cubikmeter  Schlamm  bei  Bonn  vorüber.  Ausserdem  enthalten  die 
Flüsse  viele  mineralische  Substanzen  in  aufgelöstem  Zustande  und 
zwar  Rhein,  Donau,  Elbe  und  Rhone  nicht  weniger  als  ^.^jooo  von  dem 
Gewicht  ihrer  gesammten  Wassermenge;  in  8000  Jahren  haben  sie  also 
so  viele  derselben  in's  Meer  transportirt,  dass  deren  Gewicht  demjenigen 
der  aus  ihnen  alljährlich  abfliessenden  Wassermenge  gleichkommt. 

Nun  kann  ein  Strom  um  so  grössere  Schuttmassen  und  um  so 
umfangreichere  Stücke  mit  fortreissen,  je  rascher  er  dahineilt.     Nach 

^)  Vgl.  das  Kärtchen  bei  Elis^e  Reclus,  La  Terre.  Deuxiöme  Edition. 
Paris  1870.    Tome  I,  p.  402. 


394  Dritter  TheR    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Bestiminimgen    von    Dubnat    widerstehen    auf  d«n    Grunde    des 
Stromes 

einer  Geschwindigkeit  von  1,00  Meter  eckige  Eiesd  von  der  GrOese 

eines  fjes, 

ji  n  71    0,65       jf      al^gerondete    Kiesel    von    2,5 

Centimeter  Dorchmesser, 

n  n  Ti    ^»20       „       grober  und  eckiger  Sand, 

7,  ^  7,     0,15       „       feiner  Sand, 

n  D  n    0,08      „      feiner  ScUamm^). 

So  vermag  der  Bhein  noch  bis  unterhalb  Bonn  die  von  seinen 
Zuflüssen  herbeigebrachten  Kiesel  fortzurollen,  und  erst  unterhalb 
Ämhem  und  Nijmcgen  wird  sein  Bett  nur  von  Schlamm  und  Sand 
gebildet. 

Tritt  nun  irgend  eine  hemmende  Kraft  der  Strömung  des  Wassers 
entgegen,  so  lässt  dieses  je  nach  dem  Grade  der  Hemmung  eine 
grössere  oder  geringere  Menge  seiner  schwebenden  Bestandth^e  fidlen. 
Wo  zwei  Flüsse  auf  einander  treffen,  findet  an  der  Berührungsstelle 
häufig  eine  Stauung  des  Wassers,  also  eine  Verzögerung  der  Strom- 
geschwindi^eit  statt;  bisweilen  kann  hier  sogar  dne  todte  Stelle  beob- 
achtet werden,  wenn  z.  B.,  wie  sich  dies  bei  Hochwasser  öfter  ereignet, 
das  Wasser  des  Hauptstromes  in  seine  Nebenflüsse  eindringt  Daher 
setz^i  Haupt-  und  Nebenfluss  an  dem  inneren  Winkel  ihrer  Vereinigung 
Schwemmland  ab,  und  indem  das  letztere  halbinselartig  fortwächst, 
schiebt  es  die  Mtindung  des  Nebenflusses  immer  weiter  abwärts.  Zu- 
letzt muss  der  verdrängte  Seitenfluss  eine  ganze  Strecke  den  Haupt- 
Strom  b^leiten,  ehe  es  ihm  gelingt,  unter  einem  sehr  spitzen  Winkel 
meilenweit  abwärts  von  seiner  ehemaligen  Mündung  sich  in  ihn  zu 
ergiessen. 

So  ist  unzweifelhaft  die  Mündung  des  Bhöne  in  die  Saone 
nach  unten  fortgerückt  WahrscheinUch  lag  sie  noch  in  historischen 
Zeiten  weiter  aufwärts,  etwa  da,  wo  sich  jetzt  auf  einer  Landzunge 
der  schönste  Stadttheil  von  Lyon  ausbreitet  Besonders  consequent 
aber  erfolgt  die  Umbi^ung  der  Nebengewässer  des  Rheins  in  der 
Oberrheinischen  Tiefebene  zwischen  Basel  und  Mainz  (s.  Fig.  65). 
Zuerst  ist  ihr  Pfad  &st  rechtwinklig  g^en  den  Rhein  gerichtet;  sobald 
sie  aber  die  Gebiige  verlassen  haben,  wenden  sie  sich  alle  wie  auf 
Commando  nach  Norden  und  enden  erst  nach  längerem,  mit  dem 
Rhein  emcn  spitzen  Winkel  bildendem  Laufe.  Namentlich  ist  der  W^ 
der  m  weithin  dem  des  Rhein  parallel.     Nur  an  wenigen  Punkten 

')  B.  Stnder,  Lehrbuch  der  phjsikaUschen  Geographie  und  Geologie. 
Bern,  Chor  und  Leipzig  1844.    Bd.  I,  S.  108  f 


^^igjH  I8^$^'j^i^|(i»er  Ströme.  395 


.jK»  .j[»  .)j.  .jj[.  .jj[.  .jj[. ' ,  'lisjiii^^üi^i^t^r 


396  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  LufthüUe  der  Erde. 

erleidet  die  angefahrte  B^el  eine  Ausnahme.  Wahrsehdnlieh  ist  es 
auch,  dass  ehemals  die  Etsch  in  den  Po  mündete  und  dass  erst  spätere 
Anschwemmungen,  zunächst  veranlasst  durch  das  rechtwinklige  Auf- 
einanderstossen  der  beiden  Flüsse,  sie  von  einander  schieden. 

Haben  wir  eben  geseh^i,  dass  der  Hauptstrom  im  Stande  ist, 
kleinere  Seitraigewässer  von  ihr^  ursprünglichen  Bichtung  abzulenken, 
so  lässt  es  sich  auch  denken,  dass  kräftige  Nebenflüsse,  wenn  sie  in 
gleichem  Sinne  wirken,  stark  genug  sind,  einen  grösseren  Fluss  mit 
geringerem  Ge&ll  in  andere  Bahnen  zu  drängen.  Einen  solchen  Vor- 
gang weist  Johann  Ritter  StefanoviC  v.  Vilovo^)  im  Thdss- 
gebiete  nach.  Er  ist  der  Meinung,  dass  die  Theiss  vor  vielen  Jahr- 
tausenden beim  Austritt  aus  der  Gebirgsschlucht  von  Huszth  direet 
gegen  Süden  über  Almas  und  Szathmar-Nemethi,  sowie  durch  das 
Thal  des  Flusses  Er  nach  Arad  hin  floss.  Auf  dem  Wege  zwischen 
Dioszeg  und  Arad  ei^ossen  sich  in  ziemlich  gleichen  Zwischenräumen 
und  unter  rechtem  Winkel  vier  reissende,  viel  Schutt  mit  sich  fort- 
wälzende Gebiigsflüsse  in  die  Theiss,  zu  denen  sich  noch  hd.  Arad 
die  mächtige  Maros  gesellte.  Während  die  Theiss  mit  einem  Ge&Ue 
von  's  Meter  per  Meile  friedlich  und  harmlos  ihren  Weg  zog,  stürzte 
ihr  die  Maros  mit  einem  Ge&Ue  von  24  Metern  per  Mdle,  sowie  mit 
dnem  5  Meilen  längeren  Laufe  in  die  Seite.  Im  Verein  mit  den 
übrigen  von  Ost  her  kommenden  Flüssen  übt  sie  schon  seit  Jahr- 
tausenden diese  Stosskraft  aus.  Es  befremdet  daher  nicht,  dass  die 
Theiss,  immer  unter  rechtem  Winkel  von  so  mächtigen,  zu  gleichem 
Ziele  verbfindeten  Gegnern  in  die  Flanke  ge&sst,  von  soviel  Gestän, 
Erde  und  Sand  aus  Siebenbürgen  seit  Jahrtausenden  überschüttet, 
sich  g^en  Westen  zu  retten  versucht  Auch  heute  noch  arbeiten 
Szamos,  Berettyo,  Koros  und  Maros  in  demselben  Sinne;  sie  setzen 
am  linken  Theissufer  ihre  vom  Gebirge  herabgebrachten  oxligen  Be- 
standtheile  ab.  Die  Theiss  weicht  aus;  aber  die  ]^ebenflüsse  folgen 
ihr  auf  der  Ferse.  Es  erklären  sich  hieraus  auch  die  grossen  Sümpfe 
an  der  Theiss.  Da,  wo  die  Nebenflüsse  rechts  der  Theiss  kein  weiteres 
Westwärtsrücken  gestatten  (vom  Sajo  bis  zur  Zagyva  oberhalb  TokajK 
trifft  man  Sümpfe  auch  am  rechten  Theissufer,  weiter  abwärts  aber 
bis  zur  Mündung  des  Franzenscanals  nur  an  der  linken  Seite.  Ueberall, 
wo  die  Theiss  dnst  floss,  liess  sie  einen  Sumpf  zurück,  um  denselben 
bei  jedem  Hochwasser  von  neuem  zu  speisen;  zugleich  erhalten  jene 
Ufersümpfe  durch  Stauung  der  Nebenflüsse  immer  neue  Nahrung.  Ein 
Beweis  fiir  das  Westwärtswandem  der  Theiss  Uefem  uns  femer  die 

')  Die  EntsninpfiiDg  der  Niederungen  der  Theiss  und  des  Banats  —  in 
den  Mittheilongen  der  k  k.  geographischen  Gesellschaft  in  Wien.  Bd.  XVII 
(1874),  S.  193  ff.  272  ff. 


XV.    Die  mechanischen  Leistungen  der  Ströme.  397 

zahlreichen  längst  schon  verlassenen,  nunmehr  cultivirten  Thäler  und 
Einschnitte,  welche  wir  zwischen  dem  Gebirge  und  der  Theiss  auf  jeder 
guten  Specialkarte  angegeben  finden. 

Auch  noch  in  anderer  Hinsicht  erleidet  daa  Strombett  im  Unter- 
laufe bisweilen  grosse  Veränderungen.  Vermindert  sich,  was  gewöhnlich 
in  der  Nähe  der  Mündungen  eintritt,  das  GefkU  der  Flüsse  auf  ein 
Minimum,  so  sinken  ihre  schwebenden  Bestandtheile  zu  Boden;  ihre 
Sohle  erhöht  sich,  und  an  den  Bändern  bL'den  sich  namentlich  bei 
Hochwasser  durch  Schlammablagerungen  Böschungen,  welche  durchaus 
denen  eines  Canals  gleichen.  Mit  der  Zeit  werden  sie  so  gross,  dass 
sie  sich  über  das  umliegende  Land  erheben  (s.  Fig.  66  die  drei  Ent- 
wicklungsstadien a,  6,  c),  und  die  Ströme  würden  zuletzt  wie  auf  einem 

Fig.  66. 


Allmähliche  ErhÖhaDg  eines  Flnssbettes  im  Unterlaufe. 

ungeheuren  Erdviaduct  dahinfliessen,  wenn  nicht  überall  dafiir  gesorgt 
wäre,  dass  die  Bäume  nicht  in  den  Himmel  wachsen;  denn  bei  einem 
stärkeren  Hochwasser  durchbricht  der  Strom  gern  eine  schwache  Stelle 
der  selbsterbauten  Ufer,  'und  einmal  entschlüpft  kehrt  er  nicht  leicht 
in  das  alte  Bett  zurück.  Aber  auch  ganz  abgesehen  davon  müsste 
die  Erhöhung  der  Sohle  bald  eine  Grenze  oder  eine  Ebene  des  Gleich- 
gewichts erreichen;  denn  es  würde  gleichzeitig  weiter  abwärts  das 
Gefäll  zunehmen  und  mit  dem  Ge&lle  wiederum  die  Fähigkeit  des 
Flusses,  die  Sohle  des  Bettes  tiefer  auszufiirchen.  Bei  dem  allerdings 
gewaltigen  Hochwasser  des  Jahres  1740  stand  der  Po  3  Meter  über 
dem  Pflaster  vor  dem  Palast  in  Ferrara.  Auch  einige  andere  Flüsse 
Norditalien's,  wie  Reno,  Etsch,  Brenta,  haben  an  einigen  Punkten  ein 
höheres  Niveau  als  die  angrenzende  Ebene.  Oberhalb  New -Orleans 
werden  die  Sumpfgebiete  zu  beiden  Seiten  des  Mississippi  von  den 
natürlichen  üfereinfassungen  um  4  bis  5  Meter,  ja  bisweilen  noch 
beträchtlich  mehr  überragt^). 

*)  Elis^e  Reclus,  La  Terre.    Deuxiöme  Edition.    Paris  1870.    Tome  I, 
p.  469  sq. 


XVX    Pathologie  der  Strome. 


Flüsse,  welche  sich  von  Nebengewässem  yoUständig  aus  ihrer  Bahn 
drängen  lassen,  wie  die  Thdss,  oder  nicht  mehr  die  Kräfte  besitzen^ 
ihr  Bett  zu  reinigen  und  vor  einer  Aufschüttung  zu  bewahren,  wie  der 
Po,  tragen  schon  etwas  Krankhaftes,  GreiBcnhaftes  an  sich,  was  hier  in 
dem  rdativ  geringen  Gefidl  b^ründet  ist  In  dem  Folgenden  soll 
noch  auf  einige  andere  krankhafte  Elrschdnungen ,  welche  die  Flüsse 
darbieten,  hingewiesen  werden,  vor  allem  auf  den  stetigen  oder 
periodischen  Mangel  an  Wasser.  / 

Derselbe  wird  bisweilen  dadurch  herbeigefiihrt,  dass  &n  Strom  aui 
weitem  Wege  keinen  einzigen  bedeutenden  Nebenfluss  erhält.  So 
empfängt  der  Nil  unterhalb  der  Atbaramündung,  also  von  17^  38' 
n.  Br.  bis  an  die  Ufer  des  Mittelländischen  Meeres,  d.  h.  auf  dner 
Strecke  von  ziemlich  14  Breitengraden  (210,  mit  allen  Krümmungen 
mindestens  300  geographische  Meilen)  keinen  nennenswerthen  Zufluss. 
Da  er  nun  auf  dieser  langen  Wando-ung  unter  einem  heissen  Himmd 
durch  die  starke  Verdunstung  viel  Wasser  einbüsst,  so  ist  er  in 
Aegypten  bei  weitem  nidit  von  jener  Mächtigkeit  wie  vid  weiter  im 
Innern  des  Landes,  etwa  im  südlichen  Nubien,  wobei  allerdings  darauf 
Rücksicht  zu  nehmen  ist,  dass  in  Aegypten  der  Strom  durch  die  Cultur 
grosse  Wasserverluste  erlddet,  da  hier  die  Canäle  eine  Wassermasse 
von  nahezu  100  Millionen  Cubikmeter  hssen  ^).  Der  eigentliche  Grund, 
weshalb  der  Nil  im  nördlichen  Nubien  und  in  Aegypten  der  Neben- 
flüsse entbehrt,  ist  der,  dass  diese  Länder  dem  grossen  r^enarmen 
Wüstengürtel  Nordafirika's  angehören,  in  welchem  sich  natürHch  nirgends 
ansehnliche  Flüsse  entwickehi  können.  Bei  längerem  Lauf  durch  jene 
Wüstenzone  würde  der  Nil  ohne  Zweifel  gänzlich  versiegen. 

Spärlich  gespeisten  Flüssen  wird  namentlich  dann  ein  firühes  Grab 
bereitet,  wenn  sie  in  weit  ausgedehnte  Depressionen  gelangen.  Indem 
sie  hier  genöthigt  werden,  das  weite  Thal  auszufüllen,  also  einen  See 

')  Alfred  t.  Kremer,  Aegjpten.    Leipzig  1863.    Bd.  I,  S.  12. 


XVI.    Pathologie  der  Ströme.  399 

zu  bilden,  wächst  ihre  Verdunstungsfläche,  und  so  wird  ihnen  auf  dem 
kreisförmigen  Räume  eines  Sees  vielleicht  ebenso  viel  Wasser  entzogen 
vrie  dem  Nil  auf  seinem  langen  Wege  durch  ein  schmales  Erosionsthal. 
So  finden  der  Di  in  dem  Balchasch-See,  der  Tarim  (Ostturkestan)  in 
dem  Lop-nor,  der  Amu  und  Syr  in  dem  Aral-See,  der  Schari  in  dem 
Tsad-See,  der  Bear  in  dem  Grossen  Salzsee  (Utah)  ihr  Ende.  Nament- 
lich sind  die  Flüsse  sicher  dem  Untergang  geweiht,  wenn  ihr  Pfad  in 
umfengreichere  echte  Depressionen  hineinföhrt.  So  erstirbt  der  Jordan 
im  Todten  Meer,  und  selbst  ein  so  stattUcher  Strom  wie  die  Wolga 
vermag  nicht  den  Ocean  zu  erreichen. 

Bei  anderen  Flüssen  ist  nicht  nur  das  Ende  ein  tragisches,  sondern 
ihr  ganzer  Lauf  ein  Stückwerk.  So  begegnet  man  in  allen  Ländern 
mit  periodischem  Regenfall  während  der  trockenen  Jahreszeit  Fluss- 
betten ohne  Wasser,  welche  in  Nordafrika  und  Arabien  Wadi,  in 
Indien  Nullah  heissen.  Dabei  ist  die  geologische  Beschaffenheit  des 
Grundes,  über  welchen  sie  sich  bewegen,  nicht  ohne  Bedeutung  für 
ihr  Ausharren  während  der  trockenen  Zeit.  Versperrt  nämlich  ein 
fest  geschlossenes  Gestein  dem  Wasser  den  Weg  nach  der  Tiefe,  so 
bewahrt  ein  Strom  seine  Fülle  viel  länger,  als  wenn  zahlreiche  feinere 
oder  gröbere  Spalten  und  Klüfte  ein  Hinabsickem  des  Wassers  gestatten. 

In  Südafrika  hat  man  oft  mehrere  Jahre  hinter  einander  zu  ver- 
schiedenen Jahreszeiten  dieselben  Flussbetten  völlig  wasserlos  angetroffen; 
auch  sah  man  in  ihnen  Thierüberreste  in  einem  Zustande,  welcher  zur 
Annahme  einer  mehrjährigen  Wasserlosigkeit  nöthigte.  Viel  zu  rasch 
hat  man  daraus  gefolgert,  dass  das  südafiikanische  Festland  im  Aus- 
trocknen begriffen  sei  und  das  Süsswasser  sich  von  Jahr  zu  Jahr 
mindere.  Diese  Anschauung  ist  schon  an  und  flir  sich  wenig  glaubwürdig ; 
es  ist  aber  auch  in  der  That  erwiesen,  dass  jene  mehrjährigen  Aus- 
trocknungen nur  einer  örtlich  und  zeitlich  sehr  imgleichen  Vertheilung 
der  Niederschläge  zuzuschreiben  sind.  So  erzählt  Gustav  Fritsch^), 
dass  der  Fluss  Molopo,  welcher  von  Europäern  viele  Jahre  hinter 
einander  völlig  ohne  Wasser  geftmden  wurde,  sich  auf  einmal  gefüllt 
zeigte  mit  klarem,  fliessendem  Wasser,  welches  in  der  ganzen  trockenen 
Zeit  aushielt.  Wir  haben  es  demnach  auch  hier  mit  periodischer  Aus- 
trocknung zu  thun,  welche  allerdings  sehr  unregelmässig  eintritt  und 
auch  nicht  von  vorher  zu  bestimmender  Dauer  ist. 

Andere  Flüsse  ermangeln  zwar  in  der  trockenen  Jahreszeit  nicht 
gänzlich  des  Wassers,  bestehen  aber  während  derselben  nur  aus  einer 
Reihe  von  unverbundenen  seichten  Wasseransammlungen.  Hierher  ge- 
hört insbesondere  eine  Anzahl  der  australischen  Flüsse;  auch  dürfen 

^)  Drei  Jahre  in  Südafrika.    Breslau  1S6S.    S.  29S. 


400  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

vielleicht  die  oft  geitullinig  wie  auf  einer  Kette  liegenden  Weiher  („Rosen- 
kranzseen'', vgl.  S.  323)  der  centralasiatischen  Steppen  als  ein  solches 
defectes  StromsYstem  betrachtet  werden«  Wenigstens  lassen  sie  sich 
kaum  als  Bruchstücke  eines  grösseren  Se^  aufiEassen,  da  sie  dann 
längst  schon  in  Folge  starker  Verdunstung  völlig  verschwunden  sein 
müssten. 

Wenn  nun  auch  das  Schicksal  gänzlichen  oder  theilweisen  Aus- 
trocknens nur  über  einen  kleinen  Theil  der  Flüsse  verhängt  ist,  so  ist 
doch  ihr  Wasserreichthum  überall  und  insbesondere  in  Ländern  mit 
regelmässig  wiederkehrender  Regenzeit  und  Schneeschmelze  rhyth- 
mischen Schwankungen  unterworfen.  Dabei  gilt  als  R^di,  dass  die 
letzteren  unter  sonst  gleichen  Verhältnissen  bei  kleineren  Flüssen  viel 
stärker  sind  als  bei  grossen. 

Unter  allen  grossen  Strömen  der  Erde  ist  keiner  so  gut  disponirt, 
ein  gewisses  Gleichmass  des  Wasserabflusses  zu  bewahren,  als  der 
Amazonas.  Indem  er  sich  in  der  Nähe  des  Aequators  von  West  nach 
Ost  bewegt,  emp&ngt  er  sowohl  von  dem  nord-  wie  von  dem  süd- 
hemisphärischen  Theile  der  tropischen  Zone  mächtige  Nebenflüsse;  somit 
hat  sein  Gebiet  fast  zu  jeder  Jahreszeit  Antheil  an  den  tropischen 
Zenithairegen,  und  der  Riesenstrom  selbst  geht  mitten  durch  die  in 
jedem  Monate  an  Niederschlägen  reiche  Zone  der  äquatorialen  Regen. 
Es  Uefem  ihm  also  abwechselnd  die  nördUchen  und  südlichen  Neben- 
flüsse reicheren  Tribut,  wodurch  annähernd  eine  Compensation  der 
Wasserzuflihr  in  den  verschiedenen  Jahreszeiten  herbeigeführt  wird. 
Da  die  von  Süd  her  konunenden  Zuflüsse  weit  grösser  sind  in  Hinsicht 
auf  ihre  Wassermenge,  sowie  auf  das  von  ihnen  eingenommene  Gebiet, 
so  wird  seine  Wasserflille  während  des  südhemisphärischen  Sommers 
(December  bis  Mai)  immerhin  nicht  unwesentlich  erhöht  und  zugleich 
die  flache  Thalniederung  weithin  unter  Wasser  gesetzt 

Viel  ansehnlicher  sind  die  Anschwellungen  des  Nil.  Er  erreicht 
in  Unterägypten  seinen  niedrigsten  Stand  im  Mai,  steigt  im  Juni  und 
in  der  ersten  Hälfte  des  Juli  langsam,  vom  15.  bis  20.  Juli  besonders 
rasch  und  dann  wieder  langsam  bis  Anfang  October,  zu  welcher  Zeit 
er  stets  den  höchsten  Wasserstand  besitzt  Von  der  zweiten  Hälfte 
des  Octobers  ab  findet  erst  ein  allmähUches,  dann  ein  schnelles  Sinken 
statt;  vom  Januar  an  erfolgt  dasselbe  sehr  langsam,  bis  im  Mai  der 
Strom  wieder  am  seichtesten  ist  Das  periodische  Wachsthum  des  Nil 
wird  hervorgerufen  durch  die  tropischen  Zenithairegen,  und  zwar  sind  es 
insbesondere  der  Atbara  und  Bahr-el-Asrak,  weniger  der  Bahr-el-Abiad, 
welche  periodisch  reiche  und  geringe  Wassermengen  in  das  NUthal 
hinabtragen  (am  oberen  Atbara  &llen  die  tropischen  Regen  vom  !März 
bis  Juni,  sowie  im  August  imd  September,  an  dem  Abai,  dem  oberen 


XVI.    Pathologie  der  Ströme.  401 

Bahr-el-Asrak ,  vom  April  bis  October,  am  stärksten  im  Juli  und 
August).  Der  Bahr-el-Abiad  liefert  zwar,  gespeist  von  den  grossen 
centralafrikanischen  Seen,  zu  jeder  Jahreszeit  reiche  Wassermengen, 
würde  sich  aber  ohne  Unterstützung  der  abessinischen  Zuflüsse  über 
das  Land  der  Pharaonen  nicht  so  segensvoll  ausbreiten  können, 
wie  es  der  Nil  bereits  seit  Tausenden  von  Jahren  thut.  —  Im  Nil 
Oberägypten's  fliesst  nach  Girard  während  der  Stromschwelle  in  der 
Secunde  20mal  mehr  Wasser  ab  als  bei  niedrigstem  Stande,  in  Unter- 
ägypten nur  Omal  und  an  der  Mündung  nicht  ganz  5mal  soviel  i). 
Die  mehrfachen  Messungen  der  Wasserführung  des  Nil  zeigen  keine 
befriedigende  Uebereinstimmung.  Nach  den  Untersuchungen  J  o  r  d  a  n '  s 
bewegt  der  Nil  bei  Esneh  (Oberägypten)  im  Durchschnitt  in  jeder 
Secunde  8500  Cubikmeter  Wasser  vorüber,  wobei  auf  die  Monate 
März  bis  Juni  ein  Minimalwerth  von  3200,  auf  den  October  aber  ein 
Maximalwerth  von  20200  Cubikmetem  kommt. 

Der  Mississippi  wälzt  an  seiner  Mündung  bei  Hochwasser  in  der 
Secunde  35050  Cubikmeter  Wasser  fort,  bei  Niederwasser  hingegen 
nur  8500  Cubikmeter,  im  ersteren  Falle  also  über  4mal  so  viel  als  im 
zweiten. 

Nicht  ganz  so  gross  sind  die  Schwankungen  des  Brahmaputra. 
Die  Abflussmenge  desselben  wächst  bei  hohem  Wasserstande  (während 
unseres  Sommers,  d.  h.  zur  Zeit  der  Schneeschmelze,  sowie  des  regen- 
bringenden Südwestmonsuns)  bis  zu  25  340  Cubikmetem  für  die  Secunde 
und  sinkt  bei  niederem  Stande  (während  unseres  Winters,  also  zur 
Zeit  des  nahezu  regenlosen  Nordostmonsuns)  bis  zu  9020  Cubikmetem. 
Vom  niedrigsten  zum  höchsten  Wasserstande  vermehrt  sich  also  die 
Wassermenge  des  Brahmaputra  beinahe  um  das  Dreifache*). 

Die  stärksten  Gegensätze  zwischen  Maximal-  und  Minimalwerth 
der  Wasserführung  weist  unter  den  grösseren  Strömen  der  tropischen 
Zone  der  Ganges  auf.  Er  ergiesst  im  August  in  der  Secunde  nicht 
weniger  als  14004  Cubikmeter,  im  Februar  hingegen  nur  1029  Cubik- 
meter Wasser  in  den  Busen  von  Bengalen,  im  August  also  fäst  14mal 
soviel  als  im  Februar^).  Die  gewaltigen  Regengüsse,  welche  sich  im 
Sommer  während  des  herrschenden  Südwestmonsuns  am  Südabhang 
des  Himalaya  entladen,  wirken  im  Verein  mit  der  gleichzeitigen  Schnee- 
schmelze auf  diesem  Hochgebirge  um  so  intensiver,  als  das  Ganges- 

^)  Robert  HartmaDn,  Natorgeschichtlich-medicinisclie  Skizze  der  Nil- 
länder.   Berlin  1865.    S.  86. 

')  Hermann  v.  Schlagintweit- Sakiinlünski,  Reisen  in  Indien 
und  Hochasien.    Jena  1869.    Bd.  I,  S.  460. 

»)  Sir  John  F.  W.  Herschel,  Physical  Geography  of  the  Globe.  5*^ 
edition.    Edinburgh  1875.    §  225,  p.  203  sq.  * 

Pesohel-Leipoldt«  Fhjs.  Erdkunde.     IL  26 


402 


Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 


gebiet  ausschliesslich  auf  der  Wetterseite  des  Himalaya  liegt,  während 
sich  z.  B.  der  benachbarte  Brahmaputra  zu  einem  grösseren  Theile  im 
Regenschatten  desselben  befindet 

Noch  excentrischer  in  ihren  Kiveauveränderungen  sind  verschiedene 
Strome  der  gemässigten  Zone,  wie  die  folgenden  Zahlen  lehren^). 


Abflussmeoge  in  der  Seeunde 

bei  hohem     1   bei  niedrigem 

Wasserstand  in  Cubikmetem. 


Beobachter. 


Donau 
Po  .    . 
Rhone 
Ebro   . 


30000 
5156 

12000 
5000 


2000 

186 

400 

50 


Hartley. 
Lombardini. 
Surell. 
Mesa. 


Die  grossten,  aber  meist  ganz  unregehnässig  eintretenden  Schwan- 
kungen der  Wassermenge  und  Wasserabfuhr  zeigen  kldnere  Flüsse, 
was  sich  einfach  daraus  erklärt,  dass  sdiwere,  wolkenbruchartige  R^en 
immer  local  beschränkt  sind ;  es  schwellen  also  nicht  alle  Zuflüsse  eines 
Stromes  gleichzeitig  an,  während  kleinere  Flüsse  oft  mit  einem  Male 
an  allen  Stellen  eine  reiche  Wasserfiille  erhalten.  Die  drei  kleinen, 
zum  Rhon^ebiet  gehörenden  Flüsse  Doux,  fjrieux  und  Ardeche  (im 
Ardeche-Departement)  fuhren  gewöhnlich  kaum  20  Cubikmeter  Wasser 
in  der  Seeunde  dem  Rhone  zu.  Am  10.  September  1857  aber  er- 
gossen sie  in  Folge  eines  starken  Gewitterregens  statt  dess^i  14000 
Cubikmeter  Wasser  in  den  Strom,  d.  h.  mehr,  als  Ganges  und  Euphrat 
zusammen  im  Mittel  in  das  Meer  hinabwälzen.  Diese  Flüsse  bewegten 
also  —  und  zwar  mit  der  fürchterlichsten  Unbändigkeit  —  700mal 
soviel  Wasser  als  sonst!  Ja  die  Ardeche  stand  am  9.  October  1837 
bei  der  Brücke  von  Goumier  noch  8  Meter  höher  als  1857,  nämlich 
21,40  Meter  über  ihrem  Nullpunkte.  Glücklicher  Weise  entladen  sich 
die  Wetter  meist  nur  an  der  einen  oder  an  der  anderen  Seite  eines 
Thalrandes.  Wenn  z.  B.  im  Bhonethal  die  feuchten  Luftmassen  an 
den  Abhängen  der  Cevennen  verdichtet  werden,  so  bleiben  die  Alpen 
geschützt,  und  nur  langsam  ziehen  die  fluthbringenden  Wolken  die 
Cevennen  aufvrärts,  um  nach  den  Bergen  von  Annonay  hinüber  zu 
gehen.  Der  Rhone  selbst  erfahrt  daher  niemals  auch  nur  annähernd 
ähnliche  Anschwellungen  *). 

')  Elisc^e  Reclas,  La  Terre.    Deaxieme  ^tion.    Paris  IS70.    Tome  I« 
p.  496. 

')  Elis^e  Reclus,  L  c.  Tome  L  p.  420  sq. 


XVn.    Die  Deltabildungen  der  Ströme^). 


Karl  Ritter  unterschied  im  Bau  der  Ströme  drei  Abschnitte:  näm- 
lich ihre  Entwicklung  innerhalb  der  Gebirge,  ihren  mittleren  Lauf, 
wo  sie,  aus  den  Thalengen  heraustretend,  das  flache  Land  erreichen, 
und  ihr  Mündungsgebiet,  welches  dort  beginnt,  wo  sich  der  Spiegel 
des  Stromes  bis  zum  Spiegel  der  See  herabgesenkt  hat.  Dort  ange- 
langt theilen  sich  entweder  ihre  Gewässer  in  verschiedene  Arme,  und 
ihre  Anschwemmungen  treten  in  das  Meer  als  ein  Stück  Land  hinein, 
welches  man  wegen  seiner  Aehnlichkeit  mit  einem  Dreieck  ein  Delta 
nennt  ^),  oder  sie  erweitem  sich  trompeten-  oder  trichterförmig.  Für 
diese  letztere  Erscheinung  schufen  englische  Geographen  am  Ende  des 
vorigen  Jahrhunderts  den  Ausdruck  „negatives  Delta",  für  den  man 
vielleicht  besser  „hohles  Delta"  gesagt  haben  würde  und  den  man  noch 
immer  als  völlig  gleichbedeutend  mit  dem  Ausdruck  Aestuarium  ge- 
braucht, worunter  man  doch,  wenn  man  sich  an  den  Sinn  des  Wortes 
hält,  nur  solche  Mündungsbecken  verstehen  dürfte,  in  welchen  sich  Ebbe 
und  Fluth  bewegen.  Wir  werden  aber  bald  einsehen,  dass  man  zwei 
verschiedene  Bildungen  verwechselte,   dass  es  Küstenhöhlungen  giebt, 

')  Die  folgende  Abhandlung,  von  Peschel  bereits  am  15.  Mai  1866  ver- 
öffentlicht, ist  den  „Neuen  Problemen"  (3.  Aufl.,  S.  122—140)  entnommen. 
Ausser  einer  ansehnlichen  Erweiterung  am  Schlüsse  erwiesen  sich  nur  kleinere 
Berichtigungen  und  Ergänzungen  als  nothwendig. 

^)  Der  Name  Delta,  von  den  Griechen  zunächst  für  das  Mündungsgebiet 
des  Nilstromes  gebraucht,  bezeichnete  ursprünglich  das  durch  eine  Gabelung 
des  Flusses  an  seiner  Mündung  umschlossene  Landstück,  wobei  man  auf  dessen 
Zusammensetzung  und  Entstehungsweise  keine  Rücksicht  nahm.  Die  Erkennt- 
niss  jedoch,  dass  das  Nildelta  ein  von  dem  Strome  selbst  geschaffenes  Schwemm- 
land sei,  hat  dahin  geführt,  dass  man  jetzt  von  der  zufälligen  Gestalt  des 
Mündungsgebietes  ganz  absieht  und  alle  Landbildungen  als  Deltas  betrachtet, 
welche  durch  Anhäufung  der  von  den  Flüssen  fortbewegten  Sinkstoffe  an  ihrer 
Mündung  entstanden  sind.  Vgl  Rudolf  Credner,  Die  Deltas  (Ergänzungs- 
heft Nr.  56  zu  Petermann 's  Mittheilungen  1878).    S.  6. 

26* 


404 


Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 


die  einem  leeren  Delta  gleichen  und  doch  keine  Fluthbecken  sind,  und 
dafis  auch  in  den  gefällten  Deltas  die  Aestuarien  nicht  fehlen. 

Es  ist  bisweilen  schwierig,  mit  Hilfe  gewöhnlicher  Karten  zu  ent- 
scheiden, ob  man  die  Mündung  eines  Stromes  für  ein  hohles  oder  ein 
gefälltes  Delta  ansehen  solL  Der  Amazonas  zumal  könnte  uns  in  Ver- 
suchung fähren,  ihn  zu  den  deltabildenden  Strömen  zu  zählen  und  die 
Insel  Marajö  als  seine  Schöpfung  anzusehen.    Der  Amazonas  (s.  Fig.  67) 

Fig.  67. 

Läiig«ii  westlicli  tob  Paris. 


Dms  Mfinduigqpebiei  des  Ammzonas. 


,/ 


besitzt  gleichwohl  einen  echten  Mündungstrichter  ^)  mit  Ebbe  und  Flnth; 
auch  besteht  die  Insel  Marajö  nicht  aus  Schwenunland,  sondern  ist  wie 
alle  übrigen  Inseln  durch  einen  Einbruch  des  Meeres  entstanden  und 
vom  Festland  abgerissen  worden').  Umgekehrt  könnte  man  geneigt 
sein,  den  La  Plata  fiir  ein  Aestuarium  zu  halten,  was  er  nicht  ist 
Das  grosse  trichterförmige  Becken,  an  dem  Montevideo  und  Buenos 
Ayres  liegen,  ist  nur  ein  geräumiger  Küsteneinschnitt,  welcher  den  Lauf 
des  Uruguay  und  Parani  verkürzt;  denn  wir  finden,  dass  sich  an  der 

^)  Bestätigt  Ton  James  Orton,  The  Andes  an  the  Amazon.  London 
1870.    S.  272. 

')  Dies  war  die  Ansicht  Ton  Spis  nnd  Martins,  die  anch  Bat  es  bestätigt 
hat.  Neuerdings  wnrde  sie  vertreten  von  Agassiz  nnd  einem  seiner  Begleiter. 
BalL  de  la  Soc.  de  G^gr.  Tome  XIV  (1867),  p.  328  und  Sir  Charles  Lyell, 
Principles  of  Geology.     12«»  ed.  London  1875.    VoL  I,  p.  463  sq. 


XVII.    Die  Deltabildungen  der  Ströme. 


405 


patagonischen  Küste  weiter  gegen  Süden  ganz  ähnliche  Golfe  wieder- 
holen in  der  Bianca-,  der  San-Matias-  und  San-George-Bay,  in  welche 
nur  kümmerliche  Gewässer  münden.  Femer  wird  man  bemerken,  dass 
der  Uruguay  (s.  Fig.  68)  sich  rechtwinklig  zur  grossen  Axe  des  La- 
Plata-Beckens  ergiesst,   der  Paran&  aber  ihm  zu  lieb  ein  Elnie  bildet, 

Fig.  68.  ^ 

Längen  wesüich  von  GreenwicL 


Das  Mfindungsgebiet  des  La  Plata. 

dass  also  weder  der  eine  noch  der  andere  jene  Eüstenhöhlung  aus- 
gewaschen haben  kann.  Im  Gegentheil  haben  wir  hier  ein  zwar  kleines, 
aber  deutlich  entwickeltes  Delta  vor  uns,  da  der  Paranä,  an  seiner 
Mündung  sich  nicht  nur  in  mehrere  Arme  theilt,  sondern  auch  unab- 
lässig Schwemmland  ansetzt 

Wenn  wir  das  Auftreten  der  hohlen  und  gefüllten  Deltas  vergleichen, 
so  müssen  wir  an&ngs  in  Verwirrung  gerathen,  da  sich  nii^ends  eine 
gewisse  Ordnung  entdecken  lässt.  Im  asiatischen  Eismeere  sehen  wir 
den  Ob  und  Jenissei  mit  Mündungstrichtem  versehen  und  weiter  öst- 
lich die  Lena  ein  sehr  regelmässiges  Delta  bilden.  Im  amerikanischen 
Eismeer  endigt  der  Mackenzie  mit  einem  Delta,  der  Thlewee-choh  oder 
Back's  grosser  Fischfluss  mit  einem  hohlen  Becken.  In  Südamerika 
finden  wir  den  Orinoco  als  einen  Deltabauer  und  den  Amazonas 
mit  einem  geöffiieten  Schlünde.    Gegenüber  in  Afrika  erfreuen  wir  uns 


406  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lofthülle  der  Erde. 

an  der  classischen  Begelmässigkeit,  mit  welcher  der  Niger  sein  Schwemm- 
land abgesetzt  hat,  und  weiter  südlich  finden  wir  den  Congo  oder  Zaire 
mit  einem  Aestoariom  versehen. 

Seit  länger  als  zwei  Jahrtausenden  hat  man  über  dieses  Bäthsel 
nachgesonnen.  Ein  bc^bter  Natorbeobachter  wie  Herodot  vermuthete^ 
dass  der  Nil  einst  in  einen  leeren  Golf  sich  eigossen  und  ihn  allmählich 
ausgefüllt  habe^).  Alexander  v.  Humboldt,  der  sich  mit  unserem 
G^enstand  viel  beschäftigte,  bemerkt  ausdrücklich,  dass  er  diese  Ver- 
muthung  nicht  bestreiten  wolle.  Wie  immer  war  man  anfangs  gendgt, 
den  einzelnen  Fall  allgemeiner  zu  fiissen  und  sich  zu  denken,  dass  mit 
der  Zeit  alle  Flüsse  ihre  Hohlmündungen  ausfiillen  und  Schwemmland 
in  das  Meer  vorschieben  werden.  Werfen  wir  noch  dnen  Blick  auf 
den  La  Plata  (Fig.  68)  zurück,  so  werden  wir  auch  zwei  Sandbänke 
bemerken,  welche  offenbar  von  dem  Uruguay  und  Parani  verursacht 
worden  sind  und  mit  der  Zeit  den  schönen  Golf  in  festes  Land  zu 
verwandeln  drohen.  Masudi,  einer  der  alten  arabischen  Greographen, 
der  uns  oft  durch  seinen  naiven  Schar&inn  ergötzen  kann,  woUte 
manchen  Flüssen  ihre  Kindheit,  ihr  voigerücktes  Alter  und  ihr  nahes 
Erlöschen  anmerken,  und  in  seinen  Augen  wären  sicherlich  die  Trichter- 
mündungen Merkmale  eines  Jugendzustandes  der  Ströme  gewesen.  Der 
Schatt-el-Arab  oder  der  vereinigte  Euphrat  und  Tigris  hat  sich  durch 
das  rasche  Wachsthum  seiner  Anschwemmungen  gefbrchtet  gemacht 
Die  arabische  Freistadt  Hira,  die  im  6.  Jahrhundert  von  Indienfisdirem 
imd  chinesischen  Dschunken  besucht  wurde,  lag  drei  Jahrhunderte 
später  schon  tief  im  Lande.  Bassora,  eine  jüngere  Schöpfung  als  Hira 
und  unter  den  Abbasiden  ein  grossartiger  Hafen,  finden  wir  zwei 
geographische  Meilen  von  Neu-Bassora  entfernt,  welches  erst  im  17. 
Jahrhundert  erbaut  wurde.  Wir  brauchen  aber  solche  Erscheinungen 
gar  nicht  in  der  Feme  zu  suchen.  Die  Etsch  mündete  noch  um  589 
bei  Porto  Brondolo,  wie  v.  Hoff  bemerkt  In  der  Zeit  von  1200  bis 
1600  wuchs  der  Po  jährlich  24,  in  den  letzten  200  Jahren  aber  je  65 
Meter*).  Ravenna,  zur  Gothenzeit  noch  eine  Hafenstadt,  lic^  jetzt 
eine  geographische  Meile  vom  Meere  entfernt  Wie  Po  und  Etsch  den 
ehemaligen  Golf  zwischen  Alpen  und  Apennin  in  eine  grüne  Ebene 
verwandelt  haben,  so  könnten  auch  Euphrat  und  Tigris  den  Persischen 
Meerbusen  zuschütten,  bis  er  nur  ¥rie  ein  hohles  Delta  des  Schatt-el- 
Arab  aussehen  würde,  vorausgesetzt  freiUch,  dass  die  Gebirge  des 
armenischen   Hochlandes,  welche  vom  Euphrat  und  Tigris  allmählich 

>)  Herodot  II,  II. 

*)  Ueber  die  neaeren  Veränderungen  im  Laufe  des  Po  hat  ILKiepert 
in  der  Zeitschrift  der  Gesellschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin.  Bd.  IV  (1S69). 
Tafel  II,  ein  lehrreiches  Kärtchen  veröffentlicht. 


XVII.    Die  Deltabildungen  der  Ströme.  407 

abgetragen  werden,  so  viel  ßaiuninhalt  besitzen,  als  die  Spalte  des 
Persischen  Golfes  au&nnehmen  vermöchte,  vorausgesetzt  ferner,  dass 
den  beiden  Flüssen  die  nöthige  Zeit  gegönnt  wird,  dass  geologische 
Veränderungen  ihre  Arbeit  nicht  unterbrechen  oder  dass  sie  selbst  nicht 
bei  halber  Arbeit  ermüden.  Ebenso  bietet  der  Califomische  Meerbusen 
dem  Colorado  imd  Gila  ein  Ge&ss,  welches  sich  leicht  in  ein  negatives 
Delta  verwandeln  liesse.  Nirgends  aber  hat  die  Natur  einem  Strome 
besser  vorgearbeitet  als  dem  Laurentius  Canada's ;  denn  der  Laurentius- 
golf  erscheint  schmal  genug,  dass  ihn  ein  Ganges  oder  Mississippi  in 
vergleichsweise  kurzer  Zeit  zuschütten  würde. 

Allein  die  herodotische  Ansicht,  der  zu  lieb  der  Ausdruck  „negatives 
Delta"  geschaffen  wurde,  kann  auf  die  Dauer  niemanden  befriedigen; 
denn  je  mehr  Fälle  wir  vergleichen,  desto  stärker  wird  die  Ueber- 
zeugung  werden,  dass,  wenn  etwas  auf  Alter  oder  Jugendlichkeit  eines 
Stromes  deutet,  gerade  eher  die  hohlen  Fluthbecken  ein  greisenhaftes 
Unvermögen  verrathen  imd  dass  ein  Strom,  der  Schwemmland  erzeugt, 
noch  immer  rüstig  seine  geologischen  Verrichtungen  vollzieht. 

Vielleicht  geräth  man  auf  den  Gedanken,  dass  die  Tiefenverhält- 
nisse der  See  vor  den  Mündimgen  die  Bildung  von  Schwemmland  ver- 
hindern oder  wenigstens  aufhalten  können.  Das  Letztere  muss  sogleich 
bejaht  werden;  denn  in  einem  seichten  Meere  lässt  sich  unbedingt 
rascher  neues  Land  aufschütten  als  in  einem  tiefen,  und  doch  belehren 
uns  die  nächsten  Vergleiche,  wie  wenig  entscheidend  diese  Verhältnisse 
sind.  Die  Themse  und  die  Elbe  münden  in  die  seichte  Nordsee,  imd 
doch  besitzen  beide  classische  Trichtermündungen;  vor  dem  Mississippi 
dagegen  sinken  die  Tiefen  rasch  auf  mehr  als  100  Faden  herab,  und 
dennoch  wächst  sein  Delta  jährlich  um  80  Meter. 

Erst  A.  V.  Humboldt  wurde  auf  die  Häufigkeit  von  Delta- 
bildungen in  grossen  Landseen  aufinerksam,  und  er  wollte  sogar  die 
„Binnendeltas"  als  eine  gesonderte  Naturerscheinung  unterschieden 
wissen.  Die  beiden  grossen  Ströme  des  Aral-Sees,  der  Oxus  (Amu- 
Darja)  und  der  Jaxartes  (Syr-Darja),  bieten  uns  Beispiele  solcher 
Leistungen.  Gehen  wir  westlich,  so  jSnden  wir  im  Kaspischen  See  an 
der  Mündung  der  Wolga  umfangreiche  Anschwemmungen.  Von  ihrem 
Beispiele  werden  auch  kleine  kaspische  Flüsse  verfuhrt.  So  fand 
Karl  V.  Ba er  im*  Jahre  1855,  dass  die  AUuvionen  am  Terek  noch 
rascher  wachsen  als  an  der  Wolga.  Von  der  Wologe  Tschemoi  Rejnok, 
die  nach  guten  Karten  vor  45  Jahren  noch  auf  einer  Halbinsel  lag, 
hat  sich  das  Wasser  2  geographische  Meilen  (15  Werst)  zurück- 
gezogen, und  ein  benachbarter  Golf  ist  in  der  gleichen  Zeit  gänzlich 
ausgefällt  worden.  Da  das  süsse  Wasser  der  Flüsse  specifisch  leichter 
als  das  Wasser  der  salzigen  Seen  ist,  so  muss  es  bei  seinem  Austritt 


408  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

in  die  Seen  diese  gleichsam  mit  Süsswasser  überschwemmen.  Es  wizd 
auch  von  der  Wolga  mit  dem  Beistand  der  nissischen  Steppenflüsse 
der  nördliche  Thdl  des  Easpischen  Meeres  dermass^i  versüsst,  dass 
sein  migeschwächter  Salzgehalt  sich  nur  an  der  persischen  Küste  fest- 
stellen lässt  Ist  aber  das  Idchtere  süsse  Wasser  genöthigt,  auf  den 
Schichten  des  schweren  Salzwassers  bergauf  zu  fliessen,  so  muss  bei 
diesem  Aufsteigen  die  erreichte  Geschwindigkeit  des  Stromes  bei  seiner 
Mündung  allmählich  verloren  gehen.  Sobald  sich  die  Geschwindigkeit 
eines  fliessenden  Wassers  vermindert ,  lässt  es  zuerst  seine  groben  Ge- 
schiebe,  schUessUch  auch  die  feinen  Schlammtheile  fidlen.  Beim  Missis- 
sippi hat  die  Beobachtung  gelehrt,  dass  die  schwebenden  Theile  sinkoi, 
sobald  die  Geschwindigkeit  unter  0,16  Meter  in  der  Secunde  sich  ver- 
mindert. Ueberally  wo  dies  eintritt,  werden  an  den  Mündungen  d&r 
Flüsse  Barren  entstehen.  V&mb^ry  fand  bei  Gömüschtepe  das  kas- 
pische  Ufer  so  seicht,  dass  sich  kein  Kahn  von  noch  so  geringem 
Tiefgang  dem  Lande  zu  nähern  vermag.  Dort  ergiesst  sich  der 
Görghen,  der  glächwohl  ein  ziemUch  tiefer  Muss  und  beständig  das 
Jahr  über  gefiillt  ist,  der  aber  seine  Mündung  und  das  angrenzende 
Uferstück  völlig  verschlammt  hat. 

Bauen  die  Ströme  der  salzigen  Binnenseen  vorzugsweise  Deltas, 
80  finden  wir,  dass  auch  in  Mittelmeeren,  welche  zwischen  den  offenen 
Golfen  und  den  eingeschlossenen  Becken  die  Mitte  halten,  die  deha- 
artigen  Anschwenmiungen  fitöt  die  B^el  sind.  Von  mediterraneiscfaen 
Strömen  sind  die  vier  grössten,  Rhone,  Po,  Donau  und  Nil,  durch  ihre 
Deltas  ausgezeichnet  Ebenso  gewahren  wir,  dass  in  dem  centnd- 
amerikanischen  Mittelmeer  oder  dem  caribisch-mexicanischen  Doppelgolf 
alle  grösseren  Ströme,  der  Mississippi,  der  Magdalenenstrom,  der  Atrato, 
der  Usumasinta-Tabasco,  DeltabUdungen  zdgen.  Nun  lag  es  sehr 
nahe,  sich  zu  sagen,  dass  es  Ebbe  und  Fluth  sind,  welche  die  Delta- 
bildungen stören;  denn  Ebbe  und  Fluth  fehlen  den  Binnenseen  und 
beinahe  völlig  unserem  Mittelmeere,  während  in  Centralamerika  die 
einströmende  atlantische  Fluthwelle  durch  die  vorliegenden  Antillen  wie 
durch  einen  Rechen  hindurchlaufen  muss  und  in  beiden  Golfen,  dem 
Caribischen  wie  dem  Mexicanischen,  sehr  geschwächt,  nur  mit  ^'s^^'s 
Meter  Eammhöhe  auftritt  Die  beiden  Mittelmeere  der  Alt^i  und  der 
Neuen  Welt,  unser  mediterraneisches  und  jenes  antillische,  verhalten 
sich  also  ähnlich,  und  daher  ist  es  sehr  verzeihhch,  wenn  man  sich 
lange  Zeit  damit  beruhigt  hat,  dass  die  rückfliessende  Ebbe  es  sei^ 
welche  die  Mündungen  der  Ströme  beständig  ausbaggere. 

So  wird  auch  unseres  Wissens  in  allen  Lehrbüchern  die  Erscheinung 
der  hohlen  Deltas  erklärt,  und  selbst  ein  Sir  John  Herschel  giebt 
zu,  die  Ebbe  und   Fluth  trage  mehr  zum  Auswaschen  als  zum  Ver- 


XVII.    Die  Deltabildungen  der  Ströme.  409 

schliessen  der  Ströme  bei.  Bevor  man  aber  diese  Vermuthung  an  den 
vorhandenen  Naturerscheinungen  prüft,  wird  man  sich  doch  im  Stillen 
eingestehen  müssen,  dass  ebensoviel  Wasser  mit  der  Fluth  in  die  Ströme 
eindringt,  als  mit  der  Ebbe  ausfliesst,  dass  also  die  Wirkung  von  der 
Gegenwirkung  aufgehoben  werde  und  dass  nur  dann  eine  reinigende 
Thätigkeit  der  Ebbe  denkbar  ist,  wenn  diese,  wie  das  örtlich  vor- 
kommen kann,  rascher  oder  mit  grösserer  Kraft  abfliessen  würde,  als 
die  Fluth  eindringt  Bei  den  Trichtermündungen  der  Ströme  wird  dies 
allerdings  stattfinden.  Dringt  nämlich  eine  Fluthwelle  in  einen  Golf 
ein,  der  sich  rasch  verengert,  so  muss  sie  sich  durch  diese  Zusammen- 
pressung zu  bedeutender  Höhe  erheben.  Die  höchsten  Fluthen,  die 
man  kennt,  ergiessen  sich  in  die  Fundj-Bay  zwischen  Neu-SchotÜand 
und  Neu-Braunschweig,  wo  zur  Springfluthzeit  das  Meer  sich  auf  20, 
man  sagt  sogar  auf  mehr  als  30  Meter  erheben  soll  (vgl.  S.  27  f.). 
Aehnliche  Erscheinungen  werden  im  Mündungstrichter  des  Amazonas 
hervorgerufen.  Die  atlantische  Fluthwelle,  immer  mehr  eingeengt 
zwischen  die  Ufer,  bewegt  sich  als  mauerartiger.  Schwall  von  3  bis  5 
Meter  Höhe  den  Strom  hinauf.  Diese  grossartigen  Wogen,  von  den 
Eingeborenen  Pororocas  genannt,  sind  von  allen  wissenschaftlichen 
Beisenden  seit  Lacondamine's  Rückkehr  aus  Peru  beobachtet  und 
geschildert  worden.  Solchen  Wellen  begegnet  man  auch  in  der  Garonne 
und  in  der  Sevem,  sowie  unter  dem  Namen  Bore  in  den  Gangesarmen 
und  im  chinesischen  Tsien-tang.  Der  Stoss  dieser  Welle  ist  so  stark, 
dass  sie  sich  in  den  Flüssen  noch  bis  zu  einer  gewissen  Erhebung  über 
den  Meeresspiegel  fortsetzen  kann,  läe  rollt  buchstäblich  bergauf,  und 
dadurch  allein  wird  es  uns  erklärlich,  dass  Bates  am  Cupari,  dem 
Seitengewässer  eines  Nebenflusses  des  Amazonas,  zu  Wasser  540  eng- 
lische Meilen  (==  116  deutsche  Meilen)  von  dem  Atlantischen  Meere 
entfernt,  noch  ein  periodisches  Schwanken  von  Ebbe  und  Fluth  be- 
obachten konnte.  Die  starke  Erhebung  der  Boren  und  Pororoken  ver- 
räth  deutUch,  dass  die  oceanische  Fluthwelle,  von  den  Flussufem  ein- 
geengt, sich  staut  und  langsamer  bewegt.  Bei  der  Ebbe  tritt  der 
entgegengesetzte  Fall  ein.  Die  rückkehrende  Wassermasse  kann  sich 
ohne  Widerstand  und  Hemmung  in  dem  Mündungstrichter  ausbreiten, 
und  sie  wird  daher  etwas  rascher  abfiiessen.  Auqh  aus  anderen  Gründen 
ist  zur  Ebbezeit  die  Stromgesehwindigkeit  eine  grössere.  Die  Wasser- 
masse, welche  während  der  Ebbe  ihren  Weg  nach  dem  Meere  hin 
nimmt,  ist  nämlich  eine  grössere  als  diejenige,  welche  die  Fluthwelle 
vom  Meere  herauf  wälzt,  weil  sich  während  der  Fluthzeit.  das  vom  Flusse 
herbeigeführte  Wasser  an  der  Mündung  au&taut;  mit  der  vermehrten 
Wassermenge  aber  wächst  die  Geschwindigkeit  Femer  ist  zur  Zeit 
der  Ebbe  ein  bedeutenderes  Gefall  vorhanden,  da  das  Niveau  des  Meeres 


410  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

sich  erniedrigt  hat,  und  endlieh  er&hren  die  gegen  das  Land  vor- 
dringenden Fluthwellen  an  dem  en^egendrängenden  Flusswasser  eine 
Hemmung,  während  Muss-  und  Ebbeströmung  in  gleichem  Sinne  sich 
vollziehen  ^).  Somit  darf  man  es  der  rückfliessenden  Ebbe  zuschreiben, 
dass  sie  mehr  Niederschlfige  aus  den  Flüssen  entfernen  könne,  als  die 
Fluth  hineinträgt 

Die  Natur  selbst  belehrt  uns  aber,  dass  Deltabildungen  ganz  unab- 
hängig sind  von  den  Flutherscheinungen.  Das  schönste  Delta  der  Erde, 
das  des  Niger,  findet  sich  im  Bereich  der  oceanischen  Fluth.  Durch 
das  Delta  des  Orinoco  geht,  wie  A.  v.  Humboldt  schon  bemerkte, 
die  Fluthwelle  bei  niederem  Wasserstand  bis  nach  Angostura  hinauf. 
Der  Indus  geniesst  vollständig  die  Wirkung  von  Ebbe  und  Fluth;  ja, 
die  Springfluth  erhebt  sich  dort  bis  zu  3  Meter  und  roUt  aufwärts  bis 
Tatta,  also  bis  zu  dem  Punkt,  wo  der  Strom  an&ngt,  sein  Delta  zu 
erbauen.  In  der  Podda  oder  dem  eigentlichen  Ganges  steigt  die  Fluth- 
welle 160  engl.  Meilen  (34  deutsche  Meilen)  stromaufwärts,  im  Hugli 
150  engl  Meilen  (32  deutsche  Meilen),  und  ausserdem  ist  dieser  Arm 
noch  berüchtigt  durch  seine  Fluthensturzwellen  (Bores).  Wir  haben  in 
Asien  noch  den  Schatt-el-Arab,  die  Mahanadi,  die  Irawadi,  den  Saluen, 
Menam,  Mekhong,  Si-kiang  und  Hoang-ho,  in  Afrika  den  2^ire  und 
Z^ambesi  und  in  Europa  die  Petschora  au£2suzählen,  von  denen  wir 
genau  wissen,  dass  sie  im  Bereiche  von  Ebbe  und  Fluth  münden. 
Man  muss  also  wohl  die  Ansicht  aufgeben,  als  hinderten  Ebbe  und 
Fluth  die  Deltabildung. 

Die  trompetenfbrmigen  Erwdterungen  der  Flussbetten  an  ihren 
Mündungen  sind  die  einfache  Folge  der  Berührung  des  leichten  Süss- 
Wassers  mit  dem  Seewasser.  Bei  jeder  oceanischen  Strommündung,  die 
durch  keine  Barre  verschlossen  wird,  selbst  wo  sich  Ebbe  und  Fluth 
nicht  zeigen  (und  wir  werden  später  ein  solches  Beispiel  anfbhren), 
wird  stets  das  Salzwasser  die  unterste  Schicht  des  Strombettes  ausfällen. 
Der  Süsswasserstrom,  der  über  dieser  Schicht  abfliessen  muss,  wird 
dadurch  seichter  gemacht,  und  er  muss,  was  er  an  Tiefe  verUert,  an 
Breite  zu  gewinnen  suchen.  Dies  ist  so  unbedingt  erforderlich,  dass  selbst 
die  Arme  von  Deltaströmen  wieder  ihre  trompetenfbrmigen  Mündungen 
haben,  wie  man  dies  am  Ganges  und  Indus  entwickelt  sieht,  wie  man  es 
selbst  an  den  „Pässen^  (Mündungen)  des  Mississippi  noch  wahrnimmt 
Ebbe  und  Fluth  bewirken  demnach,  dass  der  Strom  seine  Mündung 
um  das  Doppelte  öffiie,  als  er  ohnehin  schon  genöthigt  wäre;  denn  die 
eindringende  Fluth   ist  nichts  anderes  als  eine  sechsstündige  Stauung 

M  Rudolf  Credner,  Die  Deltas.    S.  51  f. 


XVII.    Die  Deltabildungen  der  Ströme.  411 

des  Flusses;  die  Ebbe  dagegen  besteht  aus  dem  Erguss  des  Stau- 
wassers und  des  zufliessenden  Stromwassers.  Im  Bereich  der  Fluth- 
wirkung  muss  sich  also  der  Strom  so  verbreiten,  dass  er  sein  sechs- 
stündiges Stauwasser  zwischen  seine  Ufer  aufiiehmen  kann. 

Will  man  solche  Stromerweiterungen  Aestuarien  oder  Fluthbecken 
nennen,  so  ist  das  nicht  unschicklich;  nur  muss  zuvor  der  BUck  des 
geographischen  Forschers  geschärft  werden,  dass  er  nicht  auch  grosse 
Buchten  wie  den  Laurentiusgolf  und  die  La-Plata-Bay  unter  die  Aestua- 
rien wirft.  Für  den  La  Plata  zumal  wäre^er  Ausdruck  um  so  ver- 
fehlter, als  der  berühmte  Fitzroy,  obgleich  er  Monate  lang  in  Monte- 
video und  Buenos  Ayres  vor  Anker  gelegen  war,  doch  nie  eine  Wirkung 
von  Ebbe  und  Fluth  verspüren  konnte. 

Wir  sehen  also,  dass  gerade  bei  demjenigen  Strome,  welcher  das 
geräumigste  aller  ^hohlen  Deltas^  besitzt,  Ebbe  und  Fluth  gänzlich 
fehlen  und  dass  wir  also  den  Ausdruck  Aestuarien  sehr  vorsichtig 
gebrauchen  sollten,  dass  echte  Aestuarien  wiederum  vorkommen  an 
echten  Deltaküsten,  dass  aber  allenthalben  die  echten  Aestuarien  nur 
ganz  gerinftlgige  Küsteneinschnitte  bilden  und  nicht  verwechselt  werden 
dürfen  mit  den  Golfen  oder  unterseeischen  Thälem,  in  die  sich  bis- 
weilen Flüsse  ergiessen.  Auch  wenn  es  keinen  Laurentiusstrom  gäbe, 
würde  doch  der  Laurentiusgolf  vorhanden  sein  ^) ;  denn  er  ist  mit  dem 
Bau  des  nördlichen  Amerika  entstanden  und  von  ihm  abhängig.  Der 
Laurentiusgolf  ist  nämlich  nichts  weniger  als  ein  von  den  Laurentius- 
wassem  ausgewaschenes  Becken,  sondern  vielmehr  ein  unterseeisches, 
in  das  Land  hineindringendes  Thal,  welches  den  Laurentiuswassem  die 
Bichtung  ihres  Ablaufes  vorgeschrieben  hat.  Nach  Logan's  Geologie 
von  Canada  begrenzen  beide  Ufer  des  Laurentiusgolfes  ansehnliche 
Gebirge,  die  sich  dem  Strome  an  einer  Stelle,  wo  er  schon  15  engl. 
Meilen  (3,2  deutsche  Meilen)  breit  ist,  nähern,  dann  aber  nördlich  wie 
südlich  zurückweichen,  so  dass  bei  Montreal  die  südliche  Erhebung 
bereits  50  und  die  nördliche  30  englische  Meilen  (10,7,  resp.  6,4  deutsche 
Meilen)  vom  Flusse  entfernt  liegt.  Beide  Gebirge  bilden  die  Mulden- 
wände des  Laurentiusbeckens,  und  erst  bei  Tadoussac  beginnt  das  Stück 
des  Stromes,  welches  man  als  sein  Aestuarium  oder  Fluthbecken  an- 
sehen darf.  Sind  solche  Golfe  Faltungen  des  Seebodens,  so  können 
sie  sich  auch  noch  tiefer  in's  trockene  Land  hineinerstrecken,  und  die 
Folge  wird  sein,  dass  auf  dem  Thalwege  der  Mulde  die  Ströme  ein 
bequemes  Bett  finden,  wodurch  dann  das  trügerische  Bild  entsteht,  als 

^)  Die  benachbarte  Chaleurbay,  eine  Wiederholung  der  nämlichen  Küsten- 
gliedcining,  ist  ein  solcher  Laurentiusgolf  ohne  Laurentiusstrom. 


412  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

sei  der  Golf  nur  die  Yerlängeruiig  eines  Flussbettes.  Dann  müsste 
man  aber  auch  den  Persischen  Meerbusen  als  eine  Fortsetzung  des 
Euphrat-Tigiis,  den  califomischen  als  eine  Fortsetzung  des  Colorado- 
Gila  betrachten«  Dass  aber  die  Ströme  zu  den  Golfen,  nicht  umgekehrt 
die  Golfe  zu  den  Strömen  gehören,  sehen  wir  am  La^Plata-Becken,  in 
das  sich  rechtwinklig  der  Uruguay  und  in  rechtwinkligem  Knie  der 
Parand  ergiesst  Noch  unzweideutiger  erscheint  das  Verhältmss  des 
Golfes  von  Craba  oder  Darien  zu  dem  deltabildenden  Atrato,  der  eine 
Zeit  lang  parallel  neben  diesem  „hohlen  Delta^  fliesst  und  gleichsam 
erst  nach  längerem  2iaudem  die  Gd^enheit  benutzt,  seinen  Lauf  durch 
den  Golf  zu  verkürzen.  Ja,  es  giebt  sogar  trichterartige  Ktisten<sin- 
schnitte,  in  die  sich  gar  kein  Fluss  ergiesst  Als  Beispiele  könnten 
schon  die  tiefen  Buchten  Patagonien's  gelten;  doch  nehmen  sie  immerhin 
wenigstens  kleine  KfLstenwasser  au^  wenn  diese  auch  nicht  verdächtigt 
werden  können,  jene  trompetenartigen  fünschnitte  verursacht  zu  haben. 
In  Australien  haben  wir  dag^en  im  Spencer-  und  im  geschwisterlichen 
St.-VincentBgolf  zwei  Eüstenhöhlungen,  die  man  für  exemplarische 
TjAestuarien^  ansehen  dürfte,  wenn  sich  Ströme  in  sie  ergiessen  würden. 
Der  Ausdruck  Aestuarien  passt  übrigens  nicht  eiomal  auf  alle  trom- 
petenartigen  Oeffiiungen  der  Ströme;  denn  wir  finden  diese  in  Gk>lfen 
ohne  Ebbe  und  Fluth  wie  in  dem  des  La  Plata;  wir  treffen  sie  eben- 
£a11s  in  Mittelmeeren  ohne  Fluthwellen,  in  den  Limanen  der  süd- 
russischen Flüsse,  die  sich  in  den  Pontus  ergiessen;  ja,  wir  b^egnen 
ihnen  sogar  bei  Mündungen  von  Seitengewässem  in  grosse  reissende 
Ströme,  wie  am  Amazonas,  so  dass  sie  also  überall  nur  als  die  Folge 
einer  Zurückstauung  des  Wassers  am  Ausguss  der  Flüsse  erscheinen. 
So  verein£suiht  sich  also  unsere  Untersuchung  auf  die  Beantwortung 
der  Frage,  warum  einige  Ströme  ihre  erdigen  Bestandtheile  sichtbar 
an  den  Mündungen  absetzen  und  andere  nicht 

Zu  allen  Zeiten,  mag  das  Wasser  eines  Flusses  klar  oder  trübe 
sein,  hält  es  mineralische  Bestandtheile  chemisch  au%elöst,  meistens 
Silicate  und  Kalk,  je  nach  den  Felsarten,  die  von  seinen  Wassern 
zerstört  werden.  Diese  Bestandtheile  sind  beim  Aufbau  der  Deltas 
nur  von  untergeordneter  Bedeutung;  denn  sie  werden,  wie  Gustav 
Bischof  lehrt,  meist  sehr  weit  in  das  Meer  hinausgeftihrt,  bevor  sie 
sich  wieder  ausscheiden.  Vielmehr  werden  die  Alluvionen  der  Flüsse 
im  wesentlichen  aus  den  sogenannten  schwebenden  Bestandtheilen  er- 
schaffen, die  uns  sichtbar  sind,  so  oft  das  Wasser  eines  Stromes  getrübt 
erscheint.  Es  ist  ganz  klar,  dass  nur  ein  Strom  Anschwemmungen 
bilden  kann,  der  solche  Erden  mit  sich  fortträgt.  Der  Rhein  ist  in 
seinem  ganzen  oberen  Laufe  bis  Rheineck  ein  hässUches  kalkgraues 
Wasser;  aber  bei  Schaffhausen  strahlt  er  in  grünblauer  Klarheit    Der 


XVII.    Die  Deltabildungen  der  Ströme.  413 

Rhone  im  Wallis  hat  eine  erdige  Schlammfarbe  ^) ;  wenn  wir  aber  auf 
der  Bousseau-Insel  oder  auf  der  neuen  Brücke  bei  Genf  ihn  abfliesaen 
sehen,  können  wir  die  Fische  in  dem  durchsichtigen  Wasser  zählen. 
Die  Aar  verlässt  bei  Thun  den  Thuner  See  in  idealer  Reinheit; 
dennoch  münden  bei  Unterseen  die  schmutzigen  Wasser  der  beiden 
Lütschinen,  und  die  Aar,  welche  bei  Interlaken  uns  durch  ihre  Durch- 
sichtigkeit ergötzt,  ist  ein  trübes  Wasser,  bevor  sie  in  den  Brienzer-See 
tritt.  Flüsse  also,  welche  durch  Seen  hindurchgehen,  verlieren  während 
des  Durchganges  ihre  schwebenden  Bestandtheile,  welche  vöUig  ver- 
braucht werden  zur  Ausfüllung  dieser  Wasserbecken.  Erst  wenn  diese 
ausgefiillt  sind,  können  die  Alpengewässer  ihre  Trübung  noch  im  weiteren 
Verlaufe  behalten.  Dies  kann  uns  zur  Erklärung  dienen,  weshalb  der 
Laurentiusstrom  kein  Delta  bildet;  denn  er  verlässt  den  Ontario-See 
so  rein  wie  durchgeseihtes  Wasser.  Dasselbe  ist  mit  seinem  Nachbar, 
dem  Saguenay,  der  Fall,  welcher  durch  den  St.-Johns-See  in  den  Lau- 
rentiusgolf  mündet.  Nur  dürfen  wir  diesem  Umstände  nicht  die  Bildung 
der  Trichtermündungen  zuschreiben;  denn  wir  kennen  Flüsse,  wie  die 
Elbe,  Themse,  Sevem,  welche  keine  Seen  durchströmen  und  doch  ge- 
öfihete  Mündungen  haben,  während  der  Mackenzie  Nordamerika's  uns 
wiederum  ein  Beispiel  Kefert,  dass  ein  Strom  selbst  dann  noch  ein 
Delta  bauen  kann,  wenn  auch  ein  beträchtlicher  Theil  seiner  Wasser 
aus  Seeabflüssen  (Athabasca-See,  Ghrosser  Sklaven-See,  Grosser  Bären- 
See)  besteht.  Wir  gewinnen  aber  dadurch  den  Satz,  dass  zur  Bildung 
von  Anschwemmungen  stets  ein  gewisser  Reichthum  schwebender  Be- 
standtheile gehört  und  dass  Ströme  höchst  selten  gleichzeitig  Seen  zu- 
schütten und  an  ihren  Mündungen  ein  Delta  bilden  können. 

Wie  afcer  der  Absatz  von  Schwemmland  vor  sich  geht,  das  müssen 
uns  die  Ströme  selbst  erzählen,  und  wir  befragen  zunächst  den  Missis- 
sippi, weil  seine  Thätigkeit  am  besten  erforscht  worden  ist.  Da,  wo 
die  Ströme  Niederungen  erreichen,  erbauen  sie  sich  bekanntlich  selbst 
ihr  Bett  und  verwandeln  sich  ungeheissen  in  Canäle,  insofern  sie  an 
ihren  Ufern  Böschungen  oder  Bänke  absetzen.  Diese  Bänke  wachsen 
fortwährend,  weil  auch  der  Fluss  sein  Rinnsal  durch  neue  Absätze  be- 
ständig erhöht.  Der  Spiegel  des  Stromes  erhebt  sich  bisweilen  so  hoch 
über  die  angrenzende  Landschaft,  dass  man  seine  Uferränder  nur  zu 
durchstechen  braucht,  um  eine  künstliche  Bewässerung  zu  erzielen, 
was  auch  die  Kirgisen  am  Syr-Darja  auszunützen  pflegen.  Nach  der 
Mündung  zu  werden  jedoch  die  Bänke  oder  Ufereinfiussungen  immer 
niedriger;  sie  sinken  beim  Mississippi  von  über  5  auf  0,6  bis  0,5  Meter 

^)  Seine  Allavionen  wachsen  sehr  rasch.  Port  Valais  (Portus  Valesiae) 
lag,  wie  H.  B.  de  Saussure  bemerkt,  zur  Eömerzeit  noch  am  See;  jetzt  be- 
findet es  sich  eine  Stunde  landeinwärts. 


414  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

über  den  Flussspiegel  in  der  Nähe  der  Pässe,  wie  man  bekanntlich 
die  Ergüsse  des  ^Mississippi  nennt  Diese  Art  von  Wasserbauten  ist 
beim  Mississippi  deatlicb  sichtbar  da,  wo  die  Strommasse  vor  den 
Pässen  in  eine  Kreuzform  sich  zertheilt.  !Man  vergesse  nicht,  dass  der 
Mississippi  sein  Delta  in  sehr  grosse  Tiefen  hinaus  gebaut  hat  und 
dass,  wenn  wir  plötzlich  den  Mexicanischen  Grolf  trockenl^en  könnten, 
die  Strombauten  des  Mississippi  hoch  aufgeschütteten  Canälen  mit  tiefen 
Rinnen  und  sanften  Böschungen  gleichen,  zugleich  aber  auch  als  das 
Gerippe  oder  das  Fach-  und  Ri^elwerk  des  Deltas  erscheinen  würden. 
Die  Mündungsarme  des  Mississippi  wachsen  nach  Talcot  80  Meter 
durchschnittlich  alle  Jahre  in  den  Grolf  hinein,  doch  mit  dem  Unter- 
schiede, dass  der  Südwestpass,  durch  welchen  allein  34  Procent  der 
W^asser  abfliessen,  ein  stärkeres  Wachsthum,  nämlich  um  103  Meter 
zeigt,  während  die  Nordost-  und  Südostpässe  bloss  um  40  Meter  jähr- 
lich sich  verlängern  ^).  Nur  zur  Hochwasserzeit  findet  das  Wachsthum 
statt;  es  ruht  dag^en  gänzlich  in  den  vier  Monaten  des  Niederwassers 
wie  in  den  zwei  Monaten  der  Uebergänge.  Sobald  der  geschwollene 
Mississippi  an  den  Pässen  anlangt,  findet  er  dort  eine  wallartige  Barre, 
die  er  selbst  erbaut  hat,  ein  Jahr  firüher,  am  Schluss  der  Hochwasser- 
zeit. Der  hochgehende  Strom  besitzt  jedoch  Elraft  genug,  in  dieser 
Barre  eine  Rinne  auszufurchen  und  sie  in  eine  neue  Canalstrecke  zu 
verwandeln,  die  er  am  Schlüsse  des  Hochwassers  abermals  durch  eine 
jüngere  Barre  schliesst,  welche  aber  um  etwa  80  Meter  weiter  in  den 
Golf  hineinrückt  und  die  er  im  nächsten  Jahre  abermals  zu  durch- 
brechen beabsichtigt 

Die  Höhe  der  Uferbänke  reicht  bei  ungestörtem  Abfluss  vollständig 
hin,  um  den  Strom  zu  fassen;  tritt  aber  örtlich  eine  Stauung  ein  oder 
eigiesst  sich  vielleicht  ungewöhnlich  viel  Hochwasser,  so  kann  es  nicht 
ausbleiben,  dass  der  Strom  hie  und  da  über  seine' Bänke  abfliesst,  dass 
er  eine  Lücke  hineinreisst  und  sich  einen  Seitenei^ss  verschafit.  So 
lange  das  Hochwasser  dauert,  wird  ein  Theil  des  Stromes  durch  den 
Dammbruch  einen  Weg  finden,  und  bleibt  ein  solcher  Arm  eine  längere 
Periode  geöffiiet,  so  nennt  man  ihn  am  Mississippi  ein  Bajou.  Be- 
trachten wir  nun  die  Karte  seines  Ddtas  (Fig.  69),  so  wird  es  auf 
den  ersten  Blick  so  scheinen,  als  habe  der  Mississippi  ursprünglich 
seinen  Lauf  von  Nord  nach  Süd  fortgesetzt  und  sei  anfiüiglich  durch 
den  Atchafalaya,  dann,  als  diese  Mündung  unbrauchbar  wurde,  weiter 
östUch  durch  das  Bayou  Lafourche  abgeflossen,  bis  er,  immer  weiter 
ostwärts  gedräi^  sein  heutiges  Rinnsal  sich  erschuf.    Olücklicher  Weise 

^)  A.  A  Humphreys  aud  H.  L.  Abbot,  Report  upon  the  Physics  and 
Hydraullca  of  the  Mississippi  River.    Philadelphia  1861.    p.  435. 


416  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Zwar  emp&ngt    der   Mismasippi  dort  gerade   einea   Stoss   vom    Ked 
Biyer  in  der  gonstigeii  Sichtong;  aber  es  ist  doch  nicht  mehr  als  der 
Stoss  eines  Kindes  auf  einen  rostig  ausschreitenden  Mann.    Vielleicht 
hat  aber  dieselbe  Eraft^  wdche  den  Mississippi  nach  Südosten  drangt« 
auch  auf  seinem  rechte  Ufer  den  Ueberflnss  an  nenem  Lande  hobei- 
getragen.    Nun  haben  wir  aber  aussen  im  Mexicanischen  Meerbusen 
eine  solche  Ej^  in  dem  Gol&trom,  der  sich  rechtwinklig  zur  Haopt- 
richtong  des  Mississippi  oder  in  seinem  Becken  von  links  nach  rechts 
wie  der  Zeiger  einer  Uhr  bew^t    Da  der  Golfstrom  an  den  „Pässen" 
noch  deaüidi  gespürt  wird,  so  werden  auch  die  Wasser  an  den  Golf- 
rändern    von    der    allgemeinen    Bewegung   mit   nach   Osten  getragen 
werden,  und  dieser  Bew^ung  ist  es  zuzuschreiben,  dass  sich  auf  dem 
rechten  Ufer  des  Mississippi  mdir  Schwemmland  angehäuft  hat  als  auf 
dem  linken.     Es  kamen  dann  zu  dem,    was    die  Bayous   absetzten 
und  was  der  Red  Siver,  als  er  noch  in  seinem  alten  Bette  floss,  herbd- 
brachte,  die  Sedimente  aller  Küstenflüsse  im   Westen  des  Bed  Biver 
hinzu,  die  durch  die  kreisende  Bew^ung  des  Gt>lfwasser8  der  Küste 
endang  geschoben  wurd^i,  bis  die  Uferbänke  des  Mississippi  sie  auf- 
hielten.   Recht  zuversichtlich  aber  werdoi  wir  dies  erst  dann  bdiaupten 
dürfen,  wenn   sich  an  den  AlluYionsbauten  auch  anderer  Flüsse  die 
Thätigkeit  von  Küstenströmungen,   wo  solche  vorhanden  sind,  nach- 
weisen lässt 

Betrachten  wir  daher  den  Nil  (s.  Fig.  47  in  Bd.  I,  S.  373),  an 
dessen  Mündungen  vorüber  gleichfidls  eine  kräftige  Küsteoströmung 
von  West  nach  Ost  strdcht!  Um  die  Schlammbauten  des  Altvaters 
der  Ströme  nicht  nusszuverstehen,  müssen  wir  an  einige  Veränderungen 
in  der  historischen  Zeit  erinnern.  Die  Lagunen,  welche  dem  Nordrand 
des  Deltas  seinen  amphibisdien  Typus  geben,  waren  zu  Strabo's 
Zeiten  schon  vorhanden,  jedoch  mit  einigen  Unterschieden.  Der  Mannt 
(Mareotis)  trocknete  seit  der  christlichen  Zeitrechnung  bdnahe  völHg 
aus,  bis  ihn  die  Briten  während  des  Bonaparte'schen  Feldzuges  mittelst 
eines  Durchstiches  bei  Abukir  neuerdings  wieder  killten.  Die  anderen 
Lagunen  weiter  gegen  Osten  sind  eben£üls  im  Austrocknen  begrifikii, 
mit  Ausnahme  des  Mensaleh-Sees,  welcher  sich  vergrössert  und  ehemals 
bewohntes  Marschland  in  neuerer  Zeit  überschwemmt  hat,  sdtdem  man 
die  Dämme  am  Ufer  vernachlässigte  und  das  Mittelmeer  durch  die 
alten  mendesischen  und  tanitischen  Nilmündungen  (östtich  von  Damiette) 
wieder  hereintrat  Damiette  und  Rosette  higen  noch  zur  Zeit  der 
letzten  Kreuzzüge  am  Meere,  sind  aber  durch  das  Vorrücken  des 
Schwemmlandes  in  Nilstädte  verwandelt  worden.  Strabo  zählte  noch 
sieben  Mündungen  auf,  wovon  die  canopische  am  weitesten  nach  Westen, 
die  pelusische  am  weitesten  nach  Osten  lag.    Die  drei  wasserreichsten 


XVn.    Die  Deltabildungen  der  Ströme.  417. 

Kilergüsse  im  Alterthiun  waren  die  canopische  (in  der  Mitte  zwischen 
Alexandria  und  Hosette),  die  bolbitinische  (Rosette- Arm)  und  phatnitische 
(Damiette-Arm).  Geographen  und  Geologen  sind  einig,  dass  in  vor- 
historischer Zeit  der  Nil  durch  den  Bahr-bela-ma  (FIuss  ohne  Wasser) 
und  durch  die  heutigen  Natron-Seen  westlich  von  Alexandria  sich 
ergoss,  so  dass  die  Nehrungen  der  Edku-Lagune  als  ein  älteres  Ge- 
schenk des  Nil's  zu  betrachten  sind.  Jetzt  ei^esst  sich  der  Nil  haupt- 
sächlich nur  durch  die  zwei  grossen  Arme  von  Damiette  und  Rosette. 
Man  könnte  daher  versucht  sein,  zu  schliessen,  dass  der  Vater  Nil,  der 
Verzettelung  seiner  Wasser  durch  besenartige  Theilung  überdrüssig, 
zu  einem  einfacheren  Strombaue  zurückzukehren  trachte.  Aber  seit  Jahr- 
tausenden hat  man  durch  Canäle  und  Dämme  so  viel  an  seinem  Lauf 
herumgedoctert,  dass  das  Wasser  nicht  mehr  ,,einhertritt  auf  der 
eigenen  Spur". 

Es  bedarf  keiner  langen  Beweise,  dass  das  ausströmende  Fluss- 
wasser, wenn  es  vor  seiner  Mündung  einer  Küstenströmung  begegnet, 
von  dieser  seine  Richtung  emp&ngt,  wie  der  Rauch  eines  Fabrikkamins 
gleich  einer  Wind&hne  von  der  bewegten  Luft  fortgetragen  wird.  Der 
Schlamm  eines  westlichen  Armes  des  Nil's  wird  sich  daher  an  den 
westlichen  Uferbänken  seines  östlichen  Nachbars  ansammeln,  und  das 
Marschland  westlich  vom  Damiette -Arm  stanmit  sichtlich  aus  dem 
Rosette- Arm,  das  Land  westlich  vom  Rosette- Arm  aus  der  älteren  cano- 
pischen  Mündung.  Gerade  dort,  wo  der  Eüstenstrom  gegen  die  vor- 
rückenden Uferbänke  sich  bew^,  finden  wir  auch  die  breitesten  An- 
sätze von  Schwenmiland,  das  aus  einem  Gemisch  von  Nilschlamm  mit 
Mittelmeersand  besteht').  Dies  bestimmte  den  scharfisichtigsten  aller 
Städteerbauer,  den  macedonischen  Alexander,  den  Ort  zu  dem  grössten 
Seeplatze  des  Alterthums  und  des  Mittelalters  auf  einer  Nehrung  der 
Mariutlagunen  zu  suchen,  wo  der  Hafen,  oberhalb  der  Mittehneer' 
Strömung  gelegen,  keine  Verschlammung  zu  besorgen  hatte. 

Nirgends  aber  ist  die  Wirkung  der  Eüstenströmungen  im  Aufbau 
des  Landes  sichtbarer  als  in  Südamerika,  wo  die  grosse  Aequatorial- 
strömung  längs  der  Küsten  nach  dem  Golf  von  Paria  strebt,  um  sich 
mit  Hast  und  Gewalt  durch  den  Drachenschlund  (Boca  del  Drago^)) 
in  das  Caribische  Meer  zu  ergiessen.    Zwischen  Essequibo  und  Orinoco 

• 

^)  Seit  der  Bau  des  neuen  Dammes  bei  Port  Said  begonnen  worden  ist, 
hat  sich  an  seiner  Westseite  soviel  Sand  und  Schlamm  abgesetzt,  dass  der 
Qnai  Eng^nie  bereits  um  1  Va— 2  Kabel  Breite  vom  Meere  getrennt  worden  ist, 
welches  ia  den  ersten  Jahren  beinahe  unmittelbar  an  die  dortigen  Gebäude 
reichte,    v.  Teget t hoff  bei  Zenker,  Der  Suez-Canal.    Bremen  1869.    S.  lu. 

^)  So  schreiben  fast  alle  Karten;  richtiger  wäre  indessen  Boca  del 
Dragon. 

Peschel-Leipoldt,  Phj.«.  Erdkunde.    IT.  27 


418 


Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 


finden  wir  nicht  weniger  als  drei  Küstenflüase,  Pomeroon,  Maini*)^ 
Barima  (s.  Fig.  70),  die  an&ngs  senkrecht  gegen  den  Ocean  fliessea 
und  dann  plötzlich  wie  aof  Grehdss  um  ein  Eürdsviertel  nach  links 
schwenken.  Wer  lehrt  uns  der  Anblick  der  Natur  im  Eartraibildey 
dass  die  KfistraistrSmung  mächtig  genug  war,  die  FlOsse  mit  sich  fort- 
zuziehen. Erst  hat  sie  dieselben  umgebog^i  und  dann  an  lüxrea  reehtea 
Ufern  neues  Iiand  angehäuft  Denf  Pomeroon  führte  sie  die  Schlamm- 
maasen  des  Essequibo,  dem  Maini  die  des  Pomeroon,  dem  Barima  die 

Fig..  70. 


Dm  OriaocodelU  mad  di«  XtelraflAaM  tob  BritisdHOvajaBa. 


des  Maini  zu,  nachdem  zuvor  der  Barima  schon  auf  ähnliche  Art  einen 
linken  Nachbar  in  ein  Seitengewässer  des  Orinoco  yerwanddt  hatte. 
Wie  die  Bäume  ihre  Jahresringe  absetzen,  so  sieht  man  dort  das 
britische  Guayana  um  einen  neuen  AUuyionssaum  wachsen,  und  zwar 
dauert  dieser  Vorgang  noch  immer  fort  ^Mandier  Eüstenbewohner 
des  britischen  Guayana,  der  vor  wenigen  Jahren  aus  seinen  Fenstern 
noch  das  Meer  erblickte,"  bemerkt  Richard  Schomburgk,  «sieht 
sidi  jetzt  durch  einen  Wald  von  Leuchterbäumen  (Bhizophoren)  davon 

^  So  faeisst  dieser  Fluss  auf  den  älteren  Karten;  Schombargk  dagegen 
schreibt  Waini. 


XYII.    Die  Deltabildungen  der  Ströme. 


419 


getrennt  Herr  Mac  Clintoek  versicherte  mir^  dass  das  östliche 
Ufer  des  Pomeroon  während  seines  sechsjährigen  Aufenthaltes  sich  um 
eine  Achtel -Meile  (mile),  das  westliche  um  40  Fuss  (12  Meter)  ver- 
längert habe.^  Wir  könnten  noch  hinzufügen,  dass  zwischen  Amazonas 
und  Essequibo  dieselben  Erscheinimgen  wiederkehren.  Auch  dort  finden 
wir  Küstenflüsse  in  der  Eichtung  der  oceanischen  Strömung  umgebogen, 
wie  den  letzten  rechten  Nebenfluss  des  Surinam,  wie  den  Saramaca 
und  den  Fluss,  der  bei  Cap  Cassipuri  mündet  Auch  wird  man  be- 
obachten, dass  £Eist  alle  Mündungsstrecken  der  Flüsse  sich  nach  links 
neigen,  keine  nach  rechts,  femer  dass  alle  Landzungen  von  rechts 
nach  links,  also  in  der  Richtung  der  Küstenströmung  wachsen.  Andere 
Beispiele  finden  sich  an  der  Nordküste  Südamerika's.  „Sur  les  cotes 
ntogrenadines,^  bemerkt  Elisöe  ßeclus^),  „qui  s'^tendent  du  cap 
de  la  Vela  au  pied  des  montagnes  neigeuses  de  Santa-Marta,  toutes 
les  bouches  fluviales  sont  repouss^es  vers  l'ouest  par  le  courant  du 
littoral  qui  se  porte  vers  le  golfe  du  Darien."  Diese  Küstenströmung 
biegt  um  die  Punta  de  Caribana,  ergiesst  sich  südwärts  in  den  Golf 
von  Uraba  und  nöthigt  dort  den  Atrato,  auf  der  anderen  Seite  des 
Golfes  abzufliessen;  dadurch  wird  wiederum  die  Tanela  bei  ihrer  Mün- 
dung senkrecht  umgebogen,  und  es  erfolgt  ein  Absatz  von  Schwemm- 
land, genau  wie  bei  den  Flüssen  Guayana's^).  Wir  ziehen  indessen 
ein  anderes  Küsten- 
gemälde der  äquato-  ^^^'  '^^' 
rialen  Natm:  im  atlan- 
tischen Afiika  zum 
Vergleiche  vor,  näm- 
lich die  Umgebung 
des  Cap  Lopez  (s. 
Fig.  71),  wohin  der 
Ursprung  der  süd- 
lichen Aequatorialströ- 
mung  verlegt  wird ; 
wenigstens  bewegen 
sich  an  der  dortigen 
Küste  die  atlantischen 
Wasser  von  Süd  nach 
Nord.     Der   Ogowai 

wie  der  Bembo  sind  dort  genöthigt  worden,  in  die  Kniee  zu  brechen 
und  durch  die  Nazareth-  und  Fernando- Vaz-Arme  sich  einen  Weg 

*)  La  Terre.    Deuxiöme  Edition.    Paris  1870.    Tome  I,  p.  446. 
*)  Vgl.  Lncien  de  Puydt*8  Karte  des  Isthmus  von  Danen  im  Journal 
of  tbe  R  Geogr.  Society  of  London  1868,  p.  69. 

27* 


Afrikanische  Allnvionsbildungen  b«i  Cap  Lopez  nach  SerTaTs 
Aufnahme,  ans  Petermann*s  Hittheilnns^n  redncirt. 


420  Dritter  TheiL    Die  Wasser  -  nnd  Lufthülle  der  Erde. 

nach  dem  Meere  zu  suchen.  An  der  Mündung  des  Fernando  Yaz 
hatte  sich  zwischen  du  Chaillu's  erstem  und  zweitem  Besuch  durch 
An-  und  Ahschwemmung  so  vidi  Tcrändert,  dass  er  nach  vier  Jahren 
die  alten  Oerthchkeiten  kaum  wiedererkannte ').  Mit  der  Zeit  wird 
aber  jeder  Strom  Neigung  spüren,  wieder  in  seine  alte  straffe  Bichtung 
zurückzufallen.  Es  werden  sich  bei  Hochwasser  Bayous  bilden  und  zwar 
am  leichtesten  an  der  Stelle,  wo  das  Ejü^elenk  des  Stromes  liegt 
Ein  solches  Bayou  des  Rembo  ist  die  Gamma  und  des  Ogowai  der 
Arm,  der  als  N'pulunai  von  Serval  bezeichnet  wird.  Dauert  diese 
Neigong  fort,  so  kann  es  geschehen,  dass  die  Bayous  durch  allmähliche 
Vertiefung  die  ganze  Wassermasse  an  sich  ziehen  und  das  Kniestück 
des  Stromes  durch  Versandung  wieder  auslöschen.  Aehnliche  Verhält- 
nisse bietet  die  Mündung  des  Sensal.  Etwa  20  Kilometer  vom  Meere 
entfernt  wendet  er  sich  plötzlich  nach  Süden  und  fliesst  lange  Zeit  in 
gleichem  Sinne  mit  der  Küstenströmung  parallel  dem  atlantischen  Ufer 
von  Nord  nach  Süd,  bis  er  endlich  südlich  von  St.  Louis  das  Meer 
erreicht  (Fig.  72).  In  firüherer  Zeit  setzte  der  Strom  oder  wenigstens 
einer  seiner  Arme  seinen  geraden  Lauf  von  Ost  nach  West  bis  zum 
Ocean  fort,  und  man  findet  noch  heute  an  Stelle  des  alten  Bettes  dne 
sumpfige  Hinne,  die  unter  dem  Namen  des  Marigot  von  N'diadier  oder 
der  Maringouiens  bekannt  ist  Es  wäre  sehr  leicht  mögUch,  dass  der 
Senegal  später  wieder  einmal  in  diese  alte  Strasse  zurückkehrte.  Auch 
bei  den  Küstenflüssen  Guayana's  sehen  wir  den  Durchbruch  eines 
Bayou  ganz  deutlich  beim  Maini  eintreten.  Hat  der  Fluss  seine  alte 
Bichtung  wiedergewonnen,  so  b^;innt  eine  neue  Umbi^ung,  mit  der 
ein  neuer  Gewinn  von  Land  verknüpft  ist 

Jetzt,  wo  wir  eine  Anzahl  Flüsse  bei  ihren  Uferbauvenichtungen 
belauscht  haben,  wird  es  uns  vielleicht  gelingen,  zu  einer  beruhigenden 
Erklärung  zu  gelangen,  weshalb  manche  Ströme  gar  nichts  zur  Mehrung 
des  festen  Landes  beizutragen  scheinen.  Der  Mississippi  hat,  wie  sich 
recht  genau  berechnen  lässt,  erst  vor  4400  Jahren  begonnen,  sein 
Delta  zu  erbauen ;  denn  vor  dieser  Zeit  mündete  er  zwischen  tertiären 
Ufern.  Damals  waren  bereits  die  Chinesen  vom  Künlün  hinabgezogen 
an  den  Hoang-ho,  um  Wälder  zu  lichten  und  Sümpfe  auszutrocknen; 
aber  etliche  Jahrhunderte  mussten  noch  verstreichen,  ehe  die  ältesten 
Pyramiden  am  Nil  erbaut  wurden.  Fragt  man,  womit  sich  der  Missis- 
sippi in  seinem  ante-alluvialen  Alter  beschäftigt  habe,  so  vermuthen 
Humphreys  und  Abbot,  seine  Biographen,  dass  er  weiter  ober- 
halb zuerst  einen  See  ausschütten  musste.  Geologische  Urkunden  dner 
solchoi  Leistung  werden  sich  vielleicht  noch  aufiSnden  lassen,  und  fiir 

')  Du  ChaillUi  AshaDgo-Land.    p.  9. 


XVU«    Die  Deltabildungen  der  Ströme. 


421 


alle  Fälle,  wo  Ströme  durch  Seen  gehen,  besitzen  wir  eine  Eecht- 
ferligung  für  den  Mangel  an  Schwemmland  vor  ihrer  Mündung.  Sie 
reicht  aus  für  den  LaurentiuBstrom,  der  aus  dem  Ontario-See  abfliesst, 
und  fiir  Back's  grossen  Fischfluss,  der  eine  ganze  Eeihe  yon  Becken 

Fig.  72. 


Du  Mlkndniigsgebiet  des  Senegal. 


ZU  durchlaufen  hat;  sie  erklärt  uns  aber  nicht,  dass  sich  die  Weser, 
Elbe  und  Themse  ihre  Mündungstrichter  offen  erhalten  haben.  Die 
Themse  zwar  ist  auffallend  arm  an  schwebenden  Bestandtheilen,  und 
wo  diese  mangeln,  kann  eine  Ausfüllung  der  Mündung  nicht  stattfinden. 
Die  Armuth  des  Themse- Wassers  an  schwebenden  Bestandtheilen  erklärt 
aber  Gustay  Bischof  damit,  dass  ihr  Wassergebiet  oder  ihr  Erosions- 
bereich in  Kalkgebirgen  Hegt,  deren  BestandtheUe  vom  Wasser  chemisch 


422  Dritter  TheU.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

aufgelöst  werden.  In  der  That  ist  durch  genaue  Analysen  festgestellt 
worden,  dass  die  Menge  der  in  dem  Themse- Wasser  gelösten  kohlen- 
sauren Ealkerde  stets  viel  grösser  ist  als  die  der  schwebenden  Bestand- 
theile^).  Doch  wendet  Kudolf  Credner  in  seiner  schon  mehrfisich 
erwähnten  lehrreichen  Arbeit:  „Die  Deltas"  (S.  47)  g^en  die  Be- 
hauptung Bischofs  mit  Becht  ein:  „Wäre  die  erwähnte  petro- 
graphische  Beschaffenheit  des  Erosionsgebietes  der  Themse  wirklich  die 
einzige  Ursache  des  Fehlens  eines  Mündungsdeltas  derselben,  so  müssten 
naturgemäss  auch  andere  Flüsse,  deren  Entwässerungsbereich  aus 
kalkigen  Gesteinsarten  besteht,  Deltabildungen  vermissen  lassen.  Solches 
müsste  beispielsweise  bei  der  Piave,  dem  Tagliamento  und  Isonzo  an 
der  nordadriatischen  Küste,  der  Narenta  in  Dalmatien,  dem  Arno, 
Ombrone  und  der  Magra  in  Toscana  der  Fall  sein.  Trotzdem  sind 
sie  sämmtlich  Deltaflüsse,  die  (mit  Ausnahme  der  Karenta)  ihre  An- 
schwemmungsgebiete beständig  weiter  in  das  Meer  hinaus  vorrücken.*^ 
Wir  müssen  darum  nach  anderen  Ursachen  forschen,  welche  die  Ent- 
stehung der  Deltas  Terhindem.  Eine  solche  ist  ohne  Zweifel  auch  das 
Alter  oder  die  Ermüdung  der  Ströme. 

Wenn  das  Gebirge  oder  das  Hochland,  wo  der  Strom  entspringt, 
sich  nicht  mehr  hebt,  was  bei  den  älteren  Gebirgen  meistens  der  FaQ 
sein  wird,  so  muss  dadurch,  dass  die  Flüsse  xmd  die  ihnen  zuströmen- 
den Bäche  beständig  ihre  Thäler  tiefer  ausfiirchen  und  ihre  Betten 
erniedrigen,  das  Gefäll  beständig  geringer  werden.  ]VIit  der  Abnahme 
des  Ge&lls  sinkt,  wenn  alles  Uebrige  gleich  bleibt,  die  Geschwindigkeit 
des  Flusses,  folglich  seine  Kraft,  Geschiebe,  Sand  und  Schlamm 
bis  zur  Mündung  zu  tragen.  Der  Fluss  ermüdet,  oder  er  altert, 
wie  man  sagen  kann,  bis  er  sich  einem  in  der  Natur  nie  völlig  vor- 
handenen, aber  doch  denkbaren  Zustande  nähert,  wo  eine  Erosions- 
ruhe eintritt 

Indessen  müssen  wir  uns  hüten,  ausschUesslich  von  dem  Gefidle 
der  Flüsse  und  ihrer  Sedimentßihrung  den  Aufbau  der  Deltas  abhängig 
zu  machen.  So  ist  das  GefiLÜe  der  Elbe  zwischen  Magdebuig  und  der 
Mündung  ein  ziemlich  beträchtliches  (0,0716  Meter  pro  Eolometer)  und 
übertrifft  nicht  unerheblich  das  des  Mississippi  (von  St  Louis  bis  zur 
Mündung  0,05  Meter  pro  Kilometer),  des  Nil's  (von  C!airo  bis  zur  Mün- 
dung 0,04  Meter  pro  Kilometer),  der  Donau  (von  Pressburg  bis  zur 
Mündung  0,035  Meter  pro  Kilometer)  und  der  Wolga  (von  Zarizyn 
bis  zur  Mündung  0,02  Meter  pro  Ejlometer) ;  dennoch  ist  sie  unter  d^i 

')  Gustav  Bischof,  Lehrbuch  der  chemischen  und  phjBikalischeu 
Geologie.    Bonn  1863.    Bd.  I,  S.  278  f. 


XVII.    Die  DeltÄbildungen  der  Ströme.  423 

genannten  Strömen  allein  ohne  Delta.  Da  übrigens  die  Geschwindig- 
keit eines  Stromes  nicht  allein  mit  seinem  Ge&Ue,  sondern  gleichzeitig 
mit  seiner  Wassermasse  wächst,  so  wird  auch  durch  diese  seine  grössere 
oder  geringere  Transportßlhigkeit  bedingt.  Doch  ist  auch  die^  Geschwin- 
digkeit des  Abflusses  bei  der  Deltabildung  keineswegs  entscheidend. 
So  schiesst  der  Mississippi  bei  einer  mittleren  Abflussmenge  von  17440 
Cubikmetem  in  der  Secimde  pfeilschnell  dahin,  während  die  Donau, 
welche  dem  Pontus  in  jeder  Secunde  9180  Cubikmeter  Wasser  liefert, 
schon  bei  Semlin  so  langsam  ihres  Weges  dahinzieht,  dass  die  Be- 
wegung des  Wassers  nur  durch  einen  auf  der  Oberfläche  schwimmen- 
den Körper  zu  erkennen  ist.  Und  doch  sind  beide  Ströme  die  Schöpfer 
mächtiger  Deltas.  Auch  der  Nil,  dessen  mittlere  Abflussmenge  nach 
Lombardini's  Messungen  3682,  nach  denen  Talabot's  nur  2908 
Cubikmeter  in  der  Secimde  beträgt,  schleicht  so  langsam  dahin,  dass 
man,  wie  uns  Oscar  Fraas^)  belehrt,  „am  Flusse  selber  niemals  die 
Stromrichtung  zu  beurtheilen  im  Stande  ist",  und  doch  ist  auch  er 
unermüdet  thätig,  sein  Delta  zu  vergrössem  *). 

Da  die  Deltas  durch  die  Schwenunproducte  der  Flüsse  geschaffen 
werden,  so  muss  immerhin  ganz  nothwendig  eine  stärkere  Sediment- 
fiihrung  die  DeltabUdimg  begünstigen.  In  der  That  besitzen  viele 
Deltaflüsse  einen  ausserordentlichen  Sedimentreichthum.  Wir  entnehmen 
den  werthvollen  Zusammenstellungen  Credner's*)  über  diese  Ver- 
hältnisse einige  besonders  instructive  Angaben.  Nach  Forshey,  welcher 
während  52  Wochen  (vom  Februar  1851  bis  dahin  1852)  bei  Carrolton 
oberhalb  New-Orleans  das  Mississippi- Wasser  untersuchte,  transportirt 
der  Mississippi  allein  in  schwebendem  Zustande  alljährlich  812500 
Millionen  amerikanische  Pfimd  (368875  Millionen  Kilogramm)  erdiger 
Theile  in  den  Golf  von  Mexico  hinab,  wobei  alle  diejenigen  Stoffe 
(Eies,  Schlamm,  zusammengeballte  Thonkugeln  etc.)  noch  imbenick- 
sichtigt  geblieben  sind,  welche  der  Strom  auf  seinem  Boden  fortwälzt 
(etwa  750  Millionen  amerikanische  Cubikfiiss  =  21,25  Millionen  Cubik- 
meter). Das  erstgenannte  Material  würde,  gleichmässig  über  eine  Fläche 
von  einer  amerikanischen  Quadratmeile  (=  2,59  Quadratkilomet^) 
ausgebreitet,  diese  um  241,  das  letztere  um  27  amerikanische  Fuss 
(73,5  +  8,2  =  81,7  Meter)  erhöhen  *).  Der  Ganges  bewegt  bei  Gasipur 
(110  geogr.  Meilen  oberhalb  der  Mündung,  zwischen  Banaras  und  Patna) 
nach  Everest's  Messungen  folgende  Erdmassen  fort: 

>)  Aus  dem  Orient.    Stuttgart  1867.    Bd.  I,  S.  211. 

>)  Bndolf  Crednier,  Die  Deltas.    S.  48. 

*)  L^c.  S.  45  f. 

*)  A.  A.  HumphreyB  and  H.  L.  Ab  bot,  1.  c.  p.  148. 


424  Dritter  Theil.    Die  Wasser  -  und  Lufthülle  der  Erde. 

6  082  041  600  oiglische  Cabikfoss  in  122  B^en-Tagen, 
247  881 600        „  „  „   den  5  Wintermonaten, 

38 154  240        .  n  7)   den  3  trockenen  Monaten, 


6  368  077  440  englische  Cabikfiiss  (c.  180  Millionen  Cabiknieter) 
im  Jahre. 

Mittelst  einer  solchen  Sedimentmasse  könnte  man  eine  Fläche  von 
228  Vs  englischen  Quadratmeilen  nm  1  englischen  Fuss  (1  Quadrat- 
kilometer um  180  Meter)  aufschütten^).  Der  Indus  trSgt  im  Laufe 
eines  Jahres  5866  Millionen  Cubikfiiss  (166  Millionen  Cubikmeter) 
Sedimente  iq  das  Meer  hinab  ^)  und  die  Donau  32,85  Millionen  Cubik- 
meter (täglich  90  000  Cubikmeter  nach  zehnjährigen  Beobachtungen,  in 
den  Jahren  1870  und  1871  sogar  208500  Cubikmeter  täglich) »). 

Umgekehrt  sind  gewisse  deltalose  Ströme  ausserordentlich  arm  an 
Sinkstoffen.  So  enthält  die  Themse  bei  Battersea  im  Maximum  nur 
2,74  feste  Theile  in  100  000  Theilen  Wasser,  während  im  Hoang-ho 
500,  im  Ganges  87,  im  Nil  160,  im  Rhone  40—59  Theile  auf  eine 
gleiche  Wassennasse  kommen.  Doch  würden  wir  irren,  wenn  wir  von 
der  Sedimentfiihrung  eines  Stromes  allein  die  grössere  oder  geringere 
I^Qiigkeit,  ein  Delta  zu  bilden,  abhängig  machen  wollten.  So  barg 
die  Weichsel  nach  G.  Bischofs  Ermittelungen  im  Jahre  1853  selbst 
bei  Culm,  aiao  noch  mehr  als  15  geographische  Meilen  oberhalb  der 
Mündung,  bei  Hochwasser  im  März  nur  5,82,  im  April  bei  3  Meter 
niedrigerem  Wasserstand  nur  2,53  schwebende  Bestandtheile  in  100  000 
Theilen  Wasser^);  trotedem  ist  ihr  Delta  noch  in  stetem  Wachsen  be- 
griffen. Hingegen  ist  das  Wasser  der  Gironde  ausserordentlich  rrich 
an  Sinkstoffen  (417  feste  Theile  in  100000  Theüen  Wasser),  noch 
reicher  als  dasjenige  des  Ganges,  desNil's,  des  Mississippi,  des  Rh5ne. 
Dennoch  vermissen  wir  bei  ihr  jede  Spur  eines  Deltas;  viehnehr  ergiesst 
sie  sidi  in  einen  offenen  Mündungstrichter.  Auch  ftir  die  Elbe  ist  es 
unzulässig,  ihr  ^hohles^  Delta  einem  Altem  oder  Ermüden  zuzusehreiben. 
Wer  jemals  an  Bmnsbüttel  und  CuxhaYen  vorüber  nach  dem  benach- 
barten Helgoland  gesegelt  ist,  dem  werden  die  weithin  deutlich  erkenn- 
baren Schlammfluthen  des  Stromes  au%e&llen  sein.  Die  Elbe  bew^ 
nicht  bloss  auf  ihrem  Grunde  grosse  Massen  von  sandigem  Material 
ihrer  Mündung  zu,   sondern   enthält  auch  viel  Flusstrübe,  welche  die 

<)  Sir  Charles  Lyell,  Principles  of  Geology.  12«^  ed.  London  1875. 
VoL  1,  p.  478  sq. 

^  Journal  of  the  R  Geogr.  Society  of  London  1867,  p.  70. 

*)  C.  Muszynski:  Die  Regulirnng  der  Solina-Mündong  in  den  Mitthei- 
longen  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  in  Wien.   Bd.  XIX  (1876X  S.  341  f. 

*)  GnstST  Bischof,  Lehrbuch  der  chemischen  und  physikalischen  Geo- 
logie.   Bonn  1863.    Bd.  I,  S.  275. 


>     XVII.    Die  Deltabildangen  der  Ströme.  425 

fortwährende  Versandung  und  Verschlammung  des  Flussbettes  unter- 
halb Hamburg  zur  Folge  hat  F.  Wibel  fand  am  3.  December 
1875  durch  Abfiltriren  des  Eibwassers  der  Hambui^er  Wasserleitung 
in  100000  Theilen  11  Theile  Flusstrübe  0?  also  wesentlich  mehr  als 
G.  Bischof  bei  dem  Hochwasser  der  Weichsel,  imd  doch  besitzt  die 
Elbe  kein  Delta.  Es  muss  demnach  hier  daftlr  gesorgt  sein,  dass  die 
Sedimente  stets  wieder  hinweggeschwemmt  werden. 

Die  Reinigung  durch  Ebbe  und  Fluth  hat,  wie  wir  oben  bereits 
gesehen  haben,  nur  eine  beschränkte  Wirkung;  es  ist  daher  die  Annahme 
berechtigt,  dass  eine  andere  Thätigkeit  des  Meeres,  der  durch  Winde 
erzeugte  Wellenschlag,  im  Stande  ist,  die  Deltabildung  zu  verhindern. 
Wie  sehr  das  Meer,  durch  Stürme  erregt,  an  der  Zerrüttung  der  Küste 
arbeitet,  wurde  bereits  früher  (Bd.  I,  S.  439  ff.)  unter  dem  Hinweis 
auf  die  Ufer  des  Canal  la  Manche  und  der  Nordsee  erläutert.  Da  nun 
die  brandende  See  ohne  Zweifel  das  werdende  Land  ebenso  gut  angreift 
wie  das  schon  längst  dem  Schosse  des  Meeres  entstiegene ,  so  darf  die 
mangelhafte  Deltaentwicklung  an  den  Rändern  dieser  Meeresgebiete 
wohl  zu  einem  guten  TheQ  dem  verheerenden  Wogengange  an  den 
dortigen  Küsten  zugeschrieben  werden.  Indess  möchten  wir  diesen  nicht 
allein  dafür  verantwortlich  machen. 

« 

Da  das  Meer  überall  da  mit  dem  besten  Erfolge  die  Küsten  be- 
nagt, wo  ein  Land  allmählich  unter  das  Meer  hinabtaucht  (vgl.  Bd.  I, 
S.  380),  so  hegt  der  Gedanke  nahe,  auch  den  Niveauschwankungen 
der  festländischen  Ufer,  d.  i.  den  seculären  Hebungen  und  Senkungen 
eine  gewisse  Bedeutung  bei  der  Aufrichtung  der  Deltas  zuzuerkennen. 
Insbesondere  hat  Rudolf  Credner  von  diesem  Standpunkte  aus 
die  Deltas  eingehend  untersucht')  und  ist  hierbei  nach  Besprechung 
einer  Reihe  von  Beispielen  zu  dem  Schlussresultate  gelangt,  „dass 
Senkungen  von  Küsten  nicht  allein  die  Weiterentwicklung  und  das 
Wachsthum  dort  vorhandener  Deltas  hemmen,  sondern  sogar  überall 
dort,  wo  nicht  der  Mensch  durch  künstliche  Schutzbauten  die  eigent- 
lich dem  Meere  bereits  anheimgefallenen  Alluvialniederungen  vertheidigt, 
das  Verschwinden  derselben  unter  dem  Seespiegel  zur  Folge  haben." 
Credner  zeigt,  wie  durch  das  Abwärtstauchen  Unter -A^ypten's 
der  Veigrösserung  des  Nildeltas  bereits  ein  Ziel  gesetzt  ist,  wie  das 
einem  Senkungsgebiete  angehörende  Delta  der  Narenta  mehr  und  mehr 
an  Umfiing  verliert,  wie  vor  den  Mündungen  des  Hudson  imd  Connecticut 

^)  Hambarg  in  natorhistorischer  und  mediciniacher  Beziehung.  Fest- 
Bchrift  zur  49.  Yenammlang  deutscher  Natorforscher  und  Aerzte.  Hambarg 
1876.    S.  23.8. 

«)  1.  c.  S.  60  ff. 


426  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

vorzeitliche  Deltas  längst  unter  den  Fluthen  des  Meeres  begraben  sind 
und  wie  endlich  die  Uferbauten  des  Rhein's,  der  Ems,  der  Weser,  der 
Elbe  zum  Thdl  eine  Beute  des  Meeres  geworden,  zum  Theil  nur  durch 
mächtige  Dänmie  vor  einer  völligen  Vernichtung  geschätzt  sind.  Audi 
das  Podelta  will  Credner  unter  dieses  Gesetz  beugen,  indem  er  den 
Nachweis  zu  fiihren  unternimmt,  dass  hier  in  neuerer  Zeit  keine  eigent- 
liche seculäre  Senkung  mehr  stattfindet,  sondern  nur  der  lockere,  durch- 
feuchtete Schwenmiboden  in  sich  zusammensinkt  und  grössere  Bau- 
werke, wie  Kirchen,  Brücken  etc.,  vermöge  ihrer  Schwere  tiefer  in  den 
weichen,  nachgiebigen  Boden  eindringen. 

Nun  soll  keineswegs  geleugnet  werden,  dass  seculäre  Hebungen 
die  Entstehung  der  Deltas  beschleunigen,  seculäre  Senkungen  aber  sie 
verzögern;  doch  überschätzt  Credner  die  Wirkungen  der  letzteren, 
wenn  er  die  Behauptung  ausspricht,  „dass  sie  die  Neubildung  und  das 
Wachsthum  der  Deltas  überall  verhindern"  ^). 

Für  das  Nildelta  scheint  Credner  dies  selbst  zuzugeben;  denn 
er  sagt  ausdrücklich,  „dass  sich  seit  Jahrhunderten  cUe  Landbildung 
an  dem  Ufer  Unter- Aegypten's  auf  den  Aufbau  der  schmalen  Land- 
zungen zu  beiden  Seiten  der  Hauptmündungen  des  Flusses  beschränkt'^ 
In  der  That  schiebt  der  Nil  seine  Uferleisten  auch  jetzt  noch  immer 
weiter  in  das  Meer  hinaus  trotz  der  Senkung  der  Küste,  wie  bereits 
fiüher  (Bd.  I,  S.  372)  dargelegt  worden  ist  Auch  hinsichtlich  des 
Podeltas  kann  uns  Credner' s  Argumentation  nicht  überzeugen.  Es 
ist  zwar  möglich,  dass  grössere  Bauwerke  in  Folge  ihrer  bedeutenden 
Last  mit  ihren  Fundamenten  sich  senken  können;  wo  indess  mit  ziem- 
licher Uebereinstimmung  die  manigfi9u;hsten  Gegenstände,  selbst  Idchtere, 
wie  Strassenpflaster  und  Mosaikböden,  von  derselben  Bewegung  ergrüTen 
worden  sind,  wie  im  Podelta,  da  haben  wir  es  offenbar  mit  einer  echten 
seculären  Senkung  zu  thim«  Auch  mussten  wir  früher  das  Mississippi- 
deha  (s.  Bd.  I,  S.  361),  sowie  das  Gangesdelta  (s.  Bd.  I,  S.  370)  zu 
den  abwärts  schwebenden  Gebieten  zählen,  und  doch  erwdtem  sich  in 
beiden  Fällen  noch  immer  die  fluviatQen  Bildungen.  Wenn  Credner 
femer  annimmt,  „dass  es  seculäre  Hebungen  der  Festlandsküsten  sind, 
unter  deren  Einfluss  die  Anschwemmungen  der  Flüsse  trotz  sonst  vor- 
handener ungünstiger  Verhältnisse  zu  Deltas  über  den  Wasserspi^d 
hervortreten^,  so  muss  es  befremden,  dass  Deltas  an  der  Westseite 
Südamerika's  nur  an  den  Eüstrai  von  Ecuador  und  Columbien  vor- 
kommen, während  sie  nicht  bloss  an  den  r^narmen  Gestaden  von 
Peru,  sondern  auch  an  den  reich  bewässerten  chilenischen  Ufern  fehlen. 
Gerade  die  letzteren  sind  im  beständigen  Aufsteigen  begriffen;  hing^en 

»)  Rudolf  Credner,  1.  c.  S.  60. 


XVII.    Die  Deltabildungen  der  Ströme.  427 

stehen  die  Ufer  von  Ecuador  und  Columbien  in  dem  Verdachte  zu 
sinken  ^).  Ebenso  vermissen  wir  in  dem  aufsteigenden  Mündungsgebiete 
des  Amur  ein  Delta;  dieser  Strom  hätte  sich  um  so  leichter  ein  solches 
bauen  können,  als  er  sich  in  eine  seichte  Meeresstrasse  ergiesst.  Des- 
gleichen sollte  der  Rio  Grande  del  Norte  in  einem  Delta  enden ,  da 
sich  sein  Mündungsgebiet  ebenfalls  hebt. 

Diese  wenigen  Beispiele,  welche  sich  leicht  noch  vermehren  Hessen, 
zeigen  uns,  dass  die  seculären  Schwankungen  nicht  allein  verantwortlich 
gemacht  werden  können  für  Sein  oder  Nichtsem  der  Deltas.  Aus  den 
um&ngreichen  Zusammenstellungen  Credner's  geht  nur  hervor,  dass 
seculäre  Hebimgen  der  Deltabildung  in  hohem  Grade  günstig,  Sen- 
kungen aber  ihr  ungünstig  sind.  Ist  die  Senkungsgeschwindigkeit 
grösser  als  der  Aufschüttungsbetrag,  dann  bleibt  das  Delta  submarin. 
Bisweilen  schweben  jedoch  die  Uferstriche  so  langsam  hinab,  dass  die 
deltabauende  Thätigkeit  des  Flusses  sich  mächtiger  erweist,  wie  bei  Po 
und  Nil;  hier  siegt  demnach  in  solchem  Ringkampf  die  letztere. 

Es  zeigt  sich  also  die  Gestalt  der  Strommündungen  als  eine  so 
verwickelte  Erscheinung,  dass  jeder  Fall  eine  besondere  Untersuchung 
erheischt.  So  sind  es  oft  nur  orographische  Golfe,  wie  das  La-Plata- 
imd  Laurentiusbecken,  welche,  indem  sie  den  Lauf  der  Flüsse  bestim- 
men, eine  trügerische  Aehnlichkeit  von  Stromthälem  annehmen.  Ebbe 
undFluth  dagegen  erzeugen  nur  kurze,  trompetenartige  Erweiterungen 
auch  bei  Flüssen,  die  durch  Deltabildung  sich  auszeichnen.  Als 
positive  Factoren  beim  Aufbau  der  Deltas  kommen  in  Betracht:  geringe 
Tiefen  an  der  Mündung,  ruhiges  Meer,  grösseres  GefkU  im  Unterlauf, 
B^ichthum  an  Sedimenten,  an  der  Küste  vorüberfiihrende  Strömungen, 
seculäre  Hebung  des  Bodens,  als  negative  Factoren:  grössere  Meeres- 
tiefen, von  Ebbe  und  Fluth,  sowie  von  Stürmen  häufig  bewegtes  Meer, 
Seen  im  unteren  Theile  des  Laufes,  greisenhafter  Gang  durch  die  Ebene, 
Armuth  an  schwebenden  Bestandtheilen,  seculäre  Senkung  der  Küste. 
Keiner  von  diesen  Factoren  beherrscht  ausschliesslich  das  Gesetz  der 
Deltabildung;  vielmehr  hängt  es  von  der  Art  und  Weise  ihres  Zusammen- 
wirkens, d.  h.  von  dem  gegenseitigen  Verhältniss  zwischen  fördernden 
und  hemmenden  Einflüssen  ab,  ob  im  einzelnen  Falle  die  Schöpfung 
eines  Deltas  gelingt  oder  nicht 

*)  Otto  Krümme  1  in  den  Göttingischen  gelehrten  Anzeigen  rom  12. 
Februar  1879.    Stück  7.    S.  223. 


jLViiL    Ueber  den  Bau  der  Ströme  in  ihrem  mittteren 

Laufe  ^). 


Wenn  wir  Tins  das  Bild  eines  Stromes  ideal  entwerfen,  so  denken 
wir  uns  eine  Hauptader,  in  die  zur  Linken  und  Rechten  Seiten- 
adem  einmünden,  die  sich  oberhalb  wiederum  verästeln  und  yerdünnen, 
so  dass  das  Ganze  einige  Aehnlichkeit  erhält  mit  dem  Stamme  und 
der  blätterlosen  Ejrone  eines  Baumes.  In  der  Natur  vertritt  als  das 
vollkommenste  Beispiel  diese  Art  des  Strombaues  der  Mississippi,  der 
vielleicht  manchem  schon  als  der  r^ebechteste  Wasserlauf  der  Erde 
erschienen  ist,  wir  wir  ihn  gern  ersonnen  haben  möchten,  wenn  die 
Schöpfimg  in  unser  Belieben  gestellt  worden  wäre.  Bei  schärferer 
Betrachtung  werden  wir  jedoch  gewahren,  dass  das  Entwässerungs- 
system des  Mississippigebietes  zu  den  am  meisten  verwickelten  gehört 
Wenn  wir  die  ein&chsten  Erscheinungen  des  abrinnenden  Wassers 
bildlich  betrachten  wollen,  so  eignet  sich  dazu  sehr  schicklich  die 
Küstenstrecke  d^  Staaten  Georgia  und  Süd-Carolina.  Ihre  unzähligen 
Wasserrinnen  stehen  senkrecht  zu  ihrem  atlantischen  Gestade.  Einer 
Mehrzahl  dieser  Gewässer  fehlen  alle  ansehnlichen  Nebenflüsse,  und  wo 
solche  Nebenflüsse  vorhanden  sind^  laufen  sie  längere  Zeit  parallel  mit 
der  Hauptfiirche;  auch  findet  ihre  schliessliche  Vereinigung  stets  unter 
einem  sehr  spitzen  Winkel  statt  Dieses  Entwässerungsgemälde  belehrt 
uns  über  die  entscheidenden  Umstände  in  der  Gliederung  aUer  Fluss- 
läufe. Das  abrinnende  Wasser  zeigt  nämlich  den  grössten  WiderwiDen, 
sich  mit  einem  nachbarlichen  Entwässerungsgebiete  zu  vereinigen,  und 
wo  eine  solche  Vereinigung  wirklich  in  der  Natur  stattfindet,  da  ge- 
schieht es  stets  unter  Anwendung  eines  mechanischen  Zwanges.  Parallel 
mit  der  Küste  von  Georgia  und  Süd-Carolina  streichen  im  Innern  des 
Landes  die  Alleghany-Eetten,  von  denen  dann  als  eine  Art  Glads  jene 
beiden  Staatengebiete  als  Landflächen  sich  sanft  nach  dem  Meere  senken. 

')  AuB  den   „Neuen  Problemen^  (3.  Aofl.  S.    141—149),  zuerst  veröffent- 
licht am  30.  October  1866. 


XYIII.    Ueber  den  Bau  der  Ströme  in  ihrem  mittleren  Laufe.        429 

Denken  wir  uns  den  Bau  dieser  Länderstrecken  in  der  höchsten  mathe- 
matischen Einfachheit,    so  erscheint    er  als  ein  dachförmiger  Körper 
(Fig.   73),   auf  dessen  ^Abhänge  alles  Flüssige  einen  Weg  senkrecht 
nach  dem  Rande 
einschlagen  wird.  ^^^-  "^' 

Ist  die  Abdachung . 

allenthalben    von                         /\     ^     y^    /^  j/'T^^^''^ Ä 

gleicher  Steilheit,                      //  "^        "/  //r^  /  7/        // 
so     ist     es    eine                //  /    ^  t^    f//        Ir  J/ 

mechanische  Un-             /''  jr^f^'^'^^^ /C^  ß'r        J^    .^  J^ 
möglichkeit,  dass         /-'    J  y    ^     rj^jf^  y     ^ 
ii^end  eine  Ver-       ^- — r     f   r^ r    r — ^ — tL f 

einigung       zweier  Schema  ron  Qnerströmen. 

Binnsale   stattfin- 
den kann.    Wenn  man  das  Ein&che  als  das  Normale  ansieht,  so  finden 
sich  wenige  Bäume  unserer  Festlande  mit  normaler  gegliederten  Fluss- 
läufen  als  jene   oben   bezeichneten   Gebiete   der   atlantischen   Küsten 
Nordamerika's. 

Da  es  aber  scheinen  könnte,  als  ob  das  Auftreten  paralleler  Wasser- 
rinnen eine  Besonderheit  der  sogenannten  Küstenflüsse  sei,  so  fügen 
wir  noch  ein  anderes  Bild  aus  einem  deutschen  Binnenlande  hinzu, 
auf  dem  sich  die  nämliche  Erscheinung  wiederholt  (Fig.  74).  Die 
bayerische  Hochebene  zwischen  Iller  und  Lech  wird  durch  eine  be- 
trächtliche Anzahl  von  Gewässern  charakterisirt,  die  sämmtlich  in 
beinahe  senkrechter  Richtung  nach  dem  Spiegel  der  Donau  eilen. 
Ihre  Thäler  oder  vielmehr  die  von  ihnen  ausgewaschenen  Furchen 
folgen  von  West  nach  Ost  hart  auf  einander,  und  der  Abstand  der 
einen  von  den  anderen  beträgt  den  zehnten  und  oft  viel  weniger  als 
den  zehnten  Theil  des  gesammten  Laufes.  Würden  sich  alle  diese 
Ergüsse  zu  einem  gemeinsamen  Strome  vereinigen,  so  entstände  eine 
Wassermasse,  welche  an  Fülle  die  Donau  übertreffen  und  sie  zu  einem 
Nebenflusse  erniedrigen  würde.  Statt  dessen  sucht  jedes  dieser  schwä- 
bischen Gewässer  sich  bis  zum  letzten  Augenblick  gleichsam  seine 
Autonomie  zu  bewahren  und  sich  lieber  in  den  grösseren  Strom  zu 
verlieren,  als  mit  seinen  ebenbürtigen  Nachbarn  ein  Bündniss  ein- 
zugehen. Denn  nur  ein  einziger  bedeutender  Fluss,  die  Wertach, 
ergiebt  sich  nach  langer  Zögerung  schliesslich  dem  Lech.  Die  Ver- 
einigung erfolgt  jedoch  auch  hier  unter  einem  äusserst  spitzen  Winkel, 
d.  h.  sie  wird  so  lange  wie  möglich  von  dem  geringeren  Nebenfluss 
hinausgeschoben.  Zwischen  Lech  und  Wertach  floss  ehemals  noch  ein 
kleiner  Bach,  die  Senkel,  welche  man  noch  auf  den  ftlr  ihre  Zeit 
meisterhaften  Karten  des  Philipp  Biene witz   (Apianus)  aus  der 


480 


Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 


zweiten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  ang^eben  findet  Der  Senkelbach 
verschwand  in  unserem  Jahrhundert  durch  Menschenhand  ^  indem  er 
weiter  oberhalb  in  die  Wertach  hineingezogen  wurde;  sein  Name  hat 
sich  aber  noch  erhalten  durch  ^e  Ableitung  des  W^ertachwassers  in 
den  Lech,  welche  der  allgemeinen  Richtung  nach  dem  ehemaligen 
Senkelbette  folgt  Noch  jetzt  aber  kann  man  deutlich  die  Uferbänke 
der  ehemaligen  Senkel  durch  das  Wertachthal  sich  schlängeln  sehen. 
Merkwürdig  war  aber  an  dieser  ehemaligen  hydrographischen  Erschei- 

Fig.  74. 


EntwUmwi  migssyitem  der  bayeriadieii  HoehebMM. 


nung,  dass,  obgleich  Senkel  und  Wertach  eine  gemeinsame  Erosions- 
furche  benutzten,  dennodi  der  kleine  Bach  nicht  in  die  geschwisterliche 
Wertach,  sondern  in  den  Lech  mündete.  Da  die  bayerische  Hochebene 
ebenfiüls  eine  dachfbrmige  Senkung  von  den  Alpen  nach  der  Donau 
bildet ,  so  drückt  sich  auch  auf  ihr  wiederum  deutlich  der  Widerwille 
des  Flüssigen  gegen  eine  gemeinsame  Vereinigung  aus  und  lässt  die 
Nothwendigkeit  eines  mechanischen  Zwanges  fiihlbar  werden,  wenn 
eine  solche  stattfinden  soll. 


XYIII.    lieber  den  Bau  der  Ströme  in  ihrem  mittleren  Laufe.       431 


#7^ 


Das  Knie  der  Elbe  zwüelien  Wittenberg  and 
Magdeburg. 


Die  beste  Einsicht  in  die  Nothwendigkeit  eines  solchen  Zwanges 
gewährt  uns  die  Gliederung  der  Wasserläufe  im  obersächsischen  Tief- 
lande (Fig.  75).  Die  Elbe,  die  Mulde  und  die  Saale  fliessen  in  geringen 
Abständen  von  einander  in  parallelen  Rinnsalen  nach  Nordnordwest. 
Blieben  alle  drei  Gewässer  ihrer 

Richtung  treu,  so  würde  jedes  Fig.  75. 

von  ihnen  die  Ostsee  erreichen. 
Statt  dessen  entschliesst  sich  die 
Elbe  plötzlich,  nach  Westen 
umzuwenden,  um  den  ersten 
und  hierauf  auch  den  zweiten 
ihrer  Nachbarflüsse  ge&ngen  zu 
nehmen,  worauf  sie  nach  Norden 
schwenkt  und  zuletzt  wieder  ihre 
an&ngliche  nordwestliche  Rich- 
tung gewinnt  Da  nun  selbst- 
verständlich die  Elbe  nicht  ihren 
beiden '  Nebenflüssen  zulieb  bei 
Magdeburg  jenes  Knie  bildet, 
so  kann  sie  zu  dieser  Krüm- 
mung nur  durch  eine  Boden- 
anschwellung genöthigt  werden,  die  wir  auf  gewöhnlichen  Karten  in 
der  R^el  nicht  angedeutet  finden,  die  sich  dagegen  auf  Höhenschichten- 
bildem  ab  eine  Erhöhung  von  über  160  Metern  geltend  macht  und 
den  Namen  Fläming  fährt  Die  kurze  Strecke,  auf  welcher  die 
Elbe  längs  den  Rändern  dieses  Landrückens  gegen  Westen  fliesst, 
verschaffk  ihr  sogleich  den  Zuwachs  zweier  so  ansehnlichen  Wasser- 
massen, wie  die  Mulde  und  Saale  ihr  zuführen.  Wäre  diese  kleine 
Strecke  nicht  vorhanden,  so  würde  die  Elbe  von  dem  Punkte  an,  wo 
sie  das  sächsische  Erzgebirge  durchbricht,  den  Charakter  eines  Küsten- 
flusses oder,  wie  wir  nun  sagen  wollen,  eines  Querstromes  sich 
rein  bewahren. 

Hier  stehen  wir  nämlich  dicht  vor  der  Erkenntniss,  dass  wesent- 
liche Unterschiede  die  Ströme  in  zwei  Gattungen  zu  trennen  erlauben. 
Die  einen,  nämlich  die  Querströme,  fliessen  stets  vom  Innern  der 
Wölbung  einer  trockenen  Erdfeste  mehr  oder  weniger  senkrecht  und 
auf  dem  kürzesten  Wege  nach  der  Küste;  die  anderen,  welche  wir 
Längenströme  nennen,  fliessen  parallel  mit  der  grossen  Axe  con- 
tinentaler  Erhebungen.  Beide  Benennungen  sind  leicht  verständlich, 
da  sie  den  bereits  geläufigen  Ausdrücken  Quer-  und  Längenthäler  nach- 
gebildet worden  sind.  Bei  den  Längenströmen  kann  wieder  ein  dop- 
pelter Fall  eintreten.    Wenn  nämlich  in  dem  einen  wie  in  dem  anderen 


432 


Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  £rde. 


die  Sohle  des  Haaptstromes  der  Längenricbtaiig  einer  gegebenen  Länder- 
masse  folgt,  so  tritt  der  erste  Fall  dann  ein,  wenn  ihm  ausschliesslich 
oder  vorzugsweise  nur  an  einem  seiner  Ufer  Nebengewässer  zuströmen^ 
die  örtlich  den  Charakter  von  Querflüssen  besitzen.  Dies  war  der  Fall 
auf  der  kurzen  Strecke  der  Mbe  im  obersftchsischen  Tieflande.  Dies 
ist  im  allgemeinen,  wenn  auch  nicht  so  rein,  das  Verhältniss  der  Donau 
und  ihrer  Nebenflüsse  auf  der  bayerischen  Hochebene.  Wenn  wir  uns 
den  Bau  eines  solchen  Stromgebietes  durch  ein&che  mathematisdie 
Körper  vergegenwürtigen  wollen,  so  erhalten  wir  flir  die  Nebenflüsse 
wiederum  eine  dachförmige  Böschung,  die  sich  zu  der  sanfler  geneigten 
Hauptsohle  herabsenkt,  während  wir  an  dem  Ufer,  wo  die  Nebenflüsse 

fehlen,   stets  iigend    eine  Bodaii- 


Fig.  76. 


Ein  L&Qgenitrom  mit  NebenllfiawB  auf  eineni  Ufer  >). 

liehe  Wasserläufe  bereichert  wird. 


erhebung  aufiSnden  oder  wenigstens 
▼ermuthen  müssen  (Fig.  76).  Ganz 
gleichgiltig  ist  es,  ob  diese  Höhen- 
leiste des  Ufers  ein  TerraaBenab- 
Sturz  oder  ein  Kettengebiige  oder 
eine  formlose  Bodenanschwellung 
wie  der  Fläming  ist;  es  genügt 
vollständig,  ist  aber  durchaus  nn- 
erlässlich,  dass  sie  eine  Wasser- 
scheide bilde.  Fast  kein  grösserer 
Strom  bewahrt  den  angegeben^i 
Charakter  auf  der  ganzen  Daaer 
seines  Laufes ;  am  ränsten  geschidit 
dies  von  dem  Orinooo  auf  der 
Strecke  von  San  Fernando  de 
Atabapo  bis  zur  Mündung  des 
Apure,  wo  dem  linken  Ufer  des 
Stromes  mehr  als  ein  Dutzend 
sehr  ansehnlicher  paralleler  Ge- 
wässer aus  Westen  zuströmen, 
während  er  auf  dem  rechten  oder 
ösdichen  Ufer  nur  durch  schwäch- 
Dies^  durch  seinen  verwickelten 


Strombaa  so   ausserordentlich   merkwürdige  Fluss  umgeht  in   einem 

^)  Nicht  unbeabsichtigt  münden  auf  dem  idealen  Bilde  die  NebenflOsse 
unter  einem  spitzen  Winkel;  denn  auf  wenig  geneigtem  Gebiete  wird  jeder 
Nebenfluss,  der  ursprünglich  rechtwinklig  in  den  Haoptstrom  sich  ergoss,  seine 
Mundung  mehr  und  mehr  stromabwärts  schieben,  eben  weil  der  Hauptstrom 
seine  Wassermasse  umbiegt  und  ihn  nöthigt,  theik  an  dem  einen  Ufer  xu 
nagen,  theils  am  anderen  im  Winkel,  wo  der  Znsammenstoss  stattfindet,  seine 
schwebenden  Bestandtheile  fallen  zu  lassen  (Tgl.  S.  393  ff.\ 


XVIII.    Ueber  den  Bau  der  Ströme  in  ihrem  mittleren  Laufe.       433 

Bogen,  hart  an  den  Abhängen  dahinfliessend,  jene  Bodenanschwellung 
Guayana's,  die  unsere  Karten  die  Sierra  Parime  nennen.  Am  häufigsten 
findet  sich  die  eben  geschilderte  Art  des  Strombaues  in  denjenigen 
Fällen,  wo  ein  Fluss  gegen  die  Abhänge  eines  anderen  Gebirges  ge- 
drängt wird,  wie  die  Donau  von  der  Erhebung  der  Alpen  gegen  den 
Bayerischen  Wald,  wie  der  Rhone  von  den  Alpen  zuerst  gegen  den 
Jura,  dann  in  seinem  weiteren  Laufe  gegen  die  Lyonnaiserketten  und 
an  die  Sevennen  gedrückt,  ^svie  ebenfalls  der  Orinoco  von  den  Anden 
hinweg  in  die  Nähe  der  Sierra  Parime  geschoben  wird.  Ja,  selbst 
vom  Mississippi  kann  man  behaupten,  dass  ihn  die  Felsengebirge  zu 
einer  Annäherung  an  die  Alleghanies  genöthigt  haben,  gerade  so  wie 
der  Ganges  vom  Himalaya  gegen  die  Ränder  des  dekhanischen  Hoch- 
landes oder  der  Po  von  den  Alpen  gegen  den  Apennin  geworfen  wird. 
In  allen  diesen  Fällen  scheint  sich  als  gesetzmässig  zu  wiederholen, 
dass  das  später  aufgestiegene  Gebirge  oder  die  jüngere  Erhebung  die 
Gewässer  nach  den  älteren  Gebirgen  verdrängt.  Doch  bedarf  es,  ehe 
wir  dieses  Gesetz  fiir  gemeingiltig  erklären  dürfen,  einer  grösseren 
Anzahl  von  Beispielen,  als  wir  anführen  konnten.  Die  Alpen  sind 
aUerdings  später  aufgestiegen  als  der  Bayerische  Wald  oder  der  Jura 
oder  die  Meridiangebirge  Südfi'ankreich's  oder  der  Apennin.  Der 
Himalaya  erhob  sich  erst  in  den  tertiären  Zeiten;  die  Felsengebirge 
und  die  Cordilleren  Nordamerika's  sind  ebenfalls  tertiären  Ursprungs, 
also  jüngere  Erhebungen  als  die  Alleghanies,  welche  dem  zweiten 
grossen  Zeitabschnitte  der  Geologie  angehören.  Wenn  wir  dagegen 
auch  wissen,  dass  die  Anden  eine  tertiäre  Erhebung  sind ,  so  fehlt  uns 
doch  bis  jetzt  eine  genauere  Kunde  über  das  Erhebungsalter  der  Sierra 
Parime.  Man  könnte  in  allen  diesen  Fällen  auch  aussprechen,  dass  es 
die  höheren  Gebirge  sind,  welche  die  Thalsohlen  der  Ströme  an  den 
Rand  der  niederen  Erhebungen  verlegen.  In  der  Natur  kommt  aber 
beides  auf  eins  hinaus;  denn  die  jtlngsten  Gebirge  im  alten  wie  im 
neuen  Festlande  pflegen  auch  die  höchsten  zu  sein,  nicht  etwa  bloss 
weil  die  geologischen  Kräfte  der  tertiären  Vergangenheit  mit  grösserer 
Gewalt  sich  regten,  sondern  auch  weil  die  fiiiher  erhobenen  Gebirge 
länger  den  zerstörenden  Einflüssen  imseres  Luftkreises  ausgesetzt  waren 
und  ihre  höchsten  Gipfel  und  Kämme  bereits  in  die  Ebene  abgetragen 
wurden.  Bei  einigem  Nachdenken  wird  man  sich  auch  eingestehen 
müssen,  dass  in  den  meisten  Fällen  jede  neue  Erhebung  eines  Gebirges 
auch  ein  neues  Entwässerungssystem  schaffen  musste,  weil  vom  Ab- 
hänge jedes  Gebirges  eine  dachförmige  Böschung  bis  zu  den  nächsten 
wasserscheidenden  Höhen  sich  hinabsenken  wird,  sei  es  nun,  dass  mit 
dem    Gebh-ge   zugleich  längs   seiner   Flanken    die   Erdrinde   an   der 

Peschel-Leipoldt,  Phys.  Erdkande.    II.  2S 


thülle  der  Erde. 


■ümisi- 


Mjin-Ii  w«mi  mitng   der   neuen 

wurde, 
i^.ein,  wemi  sich  nicht  nur 
ichtimg  nach  dem  Meere 
{tsph  zu  bdden  Seiten  schiefe 

__.Öi.f«r  von  QuerflUssea  nach 

Sl^fli  'jSf^^tSf^jy  ^i^  beifolgende  Figur  in 
_  iJ^H '^HtQljlJl^  (Fig.  77).     Dieser  Fall 

■itÄAs^«  Durch  ^e  solche  drei- 
ntstehen  jene  Biesenströme 
izonas  und  der  La  PUta. 


gfflifliS'ig 


mmW 


ini- 


ten  die  Felsoigebirge  und 

ig  nach  B^ner  Mündung 

_  t^  dem  —  &st  möchte  man 

iggn^il^^tljlaüschen  FesUandes.    Wenn 


__    __        -^P*^  «nen  Querschnitt  nacli 

^^^M^^^^^*^^a^|l>^l^  erinnern,  dasa  alle  solche 
"^  "     '■  ■eSS'"ö'™    senkrechten    und    den 


XVIII.    Ueber  den  Bau  der  Ströme  in  ihrem  mittleren  Laufe.       435 

horizontalen  Grössen  entstellen  und  den  ungewamten  Leser  zu  irrigen 
Vorstellungen  verleiten  müssen,  vor  welchen  man  sieh  nicht  genug 
hüten  kann.  Selbst  wenn  man  sich  den  wahren  Naturverhältnissen 
auf  dem  betreffenden  Stück  eines  Erdbogens  zu  nähern  trachtet, 
wie  wir  es   in  der  beigegebenen  Abbildung  (Fig.  79)   versuchen,  so 

Fig.  79. 


Das  vorige  Querprofil  aaf  em«m  Erdbogenst&ck. 
Die  senkrechten  Abstände  sind  noch  immer  zehnmal  grösser  als  in  der  Natnr. 

• 

bleibt  selbst  dann  noch  eine  Uebertreibung  übrig,  und  wir  vermögen 
nichts  anderes  zu  liefern  als  eine  etwas  gemilderte  hypsometrische 
Caricatur. 

Selten  eignet  sich  der  eine  oder  andere  Fluss  dazu,  um  als  Muster 
iigend  einer  der  drei  Classen  zu  gelten.  Mehr  oder  weniger  wird  ein 
jeder  dem  Typus  untreu,  dem  wir  ihn  beizählen  möchten;  denn  strecken- 
weise ändert  fast  jeder  Strom  in  seinem  Laufe  seinen  anfängUchen 
oder  durchschnittlichen  Charakter:  aus  einem  Querfluss  wird  ein  Längen- 
strom imd  umgekehrt;  doch  lassen  sich  im  Grossen  die  meisten  Ströme 
der  einen  oder  der  anderen  Ordnung  anreihen,  wie  beispielsweise  in 
Vorderindien  der  Indus  zu  den  Quer-,  der  Ganges  zu  den  Längen- 
strömen gezählt  werden  darf.  Den  Querströmen  ist  es  eigenthümlich, 
dass  sie  in  ihrem  unteren  Laufe  keine  grossen  Nebenflüsse  mehr 
emp&ngen.  Wir  denken  dabei  nicht  an  den  Nil,  den  unterhalb  der 
Atbaramündung  kein  Gewässer  mehr  bereichert;  denn  sein  dortiger 
Lauf  fidlt  bereits  in  die  Zone  der  austrocknenden  Passatwinde,  die 
überhaupt  die  Bildung  von  Gewässern  nicht  aufkommen  lassen.  Die 
grösseren  Ströme  Sibirien's  dagegen  erfüllen  viel  besser  die  angegebene 
Bedingung,  da  sich  zwischen  ihrem  unteren  Laufe  eine  Menge  Flüsse 
geringeren  Ranges  entwickeln,  die  aber  alle  selbstständig  ihren  Weg 
nach  dem  Meere  einschlagen.  Europa's  Flüsse  sind  meistens  Quer- 
ströme; denn  abgesehen  vom  Po  und  den  hispanischen  Gewässern 
besitzen  wir  einen  einzigen  grösseren  Längenstrom,  nämlich  die  Donau, 
während  die  Neue  Welt  auf  ihrem  südlichen  wie  auf  ihrem  nördlichen 
Festlande  nur  von  Längenströmen  mit  einseitigen  oder  doppelten  Ufer- 
böschungen durchfurcht  wird.  Es  eigiebt  sich  aus  dem  Gesagten  von 
selbst,  dass  unter  gleichen  Verhältnissen  die  Längenströme  nicht  nur 
emen  grösseren  Lauf  besitzen,  sondern  auch  wasserreicher  sein  werden 
als  die  Querströme. 

2S* 


436  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Die  von  uns  vorgeschlagene  EintheQung  der  Gewässer  würde  fiir 
die  Wissenschaft  ein  nutzloser  Ballast  sein,  wenn  nicht  die  Ströme  in 
den  Gang  der  menschlichen  Gesittung  erfolgreich  eingegriffen  hätten; 
denn  nächst  den  Gliederungen  der  Küsten  haben  sie  das  Meiste  zum 
Aufschliessen  der  ^Continente  beigetragen ,  und  alles,  was  die  Qrts- 
bewegung  auf  den  Planetenräumen  begünstigt,  hat  auch  die  Herr- 
schaft unseres  Geschlechtes  über  die  Natur  gefördert  Die  Bewohner 
Australien's  und  Afrika's  sind  nicht  bloss  wegen  der  vernachlässigten 
Gliederung  dieser  Welttheile,  sondern  auch  wegen  des  Mangels  an 
grösseren  Strömen  auf  den  niedrigsten  Stufen  der  Elntwicklung  ge- 
blieben. Wenn  man  den  Nil,  den  Niger  und  den  Zambesi  zusammen- 
ßisst,  so  würde  ihre  Vereinigung  nicht  hinreichen,  einen  Strom  von  der 
Fülle  des  Amazonas  zu  schaffen,  dessen  Flussgebiet  doch  kaum  den 
vierten  Theil  des  Flächeninhalts  von  Afiika  ausfiillt  Wir  bemerken 
auch,  dass,  abgesehen  von  den  mittelländischen  Gestaden,  in  Afrika 
die  einzige  B^ung  nach  höherer  Gesittung  im  Nilthale  sich  entwickelte, 
wie  in  neuerer  Zeit  wiederum  unter  den  Negern  des  Sudan  höhere 
Gesellschaftsformen  am  oder  in  der  Nähe  des  Niger  sich  ent&lteten. 
In  unserer  Gegenwart  sind  die  grossen  Entdecker  in  das  Innere  des 
geheimnissvollen  Festlandes  nur  vorgedrungen,  indem  sie  ihre  Schritte 
nach  den  grossen  Wasseradern  lenkten  oder  ihnen  folgten.  Auch  daran 
gewahren  wir,  dass  der  Mangel  von  Küstenentwicklung  und  namentlieh 
von  einspringenden  Golfen  nur  durch  die  grossen  Ströme  einigermassen 
ersetzt  werden  kann,  w^che  der  menschlichen  Gesittung  den  Zutritt 
in  das  Innere  grosser  Ländermassen  erleichtem.  Wie  bevorzugt  er- 
scheint nicht  in  diesem  Sinne  Amerika!  Der  Amazonas  wird  jetzt  bis 
nach  Peru  und  fast  bis  zu  den  ersten  Abstürzen  der  Anden  be&hren; 
auf  dem  La  Plata,  d.  h.  auf  dem  Paran4  und  Paraguay,  gingen  die 
Dampfer  vor  dem  Ausbruch  des  letzten  Krieges  bis  nach  Cuyaba  tief 
in's  Innere  Brasilien's.  Wenn  die  menschliche  G^ittung  durch  die 
Vereinigung  einer  zahlreichen  und  dichten  Bevölkerung  auf  einem  ge- 
räumigen und  geographisch  geschlossenen  Gebiete  zu  noch  ungeahnten 
Stufen  sich  erheben  soll ,  so  ist  von  allen  Bäumen  der  Erde  das  Mis- 
sissippibecken dazu  auserlesen. 

Erst  dann  befördern  aber  die  Ströme  lebhafter  die  Fortschritte  in 
der  Gesittung,  wenn  die  anwohnenden  Völker  bereits  eine  höhere 
Culturreife  sich  angeeignet  haben.  In  Amerika  haben  der  Mississippi, 
der  Amazonas,  der  Orinoco  und  die  La-Plata-Ströme  wenig  oder  gar 
nicht  den  Au&chwung  der  rothen  Bace  begünstigt  Abgesehen  von 
den  räthselhaften  Stämmen,  deren  einzige  Hinterlassenschaft  unter  den 
Schutthügeln  am  Ohio  geftmden  wird,  standen  in  Amerika  die  Heerde 
menschlicher  Cultur  fem  von  grossen  Flüssen  auf  einer  Hochebene  in 


XVIII.     üeber  den  Bau  der  Ströme  in  ihrem  mittleren  Laufe.       437 

Mexico,  auf  einer  flachen  Halbinsel  in  Yucatan,  zwischen  den  Anden- 
ketten in  Quito  und  Peru,  und  nur  eine  einzige  entwickeltere  Gesell- 
schaft, die  der  Chibcha  Cundinamarca's,  ftlhrt  uns  an  den  Magdalenen- 
strom.  Jägerstämmen  dienen  Fltlsse  nur  als  Fisch wasser,  und  eine 
schmale  Wasserrinne  leistet  ihnen  dann  die  nämlichen,  ja  bequemeren 
Dienste  als  die  grossen  Entwässerungsadem  der  Festlande.  Innerhalb 
der  regenarmen  Gürtel  oder  der  Gürtel  mit  abgeschlossenen  Regenzeiten 
werden  ackerbautreibende  Gesellschaften  fest  an  die  Ufer  der  Ströme 
gezogen,  deren  Wasser  sie  in  Fäden  zum  Benetzen  und  Befruchten 
über  ihre  Fluren  vertheilen.  So  erwuchs  am  Nil  ein  pyramidenbauen- 
des, Laute  und  Sylben  mit  BUdem  schreibendes  Volk.  So  ernährte 
der  Euphrat,  in  unzählige  Gräben  über  die  fi>uchtbare  mesopotamische 
Erde  verbreitet,  die  ältesten  Beobachter  des  gestirnten  Himmels.  Die 
Culturreife  eines  Volkes  muss  schon  so  weit  fortgeschritten  sein  wie 
die  chinesische,  wenn  den  Flüssen  neben  der  Benetzung  des  Acker- 
landes auch  das  Tragen  und  Bewegen  der  Lasten,  mit  anderen  Worten, 
die  höhere  Verrichtung  von  Verkehrsmitteln  zugemuthet  wird. 

In  der  Culturgeschichte  haben  die  Querströme  eine  andere  Rolle 
gespielt  als  die  Längenströme.  Die  ersteren  nämlich  sind  auf  den 
niederen  Stufen  der  Entwicklung  ethnographische  GrenzUnien  geworden. 
So  schied  der  Tiber,  wenn  auch  nicht  ganz  scharf,  Etrusker  und 
Römer  ^),  der  Rhein'  noch  zu  Cäsar's  und  Tadtus'  Zeiten  Germanen 
und  Gallier,  die  Eider  Deutsche  und  Dänen;  ja,  selbst  noch  heutigen 
Tages  trennt  der  Lech  den  schwäbischen  vom  bayerischen  Volksstamm, 
soweit  sich  die  Unterschiede  in  Tracht  und  Mundart  erhalten  haben  ^). 
Der  Sensal  war,  soweit  die  Geschichte  rückwärts  reicht,  die  Völker- 
schranke zwischen  Berbern  und  Negern.  Längenströme  dagegen  haben 
viel  seltener  diese  Macht  ausgeübt. 

')  Mommsen,  Römische  Geschichte.    Bd.  I,  S.  114. 

*)  Der  Lech  bildet  auch  eine  merkwürdige  Grenze  für  eine  beträchtliche 
Anzahl  von  Gewächsen  (Bavaria.  Bd.  I,  S.  US).  Auch  Thiergattungen  sind 
sehr  häutig  an  den  entgegengesetzten  Ufern  durch  nahestehende,  aber 
doch  hinlänglich  geschiedene  Arten  vertreten,  wie  Moriz  Wagner  (Das 
Migrationsgesetz  der  Organismen.    S.  5)  nachgewiesen  hat. 


XE8:.    Die  Thalbildungen'). 


Lässt  es  sich  nachweisen,  dass  Thalbildungem  den  Entwicklungsgang 
der  menschlichen  Gesellschaften  und  die  räumliche  Ausbreitung  der 
Gesittung  b^ünstigt  haben ,  so  muss  in  uns  der  Trieb  erwachen,  den 
Naturkräfken  nachzuspüren,  welchen  wir  die  Erschliessung  solcher  Th&Ier 
verdanken.  Da  nun  ausserhalb  der  Passatzonen  ein  stehendes  oder 
ein  fliessendes  Wasser  üüst  keiner  Vertiefong  des  Erdbodens  fehlt,  so 
denken  wir  auch  zunächst  daran,  dass  das  Wasser  zum  Werkzeug  der 
Ausfurchung  gedient  haben  müsse.  Bei  Eüstenflüssen  oder  Querströmen 
von  kurzem  Lauf  mit  massigem  Geßkll  auf  einer  geneigten  Ebene  war 
der  Hej^ang  ein  sehr  ein&^er.  Wir  dürfen  und  vorstellen,  dass  der 
Fluss  dort  geboren  wurde,  wo  wir  noch  jetzt  seine  Quellen  finden, 
und  dass  sein  Lauf  abwärts  immer  länger  und  länger  wurde,  je  weiter 
die  Küste  und  mit  der  Küste  seine  Mündung  in  das  Meer  hinaus- 
rückte,  sei  es  durch  Anschwenmiung  jungen  Landes  längs  dem  Gestade, 
sei  es  durch  seculäre  Hebung  der  Wasserscheide  sammt  dem  Flusse. 
Die  Bildung  solcher  Thalrinnen  erscheint  so  einfach,  dass  sie  nicht 
lange  unser  Nachdenken  zu  fesseln  vermag;  aber  die  Untersuchung 
enthält  alle  Beize  des  G^eimnissvollen,  wenn  wir  an  die  Frage  heran- 
treten, wie  es  einem  Strome  gleich  unserer  Donau,  die  selbst  bei 
Donaueschingen,  nahe  ihrer  QueDe,  nur  690  Meter  Meereshöhe  besitzt 
und  die  sich  bei  Donauwörth  auf  der  bayerischen  Hodiebene  bereits 
zu  404  Meter  herabgesenkt  hat,  gelingen  konnte,  quer  ihr  entgegen- 
tretende Gebirge  zu  durchbrechen  und  sich  nach  wiederholtem  Wechsel 
ihrer  Bichtung  einen  W^  bis  in's  Schwarze  Meer  zu  erzwingen.  Wer 
ein  wenig  über  die  Lösung  eines  so  schwierigen  Bäthsels  nachgedacht 

')  In  diesem  den  „Neuen  Prohlemen*'  (3.  Aufl.  S.  150—164)  entlehnten  Ab- 
schnitte erfuhren  namentlich  die  Stellen,  welche  von  der  Entstehung  des  £lb- 
thales  unterhalb  Tetschen,  des  Rheinthaies  unterhalb  Bingen,  sowie  des  Brenner- 
passes handeln,  eine  den  neueren  Ergebnissen  der  geologischen  Forschung 
entsprechende  Umarbeitung. 


XIX.    Die  Thalbildungen.  439 

hat,  der  wird  begreifen,  dass  bis  auf  den  heutigen  Tag  noch  zwei  sich 
ausscbliessende  Ansichten  ihre  Vertreter  finden ,  nämlich  einmal,  dass 
alle  Thalbildungen  nichts  anderes  sind  als  ausgewaschene  Binnen  oder 
Becken  der  Flüsse  und  dann  wiederum,  dass  alle  grösseren  Thäler 
zugleich  mit  der  Hebung  von  Gebirgen  oder  den  Anschwellungen  der 
Erdoberfläche  bereits  gegeben  waren.  Mit  anderen  Worten:  die  einen 
nehmen  an,  dass  die  Flüsse  älter  als  die  Thäler,  die  anderen,  dass  die 
Thäler  älter  waren  als  die  Flüsse. 

Stellen  wir  uns  vor,  dass  Gebirge  oder  Landrücken  am  Bande 
eines  Festlandes  langsam  gehoben  werden,  so  würden  sich  bei  reich- 
lichen Niederschlägen  an  ihren  Abhängen  Gewässer  entwickeln  und 
nach  dem  nächsten  tieferen  Niveau  streben.  Begegnen  sie  unterwegs 
einer  spalten-,  mulden-  oder  beckenförmigen  Einsenkung,  so  werden 
sie  dieses  Ge&ss  auszufiülen  suchen,  bis  der  Spiegel  des  neugebildeten 
Sees  irgendwo  die  niedrigste  Stelle  des  Bandes  erreicht  hat,  über 
welche  die  nachströmende  Wassermasse  abfliessen  kann.  Mit  der  Zeit 
wird  aber  der  durchziehende  Strom  von  seinem  oberen  Laufe  soviel 
Geröll  und  Schutt  in  das  Becken  hineintragen,  bis  dieses  so  hoch  zu- 
geschüttet worden  ist,  als  einst  der  Spiegel  des  Sees  reichte.  In  der 
That,  wenn  wir  manche  Gebirgsthäler  betrachten,  deren  Boden  so  glatt 
ausgespannt  ist  wie  ein  Billardtuch,  so  können  wir  uns  der  Vermuthung 
nicht  erwehren,  als  schritten  wir  über  das  gleichmässig  ausgeschüttete 
Becken  eines  ehemaligen  Süsswassersees.  Ehe  aber  eine  solche  Ver- 
schüttung völlig  gelungen  ist,  kann  es  sich  zutragen,  dass  der  Abfluss 
eines  Sees  sein  Bett  so  rasch  austieft,  dass  er  den  See  selbst  gänzlich 
oder  theilweise  trockenlegt  Da  alle  WasserfWe  bekanntlich  rückwärts 
nach  dem  Ursprung  ihrer  Gewässer  zu  sphreiten  trachten,  so  könnte 
auch  in  femer  Zeit  der  Rhein  von  SchafFhausen  bis  zum  Bodensee 
seine  Furche  so  beträchtUch  vertiefen,  dass  das  Schwäbische  Meer 
gänzlich  oder  wenigstens  grossentheils  trockengelegt  würde.  Schreitet 
in  gleicher  Art  der  Fall  des  Niagara  beständig  zurück,  so  muss  er 
zuletzt  den  Erie-See  erreichen  und  dessen  Spiegel  ziemlich  bis  zu  dem 
tiefer  liegenden  Ontario-See  herabgedrückt  werden.  So  hat  die  Aar 
eine  geringe  Strecke  oberhalb  Meiringen  eine  Felsenschwelle,  die  ehe- 
mals ihre  Wasser  wie  ein  Mühlendanmi  anspannte,  durchschnitten 
(sogenannte  finstere  Schlauche)  und  durch  diesen  Spalt  einen  Gebirgssee 
trocken  gelegt.  Im  lockeren  Erdreich  wird  bei  starkem  GefeU  jeder 
Fluss  ausserordentlich  rasch  sein  Bett  vertiefen,  und  wir  haben  kein 
Recht,  uns  zu  verwundem,  dass  Erscheinungen  wie  die  Wasserstürze 
grosser  Ströme  verhältnissmässig  so  selten  sind;  denn  die  Geognosie 
belehrt  uns,  dass  Stromschnellen  und  Wasser&lle  dauemd  nur  dort 
erhalten  werden,   wo   ein  felsiges  Bett  der  Auswaschung  mit  Erfolg 


440  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  uud  Lufthülle  der  Erde. 

Widerstand  zu  leisten  vermag.  Die  Fährlichkdten  des  Bingerlocbs 
entspringen  aus  dem  Hervorragen  fester,  quarziger  Taunusschiefer;  die 
Stromschnellen  der  Elbe  zwischen  Lobositz  und  Pirna  werden  durch 
Basalt,  Phonohth  oder  besonders  feste  Sandsteinschichten  bedingt,  wie 
der  Rhein  bei  Schaffhausen  von  einer  festen  Jurakalkmasse  herab- 
stürzt^). Der  Niagara,  von  dem  Sir  Charles  Lyell  annimmt,  dass 
er  jährlich  Vs  Meter  zurückschreite  ^),  würde  vielleicht,  da  er  sich  vber 
eine  Ealksteintafel  ergiesst,  keine  merkliche  Erosion  bewirken,  wenn 
nicht  auf  den  untersten  26  Metern  seines  Falles  nachgiebiger  Schiefer- 
thon  durch  die  mechanische  Gewalt  der  herabstürzenden  Wasser- 
massen der  Kalksteinplatte  unter  den  Füssen  weggezogen  würde  ^) 
(Fig.  80).  Wenn  wir  uns  jetzt  die  Hudsonsbaygebiete  betrachlen,  so  ge- 
währen sie  uns  durch  ihre  reiche  Belebung  mit  Seen  und  durchströmenden 

Fig.  SO. 
Nord  Soll 

OnUrio-S«e    Lewiston  and  Qne^nstowo  Niagarafall  Erie-S^ 

I 

1 


Die  Kiai^arafälle. 
»  Sandsteio.     t  Mergel  und  Schieferthoiu    <r  sUurischer  Kalk. 

Flüssen  den  Anblick  lauter  halbfertiger  Stromsysteme.  Der  dortigen 
Flüsse  harrt  noch  vieltausendjährige  Arbeit,  bis  sie  alle  jene  Becken 
durch  Alluvionsmassen  entweder  zugeschüttet  oder  durch  Vertiefung 
ihrer  Betten  trocken  gelegt  haben  werden.  Wenn  wir  dann  hören, 
dass  ein  so  beträchtlicher  «Strom  wie  der  Thlewee-choh  oder  Back's 
Grosser  Fischfluss,  abgesehen  davon,  dass  er  durch  eine  Mehrzahl  von 
Seen  hindurchzieht,  stufenweise  in  83  Sprüngen  und  Stromschnellen 
bis  zu  seiner  Mündung  im  amerikanischen  Polarmeer  herabsetzen  muss, 
so  werden  wir  daraus  schliessen,  dass  es  entweder  noch  ein  sehr  Jugend- 
Uches  Gewässer  sei  oder,  vielleicht  richtiger,  dass  er  meistens  über 
kiystallinische  Felsarten  oder  über  andere  feste  Gesteine  ströme. 

Doch  stehen  wir  nicht  am  Beginn  unserer  Untersuchungen  schon 
bei  der  Lösung  des  RäthseLs?  Die  Becken  der  Süsswasserseen  wird 
doch  niemand  sich  durch  Auswaschung  entstanden  denken;  denn  die 
Erosion  eines  Flusses  steht  still,  sobald  er  eine  mit  Wasser  gefällte 

*)  B.  V.  Cotta,  Geologie  der  Gegenwart.    S.  405. 

')  Nach  dem  Berichte  Gardner's  von  der  New- Yorker  StaatsTermessong 
sind  die  Niagarafälle  von  1S42  his  IST 9  über  30  Meter,  also  jährlich  mehr  als 
•,4  Meter  zurückgewichen. 

•)  Dana,  Manual  of  Geology.    p.  591. 


XIX.    Die  Thalbildungen.  441 

Depression  des  Bodens  erreicht  hat.  Deri  Vierwaldstätter  See  ist  doch 
nicht  von  der  Reuss,  der  Brienzer  und  Thuner  See  nicht  von  der  Aar, 
der  Genfer  See  nicht  von  dem  Rhone,  der  Bodensee  nicht  von  dem 
Rhein,  der  Langen-  und  Comer-See  nicht  vom  Tessin  und  von  der 
Adda,  die  zahllosen  Seen  Canada's  und  der  Httdsonsbaygebiete  gewiss 
nicht  von  den  Strömen  ausgefurcht  worden ,  die  wir  sie  jetzt  durch- 
strömen sehen,  zumal  nicht  wenige  von  ihnen  an  ihren  tiefsten  Stellen 
noch  unter  den  Meeresspiegel  hinabreicheil.  Wir  gewahren  vielmehr, 
dass  die  Flüsse  vorhandene  Seen  nur  benutzen,  um  auf  gewissen  Strecken 
bequemer  ihren  Pfad  fortzusetzen  imd  si<^h  die  Mühe  einer  .Ausfeilung 
ihrer  Betten  zu  sparen.  Die  Flüsse,  welche  wir  noch  immer  durch 
Seen  strömen  sehen,  dürfen  wir  um  so  weniger  als  die  Schöpfer  der 
Süsswasserbecken  betrachten,  als  sie  im  Gegentheil  fast  alle  mit  mehr 
oder  weniger  Erfolg  an  ihrer  Einmündung  sie  mit  Schutt  auszufüllen 
drohen,  gleichsam  als  wollten  sie  för  spätere  Zeiten  die  Spuren  einer 
früher  vorhandenen  Bodensenkung  und  das  Andenken  an  die  geleisteten 
Dienste  verwischen.  • 

Niemand  wird  auch  etwas  dagegen  einwenden,  dass  man  Boden- 
senkungen, wenn  sie  nicht  geradezu  eine  Trichterform  besitzen,  sondern 
sich  bei  ihnen  eine  grössere  von  einer  kleineren  Axe  unterscheiden 
lässt,  Thäler  nenne.  Jedes  Becken  eines  Landsees  kann  in  diesem 
Sinne  als  ein  überschwemmtes  Thal  betrachtet  werden.  Nun  giebt  es 
aber  eine  Fülle  von  Landseen  ohne  Abfluss,  bei  denen  jede  Berechtigung 
aufhört,  ihre  Aushöhlung  einem  fliessenden  Wasser  zuzuschreiben.  So 
haben  die  neueren  geologischen  Untersuchungen  des  Schichtenbaues 
längs  der  grossen  Einsenkung  Palästina's ,  zu  welcher  nicht  bloss  der 
See  Tiberias,  der  Jordan  und  das  Todte  Meer  gehören,  sondern 
als  deren  Verlängerung  auch  der  Gk>lf  von  Akabah  angesehen  werden 
muss  und  deren  Sohle  grösstentheils  beträchtlich  unter  dem  Spiegel 
des  Mittelmeeres  eingesunken  ist,  uns  vollständig  beruhigt,  dass  sie 
nicht  durch  Auswaschung,  sondern  durch  Verwerfung  von  Schichten 
entstanden  sei,  so  dass  wir  hier  ein  weiteres  Beispiel  kennen  lernen, 
dass  ein  Thal  älter  war  als  die  Meteorwasser,  die  sich  jetzt  in  seiner 
Rinne  sammeln  und  bewegen  (vgl.  hierzu  S.  325). 

Kein  Raum  der  Erde  ist  durch  die  Häufigkeit  der  stehenden 
Wasser  ausgezeichneter  als  die  Granitplatte  Finnland's,  deren  Ober- 
fläche zum  neunten  Theil,  nämlich  von  6883  geographischen  Quadrat- 
meilen auf  761  Quadratmeilen,  mit  Tausenden  von  Seen  bedeckt  ist.  Die 
meisten  dieser  Becken,  namentlich  die  im  Kern  des  Landes  gelegenen, 
sind  geschlossene  ISnsenkimgen  ohne  jeden  Abfluss.  Jene  zierlichen, 
um  nicht  zu  sagen  eleganten  Wassei^ißbsse,  wie  sie  auf  einer  gelun- 
genen   Höhenschichtenkarte   in   Fetermann's   Mittheilungen    (1859, 


442 


Dritter  Theil.    Die  Wasser-  and  LnfithfiUe  der  Erde. 


Tafel  V)  uns  entgegentreten ,  lassen  uns  an  ihren  einzelnen  Gliedern 
deutlieh  ein  paralleles  Streichen  von  Südsüdost  nach  Nordnordwest  wahr- 
nehmen. Bei  den  mdsten  dieser  Becken  steht  die  Verdampfung  an 
der  Oberfläche  mit  der  Ernährung  durch  zuströmende  Meteorwasser 
im  Gleichgewicht,  so  ^ass  ein  Auffüllen  bis  zum  Ueberlaufen  nic^t 
stattfindet  und  auch  keine  Verbindung  zwischen  den  einzelnen  Becken 
in  Aussicht  steht,  wie  etwa  der  Niagara  durdh  seinen  Canal  den  Erie- 
mit  dem  Ontario-See  in  ein  gleiches  Niveau  zu  setzen  droht.  Betrachten 
wir  nun  eines  dieser  Becken  (Fig.  81),  welches  einen  Abfluss  in  den 
Bottnischen  Meerbusen  besitzt,  den  Kümo  imd  Kyros  Joki,  so  entdecken 
wir  mit  stiller  Freude,  dass  der  Bau  dieser  Seengruppe  vollständig 
einem  künftigen  Flussgebiete  mit  Seitengewässem  gleicht  Beständen 
die  Wände  dieser    hydrographischen  Ge&sse  nicht  aus  Granit,  sondern 

aus    schwächeren 
^'^-  ^ '  •  Gesteinen       oder 

lockerem  Schutt, 
so  würde  der  Ab- 
fluss längst  schon 
sein  Bett  so  weit 
vertieft  haben,  um 
die  Sohlen  der 
Seen  trocken  zu 
l^en.  Wir  wür- 
den dann  statt 
einer  Kette  von 
schmalen  Weihern 
ein  Flussgebiet 
vor  uns  haben, 
welches  sich  von 
anderen  Flussge- 
bieten nicht  unter- 
schiede, und   wir 

wären  nicht  mehr  vor  der  Mystification  gesichert,  jene  Thäler  ftir 
Sculpturen  des  fliessenden  Wassers  anzusehen.  Dieser  Fall  aus  der 
Embryologie  der  Flüsse,  wenn  man  sich  so  ausdrücken  dar£^  liefert 
abermals  einen  Beweis,  dass  bisweilen  die  Thäler  älter  sän  können 
als  die  Flüsse. 

Femer  giebt  es  eine  ganze  CSasse  von  Thälem,  die  sich  von  dem 
Verdachte  reinigen  lassen,  als  seien  sie  von  den  Flüssen  ausgewaschen 
worden,  welche  jetzt  in  ihren  Binnen  strömen.  Ganz  deutlich  zeigt 
nämlich  eine  Anzahl  von  Gebirgen  an  ihrem  Sduchtenbau,  dass  sie 
durch  eine  Hunzelung  oder  Faltung  der  Erdoberfläche  entstanden  sind. 


Der  Kamo  und  Kyros  Joki  Finnland's  mit  der  Mfindung  in  den 

Bottnischen  Meerbnwn. 


XIX.    Die  Thalbildungen.  443 

wie  der  Jura,  die  Alleghanies  und,  wie  es  scheint,  der  Atlas  in  Marocco. 
Dort  entstehen  Thäler  theils  durch  eine  muldenartige  Umbiegung  der 
Schichten  (synklinale  Thäler),  theils  durch  Au&prengung  der  Boden- 
&lte  längs  ihrem  Kamme  (antiklinale  Thäler,  vgl.  Fig.  89  in  Bd.  I, 
S.  546).  In  allen  diesen  Fällen  ist  es  erweislich,  dass  die  Meteor- 
wasser nichts  mit  dem  Ursprung  der  Thäler  zu  schaffen  hatten.  Auch 
sind  wohl  die  meisten  Geographen  und  Geologen  geneigt,  den  Ursprung 
der  sogenannten  Längenthäler  erster  Ordnung,  d.  h.  solcher,  die  parallel 
streichen  mit  der  Erhebungsaxe  von  Gebirgen,  nicht  der  Ausfiirchung 
von  Flüssen  zuzuschreiben;  um  so  hartnäckiger  bestehen  einzelne  darauf, 
wenigstens  den  Querthälem,  also  solchen,  die  senkrecht  zu  den  Er- 
hebungsaxen  stehen,  einen  derartigen  Ursprung  zu  retten. 

Glücklicher  Weise  giebt  es  aber  auch  eine  Mehrzahl  von  Quer- 
thälem, bei  denen  sich  schon  jetzt  nachweisen  lässt,  dass  sie  älter  waren 
als  die  Flüsse,  welche  sie  gegenwärtig  als  ihre  Betten  benützen.  Be- 
trachten wir  das  Gemälde  dreier  Querthäler  in  den  Alleghanies  (Fig  82), 
die  vom  Delaware,  Susquehanna  und  Potomac  durchströmt  werden. 
Jeder  von  ihnen  durchbricht  vier  oder  fiinf  parallel  geordnete  Gebirgs- 
ketten. Wollte  man  alle  diese  Thäler  zu  Erosionsschöpfungen  erniedrigen, 
so  müsste  man  sich  vorstellen,  dass  die  im  Länderbilde  dargestellten 
Höhenkämme  Abstürze  von  Terrassen  gewesen  seien,  auf  deren  höchster 
der  Fluss  seinen  Ursprung  nahm,  um  das  Querthal  zuerst  einzuschneiden, 
worauf  seinen  Nebengewässem  die  Arbeit  zufiel,  auf  jeder  Terrasse 
wiederum  die  Längenthäler  auszutiefen.  Die  Möglichkeit  eines  solchen 
Vorganges  wird  allerdings  von  der  Darstellung  auf  der  Landkarte  nicht 
ausgeschlossen.  Die  Eenntniss  der  Höhenverhältnisse  bereitet  indessen 
einer  solchen  Erklärung  bedeutende  Schwierigkeiten.  Die  höchsten 
Ketten  nämlich^  die  sogenannten  Blue  Mountains,  sind  diejenigen,  welche 
der  Fluss  zuletzt  durchbricht,  also  die  unterste  der  Terrassenstufen. 
Auch  liegen  die  Quellen  der  drei  Flüsse  auf  dem  pennsylvanischen 
Tafellande,  welches  nur  300,  450 — 600  Meter  absolute  Erhebung  besitzt, 
während  die  Kämme  der  vorliegenden  Parallelketten  da,  wo  die  Durch- 
brüche erfolgen,  zum  Theil  viel  höher  sind.  So  besitzen  z.  B.  die 
Quellen  des  Delaware  am  Fusse  der  Gatskill-Gebirge  nur  500  Meter 
absolute  Erhebung,  während  beim  Watergap,  wo  der  Fluss  eine  der 
mittleren  Ketten  durchbricht,  zu  seinen  beiden  Seiten  die  Wände  seiner 
Schlucht  gleichfaUs  zu  500  Meter  Höhe  über  den  Delawarespiegel 
emporsteigen,  während  zu  dieser  relativen  Erhebung  noch  das  beträcht- 
liche Gefkll  des  Wassers  zwischen  dem  Watergap  und  der  See  hinzu- 
gezählt werden  muss.  Obendrein  wissen  wir  noch,  dass  die  Parallel- 
ketten der  Alleghanies  keine  Stufen  von  Terrassen  sind  oder  gewesen 
sein  können;  denn  alle  Ihre  Schichten  sind  stark  gefaltet,  und,  vrie 


444 


Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 


Dana  nachgewiesen  hat,  laufen  dieAxen  der  Falten  parallel  mit  den 
Eammaxen  der  heutigen   Gebirge;   la  die  Boden&ltongen  erscheinen, 

Fig.  82. 


Qnertbäler  in  den  Allegknniee. 


wie  beifolgender  Querschnitt  (Fig.  83)  zeigt,  weit  stärker  aufgerichtet  und 
zum  Theil  überhangend  in  der  Nähe  der  Küste  als  weiter  landeinwärts, 
wo  sie  sich  zu  massigen  Wellenbewegungen  besänftigen. 


Fig.  83. 


NW 


SO 


Idealer  Qneraclinitt  der  SduehtenfmUnngen  in  den  Alleghanieä. 

Dass  Flüsse,  die  auf  niederem  Niveau  entspringen ,  sehr  hohe 
Gebirge  durchsetzen,  ist  überhaupt  keine  seltene  Elrschdnung.  Mehrere 
Fälle  dieser  Art  treffen  wir  auf  der  Craspe-HalbioBeL  welche  den  Süd- 


XIX.    Die  Thalbildungen.  445 

rand  des  Laurentiusgolfes  in  Amerika  bildet.  Bei  einer  mittleren  Er- 
hebung von  450  Metern  richten  sich  ihre  Ränder  im  Abstand  von  6 — 12 
englischen  Meilen  ( 1 ,3 — 2,6  geographische  Meilen)  vom  Laurentiusstrom 
zu  dem  Schickschockgebirge  mit  Gipfelhöhen  von  900 — 1200  Metern 
auf.  Dieser  Höhenrand  wird  von  den  Flussthälem  Ste.  Anne  des 
Monts,  Chatte  und  Matanne  bis  auf  150 — 180  Meter  absolute  Erhebung 
zerspalten.  Alle  diese  Flüsse  entspringen  südlich  von  ihren  Durch- 
brüchen auf  sehr  geringen  Meereshöhen ;  ja ,  einer  der  Nebenarme  der 
Matanne  hat  seine  Quelle  sogar  nördlich  von  dem  Gebirge  auf  einer 
niederen  Bodenerhebung,  so  dass  er  zuerst  den  Höhenrand  nach  Süden 
zu  in  einer  Schlucht  und  später  zum  zweiten  Male  durch  seine  Rück- 
kehr gegen  Norden  durchbrechen  muss*). 

Es  mangelt  auch  in  Europa  nicht  an  Beispielen,  dass  Gebirge  und 
Bodenerhebungen  von  Flüssen  durchschnitten  werden,  die  oberhalb  ge- 
räumige Gebiete  von  weit  tieferem  Niveau  durchfliessen  als  die  Gebirgs- 
kämme. 

Vor  der  Strecke  zwischen  Pressburg  und  Ofen  (s.  Fig.  84)  durch- 
strömt die  Donau  ein  Terrain  von  unter  200  Meter  mittlerer  Er- 
hebung; auch  hat  sich  ihr  Spiegel  bei  Komom  bereits  auf  104  Meter 
gesenkt,  während  ihr  Geßill  von  dort  bis  Pest  beiläufig  nur  8  Meter 
beträgt.  Auf  jener  Strecke  durchbricht  sie  aber  eine  Gebirgskette, 
welche  man  am  rechten  Ufer  der  Donau  den  Bakonyer  Wald,  auf  dem 
linken  dagegen  das  Neograder  Gebirge  nennt  und  welche  sich  von  325 
Meter  Erhebung  bis  zu  Gipfelhöhen  von  über  700  Metern  aufschwingt.  Wie 
das  böhmische  Mittelgebirge  ragt  sie  halbinselartig,  nur  durch  ein  schmales 
Thal  von  den  Earpathen  getrennt,  aus  einer  Ebene,  welche  die  Donau 
hätte  benutzen  können,  um  von  Pressburg  aus  südwärts  zu  schwenken 
und  etwa  das  Thal  der  Mur  zu  erreichen.  Sie  hätte  dann,  wie  es 
Flüsse  so  häufig  thun,  den  Bakonyer  Wald  umgehen  und  sich  das 
Abenteuer  jenes  »Durchbruchs  ersparen  können.  Jene  Flussenge  ist 
also  älter  als  die  Donau,  wie  ja  auch  ihr  Durchbruch  von  der 
bayerischen  Hochebene  nach  dem  IVIarchfelde  bei  Wien  schon  in  der 
jurassischen  Zeit  vorhanden  war,  wo  das  alte  Meer,  welches  noch  einen 
Theil  der  Schweiz,  sowie  Schwaben  und  Bayern  bedeckte,  zwischen 
dem  heutigen  Greinerwald  und  den  Alpen  zu  einem  schmalen  Arm 
verengt  wuide «). 

Will  man  in  allen  diesen  Fällen  sich  an  den  Gedanken  noch 
klammem,  dass  jene  hydrographischen  Engpässe  in  quervortretenden 
Gebirgen  durch  die  Gewässer,    welche  wir  heute  dort  fliessen  sehen, 

')  Logan,  Geology  of  Canada.    p.  3. 

^)  S.  dad  Jurameer  in  Oswald  Heer'a  Urwelt  der  Schweiz.  Zürich  1 865. 
S.  161. 


jubülle  der  Erde. 


#81  ..|ifti'l€<ii>i)£#"'^ 

SrSftilPa^t^BV^^''^'*  ^^  ^*^^^  gflnzlich  ver- 

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l^*'!'9^'W' W<V^>'^^£*^^'^^i*li*''^  not«  — 

S**»'^:jaer  unter  einem  schon  aus- 
~  bestehen  ihre  Schichten 
gleicht  hinwegfUhren  laaaes. 
^tiaas  die  Eronon  des  Flusses 
|i  Ön  sein  altes  Bett  behaupten 
SS^^^d!6S  Wände  eines  Landitickens 


;es  ist  einst  das  ob»e  Hb- 

war  das  Elbtbal  ober- 

le  Böhmen  (Ins  Saaz,  Prag 

Ende  derselben  taachten 

der  Sächsiscben 

l^ie  heute,  so  strOmtcn  in 

irwasser  Böhmen' s,  dem 

\a\e  der  Geologie.    3.  Aufl. 
^^«V^  Darteguug  Rudolf  Cred- 


XIX.    Die  Thalbilduugen.  447 

nach  Norden  sich  itbdachenden^  terrassenfönnigen  Bau  des  Landes  ent- 
sprechend, nach  der  tiefsten  Stelle  im  Norden,  stauten  sich  jedoch 
hinter  dem  Gebirgsriegel  bei  Tetschen  auf,  und  so  entstand  ein  weit- 
ausgedehnter Binnensee,  auf  dessen  Grunde  die  Tertiärablagerungen 
des  nördlichen  Böhmen  sich  vollzogen.  Die  Existenz  dieses  tertiären 
Süsswassersees  ist  ein  sicheres  Zeugniss  dafür,  dass  der  Gebirgswall 
am  Nordrande  Böhmen's  damals  noch  keinen  Spalt  besass,  durch 
welchen  die  Gewässer  abfliessen  konnten,  ohne  einen  See  zu  bilden. 
Nach  alledem  müsste  das  Niveau  des  Eibstromes  ehemak  viel  höher 
gelegen  haben  als  jetzt.  In  der  That  finden  sich  in  der  Gegend  von 
Dresden  und  Pirna  zahlreiche  Schotteranhäufungen  aus  Basalt,  Phonolith, 
Grauwacke  und  Eaeselschiefer  bis  zu  einer  Höhe  von  90  Metern  über 
dem  gegenwärtigen  Spiegel  der  Elbe  bei  Dresden.  Dieses  Material 
stammt  offenbar  aus  Böhmen  und  kann  nur  durch  die  Elbe  nach 
Sachsen  transportirt  worden  sein;  somit  hat  dieser  Strom  seitdem  sein 
Bett  mindestens  imi  90  Meter  vertieft.  Uebrigens  mussten  die  ge- 
sammten  Höhenverhältnisse  jener  Gegenden  in  der  Tertiärzeit  wesent- 
lich andere  sein  als  jetzt.  Aus  der  Lagerungsweise  der  einzelnen 
Formationsglieder  des  Erzgebirges  geht  deutlich  hervor,  dass  die  Er- 
hebung desselben  eine  ganz  allmähliche  war  und  sich  von  den  ältesten 
geologischen  Zeiträumen  bis  in  die  geologische  Gegenwart  herein  er- 
streckte; insbesondere  wird  dies  dadurch  bewiesen,  dass  die  tertiären 
Schichten  am  Südfusse  des  Erzgebirges  um  20  bis  30  Grad  angerichtet 
sind.  Femer  muss  das  Diluvialmeer  in  Form  einer  Bucht  bis  nach 
Nordböhmen  gereicht  haben,  da  hier  (insbesondere  im  Thale  des  Polzen 
und  seiner  Zuflüsse)  und  in  der  Sächsischen  Schweiz  vielfach  nordische 
Geschiebe  und  zwar  bis  zu  einer  Meereshöhe  von  370  Metern  vor- 
kommen. Erst  am  Schlüsse  der  Diluvialzeit  wich  das  Meer  in  Folge 
des  allmählichen  Äu&teigens  des  Landes  wieder  zurück,  und  nun  be- 
gann wahrscheinlich  die  Vertiefung  des  heutigen  Elbthales.  Während 
das  Gebirge  fortdauernd  an  Höhe  gewann,  furchte  sich  der  Strom  sein 
Bett  immer  tiefer  aus ;  gleichzeitig  schnitten  sich  die  Zuflüsse  der  Elbe, 
denen  nun  neue  Gelegenheit  zur  Ausübung  ihrer  Fallthätigkeit  gegeben 
war,  tiefer  in  jene  Schluchten  ein  und  schufen  so  die  herrlichen,  viel- 
besuchten ^Gründe^  der  Sächsischen  Schweiz. 

Das  Seitenstück  zu  dieser  hydrographischen  Episode  bietet  uns  der 
Rhein  in  seinem  Mittellaufe.  Nach  der  fiüheren  Anschauung  hatte 
sich  schon  vor  der  Jurazeit  das  Vogesen-  und  Schwarzwaldgebiet  als 
festes  Land  erhoben  imd  hing  im  Norden  zusammen  mit  den  heutigen 
Höhenrücken  zu  beiden  Seiten  des  Rhein's  bis  nach  Bonn,  wo  die 
Ufer  der  jurassischen  Nordsee  lagen.  Das  jetzige  Rheinthal  zwischen 
Basel  und  Bingen  dagegen,  meinte  man,  bildete  einen  Meerescanal,  der 


448  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

sich  bei  Bern  erweiterte  und  über  Grenf  und  Lyon  mit  einer  grossen 
südeuropäischen  Meeresfläche  vereinigt  war.  In  diesem  Golfe  sollten 
die  jurassischen  Ablagerungen  entstanden  sein,  welche  man  g^enwärtig 
am  Fusse  der  Vogesen  und  des  Schwarzwaldes  in  der  Oberrheinischen 
Tiefebene  findet.  Nach  neueren  Untersuchungen  ist  jedoch  das  Auf- 
steigen dieser  Gebirge  erst  in  nachjurassischeD  Zeiten,  die  Entstehung 
der  Einsenkung  zwischen  beiden  aber  erst  in  der  Tertiärzeit  erfolgt. 
Die  jurassischen  Schichten  der  Rheinebene  würden  hiemach  nur  „die 
Reste  und  Bruchstücke  eines  gewaltigen  Schichtencomplexes  sein,  welcher, 
gleichzeitig  mit  dem  Schwarzwald  und  dem  Wasgau  über  den  Meeres- 
spi^el  erhoben,  beide  Gebirge  mit  einander  verband,  in  der  Tertiärzeit 
aber  durch  eine  Verwerfung  der  von  Klüften  durchsetzten  Schichten  in 
das  Niveau  der  jetzigrai  Rheinebene  hinabsank,  während  zu  beiden 
Seiten  die  genannten  Gebirgszüge  erhalten  blieben '^.  lieber  jene  Rhein- 
niederung ei^ossen  sich  nun  die  Fluthen  des  Tertiärmeeres,  das  ach, 
wie  die  tertiären  Sedimentschichten  bezeugen,  als  ein  schmaler  Golf 
zwischen  Vogesen  und  Schwarzwald  bis  zum  Spessart,  Rhöngebiige, 
Vogelsberg,  Taunus  und  Hunsrück  nach  Norden  erstreckte.  IHeses 
Meeresbecken  verwanddte  sich  nach  und  nach  in  einen  Süsswassersee, 
was  sich  dadurch  erweisen  lässt,  dass  die  unteren,  ältesten  Schichten 
noch  eine  fossile  Meeresfauna,  die  mittleren  aber  Brack wasserthiere 
beherbergen,  während  auch  diese  in  den  obersten,  jüngsten  Etagra 
gänzlich  verschwinden.  Hieraus  ergiebt  sich,  dass  am  Ekide  der  Ter- 
tiärzeit durch  eine  Hebung  am  Ausgange  jenes  tertiären  Golfes  dieser 
zu  einem  Binnensee  wurde.  Die  Aussüssung  desselben  aber  war  nur 
unter  der  Bedingung  mögUch,  dass  seine  salzigen  Wasser  abgeleitet 
und  durch  das  Süsswasser  der  Zuflüsse  ersetzt  wurden.  Das  Ausgangs- 
thor flir  die  abrinnenden  Wasser  aber  befand  sich  in  der  Nähe  des 
heutigen  Bingen.  Doch  war  auch  hier  von  An&ng  an  kein  Spalt  vor- 
handen, der  dem  See  als  Abzugscanal  diente;  vielmehr  erkennen  wir 
in  den  mit  Geschieben  und  Flusskieseln  bedeckten  terrassenartigen 
Plateanx,  welche  bis  zu  Höhen  von  190  Metern  über  der  gegenwärtigen 
Thalsohle  angetroiSTen  werden,  deutliche  Spuren  eines  alten,  höher  ge- 
l^eien  Rheinbettes,  welches  der  mächtige  Strom  erst  allmählich  in  die 
fiesten  Ghrauwacken-  und  Schieferbänke  eintiefte.  Da  die  Ablagerangen 
jenes  Sees  unter  normalen  Verhältnissen  nirgends  in  Meereshöhen  voi^ 
kommen,  welche  den  Höhen  der  als  Queniegel  dienenden  Kämme  des 
Taunus  und  Hunsrücks  entsprechen,  so  ist  man  zu  der  Annahme  ge- 
zwungen, dass  diese  Gtebiige  damals  viel  niedriger  waren  ab  jetzt  In 
der  That  wird  durch  geologische  Untersuchungen  bestätigt,  dass  Taunus 
und  Hunsrück  noch  in  nachtertiärer,  ja  nachdiluvialer  Zeit  durch  secu- 
läre  Hebung  mehr  und  mehr  emporgerückt  sind.  Der  Binnensee  braachte 


XIX.    Die  Thalbildungen.  449 

also  gar  nicht  so  hoch  anzuschwellen ,  um  zum  Abfluss  zu  gelangen. 
Dass  die  Gewässer  dieses  Sees  wirklich  über  jene  Gebirge  hinweg- 
geströmt sind,  wird  auch  bezeugt  durch  Schollen  tertiärer  Ablagerungen, 
welche  sich  an  geschützten  Stellen  auf  der  Höhe  jener  Gebirgsrücken 
zeigen.  Ursprünglich  gebildet  unter  dem  Niveau  jenes  Binnensees 
wurden  sie,  als  die  Gebirgsmassen  des  Taunus  und  Hunsrücks  auf- 
stiegen, bis  zu  über  400  Meter  Meereshöhe  emporgehoben.  Gleichzeitig 
mit  dieser  Hebung  vertiefte  der  Fluss  fortdauernd  sein  Bett^  in  gleichem 
Masse  sank  der  Spiegel  des  Sees,  bis  endlich  die  Thalsohle  des  Stromes 
tief  genug  lag,  um  dem  letzten  Rest  jener  Wasseransammlung  den 
Abfluss  zu  gestatten^). 

Das  Gegentheil  von  dem  erwähnten  Vorgange  ist  in  historischer 
Zeit  ebenfalls  bereits  eingetreten  und  beobachtet  worden.  Wenn  näm- 
lich eine  neue  Bodenerhebung  quer  durch  ein  Flussbett  setzt  und  sich 
so  rasch  erhebt,  dass  die  Erosion  nicht  mit  ihr  Schritt  halten  kann,  so 
wird  der  Fluss,  den  neuen  plastischen  Veränderungen  sich  fügend,  sein 
altes  Bett  verlassen  und  einen  anderen  Lauf  einschlagen  müssen.  Charles 
Darwin  erzählt  uns,  dass  Gill,  ein  englischer  Geolog,  dem  er  voll- 
ständiges Vertrauen  schenkt,  bei  Huaraz,  unweit  Lima,  eine  Ebene 
mit  Ruinen  bedeckt  und  daneben  Spuren  einer  ehemaligen  Bewässerung 
antraf,  die  aus  dem  leeren  Bette  eines  beträchtlichen  Flusses  stammte. 
Wenn  nun  jemand  dem  Laufe  eines  Flusses  aufv^ärts  folgt,  so  muss  er 
sich  beständig  mehr  oder  weniger  erheben.  Gill  staunte  daher  nicht 
wenig,  als  er,  nachdem  er  dem  trockenen  Flusse  aufwärts  nachgegangen 
war,  plötzlich  das  Bett  sich  wieder  senken  sah.  Unter  der  ehemaligen 
Wasserrinne  hatte  sich  also  der  Boden  aufwärts  gefaltet  bis  zu  einer 
Höhe,  nach  Gill's  Schätzung,  von  13 — 16  Metern  im  Perpendikel. 
^Wir  haben  hier, ^  setzt  Darwin  hinzu,  „den  unzweideutigsten  Beweis, 
dass  in  historischer  Zeit  ein  Höhenrücken  durch  das  Bett  eines  Stromes 
erhoben  wurde,  der  viele  Jahrhunderte  dort  geflossen  sein  muss.^ 

Der  niedrigste  aller  Alpenpässe  ist  bekanntlich  die  Strajsse  über 
den  Brenner;  denn  sie  liegt  mehr  als  650  Meter  tiefer  als  die  Pässe 
über  die  Schweizer  Alpen,  die  sämmtlich  2000  Meter  überschreiten, 
während  der  Brenner  an  seinem  höchsten  Punkte  nur  1342  Meter  er- 
reicht. Der  Brennerpass  wird  gebildet  durch  das  Wippthal,  auf  dessen 
nördlichem  Abhänge  die  Sill  in  den  Lm,  auf  dessen  südlichem  der 
E^isack  der  Etsch  zufliesst.  Wer  die  Strasse  schon  bereist  hat,  whxl 
sich  erinnern,  dass  auf  der  Wasserscheide,  die  sich  übrigens  keinem 
Laienauge  verräth,   einige  Weiher  liegen.    Nach  einer  populären  Be- 

')  Nach  Rudolf  Credner's  Aufsatz:  „Ueber  die  Entstehung  des  Rhein- 
thales  unterhalb  Bingen  und  des  Elbthales  unterhalb  Bodenba^h''  in  der 
Deutschen  Revue.     Juli  1878,  S.  96  ff. 

Peschel-Leipoldt,  PhjB.  Erdlcnnde.    TT.  29 


450  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lnftliülle  der  Erde. 

haaptang  sollte  dort  ein  Hans  stehen,  dessen  eine  Dachtraufe  den  Regen 
nach  dem  Mittehneere,  die  andere  ihn  nach  dem  Schwaizen  Meere  al>- 
rinnen  lasse.  Wenn  sidi  Karl  Vogt  in  seinen  ^Voiiesangen  fiber 
den  Menschen"^  (Bd.  I,  S.  275)  nicht  zu  erklären  vermag,  dass  die 
Fordlen  auf  den  nördlichen  und  südlidien  Abhängen  der  Alpen  zu 
einem  Stamme  gehören,  so  wird  das  Bäthsel,  wie  Fisdie  hohe  Gtebirgs- 
kämme  fibersteigen  können,  am  Brenner  sehr  ein&ch  gelöst;  denn 
herabstürzende  Lawinen  oder  Ungewitter,  die,  wie  man  das  so  häufig 
in  den  Alpen  erlebt,  Schuttmassen  als  Querdämme  in  die  Thaler  hinab- 
schwemmen,  können  dort  sehr  Idcht  ein  Stück  vom  Quellengebiet  der 
Sill  sanmit  den  darin  enthaltenen  Fischen  abgesondert  und  dem  Eisaek 
zugeführt  haben.  Es  ist  s(^ar  wahrscheinlich,  dass  von  jdier  die 
Grenzen  der  Wasserschdde  dort  ein  woiig  geschwankt  haben,  so  dass 
dar  fjsack  bisweilen  der  Sill,  die  Sill  bisweilen  dem  Eisack  kleine 
Grebietsstrecken  sammt  ihren  Cnterthanen  abtreten  musste. 

Eine  treffliche  Erklärung  des  Brennereinschnittes  hat  uns  neuer- 
dings Alexander  Supan  in  sdner  vorzüglichen  Arbeit  „Studien  über 
die  Thalbildungen  des  östlich«!  Ghnaubttnden's  und  der  Tiroler  Central- 
alpen^  ')  g^eb^a.  Er  zeigt  zunächst,  dass  weder  das  SiU-,  noch  das 
Eisackthal  bis  Sterzing  im  Veigleich  mit  anderen  Thälem  der  Tiroler 
Alpen  abnorm  ausgebildet  ist,  dass  vielmehr  die  Abnormität  nur  in 
der  geringen  absoluten  Höhe  oder  —  wie  wir  auch  sagen  können  — 
in  der  bedeutenden  relativen  Tiefe  d^  Wasserscheide  Uegt  Von 
grösster  Wichtigkeit  ist  hierbei  der  Umstand,  dass  im  ganzen  wasser- 
scheidenden Hauptkamm  von  der  Elopaier  Spitze  im  Vintschgau  bis 
zum  Schneewinkel  am  Ost^ide  des  Venediger  Massivs  allein  der  Brenner 
und  seine  nächste  Umgebung  nicht  im  Gneissgebiete  liegen,  dass  vidmehr 
Kalkthonphyllite  vorherrschen.  Zwar  ist  auch  dieses  Gestein  von  ausser- 
ordenthcher  Härte;  durch  den  gewaltigen  Seitendruck  aber,  den  die 
beiden  zu  Fächern  und  Gewölben  sich  fiiltenden  krystallimschen  Massen 
der  Oetzthaler  Alpen  und  Hohen  Tauem  auf  die  zwischen  ihnen  ein- 
geklemmten weicheren  und  nachgiebigeren  Schichten  der  Kalkthon- 
phyllitgesteine  ausübten,  wurde  das  Wippthal  der  Schauplatz  der  gewalt- 
samsten Schichtenstörungen.  Die  muldenartige  Einliefung  des  Wipp- 
thaies bot  daher  in  ihren  unzähligen  Sprüngen  und  Bissen  den  erodi- 
renden  Kräften  zahlreiche  günstige  Angriäspunkte.  So  war  diesen 
Kräften  hier  der  Weg  vorgezeichnet,  und  sie  vermochten  leicht  die 
ihnen  gesteUte  Au%abe  zu  lösen.  „Die  Schöpfung  der  heutigen  Thäler, 
^vie  die   allmähliche  Tieferlegung  der  TN'asserscheide  muss  der  Erosion 

^)  MitlbeiloogeQ  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  in  Wien.  Bd.  XX 
(1S77),  S.  293  ff.,  bes.  S.  343  £ 


XIX.    Die  ThalbUdoDgen.  451 

(natürlich  im  weitesten  Sinne  des  Wortes)  zugeschrieben  werden.  Die 
Annahme  einer  Querspalte,  die  den  wasserscheidenden  Kamm  hier 
durchriss,  ist  unnütz  und  zugleich  willkürlich ;  denn  das  Vo;:handensein 
dieser  angebhchen  Spalte  kann  niemand  beweisen.^  EndUch  darf  hierbei 
nicht  übersehen  werden,  dass  der  Brenner  in  der  directen  Verlängerung 
des  breiten  EtschthAles  hegt,  dass  somit  die  warmen  und  feuchten  Süd- 
winde einen  offenen  Zugang  zu  dem  Brenner  haben.  Sie  waren  es 
auch,  welche  die  Schnee-  und  Eishülle,  die  im  übrigen  die  grosse 
Wasserscheide  bedeckt,  verscheuchten.  Während  so  die  erodirenden 
Erttfte  auf  der  Kammhöhe  im  allgemeinen  schlummerten  (vgl.  Bd.  I, 
S.  473  f.),  wirkten  hier  Regen,  Frost,  fliessendes  Wasser  und  chemische 
Zersetzung  in  überaus  erfolgreicher  Weise. 

In  manchen  Fällen  kann  das  Vorhandensein  eines  uralten  Spaltes 
nicht  geleugnet  werden.  Wir  denken  hier  zunächst  an  das  merkwürdige 
Querthal,  welches  sich  diu*ch  den  Mjösen-See  und  Gudbrandsdalen 
über  Lesjö  bis  zur  Nordsee  erstreckt*).  Zwei  Meilen  über  Dovre  am 
Sockel  des  Snehsetten  Hegt  ein  schmaler  Weiher,  der  seine  Wasser 
gleichzeitig  nach  zwei  Abhängen  in's  Baltische  Meer  und  in  die  Nordsee 
schickt,  nach  Leopold  v.  Buch's  Versicherung  kaum  mehr  als  700 
Meter  über  das  Meer  erhoben,  so  dass,  wenn  der  Seespiegel  auf  die 
gleiche  Höhe  anschwellen  würde,  die  grosse,  einseitig  an  ihrem  Nord- 
seerande aufgerichtete  Platte  krystallinischer  Gesteine,  welche  wii*  die 
skandinavische  Halbinsel  nennen,  durch  jenes  Thal  wie  durch  einen 
Quersprung  in  zwei  Stücke  gesondert  erscheinen  würde  ^).  Eine  ähn- 
Uche  Querspalte  von  gleicher  Ausdehnung  finden  wir  in  Nordamerika. 
Das  Thal,  welches  dort  der  Hudson  durchströmt,  verlängert  sich  gerad- 
hnig  zum  Champlain>See,  der  seinen  Abfluss  nach  dem  Laurentiusstrom 
sendet  und  vom  Hudson  selbst  durch  eine  Wasserscheide  von  nur  45 
Meter  Höhe  getrennt  wird.  Der  Champlain  dagegen  besitzt  nur  28  Meter 
Meereshöhe,  und  im  Hudson  gehen  Ebbe  und  Fluth  145  englische 
Meilen  (=  31,4  geographische  Meilen)  aufwärts.  Das  Atlantische  Meer 
brauchte  sich  daher  nur  wenig  mehr  als  70  Meter  zu  erheben,  so  würde 
es  mit  Hilfe  der  Hudsonsspalte  das  acadische  Dreieck,  d.  h.  alles  Land 
zwischen  Hudson,  Laurentius  und  dem  Meere,  in  eine  Insel  verwandeln. 

Die  Geologie  belehrt  uns,  dass  sehr  viele,  scheinbar  starre  Gesteins- 
massen noch  immer  genug  Biegsamkeit  besitzen,  um  eine  Faltung  zu 
ertragen,  ehe  Quer-  oder  Längenrisse  eintreten,    üeberschreitet  aber  die 

^)  Leopold  V.  Buch,  Reise  durch  Norwegen  und  Lapplaud.  Berlin  1810. 
Bd.  I,  S.  195  f. 

')  Dass  Fjorde  nicht  durch  Erosion,  sondern  durch  die  Hebung  von  unten, 
sowie  durch  den  Volumenverlust  bei  dem  Krystallinischwerden  geschichteter 
Felsarten  entstanden,  s.  Bd.  I,  S.  477  ff. 

29* 


452  Dritter  Tlieil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

gewölbartige  Anftreibong  der  Schichten  die  Grenzen  der  Dehnbarkeit, 
so  zerspringt  der  gehobene  Theil  der  Erdrinde  in  Stücke. 

Verdanken  wir  aber  auch  den  räthselhaften  Hebungskräften  im 
Erdinnem  mit  dem  Bau  der  Gebirge  oder  den  Bodenanschweltimgen 
zugleich  die  Spaltungslinien  der  künftigen  Thäler,  so  war  in  vielen 
Fällen  doch  nur  die  Au&chliessung  Yorbereitet;  denn  aUes,  was  den 
Spalt  zu  einer  Schlucht ,  die  Schlucht  zu  einem  Thale  erweitem  kann, 
ist  ein  Werk  der  himmlischen  Wasser.  Immerhin  aber  sind  ihre 
Leistungen  im  voraus  b^renzt  durch  die  Beschaffenhdt  der  gehobenen 
Massen.  Da,  wo  sie  leicht  zerrüttetes  Gestein  antreffen,  wird  es  ihnen 
nicht  schwer,  die  Thäler  zu  Kesseln  auszuspülen,  während  wir  dort^ 
wo  wir  die  Kessel  von  dausen  geschlossen  und  die  Wasser  durch 
Steinnasen  eingeengt  sehen,  sicher  sein  dürfen,  härtere  Felsarten  an- 
zutr^en.  Die  Thäler  zweier  Flüsse  von  gleichem  geologischen  Alter, 
gleichem  Geftlle  und  gleicher  Wasserfiille  werden  also  enger  oder  offener 
sein  je  nach  dem  Widerstände  der  Felsarten,  die  sie  ausfurchten  ^). 

Beim  UeberbUcken  unserer  erzielten  Ergebnisse  regt  sich  indess 
die  Besorgniss  vor  dem  Missverständnisse,  als  wollten  wir  dem  Wasser 
seinen  Antheil  an  der  plastischen  Umgestaltung  der  Erdoberfläche  ver- 
kümmern. Haben  die  Kräfte  im  Innern  die  Rinde  des  Planeten  auf- 
gerichtet, zersprengt  und  erschlossen,  so  waltet,  wie  ihre  Thätigkeit 
still  steht,  unumschränkt  die  Herrschaft  der  Kräfie  im  Lufikreis,  und 
diese  ver&hren  nun  mit  den  Erhabenheiten  der  Landschaft  völlig  nach 
ihrem  Bildhauerbrauche.  Im  Anfang  gehorchen  sie  noch  den  g^ebenen 
GeMlen,  und  ihre  Verrichtungen  erscheinen  geringßigig;  mit  der  fort- 
schreitenden Thätigkeit  werden  sie  immer  entscheidender  und  freier; 
ja,  sie  ftihren  scUiesslich  zum  gänzUchen  Verwischen  des  ursprüng- 
lichen Baues  der  Erdrinde.  Würde  ein  Geolog  nur  einen  solchen  alten 
und  gealterten  Schauplatz  kennen,  so  möchte  er  in  Versuchung  gerathen, 
dem  Wasser  allein  das  Hoheitsrecht  über  Berg  und  Thal  zuzusprechen. 
In  Schottland,  wie  der  treffliche  Geikie  gezeigt  hat,  erscheint  das 
Wasser  als  unbeschränkter  Gebieter.  Da,  wo  der  gewölbartige  Bau 
der  Schichten  eine  Bodenschwellung  voraussetzen  liesse,  finden  wir,  vrie 
zum  Trotze,  Thäler  ausgewaschen  (Fig.  85),  und  da,  wo  die  Schichten 
muldenförmig  zu  einem  Thale  gekrümmt  waren,  hat  der  zerstörende 
Luftkreis  die  Seitenwände  so  lange  abgetragen,  bis  sie  zu  einem  Berge 
zusammengescharrt  wurden  (Fig.  86).  Eben  deswegen  erschien  es  nicht 
überflüssig,  den  Gang  der  Thalbildungen  bis  zu  ihren  ersten  Ursprüngen 
zu  verfolgen,  um  klar  abzuscheiden,  was  den  aufrichtenden  imd  was 
den  abwaschenden  Kräften  beigemessen  werden  muss. 

')  Näheres  bei  B.  Stade r,  Lehrbuch  der  physikalischen  Geographie  und 
Geologie.    Bern,  Chur  und  Leipzig  1S44.    Bd.  I,  S.  359  ff. 


XIX.    Die  Thalbildungen. 


453 


Gebirge  dienen  zur  Verdichtung  des  Wasserdampfes  in  den  Luft- 
strömen und  wirken  im  allgemeinen  günstig  auf  die  Benetzung  der 
Länder  an  ihren  Abhängen.  Allein  Gebirge  sind  zugleich  Schranken 
für  die  Verbreitung  der  Geschöpfe.    Ein  Gebirge,  welches  wallartig  bis 

Fig.  85. 


Quenchnitt  des  Firth-of-Tay-Thales.    S  vnterw  alter  rother  Sandstein,    t  Trapp. 


zur  Schneelinie  reichte,  würde  nicht  bloss  die  Gewässer,  sondern  auch 
die  meisten  Thier-  und  Pflanzenarten  an  seinen  Abhängen  trennen. 
Giebt  es  jedoch  nur  eine  einzige  Höhenlücke  in  dem  Wall,  so  ist  schon 
viel  geholfen.  Nicht  die  Gipfelhöhen  entscheiden  dann  die  Rolle  eines 
Gebirges,   sondern  die 

Passhöhen.    Der  Bren-  Fig.  86. 

nerpass    erniedrigt    in 
diesem  Sinne  die  Alpen 


so. 


\\^K<^  .'^^^/f 


Qnerschnitt  durch  den  Ben  Lawere  in  Schottland. 


auf  1342  Meter;  denn 
alles  Lebendige,  was 
sich  noch  bis  zu  dieser 

Höhe  erheben  kann,  wird  im  Wippthale  von  einem  Abhänge  zum  an- 
deren wandern. 

Unser  Welttheil  verdankt  seine  günstige  wagerechte  und  senkrechte 
GKederung  vornehmlich  dem  grossen  Gebu-gszuge,  welcher  seinen  süd- 
lichen und  nördUchen  Abhang  scheidet,  so  dass  man  Europa  als  die  Alpen- 
halbinsel des  asiatischen  Festlandes  bezeichnen  kann.  Sehr  Vieles  von 
der  geistigen  und  geselligen  Ueberlegenheit  seiner  Bewohner  lässt  sich 
auf  diesen  glücklichen  Bau  unseres  Welttheiles  zurückfuhren.  Die  Alpen 
wären  aber  eher  ein  Hindemiss  und  eine  Schranke  der  Vermittlung 
und  des  Verkehrs  gewesen,  wenn  sie,  statt  in  Ketten  getheilt,  als  eine 
lückenlose  Erdanschwellung  aufgestiegen  und  wenn  nicht  wiederum 
ihre  Ketten  durch  Querthäler  aufgeschlossen  worden  wären.  Kein 
bequemer  Pass  führt  über  die  Alpen,  wo  nicht  ein  Strom  vorher  bis 
zum  Kamm  des  Gebirges  ein  sanft  ansteigendes  Thal  ausgefiircht  hätte. 
Wir  dürfen  nur  an  die  Bernhard-,  Simplen-,  Gotthard-,  Splügen-  und 
Brennerstrasse  denken.  Die  Erosionskräfte  des  Wassers  sind  also  dem 
menschlichen  Verkehr  dort  überall  vorbereitend  zu  Hilfe  gekommen. 
Dies  ist  nicht  überall  auf  unserem  Planeten  der  Fall.     Karl  Ritter 


454  Dritter  ThciL    Die  Wasser-  nnd  Lufthülle  der  Erde. 

hat  uns  gelehrt,  dass  im  Jahre  102  n.  Chr.  die  Chinesen  bereits  dem 
Kaspischen  Meere  sich  näherten.  Um  wie  vieles  wftre  die  geistige  Nacht 
des  MittelalterB  Yerkürzt  worden,  wenn  schon  damals  ein  unmittelbarer 
Verkehr  2wischen  den  Römern  und  Chinesen  angeknüpft  worden  wäre ! 
Aber  der  Faden  riss,  ehe  er  noch  beide  Grossmächte  verbunden  hatte, 
und  wir  müssen  warten  bis  zum  Elnde  des  13.  Jahrhunderts,  ehe  die 
Mongolen  auf  kurze  Zeit  als  Vermittler  zwischen  dem  Westen  und 
dem  äussersten  Osten  auftreten.  Die  Schwierigkeiten  jener  Verbin- 
dungen bestanden  theils  in  den  zwischenliegenden  Einöden  der  6obu 
dann  aber  auch  in  der  Unzugänglichkeit  der  Terrassen  Centralasien's, 
wo  es  bei  der  Begenarmuth  im  Innern  eines  grossen  Festlandes  an 
Strömen  und  Bächen  fehlt,  welche  die  gewiss  vorhandenen  Zerspaltungen 
zu  Thälem  erweitem  und  dem  Verkehr  aufschliessen  konnten.  So  lässt 
sich  die  verzögerte  Entwicklung  des  Mittelalters  in  Europa  theilweise 
zurückführen  auf  die  mangelhafte  Thalbildung  in  Centralasien. 


XX.    Die  magnetischen  Kräfte  der  Erde. 

Anhang  zu  dem  dritten  Theile: 
Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 


Schon  seit  mehr  als  siebzehn  Jahrhunderten  ist  die  Menschheit  mit  der 
Nord  Weisung  der  Magnetnadel  bekannt;  denn  es  berichtet  uns  be- 
reits ein  chinesisches  Wörterbuch  vom  Jahre  121  n.  Chr.  über  dieselbe. 
Doch  wurde  die  Magnetnadel  von  den  Chinesen  nur  auf  Landreisen 
benützt;  auf  Schiffen  hat  man  sie  in  Ostasien  selbst  zu  Marco  Polo 's 
Zeit,  also  am  Ende  des  13.  Jahrhunderts  noch  nicht  verwandt.  In 
den  mittelalterlichen  Schriften  findet  sich  die  erste  Kimde  von  der 
Magnetnadel  bei  Alexander  Neckam  (1157  bis  1217),  einem, 
Lehrer  an  der  Pariser  Universität^),  und  bei  Guiot  von  Provins, 
welcher  in  den  Jahren  1203  bis  1208  schrieb.  Das  älteste  arabische 
Werk,  in  welchem  der  polaren  Richtkraft  der  IVIagnetnadel  gedacht 
wird,  stammt  aus  dem  Jahre  1242  n.  Chr.  So  weit  also  bis  jetzt  die 
arabische  Literatur  durchforscht  ist,  lässt  sich  nicht  erhärten,  dass  die 
Araber  bei  ihren  frühen  Beziehungen  zu  China  von  dort  die  Magnet- 
nadel und  die  Kenntniss  ihrer  Kräfte  nach  dem  Abendlande  gebracht 
haben.  In  neuerer  Zeit  befestigt  sich  mehr  und  mehr  die  Anschauung, 
dass,  ganz  abgesehen  von  der  unbestrittenen  hohen  Priorität  der  chine- 
sischen Verdienste,  die  Nordweisung  der  Magnetnadel  selbstständig  im 
Abendlande  entdeckt  worden  ist  Frühzeitig  wurde  sie  in  eine  Büchse 
(Bussole)  eingeschlossen,  zu  der  auch  eine  Strichrose  gehörte.  Die 
letztere  an  der  Nadel  selbst  befestigt  und  demnach  den  Compass  ftir 
Seefahrten  erst  recht  brauchbar  gemacht  zu  haben,  ist  wahrscheinUch 
das  Verdienst  Flavio  Gioja's*). 

^)  Alexandri  Neckam  De  naturis  rerum  libri  dao,  ed.  Thomas 
Wright.    London  1863.    Lib.  11,  cap.  XCVm,  p.  183. 

*)  Qreusing  in  der  Zeitschrift  der  Gesellschaft  für  Erdkunde  za  Berlin. 
Bd.  IV  (1869),  S.  31  ff. 


456  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Um  die  Wirkung  des  Erdmagnetismus  an  irgend  einem  Orte  der 
Erde  zu  ermitteln,  muss  man  die  Richtung  und  die  Grösse  der 
Kraft  feststellen,  welche  er  auf  magnetische  Körper  ausübt  Da  nun 
die  Richtung  der  magnetischen  Körper  durch  die  Declination  und 
Inclination  g^eben  ist,  so  wird  die  magnetische  Erdkraft  eines 
Ortes  durch  folgende  drei  Aeusserungen  des  fLrdmagnetismus  bestimmt: 
durch  Declination,  Inclination  und  Intensität.  Es  ist  nun 
zu  zeigen,  wie  sich  diese  sogenannten  magnetischen  Constanten  mit  der 
Lage  des  Beobachtungsortes  ändern  und  wie  sie  zugleich  auch  zeitlich 
nicht  unbeträchtiichen  Schwankungen  unterworfen  sind. 

Nur  an  w^iigen  Orten  der  Erde  &llt  die  Richtung  einer  in  horizon- 
taler Ebene  firei  schwingenden  Magnetnadel  mit  derjenigen  des  astrono- 
mischen Meridians  zusammen;  vielmehr  bildet  sie  mit  dieser  meist  einen 
grösseren  oder  kleineren  Winkel.  Diese  Missweisung  nun,  die  eine 
östiiche  oder  westiiche  sein  kann,  nennt  man  örtiiche  Declination. 

Schon  Pierre  de  Maricourt,  welcher  1268  über  den  Magnet 
schrieb,  wusste  von  einer  östlichen  Abweichung  der  Magnetnadel  zu 
Paris  Yon  7Vt  ^  Vor  allem  aber  bemerkte  Cristobal  Colon  ganz 
deutlich  dne  westiiche  Declination  inmitten  des  Atlantischen  Ooeans 
im  September  des  Jahres  1492^).  Anfiuigs  wurde  sie  viel  bezwei£dt; 
selbst  ein  so  ausgezeichneter  Seemann  wie  Pedro  Sarmiento,  der  das 
erste  Schiff  aus  der  Südsee  in  den  Atiantischen  Ocean  ftihrte,  behauptete 
.  noch  am  Schlüsse  des  16.  Jahriiunderts:  von  einer  Missweisung  könne 
niemals  die  Rede  sein;  man  brauche  nur  eine  Magnetnadel  fainlän^ch 
zu  reinigen  und  frisch  einzuölen,  so  werde  ihre  scheinbare  Missweisung 
sofort  verschwinden.  Erst  seitdem  Baffin  in  der  BafSnsbay  im  Jahre 
1616  eine  westiiche  Ablenkung  der  Nadel  von  nicht  weniger  als  56^ 
erkannt  hatte,  waren  auch  die  hartnäckigsten  Leugner  überzeugt*). 

Zur  Feststellung  d^  magnetischen  Declination  verwendet  man  einen 
Apparat  von  folgender  Construction.  Einer  frei  schwebenden  Magnetnadel 
wird  ein  in  360  Grade  getheilter  Kreis  hinzugefügt,  gleichsam  das  Zifferblatt 
des  Apparates,  während  die  Nadel  den  Zeiger  vertritt  Doch  stehen  die 
Oradzahlen  fär  Orte  mit  westlicher  Declination  in  umgekehrter  Reihe  wie 
die  Ziffern  einer  Uhr :  der  Nordpunkt  trägt  die  Ziffer  0,  der  Westpunkt  90, 
der  Südpunkt  180,  der  Ostpunkt  270.  Fiele  die  magnetische  Axe  der 
Nadel  mit  der  geometrischen,  d.  h.  mit  der  Verbindungslinie  der  beiden 
Spitzen  zusammen,  so  würde  man  unmittelbar  an  dem  getheilten  Er»se 
die  Declination  ablesen  können,  vorausgesetzt,  dass  die  Verbindungslinie 

^)  Schiffsbach  des  Colon.  IS.  September.  Navarrete,  Coleccion  de  Docu< 
mentos.    Vol.  1,  p.  S. 

')0.  Peschel,  Geschichte  der  Erdkunde.  2.  Aufl.  (heraos^eg.  von 
S.  Rnge).    Manchen  1877.    S.  430  f. 


XX.    Die  magnetischen  Kräfte  der  Erde.  ^  457 

der  Theilstnche  0  und  180  genau  mit  der  Richtung  des  astronomischen 
Meridians  übereinstimmt.  Da  diese  Bedingung  jedoch  häufig  nicht  er- 
fiillt  ist,  so  hat  man,  um  den  entstandenen  Fehler  zu  corrigiren,  die 
Nadel  umzul^en,  d.  L  die  untere  Seite  nach  oben  zu  wenden.  Es 
deutet  dann  jede  Spitze  der  Nadel  auf  eine  Gradzahl,  welche  um  eben 
so  viel  zu  gross  ist,  ab  sie  zuerst  zu  klein  war,  oder  umgekehrt.  Das 
arithmetische  Mittel  beider  Zahlen  giebt  somit  den  wahren  Werth  der 
Declination  an.  Um  Bogenminuten  und  Bruchtheile  derselben  abzulesen, 
sind  optische  Hilfsmittel  nöthig. 

Bei  der  Declinationsbussole  ist  die  horizontale  Lage  der  Magnet- 
nadel dadurch  gesichert,  dass  der  Schwerpunkt  unter  dem  Aufhänge- 
punkt liegt.  Wird  jedoch  die  Magnetnadel  in  ihrem  Schwerpunkte 
selbst  aufgehangen,  so  senkt  sich  eine  ihrer  Spitzen  herab;  die  Nadel 
bildet  also  einen  Winkel  mit  der  Horizontalen,  und  diesen  bezeichnet 
man  a}s  Inclination. 

Georg  Hartmaun  in  Nürnberg  kam  bereits  im  Jahre  1543  auf 
den  Gedanken,  eine  Magnetnadel  an  ihrem  Schwerpunkte  mit  einer 
Axe  zu  versehen,  so  dass  sie,  schwebend  aufgehangen,  sich  frei  in  einer 
senkrechten  Ebene  bewegen  konnte.  Hierbei  machte  er  die  Entdeckung, 
dass  ihre  Nordspitze  sich  tief  nach  dem  Horizont  herabneigte.  Vier 
Jahre  später  veröfiTentlichte  der  Cremoneser  Affaytato  eine  Abhandlimg 
über  die  magnetische  Senkungskraft ^).  William  Gilbert  (c.  1600) 
&nd  unter  der  Breite  von  London  eine  Inclination  von  71^  40',  der 
Jesuit  Athanasius  Eircher  (1601  bis  1680)  auf  Malta  unter  dem 
35.  Grad  n.  Br.  eine  solche  von  nur  59^  15'.  Man  erkannte  schon 
damals  aus  diesen  Thatsachen,  dass  gegen  den  Aequator  hin  die  Senkungs- 
kraft geringer  werde,  jedoch  nicht  symmetrisch  mit  den  verminderten 
Polhöhen  abnehme.  Jesuiten,  die  nach  Goa  gingen,  sahen  in  der  Nähe 
des  Aequators  die  Magnetnadel  in  wagerechter  Stellung,  während  sich 
auf  der  Fahrt  nach  dem  Cap  der  Guten  Hoffiiung  die  Südspitze  der 
Nadel  mit  den  wachsenden  Breiten  immer  tiefer  gegen  den  Horizont 
neigte^).  Damals  drängte  sich  bereits  die  Frage  auf,  ob  es  Punkte 
auf  der  Erdoberfläche  giebt,  an  denen  die  Inclinationsnadel  völlig  ver- 
tical  steht;  doch  sollte  dieselbe  &st  noch  zwei  Jahrhunderte  lang  ihrer 
Lösung  harren.  Entschieden  wurde  sie  erst  durch  die  von  Sir 
John  Boss  in  den  Jahren  1829  bis  1833  ausgeführte  denkwürdige 
Expedition  in  die  arktischen  Gebiete^).  Boss  musste  vier  Polar- 
winter unter  grossen  Gefahren  in  der  Nähe  der  Halbinsel  Boothia  Felix 

^)d*Ayezacim Bulletin  de  la soc. de gtogr. S^r. IV, Tome XIX(1 860), p. 359. 
^  Kircher,  Magnes  sive  de  arte  magnetica.    Romae  1641.   p.  401.  424. 
')Sir  John  Boss,  Second  Voyage  in  search  of  a  North- West  Passage. 
London  1835. 


458  •      Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

zubringeii  und  rettete  sich  schliesslich  nur  durch  eine  kühne  Boot&hrt. 
An  dem  Ankerplatz,  welchen  man  in  den  ersten  Wintern  inne  hatte 
(unter  69 «  59'  n.  Br.  und  92  «  1 '  w.  L.  v.  Gr.),  betrug  die  Indinaäon 
89  ^  So  erschien  es  nicht  unmöglich,  den  nördlichen  Magnetpol  selbst 
zu  erreichen,  d.  h.  denjenigen  Ort,  an  welchem  die  Kadel  auf  90  ®  zagt, 
also  genau  die  Bichtung  eines  Lothes  besitzt  Am  27.  Mai  1831  machte 
Sir  James  Clark  Boss,  ein  Neffe  von  Sir  John  Boss,  eine 
Schlittenreise  gegen  Westen  und  fimd  am  1.  Juni  desselben  Jahres  bd 
Cap  Adelaide  einen  Punkt  (unter  70«  5'  17"  n.  Br;  und  96«  4(5'  45" 
w.  L.  V.  Gr.),  wo  die  Neigung  bis  zu  89«  59'  wuchs,  also  nur  noch 
dne  Bogenminute  von  der  Lothlinie  abwich.  Hier  liegt  somit  —  oder 
vielmehr  lag  damals  der  nördliche  Magnetpol^). 

Ebenso  wurden  grossartige  Unternehmungen  in's  Werk  gesetzt, 
die  Lage  des  südlichen  Magnetpols  zu  erforschen.  Am  16.  September 
1839  segelte  Sir  James  Clark  Boss  von  England  ab,  um  magnetische 
Beobachtungen  auf  der  südlichen  Erdhälfte  anzustellen').  Zu  seinem 
grossen  Verdrusse  wurde  ihm  auf  Tasmanien  milgetheilt,  dass  Wilkes 
und  d'Urville  gerade  diejenigen  Bäume  der  Südsee  durchströft 
hatten,  wo  Gauss  nach  theoretischen  Berechnungen  den  südlichen 
Magnetpol  vermuthete.  Gauss  hatte  denselben  nach  72«  35'  s.  Br. 
und  152«  30'  ö.  L.  v.  Gr.  verl^;  doch  hätte  er  mit  Bücksicht  auf 
einen  später  fär  Hobarton  festgestellten  Inclinationswerth  nach  66« 
s.  Br.  und  146«  ö.  L.  v.  Gr.  gerückt  werden  sollen').  Unter  dieeoi 
Umständen  änderte  der  britische  Polar£sihrer  seinen  Plan  und  drang 
nicht  unter  dem  146.,  sondern  unter  dem  170.  Grad  ö.  L.  v.  Grr.,  wo 
Balleny  ein  eisfiieies  Meer  gesehen  hatte,  gegen  Süden  vor.  Sir 
James  Clark  Boss  gelangte  auf  jener  Beise,  auf  welcher  er  am 
11.  Januar  1841  das  Victorialand  entdeckte,  bis  zum  78.  Ghrad  8.Br.: 
hier  versperrte  ihm  ein  mächtiger  Eiswall  den  W^  nach  dem  Süden. 
Dem  magnetischen  Südpol  konnte  er  sich  nur  bis  auf  etwa  160  See> 
meilen  (40  geographische  Meilen)  nähern;  am  meisten  senkte  sich  die 
Magnetnadel  unter  76«  12'  s.  Br.,  164«  ö.  L.  v.  Gr.,  nämlich  auf 
88«  40'.  Nach  Boss'  sonstigen  Beobachtungen  befindet  sich  der  mag- 
netische Südpol  wahrscheinlich  im  Lmem  des  Victoiialandes  unter  75  ^ 
5'  s.  Br.  und  154«  8'  ö.  L.  v.  Gr.,  also  nur  um  2«  30'  südlidier, 
als  ihn  Gauss  mit  einer  an  das  Wunder  grenzenden  Genauigkeit  aus 
wenigen  und  dazu  unsicheren  Bestimmungen  ursprünglich  ermittelt 
hatte^J.     Eine  in  neuerer  Zeit  durch  Menzzer  ausgeftihrte  derartige 

^)  0.  Peschel,  L  c.  S.  522  ff. 

*)  Vgl. hierzu  Sir  James  Clark  Boss,  VojageofDiscoveiyandBeseaich 
in  the  Southern  and  Antarctic  Regions.    London  1847. 

^  Gauss  und  Weber,  Atlas  des  Erdmagnetismus.    S.  1. 

*)  Sir  James  Clark  Boss,  1.  c.  Vol.  I.  p.  246;  VoL  II,  p.  447. 


XX.    Die  magnetischen  Kräfte  der  Erde.  459 

Rechnung  verlegt  den  südlichen  Magnetpol  nach  76®  49'  84,  71  "  s. 
Br.  und  166 »  7'  47"  ö.  L.  v.  Gr.  oder  in  die  Nähe  der  Beaufort- 
Insel  des  Koss'schen  Meeres^).  In  keinem  Falle  stehen  die  beiden 
magnetischen  Pole  der  Erde  diametral  einander  gegenüber. 

Längst  hatte  man  genauere  Kenntnisse  davon,  wie  der  tellurische 
Magnetismus  in  horizontaler  und  verticaler  Ebene  wirkt,  also  von  der 
Declination  und  Inclination,  Bevor  man  die  Intensität  jener  Kraft 
zu  messen  begann.  Am  fHihesten  haben  W.  Whiston  (1667  bis 
1752)  und  G.  Graham  (1723)  die  Schwingungen  der  Declinations- 
nadel  hierzu  benützt  und  aus  deren  Dauer  auf  die  Stärke  der  mag- 
netischen Kraft  geschlossen.  Im  Jahre  1760  sprach  Tobias  Mayer 
und  einige  Jahre  später  Lambert  den  Satz  aus,  dass  die  Ortlichen 
Intensitäten  des  Erdmagnetismus  sich  zu  einander  verhalten  wie  die 
Quadrate  der  Schwingungszahlen  in  gleichen  Zeiten,  dass  somit  bei 
zunehmender  magnetischer  Intensität  die  Schwingungszahlen  der  Magnet- 
nadel in  gleichem  Masse  wachsen  wie  die  des  Pendels  bei  vermehrter 
Schwerkraft  (vgl.  Bd.  I,  S.  154).  Wenn  man  nämlich  einen  in  wage- 
rechter oder  senkrechter  Ebene  schwebenden  oder  aufgehangenen  Magnet, 
also  die  Declinations-  oder  Inclinationsnadel  aus  ihrer  Ruhe  stört,  so 
wird  sie  nach  einer  gewissen  Anzahl  Schwingungen  wie  ein  aus  seiner 
senkrechten  Lage  verrücktes  Pendel  ihre  frühere  Lage  wieder  zu  ge- 
winnen suchen.  Bei  Anwendung  von  Nadeln  gleicher  Länge  werden 
daher  die  Schwingungen  in  einer  gewissen  Zeit  überall  dort  zahlreicher 
erfolgen,  wo  die  Magnetkraft  stärker  ist,  gerade  so  wie  das  Pendel 
rascher  schwingt,  wo  die  Anziehungskraft  der  Erde  eine  grössere  ist. 
Coulomb  begiündete  1784  zuerst  durch  Experiment  die  Wahrheit 
des  entdeckten  Gesetzes. 

Da  in  einei^  magnetischen  Eisenstab  der  Magnetismus  zwar  über 
die  ganze  Masse  vertheilt  ist,  aber  an  den  beiden  Polen  sich  am  stärksten 
erweist,  so  durfte  man  auch  von  den  Straften  des  grossen  Erdmagnets 
vermuthen,  dass  sie,  obwohl  den  ganzen  Erdkörper  durchdringend, 
doch  an  den  Polen  am  wirksamsten  zur  Geltung  kommen.  Dies  ist 
insofern  richtig,  als  in  der  That  die  magnetische  Intensität  an  den 
magnetischen  Polen  doppelt  so  gross  ist  als  am  magnetischen  Aequator. 
Dass  sich  die  Intensität  des  Magnetismus  polwärts  vermindert,  ging 
schon  aus  den  Beobachtungen  Lamanon's  (des  Begleiters  von  la 
P^rouse)  hervor,  welche  derselbe  von  seinem  Aufenthalt  in  Teneriffa 
(1785)  bis  zu  seiner  Ankunft  in  Macao  (1787)  anstellte.    Diese  Beobach- 

^)  Zeitschrift  der  Gesellschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin.  Bd.  VII  (1872), 
S.  163  f.  Nach  Capitain  F.  J.  Evans  liegt  der  südliche  Magnetpol  unter  73 Va** 
8.  Br.  und  147Va  °  ö.  L.  v.  Gr.  Proceedings  of  the  K.  Geogr.  Society.  Vol.  XXII 
(1878),  p.  196. 


460  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

tungen  gelangten  1787  in  die  Hände  Condorcet's,  sind  aber  trotz 
aller  Bemühungen  bis  jetzt  nicht  wieder  aufgefiinden  worden  ^).  A.  ▼. 
Humboldt  war  es^  der  in  einem  Schreiben  an  Lalande  aus  Caracas 
vom  14.  December  1799  von  neuem  verkündigte,  dass  im  allgemeinen 
die  Intensität  von  den  magnetischen  Polen  nach  dem  Aequator  ab- 
nehme. Am  schwächsten  zeigte  sich  dieselbe  in  den  Anden  auf  dem 
magnetischen  Aequator  zwischen  Micuipampa  und  Caxamarca  (unter 
7«  2'  8.  Br.  und  78»  48'  w.  L.  v.  Gr.);  hier  pendulirten  die  Nadehi 
am  trägsten.  Dieser  in  Peru  ermittdte  Minimalwerth  wurde  &st  ein 
halbes  Jahrhundert  ausschliesslich  als  Masseinheit  (=  1,000)  gebraucht. 
Die  magnetische  Intensität  betrug  hiemach  im  Jahre  1827  für  Paris 
1,348,  für  London  1,372.  Die  bis  zum  Jahre  1841  erschienenen  Tafdn 
für  die  Intensität  vonHansteen,  Gauss,  Erman,  Sabine,  Bec- 
querel  fiissen  alle  auf  derselben  Einheit.  Sabin e's  atlantische 
Reisen  (1822  und  1823)  führten  jedoch  zu  dem  Ergebniss,  dass  keines- 
wegs immer  an  dem  magnetischen  Aequator,  wo  die  Neigungsnadel 
wag^recht  schwebt,  die  höchste  örtliche  Schwächung  der  Erdkra£k  an- 
getroffen werde*);  ein  Punkt  westlich  von  St.  Helena  (19®  59'  s.  Br., 
35®  4'  w.  L.  V.  Gr.)  hat  nach  Erman' s  Messungen  (1830)  nur 
eine  Intensität  von  0,706  (Humboldt' sehe  Einheit)*).  Doch  würde 
auch  dieses  Mass  keine  zweckentsprechende  i^heit  liefern,  da  es  mög- 
licherweise ebenfalls  noch  nicht  der  wahre  Minimalwerth  ist  und  zugleich 
nur  für  die  Zeit  der  Beobachtung  gilt. 

Nach  alledem  sind  magnetische  Intensität  und  Inclination  ziemlich 
unabhängig  von  einander;  sie  stehen  durchaus  nicht  in  so  enger 
Wechselbeziehung,  dass  man  die  eine  als  eine  unmittelbare  Function 
der  andern  bezeichnen  könnte.  Besonders  deutlich  wird  dies  noch 
dadurch  erwiesen,  dass  die  nördliche  und  südliche  Halbkugel  je  zwei 
Heerde  oder  Foci  der  grössten  magnetischen  Intensität  besitzen.  Nach 
der  Humboldt' sehen  Kraftscala  ausgedrückt  ist  die  Intensität  der 
beiden  nördlichen  =  1,878  und  1,75  (nach  Erman  1,74,  nach 
Hansteen  1,76),  der  beiden  südlichen  hingegen  =  2,06  und  1,96. 
Die  Minimal-  und  Maximalwerthe  der  erdmagnetischen  Kraft  verhalten 
sich  denmach  etwa  wie  2:5.  Trotz  der  obigen  Differenzen  nimmt 
man  an,  dass  die  Magnetkraft  der  einen  Halbkugel  nicht  grösser  sei 
als  die  der  andern.  Die  nördlichen  Foci  liegen  nämlich  in  Canada 
(nach  Lefroy 's  Beobachtungen  in  52^  10'  n.  Br.  und  260^  1'  ö.  L. 
V.   Gr.)    und    in    Sibirien  (nach    Hansteen  und  Erman  unge&hr 

»)  A.  V.  Humboldt,  Kosmos.    Bd,  I,  S.  433  f. 

*)  Pendulum  experiments.    London  1824.    p.  460  sq. 

")  Erman,  Physikalische  Beobachtungen.     1841.    S.  570. 


XX.    Die  magnetischen  Kräfte  der  Erde.  461 

zwischen  63  und  70  °  n.  Br.  und  unter  115  ®  ö.  L.  v.  Gr.)  *);  sie  werden 
also  durch  einen  ungeheuren  Zwischenraum  von  einander  getrennt, 
während  sich  die  beiden  austraUschen  Foci  (unter  64  ^  s.  Br.,  137  ^  30  * 
ö.  L.  V.  Gr.  und  60  ®  s.  Br.,  125  °  w.  L.  v.  Gr.)  weit  mehr  dnander  nähern ; 
doch  ist  die  Lage  der  letzteren  noch  mit  keinerlei  Sicherheit  bestimmt. 

Erst  im  Jahre  1833  gelang  es  Gauss,  einen  unbedingten  Grössen- 
ausdruck  zu  gewinnen  fbr  die  örtliche  Stärke  der  Erdkraft  dmxsh  die 
Ablenkung  der  Nadeln,  sowie  durch  die  Verzögerung  oder  Beschleu- 
nigung ihrer  Schwingungen  bei  Annäherung  eines  zweiten  Magnet- 
stabes ^).  Doch  ist  die  alte  Humboldt' sehe  Einheit  noch  fast 
durchweg  im  Gebrauch  wie  etwa  die  Fahrenheit'sche  und  Rä- 
aumur'sche  Thermometerscala,  welche  man  noch  immer  nicht  zu 
Gunsten  der  rationelleren  CelMus'schen  Scala  anheben  will.  Indess 
lassen  sich  die  nach  der  Humboldt' sehen  Einheit  bestimmten  Zahlen 
sehr  leicht  auf  das  absolute  Mass  redudren;  man  hat  sie  nämlich  nur 
mit  3,4941  zu  multipliciren. 

Die  stumme  Sprache  der  Magnetnadeln,  die  uns  über  gehdmniss- 
▼oUe  Kräfte  unseres  Planeten  unterrichtet,  wurde  erst  verständlich, 
nachdem  Edmund  Halley  sie  sichtbar  darzustellen  lehrte,  indem  er 
auf  Erdkarten  alle  Punkte  der  Bechtweisung  und  alle  Punkte  von 
gleicher  Grösse  der  östlichen  und  der  westlichen  Missweisung  durch 
Linien  verband  oder  mit  anderen  Worten  die  erste  Dedinationskarte 
entwarft).  Hallej  nannte  jene  Linien  Tractus  chalyboelitici,  woftlr 
später  A.  V.  Humboldt  den  Namen  isogonische  Linien  einführte. 
Er  war  es  auch,  welcher  fibr  die  Curven  gleicher  Indination  den  Aus- 
druck isoklinische  Linien  und  ftlr  die  Curven  gleicher  Intensität 
die  Bezeichnung  isodynamische  Linien  erüemd.  Von  besonderem 
Interesse  ist  es,  den  Verlauf  der  Hauptlinien  auf  den  Declinations-, 
IncUnations-  und  Intensitätskarten  zu  verfolgen. 

Nach  der  Dedinationskarte  von  1860  geht  die  Linie  ohne 
Missweisung  vom  Magnetpol  auf  Boothia  Felix  nicht  genau  südwärts, 
sondern  hält  sich  ein  wenig  ostwärts.  Sie  durchkreuzt  den  westlichen 
Theil  der  Hudsonsbay,  den  Huron-  und  Erie-See,  wendet  sich  hierauf 
nach  der  Grenze  von  Nord-  und  Südcarolina,  berührt  die  Reihe  der 
Kleinen  Antillen,  durchschneidet  Brasilien  von  der  Amazonasmündung 
bis  nach  Rio  de  Janeiro  und  bewahrt  ihre  südsüdöstliche  Richtung^bis 
über  den  magnetischen  Südpol  hinaus.     Auf  der  östlichen  Hemisphäre 

»)  Edinburgh  Review,  October  1872.    Vol.  CXXXVI,  Nr.  278,  p.  427. 

')  Intensitas  vis  magneticae  terrestris  ad  meosuram  absolutam  revocata. 
Goettiagae  1833.    p.  6. 

^  Vgl.  hierzu  Philosophical  TraiiBactions  of  the  R.  Society  of  London. 
VoL  XIU  (1683),  p.  210  sq. 


462  Dritter  Thell.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

angelangt,  steigt  sie  südlich  von  Australien  fast  genau  nach  Norden 
empor,  nimmt  ihren  Weg  durch  Westaustralien  und  (nach  Nordwesten 
umgebogen)  durch  den  nordöstlidien  Theii  des  Indischen  Oceans, 
schreitet  hierauf  mitten  durch  Balutschistan ,  Persien,  das  Easpische 
Meer  und  das  europäische  Bussland  (etwa  in  der  Linie  Baku,  Saratow, 
Nischnii  Nowgorod)  und  erreicht  an  dem  Westende  der  Halbinsel  Kola 
das  nördliche  Eismeer.  Diese  Linie  bildet  einen  unregelmässigen  Ring 
um  die  Erdkugel  und  theilt  dieselbe  annähernd  in  zwei  Hemisphären; 
in  der  einen,  der  atlantisch-europäisch-afnkanischen,  ist  die  Missweisung 
eine  westliche,  in  der  anderen  hingegen  eine  östliche. 

Von  den  Kleinen  Antillen  angefangen  wächst  die  westUche  Dedi- 
nation  beständig,  je  weiter  wir  gegen  Osten  vordringen,  bis  äe  auf 
dem  Baume  zwischen  den  Cap-Verde'schen  Inseln  und  Algier  den 
Maximalwerth  von  22^  13'  erlangt  hat  Weiterhin  vermindert  sie  sieh 
wieder  und  wird  bei  Baku  gleich  0.  Von  hier  ab  wird  die  Dedination 
eine  östliche,  beträgt  jedoch  in  Innerasien  nii^ends  mehr  als  5  bis  10  ^ 
veiigrössert  sich  über  dem  Nordpadfic  und  in  Or^on  bis  auf  20  ^  und 
verringert  sich  nun  gegen  die  Antillen  hin  wieder  bis  zur  Bechtweisung. 
In  Ostasien  findet  sich  überdies  noch  eine  eiförmige  Linie  der  Becht- 
wdsung,  welche  sich  von  den  Philippinen  durch  den  Meerestheil  östlich 
von  Japan  über  die  Kurilen  (Bussole-Insel)  nach  der  Lenamündung, 
hierauf  südwärts  nach  dem  Baikal-See  und  weiterhin  wieder  zurück 
nach  den  Philippinen  zieht  Jene  merkwürdige  Anomalie  wurde  von 
Adolph  Erman  entdeckt,  der  auf  seiner  Heise  um  die  flrde  (1828 
bis  1830)  in  Nordasien  nicht  weniger  als  dreimal  die  Linie  magne^ 
tischer  Bechtweisung  durchkreuzte  ^).  In  der  Mitte  jenes  Ovals  trifit 
man  eine  westÜche  Dedination  von  über  0  bis  mehr  als  5  ^. 

Alle  isogonischen  Linien,  also  nicht  bloss  die  Linie  der  Becht- 
weisung, sondern  auch  die  Linien  gleicher  Missweisung  vereinigen  sich 
(natürlich  abgesehen  von  dem  sibirischen  Oval)  in  den  magnetischen 
Polen;  diese  sind  also  die  Convergenzpunkte  sämmtlicher  isogonischen 
Linien.  Denken  wir  uns  um  den  magnetischen  Nordpol  einen  Kreis 
gelegt,  der  einen  Halbmesser  von  etwa  100  geogr.  Meilen  hat,  so  wird 
für  jeden  Punkt  dieses  Kreises  die  horizontal  schwingende  Magnetnadel 
mit  derselben  Seite  nach  dem  Mittelpunkt  gerichtet  sein.  Wollte  man 
auf  diesem  Ej-eise  eine  Wanderung  um  den  Pol  machen,  so  würde  man 
der  Beihe  nach  allen  möglichen  Werthen  der  Declination  zwischen  0  und 
ISO**  westlicher  und  östlicher  Declination  begegnen.  Von  der  Südseite 
des   Elreises  und  zwar  vom  96.  Gr.  w.  L.  v.  Gr.  an,  wo  eine  Becht- 

')  Vgl  Adolph  Erman,  Reise  um  die  Erde  durch  Xordasien  und  die 
beiden  Oceane.    Berlin  1848.    Abthl.  1,  Bd.  Ui,  S.  115  und  116  (Nota). 


XX«    Die  magnetischen  Kräfte  der  Erde.  468 

Weisung  beobachtet  wird,  ist  die  wesüiclie  Declination  nach  Ost  und 
Nord  hin  in  beständiger  Zunahme  begriffen  bis  zu  dem  Punkte,  wo 
jener  Kreis  den  96.  Grad  w,  L.  v.  Gr.  im  Norden  des  Magnetpols 
(zwischen  diesem  und  dem  Nordpol)  zum  zweiten  Male  durchschneidet; 
hier  erreicht  die  Declination  den  Maximalwerth  von  180®.  Sodann 
tritt  der  Kreis  in  das  Gebiet  östlicher  Declination  ein,  welche  allmählich 
von  180  ö  auf  0  0  sinkt. 

In  der  Nähe  der  magnetischen  Pole,  wo  die  Inclinationsnadel 
nahezu  vertical  steht,  verschwindet  der  horizontale  Antheil  der  magne- 
tischen Erdkraft  fast  ganz.  Daraus  erklären  sich  die  Klagen  der 
Polarfahrer,  dass  die  Bussole  im  hohen  Norden  wenig  zuverlässig  sei 
und  oft  rasch  und  wider  Erwarten  ihre  Stellung  verändere.  Selbst 
durch  geringe  locale  elektrische  Entladungen  wird  sie*  vielfach  in  ihrem 
Gange  beeinäusst;  vor  allem  aber  bewirken  Nordlichter  häufig  starke 
Störungen. 

Viel  einfacher  als  der  Verlaur  der  isogonischen  Linien  ist  derjenige 
der  isoklinischen  Linien,  indem  diese  der  Richtung  der  Parallel- 
kreise viel  getreuer  folgen  als  jene  den  Meridianen.  Die  ersten  Karten 
für  die  Neigung  der  in  verticaler  Ebene  sich  bewegenden  Nadeln  ent- 
warf für  die  Alte  und  Neue  Welt  1768  der  Schwede  Wilke^),  für 
den  Atlantischen  und  Indischen  Ocean  der  Astronom  LegentiP).  Die 
Linie,  auf  welcher  die  Neigung  der  Nadel  Null  ist,  wo  die  letztere 
also  horizontal  schwebt,  nennt  man  den  magnetischen  Aequator.  Eine 
genaue  Kenntniss  seiner  Lage  hat  man,  seitdem  ihn  Duperrey  in 
der  Zeit  von  1821  bis  1825  sechsmal  auf  seiner  Erd&hrt  in  der  ^Co- 
quille"  kreuzte*).  Er  tritt  unter  dem  Meridian  von  Greenwich  auf 
die  nördliche  Halbkugel,  wendet  sich  von  der  Ecke  des  Guineabusens 
nach  dem  Osthome  Afrika's  (Cap  Guardafui),  berührt  die  Südspitze 
des  Plateaus  von  Dekhan,  sowie  das  Nordende  von  Bomeo  und  gelangt 
unter  dem  165.  Grad  w.  L.  v.  Gr.  nach  der  südlichen  Halbkugel. 
Unter  dem  7.  Grad  s.  Br.  erreicht  er  Südamerika,  welches  er  an  der 
Ostseite  unter  dem  17.  Grad  s.  Br.  verlässt,  um  hierauf,  nach  Nord- 
osten fortschreitend,  unter  dem  Meridian  von  Greenwich  den  astrono- 
mischen Aequator  wieder  zu  durchschneiden.  Der  magnetische  Aequator 
liegt  demnach  in  Afrika,  dem  Indischen  Ocean  und  der  westlichen 
Hälfte  des  Stillen  Oceans  nördlich  von  dem  astronomischen  Aequator, 

^)  J.  C.  Wilke,  Forsok  til  en  magnetisk  Inclinations  Charta  in  den 
Kongl.  Vetenskaps  Academiens  Handlingar  für  Ar  1768.  Stockholm  1768. 
Vol.  XXIX,  p.  193. 

*)  Legentil,  Voyage  dans  les  mers  de  Tlnde.  Paris  1779.  Tome  I,  Plate  I. 

*)  Arago,  Rapport  sur  le  Voyage  de  la  Coquille.  Oeuvres,  Tome  IX, 
p.  189. 


464  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

in  der  östlichen  Hälfte  des  Stillen  Oeeans,  in  Südamerika  nnd  dem 
Atlantischen  Ocean  jedoch  südlich  yon  demselben. 

Die  übrigen  isoklinischen  Linien  ziehen  im  allgemeinen  in  gleidier 
Bidbtong  mit  dem  magnetischen  Aeqoator.  Anf  der  nördlichen  Halb* 
kagd  findet  sich  eine  Indination  von  50^  in  Mexico,  auf  Caba,  im 
südlidien  Marokko  mid  Algier ,  an  der  Südspitze  Griechenland's  und 
in  Asien  fast  durchweg  unter  dem  38.  Parallelkreise,  auf  der  süd- 
lichen Halbkugel  an  dem  Nordrande  von  Patagonien,  im  unteren 
Zambesi-G^biete,  an  der  Nordspitze  von  Madagaskar  und  in  der  Mitte 
von  Australien.  Inneriialb  des  Deutschen  Reiches  schwankt  die  Indü- 
nation  zwischen  65  und  70  ^  An  den  Magnetpolen  (s.  S.  457  ff.) 
steht  die  IncHnationsnadel  vortical;  hier  verschwindet  demnach  der 
horizontale  Antheil  der  magnetischen  Erdkraft  YoUständig. 

Ueber  die  Grösse  der  magnetischen  Kraft  an  yersdiieden^i 
Stellen  der  Erdoberfläche  belehren  uns  die  Karten  der  isodyna- 
mischen  Curven.  Der  Punkt  der  geringsten  bisher  beobachteten 
Intensität  li^,  wie  bereits  erwähnt  wurde,  westlich  von  St  Hdena 
inmitten  des  Atlantischen  Oceans  (Intensität:  0,706  der  Humboldt'- 
sehen  Einheit).  Um  ihn  breitet  sich  dn  ovaler  Raum  aus,  dessen 
Intensität  den  Werth  1  nicht  übersteigt,  also  weit  hinter  der  Intensität 
jedes  anderen  Erdenraumes  zurückbleibt  Die  Längenaxe  dieses  be- 
nachteiligten Gebietes  rdcht  vom  Grolf  von  Arica  (Südamerika)  bis 
Arabien;  somit  erstreckt  sich  diese  Region  über  die  Südhälfte  des 
Atlantischen  Oceans  (bis  zum  40.  Orad  s.  Br.),  über  den  centralen 
Theil  von  Südamerika  und  ganz  Südafrika.  Von  hier  aus  wächst  die 
Intensität  nach  Norden  und  nach  Süden  zu  und  erlangt  an  den  bereits 
erwähnten  vier  Punkten  (vgl.  S.  460  f.)  ihre  grOssten  Werthe.  Natür- 
lich erfolgt  die  Intensitätszunahme  nach  dem  weit  weniger  entfernten 
noidamerikanischen  Maximum  viel  rascher  ab  nach  dem  vid  weiter 
entrückten  sibirischen. 

Die  isodynamischen  Curven  lassen  durchaus  jenen  Parallelismua 
vermissen,  den  die  isoklinischen  Linien  fiist  überall  aufweisen.  Vor 
allem  aber  giebt  sich  eine  höchst  auffidlende  Unr^elmässigkeit  darin 
zu  erkennen,  dass  diejenige  Hemisphäre,  welche  den  Stillen  Ooean^ 
das  östliche  Asien,  Australien  und  Nordamerika  um&sst,  viel  mehr 
(nämlich  IV^mal  so  viel)  magnetiäche  Eräft»  besitzt  als  die  andere 
Hemisphäre,  welcher  der  Atlantische  Ocean,  Südamerika,  Europa  und 
Afrika  angehören. 

Die  Thatsache,  dass  je  zwei  Punkte  grösster  Intensität  auf  der 
nördlichen  wie  auf  der  südUchen  Halbkugel  vorkommen,  hat  mehr&ch 
zu  der  Meinung  gefiihrt,  dass  zwei  magnetische  Nordpole  und  Südpole 
existiren.    Da  jedoch  von  jeher  nur  diejenigen  Punkte  der  Erdoberfläche 


XX.    Die  magnetischen  Kräfte  der  Erde.  465 

als  magnetische  Pole  bezeichnet  werden,  wo  die  Inclinationsnadel 
senkrecht  zum  Horizonte  steht,  diese  Punkte  aber  von  denen  der  grössten 
Intensität  durchaus  unabhängig  sind,  so  hat  man  kein  Recht,  auch  die 
letzteren  als  magnetische  Pole  zu  betrachten. 

Die  geheimnissvollen  Kräfte  des  Erdmagnetismus  hat  man  durch 
verschiedene  Theorien  zu  deuten  versucht  Nach  der  älteren  An- 
sicht ist  der  Magnetismus  in  der  Erde  so  vertheilt,  dass  die  Gesammt- 
wirkung  nach  aussen  der  Wirkung  eines  fingirten  kleinen  Magneten 
im  Mittelpimkte  der  Erde  entspricht  Diese  Hypothese  ist  nicht  mehr 
haltbar,  da  sich  zahlreiche  Erscheinungen  nicht  mit  ihr  vereinigen 
lassen.  Hiemach  müssten  die  magnetischen  Pole  diejenigen  Punkte 
der  Erdoberfläche  sein,  in  welche  dieselbe  von  der  geradlinigen  Ver- 
längerung jenes  Centralmagnets  getroffen  wird;  das  Intensitätsmaxi- 
mum müsste  an  den  Magnetpolen  zu  finden  sein;  der  magnetische 
Aequator  müsste  ein  grösster  Kreis  und  jede  isoklinische  Linie  ihm 
parallel  sein  u.  s.  w.  Dieser  älteren  Anschauung  tritt  die  Gauss 'sehe 
Theorie  entgegen,  welche  von  dem  Satze  ausgeht:  Die  erdmagnetische 
Kraft  ist  die  Gesammtwirkung  aller  magnetisirten  Theile  des  Erdkörpers. 
Wie  mm  auch  der  Magnetismus  im  Erdinnem  vertheilt  sein  mag,  so 
ist  doch  seine  Kraft  an  jeder  Stelle  der  Erdoberfläche  eine  besondere; 
sie  ändert  sich  daher  von  Punkt  zu  Punkt  mit  der  geographischen 
Länge  und  Breite  der  Orte.  Vor  allem  entwickelte  Gauss  eine 
Gleichung  für  den  Werth  des  magnetischen  Potentials,  einer  Grösse, 
aus  welcher  sich  die  Declination,  Inclination  und  totale  Intensität  irgend 
eines  Ortes  leicht  ableiten  lässt  Wäre  der  Magnetismus  innerhalb  der 
Erde  gleichfbrmig  vertheilt,  so  würde  nach  dem  absoluten  Masse  von 
Gauss  jeder  Cubikmeter  der  Erde  die  Magq^tisirung  von  acht  ein- 
pfiindigen  Magnetstäben  im  Maximum  ihrer  Sättigung  besitzen^). 

Indessen  dürfte  die  Gesammtmasse  der  Erde,  selbst  wenn  sie  eine 
einzige  grosse  Masse  magnetischen  Erzes  wäre,  kaum  im  Stande  sein, 
eine  so  starke  magnetische  Zugkraft  zu  entwickeln,  und  natürUch  noch 
weniger  dann,  wenn  der  grössere  Theil  ihrer  Masse  aus  unmagnetischen 
Stoffen  zusammengesetzt  sein  sollte.  Da  nun  alle  strömenden  Be- 
wegungen in  Flüssigkeiten,  besonders  wenn  dieselben  theilweise  mit 
starren  Körpern  in  Berührung  stehen,  von  elektrischen  Strömen  be- 
gleitet sind,  diese  aber  den  Magnetismus  in  hohem  Grade  erregen 
können,  so  lag  es  nahe,  die  magnetische  Erdkraft  auf  Ströme  des 
glühend-flüssigen  Erdinnem  zurückzuAihren.  In  der  That  müssten 
sich  in  einer  gluthflüssigen,  in  der  Abkühlung  begriffenen  Kugel  der- 

^)  Gauss  und  Weber,  Atlas  des  Erdmagnetismus.    Leipzig  1840.    S.  3. 

P e ach eUL ei p Ol d t,  PhjB.  Erdkunde.    IL  30 


466  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  LufUiälle  der  Erde. 

artige  Ströme  bflden^).  Indess  ist  die  Gluthflflssigkeit  des  Erdinnem 
noch  keinesw^  erhärtet  (vgL  Bd.  I,  S.  283  ff.),  und  demnach  ist  auch 
diese  Anschaunng  nur  als  eine  Hypothese  za  betrachten.  Der  Erd- 
magnetismus ist  somit  zur  Zeit  noch  eine  der  geheimnissvollsten 
Aeusserungen  des  Naturlebens.  Nur  eines  darf  mit  grösserer  Wahrschein- 
lichkeit angenonmien  werden:  dass  nämlich  der  eigentliche  Sitz  der 
erdmagnetischen  Kraft  im  wesentlichen  weder  in  der  Atmosphäre,  noch 
an  der  Erdoberfläche,  sondern  in  den  Tiefen  unseres  Planeten  zu 
suchen  ist'). 

Der  magnetische  Zustand  der  Erde  ist  kein  steter;  Yielmehr 
ist  er  iii  fortwährendem  Schwanken  begriffen,  und  zwar  vollzieht 
sich  dasselbe  so  rasch,  dass  sich  8cV>u  innerhalb  eines  Menschenalters 
deutliche  Spuren  hiervon  zeigen.  Hierin  bildet  der  Erdmagnetismus 
einen  scharfen  Gegensatz  zu  zahlreichen  anderen  Vorgängen  auf  dem 
Erdkörper.  Die  Configuration  der  Erdtheile,  die  Temperaturen  des 
Erdinnem,  die  Gtezeiten  und  Meeresströmungen,  das  allgemeine  System 
*  der  Winde,  die  Flora  und  Fauna  der  Länder  wechseln  in  dner  fur 
den  einzelnen  Beobachter  kaum  erkennbaren  Weise;  Jahrhunderte,  ja 
Jahrtausende  bleiben  sie  annähemd  constant  Aber  die  magnetischen 
Verhältnisse  unserer  Erde  sind  imaufhörlich  flüchtigen  Wandelungen 
unterworfen.  Wenige  Jahre  genügen,  die  Elemente  des  Erdmagnetis- 
mus zu  verschieben,  und  der  Zeitraum  von  einem  halben  oder  ganzen 
Jahrhundert,  zu  verwischen  und  umzugestalten  das  ganze  System  jener 
Linien,  welche  man  zur  Darstellung  des  terrestrischen  Magnetismus  in 
unsere  Karten  eingetragen  hat  Wie  gross  diese  seculären  Varia- 
tionen sind,  soll  in  dem  Folgenden  durch  einige  Beispiele  erläutert 
werden. 

Am  firühesten  wurde  die  seculäre  Variation  der  Declination 
erkannt.  Burrows  hatte  im  Jahre  1580  in  London  eine  östliche 
Missweisung  von  11^17'  gefunden;  Gunter,  Professor  am  Gresham- 
Collie,  beobachtete  an  dem  nämlichen  Orte  und  mit  demselben  In- 
strumente am  13.  Juni  1622  nur  eine  östliche  Abweichung  von  6^ 
13'.  Nach  Gellibrand's  Ermittelungen  verminderte  sich  in  London 
in  den  Jahren  1633  und  1634  die  östliche  Abweichung  bis  auf  4^ 
10'  und  4^')  und  war  im  Jahre  1657  «=  0^    Nun  trat  eine  west- 

')  Vgl.  hierzu  F.  Zöllner:  ^Ueber  den  Ursprung  des  Erdmagnetismos 
und  die  magnetischen  Beziehungen  der  Weltkörper"  in  den  Berichten  der 
Kgl.  Sachs.  Gesellschaft  d.  W.  mathenu-phys.  Classe.  Sitzung  am  20.  October 
1871,  S.  479—575. 

')  Lamont,  Astronomie  und  Erdmagnetismus.    Stuttgart  1S51.    p.  260  ff. 

^  0.  Peschel,  Geschichte  der  Erdkunde.  2.  Aufl.  (herausgeg.  von 
S.  Rüge).    Manchen  1S77.    S.  432,  NoU  3. 


XX.    Die  magnetischen  Kräfte  der  Erde. 


467 


liehe  Declination  ein;  dieselbe  wuchs  durch  mehr  als  l'/^  Jahrhunderte 
und  erreichte  im  Jahre  1818  einen  Maximalwerth  von  25^  30'^). 
Seitdem  verringert  sie  sich  beständig;  im  Jahre  1872  war  sie  auf 
weniger  als  20  und  im  Jahre  1878  auf  18^'2  ^  westlich  zurückgegangen  *). 
Wir  dürfen  erwarten,  dass  sie  consequent  in  diesem  Sinne  weiterrückt 
bis  zu  einem  östlichen  Maximum. 

Die  nachstehende  Tabelle  enthält  12  Declinationswerthe  für  Paris 
in  dem  Zeitraum  von  1580  bis  1852  3): 


Jahr. 

Declination. 

Jahr. 

Declination« 

1580 

11»  80'  Ö8tl. 

1814 

22»  84'  westl. 

1618 

S' 

1819 

22«  29'      „ 

1663 

0°          .      : 

1822 

22M1'      „ 

1770 

8 MO'  westl.  i 

1882 

22«    3'      „ 

1780 

19«  55'     „ 

1842 

21»25'      „ 

1805 

22«    5'     „ 

1852 

20«  20'      „ 

Paris  hatte  also  im  16.  und  in  der  ersten  Hälfte  des  17.  Jahr- 
hunderts (bis  1663)  eine  östliche  Declination,  von  da  an  eine  westliche, 
welche  im  Jahre  1814  ihr  Maximum  erlangte,  worauf  sie  stetig  an 
Grrösse  verlor.  Aus  der  Zu-  und  Abnahme  lässt  sich  kein  Gesetz  ab- 
leiten; denn  sie  betrug  ftir  je  ein  Jahr 

zwischen  1580  und  1618 


„        1618 

(AXXVI 

1663       10,7 ' 

77 

1819 

„    1822  6,0' 

„        1663 

1770        4,6' 

>7 

1822 

„    1832  0,8' 

„        1770 

1780  10  10,5' 

>> 

1832 

„    1842  3,8' 

„        1780 

1805         5,2 ' 

?> 

1842 

„    1852  6,5'. 

„        1805 

1814        3,2' 

I 

Das  Tempo  und  die  Richtung  der  seculären  Schwankungen  ist 
jedoch  nicht  allein  in  den  verschiedenen  Jahrzehnten  ein  sehr  ungleich- 
massiges,  sondern  es  ist  auch  an  verschiedenen  Orten  ein  ganz  ungleich- 
artiges. Dies  beweist  schon  ein  Vergleich  der  oben  flir  London  und 
Paris  angeflihrten  Werthe;  aber  noch  deutlicher  tritt  dies  hervor,  wenn 
wir  weit  von  einander  entfernte  Orte  in  Parallele  bringen.     Während 


*)  Edinburgh  Review,  October  1 872.    Vol.  CXXXVI,  Nr.  278,  p.  424. 
*)  F.  J.  Evans  in  den  Proceedings  of  the  R.  Geogr.  Society.   Vol.  XXII 

(1878X  p.  204. 

")  Joh.  Müller,  Lehrbuch   der  kosmischen  Physik.    4.  Aufl.     Braon- 

schweig  1875.    S.  810. 

30* 


468  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

in  Europa,  Westasien  und  Kordafirika  die  westliche  Dedination  schon 
im  2.  Jahrzehnt  unseres  Jahrhunderts  ihr  Maximum  erreichte,  wächst 
sie  auf  dem  Meeresraume  zwischen  der  südamerikamschen  Ostküste 
einerseits,  Äscension  und  St  Helena  andrerseits  seit  drei  Jahrhunderten 
noch  fortdauernd  um  T  bis  8'  im  Jahre;  hing^en  ist  am  Gap  der 
Guten  Hoffiiung  die  westliche  Dedination  schon  im  Jahre  1843  zum 
Stillstand  gekommen.  An  der  Westküste  Südamerika's  ist  der  Wechsel 
der  Dedination  sehr  gering;  ebenso  bldben  in  Nordamerika,  Australien 
und  China  die  declinatorischen  Verhältnisse  ziemlich  constant  Bd  so 
ungleichförmiger  Veränderung  der  Dedination  muss  natürlich  im  Laufe 
der  Zdt  eine  ansehnliche  Verschiebung  der  Curyen  stattfinden.  Mit 
den  Curven  aber  wandern  auch  die  Pole.  Der  nördliche  Magnetpol 
schrdtet,  annähernd  in  dersdben  Brdte  verharrend,  unablässig  gegen 
Osten  vor  und  voUendet  nach  Quetelet's  Berechnung  etwa  in  einem 
Zdtraum  von  560  Jahren  eine  voUe  Revolution  um  den  astronomischen 
Pol,  eine  Umdrehung,  welche  mit  der  Bewegung  der  Hinunelspole  um 
die  Pole  der  ElkUptik  eine  gewisse  Aehnlichkeit  besitzt  *).  Andere  Phy- 
siker schreiben  jener  Periode  eine  viel  grössere  Länge  zu.  Hansteen 
hat  (in  seinem  Atlas  zu  den  „Untersuchungen  über  den  Magnetismus 
der  Erde",  Christiania  1819,  Taf.  I)  nach  guten  Beobachtungen 
eine  Declinationskarte  für  das  Jahr  1600  entworfen,  wdche  dei*  für 
die  Gegenwart  bearbeiteten  durchaus  unähnlich  ist.  Damals  herrschte, 
von  der  Ostküste  Amerika's  angefwgen,  nach  Osten  bis  zum  Ostrande 
Asien's  westliche  Dedination ;  eine  Ausnahme  hiervon  machte  nur  eiue 
schmale  Zone,  welche  sich  von  Brasilien  über  den  Atlantischen  Ocean, 
Westafrika  und  Westeuropa  bis  Skandinavien  erstreckte. 

Die  seculäre  Variation  der  Inclination  ist  viel  schwächer 
als  die  declinatorische,  aber  immerhin  beträchtlich,  wie  aus  der  folgen- 
den  Tabelle  hervorgeht: 

Inclination  für  Paris. 


Jahr. 

Inclination. 

Jahr. 

Inclination. 

1671 

75« 

1820 

,     68«  20' 

1780 

71»  48' 

1825 

68«    0' 

1798 

69«  51' 

1826 

67«»  56' 

1806 

69»  12' 

1831 

67«  40' 

1810 

68«  50' 

1835 

67°  24* 

1814 

68*36' 

1850 

66«  42' 

*)  Natura,  Vol.  VI,  Nr.  166.    2.  January  1S73,  p.  173. 


XX.    Die  magnetischen  Kräfte  der  Erde.  469 

Paris  zeigt  also  seit  dem  Ende  des  17.  Jahrhunderts  eine  stete 
Verminderung  des  IncMnationswerthes.  Doch  ist  dieselbe  ebenfalls 
keine  gleichmässige;  denn  sie  betrug  filr  ein  Jahr 


von  1671  bis  1780  1,8' 


>7 


1780 

„  1798  6,5' 

1798 

„  1806  4,9' 

1806 

„  1810  5,5' 

„    1810    „   1814  3,5' 


von  1814  bis  1820  2,7' 
„  1820  „  1826  4,0' 
„  1826  „  1831  3,2' 
„  1831  „  1835  4,0' 
„     1835    „    1850  2,8'. 


London  hatte  im  Jahre  1576  eine  Inclination  von  71®  50';  sie 
wuchs  bis  1723  auf  74®  42';  seitdem  verringerte  sie  sich  jährlich  um 
2  oder  3  Minuten,  und  jetzt  (1878)  ist  die  Inclination  gleich  67^/4®  ^). 

Wie  die  Dedination,  so  verändert  sich  auch  die  Inclination  in  ver- 
schiedenen Erdräumen  nicht  in  gleichem  Masse  und  gleichem  Sinne. 
Während  sich  z.  B.  das  Nordende  der  Inclinationsnadel  zur  Zeit  in 
Europa  jährlich  um  2  bis  4'  hebt,  senkt  sich  ihr  Südende  vom  Cap 
der  Guten  Hoffnung  bis  Ascension  jährUch  um  5  bis  10'.  Innerhalb 
enger  Grenzen  findet  sich  oft  eine  bemerkenswerthe  Ungleichheit 
der  seculären  Variation.  In  Valparaiso  wird  die  IncHnation  von  Jahr 
zu  Jahr  um  7'  kleiner;  doch  scheint  diese  Bewegung  an  der  West- 
seite Südamerika's  unter  dem  10.  Grad  s.  Br.  ganz  aufzuhören.  In 
Nordamerika  wie  in  Australien  bewahrt  der  Inclinationswerth  nahezu 
dieselbe  Grösse;  hing^en  erhöht  er  sich  in  China  jährlich  um  3 
bis  4'. 

Dass  sich  unter  den  Schwankungen  der  horizontal  und  vertical 
wirkenden  magnetischen  Kraft  auch  die  magnetische  Intensität 
nicht  gleichbleibt,  darf  von  vorn  herein  erwartet  werden.  So  hat  man 
seit  einem  halben  Jahrhundert  in  England  eine  Zunahme  von  0,02  bis 
0,03,  in  Italien  eine  Abnahme  von  0,2  der  totalen  magnetischen 
Intensität  beobachtet,  femer  eine  kleine  Zunahme  in  Washington,  eine 
kleine  Abnahme  auf  West-Key  im  Golf  von  Mexico.  In  Valparaiso 
und  Montevideo  hat  sich  während  der  letzten  50  Jahre  nach  den 
Berichten  der  „Challenger"-Expedition  die  totale  Intensität  imi  ^/g, 
resp.  V77  bei  den  Falklandsinseln  um  V9  ^^^  ebensoviel  in  Bahia,  so- 
wie auf  Ascension  vermindert,  am  Cap  der  Guten  Hofl&iung  hingegen 
um  einen  geringen  Betrag  vermehrt*). 

Ueber  die  Ursache  der  seculären  Variationen  des  Erdmagnetismus 
breitet  sich  noch  immer  ein  tiefes  Dunkel  aus.  Einer  der  ersten ,  der 
diesen  Schleier  zu  lüften  versuchte,  war  der  geistreiche  Halley.  Indem 
er  die  an  zahlreichen  Orten  der  Erde  gefundenen  magnetischen  Werthe 

»)  F.  J.  Evans,  1.  c  p.  204. 
*)  F.  J.  Evans,  1.  c.  p.  215. 


470  Dritter  Theil    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

auf  Karten  in  Polarprojection  zusammenstellte,  glaubte  er,  zwei  Pole 
auf  jeder  Hemisphäre  zu  erkennen.  Um  nun  die  Existenz  der  9, vier 
Pole^  und  zugleich  den  seculären  Wechsel  der  magnetischen  Kräfte 
zu  erklären,  nahm  er  an,  dass  die  starre  Erdkruste  einen  kugelförmigen 
Körper  umschUesse,  dessen  Rotation  nicht  in  gleichem  Sinne  erfolge 
wie  diejenige  der  äusseren  Schale.  Jeder  der  beiden  Theile  habe  seine 
eigene  magnetische  Axe.  Beide  träfen  sich  zwar  im  Erdmittelpunkte; 
aber  sie  seien  sowohl  gegen  einander  wie  g^en  die  Sotationsaxe  der 
Erde  geneigt. 

Ein  Jahrhundert  später  (1811  bis  1819)  adoptirte  Hansteen  nicht 
allein  die  Anschauungen  Halley's,  sondern  ging  sogar  auf  dem  von 
Ha  Hey  betretenen  Pfad  noch  einen  Schritt  weiter,  indem  er  die 
geographische  Lage,  sowie  die  wahrscheinhche  Revolutionsperiode  jenes 
dualistischen  Pokystems  berechnete^).  Sir  Edward  Sabine  ent- 
schied sich  zwar  eben&lls  für  zwei  magnetische  Systeme,  schrieb  jedoch 
dem  einen  terrestrischen,  dem  andern  kosmischen  Ursprung  zu.  Nach 
Sabine  ist  das  erstere  mit  dem  Punkte  grösster  magnetischer  Intensität 
in  Nordamerika  das  stärkere,  das  andere  aber,  welchem  das  sibirische 
Gebiet  ifit  seinem  Intensitätsmaximum  angehört,  das  schwächere. 
Von  dem  letzteren  vermuthete  Sabine,  dass  es  in  beständigem  Fort- 
schritt begriffen  sei  und  das  Phänomen  der  seculären  Variation  her- 
vorrufe *). 

Gegen  diese  Hypothesen  ist  vor  allem  einzuwenden,  dass  es  zwar 
vier  Gebiete  grösster  Intensität  auf  der  Erdoberfläche  giebt,  aber  nur 
zwei  Pole  (vgl.  S.  464  f.) ;  die  Forderung  eines  Doppelsystems  magne- 
tischer Kräfte  hat  daher  keine  Berechtigung.  Ebenso  gewagt  erscheint 
es  uns,  kosmische  Ursachen  für  die  seculären  Schwankungen  verant- 
wortlich zu  machen.  In  solchem  Falle  dürften  wir  erwarten,  dass  eine 
gewisse  Harmonie  in  den  Bewegungen  der  DecUnations*  und  Inclinations- 
nadeln  herrscht;  doch  lehrt  die  Erfahrung,  wie  oben  nachgewiesen 
wurde,  gerade  das  Gegentheil. 

Wahrscheinlich  vollziehen  sich  in  den  Tiefen  unseres  Planeten 
Wandelungen,  welche  g^enwärtig  noch  ausserhalb  unserer  Erkenntnis« 
liegen,  und  auf  diese,  nicht  auf  äussere  kosmische  Ursachen  dürften 
wohl  die  seculären  Variationen  des  Erdmagnetismus  zurückzuftihren 
sein.  Es  wird  jedenfalls  noch  langer  Zeiträume  und  fleissiger  Beob- 
achtung bedürfen,  ehe  das  Gesetz,  das  über  allem  Wechsel  bdiarrt, 

^)  Hansteen,  Untersuchungen  über  den  Magnetismus  der  Erde.  CHristia- 
nia  1819. 

*)  Vgl  liierzu  Sir  Edward  Sabine' s  Abhandlungen  in  den  Philosophi- 
cal  Transactions  of  the  R.  Society  of  London.  VoL  CLIV  (1864),  p.  227— 
245.    Vol.  CLVm  (1868),  p.  S71— 416.    Vol.  CLXH  (1872),  p.  358-433. 


XX.    Die  magnetischen  Kräfte  der  Erde.  471 

und  der  wahre  Motor  jener  magnetischen  Convulsionen  mit  Sicherheit 
ermittelt  wird^). 

Bei  den  seculären  Variationen  verändert  die  IVIagnetnadel  ihre 
Stellung  nicht  gleichförmig  und  beständig  in  demselben  Sinne  wie  der 
Zeiger  einer  Uhr.  Vielmehr  ist  sie  fortwährenden  Oscillationen  unter- 
worfen, in  welchen  namentlich  eine  tägliche  Periode  deutlich  hervor- 
tritt Es  giebt  demnach  auch  tägliche  Variationen  neben  den 
seculären. 

Auf  der  nördlichen  magnetischen  Halbkugel  ist  der  Verlauf  der- 
selben etwa  folgender.  Bei  Tage  richtet  sich  die  Declinationsnadel,  wie 
bereits  Graham  in  London  im  Jahre  1722  entdeckt  hatte,  g^en 
8  Uhr  Morgens  am  meisten  nach  Osten.  In  der  ersten  Periode  ihres 
täglichen  Ganges  schreitet  sie  mit  der  Sonne  bis  2  Uhr  Nachmittags 
nach  Westen,  geht  in  der  zweiten  Periode  bis  etwa  12  oder  2  Ulir 
Nachts  nach  Osten  zurück,  wobei  sie  oft  gegen  6  Uhr  Abends  einen 
kleinen  Stillstand  macht.  In  einer  dritten  Periode  bis  2  oder  4  Uhr 
Morgens  bewegt  sie  sich,  was  Alexander  v.  Humboldt  im  Jahre 
1805  in  Rom  zuerst  beobachtete,  wieder  ein  wenig  nach  Westen,  um 
hierauf  nach  einer  vierten  Periode  gegen  8  Uhr  Morgens  das  Ostliche 
Maximum  zu  erreichen^). 

Die  Grösse  der  täglichen  Oscillation  (Schwingungsamplitude)  ist 
nicht  zu  allen  Jahreszeiten  dieselbe.  Im  allgemeinen  ist  sie  auf  der 
nördlichen  Halbkugel  im  Sommer  grösser  als  im  Winter;  doch  wächst 
sie  keineswegs  symmetrisch  mit  dem  Tagesbogen  der  Sonne.  Für 
Göttingen  beträgt  sie  im 

Januar    .    .    6,7'  Juli    .    .    .  12,1' 

Februar.    .     7,4'  August  .    .13,0' 

März.    .    .11,0'  September  .  11,8' 

April.    .    .  13,9'  October.    .  10,3' 

Mai    ...  13,5'  ^      November  .    6,9' 

Juni   .    .     .12,5'  December  .    5,0'. 

In  ähnlicher  Weise  oscillirt  die  Magnetnadel  an  allen  Orten  nörd- 
lich vom  magnetischen  Aequator;  doch  wird  die  Amplitude  kleiner, 
je  mehr  man  sich  diesem  nähert,  um  südlich  von  demselben  wieder 
an  Grösse  zu  gewinnen.  Dabei  rückt  auf  der  südlichen  Hemisphäre 
das  Südende  der  Nadel  zu  denselben  Tageszeiten  nach  Westen,  in 
welchen  auf  der  nördlichen  Hemisphäre  das  Nordende  der  Nadel  nach 
Westen  fortschreitet.  Somit  hat  die  Nadel  auf  der  südlichen  magne- 
tischen Halbkugel  den  umgekehrten  Gang  wie  auf  der  nördlichen. 

^)  Vgl.  hierzu  F.  J.  Evans,  1.  c.  p.  211  sq. 

«)  A.  V.  Humboldt,  Kosmos.    Bd.  IV,  S.  116  ff. 


472  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Früher  glaubte  man,  dass  eis  eine  Linie  gebe,  auf  der  die 
Kräfte,  welche  die  entg^engesetzten  Bew^ongen  der  Nadel  auf  den 
beiden  Hemisphären  veranlassen,  sich  neatralisiren,  auf  der  also 
die  täglichen  Variationen  völlig  verschwinden.  Es  fragte  sich  nur,  ob 
diese  Linie  der  astronomische  oder  magnetische  Aequator  oder  die 
Linie  der  geringsten  magnetischen  Litensität  sd.  Zu  diesem  Zwecke 
wurden  auf  St  Helena,  im  Caplande  und  auf  Singapore  magnetische 
Stationen  gerundet,  und  nach  ftin^ährigen  Beobachtungen  konnte  Sir 
Edward  Sabine  im  Jahre  1847  das  unerwartete  Resultat  verkündigen, 
dass  gar  keine  Linie  ohne  tägliche  Variation  existire,  dass  vielmehr  in 
cter  Uebergangszone  die  täglichen  Schwankungen  der  Declinationsnadel 
an  den  Erscheinungen  (dem  Typus)  beider  Halbkugeln  abwechselnd 
thdlnehmen.  So  hatte  man  gefimden,  dass  auf  St  Helena  (also  sehr 
nahe  der  Linie  der  schwächsten  Intensität,  aber  weit  entfernt  von  dem 
geographischen  Aequator  und  von  der  Linie  ohne  IncUnation)  in  der 
Zeit  vom  April  bis  zum  September  die  Bew^ung  der  Nadel  eine  ähn- 
liche ist  wie  auf  der  nördlichen  Halbkugel,  während  sie  vom  October 
bis  März  den  Charakter  der  Oscillationen  auf  der  stidlichen  Halbkugel 
an  sich  trägt.  Der  Wechsel  der  Richtung  erfolgt  kurz  nach  dem  2^t- 
punkte,  in  welchem  die  Sonne  den  Aequator  passirt  Zu  dieser  Zeit 
erwdst  sich  der  Glang  der  Nadel  unsicher  und  zeigt  an  mehreren 
Tagen  üebergangsperioden  von  einem  Typus  zum  andern,  von  dem 
der  nördlichen  zu  dem  der  südlichen  Halbkugel  oder  umgekehrt^). 
Die  AufEddmungen  im  Caplande  und  auf  Singapore  stimmten  im 
wesentlichen  mit  den  auf  St  Helena  gemachten  überein. 

Spätere  Untersuchungen  haben  gelehrt,  dass  sich  auf  allen 
Stationen  der  Erde  eine  ähnliche  halbjährige  Variation  vollzieht,  dass 
nämlich  auf  der  nördlichen  Halbkugel  vom  April  bis  September  die  öst- 
liche Bew^ung  am  Moi^en  und  die  westliche  gegen  Mittag  an  Grrösse 
gewinnt,  vom  October  bis  März  hingegen  abnimmt,  während  auf  der 
südlichen  Hemisphäre  vom  April  bis  September  das  Nordende  der 
Hagnetnadel  am  Morgen  nicht  so  weit  gegen  Westen  imd  in  den 
Mittagsstunden  nicht  so  wdt  gegen  Osten  vorrückt  als  in  dem  Halbjahre 
vom  October  bis  März.  Aus  der  Thatsache,  dass  unter  niederen  Breiten 
die  tägliche  Variation  stets  beim  Uebei^gang  der  Sonne  aus  der  einen 
Hemisphäre  in  die  andere  ihre  Richtung  verändert,  geht  hervor,  dass 
dieser  Wechsel  der  Richtung  von  der  Stellung  der  Sonne  zum  Aequator 

')  SirEdwardSabine,  Obserrations  made  at  the  magnet.  and  meteoroL 
Observatoxy  at  St.  Helena  in  1840—1845.  Vol.  I,  p.  30  nnd  PhiloBophical 
Transactions  of  the  R.  Society  of  London.  Vol.  CXXXVII  (1847),  p.  51—57, 
sowie  Plate  III  o.  IV. 


\ 


XX.    Die  magnetischen  Kräfte  der  Erde.  473 

abhängt;  jedoch  nicht  von  dem  Zenithstande  der  Sonne  an  der  betreffen- 
den Beobachtungsstation. 

Sir  Edward  Sabine  hat  uns  auch  Aufschluss  darübergegeben, 
warum  in  unseren  Breiten  kein  ähnlicher  halbjähriger  Wechsel  in  dem 
Gang  der  Declinationsnadel  stattfindet  wie  am  Aequator.  Wir  können 
die  tägliche  Variation  als  die  Resultante  zweier  Variationen  betrachten : 
die  eine  ist  die  mittlere  Variation  eines  Sonnentages  (the 
mean  solar-diumal  Variation)  und  die  andere  die  halbjährige  Un- 
gleichheit (the  semi-annual  inequality).  Die  wirkliche  tägliche 
Variation,  wie  sie  durch  unsere  Instrumente  zum  Ausdruck  gelangt, 
ist  als  eine  Verschmelzung  beider  anzusehen.  In  den  mittleren  nörd- 
lichen Breiten  beträgt  die  durchschnittliche  tägliche  Variation  9  bis  10', 
die  halbjährige  Ungleichheit  nur  3  bis  4'.  Hier  ist  daher  die  erstere 
entscheidend  ftxr  den  Typus  der  Variation,  während  sich  die  Wirkung 
der  letzteren  darauf  beschränkt,  den  Werth  der  Variation  in  der  einen 
Hälfte  des  Jahres  zu  erhöhen,  in  der  andern  aber  ihn  zu  vermindern. 
Je  mehr  wir  uns  von  den  Polen  her  den  Wendekreisen  nähern,  um 
so  geringer  wird  die  Grösse  der  mittleren  tägUchen  Variation,  während 
die  halbjährige  Ungleichheit  in  Richtung  und  Betrag  constant  bleibt. 
Unter  den  Tropen  erhält  die  letztere  das  Uebergewicht;  daher  be- 
gegnen wir  hier  jenem  halbjährigen  Wechsel  ^). 

Auch  die  Inclination  und  totale  Intensität  sind  täglichen 
Variationen  unterworfen.  Die  erstere  ist  auf  der  nördlichen  ELalbkugel 
um  8  bis  10  Uhr  Morgens  am  grössten  und  um  6  bis  10  Uhr  Abends 
am  kleinsten,  wobei  freilich  grössere  Abirrungen  von  dem  normalen 
Verlauf  nicht  selten  vorkommen.  Die  letztere  hingegen  zeigt  gerade 
den  entgegengesetzten  Gang:  sie  erreicht  ihr  Maximum  meist  Abends 
gegen  10  Uhr,  ihr  Minimum  aber  Morgens  10  Uhr.  Wie  flir  die 
Dedination,  so  ist  auch  fhr  die  Inclination  und  Intensität  eine  jährliche 
Variation  erwiesen,  welche  ebenfalls  vom  Sonnenstande  abhängig  ist, 
da  ihre  Maxima  und  Minima  nahezu  mit  den  Solstitien  zusammen- 
fallen, und  zwar  sind  die  Variationen  der  Inclination  und  totalen 
Intensität  gleichzeitig  auf  beiden  Halbkugeln  am  grössten,  nämlich  zu 
der  Zeit,  in  welcher  die  Erde  der  Sonne  am  nächsten  steht  (also 
während  unseres  Winters).  Diese  Gleichzeitigkeit  der  Erscheinungen 
auf  beiden  Halbkugeln  schliesst  die  Annahme  völlig  aus,  dass  jene 
Variationen  den  jährlichen  Temperaturwandelungen  zuzuschreiben  sind, 
obwohl  die  manigfachen  gemeinsamen  Züge,  welche  die  isodynamischen 
Curven  und  die  Isothermen  erkennen  lassen,  darauf  hindeuten  könnten, 
dass  eine  thermisch- magnetische  Wechselwirkung  besteht. 

■)  Sir  Edward  Sabine:  Gontributions  to  Terrestrial  Magnetism  in  the 
Edinburgh  Review,  October  1872.    Vol.  CXXXVI,  Nr.  278,  p.  415  sq. 


474  Dritter  Theil.    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

Sir  Edward  Sabine  hat  ferner  die  Frage  zu  beantworten  ver^ 
sucht,  ob  die  gesammte  magnetische  Kraft  der  Erde  grösser  ist,  wenn 
die  Sonne  in  den  südlichen  oder  wenn  sie  in  den  nördlichen  Zeichen 
steht.  Durch  die  Veigleichung  der  Indinationsvariationen  mit  denen 
der  horizontalen  Intensität  fand  er,  dass  in  Kew  (bei  London)  und 
Toronto  (Canada)  die  magnetische  Erdkraft  in  den  Wintermonaten 
stärker  ist  als  in  den  Sommermonaten;  ebenso  zeigte  sich  auf  der 
südlichen  Halbkugel  in  Hobarton  vom  October  bis  Februar  (also  im 
Südhemisphärischen  Sommer)  der  mittlere  Jahreswerth  grösser  als  in 
der  anderen  Jahreshälfte^).  Demnach  ist  auch  die  Verstärkung  des 
tellurischen  Magnetismus  während  der  südlichen  Declination  der  Sonne 
nicht  auf  Unterschiede  der  Temperatur,  sondern  wahrscheinlich  auf  den 
geringeren  Abstand  des  magnetischen  Sonnenkörpers  von  der  Erde 
zurückzuftihren.  Im  übrigen  ist  die  in  den  tauchen  und  jährlichen 
Variationen  sich  äussernde  magnetische  Femewirkung  der  Sonne  ebenso 
sehr  ein  G^heimniss  wie  der  Erdmagnetismus  selbst 

Wie  die  Sonne,  so  übt  auch  der  Mond  Einflüsse  auf  den  Gang 
der  Magnetnadd  aus;  denn  die  magnetische  Abweichung  erlddet  eine 
kleine  und  sehr  regelmässige  Schwankung,  deren  Grösse  von  dem 
Mondstondenwinkel  abhängt  und  deren  Periode  daher  &n  Mondtag  ist. 
Der  auffiJlendste  Zug  in  der  durch  den  Mond  hervorgerufenen  Variation 
ist  die  zweimalige  Ab-  und  Zunahme  der  drei  magnetischen  Elemente 
innerhalb  eines  Tages,  und  zwar  treten  die  Maxima  ein  bei  der  Dedi- 
nation  6  und  18  Stunden,  bei  der  Indination  3  und  14  Stunden  und 
bei  der 'Intensität  3  und  16  Stunden  nach  der  oba!«n  Culmination; 
die  Grösse  der  Perioden  (Differenz  zwischen  Maximum  und  Minimum) 
beträgt  bei  der  Declination  0,64',  bei  der  Inclination  0,07%  bei  der 
TotaUntensität  0,000012'^).  Diese  Bew^ungen  lassen  sich  am  dn- 
fachsten  durch  die  Hypothese  erklären,  dass  durch  die  Erde  im  Monde 
Magnetismus  inducirt  wird. 

Die  regelmässigen  täglichen  Schwankungen,  welchen  die  Magnet- 
nadel unterworfen  ist,  erleiden  oft  starke  Störungen,  bei  denen  der 
magnetische  Meridian  gewissermassen  nach  Ost  oder  West  hin  seine 
Mittellage  verlässt  Häufig  eriangen  diese  Perturbationen  ausserordent- 
lich grosse  anguläre  Werthe;  dabei  treten  sie  ganz  unerwartet  auf  und 
ofienbaren  sich  oftmals  über  Meer  und  Land  auf  Hunderten  und  Tau- 

*)  PhÜoeophical  Transactions  of  the  R  Society  of  Liondon.  YoL  CXL 
(1850),  p.  215—217.  Msgnetical  ObservatioiiB  at  Hobarton.  Londoii  1852. 
Vol.  U,  p.  XLVL 

*  *)  Sir  Edward  Sabine  in  den  Pkilosophical  Transactions  of  the  B. 
See  of  London.  VoL  GXLYII  (1857),  p.  1 — 8.  Vgl  hierzu  Proceedings  of  the 
R  Society.    VoL  XI  (1861),  p.  73—80. 


XX.    Die  magnetischen  Kräfte  der  Erde.  475 

senden  von  Meilen  im  strengsten  Sinne  des  Wortes  gleichzeitig  oder 
pflanzen  sich  ausserordentlich  schnell  nach  allen  Bichtungen  über  die 
Erdoberfläche  fort.  Für  solche  urplötzlich  eintretende,  nicht  an  gewisse 
Zeiträume  gebundene  Zuckungen  der  Magnetnadeln,  vorzüglich  der 
horizontalen,  hat  A.  v.  Humboldt  den  Namen  magnetische 
Stürme  oder  Gewitter  geschaffen.  Doch  soll  hiermit  keinerlei 
zeitliche  und  ursächliche  Verknüpfung  mit  Stürmen  und  Gewittern 
angedeutet  werden;  im  Gegentheil  üben  dieselben  meist  keine  wahr- 
nehmbare Wirkung  auf  die  Magnetnadel  aus. 

Das  tiefere  Eindringen  in  diese  Erscheinungen  verdanken  wir 
insbesondere  der  Anregung  zweier  Männer:  A.  v.  Humboldt's  imd 
Sir  Edward  Sabine's.  Seit  dem  Jahre  1828,  in  welchem  die  erste 
magnetische  Hütte  in  Berlin  errichtet  wurde,  entstanden  in  rascher 
Folge  in  Deutschland,  Bussland  (ind.  Sibirien),  England  und  seinen 
Oolonien  (St  Helena,  Capstadt,  Hobarton  in  Tasmanien,  Toronto  in 
Canada),  sogar  in  China  zahlreiche  magnetische  Beobachtungsstationen. 
Von  dem  Jahre  1834  an  wurden  an  verschiedenen  Orten  Deutschland's 
und  der  Nachbarländer  gleichartig  construirte  Apparate  angestellt,  an 
denen  gleichzeitig  an  gewissen  vorausbestimmten  Tagen  24  Stunden 
lang  der  Gang  der  Dedinationsinstrumente  von  5  zu  5  Minuten  ab- 
gelesen wurde.  Hierbei  machte  man,  so  am  26.  und  27.  Februar,  des- 
gleichen am  28.  und  29.  Mai  1841,  die  überraschende  Entdeckung, 
dass  an  diesen  Tagen  die  Declinationsnadeln  in  üpsala,  G^ttingen  und 
JVIailand  ganz  gleichmässig  vor-  und  rückwärts  schritten,  d.  h.  an  diesen 
drei  Orten  zeigten  die  Declinationsnadeln  in  ihrer  Bewegung  einen 
auffallenden  Parallelismus,  obwohl  die  nichtperiodischen  Schwankungen 
in  den  einzelnen  Stunden  bald  bedeutend,  bald  gering  waren.  Nur 
wurden  die  Störungen  der  Declination  im  aUgemeinen  gegen  Norden 
hin  grösser.  So  ging  z.  B.  am  26.  Februar  1841  Morgens  zwischen 
3  und  4  Uhr  die  Dedinationsnadel  zu  Upsala  unge&.hr  12',  zu 
Göttingen  nahezu  8  \  zu  Mailand  etwas  über  5 '  nach  Westen.  Immer- 
hin war  die  Harmonie  im  Verlauf  der  nichtperiodischen  Veränderungen 
eine  so  ausgesprochene,  dass  man  fortan  dazu  berechtigt  war,  die 
letzteren  nicht  als  locale,  sondern  als  allgemein  terrestrische  Erschei- 
nungen zu  betrachten. 

Am  27.  und  28.  August  1841  stellte  man  Terminbeobachtungen 
zu  Upsala,  Göttingen,  Mailand  und  Gapstadt  an,  und  wiederum 
erkannte  man,  dass  der  Gang  der  magnetischen  Störungen  an  allen 
vier  Orten  ein  nahezu  gleichmässiger  war;  nur  standen,  wie  man 
erwarten  durfte,  die  Schwankungen  an  dem  letztgenannten  Orte,  also 
auf  der  südlichen  Halbkugel  in  &st  vollkommenem  Gegensatze  zu 
denen  in  Upsala,   Göttingen  und  Mailand,  d.  h.  sie  waren  östiich  statt 


476  Dritter  Theil.    Die  Wasser*  und  Lufthülle  der  Erde. 

westlich  oder  tungekehrt.  Hieraus  folgt,  dass  die  magnetischen  Erttfie 
gleichmässig  wirken  auf  dem  ganzen  Baume  zwischen  den  beiden 
magnetischen  Polen. 

Aber  auch  für  solche  Orte,  weldie  nicht  unter  demselben  Meridian, 
sondern  in  gldcher  geographischer  Breite  hegen,  besteht  ein  Zusammen- 
hang in  den  Störungen;  nur  äussert  er  sich  in  etwas  anderer  Weise. 
Von  demjenigen  Punkte  an,  wo  die  Perturbation  ein  Maximum  er- 
reicht, bleibt  dieselbe  eine  gleichartige  bis  90  ®  östlich  und  90  ®  west- 
Uch,  wird  jedoch  bis  dahin  immer  geringer  und  verschwindet  hier 
wohl  ganz,  um  auf  der  anderen  ELälfte  des  Parallels  in  eine  Störung 
im  entg^;engesetzten  Sinne  überzugehen.  Das  Maximum  derselben 
ist  180^  von  demjenigen  Punkte  entfernt,  wo  *  die  gegentheilige 
Schwankung  am  stärksten  war.  Dies  zeigte  sich  deutlich  bei  den 
Terminbeobachtungen  zu  Toronto  (am  Ontario-See),  Göttingen  und 
Nertschinsk  am  27.  und  28.  August  1841.  Der  Längenunterschied 
zwischen  Toronto  und  Nertschinsk  beträgt  unge&hr  180^,  während 
sich  Gk^ttingen  nahezu  in  der  Mitte  beider  befindet  Es  eigab  sich 
nun,  dass,  während  in  Gtöttingen  zwisdien  dem  27.  August  10  ühr 
Abends  und  dem  28.  August  2  Uhr  Morgens  bedeutende  Schwankungen 
zu  verzeichnen  waren,  die  Dedinationsnadel  zu  Toronto  und  Kertschinsk 
sich  aufiGillend  ruhig  verhielt;  umgekehrt  wich  sie  am  folgenden  Tage 
zwischen  10  und  12  Uhr  zu  Göttingen  wenig  von  dem  normalen  Gange 
ab,  erlitt  hingegen  zu  Toronto  und  Nertschinsk  ansehnliche,  aber 
einander  widersprechende  Störungen. 

Im  hohen  Norden  suchen  wir  freilich  vergebens  nach  jener  Sym- 
metrie der  Erscheinungen,  wie  sie  in  den  angeflihrten  Bdspielen  er- 
kannt wurde.  Vielmehr  sind  hier  die  Anomalien  meist  ganz  eigenartig, 
dabei  ausserordentlich  gross  und  manig&ch  wechselnd. 

Ueber  die  Ursachen  der  magnetischen  Störungen  waren  die  An- 
sichten von  jeher  getheilt  Die  Vermuthung,  dass  Gewitter  den  Gang 
der  Magnetnadel  wesentlich  beeinflussten,  hat  sich  nicht  bestätigt  Bei 
Erdbeben  und  vulcanischen  Ausbrüchen  wurde  zwar  wiederholt  ein 
starkes  Schwanken  der  Dedinationsnadel  bemerkt;  doch  dürfte  das- 
selbe wohl  mehr  als  eine  Wirkung  mechanischer,  als  magnetischer 
Kräfte  zu  betrachten  sein.  Unzweifelhaft  aber  steht  der  tellurische 
Magnetismus  in  innigem  Zusammenhang  mit  dem  Erd-  oder  Polar- 
lichte. 

Schon  Halle 7  deutete  eine  solche  Verknüpfung  beider  an;  doch 
wurde  erst  durch  eine  glänzende  Entdeckung  Faraday's  (die  licht- 
entwicklung  durch  magnetische  Kräfte)  diese  Annahme  empirisch  be- 
gründet Bereits  am  Moi^n  vor  dem  nächtiichen  Lichtphänomen 
äussert  sich  die  Störung  des  Gleichgewichts  in  der  Vertheilung  des 


XX.    Die  magnetischen  Kräfte  der  Erde.  477 

Eirdinagnetismus  durch  den  unregelmässigen  stündlichen  Gang  der 
Magnetnadel.  Diese  Störung  wächst,  bis  endlich  durch  eine  mit  herr- 
lichen Lichteffecten  verbundene  Entladung  das  Gleichgewicht  wieder 
hergestellt  wird.  Das  Nordlicht  selbst  ist  dann  „nicht  als  eine  äussere 
Ursache  dieser  Störungen  anzusehen,  sondern  als  eine  bis  zum  leuchten- 
den Phänomen  gesteigerte  tellurische  Thätigkeit,  deren  eine  Seite  jenes 
Leuchten  ist,  die  andere  die  Schwingungen  der  Nadel"  ^).  Alexan- 
der V.  Humboldt*)  erkennt  darum  in  der  Erscheinung  des  farbigen 
Polarlichtes  den  ^Act  der  Entladung,  das  Ende  eines  magnetischen 
Ungewitters,  wie  in  dem  elektrischen  Ungewitter  ebenfalls  eine  Licht- 
entwicklung, der  Blitz,  die  Wiederherstellung  des  gestörten  Gleich- 
gewichts in  der  Vertheilung  der  Elektricität  bezeichnet". 

Das  NordUcht  bildet  sich  immer  zunächst  am  Horizont  und  zwar 
imgefähr  in  derjenigen  Gegend,  in  welcher  dieser  von  dem  magne- 
tischen Meridian  durchschnitten  wird.  Zunächst  steigt  es  als  eine  dicke 
Nebelwand,  durch  welche  kaum  die  Sterne  sichtbar  sind,  8  bis  10® 
über  den  Horizont  empor,  wobei  die  Farbe  des  dunklen  Segments 
in's  Braune  oder  Violette  übergeht;  nach  und  nach  wird  dasselbe  von 
einem  hell  glänzenden .  Lichtbogen  erst  weiss,  dann  gelb  umsäumt. 
Nur  im  hohen  Norden  ist  das  rauchähnliche  Kugelsegment  weniger 
dunkel.  Der  Lichtbogen  ist  in  beständigem  Aufwallen  begriffen; 
endlich  schiessen  Strahlen  und  Strahlenbündel  aus  ihm  hervor  und 
dringen  bisweilen  bis  zum  Zenith  empor.  Je  nach  der  Stärke  der 
Entladungen  spielen  die  Farben  durch  alle  Nuancen  vom  Violetten 
und  bläulich  Weissen  bis  in's  Grüne  und  Purpurrothe.  Der  ganze 
Himmel  wird  zu  einem  herrUchen  Flammenmeer.  Endlich  schaaren 
sich  die  Strahlen  an  demjenigen  Punkte  des  Himmelsgewölbes  zu- 
sammen, wohin  die  Neigungsnadel  zeigt,  und  so  entsteht  die  sogenannte 
Krone  des  Nordlichts.  Ihr  Glanz  ist  mild,  das  von  ihr  ausströmende 
Licht  ohne  Wallung.  Nur  selten  entwickelt  sich  eine  volle  Krone;  in 
jedem  Falle  bezeichnet  sie  das  Ende  des  herrUchen  Schauspiels,  indem 
schon  kurze  Zeit  nach  ihrem  Erscheinen  sowohl  die  allmähliche  Auf- 
lösung ihrer  selbst,  sowie  der  Lichtbögen  beginnt.  In  unseren  Breiten 
tritt  das  Nordlicht  fast  niemals  in  solcher  Schönheit  auf;  vielfach  ist 
eine  mattrothe  Wolke  oder  eine  intensiv  rothe  Beleuchtung  des  nörd- 
lichen Himmels  alles,  was  wir  von  ihm.  wahrnehmen. 

Die  wahre  Höhe  des  Nordlichtes  muss  bisweilen  eine  sehr  beträcht- 
liche sein,   da  es  sonst  nicht,   wie  das  NordUcht  vom  7.  Januar  1831, 

*)  Dove  in  Poggendorff's  Annalen,  Bd.  XIX  (1880),  S.  888;  Bd.  XX 
(1830),  S.  341. 

*)  Kosmos.    Bd.  I,  S.  198. 


478  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

zugleich  am  Erie-See  und  in  Europa  gesehen  werden  könnte^).  Setzt 
man  voraus,  dass  ein  und  dasselbe  Lichtphänomen  beobachtet  wird, 
so  muss  man  w^en  der  Krümmung  der  Erde  den  Sitz  desselben 
mindestens  in  einer  Höhe  von  30  geogr.  Meilen  über  dem  Erdboden 
suchen.  Nach  J.  R  L.  Flögel^  beträgt  die  Höhe  der  Basis  der 
Strahlen  durchgängig  20  bis  35  geogr.  MeQen,  manchmal  vielleicht  auch 
nur  14  geogr.  Mdlen;  die  grösste  Höhe  dürfte  40  geogr.  Meilen  nicht 
überschreiten.  Die  Spitzen  der  Strahlen  erreichen  vielfach  eine  Höhe 
von  70  geogr.  Meilen,  wahrscheinlich  öfter  von  100  geogr.  Meilen; 
doch  sind  niemals  Höhen  von  200  geogr.  MeQen  nachgewiesen  worden. 
Hieraus  geht  hervor,  dass  sich  die  Nordlichter  meist  fast  ganz  ausser- 
halb unserer  Atmosphäre  befinden;  ftlr  gewöhnlich  ist  nur  der  unterste 
TheQ  in  die  äussersten  Luftschichten  der  Erde  eingetaucht,  und  nur 
sehr  selten  ragt  er  bis  in  die  Region  der  Wolken  hinab. 

In  solcher  Höhe  ist  die  Dichte  der  Luft  so  gering,  dass  unsere 
gewöhnlichen  Luftpumpen  nicht  genügen,  eine  ähnliche  Verdünnung 
zu  erzeugen.  Doch  vermag  man  dieselbe  mit  Hilfe  der  Quecksilber- 
luftpumpe annähernd  herzustellen  in  Grlasröhren,  den  sogenannten 
Geissler'schen  Röhren.  Lässt  man  in  diesen  eine  Spur  dnes  Gases 
zurück  und  sendet  einen  elektrischen  Strom  hindurch,  so  b^innt  das 
Gas  zu  glühen  und  in  einer  ftir  jedes  Gas  charakteristischen  Farbe  zu 
leuchten.  Durch  Betrachtung  mit  dem  Spectralapparat  wird  diese 
Farbe  in  eine  grössere  oder  geringere  Anzahl  von  Linien  zerlegt,  aus 
deren  Lage  sich  die  Qualität  des  betreffenden  Gases  ergiebt 

Nun  lag  der  Gedanke  nahe,  dass  auch  das  Nordlicht  von  einer 
in  den  höheren  Regionen  der  Atmosphäre  sich  vollziehenden  elektrischen 
Ausströmung  herrühre.  Man  hat  es  deshalb  spectroskopisch  unter- 
sucht, ohne  jedoch  bisher  sichere  Resultate  zu  gewinnen.  Zöllner^) 
beobaditete  mittelst  eines  Browning'schen  Miniaturspectroskopes  das 
Spectrum  des  prachtvollen  Nordlichtes  vom  25.  October  1870  und 
&n4  im  grünen  Theile  des  Spectrums  (zwischen  D  und  E)  eine  helle 
Linie,  die  sogenannte  Angström'sche  Linie.  Femer  trat  eine  rothe 
Linie  an  denjenigen  Stellen  des  Himmels  intensiv  auf,  die  sich  auch 
dem  unbewafiheten  Auge  als  stark  geröthete  darboten.  Endlich  wurden 
noch  im  blauen  Theile  des  Spectrums  zuweilen  schwache,  bandartige 
Streifen  bemerkt    Zöllner  hat  daigethan,  dass  das  Nordlichtspectram 

^)  Das  Nordlicht  vom  4.  Februar  1872  wurde,  was  äusseret  selten  vor- 
kommt, sogar  in  Cairo  beobachtet. 

*)  Zeitschrift  der  österreichischen  Gesellschaft  für  Meteorologie.  Bd.  VI 
(1S71X  S.  353  ff.  385  ff. 

*)  Berichte  der  KgL  Sachs.  Gesellschaft  d.  W.  math.-phys.  Classe. 
Sitznng  am  31.  October  lb70,  S.  254—260. 


XX.    Die  magnetischen  Kräfte  der  Erde.  479 

in  seinen  Hau{)tlinien  mit  keinem  Spectrum  von  einem  bekannten 
irdischen  Stoffe  identisch  ist,  und  gelangte  schliesslich  zu  dem  Resul- 
tate, dass,  wenn  die  Lichtentwicklungen  beim  Nordlicht  elektrischer 
Natur  sind,  dieselben  so  niedrigen  Temperaturen  angehören  müssen^ 
wie  sie  beim  Experimentiren  mit  G eis sler' sehen  Röhren  nicht  an- 
gewandt werden  können.  Das  Spectrum  des  Nordlichtes  stimme  nur 
deshalb  nicht  mit  einem  uns  bekannten  Spectrum  der  atmosphärischen 
Gase  überein,  weil  es  ein  Spectrum  anderer,  aber  künstlich  bis  jetzt 
noch  nicht  darstellbarer  Ordnung  ist.  Doch  ist  es  H.  C.  VogeP), 
der  die  Nordlichter  vom  25.  October  1870,  vom  12.  Februar,  9.  und 
14.  April  1871  aufs  sorg&ltigste  untersuchte,  gelungen,  die  Stickstoff- 
linien mit  Sicherheit  nachzuweisen,  ebenso  eine  Sauerstofflinie  und 
vielleicht  auch  mehrere  Eisenhnien.  So  scheint  sich  also  die  An- 
schauung mehr  imd  mehr  zu  befestigen,  dass  das  Nordlichtspectrum 
nichts  anderes  als  eine  Modification  des  Luftspectrums  ist,  welche  durch 
eigenthümliche  Druck-  und  Temperaturverhältnisse,  sowie  durch  das 
Fehlen  der  Wasserdämpfe  in  den  höchsten  Luftregionen  herbeigeführt 
wird*). 

Der  innige  Zusammenhang  zwischen  Erdmagnetismus  und  Polar- 
licht ist  im  Gebiete  der  arktischen  Inselwelt  seit  Parry's  Zeiten  viel- 
fach beobachtet  worden;  noch  deutlicher  kommt  er  in  den  arktischen 
Regionen  der  Alten  Welt  zur  Geltung  und  ist  erst  neuerdings  (1872 
bis  1874)  wieder  von  Weyprecht  und  Payer  im  Franz-Josephs- 
Lande  klar  erkannt  worden. 

Indess  brauchen  wir  uns  gar  nicht  nach  dem  hohen  Norden  zu 
begeben,  um  jene  Wechselwirkung  zwischen  Erdmagnetismus  und 
Polarlicht  wahrzunehmen.  Die  elektromagnetische  Natur  des  Nord- 
lichtes geht  z.  B.  auch  daraus  hervor,  dass  es  in  den  telegraphischen 
Leitungen  Strömungen  hervorbringt,  welche  den  regelmässigen  Dienst 
unmöglicli  machen.  Das  glänzende  Nordlicht,  welches  in  der  Nacht 
vom  9.  zum  10.  November  1871  sichtbar  war,  rief  in  dem  von  Paris 
direct  nach  Brest  fuhrenden  Draht  von  10  Uhr  Abends  bis  Mittemacht 
Ströme  hervor,  welche  den  telegraphischen  Verkehr  vöUig  hinderten. 
Nach  einer  Pause  von  einer  halben  Stunde  wurden  die  Ströme  immer 
stärker,  und  der  Magnetismus,  den  sie  erzeugten,  war  so  kräftig,  dass 
der  Anker  des  Hughes'schen  Apparates  an  dem  Elektromagneten 
vollständig  fest  bUeb  und  dass  man  sehr  grosse  Muskelkraft  anwenden 
musste,  um  diese  Anziehung  zu  überwinden.    Das  Glockenwerk  tönte 

^)  Berichte  der  Egl.  Sachs.  Gesellschaft  d.  W.  mathein.-ph7S.  Classe. 
Sitzung  am  1.  Juli  1871,  8.  285—299. 

*)  Vgl.  hierzu  auch  A.  J.  Angström:  lieber  das  Spectrum  des  Nord- 
lichtes in  Poggendorff's  Annalen,  Jubelband  (1874),  S.  424  ff. 


480  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 

unter  betäabendem  Geräusch.  Auch  auf  der  transatlantischen,  also  unter- 
seeischen Ldtung  von  Brest  nach  St  Pierre  kamen  Störungen  vor  und 
ebenso  in  Nordamerika,  wo  das  Nordlicht  gleichfiüls  gesehen  wurde ' ). 

Von  ähnlichen  Wirkungen  war  das  Nordlicht  am  14.  und  15.  Octo- 
her  1872  begleitet  Anhaltende  Ströme  vod  verschiedener  Dauer  durch- 
kreuzten in  Frankreich  vom  14.  October  (10  Uhr  30  Minuten  Abends) 
bis  18.  October  (9  Uhr  30  Minuten  Abends)  mit  kurzen  Unt^- 
brechungen  die  Leitungsdrähte.  Seltsamer  Weise  rief  jene  Erscheinung 
in  den  von  Nord  nach  Süd  laufenden  Drähten  die  intensivsten  Störungen 
hervor,  während  die  von  Ost  nach  West  fiihrenden  Tel^raphenlinien 
weniger  davon  berührt  wurden.  Diese  Strömungen  waren  kdneswegs 
localer  Natur,  sondern  zeigten  sich  gleichzeitig  auf  allen  Linien  einer  und 
derselben  Gegend.  Ihre  Sichtung  war  zwar  veränderlich;  doch  war  sie 
gleich  bei  allen  Drähten  von  derselben  Sichtung  und  veränderte  sich  in 
diesen  auch  in  dem  gleichen  Moment 

Nach  Arago's  Untersuchungen  wird  die  Nadel  vom  NordUchte 
selbst  an  Orten  afficirt,  wo  dieses  gar  nicht  sichtbar  ist  In  Mittel- 
europa nimmt  gewöhnlich  die  westliche  Declination  vor  dem  Auf- 
tauchen des  Nordlichtes  zu  und  vergrössert  sich  bisweilen  sogar  noch 
nach  dem  Eintritt  des  Phänomens.  Hierauf  kehrt  die  Nadel  nach 
Osten  zurück,  überschreitet  beträchtÜch  ihre  normale  Lage  und  wendet 
sich  sodama  wieder  nach  Westen.  Nach  den  Beobachtungen  von 
Lottin  und  Bravais  in  Bossekop  in  den  Jahren  1838  und  1839 
hängt  der  Grad  der  Störung,  welche  die  Nadel  erleidet,  von  der  Inten- 
sität des  Nordlichtes  ab.  Ist  dasselbe  matt  leuchtend  und  ver- 
schwommen, so  bemerkt  man  öfter  gar  keine  Störung;  findet  jedoch 
ein  helles,  bunt&rbiges  Aufblitzen  statt  so  betragen  die  Anomalien 
der  Dedinationsnadel  bisweilen  mehrere  Grade.  Nicht  selten  wird 
durch  eine  abnorme,  über  einen  ganzen  Tag  sich  erstreckende  West- 
wärtsbew^ung  der  Nadel  das  Erscheinen  eines  Nordlichtes  voraus- 
verkündigt-).  Zu  derselben  Zeit  wächst  gewöhnlich  der  Indinations- 
werth,  während  sich  die  horizontale  Intensität  vermindert 

Endlich  wird  der  Zusammenhang  zwischen  Erdmagnetismus  und 
Nordlicht  auch  dadurch  bewiesen,  dass  der  Gipfel  des  Nordlichtbogens 
nahezu  im  magnetischen  Mmdian  liegt  und  dass  der  Mittelpunkt  der 
Corona  mit  demjenigen  Punkte  des  Himmelsgewölbes  übereinstimmt 
nach  welchem  die  Inclinationsnadel  zeigt  Von  entscheidender  Wichtig- 
keit ist  vor  allem  die  Thatsache,  dass  die  Nordhchtstrahlen  über  jeder 
Station   ohne  grosse  Abweichung  dieselbe  Richtung  besitzen  wie  die 

>)  Zech  im  Ausland  1872,  S.  664. 

*)  Sir  Edward  Sabine  in  the  Edinbargh  Review,  October  1S72.  VoL 
CXXXVI,  Nr.  27S,  p.  420  sq. 


XX.    Die  magnetischen  Kräfte  der  Erde.  481 

Inclinationsnadel ;  eine  an  die  Stelle  der  Strahlen  gebrachte  Inclinations- 
nadel  würde  also  dieselbe  Lage  annehmen  wie  die  Strahlen,  welche 
das  Nordlicht  bilden.  Die  eigenthümlichen  Formen  des  Nordlichtes, 
welche  dem  scheinbar  widersprechen,  sind  als  eine  Wirkung  der 
Perspective  zu  erklären.  Man  ist  denmach  zu  dem  Schlüsse  berechtigt, 
dass  die  Lichtbogen  des  Nordlichtes  in  den  Magnetpolen  der  Erde  ihren 
Ausgangspunkt  haben  und  sich  unge&hr  den  magnetischen  Curven 
entlang  um  den  Erdmagnet  ausbreiten^). 

Wir  haben  bisher  immer  nur  der  Nordlichter  gedacht;  sie  stehen 
ims  ja  am  nächsten,  sind  am  frühesten  beobachtet  worden  und  bisher 
allein  der  Gegenstand  genauer  Untersuchimg  gewesen.  Aber  es  giebt 
auch  SüdUchter.  Sie  sind  bereits  von  Cook  und  seinen  Begleitern 
im  Februar  1773  gesehen  imd  damals  als  etwas  Neues  beschrieben 
worden. 

Höchst  eigenthümlich  ist  es,  dass  Nord-  und  Südlichter  vielfach 
gleichzeitig  auftreten.  So  bemerkte  Cook  am  18.,  21.  und  25.  Fe- 
bruar, sowie  am  16.  März  1773  Stidlichter,  während  van  Swinden 
berichtete,  dass  er  an  denselben  Tagen  zu  Franeker  in  Friesland 
Nordlichter  wahrgenommen  habe.  Femer  rötheten  im  Jahre  1783 
gleichzeitig  zu  Rio  de  Janeiro  und  in  Europa  Polarlichter  den  Himmel. 
Auch  zu  Hobarton  (Tasmanien)  und  Christiania  erschienen  bisweilen 
Polarlichter  zu  gleicher  Zeit.  Auf  Grund  noch  zahlreicher  anderer 
Beobachtungen  kann  man  sagen,  dass  die  Entwicklung  des  Polarlichtes 
in  der  Nähe  des  einen  der  magnetischen  Pole  von  dem  gleichzeitigen 
Auftauchen  des  Polarlichtes  am  andern  magnetischen  Pole  des  Erdballs 
begleitet  ist.  Die  Störung  des  Erdmagnetismus  erstreckt  sich  nach 
der  allgemeinen  Natur  der  Magnete  stets  auf  beide  Hemisphären 
zugleich. 

Noch  ist  auf  eine  wichtige  neuere  Entdeckung  hinzuweisen,  welche 
recht  geeignet  ist,  die  Ursachen  gewisser  Ungleichheiten  in  den  magne- 
tischen Störungen  uns  zu  enthüllen.  Das  grösste  Mass  der  magne- 
tischen Störungen  fkUt  nämlich  zusammen  mit  der  höchsten  Frequenz 
der  Nordlichter,  der  Sonnenflecken  und  seltsamer  Weise  auch  mit  der- 
jenigen der  Cirruswölkchen.  Die  innige  Verknüpfung  der  drei  erst- 
genannten Erscheinungen  geht  deutlich  aus  der  beifolgenden  Zeichnung 
(Fig.  87)  hervor,  welche  die  Resultate  zahlreicher  Beobachtungen  in 
dem  Zeitraum  von   1770  bis   1870  zusammenfasst  *).     Oben  sind  die 

')  Vgl.  hierzu  J.  Sirks:  Ueber  die  Krone  des  Nordlichtes  in  Poggen- 
dorffs  Annalen,  Bd.  CXLIX  (1873),  S.  112—119. 

«)  Zech  im  Ausland  1872,  S.  629  ff.  664  ff.  Vgl.  hierzu  auch  Rudolf 
Wolf:  Ueber  die  elfjährige  Periode  in  denSonnenflecken  und  erdmagnetischen 
Variationen  in  Poggendorff's  Annalen,  Bd.  CXVII  (1862),  S.  502  ff*. 

PeBchel-Leipoldi,  Phys.  Erdkande.    II.  31 


482 


Dritter  TheiL    Die  Wasser-  und  Lufthülle  der  Erde. 


Jahrzehnte  ang^eben.  Das  Auf-  und  Abstrigen  der  Carmen  zeigt  das 
periodische  Wachsen  und  Abnehmen  jener  drei  Phänomene  an.  Man 
erkemit  sofort  Perioden  von  nngefthr  11  Jahroi  ^) ;  nach  einer  gewissen 
Anzahl  solcher  Perioden  trat  eine  besonders  hohe  Frequenz  em,  so  in 
den  Jahren  1779,  1789  nnd  dann  wieder  1837,  1848,  1860  und  1870, 
während  in  dem  Zeitraum  von  1800  bis  1835  die  MA-giwm.  nicht  jene 
Höhe  erreichten. 

Fig.  87. 
1770     1780     1790     1800     1810     1820      1830     1840     1850     1860      1870 


ü^h 


JIM.^-^.-  --k-^^2 


Der  periodische  Wechsel  in  der  Frequens  der  Nordlichter,  der  maipietiecheii  SUmsgeii  und  der 

SoDiienlleckeii. 

Da  die  drei  dargestellten  Erscheinungen,  obwohl  sie  durchaus 
Yorschieden  in  ihrer  Art  sind,  doch  in  Zeit  und  Grösse  fast  genau 
dieselbe  Periode  haben,  so  kann  von  blossem  ZujGsJl  nicht  die  Bede 
sdn.  Welches  ist  nun  die  wahre  Ursache,  welche  allen  drei  zu  Grunde 
liegt?  Zunächst  ist  es  doch  wohl  zweUellos,  dass  die  Magnetnadel 
den  elektrischen  Einwirkungen  des  Nordlichtes  gehorcht  Es  gilt  dem- 
nach vor  allem,  den  ursächlichen  Zusammenhang  zwischen  Nordlicht 
und  Sonnenflecken  zu  ermitteln.  Erhebt  sich  auch  das  Nordlicht  bis 
zu  mehr  als  100  Meilen  Höhe,  so  bleibt  es  doch  ein  irdisches  Phänomen. 
Nun  ist  es  aber  undenkbar,  dass  die  irdische  Erscheinung  des  Nordlichtes 
auf  dem  Centralkörper  des  Sonnensystems  Schlackenbildungen  hervor- 
zuzaubern vermag,  welche  nicht  selten  an  Umfang  den  Erdball  über- 
treffen, um  so  mehr  undenkbar  als  auch  sonst  in  vielen  Beziehungen  die 

')  Die  Länge  dieser  Perioden  war  nicht  onbetrfichtlichen  Schwankungen 
unterworfen;  doch  blieb  hierbei  stets  die  Uebereinstimmung  der  drei  Erschei- 
nungen  unverändert  bestehen. 


XX.    Die  magnetischen  Kräfte  der  Erde.  483 

Erde  von  der  Sonne,  nicht  aber  die  Sonne  von  der  Erde  abhängig  ist. 
Somit  müssen  wir  entweder  die  Sonnenflecken  selbst  oder  eine  stets 
sie  begleitende  Erscheinung  als  Ursache  der  Nordlichter  und  der 
Variation  der  Magnetnadel  betrachten. 

Nach  Zöllner^)  wird  zur  Zeit  der  Fleckenmaxima  durch  die 
Steigerung  der  relativen  Stromgeschwindigkeit  und  die  Vergrösserung 
der  Frictionsprocesse  an  der  Sonnenoberfläche  die  Intensität  der  hier- 
mit verbundenen  galvanischen  Ströme  und  somit  auch  der  magnetische 
Zustand  der  Sonne  verstärkt. 

Ebenso  lässt  sich  jener  Zusammenhang  durch  die  Protuberanzen 
in  genügender  Weise  rechtfertigen.  Sie  brechen,  wie  schon  früher 
(Bd.  I,  S.  74  f.)  gezeigt  wurde,  stets  mit  ungeheurer  Geschwindigkeit 
am  Rande  der  Sonnenflecken  hervor  und  sind  demnach  ebenso  wie 
die  Eruptionen  irdischer  Vulcane  eine  Quelle  intensivster  Elektricitäts- 
erregung  (Bd.  I,  S.  133).  Finden  demnach  gleichzeitig  mit  der  Ent- 
stehung von  Sonnenflecken  elektrische  Entladungen  statt,  so  ist  bloss 
noch  der  Nachweis  zu  flihren,  wie  dieselben  auch  irdische  Vorgänge 
beeinflussen  können. 

Elektrische  Kräfte  vermögen  sich  nicht  durch  den  leeren  Raum 
fortzupflanzen;  um  jene  Einwirkungen  zu  erklären,  sind  wir  demnach 
zu  der  Annahme  gezwungen,  dass  ein  leitendes  Medium  den  Welt- 
raum erfüllt.  Die  Existenz  desselben  wurde  schon  oben  (Bd.  I,  S.  49) 
aus  mehrfachen  Gründen  gefordert,  und  die  spectroskopischen  Unter- 
suchungen des  Nordlichtes  sind  dem  gleichfalls  günstig.  Mag  auch 
dieses  Medium  ausserordentlich  fein  sein,  noch  feiner  als  die  Gase  in 
den  Geissler'schen  Röhren,  so  muss  es  doch  eine  genügende  Dichtig- 
keit besitzen,  zwischen  Sonne  und  Erde  eine  elektrische  Verbindung 
zu  vermittek. 

Die  Erde  steht  demnach  zum  Centralkörper  des  Sonnensystems  nicht 
bloss  in  der  rohen  Abhängigkeit  der  Gravitation,  nicht  bloss  in  dem 
Verhältniss  eines  Licht  und  Wärme  empfangenden  Körpers,  sondern 
es  walten  noch  zartere  Beziehungen,  insofern  die  Erde  zugleich 
der  magnetische  Planet  einer  magnetischen  Sonne  ist« 

Mit  den  Nordlichtem  im  Verein  treten  gewisse  zierliche  Wolken- 
bildungen auf,  sogenannte  Schäfchen  (CSrrocumulus) ,  welche  meist  in 
langen,  parallelen  Reihen  der  Richtung  des  örtlichen  magnetischen 
Meridians  folgen  ^).  Sie  sind  so  häufig  und  fast  ausscliliesslich  mit  dem 
Erscheinen  des  Nordlichtes  verknüpft,  dass  man  mit  ziemlicher  Sicher- 

^)  Berichte  der  Kgl.  Sachs.  Gesellschaft  d.  W.  math.-phys.  Classe. 
Sitzung  am  20.  October  1871,  S.  515  f. 

«)  Vgl.  hierzu  A.  v.  Humboldt,  Kosmos.    Bd.  I,  S.  201  f.  441. 

31* 


484  Dritter  TheiL    Die  Wasser-  and  Loftholle  der  Erde. 

heh  am  Abend  ein  Nordlicht  erwarten  dar^  wenn  man  am  Nachmittag 
derartige  Wolkenanhänfimgen  bemerkt 

Die  genaue  Prüfung  einer  2]jähiigen  Beobachtongsreihe  der 
Bewölkung  in  Eöbi  fährte  Hermann  J.  Klein  zu  dem  merk- 
würdigen Resultate,  dass  die  Grruflgebilde  in  Hinacht  auf  Zahl  und 
Schönhdt  der  fbtwicklung  eine  Periode  von  c«  11  Jahren  innehalten, 
welche  genau  mit  der  Sonnenfleckenperiode,  somit  auch  mit  der  Periode 
der  NordKchter  und  der  magnetischen  Störungen  zusammenfelk.  Alle 
diese  Phänomene  haben  ^dchzeitig  ihr  MATinnim  und  ihr  Minimum. 
Rudolf  Wolf,  der  beste  Kenner  der  Sonnenfleckenperiode,  hat  die 
von  Klein  gegebenen  Zahlen  mit  seinen  RelativzahlaDi  verglichen  und 
den  von  letzterem  behaupteten  Zusammenhang  beider  Phänomene  be- 
stätigt Wolf  hat  sogar  eine  Formel  aufgestellt,  mittelst  welcher  man 
aus  der  Zahl  der  Sonnenflecken  eines  Jahres  annäherungsweise  be- 
rechnen kann,  wie  häufig  in  Köln  Cirruswolken  in  demselben  Jahre 
wahrgenommen  worden  sind,  und  umgekehrt  lässt  sidi  aus  der  Häufig- 
keit der  in  Cöln  beobachteten  CSrrusbewölkung  die  2jahl  der  Sonnen- 
flecken  desselben  Jahres  ermitteln,  da  jede  dieser  Erscheinungen 
gewissermassen  an  Spiegelbild  der  anderen  ist^). 

Zöllner  sucht  die  Ursache  dieses  eigenthümUchen  Zusammen- 
treffens in  den  Störungen  des  aärostatischen  Gleichgewichts,  welche 
nothwendig  in  den  oberen  Lufbregionen  durch  die  Temperaturerhöhung 
beim  elektrischen  Aus^eichungsprocess  des  Nordlichtes  stattfinden.  Die 
Streifenbildung  und  die  Undulationen  der  Strahlen  des  Nordlichtes 
lassen  sieh  recht  passend  mit  der  sogenannten  Schichtung  des  dektri- 
sehen  Lichtes  in  Inftverdünnten  Räumen  vergleichen.  Die  heUen  und 
dunklen  Schichten  bieten  offenbar  auch  Unterschiede  der  Temperatur 
und  der  Dichtigkeit  dar.  Es  muss  demnach  in  den  vom  Nordlicht 
erfällten  Räumen  nothwendig  eine  Störung  des  a^rostatischen  Oleich- 
gewichtes eintreten.  An  den  höher  erhitzten  Stellen  entwickeln  sich 
aufeteigende,  an  den  kühleren  SteDen  absteigende  Lufbströme;  durch 
diese  in  abwechselnder  Nebeneinanderlagerung  nach  oben  oder  unten 
gerichteten  Luftströme  aber  sind  die  Bedingungen  zur  £ntstehung  von 
Wolken  gegeben.  Mit  den  absteigenden  Strömen  gelangen  kältere 
Luftmassen  aus  den  oberen  Regionen  in  tiefere  und  wasserdampf- 
reichere  wärmere  Schichten  und  bewirken  somit  hier  eine  Condensation 
der  Dämpfe.  Andrerseits  gewähren  aber  auch  die  wärmeren  auf- 
steigenden Ströme  die  Möglichkeit  zur  Cumulusbildung.  Nun  ist  es 
klar,  dass  je  nach  der  Grösse  der  erfolgten  Gleichgewichtsstörungen 
und  je  nach  dem  jeweiligen  Sättigungsgrad  der  bewegten  Luffanassen 

M  Ausland  1ST2,  S.  1007. 


XX.    Die  magnetischen  Kräfte  der  Erde.  •  485 

die  Oanst  zur  WolkenbQdung  beim  aufsteigenden  Strome  im  allge- 
meinen eine  andere  ist  als  die  Günstigkeit  dieser  Bedingungen  beim 
absteigenden  Strome.  Demnach  ist  auch  die  Wolkenbildung  an  den 
verschieden  erhitzten  und  yerschieden  dichten  Stellen  durchaus  keine 
gleichartige,  und  daher  wird  die  Anordnung  der  so  erzeugten  Wolken  im 
wesentlichen  mit  den  Richtungen  der  elektrischen  Lichtprocesse  in  der 
Atmosphäre  übereinstimmen^). 

^)  Berichte   der   Kgl.  Sachs.    Gesellschaft   d.    W.    math.-phjs.    Classe. 
Sitzung  am  25.  Juli  1871,  S.  329—332. 


VIERTER  THEIL. 


DAS 


ORGANISCHE  LEBEN 

AUF  ERDEK 


I.    Wüsten,  Steppen,  Wälder^). 


Mehr  oder  minder  dicht  ist  das  Pflanzengewebe  ^  womit  das  feste 
Land  bekleidet  ist  Völlig  oder  beinahe  völlig  entblössten  Boden 
nennen  wir  Wüste;  mit  niedrigem  Elraut  und  Gras  bedeckte  Ebenen 
heissen  Steppen,  und  Wald  bedeutet  ein  Land,  welches  von  geschlossenen 
Baumgipfehi  beschattet  wird.  Die  drei  Begriffe  bezeichnen  also  Steige- 
rungen an  Pflanzenreichthum  in  den  trockenen,  feuchten  imd  nassen 
Erdstrichen;  denn  ihr  räumliches  Auftreten  hängt  streng  zusammen 
mit  der  örtlichen  Vertheilung  der  wässerigen  Niederschläge  in  der  Ge- 
stalt von  Nebel,  Thau,  Regen  oder  Schnee.  Ihre  Vertheilung  wird 
aber  genau  bestimmt  durch  die  Gestalt  des  Trockenen  und  Festen  auf 
einem  kugelförmigen  Körper  wie  die  Erde,  der  sich  von  West  nach 
Ost  mit  der  höchsten  Geschwindigkeit  am  Aequator,  mit  der  geringsten 
an  den  beiden  Polen  bewegt.  So  wichtig  auch  immer  die  Vertheilung 
der  Luftwärme  an  der  Oberfläche  des  Erdkörpers  erscheinen  mag,  die 
Vertheilung  der  feuchten  Niederschläge  steht  ihr  an  Bedeutsamkeit  für 
die  Entwicklung  des  Menschengeschlechts  keinesw^  nach.  Nähern 
wir  uns  beiden  Polen,  so  werden  die  Erdräume  immer  unbewohnbarer 
ftlr  belebte  Wesen  wegen  der  Erniedrigung  der  Luft  wärme,  wahrend 
wir  umgekehrt  an  und  zwischen  den  Wendekreisen  leblose  Oeden  an- 
treffen, wo  der  Boden  kein  Gewächs  mehr  hervorbringt  und  kein  Thier 
mehr  nährt,  weil  ihm  die  erforderliche  Benetzung  fehlt.  Ein  einziger 
Blick  auf  eine  Regenkarte  der  Erde  (Fig.  20  auf  S.  260)  genügt, 
den  strengen  Zusammenhang  zwischen  Mangel  an  Niederschlägen  und 
Wüstenbildung  zu  erkennen.  Die  letzte  Ursache  dieses  örtlichen  Mangels 
ist  aber  nur  in  der  Gestaltung  von  Land  und  Meer  zu  suchen.  Die 
Wasserflächen   unseres  Planeten  nehmen  fast  dreimal  soviel  Raum  ein 

^)  Dieser  den  „Neuen  Problemen^^  (3.  Aufl.  S.  180—198)  entlehnte  Abschnitt 
war  an  yerschiedenen  Stellen  zu  berichtigen  und  zu  ergänzen  (s.  S.  491—494» 
497  f.,  502,  503  f.,  505  ff.). 


490  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

als  das  Trockene.  Zwischen  Java  nnd  Goinea  in  der  malayischeii 
Inselwelt  finden  wir  annähernd  dn  Verhftltniss  wie  3  zu  1.  Wäre 
diese  Verthdlang  auf  der  ganzen  Erdoberfläche  dnrchgefiihrt  word^i, 
so  könnte  es  nii^ends  Wüsten  geben;  jeder  Erdraum  würde  dn  Maas 
von  Feachtigkeit  empfimgen,  welches  seinem  Abstände  vom  Aequator 
entspräche;  der  meiste  Regen  würde  zwischen  den  Wendekreisen  fidlen, 
der  wenigste  jenseits  der  Polarkreise ,  ein  Mittel  in  den  gemässigten 
Zonen.  Die  trockene  Erdoberfläche  ist  aber  nicht  in  einen  Archipel 
zersprengt,  sondern  das  Feste  wie  das  Nasse  in  grosse  Massai  ab- 
geschieden worden,  und  zwar  besteht  das  erstere  nur  ans  einer  grossoi 
und  einer  kleinen  Erdinsel,    ans  der  Alten  nnd  ans  der  N^ien  Wdt. 

Wenn  die  Menge  und  die  Vertheilung  der  Niederschläge  abhängt 
von  der  g^ebenen  Gestalt  der  Festlande  und  wenn  die  Wüsten,  Steppen 
und  Widder  nur  der  Ausdruck  von  gänzlicher  Armuth,  von  mangel* 
hafter  und  von  reidilicher  Benetzung  der  Erdräume  sind,  dann  wider- 
legen fflch  so^eich  zwei  uralte  Lrthümer.  Als  Alexander  v.  Hum- 
boldt seinen  glänzenden  Vortrag  über  die  Stejqpen  und  Wüsten  ver- 
fiisste,  erkannte  er  allerdings,  dass  die  Kahlheit  der  Sahara  den  trockenen 
(Nordost-)  Passatwinden  zugeschrieben  werden  müsse,  die  über  sie  be- 
ständig hinwegstreichen;  aDein  er  zögerte  doch,  dieser  Ursache  aus- 
schliesslich alles  Unheil  Schuld  zu  geben,  und  er  nahm  gleichzeitig  an, 
dass  ein  firüherer  Einbruch  des  Meeres  aUe  Dammerde  von  dem  Sahara- 
boden hinw^Qgeschwemmt  und  nur  den  unfiruchtbaren  Boden  hinter- 
lassen habe.  Wo  die  Franzosen  in  dem  saharischen  Algier  arteasche 
Brunnen  gebohrt  haben,  da  sind  Dattelpalmenhaine  um  die  Quellen  auf- 
gesdiossen,  obgläch  die  Dammerde  fehlte.  Das  andere  volksthümhche 
Missverständmss  besteht  in  dem  Glauben,  dass  durch  Ausrottung 
der  Wälder  die  Menge  der  ^ederschläge  auf  dem  Festen  sich  ver- 
mindert habe. 

Noch  vor  wenigen  Jahrzehnten  bemühte  sich  die  Petersburger 
Regierung  nicht  ohne  Kostenaufwand,  die  südrussischen  Steppen  wieder 
zu  bewalden.  Schon  dass  man  von  einer  Wiederbewaldung  jener 
Steppen  sprach,  beruhte  auf  einem  Irrthum.  Soweit  historische  Nach- 
richten rächen  und  wdter  zurück  war  Südrussland  eine  Stq>pe  ^).  Dass 
sie  es  war,  selbst  bevor  sie  Herodot  betrat,  hat  Karl  v.  Baer  ailea 
denen  bewiesen,  welche  die  zwingende  Schärfe  seiner  Schlüsse  zu  er- 
kennen vermögen  ^).    In  den  Laubwäldern,  welche  den  nördlichen  Rand 

*)  Ausser  Herodot  (lib.  IV,  c.  19.  21.  61)  vgl.  Uippokrates,  De  aere, 
aqua  et  locis.  c.  102. 

*)  Die  uralte  Waldloeigkeit  der  südrosaischen  Steppe  in  den  Beitragen 
zxa  Kenntniss  des  Russischen  Reiches  und  der  angrenzenden  Länder  Asien's. 
St.  Petersburg  1856.    Bd.  XVIII,  S.  115. 


I.     Wüsten,  Steppen,  Wälder.  491 

jener  Steppen  umsäumen,  hausen  Eichhörnchen.  Der  nächste  Wald, 
den  man  jenseits  der  Steppen  gegen  Süden  erreicht,  li^  in  der  Krim 
an  den  pontischen  Ufefn.  In  diesen  Wäldern  findet  sich  Nahrung 
genug,  finden  sich  alle  Lebensbedingungen  fiir  die  Eichhörnchen;  aber 
die  Eichhörnchen  finden  sich  nicht.  Wäre  die  südrussische  Steppe 
jemals  bewaldet  gewesen,  so  würden  die  Eichhörnchen  bis  nach  der 
Krim  gewandert  sein,  und  sie  hätten  sich  in  den  dortigen  Forsten  er- 
halten, auch  nach  der  Entblössung  des  Bodens  auf  der  heutigen  Steppe, 
lieber  die  sonnigen  Grasebenen  vermochte  aber  ein  kletterndes  und 
von  Baumsamen  genährtes  Thier  nicht  zu  wandern;  folglich  sind  die 
südrussischen  Gebiete  schattenlos  gewesen,  so  lange  es  Eichhörnchen 
gab  am  südlichen  Saum  der  russischen  Wälder,  und  es  herrschen  wohl 
kaiun  Zweifel,  dass  es  diese  gab  Jahrtausende  vor  Herodot. 

Die  Armuth  der  Erdräume  an  wässerigen  Niederschlägen  kann 
durch  verschiedene  Umstände  herbeigefiihrt  werden.  Die  grösste  Wüste 
der  Erde,  die  Sahara,  verdankt  ihre  Entstehung  dem  beständig 
wehenden  Nordostpassat.  Die  Trockenheit  desselben  ist  nicht  etwa  darin 
begründet,  dass  er,  bevor  er  nach  den  Wüstenflächen  Nordafiika's 
gelangt,  über  die  centralasiatischen  Steppen  und  Wüsten  seinen  Weg 
nimmt  und  hier  die  geringe,  aus  dem  nördlichen  Eismeere  stammende 
Feuchtigkeit  verliert.  Es  ist  vielmehr  erwiesen,  dass  die  sommerliche 
Auflockerung  der  Luft  über  den  Steppen-  und  Wüstengebieten  Central- 
asien's  eine  viel  bedeutendere  ist  als  über  der  Sahara.  Die  Winde 
Vorderasien's  sind  daher  im  Sommer  keineswegs  Nordostwinde;  sie 
ziehen  vielmehr  theilweise  in  völlig  entgegengesetzter,  theilweise  wenig- 
stens in  ganz  anderer  als  nordöstlicher  Richtung.  So  walten  vom 
E^aspischen  Meere  bis  Aegypten  im  Sommer  durchweg  Nordwest- 
winde vor  (vgl.  Fig.  8  zu  S.  128).  Es  kann  demnach  nur  von 
einem  winterlichen  Abströmen  der  Luft  aus  Asien  nach  Aftika  die 
Bede  sein.  Die  Regenlosigkeit  in  dem  Wüstengebiete  Nordafrika's 
ist  ein£Eich  eine  Wirkung  des  Nordostpassats,  welcher  hier  über  ein 
weites,  einfi^rmiges  Hochland  hinwegschreitet  ^).  Da,  wo  dasselbe  von 
ansehnlichen  Gebirgen  überragt  wird,  sind  auch  Regenfillle  nicht  in 
gleichem  Masse  ausgeschlossen  .wie  anderwärts;  eine  regelmässige  Passat- 
zone auf  einer  einförmigen  Continentalfläche  aber  muss  ebenso  regenlos 
sein  wie  auf  der  Fläche  des  Oceans,  da  die  relativ  kalte  Passaüuft 
nach  wärmeren  Gegenden  weht  und  sich  somit  vom  Sättigungspunkte 
beständig  entfernt  (s.  S.  261  f.). 

Welch  hoher  Grad  von  Trockenheit  in  der  Sahara  herrscht,  geht 


')  A.  Wojeikof,  Die  atmoBphärische  Circulation  (Ergänzangsheft  Nr.  38 
zu  Petermann^s  Mittheilungen  1874).    S.  27. 


492  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Elrden. 

aus  folgenden  Mittheilangen  Rohlfs'  hervor^).  In  Tafilet,  Tuat, 
Shadames,  Audjila,  Siuah  und  Fesan  regnet  es  nadi  Aussage  der  Ein- 
geborenen etwa  alle  20  Jahre  einmal  Daher  haben  diese  auch  nicht 
das  Schmelzen  ihrer  aus  Salzklumpen  hergestellten  Häuser  zu  fiirditen. 
In  EauaTy  welches  im  eigentiichen  Centmm  der  Sahara  li^t^  regnet 
es  niemals.  In  der  Sahara  ist  die  Oxydation  so  geringfägig^  dass  man 
nie  nöthig  hat,  Waffen  oder  Eisenzeug  zu  ölen,  um  es  gegen  Rost  zu 
schützen;  Leichname  mumifidren  in  kurzer  Zeit;  Fleisch,  welches  an 
der  Luft  hängt,  üxdt  nie,  sondern  trocknet  nur  aus. 

Die  Wüsten  Vorder-  und  Centralasien's  sind  dem  Oebiete 
der  Passate  entrückt;  ihre  Entstehung  ist  dah^  anders  zu  erklaren  als 
die  der  Sahara.  ESnen  Hauptantheil  an  der  dortigen  Wüstenbildung 
haben  die  während  der  mdsten  Monate  vorwaltenden  polaren  Winde; 
in  zweiter  Linie  aber  kommen  die  mächtig^i,  geschlossenen  Coburgs- 
wälle  in  Betracht,  von  denen  die  adatischen  Hochländer  umgürtet  sind. 
Die  Wasserdämpfe,  welche  die  Winde  vom  Meere  herbeitragen,  werden 
bereits  an  der  Auss^oseite  jener  Gebirgsketten  zu  Tropfen  verdichtet. 
Somit  gelangen  die  Winde  ihrer  Feuchtigkdt  beraubt  jenseits  der  Ge- 
bii^rücken  an  und  verleihen  dem  Lande  jene  nur  selten  unter-* 
brochene  Heiterkeit  des  Himmels,  bei  welcher  das  Pflanzen  leben  fiiat 
völlig  erstirbt 

Ein  Seitenstück  zu  den  Plateauwüsten  Asien's  ist  die  Wüste 
Utah  in  Nordamerika.  Im  Winter  findet  sich  in  Folge  starker  Er- 
kaltung des  nordamerikamschen  Continents  ein  barometrisches  Maximum 
über  derselben;  er  herrschen  daher  trockene  Continentwinde  (in  d^ 
Wüste  Utah  Nordwinde)  vor.  Aber  audi  die  sonmierlichen  Seewinde 
spenden  dem  Hochlande  von  Utah  wenig  Regen,  weil  dieses  von 
mächtigen  Oebiigsmassiven  umrahmt  ist,  auf  deren  oceanischen  Ab- 
hängen die  von  den  Seewinden  zugefiihrten  Dämpfe  condensirt  werden. 

Seinem  Ursprünge  nach  steht  dem  centralasiatischen  und  nord- 
amerikanischen Wüstengebiet  das  australische  am  nächstai.  Mit  der 
winterHchen  Erkaltung  des  australischen  Continents  stellt  sich  über  dem- 
selben ein  Maximum  des  Luftdruckes  ein;  daher  wehen  die  Winde 
&st  über  allen  Theilen  dieses  Erdenraumes  seewärts  und  sind  somit 
meist  ohne  R^;en.  Durch  die  sommerliche  Auflockerung  der  Luft 
werden  nun  zwar  Seewinde  in's  Land  gezogen;  doch  sind  diese  an  der 
Süd-  und  Westseite  PoLurwinde  (s.  Fig.  7  zu  S.  127),  denmach  rdativ 
trocken,  und  an  der  Ost-  und  Nordostseite,  wo  sie  feuchte  Aequatorial- 
■rinde  sind,  scheiden  sie,  durch  hohe  Gebirgsketten  gezwungen,  schon 
ber  den  Uferlandschaften  die  Hauptmenge  der  Feuchtigkeit  aus,  über 

>)  Ausland  1872,  S.  1058  f. 


I.    Wüsten,  Steppen,  Wälder.  493 

welche  sie  verfiigen.  Sie  erreichen  demnach  als  trockene  Winde  das 
Innere.  Uebrigens  entbehrt  Inner- Australien  der  Regen  nicht  gänzlich, 
weshalb  sich  auch  sein  landschaftlicher  Charakter  weit  mehr  dem  der 
aralo-kaspischen  Steppe  als  dem  der  Sahara  nähert 

Wesentlich  anders  als  in  den  zuletzt  besprochenen  Fällen  haben 
wir  uns  die  beiden  Wüsten  an  den  Westküsten  Südamerika's 
und  Südafrika's  zu  erklären.  Nach  der  älteren  Ansicht  ist  die 
Ursache  der  dortigen  Wüstenbildung  der  Passat,  welcher  als  ein  trockener 
Wind  an  jener  Westküste  ankommen  soll,  weil  er  vorher  über  hohe 
Bergländer  seinen  Weg  genommen  hat.  Hiergegen  muss  jedoch  ein- 
gewandt werden,  dass  der  Passat  auch  dann  ein  trockener  Wind  sein 
würde,  wenn  jene  Bergländer  niedriger  wären  oder  gänzlich  fehlten. 
Vor  allem  aber  werden  in  jenen  Gebieten  die  regelmässig  wehenden 
Passate  ebenso  sehr  vermisst  wie  die  Regen  beim  Zenithstande  der  Sonne. 
Gerade  während  der  heissen  Jahreszeit  regt  sich,  wie  uns  J.  J.  v. 
Tschudi^)  berichtet,  an  der  peruanischen  Küste  nichts  als  die  wan- 
dernden Sandhügel  (Medanos),  welche  die  Wüste  immer  neu  um- 
gestalten, „die  einzige  Lebensäusserung  des  Todes''.  Nur  vom  Mai 
bis  October  schweben  auf  dem  Gestade  und  etliche  Meilen  landeinwärts 
fortdauernd  Nebel.  Sie  lösen  sich  nie  in  eigentlichen  Regen  auf,  son- 
dern nur  in  einen  feinen,  durchdringenden  Niederschlag  („Garua")^ 
welcher  hie  und  da  vorübergehend  den  öden  Küstensaum  in  .einen 
Garten  umzaubert. 

Die  meteorologische  Verfassung  der  peruanisch-bolivianischen,  sowie 
der  südafrikanischen  Wüste  ist  erst  von  Wojeikof^)  klar  erkannt 
worden.  Für  die  Regenlosigkeit  der  peruanisch  -  bolivianischen  Küste 
sind  ihm  zwei  Factoren  massgebend:  die  kalte  Peruanische  Strömung 
und  der  schmale  Küstensaum  zwischen  dem  Meere  und  den  Anden. 
Jene  kalte  Meeresströmung  verleiht  den  benachbarten  Küsten  eine  so 
niedrige  Temperatur,  wie  sie  sich  sonst  nirgends  in  der  tropischen  Zone 
vorfindet.  Deshalb  ist  auch  der  Luftdruck  an  der  Küste  relativ  hoch^ 
und  so  blasen  stets  Süd-  und  Südwestwinde  landeinwärts  und  zwar 
im  Sommer  bei  gi'össerem  Temperaturunterschiede  stärker  als  im  Winter. 
Da  das  Land  höher  erwärmt  ist  als  die  kalte  Strömung,  die  Luft  über 
dem  Lande  denmach  auch  entsprechend  höher  als  die  über  dem  Meere^ 
so  entfernt  sich  der  nach  dem  Lande  wehende  Wind  mehr  und  mehr 
von  seinem  Sättigungspunkte.  Hierzu  kommt,  dass  die  Luftcirculation 
eine  sehr  beschränkte  ist,  weil  der  Austausch  der  Luft,  durch  die  Anden 
gehindert,  nicht  bis  zu  den  Ebenen  im  Osten  reicht.    Der  Küstenstrich 

')  Peru.    Reiseskizzen  aus  den   Jahren  1838  bis   1842.     St.  Gallen  1846. 
Bd.  I,  S.  334—340. 
»)  I.  c.  S.  31. 


494  Vierter  Theil.     Das  organische  Leben  auf  Erden. 

aber  ist  zu  schmal,  um  einen  grossen  Einflnss  auszuüben,  um  z.  B.  die 
Luft  jenseits  des  kalten  Meeresstromes  anzuziehen,  die  ihrer  höheren 
Temperatur  wegen  auch  R^en  bringen  vrürde.  So  kann  es  also  ge- 
schehen, dass  Küstengebiete  im  Anblicke  des  Oceans  und  trotz  steter 
Seewinde  vergebens  auf  Erquickung  harren.  Einen  Yortrefflichen  Beweis 
(qt  die  Richtigkeit  dieser  Erklärung  liefert  die  Thatsache,  dass  sich  von 
da  an,  wo  der  Peruanische  Strom  die  Küste  verlässt,  die  Ufeigebiete 
sofort  in  ein  grünes  Gewand  kleiden. 

An  der  Regenlosigkeit  der  südafrikanischen  Wüste,  der  Kalahari, 
mögen  vielleicht  die  Passate  mit  betheiligt  sein;  nur  dürfen  sie  nicht 
als  einzige  und  auch  nicht  als  erste  Ursache  hierfiir  angesehen  werden. 
Das  breite  Küstengebiet  wird  nämlich  zu  allen  Jahreszeiten  von  Süd- 
und  Südwestwinden  beherrscht,  welche  von  der  kalten  Benguela-Strömung 
ausgehen  und  somit  ganz  ähnliche  meteorologische  Verhältnisse  herbei- 
fuhren wie  die  nämlichen  Winde  an  der  Westküste  Südamerika's.  Erst 
von  da  an,  wo  die  Benguela-Strömung  von  der  Küste  zurückzuweichen 
b^innt  (unter  dem  18.  Grad  s.  Br.),  erblüht  ein  reicheres  Pflanzenleben. 

Baimiwuchs  vermag  nur  in  solchen  Erdräumen  zu  bestehen,  in 
welchen  während  der  ganzen  Vegetationsperiode  der  Erdboden  stets  eine 
genügende  Feuchtigkeit  besitzt.  Während  sich  die  Pflanze  entwickelt 
ist  eine  stete  Saftströmung  noth wendig ;  das  Wasser  muss  sich  von  den 
Wiurzeln  bis  zu  den  Blättern  verbreiten  und  so  diejenige  Feuchtigkeit 
zurückerstatten,  welche  an  den  Blattflächen  verdunstet  oder  beim  Er- 
nähmngsprocesse  verbraucht  wird.  Da  die  zur  Ernährung  verwandte 
Quantität  verschwindend  klein  ist  gegen  den  Verdunstungsverlust  so 
darf  man  die  Menge  des  durch  die  Wuizeln  aufgesaugten  und  durch 
die  Blätter  der  Luft  zurückg^ebenen  Wassers  als  gleich  gross  an- 
nehmen. NatürUch  ist  dieser  Betrag  flir  verschiedene  Pflanzen  nicht 
derselbe.  Nach  den  Untersuchungen  M'Nab's*)  verlor  der  Kirsch- 
lorbeer innerhalb  24  Stunden  an  Wasser  51,81  Procent,  der  gemeine 
Liguster  26,78  Procent,  die  LTme  65,61  Procent  von  dem  Gesammt- 
gewicht  des  zu  dem  Experiment  benützten  Zweiges.  Der  Durchschnitts- 
werth  des  Wassers,  welches  eine  Pflanze  in  24  Stunden  umsetzt,  ist 
etwa  gleich  dem  halben  Gewicht  derselben.  Da  jener  Wasserstrom 
in  der  Pflanze  durchaus  erforderlich  ist,  um  dem  Laube  aus  dem  Ej^d- 
boden  die  nöthigen  Xährstofle  zuzuftihren,  so  bewirkt  jeder  Stillstand 
desselben  eine  Unterbrechung  des  Wachsthums  und  nach  Befinden 
eine  Vernichtung  ihres  Lebens.  Die  Stetigkeit  des  Zuflusses  aber  ist 
bedingt  durch  die  Feuchtigkeit  des  Erdbodens,  diese  aber  durch  das 
Vorhandensein  und  die  Vertheilung  der  atmosphärischen  Niederschläge. 

M  Nature,  Vol.  IX,  Xr.  227.     5.  March  1874,  p.  355. 


I.    Wüsten,  Steppen,  Wälder.  495 

Ist  das  Vorkommen  von  Wald  nur  bei  dauernder  Befeuchtung 
des  Bodens  möglieh,  so  müsste  tiberall  in  den  Steppen,  wo  es  örtlich 
nicht  an  Wasser  mangelt,  Wald  oder  wenigstens  Baumwuchs  auftreten; 
ja,  selbst  in  der  Wtiste  müssten  wir  ihn  an  begünstigten  Stellen  an- 
treffen. Dies  ist  auch  wirklich  der  Fall  und  war  es  zu  allen  Zeiten 
und  an  allen  Orten. 

Auf  allen  Grasfluren  begleitet  das  Ufer  der  Wasserläufe  ein  Saum 
von  Baumwuchs.  Die  älteste  Beschreibung  der  Kirgisensteppe  ver- 
danken wir  dem  Franciscaner  Ruysbroek,  der  im  Jahre  1253  als 
Glaubensbote,  Kundschafter  und  Diplomat  mit  Aufträgen  Ludwig's 
des  Heiligen  um  den  Norden  des  Kaspischen  Meeres  nach  der  Dsungarei 
und  dem  gelben  Kaiserzelte  der  Mongolen  reiste.  Er  fand  dort  den 
W^aldwuchs  auf  die  Ufer  der  Ströme  beschränkt  (in  ripis  aliquorum 
fluminum  sunt  silvae,  sed  hoc  rare),  und  er  äussert  sich  darüber  gerade 
so  wie  ein  berühmter  russischer  Eeisender,  Gregor  v.  Helmersen, 
der  in  der  Kirgisensteppe  „den  Wald  nur  an  die  Flussläufe  gebunden'' 
fand.  Ebenso  berichtet  Th.  Teplouchoff*):  Die  Ufer  der  Flüsse  in 
den  Steppenländem ,  die  sich  westlich,  vom  Altai  bis  zum  Kaspischen 
See  ausbreiten ,  sind  nicht  nur  mit  schönen  Wiesen ,  sondern  oft  mit 
ausgedehnten  Kieferwaldungen  bedeckt.  Die  einzige  Ursache,  dass 
solche  Steppen  sich  nicht  in  finchtbares  Land  umwandeln,  besteht  in 
der  überaus  grossen  Trockenheit  des  Sommers;  der  Boden  könnte, 
wenn  er  genügend  feucht  wäre,  eine  üppige  Vegetation  hervorbringen. 

Bei  ungestörtem  Verlauf  der  Dinge  nimmt  die  Menge  der  Nieder- 
schläge ab,  je  grösser  die  Entfernung  eines  Erdstriches  von  demjenigen 
Meere  wird,  mit  dem  es  durch  die  herrschenden  Winde  im  Verkehr  steht. 
So  verläuft  namentlich  in  Amerika  bei  dem  ein&chen  senkrechten  Bau 
dieses  Erdtheils  die  Vertheilung  der  Feuchtigkeit  sehr  gleichmässig.  Lord 
Milton,  der  von  Ost  nach  West,  von  den  grossen  Seen  dem  nörd- 
lichen Saskatschawan  entlang  über  die  Felsengebirge  wanderte,  traf 
westlich  vom  Regen-  und  Holzsee  bei  Fort  Gany  echte  Prairien,  „wo 
der  Baumwuchs  mit  wenig  Ausnahmen  auf  die  Ufer  der  Flüsse  be- 
schränkt war".  Auch  sah  er  während  der  drei  Wochen,  die  er  dort 
verweilte,  keine  Wolke  am  sommerlichen  Himmel.  Weiter  westwärts,  am 
Assiniboine,  wird  die  Steppe  wieder  parkähnlieher,  d.  h.  mit  sporadischem 
Baumwuchs  geziert ;  dann  folgen  wieder  sonnige  Grasfiuren  ohne  Stamm 
und  Strauch,  die  nochmals  mit  parkartigen  Strecken  wechseln,  bis 
endlich  am  St. -Anns-See ,  long.  114^  liO'  W.  Gr.,  wieder  der  erste 
Wald  auftritt,    weil   sich    dort   bereits   der  Boden  in  so  kühle  Luft- 

*)  Ein  Blick  auf  das  Klima  und  die  Vegetation  des  westlichen  Altai  im 
Ausland  1869,  S.  796. 


496  Tierter  Theil.    Das  organuche  Leben  auf  Erden. 

schiebten  erhoben  hat,  dass  der  Rest  der  atlantiscfaen  Wasserdünste, 
den  die  Nordostwinde  noch  herbeibringen,  zur  Verdichtong  ge- 
langen muft». 

Lag  Lord  Milton's  Wanderp&d  im  britiächen  Nordamerika 
zwischen  dem  51.  und  54^  n.  Br.,  so  reiste  dag^en  Bnrton  1861 
zwischen  dem  40.  nnd  43  ®  n.  Br.  von  St  Joseph  am  Missouri  mit  dem 
Eilwagen  nach  dem  Mormonenlande  gegen  Westen.  Schon  jenseits  des 
Missoori,  am  grossen  Platteflusse,  b^;innt  das  Piairienland,  nnd  Fort 
Keamy  (long.  99^  9'  W.  Gr.)  liegt  an  dem  Saom  der  Ebenen,  welche 
die  Amerikaner  ihre  Wüsten  nennen,  die  jedoch  echte  Steppen  and; 
denn  immerhin  spriesst  dort  selbst  auf  Sandboden  im  Schatten  de« 
Salbei  noch  Büffelgras;  auch  durchschneidet  jene  Strasse  den  Weide- 
grund einer  d(T  drei  grossen  Bisonheerden  des  nördlichen  Festlandes. 
Die  ersten  Wälder  von  geringem  Um&ng  zeigten  sich  im  fernen  Westen 
bei  den  Black  Hills,  die  sich  schon  800  Meter  über  den  Plattespiegd, 
mit  einzelnen  Gipfeln  aber  bis  zu  2000  Meter  Höhe  (absolut)  erheben. 
Nachdem  Burton  dann  die  atlantische  Wasserscheide  üb^vehritten, 
erreichte  er  die  Salzwüste  des  Mormonengebietes. 

Folgen  wir  Balduin  Moll  hausen^)  von  Osten  nach  Westen 
zwischen  dem  35.  imd  36.  Breitengrade,  überschreiten  wir  mit  ihm 
den  Arkansas  und  bewegen  wir  uns  am  Canadianflusse  entlang,  so 
finden  wir  uns  anfangs  im  Schatten  von  Wäldern,  mit  denen  kleine 
Prairien  oasenartig  wechseln.  Dann  wird  das  Verhältniss  umgekehrt: 
die  Prairien  nehmen  zu,  und  der  Wald  wird  oasenartig.  Endlich  be- 
ginnt bdm  Deer  Creek  (long.  99®  W.  Gr.)  die  wahre  Steppe,  und 
erst  beim  Ca  Aon  blanco  (long.  106^*  W.  Gr.)  an  den  Vorbergen  der 
Sierra  Madre  wird  wieder  von  Wald  gesprochen -j. 

Damit  stimmt  nun  ganz  vortrefflich  die  Hegenmenge,  welche  in 
diesen  Gebieten  iäUt  Sie  nimmt  zwar  im  allgemeinen  mit  der  wachsen- 
den Polhöhe,  aber  auch  bei  gleicher  Polhöhe  in  der  Richtung  von  Ost 
nach  West  ab,  wie  man  aus  folgenden  örtlichen  Messungen  sehen  wird. 
Die  zwei  ersten  Punkte  liegen  noch  auf  der  atlantischen  Seite  des 
Mississippi;  zwischen  den  dritten  und  vierten  Punkt  aber  fkllt  die 
Grenzt»  von  Waldland  und  Prairie. 


M  Tagebuch    einer  Reise   vom  MissisBippi  nach  den  Rüsten  der  Südsee. 
Berlin  185b. 

*)  Weitere    Bestätigungen    des   Geschilderten    finden    sich    bei   James 
Meline,  Two  thousand  miles  on  horseback.     London  1S68.    p.  12.  14.  273. 


I.    Wüsten,  Steppen,  Wälder. 


497 


Abnahme  der  Regenmenge  vor 

i  Ost  nach  West  in  Nordamerika  zwischen  lat 

35  <>  und  36Vs 

0 

1  • 

Name  des  Ortes. 

Nördliche 
Breite. 

Westl.  Länge 
V.  Greenwich. 

Jährlicher  Regen- 
fall in  Millimetern. 

1 
Hnntsville  (Tenessee)     .     .    .    , 

36»  26' 

84°  29' 

1394 

Memphis  am  Mississippi    .    . 

35^    9' 

90°    0' 

1063 

Fort  Smith  am  Arkansas  .    . 

35°  24' 

940  25 ' 

1041 

Fort  Gibson 

35«  50' 

95°  15' 

871 

Fort  Union,  Neu-Mexico    .    . 

35<»  56' 

104°  58' 

488 

Grisebach's  Vegetationskarte*),  welche  nicht  bloss  auf  einer 
systematischen  Artenstatistik  beruht,  sondern  die  Pflanzengebiete  unserer 
Erde  nach  meteorologischen  Charakterzügen  begrenzt,  zieht  den  Scheide- 
strich zwischen  Wald  und  Steppe  in  Nordamerika  durch  eine  Linie,  die 
New-Orleans  mit  Fort  Garry  verbindet  und  bestätigt  damit  die  Eindrücke 
der  neueren  Reisenden.  In  klarster  Weise  werden  diese  Verhältnisse  dar- 
gelegt auf  den  ersten  beiden  Karten  in  dem  ersten  (geologisch-physika- 
lischen) Theile  des  statistischen  Atlas  der  Vereinigten  Staaten  (herausgeg. 
von  Francis  A.  Walker  im  Jahre  1874).  Aus  der  ersten  Karte 
ersieht  man,  dass  von  der  atlantischen  Küste  an  westwärts  bis  zum 
Mississippi  der  Regenfall  zwischen  860  und  1270  Millimetern  schwankt, 
während  er  vom  Mississippi  weiter  westwärts  bis  zu  dem  Felsengebirge 
von  860  bis  zu  300  Millimetern  herabsinkt  und  im  Gebiete  der  Wüste 
Utah  noch  mehr  abnimmt.  Die  zweite  Karte  veranschaulicht  den  Wald- 
und  Holzwuchs,  und  hier  zeigt  sich  äeutUch  die  Abhängigkeit  desselben 
von  dem  grösseren  oder  geringeren  Regenfall.  ,  Da,  wo  der  Regen£all 
zunimmt,  vermehrt  sich  der  Holz  wuchs,  und  wo  sich  der  Regenfall 
vermindert,  verringert  sich  auch  der  Waldbestand  bis  in  die  weiten 
baumlosen  westlichen  Ebenen.  Der  Osten  imd  das  Mississippithal 
bis  an  die  westUche  Grenze  von  Minnesota,  Missouri  und  Arkansas 
sind  waldreich,  während  weiter  westlich  die  grossen  Ebenen  und  das 
Hochland  westKch  der  Felsengebirge  holzarm  und  waldlos  sind. 

Was  die  Russen  Steppe,  die  ersten  französischen  Colonisten  Nord- 
amerika's  Prairien  nannten,  das  wurde  von  der  ausgestorbenen  Be- 
völkerung der  Antillen  Savanen  geheissen,  von  den  Creolen  Venezuela's 
Llanos,  von  den  ßrasilianem  Campos  geraes,  am  La  Plata  aber  Pampas. 
Sie  alle  besitzen,  wie  wir  aus  zahlreichen  Schilderungen  europäischer 
Reisenden  wissen,  denselben  Grundcharakter. 

Von  den  Savanen,  welche  an  der  Seite  des  Stillen  Oceans  durch 
ganz  Mittelamerika  eine  fortlaufende  Kette  bilden,  berichtet  uns  Moriz 

i)A.  Grisebach,  Die  Vegetation  der  Erde.  Leipzig  1872.  Tafel  am 
SchluBse  des  IL  Bandes.    Petermann's  Mittheilungen  1866,  Tafel  in. 

Pesoliel-Leipoldt,  Fhys.  Erdkunde.     II.  32 


498  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

Wagner:  „Die  sehr  zahlreichen  Flüsse  der  Südseite  verleihen  der 
landschaftlichen  Physiognomie  ein  ganz  eigenthümliches  Gepräge.  Durch 
die  offenen  Grasäuren  des  Savanengürtels  ziehen  sie  guirlandenartig 
vom  Fusse  des  Gebildes  an  breite  Waldstreifen,  in  welchen  die  höchsten, 
prachtvollen  Bäume  der  Tropen  reichUch  vertreten  sind.  Neben  den 
vielen  Waldhügeln  und  Baumgmppen,  welche  inselartig  in  der  Ebene 
vertheilt  stehen,  tragen  diese  waldbedeckten  Flussufer  nicht  wenig  dazu 
bei,  die  Einförmigkeit  der  Savane  zu  unterbrechen"  0. 

Femer  erfahren  wir  aus  Gerstäcker's  7,}seuen  Reisen"  über  den 
Charakter  der  Llanos:  „An  beiden  Ufern  des  Apure  liegt  die  ungeheure 
Steppe,  die,  wenn  sie  nicht  in  Zeiten  abgebrannt  wiurde,  ein  dichtes 
Glewirr  von  hohem,  gelbem  Gras  bildet,  im  andern  Falle  aber  eine 
freundhche  grüne  Fläche  zeigt,  während  dicht  am  Ufer  ein  oft  nur 
schmaler,  oft  breiterer  Streifen  Wald  liegt,  in  dem  sich  dann  gewöhnlich 
sehr  viel  Wild  aufhält"  ^).  „Es  giebt  allerdings  Stellen,  wo  auf  Leguas 
Entfernung  kein  Baum  oder  Strauch  steht  und  der  BUck  weit,  wie 
über  den  Ocean  schweift;  aber  diese  können  nicht  flir  die  Re^jel  in 
den  Llanos  gelten,  ja  sind  sogar  tücht  einmal  häufig.  Meist  sind  Palmen 
oder,  je  nach  der  Gegend,  Laubbäume  in  Sicht,  und  an  kleinen,  jetzt 
allerdings  vertrockneten  Wassercoursen  stehen  auch  starke  Dickichte, 
die  Wäldern  gleichen  und  durch  die  man  sich  nur  mühsam  eine  Bahn 
erzwingen  könnte"^  ^). 

Besonders  dürftig  ist  die  Entwicklimg  des  Baumwuchses  in  den 
Pampas.  Die  Baumlosigkeit  der  letzteren  ist  so  gross«  dass,  wie 
Woldemar  Schultz  bemerkt,  noch  vor  kurzem  Buenos  Avres 
und  Montevideo  ihr  Bauholz  aus  Nordamerika  beziehen  mussten.  Wenn, 
wie  derselbe  Reisende  berichtet,  selbst  in  Südbrasilien  Wald  sich  nur 
an  den  Küstenabhängen  findet,  am  La  Plata  aber  schon  die  Steppen 
hart  am  Meere  binnen,  so  könnte  diese  Erscheinung  uns  befremden, 
zumal  dort  die  vorherrschenden  Ost-  und  Südostwinde  südatlantischen 
Wasserdunst  herbeiftlhren,  wenn  wir  uns  nicht  an  das  Natuigesetz  er- 
innerten, dass  die  Abscheidung  der  Wasserdünste  erst  dann  erfolgen 
kann,  nachdem  eine  Abkühlung  der  Luft  eingetreten  ist;  denn  je 
höher  die  Temperatur  der  letzteren  steigt,  desto  mehr  kann  sie  Wasser- 
dunst an  sich  saugen.  Zur  australischen  Sommerzeit  (September  bis 
April)  wehen  aber  die  dunsttragenden  südatlantischen  R^enwinde 
von  dem  kühleren  Meer  nach  den  wärmestrahlenden  Pampas  und  er- 

^)  Moriz  Wagner,  NatorwissenBchaftliche  Reisen  im  tropischen  Amerika. 
Stuttgart  1870.    S.  278.  344  f. 

')  Friedrich  Gerstäcker,  Nene  Reisen  durch  die  Vereinigten  Staaten, 
Mexico,  Ecuador,  Westindien  und  Venezuela.    Jena  1869.    Bd.  UL  S.  231. 

»)  1.  c.  S.  149. 


I.    Wüßten,  Steppen,  Wälder.  499 

ffiihren  statt  einer  Abkühlung  eine  Temperaturerhöhung,  die  ihre 
Sättigungsstufe  noch  steigert.  Niederschläge  können  daher  nur  zur 
Winterzeit  stattfinden,  wo  die  Seeluft  wärmer  ist  als  die  Atmosphäre 
über  dem  Continent^). 

Auch  auf  den  Campos  geraes  und  den  Pampas  finden  wir  Wald 
nur  in  der  Nähe  von  Wasser.  Der  Prinz  von  Neuwied,  dem  wir  die 
früheste  Naturschilderung  der  brasilianischen  Campos  geraös  an  den 
Grenzen  von  Minas  geraes  verdanken,  bemerkt  auch  dort,  dass  der 
Wald  wuchs  streng  an  die  Flüsse  gebunden  ist.  „Oft  glaubt  man", 
sagt  er  *),  „eine  anhaltende  Fläche  vor  sich  zu  haben,  und  steht  plötz- 
lich an  einem  schmalen,  steil  eingeschnittenen  Thale,  hört  in  der  Tiefe 
einen  Bach  rauschen  und  sieht  auf  die  Gipfel  der  Waldbäume  nieder, 
welche,  von  manigfiiltigen  Blimien  verschieden  gefärbt,  seine  Ufer  ein- 
fassen". Einen  der  trockensten  Räume  der  La-Plata-Gebiete  durch- 
strömt der  Salado,  dessen  Schiffbarkeit  von  Thomas  Page  untersucht 
wurde,  ak  er  in  den  Jahren  1853  bis  1856  die  amerikanische  Fregatte 
Water  Witch  nach  Paraguay  führte.  An  den  Ufern  jenes  Flusses  fend 
er  hinreichendes  Holz  zur  Heizung  eines  kleinen  Dampfers,  an  manchen 
Stellen  sogar  einen  dichten  Waldsaum;  aber  jenseits  dieser  grünen 
Coulisse  lag  immer  die  todte  Pampa. 

Nicht  anders  ist  es  in  Aegypten.  Nach  J.  ßussegger  fallen 
vom  Delta  des  Nil's  aufwärts  bis  zum  18.  Grad  n.  Br.  fast  nie  Regen. 
Erst  dort  beginnt  der  Gürtel  des  Savanenlandes,  der  weiter  gegen  Süden 
in  schwelgerische  Fülle  übergeht^).  Am  Blauen  Nil  fand  R.  Hajt- 
mann*)  zwischen  dem  12.  und  14.  Breitengrad  Sennaar  als  eine  gras- 
und  buschreiche  Steppe.  Ueppiger  tropischer  Urwald  sammelt  sich  an 
den  Ufern  der  Hauptströme  und  in  den  Betten  der  Chore.  Bei  Roseres, 
Fazogl  und  Berthat  verbreitet  sich  der  \\'ald  sogar  sehr  weit  vom 
Flusse.  Vom  14.  Parallel  aber  gegen  Norden,  wo  die  Sommerregen 
immer  spärlicher  werden,  wird  auch  der  Pflanzenwuchs  von  Strecke 
zu  Strecke  dürftiger.  Wenn  aber  in  der  Steppe  alle  Flüsse  mit  einem 
Saum  von  Bäumen  eingefasst  sind,  so  darf  man  ihre  sonstige  Schatten- 
losigkeit  nicht  der  Bodenbeschaffenheit  zuschreiben,  wenn  auch  letztere 

^)  £ine  nähere  Begründung  alier  meteorologischen  Erscheinungen  findet 
man  in  dem  Abschnitt:  „Die  Wasserdämpfe  in  der  Luft.  Niederschläge*^ 
(S.  239  ff.). 

')  Maximilian,  Prinz  zu  Wied-Neuwied,  Reise  nach  Brasilien  in  den 
Jahren  1815  bis  1817.    Frankfurt  a.  M.  1821.    Bd.  II,  S.  ISO. 

")  Joseph  Russegger,  Reisen  in  Europa,  Asien  und  Afrika,  unter- 
nommen in  den  Jahren  1835  bis  1841.    Stuttgart  1841.    Bd.  I,  S.  203  f. 

*)  Naturgeschichtlich  -  medicinische   Skizze   der  Nilländer.     Berlin    1865 
S.  20  f. 

3-2* 


Im  y^maxSrirakm  jl  B.  wM  dte  Wawar  iraaeä.  #iirwmifcfrm  maui  <Mfidlii  -tot- 
hfgum  i^äüfitk.  Lo^  aiE^or  anufier  dsm:  ?hiiru&  €mi&'  TluinaHdliDC&i^  <&-  du» 
WaiMttr  <i]uur9»a3i  znHatmTni^n.heifeL  so-  mird  soidL  (em  a^armigigr  Niedaadiiiliaije 

IJ'mi  iniclüt  läon^i^  zni  «miniieai.,   wcjQieuL  wir  tsj^a  mit  €icDtesii  ktnai 

Di«:  (ivmzik  sQvaic^  Oiaisfai  ^(Dvniny'vdosteis..  aiho  ü&nkFediut  lai  dem  heir- 
idbir^nK^iftQt  T^en^wmaifm.^  m>  Aaam  ddk»  wesdäoliie  Yiatä  der  lofid  in  doo 
^^J&:gi^nrtck.«tSßiL"  za  Hrr^'i^  kommt  nnni   ^i&St  mit  ikbsi&ni  WaJIde  zzesI 

itfekt  ;ÜEir»>  rLV  Varir^itixn^  d»-  Holzgevräck^  in  swai^^r  Abfeii>gigfccit 

Xk.Lt  rL^  lL<:ti^  fW  J^.ri]HieL  £kII<^xuLeit  Rieg)^  entaefaeidct  jedoch 
ubner  difc^  (ßt*tTixf:xk  Ton  Wald  au/I  Steppe^  ^jüAem  Aie  Vert  hei  long 
de*  B^:j^4&eital[((!»  mn«^rLa[b  dier  Jahre^zeicen.  )IazL  hat  zwar  sdioii 
fititLßr  4kt^in  Er^rhi-fitriniiieifi  Aiimerfcjamk«^ii  g<esch€iLkt;  aber  e»  kt 
lutitnritig  erüt  da«  Vefdi<^:tiiit  Muhry's  in  Gocdn^ea,  daa  Entstehesi 
rier  Ue^fioz/mfin  auf  einfache  cmd  £ii&^Iiei^  Gesetze  znrackgefofart  zu 
kat^nen«  A.  t«  Homboldt  erkannte  schon  1^17,  als  er  seiiie  Ldire 
ron  den  Ij^othennen  M:\iuf ^  di%m.  von  dem  4o.  orler  46.  Bmtengnde 
ang<f^ing^^  &«t  bb  zum  Nonkap  in  Eoropa  sich  wenig  in  der  Tndit 
der  lamLt^rfaafthchen  Gewäch«^:  andere.  Er  schrieb  dies  mit  Recht  dem 
IJ'nuftani'ie  zu,  dam»  die  .Sommerwanne  von  Paris  nur  wenig  rerschiedai 
wt  Ton  der  in  .Stockhofan  orler  Norwegen,  sondern  nur  die  Winter  inuner 
milrler  wer^rl^fn  bei  abnehmender  Polhöhe  in  Europa.  Da  die  Tem* 
]ß*rtiUir  de»»  Wintern  Ui  uniseren  Gewächsen  deswegen  sdr  gleichgihig 
lAt,  wi'il  ihr  hfrUni  in  den  Knospen  orler  in  den  Samen  schlummert, 
iio  kann  auch  kean  aufiallender  Wechvrl  an  dem  Pflanzenkleid  der  Erde 

M  Aach  in  aoderen  Steppen  AhikAs  tind  die  Flüsse  tod  Bäumen  am- 
iäumt,  fo  im  Namaqna^^ebi^te  rsüdafrika's  nach  den  Erfakrongen  Chapman*s 
(TrareU  in  äoatb  Africa,  London  ]^6S.  Vol.  I,  p.  332i  and  im  westlichen 
Aequatorialafrikfl  nach  Du  Chailln  (Asbango-Land.  London  iS67.  p.  20^1 
Femer  bleibt  der  Baamwuchs  anf  die  Flns^ufer  beschränkt  in  Südafrika,  da 
wo  der  Hebire  dnrch  s^aranen  strömt  (Howlej,  Central- A^ca.  London  1867. 
p.  395). 

')  Eduard  G raffe,  Reisen  im  Innern  der  Insel  Viti  Lern.  Zärich  ISSb. 
S,  3S  nnd  die  Karte  mit  Angabe  der  äteppengrenze.  Schon  früher  wurde 
(lii'Ke  Thatsache  mitgetheilt  rom  Botaniker  Berthold  Seemann  (A  mission 
to  Viti.  p.  277)  und  eine  Wiederholung  auch  auf  der  Schwesterinsel  Tanna 
Levu  TOD  ihm  beobachtet.  Dasselbe  wird  behauptet  in  ^Markham's  Geogra- 
l»hical  Magadne**,  May  1S74,  S.  57. 


I.    Wüsten,  Steppen,  Wälder.  501 

bemerkt  werden.  Aber  eine  veränderte  Natur  beginnt,  sowie  man  sich 
dem  45.  Breitengrade  nähert  oder,  ihn  tiberschreitend,  Nordeuropa  ver- 
lässt  und  Südeuropa  betritt.  Diese  Scheidung  imseres  Welttheiles, 
welche  durch  das  Aufsteigen  der  Alpen  sehr  verschärft  worden  ist, 
darf  man  fiir  keine  mtissige  Trennung  ansehen;  denn  sie  beruht  auf 
sichtbaren  Naturgrenzen,  auf  besseren  jedenfalls,  als  die  sind,  welche 
Europa  von  Asien  trennen  sollen.  Südeuropa  beginnt  dort,  wo  unsere 
botanischen  Karten  die  Polargrenze  der  immergrünen  Laubhölzer  ziehen; 
denn  Südeuropa  ist  die  Heimath  der  Myrte,  des  Lorbeers,  des  Oel- 
baumes,  der  im  Freien  überwinternden  Camellien,  der  Orangen  und 
Citronen. 

A.  V.  Humboldt  schrieb  1817  diese  merkwürdige  Scheidelinie  der 
Pflanzenwelt  den  raschen  Veränderungen  der  Jahrestemperaturen  unter 
jenen  Breitengraden  zu,  die  ganz  sicherlich  auch  sehr  entscheidend  sind, 
wie  wir  sehen  werden.  Die  Vertheilung  der  Feuchtigkeit  liess  er  oder 
musste  er  damals  noch  ganz  unberücksichtigt  lassen.  Doch  war  ihm 
aufgefallen,  dass  an  den  Westküsten  England's,  wo  nie  eine  Traube 
reift,  dennoch  Myrten,  japanische  Camellien  und  Orangen  im  Freien 
überwintern.  Die  Inselmilde  des  englischen  Winters  verschiebt  aber 
nicht  die  Naturgrenze  der  immergrünen  Bäume  und  Gesträucher;  denn 
nicht  nur  treten  in  Südeuropa  ganz  neue  Arten  von  Gewächsen  auf, 
welche  den  Typus  der  Landschaft  verändern,  sondern  es  verschwinden 
ssugleich  die  pflanzengeographischen  Vertreter  Nordeuropa's.  In  dem 
schönen  Garten  der  Villa  Negri  hinter  dem  Palast  der  Dona  in  Genua 
wurde  dem  Verfasser  als  das  höchste  Kleinod  neben  westindischen 
Staudengewächsen  und  Nilschilfen  ein  junger,  kaum  3  Meter  hoher 
Baum  gezeigt.  Bei  näherer  Besichtigung  ergab  sich,  dass  es  eine  ge- 
meine Linde  war,  die  ihr  fünftes  Lebensjahr  erreicht  hatte.  Der  Garten- 
künstler betrachtete  diesen  Zögling  als  sein  höchstes  Bravourstück. 
Weit  und  breit,  sagte  er,  gebe  es  keinen  stärkeren  Stamm,  und  er 
hoffe,  dass  die  Pflanze  noch  ein  paar  Jahre  dauern  werde ;  dann  freilich 
sei  er  auf  ein  jähes  Ende  ge&sst.  Es  giebt  um  Genf  einzelne  Buchen, 
aber  keine  Buchenwälder  und  in  Mailand  keine  einzelnen  Buchen  mehr, 
wohl  aber  auf  Madeira,  wo  sie,  wie  Oswald  Heer  beobachtet  hat, 
filnf  Monate  lang  ihren  Pflanzenschlummer  nicht  unterbrechen,  obgleich 
die  Mittelwärme  so  hoch  ist  wie  in  der  Zeit,  wo  sie  daheim  ihr  Laub 
treiben. 

Es  ist  nicht  ein  Uebermass  von  Wärme,  welches  die  nordeuropäischen 
Bäume  mit  Laubwm'f  über  ihre  Aequatorialgrenze  verscheucht,  auch 
nicht  die  Jaliresmenge  des  Niederschlages,  die  oft  im  Süden  grösser 
ist  als  im  Norden,  sondern,  yde  Alphonse  de  Candolle  ermittelt 
hat,  der  Mangel  an  Feuchtigkeit  während  ihres  Wachsthums.    In  Süd- 


502  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

enropa  und  in  Nordafrika  zerftllt  das  Jahr  in  eine  trockene  und  eine 
nasse  Hälfte;  die  sechs  Wintermonate  sind  die  R^en-  und  die  sechs 
Sommermonate  sind  die  trockene  Jahreszeit  Selbst  die  mittlere  Menge 
der  monatlichen  Niederschlage  würde  vielleidit  noch  ausreichen ,  wenn 
nicht  die  Zeiträume  völliger  Ideenlosigkeit  bisweilen  allzu  lange  dauerten« 
Es  kann  zwar  auch  bei  uns  vorkommen,  dass  drei  Wochen  lang  kein 
Tropfen  fallt;  allein  nicht  nur  ^bt  sich  dann  das  Laub  schon  mitten 
im  Sommer  herbstlich,  sondern  es  sind  auch  drei  Wochen,  ja  bisweilen 
sechs  Wochen  ohne  Regen  unter  italienischer  Sonne  ein  sicherer  Tod 
der  Pflanze,  und  deswegen  verschwinden  unsere  laubwerfenden  Bäume 
in  Südeuropa.  An  ihre  Stelle  treten  die  immergrünen  Gesträuche  mit 
lederglänzenden,  die  grössere  Lichtfülle  durch  ihr  dunkleres  Grün  ver- 
rathoiden  Blättern. 

Immergrün  nennen  wir  diese  Gewächse,  weil  zu  der  Zeit,  in 
welcher  die  neuen  Laubtriebe  erscheinen,  die  alten  Blätter  noch  nicht 
abgestorben  sind.  G^en  einen  halbjährigen  heissen  und  trockenen 
Sonmier  sind  sie  durch  folgende  Organisation  gut  geschützt.  Die  Ver- 
dunstung der  Blattfeuchtigkeit  voUzieht  sich  in  denjenigen  Zellen,  die 
mit  der  Luil  in  unmittelbarer  Berührung  stehen,  insbesondere  in  den 
Lufthöhlen  der  Blätter.  Bei  verminderter  Schwellung  der  Zellen  ver- 
schliessen  sich  die  mikroskopischen  fSngangspforten  zu  den  Lufthöhlen, 
wodurch  ein  Blatt  mit  hinlänglich  verstärkter  Oberhaut  vor  Austrock- 
nung bewahrt  ist,  und  in  diesen  Zustand  werden  die  immergrünen 
Gewächse  des  Südens  während  des  regenlosen  Sommers  versetzt  Sie 
behalten  ihre  Safkitille;  aber  es  hört  die  weitere  Ernährung  auf.  Erst 
durch  die  Herbstr^en  wird  der  Saftumtrieb  von  neuem  angeleitet 
Indem  die  Zellen  anschwellen,  erweitem  sich  die  Spaltöffiiungen  der 
LufUiöhlen;  Luft  gelangt  in  die  Zellen,  und  es  beginnt  wiederum 
die  Verdunstung  auf  der  Blattoberfläche.  Sind  diese  Pflanzen  durch 
die  Natur  gut  geschützt  g^en  andauernde  Trockenheit,  so  sind  sie 
doch  sehr  empfindlich  g^en  den  FVost  Da  ihre  Blattknospen  keine 
Schutzorgane  gegen  die  Kälte  besitzen,  so  werden  sie  vom  Froste  leicht 
zerstört;  sie  sind  in  dieser  Hinsicht  um  so  mehr  gefthrdet,  als  sie 
schon  im  Januar  hervorbrechen.  Ejne  spätere  Erneuerung  des  Laubes 
aber  würde  die  Zeit,  welche  zur  fjit&ltung  der  organischen  Bildungen 
nothwendig  ist,  zu  sehr  verkürzen  M. 

Die  Baumlosigkeit  der  Steppen  erschdnt  daher  als  die  Folge  der 
langen  Zeiträume  von  Trockenheit;  wir  finden  sie  darum  vorzugsweise 
da,  wo  eine  Scheidung  von  nassen  und  trockenen  Jahres- 
zeiten  eintritt,   also  innerhalb  der  Wendekreise  und  in 

^)  A.  Grisebach,  Die  Vegetation  der  Erde.  Leipzig  1S72.  Bd.  I, 
S.  2S4  f. 


I.    \yü8ten,  Steppen,  Wälder.  503 

den  subtropischen  Zonen.  Doch  sind  sie  auch  den  Zonen  mit 
Regen  zu  aUen  Jahreszeiten  überall  da  nicht  fremd,  wo  die  Nieder- 
schläge nicht  genügen,  den  Boden  nachhaltig  mit  Feuchtigkeit  zu  tränken. 
NamentUch  gilt  dies  von  Gebieten  mit  geringem  Regen&Il  imd  heissen 
Sommern,  da  sich  bei  erhöhter  Wärme  der  Verdunstungsprocess  ener- 
gischer vollzieht  und  demnach  Pflanzen  und  Boden  viel  rascher  als 
sonst  das  Wasser  verlieren,  von  dem  sie  erfüllt  sind. 

So  ist  die  Baumlosigkeit  der  südrussischen  Steppen  wohl  ebenso 
sehr  auf  den  Mangel  an  reichlichen  Niederschlägen  in  der  kühleren 
Jahreszeit  wie  auf  den  ftb:  die  Sommerhitze  zu  geringen  sommerlichen 
R^enfall  zurückzuführen.  Die  Schneedecke  des  Winters  ist  zu  dürfüg, 
als  dass  sie  nach  ihrem  Schmelzen  im  Frühjahre  dem  Boden  hinreichende 
Feuchtigkeit  geben  könnte,  und  die  im  Sommer,  namentlich  im  Juni, 
relativ  reichlich  £sdlenden  Regenwasser  fliessen,  weil  sie  meist  nur  von 
örtlich  beschränkten  Platzregen  geliefert  werden,  oberflächlich  ab  imd 
verdunsten,  ohne  in  den  Boden  einzudringen  und  der  Vegetation  förder- 
lich zu  sein.  In  derselben  Weise  haben  wir  uns  die  Steppenbildung 
in  Ungarn  (vgl.  S.  276)  imd  vor  allem  in  dem  mittleren  Theile  der 
Vereinigten  Staaten  zu  erklären.  In  dem  letztgenannten  Gebiete  ^egen 
die  meteorologischen  Verhältnisse  fast  genau  so  wie  im  südlichen  Russ- 
land (s.  S.  281).  Der  Steppencharakter  der  Pampas,  welche  ebenfalls 
zu  der  Zone  mit  Regen  zu  allen  Jahreszeiten  gehören,  ist  begründet 
in  dem  durchweg  dürftigen  Regenfall  in  Verbindung  mit  dem  ganz 
unregelmässigen  Witterungsgange  und  der  bedeutenden  Sommerwärme 
jener  Gebiete  (s.  S.  282). 

Den  Hochländern  der  subtropischen  Zone  (so  dem  iberischen,  dem 
kleinasiatischen  u.  s.  w.)  ist  deshalb  der  Typus  der  Steppe  aufgeprägt, 
weil  daselbst  auf  einen  heissen,  regenlosen  Sommer  ein  W^inter  mit 
starken  Frösten  folgt.  Hier  treten  die  südeuropäischen  Gewächse  zu- 
rück, ohne  dass  die  nordeuropäischen  Baumgestalten  ihre  Lücken  füllen 
können;  die  einen  verscheucht  die  Härte  des  Winters,  die  andern  der 
regenlose  Sommer.  In  dem  nördlichen  Waldgebiete  bewahrt  der  Boden 
gewöhnUch  von  einem  Niederschlag  bis  zum  anderen  Feuchtigkeit  genug, 
um  jederzeit  den  Ansprüchen  der  Vegetation  zu  genügen.  Die  Unter- 
brechung der  Vegetationszeit  im  Winter  wird  durch  die  niedrigen  Tem- 
peraturen, nicht  durch  den  Mangel  an  Feuchtigkeit  herbeigeführt. 

Da  in  den  Steppen  überall  Perioden  der  Dürre  und  der  Nässe 
mit  einander  wechseln,  so  besitzt  jede  Steppe  eine  mit  den  Jahreszeiten 
sich  ändernde  Physiognomie :  zur  Zeit  der  Trockenheit  gleicht  sie  einer 
Wüste,  zur  Regenzeit  hingegen  einem  herrlichen,  wogenden  Blumen- 
meere. Von  diesem  doppelten  Charakter  der  Steppe  hat  uns  Hin- 
rich  Lichtenstein  in  seiner  Beschreibung  der  Earroo  ein  ergreifendes 


504  Vierter  Theil.    Das  oiganische  Leihen  auf  Elrden. 

Bild  entworfen.  Wir  geben  die  Onmdzüge  dieser  Schilderung  wieder, 
weil  diesdbe  recht  geeignet  iist,  diejenigen  Wandelangen  zu  zeigen« 
welche  sidi  in  mehr  oder  minder  ähnlicher  Weise  aUjähilich  in  jeder 
Steppe  wiederholen.  Der  sandige  Thonboden  der  Earroo^  berichtet 
Lichtenstein,  der  nnr  fosstief  über  todtem  Grestein  lagert^  wird 
im  Sommer  zi^elhart  gebrannt  Alle  G^ewftchse  versdmiachten  oder 
schlommem  nnter  schützenden  Hüllen,  bis  in  der  kühleren  Jahreszeit 
die  ersten  B^en  ihre  Wmrzehi  netzen  und  in  dem  aufquellenden  Thon 
die  Zwiebehi  ihren  Keim  entwickeln.  Der  nächste  Schauer  &Ilt  sdion 
auf  erweichtes  Erdreich;  die  Pflanzenschäfte  brechen  durch,  und  in 
wenigen  Tagen  bedeckt  sich  die  unabsehbare  Fläche  mit  firöhlichem 
Grün.  Keine  Woche  verstreicht,  und  es  entfisJten  sich  tausend  über 
tausend  Blüthentrauben  und  Büschel  und  Köpfchen  und  Glöckchen. 
Dei-  milden  Mittagssonne  öffiien  die  Mesembiyanthemen  und  Grorterien 
ihre  Strahlenkronen,  und  unter  ihren  glühenden  Farben  wird  fiist  das 
junge  Orün  nicht  mehr  gesehen.  Wenn  nach  dnem  stillen  Tage  die 
Sonne  sich  senkt,  schwebt  ein  warmer  Blüthenhauch  ruhig  auf  der 
Fläche  und  erfüllt  die  Luft  mit  einem  Bast  betäubenden  Grewüizgerudie. 
Von  den  Höhen  herab  steigen  in  die  umgewandelte  Einöde  Gresell- 
Schäften  hochbeiniger  Strausse  und  Greschwader  flüchtiger  AntilopoL 
Der  Ansiedler  verlässt  die  beschneiten  Höhen,  um  seine  Heerden  auf 
die  gesunde  und  nahrhafte  FrühUngsweide  zu  treiben.  Kein  Schaf 
verliert  sich  auf  diesen  Flächen;  kein  Bind  stürzt  über  jähe  Abhänge; 
kein  Löwe  schweift  raubgierig  umher;  denn  weit  und  brrit  fi^t  es 
ihm  an  einem  Schlupfwinkel  Aber  nur  einen  Monat  strahlt  die  Karroo 
in  ihrer  Jugend,  und  gegen  Ende  September,  am  Beginn  der  hassen 
Jahreszeit,  ist  sie  schon  völlig  verödet.  Der  Boden  verhärtet;  die 
Flüsse  vertnx^en;  die  Quellen  versi^en;  der  dichte  Letten  berstet; 
die  Blätter  der  ausdauernden  Pflanzen  bedecken  sich  mit  einem  grauen 
Flor,  und  ein  sdiwärzHcher  Staub,  die  Asche  der  versengten  Vegetation, 
verhüUt  den  röthlichen  Boden,  den  er  zu  Gunsten  der  nächsten  Gewächs- 
folge bedeckt  und  befruchtet^). 

Ausser  Gesträuch  und  Stauden  besteht  das  Pflanzenkleid  der 
Steppe  stets  &st  ntur  aus  Gräsern  oder  aus  Zwiebelgewächsen.  In 
dem  hohen,  wasserarmen  Daunen,  das  wir  durch  Gustav  Radde^l 
kennen,  sind  es  salzliebend^  Irisarten,  wdche  mit  Lilienblau  die  Steppen 

*)  Hinrich  Lichtenstein,  Reisen  im  südlichen  Afrika  in  den  Jahren 
1S03,  IS04,  1S05  und  1^06.     Berlin  ISll.     Bd.   I,  S.  195—201. 

^6.  Rad  de,  Berichte  über  Reisen  im  Süden  von  mtsibirien  in  den 
Jahren  1S55  bis  incl.  1S59.  St.  Petersburg  1S61.  S,  347  ff.  »Bd  XXIII  der 
Beiträge  zur  Kenntnis»  des  Rassischen  Reiches,  herausgegeben  von  K.  £.  t. 
Baer  und  Gr.  y.  Helmersen). 


I.    Wüßten,  Steppen,  Wälder.  505 

im  Frühjahr  bekleiden,  auf  denen  Antilopen  schweifen,  scheue  Murmel- 
thiere  oder  gesellige  Pfeifhasen  in  der  Erde  wühlen.  In  den  Steppen 
von  Arabien,  Syrien  und  Palästina  ist  die  Jericho -Rose  (Anastatica 
hierochontica)  heimisch.  Während  des  trockenen  Sommers  wirft  sie 
alle  ihre  Blätter  ab;  ihre  Zweige  verwelken  dann  und  rollen  sich 
sammt  den  Wurzeln  zu  einer  nestartigen  Masse  zusammen.  Von  den 
Winden  der  Steppe  erfasst  durchwandert  sie  in  dieser  Gestalt  grosse 
Eäume,  bis  sie  an  einem  feuchten  Ort  wieder  angehalten  wird.  Hier 
streckt  sie  von  neuem  ihre  Wurzeln  aus,  und  indem  diese  die  Feuchtig- 
keit des  Bodens  au&augen,  erwacht  die  Pflanze  zu  neuem  Leben.  In 
dem  Gebiet  der  kleinen  Kirgisenhorde  verwandelt  sich  die  Steppe, 
wenn  unter  der  Maisonne  der  Schnee  hinwegschmilzt,  in  ein  strahlen- 
des Tulpenbeet.  Wir  selbst,  wenn  wir  Tulpen  züchten,  nehmen  die 
Zwiebeln  nach  dem  Blühen  aus  dem  Boden  und  bewahren  sie  an 
einem  trockenen  luftigen  Ort;  denn  um  ihren  Lebenskeim  legen  sich 
zahllose  festschliessende  Häutchen.  Mag  auch  während  des  Pfianzen- 
schlafes  in  der  trockenen  Zeit  die  erste,  die  zweite,  die  dritte  Hülle 
vertrocknen  und  sich  ablösen;  im  Kerne  bleibt  die  Zwiebel  immer 
frisch  und  lebenslustig.  Die  Gräser  endUch  säen  sich  nicht  nur  ftisch 
aus,  sondern  ihre  Halme  und  ihre  filzartigen  Wurzeln ,  wenn  sie  noch 
so  verbrannt  erscheinen,  pfl^en  sich  bei  der  ersten  Benetzung  wieder 
zu  verjüngen.  So  vermögen  nur  Gewächse,  die  den  Kreislauf  ihres 
Lebens  rasch  vollenden  und  die  Periode  der  Trockenheit  leicht  bestehen, 
die  Steppe  auszufiülen. 

Wenn  die  Lage  imd  Ausdehnung  von  Wäldern,  Steppen  und 
Wüsten  durch  die  Regenvertheilung,  diese  wiederum  durch  die  Gestalt 
der  Festlande  bedingt  ist,  so  ist  es  klar,  dass  man  den  Wald  nicht 
pflanzen  kann  auf  Steppenboden,  sondern  Wald  nur  dort  wieder 
wachsen  wird,  wo  früher  Wald  gestanden  ist.  Dass  Wälder  örtlich 
die  Häufigkeit  der  Niederschläge  vermehren,  darf  man  jedoch  nicht 
leugnen.  Der  Name  Madeira  ist  die  portugiesische  Uebersetzung  von 
Isola  do  legname,  der  Holzinsel,  wie  sie  von  ihren  genuesischen 
EIntdeckem  genannt  wurde.  Einen  Theil  ihrer  Wälder  zerstörte  ein 
grosser  Brand  am  Beginn  des  15.  Jahrhunderts,  und  schon  um  1450 
wollte  man  eine  Abnahme  der  Regen  bemerkt  haben.  Der  Socorridos, 
der  grösste  Fluss,  war  einstmals  tief  genug,  um  Zinmierholz  in's  Meer 
zu  flössen;  jetzt  dagegen  ist  er,  abgesehen  von  einzelnen  von  Zeit  zu 
Zeit  eintretenden  Hochwassem,  ein  blosses  in  seinem  locker  steinigen 
Bett  kaum  erkennbares  Bächlein.  Das  Uebel  wurde  immer  schlimmer, 
da  man  fort  und  fort  den  Wald  niederschlug.  Femer  wurde  über 
Mauritius    im    Jahre    1868    auf  Grund  zahlreicher  und  zuverlässiger 


506  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

Beobachtungen  berichtet^):  In  gewissen  Theilen  der  Insel  hatte  man 
vor  einigen  Jahren  nur  selten  einen  trockenen  und  wolkenlosen  Tag, 
während  die  Trockenheit  dort  gegenwärtig  so  häufig  ist,  dass  die 
Zuckerrohrfelder  darunter  leiden.  ^  Flüsse  haben  einen  Theil  ihrer 
Gewässer  verloren;  Bäche  sind  beinahe  ganz  verschwunden;  Seen  und 
Sümpfe  trocknen  aus.  Dabei  bleibt  sich  die  Gesammtmenge  des  auf 
Mauritius  fallenden  Regens  ziemlich  gleich;  doch  verringert  sich  die- 
selbe in  denjenigen  Bezirken,  die  ein  übertriebenes  Entholzungssystem 
nackt  lässt  Bekannt  ist  das  Beispiel  der  Boussingaulfschen  Quelle  in 
Südamerika,  die  verschwand,  nachdem  der  Wald  um  sie  herum  ge- 
lichtet worden  war,  und  zurückkehrte,  sobald  der  Wald  seine  firühere 
Herrschaft  wieder  gewonnen  hatte.  Unbezweifelte  Thatsache  ist  femer 
das  Anschwellen  des  Tacarigua-Sees  oder  des  Sees  von  Valencia  in 
Venezuela,  dessen  Spiegel,  als  ihn  A.  v.  Humboldt  und  Bonpland 
besuchten,  seit  der  spanischen  Besiedelung  beständig  im  Sinken  be- 
griffen war  und  der  sich  umgekehrt  seit  den  Unabhängigkeitskriegen 
der  Creolen  zu  heben  begann;  denn  seit  ihrer  Zeit  gerieth  der  Zucker- 
bau um  den  See  in  Verfall,  so  dass  der  Wald  die  alten  Lichtungen 
wieder  ausfüllte.  Auf  St  Helena  fällt  jetzt  die  doppelte  Regenmenge 
wie  während  der  Ge&ngenschaft  Napoleon's  und  zwar  in  Folge 
künstlicher  Beforstung  ^.  Auf  den  Kominsein  vor  der  Mosquitia-Küste 
endlich  soll  seit  Einfuhrung  der  BaumwoUencultur,  d.  h.  seit  Beseitigung 
der  dortigen  Wälder  die  Regenzeit  von  7  auf  5  Monate  sich  ver- 
mindert haben  ^). 

Fragen  wir  nach  den  Ursachen  dieser  Erscheinungen,  so  lautet 
die  Antwort:  weil  an  der  Oberfläche  jedes  Blattes  eine  starke  Ver- 
dunstung stattfindet,  die  gesammte  Laubmasse  eines  Waldes  aber  eine 
Wasserdampf  hefemde  Oberfläche  von  ausserordentlich  grossem  Um- 
&ng  ist,  und  weil  die  Luftschichten  in  und  über  dem  Walde  durch 
ihre  relativ  niedrige  Temperatur  (namentlich  im  Sommer)  eine  conden- 
sirende  Wirkung  auf  die  über  den  Wald  hinw^ziehenden  Dunstmassen 
ausüben. 

Ebermayer's  schönen  Untersuchungen  verdanken  wir  genauere 
Ermittelungen  über  die  meteorologischen  Einflüsse  des  Waldes^). 
Ebermayer  ermittelte,  dass  zu  jeder  Jahreszeit  und  namentlich  im 
Sommer  der  Waldboden,  sowie  die  Luft  des  Waldes  eine  niedrigere 
Temperatur  besitzt  als  die  Luft  im  Freien.     Die  Waldluft  war  im 

>)  AuBland  1868,  S.  860. 
*)  Ausland  1856,  S.  248. 

^  Berthold  Seemann,  Nicaragua.    1869.    S.  325. 
^)£.  Ebermayer,   Die  phjsikiüiBchen  Einwirkungen  des  Waldes  auf 
Luft  und  Boden  etc.    Aschaffenborg  1873. 


I.    Wüsten,  Steppen,  Wälder.  507 

Durchschnitt  im  Sommer  am  Tage  2,06  ®  C.  kälter  als  die  auf  freiem 
Felde,  während  die  mittlere  Temperatur  des  Waldbodens  um  4,02  ®  C. 
niedriger  war  als  die  einer  nichtbewaldeten  Fläche.  Im  Frühjahr  imd 
Herbst  waren  diese  Differenzen  geringer,  sehr  unbedeutend  im  Winter. 
Im  Jahresmittel  sank  die  Temperatur  des  Waldes  1  ®  C.  unter  die- 
jenige benachbarter  waldfreier  Gegenden  herab.  In  dem  Walde  wird 
die  Temperatur  auf  mehrfache  Weise  erniedrigt.  Zunächst  gewähren 
die  Laubkronen  reichen  Schatten  und  halten  die  Sonnenstrahlen  von 
einem  der  erwärmungsfilhigsten  Körper,  von  der  Erdkrume  ab.  Kühlend 
wirkt  femer  der  relativ  schwer  zu  erwärmende  Wasservorrath,  welchen 
die  Pflanzen,  sowie  der  Waldboden  bergen.  Endlich  wird  die  Luft- 
wärme im  Walde  vermindert  durch  die  Verdunstung  auf  der  Blatt- 
oberfläche, wobei  ein  Theil  der  Wärme  gebunden  wird.  Natürlich 
erscheinen  alle  diese  Factoren  in  entlaubtem  Winterwald  wesentlich 
geschwächt.  Nach  alledem  werden  sich  mit  Wasserdampf  erflillte 
Luftströmungen  über  der  Waldfläche  (besonders  in  der  unmittelbar 
über  den  Baumkronen  befindlichen  Luftschicht)  häufiger  bis  zu  ihrem 
Sättigungspunkte  abkühlen  als  über  waldlosem  Gebiete,  zumal  die 
reichere  Verdunstung  an  den  Blattflächen  über  dem  Walde  die  An- 
häufung einer  relativ  grossen  Menge  von  Wasserdampf  veranlasst. 
Namentlich  gilt  dies  fiir  den  Sommer.  Somit  flihrt  der  Wald  örtlich 
eine  Vermehrung  der  Niederschläge  herbei,  aber  —  müssen  wir  hinzu- 
ftlgen  —  auch  nur  örtlich  \  denn  die  weitere  Folge  davon  ist  die,  dass 
die  Luftströmungen,  wenn  sie  ihren  Weg  fortsetzen,  die  hinter  den 
Wäldern  sich  ausbreitenden  Räume  trockener  erreichen  und  dort 
weniger  Wasser  entladen.  Was  dem  einen  Gebiete  durch  Wald- 
ausrottung an  Niederschlägen  entzogen  wird,  kommt  denjenigen 
Strichen,  die  gewissermassen  im  „Regenschatten"  des  ehemaUgen  Wald- 
landes liegen,  zu  Gute.  Die  Menge  des  Regens,  welche  jährlich  auf 
Erden  feUt,  würde  ebenso  gross  sein,  wenn  es  gar  keinen,  wenn  es 
wenig  oder  wenn  es  viel  Wald  auf  dem  Festlande  gäbe;  denn  sie 
hängt  ab  von  der  Oberfläche  der  verdimstenden  Oceane  und  Seen, 
von  der  Wärme  und  von  der  Geschwindigkeit,  mit  welcher  die  Luft 
über  diese  Flächen  streift.  Keine  dieser  Bedingungen  aber  wird  durch 
die  Grösse  von  continentalen  Wäldern  geändert.  England  war  früher 
dichter  bewaldet  als  gegenwärtig.  Bevor  der  Wald  der  westlichen 
Grafschaften  in  offene  Weiden  verwandelt  wurde,  hätte  nach  dieser 
Ansicht  in  den  westUchen  Grafschaftien  mehr,  in  den  östlichen  weniger 
Regen  fallen  müssen;  die  Ab  Waldung  würde  demgemäss  nur  die 
Folge  gehabt  haben,  dass  in  den  westlichen  Gra&chaften  weniger, 
in  den  leewärts  gel^enen  östlichen  Grafschaften  mehr  Regen  gefSallen 
wäre.    Was  den  einen  entgangen  wäre,  hätten  die  anderen  bekommen, 


508  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

und  so  würde  auch  eine  Wiederbewaldung  Madeira's  nur  zur  Folge 
haben  können,  dass  etwas  weniger  Regen  im  marokkanischen  Adas- 
gebiete  fallen  würde. 

In  manchen  Gegenden  mag  die  Verminderung  des  Waldbestandes 
eine  ansehnliche,  die  Ackercultur  schädigende  Verringerung  des  R^en- 
falls  herbeigeflihrt  haben;  in  Europa  hat  man  jedoch  die  Abnahme  des 
RegenfaUs  nach  Entholzung  einzelner  Gebiete  nur  mit  Hilfe  des  Regen- 
messers festzustellen  vermocht.  Auch  auf  die  an  den  Stationen  der 
bayerischen  Ebene  beobachtete  Regenmenge  äusserte  nach  Eber- 
mayer die  Bewaldung  nur  einen  sehr  geringen  Einfluss;  doch  ergab 
sich,  dass  die  Einwirkungen  des  Waldes  auf  den  R^en&D  während 
der  wärmeren  Jahreszeit  grösser  sind  als  während  des  Winters.  Hier- 
bei ist  freilich  zu  berücksichtigen,  dass  durch  die  Baumkronen,  welche 
den  Regen  aufißmgen,  dem  Boden  ein  Theil  des  Wassers  entzogen  wird; 
denn  nach  dem  Aufhören  des  Regens  verdunstet  dasselbe  unmittelbar 
an  den  Blattflächen  und  gelangt  somit  nicht  in  den  Ombrometer. 

Haben  die  Wälder  demnach  viel&ch  nur  eine  sehr  geringfügige 
Bedeutung  für  die  Ghrösse  des  Regenfalls,  so  sind  sie  doch  entscheidend 
ibr  die  Bewegungen  des  gefallenen  Wassers;,  vor  allen  Dingen  ver- 
hindern sie  den  plötzlichen  Erguss  massenhafter  Niederschläge  und  des 
Schmelzwassers  im  Frühjahr.  Der  R^en,  der  auf  bewachsenes  Land 
fällt,  fliesst  nicht  so  rasch  wieder  ab,  sondern  wird  von  Wald  und 
Buschwerk,  vor  allem  von  dem  reichen  Wurzelgeflechte  desselben  wie 
von  einem  Schwämme  angesaugt  und  festgehalten,  während  das  auf 
waldfieie  Gebiete  gefallene  Regenwasser  rasch  und  plötzlich  abrinnt 
Die  Ausrottung  des  Waldes  hat  also  stets  zur  Folge,  dass  die  Schwan- 
kungen im  Wasserstande  der  Flüsse  heftiger,  die  Flüsse  selbst  aus 
dauernden  Wasserläufen  mehr  und  mehr  in  periodische  verwandelt 
werden.  Daraus  erklären  sich  die  Erlagen  über  Wasserschäden,  welche 
neuerdings  in  vielen  Theilen  Europa's  laut  geworden  sind,  seitdem  aus- 
gedehnte Gebiigswaldungen  ein  Opfer  gewinnsüchtiger  Speculation  ge- 
worden sind. 

Aber  der  Wald  erweist  sich  auch  insofern  einer  gleichmässigen 
und  steten  Wasserabfuhr  dienstbar,  als  er  den  Verdunstungsprocess 
ansehnlich  verzögert  Es  ist  dies  begründet  in  der  niedrigeren  Tem- 
peratur und  dem  erhöhten  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft  in  und  über 
dem  Walde,  sowie  darin,  dass  die  Luftströmungen,  welche  den  Wasser- 
dampf entfernen  und  somit  die  Verdunstung  beschleunigen,  durch  den 
mechanischen  Widerstand  der  Bäume  geschwächt  werden.  Auf  directe 
Beobachtungen  gestützt  berechnete  Ebermayer  den  Verlust  des  Boden- 
wassers durch  Verdunstung  auf  einem  bayerischen  Tagwerk  während 
des  Sommerhalbjahres.    Sie  betrug 


I.    Wüsten,  Steppen,  Wälder.  509 

im  Freien 56  011  bayerische  Cubikfuss, 

im  Walde  ohne  Streudecke    .     21 822  „  „ 

im  Walde  mit  Streudecke      .      8  579  „  „ 

Bei  völliger  Entwaldung  giebt  also  ein  bayerisches  Tagwerk  unter 
sonst  gleichen  Voraussetzungen  um  47  432  bayerische  Cubikfiiss  Wasser 
mehr  an  die  Luft  ab  als  vor  der  Entwaldung. 

Ein  richtiges  Bild  von  der  Bedeutung  des  Waldes  und  der  Streu- 
decke ftlr  den  Wasserreichthum  einer  Gegend  erlangt  man  durch  folgen- 
den Calcül  Ebermayer' s.  Nehmen  wir  die  bestockte  Gesanmitwald- 
fläche  des  Spessart  zu  100  000  bayerischen  Tagwerken  an,  so  würde 
nach  gänzlicher  Abholzimg  der  Boden  durch  Verdunstung  im  Sommer- 
halbjahr in  Summa  um  4743,2  Millionen  bayerische  Cubikfiiss  Wasser 
mehr  verlieren  als  jetzt.  Da  in  Aschaffenburg  der  Main  bei  mittlerem 
Wasserstande  (0  Pegel)  3050  bayerische  Cubikfiiss  Wasser  in  der 
Secunde  liefert,  so  genügt  die  obige  Wassermenge,  welche  nach  der 
Entholzung  des  Spessart  aus  dem  Boden  verdunsten  würde,  ziur  Zeit 
aber  durch  Wald  und  Streudecke  dem  Boden  erhalten  bleibt,  den  Main 
18  Tage  lang  bei  0  Pegelhöhe  und  gleicher  Geschwindigkeit  zu  speisen. 
Würde  man  der  bewaldeten  Fläche  des  Spessart  bloss  die  Streudecke 
entziehen,  so  wäre  damit  ein  Wasserverlust  von  1324,3  Millionen  baye- 
rische Cubikfuss  verbunden;  eine  solche  Wassermenge  aber  würde 
hinreichen,  den  Main  bei  mittlerem  Wasserstande  5  Tage  lang  zu  flillen. 
Wo  also  auf  den  Gebirgen  die  Waldungen  geschützt  werden,  da  sprudeln 
die  Quellen  immer  in  gewohnter  Frische;  die  Flüsse  trocknen  nicht 
aus,  und  der  Tieflandbauer  kann  stets  auf  die  fernen  Berge  als  auf 
die  Wasserreservoirs  seiner  Ackerfläche  rechnen.  Das  Fortbestehen 
unserer  Wälder  wird  darum  in  Zukunft  eine  Hauptsorge  der  Regierungen 
sein  müssen,  wenn  nicht  die  schweren  Schäden,  welche  die  Entwaldung 
bereits  in  einigen  Ländern  hervorgerufen  hat,  in  weitere  Kreise  getragen 
werden  sollen. 

Waldland,  Steppe,  Wüste,  —  sie  sind  in  erster  Linie  Ausdruck 
für  die  grössere  oder  geringere  Menge  des  örtlich  fiülenden  Regens. 
Dieselbe  bedingt  zunächst  den  Vegetationscharakter,  mit  ihm  zugleich 
auch  den  Charakter  der  Thierwelt,  vor  allem  aber  die  menschliche 
Culturgeschichte  der  Länder.  Wo  wenig  Regen  feUt,  da  erstrecken 
sich  Hunderte  von  Meilen  weit  menschenleere  Wüsten;  wo  er  reichlich 
und  in  Fülle  strömt,  da  bildet  sich  bald  ein  volkreicher  Staat  neben 
dem  andern;  die  Axt  bewältigt  den  Urwald,  imd  der  Pflug  durchbricht 
den  ehemaligen  Waldboden.  Die  Wettergesetze  haben  daher  nicht 
bloss  einen  Einfluss  auf  die  Beschaffenheit  nationaler  Gewohnheiten;  sie 
besthnmen  nicht  bloss  theilweise  das  Temperament  eines  ganzen  Volkes, 
sondern  sie  bedingen  selbst  die  Existenz  der  Völker  und  ihrer  Staaten. 


510  Vierter  TheiL    Dss  organische  Leben  auf  Erden. 

Mustern  wir  die  Erdthefle  in  Hinsicht  anf  ihre  grössere  oder  ge- 
ringere natürliche  Be&higong,  dem  organischen  Leben  eine  höhere 
Ent&dtong  zu  verleihen,  so  belehrt  uns  schon  der  erste  BUck,  um 
wieviel  günstiger  die  beiden  westUchen  Zwillings-Erdinsehi  im  Vergleich 
zu  der  Alten  Welt  gestaltet  sind.  Schlank,  ja  stellenweise  zart  ge- 
gliedert, konnten  sich  hei  der  Nähe  der  Oceane  auf  beiden  keine 
wahren  Wüsten  entwickeln.  Es  giebt  in  Amerika  nur  zwd  Wüsten, 
die  diesen  Namen  verdienen:  das  salzige  Hochland  Utah,  emporgehoben 
zwischen  zwei  Kämmen  der  Felsengebii^  wdche  an  ihren  padfischen 
und  atlantischen  Abhängen  allen  Wasserdunst  den  Luftströmungen  ent- 
ziehen, so  dass  sie  nur  trocken  darüber  streichen,  und  die  boKvianische 
Wüste  Atacama,  in  welcher  die  beständig  wehenden  kühl^i  Winde 
aus  dem  Gebiet  des  kalten  Peruanischen  Stromes  w^^i  ihres  relativ 
geringen  Feuchtigkeitsgehaltes  nur  selten  R^en  bringen  (s.  S.  264  f. ). 
Und  doch  £änd  Philippi  dort  Akazienhaine,  Weinbau  und  die  leeren 
Betten  von  W^ildwassem,  die  in  Jahrzehnten  etwa  einmal  mit  rdssenden 
Fluthen  sich  stundenlang  fiillen. 

Es  ist  aber  viel  weniger  das  günstige  Verhältniss  zwischen  Ober- 
fläche und  Eüstenentwicklung  oder  die  halbinselartige  Gestalt  der  Neuen 
Welt,  welche  ihr  eine  reichlichere  Benetzung  zuftihrt,  sondern  die  Stellung 
ihrer  grossen  Axe  von  Nord  nach  Süd,  also  quer  zur  Drehungsrichtung 
des  Planeten,  wie  umgekehrt  die  ungleich  grössere  Trockenheit  der 
Alten  Welt  nur  theil weise  die  Folge  der  grösseren  Länderräume,  der 
Hauptsache  nach  aber  dem  Umstand  zuzuschreiben  ist,  dass  ihre  Massen- 
ausdehnung auf  der  nördlichen  Halbkugel  von  West  nach  Ost,  also 
parallel  zur  Drehungsrichtung  des  Planeten  sich  erstreckt;  vor  allem 
ist  der  trostlose  Wüstengürtel,  der  sich  über  ganz  Nordafirika  vom 
atlantischen  Saume  bis  zum  Bothen  Meere  ausbreitet,  nichts  anderes  als 
das  Binnsal  der  Nordostpassatwinde. 

Die  Neue  Welt  ist  aber  nicht  bloss  durch  ihre  ebene  Gliederung, 
sondern  ausserordentlich  auch  durch  ihren  senkrechten  Bau  bevorzugt 
worden.  Auf  dem  nördlichen  wie  auf  dem  südlichen  Festlande  wieder- 
holen sich  &st  monoton  dieselben  plastischen  Züge  im  Gross^i.  An 
den  atlantischen  Bändern ,  also  auf  der  Windseite  d^  Passate,  liegen 
nur  niedere  Bodenschwellen,  weldie  die  atlantischen  Luftströmungen 
übersteigen  können ,  ohne  viel  von  ihrem  Wasserdampf  zu  verlieren, 
der  vielmehr  ganz  im  meteorologischen  Hintei^rund  der  Festlande  und 
berdts  in  der  Nähe  des  jenseitigen  Oceans  an  den  CordiUeren  und 
Felsengebilgen  völlig  abgesetzt  wird,  so  dass  solche  Ströme  wie  der 
l^Gssissippi,  Amazonas  und  die  La-Plata-Geschwister  sich  zu  entwickeh 
vermögen.  Um  die  Wohlthat  dieser  plastischen  Anordnung  recht  lebhaft 
zu  empfinden,  brauchen  wir  uns  nur  vorzustellen,  die  Erde  drehe  sich 


jj.    Wüßten,  Steppen,  Wälder.  511 

von  Ost  nach  West.  Dann  würden  die  Passatwinde,  in  Westwinde 
umgewandelt,  statt  vom  Atlantischen  Ocean  vom  Stillen  Meere  Dunst- 
massen au&augen,  die  sie  aber  an  dem  hohen  Küstenkamm  der  Cor- 
dilleren  beinahe  vollständig  absetzen  müssten.  Zwar  würde  das  schmale 
Küstengestade  Peru's  und  die  Wüste  Atacama,  wo  jetzt  kein  Regen 
ftllt,  sondern  nur  Nebel  sechs  Monate  lang  schweben,  von  lauter  kurzen 
schäxmienden  Wildwassem  gefurcht  und  noch  reichlicher  genlisst  werden 
als  die  Malabarseite  Indien's  am  Fusse  der  Ghats  zur  Zeit  des  Bogen- 
monsuns.  Hinter  den  Cordilleren  stürzte  aber  der  Passat  dann  als 
heisser,  vertrocknender  Föhn  herab,  und  statt  dem  Waldlande  Peru's, 
Bolivien's  und  des  brasilianischen  Matto  Grosso  würde  sich  eine  Sahara 
ausbreiten. 

Der  hypothetische  Fall,  den  wir  hier  schildern,  ist  in  der  Natur 
wirklich  vorhanden.  Austrahen's  Höhenrand  richtet  sich  auf  der  Wind- 
seite des  Festlandes  empor ;  vor  allem  müssen  die  sommerlichen  Nord- 
ostwinde, die  Hauptregenwinde  jener  Gebiete,  an  diesen  Wänden  hin- 
aufsteigen, so  dass  sie  schon  einen  Theil  ihrer  Dunstmassen  verlieren, 
bevor  sie  in  das  Innere  fortsclireiten.  Hart  am  Rande  der  Küstenstufe 
beginnen  daher  dort  schon  die  Steppen.  Erst  sind  es  sättigende  Weiden 
(Darling  Downs) ;  dann  werden  sie  dürrer  und  dürrer.  Der  Kern  des 
Festlandes  erhitzt  durch  Ausstrahlung  die  Luft,  und  der  Rest  der  her- 
beigeführten Dünste  kann  daher  nicht  zur  Verdichtung  gelangen.  In 
den  Tagebüchern  der  Entdecker,  die  durch  den  australischen  Continent 
zogen,  kehrt  die  Beobachtung  wieder,  dass  die  Schmachtenden  den 
Himmel  sich  bewölken  sehen,  dass  sie  jeden  AugenbUck  erwarten,  jetzt 
müsse  Regen  fallen,  und  dass  sie  immer  und  immer  wieder  getäuscht 
werden;  denn  die  Wolken  ziehen  vorüber,  ohne  den  schon  sichtbar 
gewordenen  Wasserdampf  bis  zur  Tropfbarkeit  zu  verdichten.  Da 
nämlich  die  Strahlung  des  erhitzten  Bodens  die  Luftwärme  steigert, 
80  wird  der  Sättigungspunkt  der  Atmosphäre  gehoben,  und  die  bereits 
sichtbaren  Wasserdünste  werden  wieder  aufs  Neue  zur  Gasform  auf- 
gelockert. Als  traurige  Folge  davon  besitzt  Australien  nur  Küsten- 
flüsse oder  periodische  Binnengewässer  und  wird,  obgleich  es  auf  Erd- 
karten doch  nur  als  grosse  Insel  erscheint,  im  Kern  von  Wüsten 
ausgefüllt  wie  ein  geräumiger  Continent.  Wie  beglückt  würde  dagegen 
dieser  Planetenraum  sein,  wenn  seinen  Westrand* ein  Cordillerenzug  ein- 
schlösse, oder  wenn  von  West  nach  Ost  ein  Himalaja 'aufgesti^en 
wäre,  an  dessen  Abhängen  ein  eingesogener  Monsun  die  Wasser  zur 
Bildung  eines  Ganges  herbeitrüge! 

Die  Begünstigungen  für  die  Lebensregungen  in  Gestalt  von  Pflanze 
und  Thier  sind  daher  höchst  parteiisch  auf  dem  Festen  vertheilt 
Australien  zumal,  afrikanischer  selbst  als  Afrika,  ist  vorzugsweise  das 


512  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

Wüsten-  und  Steppenland  der  Erde.  Selbst  Afrika  erscheint  daneben 
noch  bevorzugt,  einnial  weil  es  nicht  so  ausschliesslich  in  dem  ge&hr- 
lichen  Passatgürtel,  sondern  mit  beträchtlichen  Bäumen  in  der  Zone 
der  tropischen  Begen  liegt,  dann  aber  auch  weil  sein  Nordrand  bereits 
von  dem  rücklaufenden  Passat  mit  den  Wintrar^en  benetzt  wird. 
Innerhalb  seiner  tropischen  Räume  sehen  wir  zwei  Culturströme  ersten 
Banges:  Nil  und  Niger,  und  ein  paar  andere  zweiten  Banges:  Zaire 
(Congo)  und  Zambesi,  entstehen.  Sie  reichen  zwar  nicht  aus  fbr  ein 
solches  Länderungethüm;  immerhin  aber  bringen  sie  mehr  Segen  als 
die  Flüsse  Australien's ,  und  daher  steht  auch  der  Neger  des  Sudan 
höher  ab  der  Australier,  und  daher  finden  wir  sogar  dort  eme  ge- 
weihte Stätte  menschlischer  Gesittung  am  unteren  Laufe  des  Nil's. 
Afrika  kann  man  daher  fuglich  als  das  Land  der  Wüsten,  Steppen 
und  der  tropischen  Wälder  bezeichnen. 

Höher  erhebt  sich  die  Ghederung  Asien's,  theils  weil  es  sich  im 
Norden  in  das  Gebiet  des  .«Begens  zu  allen  Jahreszeiten''  ausbrütet, 
theils  weil  sein  Südrand  den  Wendekreis  nur  mit  günstig  hervortretenden 
Halbinseln  überschreitet  Die  vorherrschend  ostwestliche  Bichtung  seiner 
Südküste  gegenüber  dem  kühleren  Indischen  Ocean  unterbridit  sechs 
Monate  laug  das  Wehen  des  continentalen  Passatwindes  und  bewirkt 
im  Innern  der  erhitzten  Ländermasse  ein^i  au&teigenden  Lufbtrom^ 
in  dessen  Lücken  sich  ein  regenbringender  Südwest -Monsun  hinein- 
stürzt,  dessen  W^asserdünste  von  den  querliegenden  Gebirgsmanem 
au^e&ngen  werden,  so  dass  die  Wüsten  in  Asien  nur  auf  einen  nach 
Osten  verengerten  centralen  Strien  eingeschränkt  bleiben«  Asien  ist 
meteorologisch  nicht  der  begünstigtste  Erdraum,  aber  derjenige,  wo  die 
meisten  Gegensätze  sich  b^egnen.  Wald,  Steppe  und  Wüste  sind 
so  vielfiütig  vertheilt,  gebrochen  und  selbst  wieder  gegliedert,  dass 
keines  den  Welttheil  einförmig  beherrscht  Es  ist  kein  Wald-  und 
Steppenland  wie  Amerika,  sondern  es  ist  audi  mit  Wüsten  heimgesucht; 
aber  gerade  darum  ist  es  an  Manigfaltigkeit  der  Erscheinungen  der 
Neuen  Welt  überlegen.  Es  wird  von  keinem  Mississippi,  kdnem  Ama- 
zonas durchzogen;  aber  es  hat  doch  Culturströme,  wie  Indus,  Ganges^ 
Yan-tse-kiang  und  Hoang-ho.  Auf  sdnen  Bäumen  büdeten  sich  Jagd-, 
Bäuber-,  Hirten-,  Ackerbau-  und  see&hrende  Völker.  Es  besass  daher 
in  seinem  Schosse  Culturgegensätze ,  die  in  Beibung  mit  einander  ge- 
rathen  mussten.  Durch  Beibung  und  Mischung  aUein  gelangen  aber 
die  menschlichen  GeseDschafien  stufenweise  zu  höherer  Gesittung. 

Europa  ist  unter  die  Weltthefle  gekommen  wie  Pilatus  in  das 
Credo  zu  einer  Zeit,  wo  die  alte  Erdkunde  nichts  kannte  als  die  Grreoz- 
länder  des  Mittelmeerbeckens.  Lässt  man  aber  Europa  ans  Courtoisie 
als  Welttheil  noch  fortbestehen,  so  geniesst  es  den   hohen  Vorzug, 


I.    Wüsten,  Steppen,  Wälder.  513 

wesentlich  ein  Waldland  zu  sein.  Gegenwärtig  freilich  hat  die  Cultur 
alle  Schatten  verjagt,  und  Komhalme  nicken,  wo  einst  Wipfel  Dunkel 
verbreiteten.  Die  vergleichende  Erdkunde  betrachtet  aber  nicht  die 
künstlich  erschaffene  Gegenwart,  sondern  die  ursprüngUche  Naturanlage, 
der  zufolge  in  Europa  allenthalben  Wald  gediehen  ist  und  morgen, 
wenn  der  Mensch  abzöge,  wieder  gedeihen  könnte,  mit  Ausnahme  der 
Hochlande  in  Spanien,  der  gegenwärtigen  Triften  der  Merinoheerden, 
der  Pussten  Ungam's  und  der  Steppen  des  scythischen  Russland's. 
Sonst  sehen  wir  uns  vergebens  nach  Steppen  um^). 

Wie  oft  beklagen  wir  uns  über  das  schlechte  Wetter!  Schlechtes 
Wetter  ist  aber  ein  wandelbarer  Begriff.  Im  tropischen  Afrika,  wo 
die  Regen  periodisch  sind  und  die  Kunst  der  Regenzauberer  in  Blüthe 
steht,  heisst  reichlicher  Regen  gutes  Wetter.  Bei  uns  hingegen  würde 
einer,  welcher  Regenwetter  herbeizauberte,  wahrscheinlich  den  Zorn 
eines  grossen  Theils  der  Bevölkerung  auf  sich  laden,  namentlich  wenn 
er  seine  Kunststücke  an  Tagen  probirte,  an  denen  Wettrennen,  Truppen - 
einzüge  oder  Illuminationen  stattfinden.  Wie  sehr  bei  den  Südländern 
der  Regen  geschätzt  und  gepriesen  wird,  dafiir  lassen  sich  zahlreiche 
Belege  anfuhren.  Im  Rigveda  tritt  Traitana  als  eine  der  göttlichen 
Mächte  auf,  welche  das  Firmament  beherrschen,  die  Finstemiss  zer- 
stören und  Regen  senden,  oder,  wie  die  Dichter  der  Vedas  sich  aus- 
zudrücken pflegen,  die  Kühe  befreien  und  die  Dämonen  erschlagen, 
durch  welche  sie  geraubt  worden  sind.  Diese  Kühe  gehen  stets  dem 
Himmel  entlang,  einige  dunkel,  andere  hellfarbig.  Brüllend  ziehen  sie 
über  ihre  Weide,  werden  von  den  Winden  zusammengetrieben  und 
von  den  glänzenden  Strahlen  der  Sonne  gemolken ;  sie  lassen  aus  ihren 
schweren  Eutern  befruchtende  Milch  auf  die  versengte,  dürstende  Erde 
niederträufeln.  Werden  jene  Kühe  zu  lange  von  den  Räubern  gefangen 
gehalten,  so  bringt  der  fromme  Verehrer  dem  Gotte  Indra  sein  Gebet, 
und  Indra  erhebt  sich,  die  Kühe  zurückzuerobern.  Auch  den  Arabern 
ist  der  Regen  etwas  Göttliches;  sie  nennen  ihn  in  ihrer  sprachlichen 
Plastik  nuziihl  er-rahme,  d.  h.  das  Herabsteigen  der  Gnade  ^).     Wenn 

^)  Miss  bräuchlich  rechnet  man  die  kryptogamische  Filzbekleidung  des 
Samojedenlandes ,  die  Tundren,  und  die  Haiden  im  germanischen  und  sarma- 
tischen  Norden  unter  die  Steppen.  Beide  gehören  aber  einer  ganz  anderen 
Classe  von  Naturerscheinungen  an,  namentlich  wenn  man  nicht  übersieht,  dass, 
wie  Bode  beobachtet  hat,  die  Ericeen  nicht  so  weit  nach  Süden  reichen  und 
sich  der  Steppe  nicht  so  weit  nähern  als  die  Laubhölzer,  weil  sie  noch  mehr 
Feuchtigkeit  erheischen  als  diese.  Die  Tundren  aber,  welche  fast  das  ganze 
Jahr  hindurch  von  einer  Schneehülle  überdeckt  sind  und  nur  im  Sommer  zu 
einem  kurzen  Leben  erwachen,  entstehen  durch  Uebermass  von  F^euchtigkeit 
(Mangel  an  Evaporation)  und  ungenügende  Luft-  und  Bodenwärme. 

*)  Heinrich   Stephan,  Das  heutige  Aegypten.    Leipzig  1|J2.    S.  15. 

Peschel-Leipoldt,  Phys.  Erdlcnnde.    IT. 


514  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  £rden. 

Berbern  oder  Araber  aus  Algier  Frankreich  betreten  und  den  Rhone 
erblicken,  das  erste  vollströmende  Süsswasser,  kann  man  sie  stunden- 
lang auf  den  Brücken  in  die  Fluthen  fainabstarren  sehen.  In  ihrer 
Heimath  wird  fiir  süsses  Wasser  Pacht  und  schweres  Geld  gezahlt; 
in  Europa  rinnt  das  hohe  Gut  ungenützt  dem  Meere  zu.  v.  Schack 
hat  in  seiner  Kunstgeschichte  d^  spanischen  Araber  fein  herausgefühlt, 
dass  die  Springbrunnen,  eine  nie  fehlende  Zierde  saracenischer  Bau- 
werke, dem  asiatischen  Künstler  unentbehrlich  waren;  denn  das  Plät- 
schern des  Wassers  ist  die  süsseste  Musik  fiir  das  Ohr  der  Wüstensöhne. 

Seinem  „schlechten  Wetter''  hat  Nordeuropa  zu  verdanken,  dass 
es  der  Sitz  der  höchsten  Gesittung  wurde,  als  seine  Zeit  reifte,  wo 
eine  erhöhte  Cultur  aus  der  Zone  der  periodischen  Regen  in  den  Gürtel 
der  R^en  zu  allen  Jahreszeiten  hinübertreten  konnte.  Wem  diese 
Beziehung  zwischen  den  unperiodischen  Niederschlägen  und  der  CSvili- 
sation  zu  gewagt  erscheint,  den  erinnern  wir  an  China.  In  China  hat 
sich  eine  hohe  Gresittung  ganz  unabhängig  und  ohne  Bereicherung  durch 
fremde  Kenntnisse  entwickelt  Sie  erregte  im  8.  Jahrhundert  das  Staunen 
der  vielgereisten  Araber,  deren  Bildung  damals  alles  übertraf  was  das 
Abendland  ihnen  zur  Seite  setzen  konnte,  wenigstens  was  das  Reidi 
Karl's  des  Grossen  oder  Byzanz  ihnen  zur  Seite  gesetzt  hat. 
China  ist  geographisch  nicht  sehr  günstig  gelten;  denn  es  ist  ab- 
gesondert von  dem  übiigen  Asien,  und  abgesondert  hat  es  sich  ent- 
wickeln müssen;  aber  s^e  hohe  Civilisation  hätte  sich  nicht  zu  ent&lten 
vermocht,  wenn  es  nicht,  obgleich  sein  Gebiet  der  geographischen  Breite 
nach  in  die  Zone  der  Winterregen,  also  der  regenlosen  Sommer,  hätte 
&llen  sollen,  dennoch,  einer  Störung  der  meteorologischen  Ordnung 
zufolge,  Sommerregen,  also  die  Wohlthaten  der  Zone  des  Regens  zu 
allen  Jahreszeiten,  mit  einer  südUcheren  Lage  verknüpft  hätte. 

Es  ist  nicht  seine  Halbinselnatur  allein,  welche  Europa  auszeichnet, 
sondern  es  gesellen  sich  dazu  die  Vorzüge  seiner  mathematischen  Lage, 
so  dass  es  mit  seinem  Norden  in  den  Gürtel  der  Regen  zu  allen  Jahres- 
zeiten, mit  seinem  Süden  bereits  in  den  Gürtel  der  Winterregen  hinein- 
taucht und  auf  seinem  schmalen  Rücken  zwd  ganz  verschiedene  Naturen 
sich  begegnen:  die  der  gemässigten  und  die  der  subtropischen  Zone. 
So  finden  wir  in  Nordeuropa  Wiesenbau  und  Viehzucht,  im  Süden 
den  Oelbaum,  im  Norden  Wälder  von  Nadelhölzern  und  laubwerfenden 
Bäumen,  im  Süden  immergrünende  Haine,  im  Norden  Korn-  und 
Weizenbau,  im  Süden  bereits  künstliche  Reissümpfe,  im  Norden  Reviere 
7on  Kern-  und  Steinobst,  im  Süden  Citruswäldchen  mit  goldglühenden 
EVüchten.  Welche  anregenden  Gegensätze  auf  den  Abhängen  einer 
schmalen  Halbinsel!  Nirgends  auf  dem  Erdboden  folgen  von  Nord 
nach  Süd  die  vegetabilischen   Erzeugnisse  rascher  auf  einander  als  in 


L    Wüsten,  Steppen,  Wälder.  515 

Mittel-  und  Südeuropa.  Eine  bedeutende  Verschiedenheit  in  den  Er- 
zeugnissen zusammengrenzender  Länder  aber  belebt  den  Handel  und 
vermehrt  die  Industrie  der  ackerbautreibenden  Völker  ^).  Die  Vortheile 
dieser  mathematischen  Lage  wird  niemand  mehr  übersehen,  der  die 
Folgen  zu  überbUcken  vermag,  wenn  das  Mittelmeer  so  weit  gegen 
Norden  gerückt  wurde,  dass  die  herakleischen  Säulen  unter  die  gleiche 
Breite  wie  Calais  imd  Dover  fielen.  Nordeuropa  würde  dann  für  das 
organische  Leben  eine  ganz  ungastliche  Stätte  geworden  sein. 

Wenn  unser  Abendland  stolz  ist  auf  seine  Erkenntnisse  und  Wissens- 
schätze, seine  Allgegenwart  auf  allen  Meeren  und  an  allen  Küsten  der 
Ejrde,  seine  BeheiTSchung  der  Naturkräfiie,  seine  Künste  und  Gewerbe, 
seine  Schulen  und  seine  Jugenderziehung,  so  sollte  es  beständig  er- 
innert werden,  dass  nicht  alles  ein  Verdienst  der  Abendländer  ist. 
Wohl  darf  man  das  Dasein  gesitteter  Gesellschaften  als  eine  Schöpfung 
gewisser  Völker  und  Zeiten  betrachten,  wenn  man  nur  nie  vergisst, 
welcher  AntheU  davon  der  helfenden  Hand  der  Natur  zukommt.  Hätten 
die  Arier  an  den  Inseln  der  nordwestlichen  Durchfahrt  gesessen,  sie 
würden  wahrscheinlich  in  Schnediütten  wohnen,  in  Seehundsfelle  sich 
nähen  und  an  den  LufUöchem  im  Eise  mit  Harpunen  auf  W^alrosse 
lauem.  In  beständigem  Kampfe  gegen  den  Hunger,  bei  unablässiger 
Ermüdimg  durch  die  Jagd  wäre  ihnen  keine  Zeit  geblieben,  religiöse 
H}nimen  zu  dichten  und  ihre  Sprache  auf  das  feinste  zu  zergliedern. 

Selbst  Gesellschaftszustände  erscheinen  abhängig  von  der  Natur 
der  Erdräume,  denen  sie  angehören.  Wo  wir  W^üsteH  finden,  da  hausen 
auch  Räubervölker.  In  der  Sahara  sind  es  die  Tuareg,  in  Arabien 
die  Bedawin,  im  turanischen  Sandmeere  die  Turkmenen,  in  der  Kirgisen- 
steppe vor  ihrer  Bezähmung  die  drei  Horden.  Auf  der  Gobi  hausten 
seit  dem  6.  Jahrhundert  die  Tu-kiu,  die  den  Kaisern  der  Sui-  und 
Thang-Djnastie  so  viele  Sorge  machten.  Aber  längst  vor  den  Tu-kiu 
müssen  andere  „Barbaren^  von  dort  aus  die  Ruhe  des  himmlischen 
Reiches  bedroht  haben;  denn  schon  der  Kaiser  Thsin-Schi-Hoang-ti 
(214 — 204  V.  Chr.)  erbaute  zum  Schutze  gegen  Räuber  die  grosse  Mauer. 
Solche  Mauerbauten  finden  wir  noch  an  anderen  Orten ,  stets  *)  aber 
dort  aufgerichtet,  wo  besser  bewässerte  Landstriche  an  Wüsten  grenzen. 
So  sah  VÄmböry  auf  der  turkmenischen  Landenge  einen  solchen  ver- 
lassenen Wall,  dessen  Erbauer  völlig  unbekannt  sind.  Wenn  sich  ehe- 
mals im  Abendlande  die  Alterthumskenner  aus  der  Schlinge  zogen  mit 
der  Regel   „aut  Caesar  aut  Diabolus*^,   so  wird  in  Asien,   soweit  der 

»)  A.  V.  Humboldt,  Kleinere  Schriften.  Stuttgart  und  Tübingen  1853. 
Bd.  I,  S.  238. 

*)  Eine  Ausnahme  ßind  jedoch  die  beiden  „Pictenwälle",  welche  die  Römer 
an  den  Grenzen  Schottland^s  erbauten. 

33* 


516  Vierter  Theü.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

Islam  verbreitet  worden  ist,  dem  TeoM  oder  Alexander  dem  Grossen 
(Iskender)  jedes  Mauerwerk  unbekannter  Entstehung  zugeschrieben« 
£b  giebt  der  AlexanderwäQe  mehrere  in  Asien;  der  bmihmteste  aber 
zum  Schutze  g^en  die  Wolgasteppen  ist  das  eiserne  Thor  bri 
Derb^id,  wo  der  Kaukasus  hart  an  das  Easpische  Meer  tritt. 
In  der  Nähe  der  unteren  Donau  wird  jede  Völkermauer  oder  jeder 
Schutz  vor  der  Steppe  ein  Trajanswall  genannt ,  und  selbst  in 
PodoUen  zwischen  Dnjestr  und  Sbrucz  liegen  die  Trümmer  einer  Mau^, 
die  zwar  nach  Trajan  benannt,  aber  nach  Schafarik  nichts  mit 
diesem  Kaiser  zu  schaffen  hat 

Selbst  in  Amerika  wiederholen  sich  ähnUche  gesellschaftliche  Er- 
scheinungen; denn  die  schlimmsten  Raubvögel  unter  den  Rothhäuten, 
die  Comanchen  und  Apachen,  durchstreifen  die  trockensten  Stellen  des 
nördlichen  Continents:  Neu -Mexico,  den  Uano  estacado,  Chihuahua, 
Arizona,  Sonora  und  das  Gilathal.  Im  Süden  aber  machen  räch  die 
Raubgeschwader  berittener  Patagonier  geftirchtet,  und  es  bedürfte  nur 
dnes  geringen  Zusatzes  von  Verwilderung,  dass  der  Raubinstinct  aller 
Steppenvölker  die  Lianeros  Venezuda's  oder  die  Gkiuchos  der  Pampas 
in  Turkmenen  verwandelte. 

Sehr  nahe  liegt  der  Grund,  warum  die  Wüste  zu  allen  Zeiten 
Räuber  grossgezogen  hat  ^).  Es  sind  nicht  bloss  die  Abhärtungen  und 
Entbehrungen,  ^e  sie  ihren  Bewohnern  auferl^,  und  nicht  bloss  die 
Versuchung,  in  welche  diese  versetzt  werden,  wenn  rings  um  sie  herum 
grüne  Weide  liegt,  sondern  die  beinahe  völlige  Straflosigkeit,  womit 
ein  Raub  verübt  werden  kann,  wenn  er  nur  rasch  räch  ausftihren  lässt. 
Hat  der  Räuber  mit  seiner  Beute  die  Wüste  erreicht,  dann  ist  er  ge- 
borgen wie  hinter  Wall  und  Graben.  Sein  geübtes  Auge  allein  ent- 
deckt unter  Sand  und  Dünen  den  richtigen  P&d;  er  allein  kennt  den 
nächsten  Wasserplatz.  Einzeln  ist  er  jedem  Verfolger  überlegen,  wie 
der  Horatier  den  Curiatiem,  und  mit  Uebermacht  kann  man  ihn  nicht 
verfolgen;  denn  wo  schon  wenige  verschmachten,  da  versehmachten 
Tausende  um  so  viel  rascher.  Das  haben  alle  erfiihren,  die  das  unmög- 
liche versuchten  seit  Darius'  Feldzuge  gegen  die  Sythen  bis  auf  die 
Perser,  die  1851  den  Turkmenen  Merw  entrissen,  um  dort  zu  ver- 
hungern. 

Nichts  auf  Erden  ist  der  Verbreitung  des  organischen  Lebens  feind- 
licher ab  die   Wüste.     Wir  brauchen  nur  Thier-  und  Pflanzenkarten 
TU  betrachten,  so  b^egnen  wir  immer  jenseits  der  Wüsten  oder  Steppen 
Iner  veränderten  Welt  der  Organismen.     Die    Wüsten   waren  auch 
isher  die  grössten  Hindemisse  der  Culturverbreitung.     Die  Gobi  allein 

^ )  £iiie  glänzende  B estätignng  des  G esagten  bringt  Hepwortb  Dixon, 
Das  heilige  Land.    Jena  1870.    S.  163. 


I.    Wüsten,  Steppen,  Wäjder.  517 

trägt  die  Schuld,  dass  sich  erst  so  spät  zwischen  China  und  dem 
Abendland  ein  Verkehr  entwickelte  und  dass  so  oft  die  dünnen  Fäden 
wieder  rissen,  eben  weil  sich  zu  den  Beschwerden  des  Wüstenverkehrs 
auch  die  Räubergefahr  gesellte.  Der  grösste  Flächenraum  des  unbe- 
kannten Landes  liegt  noch  heutigen  Tages  in  Afrika.  Wenn  der  Neger 
sich  nur  zu  einer  sehr  niedrigen  gesellschaftlichen  Stufe  erhoben  hat, 
so  braucht  man  zu  seiner  Rechtfertigung  nur  die  schwerfklligen  Umrisse 
Afrika's  und  den  Mangel  einer  genügenden  Aufschliessung  durch  Ströme 
zu  beachten.  Zu  der  ungünstigen  ebenen  GUederung  Afiika's  trat  aber 
als  mächtiges  Hindemiss  noch  der  Wüstengürtel  im  Norden.  Alle  Ein- 
strömungen fremder  Völker,  welche  die  Geschichte  Afrika's  kennt, 
bewegten  sich  nur  längs  dem  mediterraneischen  Saume.  Die  Sahara  hat 
sich  den  Völkerwanderungen  so  gut  widersetzt  wie  den  Pfianzenwan- 
derungen.  So  innig  hängt  die  Entwicklung  der  gesitteten  Gesellschaftien 
mit  der  ungleichen  Vertheilung  von  Wind  und  Wasser  zusammen. 


n.     Die  Abhängigkeit  der  Gewächse  von  Standort 

and  Klima. 


Jeder  grössere  Ländennaam  besitzt  eine  Anzahl  ihm  eigendiümliclier 
Pflanzen;  andrerseits  aber  beherbei^  £Bist  jeder  aach  einige  Grattnngen, 
welche  keinem  grösseren  Elrdgebiete  fehlen.  Solche  kosmopolitische 
Grattangen  sind:  Senedo  (Kreozkraut),  das  verbreitetste  Grenus  nnter 
allen,  femer  auch  Solanum  (Nachtschatten),  Panicom  (Hirse),  Garex 
(Siedgras),  Euphorbia  (Wol&milch)  n.  a«  Bei  Erwägung  jenes  (3egen- 
Satzes  drängt  sich  unwillkürlich  die  Frage  auf:  Wodurch  ist  die  Ver- 
brätung der  einzelnen  (xewächse  bedingt? 

In  gewissen  Fällen,  aber  wohl  nicht  so  häufig,  als  man  gewöhnlich 
annimmt,  kommt  die  chemische  Zusammensetzung  des  Bodens  hierbei 
in  Betracht  Am  meistm  tritt  eine  derartige  Abhängigkeit  bei  den 
Salzpflanzen  (Halophjten)  hervor.  Sie  finden  sich  namentlich  in  den- 
jenigen Theilen  der  Wüsten  und  Steppen,  welche  durch  einen  rdch- 
liehen  Gehalt  an  Salz  (CUomatrium  oäer  Gyps)  ausgezeichnet  sind, 
insbesondere  in  muldenartigen  Vertiefungen  und  an  den  Rändern  der 
Salzseen.  Zu  den  Salzpflanzen  gdiören  vor  allem  die  gesellig  wachsen- 
den Salicomien  (Glasschmalz),  C!henopodi«i  (GänscAiss),  Atriplex- 
(Heide)  und  Salsola- Arten  (Salzkraut),  welche  fleckweise  den  lettigen 
oder  sandigen  Boden  überziehen.  Sie  haben  meist  kleine,  unansehn- 
liche Blüthen  und  verleihen  den  von  ihnen  bedeckten  Flädien  eine 
eintönige  graugrüne,  im  Herbste  röthliche  Färbung.  Da  die  Salzpflanzen 
in  allen  Theilen  eine  kleine  Quantität  Salz  zeigen,  so  scheint  der  Salz- 
gehalt des  Bodens  nicht  nur  keine  nachtheilige  Wirkung  auf  de  aus- 
zuüben, sondern  vielmehr  zu  ihrer  Elntwicklung  nothwendig  zu  sein. 

Andere  Pflanzen  äussern  eine  besondere  Vorliebe  für  metallische 
Standörter,  besonders  fiir  Galmeiboden,  so  Viola  lutea  calaminaris 
(Galmei Veilchen),  Thlaspi  alpestre  (Voralpen-Hellerkraut),  Armeria  vul- 
garis (Grasnelke),  Festuca  duriuscula  (Scha&chwingel)  und  Silene  inflata 
(Taubenkropf-Silene),  deren  Asche  oft  mehrere  Procent  Zinkoxjd  auf- 
weist.   Das   GralmeiveUchen  ist  dem  Bei^gmann  ein  sicheres  Merkmal 


II.    Die  Abhängigkeit  der  Gewächse  von  Standort  und  Klima.        519 

ftbr  da«  Vorhandensem  einer  Galmeilagerstätte.  Auf  den  Wiesen  und 
Haiden,  welche  sich  über  einer  solchen  ausbreiten,  sprosst  es  überall 
in  üppiger  f\Üle  hervor.  Besonders  interessant  ist  Alsine  vema  (Früh- 
lings-Miere),  welche  auf  dem  galmeihaltigen  Boden  zu  Moresnet  bei 
Aachen  häufig  angetroffen  wird,  sonst  aber  stets  nur  auf  kupferhaltigen 
Erzen  vorkommt  ^).  Höchst  auffallend  ist  es  femer,  dass  die  gewimperte 
Alpenrose  nur  Kalkgebirge,  die  rost&rbige  Alpenrose  aber  hauptsächlich 
Schiefergebirge  bewohnt ').  Lediglich  auf  Kalkboden  beschränkt  sind : 
Arabis  coerulea,  Draba  aizoides,  Erica  camea,  Cypripedium  calceolus, 
und  dem  Schiefergebirge  gehören  ausschliessUch  an :  Androsace  glacialis, 
Azalea  procumbens,  Chrysanthemum  alpinum,  Sesleria  disticha.  Eine 
grosse  Neigung  für  Kieselerden  offenbaren  die  Kastanie,  der  rothe 
Fingerhut  (Digitalis  purpurea),  der  Färbeginster  (Genista  tinctoria); 
andere  wieder,  wie  die  stinkende  Nieswurz  (Helleborus  foetidus),  die 
gemeine  Schwalbenwurz  (Asclepias  vincetoxicum),  der  grosse  Enzian 
(Gentiana  germanica),  ziehen  Kalkboden  vor. 

Indessen  hat  man  wohl  vielfach  den  Elinfluss  überschätzt,  welchen 
die  chemische  Mischung  des  Bodens  auf  das  Pflanzenleben  ausübt. 
Alphonse  de  Candolle  ist  durch  Zusammenfassung  zahlreicher 
partieller  Arbeiten  zu  dem  Ergebniss  gelangt,  dass  Gewächse,  welche 
in  einem  Lande  nur  in  bestimmter  Erde  wachsen,  anderwärts  auf  einem 
seinen  mineralischen  Stoffen  nach  durchaus  verschiedenen  Boden  ge- 
funden werden  und  dass  mehr  die  physische  Beschaffenheit  des  Bodens 
als  seine  chemische  IVIischung  die  entscheidende  Bedingung  flii*  den 
Standort  mancher  Pflanzen  ist.  Viele  derselben,  welche  in  einem  Lande 
nur  auf  einem  gewissen  Boden  wachsen,  gedeihen  anderwärts  auf  einem 
seinen  Eigenschaften  nach  ähnlichen,  seinen  mineralogischen  Stoffen 
nach  aber  verschiedenen  Boden.  Von  45  Pflanzenarten,  welche  Mo  hl 
nur  auf  kieseligen  Erdarten  in  der  Schweiz  und  in  Oesterreich  wahr- 
nahm, wurden  denselben  19  in  anderen  Klimaten  untreu.  Ebenso  traf 
man  von  67  dem  Kalkstein  eigenthümlichen  Species  der  Schweiz  36 
ausserhalb  der  Schweiz  auf  Bodenarten  ohne  kohlensauren  Kalk.  Von 
43  Arten,  welche  Wahlenberg  in  den  Karpathen  nur  auf  Kalk- 
felsen beobachtete,  sah  er  22  auf  kiystallinischem  Gestein  in  der  Schweiz 
und  in  Lappland  wieder.  Und  so  würden  sich  sicher  durch  weitere 
Unterauchungen  viele  jener  ausschliesslichen  Arten  noch  vermindern  ^). 

^)  Aus  einem  Vortrag  von  Frey  tag,  gehalten  am  7.  März  1S70  in  einer 
Sitzung  der  Niederrheinischen  GeBellschaft  zu  Bonn.    Ausland  lS7u,  S.  095. 

■)IL  W.  Reichardt:  „lieber  die  Alpenrose**  im  Jahrbuch  des  Öster- 
reichischen Alpenvereines.    Bd.  111  (1867),  S.  371. 

')  Charles  Martins,  Von  Spitzbergen  zur  Sahara.  Jena  1S68.  Bd.  I, 
S.  42—45. 


520  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

Da  der  Boden  (namentlich  die  durch  Verwitterung  entstandene  Acker- 
krame) meist  aus  den  yerschiedensten  mineralischei\  Stoffen  zusammen- 
gesetzt ist,  so  genügt  er  fast  stets  den  Bedürfhissen  der  verschieden- 
artigsten Pflanzen,  falls  er  nur  im  übrigen  diejenigen  physikalischen 
Eigenschaften  besitzt,  welche  ihn  zur  Ernährung  organischen  Lebens 
überhaupt  beßlhigen. 

Viel  wichtiger  als  die  Art  d^  geognostischen  Unterlage  ist  für  das 
Pflanzenleben  ein  genügendes  Maas  von  Feuchtigkeit,  Licht  und 
Wärme.  Die  Bedeutung  der  ersteren  ist  bereits  in  dem  vorhergehenden 
Abschnitte  hinreichend  gewürdigt  worden.  Das  Licht  ist  es,  unter  dessen 
Mitwirkung  erst  die  Pflanze  die  Kohlensäure  der  Luft  direct  zu  zerlegen, 
den  Sauerstoff  auszuscheiden  und  den  Kohlenstoff  zu  oi^ganischen  Verbin- 
dungen zu  benützen  vermag,  wobei  sich  das  Blattgrün  (Chlorophyll)  ent- 
wickelt Darum  streben  auch  die  Pflanzen  nach  dem  Lichte  und  ver- 
kümmern, wenn  ihnen  dasselbe  entzogen  wird.  Ist  nun  auch  für  das 
Bestehen  des  individuellen  Pflanzenorganismus  das  Licht  unentbehrÜch,  so 
kommt  es  doch  bei  der  geographischen  Verbreitung  der  Grewächse  gar 
nicht  in  Betracht,  weil  alle  Punkte  der  Erdoberfläche  im  Laufe  eines  Jahres 
eine  für  die  Ent&ltung  der  Pflanzen  hinreichende  Menge  Licht  empfangen; 
denn  die  Pole,  wo  die  Sonne  monatelang  über  dem  Horizonte  weilt, 
erhalten  ebenso  lange  Licht  wie  ii^nd  welche  Punkte  am  Aequator, 
wo  in  fortdauernd  harmonischem  Wechsel  einem  12stündigen  Tage  stets 
eine  ebenso  lange  Nacht  folgt  Denmach  ist  der  Mangel  an  Licht 
nirgends  ein  Hindemiss  fiir  die  Verbreitung  der  Gewächse.  Um  so 
mehr  gilt  dies  jedoch  von  dem  dritten  der  oben  genannten  Factoren: 
von  der  Wärme. 

Jede  Pflanze  bedarf  zum  Keimen,  dann  zum  Wachsen,  zum  Blühen, 
zur  Reife  ihrer  Samen  eine  bestimmte  Quantität  Wärme.  Als  Mass 
fiir  dieselbe  ist  nicht  etwa  einfech  die  mittlere  Jahreswärme  desjenigen 
Ortes  anzusehen,  an  welchem  die  betreffende  Pflanze  geddht;  denn 
dieses  Wärmemittel  ist  der  Quotient  aus  Sommer-  und  Winter-,  aus 
Tag-  und  Nachttemperaturen.  Es  ist  aber  nur  die  Wärme  während 
der  Periode  des  Wachsthums  zu  berücksichtigen.  Um  daher  einen 
mathematischen  Ausdruck  für  die  Temperaturerfordemisse  der  (Ge- 
wächse zu  gewinnen,  hat  Boussingault')  die  Mittelwärme  der  Vege- 
tationszeiten in  den  Hochgebirgsgebieten  des  äquatorialen  Amerika  und 
des  mittleren  Europa  mit  der  Zahl  der  Tage  multipKcirt,  die  zwischen 
der  Saat  und  der  Ernte  unserer  Feldfrüchte  liegen.  Auf  diesem 
W^;e  gelangte  er  durch  Beobachtung  zu  folgenden  Ergebnissen  fiir 
die  Gerste: 

')  Economie  rurale.    Paris  ]  S44.    Tome  II,  p.  659  sq. 


II.    Die  Abhängigkeit  der  Gewächse  von  Standort  und  Klima.       521 


Ort  der  Gultur. 


Dauer  der  Cnltor 

Ton  der  Saat  bis 

zur  Ernte. 


Mittlere  Temperatur 
während  dieser 
Zeit. 


Summe  der  Wärme- 
einholten. 


Bechelbronn  (Elsass)  .  .  . 
Cumbal  (unter  dem  Aequator) 
Santa  F^  de  Bogota  .  .  . 
Reval  (Esthland)      .... 

Upsala 

Kegensburg 


92  Tage 

168      . 


122 

90 
114 

88 


n 


n 


n 


190  C. 
10,7  °  C. 
14,7°  C. 
14,37«  C. 
13,94«  C. 
17,14«  C. 


1748  «  C. 
1798«  C. 
1793«  C. 
1288«  C. 
1589«  C. 
1509«  C. 


Diese  Resultate  weichen  ausserordentlich  von  einander  ab.  Offen- 
bar ist  die  B ou s sin gault' sehe  Berechnungsmethode  nicht  ohne 
Fehler;  denn  wenn  die  Gerste  in  Esthland  nur  1288  Wärmeeinheiten 
braucht,  wie  kann  sie  am  Aequator  bei  Cumbal  und  Bogota  1798  oder 
1793  Einheiten  nöthig  haben?  In  Eeval  soll  sie  bei  14,37  <>  C.  nur  90, 
in  Bogotd  bei  fast  gleicher,  ja  höherer  Temperatur  (14,7  ®  C.)  122  Tage 
bedürfen?  Der  Fehler  ist  darin  zu  suchen,  dass  in  dem  obigen  Falle 
bei  Ermittelung  der  durchschnittlichen  Tageswärme  Tages-  und  Nacht- 
temperatur in  Berechnung  gebracht  worden  sind;  die  Nachtstunden 
aber  müssen  hierbei  ganz  ausgesondert  werden.  Da  die  Pflanze  in 
noch  viel  höherem  Masse  als  das  Thier  im  ganzen  Verlaufe  ihres 
Lebensprocesses  vom  Einflüsse  des  Lichtes  abhängig  ist,  so  ist  die 
Nacht  für  die  Pflanze  in  viel  ausgedehnterem  Sinne  als  für  das  Thier 
eine  Zeit  der  Vegetationsruhe;  dies  geht  schon  daraus  hervor,  dass  die 
Wärme,  welche  doch  die  anregende  Elraft  flir  den  chemischen  Stoff- 
wechsel ist,  während  der  Nacht  von  der  Pflanze  nicht  aufgenommen 
wird.  Die  Pflanze  hat  nämlich  des  Nachts  eine  höhere  Mgenwärme 
als  die  Luft  und  verliert  an  letztere  einen  Theil  dieser  Wärme.  Da 
sie  nun  nicht  bloss  keine  Wärme  empfängt,  sondern  sogar  noch  Ver- 
luste erleidet,  so  darf  die  Temperatur  der  Nachtstunden  als  für  die 
Vegetation  nutzlos  bei  der  Berechnung  der  Wärmesummen  keine  Be- 
rücksichtigung erfahren;  vielmehr  kommen  hierbei  allein  die  Tempe- 
raturen der  Tagesstunden  in  Betracht^). 

Es  ist  nun  ganz  klar,  weshalb  unter  den  Tropen,  wo  zur  Vege- 
tationszeit der  Tag  nur  12  Stunden  dauert,  eine  gleiche  Anzahl  von 
Tagen  selbst  bei  gleicher  Temperatur  sich  nicht  so  wirksam  erweist 
wie  unter  hohen  Breiten,  wo  die  Sonne  während  eines  Tages  vielleicht 
18  bis  20  Stunden  am  Himmel  steht.  Um  diese  abweichende  Länge 
der  Tageszeit  für  die  Rechnung  wenigstens  einigermassen  auszugleichen. 


1)  Wilhelm  Kabsch,   Das  Pflanzenleben  der  Erde.     Hannover   1865. 

S.  53  ff. 


522  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

legt  Kabsch  die  normale  Tageazeit  von  12  Standen  zu  Grande  and 
bezeichnet  diesen  Zeitraum  zur  besseren  Unterscheidung  dem  astrono- 
mischen Tage  g^enüber  als  V^etationstag;  demnach  ist  ihm  auch 
diejenige  Wärmemenge  eine  Wärmeeinheit,  welche  die  mitdere  Tem- 
peratar  eines  solchen  Vegetationstages  um  einen  Grad  erhöht  So 
gelangte  er  fär  die  Gerste  zu  folgenden  Wärmesammen: 


Mittlere  Temperfttur 

Ort  der  Cultur.  j    Dauer  der  Cultur.        ^f  VegeU«o«- 

ti^e  wAArend 
dieser  Zeit. 


SomiM 

der 

Wirmeeinbeitfen. 


Cumbal 168  Tage  ä  12  Stunden  WC. 

Cairo 90     ,    allV,    ;,      '        23*  C. 


2352 
1984,9 


20«  C.  I      2134 

17,5  •  C.  1975,4 

21«  C.  1731,5 


Regensburg 88     „    aU'/i    „ 

Halle ,    93     „    al5 

Christiania 55     „    kl8        „ 

Die  DijBerenzen  sind  freilich  auch  bei  dieser  Methode  noch  immer 
sehr  gross  (die  Extreme  verhalten  sich  wie  1731,5  :  2352  oder  annähernd 
wie  3:4);  doch  entfernen  sie  sich  nicht  soweit  von  einander  wie  die 
Resultate  der  Boussingault' sehen  Berechnung.  Eine  völlige  Ueber- 
einstimmung  jener  Zahlenwerthe  darf  schon  deshalb  nicht  erwartet 
werden,  weil  dabd  die  Feuchtigkeit  und  die  Qualität  des  Bodens 
(besonders  in  Hinsicht  auf  seine  Kraft,  die  Sonnenstrahlen  zu  absorbiren) 
ganz  ausser  Acht  geblieben  sind.  Vor  allem  ist  bei  den  obigen  Be- 
rechnungen noch  ein  wichtiger  Punkt  übersehen  worden.  Man  hat 
nämlich  stets  Temperaturbeobachtungen  benützt,  welche  im  Sdiatten 
angestellt  wurden,  während  doch  die  Vegetation  an  allen  heiteren  Tagen 
direct  von  der  Sonne  bestrahlt  wird.  Schon  A.  v.  Humboldt  hatte 
gezeigt,  dass  im  nordwestlichen  Frankreich  genug  (Schatten-)  Wärme 
zum  Reifen  der  Trauben  vorhanden  sei,  dass  aber  die  fast  stete  Trübung 
des  Himmels  das  G^eihen  der  Frucht  beeinträchtige. 

Noch  müssen  wir  hinzufügen,  dass  unter  den  Gewächsen  künia- 
tische  Varietäten  vorkommen,  d.  h.  Pflanzen,  welche  ihre  Entwicklung 
rascher  vollenden  als  andere  von  derselben  Art  So  fand  Schübeler, 
welcher  verschiedene  Varietäten  der  Oerste  im  botamsdien  Garten  von 
Christiania,  also  unter  gleichen  physischen  Bedingungen  baute  und  die 
Variationen  der  Wachsthumsperiode  verglich,  dass  dieselbe  77  bis  105 
Tage  umfetsste.  In  einem  Falle  verkürzte  sich  sogar  der  zwischen  Saat 
und  Reife  des  Kornes  verflossene  Zeitraum  bis  auf  55  Tage;  diese 
Gerstenkörner  aber  waren  ihm  von  der  Polargrenze  der  Getreidecultur, 
von  Alten   in   Lappland    zugesandt  worden^).     Es   erklärt  sich   dies 

')  Scbäbeler,  Die  Caltorpflanzen  Norwegen*8.    S.  21. 


II.    Die  Abhängigkeit  der  Gewächse  von  Standort  und  Klima.       523 

daraus,  dass  in  einer  hochnordischen  Gegend  nur  einzelne  kräftige  In- 
dividuen ihre  Samen  völlig  zur  Reife  bringen.  Diese  vererben  ihre 
Frühreife  einzehien  Exemplaren;  nach  und  nach  befestigt  sich  diese 
Eigenschaft  y  und  so  entsteht  eine  Varietät ,  deren  Vegetationsperiode 
wesentlich  kürzer  ist. 

Bisweilen  verändern  Pflanzen,  welche  sich  nach  anderen  Elimaten 
verbreiten,  ihre  chemische  Zusamjnensetzung.  Nach  dem  Süden  ver- 
mehrt sich  namentlich  der  Stickstoffgehalt  in  den  Cerealien.  Im  Norden 
Europa's  beträgt  derselbe  für  den  Weizen  6 — 7,  im  Süden  Europa's  und 
in  Algier  aber  20 — 25  Procent.  Der  Waid  (Isatis  tinctoria)  ist  in  süd- 
lichen Ländeni  viel  reicher  an  seinem  blauen  Farbestoff  als  im  nörd- 
lichen. Hanf  und  Flachs  gewähren  in  Indien  nur  spröde,  nutzlose 
Fasern;  daftlr  aber  Uefert  der  indische  Hanf  (Cannabis  indica)  im 
Orient  den  bekannten  Haschisch,  welcher  eine  wunderbare  Wirkung 
auf  das  Traumleben  des  Menschen  ausübt.  Ebenso  würde  das  Opium, 
welches  aus  den  unreifen  Samenkapseln  unseres  Mohns  gewonnen  werden 
könnte,  medicinisch  werthlos  sein.  Pflanzen,  welche  sich  durch  flüchtig 
riechende  Stoffe  ätherisch  öliger  Natur  auszeichnen,  entbehren  im  Norden 
derselben.  Die  Rosen,  aus  deren  Blüthenblättem  man  im  Orient  das 
kostbare  Rosenöl  bereitet,  können  bei  uns  nicht  zur  Herstellung  dieses 
Parfiims  benützt  werden.  Veilchen,  Lavendel,  Rosmarin  und  andere 
duftende  Blüthen,  welche  namentlich  im  südlichen  Frankreich  cultivirt 
werden,  geben  dort  einen  viel  lieblicheren  Geruch  als  bei  ims.  Selbst 
von  Früchten  gilt  dies;  die  in  unseren  Gewächshäusern  reifende  Ananas 
hat  nicht  im  entferntesten  jenes  vorzügliche  Aroma,  welches  diese 
Frucht,  obwohl  wild  wachsend,  in  der  tropischen  Zone  darbietet.  Die 
Hemlocktanne  soll  in  Schottland  kein  Conicin  entwickeln;  der  Mastix- 
baum von  Chios  (Pistacia  Lentiscus),  welcher  das  bekannte  Mastixharz 
liefert ,  gedeiht  zwar  in  Südfrankreich ,  ist  dort  jedoch  arm  an  Harz ; 
das  Holz  des  Sassafras  (Laurus  Sassafras)  verliert,  wenn  der  Baum  in 
Europa  angepflanzt  wird,  seinen  Geruch ;  die  Zuckerhirse,  in  Ostindien 
reich  an  Zucker,  ist  fast  ganz  ohne  Zuckerstoff,  wenn  sie  bei  uns  an- 
gebaut wird;  der  echte  Eisenhut  (Aconitum  napellus)  ist  in  nordischen 
Ländern  weit  weniger  giftig,  und  der  Rhabarber  erzeugt  in  England 
keinen  Arzneistoff. 

Jede  Pflanze  trachtet  darnach,  sich  zu  verbreiten.  Manche  ver- 
mögen die  Grenzen  einer  bestimmten  Zone  nicht  zu  überschreiten; 
viele  jedoch  suchen  sich  in  verschiedenen  Elimaten  Wohnstätten;  ja, 
einem  Theile  gelingt  es,  sich  ebenso  gut  unter  dem  Himmel  der  Tropen 
'  wie  im  eisigen  Norden  zit  behaupten.  Indessen  haben  alle  Pflanzen 
ihre  Polargrenzen  und  viele  zugleich  Aequatorialgrenzen. 

Da  die  Wärme  nicht  bloss  polwärts,  sondern  auch  mit  der  Höhe 


524 


Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 


über  der  Meeresfläche  abnimmt,  so  besitzen  die  Gewächse  neben  ihren 
Polargrenzen  auch  Höhengrenzen,  die  natürlich  im  allgem^en  am 
Aequator  am  höchsten  liegen  und  sich  nach  den  Polen  hin  mehr  und  mehr 
senken.  Wenn  man  sich  also  vertical  an  den  Abhängen  der  Gebirge 
erhebt,  so  wird  man  erkennen,  dass  das  Pflanzenkleid  der  Erde  in 
ähnlicher  Weise  wechselt,  wie  wenn  man  sich  vom  Aequator  nach  den 
Polen  begiebt;  namentlich  wiederholen  unter  den  Tropen  die  Hoch- 
gebii^,  an  denen  stockwerkartig  die  verschiedenen  EJimate  der  Erde 
einander  gleichsam  überragen,  in  ihrer  belebten  Schöpfung  die  organische 
Welt  in  gedrängter  Kürze  und  bilden  so  Mikrokosmen  für  sich. 

Dass  sich  die  Pflanzenwelt  an  Bei^bhängen  stufenartig  ändert, 
wurde  schon  von  Tournefort  und  Gundelsheimer  beobachtet, 
als  sie  am  10.  August  1701  den  Ararat  besäßen.  Sie  bemerkten 
hierbei,  dass  am  Abhänge  des  Berges  auf  die  armemsche  Pflanzenwelt 
eine  südeuropäische,  dann  eine  französische,  später  eine  skandinavische 
und  zuletzt  in  der  Nähe  des  ewigen  Schnees  eine  alpine  Flora  folgte. 
A.  V.  Humboldt  mass  die  senkrechten  Abstände  der  organischen 
Stockwerke  an  den  Abhängen  der  Anden,  ermittelte  gleichzeitig  die 
senkrechte  Abnahme  der  Erwärmung  und  entwarf  ein  ideales  Gemälde 
von  den  Höhengürteln  der  Gewächse,  welches  die  älteste  Grundlage 
unserer  heutigen  Pflanzenklimatologie  wurde  >).  Er  erhielt  hierbei  für 
das  äquatoriale  Andengebiet  nachstehende  V^etationsstufen: 


ICtteltempentiiT 

Zonen,  welche  im 

Höhe. 

flkr  die  entspredi. 

Nirean  dee  Meeres 

Vorherrschende  Grewächse. 

Höhen  nach 

eine  gleiche  Tem- 

A.T.  Humboldt. 

pentnr  haben. 

0—  600  Meter 

27,5*  C. 

0-15«  Br. 

Palmen  and  Bananen^. 

600—1200    „ 

24«  C. 

15—23«   „ 

Baumartige  Farne  und  Feigen. 

1200—1900    , 

1 

21«  C. 

23-34«   „ 

Myrten  -     und    lorbeerartige 
Gewächse. 

1900-2500    „ 

19«C. 

34-45*   „ 

Immergrüne  Laabhölzer. 

2500-3100    „ 

16«C. 

45-58«   „ 

LaubhöJzer  mit  Laubwurf. 

3100-3700    , 

13'»  C. 

58-66»   „ 

Nadelhölzer. 

8700—4400    „ 

8,5»  C. 

66-72«   „ 

Alpenrosen. 

4400-4800    „ 

4,5*  C. 

72-82«    „ 

Alpenkraater. 

über    4800    „ 

1,5  •  C. 

82-90«   „ 

Kryptogamen  (ewiger  Schnee). 

*)  Den  ersten  Versuch  dieser  Art  enthält  sein  Atlas  g^gr.  et  phys.  du 
Noureau  Continent.  Doch  hat  er  dieses  altere  Bild  später  rerworfen  and  ein 
verbessertes  veröffentlicht  in  der  Schrift  De  distributione  geographica  plantanim. 
Paris  1817.    p.  88,  PI  I. 

*)  Auf  swei  wichtige  Ausnahmen  von  dem  Verbreitungsgesetz  dieser  beiden 
Familien,  nämlich  auf  das  Vorkommen  der  Wachspalme  (Ceroxylon  andicola)  aaf 
den  Schneebergen  von  Qoindiu  in  Neugranada,  wo  sie  in  1750  bis  2900  Meter 
Meereshöhe  auftritt,  sowie  einer  Musacee  (Heliconia)  auf  der  Silla  von  Caracas 
in  2150  Meter  Meereshöhe  hat  A.  v.  Humboldt  selbst  schon   aufmerksam 


II.    Die  Abhängigkeit  der  Gewächse  von  Standort  und  Klima.       525 

Wenn  die  in  der  Tabelle  angeführten  Mitteltemperaturen  in  ver- 
schiedenen Regionen  der  Tropen  nicht  mit  den  mittleren  Jahres- 
temperaturen der  ihnen  zur  Seite  gestellten  höheren  Breiten  überein- 
stimmen, sondern  eher  den  mitderen  Sommertemperaturen  derselben 
entsprechen,  so  darf  dies  nicht  befremden,  weil  in  kälteren  Gegenden 
für  die  Entwicklung  der  Vegetation  meist  die  Sommerwärme  mass- 
gebend ist,  während  die  Winterkälte '  dabei  vielfech  völlig  gleich- 
giltig  ist. 

£benso  ist  es  A.  v.  Humboldt  gewesen,  welcher  die  bekannte 
Eintheilung  Mexico 's  in  tierras  caUentes,  t.  templadas  und  t.  frias 
schuf  imd  damit  zugleich  drei  Gebiete  von  ganz  verschiedenem  Vege- 
tationscharakter von  einander  getrennt  haben  wollte^).  Die  tierras 
calientes  (bis  1000  Meter  hoch)  erzeugen  in  ihrem  unteren  Theile 
Mimosen,  Akazien,  Cäsalpinien  (Haematoxylon  campechianum) ,  die 
amerikanische  Feige  (Ficus  americana)  und  Bananen,  zu  denen  sich 
weiter  aufwärts  Palmengruppen  (die  Palma  real,  Acrocomia  aculeata), 
Myrten-  und  Lorbeerarten,  sowie  endlich  Yucca,  Agave  und  Cacteen 
(die  schöne  Mamillaria  Humboldtii)  gesellen.  Die  tierras  templadas 
(1000  bis  2000  Meter  hoch)  tragen  feuchte  Gebirgswälder,  in  denen 
die  Eichen  besonders  zahlreich  und  gemischt  mit  Palmen  vorkommen; 
in  den  Niederungen  findet  sich  ein  dichtes  Gemisch  von  Myrten  (meist 
Eugenien),  Lorbeeren  (Ocotea),  Mimosen,  Robinien,  Terebinthaceen, 
Cassien,  wolligen  Linden  (Triumsetten),  Ulmen  mit  breitem,  bretartigem 
Stamme,  dazwischen  Pothosgewächse,  namentlich  Dracontien  mit  durch- 
löcherten Blättern,  Agaven,  hochstämmige  Yuccas  und  zahllose  Lianen. 
In  den  tierras  frias  (über  2000  Meter  hoch)  herrschen  bis  2500 
Meter  Höhe  zunächst  noch  die  Eichen  neben  Ulmen  und  Erlen  vor; 
später  (von  2500  bis  3600  Meter  Höhe)  dominiren  die  Coniferen 
(unter  ihnen  besonders  die  prächtigen  Stämme  .von  Pinus  Montezimia), 
sodann  (bis  4400  Meter  Höhe)  niedrige  Synanthereen,  welche  die  Rhodo- 
dendren der  Alpen  vertreten,  und  endlich  silberhaarige  Gesträuche  von 
Senecio. 

An  den  Südabhängen  des  Himalaya  reichen  die  tropischen 
Gewächse,  vor  allem  die  riesigen  Feigenbäume,  die  Wollbäume,  die 
Baumfame,  die  Laurineen  und  Magnolien,  sodann  Mimosen,  baumartige 
Vemonien  und  Helicien,  sowie  Euphorbienbäume  1600  bis  2000  Meter 
hoch   hinauf.    Hierauf  folgt  bis  c.  4000  Meter  Höhe  die  gemässigte 

gemacht.  A.  v.  Humboldt,  Ansichten  der  Natur.  Stuttgart  und  Tübingen 
1849.  Bd.  II,  S.  153.  Voyage  de  Humboldt  et  Bonpland.  Premiere  partie. 
Helation  historique.    Paris  1814.    'Tome  I,  p.  606. 

^)  A.  V.  Humboldt,  Essai  politique  sur  le  royaume  de  la  Nouvelle 
Espagne.    Paris  1811.    Tome  I,  p.  39  sq. 


526  Vierter  TheiL    Das  organiüche  Leben  auf  Erden. 

Region.  Bis  3000  Meter  Höhe  walten  in  derselben  Eichen  und  Lor> 
beer0[i  neben  Hex,  PrunuB,  Rhododendron  und  Magnolia  vor;  hierauf 
gewinnen  nordeuropäische  Laubhölzer  aus  den  Gattungen  Älnus,  Betula, 
Coiylus,  Carpinus  die  Oberhand,  unter  welche  sich  vidfeudi  Nadelhölzer 
mischen.  fSne  Laub-  und  Kaddholzregion  kann  hier  nicht  unter* 
schieden  werden,  da  beide  zusammenfidlen.  Der  Baumwuchs  endet  in 
einer  Meeresböhe  von  c.  4000  Metern;  hierauf  Termittelt  ein  Gürtel 
bunter  Alpenkräuter  den  Uebergang  zur  Region  des  ewigen  Schnees. 
An  der  Nordseite  des  Himalaja  steigen  die  Gewächse  entsprechend  der 
Schneegrenze  bis  in  viel  bedeutendere  Höhen  empor. 

Für  die  Alpen  dürfen  wir  sechs  Höhengürtel  der  Gewächse  an- 
nehmen: 1)  Die  R^on  der  Obstbäume  (im  Mittel  bis  650  Meter  Höhe) 
ist  zugleich  das  Grebiet  des  Getreidebaues;  die  Waldungen  bestehen 
meist  aus  Buchen,  Birken,  Erlen,  Lärchen,  Fichten  und  Tannen  und 
dem  gewöhnlichen  Unterholz.  2)  Die  R^on  der  Buchen  (bis  1500 
Meter  Höhe)  mithält  auch  die  obere  Grenze  der  Birke,  des  Bergahom 
und  der  Eberesche;  hier  erscheinen  die  Rhododendren.  3)  Die  Region 
der  Fichten  (bis  1800  Meter  Höhe)  zeigt  die  schönste  Elntwicklung  der 
Alpenmatten  und  den  herrlichsten  Alpenrosenflor.  Ausser  der  Roth- 
tanne oder  Fichte  (Pinus  Abies  excelsa)  bilden  die  Beigkiefer  (Pinus 
montana)  und  die  Zirbel  (Pinus  Cembra)  grosse  Waldungen.  4)  Die 
R^on  des  Eoiieholzes  (bis  2300  Meter  Höhe)  weist  Bestände  der  Leg- 
föhre (Pinus  humilis)  auf.  5)  Die  R^on  der  Alpenkräuter  (bis  2800 
Meter  Höhe)  erzeugt  von  Holzgewächsen  nur  die  Zwergformen  der 
Alpenwdde  (Salix  retusa)  und  der  Ejrautweide  (S.  herbacea),  femer 
einige  Alpenrosen,  die  rothe  Haide  (Erica  camea)  und  die  einzige  in 
den  Alpen  vorkommende  Azalee  (Azalea  procumbens).  6)  Die  R^on 
der  Eryptogamen  liegt  bereits  jenseitB  der  Schneegrenze  und  beherbergt 
nur  Moose  und  Flechten  ^). 

Natürlich  sind  die  obigen  Höhengrenzen  nur  DurchschnittBwerthe, 
welche  zwar  im  dllgemeinen,  aber  nicht  fiir  alle  einzelnen  Theile  der 
Gebiige  zutreffen;  je  nach  der  mineralogischen  Beschafienheit  des 
Bodens,  nach  der  Steilheit  der  Gehänge,  nach  einer  der  Insolation  und 
südlichen  Winden  günstigen  oder  ungünstigen  Lage  und  nach  dem  Grad 
der  Bewässerung  sind  jene  Grenzen  innerhalb  eines  Gebirges  sehr  be- 
trächtlichen Schwankungen  unterworfen. 

Aus  dem  überall  an  den  Abhängen  der  Gebirge  eintretenden 
Wechsel  der  V^etation  erklärt  sich  auch,  dass  Gebiige  mit  hohem, 
geschlossenem  Eanmi  fiir  die  Verbreitung  der  Pflanzen  oft  unüber- 
windliche Schranken  sind.     Nur  dann,   wenn  die  obere  Grenze  dner 

')  Wilhelm  Kabsch,  Das  Pflanzenleben  der  Erde.  Hannover  1^65. 
*S.  357  ff. 


II.    Die  Abhängigkeit  der  Gewächse  von  Standort  und  Klima        527 

Pflanze  sich  über  den  niedrigsten  Pass  erhebt,    vermag  dieselbe  das 
Gebirge  zu  überschreiten. 

Das  entwickeltste  Pflanzenleben  der  Erde  finden  wir  in  den  mit 
Niederschlägen  reich  bedachten  Gebieten  der  tropischen  und  subtropischen 
Zone.  Hier  sind  die  Gewächse  saftstrotzender,  meist  von  frischerem 
Grün,  mit  grösseren  und  glänzenderen  Blättern  gezieii;  als  in  den 
nördlichen  Erdstrichen.  Auch  ragen  hier  vielfach  Bäume  von  so 
gigantischer  Grösse  und  so  hohem  Alter  empor  wie  sonst  nirgends  auf 
der  Erde. 

Zu  den  Riesen  im  Reiche  der  Vegetation  gehören  die  von 
Balduin  Möllhausen  geschilderten  Baumgestalten  des  Mammuth- 
baumthales  in  der  Sierra  Nevada  (im  Calaveras-Bezirk,  also  fast  genau 
östUch  von  San  Francisco).  Jene  Bäume  sind  Coniferen,  die  zu  den 
Gattungen  Sequoia  (Endl.)  und  Wellingtonia  (Lindl.)  zählen;  am  im- 
posantesten sind  Sequoia  gigantea  und  Wellingtonia  gigantea.  Ihre 
Kronen  beginnen  meist  erst  in  einer  Höhe  von  45  bis  60  Metern  und 
reichen  bis  zu  90  Meter  Höhe  empor.  Einer  (der  Hauptstamm  der 
aus  26  Stämmen  bestehenden  Family  Group,  genannt  der  Vater)  ist 
schon  vor  Jahren  einem  Sturm  zum  Opfer  ge&llen ;  er  ist  in  der  Höhe 
von  90  Metern  abgebrochen,  hat  aber  dort  noch  12  Meter  Umfang, 
während  derselbe  an  der  Basis  34  Meter  beträgt.  Die  gesammte  ehe- 
malige Länge  des  Stammes  wurde  zu  135  Metern  berechnet.  Die 
Mutter  der  Family  Group  hat  28  Meter  Umfeng  und  100  Meter  Höhe  ^). 

Von  ebenso  gewaltigen  Dimensionen  sind  einzelne  Individuen  eines 
Eucalyptus  (E.  amygdalina)  in  Victoria  (Australien).  Eine  wirkliche 
Messung  von  Eucalyptus  amygdalina  ergab  nach  Ferd.  Müller, 
Director  des  botanischen  Gartens  in  Melbourne,  128  Meter;  den  höchsten 
Bäumen  dieser  Art  im  QueUgebiet  des  Yarra  imd  Latrobe  wird  sogar 
eine  Höhe  von  152  Metern  zugeschrieben.  Demnach  übertriflft  Euca- 
lyptus amygdalina  die  grössten  Wellingtonien  noch  um  über  15  Meter 
und  überragt  selbst  die  höchsten  menschlichen  Bauwerke:  den  Strass- 
burger  Münster  und  die  Pyramide  des  Cheops.  Der  grösste  Baum 
Westaustralien's  ist  der  Kaori,  ebenfalls  ein  Eucalyptus  (E.  colossea); 
ein  im  Thale  des  Warren  gemessener  Baum  dieser  Art  soll  120  Meter 
hoch  sein.  Doch  besitzen  nur  einzelne  bevorzugte  Exemplare  eine 
solche  Höhe;  im  allgemeinen  dürfte  die  Höhe  der  Wellingtonien  weit 
bedeutender  sein  als  die  der  erwähnten  Eucalypten  -). 

Hinsichtlich   ihrer   Stärke    aber    werden   selbst  jene    Waldriesen 

^)  Balduin  Möllhausen,  Tagebuch  einer  Heise  vom  Mississippi  nach 
den  Küsten  der  Südsee.    Leipzig  1858.    S.  467—469. 

*)  A.  Grisebach  nach  F.  Müller,  Notes  on  the  Vegetation  of  Australia, 
in  Behm's  Geographischem  Jahrbuch.    Bd.  II  (1868),  S.  212  f. 


528  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

CaUfomien's  und  Victoria's  noch  überflügelt  durch  einzehie  Feigenbäume 
in  Queensland  (Australien).  Der  R^erungsbotaniker  Walter  Hill 
&nd  im  November  1873  am  Johnstone-Flnsse  einen  Feigenbaum  von 
bisher  einzigartigen  Dimensionen.  Einen  Meter  über  dem  Boden  hat 
er  einen  Umfimg  von  45  Metern,  und  selbst  in  einer  Höhe  von  17 
Metern,  wo  er  seine  ßiesenzweige  aussendet,  noch  dnen  solchen  von 
beinahe  24  Metern  ^),  während  doch  der  Umfang  der  höchsten  Welling- 
tonien  nur  34  Meter  und  derjenige  der  grössten  Eucalypten  26  Meter 
beträgt 

Ebenso  zeichnen  sich  die  tropischen  und  subtropischen  Gewächse 
yiel£ich  durch  eine  ausserordentliche  Lebensdauer  aus.  Nach  Lind- 
ley's  Unt^-suchungen  bestanden  die  grossen  Wellingtonien  der  Mam- 
muthschlucht  schon  vor  3000  Jahren  ^).  Die  kühnen  Schätzungen  von 
Adanson  und  Perrottet  geben  den  von  ihnen  gemessenen  Adan- 
sonien  ein  Alter  von  5150  bis  6000  Jahren;  sie  müssten  demnach 
bereite  existirt  haben,  als  die  Pyramiden  erbaut  wurden^  oder  vielleicht 
gar,  als  das  südliche  Kreuz  noch  im  nördlichen  Deutschland  sichtbar 
war.  Das  Alter  des  colossalen  Drachenbaumes  (Dracaena  draco)  von 
Orotava  (Teneriffit),  der  in  der  Nähe  des  Bodens  einen  [Jm£uig  von 
24  Metern  hat,  reicht  zwar  nicht  bis  in  die  ältesten  historischen 
Zeiten,  aber  doch  bis  in  die  älteren  Zeiten  hellemscher  und  römischer 
Geschichte  hinauf),  und  noch  immer  trägt  er,  gleichsam  in  ewiger 
Jugend,  Blüthe  und  Frucht 

^)  Nach  dem  „Brisbane  Courier**  vom  30.  December  1873  in  Natore,  VoL  IX, 
Nr.  232.    9.  April  1874.    p.  452  sq. 

»)  A.  Grisebach,  Die  Vegetation  der  Erde.  Leipzig  1872.  Bd.  II,  S.  307. 

')A.  y.  Humboldt,  Ansichten  der  Natur.  3.  Aufl.  Stuttgart  und 
Tubingen  1849.    Bd.  II,  S.  104  ff.,  bes.  107. 


III.     Physiognomik  der  Grewächse. 


Alexander  y.  Humboldt  hat  zuerst  darauf  hingewiesen,  dass  der 
Wechsel  landschaftlicher  Eindrücke  nicht  von  den  Formen  der  Erd- 
oberfläche herrührt,  weil  die  gleichen  Felsarten  überall  wiederkehren  und 
überall  die  nämlichen  Umrisse  zeigen,  sondern  dass  das  Gefühl  der 
Fremdartigkeit  beim  AnbUck  entlegener  Welten  nur  dadurch  entsteht, 
dass  sich  die  Pflanzenbekleidung  des  Bodens  und  mit  ihr  die  vor- 
handenen Thier-  und  Menschengestalten  ändern.  Den  letzteren  fehlt 
es  jedoch  an  Masse,  um  den  Totaleindruck  wesentlich  beeinflussen  zu 
können;  auch  entziehen  sich  die  einzelnen  Individuen  vermöge  ihrer 
Beweglichkeit  oft  unserem  Auge;  hingegen  wirkt  die  Pflanzenschöpfung 
durch  ihr  massenhafties  Auftreten,  wie  durch  ihre  stetige  Grösse  mächtig 
auf  unsere  Phantasie  ^).  Die  Verschiedenheit  der  landschaftlichen  Ein- 
drücke und  die  malerischen  Wirkungen  femer  Länder  beruhen  daher 
in  erster  Linie  auf  der  Eigenthümhchkeit  ihres  Pflanzengewebes,  des 
lebendigen  Kleides  der  Natur.  Die  Zergliederung  der  Eindrücke  ist 
dann  aber  keine  Frage  des  ordnenden  Botanikers,  sondern  eine  ästhe- 
tische Aufgabe,  imd  die  Gewächse  werden  nicht  mehr  nach  den  natür- 
lichen Familien  gruppirt,  sondern  nach  ihrem  landschaftlichen  Werth, 
besonders  nach  dem,  was  die  Gärtner  als  Figur  zu  bezeichnen  pflegen. 
Ein  künstlerisches  Bedürftiiss  also  trieb  A.  v.  Humboldt  zu  einer 
die  systematischen  Ordnungen  durchbrechenden  Eintheilung  des  Pflanzen- 
reiches in  sechszehn  Grundformen  der  Vegetation  oder  zu  einer  ästhe- 
tischen Physiognomik  der  Gewächse 2).  Die  ältesten  Versuche,  die 
Pflanzen  zu  classificiren,  welche  der  Systematik  Tournefort's  und 
Linn^'s  vorausgingen,  kommen  hier  wieder  zur  Geltung;   denn  es 

*)  A.  V.  Humboldt,  Ansichten  der  Natur.  3.  Aufl.  Stuttgart  und  Tübingen 
1849.    Bd.  II,  S.  20. 

*)  Ideen  zu  einer  Physiognomik  der  Gewächse.  Tübingen  1S06,  später 
aufgenommen  in  die  Ansichten  der  Natur.  3.  Aufl.  Stuttgart  und  Tübingen 
1849.    Bd.  n,  S.  1—41. 

Peachel-Leipoldt,  Fhys.  Erdkunde.    IL  34 


530  Vierter  TheU.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

handelt  sich  hierbei  nicht  um  eine  Vergleichung  der  Blüthen  und 
Früchte,  sondern  der  Stämme,  Zweige  und  Blätter.  Die  systematisdie 
Botanik  musste  einst  diesen  W^  verlassen,  weil  man  zu  der  Elrkenntniss 
gelangt  war,  dass  die  letztgenannten  Organe,  welche  die  Eknährung 
der  Gewächse  yermitteln,  in  ihrer  Gestalt  yiel  yeränderlicher  und  un- 
bestimmter sind  als  die  zur  Fortpflanzung  dienenden.  Bisweilen  fiaUen 
die  Vegetationsfbrmen  mit  den  Gruppen  des  natürlich^i  Systems  zu- 
sammen; weit  öfter  jedoch  ist  bei  Reicher  Bildungsweise  der  Emähmngs- 
Organe  eine  grosse  Verschiedenheit  im  Bau  der  Blüthen  und  Früchte 
zu  beobachten.  Es  ist  klar,  dass  sich  in  der  Physiognomik  der  Ge- 
wächse keine  so  strenge  Classification  durchführen  lässt  wie  in  der 
systematischen  Botanik.  Dennoch  ist  sie  ebenso  berechtigt  wie  diese 
und  gehört  recht  eigentlich  in  die  physische  Erdkunde. 

Die  16  Humboldt' sehen  Typen  hat  Kabsch  um  11  yermehrt. 
Grisebach  zählt  ihrer  sogar  54  auf;  doch  sind  einzelne  Theilungen 
Grisebach's  auf  so  geringe  Unterschiede  gegründet,  dass  sie  kaum 
gerechtfertigt  erscheinen*).  Die  von  Eabsch  angestellten  27  Vege- 
tationstypen sind  folgoide'): 

1)  Von  den  Schwämmen  können  nur  einige  Biesengestalten 
landschaftUche  Wirkungen  henrorbringen,  so  die  dnen  Meter  breiten 
Hüte  von  Polyporus  und  Lenzites  und  fiisshohe  Morchehi  (Morchella 
alba).  Das  sonderbarste  Bild  bietet  ein  Bovist  (Lycoperdon  horrendum), 
eine  Schwammkugel  von  einem  Meter  Durchmesser,  die  wie  ein  lauern- 
des, weisses  oder  braunes  Ungeheuer  im  Dunkel  des  Waldes  den  Wan- 
derer erschreckt. 

2)  Die  Flechten  werden  künstlerisch  höchst  bedeutsam  durch 
die  oft  sehr  warmen  Farben,  mit  denen  sie  die  Gesteine  umkleidoL 
Ihr  wahres  Reich  aber  b^innt  erst  da,  wo  die  höheren  Gewächse 
zurückbleiben:  im  Gebirge  bd  höherer  Erhebung,  auf  den  Tundren 
im  Norden  der  Alten  Weltj  in  dem  Steinlande  Labrador,  wie  überhaupt 
in  den  Hudsonsbaygebieten.  Der  Engländer  Hind,  welcher  im  Jahre 
1861  eine  wissenschaftliche  Reise  in  das  Innere  der  Halbinsel  Labrador 
ausführte,  schildert  uns  die  Pracht  der  dort  heimischen  Flechten  mit 
folgenden  Worten  ^) :  „Unsere  Sprache  ist  zu  matt  für  die  Herrlichkeit 

^)  Vgl.  A.  Grisebach,  Die  Vegetation  der  Erde.  Leipzig  1872.  Bd.  I, 
S.  11 — 14.  Von  den  54  Formen  Grisebach's  gehören  30  zu  den  Holz- 
gewächsen, 3  zu  den  succulenten  Gewächsen,  3  zu  den  Schlinggewachsen, 
2  zu  den  Epiphyten,  8  zu  den  Krautern,  6  zu  den  Grftsem  (Grisebach 
unterscheidet  hier  beispielsweise  Wiesengräser,  Steppengräser,  Savanengräser« 
annuelle  Gräser,  Cyperaceenform  und  Rohrgräser)  und  2  zu  den  Zellenpflanzen. 

s)  Nach  Wilhelm  Kabsch,  L  c.  8.  215—303. 

*)  H.  Y.  Hind,  Explorations  in  the  interior  of  the  Labrador  Peninsola. 
London  1S63.    VoL  I,  p.  1S2. 


III.    Physiognomik  der  Gewächse.  531 

der  Flechten.  Sie  tragen  alle  Farben,  von  der  des  oxydirten  Silbers 
bis  zum  Zinnober,  vom  heissesten  Orange  bis  zum  Sammetschwarz. 
Ein  jedes  Land  und  ein  jedes  Klima  hat  seine  besonderen  Schönheiten, 
die  es  als  sein  ungetheiltes  Eigenthum  betrachten  kann.  Labrador's 
Einöden  haben  ihre  Flechten,  die  auf  jedem  Schritt  einen  Ruf  des 
Staunens  und  der  Bewunderung  unseren  Lippen  enüocken  und  zugleich 
uns  betrauern  lassen,  dass  wir  nicht  einige  dieser  märchenhaften  Miniatur- 
gärten mit  uns  nehmen  dürfen.  Vermöchten  wir  nur,  sie  aufzubewahren, 
diese  malerischen  Befleckungen  der  Verwitterung,  denen  es  geUngt,  wie 
Feenringe  sich  an  den  harten  Gneiss  zu  heften  und  ihn  mit  Lieblichkeit 
zu  umkleiden!^  NamentUch  sind  hier  Cladonia  rangiferina  (Renthier- 
flechte)  und  Cladonia  gracilia  (schlanke  Hohlflechte)  durch  Schönheit  und 
üppige  Entfaltung  ausgezeichnet.  Aber  auch  weiter  südwärts  können  die 
Flechten  den  Wäldern  einen  poetischen  Anstrich,  eine  „Stimmung"  ver- 
leihen. „Wer  hat  nicht  schon,"  bemerkt  Kabsch^),  „die  fusslangen 
Usneen  unserer  Bergwälder  bewundert,  und  doch  können  sie  sich  in  süd- 
lichen Gegenden  noch  viel  prächtiger  entwickeln;  wie  mit  einem  grauen 
oder  braunen  Schleier  umhüllen  sie  die  alten  Baumgestalten  •,  langen  Silber- 
fransen gleich  hängen  sie  von  jedem  Ast,  von  jedem  Zweige  herab.  So 
kommt  auf  St.  Helena  eine  örtliche  Varietät  der  Usnea  barbata  vor, 
welche,  ganz  in  dieser  Weise  in  der  Nähe  der  Wohnung  Napoleon's  die 
Bäume  einer  ganzen  Allee  aus  Conyza  arborea  überziehend,  einen 
äusserst  efiectvollen  Anblick  hervorruft." 

3)  Die  Form  der  Algen  fiihrt  uns  hinaus  an  die  Gestade  des 
Meeres,  tief  hinein  in  die  wogende  See.  Von  physiognomischer  Wich- 
tigkeit sind  nur  einige  fast  ausschliesslich  dem  Meere  angehörende 
Arten ;  die  Algen  haben  daher  eigentlich  wenig  landschaftlichen  Werth; 
aber  sie  zählen  wegen  ihrer  wunderbaren  imd  manigfaltigen  Formen 
zu  den  interessantesten  Geschöpfen  der  Natur.  Die  merkwürdigsten 
imd  grössten  scheinen  sich  an  der  Südspitze  Amerika's  zu  finden.  130 
Meter  lang  und  mit  2V2  Meter  langen  Blättern  ausgestattet  ist  die 
Macrocystis  pyrifera  in  den  Canälen  des  Feuerlandes  und  bei  den 
Falklandsinseln ;  dort  bildet  sie  mit  den  ebenso  riesigen  Lessonien, 
welche  ein  palmenartiges  Aussehen  haben,  mächtige  unterseeische  Wälder, 
die  ein  reicheres  Thierleben  beherbergen  als  die  Wälder  des  Festlandes. 
Die  Durvillaea  edulis  hat  bisweilen  eine  Länge  von  500  Metern.  Auch 
an  der  Küste  von  Kamtschatka  begegnet  man  einer  durch  riesenhafte 
Dimensionen  ausgezeichneten  Algenflora;  namentlich  ist  die  Nereocystis 
Lütkeana  hervorzuheben:  ein  100  Meter  langer,  bindfadenartiger  Stengel 
endigt  in  einer  2  Meter  langen,  hohlen  Schwimmblase,  die  eine  Krone 

')  1.  c.  S.  223. 

34* 


532  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  anf  Erden. 

▼on  gespalteneiif  10  bis  13  Meter  langen  Blättern  besitzt,  zwischen 
denen  die  Seeotter,  versteckt  und  getragen  von  der  Schwimmblase,  auf 
Baub  lauert 

4)  Die  Moose  mit  ihren  feinen,  zierUchen  Gestalten  verleihen 
sowohl  im  hohen  Norden,  wie  anter  den  Tropen  der  feuchten  Erde 
nnd  den  Felsen  im  Waldgrand,  sowie  den  Baumstämmen  ein  prächtige 
grünes  Gewand.  Doch  gilt  auch  von  ihnen  wie  von  den  Flechten, 
dass  sie  nur  in  kalten  Erdräumen  der  Landschaft  eine  besondere 
Physiognomie  au&udrncken  vermögen. 

5)  In  unseren  Farnen  tritt  uns  diejenige  Form  entgegen,  welche 
uns  am  lebhaftesten  an  die  tropisdie  Pflanzenwelt  erinnert  Zwar 
ist  ein  kleiner  Farn  unseres  Nordens,  vielleicht  ein  Polypodium,  sdir 
verschieden  von  einer  Fiederpalme  der  Tropen ;  doch  wird  diese  mächtige 
Kluft  auf  das  natürUcfaste  durch  die  baumartigen  Farne  ausgefüllt,  die 
den  Palmen  in  Blatt-  und  Stammbildung  zum  Thdl  so  ähnlich  sehen, 
dass  sie  sdbst  von  kundigen  Beisenden  mit  ihnen  verwechselt  werden. 
Namentlich  sind  vielfeu^h  Yersteinerangen  als  Palmen  beschrieben  worden« 
von  denen  sich  später  ergab,  dass  sie  von  Cycadeen  oder  Famen  her- 
stammen. Die  baumartigen  Farne  sind  auf  die  tropischen  Gebiete 
beschränkt;  uns  sind  alldn  die  krautartigen  Farne  zugetheilt  worden. 
Doch  vermittelt  der  Straussfem  unserer  Gebirge  (Struthioptens  germanica  > 
den  Uebergang  zu  den  stattlichen  Baum&men  der  Tropen. 

6)  Auf  die  Farne  folgen  physiognomisch  unmittelbar  die  Palmen, 
die  ^Könige  unter  den  Gräsern^,  wie  sie  einst  der  indische  Dichter 
Amarasinha  nannte.  Ihnen  haben  stets  die  Völker  den  Preb  der 
Schönheit  zuerkannt  Jeder,  der  zum  ersten  Male  eine  palmengeschmückte 
Tropenlandschaft  erblickt,  wird  überrascht  durch  ihre  graciösen  Formen, 
durch  die  schlanken,  hoch  au&teigenden  Stänmie,  durch  die  prachtvolle, 
wahrhaft  königliche  Blattkrone,  sowie  durch  die  seltsame  Gestaltung 
und  üppige  Fülle  ihrer  Blüthe  und  Fruchtrispen.  Von  hohem  Werth 
für  die  landschaftliche  Schönheit  des  PalmenbUdes  sind  Lage  und  Bich- 
tung  der  WedeL  Diese  wallen  vom  Ende  des  Stammes  aus  entweder 
in  anmuthigen  Biegungen  herab,  oder  sie  strecken  sich  steif  in  die  Luft 
hinaus.  Den  Ausdruck  erhabenster  Majestät  und  Anmuth  bietet  die 
Palme  aber,  wenn  sie  beide  Formen  vereinigt,  wenn  sie  neben  Wedeln, 
die  im  spitzen  Winkel  aufstreben  und  so  den  Stamm  noch  höher  er- 
scheinen lassen,  auch  herabhängendes  Blattwerk  besitzt,  wodurch  die 
Form  etwas  Abgerundetes,  Vollendetes  erhält  v.  Martins  fiihrt58o 
Arten  an  ^),   von  denen  auf  Amerika  allein  275,  auf  die  anderen  Erd- 

*)  Nach  O.  Drade  darf  die  Gesammtsumine  der  Palmenarten  auf  1000 
geschätzt  werden,  wovon  die  grossere  Hälfte  der  westlichen  Hemisphäre  an- 


III.    Physiognomik  der  Gewächse.  533 

theile  310  Arten  kommen  imd  zwar  auf  das  tropische  Asien  274,  auf 
Afrika  26  y  auf  Australien  9  Arten.  Nördlich  vom  Wendekreis  des 
Krebses  findet  man  48,  südlich  von  dem  des  Steinbocks  nur  13  Arten; 
die  übrigen  gedeihen  ausschliesslich  auf  dem  Baume  zwischen  den 
Wendekreisen.  Die  Palmenform  nimmt  vom  Aequator  gegen  die  ge- 
mässigte Zone  hin  an  Pracht  und  Grösse  ab.  Europa  hat  unter  seinen 
einheimischen  Gewächsen  nur  einen  Eepräsentanten  dieser  Form:  die 
Zwergpalme  (Chamaerops  humilis),  die  in  Spanien,  auf  den  Balearen, 
Corsica  und  Sardinien,  im  mittleren  und  südlichen  Italien,  sowie  in 
Griechenland  angetroffen  wird.  Sie  war  früher  auch  in  der  Gra&chaft 
Nizza  vorhanden,  ist  dort  jedoch,  soweit  sie  im  Freien  wuchs,  neuer- 
dings durch  die  Sammelgier  der  Botaniker  völlig  ausgerottet  worden. 

7)  Die  Nadelhölzer  sind  namentlich  flir  ein  bewegtes  Terrain, 
frlr  eine  Gebirgslandschaft,  ftbr  die  Wasserfalle  unserer  Alpen,  für  einen 
Hinteigrund  von  Fels  und  Firnschnee  von  unveigleichlichem  Effect  imd 
geben  der  ganzen  Landschaft  ihre  Stimmung.  Ihre  in  Höhe  und  Um- 
frmg  viel&ch  colossalen  Gestalten  vereinigen  in  sich  Majestät  mit  Ge- 
di^enheit  und  Kraft;  durch  das  Düstere  ihrer  Färbung  erregen  sie 
ernste  Gedanken  in  der  menschlichen  Seele  und  fordern  unwillkürlich 
zu  sinnendem  Nachdenken,  zu  grübelndem  Versenken  in  die  Tiefen 
des  Gemüthes  auf.  Wunderbar  ist  ihre  Wirkung  im  Winter.  „Ihr 
ewig  frisches  Grün  erheitert  die  öde  Winterlandschaft.  Es  verkündet 
gleichsam  den  Polarvölkern,  dass,  wenn  Schnee  und  Eis  den  Boden 
bedecken,  das  innere  Leben  der  Pflanzen,  wie  das  Prometheische  Feua*, 
nie  auf  imserem  Planeten  erlischt^  '). 

In  der  nördlich  gemässigten  Zone  prägen  die  Formen  dieser  Familie 
mit  ihrem  starren,  immergrünen,  dunklen  Blattwerk  und  ihrem  schlanken 
pyramidalen  Wuchs  den  Landschaften  einen  besonderen  Charakter  auf, 
noch  mehr  aber  in  den  nördlichsten  Gegenden,  wo  das  Auge  oft  meilen- 
weit nichts  als  solche  Waldungen  sieht.  Im  südUchen  Europa  ist  die 
Pinie  eine  Form  von  höchstem  artistischen  Werth.  Ihr  schirmartiges 
Dach  auf  dem  säulenartigen  Stamm  verleiht  ihr  eine  entfernte  Aehn- 
lichkeit  mit  der  Palme,  besonders  wenn  sie  auf  Höhenkämmen  niedriges 
Laubholz  überragt  und  auf  blauer  Luft  die  zierliche  Verästelung  ihrer 
Krone  sichtbar  wird.  Eine  italienische,  eine  spanische  Landschaft  ist 
ohne  eiae  Piniengruppe  fast  nicht  denkbar;  wenigstens  wird  sie  nie 
ein  Künstler  anzubringeo  vergessen,  wenn  er  sie  schicklich  verwenden 
darf.    Unter  den  Tropen  können  sich  die  Nadelhölzer  nur  auf  kühleren 

gehört.  Petermann's  Mittheilungen  1878,  S.  20.  Vgl.  hierzu  v.  Martins, 
Historia  naturalis  palmarum.    Vol.  I  (1823),  p.  CLXV. 

^)  A.  y.  Humboldt,  Ansichten  der  Natur.    Stuttgart  und  Tübinger 
Bd.  n,  S.  33. 


534  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  anf  Erden. 

Bergeshöhen  halten ;  doch  steigen  anf  Cuba  und  Hay  ti  die  Kiefern  (Pinns 
oocidentalis)  bis  zum  Meere  herab  und  mischen  sich  dort,  ein  unver- 
gleichliches Bild  gewährend,  unter  Fahnen  and  Mahagonibäume.  Am 
ärmsten  an  Arten,  sowie  an  Gattungen  ist  das  nördliche  Südamerika 
und  das  mittlere  und  südliche  Afrika. 

8)  Die  achte  Form  ist  die  der  Casuarinen.  Mit  ihren  blattlosen, 
&denfbrmigen,  gegUederten  Aesten  und  den  häutigen,  gezähnten  Scheiden 
an  den  Gliedern  ähnehi  sie  am  meisten  den  baumartigen  Schaditel- 
halmen.  Es  sind  die  traurigsten,  schmucklosesten  Baumgestalten,  welche 
die  Natur  aufweist  Sie  wachsen  nicht  gesellig,  sondern  zerstreut  in 
Neu-Holland,  z.  B.  zwischen  den  Bäumen  der  Eucalyptus-  und  Acacia- 
Wälder.  Auch  in  Ostindien  und  an  der  Ostküste  von  Afrika  findet 
sich  diese  Form. 

9)  Die  Myrten  bestimmen  die  land^chafUichen  Eindrücke  niigends 
so  mächtig  wie  in  Australien,  wo  aus  ihnen  (nämlich  aus  den  fkica- 
lyptus-,  Metrosideros-,  Melaleuca- Arten)  und  den  Akazien  £ast  die  Hälfte 
der  Wälder  besteht  In  diesen  Wäldern  herrscht  eine  merkwürdige 
Elrleuchtung.  Das  Licht  ^t  nämlich  nicht  auf  horizontale  Blattfiächen, 
wie  bei  unseren  Laubbäumen,  sondern  gleitet  zwischen  senkrechten 
Flächen  vorüber.  Es  fehlen  daher  die  Streiflichter  und  Schlagschatten 
unserer  Laubhölzer;  vielmehr  gehören  die  australischen  Waldungen  zu 
den  schattenärmsten  der  Elrde.  Morphologische  Gresetze  in  der  Eint- 
Wicklung  der  Blätter,  wdche  zum  Schutze  gegen  raschen  Wasserverlust 
in  den  r^enarmen  Gebieten  AustraUen's  eine  senkrechte  Stellung  an- 
nahmen, bestimmen  also  den  eigenartigen  Charakter  der  Erleuchtung« 
der  Begrenzung  von  Licht  und  Schatten.  An  den  Küsten  von  Cühile 
und  Patagonien  trifft  man  die  &st  undurchdringlichen  Gebüsche  von 
Myrtus  stipularis  sehr  häufig.  Auf  den  Molukken  bietet  der  gegen  10 
Meter  hohe  Gewürznelkenbaum  (Caryophyllus  aromaticus)  das  ganze 
Jahr  hindurch  den  Sammlern  seine  rötUichen,  kostbaren  Blüthen. 
Die  gemeine  Myrte  (Myrtus  communis),  ein  1  bis  27^  Meter  hoher 
Strauch,  kommt,  UebUche  Gebüsche  bildend,  in  den  Mittelmeerländem 
überall  vor. 

10)  An  die  Myrten  schliessen  sich  eng  an  die  Haidekräuter, 
mit  denen  auch  die  Rhododendren  oder  Alpenrosen  physiognomisch 
verwandt  sind.  Die  Heimath  der  echten  Eriken  ist  das  Capland,  wo 
wir  sie  Strauch-  oder  baumartig  im  buntesten  Gemisch  der  Arten  finden, 
und  zwar  sind  sie  fast  sämmthch  Sudafirika  eigenthümlich.  Auf  der 
nördlichen  Halbkugel  zeichnen  sich  die  Haidekräuter  weniger  durch 
Artenfblle  als  durch  gesellschaftliches  Wachsthum  aus.  Die  Enca 
tetralix ,  E.  cinerea  und  £.  camea ,  letztere  auf  Haiden  im  Gebirge, 
überziehen  weite  Länderstrecken  in  Frankreich,  England,  Deutschland 


III.    Physiognomik  der  Gewächse.  535 

und  Skandinavien  bis  zum  äussersten  Norden  hinauf,  und  das  gemeine 
Haidekraut,  die  Calluna  vulgaris,  bedeckt  in  grossen  gesellschaftlichen 
Zügen  &st  allein  die  grossen  Ebenen,  die  sich  von  der  Scheide  bis  zum 
Westabhang  des  Ural  erstrecken;  sie  wächst  aber  auch  auf  den  Azoren,  in 
Island  und  Neu-Fundland.  Seltsamer  Weise  aber  überschreitet  sie  nicht 
den  Ural  und  wird  sowohl  im  nördlichen  Asien  wie  im  continentalen 
Nordamerika  vermisst  Bis  jetzt  kennt  man  440  Arten  in  61  Gattungen ; 
von  diesen  gehört  nur  eine  Art  (Erica  coerulea)  Amerika  an,  deren 
Verbreitungsbezirk  aber  von  Pennsylvanien  und  Labrador  bis  zur 
Vancouver-Insel  und  Aliaska  reicht  In  Neu -Holland  und  auf  den 
Nachbarinseln  fehlt  die  Familie  der  Eriken  gänzlich-,  sie  wird  dort 
durch  die  habituell  ganz  auffiillend  ähnlichen  Epacrideen  ersetzt. 

11)  Die  Lorbeeren  (Laurineae)  können  als  physiognomischer 
Typus  fiir  die  immergrünen  Laubbäume  mit  steifen,  lederartigen,  glän- 
zenden Blättern  gelten.  Der  bekannteste  Vertreter  dieser  Gruppe  ist 
der  edle  Lorbeer  (Laurus  nobilis),  mit  dessen  Blattwerk  bei  den  alten 
Griechen  und  Römern  die  Stirn  des  Siegers  geschmückt  wurde.  Femer 
zählen  hierher  der  Zimmet-,  Kampher-  imd  Sassairasbaum,  sowie  die 
für  die  subtropische  Zone  physiognomisch  so  wichtigen  Gewächse  der 
Gattung  Citrus. 

12)  Durch  die  wintergrüne  Belaubung  sind  den  Laurineen  ähnlich 
die  Rhizophoren  (auch  Mangrove-,  Mangle-  oder  Leuchterbäume), 
welche  in  der  heissen  Zone  an  flachen,  sumpfigen,  vor  Brandung  ge- 
schützten Küsten  ausgedehnte  Uferwaldungen  bilden.  Sie  sind  physio- 
gnomisch ausgezeichnet  nicht  nur  durch  die  von  ihren  Aesten  senkrecht 
herabwachsenden  Luftwurzeln,  sondern  auch  dadurch,  dass  sie  zur 
Zeit  der  Ebbe  auf  ihren  eigenen  Wurzeln  wie  auf  einem  LeuchterAiss- 
gestell  frei  stehen. 

13)  Leicht  erkenntlich  ist  für  uns  der  Typus  der  Weiden,  da 
sie  sich  unter  allen  Zonen  ähnlich  sehen.  Denselben  Habitus,  welchen 
die  Weiden  an  unseren  Bach-  und  Flussufem  an  sich  tragen,  dieselben 
ruthenfbrmigen  Aeste  und  länglichen  Blätter  besitzen  sie  in  allen  Erd- 
theilen  mit  Ausnahme  Australien's  und  unter  den  verschiedensten  Zonen. 
Nur  gewinnt  in  der  tropischen  Zone  bisweilen  ihre  Gestalt  unerwartete 
Dimensionen.  A.  v.  Humboldt  fand  am  Zusammenfluss  des  Mag- 
dalenenstromes  und  des  Rio  Opon  alle  Inseln  mit  Weiden  bedeckt;  sie 
sind  dort  schlanke  Bäume  ^  deren  Stamm  bei  20  Meter  Höhe  kaum 
20  bis  25  Centimeter  Durchmesser  hat^).  Am  ausgebreitetsten  und 
artenreichsten  ist  die  Weide  zwischen  dem  45.  und  70.  Grad  n.  Br.; 

^)  A.  y.  Humboldt,  Ansichten  der  Natur.  3.  Aufl.  Stuttgart  und 
Tübingen  1849.    Bd.  II,  S.  231. 


536  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

insbesondere  in  Europa,  wo  sie  mit  Vorliebe  die  Flüsse  umsäumt, 
unter  allen  Bäumen  ist  die  Weide  einer  der  grOssten  PolarreiBenden ; 
denn  sie  dringt  als  Salix  polaris  in  Lappland  und  auf  Nowaja  Semlja  weit 
g^en  Nord^  vor,  freilich  nicht  mehr  als  Baum)  sondern  als  GFesträuch, 
wenn  man  eine  flach  am  Boden  kriechende  Ruthe  so  nennen  darf. 

Zur  Form  der  Weid^i  ist  unbedingt  auch  der  Oelbaum  (Olea 
europaea)  zu  rechnen.  Oelbaum  und  Weide,  systematisch  weit  von 
einander  entfernt,  stimmen  phjsiognomisch  durchaus  mit  einander  über- 
ein: sie  haben  beide  denselben  weichen,  schlanken  Stanun,  dieselbe 
Zwei^liederung,  dieselbe  lockere,  wenig  Schatten  gebende  Laubkrone, 
aber  auch  dieselbe  Zähigkeit  des  Lebens,  eine  fast  nicht  zu  vernichtende 
Lebenskraft. 

14)  Die  Cupuliferen  oder  die  Wipfelbäume  gehören  der 
Mehrzahl  nach  unserer  HeimaÜi  an.  Sie  sind  die  Vertreter  der  wälder- 
bildenden, sommei^grünen  Laubbäume;  in  physiognomischer  Hinsicht  ist 
ihnen  vor  allem  die  unr^elmässige,  oft  seltsam  verbogene  Verzweigung 
und  ein  dichtes,  schattenreiches  Laub  dgenthümlich.  In  der  Eiche 
(Quercus  robur  und  Qu.  pedunculata),  dem  kräftigsten  und  charakter- 
vollsten Baum  unserer  Wälder,  tritt  uns  dn  Stück  deutscher  Sage, 
deutschen  Lebens  entgegen.  Von  den  nahezu  230  Eichenarten  der 
Erde  kommt  das  Maximum  in  der  Alten  Welt  auf  Asien  (97  Arten, 
die  meisten  auf  den  Sunda-Inseln),  nächstdem  auf  Europa  (2  in  Nord-, 
18  in  Südeuropa)  und  Afrika  (nur  in  Nordafrika,  8  Arten).  Amerika 
hat  101  Arten  (zwischen  dem  20.  und  50.  Grad  n.  Br.,  MaYimnTn  in 
Mexico).  Die  linde  ist  durch  die  gewaltige  Ausdehnung,  die  Buche 
durch  die  vollkommene  Symmetrie  ihrer  Laubkuppel  in  hohem  Grade 
ausgezeichnet  Die  letztere  ist  wohl  der  schönste  Baum  Mitteleuropa's. 
Von  den  10  bekannten  Arten  der  Linde  finden  sich  6  in  Europa,  4  in 
Amerika;  auch  giebt  es  mehrere  Arten  der  Buche  im  südlichen  Süd- 
amerika. Eine  stattliche  Erscheinung  ist  femer  die  Rosskastanie  (Aes- 
culus hippocastanum)  mit  den  bandförmig  getheilten  Blättern  und  der 
schönen,  runden  Laubkuppel,  sowie  die  edle  Kastanie  (Castanea  veaca), 
welche  schon  in  der  P£gJz  und  im  Neckarthaie  bei  Heidelberg  gedeiht 
und  namentlich  zur  Blütheperiode  den  Landschaften  einen  südlichen, 
fremdartigen  Anstrich  verleiht;  aber  erst  an  den  Südabhängen  der  Alpen 
ent&ltet  sie  sich  recht  lustig.  Endlich  sind  die  Birke,  die  Pappel,  der 
Ahorn,  die  Esche,  die  Eberesche,  der  Wallnussbaum ,  die  Platane 
(Sykomore),  der  mit  herrlichen  Blüthen  geschmückte  Tulpenbaum  Nord- 
amerika's  (Liriodendron  tulipiferum)  hier  zu  erwähnen. 

15)  Unter  den  Tropen  werden  unsere  Cupuliferen  ersetzt  durch 
die  Malvenbäume,  deren  stolzester  Repräsentant  der  riesige  WoU- 
bäum  Westindien's  (Bombax  Ceiba)  ist.    Seine  Stammentwicklung  ist 


III.    PhyBiognomik  der  Gewächse.  537 

eine  so  mächtige^  dass  die  Indianer  Canoes  mit  Baum  für  180  Personen 
aus  einem  einzigen  Baume  aushöhlen.  Verhältnissmässig  riesenhaft 
sind  auch  die  Aeste  und  die  dichte,  rundliche  Laubkrone,  die  sich  mit 
ihren  grossen,  handfbrmig  geschlitzten  Blättern,  den  dunkelpurpurrothen, 
büschdfbrmig  am  Ende  der  Zweige  stehenden  Blüthen  weit  in  die  Luft 
hinaus  streckt,  einen  Baum,  unter  dem  bequem  1000  Personen  Platz 
haben  sollen,  mit  ihrem  dichten,  kühlen  Schatten  bedeckend.  Physio- 
gnomisch  sinct  ihm  der  Affenbrotbaum  (Adansonia  digitata),  die  baum- 
artigen Malven,  die  baumartigen  Nesseln  (Urticeae)  und  die  Wol£smilch- 
gewächse  (Euphorbiaceae)  beizuordnen. 

16)  Fast  ausschliesslich  auf  Südamerika  beschränkt  sind  die  Mela- 
stomaceen. .  Von  anderen  PäanzenfamiUen  unterscheiden  sie  sich 
durch  eine  merkwürdige  Ausbildung  ihres  Blattademetzes.  Begelmässig, 
zart,  fast  plastisch  wirken  sich  die  Blattadem  in  einander,  wodurch  in 
Verbindung  mit  einer  eigenthümlichen  kurzen  Behaarung  die  Blätter 
ein  sammetartig  schillerndes  Aussehen  erhalten.  Die  Melastoma-  und 
Bhexia- Arten  (letztere  mit  grossen,  karminrothen  Blüthentrauben  aus- 
gestattet) gehören  vor  allem  hierher. 

17)  Wenn  GHederung  und  Beichhaltigkeit  der  Zusammensetzung 
Zeichen  der  VoUkonmienheit  sind,  so  sind  die  Mimosen,  bei  uns 
durch  die  Akazien  vertreten,  die  vollkommensten  Gewächse.  Ihre  Be- 
laubung besitzt  trotz  der  fast  schablonenhaften  Begelmässigkeit  eine 
solche  Eleganz  imd  Zierlichkeit,  dass  wir  speciell  in  Hinsicht  auf  die 
physiognomische  Schönheit  des  Blattwerkes  die  Mimosen  als  die  vollen- 
detsten Gewächse  anerkennen  müssen.  „Die  tiefe  Himmelsbläue  des 
Tropenklimas,  durch  die  zarigefiederten  Blätter  schimmernd,  ist  von 
überaus  malerischem  Effecte^ ').  Zu  dieser  Form  zählen  Bäume  und 
Sträucher;  die  ersteren  breiten  vielfach  ihre  Aeste  aus  ähnlich  den 
Tannen  oder  den  Araukarien  Chile's.  Fast  alle  Glieder  dieser  Gruppe 
falten  zur  Nachtzeit  die  Einzelblättchen  zusammen  imd  öfihen  sie  erst 
wieder  bei  Anbruch  des  Tages.  Viele  (Mimosa  dormiens,  M.  pudica, 
M.  sensitiva,  M.  somnians,  M.  somniculosa,  Cassia  sensitiva,  Acacia 
acanthocarpa,  Desmanthus  natans  u.  a.)  sind  mit  einer  seltenen  Empfind- 
samkeit begabt;  durch  directe  Berührung,  ja  durch  eine  Erschütterung 
der  Erde  oder  selbst  durch  einen  vorüberstreifenden  Windhauch  werden 
sie  veranlasst,  die  Blättchen  zu  schliessen.  Die  echte  Mimosenform 
mit  doppelt  gefiedertem  Laube  und  kleinen  Blüthenbürstchen  ohne  bunt- 
ge^rbte  Blumenkrone  ist  fast  nur  unter  den  Tropen  heimisch;  die 
subtropische  Zone  überschreitet  sie  nur  in  Arten  aus  den  Gattungen 
Acacia  und  Prosopis. 

*)  A.  V.  Humboldt,  1.  c.  Bd.  II,  S.  29. 


538  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

18)  Auf  die  Holzgewächse,  welche  in  dem  Vorhergehendai  an- 
geßihrt  wurden,  folgen  nun  die  Gräser.  Sie  sind  von  hoher  physio- 
gnomischer  Bedeutung  und  dies  um  so  mehr,  als  sie  fast  über  den 
ganzen  Erdkreis  verbreitet  sind.  Im  hohen  Norden  wie  in  den  gemäs- 
sigten Klimaten  und  unter  den  Tropen  rufen  sie  einen  fbr  das  Auge 
so  angenehmen  Gegensatz  zu  Wald  und  Feld,  sowie  zur  Wüste  hervor; 
fröhliche  Leichtigkeit  und  bewegliche  Schlankheit  bringen  sie  in  vor- 
züglicher Weise  zum  Ausdruck.  Sie  wirken  mdur  durch  die  Gesdlig- 
keit  ihres  Auftretens,  indem  sie  weite  Flächen  bedecken,  als  durch  ihre 
Grösse,  obwohl  auch  diese  in  tropischen  Gebieten  eine  sehr  beträchtlidie 
ist  Phy siognomisch  unterscheiden  sich  sehr  scharf  die  eigentlichen  Gräser 
(Gramineae)  und  die  Riedgräser  (Cyperaceae)  durch  ihre  BlüthenbOdung. 
Die  ersteren  sind  leicht  erkennbar  an  der  langen,  gedrängten  Aehre, 
an  der  leichten  Rispe,  die  in  anmuthsvoUer  Biegung,  oft  mächtigen, 
silberweissen  Fahnen  gleich,  hoch  in  den  Lüften  flattert,  die  Riedgräser 
an  dem  mehr  geknäuelten,  ährigen,  oft  dunkelge&rbten  Blütfaenstand. 

Die  kleinen  Gräser,  aus  denen  unser  Rasen  besteht,  dringen  bis 
zum  höchsten  Norden  empor;  die  Cultur  der  Gerste  gelingt  noch  am 
Alten^ord  in  Norwegen  unter  dem  70.  Grad  n.  Br.  Nicht  wenige 
Gräser  sind  Kosmopoliten  und  zwar  nicht  bloss  unsere  Getreidearten, 
welche  durch  Menschenhand  bis  in  die  fernsten  Erdtheile  getragen 
worden  sind,  sondern  auch  nicht  cultivirte  Gräser.  So  wächst  Trisetuni 
subspicatum  überall  auf  dem  Rücken  der  Anden  Südamerika's  und  der 
Cordilleren  Nordamerika's;  aber  es  kommt  auch  auf  der  Melville-Insel, 
in  Grönland,  Island,  den  Alpen,  im  Altai,  in  Kamtschatka  vor;  ja  es 
ist  sogar  auf  der  Campbeils -Insel  südlich  von  Neuseeland  gefunden 
worden.  Von  der  heissen  Zone  ausgeschlossen  sind  die  Hordeaceen, 
Bromeen,  Agrostideen;  dagegen  herrschen  in  ihr  die  Bambuse,  Sacdia- 
rinen,  Olyreen,  Oryzeen  und  Chlorideen.  In  den  Tropen  erreichen  die 
Grasformen  die  grösste  Höhe,  unter  ihn^i  namentlich  die  der  Gattung 
Bambusa  zugehörigen,  die  in  100  Arten  über  die  Alte  Welt  verbreitet 
ist,  in  der  Neuen  Welt  aber  gänzlich  vermisst  wird.  *  Das  Bambusrohr 
(Bambusa  arundinacea)  schiesst  oft  in  wenigen  Stunden  nahezu  einen 
Meter  hoch  empor  und  erlangt  eine  Höhe  von  10  bis  15  Metern,  ja 
in  Java  nach  Angaben  der  Reisenden  sogar  von  40  Metern;  die  gruppen- 
weise sich  vereinigenden  Bambusgebüsche  verleihen  den  Tropenland- 
schaften vielfach  einen  besonderen  Charakter.  In  Amerika  werden  die 
Bambuse  durch  die  Gattungen  Guadua  und  Chusquea  ersetzt,  welche 
in  einzelnen  Arten  (namentlich  im  nördlichen  Südamerika)  15  bis  20 
Meter  hoch  weiden.  In  den  Urwäldern  Brasilien's  sind  die  stattlichsten 
Gräser  die  10  bis  13  Meter  hohen  Tagnaras  oder  Taogaras,  welche 
durch  die  Arundinaria  macrosperma  am  Mississippi  und  Arkansas  an 


III.    Physiognomik  der  Gewächse.  539 

Grösse  fast  noch  übertroffen  werden.    Bis  jetzt  sind  von  den  echten 
Gräsern  3500,  von  den  Riedgräsern  1800  Arten  bekannt. 

19)  Unter  den  Zwiebelgewächsen  sind  Tulpen,  Schwertlilien 
und  Amaryllideen  diejenigen,  die  den  Typus  am  besten  repräsentiren. 
Hie  und  da  treten  sie  gesellig  auf  und  bilden  einen  Teppich  wie  unsere 
Gräser.  Die  Orenburger  Steppe  ist  im  Frühling  ein  ungeheures  Tulpen- 
beet, und  im  sibirischen  Taurien  sind  grosse  Strecken  mit  Iris  über- 
zogen. Zu  den  Zwiebelgewächsen  ist  auch  der  neuseeländische  Flachs 
(Phormium  tenax)  zu  rechnen.  Unter  allen  Erdtheilen  zeichnet  sich 
Afrika  durch  die  grösste  Manigfaltigkeit  der  Liliengewächse  aus. 

In  den  Steppengebieten  ruht  die  Zwiebelknospe,  von  zahlreichen 
schützenden  Hüllen  umschlossen,  während  der  heissen  Jahreszeit  unge- 
&brdet  in  dem  Boden,  bis  sie,  vom  ersten  Regenschauer  zu  neuer 
Thätigkeit  aufgerufen,  wieder  ihre  herrlichen  Blüthen  treibt. 

20)  Die  Bananen-  oder  die  Pisangformen  sind  echt  tropische 
Kinder  und  fehlen  fast  nie  auf  Bildern,  welche  das  Pflanzenleben  der 
heissen  Zone  zur  Darstellung  bringen.  Die  Banane  besteht  aus  einem 
niedrigen,  aber  saftreichen,  fast  krautartigen  Stamm,  an  dessen  Spitze 
sich  dünn  und  locker  gewebte,  zartgestreifte,  seidenartig-glänzende  Blätter 
erheben.  Im  Laufe  eines  Jahres  erreicht  sie  nahezu  Baumhöhe;  wegen 
ihrer  prächtigen,  oft  ganz  colossalen  Blätter,  wegen  ihrer  grossen, 
wunderbar  gefärbten  Blüthen  und  ihrer  mächtigen,  fast  centnerschweren 
Fruchttrauben  ist  die  Banane  der  schönste  Schmuck  feuchter,  tropischer 
Gegenden.  In  dem  lockeren  Zellgewebe  jener  riesenhaften  Blätter  finden 
sich  nicht  selten  die  Spuren  tropischer  Unwetter;  das  gesammte  Blatt- 
werk gleicht  dann  oft  einer  ungeheuren  Krone  von  zerfetzten  Kriegs- 
fahnen, welche 'von  dem  bis  10  Meter  hohen  Schaft  herabwehen. 
Als  Culturgewächse  sind  zwei  Arten  über  alle  heissen  Länder  der 
Erde  verbreitet.  Die  erste  ist  der  gemeine  Pisang  (auch  Adamsapfel, 
Paradiesfeige,  Musa  paradisiaca).  Er  wird  3  bis  6  Meter  hoch  und 
trägt  2  bis  4  Meter  lange,  ^  'j  Meter  breite  Blätter,  deren  Gewebszellen 
bei  dem  ausserordentlich  raschen  Wachsthum  nur  locker  an  einander 
gereiht  sind.  Sie  erscheinen  deshalb  schwammartig  und  springen  leicht 
der  Breite  des  Blattes  nach  in  mehr  oder  weniger  regelmässigen  Ab- 
ständen auseinander.  Die  zweite  Art  ist  der  Bananenpisang  (Musa 
sapientum),  der  im  Gegensatz  zu  dem  gemeinen  Pisang  einen  purpur- 
roth  gestreiflien  oder  gefleckten  Stamm  besitzt,  jedoch  von  diesem  kaum 
specifisch  verschieden  sein  dürfte. 

21)  In  Form  und  Farbe  der  Blüthen  systematisch  wie  physiogno- 
misch  mit  der  vorigen  Form  verwandt  ist  die  Bromelienform, 
welche  auch  dem  Nichtbotaniker  gegenwärtig  ist  durch  die  Bromelia 
ananas.    Aus  der  Mitte  eines  blaugrünen,  meist  stacheligen  Blattbusches 


540  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

erhebt  sich  die  dichte  Blüth^iähre  oder  Bispe,  bedeckt  mit  Blüthen  in 
den  manigfaltigsten  Farben.  Von  der  mächtigsten  Einwirkung  aa£ 
den  landschaftlichen  Charakter  ist  sie  als  Schmarotssergewftchs  im  tro- 
pischen Urwald.  Gleich  blnmengeschmückten,  silberweissen  Biesenloeken 
wallen  die  bleigraaen  Tillandsien  (TiOandsia  usnoides)  mit  ihren,  prac^t- 
voQen  Blüthenfihren  von  den  Bäumoi  herab.  Die  Bromelia  Pinguin 
hat  dnen  gegen  4  Meter  hohen,  mächtigen  Blätterbusch,  der,  selbst 
epiphytisch,  dicht  mit  Flechten  nnd  Moosen  überzogen  ist  Auf  der 
Hochebene  von  Mexico  umhüllen  diese  Grewächse  oft  die  Wachholder- 
und Yucca- Arten  mit  einem  dichten  Gtewand. 

22)  Denkt  man  sich  aus  der  Mitte  des  Blattbusches  einer  Ananas 
einen  Schaft  aufsteigen,  der  mit  LUienblüthen  besetzt  ist,  so  hat  man 
die  Form  der  Agaven.  Eigenthümlich  sind  den  hierher  zu  zählenden 
Pflanzen  das  kandelaberartige  Wachsthum  des  Blüth^ischaftes  und  die 
langen,  schwertförmigen,  domigen,  in  gedrängter  Spirale  zusammen 
stehaiden,  oft  fleischigen  Blätter.  Die  meisten  sind  Wüstenpflanzen; 
alle  lieben  trockenen,  steinigen  Boden.  Die  Agaven  waren  an&nglich 
auf  Amerika,  die  AloSarten  auf  das  südliche  Afrika  beschränkt.  Jetzt 
finden  sich  jedoch  die  ersteren,  durch  Menschenhände  verpflanzt,  auch 
in  Südeuropa  und  Nordafrika,  letztere  in  Ost-  und  Westindien,  Süd- 
amerika und  Südeuropa  ziemlich  häufig.  Das  Geschlecht  Yucca  gdiört 
dem  südlichen  Theile  Nordamerika's  an. 

Auch  unter  den  Agaven  giebt  es  Biesenformen.  Die  Fouroroya 
longaeva,  welche  in  der  mexicanischen  Provinz  Oaxaca  in  einer  Höhe 
von  c.  3000  Metern  vorkommt,  treibt  einen  Stamm  von  13  bis  16  Meter 
Höhe  und  \'^  bis  ^/^  Meter  Dicke,  dessen  oberes  Ende  mit  einem 
Busche  2  Meter  langer  Blätter  gekrönt  ist;  aus  ihm  ragt  erst  die  10 
bis  13  Meter  hohe, -mit  unzähligen  weissen  läUenblüthen  bedeckte  Bispe 
empor,  ein  riesiger  Armleuchter  auf  einem  ebenso  massigen,  phantastisch 
ausgestattet^!  GestelL  Doch  erreicht  die  Pflanze  erst  in  einem  Alter 
von  300  bis  400  Jahren  eine  solche  Höhe  von  25  bis  30  Metern.  Wie 
die  Drachenbäume  durch  ihre  dichotomen  Zweige  mit  den  langen, 
domigen,  schwertförmigen  Blättern,  so  erinnern  die  Pandaneen  durch 
die  agavenartige  Krone  aus  langen,  wendeltreppenartig  an  einander 
gefügten  Blättern  lebhaft  an  die  Agavenfi>rm. 

23)  Keine  Gruppe  bietet  in  ihrer  Erscheinung  soviel  Sonderbares 
und  Wunderliches  dar  als  die  Cacteen;  denn  sie  bilden  bald  cande- 
laberartig  verästelte  oder  ungetheilte,  vielkantige  oder  runde  Säulen, 
wie  die  Fackddistehi  (Gereus),  bald  unförmliche  Stachelkugdn,  wie 
die  Warzendistehi  (MamiUaria)  und  Igeldisteln  (Echinocactus),  bald  zu- 
sammengedrückte, seltsam  gefederte  Stengel,  wie  die  Feigendistdn 
(Opuntia),  bald  baumartige  Grestalten,  wie  die  8  Meter  hohen  Pereskien 


III.    Physiognomik  der  Gewächse.  541 

in  WestindieD.  Je  seltsamer  die  unserem  ästhetischen  Gefühl  häufig 
widerstrebenden  Formen  dieser  Gewächse  sind,  an  denen  die  Blätter 
durch  Büschel  von  Domen,  Höckern  oder  Borsten  vertreten  werden, 
um  so  schöner  sind  die  in  den  zartesten,  glühendsten  Farben  prangenden 
Blüthen,  denen  ein  herrlicher  Duft  entströmt. 

Die  echten  Cacteen  sind  von  GLaus  aus  Elingeborene  der  heissen 
Gebiete  Amerika's,  wo  ihnen  mehr  als  400  Arten  angehören;  doch 
haben  sich  mehrere  derselben  auch  über  die  wärmeren  Gegenden 
der  Alten  Welt  verbreitet  In  Amerika  dringen  einige  Arten  tief 
in  die  gemässigte  Zone  ein  und  gelangen  in  Chile  sogar  bis  zur 
Schneelinie  hinauf.  Bei  uns  werden  sie  schon  längst  als  Topfgewächse 
wegen  ihrer  Blüthen  und  ihres  Geruches  cultivirt.  In  den  wasserlosen 
Ebenen  von  Südamerika  kommt  den  von  Durst  gepeinigten  Thieren 
der  Melonen- CSactus  sehr  zu  statten,  eine  kugelfbrmige,  halb  im  dürren 
Sande  verborgene  Pflanze,  deren  saftreiches  Innere  unter  furchtbaren 
Stacheln  versteckt  ist    Bernardin  de  St  Pierre  nennt  daher  sehr 

* 

glücklich  diese  Pflanzen  vegetabilische  Quellen  der  Wüste  ^).  Im  Alter 
werden  die  Cactusstämme  hart  und  holzig  und  zwar  so  durchgreifend, 
dass  die  Indianer  sich  des  Holzes  seiner  Unverweslichkeit  wegen  zur 
Herstellung  von  Rudern  und  Thürschwellen  bedienen. 

Die  heissen  Gebiete  Aftika's  und  Asien's  haben  statt  der  Cacteen 
die  Euphorbien,  welche  phjsiognomisch  in  auffallendster  Weise  die 
Cacteenformen  wiederholen.  Durch  ihren  IVIilchgehalt  unterscheiden  sich 
die  Euphorbien  auch  dem  Unkimdigen  gegenüber  sofort  von  den  Cacteen. 
In  Europa  und  Amerika  bleiben  sie  niedrig,  krautartig  und  sind  mit 
Blättern  versehen. 

24)  Ein  weiter  Sprung  ftlhrt  uns  von  den  stachligen  Cacteen  zu 
den  lieblichsten  Spielzeugen  der  Natur,  zu  den  Orchideen,  deren 
Formen  so  seltsam  sind,  dass  man  sie  als  einen  Versuch  der  Schöpfung 
im  Carikiren  bezeichnen  kann.  Fast  dünkt  es  uns,  als  ob  die  Natur 
hier  der  wunderhchsten  Laune  ihres  Schöpfergeistes  gefolgt  wäre,  da 
zahlreiche  Blüthen  eine  überraschende  Aehnlichkeit  mit  gewissen  Thier- 
gestalten  verrathen.  Schon  die  Ophiys- Arten  unserer  Wälder  zeigen 
ziemlich  deutlich  das  Bild  der  Biene,  der  Fliege,  der  Spinne;  unter 
den  Tropen  aber  ahmen  die  Orchideenblüthen  grosse,  buntge&rbte 
Schmetterlinge  mit  ausgebreiteten  Flügeln  und  langen  Fühlfkden  nach 
(so  Oncidium  Papilio  von  der  Insel  Trinidad);  glänzende  Käfer  scheinen, 
Honig  naschend,  den  Saugrüssel  in  den  geöfiheten  Kelch  der  Blume 
zu  tauchen;  Adneta  Humboldtii  ähnelt  einem  Todtenkopf,  der  aus  einer 
braimen  Mönchscapuze  hervorschaut;  höchst  seltsam  ist  femer  die  Form 

*)  A.  V.  Humboldt,  1.  c.  Bd.  II,  S.  31. 


542  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  aaf  Erden. 

von  Uropedium  Lindenii,  bei  welcher  Pflanze  die  drei  inneren  Blätter 
der  Blüthenkrone  in  langen,  linealen,  bis  znm  Boden  herabreichenden 
Zipfeln  aaslaufen.  Die  Orchideen  in  den  heissen  Strichen  Ämerika's, 
Asien's  und  Afrika's  sind  im  Gegensatz  zu  denen  der  gemässigten  Zone 
meist  EpiphjTten.  Von  den  2000  bekannten  Arten  gehören  11(5  Europa 
an;  aber  es  sind  lauter  Aschenbrödel  ohne  Schmuck  und  Farbe.  Von 
einer  Orchidee  stammt  das  edelste  aller  Qewürze,  die  Vanille,  ab. 

25)  Die  Lianen  (Schlingpflanzen)  oder  die  Rebenformen  sind 
bei  uns  nur  durch  wenige  Gewächse,  durch  den  Weinstock,  den  Epheu, 
den  Hopfen,  die  Schmeerwurz  (Tamus),  die  Waldrebe  (Clematis)  und 
die  Lonicere  yertreten.  In  den  tropischen  Gegenden  werden  sie  am 
stattlichsten.  Sie  sind  es  vor  allem,  welche  die  Tropenwälder  undurch- 
dringlich machen,  ihnen  aber  auch  zugleich  dne  ausserordentliche  Pracht 
und  Ueppigkeit  verleihen ;  gleich  Guirlanden  ziehen  sie  sich,  von  herr- 
Uchen  Blüthen  besetzt,  von  Zweig  zu  Zweig.  Wie  Stricke,  Seifen  oder 
Taue  hängen  die  bald  finger-,  bald  armdicken  CSpos  von  den  Aesten 
der  Bäume  herab;  sie  bilden  gewissermassen  das  Tauwerk  zwischen 
den  Masten  der  Baumriesen.  Sie  wickeln  und  dreh^i  sich  vielfach  um 
dnander,  umvrinden  und  umstricken  die  Aeste  und  Stämme,  aber  nicht 
immer  diejenigen  allein,  auf  denen  sie  ursprüngUch  wurzeln,  sondern 
auch  andere  daneben  befindliche. 

Kletternde  Pflanzen  geben  vor  allem  die  Gattungen  Passiflora 
(namentlich  in  Südamerika  und  Westindien),  Bignonia,  Paullinia,  Bau- 
hinia  (sämmtlich  in  Amerika),  Calamus  (Bohrpalme,  besonders  auf  den 
Inseln  des  indischen  Archipels  und  in  Hinterindien).  Unter  den  Feigen 
ist  die  bemerkenswertheste  Lianenform  jene  criminalistische  Pflanze 
Brasilien's,  welche  den  Namen  Mörderschlinger  (Sipa  matador)  eriialten 
hat  ,,An&ngs  steigt  die  Feige  senkrecht  neben  einem  Stamme  des 
Waldes  in  die  Höhe;  bis  zu  einer  gewissen  Länge  gewachsen  sendet 
sie  Luftwurzdn  aus,  welche  den  fremden  Stamm  umkraUen  und  ihn 
so  fest  an  den  Mutterstamm  andrücken,  dass  dieser  zuletzt  bei  weiterem 
Wachsthum  sich  muldenförmig  um  den  Gefangenen  anschmißt-  Mit 
der  Zeit  unterliegt  aber  der  umklammerte  Stamm  den  Umschlingungen, 
die  sich  tief  in  seine  Saftwege  eingegraben  haben;  er  wird  welk,  stirbt 
ab;  der  Mördei schlinger  stützt  sich  auf  einen  Leichnam,  flndlich  fiült 
zwischen  den  Riesenschlingen  der  £siulende  Stamm  zusammen;  aber 
der  Umschlinger  bleibt  stehen,  in  seiner  so  abenteuerlichen  Gestalt  die 
merkwürdigste  Erscheinung  des  Urwaldes  darbietend^  ^). 

26)  Mit  der  Form  der  Aron-Gewächse  sind  wir  durch  eine 
sehr  gemeine  Topfpflanze,  den  Aronstab  (Arum  maculatum),  vertraut  ge- 

>)  Wilhelm  Kabsch,  1.  c.  S.  295. 


III.    Physiognomik  der  Gewächse.  543 

worden.  Dieser  Typus  zeichnet  sich  durch  krautartige,  saftige  Stengel 
und  dickadrige  Blätter  aus.  Die  letzteren  sind  bald  pfeilfbrmig,  bald 
fingerfbrmig  gelappt,  bald  gefiedert,  stets  jedoch  von  beträchtlicher 
Grösse  und  oft  mit  rothen  oder  weissen  Flecken  versehen.  Aber  auch 
die  Bltlthen  sind  eigenthümlich  gestaltet:  sie  sitzen  auf  dicken  Fleisch- 
kolben und  sind  von  einer  mächtigen,  weissen  oder  prächtig  gefärbten 
Tute  umgeben,  welche  die  Bliithenorgane  umhüllt.  Der  Einfluss,  den 
die  Aronformen  auf  die  landschaftliche  Physiognomie  ausüben,  ist  nach 
dem  Standort  derselben  ein  verschiedener.  Entweder  wachsen  sie  aus 
der  Erde  und  treiben  knollige,  grössere  oder  kleinere  Wurzeln,  welche 
oft  als  Nahrungsmittel  von  hoher  Bedeutung  sind,  —  bald  von  geringerer 
Grösse  wie  die  Arum- Arten,  bald  mächtig  emporstrebend  wie  das  CaUa- 
dium  arborescens,  —  oder  sie  leben  epiphy tisch  auf  den  Bäumen, 
wie  die  stattlichen  Pothos-Gewächse,  deren  riesige  Blätter  wie  Schirm- 
dächer von  den  Bäumen  der  tropischen  Wälder  herabhängen,  in  ihren 
Grössenverhältnissen  nur  noch  von  den  Bananen  übertroffen. 

27)  Den  Schluss  dieser  physiognomischen  Typen  bilden  die  Nym- 
phäen,  d.  i.  diejenigen  Gewächse,  deren  Blätter  und  Blüthen  auf  der 
Wasseroberfläche  schwimmen.  Hierzu  gehören  als  die  bekanntesten 
unsere  Seerosen,  femer  Nelumbium  speciosum  (die  Lotosblume  der 
Alten,  in  Südasien  und  Nordafiika),  sowie  die  colossale  Victoria  regia 
(auf  dem  Amazonas  und  seinen  Nebengewässem). 


j 


IV.     Die  Vegetationszonen  der  Erde. 


Eine  vergleicbeiide  Betrachtimg  der  Pflanzen  auf  yerschiedenen  Erd* 
räumen  lehrt  mis,  dass  grössere,  meist  von  Oebirgen  oder  Meeren 
umsäumte  Oebiete  von  einheitlichem  EUima  in  allen  Theilen  dne  nahezu 
übereinstimmende  Vegetation  zeigen ,  zugleich  aber  auch  eine  grössere 
Anzahl  eigenthümlicher  Arten  und  Grattungen,  sowie  einzelne  eigenartige 
Familien  aufweisen.  Hierdurch  wurde  man  zur  Au&tellung  und  Be- 
grenzung natürlicher  Vc^etationsgebiete  geführt  Der  Däne  J.  Frederik 
Schouw,  welcher  zuerst  die  Erdoberfläche  in  derartige  Gebiete  zu 
theilen  versuchte,  fordert  von  einem  selbstständigen  pflanzengeogra- 
phischen Reiche,  1)  dass  wenigstens  die  Hälfte  der  Arten  diesem  Erd- 
räume  eigenthümlich  sei,  2)  dass  mindestens  ein  Viertel  der  Gattungen 
entweder  hier  ausschliesslich  auftrete  oder  doch  wenigstens  ein  so  ent- 
schiedenes Maximum  erreiche,  dass  die  in  anderen  Erdräumen  vor- 
kommenden Arten  nur  als  Repräsentanten  zu  betrachten  seien,  3)  dass 
einzelne  Pflanzenfamilien  gleichfidls  entweder  diesen  Grebieten  allein 
angehören  oder  wenigstens  ein  deutliches  Maximum  dort  habend. 

Schouw  vermied  es,  seiner  pflanzengeographischen  Eintheihmg 
der  Erde  die  klimatischen  Zonen  zu  Grunde  zu  legen;  denn  er  fimd, 
dass  das  Pflanzenleben  fiir  die  einzelnen  Erdräume  keinesw^  aUein  durch 
die  meteorologische  VerfEissung  derselben  bedingt  sei.  Indem  er  den 
Gesetzen  der  Verbreitung  der  Gewächse  nachforschte,  erkannte  er,  dass 
viel&ch  ganz  andere  als  klimatische  Schranken,  namentlich  Meere  und 
Gebirge,  die  Verbreitung  der  Gewächse  hinderten  und  schon  deshalb 
keine  völlige  Uebereinstimmung  zwischen  Vegetations-  und  klimatischen 
Zonen  bestehen  könne.  Bis  zu  welchem  Grade  häufig  die  Verbreitung 
der  Gewächse  von  den  klimatischen  Verhältnissen  der  Länderräume 
unabhängig  ist,  lehren  die  folgenden  Thaksachen. 

')  Joachim  Frederik  Schouw,  Gnmdzüge  einer  allgemeinen  Pflanzen- 
geographie.    Berlin  1823.    S.  505. 


IV.    Die  Vegetationszonen  der  Erde.  545 

Die  zahlreichen  (gegen  1000)  Palmenarten  sind  sämmüich  tropische 
lind  subtropische  Gewächse;  doch  nehmen  die  meisten  von  ihnen  sehr 
enge  Bezirke  ein.  So  wird  die  Dattelpalme  (Phoenix  dactyUfera)  nur 
in  Norda&ika  und  Südwestasien,  die  Dompalme  (Hyphaene  thebaica) 
nur  in  Oberägypten,  Nubien,  Abessinien  und  Arabien,  die  Zwergpalme 
(Chamaerops  humilis)  nur  in  dem  südlichen  Europa  und  dem  nörd- 
lichen Afrika  angetroffen;  viele  der  amerikamschen  Palmen  sind  auf 
kleinere  Bäume,  alle  aber  bis  auf  2  Arten  auf  Amerika  beschränkt. 
Die  scharfe  Trennung  von  Amerika  und  der  Alten  Welt  wird  unter 
jenen  1000  Palmenarten  nur  von  8  Arten  durchbrochen;  diese  sind 
Elaeis  guineensis  (Oelpalme),  Cocos  nucifera  (Cocospalme)  und  Baphia 
vinifera.  Nach  der  berühmten  Begel  von  Bobert  Brown,  dass  man 
das  Vaterland  weit  verbreiteter  Arten  da  zu  suchen  habe,  wo  die  ver- 
wandten Arten  vorkommen,  stammen  Elaeis  und  Cocos  aus  Amerika, 
hingegen  Baphia  aus  Afrika.  Doch  begegnet  man  Elaeis  auch  in  Afrika? 
Baphia  in  Brasilien,  Cocos  sogar  in  allen  Tropenländem.  Von  der 
letzteren  darf  man  behaupten,  dass  sie  durch  Meeresströmungen  über 
die  Oceane  getragen  worden  ist,  da  ihre  Frucht  auch  im  Meerwasser 
die  Keimkraft  nicht  verliert.  Die  Uebersiedlung  der  beiden  ersteren 
nach  transatlantischen  Ländern  aber  ist  noch  ein  Qeheimniss ;  möglicher 
Weise  ist  sie  durch  Menschenhand  herbeigeführt  worden.  JedenMIs 
ist  es  ausserordentlich  bemerkenswerth,  dass  unter  c.  1000  Palmenarten 
nur  3  das  Weltmeer  überschritten  haben*). 

Höchst  seltsam  sind  auch  die  Ericeen  über  den  Erdkreis  vertheilt. 
Bis  jetzt  sind  gegen  440  Arten  in  61  Gattungen  bekannt  In  Neu- 
Holland  und  auf  den  Nachbarinseln  wird  diese  Familie  gänzlich  ver- 
misst;  in  Nordamerika  ist  sie  nur  durch  eine  allerdings  weit  reichende 
Art  (Erica  coerulea)  vertreten.  In  reichster  Menge  und  in  den  manig- 
faltigsten  Formen  aber  finden  sich  die  wahren  Eriken  im  Caplande; 
doch  sind  sie  fast  sämmtUch  Südafrika  eigenthümlich.  Mit  Ausnahme 
der  Erica  umbeUata  zeigen  die  Mittelmeerländer  durchweg  andere  Arten. 
Noch  weiter  nach  Norden  entbehren  die  Ericeen  einer  grösseren  Arten- 
fUlle,  überziehen  jedoch  (so  namentlich  Calluna  vulgaris)  in  grossen 
gesellschaftlichen  Zügen  weite  Striche  der  Ebenen,  die  sich  von  der 
Scheide  bis  zum  Westabhang  des  Ural  erstrecken.  Die  Calluna  vul- 
garis wächst  aber  auch  auf  den  Azoren,  in  Island  und  Neu-Fundland; 
um  so  wunderbarer  ist  es,  dass  diese  Pflanze  im  continentalen  Amerika 
und  ebenso  im  ganzen  nördlichen  Asien  fehlt;  offenbar  ist  ihr  der  Ural 
zu  einer  unüberwindlichen   Schranke  geworden*).     China  und  Indien 

1)  0.  Drude  in  Petermann's  Mittheilungen  1878,  S.  105. 

S  Wilhelm  Kabsch,   Das  Pflanzenleben  der  Erde.    S.  247  f. 

Posch el*Leipol dt,  Pbys.  Erdlrande.    11.  35 


546  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

haben  keine  Ericeen,  obwohl  sie  dem  Ursitz  derFamilie,  dem  Caplande, 
viel  näher  liegen  und  mit  ihm  viel  besser  rerbmiden  sind  als  Nord- 
amerika,  welchem  doch  wenigstens  dne  Art  dieser  Familie  zu  Theil 
geworden  ist 

Die  südliche  Hemisphäre  weist  femer  viele  Pflanzen  aus  der  natür- 
lichen Familie  der  Rosaceen  auf,  aber  keine  einzige  Art  des  Geschlechtes 
Rosa^).  —  Von  den  114  bekannten  Arten  des  Grenus  Pinus  gehört 
kdne  einzige  der  südlichen  Hemisphäre  an^),  obwohl  Pinus  occiden- 
talis  selbst  in  Mexico  häufig  vorkommt  und  sogar  an  den  Vulcanen 
der  Fonseca-Bay  (Centralamerika)  unter  dem  13.  Grad  n.  Br.  noch 
angetroffen  wird').  Es  ist  um  so  auffsJlender,  dass  dieser  Baum 
nicht  weiter  nach  Süden  vordringt,  als  er  ein  heisses  Klima  wohl  zu 
ertragen  vermag;  denn  auf  der  Insel  Cuba  und  auf  den  niedrigen 
Hügeln  der  Isla  de  Pinos  mischt  sich  derselbe  mit  den  Palmen,  und 
auf  Hayti  steigt  er  bei  Cap  Samana  von  dem  Gebirge  bis  in  das 
litorale  herab  ^).  Trotz  alledem  vermochte  er  nicht  den  südamerika- 
nischen Continent  zu  erreichen.  Ebenso  erinnert  die  Abwesenheit  der 
Wahren  Abietineen,  der  Juniperineen ,  Cupressineen  und  aller  Taxo- 
dineen,  wie  der  Torreya,  der  Salisburia  adiantifolia,  des  Cephalotaxus 
aus  den  Taxineen,  in  der  südlichen  Erdhälfte  lebhaft  an  die  räthsel- 
haften,  noch  unenthüllten  Bedingungen,  welche  für  die  ursprüngliche 
Vertheilung  der  Pflanzenformen  massgebend  waren  und  durch  Gleichheit 
oder  Verschiedenheit  des  Bodens,  sowie  der  meteorologischen  Processe 
nicht  befriedigend  erklärt  werden  können^). 

Eigenthümliche  Beziehungen  bestehen  namentlich  zwischen  der 
Flora  der  Alten  und  Neuen  Welt  Schon  Schouw*)  bemerkte: 
„Der  Unterschied  in  der  Vegetation  der  Continente  nimmt  von  dem 
nördlichen  Polarkreise  gegen  den  Aequator  immer  zu;  man  möchte 
daher  aus  klimatischen  Ursachen  glauben,  dass  jenseits  des  südlichen 
Wendekreises  die  Uebereinstimmung  wieder  grösser  werde.  Dies  be- 
stätigt aber  keinesw^  die  Elr&hrung;  sie  lehrt  uns  vielmehr,  dass 
im  Gegentheil  der  Unterschied  der  Continente  in  der  südlichen  tempe- 
rirten  Zone  grösser  ist  als  selbst  in  der  heissen.^  Bis  zu  einem  gewissen 
Grade  identisch  ist  zunächst  die  arktische  Flora  imter  allen  Meridianen 

^)  A.  V.  Humboldt,  Ansichten  der  Natur.  Stuttgart  und  Tübin^n  1S49. 
Bd.  II,  S.  193. 

«)  1.  c.  S.  192  f. 

")  Moriz  Wagner,  NaturwissenBchaftliche  Reisen  im  tropischen  Amerika. 
Stuttgart  1870.    S.  364. 

*)  A.  V.  Humboldt,  L  c.  Bd.  II,  S.  185. 

*)  L  c.  S.  193. 

*)  Grundzüge  einer  allgemeinen  Pflanzengeographie.    S.  427. 


IV.    Die  Vegetationszonen  der  Erde.  547 

in  den  höheren  Breiten  des  Waldgebietes ,  wo  die  Berings-Strasse  den 
Austausch  zwischen  den  Floren  Asien's  und  Amerika's  nicht  wesentlich 
hindert.  Wenn  wir  aus  dem  Porlarkreise  heraustreten,  beobachten  wir 
zwar  noch  immer  eine  grosse  Aehnlichkeit  zwischen  der  Pflanzen- 
bevölkerung  Nordamerika's  und  der  Alten  Welt;  allein  die  Zahl  ge- 
meinsamer Arten  wird  mit  der  wachsenden  Entfernung  der  beiden 
Welten  immer  geringer.  Nach  Hinds'  Schätzung  findet  sich  etwa 
die  Hälfte  der  in  den  Wäldern  von  Aliaska  vorkommenden  Pflanzen 
auch  in  Sibirien  und  Europa;  vor  allem  ist  mit  Sicherheit  erwiesen, 
dass  die  in  den  südlicher  gelegenen  Waldzonen  Nordamerika's  ein- 
heimischen europäischen  Arten  aus  dem  Norden  stammen;  es  sind 
nordische  Gewächse,  welche  auf  den  Meridianen  beider  Continente  sich 
südwärts  verbreitet  haben  ^).  Daneben  trat  jedoch  ein  thatsächlicher 
Austausch  zwischen  europäischer  und  amerikanischer  Flora  ein,  was 
natürlich  nur  auf  dem  Wege  über  die  Orkneys-  und  Shetlauds-Inseln, 
sowie  Island  und  Grönland  geschehen  konnte.  Charles  Martins^) 
verglich  daher  die  Pflanzenwelt  dieser  Kette  von  Inseln,  und  die  Arten- 
vertheilung  entsprach  der  Annahme  einer  Besiedelung  der  Inseln  durch 
Wanderung;  denn  je  weiter  man  sich  vod  Europa  entfernt,  desto  mehr 
vermindern  sich  die  ausschliesslich  europäischen  Arten,  und  in  gleichem 
Masse  vermehren  sich  die  ausschliesslich  grönländischen.  Ueber  jene 
Inselbrücke  drangen  die  Pflanzen  nach  Norden  vor;  gleichzeitig  aber 
verfolgten  die  auf  Grönland  einheimischen  arktischen  Pflanzen  den  um- 
gekehrten Weg  und  verbreiteten  sich  über  Island,  die  Färöer,  die 
Shetlands-  und  Orkneys-Inseb  nach  den  Gebilden  Schotdand's.  Diese 
doppelte  Wanderung  lässt  sich  leicht  ziffermässig  begründen.  Auf  den 
Shetlands-Inseln  beträgt  der  Antheil  der  rein  europäischen  Arten  an 
der  Gesammtflora  von  Shetland  noch  ein  Viertel,  auf  den  Färöem  nur 
ein  Siebentel,  auf  Island  gar  nur  ein  Zehntel.  Mit  der  Entfernung  von 
Europa  verringert  sich  demnach  die  Zahl  der  diesem  Continente  eigen- 
thümlichen  Gewächse;  gleichzeitig  aber  wächst  der  Antheil  der  grön- 
ländischen Gewächse  fast  in  demselben  Verhältnisse. 

Immerhin  muss  das  nordamerikanische  Waldgebiet  als  ein  selbst- 
ständiges angesehen  werden;  denn  es  besitzt  eine  grosse  Zahl.eigen- 
thümlicher  Gattungen.  Asa  Gray  hat  gefimden,  dajss  von  denen 
allein,  welche  die  nördliche  Laubholzzone  bewohnen,  reichlich  die  Hälfte 
(353  unter  694)  der  europäischen  Flora  und  beinahe  der  vierte  Theil 
auch  der  asiatischen  Flora  fremd  ist;  120  Gattungen  gehören  dieser  Zone 
ausschliesslich  an  ^).    Weiter  nach  Süden  schwinden  die  Aehnlichkeiten 

*)  A.  G  ri  8  e  b  a c  h ,  Die  Vegetation  der  Erde.    Leipzig  1872.   Bd.  II,  S.  268. 
')  Von  Spitzbergen  zur  Sahara.    Jena  1868.    £d.  I,  S.  235  f. 
»)  A.  Grisebach,  I.  c.  Bd.  II,  S.  269. 

35* 


548  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

der  Flora  auf  den  Räumen  östlich  und  westlich  des  Atlantischen  Oceans 
mehr  und  mehr;  da,  wo  sich  in  Mittelamerika  die  Oordilleren  erniedrigen^ 
hören  die  verwandtschaftlichen  Züge  beinahe  gänzlich  au^  und  in  Süd- 
amerika begegnen  wir  einer  neuen  Pflanzenwelt,  die  sich  von  derjenigen 
in  den  klimatisch  entsprechenden  Gebieten  der  Alten  Welt  durdi  Fremd* 
artigkeit  und  zum  Theil  durch  alterthümliche  Formen  unterschddet. 

Grisebach^)  erklärt  im  Gegensatze  zu  Schon w  eine  EintheQung 
der  Ebrde  nach  den  statistischen  Verhaltnisszahlen  der  FamiUen  fbr  un- 
zweckmässig^  da  oft  zwei  durchaus  von  dnander  zu  trennende  Floren 
(wie  die  von  Ceylon  und  Jamaica)  in  dieser  Ansicht  im  wesentiichen 
fibereinstimmen.  Er  betont  vielmehr  den  gleichartigen  Naturcharakter, 
die  Aehulichkeit  der  meteorologischen  Vorgänge  innerhalb  dnes  und 
desselben  Gkbietes  und  gelangt  so  zu  einer  klimatolc^isch-physiogno- 
mischen  ESntheihmg.  Ganz  besonders  berücksichtigt  er  die  geogra- 
phischen Schranken  (Meere,  Gebirge,  Wüsten  etc.),  durch  welche  eine 
allgemeine  Mischung  für  die  eminente  Mehrzahl  der  Arten  gehemmt 
oder  ganz  verhindert  wird.  Da  aber  der  letztere  Gedanke  auch  der 
Schouw'schen  Eintheilung  mit  zu  Grunde  lag,  so  fidlen  die  Grise- 
bach' sehen  Florengebiete  mit  den  Schon w'schen  vielfiich  zusammen, 
obwohl  die  Hauptpiindpien,  nach  denen  beide  entworfen  sind,  durchaus 
verschieden  dnd. 

In  dem  Folgenden  geben  wir  nach  A.  Grisebach')  ein  über- 
sichtliches Büd  von  den  Vegetations-Gkbieten  der  Erde  (vgl.  hierzu 
Fig.  88). 

1)  Das  arktische  Gebiet  umfitöst  alle  Polariandsdiaften  jen- 
seits der  Baumgrenze:  das  europäische  Samojedenland,  Nordsibirien 
und  den  nördlichen  Theil  der  Hudsonsbay-Länder  nebst  allen  nördlich 
von  den  Continenten  gelegenen  Archipelen  und  Inseln  mit  FSnschlufis 
von  Grönland  und  Island.  Hierzu  sind  auch  zu  rechnen  die  alpinen 
R^onen,  also  alle  Gebirgshöhen  zwischen  Baum-  und  Schneegrenze 
in  der  ganzen  nördlich  gemässigten  Zone  von  den  lappländisch-nor- 
wegischen Fjelden  bis  zum  Himalaja  und  den  Rocky-Mountains. 

Die  arktische  Flora  ist  durchweg  klein,  meist  nur  wenige  Cen- 
timeter  hoch.  Auf  diese  Weise  wird  es  ihr  möglich,  die  lange  Winter- 
kälte zu  ertragen;  denn  je  geringer  der  Umfimg  der  Pflanze  ist,  desto 
kleiner  ist  die  vom  Organismus  alljährlich  in  der  Vegetationsperiode 
zu  leistende  Arbeit;  die  Pflanze  ist  denmach  in  solchem  FaUe  im  Stande« 
den  jährlichen  Kreislauf  des  Wachsthums  auf  das  kürzeste  Mass  ein- 
zuschränken.   Im  Taimyrhmde  ist  die  durchschnittliche  Wuchshöhe  der 

M  Petermann's  Mittheilongen  1866,  S.  45. 

')  Die  Vegetation  der  Erde.    Leipzig  1872.    Bd.  I  und  U. 


cd  * 


IV.    Die  Vegetationszonen  der  Erde.  549 

Pflanzen  nach  A.  Th.  v.  Middendorff  ^)  ungefähr  ISVs  Centimeter; 
die  höchsten  Zwergsträucher  erreichen  nur  38  Centimeter,  und  selbst 
die  Zwergbirke  bleibt  hier  so  klein;  denn  auch  diejenigen  arktischen 
Gewächse,  welche  sich  bis  in  die  gemässigte  Zone  verbreiten,  verlieren 
im  hohen  Norden  bedeutend  an  Grösse. 

In  dem  arktischen  Gebiete  herrschen  Laubmoose  upd  Flechten  vor. 
Sie  beginnen  bereits  lebhaft  zu  vegetiren,  sobald  die  Bodenwärme  sich 
nur  ein  wenig  über  den  Gefrierpunkt  erhebt;  sie  vermögen  sich  daher 
selbst  in  unmittelbarer  Nähe  des  schmelzenden  Eises  zu  entwickeln. 
Die  mit  Feuchtigkeit  gesättigten  Tundren  des  Samojedenlandes  und 
des  arktischen  Sibirien  sind  vorwiegend  von  grünen  Laubmoosen  (ins- 
besondere von  Polytrichum,  an  den  feuchtesten  Stellen  von  Sphagnum) 
bedeckt  Wo  hingegen  die  Oberfläche  leichter  abtrocknet,  also  vor  allem 
wo  anstehendes  Gestein  derselben  nahe  liegt,  da  überkleiden  Flechten 
den  Boden  und  verleihen  ihm  eine  meist  schon  aus  der  Ferne  erkenn- 
bare braune  bis  schwarze,  graue  oder  gelblichweisse  Färbung.  Nament- 
lich waltet  auf  den  alpinen  Fjelden  Skandinavien's  und  im  arktischen 
Amerika  die  Flechtentundra  vor;  die  hier  am  häufigsten  vorkommenden 
Arten  gehören  den  drei  Gattungen  Cetraria,  Cladonia  und  Evemia  an. 
Von  ^en  Gräsern  treffen  wir  die  rasenbildenden  Wiesengräser  ebenso 
wie  in  den  Waldgebieten  der  gemässigteh  Zone  vorzugsweise  am  fliessen- 
den, die  Cyperaceen  (Halm  ohne  Knoten)  an  dem  gestauten  Wasser 
des  Sumpfbodens.  Die  meisten  der  letzteren  zählen  zu  der  Gattung 
der  Seggen  (Carex).  Auf  den  zahlreichen  niedrigen  Kräutern  mit 
farbenreichen  Blumen  beruht  der  Schmuck  und  die  Manigfaltigkeit  der 
arktischen  Flora.  Die  Holzpflanzen  sind  nur  durch  Zwergsträucher, 
wie  durch  Zwergbirke,  Polarweide,  Väccinien  (V.  uliginosum  und  V. 
vitis  idaea),  Azaleen,  Rhododendron  lapponicum  u.  a.,  vertreten.  — 
Die  Cultur  der  Cerealien  ist  im  Bereich  der  arktischen  Flora  unmög- 
lich, da  die  Vegetationszeit  ftir  dieselben  zu  kurz  ist;  demnach  hat  hier 
der  Boden  höchstens  für  die  nomadisirenden  Völkerschaften,  welche 
ihn  während  des  Sommers  mit  ihren  Heerden  au&uchen,  als  Weide- 
grund vorübergehend  eine  gewisse  Bedeutung. 

2)  Zudem  europäisch-sibirischen  Waldgebiete  ist  ganz 
Nord-  und  Mitteleuropa,  sowie  Sibirien  zu  rechnen;  es  ist  grösstentheils 
im  Norden  imd  Süden  von  den  beiden  durch  Kälte  oder  Steppenklima 
bedingten  Waldgrenzen  eingeschlossen.  Der  Vegetationscharakter  gründet 
sich  auf  die  längere  Dauer  der  Vegetationszeit,  welche  die  Entfaltung 
des  Wald  Wuchses  ermöglicht,  und  auf  die  relativ  reichen,  über  das 
ganze  Jahr  vertheüten  Niederschläge. 

*)  Reise  in  den  äussersten  Norden  und  Osten  Sibirien's.  St.  Petersburg  1848. 
Bd.  I,  Theil2,  S.  112  flF. 


550  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

Dttgtere,  immergrüne  Nadelhölzer  wechseln  mit  freondlichen,  sommer* 
grünen  Laubwäldern,  üppige,  blnmei^eschmückte  Wiesen  mit  weit  aus- 
gedehnten, wogenden  Getreidefeldern.  An  Zahl  der  Arten  werden  die 
Nadel-  und  Laubhobsformen  dieses  Gebietes  von  vielen  anderen  Floren- 
gebieten  übertroffen;  dennoch  hat  die  Nator  in  unseren  Waldungen 
mit  ein&chen  Mitteln  ausserordentlich  Herrliches  geschaffen.  Unsere 
Bäume  vereinigen  in  sich  hohe  Schönheit,  anmuthvolle  Würde  und 
mächtige  Ejraft;  dazu  entschädigen  individueDe  Gestaltung  und  Gmp- 
pirung  genugsam  die  mangelnde  Manigfaltigkeit  der  Oi^ganisation. 

Von  Nadelholzbäumen  giebt  es  hier  nach  Grisebach^)  11  sicher 
umgrenzte  Arten,  von  denen  jedoch  mehrere  nur  kleinere  B&ume  ein- 
nehmen. Nach  dem  Um£Emg  ihres  Verbreitungsgebietes  geordnet  sind 
dies  folgende:  die  Eaefer  oder  Föhre  (Pinus  silvestris),  die  Fichte  oder 
Bothtanne  (P.  abies  und  var.  obovata),  die  Lärche  (P.  larix  und  var. 
sibirica  und  daurica),  die  Arve  oder  Zirbelnusskiefer  (P.  cembra),  der 
Taxus  (T.  baocata),  die  Edel-  oder  Weisstanne  (P.  picea),  die  Pichta- 
od^  sibirische  Edeltanne  (P.  pichta),  die  Menzies-Tanne  (P.  Menziesii, 
von  Ostsibirien  bis  Japan  und  zu  den  Bocky-Mountains),  die  Seestrand- 
kider  (P.  pinaster,  von  Südeuropa  bis  an  die  Küsten  von  Frankreidi), 
die  Laricio- Kiefer  (P.  Laricio  und  var.  austriaca,  von  Südeuropa  bis 
zum  Wiener  Walde  und  Ungarn)  und  die  Ejimmiholzkiefer  (P.  montaaa 
oder  Mughus,  in  den  Alpen,  Karpathen  und  Sudeten).  Ausser  dem 
Taxus  gdiören  diese  Coniferen  sämmtlich  zu  der  (jattung  Pinus.  Von 
ihnen  bilden  die  Kiefer  und  die  Fichte  die  ausgedehntesten  Waldungen. 
Da  sich  beide  viel&ch  auf  denselben  Länderräumen  vorfinden,  so  lässt 
sich  leicht  erkennen,  inwiefern  ihr  Vorkommen  von  der  Beschafienhät 
des  Bodens  abhängig  ist  In  Westeuropa  dominirt  die  Kiefer  in  der 
sandigen  Ebene,  die  Fichte  auf  dem  Gebirge;  im  nördlichen  Bussland 
hingegen  beherrscht  die  erstere  das  sandige  Hügelland  des  IKlnviums, 
die  letztere  aber  die  thonrdchen  Niederungen  des  Old-red-sandstone. 
In  den  Alpen  steigt  die  Eaefer  bei  weitem  nicht  so  hoch  empor  wie 
die  Fichte,  während  sie  sich  auf  den  Fjelden  des  südlichen  Norw^en 
bis  zu  gleichem  Niveau  wie  die  letztere  erhebt  In  Lappland  dringt 
die  Kiefer  noch  weiter  nach  dem  Norden  vor  als  die  Fichte;  doch 
gelangt  sie  in  Sibirien,  wo  sie  bis  zum  Amuigebiete  oft  mit  Tannen  ge- 
mischt wächst,  nicht  einmal  bis  zum  Polarkreise.  Diese  Ungleichheiten 
sind  namentlich  auf  zwei  Eigenschaften  ihrer  Organisation  zurück- 
zuführen: auf  die  tiefe  Pfahlwurzel,  welche  die  Kiefer  in  den  Boden 
sendet,  und  auf  das  grössere  lichtbedürfiiiss  ihrer  weitläufig  geordneten 
Nadeln. 

')  l.  c.  Bd.  I,  S.  543. 


ly.    Die  Vegetationszonen  der  Erde.  551 

Die  AnzaM  der  Laubbäume  ist  zwar  sechsmal  so  gross  als  die 
der  Nadelhölzer;  aber  nur  die  Buchen,  Eichen  und  Birken  schaaren 
sich  zu  grossen  Waldungen  zusammen.  Die  übrigen  sind  meist  bloss 
Begleiter  derselben,  und  fast  die  Hälfte  ist  auf  einzehie  Abschnitte  der 
Grenzregionen  beschränkt.  Zur  Buchenform  sind  ausser  der  Buche  zu 
zählen  die  Kastanie,  die  Hainbuche  (Carpinus),  5  Eichen,  3  Ulmen,  die 
Syringa,  2  Ebereschen  (Sorbus)  und  11  wilde  Obstbäume  (Prunus,  Pyrus), 
zur  lindenform  6  Linden,  9  Ahome  (Acer),  «eine  Eberesche,  5  Pappeln 
(Populus),  ein  Nussbaum  (Corylus),  5  Birken  und  2  Erlen  (Alnus)  und 
zur  Eschenform  2  Eschen  (Fraxinus),  der  Fliederbaum  (Sambucus), 
eine  Staphylea,  4  Ebereschen  und  im  Amurgebiete  2  Wallnussbäume  • 
(Juglans),  sowie  einzelne  Vertreter  der  Rutaceen  (Phellodendron),  der 
Leguminosen  (Qadrastis)  und  der  Araliaceen  (Aralia).  Zur  Weiden- 
form gehören  mehrere  Arten  der  Gattung  Salix.  Eine  merkwürdige 
Vegetationsscheide  bildet  der  Ural;  denn  es  sind  von  den  genannten 
Bäumen  fast  nur  die  Birke,  die  weisse  Erle,  die  Traubenkirsche,  die 
Eberesche  und  die  Pappel  beiden  Gebirgsseiten  gemeinsam ;  ausser  der 
Eiche  und  den  Obstbäumen  finden  auch  die  Ahome  und  die  Ulmen, 
die  Esche  und  die  schwarze  Erle  hier  ihre  Grenze,  und  die  Linde  ver- 
kümmert in  Westsibirien  zu  einem  Strauche  ^).  Da  ausser  der  Birke 
in  Sibirien  keiner  der  Laubbäume  in  grösseren  Beständen  auftritt,  so 
hat  man  sich  vorzustellen,  dass  der  Laubwald  im  wesentlichen  auf  zwei 
durch  den  sibirischen  Nadelwald  getrennte  Hauptzonen  zurückgedrängt 
ist:  auf  die  mitteleuropäische  und  auf  das  Amurgebiet.  Wie  dem  euro- 
päischen Laubwald  durch  den  Ural  im  Osten  eine  Schranke  gesetzt 
ist,  so  dem  des  Amurgebietes  durch  die  Chingan-Stanowoikette  im 
Nordwesten. 

Auffallend  ist  es,  dass  die  Waldbekleidung  des  Bodens  xun  so 
grossartiger  sich  entfaltet,  je  weiter  man  von  den  Küsten  des  Atlan- 
tischen Oceans  nach  dem  Inneren  unseres  Continents  und  aus  Mittel- 
europa nach  höheren  Breiten  fortschreitet.  Während  die  bewaldete 
Fläche  in  Grossbritannien  2,4,  in  Dänemark  5,  in  Holland  7  und  in 
Frankreich  17  Procent  des  Gesanmitareals  beträgt,  wächst  sie  in  Nor- 
wegen auf  31 ,  in  Russland  auf  88 ,  in  Schweden  auf  39  Procent  an. 
In  den  russischen  Gouvernements  Archangel,  Wologda  und  Olonez 
sind  sogar  mehr  als  50  Procent  des  Landes  von  Wald  überzogen. 
Mögen  auch  diese  Verhältnisse  zum  Theil  durch  die  sich  immermehr 
ausbreitende  Cultur  der  CereaUen  herbeigeführt  worden  sein,  so  bleibt 
es  doch  wahrscheinlich,  dass  die  Lichtungen  zum  Theil  weit  älter  und 
somit  durch  die  Beschaffenheit  des  Bodens,  namentUch  durch  einen  zu 

^)  A.  Th.  y.  Middendorff,  Reise  in  den  äusseraten  Norden  und  Osten 
Sibirien^s.    St.  Petersburg  1867.    Bd.  IV,  Theil  1,  S.  766. 


l^ 


552  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

geringen  oder  zu  hohen  Orad  der  Befeuchtung  bedingt  sind.  Wenigstens 
wissen  wir  von  vier  grösseren  Bäumen  dieses  Gebietes,  dass  audi  ron 
unbeackertem  Boden  die  Wälder  verscheucht  sind:  von  den  Haide- 
flächen  des  westlichen  Europa's,  von  den  Pussten  Ungam's,  von  den 
grossentheils  mit  Oesträuch  bedeckten  Sümpfen  Russland's  und  den 
Grasfiuren  des  Amurlandes  und  Kamtschatka's. 

Unter  die  Sträucher  dieses  Vegetationsgebietes,  wdche  bisweil«i 
selbstständige  Formationen,  vielfach  aber  auch  das  Unterholz  der  Laub- 
wälder bilden,  gehören  der  Weissdom  (Crataegus)  und  andere  Rosaceen 
(Prunus,  Kubus,  Bosa),  sowie  verschiedene  Beeren  tragende  Gesträucher, 
wie  die  Heidelbeere  (Yacdnium  myrtillus  und  uliginosum),  die  Preissei- 
beere (V.  vitis  idaea)  und  die  Bauschbeere  (Elmpetrum  nigrum)  u.  a. 
Die  letzteren  sind  namentlich  in  der  nordischen  Zone  der  Kadelhölzer 
durch  geselliges  Wachsthum  ausgezdchnet  und  zwar  von  den  Wäldern 
Skandinavien's  an  bis  zu  denen  Kamtschatka's.  —  Die  immergrüne 
Erikenform  ist  nur  im  westlichen  Europa  von  landschaftlicher  Bedeutung. 
Zwar  ist  die  Calluna,  der  Haidestrauch  der  baltischen  Ebene,  auch 
in  Bussland  heimisch;  aber  sie  bedarf  hier  meist  des  Schutzes  schatten- 
spendender Bäume,  die  dem  Boden  die  Feuchtigkeit  bewahren.  Am 
stattlichsten  und  zugleich  am  manig&ltigsten  ist  das  Haidegestrftuch  in 
der  Gascogne  (Frankreich).  —  Unter  den  Gramineen  sind  die  rasen- 
bildenden  Gräser  von  ganz  besonderer  Wichtigkdt;  sie  vorigen  grossen 
Strecken  jenes  herrliche,  saftgrüne  Gewand,  welches  in  den  Nachbar- 
gebieten nur  sehr  unvollkommen  zur  Geltung  gelangt 

3)  Das  Mittelmeergebiet  begreift  in  sich  den  grössten  TheO 
Nordafirika's  und  der  iberischen  Halbinsel,  das  südliche  Frankreich  und 
die  übrigen  Uferlandschaften  des  Mittelmeeres,  sowie  am  Pontus  die 
Nordküste  Kleinasien's,  den  westlichen  Theil  Transkaukasien's  und  die 
Südküste  der  Krim.  Während  des  heissen,  r^enarmen  Sommers 
wird  die  Vegetationsperiode  Monate  lang  unterbrochen;  hing^en  ge- 
währt der  milde  Winter,  in  welchem  auch  reichUche  Begen  fidlen,  eine 
längere  Entwicklungsperiode  im  Frühling  und  eine  kürzere  im  Herbst 
Auf  dem  iberischen  Hochlande  vertreibt  die  Strenge  des  Winters  die 
Mediterran-Flora  und  prägt  demselben  den  Steppencharakter  auf.  Auch 
sonst  erfiüiren  durch  die  plastische  Gestaltung  der  Oberfläche  SJima 
und  V^etation  vielfache  Veränderungen. 

Der  eigenthümUche  2iauber,  welcher  über  eine  südeuropäische  Land- 
schaft ausg^ossen  ist,  beruht  nicht  allein  auf  den  feinen  Formen  und 
der  edlen  Haltung  der  dortigen  Gewächse,  sondern  auch  auf  der  dunklanen 
Färbung  des  Hinmiels  und  des  Meeres,  sowie  auf  der  Durchsichtigkeit 
der  Atmosphäre,  welche  die  Contouren  am  Horizonte  verschärft  und 
Nahes  und  Fernes  zu  einem  inhaltsvollen  Bilde  vereinigt    Die  herrliche 


IV.    Die  Vegetationszonen  der  Erde.  553 

Krone  der  stolzen  Pinie,  die  tiefen  Farben  schlanker  Cypressen  treten 
auf  dem  dunklen  Hintergrunde  des  reinen  Himmels  ausserordentlich 
klär  hervor.  Im  Winter  sind  jene  Reize  zwar  sehr  geschwächt;  dafür 
prangen  in  den  ersten  Monaten  des  Jahres  jene  Gewächse  in  einer 
BlüthenftQle,  wie  sie  der  Norden  nicht  aufzuweisen  hat 

Der  Hauptunterschied  zwischen  der  Mittelmeerflora  und  der  nord- 
europäischen besteht  in  dem  immergrünen  Laubblatt  der  Holzgewächse, 
welches  sich  gleichzeitig  durch  reiches,  tiefes  Grün  und  durch  den 
Glanz  der  geglätteten  Blattfläche  auszeichnet.  Zu  keiner  Jahreszeit 
sind  jene  Bäume  des  Südens  kahl  imd  entlaubt,  weil  die  Blätter  zu 
der  Zeit,  wo  die  neuen  Laubtriebe  sich  entfalten,  noch  nicht  abgestorben 
sind.  Die  beste  „Leitpflanze''  der  Mittelmeerflora  ist  der  Oelbaum 
(Olea  europaea),  jene  classische  Gestalt,  die  seit  uralten  Zeiten  an  den 
Ufern  des  Mittelmeeres  heimisch  ist  und  deren  Bedeutung  flir  die  Land- 
schaft durch  die  Cultur  erheblich  gesteigert  worden  ist.  Wie  der  Oel- 
baum, so  zeigen  auch  viele  andere  immergrüne  Baumformen  des  Südens 
das  Bestreben,  in  die  Strauchgestalt  überzugehen;  namentlich  gilt  dies 
von  dem  südeuropäischen  Lorbeer  (Laurus  nobilis),  der  sich  gewöhnlich 
nur  zu  einem  2  bis  3  Meter  hohen  Strauch  entwickelt  und  auch  dann, 
wenn  er  zu  einem  wirklichen  Baume  mit  Stamm  und  Krone  wird, 
nur  eine  Höhe  von  8  Metern  erreicht.  Ueberhaupt  besitzen  die  Mittel- 
meerländer eine  ganz  eigenartige  Strauchformation,  welche  auf  Corsica, 
den  dalmatinischen  Inseln  imd  am  Nordgestade  des  Aegäischen  Meeres 
weite  Räume  einnimmt  und  gewöhnlich  mit  ihrem  corsischen  Namen 
Maquis  genannt  wird.  Ausser  dem  echten  Lorbeer  gehören  zu  den 
Strauchgebüschen  dieser  Maquis  verschiedene  Arten  von  Rosenlorbeer 
(Cistus),  von  Myrten,  Oleander,  Buxbaum,  Mastix  und  Erikensträuchem, 
unter  welche  sich  die  langen,  blatüoseti  Ruthen  der  Spartiumformen 
(Spartium  junceum)  drängen.  Die  eigentlichen  Waldbildner  der  warmen 
Küstenregion  sind  vor  allem  die  zahlreichen  Arten  immergrüner  Echen, 
von  denen  zwei,  die  Steineiche  (Quercus  ilex)  und  die  Coccuseiche  (Q. 
coccifera)  in  allen  Theilen  des  Mittelmeergebietes  angetroffen  werden. 
Einige  auf  die  Nordwestufer  des  Mittelmeeres  beschränkte  Arten  (Q. 
occidentalis,  Q.  suber,  Q.  pseudosuber)  liefern  den  Kork.  Jene  Eichen 
haben  durchweg  kleinere  Blätter  und  meist  einen  niedrigeren  Wuchs 
als  ihre  nordischen  Verwandten.  Zu  den  Culturbäumen  des  Südens 
gehören  der  Mandelbaum  (Amygdalus  communis),  der  Granatbaum 
(Punica  granatum)  imd  die  beiden  Maulbeerbäume  (Morus  alba  und 
nigra).  An  den  nördlichen  Gestaden,  des  Mittelmeeres  ist*  femer  die 
echte  Kastanie  allgemein  verbreitet.  Die  prächtige,  mit  zackig-rundem 
Laube  versehene  Platane  (Platanus  orientalis),  welche  wahrscheinlich  aus 


554  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  anf  Erden« 

Indien  stammt,  kommt  nur  in  Macedonien  und  Griechenland  und  weiter 
ostwärts  bis  zum  Indus  vor. 

Von  ebenso  hoher  landschaftlicher  Wichtigkeit  wie  die  Laubbäume 
sind  in  Südenropa  die  Nadelhölzer.  Zwei  Arten  der  Gattung  Pinus 
(im  Granzen  durch  11  Arten  vertreten)  bewohnen  üüst  den  ganzen 
Cm£suig  der  immergrünen  R^on:  die  Pinie  (Pinus  pinea)  und  die 
Aleppo-Eiefer  (P.  halepensis),  von  denen  die  erstere,  durch  ihren  sftulen- 
artigen  Stamm  und  ihr  schirmartiges  Dach  an  die  Palmen  erinnernd, 
ein  Hauptschmuck  jener  Gegenden  ist  Auch  die  nordische  Kiefer  (P. 
silvestris)  fehlt  hier  nicht;  dag^en  yermissen  wir  die  Bothtanne,  die 
Fichte  des  Nordens,  welche  durch  die  Edeltanne  (P.  picea)  erseta^t 
wird«  Auf  dem  Adas,  Taurus  und  Libanon  findet  sich  die  Ceder  (P. 
cedrus).  Mehrere  Wachholderarten  erreichen  Baumhöhe  (10  Meter) 
und  bilden  in  gewissen  Landschaften  hochstämmige  Wälder.  Die  durch 
dunkle  f^bung  ihres  Ghrüns  ausgezeichnete  Cjrpresse  zdgt  in  ihrem 
steifen,  obeliskenartigen  Wuchs  eine  merkwürdige  Monotonie. 

Im  Mittelmeeigebiet  ist  nur  eine  Palme  heimisch:  die  Zweigpahne 
(Chamaerops  humilis).  Meist  fehlt  ihr  der  Stamm,  weshalb  die  schirm- 
förmig gethdlten  Blätter  &st  unmittelbar  dem  Boden  entsprossen  acheinen ; 
nur  selten  entwickelt  sie  einen  niedrigen  Holzstamm.  Die  Dattelpalme 
(Phoenix  dadylifera)  ist  erst  durch  die  Cultur  an  die  Ufer  des  Mittd- 
meeres  verpflanzt  worden,  was  schon  daraus  hervoigeht,  dass  selbst 
an  den  heissen  Küsten  von  Algerien  und  Sidlien  ihre  Früchte  nicht 
zur  Beife  geUngen.  Aus  Amerika  eingeftüul  ist  die  Agave  americana 
(v^.  8.  540),  sowie  die  cactusartige  indische  Feige  (Opuntia  ficus  indicai, 
und  aus  Vorderindien  stanunen  die  Agrumen  (Name  fär  die  zahlreichen 
Cütrusarten),  also  die  Citrone  (Citrus  medica),  die  gemeine  Orange  oder 
Pomeranze  (C.  vulgaris),  die  limone  (C.  limonium,  fidschlicher  Weise 
bei  uns  CStrone  genannt),  die  Apfelsinenorange  (C.  aurantium)  u.  a. 
Als  echte  Kinder  der  Tropen  fordern  die  Gtrusgewächse  gut  be- 
feuchteten Boden  und  grosse  Wärme;  sie  kommen  daher  erst  in  dem 
südlichen  Theile  der  südeuropäischen  Halbinseln  und  auch  hier  nur  auf 
den  niedrigen  Küstenebenen  vor.  Ein  weit  geringeres  Verbrätungsgebiet 
haben  andere  von  Haus  aus  tropische  Gewächse.  So  ist  in  Südeuropa 
die  Baumwollenstaude  im  wesentlichen  auf  Cnteritalien,  das  Zuckerrohr 
auf  Andalusien,  der  Pisang  imd  die  Batate  auf  Sicilien  beschränkt 

Ueberall  gedeiht  im  Süden  der  Weinstock,  dessen  Trauboi  hier 
an  Zuckergehalt  und  Feuer  gewinnen.  Er  wird  nicht  bloss  an  den 
Gehängen'  sondern  auch  auf  freiem  Felde  cultivirt  und  rankt  vielfiich 
(namentlich  in  Italien)  an  den  Maulbeerbäumen  empor.  Von  den  Oere- 
alien  spielen  der  Weizen  und  der  Mais,  in  der  Lombardei  und  Anda- 
lusien auch  der  Beis  eine  hervorragende  Bolle.   Die  Bohxgräser  erlangen 


IV.    Die  Vegetationszonen  der  Erde.  555 

ein  wahrhaft  tropisches  Aussehen.  Das  spanische  Rohr  (Arundo  donax) 
schiesst  schon  in  der  Lombardei  4  bis  5  Meter  hoch  empor,  und  die 
Hahne  einer  Hirse,  des  Soi^hum  saccharatum,  stehen  ihm  an  Höhe 
nicht  nach.  Dafür  entbehren  freilich  die  Tiefländer  der  rasenbildenden 
Grftser,  deren  saftiges  Grün  dort  lediglich  die  Oebirgslandschaflen 
schmückt. 

4)  Das  grosse  europäisch-asiatische  Steppen-  und 
Wüstengebiet  reicht  von  den  Donaumündungen  am  Schwarzen 
Meere  bis  zu  den  Quellflüssen  des  Amur,  von  der  mittleren  Wolga 
(53  ^  n.  Br.)  bis  an  die  Küsten  des  Arabischen  Meeres  in  Balutschistan 
(25  ®  n.  Br.)  und  bis  zum  Himalaja.  Obwohl  dieses  Gebiet  nach  seiner 
geographischen  Lage  mit  den  gesegneten  Ufern  des  Mittelmeeres  nahe 
verwandt  erscheint,  so  ist  doch  sein  Klima  für  das  Pflanzenleben  nicht 
viel  günstiger  als  das  arktische.  Beide  Zonen  besitzen  einen  heissen, 
regenarmen  Sommer^);  aber  in  den  Steppen  und  Wüsten  wird  durch 
den  langen  und  strengen  Winter  die  Vegetationszeit  des  Frühlings  stark 
verkürzt  und  die  herbstliche  kaum  wieder  angenommen.  Demnach 
wird  die  Entwicklungsperiode  der  Pflanzen  wie  im  hohen  Norden  auf 
weniger  als  drei  Monate  verkürzt;  nur  gewisse,  für  ein  so  trockenes 
Klima  besonders  disponirte  Gewächse  haben  eine  längere  Vegetations- 
zeit. Natürlich  gewähren  stets  die  Flussuier  und  die  reicher  benetzten 
Gebirgsregionen  günstigere  Wohnstätten  für  höher  organisirte  Pflanzen 
als  die  weiten,  dürren  Ebenen. 

Die  Gewächse  der  Steppe  sind  in  manigäusher  Weise  gegen  die 
verderblichen  Wirkungen  der  Sommerdürre  geschützt  Solchen  Schutz 
gewähren  ihnen  entweder  die  zahlreichen  Hüllen  um  den  innem  Lebens- 
keim, wie  bei  den  Zwiebelgewächsen  (Liliaceen,  Irideen),  oder  der 
Natriumreichthum  ihrer  Säfte,  da  Salzwasser  viel  langsamer  verdunstet 
als  reines  (namentlich  bei  den  Chenopodeen  und  Tamarisken),  femer 
eine  Haarbekleidung  des  Blattwerkes,  wodurch  die  Kraft  der  Sonnen- 
strahlen geschwächt  und  somit  die  Verdunstung  gehemmt  wird  (z.  B. 
bei  den  Artemisien),  die  Bildung  von  Domen,  durch  welche  die  Blatt- 
entwicklung beeinträchtigt  und  somit  die  verdunstende  Oberfläche  ver- 
mindert wird,  sowie  endlich  ätherische  Oele,  durch  deren  Ausscheidung 
aromatische  Gewächse  ihre  Umgebung  abkühlen  und  demnach  ihre 
Verdunstung  verringem.  So  gelingt  es  den  Artemisien,  einigen  Poly- 
goneensträuchem  und  den  Chenopodeen,  bis  über  die  Dürre  des  Sommers 
hinaus  zu  vegetiren.  Unter  diesen  Verhältnissen  erreicht  eine  über  die 
Aral-Gegenden,   Turkestan  und  Persien  verbreitete  Chenopodee,  der 

^)  Zwar  fallt  das  Maximum  des  Regens  in  den  Sommer  (s.  S.  276);  doch 
genügen  bei  der  grossen  Sommerhitze  jene  strichweise  als  Platzregen  auf- 
tretenden Regen  nicht  zur  Entwicklang  des  Baumwuchses. 


556  Vierter  TheiL    Das  organiscbe  Leben  auf  Erden. 

Saxaal  (Haloxylon  Ammodendron)  unabhängig  von  zugänglidien  W 
vorräthen  einen  baumartigen  Wudis.  Er  gleicht  einem  grün  gefiürbtoi 
Bündel  von  BeiaerD,  in  welchem  Stämme  bis  zu  20  Centimeter  Dicke 
und  von  5  bis  6  Met^  Höhe  vorkommen,  „der  einzige  Wald  in  diesen 
Einöden,  aber  em  Wald  ohne  Blätter  und  ohne  Nadeln,  wiewohl  grün 
und  blühend,  eine  Nachahmung  der  Casuarinenfonn  Australien's.'' 

Ausserordentlich  zahlreich  vertreten  sind  die  Domsträucher,  ins- 
besondere auf  den  Plateaux.  Hierher  gehören  vor  allem  die  Traganth- 
sträucher  auf  den  Hochsteppen  von  ganz  Vorderasien  und  die  Caraganen 
in  Centralasien  (von  Tibet  bis  zum  Altai).  Durch  diese  Domsträucher 
verliert  der  Boden  sehr  an  seinem  Werth  als  Weideland;  denn  unter 
allem  Vieh  nimmt  nur  das  Kameel  mit  derartigem  Futter  (Alhagi 
camelorum)  verlieb.  Aber  auch  die  Gräser  sind  nicht  von  hohem 
Nahrungswerth;  die  vorherrschenden  schiessen  früh  in  Aehren,  ver- 
dorren dann  und  liefern  im  Sonmier  statt  nahrhaften  Heu's  nur  gdb- 
liches  Stroh.  Man  bezeichnet  die  meist  mit  den  hohen  Sasenbüschetn 
starrblättriger  Stipaarten  bedeckten  Ebenen  als  Tirssa.  Da  diese  nicht 
mit  Yorthdl  gemäht  werden  kann,  so  br^uit  man  sie  am  liebsten  ab. 
Wie  wenig  werthlos  jene  Gräser  sind,  erhellt  am  deudichsten  darag^s^ 
dass  das  beste  Ghras  der  russischen  Steppen  (Festuca  ovina)  in  Mittel- 
europa fiir  £Ast  völlig  werthlos  gUt  Natürlich  gewähren  die  zarten 
Triebe  im  Frühjahr  die  beste  Fütterung;  im  übrigen  muss  die  Grösse 
des  Baumes  die  weidenden  Thiere  entadiädigen  fiür  die  Armuth  des 
Ertrags.  Das  herrliche,  tiefe  Frühlingsgrün  der  Steppe  wird  g^en 
Ende  April  durch  eine  Anzahl  glänzend  gefiürbter  Frühlingspflanzen 
geschmückt:  durch  Tulpen  und  andere  Liliaoeen,  sowie  Irisarten.  Mitte 
Mai  ist  jedoch  bereits  der  Tulpenflor  dahin;  es  folgt  dann  die  Blüüie- 
zeit  der  Crudferen  und  Labiaten  und  im  Juli  die  der  Leguminosen  und 
Umbelliferen.     Aber  schon  im  August  ist  die  Steppe  gänzlich  verödet. 

In  den  sumpfigen  Niederungen  (namentlich  am  Easpi-,  Aral-  und 
Balchasch-See)  bilden  die  Bohigräser  (Arundo  phragmites)  grosse  Schilf- 
gürtd,  wdche  der  lieblingsaufenthaltBort  wilder  Eber  und  unzähliger 
Wasservögel  sind.  Die  Ufer  fliessender  Gewässer  wanien  hie  und  da 
(namentlich  in  Hochturkestan)  von  einem  breiten  Streifen  hochstämmigen 
Waldes  umsäumt;  meist  bestdien  die  Uferwaldung^i  aus  Weiden  und 
Pappeln  (darunter  die  Asien  eigenthümlichen  Arten  Populus  euphratica 
und  pminosa).  Diese  Bäume  sind  ursprünglich  Fremdlinge  in  der 
Steppe  gewesen  wie  audi  die  Oschurgebüsche  am  Todtoi  Meere,  die 
Zwergpalmen  BalutBchistan's  und  die  von  dea  Arabern  in  die  südlichen 
Landschaften  eingeführten  Dattelpalmen. 

5)  Das  chinesisch-japanische  Gebiet  geniesst  vor  viden 
anderen  Erdräumen  den  Vorzug,  eine  r^elmässig  wiederkehrende  und 


IV.    Die  Vegetationszonen  der  Erde.  557 

dabei  höchst  günstige  Vertheilung  der  Niederschläge  zu  besitzen.  Be- 
gründet  ist  dieselbe  in  den  ebenso  regelmässig  wechselnden  Monsunen, 
die  während  des  Sommers  mit  Wasserdampf  reich  beladene  Seewinde, 
während  des  Winters  trockene  Continentwinde  sind  (vgl.  S.  269  f.). 
Demnach  empfangt  das  Erdreich  während  der  heissen  und  für  die 
EntMtung  der  Vegetation  wichtigsten  Monate  die  reichsten  Regen. 

Die  Flora  China's  und  Japan's,  mit  welcher  sich  übrigens  zahl- 
reiche europäisch-sibirische  und  indische  Formen  mischen,  zeichnet  sich 
im  Vergleich  zu  derjenigen  Europa's  durch  eine  weit  grössere  Manig- 
fidtigkeit  der  Gewächse,  insbesondere  der  Bäume  aus.  Wie  in  Süd- 
europa, so  walten  auch  hier  immeiprüne  Blattorgane  vor.  Die  Coniferen 
werden  allein  in  Japan,  soweit  man  bis  jetzt  Kunde  hat,  durch  mehr 
als  30  Arten  vertreten.  Dieselben  sind  fast  alle  Asien  eigenthümlich, 
sind  aber  physiognomisch  den  europäischen  Tannen  und  Eüefem  viel- 
fiich  sehr  ähnlich.  Besonders  auffallende  Gestalten  sind  die  Schirmfichte 
Japan's  (Sciadopitys) ,  deren  Krone  einen  aus  breiter  Grundfläche 
sich  entwickelnden  regelmässigen  Kegel  bildet,  und  eine  weisslich 
berindete  Kiefer  des  nördlichen  China's  (Pinus  bungeana)  mit  höchst 
merkwürdiger  Verzweigung,  da  in  geringer  Höhe  über  dem  Boden  acht 
bis  zehn  Aeste  steil  wie  Masten  emporwachsen  und  erst  an  ihrer  Spitze 
sich  in  verschlungene  Kronen  auflösen.  Für  den  in  China  bestehenden 
Gräbercultus  ist  die  chinesische  Cypresse  (Cupressus  funebris)  wichtig; 
ihre  dunkle  Färbung,  sowie  ihre  herabhängenden  Zweige  machen  sie 
zu  einem  treffKchen  Symbol  der  Trauer. 

Zu  den  reichlich  vorhandenen  Laubhölzem  Ostasien's  gehören 
zahlreiche  immergrüne  Eichen  (im  östlichen  gemässigten  Asien  25, 
ausserdem  in  Japan  20),  Lorbeeren  (in  Japan  allein  18  Arten,  unter 
ihnen  der  schöne  Kampherlorbeer,  Laurus  camphora)  und  Magnolien 
(in  Japan  10  Arten,  von  denen  mehrere  auch  als  Büsche  vorkommen). 
Ausser  den  Eichen  und  Lorbeeren  finden  sich  hier  auch  noch  zahl- 
reiche andere  Baumformen  des  Mittelmeergebietes,  welche  oft  nur  durch 
unbedeutende  Artunterschiede  von  diesen  getrennt  sind.  Dies  gilt 
namentlich  von  der  japanischen  Buche  (Fagus  Sieboldi),  einer  Kastanie 
(C!astanea  japonica) ,  einer  Ulmacee  (Planera  Kiaki),  welche  auf  Nipon 
ein  sehr  geschätztes  Bauholz  liefert.  Ebenso  besitzen  China  und  Japan 
unter  den  Bäumen  mit  Laubwurf  nicht  wenige  Arten  (z.  B.  Linden, 
Eschen,  Sykomoren),  die  mit  europäischen,  resp.  nordafirikanischen 
Arten  verwandt  sind.  Der  Farbenwechsel  des  Ahomlaubes  verleiht 
insbesondere  den  Landschaften  Nipon's  im  Herbste  einen  herrlichen 
Schmuck.  Die  immergrünen  Sträucher  China's  und  Japan's  haben 
weit  mehr  Beziehungen  zu  indischen  als  zu  europäischen  und  nord- 
amerikaniachen  Familien;    am   wichtigsten  sind  die  Temstroemiaoeen 


558  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  aof  Erden. 

mit  den  Gattungen  Camellia,  Thea  und  Eurya.  Die  Camellia  japonica, 
welche  bis  5  Meter  hoch  wird,  ist  eine  Hanptzierde  jener  Landschaften^ 
nnd  der  Theestraach  (Thea  viridis),  welcher  der  Camellia  ganz  nahe 
steht,  eines  der  wichtigsten  Coltoigewächse. 

An  das  tropische  Pflanzenleben  erinnern  namentlich  die  baumartigen 
Bambuse,  sowie  einige  Palmen,  welch  letztere  jedoch  nur  der  Südhälfte 
von  China,  Eiusiu,  Sikok  und  der  Südspitze  von  Nipon  angehören. 
Dieselben  sind  meist  Zwergpalmen  (so  in  China  mehrere  Arten  von 
Khapis,  drd  Phönix- Arten) ,  oder  sie  haben  nur  eine  massige  Stamm- 
höhe (wie  Liyistona  chinensis  und  die  einzige  japanische  Palme  Cha- 
maerops  ezcelsa,  die  hohe  Zweigpafane). 

Auch  die  Culturge wachse,  durch  welche  die  übrigen  zum  Theil 
sehr  zurückgedrängt  worden  sind,  zeigen  schon  einen  mehr  tropischen 
Anstrich.  Reis  und  Weizen  werden  ganz  allgemein  gebaut,  ebenso 
Sesamum  Orientale  als  Oelpflanze,  femer  Conyolvulus-  und  Dioscorea- 
Art^i  (namentlich  Dioscorea  batatas,  die  chinesische  Kartoffel),  deren 
Knollen  zur  Nahrung  dienen.  Hierzu  kommen  noch  die  Baumwolle, 
der  Indigo  und  das  Zucken*ohr  und  von  den  Holzgewftchsen  die  Orange, 
der  Oranatapfel  und  der  Maulbeerbaum;  letzterer  ist  ftir  die  sehr 
bedeutende  Seidenraupenzucht  höchst  wichtig. 

6)  Das  indische  Monsungebiet  erstreckt  sich  im  wesent- 
lichen über  die  beiden  indischen  Halbinseln  und  den  indischen  Archipel 
Es  umfiisst  demnach  die  tropischen  Länderräume,  welche  der  asiatische, 
sowie  die  gesammte  Inselflur,  welche  der  australische  Monsun  beherrscht 
Nördlich  vom  Aequator  ist  der  nordhemisphärische,  südlich  von  dem- 
selben aber  der  südhemisphftrische  Sommer  die  eigentliche  Regenzeit 
(vgl  S.  269  ff.). 

Das  Plateau  von  Dekhan  und  das  Innere  von  Birma  tragen  wegen 
relativer  R^enarmuth  Steppencharakter  an  sich;  im  übrigen  aber  ent- 
faltet sich  hier  in  Folge  der  mit  grosser  Wärme  verbundenen  reichen 
Feuchtigkeit  allüberall  ein  herrlicher  tropischer  Wald.  Dieser  unter- 
scheidet sich  —  und  es  gilt  dies  nicht  bloss  ftir  das  indische  Monsun- 
gebiet, sondan  ftir  alle  Tropenländer  —  von  dem  nordischen  Wald 
in  seinem  Gesammtcharakter  vor  allem  dadurch,  dass  kein  Grewächs 
gesellig  auftritt,  sondern  von  Schritt  zu  Schritt  die  Formen  sich  ändern, 
d.  h.  nicht  bloss  die  Arten,  sondern  auch  die  Grattungen  und  Familien. 
Ja,  diese  Manigfaltigkeit  theilen  mit  den  Bäumen  auch  die  zahllosen 
Schlinggewächse  und  die  auf  den  Bäumen  befestigten  Epiphyten. 

Die  herrlichste  Erscheinung  in  der  Physiognomie  der  Tropoiland- 
schaft  sind  ohne  Zweifel  die  Palmen,  deren  Artenzahl  im  indischen 
Monsungebiete,  wie  etwa  im  tropischen  Amerika,  die  hohe  Ziffer  300 
erreicht    Freilich  sind  nicht  wenige  davon  Zwei^gpalmen  und  die  grössere 


J 


IV.    Die  Vegetationszoneu  der  Erde.  559 

Hälfte  sogar  nur  Palmlianen  (Gattungen  Calamus  und  Daemonorhops), 
welch  letztere  sich  im  Gegensatz  zu  den  übrigen  Palmen  als  holzige 
Schlingpflanzen  auf  die  Bäume  des  Jungle  stützen  und  auch  der  Blätter- 
krone entbehren,  da  ^ihr  Stamm  der  Länge  nach  mit  Fiederblättern 
besetzt  ist.  In  Amerika  fehlen  die  Palmlianen  gänzlich;  somit  bleibt 
Asien  immerhin  hinsichtlich  der  Manigfaltigkeit  seiner  Palmen  weit  hinter 
Amerika  zurück.  Unter  den  hochstämmigen  vorderindischen  Palmen 
sucht  die  Palmyra-Palme  (Borassus  flabelliformis)  dürre  Länderräume 
(wie  das  Tafelland  von  Dekhan)  auf.  In  det  oberen  Gangesebene  ist  nur 
eine  einzige  Palme,  Phoenix  silvestris,  wirkUch  einheimisch;  doch  weisen 
auch  die  feuchten  Niederungen  von  Bengalen  keine  grosse  Anzahl  auf. 
Ueber  dürre  und  reich  bewässerte  Gebiete  Vorderindien's  ziemlich 
gleichmässig  verbreitet  sind  die  Betehiusspalme  (Areca  catechu)  und 
die  offenbar  aus  Amerika  stammende  Gocospalme.  Viel  manigfaltiger 
sind  die  Palmen  in  Hinterindien;  aber  auf  den  Höhepunkt  ihrer  Ent- 
faltung gelangen  sie  erst  in  dem  gleichmässig  warmen  Klima  zwischen 
Malakka  und  Java.  Wie  die  Palmyra-  und  Cocospalme  in  Vorder- 
indien, so  sind  die  beiden  Sagopalmen  (Metroxylon  Rumphii  und  M. 
sagus)  auf  den  Molukken  und  Sunda-Inseln  durch  ihre  Nährstoffe  von 
hoher  Bedeutung.  Das  weiche,  weisse  Mark,  mit  welchem  der  innere 
Theil  des  Sagopalmstammes  erfüllt  ist,  liefert  den  meisten  und  besten 
Sago  (oft  5  Centner  von  einem  Stamme).  An  Hoheit  des  Wuchses  werden 
alle  indischen  Palmen  von  der  Schirmpalme  (Corypha  umbraculifera) 
übertroffen,  welche  auf  Ceylon  und  Malabar  h\a  zu  einer  Höhe  von  20 
bis  23  Metern  emporstrebt,  6  Meter  lange  Blätter  mit  Fächern  von 
3  bis  4  Meter  Durchmesser  besitzt  und  am  Schlüsse  ihres  langen 
Lebens  eine  colossale  Blüthenrispe  von  10  Meter  Höhe  treibt. 

Von  den  monokotyledonischen  Holzgewächsen  wirken  neben  den 
Palmen  besonders  die  Bambuse  bestimmend  auf  den  Charakter  der 
Landschaften.  Sie  finden  sich  in  allen  Theilen  Indien's  und  sind  durch- 
schnittUch  3  bis  15  Meter  hoch;  doch  erreichen  einzelne  Arten  auf 
Java  selbst  eine  Höhe  von  40  Metern.  Viele  bilden  fiwt  undurch- 
dringliche Gebüsche.  Der  Pisang  und  die  Banane  (Musa  paradisiaca 
imd  M.  sapientum),  diese  Nahrungspflanzen  ersten  Banges  unter  den 
Tropen,  haben  hier  ihre  Heimath  und  bewohnen  mit  Vorliebe  die 
schattigen  Räume  des  Junglewaldes.  Endlich  sind  unter  den  Formen 
mit  unverzweigtem  Holzstamm  noch  die  Fambäume  hervorzuheben, 
deren  Laubrosette  als  eine  getreue  Nachahmung  der  Palmenkrone  er- 
scheint. Sie  fordern  viele  Feuchtigkeit,  weshalb  sie  sich  im  Jungle  am 
grossartigsten  entfalten;  in  Java  steigen  sie  an  den  Berggehängen  bis 
zu  3000  Meter  Höhe,  also  in  Begionen  mit  einer  mittleren  Jahres- 
temperatur von  8®  C.  empor. 


560  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

Die  zahlreichen  dikotyledonischen  Laubhölz^  machen  den  Haupt- 
bestandtheil  der  tropischen  Waldungen  aus.  Im  allgemeinen  sind  diese 
Bäume  nicht  so  hoch  wie  die  majestätischen  Nadelhölzer  des  Nordens ; 
dafür  hat  ihr  Stamm  eine  grössere  Dicke,  und  dieser  bedarf  er  sowohl 
zur  Stütze  des  mächtigen  Zweiggerüstes  wie  zum  Trutze  g^en  die 
täglichen  Gewitter  in  der  heissen  Jahreszeit  und  die  gewaltigen  Orkane 
in  ihrem  Gefolge.  Dem  letzteren  Zwecke  dienen  auch  die  am  Grunde 
der  Baumstämme  in  senkrechter  Richtung  heraustretenden  Leisten 
(,,Holztafeln^)  und  die  von  den  Zweigen  senkrecht  nach  dem  Boden 
wachsenden  Luftwurzeln.  Die  merkwürdigen  Gerüste  der  letzteren 
finden  sich  bei  den  Banyanen  und  Mangroven.  Die  aus  den  Zweigen 
hervorbrechenden  Luftwurzeln  der  Banyane  (Ficus  indica)  verwandeln 
sich  allmählich  in  Stämme;  je  weiter  diese  vorgeschoben  werden,  desto 
mehr  dehnt  sich  die  gemeinsame  Laubkrone  seitwärts  aus,  bis  schliess- 
lich der  Baum  zu  einem  Walde  geworden  ist,  dessen  Baumkronen  wie 
auf  einer  gemeinsamen  Säulenhalle  ruhen.  Bei  den  ISIangrovebäumen 
(Rhizophoren)  entspringen  die  Luftwurzeln  nicht  den  Zweigen  selbst, 
sondern  den  Früchten  an  ihnen,  weshalb  später  das  Band  mit  dem 
Mutterstamme  leicht  gelöst  wird.  Die  Rhizophoren  sind  3  bis  8  Meter 
hohe  Bäume  mit  glänzendem  Lorbeerlaub  und  bedecken  namentlich 
die  Ufergebiete  der  tropischen  Meere. 

Die  Laurineen,  immergrünen  Eichen  und  Kastanien  gehören  vor- 
zugsweise der  Wolkenregion  der  Gebirge  an.  In  den  feuchten  unteren 
Wäldern  sind  ausserordentlich  artenreich  die  Rubiaceen,  Urticeen  und 
Anonaceen;  dem  Monsungebiete  eigenthümlich  sind  insbesondere  zahl- 
reiche Guttiferen,  Temstroemiaceen  (Saurauja),  Magnoliaceen  (Michelia), 
Myrtaceen  (Barringtonia)  und  Hamamelideen  (Altingia).  Zu  den  £ast 
ganz  auf  das  tropische  Asien  eingeschränkten  Dipterocarpeen  zählen 
zwei  wichtige  Bäume:  der  Salbaum  (Shorea  robusta),  dessen  festes  und 
schweres  Holz  nur  dem  Teakholze  nachsteh^i  soll,  und  der  Eampher- 
baum  Bomeo's  (Dryobalanops  camphora),  in  dessen  Stamm  sich,  und 
zwar  in  eigenen  Behältern,  oft  grosse,  mehrere  Pftmd  schwere  Stücke 
Eampher  absetzen.  Sehr  häufig  sind  femer  die  Leguminosen,  Sapin- 
daceen,  Meliaceen  und  Terebinthaceen.  Der  über  ganz  Indien  v^- 
breitete  Toonabaum  (Cedrela  toona)  giebt  ein  werthvolles  Holz.  Die 
Aurantiaceen  (Orangengewächse)  haben  sämmtlich  in  Indien  ihre 
Heimath.  Die  zahlreichen  Akazien  (unter  ihnen  Acada  serissa,  A. 
arabica,  A.  fiimesiana)  suchen  gleich  dem  PIoso  (Butea  frondosa)  im 
allgemeinen  die  trockensten  Räume  von  Indien  auf.  Einer  derjenigen 
Bäume  der  indischen  Jungles,  welche  während  der  trockenen  Jahreszeit 
ihr  Laub   abwerfen,  ist  der  Teakbaum  (Tectonia  grandis).     Sein  an 


IV.    Die  Vegetationszonen  der  Erde.  561 

Dauerhaftigkeit  unübertroffenes  Holz  findet  beim  Schiffbau  viel&ch 
Verwendung,  ganz  ausschliesslich  aber  beim  Bau  der  Hindutempel. 

Die  meisten  Coniferen  Indien's  besitzt  der  Himalaja;  sie  zeichnen 
sich  fast  durchweg  durch  lange  Nadeln  aus.  So  hat  Pinus  excelsa 
Wallich  bei  Eatmandau  18  Centimeter  lange  Nadeln;  bei  der  Tschelu- 
Fichte  (Pinus  longifolia)  erreichen  sie  sogar  eine  Länge  von  30  Centi- 
metem.  Eine  stattUche  Pyramidenform,  die  schon  an  der  Basis  des 
Stammes  beginnt,  weist  die  Deodwara  - Ceder  (Cedrus  Deodora)  auf, 
welche  in  Nepal  bis  3350  Meter  Höhe  emporsteigt  Auf  der  Nordhälfte  von 
Sumatra  kommt  noch  eine  Kiefer  mit  langen*Blattnadeln  (Pinus  Merkusii) 
vor;  doch  scheint  keine  Pinus- Art  den  Aequator  zu  überschreiten.  Von 
den  zu  den  Coniferen  gehörenden  Podocarpus- Arten  des  indischen 
Archipels  spitzen  nur  wenige  (Podocarpus  cupressina)  ihre  Blätter  zu 
Nadeln  zu.  An  den  Casuarinen,  welche  offenbar  aus  dem  australischen 
Continent  stammen,  gehen  die  Nadeln  ganz  verloren.  Ihre  auffallenden, 
schachtelhalmähnlichen  Gestalten,  die  oft  in  grossen  Massen  auftreten, 
verleihen  vielfach  den  sandigen  Küsten,  auf  den  Sundainseln  aber  bis- 
weilen auch  Gebirgsgebieten  ein  eigenartiges  Aussehen. 

Eine  herrliche  Zierde  des  tropischen  Waldes  sind  die  zahlreichen 
Lianen  aus  den  verschiedensten  Pflanzenfamilien  (Leguminosen,  Euphor- 
biaceen,  Urticeen,  Melastomaceen,  Piperaceen  \l  a.).  .  Mit  reizenden 
Blüthen  geschmückt  ziehen  sie  sich  von  Baum  zu  Baum,  von  Ast  zu 
Ast  und  machen  so  den  Wald,  den  sie  völlig  durchschlingen  imd  um- 
schlingen, undurchdringlich.  Aber  noch  überraschender  ist  der  Formen- 
reichthum  der  Epiphyten,  d.  h.  derjenigen  Gewächse,  die  nicht  im 
Erdboden ,  sondern  auf  anderen  Pflanzen  wurzeln,  ohne  jedoch  diese 
zu  umranken.  Unter  ihnen  sind  besonders  ausgezeichnet  die  Aroideen 
(Pothos)  mit  ihren  grossblätterigen  Rosetten,  zahlreiche  zierliche  Fam- 
kräuter und  die  Orchideen  mit  ihren  äusserst  manig&ch  gebauten  und 
prächtig  gefärbten  Blüthen.  Von  letzteren  giebt  es  allein  auf  dem 
Inselgebiete  mehr  als  600  Arten  in  über  100  Gattungen. 

Das  Strauchwerk,  welches  das  Unterholz  des  Jungle  bildet 
(Kubiaceen,  Urticeen,  Ericeen,  Melastomaceen),  zeigt  meist  Oleander- 
und Myrtenform;  in  den  dürren  Ebenen  des  Indusgebietes  sind  Dom- 
sträucher  ziemlich  häufig.  Unter  den  nicht  verholzten  Laubpflanzen 
stehen  die  Sdtamineen  dem  Pisang  sehr  nahe.  Die  Zingiberaceen, 
eine  Gruppe  derselben,  enthalten  gewürzhafte  Stoffe;  namentlich  liefert 
solche  die  Wurzel  des  Ingwer  (Zingiber). 

G^enüber  dem  ausserordentlichen  Reichthum  an  Gewächsen, 
welchen  das  Dickicht  des  feuchten  indischen  Junglewaldes  in  sich 
birgt,  haben  die  dürren  Steppengebiete  eine  sehr  dürftige  Flora.    Das 

Peiohel-LeipoUt,  Fhys.  Erdlnnde.     n.  36 


562  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

Letztere  gut  nicht  etwa  nur  von  den  höher  entwickelten  Vegetations- 
formen, von  Bäumen  und  Strauchwerk,  sondern  selbst  von  den  Gräsern. 
Auf  dem  Festlande  Asien's  sind  die  Savanen  meist  nur  von  dem  1  bis 
1  Vs  Meter  hohen  Alanggrase  (Imperata  cjlindrica)  bedeckt;  jeder  andere 
Pflanzenwuchs  wird  durch  dieses  Grewächs  verdrängt  Auf  dem  sumpfigen 
Boden  Java's  weicht  es  dem  3  bis  4  Meter  hohen  Glaga- Schilf  (Sac- 
charum  spontaneum),  welches  in  seinem  Herrschaftsbereich  ebenfidls 
kein  anderes  Pflanzenleben  aufkommen  lässt 

Unter  den  Nahrungspflanzen  Indien's  nimmt  der  Bds  die  erste 
Stelle  ein.  In  vielen  Gegenden  Hindostan's  baut  man  im  Sommer 
Reis,  Mais,  Indigo,  Baumwolle,  Ingwer,  also  tropische  Gewächse, 
während  man  sich  nach  der  Herbstemte  mit  d^  Cultur  von  Winter- 
früchten (Weizen,  Hafer,  Hirse,  Bohnen,  Flachs,  Coriander)  befis^st. 
Wie  durch  die  Cerealien,  so  hat  sich  auch  durch  Baumculturen  in 
vielen  Theilen  der  indischen  Welt  der  Charakter  der  Landschaft  wesent- 
lich geändert  Wir  denken  hierbei  in  erster  Linie  an  die  Cultur  des 
Eaffeebaumes  auf  Ja^a,  des  Zimmtbaumes  auf  Ceylon,  des  Muscatnuss- 
und  Gewürznelkenbaumes  auf  den  Molukken,  des  Brotbaumes  und  der 
Cocospalme  auf  den  Südseeinseln,  sowie  der  Agrumen  (Citrus)  in  ver> 
schiedenen  Theilen  Indien's. 

7)  Das  Gebiet  der  Sahara,  welchem  auch  Arabien  und  das 
Mündungsland  des  Indus  hinzugefugt  werden  darf,  ist  durch  das  stete 
Vorwalten  des  Passates  zu  äusserster  Begenarmuth  verurtheilt  Auf 
diese,  sowie  auf  den  täglichen  Wechsel  von  fürchterlicher  Sonnengluth 
und  nahezu  bis  zum  Frost  gesteigerter  Kälte  ist  die  Armuth  der  Flora 
zurückzufuhren.  In  den  meisten  Oasen  ist  das  Pflanzenleben  an  das 
Vorhandensein  des  Grundwassers  gebunden;  in  diizelnen  Bergland- 
schaften, in  denen  der  Passat  in  höhere,  kältere  Rhenen  emporzusteigen 
gezwungen  ist,  wird  der  Boden  nicht  selten  auch  durch  Regen  befeuchtet. 

Der  wichtigste  Baum  der  Wüste  ist  die  Dattelpalme.  Sie  hat 
unstreitig  hier  ihre  Heimath;  denn  sie  kommt  nur  innerhalb  der  klima- 
tischen Grenzen  dieser  Zone  vor.  In  den  Oasen  finden  sich,  durch 
künstliche  Bewässerung  erhalten,  meist  dichtgeschlossene  Dattelwälder, 
deren  Früchte  flir  die  Wüstenbewohner  das  wichtigste  Nahrungsmittel 
sind.  Ausserdem  giebt  es  noch  eine  Zwergpalme  (Hyphaene  Argun) 
in  der  Wüste,  nämlich  im  östlichen  Nubien.  An  Bäumen  besitzt  die 
Sahara  sonst  nur  noch  einige  Akazien  und  eine  baumartige  Tamariske 
(Tamarix  gallica).  Auf  dem  salzfreien  Boden  der  Wüste,  namentlich 
in  den  Dünenthälem  der  algerischen  Sahara,  zeigen  sich  nicht  selten 
die  blattlosen  Sträucher  der  Spartiumform  (z.  B.  Retama,  Calligonum, 
Ephedra);  der  von  Natrium  durchdrungene  Boden  hingegen  ist  ebenso 
mit  Halophyten  bedeckt  wie  die  Salzsteppen  Russland's  und  Spanien's. 


.^i|.irg<;gv$j;;§  H 'ra 


■t^Sfot^m^^er  ist  völlig  identiscli 

^g.'^=j|aMMj*l^würdigBten  Pflanzen 

|i9|i8k?l(mia  hämische  Jericho- 

.©.'ro'Si'S"^  in  den  Steppen  so 

Bi]$|{|^]Si|  Domen  und  ^e  Be- 

%--f  8iHfl>lft.geii  die  Wüetendllrre 

h  den  ülnigen  Bäumen 

'Sfzmclie  Pflanzen  aus. 

1^'  Cflli^ch   ohne   V^;etation ; 


f    • 


plS|{aii^,trifit  man  ausserdem 

_   _§■  ■3*?^*S*P^'^  I    deren  frisches 

j^t)^>€^ä9i^^|i}ti{^h  (Betama)  und  eine 

^Blumen.     Die  Oasen 

■.ibrer  Baumzucht  und 

Jülich  nicht  in  Betracht 

si^  und  verdanken  nur 

■»^;  nmschliesat  alle  Land- 

irdes  Zenithstandes  der 

nach  Ost  quer  über 

9;^^irch  den  20.  Breiten- 

iSjbinselartig  eine  Zimge 

[äne  Jahreszeit  verhslt- 
lltung  der  Gräser  auf, 
e  Gräser  sind  aus- 
I  durch  ausserordent- 
isehnliche  Höhe.  In 
Hahne  5  bis  6  Meter 
in  dieser  V^etaldon 
:  unter  den  tropischen 
üharum  spontaneum), 
rewe  und  längs  des 
1  Ambak  oder  Kork- 
te von  bald  hohem, 
Q  Delta  besi. 


564  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

am  CongO;  in  den  Uferlandschaften  des  Ukerewe-Sees,  am  oberen  'Sil 
imd  anderwärts.  In  Uganda  am  Ukerewe-See  hindern  sie  sogar  selt- 
samer Weise  die  Viehzucht,  weil  die  Heerden  nicht  in  sie  eindringen 
können. 

Dunkle  Wälder,  in  denen  sich  die  Bäume  dicht  zusammenschaaren, 
sind  im  Sudan  sehr  selten;  vielmehr  zerstreuen  sich  die  Bäume  in 
regellosen  Gruppen  auf  der  Savane.  Während  der  heissen  Jahreszeit 
verHert  ein  Theil  derselben  das  Laub.  Meistens  erreichen  sie  nicht 
die  Höhe  nordeuropäischer  Waldbftume.  Einer  der  höchsten  ist  der 
in  Sen^ambien  heimische  Ceril-Cedro,  eine  dem  Mahagoni-Baum  ver- 
wandte, 25  bis  30  Meter  messende  M^liacee.  Viele  Bäume  werden 
nur  an  den  Flussufem  hochstömmig,  yorkümmem  aber  auf  der  Savane; 
die  Akazien  erniedrigen  sich  hier  sogar  zu  Zweigbäumen  und  Sträuchem. 
Auf  der  anderen  Seite  aber  sind  verschiedene  Bäume  durch  die  riesige 
Grösse  einzelner  Oigane  ausserordentlich  bemerkenswerth  und  zwar 
gerade  solche  Bäume,  die  durch  ihre  weite  Verbreitung  in  hohem  Grrade 
bestimmend  auf  die  Physiognomie  der  mittelafirikanischen  Landschaft 
einwirken.  So  überrascht  uns  der  Baobab-Baum  (Adansonia)  durch 
die  Dicke  seines  Stanunes  (Durchmesser  6  bis  8  Meter),  eine  Bignoniacee 
(Ejgelia)  durch  '3  Meter  lange  dicke  Früchte  und  der  E^nsete-Pisang 
(Musa  Ensete)  durch  die  bisher  unübertroffene  Ghrösse  seiner  Blätter. 
Der  Baobab  geht  von  Nubien  und  Sen^ambien  bis  zum  25.  Grad 
s.  Br.,  die  Kigelia  von  Nubien  und  den  Nigerländem  bis  Mozambique, 
die  abessimsche  Ensete  nadi  Süden  bis  zrmi  Njassa-See.  Die  Familie 
der  Lorbeergewächse  hat  nur  wenige  Vertreter;  ebenso  sind  die  Fam- 
bäume sehr  selten«  Hingegen  schmücken  zahlreiche  Akazien  mit  ihren 
zarten  Fiederblättchen  von  Nubien  und  Sen^;ambien  an  bis  zu  den 
südlichen  Gebieten  die  Landschaften;  sie  sind  ausserdem  noch  werthvoll, 
weil  sie  dem  afrikanischen  Handel  das  Mimosengummi  geben.  Die 
Tamarinde  (Tamarindus  indica),  welche  wahrscheinlich  aus  dem  Sudan 
stammt,  besitzt  den  stattlichen  Wuchs  der  Eiche,  trägt  aber  gefiedertes 
Laub.  Die  13  bis  16  Meter  hohe  Sjkomore  (Ficus  ^comorus),  die 
auch  nach  Aegypten  und  Palästina  verpflanzt  ist,  hat  namentlich  fiir 
die  nordöstlichen  Landschaften  Bedeutung;  aus  der  Gattung  Ficus 
kommen  ausserdem  mehrere  Banyanen  im  nördlichen  Sudan  vor.  In 
dem  östlich^  Afrika  wächst  der  Eafieebaum  wild«  AustraUsche  Casua- 
rinen  haben  sich,  jedenfalls  durch  Meeresströmungen  herbeigeflihrt,  auf 
dem  sandigen  Boden  der  Mozambique-Küste  angesiedelt. 

Der  grosse  tägliche  Temperaturwechsel,  sowie  die  Dürre  der  trocke- 
nen Jahreszeit  sind  den  Palmen  wenig  günstig.  Zwar  fehlt  es  keinem 
Theile  des  Sudan  an  Palmen;  aber  die  Anzahl  der  Arten  ist  zehn- 
mal so  klein  als  in  Asien  oder  Amerika.    Von  hervorragender  Wich- 


IV.    Die  Vegetationszonen  der  Erde.  565 

tigkeit  sind  drei  Palmen:  die  Dompalme  (Hyphaene  thebaica)^  die 
Delebpalme  (Borassus  aethiopum)  und  die  Oelpalme  (Elaeis  guineensis). 
Die  beiden  ersten  haben  Fächerlaub  und  bewohnen  vorzugsweise  den 
Sudan;  die  letztgenannte,  die  gleich  der  Dattelpalme  mit  Fiederblatt 
versehen  ist,  gehört  hauptsächlich  Guinea  und  den  ostwärts  davon  ge- 
legenen Ländern  an.  Auch  die  Zwergpalmen  und  Palmlianen  sind  dem 
Sudan  nicht  fremd. 

Von  den  Cacteen  Amerika's  unterscheiden  sich  die  fleischigen 
Euphorbien  Afrika's  fast  nur  durch  den  Bau  der  Blüthen,  und  dasselbe 
gilt  von  den  amerikanischen  Agaven  im  Vergleich  zur  Aloe  Afrika's. 
Beide  Formen  erlangen  aber  erst  im  Caplande  das  Maximum  ihrer 
Ent&ltung.  Ein  nubischer  Euphorbienbaum  (E.  candelabrum) ,  mit 
dessen  Milchsaft  man  die  Pfeile  vergiftet,  erreicht  eine  Höhe  von  10 
Metern  und  wird  durch  einen  fleischigen  Baum  Abessinien's  (E.  abys- 
sinica)  an  Höhe  noch  übertroffen.  In  den  dürren  Gegenden  am  Süd- 
saume der  Sahara  bedeckt  das  4  bis  6  Meter  hohe  Gebüsch  des  Oschur- 
strauches  (Calotropis  procera)  oft  weithin  die  Ebenen,  namentlich  in 
Nubien,  sowie  am  Tsad-See;  in  Bomu  bemerkt  man  während  der 
trockenen  Jahreszeit  gar  keine  andere  Pflanzenform  als  den  Oschur. 
Seine  grossen,  eiförmig  gerundeten  Blätter  sind  durch  eine  pergament- 
ähnliche, bläuliche  Oberhaut  gegen  Sonnengluth  und  Dürre  geschützt. 
Am  Bahr-el-Asrak  bildet  eine  Tamaüske  (Tamarix  nilotica)  blattlose 
Gebüsche  und  Wälder  von  bläulicher  Färbung.  Auffallend  ist  nament- 
lich der  Reichthum  an  kleineren  und  grösseren  Domsträuchem;  ins- 
besondere sind  die  Succulenten  (Fettgewächse)  fast  allgemein  mit  Domen 
bewaflhet.  Ja  selbst  zahlreiche  Bäume,  namentlich  die  Akazien,  nehmen 
an  diesem  Charakterzug  der  dortigen  Vegetation  theil.  In  gewissen 
Gegenden  Nubien's  und  Abessinien's,  sowie  in  Bomu  ist  fast  kein 
Holzgewächs  ohne  Domen. 

Lianen  sind  im  tropischen  Afrika  bei  weitem  nicht  in  solcher 
Fülle  vorhanden  wie  in  Asien  und  Amerika;  immerhin  sind  sie  in  den 
feuchten  Waldungen  namentUch  der  westlichen  Eüstenterrasse  reich 
genug  entwickelt,  um  dem  Wanderer  vielfach  den  Pfad  zu  versperren. 
Auch  der  Epiphyten,  namentlich  der  reizenden  Orchideen,  entbehren 
jene  Waldungen  nicht  ganz. 

9)  Das  Gebiet  der  Kalahari  und  der  verwandten  Land- 
schaften Südafiika's  hegt  zwischen  dem  20.  und  29.  Grad  s.  Br.  und 
reicht  von  dem  Westrande  der  östlichen  Küstenterrasse  bis  zur  W^est- 
küste.  Die  R^enarmuth  dieser  Wüste  wird  in  erster  Linie  durch  die 
an  der  Küste  von  Süd  nach  Nord  ziehende  Benguela-Strömimg  herbei- 
geflihrt  (s.  S.  263.  265). 

Hinsichtlich  ihres  Vegetationscharakters  ist  die  Kalahari  ein  eigen- 


566  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

thümliches  Mittelglied  zwischen  Wüste,  Savane  und  Gresträuchsteppe. 
Oasen  mit  sesshafter  Bevölkerung  giebt  es  nicht;  wohl  aber  gewährt 
sie  den  Heerden  der  Nomaden  Nahrung.  Waldbfldung  ist  nicht  völlig 
ausgeschlossen;  doch  kann  kaum  irgendwo  mit  Erfolg  Ackerbau  ge- 
trieben werden. 

In  dem  wüsten  Küstengebiete  des  Damaralandes  findet  sich  eines 
der  merkwürdigsten  Gewächse  der  Erde:  Welwitschia  mirabilis  (von 
den  Eingeborenen  Tumbo  genannt).  Der  umgekehrt-kegelförmige  Stamm 
dieses  Zwergbaumes  ist  als  dicke  Wurzel  in  die  Erde  versenkt  und 
erhebt  ach  als  eine  runde,  flache,  bisweilen  4  Meter  im  Umfang  haltende 
Tafel  nur  wenige  Centimeter  über  den  Boden.  Ausser  den  Fmcht- 
zapfen  erzeugt  sie  nur  zwei  schilßihnliche,  flach  auf  den  Boden  ge- 
streckte Samenblätter,  welche  sich  trotz  des  hohen  Alters  der  Pflanze 
(100  Jahre)  nie  erneuern  und  auch  dann  ihre  Lebenskraft  noch  be- 
wahren, wenn  sie  durch  Unwetter  oder  sonst  welche  Zuftlle  zerschlitzt 
und  in  Fetzen  zerrissen  worden  sind.  Die  Grösse  dieser  Blätter  beträgt 
2,  bisweilen  auch  4  bis  6  Meter. 

Im  Innern  des  Damaralandes  beherrschen  Domsträucher,  &8t  nur 
zur  Gattung  Acada  gehörig,  die  Physiognomie  der  Landschaft.  Am 
häufigsten  ist  der  Haakedom  (Acada  detinens).  Derselbe  besitzt  in 
seinen  Domen  so  vortreffliche  Fangwerkzenge,  dass  es  selten  jemandem, 
der  sich  unvorsichtig  ihm  genaht,  gelingt,  ohne  Verlust  der  Kleider 
sich  von  ihm  zu  befi^eien.  Die  Colonisten  bezeichnen  diesen  Strauch 
recht  charakteristisch  mit  dem  Namen  „Wart*  ein  Weilchen".  Viel&ch 
gehen  die  Akazien  in  Baumformen  über;  doch  sind  auch  diese  sämmtlich 
mit  Domen  behaftet.  Unter  ihnen  ist  die  Giraffen-Akazie  (A.  Giraffae) 
am  bekanntesten,  deren  Laub  der  Giraffe  als  Nahrung  dient  Unter 
den  übrigen  spärlichen  Baumformen  ist  noch  eine  Bauhinia,  der  Mopane- 
Baimi,  zu  erwähnen,  dessen  schönes,  dunkelgrünes  Zwillingsblatt  vertical 
gestellt  ist,  sowie  eine  Olivenform  aus  dem  Caplande  (Olea  venrucosa). 
Auch  an  Graswuchs  fehlt  es  der  Kalahari  keineswegs,  und  zwischen 
den  Grasbüscheln  wird  viel£M;h  der  Boden  von  rankenden  Kürbisge- 
wächsen, insbesondere  von  der  südafrikanischen  Wassermelone  (CStrullus 
caffef)  überwuchert,  deren  Saflftüle  den  Thieren  einen  flrsatz  ftir  das 
mangelnde  Wasser  gewährt  Mehrere  Asdepiadeen  liefern  grosse  ess- 
bare Knollen,  und  zahlreiche  Zwiebelgewächse  entfalten  nach  den 
sommerlichen  Gewitteiregen  einen  herrlichen  Blumenflor. 

10)  Das  Gebiet  des  Caplandes  wird  im  Norden  durch  den 
Gariep,  im  übrigen  aber  (bis  auf  die  Nordostseite)  durch  das  Meer  gut 
abg^renzt  In  meteorologischer  Beziehung  gleicht  der  grössere  west- 
liche Theil  dieses  Gebietes  Südeuropa,  da  die  Regenzeit  in  den  Winter 
fkllt  (vgl.  S.  267  f.).     Doch  werden  nur  die  Küstengebiete  reichlich 


IV,    Die  Vegetationezonen  der  Erde.  567 

benetzt;  denn  die  vom  Meere  her  kommende  Feuchtigkeit  wird  an 
der  AuBsenseite  der  Gebirge,  welche  die  Terrassen  des  inneren  Hoch- 
landes umsäumen,  verdichtet;  die  centrale  Hochfläche  leidet  daher  sehr 
an  Dürre.  Die  immerhin  seltenen  Gewittergüsse  im  Sommer  sind 
bei  so  mächtiger  Sonnengluth  nicht  im  Stande,  die  schlummernden 
Kräfte  der  Steppenpflanzen  wachzurufen;  hingegen  vermögen  die  winter- 
lichen Niederschläge  diese  Gewächse  zu  einem  kurzen  Lebensfrühling 
zu  erwecken. 

Solchem  Charakter  des  Klimas  entsprechend  erscheint  auch  die 
Flora  des  Caplandes  dürr  und  ärmlich;  dennoch  weist  sie  eine  Manig- 
faltigkeit  der  Arten  auf,  wie  sie  auf  so  kleinem  Baume  nirgends  wieder 
gefunden  wird.  Auf  einem  einzigen  Berge,  am  Dutoitskloof  bei  Paarl, 
zählte  Drege  während  des  Frühlings  gegen  760  blühende  Ge&ss- 
pflanzen  ^) ,  von  denen  die  Hälfte  Sträucher  waren.  Sträucher  sind  es 
überhaupt,  die  im  Caplande  dominiren,  imd  unter  ihnen  wiederum 
gehören  die  meisten  zu  den  Eriken-  und  Proteaceenformen.  Da  die 
Erikennadel  in  einer  Beihe  von  Familien  und  Gattungen  des  ver- 
schiedensten Baues  wiederkehrt,  die  nur  zur  Blüthezeit  unterschieden 
werden  können  (namentlich  bei  den  Bruniaceen,  Diosmeen  und  Stil- 
bineen)  und  da  femer  die  Eriken  selbst  (in  gegen  440  Arten)  vor- 
walten, so  gewinnen  die  Landschaften  ein  Gepräge,  das  lebhaft  an  die 
Haiden  der  baltischen  Ebene  erinnert.  Wunderbar  ist  es,  dass  in 
dem  gleichartigen,  unansehnlichen  Gestrüpp  die  Triebe  zu  einer  so 
ausserordentlich  wechselnden  Ornamentik  der  Blüthen  verborgen  sind. 

Auf  der  Hochfläche  im  Innern  bildet  der  mit  langen,  weissen 
Dornen  versehene  Karroodom  (Acacia  horrida),  fast  der  einzige  Ver- 
treter der  Mimosenform,  das  gewöhnUche  Ufergebüsch  der  Flüsse.  Die 
Cactusform  wird  nachgeahmt  von  den  Euphorbien  und  im  Kleinen  von 
den  Arten  einer  Asclepiadeengattung  (Stapelia).  Die  domigen,  von 
Milchsaft  ganz  durchdrungenen  Gliederstämme  der  Euphorbien  werden 
oft  haushoch  (E.  grandidens  über  15  Meter  hoch)  und  breiten  ihre 
Zweige  zu  einer  schirmfbrmigen  Krone  aus.  Femer  begegnet  man 
zahlreichen  Arten  von  Aloe,  Ficoideen  (Mesembryanthemum) ,  Portula- 
ceen,  Crassulaceen  und  einer  Synantheree  (Kleinia).  Die  verschiedenen 
Arten  von  Mesembryanthemum  sind  in  gleichem  Sinne  Steppenläufer 
wie  die  Jerichorose.  Die  zahlreichen  Zwiebelgewächse  (800  Arten, 
namentlich  Liliaceen  und  Irideen)  kleiden  die  Steppen  während  der 
kurzen  Begenzeit  in  ein  herrliches,  buntfarbiges  Gewand.  Hingegen 
sind  die  Gräser  weder  durch  Artenreichthum,  noch  durch  üppiges 
Wachsthum  ausgezeichnet.     Sowohl  auf  den  Flächen  der  Karroo,  wie 

1)  Die  Gesammtzahl  der  bis  jetzt  bekannt  gewordenen  Gefasspflanzen 
des  Caplandes  beträgt  nach  Grisebach  8000. 


568  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

auf  den  südlichen  und  westlichen  Terrassen  werden  die  Steppengräser 
durch  Restiaceen  verdrängt,  deren  harter  Halm  als  Futter  y  öUig  werthlos 
ist;  Viehheerden  würden  hier  also  keine  genügende  Nahrung  finden. 
In  den  Flüssen  verzögert  das  PalmietBchilf  (Prionium)  die  Bew^nngen 
des  Wassers  und  bewahrt  dieselben  so  längere  Zeit  vor  Austrocknuqg. 

Die  Bäume,  deren  Artenzahl  nur  eine  beschränkte  ist,  sind  durch- 
w^  klein,  höchstens  6  bis  10  Meter  hoch.  Ausgedehnte  Waldbestände 
kommen  &st  nur  an  der  Küste  zwischen  der  Tafel-  und  Algoa-Bay 
vor;  auf  dem  Hochlande  verlässt  der  Baumwuchs  nie  die  Ufer  der 
Flüsse.  Hinsichtlich  ihrer  Belaubung  nähern  mch  die  Bäume  meist 
der  Oliven-  und  Lorbeerform.  Die  Coniferen  trag^i  keine  Nadeln, 
sondern  das  Blatt  der  Cypresse  (Widdringtonia)  oder  der  Olive  (Podo- 
carpus).  In  dem  Waldesdickicht  trifft  man  üppige  Farne  (Todea)  und 
Lianen,  sowie  zwei  bei  uns  als  Zierpflanzen  bekannte  Gewächse:  eine 
Sdtaminee  (Strelitzia)  und  eine  Aroidee  (Bichardia).  Die  östlichen 
Gebiete  weisen  auch  eine  Zwergpalme  (Phoenix  redinata)  und  dnige 
Arten  der  den  Palmen  physiognomisch  nahe  stehenden  Cycadeen 
(Encephalartos)  au£ 

11)  Das  Oebiet  des  australischen  Continents  emp&ngU 
seiner  Lage  zu  beiden  Seiten  des  südlichen  Wendekreises  entsprechend» 
ein  grosses  Mass  von  Sonnenwärme;  daneben  ist  jedoch  das  Klima 
über  dem  grössten  Thale  ein  so  trockenes,  dass  das  Pflanzenleben 
sehr  in  seiner  Entwicklung  gehemmt  wird.  Nur  die  Ostküste,  wo  die 
Seewinde  an  Bergterrassen  emporwehen,  erhält  reichliche  Regen;  hier 
fehlt  es  daher  auch  nicht  an  herrlichen  Waldungen. 

Unter  den  Bäumen  Australien's  treten  die  Eucaljpten  (neuhollän- 
dische Gummibäume),  unter  den  Sträuchem  die  Proteaceen  am  massen- 
haftesten auf.  Die  ersteren  (150  Arten)  bilden  den  grössten  Theil  der 
australischen  Wälder,  denen  sie  durch  ihre  blaugrünen,  lederartigen, 
immei^grünen  Blätter  eine  besondere  Physiognomie  verldhen«  Schon 
diese  Bäume  verrathen  die  Trockenheit  des  australischen  Klimas:  der 
graue  oder  bläuUche,  glanzlose  Farbenton  der  Blätter  macht  den  Ein- 
druck stockenden  Saftumtriebes,  und  die  mit  dem  Bande  gegen  den 
Zweig  gerichtete  Stellung  derselben  soll  doch  nur  dazu  dienen,  die 
Sonnengluth  von  den  Blättern  abzuwenden  und  die  Verdunstung  zu 
verringern,  indem  so  den  Sonnenstrahlen  dne  mögUchst  kleine  Fläche 
geboten  wird.  Eine  gleiche  Blattstdlimg  weisen  übrigens  auch  die 
australischen  Akazien  au£  —  Die  Gesträuchdickichte  („Scrub**)  der 
Proteaceen  überkletden  ebenfsdls  weite  Bäume  des  Continents.  Mit  den 
Eucaljpten  theilen  die  Proteaceen  die  Armuth  an  Laubgrün,  die  dichte, 
starre  Oberhaut  des  Blattes,  sowie  die  Manigfiütigkdt  der  Grösse  und 
Gestalt  des  Laubes.    Gewöhnlich  mischen  sich  mit  den  Proteaceen  zahl- 


IV.    Die  Vegetationszonen  der  Erde.  569 

reiche  Epacrideen,  welche  die  dem  australischen  Continent  inangehiden 
Eriken  ersetzen.  —  Eine  dritte  Charakterform  der  australischen  Holz- 
gewächse ist  die  der  blattlosen  Casuarmen;  die  Functionen  der  Blätter 
vollziehen  sich  bei  ihnen  an  der  Oberfläche  der  zarten  Zweige  ^  die 
wie  beim  Schachtelhalm  gestreift  sind.  Die  BlatÜosigkeit  ist  übrigens 
nicht  auf  die  Casuarinen  beschränkt;  sie  zeigt  sich  ebenso  bei  dem 
durch  seinen  fleischigen  Fruchtstiel  bekannten  Santalaceenbaum  (Exo- 
ciarpus  cupressiformis) ,  sowie  an  zahlreichen  Sträuchem.  Auch  diese 
blattlosen  Holzgewächse  sind  beredte  Zeugen  fllr  die  Dürre  des  austra- 
lischen Klimas. 

Die  australischen  Coniferen  besitzen  bald  äusserst  kleine  Nadeln 
(CaUitriSy  Daciydium),  die  sich  bisweilen  sogar  zu  Schuppen  verkürzen; 
bald  nähert  sich  ihr  Blatt  der  Eucalyptus-  und  Olivenform.  Zu  den 
sonderbarsten  Pflanzenformen  Australien's  gehören  die  Grasbäume  (Xan- 
thorrhoea  imd  Eangia),  welche  in  Westaustralien  durch  ihr  häufiges 
Auftreten  sogar  bestimmend  auf  die  landschaftliche  Physiognomie  ein- 
wirken. Der  Holzstamm  dieser  Gewächse,  der  gewöhnlich  etwa  einen 
Meter  hoch  ist  und  nur  bei  den  Kingien  eine  Höhe  von  6  bis  10  Metern 
erreicht,  trägt  an  seinem  oberen  Ende  einen  mächtigen  Büschel  von 
groben  Grasblättern. 

Die  Palmen  Australien's  (24  Arten)  vertheilen  sich  auf  den  nörd- 
lichen und  östlichen  Küstensaum;  bis  auf  die  Cocospalme  sind  sie  alle 
Australien  eigenthümlich.  Sie  sind  theils  Fiederpalmen  (die  Archonto- 
phönix- Arten),  theils  Fächerpalmen  (die  livistona- Arten) ;  die  höchsten 
erlangen  eine  Höhe  von  25  Metern. 

Sehr  wichtig  ftlr  Australien  ist  die  Menge  rasenbildender  Gräser. 
In  reicher  bewässerten  Gegenden  ist  der  Wiesenteppich  ein  ununter- 
brochener; in  dem  trockenen  Innern  sondern  sich  zwar  die  Rasen, 
liefern  aber  stets  den  Heerden  immer  noch  eine  gute  Nahrung  (nament- 
lich das  Känguruh-Gras,  Anthistiria  australis),  wenn  die  Dürre  nicht 
allzulange  anhält.  Hierauf  beruht  die  in  neuerer  Zeit  sich  immer  gross- 
artiger entfaltende  Schafisucht.  Immortellen  und  Zwiebelgewächse  (Lilia- 
ceen)  sind  der  Hauptschmuck  jener  Grasebenen.  Salzpflanzen  mit 
saftigen  Blättern  (unter  ihnen  der  Salzbusch,  Rhagodia  escidenta,  eine 
der  häufigeren  Chenopodeen)  bedecken  hier  wie  in  der  Alten  Welt 
den  von  Salz  durchdrungenen  Boden. 

Der  grösste  Theü  von  Australien  ist  entweder  Waldsavane  oder 
Scrub.  Die  erstere,  welche  übrigens  diesem  Erdtheil  eigenthümlich  ist, 
zeigt  einen  grünen  Wiesenteppich  auf  dem  Boden  der  lichten  Eucalyptus- 
Waldungen,  deren  Bäume  sich  so  weit  von  einander  entfernen,  dass 
sich  ihre  Laubkronen  nicht  mit  einander  berühren.  Offenbar  begünstig 
das  helle  Licht  in   diesen   Waldungen   die   Entwicklung  der  Gr^ 


570  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

Doch  giebt  es  auch  Ghraaland  mit  seltenem  tmd  niedrigem  Baumwachs^ 
sowie  baimdose  Steppe  und  wirkliche  wasseriose  Wüste.  Der  Scmb 
ist  dn  mit  dicht  Terschlungenen  Sträachem  der  Proteaceen-  and  Eriken- 
form überzogenes  Land,  aof  welchem  sich  nnr  selten  Bäome  eriieben. 
Er  hindert  nicht  bloss  den  Beisenden  aof  seiner  Wanderang,  sondern 
spottet  auch  aUen  menschlichen  Anstrengungen,  ihn  in  ein  Coltorland 
zu  verwandeln;  nicht  einmal  das  Feuer  ist  im  Stande,  das  hartnäckige 
Strauchwerk  zu  vertilgen.  Der  Scrub  hemmt  also  in  gleichem  Masse 
die  Fortschritte  menschlicher  Cultur,  wie  die  Waldsavane  sie  fördert. 
Ein  gemischtes  Walddickicht  trifft  man  &st  nur  in  den  fenditen  Creek- 
thälera  an  der  Ostaeite  des  ContinentB.  Hier  ist  es  zng^dch,  wo  die 
Zahl  einheimischer  Baumarten  am  grössten  ist  (auf  Queensland  aUein 
konmit  mehr  ab  die  Hälfte  aller  australischen  Bäume)  und  zugleich 
einzelne  Individuen  von  Eucalyptus  amygdalina  bis  zu  der  Riesenhöhe 
von  152  Metern  emporsteigen. 

12)  Das  nördliche  Waldgebiet  Amerika's  erstreckt  sich 
von  der  Berings-Strasse  und  Neu-Fundland  bis  zur  Halbinsel  Florida 
und  zur  Miesissippi-Mtindung;  nur  im  Westen  wird  der  50.  Grad  gegen 
Süd  hin  nicht  wesentlich  überschritten.  Die  klimatischen  Verhältnisse 
stimmen  im  allgemeinen  mit  denen  des  europäisch-asiatischen  Wald- 
gebietes überein  (v^  S.  278  ffl).  Da  mch  die  amerikanische  Waldzone 
den  Tropen  ausserordentlich  nähert,  so  gewinnt  ihre  Flora  gegen  Süd 
hin  einen  tropischen  Cibarakter;  aber  dieser  Uebeigang  ist  ein  so  all- 
mählicher, dass  sich  bis  an  den  Mexicanischen  Meerbusen  zwar  Ab- 
stufungen,  aber  keine  durchgreifenden  Naturgrenzen  erkennen  lassen. 

Die  Physiognomie  des  nordamerikanischen  Waldes  ist  iast  genaa 
dieselbe  wie  die  des  nordischen  Waldes  der  östlichen  Hemisphära  Wir 
b^egnen  hier  wie  dort,  namentlich  im  Norden,  viel£Eu:h  denselben 
Gattungen  der  Nadel-  wie  Laubhölzer;  nur  sind  die  Arten  beider 
Hemisphären  stets  verschieden.  In  einigen  Gattungen  ist  die  Zahl  der 
Arten  in  Amerika*  eriiöht,  in  anderen  aber  vermindert.  Bis  jetzt  ist 
es  noch  nicht  gelungen,  die  Identität  einer  Baumart  an  beiden  atlan- 
tischen Küsten  nachzuweisen;  doch  sind  den  beiden  näher  gerückten 
padfischen  Küsten  einzelne  Arten  (z.  B.  Pindis  Menziesii)  gemein. 

Grisebach  zerlegt  das  amerikanische  Waldgebiet  in  f&nf  Zonen. 
Die  nördlichste  derselben  ist  die  der  weissen  Tanne  (Pinus  alba),  welche 
von  allen  dortigen  Nadelhölzern  am  weitesten  nach  dem  Norden  vor- 
dringt (bis  zum  68.  Breitengrad).  Auf  ungeheuren  Räumen  theilt 
sie  mit  keinem  anderen  Baume  den  Waldboden.  Diese  einfbrmigen 
Waldungen  erfahren  hie  und  da  an  den  Flussufem  eine  Veränderung, 
wo  auch  die  amerikanische  Lärche  (P.  microcarpa),  die  Balsamtanne 
(P.  balsamea),  sowie  Laubbäume  (Weiden,   &len,  Pappehi)  kleinere 


IV.    Die  VegetatioiiBzonen  der  Erde.  571 

Ufergehölze  bilden.  Eine  Birke  (Betula  papyracea)  geht  ebenfisdls  bis 
zum  68.  Breitengrade  nach  Norden.  Die  Tannenzone  endigt  am  Saska- 
tschawan  (54®  n.  Br.),  wo  die  Steppe  beginnt;  ostwärts  reicht  sie  bis 
an  die  Küsten  von  Labrador. 

Die  zweite  Waldzone,  die  der  Oregon-Tannen,  um&sst  die  durch 
ein  mildes,  regenreiches  Klima  ausgezeichneten  Uferlandschaften  des 
Stillen  Oceans  von  Sitcha,  vielleicht  von  Aliaska  an  bis  zum  Oregon. 
Auch  hier  walten  Nadelhölzex,  meist  Bäume  von  ungeheurer  Grösse 
vor,  namentlich  verschiedene  Tannen,  wie  die  Douglas-,  Menzies-  und 
Schierlingstanne  (P.  Douglasii,  P.  Menziesü,  P.  Mertensiana) ,  femer 
eine  harzreiche  Kiefer  (P.  ponderosa)  und  die  Oregon-Ceder  (Thuja 
gigantea).  Die  Douglastanne  misst  nicht  selten  60  bis  80,  bisweilen 
sogar  100  Meter  Höhe.  Zu  jenen  Coniferen  gesellen  sich  örtlich  Laub- 
hölzer, nämlich  Ahome,  Pappeln,  Erlen  und  eine  Eiche  (Quercus 
Ganyana). 

Die  dritte  Waldzone,  die  der  Laubhölzer  mit  periodischer  Bdaubung, 
liegt  im  Osten  der  nördlichen  Prairien  an  den  canadischen  Seen.  Zu 
ihr  gehören  Canada  und  die  nordöstliche  Gruppe  der  Vereinigten  Staaten 
bis  Virginia  imd  Kentucky  (incl.).  Im  Norden  suchen  noch  Tannen 
und  Weihmuthskiefem  dem  Laubholz  die  Herrschaft  streitig  zu  machen; 
weiter  nach  Süden  aber  dominirt  das  letztere  durchaus.  Oanada  besitzt 
grosse  Eichen-,  Ulmen-,  Eschen-  und  Ahomgehölze,  welche  namentlich 
im  Herbste  bei  ganz  allmählicher  Enterbung  der  Blätter  durch  die 
verschiedenen  Nuancen  des  Roth,  Orange  und  Gelb  hohe  landschaftliche 
Reize  bieten.  In  der  Breite  von  Pennsylvanien  werden  die  Wälder 
vorzugsweise  von  vier  Eichen,  der  Kastanie  imd  einem  Wallnussbaum 
(Juglans  nigra)  gebildet;  in  geringerem  Grade  sind  hieran  betheiligt 
die  nordamerikanische  Buche  (Fagus  ferruginea),  der  Tulpenbaum 
(liriodendron)  und  eine  Laurinee  mit  abfallendem  Laube  (Sassafras 
officinale). 

Die  vierte  WaJdzone  ist  auf  Neu-Fundland  beschränkt.  Niedrige 
Waldungen,  bestehend  aus  nur  6  bis  10  Meter  hohen  Taimen, 
Lärchen  und  Birken,  wechseln  hier  überall  mit  offener  Landschaft. 
Eigenthümliche  Gewächse  weist  diese  Insel  fast  gar  nicht  auf. 

Die  fiinfte  Waldzone,  die  der  subtropischen,  zum  Theil  sogar 
tropischen  Gewächse,  erstreckt  sich  von  Nordcarolina  und  Tennessee 
bis  Florida  und  Louisiana.  Als  Vertreter  der  subtropischen  Bäume 
betrachten  wir  die  Bäume  mit  immergrünem  Laube,  z.  B.  eine  der 
Steineiche  ähnliche  Eiche  (Quercus  virens)  und  den  amerikanischen 
Oelbaum  (Olea  americana).  Als  tropische  Formen  sind  anzuführen 
die  Lihaceenbäume  (Yucca-Arten),  die  Bromeliacee  Tillandsia  usnoides, 
deren  silberweisse,  fiidenförmige  Stengel  von  den  Kiefern  herabhängen. 


572  Vierter  Theil.    Das  orgsOiische  Leben  auf  Erden. 

sowie  das  Riesenrohr  (Anmdiiiaria  macrosperma) ,  ein  mllchtiges  bam- 
busartiges Gebüsch  mit  über  10  Meter  hohen  Stengehi,  welches 
namentlich  in  den  unteren  Mississippi -Niederungen  üppig  wuchert 
In  den  südöstlichen  Vereinigten  Staaten  giebt  es  fiinf  niedrige  Fächer- 
palmen, deren  G^estalt  nicht  sehr  von  derjenigen  der  europäischen 
Chamaerops  abweicht;  ihre  Nordgrenze  liegt  in  Südcarolina  unter 
34^2^  T^  Br.  Vier  davon  gehören  zu  der  Gattung  Sabal;  von 
ihnen  scheint  sich  nur  Sabal  Palmetto  zu  einem  über  10  Meter  hohen 
Baume  zu  entwickeln.  In  Südcarolina  und  weiter  südwärts  gedeiht 
die  immergrüne  Magnolie  (M.  grandiflora),  einer  der  stattlichsten  Bäume 
Nordamerika's,  und  die  Ufer  Louisiana's  werden  von  Mangrovewaldungen 
(Rhizophora  Mangle)  umsäumt  Der  wichtigste  Waldbaum  dieser  Zone^ 
welcher  namentlich  die  sumpfigen  Ufergebiete  von  Louisiana  bis  Vir- 
ginia fast  ausschliesslich  beherrscht,  ist  die  langnadelige  Kiefer  (Pinus 
australis).  In  jenem  Sumpflande  findet  sich  femer  die  mit  zarten,  in 
Doppelreihen  geordneten  Nadeln  geschmückte  Sumpfcypresse  (Taxodium 
distichum)  und  in  den  AU^hanies  die  auch  im  Norden  verbreitete 
schwarze  Tanne  (P.  nigra). 

Das  Unterholz  der  amerikanischen  Wälder  wird  von  zahlreichen 
immergrünen  Sträuchem  gebildet,  unter  denen  die  Rhodoreen  (z.  B. 
Rhododendron  maximum,  3  bis  6  Meter  hoch)  und  die  der  Myrten- 
form entsprechenden  Vaccinien  am  wichtigsten  sind.  Dieses  Unterholz 
zeichnet  sich  gleich  sehr  durch  grosse  Dichtigkeit  wie  durch  hohen 
Wuchs  aus. 

Offene  Landschaften  waren  dem  nordamerikanischen  Waldlande 
in  seinem  Urzustände  &8t  ganz  fi:«md;  wo  sie  aber  vorhanden  waren, 
besassen  sie  auch  brauchbare  Gräser  (Triticum). 

Die  Cuhur  der  osthemisphärischen  Cerealien  gelingt  in  Amerika 
ebenso  gut  wie  bei  uns;  namentlich  z^gt  der  Mais,  der  sogar  in  Canada 
gebaut  wird,  ein  ausserordentliches  Akklimatisationsvermögen.  Die 
Gerste  liefert  noch  unter  dem  65.  Breitengrade  bei  Fort  Norman  in 
günstigen  Jahren  gute  Ernten.  Der  europäische  Weinstock  ist  nii-gends 
mit  Glück  eingeführt  worden;  doch  ist  es  gelungen,  aus  einheimischen 
Arten  (Vitis  vulpina  und  V.  labrusca)  durch  Veredelung  einen  guten  Wein 
zu  gewinnen.  Wie  im  Norden  wogende  Getreidefelder,  so  haben  im 
Süden  grosse  Culturen  von  Baumwolle,  Zuckerrohr,  Tabak  und  Reis 
den  Wald  weithin  zurückgedrängt 

13)  Das  Prairiengebiet  nimmt  den  Raum  zwischen  den  Mis- 
sissippi-Niederungen und  der  califomischen  Sierra  Nevada  ein;  im  Norden 
wird  es  durch  den  50.  Grad  n.  Br.,  im  Süden  durch  den  Wendekreis 
des  Elrebses  begrenzt  Wie  in  den  asiatischen  Steppen  folgt  der  kurzen, 
von  genügendem  R^en  begleiteten  Elntwicklungszeit  der  Gewächse  im 
Frühling  die  Dürre  eines  heissen  Sommers  und  später  die  Kälte  dnes 


IV.    Die  Vegetationszonen  der  Erde.  573 

streDgen  Winters,  welche  beide  gleich  sehr  die  Entfaltung  der  Vegetation 
beeinträchtigen.  Die  Hochebene  Utah  hat  sogar  einen  ausgesprochenen 
Wüstencharakter,  da  sie  allseitig  von  Gebirgen  umgeben  ist  und  somit 
£Ast  jeder  Wind,  woher  er  auch  wehen  mag,  seine  Wasserdämpfe  ver- 
liert, bevor  er  auf  die  Hochfläche  gelangt.  Der  wasser-  und  quellen- 
arme, stark  salzhaltige  Boden  derselben  ist  ohne  Graswuchs;  völlig 
vegetationsloses  Gestein  erblickt  man  zwischen  zerstreuten  Gruppen 
von  Chenopodeen  (Sarcobatus,  Atriplex  canescens)  und  geselligen  Arte- 
misiasträuchem  (A.  tridentata  und  A.  cana). 

In  den  trockenen  Elimaten  Amerika's,  somit  auch  in  dem  Prairien- 
gebiete,  ist  keine  Pfianzenfamilie  von  grösserer  landschaftlicher  Bedeutung 
als  die  der  Cacteen.  Diese  ursprüngUch  rein  amerikanische  Familie 
zeigt  zwar  erst  in  den  Tropen  den  grössten  Formenreichthum ;  doch 
besitzen  bereits  die  südlichen  Frairien  eine  grosse  Anzahl  von  Arten, 
und  selbst  in  den  Missouri-Ebenen  (bis  zum  49.  Grad  n.  Br.)  findet  die 
Cactusform  noch  einen  sehr  häufigen  Vertreter  in  einer  Opuntie  (0. 
missouriensis).  Bald  stellen  die  Cacteenstämme  cylindrische  oder  pris- 
matische Säulen  dar  (Cereen),  bald  Kugel-  oder  Eigestalten  (Melonen- 
cactus) ;  bald  sind  sie  kantig  (Echinocactus),  bald  abgerundet  (Mamilla- 
rien) ;  doch  ist  ihnen  allen  die  regelmässige,  gruppenformige  Vereinigung 
der  Domen  an  der  Stammoberfläche  gemeinsam.  Die  stattlichste  Figur 
unter  den  Cacteen  ist  der  Suwarrow-  oder  Monument-Cactus  (Cereus 
giganteus),  welcher  15  bis  20  Meter  hoch  wird  und  bis  zu  ^/j  Meter 
Dicke  anschwillt  Eine  mit  derartigen  Individuen  besetzte  Landschaft; 
erinnert  an  die  Säulen  einer  Tempelruine  des  Alterthums,  wozu  höchstens 
die  ebenfalls  dicken,  candelaberartig  emporgestreckten  Aeste  nicht  ganz 
passen.  Ein  solches  Bild  ist  zwar  in  hohem  Grade  merkwürdig,  aber 
keineswegs  schön.  Ein  melonenförmiger  Echinocactus  (E.  Wislizeni) 
erreicht  bei  einer  Dicke  von  ^/j  Meter  eine  Höhe  von  IVs  Meter.  Ein 
Drittel  der  in  den  Prairien  einheimischen  Arten  besteht  aus  kleineren 
Melonenformen  (Mamülaria  und  Echinocactus).  Alle  Cacteen  haben 
lebhaft;  roth  oder  weiss  geübte  Blüthen ;  viele  (besonders  die  Opuntien) 
liefern  eine  schmackhafte  Frucht. 

Die  Agave  ist  auf  die  südlichen  Prairien  beschränkt.  Sehr  häufig 
und  weit  verbreitet  ist  ein  Halophyt,  der  Saftdom  (Sarcobatus  vermi- 
cularis),  ein  1  bis  2^2  Meter  hoher  Strauch  mit  dunkelgrünen,  saftigen 
Blättern.  Die  Mimoseenform  gelangt  durch  die  weithin  die  Ebenen 
bedeckenden  Mezquite-Sträucher  (Prosopis)  in  Texas  und  im  nördlichen 
Mexico  zur  Geltung ;  nach  Süden  gewinnen  die  Mimoseen  gleich  den  zahl- 
reichen Yucca- Arten  Baumgestalt.  Letztere  gehen  bis  zum  49.  Breitengrade 
und  werden  w^en  ihrer  schar&pitzigen,  harten  Blätter  auch  Bajonet- 
bäume  genannt    In  Texas  und  in  den  Thälem  der  Sierra  Madre  von 


574  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  aof  Erden. 

Sonora  triffi  man  bereits  Pahnen.  —  Die  Bäame  an  den  Flossnfem 
nnd  auf  den  Abhängen  der  Gebirge  stammeo  meist  aus  den  benach- 
barten westlichen  Waldgebieten. 

Die  Gräser  und  Stauden  der  Prairien  haben  durchw^  dnen  hohen 
Nahrungswerth;  hierdurch  unterscheiden  sich  die  nordamerikanischen 
Giasebenen  von  den  Steppen  Russland's  in  vortheilhaftester  Weise. 
Sogar  in  der  trockenen  Jahreszeit  und  im  Winter  können  die  Prairie- 
gräser  noch  zur  Fütterung  gebraucht  werden.  Von  besonderer  Güte 
sind  das  Gramma-,  Büffel-  und  Büschelgras.  Während  in  den  rus- 
sischen Steppen  die  guten  Gräser  von  den  nutzlosen  völlig  überwuchert 
werden,  sind  j^ie  hier  die  herrschenden.  Die  Prairien  haben  daher 
als  vorzügliches  Weideland  unzweifelhaft  noch  eine  Zukunft. 

14)  Das  californische  Küstengebiet  reicht  von  der  Mün- 
dung des  Oregon  bis  zur  Wurzel  der  Halbinsel  Califomien.  Durch 
seinen  milden,  regenreichen  Winter  und  seinen  regenlosen  Sonmier 
erscheint  sein  Klima  dem  der  Mittelmeerländer  verwandt  Daher  ist 
auch  die  *  Entwicklung  der  Vegetation  —  ganz  wie  in  ItaHen  —  im 
Frühling  am  kräftigsten,  im  Sommer  aber  ganz  unterbrochen. 

Sehr  reich  vertreten  sind  die  Nadelholz-  und  Cypressenformen; 
man  hat  bisher  nicht  weniger  als  28  Coniferenarten  gezählt,  und  von 
ihnen  ist  die  grössere  Hälfte  endemisch.  Nirgends  auf  Erden  besitzen 
die  Coniferenwaldungen  einen  solchen  Riesenwuchs  wie  hier.  Der  Mam- 
muthbaum  (Sequoia  gigantea)  wird  im  Durchschnitt  nahezu  100  Meter 
hoch,  und  einzelne  Individuen  stehen  sogar  dem  Strassbui^ger  Münster 
(142  Meter  hoch)  an  Höhe  nicht  viel  nach  (vgl  S.  527).  Aber  auch 
der  Bothholzbaum  (Sequoia  sempervirens),  die  durch  süsses  Harz  aus- 
gezeichnete Zuckerkiefer  (Pinus  Lambertiana)  und  die  califomische 
Edeltanne  (P.  nobilis)  erheben  sich  60  bis  90  Meter  hoch. 

Der  bis  zu  gewissem  Grade  übereinstimmende  Charakter  der 
califomischen.  und  der  mediterraneischen  Flora  zeigt  sich  namentlich 
bei  den  immergrünen  Laubhölzem,  unter  denen  sich  eine  Laurinee 
(Tetranthera  califomica),  mehrere  immergrüne  lachen,  ein  der  Kastanie 
ähnlicher  Baum  (Castanopsis  chiysophylla)  befinden.  Daneben  enthalt^i 
die  califomischen  Waldungen  auch  periodisch  belaubte  Bäume,  nämlich 
Eichen,  Eschen  und  Rosskastanien,  und  um  die  Flussufer  schaaren 
sich  Platanen  (P.  racemosa)  und  .Weiden.  Zahlrdche  immergrüne 
Sträucher  repräsentiren   die  Oleander-  und  Myrtenformen  Südeuropa's. 

In  Califomien  ist  die  Anpflanzung  des  europäischen  Weinstockes 
gelungen;  allerlei  Früchte,  wie  Pfirsiche,  Apricosen,  Feigen,  limonen, 
gedeihen  vortrefflich,  und  die  Cultur  der  Cerealien  ist  ausserordentlich 
lohnend.    Auch  sind  die  Futtergewächse  ganz  vorzügliche. 


IV.    Die  Vegetationszonen  der  Erde.  575 

15)  Das  mexicanische  Gebiet  (vom  Wendekreis  des  Krebses 
bis  zum  Isthmus  von  Panama)  gehört  zwar  ganz  der  tropischen  Zone 
an;  doch  ist  das  Pflanzenkleid  wegen  der  hohen  Lage  des  Landes 
zum  grossen  Theil  em  subtropisches.  Da  sich  die  Wärme  an  den 
Bergesabhängen  vermindert,  so  nimmt  die  Vegetation  nach  oben  hin 
mehr  und  mehr  ein  nordisches  Gewand  an.  Sie  ändert  sich  aber  auch 
nach  Massgabe  der  örtlichen  Feuchtigkeit.  Die  dem  Zenithstande  der 
Sonne  folgenden  Regen  sind  nämlich  von  sehr  ungleicher  Dauer  und 
Intensität.  So  emp&ngt  der  Ostabfall  des  Hochlandes,  an  welchem 
der  Passat  emporweht ,  fast  in  jedem  Monate  Niederschläge,  während 
die  Westseite  nur  durch  die  sommerlichen  Südwestmonsune,  die  den 
Passat  verdrängen,  benetzt  wird.  Die  östliche  Terrasse  Mexico's  ist 
daher  in  hohem  Grade  vor  der  westlichen  begünstigt;  nur  an  der 
ersteren  entfaltet  sich  die  ganze  Fülle  tropischer  Pflanzen. 

Zwei  dem  amerikanischen  Continente  eigenthümliche  Familien,  die 
Cacteen  und  Bromeliaceen,  spielen  auch  unter  den  Gewächsen  Mexico's 
eine  hervorragende  Rolle.  Die  Cacteen  herrschen  namentlich  auf  dem 
dürren  Boden  &st  sämmüicher  Regionen  vor;  man  tiiSt  sie  sogar  noch 
in  3350  Meter  Meereshöhe.  Zu  den  Bromeliaceen  gehören  die  in  Mexico 
ausserordentlich  häufigen  Ananasse  imd  Agaven.  Die  ersteren  liefern 
eine  wohlriechende,  schmackhafte  Frucht,  und  aus  dem  Saft  der  letzteren 
bereiten  die  Mexicaner  ihr  Lieblingsgetränk  (Pulque).  Die  Bromeliaceen 
suchen  sowohl  die  feuchten  Wälder  wie  die  Klimate  von  kürzerer 
Regenzeit  auf.  Die  epiphytischen  Formen  schmücken  durch  ihre  reich- 
geförbten  Blüthen  vielfach  die  Bäume. 

Von  den  Palmen  finden  sich  zahlreiche  Arten  von  Chamaedorea 
in  den  regenreichen  Berggebieten;  viele  sind  fi-eilich  kleine  Bäume  mit 
dünnem,  rohrartigem  Stamm.  Hohe  Palmen  entwickeln  sich  nur  in 
der  Küstenregion.  Palmenähnliche  Cycadeen,  Fambäume  und  baum- 
artige Lilien  (Yucca)  bewohnen  den  feuchten  Urwald,  in  welchem  ge- 
wöhnlich mächtige  Bambuse  die  Stromufer  begleiten.  Die  immergrünen 
Eichen  bedenken  die  fi-eiliegenden  Anhöhen  zwischen  1000  imd  2000 
Meter  Höhe;  in  den  Niederungen  dieser  Region  überzieht  ein  dichtes 
Gemisch  von  Myrten  (meist  Eugenien),  Lorbeeren,  Mimosen,  Tere- 
binthaceen,  Cassieri,  wolligen  Linden  (Triumsetten)  und  Ulmen  mit 
breitem,  bretartigem  Stamme  den  Boden.  Weiter  aufwärts  begegnet 
man  Eichen  mit  periodischem  Laubwurf,  ebenso  einer  Erle  (Alnus 
acuminata) ;  beide  dringen  tief  in  die  etwa  bei  2500  Meter  Höhe  be- 
ginnende Region  der  Coniferen  ein.  Sie  wird  von  mehr  als  20  meist 
endemischen  Arten  eingenonmien ,  von  denen  die  meisten  eigentliche 
Nadelhölzer  sind;  ausserdem  tritt  nämlich  auch  die  CJypressenform  auf 
(Cupressus  und  Juniperus).    Unter  den  Nadelhölzern  walten  die  Kiefern 


576  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

vor  (besonders  Pinus  Montezumae),  nächstdem  die  mexicanische  Tanne 
(P.  religiosa)  und  das  mexicanische  Taxodiom  (T.  macronatom). 

Die  feuchten  Gebiigswälder  beherbergen  zahh:*eiche  Lianen  und 
Epiphyten,  und  selbst  in  den  Eichenwäldern  entfaltet  sich  noch  die 
herrliche  Blumenpracht  der  Orchideen.  Die  Vanille  (Vanilla  aromatica) 
ist  die  einidge  Grattnng  von  Schlingpflanzen  unter  den  Orchideen, 
welche  in  den  feuchtwarmen  Urwäldern  (namentlich  von  Oaxaca) 
vorkommt. 

Der  flache  Theil  des  mexicanischen  Hochlandes  besitzt  auch  baum- 
lose, wüste  Strecken,  insbesondere  salzfiihrende  Hochsteppen,  auf  denen 
sich  dürftige  Flüsse  in  sump&rtige  Seen  ergiessen.  Ebenso  trägt  der 
westliche  Abfedl  des  Hochlandes  keinen  so  üppigen  und  formenreichen 
Wald  wie  die  Golfseite;  er  weist  vielmehr  die  ausgedehntesten  Savanen 
des  mexicanischen  Florengebietes  auf. 

Durch  die  Cultur  zahlreicher  tropischer  Gewächse  (Mais,  Beis, 
Batate,  Pisang,  Lidigo,  BaumwoUe,  Tabak,  Zuckerrohr,  KaSee)  ist  die 
ursprüngliche  V^etation  an  vielen  Stellen  verdrängt  worden. 

16)  Das  westindische  Gebiet,  zu  welchem  die  Grossen  und 
Kleinen  Antillen,  sowie  die  Halbinsel  Yucatan  gehören,  hat  ein  warmes 
und  feuchtes  Klima.  Dem  Zenithstande  der  Sonne  folgen  im  Sommer 
und  Herbst  reiche  Niederschläge,  die  übrigens  den  vom  Nordostpassate 
fortdauernd  getroffenen  Nord-  und  Ostküsten  in  keinem  Monate  des 
Jahres  fehlen.  Daher  besitzen  diese  Küst^i  stets  ein  firisches  Wald- 
grün, während  sich  an  den  übrigen  Ufern  nicht  selten  Savanen 
ausbreiten. 

Die  feuchten  Urwälder  stehen  an  Manig&ltigkeit  der  Baumformen 
dem  benachbarten  Festlande  nicht  nach.  Ausser  zahlreichen  Laurineen 
(Oreodaphne  exaltata,  hoher  Berglorbeer),  Sapoteen  (Chiysophyllum 
Cainito,  der  Stemapfelbaum,  durch  seine  trefflichen  Früchte  bekannt), 
Rubiaceen  und  Urticeen  finden  sich  hier  eigenthümliche  Gattungen 
von  Guttiferen  (Sjmphoria),  Mjrtaceen,  Melastomaceen,  Tiliaceen, 
Anonaceen  etc.  Hierzu  kommen  noch  gegen  30  Arten  von  Palmen, 
unter  denen  die  Fächerpalmen  (Grättung  Thrinax)  am  häufigsten  sind. 
Durch  Schönheit  des  Wuchses  zeichnen  sich  die  nahezu  40  Meter  hohe 
stolze  Kohlpalme  (Oreodoxa  oleracea)  und  die  berühmte  Königspalme 
von  Havana  (O.  r^;ia)  aus.  Die  sehr  geselligen  Fambäume  werden 
b^leitet  von  dem  amerikanischen  Pisang  (Hdiconia)  und  mächtigen 
Bambusen  (besonders  aus  der  Ghittung  Arthrostylidium,  in  A.  excelsum 
25  Meter  hoch). 

In  den  trockeneren  Klimaten  der  Inseln  herrschen  Bäume  mit 
gefiederten  Blättern  vor,  welche  sie  in  der  dürren  Jahreszeit  viel&ch 
verlieren.     Von    den  Mehaceen   sind  die  Mahagonibäume   (Swietenia 


IV.    Die  Vegetationszonen  der  Erde.  577 

Mahagoni)  und  die  Cedrelen  wichtig;  sie  bedeckten  vor  der  Ankunft 
der  Europäer  ganz  Jamaica.  Femer  sind  zahlreich  vertreten  die 
Sapindaceen,  Terebinthaceen,  Leguminosen  und  IMimoseen.  Die  statt- 
lichste Erscheinung  unter  den  westindischen  Bäumen  ist  eine  Bombacee: 
der  Baumwollenbaum  (Eriodendron  anfractuosum).  Sein  Name  rührt 
davon  her,  dass  seine  Samen  in  kurze  Wolle  gehüllt  sind.  Ueber 
seinem  bis  50  Meter  hohen,  bis  4  Meter  dicken  Stamm  breitet  sich 
eine  herrliche  Laubkrone  aus.  Der  Campeche-Baum  (Haematoxylon) 
ist  jedenfalls  aus  dem  Festlande  eingeftlhrt.  Cacteen  und  Zwergpalmen 
(Sabal),  welch  letzteren  sich  noch  einige  Cycadeen  anschUessen,  suchen 
den  dürrsten  Boden  auf.  Nadelhölzern  (z.  B.  Pinus  cubensis)  begegnet 
man  nur  auf  Cuba,  Hayti,  der  Pinos-Insel  und  den  Bahamas;  doch 
verleihen  sie  gerade  hier  der  Landschaft  einen  ganz  eigenartigen  Zauber, 
da  sie  bis  in  die  heissen  Küstenregionen  herabsteigen  und  so  mit  den 
echt  tropischen  Bäumen  sich  mischen.  Zahlreiche  Sträucher  der  Olean- 
der- und  Myrtenform  bilden  das  Unterholz  der  Waldungen,  die  zugleich 
von  Lianen  durchflochten  und  von  zahlreichen  Epiphyten  bevölkert 
sind.  In  den  feuchten  Urwäldern  sind  die  letzteren  zum  grossen  Theil 
zierliche  Farne,  im  Savanenklima  Cacteen  und  fadenförmige  Parasiten. 
Unter  den  letzteren  befinden  sich  auch  solche,  deren  Luftwurzeln  den 
Mutterstamm  umspannen  und  erdrücken  (z.  B.  Ficus  pertusa).  Durch 
die  Cultur  tropischer  Gewächse,  namentlich  des  Zuckerrohrs,  des  KaflFee- 
strauchs  und  der  Baumwolle,  ist  der  ursprüngliche  landschaftliche 
Charakter  stark  verwischt  worden. 

Westindien's  Flora  ist  zwar  mit  der  des  benachbarten  amerika- 
nischen Festlandes  verwandt,  unterscheidet  sich  jedoch  ganz  wesentlich 
von  dieser;  denn  ihre  Arten  sind  fast  zur  Hälfte  endemisch.  Die 
wenigsten  Arten  hat  Westindien  mit  Nordamerika  gemeinsam,  weit 
mehr  mit  Venezuela  und  Guayana.  Zwischen  der  Nordküste  6üd- 
amerika*s  und  Westindien  haben  offenbar  die  Meeresströmungen  einen 
Austausch  begünstigt,  während  sie  ihn  gegen  Nordamerika  hin  ge- 
hemmt haben. 

17)'  Das  cisäquatoriale  Gebiet  von  Südamerika  er- 
streckt sich  von  dem  Isthmus  von  Panama  bis  zu  dem  äquatorialen 
Waldgürtel  des  Amazonas,  wobei  es  nur  durch  die  Anden  von  Ecuador 
und  Neu-Granada  unterbrochen  wird.  Die  beiden  Regenzeiten  sind  durch 
den  Zenithstand  der  Sonne  bedingt.  Da  der  stetig  wehende  Passat 
als  Seewind  reich  an  Wasserdampf  ist,  so  entbehren  die  Nord-  und 
Ostabhänge  der  Gebirge,  an  denen  er  emporsteigt,  fast  in  keinem 
Monate  der  Regen.  Nur  die  dahinterUegenden  Ebenen  haben  längere 
Perioden  der  Trockenheit;  hier  treten  daher  auch  an  Stelle  des  tro- 

P  eachel-Leipoldt,  Phys.  Erdkunde.    II.  37 


578  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

pischen  Urwaldes  weite  Grrasebenen:   die  Uanos  von  Venezuela,  die 
Savanen  von  Guayana. 

Baum  an  Banm  gedrängt,  mit  den  unzerreissbai^n  Netzen  der 
Lianen  durchflochten  und  mit  manig&chen  Epiphyten  (Orchideen, 
Piperaceen)  geschmückt  bildet  der  Urwald  in  Guayana  ein  so  ge- 
schlossenes Laubdach,  dass  das  Licht  in  demselben  sehr  gedampft  ist 
Daher  sucht  das  Auge  am  Boden  vergebens  nach  der  Blüthenpradit 
anderer  Gegenden;  es  zeigen  sich  ihm  hier  nur  Pilze,  Farne  und 
verwesende  Organe.  Die  Bäume  besitzen,  wie  in  anderen  tropisdien 
G^;enden,  meist  Lorbeer-  und  Tamarindenform.  Unter  den  zahlreichen 
Leguminosen  liefert  die  bis  über  50  Meter  hohe  Mora  (Dimorphandra 
excelsa),  der  höchste  Baum  Guajana's,  das  wichtigste  Nutzholz.  Neben 
den  L^uminosen  sind  die  Bubiaceen,  Laurineen  und  Euphorbiaceen 
sehr  häufig.  Nur  wenige  Bäume  (einige  Eiythroxyleen  und  Bignonia- 
ceen)  werfen  während  der  trockenen  Zeit  ihr  Laub  ab.  Höchst  merk- 
würdig ist  eine  Urticee  der  Lorbeerform,  der  auf  den  G^bii^en  von 
Venezuela  wachsende  Kuhbaum  (Gralactodendron) ,  welcher  einen  der 
animalischen  Milch  ähnlichen  Saft  enthält.  Gegen  60  Palmenarten  hat 
man  bis  jetzt  geftmden;  unter  ihnen  sind  am  zahlreichsten  die  kleineren, 
fiederblättrigen  Geonomen  und  Bactris-Arten,  nächstdem  die  schlanken, 
zu  den  Fächerpalmen  gehörenden  Mauritien.  Letztere  bewohnen  sowohl 
den  feuchten  Urwald  wie  die  Savanen.  Die  Elfenbdnpalme  (Phytelephas) 
trägt  25  Pftmd  schwere  Früchte  mit  je  6  bis  9  Kernen,  deren  dichtes 
Eiweiss  (üst  chemisch  reiner  Zellstoff)  nach  und  nach  ganz  hart 
und  dem  Elfenbein  ähnlich  wird.  Die  Pisangform,  durch  Heliconia 
vertreten,  geht  in  den  feuchten  Urwäldern  hoch  in  die  Grebiigsregionen 
hinauf;  an  der  Silla  von  Caracas  beobachtete  sie  A.  v.  Humboldt 
noch  in  2150  Meter  Meereshöhe.  Die  Nadelhölzer  fehlen  fast  ganz; 
denn  zu  der  einen  Gattung  der  Coniferen,  welche  hier  vorkommt 
(Podocarpus),  zählen  fisist  nur  Arten  mit  Olivenlaub.  —  An  dem  Meere 
breiten  sich  in  Guayana  grosse  Mangrovewaldungen  aus,  welche  der 
oft  selbst  über  ihre  Kronen  hinw^brausenden  See  erfolgreich  Wider- 
stand leisten. 

Die  Llanos  weisen  einen  sehr  spärUchen  Baumwuchs  auf.  Zu  den 
Gräsern  gesellen  sich  meist  nur  Stauden  (namentlich  Mimoseen);  selten 
unterbricht  eine  Gruppe  von  Fächerpalmen  (Copemida)  die  eintönige 
Ebene.     Die  Flüsse  werden  öfter  von  Mauritia-Palmen  umsäumt 

18}  Das  Gebiet  des  äquatorialen  Brasilien  (A.  v.  Hum- 
boldt's  Hylaea)  umfasst  die  Uferlandschaften  des  Amazonas  und 
seiner  Nebenflüsse.  Mit  tropischer  Wärme  sind  hier  reiche  Nieder- 
schläge verbunden,  welche  sich  am  unteren  Amazonas  vom  Februar 
bis  Juli  entladen ;  oberhalb  der  Rio-Negro-Mündung  dauert  die  Regen- 


IV.    Die  Vegetationszonen  der  Erde.  579 

zeit  sogar  10  bis  12  Monate  (s.  S.  260).  Daher  ist  auch  im  mittleren 
Theile  des  Amazonasthaies  der  Urwald  am  ausgedehntesten  und  un- 
durchdringUchsten.  Nirgends  stellt  sich  hier  die  Savane  ein,  die  doch 
in  dem  unteren  Amazonasgebiete  nicht  gänzlich  vermisst  wird. 

Der  Gesammtcharakter  der  Wälder  ist  hier  derselbe  wie  im  cis- 
äquatorialen  Südamerika.  Die  am  häufigsten  wiederkehrenden  Formen 
sind  die  Mimoseen-  und  Lorbeerform,  also  Mimoseen,  Laurineen  und 
Feigenbäume;  zwischen  diesen  erheben  sich  Gruppen  von  Palmen,  neben 
welchen  häufig  die  Pisangform  (Heliconia)  erscheint.  Die  Flussufer 
sind  von  Bambusen  umgeben.  Epiphytische  Orchideen,  Piperaceen  und 
Aroideen  bekleiden  die  Stämme,  welche  zugleich  von  Lianen  (Malpighia- 
ceen  und  Bignoniaceen)  umschlungen  und  durch  deren  Blüthen  ge- 
schmückt werden.  „Ein  einzelner  Baum  trägt  bis  zu  den  Moosen 
herab  mehr  verschiedene  Pflanzenformen,  als  in  der  gemässigten  Zone 
auf  einem  grossen  Haume  zerstreut  wachsen.'^  Die  Hauptzierde  jener 
Waldungen  sind  die  Palmen.  Viele  derselben  besitzen  eine  hohe, 
schlanke  Gestalt,  so  die  Palmen  der  Gattungen  Euterpe,  Oenocarpus 
und  Iriartea  (letztere  wegen  ihrer  Luftwurzeln  als  „Stelzenpalme'^  be- 
rühmt). Meist  mischen  sie  sich  unter  die  anderen  Baumformen  des 
Urwaldes;  einzelne  aber  treten  bisweilen  zu  geschlossenen  Wäldern 
zusammen,  wie  Attalea  spectabilis  (Urucuri-Palme)  und  Maximiliana 
princeps.  An  den  sumpfigen  Küstenniederungen  bildet  Mauritia  flexuosa 
grosse  Wälder.  Andere  Palmen  werden  nur  3  bis  4  Meter  hoch,  während 
die  stammlosen  Palmen  unmittelbar  am  Boden  ihre  dichten  Blattrosetten 
ausbreiten.  Zudeii  letzteren  zählen  insbesondere  die  beiden  im  ganzen 
tropischen  Amerika  vorkommenden  Gattungen  Geonoma  und  Bactris. 
Von  den  bisher  bekannt  gewordenen  Palmenarten  sind  gegen  60  Arten 
endemisch;  ausserdem  giebt  es  noch  gegen  120  Arten,  welche  die 
Grenzen  dieser  Flora  überschreiten.  Wir  sind  demnach  berechtigt,  dem 
Amazonasthaie  den  grössten  Palmenreichthum  der  Erde  zuzusprechen.  — 
Dass  hier  einerseits  die  Farnbäume,  andrerseits  die  Cacteen  ihre  Be- 
deutung verlieren,  ist  in  dem  feuchtwarmen  AequatorialkUma  begründet. 

Philipp  V,  Martins  stellt  dem  Walde  im  Ueberschwemmungs- 
raume  des  Amazonas  (Igapo)  denjenigen  des  wasserfreien  Bodens  (Ete- 
oder  Guagu-Wald)  gegenüber.  In  dem  3  bis  4  Monate  unter  Wasser 
gesetzten  Igapo  bleiben  die  Laubbäume  verhältnissmässig  niedrig  und 
werden  deshalb  von  den  zahlreichen  hochstämmigen  Palmen  überragt. 
Da'  hier  in  Folge  der  lang  andauernden  Ueberfluthung  der  reiche 
Schmuck  der  Epiphyten  fehlt,  da  ferner  auch  die  Lianen  spärUch  vor- 
handen sind  und  die  meisten  Bäume  nur  unansehnliche,  weisse  oder 
grünliche  Blüthen  hervorbringen,  so  ist  der  Gesammteindruck,  den  die 
Wälder  des   Igapo    machen,    kein  besonders   erfireulicher,    zumal  die 

37* 


580  Vierter  Theil.    Das  organiscbe  Leben  auf  Erden. 

Baumstämme  immer  mit  den  durch  die  Hochfiuth  herbeigetrageneii 
Schlammtheilen  behaftet  sind.  Dazu  ist  der  Boden  oft  nur  von  harten 
Gräsern  bedeckt,  ja  bisweilen  vom  Pflanzenwuchs  fast  entblösst. 

In  dem  Ete-Wald  hing^en,  der  den  üeberschwemmnngen  völlig 
entrückt  ist,  finden  wir  eine  wahrhaft  tropische  Fülle  der  Vegetation. 
Hier  herrscht  die  Lorbeerform  vor;  die  mächtigen  Kronen  der  ihr  an- 
gehörenden Laubbäume  (bis  60  Meter  hoch)  überragen  alle  übrigen 
Bäume,  selbst  die  Palmen.  Eine  der  schönsten  Colossalgestalten  ist  eine 
Myrtacee,  Bertholletia  excelsa,  welche  die  Paranüsse  liefert  Ihre 
mächtigen  Früchte  von  der  Schwere  einer  Kanonenkugel  können,  aus 
einer  Höhe  von  SO  Metern  herab£EJlend,  das  Leben  des  BeLsenden  ge- 
fthrden.  Epiphyten,  Farne,  Pisang-,  Scitamineen-  und  Aroideenformen 
entfalten  sich  hier  unter  den  günstigsten  Bedingungen. 

In  den  Wäldern  am  Bio  N^ro  werden  die  Palmen  und  Lianen 
seltener,  die  Laubhölzer  niedriger. 

Unmittelbar  am  Amazonas  bildet  das  Böhricht  des  5  bis  6  Meter 
hohen  Pfeilgrases  (Arundo  saccharoides)  die  gewöhnliche  Ufereinfisifisung, 
während  die  Bambuse  mit  VorUebe  die  Wasserstrassen  des  Ete- Waldes 
begleiten.  Von  den  Wasserpflanzen  nimmt  die  Victoria  den  ersten 
Bang  ein. 

Als  in  mercantiler  Hinsicht  wichtige  natürliche  Erzeugnisse  des 
brasilianischen  Urwaldes  sind  zu  nennen  die  Paranüsse,  Kautschuk 
(gewonnen  aus  dem  Milchsafte  eines  Euphorbiaceenbaumes,  Siphonia 
elastica),  Cacao,  Vanille;  ausserdem  werden  zahlreiche  Nutzhölzer, 
Pflanzenfasern  und  Droguen  von  dort  aus  in  den  Handel  gebracht. 

19)  Das  Gebiet  des  transäquatorialen  Brasilien  reicht 
von  dem  Südrande  der  Hylaea  bis  zur  Südgrenze  der  tropischen  Begen, 
also  ungefähr  bis  zum  27.  Parallelkreise.  Der  vorwaltende  Südost- 
passat wird  an  den  östlichen  Küstengebirgen,  an  denen  er  emporweht, 
zu  einem  Begenwinde;  daher  empfangen  die  östlichen  Uferlandschaften 
so  reiche  Niederschläge,  dass  sich  die  Vegetation  das  ganze  Jahr  hindurch 
fortgesetzt  entwickeln  kann.  Durch  die  Bandketten  aber  werden  dem 
Binnenlande  die  atlantischen  Dämpfe  entzogen ;  dieses  erhält  somit  nur 
die  tropischen  Zenithalr^en,  denen  immer  eine  längere  Periode  der 
Trockenheit  folgt  Während  daher  die  östlichen  Bandketten  mit  üppigem, 
tropischem  Urwalde  bedeckt  sind,  herrschen  im  Innern  Savanen  (in 
Brasihen  Campos  genannt)  vor.  Die  periodische  Unterbrechung  des 
vegetativen  Lebens  zeigt  sich  hier  besonders  deutUch  in  den  CSatingas, 
d.  i.  in  den  weit  verbreiteten  Savanenwaldungen  des  südlichen  BraailiaD^ 
wdche  während  der  trockenen  Monate  (in  Elinas  Geraes  von  März 
und  April  an)  ihr  Laub  abwerfen. 

Von  den  Höhen  der  Serra  do  Mar  bis  hioab  zu  den  Mangrove- 


IV.    Die  Vegetationszonen  der  Erde.  581 

Waldungen  der  Küste  erstreckt  sich  ein  Urwald,  dessen  Gresammt- 
charakter  von  demjenigen  des  nördlichen  Brasilien  wenig  abweicht. 
Kur  entfaltet  er  eine  reichere  BltLthenpracht,  wie  denn  auch  die 
Savanen  dieses  Gebietes  einen  viel  stattlicheren  Blumenflor  aufweisen 
als  die  Llanos.  Die  Manigfaltigkeit  der  Palmen  ist  hier  noch  eine 
ausserordentlich  grosse.  Unter  den  hochgewachsenen  sind  namentlich 
die  Cocoineen  (Cocos,  Attalea),  unter  den  kleineren,  vielfach  mit  Stacheln 
ausgerüsteten  die  vielen  Arten  der  Gattung  Bactris  sehr  häufig.  Fam- 
bäiune  gedeihen  am  besten  an  den  schattigen  Berggehängen;  Bambuse 
(Guadua)  und  Pisang  (Heliconia)  suchen  ähnliche  Standorte  auf  wie  in 
den  übrigen  äquatorialen  Florengebieten  Amerika's.  Als  charakteristische 
Gestalten  der  wiederum  reich  vertretenen  Lorbeerform  heben  wir  die 
Vochysiaceen  und  Oclmaceen  (Luxemburgia)  hervor.  Durch  ihr  werth- 
volles  Holz  sind  noch  mehr  bekannt  einige  in  ihrem  Aussehen  der 
Tamarinde  ähnelnde  Leguminosen:  die  Dalbergieen  und  Caesalpinieen; 
denn  Jacarandaholz  erhalten  wir  von  Dalbergia  nigra ,  Brasilienholz 
von  Caesalpinia  ecliinata.  Die  verschiedenartigen  und  zahlreichen  Lianen 
^  und  Epiphyten  sind  von  höchster  malerischer  Wirkung. 

In  den  Wäldern  der  Campos,  den  Catingas,  schaaren  sich  die 
Bäume  bei  weitem  nicht  so  eng  zusammen  wie  im  Urwald  und  sind 
zugleich  weit  weniger  hoch  als  in  diesem  ((5  bis  12  Meter).  Ebenso  wenig 
wie  dem  tropischen  Urwalde  gleichen  die  Catingas  den  Wäldern  Europa's; 
denn  sie  besitzen  ein  viel  manig&ltigeres  Pflanzenleben  als  diese,  bergen 
selbst  zur  Zeit  der  Entlaubung  noch  eine  Menge  immergrüner  Holz- 
gewächse und  sind  endlich  von  vielen  Parasiten  und  Epiphyten  bevölkert, 
welche  auch  in  der  trockenen  Jahreszeit  die  entblätterten  Stämme  mit 
fiischem  Grün  schmücken.  Zu  den  Parasiten  gehören  vor  allem  die 
Loranthaceen,  zu  den  Epiphyten  viele  Bromeliaceen  und  Cacteen.  Die 
Cacteen  sind  theik  hohe,  säulenartige  Cereen,  theik  plattgedrückte, 
gegUederte  Opuntien  und  finden  sich  (bald  auf  dem  Boden ,  bald 
epiphytisch)  kaum  irgendwo  in  grösserer  Manigfaltigkeit  als  hier. 
Wälder  von  geselligen  Bäumen  giebt  es  nur  im  Süden.  Sie  bestehen 
entweder  (wie  im  Südosten)  aus  der  Araucarie,  der  einzigen  Wälder 
bildenden  Conifere  Südamerika's,  einem  hohen,  schlanken  Baum  mit 
dunklem,  der  Olivenform  sich  näherndem  Blatt,  oder  (wie  in  der  Ebene 
des  Gran  Chaco)  aus  der  stolzen  Wachs-  oder  Garanda-Palme.  Die 
meisten  Bäume  der  Catingas  sind  LiUaceen  (Vellosia,  Barbacenia). 
Merkwürdig  ist  eine  Bombacee  (Chorisia  ventricosa),  deren  Stanun  in 
der  Mitte  tonnenfbrmig  anschwillt.  Von  den  palmenähnlichen  Cycadeen 
wird  der  17.  Breitengrad  nirgends  überschritten.  Die  Sträucher  ge- 
hören zahlreichen  Familien  an,  so  den  Mimoseen,  Melajjtomaceen, 
Myrtaceen  u.  a.    Die  Gräser  der  Campos  (Paniceen,  Stipaceen,  Bestia- 


582  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

ceen)  sind  meist  nur  %  Meter  hoch;  gerade  durch  diesen  geringen 
Wuchs  scheint  die  Entwicklung  der  mit  so  Jierrlidiem  Blüthenschmock 
ausgestatteten  Stauden  b^^ünstigt  zu  werden.  Der  Nahrungswerth  der 
Gräser  ist  ein  geringer. 

Der  Charakter  der  Campos  verändert  sich  übrigens  nach  Süden 
hin  ganz  wesentlich.  Im  Norden  wird  der  ungeschlossene  Rasen  nur 
von  einzebien  Säulencactus-Stämmen  überragt  Weiter  im  Süden  ver- 
mehren sich  die  blüthenreichen  Stauden,  und  an  Stelle  der  Cereen  treten 
kleine  Melonencactus.  Sträucher-  und  Waldformation  bleiben  dieselbe, 
obwohl  die  Arten  wechseln.  Am  Südrande  endlich  bewahren  zwar  die 
Savanen  dasselbe  Gepräge;  aber  die  Wälder  werden  andere,  indem 
sich  hier  gleichartige  Araucarienbestände  ausbreiten. 

20)  Das  Gebiet  der  tropischen  Anden  Südamerika'» 
(vom  10.  Grrad  n.  Br.  bis  30.  Grad  s.  Br.)  zer&llt  in  zwei  durch  die 
Wasserscheide  der  östlichen  Cordillere  klimattsch  scharf  von  einander 
geschiedene  Theile:  in  einen  wasserarmen  im  Westen  und  einen  reich 
befeuchteten  im  Osten  (vgl.  S.  264  f.). 

Das  Küstenland  bis  450  Meter  Meereshöhe  ist  zu  jeder  Zeit  regenlos; 
nur  im  Winter  liefern  leichte  Nebelbildungen ,  die  Garuas,  einen  feinen 
Niederschlag.  Aber  auch  in  den  höhereü  Bergregionen  sind  die  Regen 
so  selten,  dass  die  V^etation  keine  rechte  Lebensfälle  zu  entwickeln 
vermag.  Dazu  kommt,  dass  ein  grosser  Theil  der  von  den  Anden- 
ketten umsäumten  Hochebene,  insbesondere  die  am  höchsten  gelegene 
Puna-Region,  bereits  die  Baumgrenze  überragt,  also  nicht  einmal  den 
Gewächsen  der  gemässigten  Zone  eine  gastliche  Stätte  gewährt  Am 
Titicaca-See  (3700  Meter  hoch)  reifen  nur  Culturpflanzen  von  ganz 
kurzer  V^etationsperiode.  Der  landschaftliche  Charakter  der  West- 
seite ist  etwa  folgender:  Der  sandige  Küstenstreifen  (Arenal  de  la  costn, 
bis  1200  Meter  Höhe)  ist  zur  trockenen,  wolkenlosen  Jahreszeit  überall 
da,  wo  er  nicht  bewässert  ist,  völlig  v^etationslos ,  wird  jedoch  durch 
die  winterlichen  Garuas  rasch  in  einen  herrlichen,  blumenreichen  Garten 
umgewandelt,  dessen  Farbenpracht  nur  leider  ebenso  plötzlich  wieder 
verschwindet,  als  sie  sich  entfaltet  hat  Auf  kiesigem  Boden  zeigen  sich 
dann  wohl  noch  vereinzelt  niedriges  Domgebüsch  und  Saftgewächse; 
im  übrigen  aber  erbUckt  das  Auge  weithin  nichts  anderes  als  den 
nackten  Boden.  Nur  in  den  von  Flüssen  und  Canälen  durchzogenen 
Thälem  gedeihen  tropische  Culturpflanzen,  wie  das  Zuckerrohr  (bis 
1100  Meter  Höhe),  der  Tschirimaja-Baum  (Anona  cherimolia),  dessen 
kugelige,  etwas  schuppige  Frucht  (Cherimoles)  sehr  schmackhaft  ist, 
und  der  Pisang  (die  beiden  letzteren  bis  1800  Meter  Höhe).  Abgesehen 
von  diesen  Oasen  und  dem  rasch  vergänglichen  Winteigrün  ist  der 
Charakter  der  Eüstenregion  ein  erschreckend  öder.     Aber  auch  auf 


IV.    Die  Vegetationszonen  der  Erde.  583 

den  Höhen  der  Anden  selbst  sucht  man  umsonst  nach  einem  kräftigeren 
Ausdruck  des  organischen  Lebens.  Die  Bäume  sind  nur  durch  wenige 
Arten  vertreten,  und  auch  diese  besitzen  keinen  hohen  Wuchs,  sondern 
haben  die  Neigung,  in  die  Strauchform  überzfugehen.  Sie  tragen  fast  alle 
immergrünes  Blattwerk  und  gehören  meist  zu  den  Formen  der  Oliven 
(Buddieja)  und  der  Mimoseen  (Prosopis  siliquastrum ,  vereinzelt  in  der 
Wüste  Atacama).  Die  in  allen  Klimaten  Südamerika's  heimische  Ufer- 
weide (Salix  Humboldtiana)  verdrängt  vielfach  in  den  Thälem  den 
übrigen  Holz  wuchs.  Nach  oben  hin  gewinnen  die  Sträucher  eine  höhere 
Bedeutung.  Viele  derselben  (so  die  Rhanmeengattung  Colletia,  mehrere 
Synanthereen  u.  a.)  sind  mit  Domen  bewaffnet;  die  domlosen  haben  meist 
Myrtenform.  In  den  alpinen  Regionen  werden  die  Rhododendren  durch 
holzige  Synanthereen  (Mutisiaceen)  und  immergrüne  Escallonien  ersetzt. 
Die  Cacteen  sind  in  den  mittleren  Höhen  des  pacifischen  Abhanges  am 
häufigsten,  fehlen  jedoch  nirgends  auf  dem  dürren  Hochlande;  am  auf- 
fallendsten sind  unter  ihnen  die  zahlreichen  grossen  Cereen  (Cereus 
peruvianus).  Seltener  als  die  Cacteen  erscheinen  die  Agaven.  Der 
Graswuchs  ist  in  den  höheren  Gebirgstheilen  zwar  reichlicher  als  in 
den  Niederungen,  aber  immerhin  noch  dürftig;  er  genügt  in  manchen 
Zeiten  kaum  flir  die  wandernden  Lamaheerden.  Der  Nahrungswerth 
jener  Gräser  (Stipaceen,  Poaceen,  Deyeuxien)  ist  nur  ein  geringer; 
namentlich  gilt  dies  von  dem  auch  in  der  Puna-Region  vorherrschenden 
stechenden  Ichu-Gras  (Stipa  Ichu),  welches  in  dieser  Hinsicht  der  zur 
gleichen  Gramineen-Gattung  zählenden  Tirssa  der  südrussischen  Steppe 
nahesteht.  Die  Anden  entbehren  also  der  trefflichen  Weideplätze  der  Alpen. 

Die  Puna-Region  (zwischen  den  Andenketten)  gleicht  in  ihrem 
Gesammtcharakter  den  oberhalb  der  Baumgrenze  liegenden  alpinen 
Gebieten ;  an  diese  erinnert  namentlich  die  ausgedehntere  Rasenbildung 
und  die  geringe  Grösse  der  Holzgewächse.  Sümpfe,  Seen  und  Alpen- 
bäche wechseln  mit  dem  vorwaltenden  Ichu-Rasen,  dessen  V2  Meter 
hohe  Büschel  rasch  ihr  Grün  verlieren  und  dann  dunkel,  wie  angebrannt 
erscheinen,  sowie  mit  dem  weit  verbreiteten  Tola-Strauche  (Baccharis 
Tola).  Daneben  finden  sich  kleine  Cacteen  (Echinocactus) ,  Umbelli- 
feren  (Azorella),  Gentianeen  und  Verbenaceen. 

Die  öptliche  Cordillere  hat  eine  vom  October  bis  Februar  anhaltende 
Regenzeit.  Ihre  Abhänge  sind  zwar  auch  von  Baumwuchs  entblösst; 
aber  ihre  weiten  Thäler  sind  fruchtbar  und  reich  bevölkert.  Hier 
wird  der  Maisbau  mit  Erfolg  getrieben,  und  aus  Europa  eingeflihrte 
Obstbäume  tragen  reichliche  Frucht.  Die  einheimischen  Gewächse 
stimmen  fast  völlig  mit  denen  der  westlichen  Cordillere  überein. 

Eine  reiche  tropische  Vegetation  trifft  man  erst  am  Ostfusse 
der  östlichen   Cordillere  und    zugleich  in  denjenigen  tieferen  Thälem 


584  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

der  Pona-Region  an,  welche  den  Regen  bringenden  Passatwinden  ge- 
öffiiet  sind,  z.  B.  in  den  Thälem  des  Magdalenenstrom-  und  des  Ama- 
zonasgebietes. Die  Vegetationsformen  des  feuchten  Tropenklimas  an 
der  Ostseite  der  Cordilleren  sind  genau  dieselben  wie  die  des  Wald- 
landes von  Venezuela  und  Brasili^i  und  brauchen  daher  nicht  be- 
schrieben zu  werden.  Von  besonderem  Interesse  ist  hier  nur  der  obere 
Waldgürtel  (zwischen  1500  und  2400  Meter  Meereshöhe),  welchen  man 
in  Peru  die  Augenbraue  (Ceja)  der  MontaAa  nennt;  es  ist  dies  die 
Region  der  immei^rünen,  lorbeerblättrigen  Qnchonen  (Fieberrinden- 
bäume), jener  Bäume,  deren  Rinden  eine  so  wunderbare  Wirkung  auf 
das  Nervensystem  ausüben.  Das  Letztere  gilt  auch  von  den  Blättern 
des  ebenfiälls  hier  heimischen  Cocastrauches  (Erythroxylon  coca).  Der 
Cinchonenwald  ist  seiner  grossen  Feuchtigkeit  entsprechend  ein  echt 
tropischer  Urwald:  er  wird  von  manigfaltigen,  mit  ihren  Kronen  dicht 
in  einander  verschlungenen  Bäumen  gebildet,  und  Lianen  winden  sich 
um  die  mit  zahhreich^i  Fpiphyten  geschmückten  Stämme.  Von  den 
Palmen,  die  übrigens  in  den  heissen  östlichen  Andenthälem  sehr  häufig 
und  in  vielen  Arten  auftreten,  verirren  sich  nur  zwei  Arten  in  die 
höheren  Gebirgsr^onen :  Oreodoxa  frigida  und  die  Wachspalme  von 
Neu-6ranada  (Ceroxylon  andicola).  Der  Uebergang  aus  den  Cinchonen- 
wäldem  zu  den  Wäldern  der  heissen  Regionen  östUch  der  Anden  ist 
ein  ganz  allmählicher. 

21)  Unter  den  Pampas  versteht  man  eigentlich  nur  die  baum- 
losen Ebenen  zwischen  den  chilenischen  ^nden  und  dem  Atlantischen 
Ocean;  doch  trägt  der  östlich  von  den  Anden  gd^ene  Theil  Pata- 
gonien's  bis  zur  Magalhäes- Strasse  im  allgemeinen  denselben  Natur- 
charakter an  sich  und  darf  daher  mit  Recht  diesem  Florengebiete 
hinzugefugt  werden.  Die  Temperatureurve  des  Jahres  hat  einen  sehr 
gleichmässigen  Verlauf;  ein  Winter  mit  stärkerem  SchneefisJl,  welcher 
die  Entwicklung  der  Vegetation  unterbrechen  würde,  ist  fest  durch- 
weg ausgeschlossen.  Dennoch  entfeltet  sich  hier  das  Pflanzenleben 
unter  sehr  ungünstigen  Verhältnissen;  denn  die  meisten,  noch  dazu 
sehr  unregelmässig  eintretenden  Niederschläge  entladen  sich  in  Form 
von  plötzUchen,  rasch  vorübergehenden  Gewittergüssen.  Auf  diese 
folgen  dann  häufig  längere  Perioden  der  Trockenheit,  weil  die  vor- 
waltenden Westwinde  beim  Ueberschreiten  der  Anden  den  grössten 
Theil  ihrer  Feuchtigkeit  verheren.  Der  regellose  Wechsel  von  Nässe 
und  Dürre  bei  entschiedenem  Uebergewicht  der  letzteren  ist  es  also 
vor  allem,  welcher  dem  Lande  den  Steppencharakter  aufdrückt 

Hinsichtlich  ihrer  Vegetationsdecke  kann  man  die  Pampas  in  drei 
Theile  zerlegen:  in  die  Chanarsteppe,  die  eigentlichen  Pampas  und 
die  südlichen  Ebenen  von  Patagonien. 


IV.    Die  Vegetationszonen  ^er  Erde.  585 

Die  Chanarsteppe  (im  Nordwesten,  zwischen  dem  Ostfiisse  der 
Anden  und  dem  Meridian  von  Cordova)  ist  arm  an  Graswuchs;  der 
Chanar  (Gourliea)  und  die  Akazie  von  Santiago  (Acacia  cavenia),  zwei 
domige  Sträucher  mit  kleinen  Blättern,  überziehen  grosse  Flächen. 
Fruchtbarere  Stellen  sind  auch  mit  Gras  überkleidet;  ohne  dieses  wäre 
ein  gedeihlicher  Betrieb  der  Viehzucht  nicht  möglich,  da  die  Thiere 
leiden,  «wenn  sie  sich  beständig  von  den  Blättern  der  Sträucher  nähren 
sollen.  Nach  dem  Norden  hin  zeigen  sich  auch  Baumgruppen,  ja  selbst 
lichte  Gehölze  von  Algaroben  (besonders  von  der  Mimosee  Prosopis). 
Sie  werden  ebenso  wie  das  Gesträuch  von  zahlreichen  Cacteen  (Cereen, 
Opuntien  und  Mamillarien)  begleitet  In  den  salzhaltigen,  oft  von 
Seen  erftQlten  Niederungen  (Salinas)  herrschen  Halophyten  von  der 
Chenopodeenform  (Salicomia,  Atriplex)  vor. 

Die  eigentlichen  Pampas  (von  Cordova  und  vom  Rio  Salado  bis 
zur  Nordgrenze  Patagonien's,  also  zwischen  dem  'M.  und  40.  Parallel- 
kreise)  sind  eine  reine  Grasebene,  welche  nirgends  Geröll,  ja  keinen 
Stein  von  der  Grösse  einer  Haselnuss  aufweist,  „ein  uferloses  Meer 
von  Gräsern,  wo  das  Auge  am  Horizont  keinen  Ruhepunkt  findet 
ausser  wo  die  Sonne  aufgeht  und  niedersinkt".  Die  Gb-äser  erreichen 
im  allgemeinen  dieselbe  Höhe  wie  unsere  Wiesengräser;  theils  sind 
sie  hart  und  wenig  brauchbar  (Stipagräser),  theils  zarter  und  nahrhafter 
(Poaceen,  Avenaceen).  Einheimische  Stauden  sind  sehr  selten;  daher 
fehlt  den  Pampas  fast  durchweg  der  Blumenschmuck.  An  den  Flüssen 
erheben  sich  hie  und  da  mächtige,  mannhohe  Rohrgräser  (Arundo 
Quila),  sowie  kleinere  Waldungen.  Im  übrigen  sind  die  letztöi^n  auf 
die  feuchten  Küstengebiete  und  die  vom  Seewinde  getrofienen  östlichen 
Abhänge  der  Gebirge  beschränkt.  Die  Insel-  und  Uferwälder  des 
La  Plata  bestehen  aus  Leguminosen  (Prosopis,  Acacia,  Gourliea), 
mehreren  Laurineen  und  Weidengebüsch  (Salix  Humboldtiana).  Eigen- 
thümlich  ist  den  Pampas  der  Ombu  (die  Phytolaccee  Pircunia  dioeca), 
ein  stattlicher  Baum  mit  weit  ausgreifenden,  knorrigen  Aesten  und 
grossen,  dunklen  Blättern,  welcher  seiner  schattigen  Krone  wegen  viel- 
fach angepflanzt  wird.  Am  Parana  treten  mehrere  Fächerpalmen  auf; 
einige  Cocospalmen  (unter  ihnen  die  Pindo-Palme,  Cocos  australia) 
dringen  sogar  bis  zur  Mündung  des  La-Plata-Stromes  nach  Süden  vor. 
Der  ursprüngliche  Charakter  der  Landschaft  wird  neuerdings  gänzlich 
verändert  durch  einige  zufallig  aus  Südeuropa  eingeführte  Gewächse. 
So  bedecken  einige  Disteln  (Cynara,  Silybum,  Lappa)  und  eine  Dolden- 
pfianze,  der  Fenchel  (Foeniculum)  ungeheure  Flächenräume.  Nament- 
lich hat  die  Artischockendistel  (Cynara  Cardunculus) ,  von  der  man 
weiss,  dass  die  ersten  Samen  im  Jahre  1769  in  den  Haaren  eines 
Esels  aus  Spanien  kamen,   auf  vielen  Quadratmeilen  den  Graswuchs 


586  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  anf  Erden« 

völlig  erstickt  zum  grossen  Schaden  fär  die  Viehzucht  in  den  dortigen 
Ländereien. 

Anf  den  Trömmergesteinen  Patagonien's  ist  nichts  von  Ghrassteppe 
mehr  sichtbar.  Nur  dürftiges  Domgestrtipp  (besonders  aus  Leguminosen) 
entwickelt  sich  zerstreut  auf  dem  Eaesgeroll,  und  örtlich  kommt  selbst 
dieses  kaum  fort  Niigends  überragt  ein  Baum  die  dntönige  Ebene. 
Nur  im  Norden,  in  der  Nähe  des  Bio  Negro,  findet  sich  an  den  Flusa- 
ufern  Weidengebüsch  und  vereinzelt  eine  kldne  Akazie,  welche  von 
den  Eingeborenen  bewund^  und  als  ein  Heiligthum  betrachtet  wird. 
Auch  eine  Opuntia  (O.  Darwini)  fiistet  hier  noch  dn  kümmerliches 
Dasein. 

22)  Das  chilenische  Uebergangsgebiet  umBebsst  den 
schmalen  Küstensfich  an  der  Westseite  der  Anden  vom  23.  bis  34. 
Grad  s.  Hr.,  also  die  nördlichen  und  mittleren  Provinzen  Chile's.  Auch 
hier  ist  wie  in  dem  nördlich  davon  gelegenen  Peru  die  Trockenhdt 
der  vorherrschende  Grundzug  des  Klimas;  doch  stellen  sich  g^en  Süden 
hin  Winterr^en  ein,  die  zu  Santiago  (33';^  ^  s.  Br.)  bereits  eb^iso  be- 
deutend sind  wie  in  der  Lombardei.  Der  r^idmässige  Wechsel  eines 
trockenen  Sonmiers  und  Begen  bringenden  Winters  ist  in  dem  ebenso 
regehnässigen  Wechsel  der  Luftströmungen  begründet.  Die  Südwinde 
des  Sommers  bewirken  Heiterkeit  des  EKmmek,  weil  sie  sich  von  ihrem 
Sättigungspunkte  entfernen;  die  Nordwinde  des  Winters  aber  haben 
WolkenUldung  und  Begen  in  ihrem  G^olge.  Uebiigens  sind  die 
Winterregen  in  dem  nördlichen  Theile  sehr  geringfügig;  denn  zu 
Coquimbo  (30^  s.  Br.)  redudren  sie  sich  auf  fünf  bis  sechs  Güsse, 
und  zu  Copiapo  (27  ^  s.  Br.)  werden  statt  ihrer  nur  Garuas  beobachtet 
Wie  in  den  Mittehneeriändem,  so  ist  auch  hier  der  Winter  die  eigent- 
liche Vegetationszeit. 

Die  Bäume  Chile's  besitzen  gleich  den  übrigen  einheimischen  Holz- 
gewächsen ein  immergrünes  Laub;  aber  sie  sind  wenig  zahlreich  und 
entbehren  einer  kräftigen  Entwicklung.  Die  stattlichste  Gestalt,  der 
Boldu  (eine  Lanrinee),  erreicht  eine  Höhe  von  16  Metern;  eine  Bosaoee 
(Quillaja)  wird  gegen  10  Meter  hoch,  und  von  gleicher  Höhe  ist  die 
einzige  chilenische,  mit  Fiederlaub  versehene  Palme,  Jubaea  spectabiÜs. 
Im  allgemeinen  ist  der  während  des  Sommers  völlig  austrocknende 
und  daher  harte  Thonboden  Chile's  dem  Baumwuchs  sehr  ungühstig; 
dieser  ist  daher  fast  nur  anf  die  feuchten  Standorte  in  den  Thälem 
beschrankt  VielfiM^  verkümmern  die  Bäume  und  bleiben  Zwergholz, 
so  namentlich  eine  bei  Santiago  häufige  domige  Mimosee,  der  Espino 
(Acacia  cavenia),  und  ein  ebenfiiUs  dorniger  Leguminosenbaum  mit 
winzigen  Fiederblättern,  die  Gourliea,  welche  his  in  die  Wüste  Atacama 
vordringt     Wie    bei  den  Bäumen,   so  ist  auch    bei  den  Sträuchem 


IV.    Die  Vegetationezonen  der  Erde.  587 

der  Dürre  des  Landes  entsprechend  die  Belaubung  vielfach  durch 
Domenbildung  unterdrückt.  Nur  an  den  Flussufem  erscheinen  statt 
der  Dornensträucher  Myrten-  und  Oleanderformen,  sowie  die  Gebüsche 
der  Salix  Humboldtiana.  Auf  den  dürren  Gehängen  gedeihen  Cacteen 
und  zwar  Cereen  (der  über  6  Meter  hohe  Cereus  Quisco)  und  Opuntien 
in  den  unteren,  die  kugelförmigen  Echinocacten  und  Mamillarien  in 
den  oberen  Regionen.  Die  Zwiebelgewächse,  besonders  durch  Liliaceen 
und  Amaryllideen  reich  vertreten,  schmücken  die  Landschaften  im 
Winter  und  Frühling  mit  den  mam'gfiswjhsten  Farben.  Im  Winter  bieten 
die  Steppengräser  (Stipaceen,  Avenaceen,  Poaceen)  überall  dem  Vieh 
eine  gute  Weide,  die  freilich  im  Sommer  nur  auf  den  höheren  Gebirg&- 
regionen  oder  an  besonders  fruchtbaren,  eingehegten  und  geschonten 
Stellen  gefimden  wird.  Für  die  Vielizucht  eignet  sich  dieses  mit  treflf- 
lichen  Futtergewächsen  ausgestattete  Land  viel  mehr  als  zur  Cultur 
der  CereaUen. 

Chile  ist  ausgezeichnet  durch  einen  ausserordentlichen  Reichthum 
an   endemischen  Pflanzen;   auch  ist  es  das  Heiniathland  der  Kartoffel. 

23)  Das  antarktische  Waldgebiet  ist  die  pacifische  Ab- 
dachung der  Anden  vom  südh'chen  Chile  bis  Cap  Hoom  (34  bis  56^ 
s.  Br.).  Hier  wechseln  äquatoriale  und  polare  Luftströmungen  in  rascher 
Folge  mit  einander  ab  und  in  gleicher  Weise  feuchte  und  trockene 
Perioden.  Demnach  fallen  hier  wie  im  nördlichen  Europa  zu  jeder 
Jahreszeit  reiche  Regen;  nur  gehört  das  Maximum  derselben  nicht  dem 
Sonmier,  sondern  dem  Winter  an.  Ueberhaupt  sind  Regentage  und 
Tage  mit  umwölktem  ffimmel  dort  viel  häufiger  als  bei  uns. 

Diese  Verhältnisse  gelangen  auch  in  der  Vegetation  deutlich  zum 
Ausdruck;  denn  fast  das  ganze  Land  wird  von  einem  hochstämmigen, 
geschlossenen  Walde  bedeckt.  Viele  Bäume  bewahren  während  des 
feuchten,  milden  Winters  ihr  Laub;  bei  anderen  aber  äussert  sich  der 
Temperaturrückgang  des  Winters  durch  einen  Stillstand  in  der  Ent- 
wicklung, der  sich  durch  die  Entlaubung  verschiedener  Bäume  zu 
erkennen  giebt.  In  dem  nördhchen  Theile  (zwischen  34  und  44® 
s.  Br.)  besteht  der  Wald  aus  Baumarten  von  verschiedenen  Familien; 
Bambusformen  (aus  der  Gattung  Chusquea)  bilden  ein  fast  undurch- 
dringhches  Unterholz  der  Wälder,  und  die  von  Lianen  umschlungenen 
Stämme  sind  von  Epiphyten  bewohnt.  Dieser  Wald  hat  also  einen 
tropischen  Charakter.  Unter  den  immergrünen  Bäumen  des  antark- 
tischen Gebietes  befinden  sich  mehrere  Laurineen  (z.  B.  Persea  Lingue), 
ein  grosser  Myrtaceenbaum  (Luma)  und  die  MagnoUacee  der  Anden, 
Drimys.  Verwandtschaftliche  Züge  mit  Australien,  resp.  Neuseeland 
verrathen  die  Arten  einer  Tihaceengattung  ( Aristotelia) ,  ein  Rosaceen- 
baum  (Eucryphia),  zwei  Monimieen  (Laurelia  und  Peumus)  und  einige 


588  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

Proteaceen  aus  den  Gkittangen  Embothrium  und  Lomatia.  Der  wich- 
tigste Waldbaum  aber  ist  die  Buche.  Die  zwei  vorherrschenden  Arten 
derselben  (Fagus  antarctica  und  F.  obliqua)  werfen  im  Winter  ihr  Laub 
ab,  während  einige  andere,  vor  allem  F.  betuloides  (w^en  ihrer  kleinen 
Blätter  der  Birke  ähnUch),  immergrün  sind.  Da  die  letztere  sich  auch 
unter  die  Bestände  der  beiden  laubwechselnden  Arten  mischt,  so  ist 
der  Charakter  der  dortigen  Wälder  namentUch  im  Winter  ein  höchst 
eigenartiger.  Von  Coniferen,  die  als  Bauholz  bereits  eine  hohe  Wich- 
tigkeit erlangt  haben,  sind  bisher  gegen  10  Arten  ermittelt  worden. 
Unter  ihnen  ist  die  bis  über  30  Meter  hohe  chilenische  Araucarie  (A. 
imbricata)  die  stolzeste  Gestalt  Ihre  dunkle  Belaubung  setzt  sich  aus 
gedrängten,  zugespitzten,  aber  flachen  Blättern  zusammen.  Sie  ist  auf 
die  beiden  Cordilleren  von  Araucanien  (37  bis  39  ^  s.  Br. )  beschränkt. 
Die  eigentUchen  Nadelhölzer  (südwärts  vom  39.  Grad  auf  den  inneren 
Cordilleren)  gehören  zu  der  tropischen  Gattung  Podocarpus  (vgl.  S.  578) 
oder  nähern  sich  in  ihrem  Bau  der  Cypresse  und  dem  Taxus. 

Von  d^  Insel  Chiloä  bis  Cap  Hoom  sind  ausser  den  genannten 
Nadelbäumen,  die  jedoch  selten  zu  grösseren  Waldungen  sich  vereinigen, 
die  Buchen  (neben  F.  antarctica  die  immergrüne  F.  betuloides),  sowie 
die  immei^grüne  Drimjs  &st  die  einzigen  Waldbäume.  Das  Unterholz 
wird  durch  immergrüne  Sträucher  aus  den  Famihen  der  Erieeen  tmd 
Myrtaceen,  sowie  aus  den  Gattungen  Berberis  und  Escallonia  gebildet 
In  der  Nähe  von  Cap  Hoom  entwickelt  sich  ein  Hochwald  nur  in 
feuchten  Schluchten  und  im  Innern  des  Landes,  da  die  heftigen  Stürme 
an  der  Küste  bloss  Krummholz  aufkommen  lassen. 

24)  Oceanische  Inseln  sind  im  Sinne  des  Botanikers  solche^ 
auf  denen  eine  selbstständige  Entstehung  von  Pflanzen  nachgewiesen 
werden  kann.  Die  übrigen  Inseln  empfingen  alle  ihre  Gewächse  von 
einem  benachbarten  Festlande,  mit  welchem  sie  meist  ehemals  ver- 
bunden waren,  oder  es  sind  wenigstens  durch  Austausch  die  Spuren 
ihrer  eigenen  Bildungskräfte  verwischt  worden.  Von  Wichtigkeit  sind 
namentUch  solche  Inseln,  deren  endemische  Gewächse  in  ihrem  Bau 
von  denen  aller  Festländer  abweichen. 

In  der  nördUch  gemässigten  Zone  besitzen  nur  die  Azoren, 
Madeira  und  die  Canarien  einen  Grundstock  einer  eigenartigen 
Flora;  doch  haben  sie  die  meisten  Pflanzen  mit  den  Mittelmeerländem 
gemein.  Namentlich  theilen  sie  mit  diesen  die  Formation  der  immer- 
grünen Sträucher  oder  Maquis,  welche  auf  den  Azoren  bis  1700  Meter, 
auf  Madeira  bis  2000  Meter  Meereshohe  hinaufreicht  und  die  für  das 
Mittelmeei^biet  charakteristische  Erica  arborea  einschliesst.  Im  Litorale 
der  C^arien  nähert  sich  die  Pflanzenwelt  durch  zahlreiche  Saf^flanzen 


IV.    Die  Vegetationazonen  der  Erde.  58Ö 

(Euphorbien),    die  Dattelpalme  und  den  Drachenbaum  der  Vegetation 
des  benachbarten  A&ika. 

Die  Capverden  zeigen  wie  die  Canarien  in  ihrer  unteren,  heissen 
Region  (bis  500  Meter  Höhe)  die  Formen  des  tropischen  Afrika,  ins- 
besondere Senegambien's,  wiederholen  aber  in  der  oberen  Region  (500 
bis  1500  Meter  Höhe)  die  Maquis  der  Mediterran-Flora.  —  Die  Felsen- 
insel Ascension  hat  nur  wenige  und  unansehnliche  Arten,  aus  denen 
keine  deutÜchen  Beziehungen  zu  anderen  Vegetationsgebieten  hervor- 
gehen. —  St  Helena's  ursprüngliche  Pflanzenwelt  ist  durch  die  Ein- 
fuhrung der  Ziegen,  sowie  zahlreicher  Culturgewächse  fast  völlig  be- 
seitigt worden;  selbst  von  den  inmiergrünen  Laubhölzem  und  Fam- 
bäumen, welche  einst  die  Insel  bedeckten,  sind  nur  wenige  jetzt  noch 
anzuti*effen.  Diu-ch  mehrere  Synanthereen- Bäume  ist  St.  Helena  mit 
den  Floren  Chile's  und  einiger  pacifischer  Archipele  seltsam  verbunden. 

Madagaskar's  Pflanzen  sind  wohl  zur  grösseren  Hälfte  ende- 
misch. Die  überall  vorkommenden  Akazien  erinnern  an  den  Sudan, 
die  Pandanusform  und  die  Casuarinen  an  den  indischen  Archipel,  die 
Erikengattung  Philippia  an  das  Capland.  Zu  den  Charakterpflanzen 
der  Insel  gehören  die  Ravenala  oder  der  Baum  der  Reisenden,  ein 
hoher  Pisang,  dessen  senkrecht  ausgespannte  Laubrosette  einem  grossen 
Fächer  gleicht.  In  einer  Höhlung  am  Ansatzpunkte  der  Blattstiele 
sammelt  sich  Wasser,  welches  durch  einen  Stich  zum  Abfliessen  gebracht 
werden  kann;  auf  diese  Weise  entwickelt  sich  sofort  ein  kleiner  Quell. 
Merkwürdig  ist  femer  eine  Baumorchidee  (Angraecum  sesquipedale)  mit 
einem  50  Centimeter  langen  Blüthenspom  an  der  20  Centimeter  im 
Durchmesser  haltenden  Blüthe,  sowie  die  im  Wasser  schwimmende 
Ouvirandra,  deren  durchbrochenes  Blattademetz  einem  Spitzengewebe 
ähnlich  ist  —  Die  Maskarenen  sind  hinsichtüch  ihrer  Flora  mit  Mada- 
gaskar näher  verwandt  als  mit  dem  tropischen  Afrika;  auch  aus  Indien 
sind  zahlreiche  Gewächse  eingewandert.  Eine  Akazie  (Acacia  hetero- 
phylla),  welche  ihre  Fiederblätter  leicht  abwirft,  ist  vielleicht  identisch 
mit  der  Koa- Akazie  des  Sand  wich- Archipels.  —  Die  Seychellen  sind 
nur  durch  die  endemische  Seecocos-Palme  (Lodoicea  Seychellarum)  aus- 
gezeichnet. 

Im  Stillen  Ocean  entspricht  die  Flora  der  Koralleninseln  durchweg 
derjenigen  des  indischen  Monsungebietes ;  hingegen  sind  die  vulcanischen 
Inseln  meist  reich  an  endemischen  Pflanzen.  Dies  gilt  vor  allem  von 
den  Sandwich-Inseln,  auf  welchen  sogar  die  Anzahl  der  ende- 
mischen Arten  mit  dem  Umfang  und  der  Höhe  der  Vulcane  wächst. 
Sie  sind  meist  ganz  eigenartige  Erzeugnisse,  welche  sich  in  systematischer 
Beziehung  den  verschiedensten  Küstenlandschaften  des  Stillen  Meeres 
nähern,  also  Australien,  dem  tropischen  Asien,  Nord-  und  Südamerika 


590  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

und  den  pacifischen  Archipelen.  —  Anf  den  Fidschi-Inseln  herrscht 
der  indische,  auf  Neu-Caledonien  (20  endemische  Gattungen)  der 
australische  V^etationscharakter  vor.  Norfolk' s  Flora ,  durch  die 
endemische  Conifere  Araucaria  excdsa  (bis  60  Meter  hoch)  merkwürdig, 
ist  im  allgemeinen  von  der  Art  der  neuseeländischen  Flora. 

Auf  Neuseeland  sind  die  Farne  von  hervorragender  Wichtigkeit. 
Sie  vertreten  hier  .die  Stelle  der  Gräser  und  bedecken,  mit  Strauch- 
werk wechselnd,  ungeheure  Strecken  offenen  Landes ;  zugleich  sind  sie 
eine  Zierde  der  dortigen  Wälder.  Ein  Farn  giebt  eine  essbare  Wurzel 
(Pteiis  esculenta).  Die  Waldungen  sind  immergrün  und  werden  wie 
unter  den  Tropen  aus  zahlreichen  in  buntester  Mischung  vorkommenden 
Bäumen  gebildet  Die  Fambäume  (C^athea,  Dicksonia  squarrosa) 
werden  g^en  13  Meter  hoch;  von  den  Palmen  hingegen  weist  Neusee- 
land nur  eine  einzige  kleinere  Art  auf:  Areca  sapida.  Bei  den  Ldliaceen- 
bäumen  (Cordyline)  verkürzt  sich  der  Stamm,  bis  er  ausserhalb  des 
Waldes  in  dem  als  Fasergewächs  so  wichtigen  neuseeländischen  Flachs 
(Phormium  tenax)  völlig  verschwindet  OUven-,  Lorbeer-  und  Myrten- 
formen walten  in  den  Wäldern  vor;  inmiergrüne  Buchen  schmücken 
namentlich  die  Gebirge.  Einer  der  Laubbäume,  eine  Monimiee  (Athero- 
sperma  Novae -Zeelandiae),  wird  c.  50  Meter  hoch.  Die  Coniferen 
haben  zum  Theil  flache  Blätter  (Danmiara,  Phyllocladus).  Ihre  Höhe 
ist  bisweilen  eine  sehr  beträchtliche;  denn  eine  Art  der  Cypressenform 
(Podocarpus  dacrydioides)  erreicht  gleichfdls  eine  Höhe  von  50  Metern. 
Das  Holz  der  Eaurifichte  (Danmiara  australis),  welche  auf  den  nörd- 
Uchen  Theil  der  Nordinsel  beschränkt  ist,  wird  häufig  als  Bauholz 
verwendet,  üeberhaupt  befinden  sich  unter  den  100  grösseren  Baum- 
arten gegen  40  Nutzhölzer.  Die  Sträucher,  welche  meist  den  Myrten- 
und  Oleanderformen  angehören,  bieten  wenig  Eigenthümliches.  2^ahl- 
reiche  Lianen  umschlingen  die  Bäume;  die  Epiphyten  sind  meist  Farne, 
selten  nur  Orchideen.  —  Neuseeland  hat  nicht  weniger  ab  24  ende- 
mische Gattungen.  Sehr  gering  ist  selbst  die  Verwandtschaft  mit 
dem  benachbarten  Australien,  indem  die  Akazien  und  Eucalypten 
gänzlich  fehlen,  von  den  Proteaceen  aber  kaum  mehr  vorhanden  sind 
als  in  dem  Gebiete  der  antarktischen  Flora. 

Die  dürren,  vulcanischen  Eilande  der  Galapagos-Inseln  haben 
viele  endemische  Gewächse,  unter  denen  nicht  wenige  nur  der  einen 
oder  anderen  Insel  eigenthünüich  sind.  Im  Gegensatz  zu  diesen  dürren 
Inseln  ist  Juan  Fernandez  (die  Robinson -Insel)  überkleidet  mit 
herrlichen  Wäldern  von  Fambäumen,  Palmen  und  eigenartigen  Laub- 
hölzern.  Durch  seine  Farne  steht  es  Neuseeland  nahe;  im  übrigen 
besitzt  es  auch  verschiedene  südamerikanische  Typen. 


IV.    Die  Vegetationszonen  der  Erde.  591 

Völlig  baumlos  sind  einige  Inseln  und  Inselgruppen  südlich  des 
50.  Grades  s.  Br. :  die  Falklandsinseln,  Tristan  da  Cunha  und  Rerguelens- 
Land.  Die  einförmige  Flora  der  Falklandsinseln  ist  mit  derjenigen 
des  Continents  an  der  Magalhäes-Strasse  nahe  verwandt.  Hingegen 
ist  Tristan  da  Cunha  reich  an  endemischen  Gewächsen,  welche  im 
allgemeinen  wenige  Beziehungen  zum  Caplande,  zahlreiche  aber  zu  den 
antarktischen  Gebieten  Südamerika's  offenbaren.  Kerguelens-Land 
entbehrt  aller  Holzgewächse  und  weist  nur  Gattungen  der  antarktischen 
Flora  auf. 


V.    Die  Wanderungen  der  Pflanzen. 


Die  beschriebenen  V^etationsgebiete  sind  keineswegs  so  scharf  Ton 
einander  gesondert,  dass  sich  an  ihrer  Grenze  mit  einem  Male  die 
Pflanzenwelt  total  verändert;  vielmehr  verbreitet  sich  immer  eine  ge- 
ringere oder  grössere  Anzahl  der  Gewächse  in  die  Nachbaigebiete,  ja 
bisweflen  sogar  nach  weit  entfernten  Gegenden.  In  nicht  wenigen 
Fällen  lässt  sich  leicht  nachweisen,  wann  und  durch  welche  Mittel 
gewisse  Pflanzen  ihren  Verbreitungskreis  erweitert  haben.  Hauptsächlich 
sind  es  Wind  und  Wasser,  Thiere  und  Menschen,  mit  deren  Hilfe  die 
Pflanzen  ihre  Wanderungen  vollziehen. 

Die  Luft  trägt  insbesondere  Pflanzensamen  weit  fort,  die  recht 
klein  und  somit  sehr  bew^lich  sind,  z.  B.  die  kleinen  Keime  der 
Eryptogamen.  Daher  finden  sich  viele  Arten  von  Flechten  unter 
allen  Breitengraden.  Ebenso  leicht  verbreiten  sich  die  Farne.  Schon 
Hooker^)  bemerkte  überall  an  den  heissen  Quellen  der  Nordinsel 
von  Neuseeland  Lycopodium  cemuum,  ein  Famkraut,  welches  alle 
Elimate  der  Erde  au&ucht ,  ausserhalb  der  Tropen  aber  nur  auf  dem 
warmen  Boden  in  der  Nähe  heisser  Quellen  vorkommt  Ein  ähnliches 
Verhalten  zeigen  nach  Ferd.  v.  Hochstetter  auch  Nephrolepis 
tuberosa,  Nephrodium  unitum  und  Nephrodium  molle.  Diese  echt 
tropischen  Farne  gedeihen  nämlich  in  üppiger  Fülle  an  den  heissen 
Quellen  des  Rotomahana  und  an  den  kochenden  Quellen  von  Waikite 
am  Fusse  der  Pairoa-Kette;  doch  sind  sie  nirgends  in  einiger  flntfeniung 
von  den  genannten  Orten  zu  entdecken.  Ihre  Sporen  müssen  durch 
Luftströmungen  aus  den  tropischen  Ländern  AustraUen's  oder  Amerika's 
oder  von  den  tropischen  Inseln  der  Südsee  hierher  transportirt  worden 
sein^).  Daran  zu  zweifeln  haben  wir  um  so  weniger  ein  Recht,  als 
es  längst  bekannt  ist,  dass  vulcanische  Aschen  oft  Hunderte  von  Meilen 

')  Introd.  Essay  to  the  Flora  of  New-Zealan<L    London  1853.    p.  27. 
')  Ferdinand  V.  Hochstetter, Neuseeland.  Stuttgart  1863.  S.263fl409f. 


y.    Die  Wandemngen  der  Pflanzen.  593 

weit  durch  Winde  geführt  werden;  die  Samen  jener  Pflanzen  aber 
sind  weder  grösser,  noch  schwerer  als  die  feinen  Kömer  vulcanischen 
Staubes. 

Besonders  liegt  den  Winden  das  Geschäft  ob,  diejenigen  Pflanzen 
zu  verbreiten,  deren  Samen  oder  Früchte  so  organisirt  sind,  dass  sie 
leicht  vom  Winde  erfasst  und  fortgetragen  werden  können.  Bald  ist 
der  Griflfel  in  einen  fedrigen  Schwanz  verwandelt,  wie  bei  den  Wald- 
reben (Clematis),  der  Anemone,  der  Dryas  octopetala,  bald  der  Kelch 
in  eine  Federkrone,  wie  bei  den  meisten  Compositen  und  bei  gewissen 
Valerianeen;  bald  sind  die  Samen  von  einem  weichen  Pelze  oder  von 
Haarbüscheln  umhüllt,  wie  bei  der  Baumwolle,  den  Apocyneen,  Asdepia- 
deen  (Seidenpflanzen),  bei  dem  Weidenröschen,  der  Pappel  und  Weide, 
bald  die  Früchte  mit  Flügeln  ausgestattet,  wie  die  des  Ahorn,  der 
Ulme,  Esche,  der  Ailanthus,  der  Kiefer  und  Erle.  Mit  derartigen 
Vorrichtungen  ausgerüstet  vermögen  oft  selbst  grössere  Samen  in  der 
Luft  über  weite  Meeresräume  hinwegzuschreiten.  So  sah  Berthelot 
auf  den  Canarischen  Inseln,  deren  Flora  ihm  genau  bekannt  war, 
unmittelbar  nach  einem  heftigen  Orkan  eine  einjährige  Synantheree 
(Erigeron  ambiguus),  die  in  der  Mediterranflora  allgemein  verbreitet 
ist,  plötzlich  an  den  verschiedensten  Standorten  keimen,  wo  sie  zuvor 
gänzlich  fehlte.  Zahlreiche  Samen  dieser  Pflanze,  die  vermittelst  ihrer 
Haarkrone  schon  in  leicht  bewegter  Luft  schweben,  waren  demnach 
durch  ein  ungewöhnliches  Naturereigniss  den  Inseln  aus  Afiika  oder 
von  Portugal  mit  einem  Male  zugeftlhrt  worden^). 

Steppenpflanzen  verlieren  während  der  Periode  der  Trockenheit 
ihren  Halt  im  Boden,  da  derselbe  nach  allen  Richtungen  hin  berstet 
Vielfach  werden  sie  dann  entwurzelt  und  als  Steppenläufer  über  die 
Ebene  getrieben,  was  um  so  leichter  geschieht,  als  der  Sturmwind  auf 
der  einförmigen  Steppe  eine  viel  grössere  Macht  entwickelt  als  auf 
unebenem  Terrain. 

Ein  weiteres  Mittel,  welches  zum  Transport  der  Pflanzen  oder 
ihrer  Samen  dient,  ist  das  Wasser.  Zwar  verhindert  der  Ocean 
durch  seine  Grösse  vielfach  den  Austausch  der  Gewächse;  aber  seine 
Strömungen  schlagen  wiederum  eine  Brücke  zur  Verfrachtung  der- 
selben. Der  Gol&trom  trägt  seine  Treibproducte  aus  den  westindischen 
Gewässern  bis  Island,  Spitzbergen  und  Nowaja  Semlja,  wo  sie  in  Menge 
an  die  Küsten  geschwemmt  werden.  FreiUch  kommt  dieses  Trans- 
portmittel nur  bei  Verbreitung  solcher  Samen  in  Betracht,  deren  Keim- 
kraft im  Salzwasser  nicht  verloren  geht  und  die  im  neuen  Lande  ein 
ftlr  die  Entfaltung  der  Pflanze  günstiges  Klima  vorfinden.    Die  von 

»)  A.  Grisebach,  L  c.  Bd.  I,  S.  389. 

Pesebel-Leipoldt,  Phys.  Erdkunde.    II.  38 


594  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  anf  Erden. 

einer  harten  Schale  umgebene  Cocosnuss  kann  lange  Zdt  im  Salzwasser 
li^;eny  ohne  ihre  Keimfkhigkeit  einzubüssen;  daher  konnte  sie  sich 
mit  Hilfe  der  Meeresströmungen  leicht  von  den  pacifischen  Gestaden 
Mittelamerika's  nach  den  polynesischen  Inseln  und  ron  dort  bis  in  das 
tropische  Asien  und  nach  Afrika  verbreiten.  Besonders  finden  sich 
unter  den  Htüsenpflanzen  (Leguminosen)  viele  Arten,  derrai  Samen 
selbst  im  Seewasser  ihre  Kdmfkhigkeit  lange  bewahren.  Daher  sind, 
wie  der  jüngere  Hooker  hervorhebt,  unter  allen  Inselpflanzen  die 
L^uminosen  am  reichsten  vertreten.  Wie  lange  sich  Samen,  ohne 
durch  das  Meerwasser  beschädigt  zu  werden,  in  demselben  bewegen 
können,  hat  Darwin  durch  Experimente  erwiesen.  Hierbei  wider- 
standen viele  der  Wirkung  des  Salzwassers  dne  lange  Zeit,  in  welcher 
sie,  durch  Meeresströmungen  getrieben,  Hunderte  von  Meilen  hätten 
zurückl^en  können.  Entada-Kömer,  welche  von  Amerika  nach  den 
Azoren,  d.  L  750  geogr.  Meilen  weit  gewandert  und  von  Darwin  an 
Hooker  gesandt  worden  waren,  konnten  in  Kew  noch  zum  Keimen 
gebracht  werden.  Darwin  ist  der  üeberzeugung,  dass  die  kleinen 
Koralleninseln,  die  sicher  niemals  mit  dem  Festlande  verbunden  waren, 
in  grossem  Massstabe  auf  diese  Weise  mit  Pflanzen  versorgt  werden. 

Es  ist  bemerkenswerth,  dass  nach  den  Sammlungen  von  Scoresb  j 
und  Sabine,  welche  Hooker  vergeh,  die  Ostküste  Grönland's,  die 
den  Eisstrandungen  aus  dem  arktischen  Strome  unmittelbar  ausgesetzt 
ist,  unter  denselben  Breitengraden  (70—75'^)  viel  pflanzenreicha:  sein 
soll  als  die  Westküste.  Hieraus  geht  mit  grosser  WahischeinUchkeit 
hervor,  dass  Grönland,  welches  keinerlm  eigenthümliche  Pflanzen  be- 
atzt, aus  Osten  durch  die  ostgrönländische  Strömung  seine  V^;etation 
erhielt,  und  dass  die  einzehien  Arten,  der  Küstenlinie  folgend,  nach 
und  nach  bis  zum  Smithsunde  verpflanzt  wurden^).  Hier  dürfen  wir 
auch  den  Eisbergen  einen  gewissen  Antheil  an  der  Verbreitung  der 
Pflanzen  zuerkennen,  da  man  sehr  oft  findet,  dass  sie  mit  Massen  Samen 
führender  Ekde  beladen  sind  und  dieselben  gelegentlich  auf  fi:emden 
Küsten  ablagern.  Die  Uebereinstimmung,  welche  die  Flora  der  Nord- 
polarländer in  der  Alten  und  Neuen  Welt  darbietet,  ist  wohl  zum  Theil 
in  derartigen  Vorgängen  b^pündet. 

Wie  die  Strömungen  des  Oceans,  so  dienen  auch  die  Bewegungen 
des  FluBswassers  dazu,  die  Gewächse  zu  verbreiten;  namentlich  über- 
schütten die  Flüsse  bisweilen  bei  Hochwasser  das  'Inundationsbett  mit 
Samen.  Nicht  immer  gelingt  es  fineilich  den  auf  diese  Weise  herab- 
getragenen Gebirgspflanzen,  auch  in  der  Ebene  das  Bürgerrecht  zu 
erlangen;  denn   das  dortige   Klima  sagt  ihnen  vielfikch  nicht  zu.     So 

*)  A.  Grisebach,  L  c.  Bd.  I,  S.  63. 


y.    Die  Wanderungen  der  Pflanzen.  595 

treffen  wir  auf  der  bayerischen  Hochebene  Alpenpflanzen  in  unmittel- 
barer Nähe  der  Flüsse  (z.  B.  am  Lech);  doch  vermögen  sie  nicht 
weiter  thalabwärts  oder  in  Gegenden  abseits  der  Flusslinien  vorzudringen, 
weil  ihre  Samen  auf  der  Hochebene  niemals  reifen.  Da  indess  in  jedem 
Jahre  bei  Hochwasser  eine  neue  Zufuhr  von  Samen  eintritt,  so  tauchen 
auch  stets  jene  Pflanzen  an  den  Ufern  der  Flüsse  wieder  auf. 

Durch  die  Thiere  werden  die  Samen  auf  zweierlei  Weise  ver- 
breitet: entweder  indem  die  Samen  (mit  oder  ohne  Frucht)  von  den 
Thieren  verschlungen  und  nach  der  Verdauung  in  lebenskräftigem 
Zustande  ausgeschieden  werden,  oder  indem  die  Thiere  die  äusserlich 
an  Pelz,  Vlies  oder  Gefieder,  mitunter  auch  die  an  den  Füssen  haftenden 
Samen  forttragen  und  anderwärts  abwerfen. 

Die  erste  Art  der  Verbreitung  findet  namentlich  bei  solchen  Pflanzen 
statt,  deren  Samen,  von  einer  imverdaulichen  Schale  geschützt,  durch 
den  Magensaft  nicht  angegriffen  werden.  Dies  gilt  z.  B.  von  den  Aepfeln, 
Birnen,  Kirschen,  Pflaumen,  Aprikosen,  sowie  von  einem  grossen  Theil 
der  Beeren.  Auf  diese  Weise  mögen  Eberesche  und  HoUunder  auf 
80  viele  Mauern,  Büsche  von  Rosen  und  Liguster  auf  den  Cölner 
Dom  gelangt  sein.  Bisweilen  verschlingen  auch  Fische  des  Oceans 
Samenköner,  welche  dann,  wenn  die  Fische  eine  Beute  der  Meeres- 
vögel geworden  sind,  sammt  dem  übrigen  Mageninhalt  der  Fische  auf 
entfernte  Inseln  ausgestreut  werden.  Durch  die  transoceanischen  Züge 
der  amerikanischen  Vögel  nach  Europa  und  der  europäischen  nach 
Amerika  wird  der  Austausch  von  Pflanzen  zwischen  beiden  Continenten 
wesentUch  gefördert 

Auf  die  zweite  Art  verbreiten  sich  vor  allem  solche  Pflanzen, 
welche  mit  Hilfe  einer  besonderen  Vorrichtung  leicht  äusserUch  an  den 
Thieren  haften.  Die  Natur  sorgt  für  derartige  Haftmittel  in  reichem 
Masse.  Mit  Angelhaken  bewafihet  sie  die  Früchte  der  Agrimonia  und 
die  Hüllen  der  Spitzklette  (Xanthium);  in  Haken  verwandelt  sie  die 
Griffel  der  Geum- Arten,  die  Hüllblätter  der  EJetten,  den  Kelch  der 
Valerianella  echinata  und  V.  hamata;  mit  starren  und  rückwärts  ge- 
zahnten Grannen  bekleidet  sie  die  Früchte  einiger  Labkrautarten,  mehrerer 
Gräser  und  Doldengewächse,  der  Achäne,  des  Zweizahns  (Bidens)  etc. ; 
femer  überzieht  sie  einige  Samen  mit  Fimiss  und  klebrigen  Ausschei- 
dungen, z.  B.  die  von  einigen  Distelarten,  von  Carpesium  cemuum  und 
von  der  Mistel  (Viscum);  endlich  giebt  sie  den  Früchten  von  Myzo- 
deudron  punctulatum  eine  grosse  Masse  klebriger  Federchen.  Indem 
die  genannten  Samen  und  Früchte  entweder  am  Fell  der  Säugethiere 
oder  an  den  Federn,  Schnäbeln  und  Füssen  der  Vögel  haften,  machen 
sie  mit  diesen  weite  Reisen  und  gelangen  so  an  ferne  Orte. 

Wie  erfolgreich   in   dieser  Hinsicht  oft  die  Wanderung  eines  ein- 

3S* 


596  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

zigen  Vogds  sein  kann,  soll  nur  durch  ein  Beispiel  gezeigt  werdeiu 
Darwin  wurde  dnmal  der  Schenkel  eines  eben  geschossenen  Beb- 
hahnes (Caccabis  ni&)  übersandt,  an  dem  ein  Ballen  harter  Erde  im 
Gewicht  von  IS^/g  Neuloth  befestigt  war.  Diese  Erde  wmrde  drei  Jahre 
lang  aufbewahrt,  dann  zerbrochen,  befeuchtet  und  unter  eine  Glas* 
glocke  gestellt,  worauf  aus  ihr  nicht  weniger  als  82  Pflanzen  auj^ingen^ 
darunter  12  Monokotyledonen  und  70  Dikotyledonen,  von  denen  die 
letzteren  drei  yerschiedenen  Arten  angehörten.  Da  nun  aOjähilich  eine 
Menge  Vögel  durch  Stürme  nach  fernen  Küsten  yerschlagen  werden,  so 
dienen  sie  sicher  in  vielen  Fällen,  wenn  sie  Erde  an  ihren  Füssen  mit- 
bringen, zur  Verbreitung  der  Pflanzen. 

Vereinzelt  mögen  sogar  Heuschrecken  die  Träger  von  Pflanzen- 
samen sein,  da  man  in  ihrem  Dünger  bisweilen  keimfkhige,  also  unver- 
daute Samen  antrifiL  Auch  sind  sie  im  Stande,  wdte  oceanische  Rasen 
zurückzulegen;  denn  Darwin  fing  eine  Wanderheuschrecke^  die  vom 
TVinde  verweht  worden  war,  auf  hoher  See,  90  geogr.  Meilen,  somit 
weiter  als  Madeira  von  Afrika  entfernt  Von  dner  Asdepiadee,  die 
auf  GU)mera,  einer  der  Canarien,  häufig  ist  (Gromphocarpus  firuticosus), 
wird  versichert,  dass  sie  sich  dort  erst  in  diesem  Jahriiundert  gezeigt 
habe  und  dass  die  Samen,  mit  ihrer  weichen  Wolle  fremden  Körpern 
sidi  leicht  anheftend,  durch  Heusdirecken  vom  Fesflande  nach  der  Insel 
transportirt  worden  seien  ^). 

Endlich  fördert  auch  der  Mensch  theils  absichtlich,  theils  unab- 
sichtUch  die  Verbreitung  der  Gewächse.  Vor  allen  Dingen  verpflanzt 
er  die  Cultuige wachse  von  Land  zu  Land,  von  Erdtheil  zu  ErdÜieil; 
daher  ist  insbesondere  in  firuchtbaren,  gut  cultivirten  Ländern  ein  be- 
trächdicher  Theil  des  Bodens  mit  ursprünglich  firemdländischen  Pflanzen 
bedeckt  Aber  auch  unabsichtlich  erweitert  der  Mensch  die  Schranken 
der  Verbreitungsgebiete.  So  hat  Alphonse  de  Candolle  nach- 
gewiesen, dass  bei  Port  Juvenal  (in  der  Nähe  von  Marseille)  438  neae 
Species,  meist  der  Mediteiranflora  angehörig,  durch  den  Wollhandel  ein- 
geführt  worden  waren*).  Mit  der  Emballage  von  Thorwaldsen's 
Skulpturen  kamen  25  Species  der  römischen  Campagna  nach  Kopen- 
hagen. In  der  Umgegend  von  Strassbuig  zeigten  sich  nach  dem  Jahre 
1870  84  neue  Species,  welche  durch  Cavalleriefourage  aus  Algier  hierher 
gebracht  worden  waren.  Femer  snd  nach  dem  deutsch -französiadien 
Eri^e  in  den  Däpartements  Loiret  und  Loir-et-CSier  163  deutsche 
Species  au%etaucht;  doch  war  bereits  im  Jahre  1874  die  Hälfie  hier- 
von verschwunden;  die  übrigen  verminderten  sich  rasch,  und  nur  gegen  & 

>)  A.  Grisebach,  L  c  Bd.  II,  S.  512. 

*)  Nach  R.  Brown:  «On  human  agency  in  the  dispenion  of  plants*'  im 
Geographical  Magazine  1S74,  Nr.  8,  p.  320. 


V.    Die  Wanderungen  der  Pflanzen.  597 

(Alyssum  incanum,  TrifoUam  resupinatam,  Rapistnim  rugosum,  Melilotus 
sulcata  und  Yulpia .  ligustica)  scheinen  sich  dort  zu  acclimatisiren  ^). 
Manche  Culturpflanzen  haben  ihre  eigenen  Unkräuter,  so  der  Lein, 
Hanf,  Tabak  etc. ;  diese  wandern  mit  ihnen  und  bezeichnen  überall  den 
Pfad  des  Europäers.  An  den  Stätten,  wo  sich  ehemals  Norweger  in 
Grönland  angesiedelt  hatten,  findet  sich  noch  jetzt  eine  Wicke  (Vicia 
cracca),  und  unseren  gemeinen  Wegerich  (Plantago  major)  nennen  die 
Indianerstämme  mit  Recht  „die  Fussstapfe  der  Weissen^. 

Die  höchste  Aufgabe  der  Pfianzengeographie  besteht  in  der  Be- 
antwortung einer  Frage,  welche  jeden  denkenden  Menschen  anregen 
muss,  weil  sie  im  nächsten  Zusammenhang  steht  mit  den  grossen  Ge- 
heimnissen des  Schöpfungsvorganges.  Diese  Frage  lautet  ein&ch:  Hat 
sich  jede  Pflanzenart  von  einem  Schöpfungsmittelpunkte  über  ihre 
heutigen  Gebiete  verbreitet,  oder  ist  sie  von  mehreren  Schöpfungs- 
orten ausgegangen?  Die  Tragweite  dieser  Streitfrage  überblickt  wohl 
rasch  ein  jeder.  Was  von  den  Pflanzen  gilt,  muss  von  den  Thieren 
gelten,  und  was  von  den  Thieren  gilt,  muss  auch  von  den  sogenannten 
Menschenracen  gelten.  Daher  theilen  sich  jetzt  alle  Naturforscher  in 
zwei  Heerlager:  in  Unitarier  und  Pluralisten,  in  die  Vertheidiger  der 
Einheit  und  der  Mehrheit.  Verdienste  um  die  Wissenschaft  sollte  man 
weder  der  einen,  noch  der  anderen  Schule  absprechen;  doch  bestehen 
die  der  Pluralisten  im  Grunde  nur  darin,  dass  sie  durch  ihre  scharfe 
Kritik  die  Schule  der  Einheit  vor  allzu  hastigen  Schlüssen  bewahrt 
haben.  Die  Wissenschaft  würde  aber  in  dem  Augenblicke  still  stehen, 
wo  wir  den  Pluralisten  den  Sieg  zuerkennen  müssten.     Weshalb? 

Kommt  ein  Gewächs  nur  auf  einer  kleinen,  weit  im  Ocean  ab- 
gelegenen Insel  und  sonst  nirgends  vor,  oder  besitzt  es  ein  streng 
abgeschlossenes  Verbreitungsgebiet  auf  dem  FesÜande,  so  herrscht  kein 
Zweifel  über  die  Einheit  des  Schöpfimgsortes.  Wenn  aber  das  Ver- 
breitungsgebiet aus  etlichen  solcher  zerstreuten  Oasen  besteht,  so  beginnen 
die  Schwierigkeiten,  zugleich  aber  auch  die  Beize  der  Forschung.  Der 
Unitarier  muss  hier  seinem  Gegner  beweisen  entweder,  dass  die  jetzt 
vorhandenen  Verbreitungsoasen  ehemals  ein  geschlossenes  Gebiet  bildeten, 
das  durch  geologische  oder  physikalische  Kräfte  eine  Zertheilung  erlitt, 
oder  er  muss  zeigen  können,  dass  das  Gewächs  selbst  Mittel  besass, 
den  leeren  Zwischenraum  von  einer  Artenoase  zur  anderen  zu  über- 
springen. Es  gilt  also,  die  Pflanzen  auf  ihrer  Wanderung  zu  be- 
lauschen ^). 

Es  ist  eine  bekannte  Thatsache,  dass  Pflanzen  auch  ausserhalb 
desjenigen  Erdtheiles,  auf  welchem  sie  heimisch  sind,  häufig  ein  ihrer 

»)  Natnre,  VoL  XI,  Nr.  268.     17.  December  1874,  p.  135. 
^  Peschel  im  Ausland  1868,  S.  146. 


598  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  Erden« 

Entwicklung  günstiges  Klima  vorfinden.  Jedermann  weiss,  dass  in 
Amerika  alle  unsere  Getrddearten  gebaut  werden:  Weizen,  Roggen^ 
Crerste,  Hafer,  Reis,  Hirse  etc.  und  dass  diese  Pflanzen  erst  seit  1492 
die  Neue  Welt  erreichten,  und  wie  erst  nach  dieser  Z&t  die  Kartoffel 
und  der  Tabak,  die  vorher  auf  Amerika  beschränkt  waren,  zu  uns 
gelangten.  In  Chile  trifit  man  jetzt  ganze  Haine  von  Apfelbäumen, 
obgleich  der  Apfel  in  die  Neue  Welt  erst  nach  deren  Entdeckung  ein- 
wanderte. Die  Distel  hat  sich  als  Unkraut  in  den  La-Plata-Steppen 
verbreitet  und  die  besten  Grasländer  voidorben.  Aus  Rache  (Gar  diese 
Ansteckung  —  möchte  man  sagen  —  hat  die  Neue  Welt  der  Alten 
um  das  Jahr  1836  die  Wasserpest  (Anacharis  alsinastrum)  gesendet 
Dieses  unansehnliche  Wasseigewächs,  welches  seitdem  über  Irland  und 
England  nach  dem  europäischen  Continente  gekommen  ist,  vermehrt 
sich  mit  rapider  Geschwindigkeit,  verstopft  die  kleineren  Canäle  und 
wird  so  der  Schiffiahrt  ausserordentlich  hinderlich.  Die  Elartoffelkrank- 
heit  wird  einzig  durch  den  Schmarotzerpilz  Peronospora  infestans  her- 
voigerufen,  welcher  sehr  wahrscheinlich  wie  die  Kartoffel  selbst  aus 
Südamerika  stammt 

Höchst  eigenthümlich  ist  es  nun,  dass  nicht  alle  Pflanzen  des  ge- 
sammten  Erdkreises  überall  da  auftreten,  wo  sich  ihre  Lebensbedingungen, 
nämlich  ein  gewisses  Mass  von  Wärme  und  Feuchtigkeit  und  beides 
entweder  gleichmässig  oder  ungleichmässig  vertheilt,  verdnigt  vorfinden. 
Die  britischen  Inseln  sollten  z.  B.  diejenigen  Pflanzen  vollständig  be- 
sitzen, welche  auf  der  gesammten  Erde  in  der  gemässigten  Zone  bei 
einem  gleichmässigen  Klima,  d.  h.  bei  milden  Wintern  und  kühlen 
Sonmiem,  gedeihen.  Dies  ist  jedoch  nicht  der  Fall;  im  G^entheil 
bemerken  wir,  dass  jeder  grössere  Ekdraum  durch  eigenartige  Gewächse 
sich  auszeichnet  Nordamerika  hat  seine  eigenen  Pflanzenarten,  von 
denen  vergleichsweise  wenige  mit  denen  Ostasien^s  oder  Westeuropa's 
übereinstimmen.  Südamerika  unterscheidet  sich  sehr  streng  von  Nord- 
amerika durch  völlig  verschiedene  Arten,  durch  eigene  Gattungen,  ja 
selbst  durch  eigene  Familien.  Australien  endlich  beherbergt  eine  Pflanzen- 
welt, die  ihres  Gleichen  sonst  nirgends  hat,  und  seltsamer  Weise  sind 
sogar  Neuseeland's  Gewächse,  wenn  auch  den  australischen  noch  am 
meisten  verwandt,  wieder  ganz  eigenthümlich. 

Um  diese  Thatsachen  zu  erklären,  hat  man  zu  einer  Hypothese 
seine  Zuflucht  genommen,  nach  wdcher  jede  Pflanzen-  und  Thierart 
sich  von  einer  bestimmten  Erdenstelle,  ihrem  Schöpfungscentram, 
soweit  ausgebreitet  hat,  als  nicht  unüberschreitbare  Schranken  ihr 
entgegentraten.  Die  Grösse  des  Raumes,  über  welchen  sich  eine  Pflanze 
verbreitet,  steht  in  geradem  Verhältniss  zu  ihrer  Wanderungsfahigkeit, 
in  umgekehrtem  aber  zu  den  Hindernissen,  welche  sich  ihrer  Wanderung 


V.    Die  Wanderungen  der  Pflanzen.  599 

entgegensetzen.  Die  endemischen  Arten  werden  also  in  demselben 
Masse  zahlreicher,  als  die  Hindemisse  ihrer  Verbreitimg  wachsen. 
Solche  Hindemisse  können  aber  yerschiedener  Art  sein.  Bald  sind  es 
grosse  Wasserflächen,  insbesondere  Meere,  in  einzelnen  Fällen  auch 
grössere  Flüsse,  bald  weit  ausgedehnte  Wüsten,  bald  Gebirge,  bald 
Thäler,  welche  den  Pflanzen  auf  ihrer  Wanderang  Halt  gebieten.  Von 
den  Gebirgen  üben  viel  weniger  die  Meridiangebirge  als  vielmehr  die- 
jenigen Ketten,  welche  von  West  nach  Ost  streichen,  einen  hemmenden 
Einfluss  auf  die  Verbreitung  der  Gewächse  aus,  weil  die  letzteren 
häufig  verschiedene  Elimate  trennen,  diese  aber  selten  einer  und  der- 
selben Pflanze  zusagen.  Thäler  bezeichnen  namentlich  in  Hochgebirgen 
Grenzlinien  flir  gewisse  Vegetationsgebiete;  Gewächse  des  Hochgebirges 
finden  oft  bei  eingeschränkter  klimatischer  Sphäre  und  geringer  Fort- 
pflanzungs&higkeit  in  den  Thalbildungen  ein  unüberwindliches  Hemm- 
niss  ^).  Bisweilen  wird  auch  ein  dichter  Urwaldgürtel  zu  einem  solchen 
(so  namentlich  in  Brasilien) ;  in  ihm  entwickelt  sich  örtlich  eine  solche 
vegetative  Kraft,  dass  das  weithin  zusammenhängende  Dickicht  vielen 
Gewächsen  der  Nachbargebiete  undurchdringlich  und  unüberschreitbar 
gegenübersteht. 

Der  Lehre,  dass  jede  Pflanze  nur  einen  Ausgangspunkt  hatte 
und  von  diesem  aus  sich  soweit  verbreitete,  bis  sich  ihr  irgend  welche 
Hindemisse  en^^enstellten,  bereitet  besonders  eine  Thatsache  manig- 
fitche  Schwierigkeiten,  nämlich  das  oasenartige  Auftreten  der 
Pflanzen,  d.  h.  ihr  Auftauchen  an  Orten,  die  durch  weite  Zwischen- 
räume von  einander  getrennt  sind. 

Schon  am  Anfimg  dieses  Jahrhunderts  hatte  Wahlenberg  eine 
gewisse  Verwandtschaft  zwischen  der  lappländischen  Tiefen-  und  der 
Schweizer  alpinen  Flora  erkannt.  Spitzbergen  hat  11  Phanerogamen 
gemein  mit  dem  Gipfel  des  Faulhoms,  8  Phanerogamen  mit  dem 
sogenannten  „Jardin^,  der  merkwürdigen  botanischen  Oase  mitten  in  der 
Mer  de  Glace  des  Chamounix-Thales,  femer  7  mit  der  durch  Ramend 
berühmt  gewordenen  Flora  auf  dem  Endgipfel  des  Pic  du  Midi  von 
Bagn^res*).  Es  ist  nun  die  Frage:  Wie  wurden  diese  Pflanzen  nach 
jenen  entlegenen  Punkten  des  Südens  versprengt?  Ihre  ursprüngliche 
Heimath  war  offenbar  der  Norden.  Sie  drangen  aber  in  der  Eiszeit, 
während  welcher  in  Mitteleuropa  vielleicht  ein  nahezu  lappländisches 
Klima  herrschte,   nach  Süden  und  fanden  bis  zu  den  Pyrenäen  ein 

^)  Deutlich  ausgeprägt  ist  namentlich  der  Gegensatz  der  Flora  der  Mittel- 
und  Ostalpen,  welche  durch  die  Thäler  des  Eisack  und  der  £tsch  von  einander 
geschieden  sind.    A.  Grisebach,  1.  c.  Bd.  I,  S.  217. 

*)  Charles  Martins,  Von  Spitzbergen  zur  Sahara.  Jena  1868.  Bd.  I, 
S.  105.  110.  115  f. 


600  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

ihnen  zusagendes  Klima.  Als  die  Eiszeit  wieder  abzog,  wanderten  sie 
gleichsam  *am  Saume  der  Gletscher  nach  dem  Norden  zoröck;  einige 
Arten  aber  erkletterten  unsere  hohen  Oebii^  und  retteten  sidi  auf 
die  Gipfel  der  Berge  oder  in  Gletscheroasen.  Einen  indirecten  Beweis 
ftir  die  Bichtigkeit  dieser  Erklärung  gewährt  die  Thatsache^  dass  der 
Pic  von  Teneriffii,  der  doch  in  genügend  kalte  Schichten  hinaufreicht, 
keine  Alpenflora,  überhaupt  keine  Höhenflora  besitzt  sondern  fiist  nur 
von  einer  einzigen  Pflanzenart  überwuchert  ist.  Da  Teneriffii  niemals 
mit  dem  Festlande  zusammenhing,  so  konnte  diese  Insel  auch  keinem 
Einbruch  nordischer  Grewächse  ausgesetzt  gewesen  sein. 

Lange  war  es  ein  Bäthsel,  dass  Juniperus  foetidissima  (Syn.  J. 
excelsa)  auf  dem  Kaukasus  und  dem  Himalaja  gefunden  wurde,  aber 
auf  den  dazwischen  U^;enden  Beigländem  fehlte.  Im  Jahre  1873  aber 
wurde  sie  von  Siewers  (B^leiter  einer  russischen  Expedition  in  das 
Chanat  Chiwa)  auf  einem  Passe  des  600  bis  1000  Meter  hohen  Kjur- 
dagh  (südwestlich  von  Dinar,  unweit  der  turkmenischen  Festung  Kisil- 
Arwat,  unter  39^  n.  Br.)  angetroffen,  wodurch  die  grosse  Kluft  ihres 
Wohngebietes  zwischen  dem  Kaukasus  und  dem  Himalaya  durch  das 
neue  GUed  eines  verbindenden  Standortes  verringert  wurde  ').  Vidleicht 
gelingt  es,  auch  für  andere  Pflanzenoasen  ähnliche  Iklittelglieder  nach- 
zuweisen. 

Früher  erschien  es  femer  als  ein  Bäthsel,  dass  g^en  50  Arten 
von  Greäisspflanzen  in  den  von  europäischer  Cultur  fiist  unberührten 
Magalhaesländem  mit  denen  der  nördlichen  Hemisphäre  übereinstimmen. 
Aus  Grisebach's  genauen  Untersuchungen  ergab  sich  jedoch,  dass 
22  jener  Arten  von  europäischen  Schiffen  eingeführt  worden  sein  konnten, 
dass  10  andere  als  Wasser-  und  Küstenpflanzen  über  die  ganze  Elrde 
zerstreut  und  mehr  oder  weniger  ubiquitär  sind  und  dass  die  übrigen 
17  mit  einer  einzigen  Ausnahme  spedfische  Unterscheidungsmerkmale 
darbieten,  womach  sie  aus  der  Reihe  der  identischen  in  die  der  vicari- 
renden  Arten  zu  versetzen  sind.  Nur  das  Vorkommen  einer  Art 
(Gentiana  prostrata)  bereitet  Schwierigkeiten.  Grisebach  vermuthet^ 
dass  der  Albatross  (Diomedea),  der  von  Cap  Hoom  bis  zu  den  Kurilen 
und  nach  Kamtschatka  wandert  und  somit  zwischen  dem  Standorte 
jener  Pflanze  in  der  antarktischen  und  in  der  arktischen  Flora  eine 
Verbindung  herstellt,  den  Transport  der  Samen  vollzogen  haben  möchte  '). 

Trotz  der  grossen  Aufinerksamkeit,  welche  man  neuerdings  der 
Bewegung  der  Pflanzen  geschenkt  hat,  giebt  es  zur  Zeit  noch  immer 
Thatsachen   genug,   welche  mit   dem   Dogma  der  Schöpfungscentren 

^  A.  Grisebach  in  BehmU  Geographischem  Jahrbuch.  Bd.  V  (1S74). 
S.  66  f. 

*)  A.  Grisebach,  Die  Vegetation  der  Erde.    Bd.  II,  S.  496. 


V.    Die  Wanderungen  der  Pflanzen.  601 

nicht  in  Einklang  gebracht  werden  können.  A.  v.  Humboldt  fand, 
dass  die  alpine  Vegetation  auf  der  Silla  von  Caracas  zum  Theil  aus 
denselben  Arten  gebildet  wird  wie  die  auf  den  hohen  Cordilleren  von 
Bogotd.  Es  blieb  ihm  dunkel,  wie  dieselben  Ericeen  (z.  B.  Gaultheria 
odorata,  Gaylussacia  buxifolia)  zwei  Hochgebirge  zugleich  bewohnen, 
welche  35  geogr.  Meilen  weit  durch  eine  tiefe  Einsenkung  getrennt 
sind,  deren  Temperatur  nii^ends  so  kühl  ist,  dass  sie  daselbst  gedeihen 
könnten  ^). 

An  Felswänden  der  Pyrenäen,  sowie  an  den  Abhängen  des  Mont- 
serrat  in  Catalonien  begegnet  man  einem  Gewächs  mit  breiten  Blatt- 
rosetten, die  in  der  Mitte  einen  hübschen  Strauss  weisser  Blüthen  tragen. 
Diese  Pflanze  (Ramondia  pyrenaica)  vertritt  ganz  vereinzelt  die  streng 
exotische  Familie  der  Cyrtandraceen  in  Westeuropa.  Man  muss  sich 
bis  nach  RumeUen  begeben,  bevor  man  eine  Art  der  ihr  am  nächsten 
stehenden  Gattung  wieder  antrifil,  und  eine  zweite  Art  dieser  ver- 
wandten Gattung  kommt  erst  in  Japan  vor.  Die  übrigen  Arten  sind 
Bewohner  Nepal's,  des  indischen  Dekhan  und  der  Sunda-Inseln. 

Aber  noch  schwerer  zu  lösen  ist  folgendes  Räthsel :  In  den  Pyrenäen 
wächst  in  2000  bis  2800  Meter  Meereshöhe,  also  dem  ewigen  Schnee 
sehr  nahe,  die  Dioscorea  pyrenaica,  welcher  sich  die  Igname  China's 
sehr  nähert.  Alle  anderen  Arten  dieser  Gattung  sind  streng  tropisch 
und  erfordern  sehr  warme  Elimate^).  Seltsam  ist  es  femer  j  dass  eine 
Kiefer,  die  der  Zirbelkiefer  sehr  ähnelt,  Pinus  excelsa  (Pinus  Peuce),  in 
Macedonien  und  dann  erst  wieder  in  Afghanistan  erscheint,  nicht  aber 
in  dem  Zwischenräume.  Hier  daran  zu  denken,  dass  die  Samen  durch 
Vögel  oder  durch  Luftströmungen  vertragen  worden  seien,  ist  unzulässig. 
Wir  unsrerseits  möchten  vermuthen,  dass  in  den  Zwischenräumen  ehe- 
mak  die  Pinus  excelsa  verbreitet  war,  dort  aber  durch  einen  Feind 
zerstört  wurde,  der  weder  nach  Afghanistan,  noch  nach  Macedonien 
vordringen  konnte.  Die  Libanonceder  bietet  ganz  ähnliche  Verhältnisse 
dar«  Sie  kommt  im  Adas,  Libanon,  Taurus  und  Himalaya  (dort  Deodara 
genannt)  vor,  gehört  aber  bekanntlich  im  Libanon  selbst  zu  den  aus- 
sterbenden Arten,  und  zu  ihren  dortigen  modernen  Feinden  gehören 
die  in  Pechsiederei  speculirenden  türkischen  Paschas ').  Würde  sie  auf 
dem  Libanon  ganz  vernichtet,  so  hätten  wir  hier  eine  ähnliche  Zer- 
splitterung des  Verbreitungsgebietes  wie  in  dem  obigen  Falle.    Endlich 

^)  A.  Y.  Humboldt,  Voyage  de  Humboldt  et  Bonpland.  Premiere  partie. 
Relation  historique.    Paris  1814.    Tome  I,  p.  599  sq. 

')  Ch.  Martins  in  der  Revue  des  deux  mondes.  Tome  LXXXV  (1870), 
p.  636  sq. 

")  A.  Grisebach  in  Behm's  Greographischem  Jahrbuch.  Bd.  11  (1868), 
S.  201. 


602  Vierter  Theii    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

finden  sich  auf  hohen  Beiden  Bomeo's  Gewächse  der  Insel  Tasmanien 
und  des  Himalaya;  auf  dem  Himalaya  kehren  Gattungen  und  Arten 
der  amerikanischen  Anden  und  Felsengebirge  wieder,  und  die  Alpen 
Australien's  wie  Tasmanien's  beherbei^gen  neuseeländischey  feuerländische, 
andesische  und  europäische  Formen  M- 

So  lange  sich  nicht  alle,  auch  diese  widersprechenden  flrscheinungen 
ungezwungen  mit  der  Lehre  von  der  Verbreitung  aus  einem  Ursprung»- 
ort  versöhnen  lassen,  werden  ihre  Anhänger  eine  bescheidene  Sprache 
fähren  und  die  Ansichten  Andersdenkender  wohl  beachten  müssen  schon 
der  kritischen  Selbsterkenntniss  wegen.  Deshalb  brauchen  sie  jedoch 
nicht  auf  ihre  Ansicht  zu  verzichten,  sondern  fhhlen  sich  nur  angeeifert, 
nicht  eher  zu  ruhen,  bis  sie  audi  an  den  schwierigsten  Fällen  die 
Möglichkeit  der  Wanderung  nachgewiesen  haben. 

Wer  der  Hypothese  von  Schöpfungscentren  nicht  zustimmt,  ist 
genöthigt,  sich  der  g^entheiligen,  von  Schmarda,  Agassiz  u.  a. 
vertheidigten  Hypothese  anzuschliessen,  womach  die  verschiedenen 
Organismen  an&nglich  nicht  als  Einzdwesen,  sondern  in  Massen  auf- 
traten und  zwar  so,  dass  die  verschiedenartigsten  Wesen  ^eichzeitig 
auf  dem  Schauplatze  der  Natur  erschienen.  So  sagt  Agassiz^): 
JEß  bestehen  unendlich  viele  Beziehungen  der  Geschöpfe  unter  einander; 
z.  B.  wird  Klee  nur  durch  Besuch  von  Hummeln  befiruchtet;  die  Para- 
siten der  Säugethiere  sind  nicht  denkbar  ohne  die  Säugethiere  selbst 
u.  s.  w.  Derartige  Beziehungen  aber  zwischen  Thioren  und  Pflanzen, 
welche  zu  einander  gesellt  sind,  können  nicht  das  Resultat  einer  all- 
mählichen Anpassung  (adaptation)  sein,  sondern  müssen  als  von  An£uig 
an  g^eben  (primitive)  betrachtet  werden.  Daraus  würde  folgen,  dass 
die  Thiere  und  Pflanzen  ursprünglich  dieselben  natürlichen  Grenzen 
besassen,  innerhalb  welcher  sie  noch  jetzt  in  solchen  harmonischen 
Beziehungen  zu  einander  stehen.  Die  Nadelhölzer  sind  aufgetreten  als 
Wälder,  die  fkieeen  als.  Haidewuchs,  die  Gräser  als  Steppen,  die 
Bienen  in  Schwärmen,  die  Heringe  in  Zügen  (shoak),  die  Büffd 
in  Heerden,  die  Menschen  als  Völker.^  Die  Hypothese  einer  gldch- 
zeitigen  Schöpfung  aller  organischen  Wiesen  ist  jedoch  schon  desw^en 
unhaltbar,  weil  manche  Gewächse  nur  im  Schatten  anderer  gedeihen 
(Cacaobaum),  so  dass  also  die  schattenspendende  Pflanze  jedenfalls 
früher  als  der  Schützling  vorhanden  gewesen  sein  muss.  Ebenso  konnten 
sich  auch  die  parasitischen  und  epiphytischen  Gewächse  erst  dann  ent- 
fiilten,  nachdem  der  Mutterstamm,  dem  sie  entsprossen,  geschaffen  war. 
Femer  mussten  bereits  Pflanzen  und  Früchte  existiien,  ehe  pfianzen- 
und  friichtfressende  Thiere  auftreten  konnten. 

»)  Hook  er,  Flora  Tasmaniae  HL    Vol.  I,  p.  XIV. 
')  Essay  on  Classification.    London  1849.    p.  5b. 


y.    Die  WanderuDgen  der  Pflanzen.  603 

Vorläufig  lassen  sich  allerdings  die  oben  angeführten  seltsamen 
Verirrungen  einzelner  Arten  von  dem  Stammgebiete  der  Gattung  oder 
Familie  nicht  durch  die  bisher  erkannten  Bewegungsmittel  erklären. 
Der  Botaniker  muss  vielmehr  in  diesen  Fällen  geduldig  warten,  bis 
ihm  eine  andere  Wissenschaft  zu  Hilfe  kommt,  nämlich  die  Paläontologie. 
jyDie  ungleichen  Erzeugnisse  abgesonderter  Länder,  deren  physische 
Lebensbedingungen  gleichartig  sind,  stehen  mit  der  Paläontologie  in 
einem  bestimmten,  wenn  auch  oft  nur  dunkel  geahnten  Zusammen- 
hange'^  ^ ). 

Abgesehen  von  der  Eiszeit  hat  sich  das  lOima  in  unserem  Norden 
viel&ch  geändert.  Der  mittelste  Abschnitt  der  tertiären  Zeiten  war 
ungleich  wärmer  als  der  vorausgehende  und  nachfolgende.  In  den 
miocänen  Zeiträumen  gab  es  Wälder  von  südeuropäischen  Baumaiiien 
auf  Grönland  und  grosse  Eidechsen  auf  Spitzbergen.  Solche  Wechsel 
der  Ortstemperaturen  müssen  zugleich  grossartige  Wanderungen  von 
Pflanzen  veranlasst  haben.  Dazu  gesellt  sich  noch  die  Erkenntniss, 
dass  seit  den  -Zeiträumen,  welche  der  geologischen  Gegenwart  am 
nächsten  stehen,  das  Pflanzenkleid  vieler  Länder  sich  nicht  unbeträcht- 
lich geändert  hat.  Unter  die  posttertiären ,  also  jüngsten  geologischen 
Bildungen  in  Südfrankreich  gehören  gewisse  Tuffe  und  Travertine,  von 
denen  nachgewiesen  worden  ist,  dass  sie  erst  nach  der  grossen  Eiszeit 
entstanden  sind.  Zwar  zeigen  uns  die  eingeschlossenen  Pflanzenreste 
der  Travertine,  dass  die  damaligen  südfranzösischen  Wasserläufe  von 
den  nämlichen  Laubbäumen  wie  gegenwärtig  beschattet  wurden;  doch 
mischten  sich  unter  sie  auch  Arten,  die  jetzt  fehlen,  während  umgekehrt 
etliche  Arten,  die  gegenwärtig  angetroffen  werden,  in  jener  fossilen 
Flora  vermisst  werden.  Drei  Nadelhölzer  (Pinus  pumilio,  P.  mons- 
peliensis  und  P.  pyrenaica)  werden  nicht  mehr  am  Gestade  des  Mittel- 
meeres geftmden';  denn  die  eine  Art  hat  sich  in  die  Alpen,  den  Jura, 
die  Karpathen,  die  andere  nach  den  Cevennen,  die  dritte  nach  den 
Pjrrenäen  zurückgezogen.  Die  Birke,  ein  Ahorn  (Acer  opulifolium), 
die  Buche  sind  gen  Norden  gewandert,  oder  letztere  hat  sich  bei 
Avignon  bis  zu  1150  Meter  Meereshöhe  hinaufgeschwungen.  Endlich 
hat  man  in  den  Tuffen  bei  Meximieux  (Ain-Däp.)  fossil  die  Blätter 
eines  Farn  getroffen,  dem  man  jetzt  nicht  mehr  daselbst,  wohl  aber 
auf  den  Canarien,  in  Spanien  und  in  ItaUen  begegnet  Die  kühle 
Temperatur  während  der  Travertinbildungen  hatten  den  Rosenlorbeer, 
den  Granat-  und  den  Judasbaum  aus  der  Lyonnaiser  Flora  vertrieben. 
Dagegen  bezeugt  uns  der  Travertin,  dass  die  Feige,  der  Weinstock 
und  der  Nussbaum  Südfrankreich  von  jeher  angehört  haben  und  nicht 

')  A.  Grisebach  in  A.y.  Humboldt,  eine  wissenschaftliche  Biographie. 
Herausgeg.  von  Karl  Bruhns.    Bd.  III,  S.  235. 


604  Vierter  TheiL    Das  organiBche  Leben  auf  Elrdea. 

etwa,  ^er  irrigen  Meinung  zufolge,  von  Cnlturvölkem  eingeführt 
worden  sind,  wie  andererseitB  sich  bestätigt,  dass  die  Olive  voimals 
nidit  vorhanden  war;  es  wird  also  der  geschichdichen  Ueberliefening, 
nach  welcher  sie  erst  von  phokäischen  Ansiedlem  nach  Marseille  ge- 
bracht worden  ist,  durch  die  paläontologischen  Untersuchungen  nicht 
widersprochffli  ^).  In  Zukunft  wird  durch  derartige  Forschungen 
manches  jener  Probleme  gelöst  werden,  welche  hinsichtlich  der  Ver- 
breitung der  Gewächse  heute  noch  bestehen. 

Den  schär&ten  Contrast  zu  der  A gas siz' sehen  Lehre  von  einer 
Massenschöpfimg  bezeichnet  die  sogenannte  Transmutationshypo- 
these, deren  Vertreter  es  fbr  möglich  halten,  dass  sich  aus  einer 
einzigen  Pflanzenzelle  allmählich  der  ganze  Seichthum  der  vegetabilisdien 
Wdt  erschloss.  Der  erste  oiganische  Keim,  der  zu  einem  Pflanzen- 
organismus sich  entwickelte,  verbreitete  sich  nach  dieser  Ansicht  in 
fiemde  Klimate;  er  erUtt  allmählich  durch  die  dauernden  physikalischen 
Gl^ensätze  in  semer  neuen  Heimath  eine  Veränderung  seiner  Merk- 
male, die  sich  befestigten  und  zur  Entstehung  neuer  Arten  fiihrten. 
Lidividuen  derselben  sonderten  sich  wieder  ab.  Aus  Variationen  ent- 
standen Varietäten,  aus  Varietäten  Bacen,  die  allmäUich  bleibende 
wurden;  die  Mittelglieder  zwischen  den  extremen  Varietäten  starben 
aus  oder  wurden  durdb  geologische  Vorgänge  getrennt,  und  zuletzt, 
als  der  beobachtende  Geist  des  Menschen  sich  den  Arten  zuwandte, 
vermochte  er  nicht  mehr  die  gemeinsame  Abkunft  der  verschiedenen 
Abarten  zu  erkennen  und  sah  sich  genöthigt,  einen  besonderen  Schöpfungs- 
act  ftkr  jede  derselben  anzunehmen. 

Wenn  wirklich  durch  klimatische  Einflüsse  eine  derartige  Um- 
bildung der  Pflanzen  erfolgt  ist,  so  muss  eine  auf  die  physikalischen 
Lebensbedingungen,  besonders  auf  Wärme  und  Feuchtigkeit  gegründete 
Classification  der  Gtewächse  mö^ch  sein.  Einen  derartigen  Versuch 
hat  Alphonse  de  Candolle')  gemacht  &  thdlt  die  Pflanzen 
ein  1)  in  Hydromegatibermen,  d.  i.  solche,  welche  vid  Wärme  und 
Feuchtigkeit  zu  ihrer  Entwicklung  bedürfen,  2)  in  Xerophilen,  die 
in  warmen  Begionen  trockene  Standorte  bevorzugen,  3)  in  Mesothennen, 
welche  massige  Temperaturen  und  massige  Feuchtigkeit  verlangen, 
4)  in  Mikrothermen ,  die  relativ  wenig  Wärme  zu  ihrer  1<^tfiJfaing 
brauchen,  5)  in  Hekistothermen ,  die  Bewohner  der  arktischen  und 
antarktischen  Regionen,  sowie  der  Hochgebirge  in  der  gemässigten  und 
heissen  Zone,  und  6)  in  Megistothermen,  welche  ein  ausserordentlich 

^)  V'gl.  Ch  arle  sMartinsia  der  Bevue  des  deax  mondes.  Tome  LXXXV 
(1870X  p.  628  sq. 

*)  Les  gronpes  physiologiqaes  dans  le  r^gne  v^tal  in  der  Bevue  seien- 
tifiqne  1875,  16.  Octbr.,  p.  364—372. 


y.    Die  Wanderungen  der  Pflanzen.  605 

hohes  Mass   Yon    Wärme   (gegen   30^  C.  mitdere  Jahrestemperatur) 
fordern. 

Ohne  auf  diese  Einthdlung  näher  einzugehen,  heben  wir  hier  nur 
hervor,  dass  die  Verbreitungsgebiete  der  den  einzehien  physiologischen 
Gruppen  de  Candolle's  zugewiesenen  Qewächse  keinerlei  Ueber- 
einstimmung  zeigen  mit  den  botanischen  Reichen  G-riselnich's.  Hierzu 
kommt,  dass  alle  Familien,  welche  zahlreiche  Species  besitzen,  stets  in 
mehr  als  einer  dieser  physiologischen  Gruppen  und  mehrfach  sogar  in 
allen  vertreten  sind.  So  leben  die  Primulaceen  in  den  kalten  und  ge- 
mässigten Klimaten;  doch  gedeihen  die  Mjrsineaceen,  ihre  holzigen 
Repräsentanten,  in  den  tropischen  Gebieten.  Oft  gilt  dasselbe  sogar 
von  Gattungen,  zu  welchen  nur  wenige  Arten  zählen.  Die  Cassias 
z.  B.  sind  meist  Megathermen  oder  Mesothermen ;  doch  blüht  Cassia 
marylandica  bei  Genf,  wo  das  Winterminimum  bisweilen  — 25  ^  C.  beträgt, 
fiinige  Weiden  erreichen  den  hohen  Norden;  Salix  Himiboldtiana  hin- 
gegen wächst  im  Gebiete  des  Amazonas  und  Salix  sa£saf  in  Aegypten. 
Würden  alle  diese  Arten  in  späteren  Jahrtausenden  versteinert  gefimden,* 
so  könnte  man  leicht  zu  dem  irrigen  Schlüsse  verleitet  werden,  dass  sie 
sich  unter  gleichen  klimatischen  Verhältnissen  entwickelten.  Wir  dürfen 
hieraus  folgern,  was  auch  anderwärts  bestätigt  wird^),  dass  der  Bau 
der  Blüthen  und  Früchte,  auf  dem  das  System  der  Pflanzen  beruht, 
von  den  Vegetationsoentren  abhängig  ist,  zu  welchen  sie  gehören, 
während  die  Bildungswdse  der  vegetativen  Organe  bis  zu  gewissem 
Grade  durch  das  EJÜma  bedingt  ist,  unter  dem  sie  leben.  Die  Ver- 
dunstung des  Safts  wird  durch  verringerte  Grösse  der  Blattoberfläche 
ebenso  gut  beschränkt  wie  durch  die  Verstärkimg  der  Oberhaut;  daraus 
erklärt  sich  uns  die  allmählich  fortschreitende  Verminderung  der  Blatt- 
grosse  gewisser  Sträucher  in  &jbX  allen  trockenen  Klimaten  der  Erde 
bis  zum  gänzlichen  Verschwinden  der  Blätter  und  ihrer  Umbildung 
zu  domigen  Organen.  Andere  durch  das  Klima  hervorgerufene  Um- 
gestaltungen der  Emährungsoxgane  wurden  bereits  fiilher  angedeutet. 
Im  übrigen  aber  genügen  die  klimatischen  Gegensätze  auf  Erden  nicht 
im  entferntesten,  die  manigfiichen,  insbesondere  systematischen  Unter- 
schiede innerhalb  der  Pflanzenwelt  zu  rechtfertigen;  vielmehr  haben 
wir  dieselben  im  wesentlichen  als  ursprünglich  gegebene  anzusehen. 

>)  A.  Grisebach,  Die  Vegetation  der  Erde.    Bd  I,  S.  295. 


VI.     Mittel  und  Schranken  der  Thierverbreitong. 


Die  Thiere  sind  Termöge  ihrer  freien  Bew^^img  vom  Boden  weit 
unabhängiger  als  die  Pflanzen.  Die  chemische  und  geologische 
Beschaffenheit  des  Grundes,  auf  welchem  sie  leben,  ist  ihnen  im  all- 
gemdnen  g^eichgiltig,  weil  sie  ihre  Nahrung  nicht  wie  die  Pflanzen 
unmittelbar  aus  dem  Boden  ziehen.  Hingegen  ist  der  Aggr^ations- 
zustand  des  Bodens  tfar  einen  Theil  der  Thiere  von  nicht  geringer 
Bedeutung;  so  kommen  z.  B.  auf  festem  Fdsgrunde  die  grabenden 
Nager,  viele  Reptilien  und  eine  Menge  Insecten  nicht  fort 

Weit  mehr  sind  die  Thiere  von  der  V^etation  ihres  Wohnortes  ab- 
hängig. Von  entscheidender  Wichtigkeit  ist  dieselbe  natürlich  fbr  die 
pflanzenfressenden  Thiere,  von  denen  manche,  insbesondere  Insecten,  auf 
bestimmte  Pflanzenarten,  andere  aber  wenigstens  auf  gewisse  Gattungen 
oder  Familien  angewiesen  sind.  Aber  auch  die  Zoophagen  bedürfen  in 
letzter  Instanz  der  Pflanzenwelt,  da  sie  ohne  pflanzenfressende  Thi«% 
nicht  existiren  könnten.  Indess  sind  die  Zoophagen  von  den  Vege- 
tationsveriiftltnissen  viel  weniger  abhängig  und  vermögen  daher  am 
leichtesten  nach  femen  Gegenden  voraudringen;  sie  haben  daher  im 
allgemeinen  die  grössten  Verbreitungsgebiete.  So  bewohnt  der  Tiger 
den  ungeheuren  Ländenraum  zwischen  Java  und  dem  oberen  Ob,  d.  h. 
zwischen  äquatorialen  Gegenden  und  der  Region  der  Pelzthiere,  und 
die  Verbreitungsgebiete  des  Fuchses,  des  Wolfs,  des  braunen  Bären, 
der  Fischotter  u.  a.  stehen  jenem  Länderraume  an  Grösse  nicht  nach. 

Am  meisten  aber  sind  die  Thiere  vom  Klima  abhängig;  denn  nur 
wenige  haben  eine  solche  Organisation,  dass  sie  als  Kosmopoliten  in 
allen  Klimaten  der  Erde  heimisch  werden  könnten«  Sucht  aber  die- 
selbe Species  wirklich  mehrere  Klimate  auf,  so  bilden  sich  häufig  klima- 
tische Varietäten  aus,  von  denen  sich  die  tropische  Form  meist  durch 
stärkere  Entwicklung  des  Körpers,  glänzendere  Farben  und  bei  den 
Vögeln  vielfeich  durch  wuchernde  Ent&ltiin^  der  Federn  auszeichnet 


VI.    Mittel  und  Schranken  der  Thierverbreitung.  607 

Klimatische  Grenzen  scheiden  häufig  nicht  bloss  Arten  und  Gattungen, 
sondern  selbst  Familien  und  Ordnungen. 

Jede  Thierart  hat  einen  Yerbreitungsbezirk,  dessen  Form  in  der 
Ebene  kreisförmig  oder  elliptisch  und  in  dessen  Mitte  die  Individuen- 
zahl der  betreffenden  Art  gewöhnlich  am  grössten.ist  Eine  imregel- 
massige  Gestalt  empi^ngt  er  meist  durch  die  geographischen  Schranken, 
welche  ihn  umgeben,  etwa  durch  Meere,  Ströme,  Gebirge,  Wüsten  und 
Wälder,  oder  es  wirken  klimatische  und  sonstige  Verhältnisse  be- 
stimmend auf  seine  Begrenzung  ein.  Nicht  zum  geringsten  Theile  ist 
die  Grösse  des  Verbreitungsgebietes  durch  die  morphologische  und 
physiologische  Beschaffenheit  einer  Thierart  bedingt 

Wegen  der  Leichtigkeit  der  Bewegung  sind  besonders  die  grossen, 
schnell  schwimmenden  Seesäugethiere,  die  Fische  und  unter  den  Land- 
thieren  die  Vögel  weit  verbreitet  ^).  Aber  auch  unter  den  anderen 
Thierclassen  begegnen  wir  kosmopolitischen  Formen.  So  finden  sich 
die  Hydroiden  in  allen  Meeren.  Aus  der  Ordnimg  der  Echinodermen 
kommen  einige  Seeigel  und  vier  Seesteme  in  allen  Meeren  vor.  Das- 
selbe gilt  von  nicht  wenigen  Mollusken ;  insbesondere  sind  mehrere  der 
räuberischen  Cephalopoden  über  grosse  Meeresräume  vertheilt.  Aus 
der  Classe  der  Crustaceen  gehen  eben&lls  diejenigen  Formen  durch 
die  meisten  Meere,  welche  sich  als  rasche  Schwimmer  erwiesen  haben. 
Unter  den  Insecten  sind  die  thierfii'essenden  im  allgemeinen  viel  weiter 
verbreitet  als  diejenigen,  welche  sich  von  Pflanzenkost  nähren.  Die 
Marienkäfer  (Coccinella),  welche  die  Blattläuse  vertilgen,  und  die  raupen- 
verzehrenden Calosoma  durchstreifen  die  Länder  von  Pol  zu  Pol,  imd 
die  Wasserjungfern  werden  von  Grönland  bis  Neuholland  beobachtet 
Von  den  Schmetterlingen  ist  der  Distelfalter  (Vanessa  cardui)  bereits 
in  allen  Erdtheilen  ge&ngen  worden,  und  unter  den  Ameisen  ist  For- 
mica  omnivora  in  der  Alten  und  Neuen  Welt  beimisch.  Das  Geschlecht 
Bittacus,  zu  den  Orthopteren  gehörig,  sucht  alle  wärmeren  Theile  der 
Erde  auf,  und  die  Wanderheuschrecke  dringt  aus  den  tropischen  Re- 
gionen der  Alten  Welt  vereinzelt  bis  nach  Deutschland  und  dem  süd- 
lichen Schweden  vor.  Unter  den  Beptilien  haben  die  Geschlechter  Elaps 
(Prunkadder),  Tortrix  (Walzenschlange)  und  andere  Schlangen  eine 
weite  Verbreitung,  unter  den  Vögeln  Strix  flammea  (Schleier -Eule) 
und  Strix  otus  (mittiere  Ohreule),  von  denen  die  letztere  auf  der  ganzen 
bewohnten  Erde  (etwa  das  südlichste  Amerika  ausgenommen)  polwärts 

*)  Wenn  zahlreiche  Fische  nur  an  gewissen  Ufergebieten  des  Meeres 
vorkommen,  so  hat  dies  darin  seinen  Grand,  dass  sie  nur  in  Landnähe  ihre 
Nahrung  finden.  Somit  darf  man  aus  der  Gleichheit  der  Fischarten  in  zwei 
Meeren  auf  einen  ehemaligen  Küstenzusammenhang  jetzt  getrennter  Erdräume 
und  umgekehrt  aus  der  Verschiedenheit  auf  eine  längere  Trennung  schliessen. 


t308  Yieiter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

bis  zmn  55.  Breitengrade  vorkommt  VerBcfaiedene  Seesängethiere  be- 
leben die  oeeanischen  Gebiete  der  meisten  Zonen ,  so  der  Seehund 
(Phoea  vitolina),  die  Ohrrobbe  (Otaria  jnbata),  der  Delphin  (D.  delphis 
und  D.  orca),  das  Meerschwein  (D.  phocaena),  der  Easchdot  (Physeter 
macrocephalus)  y  zwei  Wale  (Balaena  mysticetns  und  B.  boops).  Von 
den  Landsäugethieren  beherrscht  zwar  keines  so  weite  Säume  wie  die 
genannten;  dodi  gelangen  der  Bär,  der  Fudis,  der  Wolf  und  die 
Fischotter  von  Nordafiika  und  Südasien  bis  in  die  Polarregionen  der 
Alten  und  Neuen  Welt^). 

Aus  der  Anfefthlung  der  wichtigsten  kosmopolitischen  Thiere  geht 
hervor,  dass  in  erster  Linie  die  dem  thierischen  Organismus  e^ne 
Leichtigkeit  oder  Schwerfidligkeit  der  Bew^ung  ftir  die  Gr&ase  des 
Verbreitungsgebietes  entscheidend  ist  Für  die  im  Meerwasser  lebenden 
Thiere  ist  hierbei  ausser  ihrer  Schwimmfähigkeit  noch  das  Vorhanden- 
sein weiter  Meeresräume  von  Bedeutung.  Li  einzelnen  Fällen  aber 
stehen  den  Thieren  nodi  ganz  andere  Mittel  zur  Erweiterung  ihres 
Verbreitungsgebietes  zur  Verfiigung. 

Ln  hohen  Norden  gewähren  oft  die  winterlichen  Eisdecken  den 
Thieren  einen  bequemen  Pfad.  So  sollen  im  Winter  berdts  Benthiere 
von  der  Beringsstrasse  über  die  Aleuten  nach  Kamtschatka  gewandert 
sein.  Bisweilen  werden  auch  einzehie  Thiere  durch  ELsschollen  ver- 
frachtet; wenigstens  hat  man  wiederholt  Eisbären  auf  Eisschollen  mitten 
auf  hoher  See  angetro£Ren.  Auf  solchem  W^ge  sind  sie  sogar  schon 
von  Grönland  nach  Island  gekommen,  wurden  aber  von  den  Ein- 
wohnem  stets  sofort  nach  ihrer  Ankunft  getödtet  Aehnliche  schwim- 
mende Inseluy  nur  nicht  aus  £Ss,  sondern  aus  entwurzelten  Stämmen 
oder  vulcanischen  Aschen  zusammengefägt,  wurden  auch  in  tropischen 
Meeren  (z.  B.  bei  den  Molukken)  und  auf  südamerikanischen  Strömen 
(Amazonas,  Orinooo,  La  Plata)  wahi^genommen.  Mehrere  von  jenen 
südamerikanischen  Fahrzeugen  trugen  die  seltsamsten  Menagerien,  denen 
selbst  Afien  und  Jaguar  nicht  fehlten^).  Der  Zoolog  Guilding  ist 
Zeuge  gewesen,  wie  eine  Boa  constrictor,  um  einen  Baumstamm  ge- 
wunden, mit  diesem  an  die  Antillen-Insel  St  Vincent  getrieben  wurde 
(s.  Bd.  I,  S.  510,  Nota  1). 

Selten  hur  bilden  Oebirge  Brücken  ftir  wandernde  Thiere.  Immer 
sind  dies  dann  Gebirge,  die,  wie  die  Cordilleren  Amerika's,  aus  käkeren 
Glegenden  nach  wärmeren  führen  und  in  letzteren  noch  eine  solche 
Höhe  bewahren,  dass  sich  auf  ihnen  grössere  nordische  Thiere  ans 

■)  Ludwig  K.  Schmarda,  Die  geograplÜBche  Verbreitimg  der  Thiere 
Wien  1853.    Bd.  I,  S.  64  ff. 

*)  Sir  Charles  Lyell,  Prindples  of  Geology.  12^  ed.  London  1875. 
Vol.  II,  p.  364  sq. 


VI.    Mittel  und  Schranken  der  Thi  er  Verbreitung.  (309 

den  kälteren  Gegenden  nach  den  tropischen  begeben  können,  ohne  in 
andere  Klimate  herabzusteigen. 

Durch  Stürme  werden  nicht  nur  die  Keime  von  Infusorien  und 
anderen  mikroskopischen  Thieren,  sondern  auch  Insecten  häufig  weit 
verschlagen ;  zuweilen  aber  erfasst  der  Sturmwind  selbst  Krabben,  Fische 
und  Frösche  und  treibt  sie  weit  hinweg.  Fallen  dann  die  empor- 
geschleudorten  organischen  Körper  in  Menge  auf  einer  und  derselben 
Stelle  nieder,  so  spricht  man  wohl  von  einem  Insecten-,  Krabben-, 
Fisch-  und  Froschregen.  Früher  venvies  man  dieselben  in  das  Reich 
der  Fabel.  Indess  sind  derartige  Erscheinungen  wiederholt  gut  beobachtet 
worden  im  tropischen  Amerika,  in  Ostindien,  China,  auf  den  Sunda- 
Inseln,  sogar  in  England  und  Frankreich.  So  sah  man  z.  B.  im  Juli 
1826  während  eines  Sturmes  lebendige  Fische  (einer  Cyprinus-Art  an- 
gehörigj  in  Muradabad  (östlich  von  Delhi)  auf  das  Gras  herabstürzen. 
Am  16.  und  17.  Mai  18ö3  ereignete  sich  ein  Fischregen  bei  Fatehpur 
(wenige  Meilen  nördlich  von  der  Dschamuna)  nach  einem  heftigen 
Wind-  und  Regensturm,  ebenso  im  Mai  1835  wälu-end  eines  Sturmes 
in  Alahabad^). 

Thiere  sind  nur  selten  im  Stande,  die  Verbreitungsgebiete  anderer 
Thiere  zu  erweitern  5  in  der  Hauptsache  werden  nur  äussere  und  innere 
Parasiten  von  ihnen  weitergetragen.  Der  Schifishalter  (Echeneis  remora) 
schraubt  sich  mittelst  seiner  Kopfscheibe  an  andere  Fische  und  lässt 
sich  so  auf  weite  Strecken  foi-ttransportiren.  Moriz  Wagner  macht 
in  seinem  Werke  „lieber  die  hydrographischen  Verhältnisse  und  das 
Vorkommen  der  Süsswasserfische  in  den  Staaten  Panama  und  Ecuador" 
(München  1864)  darauf  aufmerksam,  dass  viele  identische  Formen  von 
Fischen  an  beiden  Weltmeeren  getroflfen  werden,  dass  also  die  Ver- 
breitungsUnie  (Invasionsaxe)  an  der  Landenge  von  Panama  nicht  bloss 
von  Nord  nach  Süd,  sondern  zugleich  auch  von  West  nach  Ost  ge- 
richtet ist  Nur  für  wenige  Fische,  wie  fui*  die  Panzerwelse  (Loricata), 
darf  man  annehmen,  dass  sie  durch  Eigenbewegung  jene  niedere  Wasser- 
scheide überschritten  haben-,  manche  mögen  vielleicht  dm'ch  Stürme 
und  Windhosen  von  dem  pacifischen  nach  dem  atlantischen  Theile  oder 
umgekehrt  geweht  worden  sein.  Wahrscheinlich  ist  es  jedoch,  dass 
fischfressende  Pelicane  und  andere  Wasservögel,  welche  in  der  Land- 
enge von  Panama  täglich  schaarenweise  von  einer  Flussmündung  zur 
andern  fliegen,  zur  Verbreitung  des  beiruchteten  Laiches,  den  sie  an 
den  Federn,  im  Kropf  oder  im  Magen  führten,  sehr  wesentlich  bei- 
getragen haben. 

*)  Zahlreiche  andere   Beispiele  finden  sich  im  Ausland   1857,  S.  164  f., 
sowie  bei  Seh  mar  da,  1.  c.  Bd.  I,  S.  193  ff. 

Pescbel-Leipoldt,  Phjs.  Erdkunde.    II.  39 


610  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

Endlich  fördert  auch  der  Mensch  tbeils  absichtlich,  theils  unab- 
siclitUch  die  Vergrösserung  zahheicher  Faunengebiete.  Unsere  Haus- 
thiere  folgen  dem  Europäer  bis  in  die  entferntesten  Colonien,  wo  die 
ursprünglich  geringen  Bestände  oft  in  kurzer  Zeit  zu  ungeheuren  Heerden 
anwachsen.  Wir  dürfen  hier  nur  an  die  Millionen  von  Schafen  erinnern^ 
welche  Australien  und  das  Capland  bewohnen,  und  an  die  Tausende 
von  Rindern  und  Pferden,  die  sich  auf  den  Pampas  wild  umhertreiben. 
Manche  Thiere  wieder  sind  lästige  Begleiter  des  Menschen,  wie  die 
Ratten  und  Mäuse,  welche  überall  anzutreffen  sind,  wo  europäische 
Schiffe  regelmässig  verkehren;  noch  andere  endlich  gelangen  mit  Cultur- 
pflanzen  oder  Früchten  nach  fernen  Ländern,  so  die  Reblaus  mit  der 
Weinrebe,  der  Coloradokäfer  mit  der  Kartoffel. 

Erweisen  sich  auf  der  einen  Seite  manigfache  Verhältnisse  den 
Thieren  auf  ihrer  Wanderung  dienstbar,  so  stellen  sich  ihnen  auf  der 
anderen   Seite  auch  vielfach  unüberwindUche  Hindernisse  entg^en. 

Am  seltensten  sind  Flüsse  derartige  Schranken,  weil  sie  von  den 
meisten  Thieren  leicht  überschritten  wenlen  können.  Dennoch  ver- 
breiten sich  nachBates  gewisse  Vogelarten,  welche  das  eine  Ufer  des 
Amazonas  bewohnen,  nicht  über  diesen  Strom.  Indess  ist  wohl  der 
einzige  Grund  hierfiir  der,  dass  die  Vögel  auf  dem  einen  Ufer  ver- 
geblich nach  ihrem  Pflanzen-  und  Insectenfutter  suchten.  Wenn 
femer  W  a  1 1  ac  e  M  und  B  a  t e  s  zeigen  konnten ,  dass  grosse  Strome 
wie  Amazonas  und  Rio  Negro  die  Grenze  zwischen  den  Verbrei- 
tungsgebieten verschiedener  Affenarten  bilden,  so  darf  man  deshalb 
nicht  denken,  dass  noch  niemals  trächtige  Mütter  über  den  Strom  ge- 
langt sind;  denn  fast  alle  Vierfiisser  smd  ausgezeichnete  Schwimmer. 
j^Ian  hat  in  solchem  Falle  vielmehr  anzunehmen,  dass,  wenn  auch  ein 
Individuum  jenseits  des  Stromes  landete,  es  das  andere  Ufer  bereits 
von  Thieren  so  besetzt  fand,  dass  es  vereinzelt  im  Kampfe  um  das 
Dasein  wieder  vernichtet  wurde.  Bär  und  Bison  durchschwimmen  den 
^üssissippi;  im  Jahre  1829  ist  sogar  ein  sechs  Monate  altes  Schwein, 
also  ein  Thier,  dessen  Schwimmfertigkeit  stark  bestritten  wird,  vom 
Hochwasser  zur  Mündung  des  Spey  (Schottland)  hinausgeführt  worden 
und  hat  von  dort  einen  5  englische  Meilen  entfernten  Landungsplatz 
erreicht.  So  ziehen  auch  Rehböcke  zur  Brunstzeit  in  den  canadischen 
Seen  von  Insel  zu  Insel,  um  sich  den  Geissen  zu  nähern.  Die  Ratten 
hat  man  in  Kamtschatka  zur  Frühlingszeit  häufig  über  Flüsse,  Seen  und 
Meeresarme  schwimmen  sehen;  ebenso  wandern  Lemminge  (Mus  lemmus) 
in   Schaaren   zuweilen  von   Finmarken  in  das  nördliche  Eismeer  und 

*)  Die  geographische  Verbreituug  der  Thiere.  Deutsch  von  A.  B.  Meyer. 
Dresden  ls76.     Bd.  1,  8-  15  f 


VI.    Mittel  und  Schranken  der  Thierverbreitnng.  611 

schwimmen  seewärts  soweit,  bis  alle  zu  Grunde  gehen.  Sogar  der 
Tiger  dringt  vom  Festland  aus  schwimmend  bis  zur  Insel  Singapore 
vor  (erst  seit  1835  ist  seine  Anwesenheit  auf  der  Insel  bekannt),  und 
ebenso  kommt  er  von  Salsette  aus  nach  Bombay  hinüber.  Doch  dürften 
von  Landsäugethieren  kaum  jemals  Meeresarme  von  20  geographischen 
Meilen  Breite  durchschwömmen  werden;  Canäle  von  dieser  Breite  er- 
weisen sich  also  in  Hinsicht  auf  die  Landsäugethiere  als  eine  wirksame 
Barriere. 

Viel  liäufiger  als  die  Ströme  bilden  die  Meere  unbesiegbare 
Schranken  fiir  die  Thiere ;  namentlich  können  Säugethiere  —  die  Fleder- 
mäuse und  Wale  ausgenommen  —  selten  grössere  Meeresräume  über- 
schreiten. Für  die  mit  Flug-  imd  Schwimmwerkzeugen  ausgerüsteten 
Thiere  sind  natürlich  Strei£züge  über  grosse  Meeresgebiete,  selbst  über 
Oceane  möglich;  für  die  beständig  im  Wasser  lebenden  Thiere  ist  das- 
selbe sogar  ein  nothwendiges  Medium  zu  einer  weiten  Verbreitung. 

Wie  die  Meere,  so  dienen  auch  die  Gebirge  bald  als  Brücken 
bald  als  Schranken  für  wandernde  Thiere.  So  finden  kleine,  wühlende 
Thiere,  wie  der  für  Mitteleuropa  charakteristische  Igel,  (gleich  dem 
Haidekraut)  am  Uralgebirge  ihre  Grenze.  Diese  Thatsache  ist  be- 
sonders lehrreich,  da  sich  hier  deutlich  zeigt,  dass  wir  nicht  dem  Klima 
oder  der  Vegetation,  die  doch  auf  beiden  Abhängen  ziemlich  gleichartig 
ist,  sondern  dem  Gebirge  selbst  die  Artenscheidung  zuzuschreiben 
haben.  Noch  mehr  weicht  die  Thierbevölkerung  zu  beiden  Seiten  eines 
Gebirges  von  einander  ab,  dessen  Längenaxe  den  Breitenkreisen  parallel 
ist.  Dies  gilt  z.  B.  von  den  Pyrenäen,  den  Alpen,  dem  Kaukasus  und 
dem  Altai;  am  schärfsten  aber  trennen  die  Kiesenberge  des  Himalaya 
die  Fauna  Indien's  von  der  des  mittleren  Asien's,  welche  beide  fast 
aller  Verwandtschaft  entbehren.  Selbstverständlich  sind  nicht  die  Kamm- 
und Gipfelhöhen,  sondern  die  Passhöhen  für  die  Grösse  solcher  Gegen- 
sätze massgebend  (vgl.  S.  453).  Auch  sind  hohe  Bergketten  für 
Schnecken,  Gliederthiere ,  Reptilien  und  Säugethiere  ein  viel  grösseres 
Hindemiss  als  für  Vögel,  ein  grösseres  für  pflanzen-  als  für  fleisch- 
fressende Thiere.  Insbesondere  hemmen  Bergländer,  welche  zugleich 
Wasserscheiden  sind,  die  Verbreitung  der  Wasserthiere ;  darum  haben 
benachbarte  Stromgebiete  nicht  selten  eine  wenig  übereinstimmende 
Fischfauna.  So  sind  Flussaal  und  Lachs  charakteristisch  für  das 
Stromgebiet  der  Elbe,  hingegen  Wels,  Huch  und  Hausen  für  das 
der  Donau.  Nicht  selten  stellen  sich  grössere  Wasserfalle  den  aufwärts 
wandernden  Fischen  als  unüberwindliche  Barrieren  gegenüber.  Kleine 
Hindernisse  werden  von  Lachsen  übersprungen,  von  Aalen  umgangen; 
doch  vermögen  auch  diese  Thiere  grössere  wasserlose  Räume  nicht  zu 
überschreiten.    Werden  Ströme  periodisch  mit  einander  verbunden,  z.  B. 

39* 


612  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

zur  Zeit  des  Hochwassers,   so  ist  der  Uebergang  der  Fische  in  ein 
anderes  Stromsystem  am  leichtesten  möglich. 

Aber  auch  Ebenen  werden  zu  Schranken  fiir  die  Verbreitong  des 
Thierlebens,  wenn  sie  Wüsten  sind.  Es  bewohnen  z.  B.  die  zur 
Familie  der  Hirsche  gehörenden  Species  nicht  bloss  die  arktischen  Ge- 
biete und  die  der  gemässigten  Zone,  sondern  sind  auch  in  den  tro- 
pischen Waldländem  heimisch;  denn  ihr  Gebiet  erstreckt  sich  durch 
ganz  Amerika  und  durch  ganz  Asien  (Arabien  ausgenommen).  Dennoch 
fehlen  sie  dem  tropischen  Waldlande  Afrika's,  weil  sie  den  zwischen 
Nord-  und  Südafirika  Uzenden  Wüstengürtel  nicht  durchstreifen  konn- 
ten*). Namentlich  bildet  die  Wüste  unpassirbare  Barrieren  fiir  solche 
Thiere,  welche  zu  ihrer  Existenz  der  Flüsse  bedürfen,  wie  fiir  den 
Biber,  die  Fischotter,  die  Wasserratte  und  das  Capybara.  Selbst  kleinere 
Thiere,  welche  sonst  rastlose  Begleiter  des  Menschen  sind,  bleiben  zu- 
rück, wenn  dieser  seinen  Fuss  in  die  Wüste  setzt.  So  berichtet  R  o  h  1  f  s , 
dass  kein  Floh  in  der  Wüste  vorkomme.  Wo  dieser  verschwindet 
und  plötzhch,  wie  durch  ein  Wunder  veranlasst,  davon  absteht,  dem 
Reisenden  zu  folgen,  beginnt  die  Sahara,  d.  h.  die  G^end  der  absolut 
trookenen  Luft^). 

Aber  auch  die  Steppe  schon  gebietet  allen  denjenigen  Thieren 
Halt,  welche  dem  Baumleben  streng  angepasst  sind,  z.  B.  den  ASen 
und  Lemuren,  den  Eichhörnchen,  den  Opossums,  den  Baumkatzen 
und  Faulthieren.  Hingegen  ist  der  Wald  imzugängUch  und  daher 
eine  Schranke  fiir  das  Eameel,  das  Zebra,  die  Giraffe  und  viele  An- 
tilopen. Selbst  gewisse  Vögel  sind  vom  Waldlande  ausgeschlossen,  so 
vor  allem  der  Geier.  Obwohl  derselbe  einen  hohen  Grad  von  Flug- 
fertigkeit besitzt,  bewohnt  er  doch  nur  relativ  kleine  Striche  in  dem 
heisseren  Süd-  und  Nordamerika,  in  Südeuropa,  im  südlichen  Theile 
von  Asien  und  in  den  Wüsten-  und  Steppengebieten  Afirika's.  Nicht 
durch  Feinde  ist  er  auf  kleinere  Räume  zurückgedrängt  worden;  denn 
er  ist  stark  und  kampffidiig.  Auch  waren  ihm  niigends  die  örtlichen 
Temperaturen  hinderlich;  denn  er  verträgt  bedeutende  Hitze  und  strenge 
Eidte.  Da  er  Aasfresser  ist,  so  ist  seine  Existenz  zimächst  an  das 
Vorhandensein  grosser  Thiere  gebunden  (kleinere  Uefem  ihm  keine 
brauchbaren  Leichname).  Aas  aber  findet  er  nur  in  waldlosen  Gk)gen- 
den,  weil  er  das  unter  der  Walddecke  verborgene  Aas  von  oben  aus 
nicht  sehen  kann  und  femer  über  dem  Walde  die  kräftig  au&teigenden 
Luftströme  fehlen,  die  ihm  den  Aasgeruch  verschaffen  könnten;  über- 

^)  Vgl.  G.  Jäger's  und  £.  Besser 8  Hinchkarte  in  Petermann's 
MiUheilnogen  1S70,  Tafel  VL 
*)  Ausland  1872,  S.  1057. 


VI.    Mittel  und  Schranken  der  Thierverbreitung.  613 

dies  würde  es  ihm  meist  sehr  schwer  werden,  in  den  Wald  einzudringen. 
Für  den  Geier  ist  demnach  der  Wald  ein  Verbreitxmgshemmniss  *). 

Endlich  tritt  der  Mensch  den  Thieren  oft  feindlich  entgegen; 
namentlich  vertreibt  er  die  Raubthiere  von  den  Stätten  der  Cultur.  So 
hat  man  in  England  die  Bären  1057  und  das  Wildschwein  zur  Zeit 
Heinrich's  II.  ausgerottet.  Der  Wolf  wurde  in  Schottland  1680,  in 
England  noch  früher  und  in  Irland  1710  vertilgt  Deutschland  war 
zur  Zeit  der  Römer  von  dem  Auerochsen,  dem  Renthier,  von  Bären 
und  anderen  Raubthieren  bewohnt  Der  letzte  Auerochse  Deutschland's 
wurde  1755  in  Ostpreussen,  der  letzte  Bär  1835  in  den  bayrischen 
Alpen  erlegt  Wolf  und  Luchs  gehen  ihrem  Aussterben  entg^en.  Andere 
Thiere,  z.  B.  die  Gemse,  werden  ein  Opfer  leidenschaftlicher  Jagd. 

>)  O.  Jäger  im  Ausland  1866,  S.  673  JT. 


Vn.     Die  Fannengebiete  der  Erde^). 


Für  die  eigenthümliche  Elntwicklimg  des  heutigen  Thierlebens  in  yer- 
schiedenen  Erdrämnen  ist  nichts  von  so  tief  angreifender  Wichtigkeit 
gewesen  als  die  Configoration  der  Ländermassen  nnd  zwar  sowohl  in 
der  Gegenwart  wie  in  der  jüngsten  geologischen  Vergangenheit  Anf- 
«aUend  ist  die  grosse  üebereinstimmung  der  Arten  innerhalb  der  PoLir- 
region;  die  Yerbreitongsbezirke  bilden  hier  meist  Kreisflächen,  in  deren 
Mittelpunkte  der  Pol  liegt  Bisweilen  ändert  sich  die  Species  in  der 
Neuen  Welt;  dann  sind  es  aber  wenigstens  nahe  verwandte  Arten, 
welche  einander  ablösen.  In  dem  Masse  jedoch,  in  welchem  sich  die 
östliche  und  westliche  Weltinsel  nach  Süden  zu  von  einander  entfernen, 
entfremden  sich  auch  die  Thierwelten  bis  zum  gänzUchen  Verschwinden 
der  identischen  oder  stellvertretenden  Arten.  Unter  den  Tropen  ist 
keine  einzige  Art  den  beiden  Erdhälfien  gemein  und  selbst  wenige 
Gattungen  sind  es.  Eine  weitere  Trennung  ergiebt  sich  dann  auch 
zwischen  Afrika  und  Südasien,  indem  zwar  die  generischen  Differenzoi 
gering  sind,  die  Arten  jedoch  mit  sehr  geringen  Ausnahmen  ganz  von 
dnander  abweichen.  Den  schärfiten  Gregensatz  zu  dem  Thierleben 
aller  übrigen  Länder  weist  die  Fauna  Australien's  auf. 

Indem  wir  nun  dazu  übergehen,  die  grösseren  Faunengebiete  der 
Erde  übersichtlich  darzustellen,  schicken  wir  voraus,  dass  hierbei  in 
erster  Linie  die  höher  organisirten  Gassen,  insbesondere  die  Säugethiere, 
in  Betracht  gezogen  werden  soDen;  die  niederen  Thierclassen  zu  berück- 
sichtigen, gestattet  der  beschränkte  Baum  nicht 

1)  Als  Haaptqaellen  wurden  benützt:  Andreas  Wagner,  Die  geogra- 
phische Verbreitung  der  Saogethiere,  in  den  Abhandlangen  der  mathem.- 
physik.  Classe  der  Kgl.  bayerischen  Akademie  der  Wissenschaften.  München 
1844— 1S46.  Bd.  IV,  Abth.  I,  S.  1—146;  Abth,  2,  S.  37— lOS;  Abth.  3,  S.  1—1 14. 
Ludwig  K.  Schmarda,  Die  geographische  Verbreitung  der  Thiere.  Wien 
1853.  Bd.  I,  li  und  III.  Alfred  Rüssel  Wallace,  Die  geographische 
Verbreitung  der  Thiere.  Deutsch  von  A.  B.  Hey  er.  Dresden  1S76.  Bd.  I 
und  II. 


VIT.    Die  Faunengebiete  der  Erde.  615 

I.     Die  Provinzen   der  arktischen  und  nördlich 

gemässigten   Zone. 

A.  Das  arktische  Gebiet  erstreckt  sich  von  der  Polargrenze 
des  Pflanzenwuchses  bis  zur  Südgrenze  des  Wohngebietes  von  Renthier 
und  Polarfiichs.  Dasselbe  reicht  also  in  der  Alten  Welt  nach  Süden 
bis  zu  einer  Linie  vom  Nordende  des  Bottnischen  Busens  durch  den 
Baikal- See  zur  Amur- Mündung,  und  in  Nordamerika  umfasst  es  im 
Westen  den  Raum  nördlich  vom  55.,  im  Osten  denjenigen  nördlich 
vom  50.  Parallelkreise.  Im  allgemeinen  ist  die  Zahl  der  Arten  eine 
geringe,  die  der  Individuen  dagegen  eine  desto  grössere.  Da  das 
vegetabihsche  Leben  im  Sommer  nur  auf  eine  km'ze  Zeit  erwacht,  so 
ist  hier  in  und  an  der  See  das  Maximum  des  thierischen  Lebens 
zu  suchen. 

Auf  beiden  Hemisphären  kommen  hier  vor :  unter  den  Raubthieren 
der  Wolf  (Canis  lupus),  der  Polarfuchs  (Canis  lagopus),  der  gemeine 
f^chs  (Canis  vulpes),  der  Eisbär  (ürsus  maritimus),  femer  unter  den 
Nagern  der  Biber  (Castor),  unter  den  Wiederkäuern  das  Renthier 
(Cervus  tarandus),  unter  den  Robben  der  gemeine  Seehund  (Phoca 
vitulina,  neben  dieser  Art  auch  Ph.  hispida,  Ph.  groenlandica,  Ph. 
cristata),  das  Walross  (Trichechus  rosmarus),  unter  den  Walen  der 
gemeine  Delphin  (Delphinus  delphis),  der  Braunfisch  (D.  phocaena), 
der  Schwertfisch  (D.  orca)  und  der  Weissfisch  (D.  leucas),  der  Easchelot 
(Physeter  macrocephalus) ,  der  gemeine  Narwal  (Monodon  monoceros) 
und  der  Walfisch  (Balaena  mysticetus).  Von  den  genannten  Thieren 
haben  der  gemeine  Fuchs,  der  Wolf,  der  Seehund,  der  gemeine  Delphin 
und  der  Braunfisch  ihren  Hauptsitz  in  dem  gemässigten  Klima  der 
weiter  südlich  liegenden  Thierprovinzen.  Andere  Thiere  der  Alten 
Welt  sind  in  Nordamerika  durch  wenig  abweichende  Varietäten  ver- 
treten, wie  das  Hermelin  (in  der  Alten  Welt  Mustela  erminea,  in  der 
Neuen  M.  Richardsonii),  das  kleine  Wi^el  (in  der  Alten  Welt  Mustela 
vulgaris,  in  der  Neuen  Putorius  Cicognanii),  der  gemeine  Bär  (in  der 
Alten  Welt  Ursus  arctos ,  in  der  Neuen  ü.  americanus  u.  a.) ,  die  ge- 
meine Fischotter  (in  der  Alten  Welt  Lutra  vulgaris,  in  der  Neuen  L. 
canadensis),  der  Vielfrass^)  (in  der  Alten  Welt  Gulo  borealis,  in  der 
Neuen  Wolverene  oder  Gulo  luscus)  und  der  Argali  (Ovis  Argali,  das 
Bighom  Amerika's).  Die  Gattung  der  Lemminge  ist  in  der  Alten 
Welt  durch  Myodes  lemmus,  M.  torquatus,  in  der  Neuen  durch  M. 
hdvolus,  M.  trimucronatus  u.  a.  vertreten,  und  der  veränderliche  Hase 
(Lepus  variabilis)  Nordeuropa's  und  Sibirien's  wird  in  Amerika  durch 

')  Eigentlich  Fiälfrass,  im  Finnländischen  ein  Höhlenbewohner. 


61(3  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

den  Polarhasen  (Lepus  glacialis)  ersetzt    Ganz  auf  die  westliche  Halb- 
kugel beschränkt  ist  der  Bisamochse  (Bos  moschatus). 

Von  Vögeln  walten  in  der  Baunu*egion  die  knospenfiressenden 
Waldhühner  (Tetraoniden),  an  den  Küsten  die  Schwimmvögel  vor. 
Unter  den  letzteren  sind  namentlich  die  entenartigen,  die  Columbiden, 
Alken ,  Raubmöven,  mehrere  Pu£finus  (SturmtaucherJ  und  Pro6dlaria 
(Sturmvogel)  hervorzuheben. 

Das  Renthier  und  der  Hund  sind  die  einzigen  Hausthiere  (ersteres 
allein  bei  den  Völkern  Europa's  und  Asien's,  da  es  in  Amerika  nur 
Gegenstand  der  Jagd  ist),  an  welche  sich  hie  und  da  noch  die  Eider- 
gans anschliesst 

B.  Die  gemässigte  Zone  reicht  innerhalb  der  Alten 
Welt  in  zoologischer  Hinsicht  von  der  Südgrenze  des  arktischen 
Gebietes  bis  zum  30.  nördUchen  Parallelkreise  in  Afrika  und  naheza 
bis  zum  nördlichen  Wendekreise  in  Asien.  Es  bezeichnen  dem- 
nach der  Adas,  die  syrisch-arabische  Wüste,  der  Himalaja  und  die 
Gebirge  des  südlichen  China  ihren  Südrand.  Da  im  Vergleich  zu 
dem  arktischen  Gebiete  nur  wenige  Arten  mit  amerikanischen  als 
identisch  oder  stellvertretend  zu  betrachten,  ja  selbst  zahlreiche  Gat- 
tungen verschieden  sind,  so  ist  diese  Thierprovinz  von  der  unter  gleichen 
Breiten  liegenden  amerikanischen  zu  trennen.  Die  meisten  der  iden- 
tischen oder  stellvertretenden  Arten  kommen  naturgemäss  noch  in  dem 
nördlichen  Theile  dieses  Gebietes  vor.  Es  ist  einleuchtend,  dass  auf 
so  ungeheurem  Räume,  bei  so  manigfachem  Klima  und  so  häufig 
wechselnder  Bodenerhebungsform  die  Fauna  örtlich  ihren  Charakter 
nicht  unwesentlich  ändert  Namentlich  weisen  Mitteleuropa  und  Süd- 
sibirien, die  kaspischen  Steppen,  die  Mittelmeerländer,  Centralasien  und 
Japan  je  eine  Fauna  von  eigenartigem  Charakter  auf. 

1)  In  den  dichtbevölkerten  westlichen  Ländern  Mitteleuropa's 
sind  zalilreiche  Arten  ausgerottet  worden ;  nur  in  den  gering  bevölkert^] 
östlichen  Theilen  Europa's  und^n  Sibirien  zeigt  sich  die  Fauna  noch  in 
ihrem  Naturzustande. 

Bemerkens werth  ist  das  Erscheinen  zahlreicher  Fledermäuse  (aus 
den  Gattungen  Rhinolophus  und  Vespertilio),  die  dem  Polarreiche  gänzlich 
fremd  sind.  —  Unter  den  Insectenfressem  ist  der  gemeine  Igel  charakte- 
ristisch, da  er  den  Ural  nicht  überschreitet;  weiter  nach  Norden  und 
Osten  (bis  zur  Lena)  geht  der  gemeine  Maulwurf,  sowie  die  Spitzmaas 
(Ix^sonders  Sorex  fodiens  und  S.  pygmaeus).  —  Die  fleischfressenden 
Thiere  sind  vertreten  durch  den  braunen  Bären,  den  Dachs,  zahlreiche 
Marder  (Mustela,  unter  ihnen  vor  allem  der  Edelmarder,  M.  marfces, 
und  Steinmarder,  M.  foina,  in  Europa,  der  Zobel,  M.  zibellina,  und  der 
Eulon,  M.  sibirica,  in  Sibirien),  den  Vielfrass,  die  Fischotter,  den  Wolf^ 


VII.    Die  Faunengebiete  der  Erde.  617 

den  Fuchs  und  mehrere  Katzen  (den  Silberluchs,  Felis  cervaria,  in 
Skandinavien  und  im  nördlichen  Russland,  ausserdem  noch  in  Sibirien 
und  dem  Kaukasus,  den  gemeinen  Luchs,  FeUs  lynx,  fiüher  in  dem 
ganzen  mittleren  Europa,  jetzt  nur  im  Osten  von  Oalizien  und  Sieben- 
bürgen und  in  den  höheren  westlichen  Gebirgen,  und  die  Wildkatze, 
Felis  catus  ferus,  in  den  Waldungen  des  westUchen  Theiles). 

Die  Nager  sind  zwar  in  zahlreichen  Arten  vorhanden;  doch  ent- 
behrt Mitteleuropa  jeder  eigenthümUchen  Gattung.  Das  ganze  Wald- 
gebiet Mitteleuropa's  und  Sibirien's  wird  von  dem  gemeinen  Eichhorn 
(Sdurus  vulgaris)  bewohnt,  während  die  Ziesel  (besonders  der  gemeine 
Ziesel,  Spermophilus  citillus)  nur  im  südöstlichen  Theile  Europa's  und  in 
dem  angrenzenden  Asien  und  das  Alpen-Murmelthier  (Arctomys  marmota) 
nur  über  der  Holzr^on  in  den  Alpen  und  der  Tatra  angetroffen  wird. 
Die  Schläfer  (Myoxus)  fehlen  in  Nordeuropa  gänzUch  und  bis  auf  den 
Billich  (Myoxus  glis),  die  verbreitetste  Art,  auch  in  Osteuropa.  Die 
Spring-  und  Wurfinäuse  suchen  nur  die  Steppen  Russland's  und  Un- 
gam's  auf;  hingegen  vermisst  man  nirgends  die  Mäuse,  von  denen 
die  drei  in  den  Häusern  sich  aufhaltenden  Arten,  die  Wanderratte 
(Mus  decumanus),  die  schwarze  oder  Hausratte  (M.  rattus)  imd  die 
Hausmaus  (M.  musculus)  die  bekanntesten  sind.  Das  Gebiet  des  ge- 
meinen Hamsters  (Gricetus  frumentarius)  ist  im  Westen  durch  den 
Rhein,  im  Osten  durch  den  Ob  begrenzt.  Unter  den  zahlreichen  Feld- 
mäusen (Hypudaeus)  ist  die  Wasserratte  (H.  amphibius)  die  grösste 
und  die  gemeine  Feldmaus  (H.  arvalis)  die  an  Individuen  zahlreichste 
imd  daher  auch  verderblichste  Art.  Der  Biber  ist  an  vielen  Orten 
nahezu  ausgerottet  und  erscheint  nur  vereinzelt  an  der  Donau,  der 
Elbe,  dem  Rhone,  in  Siebenbürgen,  im  östlichen  Europa  und  süd- 
lichen Sibirien.  Aus  der  Familie  der  Hasen  ist  der  gemeine  Hase 
(Lepus  timidus)  für  das  mittlere  Europa  besonders  charakteristisch; 
denn  er  gelangt  weder  nach  dem  Norden  Europa's,  noch  nach  Sibirien, 
wo  er  durch  den  veränderlichen  Hasen  (L.  variabiUs)  abgelöst  wird. 
Dies  gilt  auch  fUr  das  nördUche  England  und  Scliottland;  in  Irland 
verschwindet  der  gemeine  Hase  gänzlich  und  wird  durch  den  Lepus 
hibernicus  ersetzt. 

Die  Dickhäuter  sind  nur  durch  das  Wildschwein  (Sus  scrofa) 
repräsentirt,  dessen  Revier  vom  55.  Grad  n.  Br.  bis  Nordafrika  und 
nach  Ostei^bis  zum  Baikal-See  und  Himalaya  reicht  —  Die  Wieder- 
käuer bewohnen  zum  Theil  die  Waldungen,  zum  Theil  die  Hochgebirge. 
Das  Elen  oder  der  Elch  (Cervus  alces)  geht  von  der  nördlichen  Wald- 
grenze Skandinavien's  und  Russland's  bis  zu  den  Mooren  von  Pinsk, 
sowie  von  Polen  und  den  russischen  Ostseeprovinzen  bis  zum  Pen- 
schinskischen  Meerbusen  (Nordostspitze  des  Ocbotskischen  Meeres)  und 


618  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

zur  unteren  Eolyma.  In  Russland  nimmt  die  Zahl  der  Individuoi 
wegen  vermehrter  Nachstellung  ab ;  in  Deutschland  ist  das  EHen  bereits 
ausgestorben  bis  auf  einen  kleinen  Bestand  im  Ibenhorster  Forste  (Ost- 
preussen).  Dasselbe  Scliicksal  theilt  der  Edelhirsch  (C.  elaphus),  der 
zwar  in  denjenigen  G^enden  Deutschland's ,  wo  er  geschont  wird, 
noch  häufig  ist,  im  übrigen  Mitteleuropa  jedoch  und  ebenso  in  Süd- 
europa immer  seltener  wird,  jenseits  der  Weichsel  aber  in  der  Ebene 
fest  gar  nicht  mehr  anzutreffen  ist.  Dagegen  findet  er  sich  in  Menge 
in  den  bewaldeten  Vorbergen  des  Kaukasus  und  des  Altai.  Fast  den- 
selben Verbreitungsbezirk  hat  das  Reh;  nur  reicht  dieser  weiter  nach 
Südosten.  Auf  die  Hochgebirge  Mitteleuropa's  beschränkt  sind  die  bei 
uns  vorkommenden  Arten  aus  den  Gattungen  Capra  und  Antilope:  der 
mit  gänzlicher  Vertilgung  bedrohte  Steinbock  (Capra  ibex  in  den  Alpen, 
Capra  pyrenaica  in  den  Pyrenäen)  und  die  Gemse  (Antilope  rupicapra 
in  den  Alpen,  Pyrenäen  und  Karpathen).  In  den  Steppenländem  Süd- 
russland's  tauchen  gewissermassen  als  Vorposten  ihres  eigentlich  asia- 
tischen Bezirkes  einzelne  Rudel  der  Saiga- Antilope  auf.  Der  colossale 
Wisent  (Bos  bonasus)  ist  in  Deutschland  längst  vernichtet;  in  dem 
grossen  Forste  von  Bialowicza  wird  er  gehegt,  und  nur  im  Kaukasus  ist 
er  noch  im  Naturzustande  vorhanden. 

Während  sich  die  Wasservögel,  wenn  auch  nicht  an  Arten,  so 
doch  an  Individuen  im  Vergleich  zur  Polarregion  hier  bedeutend  ver- 
ringern, nehmen  die  Landvögel  an  Zahl  und  Manig&higkeit  nach  Süd^i 
rasch  zu.  Hervorzuheben  sind  vier  Geier,  der  die  nordischen  Eulen 
vertretende  grosse  Uhu  (Bubo  maximus)  und  zahlreiche  Falken,  femer 
eine  Reihe  kömer-  und  insectenfiressender  Singvögel,  unter  ihnen  vor 
allem  die  Nachtigallen.  In  der  südlichen  Region  gesellen  sich  zu  ihnen 
der  Immen wolf  und  der  Eisvogel  (Merops  apiaster  und  Alcedo  ispida), 
der  Wiedehopf  (Upupa)  und  der  goldfarbige  Pirol.  Unter  den  Kletter- 
vögeln sind  die  Spechte  am  zahlreichsten,  unter  den  Tauben  die 
Turteltaube  (Columba  turtur),  unter  den  Hühnern  die  Wachtel  und 
das  Rebhuhn. 

Die  Reptilien  erlangen  nicht  im  entferntesten  jenen  Artenreichthum 
und  jene  Grösse  wie  in  südlicheren  oder  wohl  gar  tropischen  Gebieten. 
Von  den  Süsswasserfischen  gehört  die  Mehrzahl  den  Cyprinoiden  an. 
In  entomologischer  Hinsiclit  ist  das  Vorwalten  der  räuberischen  Lauf- 
käfer (Carabicini)  und  der  kurzflügeUgen  Raubkäfer  (Staphylini)  be- 
merkenswerth.  Die  Schmetterlinge  sind  durch  kleinere  Formen,  kurzen, 
runden  Flügelschnitt,  mattes,  wenig  buntes  Colorit  und  feine  Zeichnung 
charakterisirt. 

2)  Die  kaspischen  Steppen  nähern  sich  bezüglich  ihrer  Fauna 
im  Norden  und  Nordosten  der  Polarprovinz,  im  Westen  aber  der  von 


VIL    Die  Faunengebiete  der  Erde.  019 

Südosteoropa,  da  nach  beiden  Sichtuiigen  hin  der  Verbreitong  der 
Thiere  keinerlei  Schranken  entgegenstehen.  So  stimmen  die  Fleder- 
mäuse fiist  alle  mit  den  enropäischen  überein,  ebenso  die  Insectivoren 
bis  auf  den  gemeinen  Igel,  der  durch  £>inaceus  auritus  ersetzt  wird, 
und  eine  Spitzmaus,  Sorex  pulchellus.  —  Der  grossen  Fleischfinesser 
entbehrt  die  Steppe  gänzlich;  es  sind  vielmehr  nur  einige  kleinere 
Eatzenarten  hier  heimisch.  —  Hing^^en  dominiren  in  ganz  auffiülender 
Weise  die  Nager,  unter  denen  wir  nur  die  baumbewohnenden  fjch- 
hömchen  und  Schläfer  Termissen.  Passende  Lebensbedingungen  finden 
z.  B.  mehrere  Ziesel  (Spermophilus),  ein  Murmelthier  (der  Bobak, 
Arctomys  Bobac),  zahlreiche  Springmäuse  (Dipus-  und  Scirtetes-Ärten ), 
die  unterirdisch  hausenden  und  blinden  oder  wenigst^is  sehr  blöd- 
sichtigen Wurfinäuse,  eine  Reihe  von  Mäusen,  der  gemeine  Hamster 
neben  fünf  anderen  Cricetua- Arten,  die  in  Europa  fehlende  Grattung 
Rhombomys,  Terachiedene  Feldmäuse  (Hypudaeus),  der  dem  Wasser 
folgende  Biber,  das  Stachelschwein,  sowie  mehrere  Hasen  (insbesondere 
der  Tolaihase,  nur  an  den  Vorheizen  des  südlichen  Ural  der  ge- 
meine Hase). 

Von  den  Hufthieren  schweifen  wilde  Pferde  und  flsel  durch  die 
Steppe ;  ihre  Heimath  li^  jedoch  weiter  im  Osten  auf  dem  asiatischen 
Hochlande.  —  Die  Dickhäuter  sind  durch  die  Wildschweine  vertreten, 
die  überall  im  Rohigebüsch  der  Flüsse  sich  umhertreiben.  —  Unter 
den  Wiederkäuern  vermissen  wir  die  Hirsche,  welche  die  Steppe  über- 
haupt meiden;  dafiir  aber  sind  jenen  Grasfiächen  zwei  Arten  von 
Antilopen  eigenthümlich :  die  Saiga- Antilope  und  die  A«  subgutturosa 
(die  gelbe  Zi^e  der  Chinesen).  Erstere  wandert  oft  in  grossen  Heerden 
über  den  Uralfluss  nach  Russland«  Sehr  merkwürdig  ist  das  Vor- 
kommen von  Robben  im  Kaspischen  Meere,  nämlich  einer  dem  gemeinen 
Seehunde  (Phoca  vitulina)  nahe  verwandten  Art,  der  Phoca  caspia. 

Die  Vögel  sind  im  turkestanischen  Steppenlande  nur  spärlich  vor- 
handen. Die  im  Frühling  erscheinenden  Wasser-  und  Steppenvögel 
ziehen  bei  beginnender  Dürre  wieder  ab,  und  auch  die  Landvögel 
(unter  ihnen  das  fiir  die  asiatischen  Steppen  charakteristische  Pallas'sche 
Fausthuhn,  Syrrhaptes  paradoxus)  werden  nur  vereinzelt  wahrgenommen. 
Ueberraschend  gross  hing^en  ist  der  Reichthum  an  Amphibien,  zu 
denen  nicht  weniger  als  60  Species  (vor  allem  22  Eidechsen  und  19 
Schlangen)  gehören. 

3)  Die  Mittelmeerländer  bieten  hinsichtlich  ihrer  Fauna  eben- 
soviel Eigenartiges  wie  hinsichtlich  ihrer  Flora,  und  dabei  bildet  der 
ganze  Gestadering  ein  einheitliches  zoologisches  Ganze.  Besonders  ist 
die  Uebereinstimmung  Südspani^i's  und  Nordwestafrika's,  die  firüher 
offenbar  durch  einen  Isthmus  mit  einander  verknüpft  waren,  eine  aussei 


€20  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

ordentlich  grosse,  so  dass  man  mit  Recht  gesagt  hat,  Afrika  &nge  mit 
der  Sierra  Morena  an. 

Wie  von  den  Pabnen,  so  hat  auch  von  den  Afien  eine  Art  die 
Küsten  Eoropa's  erreicht:  der  im  Innern  Nordafrika's  häufige  Affe 
Inuus  ecaudatns  (Hundsaffe,  Magot),  welcher  sich  auf  dem  Gibraltar- 
felsen angesiedelt  hat.  —  Ebenso  dringen  zahlreiche  tropische  Formen 
der  Fledermäuse,  vor  allem  Drsopes  Cestoni,  bis  nach  Südeuropa  vor. 

Die  Insectenfi'esser  sind  zum  grössten  Theile  dieselben  wie  im 
mittleren  Europa;  charakteristisch  fiir  dieses  Gebiet  sind  jedoch  dne 
Spitzmaus,  Sorex  etruscus,  und  der  blinde  Maulwurf  (Talpa  coeca), 
der  vom  mitderen  Italien  an  den  gemeinen  Maulwurf  ersetzt  —  Von 
den  Fleischfi^essem  gelangt  der  braune  Bär  aus  Mittdeuropa  bis  in  die 
Pyrenäen  und  in  die  Abruzzen.  Die  Marder,  deren  Verbreitungsbezirk 
ganz  mit  dem  der  Nadelhölzer  zusammenfallt,  sind  in  Südeuropa  die- 
selben wie  im  Norden  unseres  Erdtheils;  in  Nordafrika  sind  sie  vei^ 
treten  durch  das  Frettchen  (Mustela  frtro)  und  das  ägyptische  Wiesel 
(M.  subpalmata).  Aus  den  Grattungen  Viverra  und  Herpestes  trifft 
man  die  durch  ganz  Afrika  gehende  Genett-Eatze  (Viverra  genetta) 
auch  in  Spanien  und  Südfi-ankreich  und  den  Ichneumon  oder  die 
Pharaonsratte  (Herpestes  ichneumon)  in  Aegypten;  statt  der  letzteren 
findet  sich  in  der  Berberei  H.  numidicus  und  in  Spanien  (Sierra  Morena) 
H.  Widdringtonii.  Der  Wolf  wird  nur  auf  den  drei  südeuropäischen 
Halbinseln  beobachtet  Hing^en  fehlt  der  Fuchs  keinem  Thdle,  ist 
jedoch  in  den  einzelnen  Ländern  dgenartig  ge^bt  Der  Schakal  be< 
wohnt  in  Europa  nur  einige  dalmatinische  Inseln  und  Morea,  ist  jedoch 
in  Vorderasien  und  Nordafiika  sehr  häufig;  die  gestreifte  Hyäne  (Hyaena 
striata)  aber  gehört  nur  Westasien  und  Nordafiika  an  und  wird  boeits 
in  Kordoian  von  der  gefleckten  Hyäne  (IL  crocuta)  abgelöst  Von 
Katzenarten  kommen  die  gemeine  Wildkatze  (Felis  catus)  und  mehrere 
Luchse  in  Südeuropa  und  Westasien  vor,  die  Pardelkatze  (F.  pardinai 
in  Portugal  und  Spanien,  der  Karakal  und  Stiefelluchs  (F.  caligata) 
in  Nordafiika  und  Vorderasien.  Der  Löwe,  noch  zu  Xerxes'  2^ten 
in  Griechenland  heimisch,  ist  auf  den  Südrand  und  Westasien  beschränkt 
und  der  Leopard  sogar  allein  auf  Nordafiika;  doch  werden  beide  hier 
immer  seltener. 

Die  ziemlich  zahlreichen  Nager  stammen  zum  grossen  Theil  aus 
den  benachbarten  Steppen.  Ausser  unserem  gemeinen  fSchhömchen 
weist  Südeuropa  noch  zwei  ihm  sehr  ähnliche  Arten  auf;  aus  Nord- 
afiika ist  nur  Sciurus  getulus  bekannt  Drei  Schläfer,  nämlich  der 
Billich  (Myoxus  glis),  der  Gartenschläfer  (M.  nitela)  und  die  Haselmaus 
(M.  muscardinus),  sowie  eine  Wurfmaus  (Spalax  typhlus)  haben  sich 
nur  diesseits,  die  Springmäuse  (IKpus),  deren  eigentliche  Heimath  die 


VII.    Die  Faunengebiete  der  Erde.  621 

asiatischen  Steppen  sind,  ausschliesslich  jenseits  des  Mittelmeeres  an- 
gesiedelt. Zu  den  mitteleuropäischen  Mäusen  gesellen  sich  hier  noch 
mehrere  andere,  wie  Mus  lectorum  (Dachratte)  in  Aegypten  und  Italien, 
M.  Orientalis  an  den  Küsten  des  Rothen  Meeres,  M.  barbarus  in  der 
Berberei  u.  a.  Der  Hamster  ist  bis  auf  Vorderasien  allen  Mittelmeer- 
ländem  fremd.  Die  Feldmäuse  (Hypudaeus)  gehen  nicht  über  Europa 
hinaus;  dafür  beherbergt  Nordafrika  steppenbewohnende  Rennmäuse 
(Meriones),  Rautenmäuse  (Rhombomys)  und  Sandratten  (Psammomys). 
Das  Stachelschwein,  dessen  Verbreitungsgebiet  vom  Caplande  bis  Rom 
reicht,  fehlt  keinem  Ufer  des  Mittelmeeres.  Das  wilde  Kaninchen  und 
der  gemeine  Hase  finden  sich  nur  im  südhchen  Europa-,  für  den  letzteren 
tritt  auf  Sardinien  der  Lepus  mediterraneus  und  am  Rothen  Meere  der 
L.  aegyptius  auf. 

Von  den  Dickhäutern  ist  das  gemeine  Wildschwein  fast  in  allen 
sumpfigen  Buschwaldungen  um  das  Mittelmeer  zu  Hause.  Von  den 
Einhufern  schwärmen  das  wilde  Pferd  und  der  wilde  Esel  aus  Hinter- 
asien bis  nach  den  iranischen  Steppen.  —  Aus  der  Ordnung  der 
Wiederkäuer  treffen  wir  den  Damhirsch  (Cervus  dama)  an  sämmtlichen 
Gestaden  des  Mittelmeeres,  den  Edelhirsch  (C.  elaphus)  hingegen  nur 
an  den  nördUchen  und  östhchen,  das  Reh  nur  in  Italien.  Von  Antilopen, 
welche  Südeuropa  ganz  entbehrt,  hat  Nordafrika  ausser  anderen  Arten 
die  charakteristische  Antilope  dorcas  (gemeine  Gazelle).  In  den  Gebirgen 
Spanien's  und  der  europäischen  Türkei,  sowie  auf  Corsica,  Sardinien 
und  Cypem  leben  mehrere  wilde  Schafe,  nämlich  Ovis  musimon  (sar- 
dinischer Muflon)  und  O.  cypria  (cyprischer  M.),  welche  im  Orient 
durch  O.  orientaHs  (orientalischer  M.)  und  in  Nordafrika  durch  0. 
tragelaphus  (afrikanischer  M.)  ersetzt  werden. 

Die  Vögel  der  Mittelmeerländer  zeigen  .nahezu  dieselben  Verhält- 
nisse wie  diejenigen  Mitteleuropa's.  Die  Geier  werden  südlich  der 
Alpen  zahlreicher,  da  sich  hier  ausser  den  mitteleuropäischen  Arten 
noch  Vultur  aegyptius  und  V.  percnopterus  vorfinden.  In  Nordafrika 
und  Westasien  ist  ihre  Individuenzahl  eine  so  grosse,  dass  sie  im  Verein 
mit  den  Hunden  eine  erupriessliche  Thätigkeit  als  Wohlfahrtspolizei  aus- 
üben, indem  sie  das  Aas  hinwegschaffen.  Unter  den  Adlern  ist  der 
Kaiseradler  (Aquila  imperialis)  am  wichtigsten.  Statt  der  grossen  mittel- 
und  nordeuropäischen  Eulen  treten  kleinere  Eulen  auf,  welche  die 
wandernden  Züge  der  kleinen  Landvögel  nach  Nordafiika  begleiten. 
Charakteristische  Wad-  und  Schwimmvögel  sind  die  Flamingos,  die 
LcJffelreiher,  der  Ibis,  mehrere  Reiher  (Purpurreiher,  kleiner  Silber- 
reiher, Rallenreiher),  der  gekrönte  und  der  numidische  Kranich  (Grus 
pavonia  und  G.  virgo)  und  die  Pelicane.  Der  afrikanische  Strauss 
dringt  bis  in's  nordwestliche  Afrika  vor. 


622  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

Von  den  60  Species  der  Reptilien  gehören  6  zu  den  Schildkröten, 
18  zu  den  Eidechsen  und  ebenso  vide  zu  den  Schlangen  und  zu  den 
Batrachicreu.  Die  Süsswasserfische,  welche  eine  geringere  Manig&itig- 
keit  darbieten  als  im  mittleren  Europa,  sind  vorwi^end  Cyprinoiden.  — 
Die  Gliederthiere  sind  in  hohem  Grade  formenreich. 

4)  Das  centrale  Hochasien,  d.h.  das  grosse  Hochland  zwischen 
dem  Pamir-Plateau,  dem  Himalaya,  dem  chinesischen  Alpenlande  und 
dem  Altai,  ist  besonders  wichtig  als  die  ursprüngliche  Heimath  mehrerer 
unserer  Hausthiere,  namentlich  der  Hufthiere  unter  ihnen. 

Affen  haben  hier  nii^ends  einen  ständigen  Wohnsitz.  Die  Fleder- 
mäuse und  Insectenfresser  sind  wenig  bekannt.  —  Von  den  Fleisch- 
firessem  kommt  der  braime  Bär  im  Altai  vor,  während  Ursus  torquatus 
und  U.  isabeUinus  dem  Himalaya  eigenthünüich  sind.  Die  Gattung 
der  Marder  ist  in  ansehnlicher  Menge  vorhanden ;  so  hat  man  den  Iltis, 
den  Zobel,  Mustela  altaica  und  M.  alpina  im  Altai  und  mehrere  andere 
Arten  in  den  Gebirgen  Nepal's  gefunden.  Vom  Altai  bis  zu  den  nord- 
chinesischen Hochgebirgen  reicht  der  Alpenwolf  (Canis  alpinus);  der 
Wolf  und  der  Fuchs  begleiten  den  ganzen  Xordabhang  Hochasien's. 
Unter  den  ftinf  Arten  des  Katzengeschlechtes  iist  der  Irbis  ( Felis  irbis  i 
dem  ösdichen  Hochasien  eigenthümlich ;  der  Panther  und  Tiger  sind 
vielfach  auf  demselben  getroffen  worden ,  letzterer  sogar  nordwärts  bis 
nach  Sibirien  und  westwärts  bis  an  den  Araxes.  —  In  der  Mongolei  und 
auf  den  nördlichen  Bandbergen  sind  der  Tolaihase  und  der  veränder- 
Uche  Hase  häufig,  an  die  sich  im  Süden  der  Lepiis  tibetanus  anschliesst. 
Sehr  charakteristisch  aber  sind  zwei  Pfeifhasen:  Lagomys  ogotona  und 
L,  alpinus. 

Recht  bezeichnend  für  die  Steppe  sind  vor  allen  anderen  Thieren 
drei  Einhufer:  das  Pferd,  welches  seinen  Hauptsitz  in  den  iranischen 
und  mongolischen  Steppen  hat,  aber  in  grösseren  oder  kleiner^i  Heerden 
bis  zum  südöstlichen  Russland  und  zum  Japanischen  Meere  vordringt 
der  wilde  Esel  (Kulan,  Onager),  der  vorzüglich  in  der  iranischen  und 
tatarischen  Steppe  zu  Hause  ist,  und  der  die  Gobi  durchschwdfende 
isabellgelbe  Dschiggetai  mit  schwarzer  Mähne  (Equus  hemionus). 

Die  Dickhäuter  fehlen  bis  auf  das  gemeine  Wildschwein,  welchem 
man  in  den  unteren  Theilen  des  Altai  beg^net;  dagegen  bilden  die 
Wiederkäuer  einen  Haupttheil  der  Thierbevölkerung  Hochasien's.  Zu 
ihnen  gehören  das  Trampelthier  (Camelus  bactrianus),  das  auch  im 
wilden  Zustande  von  Turkestan  bis  China  verbreitet  ist,  das  Bisam- 
thier  (Moschus  moschifenis) ,  welches  alle  Hochgebirge,  aber  auch  nur 
diese  zwischen  20  und  60^  n.  Br.,  90  und  1G6"  ö.  L.  v.  F.  bewohnt, 
sowie,  nur  im  Norden  vorkommend,  das  Renthier,  das  Elenthier,  der 
Edelhirsch  und  das  Reh  (Cervus  pygargus);  am  Himalaya  stellen  sich 


VII.    Die  Faunengebiete  der  Erde.  623 

andere  Hirscharten  ein,  vor  allem  der  statdiche  Axishirsch.  Unter  den 
Antilopen  nimmt  die  A.  gutturosa  den  ersten  Rang  ein.  Die  ziemlich 
zahlreichen  Wildschafe  und  Wildziegen  sind  meist  noch  nicht  mit 
Sicherheit  bestimmt.  Von  den  ersteren  nennen  'wir  einen  Muflon  (Ovis 
Vignei,  in  Klein-Tibet) ,  den  Nahur  (Ovis  Nahoor,  Sna  der  Tibetaner, 
auf  beiden  Seiten  des  Himalaya)  und  den  in  verechiedenen  Arten  auf- 
tretenden Argali,  von  den  letzteren  den  sibirischen  Steinbock  (Capra 
sibirica,  auf  den  Gebirgen  vom  Altai  bis  nach  Kamtschatka),  den 
himalayischen  Steinbock,  den  Iharal  (Capra  iharal)  und  eine  riesenliafte 
Ziege,  welche  in  Afghanistan  Mar-Khur,  in  Klein-Tibet  Rawacheh  heisst. 
Eines  der  nützlichsten  Thiere  ist  eine  dem  hinteren  Hochasien  eigen- 
thümliche  Rinderart,  der  Yak  oder  Grimzochse  (Bos  grunniens),  welche 
sowohl  gezähmt  als  auch  wild  vorkommt. 

Um  die  Seen  und  Flüsse  der  Randgebirge,  sowie  um  die  Salz- 
lagunen der  Steppe  und  Wüste  schaaren  sich  zahlreiche  Sumpf-  und 
Wasservögel,  besonders  Kraniche,  wilde  Gänse  und  Schwäne.  Die 
trockene  Steppe  aber  ist  von  Rebhühnern,  Haselhühnern,  Steppen-  und 
Sandhühnern,  Wachteln  und  Trappen  belebt,  wie  denn  überhaupt 
kleinere  Hühnerarten  unter  den  Landvögeln  vorzuherrschen  scheinen. 
Im  allgemeinen  dürfte  die  Vogelfauna  Hochasien's  mit  derjenigen  der 
kaspischen  Steppen  nahe  verwandt  sein. 

Ueber  die  Reptüien  wissen  wir  nur  weniges.  Frösche  und  Schlangen 
fehlen  wohl  gänzKch  und  zwar  die  ersteren  wegen  des  Wassermangels, 
die  letztöi-en  wegen  der  Höhe  des  Landes,  da  die  Schlangen  selbst 
unter  den  Tropen  hohe  Berggebiete  meiden. 

5)  Japan  zeigt  hinsichtlich  seiner  Fauna  nicht  nur  viele  Be- 
ziehungen zu  dem  benachbarten  Festlande,  sondern  auch  nicht  wenige 
zu  Mitteleuropa;  hingegen  deuten  von  den  Säugethieren  nur  drei  Species 
auf  die  nordamerikanische  Fauna  hin. 

Wie  in  Nordafrika  und  Furopa,  so  wird  auch  hier  der  Palmen- 
wuchs von  einem  Affen,  Inuus  speciosus,  begleitet,  also  von  einem 
Affen,  welcher  derjenigen  Art  (Inuus  ecaudatus)  nahe  steht,  die  auf 
der  Westseite  der  Alten  Welt  ebenfalls  am  weitesteh  nach  Norden  vor- 
geschoben ist  —  Von  den  10  Fledermäusen  stammen  die  finicht- 
fi-essenden  (2  Pteropus  -  Arten)  aus  der  tropischen  Zone;  hingegen 
sind  die  insectenfressenden  (2  Rhinolophus-  und  6  Vespertilio-Arten) 
bis  auf  zwei  mit  Europa  identische  Arten  von  Vespertilio  Japan  eigen- 
thümlich. 

Die  Insectenfresser  gehören  theils  der  Familie  der  Spitzmäuse  an  (vier 
Sorex- Arten),  theils  derjenigen  der  Würfe  (unter  ihnen  die  neue  Gattung 
Urotrichus,  während  unser  Maulwurf,  Talpa  europaea,  durch  Talpa 
wogura  ersetzt  wird) ;  der  Igel  ist  wahrscheinlich  aus  China  eingeftihrt.  — 


624  Vierter  TheU.    Das  orgauische  Leben  aaf  Erden. 

Keich  an  Gattungen  und  Arten  sind  die  Fleischfresser.  Von  den  Bären 
hat  Japan  einen  mit  Indien  gemein  (Ursus  tibetanus),  den  anderen 
mit  dem  westlichen  Nordamerika  (U.  ferox).  Die  Gattungen  Meles 
(Dachs)  und  Mustela  (Marder)  sind  nur  durch  wenige  dem  Inselreiche 
eigenthümUche  Arten  vertreten.  Die  Fischotter  ist  von  der  unsrigeo.  die 
Seeotter  von  der  nordamerikanischen  nicht  specifisch  unterschieden.  Dt-r 
japanische  Wolf,  Canis  hodophilax,  ist  dem  europäischen  und  amerika- 
nischen sehr  ähnlich;  der  wilde  Hund,  C.  nipon,  gleicht  in  Grösse, 
Gesfcilt  und  Färbung  dem  neuholländischen  Dingo,  und  der  in  China 
heimische  C.  procyonoides  ist  auf  Japan  durch  den  C.  viverrinus  reprä- 
sentirt  Zu  diesen  Japan  eigenthümlichen  Hunden  kommt  noch  der 
nur  durch  schwache  Farbendifferenz  ausgezeichnete  japanische  Fuchs 
(C.  vulpes  japonica),  sowie  der  mit  dem  amerikanischen  Rothfuchs 
übereinötimmende  C.  fulvus;  beide  sind  in  reichster  Menge  vorhanden. 
Von  Katzen  findet  sich  auf  Japan  nur  die  Hauskatze. 

Die  Nager  Japan's  sind  ein  grosses  Flughömchen,  Pteromys  leu- 
cogenys,  und  die  viel  kleinere  Art  P.  momoga,  femer  zwei  Varietäten 
unserer  Eichhörnchen,  ein  eigenthümlicher  ^Siebenschläfer,  vier  eigen- 
thümliche  Clause  neben  der  Wanderratte  (Mus  decumanus)  und  der 
Haubinaus  (M.  musculus)  und  endlich  der  japanische  Hase.  —  Unter 
den  Zahnlückem  erscheint  ein  Schuppenthier  (Manis),  dessen  Panzer 
zur  Herstellung  von  Hausgeräthen  benützt  wird.  —  Grosse  Hufthiere 
fehlen  ganz.  Ein  kleines  Schwein  (aus  leucomystax),  ein  kleiner  Hirsch 
(Cervus  sika)  und  eine  mittelgrosse  Antilope  mit  grobem,  langem  und 
gekräuseltem  Haare  (Antilope  crispa)  sind  nebst  dem  japanischen  Hasen 
die  wichtigsten  Jagdthiere  der  Japanesen.  —  Von  den  fiobben  hat  man 
an  den  Küsten  Japan's  den  KSteller'schen  Seelöwen,  sowie  zwei  Seehunde 
(Phoca  groenlandica  und  Ph.  barbata)  getroffen. 

Die  Vogelfauna  Japan's  ist  der  mitteleuropäischen  nahe  verwandt; 
doch  werden  die  Geier  vermisst,  und  die  Zahl  der  Eulen  ist  geringer. 

Von  den  29  Reptilien  bewohnen  3  Schildkröten  und  4  Schlangen 
das  Meer.  Die  22  Landreptilien  sind  nur  zum  geringeren  Theile 
Eidechsen  und  Schlangen;  nicht  weniger  als  11  Arten  sind  Batrachier, 
zu  denen  der  einen  Meter  lange,  einem  riesigen  Molche  ähnelnde  Riesen- 
Salamander  (Megalobatrachus)  gehört. 

C.  Das  gemässigte  Nordamerika  um&sst  den  Riiimi  zwischen 
der  Südgrenze  der  arktischen  Fauna  und  dem  Südrande  des  mexica- 
nischen  Hochlandes.  Bei  dem  manigfachen  Wechsel  von  Tiefebene 
und  Hochebene^  Mittelgebirge  und  Hochgebirge,  Waldland,  Steppe  und 
Wüste  ändert  sich  natürlich  innerhalb  dieses  Gebietes  der  Charakter 
der  Fauna  viel&ch.  Besonders  deutlich  zeigt  sich  bei  einer  Vergleichung 
der  nordamerikanischen  Fauna  mit  der  aussertropischen  der  Alten  Welt^ 


VII.    Die  Faunengebiete  der  Erde.  625 

dass  nach  Süden  hin  die  identischen  oder  stellvertretenden  Arten  mehr 
und  mehr  abnehmen  und  zuletzt  ganz  verschwinden.  Nordamerika 
besitzt  wenig  eigenthümUche  Gattungen ;  dagegen  sind  mehr  Ordnungen 
als  in  der  Alten  Welt  repräsentirt 

AflFen  kommen  in  den  wärmeren  Theilen  von  Mexico  noch  vor, 
ohne  jedoch  Louisiana  oder  Florida  zu  erreichen.  —  Die  Fledermäuse 
tragen  ähnliche  Charakterzüge  an  sich  wie  in  den  analogen  Breiten  der 
Alten  Welt:  wie  dort  das  tropische  Geschlecht  Dysopes  mit  einer 
Spedes  (D.  Cestoni)  bis  nach  Italien  vordringt,  so  gehen  Dysopes-Arten 
und  Desmodus  murinus,  gleichfalls  eine  tropische  Species,  bis  nach 
Mexico  und  in  die  Vereinigten  Staaten.  Alle  übrigen  Fledermäufle 
zählen  zu  den  Geschlechtem  Vespertiho  und  Nycticejus;  indess  sind 
nur  die  Gattungen,  aber  nicht  auch  die  Species  identisch. 

Die  Insectenfresser  haben  ebenfalls  den  Typus  derjenigen  der  Alten 
Welt;  einen  um  so  schärferen  Gegensatz  bezeichnen  sie  zu  Südamerika, 
welchem  Continent  diese  ganze  Unterordnung  fehlt.  Von  der  zahl- 
reichsten Gattung,  derjenigen  der  Spitzmäuse  (Sorex),  sind  15  Species 
beschrieben.  Die  Gattungen  Scalops  (Wassermaulwurf)  und  Ehinaster 
ersetzen  die  Myogale  (Rtlsselmaus)  der  Alten  Welt.  —  Die  Fleischfresser 
zeigen  sowohl  europäische  wie  südamerikanische  Typen.  Ihre  relativ 
weite  Verbreitung  erklärt  sich  daraus,  dass  sie  von  den  Vegetations- 
verhältnissen viel  weniger  abhängig  sind  als  andere  Thiere.  Acht 
Gattungen  der  Alten  Welt  erscheinen  auch  in  Nordamerika,  nämlich 
Canis  (Hund),  Felis  (Katze),  Meles  (Dachs),  Ursus  (Bär),  Gulo  (Viel- 
frass),  Mustela  (Marder),  Lutra  (Fischotter),  Enhydris  (Seeotter)  •,  diesen 
gehören  die  meisten  Arten  an.  Vier  von  den  genannten  Gattungen 
(Ursus,  Lutra,  Canis  und  Felis)  sind  auch  in  Südamerika  vertreten,  die 
anderen  vier  nicht.  Vier  oder  flinf  Gattungen,  nämlich  Procyon  (Wasch- 
bär), Nasua  (Nasenthier),  Cercoleptes  (Wickelbär),  Mephitis  (Stinkthier), 
vielleicht  auch  GaUctis  (Grison),  sind  Nord-  und  Südamerika  gemein- 
schafUich,  und  nur  die  Gattung  Bassaris  (in  den  gemässigten  Regionen 
Mexico's)  ist  Nordamerika  eigenthümlich.  Mit  der  Alten  Welt  völlig  oder 
nahezu  identische  Arten  sind  die  Seeotter,  der  braune  Bär,  der  Wolf  und 
der  Vielfrass  oder  die  Wolverene  (Gulo  luscus).  Vicarirende  Arten,  von 
den  europäisch-asiatischen  Arten  meist  nur  durch  die  grössere  Feinheit 
des  Pelzes  unterschieden,  treffen  wir  namentlich  unter  den  Mardern  (so 
Mustela  huro  fiir  M.  martes,  M.  Richardsonii  für  M.  erminea,  M.  pusilla 
für  M.  vulgaris,  M.  vison  für  M.  lutreola).  In  Nord-  und  Südamerika 
identische  Formen  sind  Felis  concolor  (der  Ghiguar,  Puma  oder  amerika- 
nische Löwe),  F.  onca  (Jaguar,  Unze),  F.  pardalis  (Pardelkatze,  Ozelot), 
F.  yaguarundi  ( Yaguarundi) ,  femer  Galictis  barbara  (?)  (die  Hyrare), 
Nasua  sociaUs  (der  gesellige  Cuati),  Cercoleptes  caudivolvulus  (Wickel- 

Peschel-Leij>ol dt,  Phys.  Erdkunde.    Tl.  40 


626  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  £rden. 

bär),  von  denen  jedoch  nur  die  beiden  ersteren  wdt  nach  Norden 
gehen  (der  Cuguar  sogar  bis  Obercanada),  während  die  anderen  aus- 
schliesslich die  wärmeren  Ölenden  Mexico's  bewohnen.  Von  den 
Bären  hat  der  braune  Bär  seinen  Hauptsitz  auf  der  waldlosen  Tundra, 
der  schwarze  Bär  (Ursus  americanus)  jedoch  inmitten  der  Waldzone; 
der  Grieselbär  (Ursus  ferox)  ist  auf  die  FeU^ngebirge  und  die  an- 
grenzenden östhchen  Niederungen  beschi^üikt.  Der  Waschbär  (Procyon 
lotor)  dringt  bis  zum  60.  Breitengrade  vor.  Das  Stinkthier  (7 — 8  Arten) 
wird  in  den  warmen  TheUen  von  Mexico  und  Califomien  gefunden; 
doch  trifft  man  Mephitis  Cühinga  bis  zum  61.  Breitengrade.  Neben  dem 
eigentlichen  Wolfe,  der  dem  unsrigen  gleicht,  durchschweifen  der  Prairie- 
Wolf  (Canis  latrans),  der  dreifarbige  E\ichs  (C.  cinereo-argenteus)  und 
der  Kitfuchs  (C.  velox)  das  Land  bis  zum  55.  Breitengrade.  Im  ganzen 
giebt  es  hier  8  Spedes  der  Grattimg  Canis.  Der  Rothluchs  (Felis  ru&) 
ist  von  Canada  bis  Mexico,  der  canadische  Luchs  (F.  borealis)  vom 
43.  bis  66.  Breitengrade  verbreitet 

Von  den  Beutelthieren,  welche  der  ganzen  nördlich  gemässigten 
Zone  der  Alten  Welt  fehlen,  erscheinen  3  Species  in  Mexico  und  in 
dem  südlichen  Theil  der  Vereinigten  Staaten.  Sie  zählen  sämmtlich 
zu  dem  Geschlecht  der  Beutelratten  (Didelphys).  —  Reich  bevölkert  ist 
Nordamerika  von  Nagern;  dieselben  übersteigen  die  Zahl  130,  d.  h.  sie 
machen  %  oder  vielleicht  einen  noch  grösseren  Theil  der  sämmtlichen 
Arten  der  Säugethier&una  aus,  und  hierbei  sind  nicht  weniger  als  9 
Gattungen  Nordamerika  eigenthümUch.  In  den  Wäldern  sind  die  in 
27  Arten  auftretenden  Eichhörnchen  sehr  häufig;  das  Gkbiet  des 
Tschickari  (Sciurus  hudsonius)  erstreckt  sich  bis  zum  69.  Grad  n.  Br., 
während  andere,  wie  das  grosse  Fuchseichhom  (Sc  capistratus)  und 
Sc.  carolinensis  nur  bis  Viiginien,  resp.  Connecticut  gelangen.  Von 
den  4  Flughömchen  geht  Pteromys  volucella  von  Canada  bis  Mexico. 
Schaaren  von  Zieseln  und  Murmelthieren  beleben  die  Prairien;  beson- 
ders häufig  ist  am  oberen  Missouri  Arctomys  ludovidanus,  der  wegen 
seines  GebeUs  auch  Prairiehund  genannt  wird.  Zu  den  Springmäusen 
gehören  zwei  zwischen  dem  40.  und  60.  Breitengrade  lebende  Jacuhis 
(Hüpfinaus).  Die  zahlreichen  Wurfiaaäuse  der  Gattung  Ascomys,  welche 
besonders  die  Prairien  au&uchen,  zeichnen  sich  von  den  anderen 
durch  ihre  eigenthümlichen  Backentaschen  aus,  welche  sich  auf  der 
Aussensdte  der  Wangen  öfihen.  Die  über  die  ganze  östUche  Hemisphäre 
verbreitete  Gattung  Mus  entbehrte  Amerika  merkwürdiger  Weise  gänz- 
lich, bevor  eine  regere  Schiffiahrt  diesen  Continent  mit  Europa  ver- 
knüpfte; jetzt  fireilich  vermisst  man  Mus  decumanus,  M.  ratlus  tmd  M. 
musculus  fast  in  keinem  grösseren  Theile.  Der  Hamster  wird  durch  einen 
kleinen  Oicetomys  ersetzt   Die  Gattungen  Neotoma,  Sigmodon  und  Fiber 


VII.    Die  Faunengebiete  der  Erde.  627 

(F«  zibetbica»,  die  Bisamratte)  sind  Nordamerika  ganz  eigentbümlich. 
Hingegen  hat  es  mit  der  Alten  Welt  die  Feldmäuse  und  Lemminge  gemein. 
Der  Biber  ist  mit  dem  der  Alten  Welt  völlig  identisch.  Unser  Stachel- 
schwein ist  in  Nordamerika  durch  die  diesem  Continente  eigenthümÜche 
Gattung  Erethizon  und  in  Mexico  dm*ch  den  brasilischen  Cercolabes 
prehensilis  repräsentirt.  Die  Hasen,  welche  in  Südamerika  sehr  spärlich 
sind,  zeigen  sich  in  Nordamerika  in  grosser  Anzahl  und  in  vielen  (17) 
Spedes.  Von  den  Pfeifhasen  findet  sich  nur  eine  Art  und  zwar  auf 
den  Höhen  des  Felsengebirges  zwischen  dem  52.  und  60.  Grad  n.  Br., 
nämlich  Lagomys  princeps.  —  Die  Zahnlücker  fehlen  gänzlich  bis  auf 
ein  Gürtelthier,  Dasypus  novemcinctus. 

Aus  der  Ordnung  der  Dickhäuter ,  von  welcher  zwei  Gattungen 
(Tapirus  und  Dicotyles)  in  Südamerika  vorkommen,  streift  bloss  der 
Dicotyles  torquatus  (Pekari  oder  Halsband-Nabelschwein)  bis  in  den 
südlichsten  Theil  von  Nordamerika  (33  ^/a  ^  n.  Br.)  hinüber.  —  Zur 
Ordnung  der  Wiederkäuer  zählen  in  Nordamerika  7  Hirsche  (darunter 
das  auch  der  Alten  Welt  angehörende  Benthier  und  Menthier)  und 
2  Antilopen,  von  denen  der  Cabril  (Antilope  furcifer)  in  zahlreichen 
Heerden  auf  den  Grasebenen  bis  zum  Saskatschawan  weidet.  Die 
Antilope  americana  und  der  amerikanische  Muflon  (Ovis  montana)  sind 
Bewohner  des  Cordilleren-Plateaus,  während  der  amerikanische  Bison 
oder  Büffel  (Bos  americanus)  seinen  Hauptsitz  in  den  Prairien  östlich 
von  den  Felsengebirgen  hat;  doch  durchschweift  er  auch  die  Waldungen 
bis  zum  62.  Grad  n.  Br.  Bemerkenswerth  ist,  dass  die  Ordnung  der 
Wiederkäuer  in  der  Alten  Welt  durch  126  Arten,  in  Amerika  hingegen 
nur  durch  24  Arten  vertreten  ist.  —  Die  Meeressäugethiere  sind  fast 
durchweg  dieselben  wie  in  den  nördUchen  Gewässern,  d.  i.  ^vie  in 
der  Polarregion. 

Wie  die  Säugethiere  so  nähern  sich  auch  die  Vögel  mehr  den 
europäischen  als  den  südamerikanischen  Formen;  denn  Nordamerika 
hat  mit  Europa  fast  V«  seiner  Vögel  gemein,  mit  Südamerika  nur  Vs- 
Am  weitesten  verbreitet  sind  die  Baubvögel,  und  von  ihnen  ist  fast 
die  Hälfte  europäisch.  Nur  die  Geier  sind  in  geringer  Zahl  (3  Arten) 
vorhanden  und  gehören  alle  dem  Typus  Cathartes  an.  Die  Zahl  der 
Falken  beträgt  25  und  die  der  Strigiden  14.  Mit  Ausnahme  der  Raben, 
von  denen  ^4  ^^^^  ^^  Europa  heimisch  ist,  sind  die  übrigen  nord- 
amerikanischen Landvögel  &st  sämmtlich  Amerika  eigenthümUch ;  so 
linden  sich  von  den  62  Sylviaden  nur  2  in  Europa.  Da  sich  die 
wirkUche  Identität  im  wesentlichen  auf  die  Vögel  des  Nordens  be- 
schränkt, so  ist  sie  bei  den  Wasservögeln  am  häufigsten  zu  beobachten. 
Die  Rebhühner,  die  wahren  Fasane  und  unter  den  Wadvögeln  die 
Trappe  und  Störche  gehen  diesem  Erdtheile  gänzHch  ab.    Hingegen  sind 

4n* 


628  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

als  besonders  bezeichnende  Formen  hervorzuheben  zwei  Waldhühner 
(Tetrao  umbellus  in  Kentucky  und  T.  cupido),  der  prächtige  Truthahn, 
der  in  Schaaren  die  Wälder  belebt^  die  califomischai  LaufhOhner  Ortyx, 
zahlreiche  Tauben,  einige  niedliche  Colibris,  welche  bis  Siicha^  also  bia 
zum  57.  Breitengrade  nach  Norden  vordringen,  und  Papageien,  von 
denen  Centurus  carolinensis  schon  an  den  Ufern  des  Ontario-Sees  ge- 
troffen wurde. 

Unter  den  Reptilien  begegnen  wir  zahlreichen  Schildkröten,  von 
denen  Connecticut  allein  13,  der  mittlere  Theil  der  Vereinigten  Staaten 
sogar  27  aufweist  Hing^en  ist  die  Zahl  der  Eidechsen  relativ  gering. 
Zahlreicher  wiederum  sind  die  Schlangen  (unter  ihnen  gegen  8  Klapper- 
schlangen); doch  dominiren  über  alle  die  genannten  Ordnungen  die 
Batrachier,  unter  denen  allein  26  Salamander  und  Tritonen  sind« 

Die  Fisch&una  stimmt  zwar  generisch,  aber  nicht  in  den.Species 
mit  derjenigen  der  Alten  Welt  überein;  denn  nach  dem  zuverlässigen 
Urtheile  Agassiz'  haben  beide  Hemisphären  auch  nicht  eine  einzige 
FiBchspecies  mit  einander  gemein. 

IL    Die  Provinzen  der  tropischen  Zone. 

Tief  greifende  Unterschiede  trennen  die  Fauna  der  gemässigten 
Zone  von  derjenigen  der  tropischen.  Es  wechseln  nicht  bloss  die  Arten 
der  beiden  gemeinsamen  Gattungen,  sondern  es  treten  auch  ganz  neue 
Gattungen,  ja  Familien  und  selbst  Ordnungen  auf. 

Wie  die  Palmen  der  tropischen  Pflanzenwelt  ihren  wesentlichsten 
Charakterzug  aufragen,  so  die  Affen  der  tropischen  Thierwelt;  die 
Ghrenze  ihres  Verbreitungsgebietes  ist  daher  zugleich  als  Grenze  des 
tropischen  Thierlebens  zu  betrachten  (wir  sehen  hierbei  nur  ab  von 
den  beiden  äussersten  Vorposten  der  Affen,  dem  südeuropäiBchen  Inuus 
ecaudatus  und  dem  japanischen  Inuus  speciosus).  Mit  den  Affen  er- 
scheinen gleichzeitig  auf  dem  Schauplatze  der  Natur  die  grossen  Dick> 
häuter  (Elephant,  Nashorn,  Flusspferd  und  Tapir),  von  den  Wieder- 
käuern die  Giraffe  und  die  meisten  der  Antilopen  und  von  den  Baub- 
thieren  ausser  den  Viverren,  Mangusten  und  Hyänen  vor  aUem  die 
grossen  Katzen  (Löwe,  Tiger,  Paider,  Jaguar  und  Cuguar).  Femer 
sind  ihr  die  finchtfinessenden  Bledermäuise  dgenthümlich,  sowie  &8t 
alle  Thiere  aus  der  Ordnung  der  Zahnlücker.  Wo  die  V^etation  zu 
jeder  Jahreszeit  reiche  Nahrung  bietet,  giebt  es  natürlich  keine  Nager^ 
welche  Futtermagazine  anlegen,  also  keine  Hamster,  Feldmäuse  und 
Lemminge.  Grabende  Nager,  welche  unterirdische  Wohnungen  besitzen^ 
sind  auf  die  Steppen  beschränkt.  —  Von  den  Vögeln  gehören  namentlich 
die  Papageien  und  Cblibris  zu  den  echt  tropischen  T^pen ;  doch  über- 


VII.    Die  Faunengebiete  der  Erde.  629 

schreiten  sie  viel  häufiger  die  Grenzen  des  Hauptstockes  der  tropischen 
Fauna  als  die  angeflihrten  Säugethiere. 

Nur  ein  tropischer  Länderraum  theilt  diese  Charakterzüge  nicht, 
nämlich  das  nördliche  Australien ,  wohin  zwar  die  Palmen,  nicht  aber 
die  Affen,  die  grossen  Dickhäuter,  die  grossen  Katzen  und  zahlreiche 
andere  Thiere  vorgedrungen  sind. 

A.  Das  indische  Gebiet  umfasst  Vorder-  und  Hinterindien, 
das  südliche  China,  sowie  den  Indischen  Arcliipel  bis  zur  Makassar- 
Strasse  zwischen  Bomeo  und  Celebes.  Hinsichtlich  seiner  Thierbevölke- 
rung  ist  es  wohl  der  reichste  Theil  der  Erde;  nur  an  Insecten  und 
Vögeln  wird  es  von  BrasiKen  übertroffen.  Ostindien  hat  Repräsentanten 
aus  fest  allen  Familien  Europa's,  Nordasien's,  Afrika's  und  Australien's, 
und  zu  diesen  gesellen  sich  viele  ihm  ganz  eigenthümhche  Gattungen. 
In  den  meisten  Fällen  sind  die  ostindischen  Formen  grösser  als  die 
europäischen  und  nordasiatischen ;  nur  wenige,  wie  Pferde  und  Hirsche 
verhalten  sich  gerade  umgekehrt.  Auch  ist  die  Färbung  der  Thiere 
eine  viel  glänzendere  und  besonders  weit  manigfeltigere  als  die  ihrer 
nordischen  Verwandten. 

Indien's  Wälder  sind  von  zahllosen  Affen  belebt,  imd  zwar  finden 
sich  hier  ihre  menschenähnlichsten  Formen,  die  Orangs  und  Gibbons; 
sie  spielen  daher  im  indischen  Volksglauben  und  in  dem  religiösen 
Cultus  eine  wichtige  Rolle.  Der  merkwürdigste  Affe  ist  der  auf  Bomeo 
und  Sumatra  beschränkte  Orang-Utan  (Simia  satyrus).  Die  Gattung 
der  Gibbons  (Hylobates,  10  Arten)  geht  von  Bengalen  bis  Bomeo  und 
Java,  und  noch  tiefer  nach  Vorderindien  verbreitet  ist  die  Gattung  der 
Schlankaffen  (Semnopithecus)  und  der  Makakos  (Inuus),  deren  Haupt- 
sitz Vorderindien  ist.  Die  Familie  der  Halbaffen  ist  nur  durch  2  Gat- 
tungen mit  wenigen  Arten  repräsentirt.  —  Zahlreich,  nämlich  durch 
mehr  als  30  Gattungen  vertreten  ist  die  Ordnung  der  Flederthiere  und 
zwar  sowohl  auf  dem  Continent  wie  auf  den  Inseln.  Java  allein  zählt 
37  Arten  derselben.  Die  meisten  Arten  gehören  zu  den  Gattungen 
Pteropus  (Vampyr),  Rhinolophus  (Klammnase)  und  Vespertilio  (Fleder- 
maus). 6  Gattungen  und  fast  alle  Arten  sind  dem  indischen  Gebiete 
eigenthümlich. 

Von  den  Insectenfressern  ist  nur  die  Familie  der  Spitzmäuse  mit 
den  fbr  Indien  charakteristischen  Gattungen  Qadobates,  Hylomys  und 
Gymnura  und  dem  durch  die  Schiffifahrt  weit  verschleppten  Genus 
Sorex  von  Bedeutung.  —  Von  hervorragender  Wichtigkeit  sind  die 
Fleischfresser,  welche  5  f)ir  Südasien  eigenthümUch«  Gattungen  auf- 
weisen, nämlich  Arctictis  (Bärenmarder),  Mydaus  (Stinkdachs),  Helictis, 
Paradoxurus  (Roller)  und  Cynogale.  Aus  der  Sippe  der  Bären  ist 
Ursus  labiatus  in  Vorderindien,  U.  malayanus  in  Hinterindien  und  auf 


630  Vierter  TheiL    Das  organisehe  Leben  auf  Erden. 

den  Insdiiy  Arctictis  Bintorcmg  mir  auf  Malakka,  Soinatra  und  Java 
heimisch.  Der  Dachs  wird  durch  die  Gattung  Mydans  ersetzt,  wekher 
sich  die  Gattung  HeKctis  eng  anschKeast  Die  Rschottem  nnd  Marder 
zeigen  nur  wenige  Arten ;  statt  der  letzteren  ist  Südasien  rdch  bedacht 
mit  Viverren,  einer  Grattang,  welche  Südasien  mit  Afrika  gemein  hat. 
Von  diesen  beherrschen  Viverra  zibetha  (die  indische  Zibethkatze)  and 
V.  rasse  die  Ländenräome  zwischen  Nepal  and  den  PhiUppinen,  zwisdien 
Sumatra  und  dem  sfidUchen  China.  Femer  thdlt  sich  Südasien  mit 
Afrika  in  die  Mangusten;  auch  ist  eine  Art  der  beiden  Rüssehnangnsten, 
der  Crossarchus  rubiginosus,  in  Vorderindien  hämisch.  Höchst  charak- 
teristisch ftr  die  indische  Welt  ist  die  in  allen  TheQen  derselben  be- 
obachtete und  in  vielen  Arten  auftretende  Gattung  Paradoxoros.  Aach 
an  Hunden  fehlt  es  nicht;  nur  Hinterindien  soll  seltsamer  Weise  der- 
selben ganz  entbehren.  In  Vorderindien  begegnen  wir  CTiem  Wolf 
(Canis  pallipes),  dem  über  Vorderasien  bis  Afiika  gehenden  Sdiakal, 
dem  {achsähnlichen  Cams  chrrsurus  und  den  rothen  Wildhunden  (be- 
sonders C.  primaevus),  von  denen  eine  Abart,  der  Adjak  (C.  rutilans), 
auch  auf  Sumatra,  Java  und  Bomeo  vorkommt  Von  diesen  rothen 
Wüdhunden  stammen  jeden&Us  die  Hunderassen  ab,  wdche  in  Indien, 
China,  Japan,  Australien,  sowie  auf  den  Inseln  des  Indischen  and 
Stillen  Oceans  gehalten  werden.  Die  gestreifte  Hyftne  wird  in  Hinter- 
indien und  auf  den  Sunda-Insehi  vermisst,  findet  sich  aber  in  ganz 
Vorderindien,  von  wo  aus  sich  ihr  Gebiet  über  Vorderasien  bis  nach 
Nordafrika  erstreckt  Zu  den  14  Katzen  Indien's  gehören  die  ge- 
waltigsten Thiere  der  Erde.  Der  Löwe  ist  noch  1851  im  Innern 
Vorderindien's  gesehen  worden,  scheint  aber  jetzt  aasgestorben  zu  sdn '  K 
Der  auf  Vorder-  und  Hinterindien  beschränkte  Parder  wird  auf  den 
Sunda-Inseln  durch  Felis  variegata  ersetzt  Ausser  dem  Löwen  und 
Parder  hat  Vorderindien  noch  den  Karakal  mit  Afrika  gemein.  Der 
Stiefellachs  (Felis  caligata)  gelangt  nicht  über  Vorderindien  hinaas. 
Am  weitesten  verbratet  ist  der  Tiger,  welcher  vom  8.  Grad  s.  Br. 
bis  53.  Grad  n.  Br.,  d.  i.  von  Sumatra  und  Java  bis  Südsibirien 
(Bamaul  am  Ob)  getroffen  wird.  Haupt-  und  Stammsitz  ist  jedoch 
Vorderindien,  wo  er  sich  namentlich  auf  dem  Plateau  von  Deklian 
und  in  den  Ghuogesniedemngen  noch  in  erschreckender  Anzahl  zeigt 
In  der  Provinz  Khandesch  (Dekhan)  allein  wurden  in  fiinf  Jahren  1032 
Tiger  eriegt. 

Die  Hälfte  der  Nager  sind  Eich-  und  Flughömchen;  die  Sdil&fer 
imd  Springer  aber,  die  im  nördlichen  Asien  so  häufig  sind,  giebt  es 
in   Indien  gar  nicht,  und  die  Familie  der  Wurfroäuse  ist  nur  durch 

')  Behm,  Geographischesi  Jahrbuch.    Bd.  V  (1S74).  S.  129. 


VII.    Die  Faunengebiete  der  Erde.  631 

zwei  RhizomjB- Arten  repräsentirt.  Die  FeldmäuBe  (Hypadaeus)  ent- 
behrt Indien  gänzlich;  dagegen  werden  von  der  Gattung  Mus  12,  von 
Meriones  (Rennmaus)  3  Arten  angeführt.  Das  Stachelschwein  wird  in 
ganz  Vorderindien  durch  Hystrix  hirsutirostris,  anderwärts  aber  durch 
andere  Arten  vertreten.  Die  Zahl  der  Hasen  ist  eine  geringe.  — 
Von  Zahnlückem  ist  nur  die  auch  in  Afrika  heimische  Gattung  der 
Schuppenthiere  (Manis)  zu  nennen. 

Einhufer  im  wilden  Zustande  hat  Südasien  nicht;  nur  der  Kulan 
dehnt  bisweilen  seine  Strei&üge  bis  in  die  Steppen  am  Indus  aus.  — 
Unter  den  Dickhäutern  nimmt  der  Elephant  hinsichtlich  seiner  Grösse 
und  Nutzbarkeit  den  ersten  Rang  ein;  er  geht  vom  Südrande  des 
Himalaja  durch  die  Waldungen  Vorder-  und  Hinterindien's,  sowie  Süd- 
china's  bis  Ceylon  und  Sumatra  (auf  Java  kommt  er  wild  nicht  mehr 
vor).  Der  gezähmte  Elephant  verliert  die  Haare,  während  er  als 
Waldthier  dicht  mit  ihnen  bedeckt  ist  Das  indische  Nashorn  bewohnt 
dieselben  Räume;  nur  dringt  es  nach  Osten  sogar  bis  Java  vor,  wird 
jedoch  auf  den  Inseln  durch  andere  Arten  ersetzt.  Eine  Gattung  von 
Dickhäutern  hat  Südasien  mit  Südamerika  gemein:  den  Tapir,  dessen 
Gebiet  hier  vom  Himalaya  und  südlichen  China  bis  Sumatra  reicht.  Die 
Gattung  der  Schweine  (5  bis  6  Arten)  ist  überall  durch  eine  grosse 
Individuenzahl  ausgezeichnet.  —  Unter  den  Wiederkäuern  dominiren 
die  Hirsche,  von  denen  die  Gruppen  der  Edel-  und  Axishirsche  auf 
das  nördliche  Indien  beschränkt  sind;  dagegen  fehlen  die  Muntjak- 
hirsche  wohl  keinem  Theile.  Selbst  auf  den  Inseln  finden  sich  noch 
7  bis  8  Hirscharten.  3  Moschusthiere  beleben  die  bewaldeten  Berg- 
regionen: Moschus  meminna  (Ceylon,  Westghats),  M.  napu  (Sumatra 
und  Bomeo)  und  M.  kanchil  (Java).  4  Arten  von  Antilopen  durch- 
schweifen grosse  Räume  Vorderindien's,  während  einige  Arten  auf  den 
Inseln  nur  eng  begrenzte  Gebiete  inne  haben.  Die  Existenz  wilder 
Schafe  und  Ziegen  in  Südasien  darf  bezweifelt  werden.  Von  den 
Rindern  sind  hervorzuheben  der  Büffel,  der  sich  von  seinem  Heimath- 
lande Hindostan  einerseits  bis  nach  Norda&ika  und  Italien,  andrerseits 
bis  zu  den  Philippinen  verbreitet  hat,  sowie  das  gemeine  Rind  (beide 
auch  im  wilden  und  verwilderten  Zustande),  der  Gayal  (Bos  frontalis) 
und  der  Gaur  (B.  gaurus).  Die  beiden  letzteren  gehören  wohl  nur 
Vorder-  und  Hinterindien  an. 

Unter  den  Meeressäugethieren  vermisst  man  die  Robben  gänzlich; 
einer  der  Delphine  (Delphinus  gangeticus)  ist  dadurch  bemerkenswerth, 
dass  er  sich  im  Ganges  aufhält 

Die  Vogelfauna  Indien's  weist  zahlreiche  Vulturiden  und  Fal- 
coniden  auf;  hingegen  sind  die  Sylviaden  äusserst  selten.  Die  ess- 
bare Nester  bauenden  Salanganen  (Collocalia  esculenta)  komiQfiß  haupt- 


632  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

sächlich  auf  dem  indischen  Archipel  vor.  Von  den  Kletter^ögeln  haben 
die  gravitätischen  Nashornvögel  ihren  Hauptsitz  in  Vorderindien, 
schwofen  jedoch  bis  in  die  Sundawelt  und  nach  Afiika.  Die  Papa- 
geien sind  in  reicher  Menge  vorhanden;  die  Rüsselpapageien  (Micro- 
glossa)  sLod  ausschliesshch  und  das  Geschlecht  Paleomis  vorwi^end 
indisch.  Die  hühnerartigen  Vögel  zeigen  sowohl  vicarirende,  als  auch 
eigenthümliche  Formen;  zu  den  letzteren  zählen  namentlich  der  ge- 
hörnte Satyr  (Tragopan  satyrus)  in  Nordindien  und  der  schwanzlose 
Eluthahn  (GaUus  ecaudatus)  in  den  Wäldern  Ceylon's.  Viele  der  Taub^i 
sind  mit  glänzend  grünem  Gefieder  geschmückt  (Vinago  aromatica,  V. 
oxyura).  Die  Wadvögel  sind  durch  die  Trappen,  Reiher,  Störche, 
Kraniche,  Ibise  und  Schnepfen  vertreten,  die  Schwimmvögel  neben  den 
nordischen  Geschlechtem  durch  die  tropischen  Typen  Pelecanus  (Pelican), 
Plotus  (Schlangenhalsvogel),  Phaethon  (Tropikvogel). 

Auch  die  Reptilienfauna  ist  ausserordentlich  rdch.  Von  den  Sauriern 
sind  insbesondere  die  indischen  Graviale  (Gravialis  gangeticus  und  G. 
tenuirostris),  sowie  der  Meere  und  Flüsse  bewohnende  Crocodilus  bipor- 
catus,  von  Schlangen  der  getigerte  Schlinger  (Phyton  tigris),  viele  Nattern 
(Coluber),  der  Dreieckkopf  (Trigonocephalus),  welcher  die  amerikanische 
Klapperschlange  ersetzt,  und  die  gefurchtete  Brillenschlange  (Naja) 
hervorzuheben. 

Cnter  den  Fischen  walten  die  Cyprinoiden  und  Siluriden  (mit  der 
fiir  Indien  charakteristischen  Gruppe  Plotoses)  vor.  Besonders  be- 
merkenswerth  ist  aber  die  Familie  der  Landkriecher  (Chersobatae). 
welche  oft  die  Ströme  Indien's  und  Südchina's  verlassen,  um  sich  im 
Grase  und  selbst  auf  Sträuchem  umherzutreiben. 

Viele  Schmetterlioge  erregen  durch  Grösse  und  Farbenpracht  sowie 
durch  barocke  Formen  (lang  gestreckte  Vorderflügel  und  läbabwärts 
gestreckte  Hint^ügel)  und  Zeichnungen  die  Verwunderung  des  Euro- 
päers. Heuschreckenzüge  verwüsten  nicht  selten  das  Land.  Manche 
der  weissen  Ameisen  (Termes)  leben  in  kleinen,  ^^  Meter  hohen  k^el- 
förmigen  Erdbauen;  andere  errichten  ihr  Nest  im  Mangobaum. 

B.  Das  afrikanische  Gebiet  umfasst  den  ganzen  Continent 
A£rika  mit  Ausnahme  des  Atlasgebietes;  denn  das  Mittelmeer  trennt 
in  uaturlustorischer  Hinsicht  den  Nordrand  Afrika's  in  viel  geringerem 
Ghnde  von  Europa,  als  ihn  die  Sahara  von  dem  Hauptstocke  des 
afrikanischen  Continents  scheidet  Hingegen  ist  Arabien  mit  der 
syrischen  Wüste  noch  der  afrikanischen  Provinz  zuzuweisen.  Die 
Fauna  Afrika's  ist  mit  der  indischen  am  meisten  verwandt,  während 
sie  sich  von  der  südamerikanischen  weit  entfant 

Mit  Einschluss  d^  EbJbaffen  ist  wohl  kein  Erdtheil  so  reich  an 
Vierhändem  als  Afrika.    Von  dem  äquatorialen  Theile,  ihrem  Haupt- 


VII.    Die  Faunengebiete  der  Erde.  633 

sitze ;  verringert  sich  ihre  Artenzahl  nach  Norden  und  Süden,  bis  in 
Unterägypten  und  der  Berberei  nur  noch  eine  Art,  der  Magot  (Inuus 
ecaudatus),  und  im  Caplande  2  Arten,  eine  Meerkatze  (Cercopithecus 
Lalandii)  und  der  Bärenpavian  (Cynocephalus  ursinus),  gefunden  werden. 
Sind  auch  die  afrikanischen  Arten  von  den  asiatischen  durchweg  ver- 
schieden, so  stehen  doch  die  Gattungen  einander  sehr  nahe.  Auf  die 
westlichen  Aequatorialbezirke  beschränkt  ist  die  Untergattung  Troglo- 
dytes  (Gorilla,  Schimpanse).  Femer  sind  im  äquatorialen  Westafrika 
die  Meerkatzen  (Cercopithecus)  durch  17,  die  Stummelaffen  (Colobus) 
durch  6  Arten  vertreten;  hierzu  kommen  noch  2  Paviane  (Cynocephalus) 
und  ein  Makako  (Inuus  talapoin),  sowie  von  den  Halbaffen  ein  Pero- 
dicticus  und  2  Ohraffen  (besonders  OtoHcnus  galago).  Die  Meerkatzen, 
Stummelaffen  und  Paviane  sind  echt  afrikanische  Typen.  Viel  geringer 
ist  die  Zahl  der  Affen  in  den  übrigen  Theilen  Afrika's;  so  sind  uns 
aus  Südafrika  nur  3  Meerkatzen,  ein  Pavian  und  2  Ohraffen  (Otolicnus) 
und  aus  den  Nilländem  nur  2  Meerkatzen,  ein  Stummelaffe,  3  Paviane 
und  ein  Ohraffe  bekannt. 

Unter  den  zahlreichen  Fledermäusen  ist  allein  die  Gattung  Rhino- 
poma  (Rlappnase)  mit  einer  einzigen  Art  (Rh.  microphyUum  in  den 
Nilländem)  Afrika  eigenthümlich.  Von  den  übrigen  Gattungen  sind  2, 
Vespertilio  (mit  Inbegriff  von  Nycticejus)  und  Dysopes,  über  beide 
Erdhälften  verbreitet  (letztere  nur  über  die  tropischen  jSebiete) ;  5  andere 
Gattungen  (Pteropus,  Megaderma,  Rhinolophus,  Nycteris  und  Tapho- 
zous)  theilt  Afrika  mit  anderen,  zumeist  tropischen  Räumen  der  öst- 
lichen Halbkugel. 

Auch  zu  den  Insectenfressem  gehören  nicht  wenige  Arten.  Der 
Igel  (Erinaceus),  der  in  Asien  den  Flimalaya  nicht  überschreitet,  dringt 
hier  in  dem  E.  frontaUs  bis  zum  Caplande  vor;  die  Nilländer  beher- 
bei^en  5  andere  Arten.  Die  Spitzmäuse  (Sorex)  fehlen  keinem  Theile 
des  afrikanischen  Continents;  hingegen  ist  das  Wurfgeschlecht  Chryso- 
chloris  (Goldmaulwurf,  so  genannt  wegen  der  metallisch  glänzenden 
Haarspitzen)  nur  südlich  vom  Wendekreise  des  Steinbocks  zu  treffen.  — 
Da  Afrika  den  Fleischfressern  in  den  zahlreichen  Affen,  Nagern  xmd 
Wiederkäuern  eine  reichliche  Beute  bietet,  so  sind  auch  diese  in  grosser 
Anzahl  vorhanden.  Die  Bären,  von  denen  man  im  Atlas  und  auf 
dem  abessinischen  Hochlande  noch  Spuren  gefrmden  hat,  werden  im 
eigentlich  tropischen  Afrika  gänzlich  vermisst,  ebenso  die  Marder, 
welche  hier  durch  den  Bandiltis  (Rhabdogale  mustelina)  und  den  Ratel 
(Ratelus)  ersetzt  werden;  ersterer  geht  von  Südafrika  bis  Eleinasien, 
letzterer  niu*  bis  an  den  Südrand  der  Wüste.  Fischottern  wurden  in 
Abessinien  und  in  Südafrika  beobachtet.  Von  den  Viverrinen,  welche 
hier  ihren  Hauptsitz  haben,  ist  nur  die  Gattung  Rhyzaena  (Schnarr- 


334  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

thier)  dem  afrikanischen  Continent  dgenthümlich ;  ans  der  Gattimg 
Viverra  (Zibethtliier)  durchschweift  die  Genettkatze  ganz  Afnka  uiid 
gelangt  seihet  his  Sttdenropa  und  Eleinasien,  und  zur  Gattung  Her- 
pestes  (Manguste)  zählen  g^en  15  Arten  (unter  ihnen  auch  der  be- 
kannte H.  Ichneumon),  die  viel&ch  nur  wenig  von  einander  abweidien. 
Von  den  Hunden  ist  die  auf  Südafrika  beschränkte  Gattung  Otocyon 
(Löffelhund,  w^en  seiner  grossen  Ohren  so  genannt)  Afrika  eigen- 
thümlich;  fiir  den  Schakal  (Canis  aureus)  steUt  sich  sudlich  vom 
Aequator  der  Capfrichs  oder  Cap'sche  Schakal  (C.  mesomelas)  ein.  Die 
gefleckte  Hyäne  (Hyaena  crocuta)  ist  von  Südafrika  bis  zum  Senegal 
und  Kordo&n  verbreitet  und  vertritt  hier  die  gestreifte  Hyäne  (H. 
striata )  Nordafiika's  und  Südwestasien's.  Die  braune  Hväne  (H.  brunnea ) 
gehört  nur  Südafrika  an,  ebenso  die  Zibethhyäne  oder  der  firdwolf 
(Proteles  Lalandii),  welch  letzterer  eine  afrikanische  CTharakterfonn  ist. 
Von  den  Katzen  geht  der  Löwe,  der  hier  unbestrittener  König  der 
Thiere  ist,  weil  der  Tiger  fehlt,  von  einem  Ende  des  Continents  bis 
zum  anderen,  ja  bis  in  das  südwestliche  Asien;  ehemals  war  er  selbst 
in  Indien,  Palästina,  Syrien  und  auch  in  Griechenland  heimisch,  wo 
er  jetzt  jedoch  längst  ausgerottet  ist  Der  Parder  (Leopard)  bewohnt 
denselben  Bereidi  wie  der  Löwe,  dringt  aber  in  Asien  noch  viel  weiter 
vor  als  dieser,  nämUch  bis  zum  Taurus,  Kaukasus,  Hindukusch,  Hima- 
laya  und  in  das  Innere  von  Hinterindien.  Ein  &st  ebenso  grosses 
Gebiet  beherrscht  der  Karakal.  Der  schlanke  Gepard  (Felis  guttata) 
überschreitet  nicilt  den  Atlas  und  wird  im  südwestlichen  Asien  durch 
einen  anderen  Gepard  (F.  jubata)  ersetzt  F.  serval  und  F.  ca£5ra 
kommen  nur  in  Südafrika  vor;  F.  maniculata,  die  wilde  Stammmutter 
unserer  Hauskatze,  hat  Rüppell  in  Nubien  und  Kordofrin  entdeckt. 

Mit  Nagern  ist  Afrika  reich  bedacht  Der  Wüsten-  und  Steppen- 
charakter grosser  Räume  nöthigt  viele  derselben,  sich  bei  Gefiüir  in 
unterirdische  Baue  zu  flüchten  und  hier  zu^eich  der  Nahrung  (Wurzeln 
und  Zwiebehi)  nachzuspüren,  die  ihnen  die  kahle  Oberfläche  nicht  ge- 
währt; daher  dominiren  hier  im  Gegensatz  zu  Südasien  die  grabenden 
Nager.  Die  an  den  Wald  gebundenen  Eichhörnchen  sind  Vergleichs- 
weise  wenig  zahlrdch,  am  häufigsten  noch  in  dem  waldrdchen  äqua- 
torialen Westafrika.  Die  Arten  der  Untergattung  Xerus,  wdche  dieser 
Provinz  eig^ithümlich  ist  und  die  Hälfte  ihrer  gesammten  Hörnchen 
umfrisst,  leben  zwar  auch  auf  den  Bäumen,  graben  sich  jedoch  auch 
Höhlen  in  den  Boden,  in  welche  sie  sich  amrückziehen,  wenn  sie  Rohe 
oder  Schutz  vor  Ge&hren  suchen.  Die  Flughömchen  (Pteromys)  sind 
bloss  durch  zwei  Arten  vertreten.  Die  Schläfer  (Myoxus)  finden  sich 
nur  im  Caplande  (3  Arten)  und  auf  dem  Sinai  (M.  melannrus).  Eben- 
so b^egnet  man  den  Springern  nur  im  nördlichsten  und  südlichsten 


VIJ.    Die  Fannengebiete  der  Erde.  635 

Theile  dieses  Faunengebietes ,  nämlich  den  Springmäusen  (Gattungen 
Dipus  und  Scirtetes)  in  Nordafirika  und  Arabien,  dem  Springhasen 
(Pedetes  cafFer)  in  Südafrika.  Wurfinäuse  aus  den  Gattungen  Bathy- 
ergus  (Sandgräber)  und  Georhychus  (Erdgräber)  unterwühlen  besonders 
in  den  trockenen,  baumlosen  Ebenen  des  südlichen  Afrika's  weithin 
den  Boden;  in  Abessinien  werden  die  genannten  Gattungen  durch  das 
charakteristische  Geschlecht  Heterocephalus  und  2  Arten  vonRhizomys 
ersetzt.  Das  Geschlecht  der  Mäuse  ist  nirgends  so  reich  an  Arten  und 
Gattungen  wie  im  tropischen  Afrika;  nur  die  Gruppe  der  Feldmäuse 
(Hypudaeus),  welche  auch  anderwärts  unter  den  Tropen  vermisst  wird, 
fehlt  hier  ganz.  Wie  so  häufig  kleinere  Thiere,  so  haben  auch  die 
meisten  Arten  der  Gattung  Mus  einen  engen  Verbreitungsbezirk;  doch 
trifft  man  die  kosmopolitischen  Arten  Mus  decumanus,  M.  rattus  und 
M.  musculus  auch  hier  fast  überall.  Besonders  merkwürdig  sind  die 
beiden  südafrikanischen  Dendromys- Arten,  welche  in  Südafrika  Gebüsche 
und  Bäume  bewohnen.  Die  grabenden  Bennmäuse  (Meriones)  er- 
reichen in  den  Steppen  Afrika's  ihr  Maximum.  Die  Stelle  des  echten 
Hamsters  nimmt  in  Westafrika  der  riesenhafte  Cricetomys  gambianus 
ein.  Das  gemeine  Stachelschwein  (Hystrix  cristata)  geht  durch  ganz 
Afrika,  sowie  durch  Südeuropa  und  Südasien.  Von  Hasen  sind  aus 
den  Ufergegenden  des  Bothen  Meeres  3  und  aus  Südafrika  4  Arten 
bekannt 

Die  Zahnlücker  (Edentaten),  welche  in  Südamerika  eine  hervor- 
ragende Bolle  spielen,  weisen  in  Afiika  nur  2  Gattungen  auf,  von  denen 
die  eine,  Orycteropus  (Ameisenscharrer) ,  Afrika  eigenthümlich  ist, 
während  die  andere,  Manis  (Schuppenthier),  Afrika  mit  Südasien  theilt. 
Beide  Thiere  sind  in  ganz  Süd-  und  Mittelafrika  heimisch  und  graben 
überall  Höhlen. 

Unter  den  Einhufern  entsprechen  die  drei  gestreiften  afrikanischen 
Pferdearten  den  drei  imgestreiften  asiatischen;  jene  sind  das  Zebra 
(Equus  zebra),  Quagga  (E,  quagga)  und  Tigerpferd  (E.  festivus). 
Sämmtlich  durchschweifen  sie  in  Heerden  Südafrika;  das  Zebra  ge- 
langt sogar  bis  zum  10.  Grad  n.  Br.,  d.  h.  bis  in  die  südlichen  Pro- 
vinzen Abessinien's. 

Die  Dickhäuter  sind  durch  nicht  weniger  als  6  Gattungen  vertreten. 
Der  dem  asiatischen  Elephanten  nahe  stehende  Elephas  africanus  ist  von 
der  Capcolonie,  wo  er  jetzt  allerdings  fast  ganz  ausgerottet  ist,  bis  an 
den  Senegal  und  bis  in  das  südliche  Nubien,  etwa  bis  zum  15.,  resp. 
17.  Grad  n.  Br.  verbreitet  Von  gleicher  Ausdehnung  ist  der  Wohnbezirk 
des  in  etwa  5  Arten  erscheinenden  Nashorns  (Rhinoceros)  und  des  in 
allen  grossen  Flüssen  und  Binnenseen  hausenden  Flusspferdes  (auch 
Nilpferd,   Hippopotamus  amphibius).    Das  letztere  drang  ehemals  im 


g36  Merter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

Nil  bis  zum  Mittelländischen  Meere  vor,  ist  jedoch  jetzt  in  Aegypten 
ganz  Terschwunden  und  selbst  im  mittleren  Nabien  noch  sehr  selten; 
dag^en  belebt  es  weiter  im  Süden  oft  in  Schaaren  die  KilgewSsser. 
Von  Wildschweinen  findet  sich  an  Stelle  des  gemeinen  Wildsdiweines. 
das  noch  in  Nordafrika  vorkommt,  im  südöstlichen  Theile  des  Conti- 
nents  das  Mask^ischwein  (Sus  larvatos);  ausschliesslich  afrikanisch  ist 
die  Gattimg  der  Warzenschweine  (Phacochoems  aethiopicos  in  Süd- 
afrika, Ph.  Aeliani  vom  östlichen  Abessinien  bis  zum  Senegal).  Auch 
die  Gattung  Hyrax  (Klippendachs,  5  Arten),  eine  Mittdform  zwischen 
den  Dickhäutern  und  Nagern,  ist  auf  diese  Provinz  beschränkt;  der 
Elippendachs,  ein  flinkes,  harmloses  Thi^,  treibt  sich  truppwdse  auf 
den  Felsen  und  in  den  Elttflen  der  ostafrikanischen  Gebirge  (vom 
Caplande  bis  Aegypten)  umher  und  sucht  wahrschänlich  sogar  die 
Höhen  des  Libanon  au£ 

Die  Wiederkäuer  Mittel-  und  Südafrika's  gehören  zu  denselben 
Grattungen  wie  diejenigen  Südasien's;  nur  fehlen  hier  die  Hirsche,  die 
noch  in  Nordafrika  vereinzelt  auffareten,  während  wiederum  die  Girafie 
eine  rdn  afrikanische  Gattung  ist  Durch  Arabien,  Syrien  und  das 
nördliche  Afrika  bis  zum  Sudan  herab  geht  als  Hausthier  das  gemeine 
Kameel  (Camelus  dromedarius);  die  vereinzelt  im  wilden  Zustande  an- 
getroffenen Eameele  sind  stets  entlaufene  Individuen.  Ein  Bisamthier 
(Moschus  aquaticus)  wurde  auf  Sierra  Leone  beobachtet  Die  Giraflfe 
(Camelopardalis  giraffii)  ist  auf  dem  ganzen  Baume  zwischen  dem  Cap- 
lande und  dem  17.  Grad  n.  Br.  heimisch,  namentlich  auf  den  mit 
Buschwerk  bewachsenen  Steppen.  Durch  Arten-  und  Individuenreich- 
thum  ist  die  Antilope  in  hohem  Masse  ausgezeichnet  Es  besitzen  näm- 
Uch  die  Nilländer  16,  Westafrika  17  und  Südafrika  25  Arten  Anti- 
lopen, und  von  diesen  ist  nur  eine  Art  (A.  strepsioeros)  durch  alle  drei 
der  genannten  Räume  verbreitet,  während  zwei  andere  (A.  oreotragus 
und  A.  lunata)  sowohl  in  Südafrika  wie  in  den  Nilländem  vorkommen ; 
die  übrigen  sind  sänuntlich  duxx^  spedfische  Unterschiede  von  einander 
getrennt  Die  mdsten  verwetten  mit  besonderer  Vorliebe  auf  den 
Steppen  und  erscheinen  oft  in  Heerden  von  vielen  Tausenden.  Von 
den  grossen  Kuhantilopen  wird  die  BüfRel-Antilope  (A.  bubalis)  nur  in 
Nordwestafrika  wahrgenommen;  hingegen  überschreiten  A.  lunata,  sowie 
die  baden  Arten  des  Gnu  (A.  gnu  im  Caplande,  A.  gorgon  oder  der 
Kokon  nördlich  vom  Oranje- Flusse)  wohl  nie  gegen  Nord  hin  den 
südlichen  WendekrdLs.  Der  Kokon  zeigt  sich  bisweilen  in  Schaaren 
von  15 — 20  000  Stück,  welche  mehrere  Stunden  weit  das  Land  be- 
decken. Einige  Wildziegen  bewohnen  die  Uferlandschaften  des  Bothen 
Meeres,  nämlich  Capra  Walie  die  Hochgebirge  von  Abessinien  und 
C.   Beden   die  nördlichen   Randgebiete  zu  beiden  Seiten  des  Bothen 


VII.    Die  Faunengebiete  der  Erde.  G37 

Meeres.  Ein  Wildschaf,  Ovis  tragelaphus  (afrikanischer  Muflon),  findet 
sich  in  Nordafinka  und  geht  in  Nubien  bis  zum  18.  Grad  n.  Br.  nach 
Süden.  Der  Bü£Fel  wird  in  Südafrika  und  in  Abessinien  durch  den 
Eafferochsen  (Bos  caffer)  ersetzt 

Von  den  Seesäugethieren  lebt  ein  Lamantin  (Manatus  senegalensis) 
an  den  Küsten  Senegambien's,  fbr  welchen  an  der  afrikanischen  Ost- 
küste der  Dujong  (Halicore  cetacea)  eintritt.  Zahlreiche  Delphine  und 
der  alle  Meere  durchwandernde  Pottfisch  nähern  sich  oft  den  Küsten 
Afrika's,  und  fiir  den  nördlichen  Walfisch  (Balaena  mysticetus)  stellt 
sich  am  Gap  der  Guten  Hoffiiung  häufig  der  südliche  Walfisch  (B. 
australis)  ein. 

Unter  den  Raubvögeln  ist  der  langbeinige  Stelzengeier  (Gypogera- 
nus)  die  bezeichnendste  Form,  der  wie  die  Laufvögel  mit  ausserordent- 
licher Schnelligkeit  läuft  und  sich  durch  Vernichtung  zahlreicher 
Schlangen  nützlich  macht.  Eigenthümliche  Geschlechter  der  Singvögel 
sind  Buphaga  (Madenhacker,  weil  er  den  Kameelen  und  Gazellen  die 
Oestrus-Larven  aus  der  Haut  frisst),  Ploceus,  Eüplectes  und  Brachonyx. 
Von  den  Klettervögeln  sind  hervorzuheben  die  zur  Familie  der  Wende- 
zeher  gehörenden  Gattungen  Musophaga  (Pisangfresser)  und  Coiythaix 
(besonders  C.  persa,  der  Cap'sche  Turako  oder  Helmkuckuck,  dessen 
Kopf  mit  einer  Federhaube  geschmückt  ist);  unter  den  zahlreichen 
Kuckucken  ist  die  vom  Honige  der  Waldbienen  sich  nährende  Gattung 
Indicator  (Honigkuckuck)  und  unter  den  Bartvögeln  die  Gattung  Pogo- 
nias  (Schnurrvogel)  bemerkenswerth.  Zu  den  Charaktervögeln  Afiika's 
zählen  vor  allem  die  zu  Schaaren  von  200  bis  800  Stück  sich  ver- 
einigenden Perlhühner  (Numida,  6  Arten)  und  der  afrikanische  Strauss 
(Struthio  camelus),  der  zwar  über  diese  ganze  Provinz  verbreitet  ist, 
aber  wahrscheinlich  im  südlichen  Afrika,  wo  er  auch  am  häufigsten  ist, 
seine  Heimath  hat  In  Fezzan  und  in  der  Berberei  wird  er  seiner 
Federn  wegen,  die  schon  seit  den  ältesten  Zeiten  ab  Putz  an  Hüten 
getragen  werden,  in  Ställen  gehalten,  da  sich  der  Vogel  im  Freien  die 
Federn  meist  abstösst  —  Ausser  diesen  rein  afrikanischen  Typen  trifil 
man  in  Afiika  auch  zahlreiche  indische  und  nordische  Geschlechter 
wieder.  Eine  bedeutende  Artenzahl  weisen  namentlich  folgende  auch 
anderwärts  vorkommende  Gattungen  in  Hochafrika  auf:  Falco  (Falke, 
26  Arten),  Strix  (Eule,  6  Arten),  Lanius  (Würger,  20  Arten),  Musci- 
capa  (Fliegenschnäpper,  10  Arten),  Corvus  (Rabe,  7  Arten),  Turdus 
(Drossel,  13  Arten),  Motacilla  (Bachstelze,  8  Arten),  Hirundo  (Tag- 
schwalbe, 7  Arten),  Alauda  (Lerche,  7  Arten),  Fringilla  (Fink,  40 
Arten),  Certhia  (Baumläufer,  18  Arten),  Merops  (Bienenfr^ser,  15  Arten), 
Cuculus  (Kuckuck,  23  Arten),  Psittacus  (Papagei,  8  Arten),  Alcedo 
(Eisvogel ,  8  Arten) ,   Tetrao  (Waldhuhn,  9  Arten) ,  Columba  (Taube, 


638  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

16  Arten),  Stema  (Seeschwalbe,  6  Arten),  Pelecanus  (Pelican,  7  Arten) 
imd  Anas  (Ente,  7  Arten). 

Die  Zahl  der  Reptilien  ist  viel  geringer  als  in  Indien.  Die  Land- 
schildkröten stehen  meist  den  indischen  nahe.  Das  gemeine  Krokodil 
(Crocodilus  vulgaris)  geht  von  den  unteren  Nilländem  bis  zum  15.  Grad 
8.  Br.  Die  afrikanischen  Schlangen  gehören  meist  zu  den  Grattungen 
Vipera  (Viper),  Elaps  (Prunkadder),  Naja  (Brillenschlange),  Tropidono- 
tus  (Kielnatter)  und  Coronella  (Jachschlange).  Unter  den  Batrachiem 
ist  ftlr  Südafrika  der  schwanzlose  Xenopus  (Nagelfrosch)  charakteristiach, 
welcher  die  Grösse  des  Grasfrt)sche8  erreicht 

Die  Fische  vereinigen  in  sich  tropische  und  europäische  Formen; 
entschieden  vorwaltend  sind  die  Cyprinoiden,  der  Labeo-Typus,  die 
Cyprinodonten  und  Salmoniden.  Im  Nil  und  Sensal  lebt  der  Zitter- 
wels (Malapterurus  electricus),  welcher  der  Hand  bei  Berührung 
schwache  galvanische  Schläge  ertheilt,  und  in  Südafrika  vertritt  der 
Spirobranchus  capensis,  der  die  Flüsse  zeitweilig  verlässt,  die  Laby- 
rinthodonten  Südasien's. 

Die  Insectenfauna  Afrika's  ist  zur  Zeit  noch  wenig  erforscht  Die 
Schmetterhngsfonnen  sind  den  indischen  verwandt  Eines  der  geftircfatet- 
sten  Insecten  ist  die  Tsetse-Fliege  (Glossina  morsitans),  deren  Stich 
für  fast  alle  Hausthiere  tödtlich  ist,  indem  diese  nach  demselben  meist 
innerhalb  eines  Zeitraumes  von  1  bis  12  Wochen  an  innerer  Abzehrung 
sterben.  Die  von  diesem  Thiere  bevölkerten  Grebiete  Südafiika's  können 
also  von  den  Eingeborenen  nicht  zur  Viehzucht  gebraucht  werden. 
Auch  die  hügelbauenden  Termiten,  welche  in  verschiedenen  Arten  über 
die  ganze  heisse  Zone  verbreitet  sind,  werden  dem  Menschen  höchst 
lästig,  indem  sie  in  die  Gebäude  eindringen  und  alles  zerstören.  In 
Vorderasien  und  Aegypten  sind  die  Züge  der  Heuschrecken  (Acridium 
a^yptiacum  und  A.  tataricum)  eine  gewöhnliche  Plage. 

C.  Die  Insel  Madagaskar  besitzt  hinsichdich  ihres  Thier- 
lebens  soviel  Eigenartiges,  selbst  von  dem  nahen  Afrika  sie  scharf 
Sonderndes,  dass  ihr  mit  Recht  der  Rang  einer  selbstständigen  zoolo- 
gischen Provinz  zuerkannt  werden  dart  Schon  Geoffroy  Saint- 
Hilaire  bemerkte  hierüber:  „Hätte  man  Madagaskar  nur  nach  seinen 
zoologischen  Erzeugnissen  und  ohne  Berücksichtigung  seines  Flächen- 
gehalts  und  seiner  geographischen  Lage  seine  Stelle  anzuweisen,  so 
dtkrfte  man  es  nicht  für  eine  zu  Afrika  gehörende  Insel,  sondern  müsste 
es  fiir  einen  eigenen  Continent  erklären,  und  derselbe  würde  in  zoolo- 
gischer Beziehung  noch  viel  mehr  von  dem  benachbarten  Afrika  als 
von  dem  fernen  Ostindien  abweichen." 

Das  Gesagte  gilt  in  erster  Linie  von  den  Säugethieren ,  welche 
sich  nicht    nur  specifisch,    sondern  fiist  durehgehends  auch  generisch 


VII.    Die  Faunengebiete  der  Erde.  6«39 

von  denen  aller  übrigen  Länder  unterscheiden.  In  Südafrika  findet 
man  kaum  eine  einzige  verwandte  Gruppe,  und  nur  in  Ostindien  (den 
indischen  Archipel  mit  eingerechnet)  trifft  man  einige  hinsichtlich  ilirer 
Organisation  den  Thieren  Madagaskar's  nahe  stehende  Gruppen.  Es 
fehlen  hier  aUe  eigentlichen  Affen;  dafor  aber  ist  es  der  Hauptsitz  der 
Halbaffen 7  von  denen  nur  wenige  verwandte  Formen,  wie  Otolicnus 
(Galago),  in  Süd-  und  Wesüifrika  oder,  wie  Stenops  (Lori)  und  Tarsius 
(Tarser),  auf  Ceylon  und  in  der  Sunda-Welt  erscheinen.  Madagaskar 
eigenthümlich  sind  die  Gattungen  Lichanotus,  Habrocebus,  Lemur 
(IVIaki,  in  9  bis  10  Arten),  Chirogaleus  und  Microcebus. 

Die  Fledermäuse  sind  fast  durchweg  von  afrikanischem  Typus; 
ihre  Fähigkeit,  über  weite  Meeresflächen  hinwegzufliegen,  gestattet  die 
Annahme  eines  gegenseitigen  Austausches.  —  Von  Insectenfr*essem  hat 
Madagaskar  drei  charakteiistische  Typen:  Echinogale,  Ericulus  und 
Centetes;  die  beobachtete  Spitzmaus  ist  mit  Sorex  indicus  der  Nilländer 
identisch.  —  Grössere  Formen  von  Haubthieren  entbehrt  Madagaskar. 
Die  Katzen  werden  nur  durch  eine  Art  (Felis  madagascarensis) ,  die 
Mangusten  (Herpestes)  durch  mehrere  Species,  der  westafrikanische 
Crossarchus  obscurus  durch  C.  Goudetii  vertreten.  Die  Geschlechter 
Galidictis,  Galidia,  Eupleres,  Cryptoprocta  kommen  nur  auf  Madagaskar 
vor.  —  Ausser  einem  Eichhörnchen  vermissen  wir  alle  Nager;  die 
^'iederkäuer  fehlen  gänzUch.  Von  Schweinen  ist  nur  das  südafrika- 
nische Maskenschwein  (Sus  larvatus)  vorhanden. 

Die  übrigen  Classen  der  Fauna  Madagaskar's  kennt  man  zur 
Zeit  noch  zu  wenig.  Die  Vögel  sind  zum  grossen  Theil  indische, 
australische  und  afrikanische  Typen ;  doch  finden  sich  solche  mit  kurzen 
oder  selbst  mittellangen  Flügeln,  die  somit  ihre  Züge  nicht  über  grosse 
Bäume  ausdehnen  konnten,  meist  ausschUesslich  auf  dieser  InseL  Auch 
ihre  Reptilien  und  Insecten  zeigen  zum  grossen  Theil  ein  eigenthüm- 
Uches  Gepräge. 

D.  Das  tropische  Amerika  dürfen  wir  in  zoologischer  Hin- 
sicht bis  zur  nördlichen  und  südlichen  Polargrenze  der  Affen  rechnen. 
Es  erstreckt  sich  denmach  über  die  Landenge  von  Panama  hinaus  bis 
zu  den  beiden  heissen  Küstenstrichen,  welche  dss  Hochland  von  Gua- 
temala und  Mexico  umsäumen,  und  zwar  auf  der  Ostseite  bis  zum 
30.  Grad  n.  Br.,  auf  der  Westseite  bis  zum  Wendekreise  des  Krebses. 
Das  dazwischen  liegende  Hochland  bis  zum  16.  Grad  n.  Br.  ist  dem 
nördlichen  Amerika  zuzuweisen.  In  Südamerika  reicht  dieses  Faunen- 
gebiet etwa  bis  zum  30.  Grad  s.  Br.  Bei  dem  ausserordentUchen 
Wechsel  des  BodenreUefs  ändert  natürUch  auch  die  Fauna  mehrfach 
ihren  Charakter;  namentüch  unterscheidet  sich  die  Thierwelt  der  Anden 
nicht  unwesentlicli  von  derjenigen   des  heissen  und  feuchten  brasilia- 


640  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

nischen  Tieflandes.  Aber  auch  nach  den  Längen-  und  Breitengraden 
eigeben  sich  erhebliche  Differenzen  in  dem  Charakter  der  Fauna. 

Ueber  die  alhnähliche  Umgestaltung  der  Fauna  auf  den  ver- 
schiedenen Höhenstufen  der  Anden  von  Peru  verdanken  wir  J.  J.  v. 
Tschudi  genauare  Mittheilungen.  Die  fast  regenlose  Küstenregion 
besitzst  nur  ein  sehr  dürftiges  Thierleben,  nämlich  einige  Arten  Beatel- 
thiere  und  eine  Cavia  (Meerschweinchen).  In  den  Thälem  der  west- 
lichen Sierra  (1300—3700  Meter  Höhe)  scheinen  Hirsche  die  Oberhand 
zu  haben;  Bären  sind  selten;  Papageien  und  Colibris  überschreiten 
nicht  den  unteren  Theil  dieser  Region.  Die  Hochgebirgsregion  der 
westhchen  Cordillere  (am  Westabhange  bis  3700,  am  Ostabhange  bis 
4500  Meter  Höhe  herab)  bdierbergt  bereits  Lamas  und  mehrere  Nager, 
deren  eigentliches  Heimathland  die  folgende  Region  ist  Die  Puna- 
r^on  (4500—3600  Meter  hoch),  d.  h.  die  öde  Hochfläche  zwischen 
der  Küsten-  und  Binnen-Cordillere,  ist  der  Hauptwohnsitz  des  Lamas 
und  Feld-ViBcaches  (Lagostomus),  sowie  der  angeführten  Rinder,  Pferde 
und  Schafe.  In  den  volkreichen,  nach  Ost  sich  öffiienden  Thälem  der 
östlichen  Sierra  (3600 — 2400  Meter  hoch),  die  gleich  den  anderen  bisher 
genannten  Rhenen  waldlos  sind,  befinden  sich  nur  wenige  Thiere  im 
Zustande  der  Freiheit:  ein  Stinkthier,  ein  Hund,  einige  Beutelratten, 
selten  ein  Reh.  Auch  die  ostwärts  sich  herabsenkende  obere  Wald- 
oder  Cejaregion  (2400 — 1500  Meter  hoch)  hat  nur  eine  ftrmliche  Fauna; 
selten  verirrt  sich  bis  hier  herauf  eine  Eatzenart  oder  der  Waldbär; 
nur  die  Nasua  montana  ist  reichlicher  vertreten.  Hing^en  entwickelt 
sich  in  der  eigentlichen  (unteren)  Waldregion  (1800—650  Meter  hoch) 
ein  ebenso  reges  Thierleben  wie  in  dem  benachbarten  Brasilien. 

Auch  in  den  übrigen  Theilen  des  tropischen  Andengebietes  hat 
man  einen  ähnlichen  Wechsel  der  Fauna  an  den  verschiedenen  Stock- 
werken der  Anden  erkannt;  die  Thierwelt  veriiert  mit  zunehmender 
Höhe  mehr  und  mehr  ihren  tropischen  Charakter,  und  in  gleichem 
Masse  vrerien  die  Thiere  der  kälteren  Zone  häufiger.  So  b^egn^te 
d'Orbigny  auf  den  Anden  von  Bolivia  in  30(X)— 4500  Meter  Höhe 
fast  allen  Gattungen,  zum  Theil  selbst  den  nämlichen  Arten  von  Thieren, 
welche  in  dem  Flachlande  des  nördUchen  Patagonien  vorkommen,  so 
dass  man,  wenn  es  nicht  an  erschöpfenden  Einzelbeobachtnngen  ge- 
bräche, vöDig  berechtigt  wäre,  das  Andengebiet  dem  aussertropischen 
Südamerika  zuzuweisen. 

Im  allgemeinen  steht  die  tropische  Fauna  Amerika's  derjemgen 
der  Alten  Welt  an  Reichthum  und  Manigfidtigkeit  nicht  nach.  Zweieilei 
Merkmale  der  ersteren  verdienen  ganz  besonders  hervorgehoben  zu 
werden:  ein  negatives,  d.  i.  der  Mangel  an  den  mächtigen,  colossalen 
Formen  der  Alten  Welt,  gegen  welche  die  amerikanischen  Typen  viel- 


VII.    Die  Faunengebiete  der  Erde.  Ö41 

fach  wie  schwächliche  Repräsentanten  erscheinen,  und  ein  positives,  näm- 
hch  die  grosse  Zahl  der  Baumthiere  mit  Eletterschwänzen.  Das  Maximum 
der  Arten  wird  am  Aequator  erreicht;  sie  vermindern  sich  nach  Norden 
und  Süden  und  sind  am  wenigsten  zahlreich  auf  den  Inseln. 

Die  beiden  in  der  Alten  Welt  heimischen  Afienfamilien  fehlen  in 
Amerika  gänzlich;  an  ihre  Stelle  tritt  eine  neue,  von  jener  wesentlich 
verschiedene.  Es  sind  dies  die  Breitnasen  oder  Platyrrhinae,  welche 
sich  ausser  ihrer  breiten  Nasenscheidewand  durch  vermehrte  Zahl  der 
Zähne  (36)  und  einen  Greifschwanz  auszeichnen.  Zu  ihnen  gehören 
die  BrüUaflTen  (Mycetes),  welche  sich  zu  grossen  Schaaren  vereinigen 
und  des  Morgens  und  Abends  die  Stille  des  Urwaldes  durch  ein  fürchter- 
liches Gebrüll  unterbrechen,  femer  die  WollafFen  (Lagothrix),  die 
Klammeraffen  (Ateles),  die  kleinen  zänkischen  Rollschwanzaffen  (Cebus), 
die  nur  nördlich  vom  Amazonas  wohnenden  Schweifaffen  (Pithecia), 
die  Nachtaffen  (Nyctipithecus) ,  deren  grosse,  runde  Augen  des  Nachts 
leuchten,  im  Sonnenlichte  aber  blöde  sind,  die  Springaffen  (Callithrix) 
und  die  kleinen,  zierlichen  Seidenaffen  (Hapale). 

Die  stumpfzähnigen,  fruchtfressenden  Fledermäuse  (Chiroptera  frugi- 
vora),  sowie  die  Kammnasen  werden  gänzlich  vermisst ;  hingegen  durch- 
schwirren die  blutsaugenden  Blattnasen  (Phyllostoma,  Glossophaga  und 
die  Desmodina)  in  entsetzHcher  Menge  die  Lüfte.  Ganze  Viehbestände 
werden  oft  durch  diese  blutgierigen  Tyrannen  vernichtet.  „Was  kein 
Schrecken  reissender  Thiere,  keine  Drohung  menschenfressender  Ur- 
bewohner  vermag,  bewirkt  die  unaufhaltsam  wiederkehrende  Plage 
jener  Blutsauger."  Aus  der  Familie  der  Nachtschwirrer  sind  manche 
Gattungen  Amerika  eigenthümlich ;  andere  hingegen,  wie  Vespertiho, 
Nycticejus,  Dysopes  und  Emballonura,  hat  es  mit  der  Alten  Welt 
gemein. 

Höchst  seltsam  ist  es,  dass  die  Insectenfresser,  welche  noch  in 
Nordamerika  in  beträchtlicher  Anzahl  erscheinen,  im  tropischen  Amerika 
gänzlich  fehlen.  Nur  auf  Hayti  imd  Cuba  findet  sich  ein  Bepräsentant 
derselben  in  der  ganz  eigenthümlichen  Gattung  Solenodon.  —  Unter 
den  Fleischfressern  entbehrt  das  tropische  Amerika  gänzHch  der  beiden 
FamiUen  der  Viverrinen  (mit  einziger  Ausnahme  des  in  den  wärmeren 
Theilen  Mexico's  heimischen  Katzenfretts,  Bassaris  astuta)  und  der 
Hyänen.  Auch  die  Familie  der  Marder  ist  spärUch  vertreten;  hierher 
gehören  nur  eine  Art  von  Mustela  (Marder)  auf  dem  Hochlande  von 
Peru  (M.  agiUs),  einige  Arten  von  Lutra  (Fischotter),  Pterura  Sam- 
bachii,  eine  Mittelform  zwischen  Fischotter  und  Seeotter  (nur  in  Guay- 
ana), mehrere  Arten  der  auch  im  gemässigten  Nord-  und  Südamerika 
verbreiteten  Gattung  Mephitis,  sowie  zwei  Arten  der  für  das  tropische 
Amerika  charakteristischen  Gattung  GaUctis  (G.  vittata  oder  der  Grrison 

Peschel-Leipoldt,  Phys.  Erdkande.    II.  41 


642  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

und  (y.  barbara  oder  die  Hyrare).  Die  Familie  der  Bären  ist  gleich- 
falls  weit  weniger  zahlreich  als  in  der  Alten  Welt:  ausser  der  Gattung 
Ursus,  deren  beide  Arten  (U.  omatus  und  ü.  frugilegus)  auf  die  Anden 
beschränkt  sind,  trifft  man  die  mit  Nordamerika  gemeinsame  Gattung 
Proeyon  (P.  cancrivorus,  der  Krabben-Waschbär,  nur  in  der  OsthälAe 
Südamerika's)  und  die  Charaktergestalten  des  Cuati  (Xasua  sodalis) 
und  des  Wickelbären  (Cercoleptes  caudivolvulus),  welche  bdde  die 
wärmeren  Waldgebiete  bis  nach  Mexico  hin  au&uchen.  Ebenso  stehen  die 
Hunde  an  Stärke  und  Zahl  g^en  diejenigen  Nordamerika's  und  der  Alten 
Welt  zurück.  Es  giebt  weder  Wölfe,  noch  Schakals;  der  Canis  jubatus, 
an  Grösse  dem  Wolfe  gleich,  aber  viel  schwächer  als  dieser,  geht  von 
dem  südUchen  Brasilien  bis  in's  nördliche  Patagonien;  C.  cancrivorus, 
der  wilde  Stamm  desjenigen  Hundes,  den  die  Bewohner  der  Antillen 
zur  Zeit  der  Entdeckung  Amerika's  als  Hausthier  brauchten,  der  jedoch 
nicht  bellen  konnte,  bewohnt  das  nordöstUche  Südamerika,  während 
der  brasilianische  Fuchs  (C.  Azarae)  in  jedem  Theile  Südamerika's 
vorkommt  Im  Gegensatz  zu  den  bisher  angefiihrten  Familien  der 
Baubthiere  ist  das  tropische  Amerika  sehr  reich  an  Katzen.  Der  Cuguar 
(Puma,  amerikanischer  Löwe,  Felis  concolor)  dehnt  seine  Streifsöge 
vom  nördlichen  Patagonien  bis  in  die  Mitte  der  Vereinigten  Staaten, 
also  vom  40.  Grad  s.  Br.  bis  zum  40.  Grad  n.  Br.  aus.  Nicht  ganz 
so  weit  (nach  Süden  bis  zum  La  Plata,  nach  Norden  bis  Mexico) 
dringt  der  Jaguar  (Unze,  brasilianischer  Tiger,  Felis  onca),  das  ge- 
waltigste Raubthier  Amerika's,  vor,  welches  überall  hin  von  der  Pardel- 
katze oder  dem  Ozelot  (F.  pardalis),  einem  schwächlichen  Bepräs^i- 
tauten  unseres  Luchses,  und  dem  Yaguarundi  (F.  yaguamndi)  bereitet 
wird.  Fünf  andere  Arten  sind  nur  auf  engere  Bezirke  beschränkt, 
nämlich  Felis  tigrina  auf  Guayana  und  Brasilien,  F.  macrura  aqf  Bra- 
silien und  Peru,  F.  celidogaster  auf  Peru,  F.  strigilata  und  F.  eyra 
auf  Guayana,  F.  colocollo  und  F.  Guigna  auf  Chile.  Von  den  ge- 
nannten Katzen  steigen  der  Cuguar  und  Yaguarundi  aus  den 
Urwäldern  bis  zur  Region  des  ewigen  Schnees  empor. 

Durch  seine  Beutelthiere  tritt  das  tropische  Amerika  in 
zu  Austrahen,  aber  in  einen  scharfen  Gegensatz  zu  den  tropischen 
Theilen  der  Alten  Welt,  denen  diese  Ordnung  der  Säugethiere  gänzlich 
fehlt  Die  beiden  Gattungen,  welche  sich  hier  vorfinden,  Didelphys 
(Beutelratte)  und  Chironectes  (Schwimmbeutler),  gehören  Amerika  aus- 
schliesslich  an.  Die  sehr  zahlreich  voihandenen  Beutelratten  (Chiro- 
nectes weist  nur  eine  Art  auf)  greifen  im  Norden  und  im  Süden  über 
diese  Zone  hinaus,  erreichen  aber  hier  ihr  Maximum. 

Gross  ist  der  Beichthum  an  Nagern,   welche  mit  Ausnahme  der 
kosmopolitischen  Genera  der  füchhömchen  und  Hasen  in  lauter  eigen- 


m'-.^Ar^txnt'i 


VII.    Die  Faunengebiete  der  Erde.  643 

tliümlichen  Grattungen  erscheinen.  Da  der  Boden  fast  tiberall  mit 
Vegetation  bedeckt  ist,  so  sind  die  unterirdisch  hausenden  Nager  im 
Vergleich  zu  den  übrigen  selten.  Von  den  Hörnchen  vermisst  man 
sowohl  die  grabenden  aus  den  nordamerikanischen  Gattungen  Tamias 
(Backenhömchen),  Spermophilus  (Ziesel)  und  Arctomys  (Murmelthier), 
als  auch  die  Flughörnchen  5  doch  sind  gegen  10  Eichhörnchen  aus  den 
verschiedensten  Waldgebieten  Südamerika's  (G  davon  aus  Brasilien) 
bekannt.  Die  heissen  Regionen  von  Mexico  besitzen  zwei  Springer 
aus  den  Gattungen  Dipodomys  und  Macrocolus  (D.  Philippii,  M.  halticus). 
Zu  der  rein  südamerikanischen  FamiUe  der  Hasenmäuse  zählen  die 
beiden  nur  in  den  gemässigten  und  kalten  Regionen  der  Anden  vor- 
kommenden Gattungen  Eriomys  und  Lagidium.  Die  Schrotmäuse  sind 
hier  zahlreicher  als  in  jeder  anderen  Thierprovinz :  die  Gattung  Octodon 
trifft  man  nur  auf  den  Anden,  die  Ferkelratten  (Capromys)  nur  auf  den 
grösseren  Antillen,  die  Stachelratten  meist  auf  der  Ostseite  des  tro- 
pischen Amerika.  Von  den  letzteren  leben  Loncheres  und  Dactylomys 
auf  Bäumen,  während  sich  Echinomys  in  Höhlen  umhertreibt.  Wurf- 
mäuse suchen  stets  dürre  Sand-  und  Lehmsteppen  auf  und  sind  daher 
hier  sehr  selten;  die  einzige  Gattung  Ctenomys  ist  nur  durch  2  Arten 
repräsentirt.  Sehr  arm  an  Gattungen  ist  auch  die  Familie  der  Mäuse; 
die  Renn-,  Wühl-  und  Feldmäuse  fehlen  ganz,  und  auch  die  echten 
Mäuse  (Mus)  haben,  wenn  wir  von  den  durch  die  europäische  Schiff- 
fahrt eingeschleppten  Arten  (Mus  decumanus,  M.  rattus,  M.  musculus) 
absehen,  nur  wenige  Vertreter.  Sie  werden  durch  Akodon,  Hesperomys 
(mit  zahlreichen  Arten),  Holochilus  und  Diymomys  ersetzt.  Von  den 
biberartigen  Thieren  erscheint  der  Myopotamus  erst  an  den  Südgrenzen 
dieser  Thierprovinz.  Die  Stelle  der  erdwühlend^i  Stachelschweine  der 
Alten  Welt  nehmen  baumbewohnende  ein :  die  Borstenschweine  (Erethi- 
zon)  und  Greifstachler  (Cercolabes,  wegen  ihres  Grei&chwanzes  so  ge- 
nannt). Ein  südamerikanischer  Charaktertypus  ist  auch  die  Familie 
der  Hufpfötler,  die  sich  als  Agutis  (Dasyprocta)  in  zahlreichen,  örtlich' 
wechselnden  Arten  zeigen.  Die  Meerschweinchen  (Cavia),  zu  denen 
sich  noch  die  bis  auf  die  Cordilleren  gehende  Gattung  Cerodon  gesellt, 
weisen  besonders  in  dem  östlichen  Brasilien  eine  Menge  Arten  auf. 
Die  grössten  tropischen  Nager,  der  Paka  und  das  Wasserschwein 
(letzteres  1  Centner  schwer,  die  häufigste  Beute  des  Jaguars),  reichen 
ostwärts  der  Anden  von  der  Nordküste  Südamerika's  bis  nach  Paraguay. 
Im  Gegensatz  zu  Nordamerika  besitzt  diese  Thierprovinz  nur  einen 
Hasen,  den  Lepus  brasiliensis. 

Zu  den  Zahnlückem,  die  in  der  Alten  Welt  nur  eine  geringe 
Bedeutung  erlangen,  gehören  in  Südamerika  zahlreiche  und  lauter 
eigenthümliche  Formen ;  sie  bilden  also  einen  Hauptcharakterzug  in  der 

41* 


644  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  anf  Erden. 

Fauna  dieses  Gebietes.  Unter  den  merkwürdigtrai  Grestalt^i 
Ordnung  sind  vor  allem  hervorzuheben  das  plumpe,  unbeholfene,  meist 
friedüche  Faulthier  (Bradjpus  in  YerBchiedenen  Arten  vom  südlichen 
Brasilien  bis  zur  Honduras-Bay ,  Choloepus  nur  im  nördlichen  Theüe 
von  Südamerika),  das  sich  durch  einen  langzottigen,  dürren  Pelz 
und  lange  6rd£Eurme  auszeichnet  und  dessen  flaches,  affenahnlichea 
Gesicht  eine  gewisse  Angst  verräth,  femer  das  höhlengrabende, 
flinke,  mit  Gürteln  gepanzerte  Gürteithier  (Dasypus),  welches  nach 
IS^orden  bis  ^lexico,  nach  Süden  sogar  bis  zum  50.  Breitengrade  vor- 
dringt, und  der  langbehaarte,  mit  sehr  verlängerter  Schnauze  versehene 
Ameisenfiresser  (Myrmecophaga),  der  ganz  auf  die  heisse  Region  be- 
schränkt ist. 

An  Hufihieren  ist  Südamerika  sehr  arm.  Einhufer  fehlen  von 
Haus  aus  ganz  (obwohl  sie  fossil  in  Nord-  und  Südamerika  gefunden 
werden);  denn  die  Heerden  verwilderter  Pferde  in  den  Pampas  sind 
europäischen  Ursprunges.  —  Von  den  Dickhäutern  hat  diese  Thier- 
provinz  den  Tapir  (Tapirus  suillus,  der  gemeine  T.,  und  T.  viUosus, 
der  langhaarige  T.)  mit  Indien  gemein,  während  das  Nabelschwein 
(Dicot}'le3  torquatus  und  D.  albirostris)  einen  Ersatz  för  das  Schwdn 
der  Alten  Welt  gewährt  Der  gemeine  Tapir  ist  vom  12.  Grad  n.  Br. 
bis  Patagonien,  der  langhaarige  Tapir  nur  über  die  kalten  Regionen 
der  Anden  im  nördhchen  Südamerika  verbreitet;  die  Nabelschweine 
gehen  durch  alle  Theile  dieses  Faunengebietes.  Der  Elephant,  von 
dem  man  2  fossile  Arten  entdeckt  hat,  wird  gegenwärtig  gänzUch  ver- 
misst^).  —  Die  Wiederkäuer  sind  durch  zwei  Gattungen,  Auchenia 
und  Cervus,  vertreten.  Auchenia  (Lama)  meidet  die  heissen  Niede- 
rungen; sie  bewohnt  innerhalb  der  tropischen  Zone  nur  die  Alpenregion 
imd  steigt  erst  unter  höheren  Breiten  in  die  Ebenen  herab.  Man  unter- 
scheidet vier  Arten:  zwei  wildlebende  (Guanako  und  Vicuna)  und  zwei 
nur  als  Hausthiere  vorkommende  (Lama  und  Pako).  Das  Guanako 
(Auchenia  Huanaco)  wird  in  jedem  Theile  der  Anden  angetrofien;  das 
gemeine  Lama  (A.  lama),  das  wichtigste  Hausthier  Südamerika's,  ist 
auf  der  Hochfläche  um  den  Titicaca-See  am  häufigsten  und  küLftigsten, 
gelangt  jedoch  nach  Norden  hin  kaum  bis  in  das  mittlere  Peru«  Das 
Pako  (A.  Alpaco)  und  die  Vicuna  (A.  vicunia)  überschreiten  nicht 
den  Baum  zwischen  dem  20.  und  10.,  resp.  5.  ^  s.  Br.  Die  verschiedenen 
Arten  von  Hirschen  durchschwdfen  meist  die  heissen  Waldgebiete;  nur 
Cervus  antisiensis  verlässt  gleich  dem  Lama  nie  die  Alpenregionen. 

*)  Gn»88ere  Thiere  sind  weit  mehr  der  Gefahr  ausgesetzt,  yemichtet  zu 
werden,  als  kleinere.  Sie  besitzen  nämlich  keine  so  staike  Zeugung;  femer 
ist  ihnen  eintretende  Dürre  yiel  gefährlicher,  wenn  sie  Grasfresser  sind,  und 
endlich  werden  sie  sicherer  vom  Menschen  erlangt. 


VII.    Die  Faunengebiete  der  Erde.  645 

VoD  den  Seesäugethieren  sind  die  Robben  (4  Arten  der  Gattung 
Otaria)  auf  die  Westküste  beschränkt;  an  der  Ostküste  werden  die- 
selben durch  einige  Lamantins  (Manatus)  ersetzt.  Ein  Delphin  (Del- 
phinus  amazonicus),  der  nur  die  süssen  Gewässer  aufsucht,  ist  im 
Amazonas  und  anderen  Strömen  bis  an  den  Ostfuss  der  Anden  beobachtet 
worden. 

Die  Vogelfauna  Südamerika's  zeigt  eine  Manigfaltigkeit  der  Ge- 
stalten, Farben,  und  Stimmen,  sowie  einen  Reichthum  an  Individuen 
wie  kein  anderer  Theil  der  Erde.  Der  König  der  Vögel,  der  Condor, 
herrscht  in  den  Anden,  während  der  grosse  Haubenadler  (Harpjria 
destructor)  und  der  Geierkönig  (Sarcorhamphus  papa)  in  dem  heissen 
Tieflande  ihren  Sitz  haben.  Die  Singvögel  sind  sehr  häufig.  Von 
den  Sperlingsvögeln  erreichen  hier  die  zahlreichen,  durch  metallisch 
glänzendes  Gefieder  ausgezeichneten  Colibris  das  Maximum  ihrer  Arten- 
und  Individuenzahl-,  ebenso  erfreuen  die  meisenartigen  Manakins  (Pipra) 
durch  die  brennenden  Farben ,  welche  bald  diesen ,  bald  jenen  Theil 
ihres  sonst  schwarzen  Körpers  schmücken.  Die  wichtigsten  Familien 
der  südamerikanischen  Klettervögel  sind  die  zahlreichen,  vorherrschend 
grün  geftlrbten  Papageien  und  die  Pfefferfresser  oder  Tukane  (Rham- 
phastidae) ,  welche  vermittelst  ihrer  langen  Schnäbel  Eier  und  junge 
Vögel  aus  hohlen  Baumstämmen  hervorholen;  neben  den  letzteren 
sind  noch  einige  Eisvögel,  z.  B.  der  Plattschnabel  (Todus)  und  der 
Sägeschnabel  (Prionites)  rein  amerikanische  Typen.  Von  den  Hühner- 
vögeln tritt  die  rein  amerikanische  Familie  der  Jakuhühner  (Penelopidae) 
an  Stelle  der  Tetraoniden  und  Phasianiden  der  Alten  Welt,  sowie  Ciypt- 
urus  an  Stelle  der  Rebhühner.  Der  einzige  grosse  Laufvogel  ist  der 
amerikanische  Strauss  (Rhea  americana),  welcher  in  kleinen  Heerden 
die  sandigen  Campos  BrasiUen's  oft  pfeilschnell  durchwandert.  Aus  der 
Ordnung  der  Sumpfvögel  sind  hervorzuheben  der  im  hohen  Grase  der 
Campos  sich  versteckende,  einen  Meter  hohe  Seriema  (Dicholophus),  die 
Strausshühner  (Palamedea),  die  Trompetenvögel  (Psophia),  der  1  ^  '2  Meter 
hohe  amerikanische  Riesenstorch  (Mycteria  americana),  der  grösste  Wad- 
vogel der  Neuen  Welt,  und  der  rosenrothe  Löffler  (Platalea  Ajaja).  Die 
Wasservögel  am  Meere  bieten  wenig  Auffallendes  dar. 

Ein  so  heisser  imd  feuchter  Erdraum  wie  Südamerika  musste  die 
Entwicklung  einer  reichen  Fülle  von  Reptilien  begünstigen.  Von  riesen- 
haften Dimensionen  sind  insbesondere  einige  Süsswasser-  und  Seeschild- 
kröten (von  den  ersteren  namentUch  Podocnemis),  zahlreiche  Alligatoren 
aus  den  Gattimgen  Crocodilus  und  Champsa,  unter  denen  der  schwarze 
Kaiman  (Ch.  nigra)  8  bis  10  Meter  lang  wird,  ferner  die  Panzer- 
eidechse (Thorictis),  der  1  Meter  lange  Basilisk  Guayana's,  die  für 
Amerika  charakteristischen  Riesenschlangen  (vor  allem  Boa  constrictor, 


646  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  anf  £rden. 

3  bis  5  Meter  lang,  und  B.  scytale  oder  Anaconda,  6  bis  10  Meter 
lang)  und  Klapperschlangen  ( Crotalus,  in  Südamerika  speciell  C.  horridus, 
die  Schauer-Klapperschlange),  sowie  die  herrliche  Korallenschlange  (Elaps 
corallinus),  von  denen  die  beiden  letzteren  zu  den  Giftschlangen  gehören« 
Auch  die  Lurche  sind  ausserordentlich  reich  an  Formen  und  Individuen. 

Die  Fische  sind  vorwi^end  Salmoniden,  Siluriden  und  Labroiden ; 
sehr  charakteristisch  sind  namentlich  die  zahlreichen  schlechtschmecken- 
den Panzerwelse.  Die  Gymnotida  oder  elektrischen  Aale  (Gymnotus, 
Carapus,  Stemarchus)  ge&hrden  das  Leben  der  die  Furthen  durch- 
schreitenden Menschen  und  Thiere. 

Die  Zahl  der  pflanzenfiressenden  Insecten  ist  bä  der  üppigen  Ent- 
faltung der  Vegetation  eine  verhältnissmässig  grosse,  nämlich  eine  neun- 
mal so  grosse  als  die  Europa's.  Besonders  zahlreich  sind  die  Schmetter- 
linge, deren  Glanz  und  Farbenpracht  ganz  ihrem  sonnigen  Vateriande 
entspricht,  von  den  Käfern  die  Scarabeiden,  Chrysomelinen  und  Ceram- 
by einen,  femer  die  Ameisen,  Wespen  und  Orthopteren.  Von  den 
letzteren  sind  namentlich  bemerkenswerth  Phasma  gigas  (Siesenstock- 
schrecke),  das  längste  (^  ^  Meter  lange)  Insect,  und  die  riesigen,  mit 
ungleichen  Kiefern  ausgerüsteten  Heuschrecken  (Cerberodon  Perty»; 
doch  erscheinen  diese  Orthopteren  niemals  in  so  mächtigen  Schwärmen 
wie  die  Heuschrecken  Afrika's  und  Arabien's,  verheeren  darum  auch 
niemals  in  Reicher  Weise  wie  diese  das  Land. 

HI.     Die  Provinzen  der  südlich  gemässigten  Zone. 

A.  Die  Magalhäes'sche  Provinz  oder  das  gemässigte 
Südamerika  um&sst  die  Südspitze  dieses  Erdtheils  vom  30.  Grad 
8.  Br.-,  an  der  Westseite,  d.  h.  innerhalb  der  Anden,  dürfte  eigentlica 
die  ganze  alpine  R^on  dieses  Gebirges  ihr  zugerechnet  werden,  da 
diese  nur  wenige  tropische  Formen  besitzt  Südlich  vom  30.  Breiten- 
grade verschwinden  zahlreiche  tropische  Thiere,  so  die  AfFen,  Faul- 
thiere,  Blattnasen  (Phyllostoma),  Cuatis,  Stachehratten,  während  andere 
immer  seltener  werden,  bis  am  Bio  Negro  auch  die  letzten  tropischen 
Typen  vermisst  werden.  Hingegen  taucht  eine  Anzahl  neuer  Formen 
auf.  Verglichen  mit  der  nordamerikanischen  Thierprovinz  steht  sie 
hinsichtlich  der  Zahl  und  Grösse  der  Säugethiere  bedeutend  zurück, 
und  zugleich  ist  ihr  ein  ganz  anderer  Charakter  aufgeprägt  Die 
Armuth  an  Waldungen  verscheucht  zahlreiche  Thiere,  die  durch  ihre 
Lebensweise  an  den  Wald  gefesselt  sind,  und  dies  um  so  mehr, 
ab  das  rauhe  Klima  der  allein  bewaldeten  Westküste  diesen  Thisren 
ebenfidls  feindlich  entgegentritt  In  den  weit  ausgedehnten  Steppen 
walten  naturscemäss  die  grabenden  Nager  vor;   diese  bilden  überhaupt 


VII.    Die  Faunengebiete  der  Erde.  647 

den  wichtigsten  Bestandtheil  der  Thierbevölkenmg  dieser  Provinz.  Nach 
Süden  verödet  dieselbe  mehr  und  mehr,  und  bei  Cap  Hoom  trifft  man 
von  Säugethieren  nur  noch  einen  Fuchs  und  eine  Maus. 

Die  Affen  gehen  der  Magalhäes'schen  Provinz  ganz  ab.  —  Die 
Fledemläuse  sind  wohl  meist  Eindringlinge  aus  der  tropischen  Zone 
und  gehören  den  Gattungen  Desmodus,  Dysopes,  Vespertilio  u.  a.  an.  — 
Insectenfiresser  sind  hier  ebenso  wenig  vorhanden  wie  im  tropischen 
Südamerika;  doch  ist  auch  die  Zahl  der  Eaubthiere  eine  geringe.  Der 
Ursus  omatus  ist  bis  nach  Chile  verbreitet,  und  von  Stinkthieren 
(Mephitis)  wohnt  M.  patagonica  im  südlichen,  M.  suffocans  im  nörd- 
lichen Theile  dieses  Gebietes.  Der  Grison  (Galictis  vittata),  welcher 
die  wahrscheinlich  fehlenden  Marder  ersetzt,  schweift  vom  südlichen 
Brasilien  bis  in's  nördliche  Patagonien,  und  von  Fischottern  findet  sich 
Lutra  platensis  am  La  Plata,  L.  chilensis  in  Cliile  und  besonders  auf 
dem  Chonos-Archipel.  Aus  der  Familie  der  Hunde  hat  die  Magal- 
häes'sche  Provinz  den  Canis  jubatus  (bis  an  die  Nordgrenze  von  Pata- 
gonien) und  den  brasilianischen  Fuchs  (C.  Azarae,  bis  Cap  Hoorn)  mit 
dem  Tropenlande  Südamerika' s  gemein,  während  C.  antarcticus  (der 
antarktische  Fuchs)  auf  die  Falklandsinseln ,  C.  magellanicus  auf  die 
Westküste  Patagonien's  und  Ciiile's  und  C.  fulvipes  auf  den  Archipel 
von  Chiloe  beschränkt  ist.  Die  Katzen  weisen  nur  eine  eigenthümUche 
Art,  die  Pampaskatze  (Fehs  pajeros),  auf;  der  Cuguar  und  der  Yagua- 
rundi  dringen  aus  der  tropischen  Zone  bis  zum  Rio  Negro,  der  Jaguar 
bis  zur  Mündung  des  La  Plata  vor. 

Die  Beutelthiere ,  nur  durch  die  Gattung  Didelphys  repräsentirt, 
überschreiten  kaum  die  Nordgrenze  Patagonien's  und  sind  meist  tropi- 
sche Formen. 

Unter  den  zahlreichen  Nagern  werden  die  FamiHen  der  Hörnchen, 
Schläfer  und  Springer  gänzUch  vermisst;  die  in  Erdhöhlen  lebenden 
Chinchillas  (Wollmäuse),  nändich  das  kleine  und  grosse  ChinchiUa 
(Eriomys  laniger  und  E.  Chinchilla),  haben  in  den  Gebirgen  Chile's, 
Bolivia's  und  Peru's  ihren  Wohnsitz.  Das  erstere  liefert  das  weichste 
und  feinste  aller  Pelzwerke.  Ferner  gehören  zu  den  Charaktertypen 
der  Magalhäes'schen  Provinz  das  Berg- Viscache  (Lagidium  peruanum) 
auf  den  peni-bolivianischen  und  chilenischen  Anden,  sowie  das  nur  auf 
den  ösdichen  Tiefebenen  zwischen  dem  30.  und  41.  Breitengrade  vor- 
kommende Feld- Viscache  (Lagostomus  trichodactylus),  das  Hauptthier 
der  Pampas  (daher  „Pampashase").  Das  letztere  unterwühlt  den 
Boden  der  Art,  dass  Mann  und  Ross  bisweilen  in  die  Erde  hinab- 
sinken. Femer  sind  vier  Gattungen  höhlengrabender  Wurfinäuse  auf 
den  Cordilleren  von  Chile  heimisch,  nändich  Habrocoma,  Schizodon, 
Psammoryctes  und  Octodon,  von  denen   die  drei  erstgenannten  Chile 


648  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

eigenthtimlich  sind.  Ebenso  unterminiren  die  von  dem  südlichen  Brasi- 
lien bis  zur  Magalhäes-Strasse  gehenden  Wurfinäuse  (Ctenomys  torqna- 
tus  und  Ct  magellanicus)  allenthalben  das  Land  östlich  der  Anden. 
Die  eigentlichen  Mäuse  und  Feldmäuse  giebt  es  zwar  in  der  Magal- 
häes'schen  Provinz  nicht;  doch  entschädigen  diesen  Mangel  die  charakte- 
ristische Gattung  Beithrodon,  femer  Holochilus  und  das  in  c.  20  Arten 
erscheinende  Genus  Hesperomys  in  reichstem  Masse.  Der  Sumpfbiber 
oder  Coypu  (Mjopotamus  coypus)  beherrscht  auf  der  Ostseite  das  Land 
▼om  24.  bis  43.,  auf  der  Westseite  vom  33.  bis  48.  Breitengrade;  er 
hält  sich  wie  der  Biber  meist  in  Höhlen  am  Wasser  auf  und  schwimmt 
sehr  gut  Das  Flussschwein  (Hydrochoerus  capjbara)  und  das  pata- 
gonische  Meerschweinchen,  der  Aperea  (Cavia  aperea),  dringen  aus  der 
tropischen  Zone  bis  über  die  La-Plata-Mündung  nach  Süden  vor;  da* 
gegen  sind  der  schnellfiissige  Mara  (Dolichotis  patagonica),  der  treue 
B^leiter  der  Wüste  und  Stellvertreter  unseres  Hasen,  und  Cerodon 
Eüngii  auf  dieses  Faunengebiet  beschränkt  Der  einzige  Hase,  Lepus 
magellanicus,  welchen  man  nur  auf  den  Falklandsinseln  beobachtet 
hat  stammt  jedenfalls  von  imserem  Kaninchen  ab. 

Unter  den  Zahnlückem  weisen  nur  die  Gürtelthiere  eigenartige 
Formen  auf.  Hierher  zählen  mehrere  Arten  von  Dasypus  (Gürtelthier 
oder  Armadill,  bis  50®  s.  Br.),  sowie  der  merkwürdige  Chlamydopho- 
rus  truncatus  (Schildwurf),  welcher  sich  nur  bei  Mendoza  (unter  33 
bis  34®  n.  Br.)  vorfindet;  der  grosse  Ameisenfiresser  ist  ein  Fremdling 
aus  der  tropischen  Zone,  der  bis  zum  La  Plata  gelangt 

Von  den  Hufthieren  fehlten  ursprünglich  alle  Eonhufer,  da  die 
Herkunft  der  wilden  Pferde  auf  den  Pampas  von  den  eingeflihrten 
europäischen  abzuleiten  ist  Dickhäutern  begegnet  man  aDein  in  den 
Pampas,  nämlich  zwei  Thieren  aus  der  benachbarten  tropischen  Pro- 
vinz: dem  gerin^lten  Nabelschwein  (Dicotyles  torquatus)  und  dem 
Tapir  (Tapirus  suiUus).  Ebenso  stimmen  die  wenigen  Wiederkäuer 
meist  mit  tropischen  Formen  überein,  so  das  Guanako  (im  Norden  nur 
auf  den  Anden,  in  Patagonien  und  im  Feuerlande  auch  in  der  Ebene)« 
die  VicuAa  (im  nördlichen  Chile)  und  das  Lama  (nur  als  Hausthier 
im  Hochgebirge),  sowie  der  auf  der  Ostseite  der  Anden  hausende  Gua- 
zuy  (Cervus  campestris).  Unser  Rind  kommt  gleich  dem  Pferde  in 
verwildertem  Zustande  bisweilen  in  grossen  Heerden  vor. 

Zahlreiche  Robben  und  Wale  besuchen  die  Küsten  des  gemässig- 
ten Südamerika,  von  den  ersteren  Leptonvx  leopardinus,  Cystophora 
proboscidea,  der  Seelöwe  (Otaria  jubata)  und  der  Seebär  (Otaria  ursina), 
von  den  letzteren  6  Delphine,  der  alle  3ileere  durchstreifende  Pottfisch, 
der  südliche  Walfisch  (Balaena  australis),  sowie  der  Schnabelwalfisch 
(B.  boops),  welcher  mit  dem  der  nördlichen  Halbkugel  identisch  ist 


VII.    Die  Faunengebiete  der  Erde.  649 

Die  Vogelfauna  verliert  nach  Süden  hin  mehr  und  mehr  an 
Manigfaltigkeit.  Unter  den  Raubvögeln  sind  bemerkenswerth  der 
Condor,  die  Schleiereule  (Strix  perlata)  und  die  seltsame  Höhleneule, 
die  in  Höhlen  wohnt  und  vor  deren  Eingängen  wie  eine  Schildwache 
steht.  Sperlingsvögel  sind  in  reicher  Anzahl  vorhanden ;  hingegen  sind 
die  Klettervögel  in  einem  von  Wald  so  entblössten  Lande  naturgemäss 
sehr  selten.  Die  Hühner  sind  durch  die  Grattungen  Crypturus  (Gras- 
huhn) und  Eudromia  vertreten.  Der  amerikanische  Strauss  (Nandu, 
Rhea  americana)  wird  im  südlichen  Patagonien  durch  einen  anderen 
Strauss  von  kleinerer  Gestalt  (Rh.  Darwini)  ersetzt.  ,Zu  den  Sumpf- 
vögeln zählen  die  Regenpfeifer,  Meerlerchen  (Tringa),  Seeelstem 
(Haematopus),  Wasserläufer  (Totanus)  und  der  charakteristische  Hirten- 
vogel (Palamedea  chavaria),  welcher  mit  Hühnern  und  Gänsen  aufge- 
zogen wird,  die  er  dann  gleich  einem  Hirtenhunde  schützt  und  gegen 
Angriffe  vertheidigt.  Die  Schwimmvögel  sind  besonders  im  Süden 
ausserordentlich  zahlreich;  namentlich  erscheinen  an  den  süssen  Ge- 
wässern Enten  (11  Arten),  Taucher  (Podiceps  Rolandi),  der  schwarze 
Seerabe  (Garbo  cormoranus)  und  die  antarktische  Ente  (Anas  antarc- 
tica)  in  ungeheuren  Schwärmen.  Möven  und  Seeschwalben  beleben 
die  Gestade  des  Meeres. 

Die  Zahl  der  Reptilien  ist  im  Vergleich  zu  Brasilien  eine  sehr  ge- 
ringe-, das  Feuerland  und  die  Falklandsinseln  entbehren  derselben  so- 
gar gänzlich. 

B.  Die  eigenthümlichste  Thierwelt  hat  Australien  sammt  den 
ihm  in  zoologischer  Hinsicht  zugehörigen  Inseln,  d.  h.  sammt  der 
ganzen  nach  Nordwesten  hin  gelegenen  Inselflur  bis  Lombok  und 
Celebes  (vgl.  Bd.  I,  S.  502.  519 f.).  Alle  hier  vorkommenden  Arten, 
fast  alle  Gattungen,  ja  die  meisten  Famihen  sind  diesem  Erdtheil  eigen- 
thümlich.  Australien  ist  eine  Welt  für  sich.  Es  besitzt  keine  Affen, 
also  weder  Schmalnasen  noch  Plattnasen,  —  keine  Insectenfresser,  also 
keine  Spitzmäuse,  keine  Würfe,  keine  Igel,  —  femer  keine  echten 
Raubthiere  (zweifelhaft  ist  der  Ursprung  des  Dingo,  des  einzigen  Raub- 
thieres  von  Australien),  also  weder  Bären,  noch  Marder,  noch  Hunde, 
noch  Hyänen,  noch  wilde  Katzen,  —  auch  keine  Zahnlücker,  somit 
keine  Faulthiere,  keine  Gürtelthiere ,  keine  Ameisenfresser,  keine 
Schuppenthiere.  Ebenso  fehlen  alle  Einhufer,  also  wilde  Pferde  und 
Esel,  —  alle  Dickhäuter,  d.  h.  die  Elephanten,  Rhinocerose,  Tapire, 
Flusspferde  und  Schweine,  —  sowie  die  Wiederkäuer,  also  die  Kameele, 
Lamas,  Hirsche,  Ziegen,  Schafe  und  Rinder,  —  kurz  alle  jene  Typen 
von  Vierfiissem,  die  in  jedem  andern  Theile  der  Welt  den  Grundstock 
der  Säugethierfauna  bilden. 

Welchen  Thieren  hat  denn  nun  Australien   eine  gastliche  Stätte 


g50  Vierter  TheiL    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

gewährt?  In  erster  Linie  den  Beutelthieren;  denn  unter  den  131  (nach 
Wallace  160)  Arten  Landthieren,  die  von  Neuholland  und  Tasmanien 
bekannt  sind,  zählen  102  zu  den  Marsupialien.  Die  grosse  Manig&ltig- 
keity  welche  diese  in  ihren  Formen  darbieten,  führt  dahin,  dass  die  durch 
sie  verdrängten  Ordnungen  innerhalb  der  Sphäre  der  Beutelthiere  selbst 
£ast  alle  ihre  Repräsentanten  finden.  So  stehen  die  auf  den  Bäumen 
lebenden  daumenfiissigen  Phytophagen,  nämlich  Phalangista  (Kusu), 
Petaurus  (MugbeuÜer)  und  Phascolarctos  (Koala)  den  Affen  und  noch 
mehr  den  Halbaffen  nahe.  Die  Insectenfii'esser  sind  durch  Myrmecobius 
und  Tarsipes,  die  Fleischfiresser  durch  Thyladnus  und  Dasyurus  ver- 
treten; namentlich  würgt  Thjlacinus  wie  ein  Wolf  unter  den  Schaf- 
heerden  und  wird  deshalb  von  den  Eingebomen  als  Tiger  oder  Hyäne 
bezeichnet  Die  Kängurus  erinnern  durch  die  hufartigen  Nägel  an 
zwei  Zehen  der  Hinterfiisse  an  die  Hufthiere,  sowie  durch  die  eigen- 
thümliche  Zusammensetzung  des  Magens  spedell  an  die  Wiederkäuer. 
Femer  sind  die  Monotremen  (Schnabelthiere)  dem  australischen  Fest- 
lande eigenthümUch.  Sie  werden  zwar  gewöhnlich  zu  den  Zahnlückem 
gerechnet,  dürfen  jedoch  ebenso  gut  als  Beutelthiere  betrachtet  werden, 
da  sie  sich  nur  unter  dieser  Form  darstellen.  Zu  ihnen  gehört  das 
Wasserschnabelthier  (Omithorhynchus  paradoxus),  welches  selbstgegni- 
bene  Erdgänge  an  den  Flussufem  des  südöstlichen  Australien  bewohnt, 
und  der  Ameisenigel  oder  das  Landschnabelthier  (Tachyglossus),  das 
im  südlichen  Australien  und  auf  der  Insel  Tasmanien  in  Erdlöchem 
von  Ameisen  lebt,  die  es  mit  seiner  klebrigen  Zunge  aufleckt 

Ausser  den  Beutelthieren  begegnet  man  hier  nur  zwei  Ordnungen 
der  Landsäugethiere :  den  Fledermäusen  und  Nagern.  Zu  den  ersteren 
zählen  5  Geschlechter  (Pteropus,  Rhinolophus,  Nyctophilus,  Vespertilio, 
Dysopes),  welche  meist  mit  denen  der  benachbarten,  an  Fledermäusen 
so  reichen  Sundawelt  übereinstimmen,  aus  der  sie  sich  vermöge  ihrer 
ausserordentUchen  Flugfertigkeit  leicht  hierher  verbreiten  konnten.  — 
Von  den  vier  Gattimgen  der  Nager  sind  drei  für  Australien  charakte- 
ristisch, nämlich  Hvdromys  (Schwimmmaus,  von  der  Gestalt  und 
Lebensweise  der  Biber),  Hapalotis  und  Pseudomys;  die  vierte  Form 
aber  ist  das  kosmopohtische  Geschlecht  Mus.  Leichhardt  erwähnt  auch 
ein  fliegendes  Eichhorn  (Petaurus  sciureus?).  —  Femer  weist  die  Onl- 
nung  der  Robben  3  Gattungen  (LeptonjTC,  Cystophora  und  Otaria)  und 
die  der  Fischsäugethiere  4  Gattungen  (Halicore,  Balaena,  Physeter  und 
Delphinus)  auf. 

Unter  den  Vögeln  erscheinen  neben  manigfachen  asiatischen  und 
afirikanischen  Typen  zahlreiche  eigenthümliche  Formen.  Sehr  gering 
ist  die  Specieszahl  der  Raubvögel,  von  denen  die  Geier  gänzlich 
fehlen   und  die  Eulen  sehr  klein  sind;  nur  die  Milane,  insbesondere 


VII.    Die  Faunengebiete  der  Erde.  651 

der  kecke  Milvus  isurus,  werden  in  grösserer  Individuenzahl  gefunden. 
Von  den  Singvögeln  walten  die  honigsaugenden  Vögel  (Meliphagidae) 
vor,  welche  ihre  Nahrung  nur  wenig  mit  den  Schnäbeln  kauen,  sie 
vielmehr  mit  der  langen,  bürstenformigen  Zunge  saugen  oder  lecken. 
Zu  ihnen  gehört  selbst  die  Papageiengruppe  Trichoglossus  mit  den 
kleinen  grünen  Loris.  Höchst  bemerkenswerth  ist  auch  der  Paradies- 
vogel oder  Manuck  Debata,  d.  i.  Göttervogel  (Paradisea).  Die  Kletter- 
vögel sind  durch  zahlreiche  Papageien,  insbesondere  durch  den  schwar- 
zen und  weissen  Kakadu,  den  Falkenkakadu,  den  Kanarienvogelpapa- 
gei etc.,  vertreten.  Unter  den  Hühnern  sind  sehr  charakteristisch 
die  Megapodidae,  welche  in  ihrem  Bau  den  Hühnern,  in  ihrem  Fluge 
den  BaUen  ähnlich  sind  und  das  Brutgeschäft  in  seltsamster  Art  voll- 
ziehen. Der  bekannteste  Laufvogel  ist  der  Emu  oder  neuholländische 
Strauss  (Dromaeus  Novae  Hollandiae).  Von  Hühnerstelzen  (Sumpf- 
vögeln) trifil  man  Trappe,  Kraniche,  Regenpfeifer,  Ibis  und  Reiher, 
von  den  Schwimmvögeln  scJhwarzflüglige  Pelicane,  einige  schwarze 
Enten  (Anas  superciliosa  und  A.  Novae  Hollandiae),  die  Radjah-Ente, 
die  Bogenente,  zahlreiche  Holz-,  Kjick-  und  Laufenten,  sowie  den 
schwarzen  Schwan  (Cygnus  plutoneus). 

Die  Reptilien-  und  Fisch-Fauna  Australien's  ist  noch  wenig  er- 
forscht. Nach  Gray  zählen  zu  den  Reptilien  7  Schildkröten,  63  Saurier 
(darunter  Krokodile,  Leguane  und  die  den  Gürteleidechsen  verwandten 
gepanzerten  Centroblites),  20  Schlangen  und  17  Batrachier  (unter  ihnen 
der  blaue  Laubfrosch  Hyla  cyanea). 

Die  Zahl  der  Insecten  ist  wegen  der  dürftigen  Entwicklung  der 
Vegetation  weit  geringer  als  in  der  Sundawelt,  Indien  oder  Brasilien. 
Auch  sie  zeigen  einen  besonderen  Habitus,  obwohl  es  an  Analogien 
mit  Südasien  und  Südamerika,  ja  selbst  mit  Nordamerika  und  Europa 
nicht  fehlt. 

Was  bedeuten  diese  eigenthümlichen  Züge  der  Fauna  AustraUen's? 
Was  bedeutet  vor  allen  Dingen  der  höchst  auffallende  Reichthum  an 
Beutelthieren?  In  dieser  Hinsicht  hat  uns  die  Geologie  wichtige  Auf- 
schlüsse gegeben.  Man  hat  nämlich  in  den  miocänen  und  eocänen 
Ablagerungen  Versteinerungen  von  Beutelthieren  aus  der  amerikani- 
schen Gattung  Didelphys  sowohl  in  Frankreich  als  auch  in  England 
gefunden.  Zahlreiche  eingeschwemmte  Unterkiefer  von  Beutelthieren 
enthalten  insbesondere  die  jüngsten  Juraschichten  von  Purbeck  in 
Dorsetshire.  Jene  Thiere  standen  einigen  der  heutigen  australischen 
Beutelthiere  sehr  nahe,  so  den  insecten-  öder  fleischfressenden  Ameisen- 
beutlem  (Myrmecobius)  und  Rauhschwänzen  (Dasyurus)  oder  den  von 
Früchten  sich  nährenden  Hackenthieren  (Hypsiprymnus).  Ebenso  sind 
im'  Dogger  bei  Stonesfield  (Oxfordshire)   fossile  Beutelthiere  entdeckt 


652  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

worden,  deren  nächste  lebende  Repräsentanten  in  den  aastraüschen 
Gattungen  der  Ameisenbeutier  und  Sauhschwänze  gesucht  werden 
müssen.  Wir  können  daher  von  Australien  sagen,  dass  seine  Fauna 
ganz  und  gar  einen  paläontologischen,  mindestens  tertiären  Anstrich 
habe,  dass  sie,  geologisch  gesprochen,  einen  versteinerungswürdigen 
Charakter  an  sich  trage.  Es  beherbergt  veraltete  Trachten,  welche  die 
Natur  nur  auf  emev  so  einsam  gelegenen  Weltinsel  aufzubewahren  Ter- 
mochte.  Wir  schliessen  hieraus ,  dass  Australien  vielleicht  vom  juras- 
sischen Zeitalter  an  bis  zum  B^inn  der  Tertiärzeit  mit  dem  grossen 
continentalen  Ländergebiete  der  Alten  Welt  verbunden  war,  dass  hin- 
gegen während  der  Tertiärzeit  eine  Trennung  bei  der  Makassar-Strasse 
eintrat,  welche  den  ferneren  Austausch  der  Arten  verhinderte,  während 
derselbe  wegen  des  Länderzusammenhanges  wenigstens  innerhalb  da- 
nördlichen  Hemisphäre  noch  fort  und  fort  möglich  war. 


VIII.     Die  Lehre  von  der  Einheit  der  Schöpfungs- 

mittelpunkte. 


Wie  für  die  Pflanzen,  so  nehmen  wir  auch  für  die  Thiere  an,  dass 
sich  jedes  von  einem  bestimmten  Punkte,  seinem  Schöpfungs- 
heerde,  aus  verbreitete,  bis  irgend  welche  Schranken  seiner  Wanderung 
ein  Ziel  setzten.  Es  ist  nun  die  Frage,  ob  sich  diese  Hypothese  tiber- 
all mit  den  Thatsachen  in  Einklang  bringen  lässt 

Zunächst  vermag  uns  erst  diese  Hypothese  zu  erklären,  warum 
die  Faunen  gewisser  Länderräume,  z.  B.  Madagascar's  und  Australien' s, 
fort  und  fort  ihre  Selbstständigkeit  bewahrt  haben.  Im  Laufe  der  ver- 
schiedenen geologischen  Zeitalter  traten  an  die  Stelle  der  älteren  Typen 
neue,  kräftigere  und  verdrängten  die  ersteren;  natürlich  konnte  dies 
im  allgemeinen  nur  da  geschehen,  wo  der  Länderzusammenhang  nicht 
zerrissen  wurde.  Wo  hingegen  Meerestheile  einen  natürlichen  Schutz 
gegen  die  neueren  EindringUnge  gewährten,  da  behauptete  die  ältere 
Fauna  das  Feld.  Madagascar's  Fauna  und  Flora  wären  längst  afiri- 
kanisch  geworden,  wenn  diese  Insel  seit  längerer  Zeit  mit  Afrika  durch 
eine  Landbrücke  verknüpft  gewesen  wäre.  Ebenso  würde  Australien's 
Thier-  und  Pflanzenwelt  sicher  grösstentheils  verschwunden  sein,  wenn 
die  alte  tertiäre  Verbindung  nicht  gelöst  worden  wäre. 

Die  Geologie  belehrt  uns  femer,  dass  einst  ein  nordatlantischer 
Zusanmienhang  zwischen  Amerika  und  Europa  bestand.  Damals  war 
die  Fauna  beider  Gebiete  unzweifelhaft  nahezu  dieselbe.  Sobald  jedoch 
das  atlantische  Thal  die  beiden  Welten  völlig  von  einander  schied, 
gingen  die  Faunen  beider  Gebiete  in  ihrer  Entwicklung  ihre  eigenen 
Wege.  Nur  im  hohen  Norden,  wo  die  winterhche  Eisbedeckung  später 
imd  zum  Theil  bis  auf  die  Gegenwart  alljährlich  eine  üeberbrückung 
des  Oceans  schuf,  konnte  auch  fernerhin  noch  ein  gegenseitiger  Aus- 
tausch stattfinden.  Deshalb  ist  die  Thierwelt  unter  allen  Meridianen 
rings  um  den  Pol  dieselbe;  nach  Süden  zu  aber  tritt  eine  bedeutende 
Differenzirung  ein.  Hier  zeigt  sich  klar,  von  welcher  Wichtigkeit  geo- 
logische Vorgänge  ftir  die  Gesittung  der  Menschheit  sein  können;  denn 


654  Vierter  Theil.    Das  organiflche  Leben  auf  Erden. 

Amerika  entbehrte  in  Folge  dessen  bis  zur  Ankunft  der  Europäer  aDer 
jener  Thiere,  welche  als  Hausthiere  den  Bewohnern  der  Alten  Wdt 
von  unberechenbarem  Werthe  sein  mussten,  z.  B.  des  Schafes  ^  der 
Zi^e,  des  Schweines,  des  Rindes ,  welches  letztere  der  Bison  keines- 
wegs zu  ersetzen  vermag.  Femer  vermissen  wir  dort  die  Equineen« 
also  Zebra,  Esel,  Pferd  (letzteres  nur  fossil  in  Amerika),  und  das  auf 
die  Anden  beschränkte  Lama  steht  in  seiner  Leistungsfähigkeit  weh 
hinter  dem  Kameel  zurück. 

Ist  die  Hypothese  richtig,  dass  sich  die  Thiere  von  gewissen  Cen- 
tren aus  verbreitet  haben,  so  müssen  auf  Inseln,  die  nicht  Trümmer 
von  Festländern  sind,  also  auf  Inseivulcanen  und  Koralleninseln,  alle 
diejenigen  Thiere  von  Haus  aus  fehlen,  welche  nicht  über  grössere 
Meerestheile  wandern  können.  Auch  dies  hat  sich  fast  überall  be- 
stätigt, wie  in  dem  Abschnitt  „Die  Thier-  und  Pflanzenwelt  der  Inseln*^ 
(BA  I,  S.  507  ff.)  dargelegt  worden  ist 

Freilich  lassen  sich  auch  Thatsachen  anftihren,  welche  der  Hypo- 
.  these  von  einheitlichen  Schöpfungscentren  ernste  Schwierigkeiten  be- 
reiten.  Es  tauchen  nämlich  bisweilen  Thiere  in  zwei  oder  mehr  iso- 
lirten  Bezirken  auf,  während  man  in  Räumen  zwischen  denselben  ver- 
geblich  nach  ihnen  forscht  Derartige  Beispiele  sind  zwar  nicht  sehr 
zahlreich;  ihre  Erklärung  ist  aber  meist  um  so  schwieriger,  als  betreffs 
der  meisten  Thiere  eine  Verbreitungsart  wegfkllt,  durch  welche  sich  das 
sporadische  Auftreten  der  Gewächse  in  fernen  Gegenden  in  vielen  Fällen 
leicht  rechtfertigen  lässt:  der  Transport  durch  Vögel,  die  den  Pflanzen- 
samen  häufig  an  den  Füssen  mit  forttragen  oder  ihn  unverdaut  ans 
dem  Magen  ausscheiden. 

Zu  jenen  räthsel haften  Thatsachen  gehören  folgende:  Die  meisten 
Formen  der  Insecten,  welche  auf  dem  Plateau  der  Nilagiris  beobachtet 
werden,  zählen  zu  europäiBchen  FamiUen  und  Greschlechtem;  manche 
sind  sogar  mit  europäischen  Species  identisch,  wie  Cocdnella  septem- 
punctata  (Sonnenkäfer  mit  sieben  Punkten),  Vanessa  cardui  (Distd- 
falter),  Polyommatus  baeticus  (andalnsischer  Ai^gusfidter),  Oolias  palaeno, 
lithosia  pulchella,  während  sich  an  den  Abhängen  des  Gebii^ges  rein 
indische  Formen  finden^).  Höchst  merkwürdig  ist  femer  das  spora- 
dische Erscheinen  von  Insecten,  deren  Weibchen  flügellos  sind  und  die 
zum  Theil  niemals  den  Sack  verlassen,  welchen  ihre  Raupen  aus  Pflanzen- 
stoffen herstellten ;  dies  gilt  z.  B.  von  den  Psychideu,  Oiketicus  und  allen 
anderen  Sackträger -Gattungen').  G^heinmissvoU  sind  auch  die  an 
Afiika  erinnernden  Züge  der  Fauna  von  Celebes.    Von  den  seltsamen 

')  Ludwig  K.  Schmarda,  Die  geographische  Yerbreitong  der  Thiere. 
Bd.  1,  S.  71.  162  f. 

*)  Gabriel  Koch  im  Aiuland  187],  S.  684. 


VIII.    Die  Lehre  von  der  Einheit  der  Schöpf angsmittelpunkte.       655 

Gestalten  derselben  sind  besonders  zu  erwähnen  ein  pavianartiger  Affe 
(Cynopithecus  nigrescens),  ein  antilopenartiges  Rind  (Anoa  depressicor- 
nis  oder  Sapi-utan)  und  der  mit  dem  afrikanischen  Warzenschwein 
verwandte  Babirussa.  Die  eigenthümlichste  Thatsache  dieser  Art  aber 
ist  vielleicht  die,  dass  der  Tapir  Sumatra's  und  Hinterindien's  mit  dem 
Tapir  Südamerika's  zwar  nicht  identisch  ist,  ihm  aber  ausserordentlich 
nahe  steht,  obwohl  er  in  den  weiten  Räumen  zwischen  den  Sunda- 
Inseln  und  Südamerika  überall  fehlt. 

Schmarda  gelangt  auf  Grund  ähnlicher  Thatsachen  zu  der  An- 
sicht: „Bei  weit  verbreiteten,  durch  grosse  Länderstrecken  getrennten 
Thieren  muss  man  nothwendig  mehrere  Schöpfungsmittel- 
punkte annehmen"^).  Lidessen  sind  gegen  diese  Hypothese  ebenfalls 
verschiedene  Bedenken  zu  erheben.  Sie  stört  zunächst  die  Einheit  des 
Schöpfungswerkes,  indem  hierbei  willkürlich  ein,  zwei,  drei  oder  noch 
mehr  Ausgangspunkte  flir  die  einzelnen  Thiere  gefordert  werden.  Vor 
allen  Dingen  aber  hemmt  sie  den  frischen  Trieb  zur  Forschung,  indem 
sie  sich  gleichgiltig  verhält  gegenüber  den  verborgenen  Pfaden,  auf 
denen  sich  das  Thierleben  einst  verbreitet  hat.  Bevor  man  zu  einer 
so  bequemen  Hypothese  greift:,  sollte  man  erst  mit  allen  Mitteln  es 
versuchen,  wie  dies  die  Anhänger  der  Einheit  der  Schöpfungscentren 
thun,  jene  Räthsel  durch  gründliche  Studien  über  die  Wanderungen 
der  Thiere  zu  lösen.  In  dem  obigen  Sinne  ist  die  Annahme  mehrerer 
Schöpfungsheerde  eine  schädlich  wirkende  („bad  working")  Hypothese. 

Schmarda*)  selbst  liefert  uns  übrigens  Belege,  welche  recht  ge- 
eignet sind,  das  räthselhafte  sporadische  Auftreten  mancher  Thiere  zu 
erläutern.  So  war  der  Wolf  zu  Olaus  Magnus'  Zeiten  (1535)  in 
Schweden  sehr  häufig,  vor  Linn4  (um's  Jahr  1735)  sehr  selten,  wäh- 
rend er  jetzt  wieder  in  grösserer  Anzahl  vorhanden  ist.  Hieraus  geht 
hervor,  dass  Thiere  oft  in  kurzen  Zeiträumen  und  scheinbar  ohne  be- 
sondere Veranlassung  ihre  Verbreitungssphäre  erweitem  oder  verengem. 
Erlischt  auf  diese  Weise  eine  Art  in  der  centralen  Zone  ihres  Gebietes,  so 
ist  der  räthselhafte  Fall  des  sporadischen  Auflauchens  gewisser  Formen 
gegeben.  Vespertilio  noctua,  die  grösste  schwedische  Fledermaus,  war 
zu  Linn^'s  Zeiten  in  Skandinavien  unbekannt;  Retzius  erst  be- 
richtet uns  (etwa  1825)  von  ihrem  Auftauchen  in  Südschweden.  Als 
man  hierauf  die  Kirche  zu  Lund  renovirte,  fand  man  alte  Knochen 
und  Skelete  von  Fledermäusen,  welche  meistens  der  V.  noctua  ange- 
hörten und  zum  Theil  mindestens  700  Jahre  alt  waren.  Somit  ist 
diese  Art  früher   häufig   gewesen,    dann    verschwunden   und  hierauf 

1)  Ludwig  K.  Schmarda,  1.  c.  Bd.  I,  S.  66  f. 
^  1.  c.  Bd.  I,  S.  200. 


656  Vierter  Theil.    Das  organische  Leben  auf  Erden. 

wiedergekommen.  Ebenso  war  Motacilla  alba  (die  weisse  Bachstdze) 
▼or  30  Jahren  in  Schweden  sehr  häufig ,  woraof  sie  längere  Zeit  ver- 
misst,  dann  aber  auf's  neue  wieder  beobachtet  wurde. 

Das  plötzliche  Erscheinen  von  Thieren  an  Stellen,  wo  sie  ehemals 
fehlten,  ist  in  neuerer  Zeit  wiederholt  wahrgenommen  worden.  So  ist 
unser  Distel£Edter  (Vanessa  cardui)  vom  nördlichen  Schweden  bis  zum 
Vorgebirge  der  Guten  Hoffiitmg,  sowie  in  verschiedenen  Theilen  Asien's, 
NeuhoUand's,  Nord-  und  Südamerika's  angetroffen  worden.  Ferdi- 
nand V.  HochstetterM  sagt  von  ihm,  dass  er  ihn  selbst  in  all«'n 
fünf  Welttheilen  gefangen  habe.  Er  dringt  also  vielfach  in  Erdräume 
vor,  in  denen  er  seinem  Colorit  und  seinem  Kleiderschnitt  nach  ein 
Fremdling  ist  Gabriel  Koch  kann  sich  diese  weite  Verbreitung 
nicht  anders  erklären  als  durch  eine  Pluralität  der  Schöpfungsheerde  - ). 
Da  jedoch,  wie  Koch  selbst  anfiihrt,  die  Raupe  des  Distelfalters  überall 
fast  nur  auf  Disteln  lebt,  die  Distel  aber  erst  um  17G9  Südamerika 
erreicht  hat  (vgl.  S.  585),  so  ist  der  DLsteI£älter  höchst  wahrscheinlich 
auch  erst  nach  dieser  Zeit  dort  heimisch  geworden.  Ebenso  leicht  aber 
wie  den  Atlantischen  Ocean  konnte  er  auch  die  übrigen  Weltmeere 
überschreiten. 

Ein  ausserordentlich  grosses,  theilweise  sehr  zerstücktes  Terrain 
beherrscht  auch  der  Windenschwärmer  (Sphinx  convolvuli);  denn  er 
geht  vom  nördlichen  Frankreich  bis  nach  Polynesien.  Dies  befremdet 
uns  wenig,  da  dieser  Schmetterling  in  hohelu  Grade  wanderungs&hig  ist ; 
flog  doch  eine  verwandte  Art,  der  Todtenkopf  (Acherontia  Atroposi, 
auf  ein  Schiff  zwischen  England  und  Westindien,  welches  250  geogr. 
Meilen  von  jedem  Lande  entlemt  war  ^) !  Sphinx  convolvuli  selbst  i^iirde 
einmal  am  Bord  des  Indienfahrers  „Hotspur**  unter  12"  9*  n.  Br.  und 
21  "^  17'  w.  L,  V.  Gr.,  also  75  geogr.  Meilen  vom  nächsten  Küstenpunkte 
Afrika's  und  über  50  geogr.  Meilen  von  den  Capverdischen  Inseln  ge- 
fangen. Ebenso  besuchte  dieses  Schiff  auf  seiner  Heim&hrt  ein  Todten- 
kopf unter  40"  29'  n.  Br.  und  15®  w.  L.  v.  Gr.,  als  es  vom  nächsten 
Lande  (Portugal)  noch  65  geogr.  Meilen  (zwei  Drittel  des  Abstandes 
der  Insel  Madeira  von  Afrika)  entfernt  war^). 

Sehr  oft  ist  die  Wanderung  der  Thiere  streng  abhängig  von  der 
Verbreitung  gewisser  Culturgewächse,  welche  gleichsam  die  Lockspeise 
för  sie  sind.  So  ist  der  Kreuzschnabel  dem  Apfelbaum  nach  England, 
das  Bebhuhn   dem  Kombau  nach  Schottland  gefolgt     Der  Haussper- 

M  Neuseeland.     Stuttgart  1863.    S.  435. 
«)  Ausland  1S71,  S.  6S3  f. 
')  Guilding  im  ZooL  Joorn.  1828,  p.  403. 

^)  Sir  Charles  Lyell,  Principles  of  Geology.  12tii  ed.  London  1S75. 
Vol.  II,  p.  'ibL 


VIII.    Die  Lehre  von  der  Einheit  der  Schöpfongsmittelpunkte.       657 

ling  (Pyrgita  domestica) ,  welcher  ursprünglich  nur  die  Gestade  des 
Mittelmeeres  bewohnte,  kam  mit  der  Weizen-  und  Gerstencultur  der 
römischen  Colonisten  nach  Deutschland;  später  gelangte  er  mit  dem 
Getreidebau  nach  Norw^en  bis  zum  70.  Grad  n.  Br.  und  in  der  ersten 
Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  nach  Sibirien,  wo  er  in  dem  unangebauten 
östlichsten  Theile  noch  fehlt.  Der  Reisläufer  ist  in  Cuba  heimisch, 
geht  aber  seit  der  Einfiihrung  der  Beiscultur  in  grossen  Schaaren 
nach  Nordcarolina  ^).  Das  sporadische  Auftreten  namentUch  kleinerer 
filmender  Thiere  mag  nicht  selten  durch  das  sprungweise  Vorrücken 
mancher  Culturgewächse  veranlasst  sein.  Im  übrigen  dürfte  hier  auch 
manches  von  dem  zu  beachten  sein,  was  oben  (vgl.  S.  608  flF.)  bereits 
über  die  Mittel  gesagt  wurde,  mit  deren  Hilfe  sich  die  Thiere  viel&ch 
verbreiten. 

Welche  1ie%reifenden  und  seltsamen  Wandelungen  sich  noch  heute 
fort  und  fort  in  der  Verbreitung  mancher  Thiere  vollziehen,  das  lehren 
uns  am  deutlichsten  die  merkwürdigen  Wanderungen  der  Ratte. 

Europa  ist  nach  einander  von  mehreren  Rattenhorden  heimgesucht 
worden.  Zuerst  erschien  angeblich  die  gothische  Ratte,  nach  ihr  die 
vandalische,  später  die  hunnische;  jede  vertilgte  die  sesshafte  Urbe- 
völkerung ihres  Geschlechtes,  so  dass  die  schwächere  Race  vor  der 
stärkeren  wich,  bis  diese  allmählich  in  dem  neuen  Capua  verweichlichte 
und  einem  späteren  E^roberer  unterlag.  In  Grossbritannien  b^ann 
nach  der  Thronbesteigung  des  Hauses  Hannover  eine  schwarze  Ratte, 
die  sich  schon  längst  Frankreich  erobert  hatte  und  deshalb  als  nor- 
mannische oder  Whigratte  bezeichnet  wurde,  die  alte  braune  angel- 
sächsische oder  Toryratte  zu  vertreiben.  Noch  dauert  dieser  Kampf 
in  Grossbritannien  fort,  während  auf  dem  Festlande  bereits  die  nor- 
mannische Ratte  vor  einer  centralasiatischen  Horde  (Mus  decumanus) 
mehr  und  mehr  verschwindet,  die  im  Jahre  1727  über  die  Wolga 
setzte  und  die  man  in  Paris  die  russische  oder  die  tatarische  nannte. 
Erst  1809  kam  sie  nach  der  Schweiz,  wo  sie  auch  heute  noch  nicht 
zahlreich  vertreten  ist.  Doch  hat  sie  schon  seit  1775  in  Nordamerika 
festen  Fuss  gefasst.  Jetzt  ist  sie  auch  nach  Centralamerika  und  Peru 
vorgedrungen.  Es  ist  ganz  klar,  dass  jede  neue  Wanderhorde  den 
einheimischen  Ratten  überlegen  sein  musste,  sonst  hätte  sie  diese  nicht 
verdrängen  können. 

Die  Ratte  ist  ein  äusserst  reiselustiges  Thier  und  verbreitet  sich 
gern  nach  allen  Himmelsstrichen.  Namentlich  besitzt  sie  eine  Vorliebe 
ftbr  Seereisen,  auch  wenn  sie  sich  nach  einer  anderen  Hemisphäre  er- 
strecken sollten.     Diese  Reisen   gehen   oft    bis  Calcutta    und    wieder 

»)  Ludwig  K.  Schmarda,  1.  c.  Bd.  I,  S.  201.  206. 

Pescbel-Leipoldt,  Phys.  Erdkunde.     H.  42 


g58  Vierter  TheiL    Das  oi^anische  Leben  auf  Erden. 

zurück,  und  der  Ratten&nger  am  Bord  dnes  Indien&hrero  fängt  bis- 
weilen 500  Stück  auf  einer  einzigen  sokhen  Beise.  Unter  diesen 
Thieren  mag  es  manches  geben,  das  die  Welt  öfters  ums^elt  hat  als 
James  Cook.  Wohin  die  europäisch-asiatischen  Arten  bis  jetzt  gelangt 
sind,  da  sind  die  einheimischen  Hatten  vor  ihnen  gewichen,  und  be- 
kannt ist  Gomara's  lebendige  Schilderung  ihres  ersten  Auftretens  in 
Amerika  imd  namentUch  in  Peru,  wohin  sie  mit  Vicekönig  Blasco 
Nuiiez  (1544)  kamen.  Die  Maori  auf  Neuseeland  sehen  in  dem  Aus- 
sterben der  polynesischen  Batte  (Kiore),  welche  äe  selbst  bei  ihrer 
Wanderung  nach  den  Inseln  mitgebracht  hatten  und  die  von  der 
schwarzen  normannischen  Batte  der  En^änder  vernichtet  wird,  ein 
trauriges  Vorzeichen  ihres  eigenen  unabwendbaren  Bacentodes. 

Derartige  Bacenkriege  zeigen  deutlich,  dass  oft  merkwürdige,  ja 
geheimnissvoUe  Vorgänge  die  Verbreitung  der  Thiere  beherrschen. 
Grosse,  zusammenhängende  Verbrdtungsgebiete  werden  bisweilen  auf 
diese  Weise  zerrissen,  und  wenn  sich  solche  Vorgänge  der  Beobachtung 
des  Menschen  entzogen  haben,  so  wird  man  leicht  zu  der  trügerischen 
Annahme  einer  Plurahtät  der  Schöpfimgsheerde  verleitet 

Insbesondere  dürfen  wir  die  Lösung  versdiiedener  thieigeogiaphi- 
scher  Probleme  von  der  Geologie  und  Paläontologie  erwarten.  Je  mdir 
Au&chlüsse  uns  diese  beiden  Wissenschaften  über  die  frühere  Gestal- 
tung der  Länderräume  wie  über  ihre  ehemalige  Thierwelt  bringen,  um  so 
mehr  werden  wir  uns  des  Zusammenhangs  bewusst  werden,  welcher 
zwischen  isolirten  Gebieten  mit  verwandter  Fauna  in  früheren  Perioden 
bestand;  um  so  klarer  werden  wir  erkennen,  dass  die  gegenwärtige 
Vertheilung  des  Thierlebens  die  naturgemässe  Weiterentwicklung  der 
geologischen  Vergangenheit  ist  Die  Forderung  einheitlicher  Verbrei- 
tungsmittelpunkte erscheint  uns  um  so  gerechtfertigter,  als  auch  für 
das  Menschengeschlecht  nur  ein  Schöpfungsheerd  angenommen  w^- 
den  darf  M. 

*)  VgL  hierzu  Oscar  Peschel,  Völkerkunde.-  4.  Aufl.  Leipzig  1877. 
S.  28—36. 


Begister. 


Aachen  I,  315.  327.  ü,  294.  306.  519. 

Aale,  elektrische  II,  646. 

Aaboe  I,  381. 

Aar  II,  370.  384.  413.  439.  441. 

Aargletscher  II,  341.  344.  345.  348. 
353. 

Aarthal  II,  359. 

Abai  II,  400  f. 

Abbot  I,  361.  II,  392  (Nota  1).  420.  423 
(Nota  4). 

Aberdeen  II,  277. 

Abessinien  II,  565.  633.  635.  636. 

Abich:  Flammenerscheinungen  am  Ve- 
suv I,  221. 

—  Vulcan  Tandurek  I,  234. 

—  Schlammvulcane  im  Gebiete  des 
Kaukasus  II,  311  (Nota  1). 

—  keine  Eriszeit  im  Kaukasus  II,  361. 
Abietineen  11,  546. 

Ablenkung  des  Bleilothes  von  der  Ver- 
ticalen  I,  173  ff. 

—  der  meridionalen  Meeres-  und  Luft- 
strömungen durch  die  Botation  det 
Erde  II,  102  f.  214.  225.  226.  235. 

Äbo  I,  382. 

Abplattung  der  Erde:  Messung  ihrer 
Grösse  I,  150  f.  153  ff.  Theoretische 
Ableitung  des  Abplattungswerthes  I, 
279  f.  A.  d.  £.  kein  sicherer  Beweis 
für  die  ehemalige  Gluthflüssigkeit  der 
Erde  I,  281. 

Abruzzen  II,  620. 

Absorption  der  Sonnenwärme  durch 
Luft,  Land  und  Meerü,  156—158. 

Abu-Arich  11,  195. 

Abukir  I,  372.  II,  416. 


Acacia  II,  537.  560.  562.  564.  565.  566. 
568.  585.  586.  589. 

—  acanthocarpa  II,  537. 

—  arabica  II,  560. 

—  cavenia  II,  585.  586. 

—  detinens  II,  566. 

—  farnesiana  II,  560. 

—  Giraffae  II,  566. 

—  heterophylla  II,  589. 

—  horrida  II,  567. 

—  serissa  11,  560. 
Acalypha  rubra  I,  526. 
Acayutia,  Baj  von  I,  228. 
Acer  s.  Ahorn. 

—  opulifolium  II,  603. 
Aceratherium  I,  333. 
Achäne  II,  595. 
Acherontia  Atropos  II,  656. 
Acineta  Humboldtii  II,  541. 
Aconcagua,  Vulcan  I,  232.  240. 
Aconitum  napellus  II,  523. 
Acosta,  Joseph  I,  523,  Nota  1. 
Acridium  aegyptiacum  II,  638. 

—  tataricum  II,  638. 
Actaeonella  I,  326. 
Adacna  vitrea  II,  321. 

Adam  von  Bremen  II,  371,  Nota  1. 

Adams  I,  50. 

Adamsbrücke  I,  370.  505. 

Adanson  II,  528. 

Adansonia  digitata  U,  528.  537.  564. 

Adda  II,  441. 

Adda-Gletscher  in  der  Eiszeit  II,  359. 

Adelaide  II,  268. 

Adh^mar*8che  Hypothese  11,  143—151. 

Adjak  II,  630. 

42* 


660  Register. 

AdriatiBches  Meer  I,  375  ff.  ü,  30.  106.  Agassiz,   Louis:  geogn^hische  Homo- 

Aegäisches  Meer  ü,  103.  logien  I,  395. 

Aegina  I,  203.  ;  —  Maine  zur  Eiszeit  I,  477. 

Aegos   Potamos ,   Meteoritenfall  am  I,  |  —  Bewegimgen   des    Aargletschers  II, 

107.  I      344.  345.  34S. 

Aegypten   (Geologisches:)  I,  143.  260.. —  Anhanger  der  Dilatationstheorie  H, 

328.450.451.454.   (Meteorologisches:)       34S. 

II,  157.  187.  267.  387.  398.  400  f.  437. ,  ~  Spuren  einer  Eiszeit  im  Amazonas- 

(Biologisches:)  II,  499.  563.  564.  605. ;     thale  II,  363. 

620.  621.  633.  638.  —  die  Insel  Marajö  kein  Deltaland  II, 

Aeolische  Insehi  I,  203.  404,  Nota  2. 

Aequator,  magnetischer  II,  463  f.  i  —  über    Massenschopfung   der   Thiere 

Aequatoriale  Gegenströmung  des  Allan-  1     II,  602. 

tischen  Oceans  II,  8.  56.  57  f.  87.  89  £,  j  —  über  die  Fischfeiuna  Nordamerika's 

des  Grossen  Oceans  II,  75.  91,  des;     II,  628. 

Indischen  Oceans  II,  79.  ,  Agaven  II,  540.  554.  573.  575.  583. 

Aequatoriale  Luftströmungen  II,  222  ff. '  Agrimonia  II,  595. 

227  ff.  256.  I  Agrostideen  IE,  538. 

Aequatoriale  Regenzone  II,  260  f.  Agrumen  s.  Citrus. 

Aequatorialströmungen  des  Atlantischen .  Aguas  calientes  de  las  Trincheras  II,  294. 

Oceans  11,  56  £   74.  87  £.  419,  des!—  de  Comangillas  II,  294. 

Grossen  Oceans  II,  75.  77.  90,  des  Aguti  11,  643. 

Indischen    Oceans    II,    79.   91.     Die  Ahorn  II,  536.  551.  557.  571.  593.  603. 

Ursache  der  Aequ.-Str.   11,  82 — ^91.  Aigle,  Meteorsteinfall  bei  I,  107  f. 
Aequinoctien  II,  139.  Aignes-mortes  II,  317. 

Aerolithe  s.  Meteorite.  Ailanthus  11,  593. 

Aesculus  hippocastanum  s.  Rosskastanie.  Airolo  I,  542. 

Aestuarium  II,  403.  411.  412.  Airy,  G.  B.:  Saturn  vierschultrig  I,  96. 

Aethalion  I,  322.  —  Abplattung  der  Erde  I,  163.  164. 

Aether  I,  49.  II,  4S3.  —  Dichte  der  Erde  durch  Pendelbeob- 

Aetna  I,   202.  212.  222.  231,  Nota  3.       achtimgen  ermittelt  I,  179. 

23S.  239.  259.  Q,  283.  ,  —  's  Formel,  aus  der  Wellengeschwin« 

Affajtato  II,  457.  digkeit  die  mittlere  Tiefe  des  Oceans 

Affen  n,   608.   610.  612.  620.  622.  625.       zu  berechnen  I,  413  f. 

628.  629.  632  f.  639.  641.  647.  Akabah,  Golf  Ton  II,  325.  441. 

Affenbrotbaum  s.  Adansonia  digitata.       Akazie  s.  Acacia. 
Afghanistan  11,  601.  623.  Akka  I,  268. 

Afrika  (Geologisches:)  I,  231.  261.  371  ff.  Akodon  II,  643. 

375.  389  f.  397  ff.  421  f.  423.  44b  S.   Aksakal  II,  322. 

462.  (Meteorologisches:)  U,  127  f.  175.   Akbama  (Staat)  II,  2S0. 

179.  186  ff.  262  f.  312  f.  320  f.  354.399.   Alahabad  II,  609. 

436.    (Biologisches:)  II,  512.  517.  534.   Akid  I,  229. 

539.545.562—568.619—622.632—639.   Alais,  MeteorsteinfEdl  bei  I,  lOS. 
Agardh,  J.  G.  II,  69.  Alands-Inseln  I,  382. 

Agassiz,  Alex.:  Tiefentemperaturen  des  Alanggras  U,  562. 

Mexicanischen  Busens  II,  51.  Alauda  II,  637. 

—  Relictenfiiuna  im  Titicaca-See  11,  320  Albaner- Gebirge  I,  216.  217.  II,  326. 

(Note  3).  Albaner-See  I,  217. 

Agassiz,  Louis :  Florida  ein  Korallenbau  ,  Albatross  II,  600. 

I,  361.  Albis  n,  357. 


Segister. 


661 


Alca  impennis  I,  517. 
Alcedo  n,  618.  637. 

—  ispida  U,  618. 
Aldebaran  I,  27.  58. 
Aletschgletscher  n,  202.  326.  347  f.  353. 
Aleuten  I,  232.  238.  491.  ü,  76.  608. 
Alexander  der  Grosse  I,  373.  n,  417. 

—  Severos  I,  355. 
Alezanderwälle  11,  516. 
Alexandrette  I,  373. 

Alexandria  I,  144.  145.  372.  II,  267.  417. 
Alfons  der  Weise  von  Castüien  I,  7. 
Algen  n,  531  f. 
Algier  (Land)  1 ,  260.  377.  ü,  320.  334. 

496.  523.  554. 
Algol  I,  115. 

Alhagi  camelorum  11,  556. 
Aljaska  (Halbinsel)  I,  397.  491.  H,  571. 

—  (Territorium)  I,  231.  360.  463.  465. 
467.  471.  472.  II,  547. 

Alkmaar  I,  146.  148. 

Alleghanies  I,  308.   316.  390.  396.  401. 

534.  536.  538.  556.  557  f.  II,  368.  428. 

433.  434.  443  f.  572. 
AUierthal  H,  277. 
Alluvium  I,  335. 
Almas  ü,  396. 
Alnus  s.  Erle. 

—  acuminata  11,  575. 

—  incana  11,  69,  Nota  1. 
Aloe  n,  540.  565.  567. 

Alpen:  Localattraction  in  den  A.  I,  175. 
176.  Erdbeben  in  den  A«  I,  261.  Das 
Emporsteigen  der  Ä.  führte  eine 
Schmälerung  des  helveto  -  germani- 
schen Meeres  herbei  I,  301.  Lauren- 
tische und  huronische  Formation  I, 
305.  Kohlenformation  I,  315.  Trias 
I,  321.  Jura  I,  324  f.  Aufrichtung 
der  Alpen  in  der  Tertiärzeit  I,  328. 
406.  533.  Nummuliten  ein  Leitfossil 
in  den  Eogenbildungen  I,  330.  Vo- 
lumen der  A.  und  Effect  beim  Aufbau 
Europa*s  I,  424.  Der  Südabhang  der 
A.  ein  oceanischer  I,  534.  Schon  vor 
der  Erhebung  der  A.  war  auf  dem 
Baume  ihres  Sockels  trockenes  Land 
I,  535.  Parallelismus  der  Ketten  I, 
536.  Die  Ketten  der  Alpen  ursprüng- 
lich flache  Anschwellungen  I,  538.  546. 


Erläuterung  mehrerer  geologischer 
Querprofile  aus  den  A.  I,  540  ff. 
Seenreichthum  der  A.  II,  547  f.  Die 
Aufrichtung  der  Alpen  geschah  ohne 
Mitwirkung  vulcanischer  Kräfte  I, 
554,  wahrscheinlich  durch  tangentialen 
Schub  I,  558  ff.  Neigung  der  Kamm- 
gehänge in  den  A.  I,  568  f.  Meteo- 
rologisches: 11,  167.  169  ff.  278. 
Weiteres  Vordringen  und  Rückzug 
gewisser  Gletscher  11,  202.  Grenze 
des  ewigen  Schnees  n,  283.  285. 
Entstehung  der  Alpenseen  IE,  314. 
316.  326—329.  Gletecher  der  A.  11, 
336  ff.  353.  366.  Die  A.  zur  Eiszeit 
n,  357—360.  364.  366.  Die  Wild- 
wasser  in  den  A.  11,  379—382.  Die 
A.  drängen  Flüsse  gegen  die  Abhänge 
anderer  Gebirge  n,  433.  Ueber  den 
Brennerpass  11,  449—451.  Die  A. 
ein  sehr  wegsames  Gebirge  IE,  453. 
Vegetation  an  den  Abhängen  der  A. 
n,  526.  550.  603.  Gegensatz  der  Mora 
der  Mittel-  und  Ostalpen  II,  599,  Nota  1. 
Verwandtschaft  der  alpinen  Flora  mit 
der  nordischen  11,  599  f.  Die  A.  eine 
wichtige  Scheide  für  die  Thierbe- 
völkerung  zu  beiden  Seiten  IE,  611. 
Zoologisches  11,  617.  618. 

Alpen-Murmelthier  11,  617. 

Alpenrose  ü,  519.  534. 

Alpenwolf  11,  622. 

Aisine  vema  II,  519. 

Altai  I,  316.  n,  283.  354.  361.  362.  611. 
618.  622. 

Altair  I,  57. 

Alten  n,  522. 

Altenbay  I,  383.  II,  538. 

Altersbestimmung  der  Formationen  1, 292 
ff.,  ^er  Schichtenstörungen  und  der  Ge- 
birge I,  296  ff. 

Alt-Goa  I,  524. 

Altingia  n,  560. 

Altmann  11,  348. 

Altona  I,  162.  II,  131. 

Altwasser  (Bad)  IE,  306. ' 

Altwasser,  sichelförmige  H,  391  ff. 

Alyssum  incanum  II,  597* 

Amarasinha  Ü,  532. 

Amazonas  n,  28  f.  369,  Nota  1.  370. 


662 


Register. 


400.  405.  409.  412.  419.  434.  436.  543. 

608. 610.  645.    MÜDdniigsgebiet  des  A. 

I,  359.  392.  n,  404. 
AmazoDas-Ebenen  II,  363.  578  ff. 
Ambak  H,  563. 
AmbiTm  I,  492. 

Ameisenbentler  s.  Myrrnecobins. 
AmeiBenfresser  Q,  644.  648. 
Ameisenigel  II,  650. 
Ameisenscharrer  II,  635. 
Amerüca  I,  421.   423.  11,  436  f.  510  f. 

540.    541.   545.    612.     Im   übrigen  s. 

Nordamerika  und  Sädamerika. 
Amiens  I,  146.  149. 
Ammonilen  I,  3ia  322.  326. 
Ammophila  arenaria  I,  459. 
Amphibien,  ihr  erstes  Auftreten  in  der 

Kohle  I,  314. 
Amphicyon  I,  333. 
Amrom  I,  380.  456. 
Amsterdam  I,  378.  II,  22. 
Amt-Gehren  I,  250. 
Amu  n,  399.  407. 
Amucn,  Weiher  yon  II,  312. 
Amur  n,  371.  427. 
Amurgebiet  I,  186.  316.  368.  II,  234.  269. 

270.  551.  552. 
Amygdalus  communis  II,  553. 
Ana^rdium  occidentale  II,  68. 
Anaeharis  alsinastrum  H,  598. 
Anaconda  II,  646. 
Analyse,  chemische,  der  den  Yulcanen 

entströmenden  Gase  I,    235    f.,    des 

Meerwassers  II,  3  ff. 
Anam  II,  270. 
Ananas  II,  523.  539.  575. 
Ananchytes  I,  326. 
Anas  n,  638.  649.  651. 

—  antarctica  II,  649. 

—  Novae  Hollandiae  H,  651. 

—  superciliosa  11,  651. 
Anastatica  hierochontica  11,  505.  563. 
Anazagoras  I,  59. 

Ancud  n,  282. 
Ancyloceras  I,  326. 
Andalusien  I,  264.  II,  554. 
Andamanen  I,  369. 
Andely,  flenn  d*  II,  2U2. 
Anden  (Geologisches:)  I,  153.  173  f.  176. 
236.  256.  261.  S2S.  390.  401.  403.  425. 


533.  534.  535.  536.  555.  (Meteorolo- 
gisches:) n,  167.  168  f.  283.  284.  312. 
354.  363.  433.  460.  (Biologisches:)  II, 
510  £  524.  582  —  584  (Andenflora). 
587.  602.  640.  642.  643.  644.  645.  646. 
647.  648. 

Andermatt  I,  542. 

Anderson  I,  513. 

Andersson,  K.  J.  I,  108. 

Andesit  I,  292. 

Andreasberg  I,  192. 

Andromeda,  y  I,  20,  y  I,  126. 

Androsace  glacialis  II,  519. 

Anemometer  II,  203. 

Anemone  II,  593. 

Aneroidbarometer  II,  134  f. 

Anghiera  11,  60. 

Angoatura  II,  410. 

Angraecum  sesqnipedale  II,  589. 

Angström,  A.  J.  H,  479,  Nota  2. 

Angström'sche  Linie  (im  Nordlichtspec- 
trum)  n,  478. 

Anio  n,  309. 

Anjou,  Lieutenant  t.  I,  470.  II,  67.  321. 

AnnapolLs  (Fundy-Bay)  II,  28. 

Anneliden  I,  304. 

Annonay,  Berge  von  II,  402. 

Annularien  I,  310. 

Anoa  depressicomis  I,  395.  520.  II,  655. 

Anomopteris  Mougeoti  Schimp.  I,  319. 

Anona  cherimolia  11,  582. 

Anoplotherium  I,  331. 

Ansted  I,  524. 

Antakie  (Antiochien)  I,  268. 

Antarktische  Driftströmung  11,  74.  7b. 
79.  100.  101. 

Anthistiria  australis  II,  569. 

Antholzer-See  II,  328. 

Anthracit  I,  304.  339.  344. 

Anticosti  I,  391.  500. 

Antigua  I,  258. 

Antiklinaler  Schichtenbau  I,  299  1 

Antiklinales  Thai  I,  546.  II,  329.  443. 

Antillen  I,  232.  238.  360.  397.  491.  492. 
522  f.  529  f.  531.  II,  263  f.  497.  576  f. 
643. 

AutiUenos  I,  529. 

Antillenströmung  II,  59.  99. 

Antilope  ü,  612.  619.  621. 623.  624.  627. 
628.  631.  636. 


Begister. 


663 


Antilope  americana  ü,  627. 
^  bubalis  11,  636. 

—  crispa  n,  624. 

—  dorcas  n,  621. 

—  furcifer  II,  627. 

—  gnu  n,  636. 

—  gorgon  II,  636. 

—  gntturosa  11,  623. 

—  lonata  n,  636. 

—  oreotragus  11,  636. 

—  rupicapra  s.  Gemse. 

—  saiga  U,  618.  619. 

—  strepsiceros  n,  636. 

—  subguttorosa  11,  619. 
Antiochien  s.  Antakie. 
Antipassat  11,  216  f.  256. 
Antisana  I,  202.  225.  236.  241. 
Aostathal  I,  474. 

Apachen  II,  516. 

Apennin  I,  268.  329.  11,  308.  309.  433. 

Aperea  n,  648. 

Apfel  n,  595.  598.  656. 

Apfelsinenorange  11,  554. 

Apianus,  Phil.  11,  429. 

Apoeyneen  11,  593. 

Apolda  I,  250. 

Apollinopolis  magna  I,  145. 

Appalachen  s.  Alleghanies. 

Appenzell  (Canton)  II,  358. 

Aprikose  11,  595. 

Apscheron  II,  310  f. 

Apsidenlinie  der  Erdbahn,  Störungen 
der  n,  144. 

Apure  n,  498. 

Aquila  imperialis  11,  621. 

Arabat,  Landzunge  von  I,  444. 

Arabien  (Geologisches:)  I,  231.371.  396. 
(Meteorologisches:)  11,  180.  187.  195. 
272.  399.  (Biologisches:)  II,  505.  513T. 
515.  562.  563.  612.  632  ff. 

Arabis  coerulea  II,  519. 

Arabische  Kette  (Aegypten)  II,  387. 

Arabischer  Meerbusen  I,  281.  11,  79. 

Arabische  Wüste  (Aegypten)  I,  450. 

Aracan  I,  369. 

Arad  II,  396. 

Arago,  D.  F.:  die  Cometen  als  Unglücks- 
boten  I,  120. 

—  Pendelbeobachtungen  unter  verschie- 
denen Breiten  I,  156. 


Arago,  D.  F. :  dritte  französische  Grad- 
messung I,  160.  161. 

—  Wärmennterschiede  die  Hauptur- 
sache der  meridionalen  Meeresströ- 
mungen n,  92. 

—  Stetigkeit  des  Klimas  in  Palästina 
seit  3300  Jahren  II,  201. 

—  Magnetnadel  und  Nordlicht  II,  480. 
Aralia  II,  551. 

Aral-See  I,  2)4.  II,  321  f.  899.  407. 
Ararat,   Grosser  I,  202.   224.  233.  234. 

241.  n,  524. 
Araucanien  II,  588. 
Araucaria  n,  581.  582.  588.  590. 

—  excelsa  II,  590. 

—  imbricata  II,  588. 
Arbela  I,  169,  Nota  2. 
Arcachon  I,  377.  458.  460. 
Archäische    Formationsgruppe    I,    298. 

801  f.  302—306. 
Archaeopteryx  I,  819.  323. 
Archangel  (Stadt)  U,  142. 

—  (Gouv.)  n,  551. 
Archegosaurus  I,  317. 
Archimedes  I,  139. 
Archontophoenix  II,  569. 
Arcot  I,  370. 

Arctander  I,  354,  Nota  1.  362. 
Arctictis  Binturong  II,  629.  630. 
Arctomys  11,  617.  619.  626.  643. 

—  Bobac  n,  619. 

—  ludovicianus  II,  626. 

—  marmota  11,  617. 

Arcturus,  Parallaxe  und  Entfernung  von 
der  Erde  I,  18.  Eigenbewegung  I,  27  f. 
Spectmm  I,  58. 

Ardfeche  U,  402. 

Ardennen  I,  315. 

Ardonthal  11,  361. 

Areca  catechu  II,  559. 

—  sapida  II,  590. 
Aregwüste  11,  568. 
Arequipa  I,  259.  266,  Nota  1. 
Argali  U,  615.  623. 

Argo  (Sternbild)  I,  23.  24. 

Argostoli  II,  308. 

Argun  II,  371. 

Argusfalter,  andalusischer  II,  654. 

Arica  I,  358. 

—  Erdbeben  von  I,  269.  415. 


664 


Register. 


Aristoteles :  keine  optische  Versehiebiiiig 
der  Fixsterne  wahrnehmbar  I,  1&. 

—  Beweise  für  die  Kugelgestalt  der  Erde 
I,  139. 

—  TuIcaniBches  Ereigniss  auf  Hiera  I, 
203. 

—  Erdbeben  am  häufigsten  in  hohlen- 
reichen  G^enden  I,  263. 

—  Drehongsgesetz  der  Winde  11,  223. 
Aristotelia  II,  5S7. 

Arizona  11,  516. 

Arkansas  (Pluss)  II,  496.  538  L 

Arktische  Fauna  II,  615  f. 

—  Flora  n,  548  f. 

—  Gebiete  mit  regenarmen  Wintern  II, 
273  f.  279. 

Arles  n,  380.  381. 

Armadill  s.  Dasypos. 

Armenien  I,  234.  II,  276.  333  f.  335. 

Armeria  vidgaris  II,  518. 

Armstrong,  Sir  William  I,  347  ff. 

Arnhem  II,  394. 

Arno  n,  422. 

Aron-Gewachse  II,  542  f. 

Aronstab  II,  542. 

Arrowsmith  I,  561. 

Arsena  11,  311. 

Arta  I,  375. 

Artemisia  11,  555.  573. 

—  cana  II,  573. 

—  tridentata  II,  573. 
Artem  I,  197.  U,  334. 

Artesische  Brunnen:  Wärmezunahme  in 
den  a.  Br.  I,  196  f.  Voraussetzungen 
zur  Anlage  a.  Br.  11,  291  f. 

Arthrostylidium  excebum  II,  576. 

Artischockendistel  11,  585. 

Artois  n,  292. 

Aru-Inseln  I,  *{69. 

Arum  maculatum  II,  542. 

Arundinaria  macrosperma  n,  538.  572. 

Arundo  donax  II,  555. 

—  phragmites  II,  556. 

—  Quila  U,  585. 

—  saccharoides  II,  580. 

Arve  (Zirbelnusskiefer)  11,  55u. 
Anregletscher  der  Eiszeit  II,  359. 
Arys  n,  249. 
Asama-Yama  I,  229. 
Asaphus  Homfrayi  I,  539. 


Ascension  I,  156.  499.  513.  515.  530.  H, 

469.  5S9. 
Aschaffenburg  11,  509. 
Aschen,  vnlcanische  I,  210.  219.  222  £ 

225.  n,  217. 
Aschenkegel,  vulcanischer  I,  201. 
Asclepiadeen  II,  593. 
Asdepias  vincetoxicnm  II,  519. 
Ascomys  11,  626. 
Ashango-Land  II,  500,  Nota  1. 
Asien  (Geologisches:)  I,  159.  186.  231. 

367  ff.  387  f.  397.  421.  423.  462.  4S9. 

491  ff.    (Meteorologisches:)  11,  127  f. 

175    ff.    179.    186   ff.    199.    213.    227. 

23^—236.   269   ff.   272  f.  280.  353   f. 

361  f.  (Biologisches:)  II,  512.  545.548— 

562.  612.  615—624.  629—632. 
Asphalt  I,  304. 
Aspinwall  s.  Colon. 
Assal-See  11,  320. 
Assam  11,  271. 
Assiniboine  11,  495. 
Assuan  s.  Syene. 
Asterophylliten  I,  310. 
Astrachan  U,  193.  194.  276.  387. 
Atocama  (Wüste)  I,  109.  II,  583.  586. 
Atbara  £1,  398.  400.  435. 
Atchafolaya  II,  414  f. 
Ateles  n,  641. 
Athabasca-See  II,  413. 
Atherosperma  Novae-Zeelandiae  ü,  590. 
Atiu  I,  497. 
Atlantischer  Ocean  L  159.  281.  3S8.  400. 

408.  410—413.  420.  423  1  429.  431  £. 

434.   436.   471.   498  f.  II,  7  f.  10.  11. 

22  f.  24  ff.  26.  32.  33.  34  ff.  37.  45  ff. 

52  f.   56  —  74.  87—90.  97—100.  106. 

107.  —  Gebiet  des  A.  O.  H,  177.  186  ff. 

218  f.  260.  261.  266. 
Atlas  I,  328.  396.   11 ,  361  f.  443.  554. 

601.  633.  634. 
Atmische  Windrose  II,  249. 
Atmometer  H,  240. 

Atmosphäre:  Aufiiaugung  der  Atmo- 
1  Sphäre  I,  53.  101  £  200.  282  £  Be- 
j  dentung  der  A.  im  Hanshalte  der 
;  Natur  I,  81  £  H,  159  £  A.  Mercur's 
!  1, 82  £,  der  Venus  1, 84  £,  des  Mars  I,  S7, 
.  Jupiter  s  1, 92  ff.,  Satum's  1, 96,  des  Ura- 
nus I,  97,  Neptun's  1, 98,  des  Mondes  I, 


Register. 


665 


100  ff.  Annähernd  gleichartige  che- 
mische Zasammensetzung  der  A.  aller 
Planeten  I,  278.  —  A.  d.  Erde: 
Znsammensetzung  U,  108.  Höhe  11, 
108—110.  Druck  H,  110-137.  Ab- 
sorption der  Sonnenstrahlen  durch  die 
A.  n,  156  f.  Wärmestrahlung  der  A. 
n,  159.  162.  Reine  A.  ist  einer  starken 
Ausstrahlung  des  Bodens  günstig  II, 
159  ff. 

Atolle  I,  354.  363  ff.  396.  495.  513  f.  530. 

Atrato  n,  408.  412.  419. 

Atrio  del  cavallo  (Vesuv)  I,  215. 

Atriplez  H,  518.  573.  585. 

—  canescens  II,  573. 
Atrypa  I,  306. 
Attalea  n,  68.  579.  581. 

—  funifera  ü,  68. 

—  spectabilis  EL,  579. 
Attok  n,  327. 

Anbei,  Herm.  u.  Karl  I,  186. 
d'Aubuisson  I,  403,  Nota  1. 
Auburn  I,  440. 
Auchenia  Alpaco  II,  644. 

—  Huanaco  U,  644.  648. 

—  lama  s.  Lama. 

—  vicunia  11,  644.  648. 

Auckland  (Neuseeland)  I,  209.  211.  240. 

Auckland-Inseln  I,  500. 

Audjila  n,  320.  492. 

Auerochse  II,  613. 

Aufschüttungskegel  (vulc.)  I,  202. 

Aufsteigen  und  Sinken  der  Küsten  I, 
352—384. 

Augsburg  n,  237.  240.  241. 

August's  Psychrometer  11,  245. 

Augustusbad  11,  306. 

Aunis  I,  377. 

Aurantiaceen  s.  Citrus. 

Aurignac  I,  337. 

Aurillac  n,  278. 

AurlandsQord  I,  471. 

Aurora-Insel  I,  497. 

Aussichtsweite:  Berechnung  der  A.  von 
einem  erhabenen  Standpunkte  I,  141  f. 

Ausstrahlung  der  Wärme  begünstigt 
durch  klaren  Himmel    II,  159  ff. 

Ausstrahlungsvermögen  des  festen  Bo- 
dens n,  161  f.,  des  Wassers  H,  161  f., 
der  Luft  H,  159.  162. 


Austral- asiatisches  Mittelmeer  I,  420. 
426. 

Australien  (Geologisches:)  I,  232.  261. 
305.  306.  335.  363  ff.  386  f.  397  ff. 
421  f.  423.  462.  489  f.  492.  501  f.  509  f. 
516  f.  519  ff.  531.  536.  (Meteorolo- 
gisches:) n,  127  f.  160  f.  179.  186  ff. 
195.  215.  220.  233.  268.  271.  272  f. 
281  f.  313. 354.  399. 436.  (Biologisches:) 
n,  492  f.  511  f.  534.  535.  568—570. 
598.  602.  610.  629.  649—652.  653. 

Australneger  I,  530. 

Auvergne,  Plateau  der  I,  202.  217.  225. 
227.  233.  238.  242.  260,  559.  II,  278. 

d'Avezac  n,  457. 

Avicula  I,  322. 

Avignon  U,  603. 

Axishirsch  11,  623.  631. 

Azalea  procumbens  II,  519. 

Azorella  II,  583. 

Azoren  I,  238.  494.  498.  514.  516.  525. 
II,  26.  266.  535.  545.  588.  594. 

Saalbek  I,  268. 

Babbage  I,  219. 

Bab-el-Mandeb  H,  105.  106. 

Baberg,  Grat  ob  I,  543. 

Babinet,  J.  I,  125.  11,  388. 

Babirussa  I,  395.  520.  II,  655. 

Baccharis  Tola  11,  583. 

Bachstelze  II,  637.  656. 

Back  n,  197. 

Back's  grosser  FischflussU,  405. 421.  440. 

Bacon,   Fr.,  Lord   v.  Yerulam,  I,  397. 

H  223. 
Bactris  H,  578.  579.  581. 
Baculites  I,  326. 
Baden  (bei  Wien)  U,  306. 
Baden-Baden  U,  278.  294. 
Bader  I,  379,  Nota  1. 
Bänderstructur  derGletscher  H,  337—340. 
Bär  s.  Ursus. 

—  (gemeiner,  auch  brauner)  II,  606. 
608.  613.  615.  616.  620.  622.  625  f. 

—  Grosser  (Sternbild)  I,  27.  28.  29.  57. 

—  Kleiner  (Sternbild)  I,  286.  II,  144. 
Baer,  Karl  v.:  die  Kara-See  der  Eis- 
keller Sibirien's  H,  66.  191. 

—  Erklärung  des  geringen  Salzge- 
halts des  Kaspischen  Meeres  ü,  323. 


666 


Register. 


Baer,  Karl  ▼.:  die  stärkere  Benagnng  der 
rechten  Flnssufer  auf  der  nördlichen 
Hemisphäre  II,  385  ff. 

—  Allnvionen  an  der  Mündnng  des 
Terek  ü,  407. 

—  die  uralte  Waldlosigkeit  Südrass- 
land's  n,  490  f. 

Bären-Insel  II,  69. 

Bären-Insel-Strom  II,  71. 

Bärenmarder  s.  Arctictis. 

Bärenpavian  11,  633. 

Baeyer,  J.  J.  I,  162.  172. 

Baffin,  W.  II,  456. 

Baffins-Bay  I,  108.  468.  471.  491.  H, 
70.  73.  103. 

Bagdad  II,  267. 

Bagn^res  de  Luchon  I,  272.  II,  2T8. 

Bagnethal  II,  380. 

Bahama-Insehi  I,  360.  396.  II,  293.  577. 

Bahia  (Brasilien)  I,  156.  159.  359.  II, 
469. 

Bahnen  der  Planeten:  Ezcentricität  der 
Mercorbahn  I,  80,  der  Vennsb.  I,  84, 
der  Erdb.  II,  139,  der  Marsb.  I,  86,  der 
Planetoidenb.  I,  89,  der  Jupiterb.  I, 
90,  der  Satnmb.  I,  95,  der  Urannsb. 
I,  96,  der  Neptonb.  I,  98.  Bahn  des 
Mondes  I,  99.  B.  der  Meteorite  I, 
112.  115  ff.,  der  Cometen  I,  117  f. 
Uebereinstimmnng  der  Bahnebenen  der 
Planeten  I,  273. 

Bahr-bela-ma  H,  471. 

Bahr-el-Abiad  II,  400  f.  563. 

Bahr-el-Asrak  II,  400.  565. 

Baikal-See  I,  186.  260.  388.  II,  319.  321. 

Baille,  J.  I,  181. 

Baily,  Francis  I,  181. 

Baireuth  11,  230. 

Baker,  S.  W.  II,  313. 

Bakonyer  Wald  II,  445. 

Baksanthal  S,  361. 

Baku  n,  267.  310.  462. 

Balaena  II,  608.  615.  637.  64b.  650. 

—  australis  II,  637.  64S. 

—  boops  n,  608.  648. 

—  mysticetus  S,  608.  615. 
Baläoston-See  II,  316. 
Balchasch-See  I,  234.  n,  132  f.  399. 
Balearen  I,  375. 

Bali  I,  369.  489.  520.  523. 


Balleny  11,  458. 

Balleny-Insehk  I,  499. 

Ballonfahrten  zur  Ermittelung  der  Tem- 
peraturabnahme in  der  Hohe  II, 
162  ff. 

Balsamtanne  II,  570. 

Baltimore  II,  367. 

Baltisches  Meer  s.  Ostsee. 

Baltoro-Gletscher  II,  353. 

Balutschistan  II,  556. 

Balyk  Gdl  I,  233. 

Bambusa  arundinacea  II,  538. 

Bambuse  II,  538.  558.  559.  575.  576.  579. 
580.  581.  587. 

Banane  II,  524.  539.  559 ;  s.  auch  unter 
Pisang. 

Banda-Insehi  I,  259.  397. 

Banda-See  ü,  53. 

Bandiltis  H,  633. 

Bangkok  II,  270. 

Banka  I,  511. 

Banks,  Joseph  I,  510. 

Bankshalbinsel  (Neuseebuad)  I,  366. 

Banyane  II,  560.  564. 

Banz  ij  323. 

Baobab  s.  Adansonia  digitata. 

Baranow-Klippen  H,  67. 

Barbacenia  H,  581. 

Barbadoes  I,  258.  43S.  H,  217. 

Barent,  W.:  Sandbank  an  Stelle  der 
heutigen  Golfstrom-Inseln  I,  367. 

—  erste  Umsegelung  Nowaja  Semlja*s 
n,  65. 

Barima  II,  418. 

Barische  Windrosen  II,  129. 

BarnafeU  II,  295. 

Bamaul  II,  197.  388.  630. 

Barometer  11.  111.  B.  als  Wetter^as 
n,  130,  als  anemometrisches  Werk- 
zeug n,  225. 

Barometerstand:  Tägliche  Periode  U, 
123—126.  Jährliche  Periode  H,  126— 
128.  Nichtperiodische  Schwankungen 
n,  128  ff.  B.  in  den  beiden  Passatsonen 
am  höchsten  II,  131. 

Barometrische  Höhenmessung  H,  111  ff. 

Barometrische  Neigung  H,  225. 

Barra  II,  369,  Nota  1. 

Barral  H,  162. 

Barrancos  I,  205. 


Register. 


667 


Barre  II,  28. 

Barriere -Riff,  das  grosse  australische 
I,  386.  501. 

Barringtonia  U,  560. 

Barrow,  John  II,  73. 

Barth,  Heinrich  I,  372. 

Basain  I,  370. 

Basalt  ein  eruptives  Grestein  I,  243.  291. 
292.  Widerstandsfähigkeit  des  B.  bei 
Erdbeben  I,  246.  Contraction  des  B. 
in  Folge  Abkühlung  I,  289,  Nota  1. 
Volumenzunahme  durch  chemische 
Zersetzung  I,  552.  B.  ist  dem  Wasser 
gegenüber  nicht  undurchlässig  11, 
288  f. 

Basel  I,  29&. 

Basilisk  D,  645. 

Bassaris  II,  625.  641. 

—  astuta  n,  641. 
Bassora  11,  406. 
Bassstrasse  I,  397  f.  490. 
Bastian,  Adolf  I,  369. 
Batate  II,  554.  576. 
Batavia  II,  123  l  248.  271. 

Bates:  merkwürdige  Verfrachtung  der 
Gewächse  I,  512. 

—  Boren  auf  dem  Cuparf  II,  29.  409. 

—  Regenzeit  im  Amazonasgebiete  11, 
260. 

—  die  Insel  Maraj6  kein  Deltaland  II, 
404,  Nota  2. 

—  der  Amazonas  eine  Grenzlinie  für 
gewisse  Vogelarten  und  A£Pen  n,  610. 

Bathjergus  11,  635. 

Battersea  II,  424. 

Batum  I,  374. 

Bau    der    Ströme    in    ihrem    mittleren 

Laufe  II,  428—437. 
Bauemfeind,  C.  M.  n,  118  £F.  122. 
Bauhinia  11,  542. 
Baum  der  Reisenden  n,  589. 
Baumkatze  II,  612. 
Baumläufer  U,  637. 
Baumriesen  n,  527  f. 
Baumwolle  11,  554.    558.  562.  572.  576. 

577.   593. 
Baumwollenbaum  II,  536  f.  577. 
Bayerische  Hochebene  I,  327.   334.  II, 

329.  360.  429.  432.  445.  595. 
Bayerwald  I,  304.  305.  II,  278.  384. 


Bayonne  U,  22. 

Bayous  E,  414  ff. 

Bealey  H,  367. 

Bear  (Fluss)  H,  399. 

Beaufort-Bank  I,  390. 

Beaufort-Insel  H,  469. 

Beauforts-Meer  I,  419. 

Beccles  I,  384. 

Bechelbronn  II,  521. 

Becker  I,  366. 

Becquerel  II,  460. 

Bedawin  H,  515. 

Beechey:  über  die  Fliegenschwärme  der 

Insel  Bow  I,  525. 
—  über  die  Fluth  im  Canal  und  in  der 

Irischen  See  II,  29. 
Beehive  H,  302  f. 
Begrenzung  der  Körperwelt  im  Räume 

I,  15  f.,  in  der  Zeit  I,  38  f. 
Behrmann  H,  109. 
Beigirkala  I,  234. 
Beirut  I,  373. 

Belemniten  I,  296.  318.  322.  327. 
Belgien  I,  266.  294.  306.  308.  313.  315. 

327.  334.  348.  423.  II,  275.  365. 
Belin  I,  162. 
BeUze  E,  264. 
Belknap  E,  45. 
Bellinzona  I,  542.   E,  377. 
Bell  Rock  (Leuchtthurm)  I,  437. 
Bemini-Engen  E,  60.  61.  98. 
Bengalen  E,  161. 

Bengalischer  Meerbusen  1, 231.  E,  27.  79. 
Bengalische  Tiefebene  I,  534.  E,  559. 
Bengasi  I,  372. 
Benguela-Strom  E,  74.  88  f.  100.  263. 

494. 
Berberei  E,  188.  267.  620.  621.  633.  637. 
Berberis  E,  588. 
Berchtesgaden  E,  334. 
Berendt  I,  443,  Nota  1 . 
Berettyo  E,  396. 
Bergen  (Norwegen)  I,  383.  E,  207.  247. 

277.  278. 
Bergen  op  Zoom  I,  146.  148.  452. 
Berggehänge,     Ueberschätzung      ihrer 

Neigung  I,  568  f. 
Bergh,  de  E,  144. 

Berghaus,  Heinrich  E,  22.  174.  259. 
Berglorbeer,  hoher  E,  576. 


668 


Begister. 


Bergmann,     Torbem:     Temperatorbe-    Biafra,  Bucht  von  II,  56. 
obachtongen   unter    den    Tropen    I,  |  Bialowicza,  Forst  Ton  II,  618. 
184,  Nota  1.  BiarriU  I,  377. 


Biber  II,  612.  615.  617.  619.  627 
Bibra,  v.  II,  4. 


—  Richtung  der  Halbinseln  I,  396. 

—  Seegebirge  I,  430. 

—  Erklärung  des  Gejsirphanomens  11,  { Bickmore  I,  368,  Nota  2. 
296.  Bidens  11,  595. 

Bergschlipfe  I,  264  f.  Biela's  Comet  I,  125.  126  f. 

Berg-Yiscache   s.  Lagidium  pemanum. '  Bieler-See  n,  329. 
Bering  I,  367.  '  Biemensdorf  II,  306. 

Berings-Meer  I,  420.  II,  52.  75.  \  Bienenfresser  s.  Meropa. 

Berings-Strasse  II,  75.  608.  j  BienewiU,  PhiL  II,  429. 

Berlin  I,   197.   198.    11,    129.   173.  200.   BifUarhjgrometer  II,  246. 

224.  227.  248.  276.  475.  i  Bighom  II,  615. 

Bermudas-Inseln  I,  362.  390.  498.  514.    ;  Bignonia  II,  542.* 
Bern  (Stadt)  I,  175.  II,  136.  359.  448.     !  Biha  I,  268. 
Bemer  Alpen  I,  542  f.  II,  285.  353.  357.  Billich  II,  617.  620. 


359. 
Bemina-Gletscher  II,  341. 
Bemina-Gruppe  H,  341.  353. 
Bemouilli  I,  38,  Noto  1. 
Berthat  11,  499. 

Berthelot  I,  553,  Nota  1.  11,  593. 
Bertholletia  excelsa  11,  580. 
Berzelius  I,  257.  II,  307. 
Besangon  II,  258. 
Bessel,  Fr.  W. :  parallaktische  Bewegung 

Ton  61  Cygni  I,  17. 

—  dunkle  Fixsterne  I,  76  f. 

.  -  Entstehung  der  Cometen  I,  131. 

—  Bestimmung  der  Erddimensionen  I, 
161  ff. 

—  preussische  Gradmessung  I,  162.  165. 

—  Erdabplattung  I,  164. 

—  Einfuhrung  der  Wasserdampfcorrec- 
tion  in  die  Barometerformel  II,  118. 

Betelnusspalme  II,  559. 


;  Bingen  I,  298.  II,  448. 
Binger  Loch  II,  440. 
:  Biot:  Meteoritenfall  bei  Aigle  I,  lOS. 

—  Pendel  beobachtungen  I,  156. 

—  Theilnehmer  an   der   dritten    fran- 
zösischen Gradmessung  I,  160.  161. 

Birke  II,  536.  551.  571.  603. 
,  Birma  II,  558. 
Birmingham  II,  207  f. 
Birne  II,  595. 
Biruni  I,  496. 
Bisamochse  II,  616. 
Bisamratte  II,  627. 
Bisam thier  s.  Moschus. 
Bischof^  Gustav:  rasche  Wärmezunahme 
im  Bohrloche  von  Neuffen  I,  195. 

—  Experiment  die  Abkühlung  der  Erde 
betreffend  I,  199. 

—  Kohlensaurequelle   bei  Burgbrohl  I, 
227. 


Bethania  (Gross-Namaqna-Land)  I,  108. '  —   Erdbeben   die    Folge   eines   Berg 


rutsches  I,  264. 
—  Temperaturerhöhung  der  Source  de 
la  Beine  in  Bagnöres  d.  L. 


Betula  8.  Birke. 

—  papyracea  II,  571. 

Beutelratte  s.  Didelphjs. 

Beutelthiere:  ihr  erstes  Auftreten  in  der  |     des  Erdbebens  von  Lissabon  I,  272. 

Trias  I,  320,  ihr  Vorkommen  in  spä-  i     Nota  3. 

teren   Zeitaltem    II,   651  f.,  in   der  —  Möglichkeit   einer   Abplattung    der 

Gregenwart  ü,  626.  642.  647.  650.  Erde  durch  Meereserosion  I,  281. 

Bewegung:  Verwandlung  der  B.  in  Fall-  \  —  rasche  Zersetzung  des  Granits  durch 

kraft  I,  39,  in  Wärme  I,  40.  Wasser  I,  466. 


Bewohnbarkeit  der  Planeten  I,  78  ff. 

Bex  n,  334.  357. 

Bezeichnung  der  Sterne  I,  17,  Nota  2. 


—  Sprengwirkungen   durch  Kiystalli- 
sation  des  Wavellit  I,  550,  NoU  2. 

—  Silicatgesteine  verlieren  an  Volumen, 


Begister. 


669 


wenn    sie    krystallinisch   werden,    I, 

551. 
Bischof,  Gustav:  Zersetzung  und  Volu- 
menzunahme  der  Silicatgesteine  durch 
Kohlensäure  I,  551  ff. 

—  Abnahme  der  Bodentemperatur  nach 
oben  in  den  Anden  und  im  Sieben- 
gebirge n,  167. 

—  Basalt  vom  Wasser  durchdrungen 
II,  288  f. 

—  kalte  Quellen  in  den  Alpen  II,  304 
(Nota  1). 

—  Erosion  im  Kalkgebirge  11,  308. 

—  chemisch  aufgelöste  mineralische  Be- 
standtheile  sind  beim  Aufbau  der  Del- 
tas von  keiner  wesentlichen  Bedeutung 
n,  412. 

—  die  chemische  Beschaffenheit  des 
Themse- Wassers  n,  421. 

—  die  schwebenden  Bestandtheile  der 
Weichsel  II,  424. 

Bison  n,  610.  627.  654. 

Bisperg  I,  257. 

Bittacus  ü,  607. 

Bittersalzwasser  11,  306. 

Biwono  Kubi  I,  215. 

Bizio  U,  162. 

Black  Hills  U,  496. 

Blair  Athol  I,  174. 

Blancabay  I,  391.  II,  405. 

Blasco  Nunez  U,  658. 

Blastoideen  I,  314. 

Blegnothal  II,  362. 

Blei,  Verhalten  desselben  beim  Erstarren 

I,  551. 
Blennius  vulgaris  PoUini  II,  316. 
Blickfeuer  (bei  Gradmessungen)  I,  169. 

171. 
Blodget  n,  258  (Nota  3). 
Blue  Mountains  11,  443. 
Boa  constrictor  I,  510,  Nota  1.  U,  608. 

645  f. 

—  scytale  U,  646. 
Bobak  n,  619. 

Boca  del  Drago  n,  417. 
Bocche  Nuove  (Vesuv)  I,  238. 
Bochnia  II,  334. 
Bode  n,  513,  Nota  1. 
Bodensee  ü,  212.  359.  439.  441.    Um- 
gebung des  B.  n,  357. 


Böhmen  (Geologisches:)  I,  227.  306.  313. 
315.  316.  317.  327.  334.  559.  (Meteoro- 
logisches:) II,  259.  277.  446  f. 

Böhmer  Wald  I,  304.  305.  317.  533. 
n,  278. 

Borgen,  C.  11,  71. 

Boganida  H,  191. 

Bogenente  11,  651. 

Bogoslowskoi  11,  176.   197. 

Bogota,  Santa  Fe  de  U,  521. 

Boguslawski,  G.  v.  n,  45  (Nota  1).  46 
(Nota  1).  55  (Nota  1). 

Bojoslov  I,  360. 

Boisgletscher  II,  847. 

Bolbitinischer  Nilarm  n,  417. 

Boldu  n,  586. 

Bolivia  I,  240.  306.  858.  11,  283.  284. 
640.  647. 

BoU  I,  323. 

BoUey  n,  306. 

Bolor  8.  Pamir-Plateau. 

Bombaz  Ceiba  11,  536. 

Bombay  I,  370.  524.  II,  269.  611. 

Bomben,  vulcanische  I,  210.  222. 

Bond  I,  20. 

Bonebed  I,  320. 

Bonifacius-Tag  (14.  Mai)  11,  228. 

Bonin-Inseln  I,  158.  492. 

Bonn  I,  233.  257.  260.  11,  365.  393. 
394.  447. 

Bonpland  11,  506. 

Boos,  Maare  von   I,  217. 

Bootes,  a,  s.  Arcturus. 

Boothia  Felix  I,  396.  II,  175.  187.  457. 
461. 

Borassus  aethiopum  II,  565. 

—  flabelliformis  11,  559. 
Borda  I,  160. 
Bordeaux  n,  175. 
Bordier  II,  348. 

Bore  II,  28.  409.  410. 

Borkum  I,  379.  518. 

Bomeo  I,  387.   393  ff.  489.  492.  511  f. 

520.  n,  316.  560.  601.  629.  630.  631. 
Bomu  n,  565. 

Borstenschwein  s.  flrethizon. 
Bory  de  St.  Vincent  I,  510. 
Bos  americanufl  s.  Bison. 

—  bonasus  II,  618. 

—  bubalus  8.  Büffel 


670 


Register. 


Bo6  caffer  n,  637. 
^  frontaÜB  n,  631. 

—  gaunis  H,  631. 

—  grannienB  II,  623. 

—  moachatuB  II,  616. 

—  primigeniiis  I,  336. 

—  taams  s.  Rind. 

—  uruB  8.  Auerochse. 
Bosnien  II,  308. 
Bosporus  I,  389.  II,  104  f. 
Bottnischer  Meerbusen  I,  382. 
Botzen  n,  385. 

Bougainville,  L.  A.  de  I,  509. 
Bouguer,  Pierre:  betheiligt  sich  an  der 

peruanischen    Gradmessung    I,    152. 
161.  228. 

—  erster  Nachweis  einer  Localattraction 
am  Chimborazo  I,  173  f. 

—  Höhe  des  Cotopazi  I,  240. 

—  Barometerformel  für  Höhenberech- 
nungen n,  114  f. 

—  über  die  Höhe  der  Schneegrenze  H, 
288. 

Boulogne  (am  Canal)  I,  378. 
Bourbon  (Insel)  I,  499.  530. 
Bourdaloue  H,  106. 

BoussingauU:  Tiefe  der  invariablen 
Schicht  in  der  Tropenzone  I,  184. 

—  Besteigung  des  Cotopaxi  I,  208. 

—  die  den  Andenyulcanen  entströmenden 
Gase  I,  236. 

—  Erdbeben  in  den  Anden  I,  261. 

—  heisse  Quellen  in  Venezuela  und 
Mexico  n,  294. 

—  über  das  Wärmequantum  für  die 
Reife  der  Gerste  II,  520  f. 

Boussingault'sche  Quelle  n,  506. 

Bouvet-Inseln  I,  499. 

Bovey  Tracey  I,  211. 

Bow  I,  525. 

Boyle  II,  112,  Nota  2. 

Brachiopoden  im  huronischen  Schiefer 
I,  304,  im  Silur  I,  305,  im  Devon  1, 307, 
in  der  Kohle  I,  314,  in  der  Dyas  I, 
317,  in  der  Trias  I,  319,  im  Jura  I, 
322,  in  der  Kreide  I,  326. 

Brachonyx  H,  637. 

Brachyuren  I,  318. 

Bradley  I,  17.  Br.'s  Stemkatalog  \  27. 

Bradjpus  (Faulthier)  H,  612.  644. 


Brahmaputra  H,  401.  402. 

Braldothal  H,  353. 

Brandenburg  (Prov.)  I,  320. 

Brandes  II,  212  (Nota  3). 

Brandige  Wetter  I,  345. 

Brandung  I,  437. 

Brasilianische  Flora  H,  578—582. 

Brasilianische  Strömung  II,  74.  100. 

Brasilien   (Geologisches:)   I,    109.    359. 

(Meteorologisches:)  H,  219.  260.  264. 

363.  .(Biologisches:)  H,  499.  538.  57S— 

582.  599.  642.  643.  645. 
Brauneisenstein  H,  309. 
Braunfisch  s.  Delphinus  phocaena. 
Braunkohlen  I,  328.  341.  343.  347. 
Braunschweig  I,  294.  327. 
Bravais  I,  183.  H,  137.  480. 
Breccien,  Entstehung  der  I,  293. 
Bremerhafen  H,  22. 
Bremiker  I,  98. 
Br^montier:  das  Vorrücken  der  Dünen 

von  Teste  I,  457. 

—  beginnt  die  Dünen  der  Landes  zu 
befestigen  I,  460. 

ßrennerpass  ü,  449-^51.  453« 

Brenta  II,  397. 

Breslau  H,  258. 

Brest  U,  22. 

Bretagne    I,    306.   435.    458.    H,    190. 

201. 
Breusing  II,  455,  Nota  2. 
Brewster  U,  17  7. 
Brienzergräthe  I,  543. 
Brienzer  See  II,  413.  441. 
Brillenschlange  U,  632.  638. 
Bristenstock  II,  542. 
Bristol  n,  334. 
Bristol-Canal  I,  434.  H,  29. 
Brocken  H,  290  f. 
Brögger,  W.  C.  II,  383  (Nota  2). 
Brohlthal  II,  306. 
Bromeen  H,  538. 
Bromelia  anauas  II,  523.  539.  575. 

—  Pinguin  U,  540. 
Bromelienform  H,  539. 
Bromwasser  II,  306. 
Brooke's  Tiefseeloth  I,  408  f. 
Brorsen*s  Comet  I,  125.  127.  128. 
Brotbaum  II,  562. 
Broughton-Strasse  II,  75. 


Register. 


671 


BrouBseaad  I,  171. 

Brown,  Rob.  I,  463,  Nota  1.  11,  545. 
596  (Nota  2). 

Brückenau  n,  306. 

Brüllaffen  11,  641. 

Brunn  I,  315. 

Brünnelistock  I,  543. 

Brüssel  I,  183.  ü,  207.  227. 

Brugsch  I,  234. 

Bruhns,  Karl:  regelmässig  ab-  und  zu- 
nehmende Frequenz  der  Cometen  I, 
135. 

—  Forderung  an  eine  gute  hypsome- 
trische Karte  I,  564. 

Brunnen  schützen  vor  Erdbeben  I,  255  f. 

Brunsbüttel  ü,  424. 

Brussa  I,  260. 

Bruun,  C.  II,  48,  Nota  2. 

Buache,  Phil.  I,  401,  Nota  1.  406.  430. 
563.  567. 

Bubo  maximus  11,  618. 

Buch,  Leopold  v.:  bezweifelt  die  Exi- 
stenz des  Eisbodens  I,  185. 

—  Entstehung  der  Vulcane  I,  202  ff.  210. 

—  Veränderungen  des  Kraterbodens  am 
Vesuv  im  Jahre  1804  I,  218. 

—  Definition  von  Lava  I,  223. 

—  Reihenvulcane  auf  Lanzarote  I,  237. 
404. 

—  Centralvulcane  I,  238. 

—  Eintheilung  der  Juraformation  I,  321. 

—  Hebungen  an  der  schwedischen  Küste 

I,  352  f  382. 

—  Lesjö-Thal  ein  tiefer  Querschnitt 
durch  Skandinavien  I,  478.  II,  451. 

—  über  barische  Windrosen  11,  129. 

—  Land-  und  Seewind  auf  Teneriffa 
n,  212  (Nota  1). 

—  Antipassat  auf  dem  Pic  de  Teyde 
n,  216. 

—  vulcanische  Asche  verweht  vom  Anti- 
passat n,  217. 

—  Bewölkung     an    der    norwegischen 

Küste  n,  257. 
Buchan,  Alexander  II,  127. 
Buchanan,    J.   Y.:   Salinitätsgrad   und 

specifisches  Gewicht  des  Meerwassers 

n,  5. 

—  Karte  über  die  Salinität  des  Meeres 

II,  6  (Nota  1). 


Buchanan,  J.  Y.:  Schwankungen  des 
Salzgehalts  des  Meeres  in  Folge  me- 
teorologischer Vorgänge  II,  6  f. 

—  die  Unterschiede  im  Salzgehalt  der 
Meerestheile  sind  durch  die  relative 
Trockenheit  der  Atmosphäre  bedingt 

n,  9. 

Buche  n,  501.  536.  551.  557.  571.  588. 
590.  603. 

—  japanische  II,  557. 
Buchner,  A.  11,  307. 
Bucknall  I,  192. 
Buddleja  11,  583. 
Bückeburg  I,  341. 
Büffel  n,  631. 

;  Büffel-Antilope  n,  636. 
Büffel-Gras  n,  574. 
Buenos  Ayres  11,  404.  411.  49S. 
Büschel-Gras  U,  574. 
Buhi-See  I,  214. 
Buist  I,  370.  n,  105. 
Buliock  I,  224. 

Bunsen  I,  79.  11,  297  f.  (Geysirtheorie). 
Buntsandstein  I,  293. 
Buntsandsteinformation  1, 294.  319.  320  f 

n,  334. 
Buphaga  II,  637. 
Buickhardt  11,  129. 
Burg  (bei  Magdeburg)  I,  197. 
Burgbrohl  I,  227.  11,  309. 
Burrows  U,  466. 
Burton  11,  313.  496. 
Burtscheid  11,  294.  306. 
Bussole  n,  455. 
Bussole-Insel  II,  462. 
Butea  frondosa  11,  560. 
Buxbaum  II,  553. 
Buys-Ballot'sches  Gesetz  II,  225. 

Cabril  11,  627. 

Cacao  U,  580.  602. 

Caccabis  rufa  II,  596. 

Cacteen  11,  540  f.   573.  575.  677.   579. 

581.  583.  585.  587. 
Cadiz  I,  258.  524.  II,  22.  30. 
Cadorische  Alpen  II,  328. 
Caenopithecus  I,  331. 
Caesalpinia  echinata  II,  581. 
Caggiano  I,  247. 
Cagliari  I,  375. 


672 


Register. 


Caületet,  L.  I,  553,  Nota  1.  374.  441.  460.    (Biologisches:)  II,  571. 

Calabrien,  Erdbeben  von,  I,  244.  245.'     572.  610.  626. 
246.  247.  248.  253.  254.  259.  260.  262.    Canadianfloss  II,  496. 


263.  268.  269. 
Calais  I,  294.  II,  22.  365. 
Calamiten  in  der  Kohle  I,  309  f.  340, 

in  der  Dyas  I,  316.  318. 
Galamus  II,  542.  559. 
Calceola  sandalina  I,  307. 
Calcutta  I,  370.  11,  195.  269. 
Caldecott  I,  184. 
Caledonischer  Canal  I,  479. 
Califomien  (Halbinsel)  I,  397. 


Canal  k  Manche  I,   151.  300.  377.  388. 

420.  425.  434.  435.  437.  439.  487.  489. 

518.  n,  26.  27.  29.  425. 
Canarische  Inseln  I,  217.  237.  238.  390. 

494.  498.  514.  516.  II,  26.  588  f.  593. 

596. 
Cancale,  Bay  von  II,  29. 
Candia  s.  Kreta. 
Canigou  II,  136. 
Canis  alpinus  II,  622. 


—  (Staat)  I,  294.  335.  360.  II,  227.  268.  —  antarcticos  II,  647. 


321.  527.  574.  626. 
Califomischer  Meerbusen  II,  407.  412. 
Calladium  arborescens  II,  543. 
Callao  I,  258.  358. 
Calligonum  11,  562. 
Callithriz  O,  641. 
Callitris  II,  569. 

Calluna  vulgaris  H,  535.  545.  552. 
Calmen :  geringer  Salzgehalt  der  Meere  >  —  hodophilax  11,  624. 

unter  den  C.  11,  6.  8*  £    Begriff  II,  —  jubatus  II,  642.  647. 

216.    Der  aufsteigende  Luftstrom  ist —  lagopus  11,  615. 

nicht  Töllig  vertical  II,  217  f.   Breite   —  latrans  II,  626. 

und  Lage  des  Calmengürtels  ändert  —  lupus  s.  Wolf. 

sich    vielfach    11 ,     218    ff.     Bewöl magellanicus  II,  647. 

kung  n,    255.    Regenverhältiiisse  II,   —  mesomelas  II,  634. 


,  —  aureus  s.  Schakal. 

—  Azarae  11,  642.  647. 

—  cancrivorus  II,  642. 
I  —  chrysurus  II,  630. 
i  —  cinereo-argenteus  II,  626. 
I  —  famiÜaris  ^Haushund)  n,  616. 
'  —  fulvipes  n,  647. 

—  fulvus  n,  624. 


260  £ 
Calosoma  II,  607. 
Calotropis  procera  II,  556.  565. 
Calpin  I,  430. 
Camaldoli  I,  238. 
Camarines  I,  214. 
Cambay,  Golf  von  11,  27. 
Cambrische  Formation  I,  294. 
Camellia  japonica  11,  558. 
Camelopardalis  gira&  s.  Giraffe. 
Camelus  bactrianus  II,  622. 
—  dromedarius  11,  636. 
Camma  11,  420. 
Campbells- Insel  II,  538. 
Campechc-Baum  II,  577. 
Campi  lapidei  II,  380. 


—  nipon  n,  624. 

—  palUpes  n,  630. 

—  primaevus  U,  630. 

—  procyonoides  U,  624. 

—  rutilans  II,  630. 

—  velox  n,  626. 

—  viverrinus  H,  624. 

—  vulpes  s.  Fuchs. 

—  —  japonica  II,  624. 
Cannabis  indica  11,  523. 
Cannstadt  I,  335. 
Canon  blanco  II,  496. 

Canons  des  Colorado  des  Westens  n, 

382  f. 
Canopische  Nilmündung  II,  416  f. 
Cantabrisches  Gebirge  I,  441. 


Campoe  Brasilien's   II ,    264.  497.  499.   Capac  Huayna  I,  59.  213. 

5S0.  581  f.  Capac  Urcu  (Vulcan  in  Quito)  I,  213. 

Camus  I,  152.  Cap  Adelaide  II,  458. 

Canada    (Geologisches:)    I,    304.     306.  Capanema,  G.  S.  de  I,  359. 

(Meteorologisches:)  U,  312.  319.  362.  |  Cap  Bojador  I,  434.  452. 


Register. 


673 


Cap  Bioer  Ruys  I,  363. 

—  Cassipuri  ü,  419. 

—  Cod  I,  458. 

—  der  Guten  Hoffnung  I,  162. 
Capella  (Fixstern)  I,  5S. 

Cap  Gris-Nez  I,  4^9. 

—  Hatteras  I,  362.  434.  443. 

—  Hoorn,  Wellen  bei  I,  486.  Vegetation 
bei  C.  H.  n,  588.  600.  Thierleben  bei 
C.  H.  n,  647. 

Cap  -  Hoorn  -  Strömung  II,  78.  100.  101. 

Capland  (Geologisches:)  I,  162.  296.  806. 
328.  436.  505.  (Meteorologisches:)  II, 
267  f.  472.  (Biologisches:)  11,  584.  565. 
566.  568.  610.  633  ff. 

Cap  Lindesnaes  I,  383. 

Cap  Lookout  11,  69. 

^  Lopez  n,  56.  74.  89.  419. 

Capmany  II,  317  (Nota  1). 

Cap  Miseno  I,  441. 

Capparis  11,  563. 

Capra  Beden  11,  636. 

—  ibex  II,  618. 

—  iharal  II,  623. 

—  markhur  11,  623. 

—  pyrenaica  11,  618. 

—  sibirica  II,  623. 

—  Walie  II,  636. 

Capromjs  Foumieri  I,  523.  II,  648. 
Cap  Samana  II,  546. 

—  San  Roque  11,  57.  74. 
Cap'scher  Schakal  II,  634. 
Cap'scher  Turako  U,  637. 
Cap  Söpet  I,  447. 
Capstadt  n,  267  f.  475. 
Cap  Tscheljuskin  I,  470. 

—  Vela  n,  419. 

Cap  -  y erdische  Inseln  I,  238.  494.  499. 

514.  525.  n,  589. 
Cap  Wrede  11,  68. 
Capybara  n,  612.  648. 
Cap  York  II,  142.  272. 
Carabicini  II,  618. 
Car&cas  I,  260.  268.  II,  460. 
Caraganen  IE,  556. 
Caraguairazo  I,  207.  213. 
Caranda-Palme  s.  Wachspalme. 
Carapus  II,  646. 
Carbo  cormoranus  II,  649. 

Peschel-Leipoldt,  Pliys.  Erdkunde.    IL 


Carbonische  Formation  s.  Steinkohlen- 
formation. 
Cardium  edule  I,  450.  11,  321. 

—  Vemeuli  II,  822. 
Cardona  II,  334. 

Carex  I,  459.  II,  518.  549. 

—  arenaria  I,  459. 
Cariben  I,  529. 

Caribisches  Meer  I,  159.  420.  II,  36.  74. 
97  f.  408.  417.  Gebiet  des  C.  M.  II, 
219.  268. 

Caribische  Strömung  ü,  59. 

Carlini  I,  171.  178. 

Carlsbader  Sprudel  1, 272.  H,  294. 306. 307. 

Carlshafen  I,  227. 

Carlskrona  I,  383. 

Carlsruhe  II,  231.  237.  392. 

Carlstad  11,  176. 

Carmeaux  I,  195. 

Carolinen  I,  365.  510.  11,  220. 

Carpenter:  Tiefentemperaturen  des  Mit- 
telmeeres n,  50  (Nota  2). 

—  das  Wort  Golfstrom  11,  59. 

—  Geschwindigkeit  der  Bewegung  des 
Golfstromes  II,  61  (Nota  1). 

—  Anhänger  der  Lehre  von  den  Drift- 
strömungen II,  84. 

—  über  die  thermische  Circulation  im 
Ocean  n,  94  f. 

—  die  Strömungen  in  der  Strasse  von 
Gibraltar  11,  104. 

Carpesium  cernuum  II,  595. 

Carpinus  II,  551. 

Carrington  I,  61. 

Carrolton  11^  423. 

Cartagena  II,  311. 

Carter  I,  371. 

Carthago  I,  169,  Nota  2.  375. 

Caryophyllus  aromaticus  U,  534.  562. 

Casella'sche  Presse  B,  41.  48.  , 

Cashla-Bucht  I,  475. 

Cassia  11,  68.  587.  575.  605. 

—  fistula  n,  68. 

—  marylandica  11,  605. 

—  sensitiva  ü,  537. 

Cassini,  Jean  Dominique  I,  64,  Nota  2. 

88.  121.  148.  151. 
Cassini  de  Thurj  I,  149,  Nota  2.  151. 

169.  171.  188.  n,  115. 

43 


674 


Register. 


Cassiopeia,  fA  I,  28. 

Castanea  japonica  U,  557. 

>-  vesca  n,  519.  536.  553. 

Castanopsis  chrysophylla  ü,  574. 

Castilien  n,  277. 

Castillan  I,  195. 

Castor  fiber  s.  Biber. 

Casuarinen  II,  534.  561.  564.  569.  589. 

Catania  II,  193. 

CatbHFtes  11,  627. 

Catiugas  II,  580. 

Catskiil-Gebirge  11,  443. 

Caalopteris  I,  309.  319. 

Cavendish  I,  180. 

Cavia  II,  640.  643.  648. 

—  aperea  11,  648. 
Caxamarca  II,  46ü. 
Cajrenne  I,  150.  154. 
Cebus  n,  641. 

Ceder  II,  554.  561.  601. 
Cedrela  n,  560.  577. 

—  toooa  n,  560. 

Cedrus  Deodara  11,  561.  601. 
Cejaregion  der  Anden  II,  584.  640. 
Celebes   I,  238.   393   ff.  406.  489.   505. 

520.  n,  649.  654  f. 
CeiebesSee  II,  37.  53. 
Celsius  I,  152.  352.  II,  153. 
Cenoman  I,  325. 
Centaurus,  a:  Parallaxe  und  Entfernung 

von  der  Erde  I,  IS.  25.  Grosse  I,  26. 

Eigenbewegung  I,    28.     ^  Centauri 

I,  126. 
Centetes  n,  639. 

Centralamerika  (Geologisches:)  I,  228. 
232.  240.  359  ff.  391.  397.  403.  (Me- 
teorologisches:) n,  180.  188.  219.  263  f. 
.?1 1.  319  f.  324.  (Biologisches :)  11,  497  f. 
546.  548.  576  f.  594.  657. 

Centralasten  (Geologisches:)  1, 231. 233  f. 
537.  (Meteorologisches:)  11,  169.  187. 
220.  319.  324.  353.  454.  (Biologisches:) 

II,  492.  556.  622  f. 
Centralvulcane  I,  238. 
Centurus  carolinensis  II,  628. 
Cephalaspis  I,  30 S. 
Cephalopoden  im  Silur  I,  306,  im  Devon 

•  1, 307,  in  der  Kohle  I,  314,  in  der  Djas 
I,  317,  im  mesozoischen  Zeitalter  im 
allgemeinen   I,   318,   in  der  Trias  I, 


319,  im  Jura,  I,  322,  in  der  Gegen- 
wart n,  607. 

Cephalotaxus  11,  546. 

Cepheus  (Sternbild)  I,  24.  2S8. 

Ceratiten  I,  318.  319. 

Cerberodon  Perty  II,  646. 

Cercolabes  II,  627.  643. 

Cercoleptes  caudivolTulns  II,  625  f. 
642. 

Cercopiihecus  II,  633. 

—  Lalandii  11,  633. 
Ceres  I,  88.  89. 

Cereus  II,  540.  573.  581.  582.  583.  585. 
587. 

—  giganteus  II,  573. 

—  peruvianus  II,  583. 

—  Quisco  II,  587. 
Ceril-Cedro  II,  564. 
Cerodon  II,  643.  648. 

—  Kingii  II,  648. 

Ceroxylon  andicola  U,  524,  NoU  2.  581. 

584. 
Cerro  del  Altar  s.  Capac  Urcu. 

—  de  Santa  Lnzia  I,  451. 
Certhia  II,  637. 

Cervus  (Hirsch)  II,  612.  619.  622.  624 
627.  629.  631.  636.  640.  644.  648. 

—  alces  8.  Elen  (Elch). 

—  antisiensis  II,  644. 

—  Axis  8.  Axishirsch. 

—  campestris  11,  648. 

—  capreolus  s.  Reh. 

—  dama  s.  Damhirsch. 

—  elephas  s.  Edelhirsch. 

—  Muntjac  D,  631. 

—  pygargus  II,  622. 

—  sika  n,  624. 

—  tarandus  s.  Renthier. 
Cetraria  II,  549. 
Cevennen  II,  402.  433.  603. 

Ceylon  I,  370.  388.  504  f.  524.  528  1 
530.  531.  II,  269.  270.  548.  559.  562. 
631.  632.  639. 

Chagoslnseln  I,  370.  371. 

Chalcidischer  Strudel  11,  31. 

Cbaleurbay  U,  411,  Nota  1. 

Chamaedorea  II,  575. 

Charoaerops  excelsa  11,  558. 

~  humilis  II,  533.    545.  554.  556. 

Chamliery  ü,  278. 


Register. 


675 


Chamisso,  Adalb.  y.  I,  397. 
Chamoanix  II,  16S.  365.  599. 
Champlain-See  11,  451. 
Champsa  nigra  II,  645. 
Chanar  11,  585. 
Ghanarsteppe  II,  585. 
ChapmaD  II,  500,  Nota  ]. 
Charak  s.  Kerak. 
Charente  I,  377. 
Oharleston  11,  281. 
Charlottenbrunn  11,  306. 
Charpentier  II,  348. 
Charjbdis  II,  31. 
Chasseral  11,  357. 
Chasseron  11,  357.  359. 
Ch&teau  Arnoux  11,  381. 

—  SaLins  I,  320.  II,  3a5. 
Chatham- Insel  (Galipagos)  I,  513. 
Chatham- Inseln  I,  500.  528. 
Chatte  n,  445. 

Chaamont  11,  357. 

Cbelidonisches  Vorgebirge  I,  374. 

Chemische  Beschaffenheit  der  Quell- 
wasser n,  304—307. 

Chemische  Kräfte,  Verwandlung  der- 
selben in  Wärme  I,  42.  Betheiligung 
eh.  K.  bei  der  Aufrichtung  der  Ge- 
birge I,  551  ff. 

Chemische  Zersetzung  des  Gesteins 
durch  Mineralwasser  II,  307—309. 

Chemnitz  I,  317. 

Chenopodium  I,  527.  II,  518.  555. 

—  ambrosioides  I,  527. 
Chepody-Bay  II,  28,  Nota  1. 
Cherbourg  11,  22. 
Cherimoles  II,  582. 
Chersobatae  U,  632. 
Chevandier  I,  314. 
Chibcha  II,  437. 

Chicago  n,  32. 

Chihuahua  11,  516. 

Chile  (Geologisches:)  I,  232.  237.  269. 
270  f.  325.  357  f.  (Meteorologisches:) 
U,  268.  282.  354.  426.  (Biologisches:) 

.  n,  534.  541.  586  f.  598.  642.  647.  648. 

Chiloe  I,  357.  467.  II,  282.  588.  647. 

Chimborazo  I,  173.  207. 

Chiminello  II,  124. 

Chimmo,  W.  I,  362.  408. 

China  (Geologisches:)  I,  269.   306.  316. 


330.  3S5.  348.  368.  (Meteorologisches:) 

n,   234.  269.  (Biologisches:)  11,  514. 

545  f.  556  ff.  609.  629  ff. 
Chinchilla  II,  647. 
Chinesen  I,  846.  II,  454.  455. 
Chinesisch-japanische  Flora  II,  556—558. 
Chingan  U,  551. 
Chios  n,  523. 
Chirogaleus  II,  63.K 
Chironectes  11,  (»42. 
Chirotherium  I,  319. 
Chiton  I,  271.  357. 
Chlamydophorus  truncalus  11,  648. 
Chlorideen  II,  53S. 
Choloepus  II,  644. 
Chonos-Inseln  I,  357.  11,  647. 
Chorisia  ventricosa  II,  581. 
Christchurch  11,  367. 
Christiania    I,  383.    U,    125.  207.    250. 

277.  522 
Christiania-Fjord  I,  481. 
Christiansborg  (Guinea)  II,  131. 
Christtag-Sund  I,  480. 
Chronometer,  Verwendung  des  Chr.  bei 

Längengradmessungen  I,  169. 
Chrysanthemum  alpinum  II,  519. 
Chrysochloris  U,  633. 
Chrysophyllum  Cainito  11,  576. 
Chthonisothermen  I,  189. 
Chuquibamba  (Vulcan)  I,  240. 
Chusquea  II,  538.  587. 
Cinchonen  II,  584. 
Circumtraction  des  Windes  II,  207. 
Cirrocumulus  II,  253.  254. 
Cirrostratus  11,  253.  254. 
Cirruswölkchen  II,  252. 253. 254. 481-485. 
Cistus  II,  553. 
Citrone  U,  554. 
Citrullus  caffer  II,  566. 
Citrus  (Orangengewächse)  11,   202.  535. 

554.  558.  560.  562. 

—  aurantium  11,  554. 

—  limonium  U,  554. 

—  medica  II,  554. 

—  vulgaris  11,  554. 
Cladobates  II,  629. 
Cladonia  11,  531.  549. 

I  —  gracilis  II,  531. 
!  —  rangiferina  II,  53 1 . 
I  Cladrastis  II,  551. 

43* 


676 


Begister. 


Clttraat:  Theilnehmer  an  der  lapp- 
ländischen Gradmessong  I,  152. 

—  Grosse  der  Fliehkraft  an  jedem 
Punkte  der  Erde  I,  155. 

—  YerhSltniss  iwischen  der  Zunahme 
der  Schwerkraft  vom  Aeqnator  znm 
Pol  nnd  der  Grösse  der  Abplattung 
I,  155. 

Ckrke  I,  164.  165. 
Clausins,  R.  II,  349. 
Claosthal  II,  278. 
Clayering  I,  465. 
Clematis  II,  592. 
Clemenshall  11,  307. 
Cleomedes  I,  145. 
Cleopatrabader  I,  372. 
Clermont  II,  111. 
Clethra  I,  516. 
Clifton  I,  162. 
Clio  I,  88. 
Clnsen  I,  546. 
Clnsenseen  II,  329. 
Clymenia  I,  307. 
Cobija  I,  358. 

Coburg  I,  294,  Nota  4.  319. 
Cocastrauch  n,  584. 
Coccinella  II,  607.  654. 

—  septeropunctata  II,  654. 
Coccuseiche  IT,  553. 
Cochinchina  I,  368. 

Cocospalme  I,  512.   II,  545.  559.  562. 

569.  581.  585.  594. 
Cohi  n,  484. 

—  Braunkohle  von  I,  343. 
Coeloptjchium  I,  326. 
Coimbra  11,  277,  Nota  1. 
Coirebhreacain  II,  31,  Nota  2. 
Colbergermünde  H,  31. 
Colby  I,  162. 

Col  du  G^aat  II,  168.  344. 

Cold  waU  n,  7.  74.  102  f. 

Colias  palaeno  II,  654. 

Colibri  n,  628.  640.  645. 

Colima  I,  236.  237.  239. 

CoUectivtjpen  I,  314  f.  318  f.  330.  331. 

Colletia  II,  583. 

Collioure  I,  149,  Not«  2.  151. 

CoUocalia  esculenta  II,  631  f. 

CoUomb,  Edouard  11,  361  (Note  8X 

Colobus  n,  633. 


Colon  I,  359. 

Colon,  Cristobal  H,  456. 

Colorado  des  Westens,  Thal  des  II,. 
273.  382  f.  407.  412. 

Coloradokäfer  II,  610. 

Coloradowüste  II,  321. 

Coluber  II,  632. 

Columba  s.  Taube. 

—  turtur  n,  618. 

Columbia  (British-)  I,  360.  463.  467. 
471.  472. 

Comanchen  II,  516. 

Combenseen  II,  329. 

Come  I,  242. 

Comer-See  I,  483.  534.  H,  314  359.  44U 

Cometen:  Verkürzung  ihrer  Umlaufe« 
zeit  I,  49.  Beziehungen  der  C.  zu  den 
Sternschnuppen  I,  117  ff.  Freqnenx 
der  C.  I,  120.  Gestalt  der  C.  I,  120  ff. 
Dimensionen  der  Cometenschweife  I, 
122.  Ausserordentliche  Feinheit  der 
Cometenmasse  I,  122  f.  Bahnen  der 
C.  I,  117.  123  ff.  Geschwindigkeit  der 
a  I,  123  f.  Wiederkehrende  C.  I, 
124  f.  Bedeutende  Annäherung  der  C. 
an  die  Sonne  1, 125.  Möglichkeit  eines 
Zusammenstosses  mit  der  Erde  1, 125. 
StoruDgen  ihrer  Bahn  I,  125  ff.  Phy- 
sische Beschaffenheit  dqr  C.  I,  127  ffl 
C.-Stoffe  I,  127  f.  Temperaturen  I, 
129.  Tyndall's  Theorie  der  Cometen- 
bilduDg  I,  129  f.  Widerlegung  der- 
selben durch  ZoUner  I,  130  f.  Zöll- 
ners Theorie  I,  131  ff.  Harmonischer 
Wechsel  der  Cometen-  und  Sonnen- 
fleckenfrequenz  I,  134  f. 

Comoren  I,  371.  499. 

Compter  I,  250. 

Concepcion  (Chile)  I,  270  f.  358.  H,  26». 

Concon-Bay  I,  357. 

Condor  II,  645.  649. 

Condorcet  H,  460. 

Conglomerate,  Entstehung  der  I,  293. 

Congo  (Fluss)  II,  406.  410.  564. 

Coniferen  im  Devon  I,  307,  in  der  Stein- 
kohlenzeit I,  309.  310,  in  der  Dyaa 
I,  317.  340  f.,  in  der  Trias  I,  319  f., 
im  Jura  I,  322,  in  der  Kr^de  I,  325, 
im  Tertiär  I,  328.  329.  332,  in  dar 
Gegenwart  II,  524.  533  f.  550.  554> 


Register. 


677 


557.  668.   569.   574.   575  f.   578.    581. 
588.  590.  603. 

Connecticut  (Fluss)  n,  425. 

Constantinopel  I,  222. 

Continentales  Klima  s.  excessives  Klima. 

Continente:  ihre  Entstehung  I,  290.  532. 
556.  Ihr  heutiger  Typus  seit  der 
Tertiärzeit  I,  328.  Verschiebungen  seit 
der  Tertiärzeit  I,  385—392.  Sie  sind 
älter  als  die  Gebirge,  welche  sich 
auf  ihnen  erheben,  I,  402.  Abhängig- 
keit ihres  Flächeninhalts  von  der 
mittleren  Tiefe  der  Weltmeere  I, 
405—432.  Mittlere  Höhe  der  Conti- 
nente I,  421.  Sie  ragen  als  gewaltige 
Hochebenen  über  die  Sohle  der  Oceane 
empor  I,  424  iL  535.  Ihr  Gewicht  ist 
demjenigen  sämmtlicher  Oceane  gleich 
I,  427  f. 

Controlbasis    (bei    Gradmessungen)   I, 
147. 

Cook,  Capt.  I,  480. 

Cook  (amerik.  Geolog)  I,  362,  Nota  1. 
n,  301. 

Cook,  James  I,  365.  561.  II,  481. 

Cook-Inseln  I,  497. 

Cooks-Strasse  I,  271. 

Coolidge  I,  96. 

Copernicanisches  System  I,  16.  78. 

Copemicia  II,  578. 

Copernicus  I,  80. 

Copiapo  n,  586. 

Coquimbo  II,  586. 

Coraboeuf  II,  106. 

Cordier  I,  195. 

Cordilleras  de  los  Andes  s.  Anden. 

Cordilleren  Nordamerika*s  II,  354.  368. 

.  382  f.  510  f.  608  f. ;  im  übrigen  s.  Rocky 
Mountains  und  Mexico. 

Cordouan,  Leuchtthurm  von  I,  377. 

Cordyline  H,  590. 

Corfu  n,  30. 

Coriander  II,  562. 

Comu  A.  I,    181. 

Comwall  I,  192.  195.  196.  308. 

Coromandelküste  s.  Karomandalküste. 

Coronella  II,  638. 

Corsica  I,  375.  H,  553.  621. 

Conrus  s.  Rabe. 

Corylus  H,  551. 


Coiypha  umbraculifera  11,  559. 

Corjrthaix  persa  II,  637. 

Cosequina  I,  240.  H,  217. 

Costa  Rica  I,  359. 

Cotacachi  I,  269. 

Cotchesqui  I,  161. 

Cotidal  lines  n,  22. 

Cotopaxi  I,  207.  208.  229.  236.  240.  241. 
n,  218. 

Cotta,  Bemh.  v. :  geologische  BeschafiSen- 
heit  des  europäisch -sibirischen  Tief- 
landes I,  387  £ 

—  das  Fichtelgebirge  ein  G^birgsknoten 
I,  536  (Nota  1). 

—  die  Aufrichtung  der  Alpen  vollzog 
sich  ohne  vulcanische  Kräfte  I,  554. 

—  Meeresmuscheln  bei  Petropaulowsk 
(am  Ischim)  II,  322. 

—  keine  Eiszeit  im  Altai  II,  362. 

—  die  Benagung  der  rechten  Flussufer 
in  Sibirien  11,  386.  387  (Nota  1  und 
5).  388  (Nota  2). 

—  über  den  Rheinfall  bei  Schaffhausen 
n,  440  (Nota  1). 

Coulomb  n,  459. 

Courtown  H,  30. 

Coutances  I,  377. 

Coypu  n,  648. 

Crataegus  II,  552. 

Crau  n,  380  f. 

Credner,    Hermann:   Verschiedenartig- 

keit    des    Materials     innerhalb    der 

Kreideformation  I,  294. 

—  Altersbestimmung  des  Emporquellens 
eruptiver  Massen  I,  ^97. 

—  Bildung  des  Urgebirges  I,  303  f. 

—  Bildung  langgestreckter  Sand  wälle 
vor  der  Ostküste  der  Vereinigten 
Staaten  I,  443  f. 

—  Verwerfungen  in  Südvirginien  II, 
325  (Noto  1). 

—  über  die  Eiszeit  in  Nordamerika  11, 
362.  363  (Nota  1). 

—  über  das  Elbthal  unterhalb  Tetschen 
n,  446  (Nota  1)  f. 

Credner,  Rudolf:  Deltabegriff  H,  408, 
Nota  2. 

—  Hemmung  der  Deltaentwicklung 
durch  die  Gezeiten  H,  409.  410 
(Nota  1). 


678 


Register. 


Credner,  Badolf:  auch  durch  £[aik- 
gebirii^  gehende  Flosse  können  Deltas 
bilden  II,  422. 

—  Sedimentföhrong  einiger  Deltaflüsse 
n,  423. 

—  Betheiligung  der  seculsren  Nivean- 
veranderungen  an  der  Deltabildong 
n,  425  ff. 

—  über  das  Eibthal  unterhalb  Tetschen 
n,  446  (Nota  1)  ff. 

—  über  das  Rheinthal  unterhalb  Bingen 
n,  447—449  (Nota  1). 

OricetomTB  II,  626.  635. 

—  gambianus  II,  635. 
Cricetus  B.  Hamster. 

—  frumentarius  s.  (gemeiner)  Hamster. 
Grinoideen  im  huronischen  Schiefer  I, 

304,  im  Silur  I,  306,  im  Deren  I,  307, 
in  der  Kohle  I,   314,   in   der  Trias 
I,  319. 
Grocodilus  H,  632.  638.  645. 

—  biporcatus  11,  632. 

—  Tulgaris  II,  638. 

Groll:  die  vom  Floridastrom  bewegte 
Wasser-  und  Wärmemenge  II,  61. 64  f. 

—  Anhanger  der  Lehre  von  den  Drift- 
stromnngen  II,  84. 

—  Temperaturunterschiede  genögen 
nicht,  um  die  meridionalen  Meeres- 
strömungen zu  erklären  II,  95. 

—  giebt  der  Adfa^mar*schen  Hypothese 
eine  neue  Wendung  II,  148  f. 

Crossarchus  Goudetii  II,  639. 

—  obscums  n,  639. 

—  rubiginosus  II,  630. 
Ootalus  horridus  II,  646. 
Crozet-Inseln  I,  499. 
Cryptoprocta  II,  639. 
Ciyptums  n,  645.  649. 
Ctenoiden  I,  327. 
CtenomjB  II,  643.  648. 

—  magellanicus  II,  648. 

—  torquatus  ü,  648. 

Coati,  geselliger  ü,  625  f.  642. 
Cuba  I,  523.  II,  534.  546.  577.  641.  657. 
Cnculus  n,  697. 
Cnenca  (Ecuador)  I,  152. 
Coguar  n«  625  f.  628.  642.  647. 
Colm  (geologische  Formation)   I,   339. 
340. 


Gulm    (Stadt    an    der    Weichsel)    ü, 

424. 
Cumanä  I,  114.  260.  U,  130.  240. 
Cumbal  (Andesvulcan)  I,  236. 
Cumbal  (Stadt)  II,  521.  522. 
Cumming  I,  270. 
Cnmulostratus  II,  253. 
Cumulus  n,  252.  253.  254. 
Cundinamaica  U,  437. 
Cupari  H,  29.  409. 
Cupressineen  II,  546. 
CnpresBUs  s.  Cypresse. 

—  funebris  II,  557. 
Cupnlüeren  H,  536. 
Cnrtius,  Ernst  I,  524  (Nota  2)l 
Gutch  s.  Rnnn  of  Cutch. 
Guxhaven  H,  20.  22.  276.  424. 
Gojaba  n,  436. 

Clyathea  II,  590. 

Clycadeen  in  der  Steinkohlenzeit  I, 
309.  310,  im  mesozoischen  Zeitalter 
im  allgemeinen  I,  318.  340  f.,  in  der 
Trias  I,  319,  im  Jura  I,  322,  in  der 
Kreide  I,  325,  im  Tertiär  I,  328. 

Gycadeenkohle  I,  341. 

Cydoiden  I,  327. 

Cyclopteris  I,  309. 

Cygnus,  Doppelstem,  Nr.  61 :  seine 
Parallaxe  und  Entfernung  von  der 
Erde  I,  17  f.  Grösse  I,  26.  £igenbe> 
wegung  I,  28.  Veränderungen  des 
Lichtwerthes  von  x  ^«  289. 

Cygnus  plutoneus  II,  651. 

Gynara  Cardnnculus  II,  585  f. 

Gynocephalus  H,  633. 

—  ursinus  H,  633. 
Gynogale  H,  629. 

()ynopithecus  nigrescens  I,  395.  520.  II, 

655. 
Gyperaceae  n,  538. 
Gypem  II,  621. 
Gypresse  H,  553.  554.  557.  575. 

—  chinesische  II,  557. 
Gyprinus  II,  609. 
Gypripedium  calceolus  II,  519. 
Gyrenaica  I,  372. 
Cyrtandraceen  ü,  601. 
Gyrtoceras  I,  306. 
Gystophora  ü,  648.  650. 

—  proboscidea  II,  648. 


Register. 


679 


Czerna  Hora  U,  361. 
Csemy  I,  449,  Nota  3. 

Bachratte  II,  621. 

Dachs  II,  616.  624.  625. 

Dacrydium  II,  569. 

Dactylomys  II,  643. 

Dämmerung  ein  Mittel  zur  Bestimmung 
der  Lufthöhe  II,  109. 

Daemonorhops  II,  559. 

Dänemark  I,  162.  327.  423.  491.  II,  365. 
551. 

Dänemark-Strasse  11,  48. 

Dalbergia  nigra  U,  5S1. 

Dalmatien  I,  375.  434.  469. 

Dahnatinische  Inseln  I,  405.  469.  II, 
553.  620. 

Dalton  n,  239.  258.  287. 

Damaraland  II,  566. 

Damhirsch  11,  621. 

Damiette  I,  372.  II,  416  f. 

Damiette- Nilarm  U,  417. 

Dammara  australis  U,  590. 

Dammriff  I,  495. 

Dampier  I,  433. 

Dana,  James  D.:  Begründer  der  Auf- 
schüttungstheorie der  Vulcane  I,  203. 

—  Lavaergüsse  des  Mauna  Loa  I,  206  f. 

—  Erhöhung  des  Schmelzpunktes  durch 
Druckvermehrung  I,  284. 

—  das  grosse  Senkungsfeld  in  der  Süd« 
see  I,  364.  386.  403. 

—  Parallelismus  in  der  Anordnung  der 
Insel  schwärme  der  Südsee  I,  496  f. 

—  gehobene  Koralleninsein  in  der  Süd- 
see I,  497. 

—  über  die  Entstehung  der  Gebirge  I, 
555  ff. 

—  Querprofil  durch  Nordamerika  II,  434. 

—  das  Terrain  an  den  Niagarafalien 
II,  440  (NoU  3). 

—  Schichtenfaltungen  in  den  Alle- 
ghanies  II,  443  f. 

Danau-Sriang  II,  316. 
Danieirs  Hygrometer  II,  244. 
Dardanellen-Strasse  II,  105. 
Darielschlucht  (Kaukasus)  11,  361. 
Danen,  Golf  von  II,  412.  419. 
Darwin,    Charles:    Emporracken     der 
Küste  von  Chile  1, 270.  271  (NoU  2).  357. 


Darwin,  Charles :  Korallenbildungen  aU 
Zeugnisse  für  eine  Senkung  der  Insel- 
flur in  der  Südsee  I,  354.  364. 

—  Strandlinien  an  der  Westküste  Süd- 

I 

I     amerika's  I,  358. 

—  Aufrichtung    der    Ufergebiete    des 
I     Laplata  I,  359. 

—  Tahiti  ohne  Spuren  einer  Hebung 
I,  365. 

—  Rüstenaufrichtungen  auf  den  Phi- 
lippinen I,  369  (Nota  1). 

—  über  den  Beagle-Fjord  I,  466,  Nota  1. 

—  patagonische  Gletscher  ziehen  bis 
zum  Meeresspiegel  herab  I,  472.  II, 
354. 

—  Entstehung  der  Koralleninseln  1, 494  f. 

—  die  Galäpagos  sind  ohne  Batrachier 
I,  510. 

—  Verbreitung  der  Gewachse  durch 
Vögel  I,  512.  n,  596. 

—  Pflanzenleben  der  Keeling  -  Inseln 
I,  513. 

—  Flora  von  Ascension  I,  513. 

—  Vegetation  der  Cbatham*Insel  I,  513. 

—  Verschiedenheit  in  dem  ßeichthum 
der  Südseeinseln  an  Pflanzenarten 
I,  515. 

—  ältere  Thierformen  vielfach  in  Flüssen 
I,  519. 

—  eigenthümliches  Verhalten  der  Vögel 
auf  den  Galdpagos  I,  525. 

—  ungleichmässigc  Hebung  eines  Fluss- 
bettes n,  449. 

—  manche  Samen  bewahren  im  Seewasser 
ihre  Keimfähigkeit  ü,  494. 

—  Wanderheuschrecken  bisweilen  auf 
hoher  See  ü,  596. 

Dasyprocta  II,  643. 
Dasypus  H,  627.  644.  64S. 

—  novemcinctus  II,  627. 
Dasyurus  ü,  650  651  f. 
Dattelpalme  II,  20 1 .  545.  554.  556.  562. 

589. 

Daubensee  n,  304. 

Daubeny  I,  236. 

Daubr^e :  Erklärung  der  raschen  Wärme- 
zunahme im  Bohrloche  von  Neuffen 
I,  195. 

—  Mitwirkung  des  Wassers  bei  vulca- 
nischen  Eruptionen  I,  235. 


680  Begister. 

Dano,  Maar  bei  I,  217.  [Delta,  Begriff  H,  403,  Nota  2. 

Danphin^  I,  264.  '  Deltabildangen  der  Strome  II,  403—427. 

Dannsche  Steppe  II,  504  f.  539.             '  Demawend  I,  234. 

Daussy  n,  107.  j  DendromjB  H,  635. 
Dayis-Strasse  I,  471.  491.  II,  36.  70.  73. '  Denham  I,  408. 

99.  103.  Dentaliom  laeve  I,  319. 


Davy,  Humphrey  I,  38,  Nota  1. 

Dawes  I,  87. 

DawBon,  G.  M.  I,  62. 

Dax  I,  460. 

Dax,  Braunkohle  von  I,  343. 

De  Candolle,  Alphonse:  über  die  Vege- 


Dent  de  Mordes  II,  358. 
Deodwaia-Ceder  n,  561.  601. 
Depressionen,   continentale,    in   Afrika 

n,   320,  in  Nordamerika  II,  321,  in 

Asien  n,  321  £ 
Derbend  n,  616. 


tation  der  Küsteninseln  SchotÜand's  Derbjshire  I,  315. 


Desagoadero  II,  312. 
Descabezado  de  Maule  n,  354. 
Descloizeau  I,  214. 


I,  518. 

—  über  das  Feuchtigkeitsbedürfhiss  der 
nordischen  Laubbäume  H,  501  £. 

—  Abhängigkeit    der   Grewachse   vom  j  Deshayes  I,  329. 
Standort  n,  519.  i  Desmanthus  natans  H,  537. 

—  Einführung  von  Grewachsen  in  Süd-  <  Desmodina  II,  641. 
frankreich  durch  den  Wollhandel  II,  ■  Desmodus  n,  625.  647. 
596.  I  —  murinus  n,  625. 

^-  Eintheilung  der  Gewächse  auf  Grund   Desor,   Eduard:   Meeresbedeckung  der 

ihrer     physikalischen     Lebensbedin- 1     nördlichen  Sahara  I,  375.  450.  II.  364. 

gangen  n,  604  £  —  D/scher  Gneissfacher  I,  540. 

De  Candolle,  Augustin  I,  518.  !  —  Eintheilung  der  orographischen  Seen 

De-Castrie-Bay  I,  492.  H,  329. 

Deckenwolke  n,  253.  254.  |  —  über  die  Bollkiesel  der  Crau  II,  381. 

Declination,    magnetische     II,    456    f.    —  Riesenkessel    an    der  Aar   II,    3S4 

461—463.  466— 46S.  471—473.  4S0.  (Nota  1). 

Declinationskarte  (Erdmagnetismus)  von  '  Despretz  11,  41. 

1860  n,  461—463.  I Deutsches  Reich  (Geologisches:)  I,  306. 

Deer  Creek  ü,  496.  •     315.  316.  319.  320.  324.  37a  ff.  422. 

Deisterkohle  I,  341.  (Meteorologisches:)   n,  173.  186.  201. 

Dekhan,    Hochland    von    II,   433.   558.       227  ff.   233.  241.  24».  259.  274  ff.  355. 

559.  601.  630.  -     365.  (Biologisches:)  II,  613.  657. 

Delambre  I,  148.  160.  161.  164.  '  Devens  11,  357. 

DeUunay  I,  286.  Deville  I,  236. 

Delaware  I,  362.  II,  443.  Devonische  Formation  I,  294.  295.  296. 

Delaware-Bay  I,  362.  306—308. 

Delebpalme  II,  565.  DcTonport  II,  209.  , 

Pelesse  II,  259.  Devonshire  I,  192.  306.  311.  II,  190. 

Delhi  n,  609.  '  Diabas  I,  292. 

Delphinus  II,  60S.  615.   631.  637.  645.   Diablerets  I,  543. 

648.  650.  Diadin  I,  234. 

—  amazonicus  H,  645.  Diatomaceen  I,  342. 

—  delphis  n,  608.  615.  Dicholophus  II,  645. 

—  gangeticus  H,  631.  '  Dichtemaximum  des  Salzwassers  I,  39  f. 

—  leucas  H,  615.  ,  Dichtigkeit      der     Himmelskörper     s. 

—  orca  n,  60S.  615.  ■     Schwere. 

—  phocaena  n,  608.  615.  I  Dicksonia  squarrosa  II,  590. 


Register. 


681 


Dicotyles  albirostris  H,  644. 

—  torquatus  11,  627.  644.  648. 
Didelphys  1, 519.  II,  612. 626. 642. 647.  651. 

—  Opossum  n,  612. 
Dieffenbftch,  F.  I,  260. 
Diego  Alvarez  I,  499. 
Dieaze  ü,  834. 
Digitalis  parpurea  II,  519. 
Dilatationstheorie  (Gletscher)  n,  348. 
Diluvium  I,  301.  385.   887.   II,  356  ß. 

447.  550.  603  f. 
Dimorphandra  ezcelsa  II,  578. 
Dinarische  Alpen  11,  308. 
Dingo  I,  519.  II,  680.  649. 
Dinoceras  I,  331. 
Dinosaurus  I,  819. 
Dinotherium  I,  333. 
Diomedea  n,  600. 
Diomedes  I,  367  f. 
Diorit  I,  292. 
Dioscorea  batatas  II,  558. 

—  pyrenaica  n,  601. 
Dioszeg  II,  896. 
Dipodomjs  Philippii  11,  643. 
Dipus(Springmau8)  11,61 7. 619. 620  f.  635. 
Disco-Fjord  I,  108.  362. 
Disco-Insel  I,  109.  466.  11,  68. 
Distel  II,  585.  595.  598.  656. 
Distelfalter  I,  510.  II,  607.  654.  656. 
DixoD,  Hepworth  11,  516,  Nota  1. 
Dnjepr  II,  386. 

Dnjestr  II,  314. 

Doane  11,  302. 

Doberan  II,  306. 

Dodo  8.  Dronte. 

Dörfel  I,  123,  Nota  1. 

Dörfel  (Mondgebirge)  I,   101. 

Dogger  (brauner  Jura)  I,  300.  321.  324. 

n,  651. 
Dolichotis  patagonica  II,  648. 
Dollart  I,  379. 
Dolomieu  I,  206. 
Dombaas  11,  207. 
Dompalme  11,  545.  565. 
Don  n,  386.  388. 

Donati's  Comet  I,  49.  120.  122.  125. 130. 
Donaul,    801.   11,    370.  371.   402.   422. 

423.  424.   429  f.   432.   433.   435.   488. 

445.  611.  617. 
Donaudelta  II,  314.  815.  393.  408.  424. 


Donaueschingen  n,  438. 

Donauthal  bei  Wien  ü,  377. 

Donauwörth  II,  438. 

Donegal  I,  378. 

Donez-Plateau  I,  315. 

Don  Juan  de  Castro  I,  372. 

Dorsetshire  I,  323. 

Douai  I,  361. 

Douarnenez,  Golf  von  I,  377. 

Doubs  n,  370. 

Douglas-Tanne  n,  571. 

Doux  n,  402. 

Dove,  Heinrich  Wilhelm:  Verbindung 
von  thermischen  und  barischen  Wind- 
rosen n,  130. 

—  über  den  nördlichen  Kältepol  11, 177  f. 

—  EntwurfderMonatsisothermenll,  178. 

—  durchschnittliche  Temperatur  jedes 
Breitengrades  II,  180. 

—  Vergleich  der  Wärmeverhältnisse  auf 
der  nördlichen  und  südlichen  Halb- 
kugel n,  182  ff. 

—  Entwurf  von  Isanomalen  H,  185. 

—  gleichzeitige  Wärmeanomalien  ver- 
schiedener Gegenden  H,  198  f. 

—  die  mittlere  Jahreswärme  von  Berlin 
constant  dieselbe  II,  200. 

—  Drehungsgesetz  der  Winde  n,  222 — 
224. 

—  Abhängigkeit  der  Wärme  von  den 
Winden  E,  226  ff. 

—  thermische  Windrosen  U,  230  f. 

—  Begenarmuth  des  Juli  in  Palermo 
n,  267. 

—  der  Ausgangsort  des  schweizerischen 
Föhn  II,  364. 

—  über  das  Nordlicht  ü,  477  (Nota  1). 
Dover  I,  245.  294. 

Dovre  II,  451. 

DovreQeld  I,  478.  11,  207.  250. 

Draba  aizoides  U,  519. 

Dracaena  draco  s.  Drachenbaum. 

Diachen,  Nebelfleck  im  Stern  bilde  des 

I,  31. 
Drachenbaum  H,  528.  540.  589. 
Drachenschlund  11,  417. 
DrammensQord  I,  4SI.  484.  11,  318. 
Dranse  11,  380. 
Drebbel,  Cornelius  H,  151. 
Dr^ge  n,  567. 


682 


RegiBter. 


DrehoDgsgesetz  d«r  Winde  H,  222—224. 

Dreh  wage  I,  180  f. 

Dreieckkopf  ü,  632. 

Dresden  II,  125.  194.  390.  446  £ 

Dressel  I,  236. 

DriftströmuDgen  U,  74.  78.  79.  96. 

Drirnys  II,  587.  588. 

Dromaeus  Novae  HoUandiae  U,  651. 

Dromedar  II,  636. 

Dronte  I,  526. 

Drossel  n,  637. 

Druck  der  Atmosphäre  II,  110—137, 
des  Windes  n,  205  f. 

Dmde,  0.  I,  520  (Nota  2).  n,  532,  Nota 
1.  545  (Nota  1). 

Dryas  octopetala  II,  693. 

Drymomys  11,  643. 

Diyobalanops  camphora  11,  560. 

Diyopithecus  I,  333. 

Dschebel  Koldadschi  I,  235. 

Dscherba  U,  31. 

Dschidda  I,  371  f. 

Dschiggetai  H,  622. 

Dublin  n,  194.  277. 

Dubuat  n,  95.  394. 

Ducarla  I,  563. 

Du  Chaillu  ü,  420.  500,  Nota  1. 

Dünen:  I,  448 — 460.  Unterschied  zwi- 
schen D.  und  Sandbänken  I,  448. 
Seltenes  Vorkommen  der  D.  in  den 
Tropen  I,  448.  Auftreten  der  D.  im 
Binnenlande  I,  448  £P.  Entstehung 
der  binnenländischen  D.  I,  449  ff., 
der  D.  am  Strande  I,  452  ff.  Ver- 
schiedenheit des  Dünenmaterials  I, 
455.  Wandern  der  D.  I,  455  ff.  Be- 
festigung der  D.  I,  459  f. 

Dünkirchen  I,  149,  Nota  2.  151.  161. 
378. 

Dürrheim  II,  307. 

Duhamel  n,  321. 

Dnjong  n,  637. 

Dumfiries  II,  277. 

Duncan,  Francb  II,  28. 

Dundee  II,  208. 

Dunedin  II,  367. 

Dunker,  K  I,  191.  193.  198. 

Dunnose  I,  162. 

Dupain-Triel  I,  563.  567. 

Dnperrey  I,  156.  n,  463. 


Du  Petit  Thouars  I,  504.  II,  46. 

Durance  II,  380.  381. 

Dnrham  I,  297.  11,  334. 

Durvillaea  edulis  n,  531. 

Duschet  I,  175. 

Duschlberg  II,  278. 

Dutoitskloof  n,  567. 

Dyas  s.  Permische  Formation. 

Dysopes  11,  620.  625.  633.  641.  647.  650. 

—  Cestoni  II,  620. 

CSbbe  s.  Flnth. 

Eberesche  n,  536.  551.  595. 

Ebermayer,  £.  n,  506  ff. 

Ebro  n,  402. 

Ebrothal  I,  533.  II,  277. 

Echeneis  remora  II,  609. 

Echiniden  I,  318.  322.  326. 

Echinocactus  II,  540.  573.  583.  587. 

—  Wislizeni  II,  573. 
Echinogale  11,  639. 
Echinomys  IL,  643. 

Ecuador  (Geologisches:)  I,  152.  153.  225. 

232.   233.  236.  238.    240  l  241.   268. 

(Meteorologisches:)  11,  133.  283.   284. 

426  f.  437. 
Ekldystone,  Leuchtthurm  I,  437. 
Edelhirsch  n,  618.  G21.  622.  631. 
Edelmarder   (Mustela   martes)  n,    616. 

625. 
Edeltahne  II,  550. 

—  califomische  II,  574. 
Edfu  s.  Apollinopolis  magna. 
Edinburgh  II,  131. 
Edku-Lagune  II,  417. 
Egede,  Hans  n,  198. 

Eger  I,  250. 

Egg  Island  (New-Jersey)  I,  362. 
Ehrenberg:    seculäre   Hebung   an   den 
Küsten  des  Bothen  Meeres  I,  372. 

—  Erosion  durch  Meeresströmungen 
reicht  nicht  bis  in  grossere  Tiefen 
hinab  I,  429. 

—  über  den  Passatstaub  II,  217. 

—  Polythalamien  im  Todten  Meere  II, 
326,  Nota  1. 

Eiche  n,  536.   551.  553.  557.  560.  571. 

574.  575. 
Eichen  in  der  Kreideseit  I,  325. 
Eichhörnchen  I,  511.  H,  491.  612.  617. 


Register. 


683 


619.    620.    624.    626.    630.    634.    639. 

642. 
£ider  (Flass)  II,  437. 
Eidergans  II,  616. 
Eifel  I,  202.  204.  217.  225.  227.  230.  233. 

234.  306. 
Eigenwärme  der  Erde  I,  183  ff.  11,  138. 

289.  294  ff. 
Einhorn  (Sternbild)  I,  24. 
Einsturzkrater  I,  203. 
Eisack  II,  449  f.  599,  Nota  1. 
Eisanhäufdng ,    stärkere,     am  «Südpol 

(Adh^mar'sehe  Hypothese)  n,  145  f. 
Eisbär  11,  608.  615. 
Eisbereitung  in  Bengalen  11,  161. 
Eisberge  I,  471.  H,  65.  70.   71—73.  76. 

76.  355.  594.  608. 
Eisboden,  unterirdischer  I,  185  ff. 
Eiscascade  II,  343. 

Eisen,    Verhalten   desselben    beim   Er- 
starren I,  550  f. 
Eisenach  I,  324. 
Eisenhnt,  echter  11,  523. 
Eisenlohr  11,  236.  287. 
Eisenockerlager  II,  309. 
Eisensäuerlinge  ü,  306.  309. 
Eisernes  Thor  (bei  Derbend)  U,  516. 
Eismeer,  nördliches  I,  282.  419.  420.  11, 

24,  Nota  1.  64.  65  ff.  106.  318.    321. 

365.  405.  610  f.  —  Gebiet  des  n.  E. 

n,  177  f.  179. 
Eismeer,    südliches    I,     419.    420.     11, 

52.  78. 
Eisseen  n,  326  f. 
Eisvogel  n,  618.  637. 
Eiszeit  I,  335.  836.  471  ff.  II,  149.  355. 

856 — 368  (Ausdehnung   der  glacialen 

Erscheinungen  356 — 363,  die  Ursachen 

der  Eiszeit  368—368).  599  f. 
Elaeis  guineensis  n,  545.  565. 
Elaps  n,  607.  688.  646. 
—  corallinos  11,  646. 
Elba  I,  441. 
el  Baiad  I,  371. 
Elbe  I,  881.   n,    20.  28.   370.  390.  392. 

393.   407.  413.  421.    422.   424  f.    426. 

431.  432.  440.  611.  617. 
Eibsandsteingebirge  I,   243.    294.    327. 

n,  446  f. 
Elbthal  oberhalb  Pirna  11,  446  f. 


Elch  9.  Elen  und  Scheich. 

Elektricität :  Umsetzung  derselben  in 
Wärme,  Magnetismus  und  Bewegung 
I,  43.  E.  betheiligt  bei  der  Cometen- 
bildung  I,  131  ff.  Die  Sonne  ein 
mächtiger  Elektricitätsquell  I,  138. 
Elektrische  Stiöme  die  Ursache  des 
Erdmagnetismus  II,  465  f. 

Elen  des  Diluviums  I,  836,  der  Gegen- 
wart n,  617  f.  622.  627. 

Elephant  der  Tertiärzeit  I,  338,  der 
Diluvialzeit  I,  336,  der  Gegenwart  II, 
628.  631.  63.5.  644. 

Elephas  afiricanus  II,  685. 

—  indicus  II,  631. 

—  primigenius  I,  386. 
Elfenbeinpalme  ü,  578. 

Elie  de  Beaumont  I,  208.  205  ff.  570. 

Elis  I,  347. 

Elisabeth-Insel  I,  497. 

Ellice-Gruppe  I,  365. 

ElUpsolithes  I,  539. 

Elster  (Bad)  II,  306. 

Elton-See  ü,  333. 

Elu  I,  524. 

Elymus  arenarius  I,  459. 

Emballonura  11,  641. 

Embothrium  U,  58S. 

Emden  H,  258. 

Empetrum  nigmm  II,  552. 

Ems  (Bad)  II,  294.  306. 

Ems  (^Fluss)  n,  426. 

Emsmann  II,  224. 

Emu  n,  651. 

Enaliosaurier  I,  815. 

Encephalartos  11,  568. 

Encke  I,  128  f.  164. 

Encke*s  Comet  I,  49.  79.  124  f.  127. 

Encounter-Baj  I,  866. 

Encrinus  liliiformis  I,  819. 

Engadin  n,  371. 

Engelhardt,  Moritz  v.  11,  133. 

Enhydris  s.  Seeotter. 

Ensete-Pisang  11,  564. 

Entada  gigalobium  II,  68.  694. 

Ente  n,  688.  649.  651. 

Entfernung  der  Fixsterne  I,  17  f.  E.  Mer- 
cur's  (von  der  Sonne)  I,  80,  der  Venna 
I,  84,  des  Mars  I,  86,  der  Planetoiden 
I,  89,  Jupiter's  I,  00,  Satam*s  I,  95» 


684 


Register. 


des  Uranos  I,   96  f.,   Neptan*s  I,  98. 

£.  des  Mondes  von  der  £rde  I,  99. 
Entwicklmigsgeschicfate    der  stehenden 

Wasser  auf  der  Erde  II,  312—329. 
Enzian,  grosser  II,  519. 
Eocfin  I,  294.  329. 
Eogen  I,  329  ff. 
Eozoon  Canadense  I,  304. 
Epacrideen  ü,  5S5. 
Ephedra  DL,  562. 
Ephesos  I,  374. 
Ephraim,  Grebirge  I,  264. 
Epicentmm  (bei  Erderschntterangen)  I, 

247. 
Epiphjten  II,  540.   542.  543.   561.  576. 

577.    578.    579.    580.    581.    584.    587. 

590. 
Epomeo  I,  230. 
Eqniseten  I,  319.  320.  322. 
Eqaisetom  arenaceum  I,   319.  320.  341. 

—  columnare  I,  320. 

Equos  asinus  onager  s.  (wilder)  Esel. 

—  caballus  s.  Pferd. 

—  festivos  n,  635. 

—  hemionus  11,  622. 

—  (l^i'^e^  n,  635. 

—  zebra  11,  612.  635. 
Er  n,  396. 

Eratosthenes  I,  143  ff.  II,  320  f. 

Erdbeben  als  Vorzeichen  vulcanischer 
Aasbrüche  I,  218.  Begriff  I,  244  f. 
Geschwindigkeit  der  Erdbebenbe- 
wegung I,   245.    Form   derselben   I, 

245  f.  Zerstörende  Wirkungen  der 
E.  verschieden  je  nach  der  Beschaffen- 
heit des  Gesteins  I,  246.  Mallet's 
Untersuchungen  über  das  calabrische 
E.:   Auffindung    des   Epicentrums  I, 

246  f.,  des  Focus  I,  247  f.  Die  See- 
bach*sche  Methode:  Ermittelung  des 
Epicentrums  I,  249  f.,  der  Fortpflan- 
zungsgeschwindigkeit, des  Zeitpunktes 
des  ersten  Anstosses  und  der  Tiefe 
des  Erdbebenheerdes  I,  250—252.  Ta- 
bellen über  Fortpflanzungsgeschwin- 
digkeit der  Erschütterung  und  Tiefe 
des  Erdbebenheerdes  I,  253.  Inten- 
sität der  Erschütterung  I,  253  f.  Seis- 
mochronograph  I,  254  1  Abhängig- 
keit   der   Erdbebenentwicklung   von 


localen  geognostischen  Verhältnissen 
I,  255  ff.  Seebeben  I,  258.  Verbrei- 
tung der  Erdbeben  I,  258  ff.  £.  in 
der  Nähe  von  Vulcanen  I,  258  ff.  £. 
auf  nichtvulcanischem  Gebiete  1, 260  f. 
Zusammenstellung  der  Gesetze  über 
Vertheilung  der  E.  I,  261.  Erklärung 
der  nichtYulcanischen  E.  I,  261  ff. 
Sitz  der  E.  nicht  an  der  Grenze  des 
gluthflüssigen  Erdinnem  I,  261  f.  Ur- 
sache der  E.  nach  P&ff:  Empordrin- 
gen  gluthflüssiger  Massen  in  obere 
Hohlxänme  I,  262.  Andere  Ursachen 
nichtvulcanischer  £. :  Spaltenbildung 
bei  fortgesetzter  Abkühlung  und  Con- 
traction  des  Erdkorpers  I,  262  f.,  Ein- 
sturz von  Höhlen,  die  das  Wasser 
geschaffen  hat,  I,  263  f.,  Bergstürze 
I,  264  f.,  Zugkraft  von  Sonne  und 
Mond  (Erdbebenstatistik)  I,  265  ff. 
Zerstörende  Wirkungen  der  E.  I,  268. 
Senkungen  bei  E.  I,  269.  Hebungen 
bei  E.  I,  270  ff.  Büdung  und  Zu- 
schüttung von  Klüften  bei  K  I,  272. 

Erddurchmesser  verkürzt  sich  I,  51. 

Erde:  ihre  günstige  Stellung  im  Sonnen- 
system I,  78 — 106,  insbesondere  I, 
1U4  ff.  Gestalt  der  E.  I,  139  ff. 
Grösse  der  KI,  143  ff.  Localat- 
traction  und  Dichtigkeit  der  E.  I, 
173  ff.  Eigenwärme  der  E.  I,  183  ff. 
Vulcanische  Kräfte  der  E.  I,  201  ff. 
Erdbeben  I,  244  ff.  Entwicklung  der 
E.  nach  der  Kant-Laplace*schen  Hy- 
pothese I,  278  f.  Ehemalige  Gluth- 
flüssigkeit  des  ganzen  Erdballs  I, 
279  ff.  Jetzige  Gluthflüssigkeit  des 
Erdinnem  I,  283  ff.  Allmähliche  Er- 
starrung und  Contraction  der  Ober- 
fiächenschicbten  I,  289  f. 

Erdentag,  Verlängerung  des  £.  I,  50. 

Erdfälle  II,  308. 

Erdgräber  H,  635. 

Erdinneres:  Zunahme  der  Dichtigkeit 
der  Stoffe  im  E.  I,  181  f.  Zunahme 
der  Wärme  im  E.  I,  188  ff.  Gluth- 
flüssigkeit des  E.  I,  2S3  ff. 

Erdpyramiden  H,  384  f. 

Erdwolf  n,  634. 

Erethizon  U,  627.  643. 


Register. 


68& 


Erhaltung  der  Kraft,   Gesetz  von   der 

I,  38  ff. 
Erhebongskrater  I,  202. 
Erica  arborea  II,  588. 

—  camea  II,  519.  534. 

—  cinerea  11,  534. 

—  coerulea  II,  535.  545. 

—  tetralix  ü,  534. 

—  umbellata  II,  545. 

Ericeen  11,  519.  534  f.  545  f.  552.  553. 

567.  588.  589. 
Ericulus  n,  639. 
Eridanus,  cf  I,  28. 

Erie-See  I,  62.  ü,  212.  319.  439.  442. 
Erieux  ü,  402. 
Erigeron  ambiguas  II,  593. 
Erinaceus  (Igel)  II,   611.  616.  619.  623. 

633. 

—  aurituB  II,  619. 

—  europaeus  (gemeiner  Igel)  11,  611. 
616. 

—  frontalis  11,  638. 
Eriodendron  anfractaosnm  II,  577. 
Eriomys  II,  643.  647. 

—  Chinchilla  ü,  647. 

—  laniger  II,  647. 

Erle  n,  551.  570.  571.  575.  593. 
Erlenbach  (Schweiz)  II,  358. 
Erman :  Hohe  derKliutschewskajaSopka 
I,  241. 

—  Meereshöhe  Yon  Irkutsk  II,  132. 

—  Magnetische  Beobachtungen  11,  460. 
462. 

Emsthall  II,  334. 

Erosion  durch  das  Wasser,  chemische  I, 

263.  n,  304  f.  307—309.  375. 

—  mechanische  I,  205.  217.  219  f.  546  f. 
n,  875—393.  452. 

Erratische  Blöcke  II,  355.  356  S. 

Eruption,  vulcanische  I,  219  ff. 

Eruptionsmaterial  der  Vulcane  I,  222  ff. 

Eruptivgesteine  I,  291  f.  Alter  ihres 
Empordringens  I,  297.  Bezeichnung 
auf  geologischen  Karten  I,  298. 

Erythroxylon  coca  II,  584. 

Erzgebirge  (8ächs.-böhm.)  I,  193.  305. 
533.  II,  167.  447. 

Erzlager  I,  301  f.  305.  316.  11,  309. 

Escallonia  II,  583.  588. 

Escalopier,  Baron  d*  II,  326,  Nota  1. 


Esche  U,  536.  551.  557.  571.  574.  593. 

Escher  von  der  Linth  I,  375.  IJ,  364. 

Eschweiler,  Steinkohle  von  I,  844. 

Esel,  wilder  H,  619.  621.  622.  631. 

Eskjär  I,  381. 

Esneh  II,  401. 

Espino  n,  586. 

Essen  I,  244. 

Essequibo  II,  417  ff. 

Essex  II,  274. 

Esthland  I,  381.  473. 

tt&ug  n,  813. 

Etesien  11,  266. 

Ete-Wald  II,  579  f. 

Etsch  n,  397.  406.  599,  Nota  1. 

—  Mündungsgebiet   der     I,   376  f.   II, 
896.  406. 

Ettfchthal  n,  360.  451. 
Ena  I,  497. 

Eucalyptus  ü,  527.  528.  534.  568.  569. 
570. 

—  amygdalina  11,  527.  570. 

—  colossea  II,  527.  528. 
Eucryphia  11,  587.  « 
Eudromia  11,  649. 
Euganeen  I,  230.  554. 
Eugenia  II,  575. 

Eule  n,  621.  624.  637.  649.  650. 
Euomphalus  pentagulatus  I,  539. 
Euphorbia  11,  518.  541.  565.  567.  589. 

—  abyssinica  II,  565. 

—  candelabrum  11,  565. 

—  grandidens  11,  567. 

Euphrat  I,    284.    II,   871.  406  f.   412. 

437. 
Euplectes  n,  637. 
Eupleres  n,  639. 
Euripos,  Golf  yon  II,  31« 
Europa  (Geologisches:)  I,  231.  832.  356. 

374  ff.  388  f.  421  ff.  462  f.  467.  558  f. 

(Meteorologisches:)  11,  63  f.  126  f.  130. 

175  f.   179.   186  ff.  193  f.  199.  227  ff. 

232—286.   249.  255.   259.  274  ff.  353. 

356  ff.  865.  435.  453  f.  (Biologisches :) 

n,  500  ff.  512—515.  542.  546  f.  549^ 

552.  615—622.  653.  657. 
Europäisch  -  asiatisches    Steppen-    und 

Wüstengebiet  II,  555  f. 
Europäisch -sibirisches   Waldgebiet   11, 

549—552. 


686 


Begister. 


Eorya  II,  558. 

Eaterpe  II,  579. 

Evans,  F.  J.  H,  459,  Nota  1.  467 
(NoU  2).  469  (Nota  1.  2).  47u.  471 
(Note  1).  657. 

Evaporometer  11,  240. 

Everest  I,  161.  162.  H,  423. 

Everett,  J.  D.  II,  28,  Note  1. 

Evemia  II,  549. 

Ewiger  Schnee  II,  282—286.  336. 

Excess,  sphärischer  I,  148. 

Excessives  Klima  11,  189.  192—194,  vor- 
zugsweise in  den  Polargebieten  n, 
141  f. 

Exocarpus  capressiformis  119*569. 

Exogyra  I,  326. 

Explosionskratere  I,  217. 

Extinction  des  Lichtes  I,  37. 

Fabricius  I,  60. 

Facies  der  geologischen  Formationen  I, 

292  f. 
Fackeldisteln  II,  540. 
Fadenkreuz  I,  148. 
Fächerpalmen  in  der  Kreide  I,  325. 
Fächerstructar  in  den  Alpen  I,  540  ff. 
Färbeginster  II,  519. 
Färöer  I,  388.  479.  11,  190.  547. 
Färöer-Shetland-Binne  11,  40.  48.  103. 
Fagus  antarctica  II,  58S. 

—  betuloides  II,  588. 

—  fermginea  11,  571. 

—  obliqua  II,  588- 

—  Sieboldi  11,  557. 
Fahlun  I,  257. 

Fahrenheit's  Thermometer  II,  152  f. 

Fair  Haven  I,  156. 

Falb,  R  I,  267,  Note  1. 

Falbe  II,  212  (Note  2). 

Falke  11,  618.  627.  631.  637. 

Falkirk  I,  384. 

Falklandsinseln  I,  391.  462,  Note  1.  508. 
n,  183.  194.  591.  647.  648  f. 

Fallen  der  Schichten  I,  299. 

Fallkraft,  Verwandlung  der  F.  in  Be- 
wegung I,  39. 

Falmark  II,  106. 

Falmouth  I,  37S. 

Faltung  der  starren  Erdschale  I,  290. 
532,  der  Gebirge  I,  588  ff. 


Faltungsthal  s.  syndinales  Thal. 

Faraday:  Erregung  von  Elektricitat 
durch  das  mechanische  Zerreisseo  von 
Flüssigkeitstheilchen  I,  132. 

—  Änderung  des  Vorzeichens  der  Elek- 
tricitat durch  Beifügung  fremder  Sub- 
stanzen zu  dem  Elektricitätsquell  I, 
133. 

—  über  das  Zusammenfrieren  von  Eis- 
theilchen  unter  Anwendung  von  Drack 
n,  350. 

—  Lichtentwicklun<r  durch  magnetische 
Kräfte  H,  476. 

Farnbäume  II,  532.  559.  564.  575.  576. 
579.  581.  589.  590. 

Farne  im  Devon  I,  307,  in  der  Stein- 
kohlenzeit I,  309.  340,  in  der  Dytks  I, 
316,  in  der  Trias  I,  319  f.,  im  Jura 
I,  322,  in  der  Kreide  I,  325,  im  Tertiär 
I,  329,  in  der  Gegenwart  II,  524.  532. 
590.  592. 

Fasan  II,  627. 

Fatehpur  II,  609. 

Faulhorn  II,  250.  599. 

Faulthier  11,  612.  644. 

Faunengebiete  der  Erde  II,  614—652. 

Fausthuhn,  Pallas'sches  II,  619. 

Favre  II,  361. 

Faye  I,  123.  125. 

Faye-MöUer's  Comet  I,  125. 

Fazogl  U,  499. 

Federwolke  n,  252.  253.  254. 

Fedrige  Haufenwolke  11,  253. 

Fedrige  Schichtwolke  11,  253. 

Fedtschenko  11,  321. 

Fehling  II,  305.  307. 

Feigenbaum  in  der  Kreide  I,  325;  riesige 
Dimensionen  der  australischen  Feigen- 
bäume n,  52S.  Gemeiner  Feigenbaum 
n,  j603  f.  Indischer  Feigenbaum  s. 
Banyane. 

Feigendisteln  II,  540. 

Feldmaus  11,  617.  619.  621.  627.  62$. 
631.  635.  643.  64S. 

Feldspath,  Volumenzunahme  durch  che- 
mische Zerseteung  I,  552. 

Feld- Viscache  II,  640.  647. 

Felis  (Katze)  I,  336.  II,  617.  619.  620. 
622.  624.  625  f.  628.  630.  634.  639. 
642.  647. 


Register. 


687 


Felis  borealis  II,  626. 

—  caffra  n,  634. 

—  caligata  n,  620.  630. 

—  earacal  s.  Karakal. 

—  catus  ferus  s.  Wildkatze. 

—  celidogaster  U,  642. 

—  cervaria  II,  617. 

—  colocoUo  n,  642. 

—  concolor  s.  Cuguar. 

—  eyra  II,  642. 

—  Guigna  II,  642. 

—  guttata  n,  634. 

—  irbis  n,  622. 

—  jubata  n,  634. 

—  leo  8.  Löwe. 

—  Icopardus  s.  Leopard. 

—  lynx  8.  Luchs. 

—  macrura  11,  642. 

—  madagascarensis  II,  639. 

—  manicnlata  11,  634. 

—  onca  8.  Jaguar. 

—  pajeros  II,  647. 

—  pardalis  11,  625  f.  642. 

—  pardina  II,  620. 

—  pardus  s.  Panther. 

—  rufa  n,  626. 

—  serval  II,  634. 

—  spelaea  I,  336. 

—  strigilata  11,  642. 

—  tigrina  II,  642. 

—  tigris  8.  Tiger. 

—  variegata  II,  630. 

—  yaguarundi  11,  625  f.  642.  647. 
Felsengebirge  s.  Rocky  Mountains. 
Fenchel  11,  585. 

Ferdinandea  I,  231. 
Ferkelratte  n,  643. 
Fernando  Noronha  I,  499. 

—  Vaz  II,  419  f. 
Fernelius,  Jean  I,  146. 
Ferrara  11,  397. 
Ferrel,  W.  H,  102  f. 
Festlandsinseln  s.  Inseln. 
Festuca  duriuscula  11,  518. 

—  ovina  II,  556. 
Feuerkugeln  I,  111. 

Feuerland  I,  296.  466.  480.  II,  531.  600. 

602.  64S  f. 
Fezzan  n,  160.  195.  492.  637. 
Fiber  zibethicus  s.  Bisamratte. 


Fichte  s.  Rothtanne. 
Fichtelgebirge  I,  305.  317.  536. 
Fick  I,  55. 
Ficus  indica  11,  560. 

—  pertusa  11,  577 

—  sycomorus  11,  564. 
Fidschi-Inseln  I,  365.  491.  498.  510.  515. 

n,  500.  590. 

Fieberrindenbaum  U,  5S4. 

Fillefjeld  ü,  284. 

Findlay,  Alexander  n,  57.  60. 

Fingerhut,  rother  11,  519. 

Fink  n,  637. 

Finmarken  I,  185.  11,  610  f. 

Finnischer  Meerbusen  I,  382. 

Finnland  I,  305.  382.  473.  11,  312.  383. 
441  f. 

Finsteraarhorn  11,  353. 

Finsteraarhorngletscher  II,  341. 

Finsterbach  (Tirol)  11,  3S5. 

Fjordbildungen  I,  461—485.  Ihr  ge- 
selliges Auftreten  I,  461  f.  Fj.  kom- 
men nur  in  Europa  und  Amerika  vor 
I,  462.  Auch  hier  sind  sie  auf  scharf 
begrenzte  Räume  beschränkt  I,  462  £ 
Besonders  zahlreich  sind  sie  an  den 
Nord-  und  Westküsten  I,  463—465. 
Sie  sind  an  keine  geologische  For- 
mation gebunden  I,  465  f.,  finden  sich 
aber  nur  unter  hohen  Breiten  I,  466  f. 
im  Gürtel  mit  Regen  zu  allen  Jahres- 
zeiten I,  467  f.  und  immer  nur  an 
Steilküsten  I,  468  ff.  Ihre  Beziehun- 
gen zur  Eiszeit  I,  471  ff.  Fj.  waren 
oder  sind  noch  von  Gletschern  erfallt 
I,  471  f.;  doch  sind  sie  nicht  von 
diesen  ausgefeilt  worden  I,  473  ff 
Vielmehr  war  die  Zertrümmerung  der 
Küste  mit  deren  Aufsteigen  ge^^eben 
I,  478  f. ;  indess  wurden  die  Fj.  durch 
die  Gletscher  vor  Ausschüttung  be- 
wahrt I,  479  f.  Tiefenverhältnisse  der 
Fj.  I,  480  ff.  Die  Verwandlung  von 
Fj.  in  Gebirgsseen  I,  482  ff.  n,  317  f. 
319.  Temperaturen  ihres  Wassers  n, 
49.  50. 

Fimmeer  11,  336. 

Firnschnee  11,  336. 

Firnstöss  11,  340. 

Firth  of  Clyde  I,  384- 


688 


Register. 


Rrth  of  Forth  I,  384. 

Fische:  ihr  Auftreten  im  Silur  I,  306. 
Über  die  Art  und  Grösse  ihrer  Yer- 
breitung  ü,  607,  Nota  1.  609.  611  f. 

Fischer,  Ph.:  der  Meeresspiegel  keine 
sphäroidische  FlSche  I,  158. 

—  Erdabplattong  I,  164. 

—  Einwände  gegen  die  Annahme  eines 
dreiaxigen  Erdellipsoids  I,  166. 

Fischer,  Theobald  II,  374  (Nota  1). 
Fischotter  11,  606.   608.   612.   615.  616. 

624.  625.  630.  633.  641.  647. 
Fischplätze,  günstige  II,  73  f.  77.  78. 
Fischregeii  U,  609. 
Fitzroy:   Emporrücken  der  Küste  yoq 

Chile  I,  270.  357  f. 

—  Fluthwellen  in  einigen  Busen  Pata- 
gonien's  11,  27. 

—  die  Gezeiten  im  La  Plata  11,  411. 
Fiume  I,  171. 

Fixsterne:  ihre  parallaktischen  Be- 
wegungen I,  16  £r.  Bezeichnung  der 
F.  I,  17,  Nota  2.  Entfernungen  eini- 
ger F.  von  der  Sonne  I,  18.  25  f. 
Zahl  der  mit  blossem  Auge  sichtbaren 
F.  I,  19.  Verschiedene  Grösse  der 
F.  I,  25  f.  Eigenbewegung  der  F.  I, 
27  ff.  Bildung  neuer  F.  I,  33  ff.  Ver- 
änderung ihrer  Lichtstärke  I,  54.  76. 
Verschiedene  Typen  ihrer  Spectra  I, 
57  f.  Dunkle  F.  I,  76  £  BöthUche 
F.  I,  58.  288.  Physische^  Zustände 
auf  den  F.  I,  288.  F.  für  die  Erde 
kein  wesentlicher  Wärmequell  II,  138. 

Flachs  n,  523.  562. 

—  neuseeländischer  I,  527.  11,  539.  590. 
Fläming  n,  431. 

Fhuningo  U,  621. 
FlammenerscheinuDgen  bei  vulcanischen 

Ausbrüchen  I,  221. 
Flamsteed  I,  167. 
Flandern  I,  379.  II,  202. 
Flattach  n,  328. 
Flavio  Gioja  11,  455. 
fechten  II,  530  f.  549.  592. 

Flensburg  II,  96. 

Hex,  Oscar  n,  271. 

rUederbaum  11,  551. 
jpliegenschnäpper  II,  637. 
Fliehkraft,  Gesetz  der  Abnahme  der  F. 


nach  den  Polen  hin  I,  150.  154  f. 
Verhältniss  der  F.  und  Schwere  am 
Aequator  I,  155. 

Flinsberg  ü,  306. 

Flitzenbach  II,  328. 

Flögel,  J.  H.  L.  n,  478. 

Floh  II,  612. 

Flora  (Planetoid)  I,  89. 

Florenbezirke  n,  544—591. 

Florentiner  Thermometer  11,  151. 

Florenz  II,  267. 

Florida  I,  361.  397.  443.  II,  280.  571. 

Strasse  11,  35.  36.  59.  98. 

Strom  n,  36.  48.   59—63.   73.  9S  f. 

103. 

Flugbeutler  n,  650. 

Flughömchen  U,   624.   626.   630.    634. 
643. 

Flussaal  11,  611. 

Flusspferd  II,  628.  635  f. 

Flussschwein  s.  Capybara. 

Fluth  und  Ebbe  hemmen  die  ErdrotatioD 
I,  50  £  F.  u.  E.  im  Erdinnem  I,  267. 
F.  u.  E.  verrichten  die  Dienste  eines 
Schlämmwerkes  I,  292,  üben  eine  zer- 
störende Wirkung  aus  I,  434  £,  sel- 
tener eine  aufbauende  Thätigkeit  I, 
435.  443,  begünstigen  die  Dünen- 
bildung  I,  452.  Entstehung  der  F.  u. 
E.  n,  14 — 17.  Ungleichheiten  in  der 
Fluthentwicklung  (besonders  Taube- 
ftuth  und  Springfluth)  II,  17  ff.  Art 
der  Wasserbewegung,  durch  welche 
Fluth  und  Ebbe  entstehen,  II,  19  ff. 
Verbreitung  der  Fluthwellen  (Hafen- 
zeit, Homopleroten)  II,  21  ff.  Höhe 
der  Fluth  U,  26  ff.  Cumulation  zweier 
Fluthwellen  H,  29.  Neutralisation 
durch  das  Zusammentreffen  Ton  F.  u. 
£.  n,  29  f.  F.  u.  £•  in  Band-  und 
Binnenmeeren  II,  30  ff.  Ihre  Wirkung 
auf  den  Wasserstand  von  Brunnen 
n,  293  £  Ihr  Einfluss  auf  die  Ent- 
wicklung der  Deltas  II,  408—411. 

FluthbeU  eines  Stromes  H,  377. 

Fluthen,     Zerstörungen     durch     hohe 
Sturmfl.  I,  379. 

Flyschformation  I,  294.  330. 

Focus  einer  Erderschütterung  zu  be» 
stimmen  I,  247.   Tiefe  desselben  1, 253. 


Register. 


689 


Föhs  n,  364. 
Föhr  n,  293. 
Foeniculum  11,  585. 
FolBom  n,  301. 
Fonck  I,  357,  Nota  3. 
Fontana  Fredda  I,  554. 
Foraminiferen  I,  304.  326. 
Forbes,  David:  Flammenerscheinungen 
am  Vesuv  I,  221. 

—  Verquetschung  von  Fossilien  bei  der 
Aufrichtung  der  Gebirge  1, 589  (Nota  1). 

—  über  Gletscherbewegung  n,  344.  348. 
Forbes,  Edward  n,  103. 

Forbiger  I,  524  (Nota  2). 
Forchhammer:   seculäre  Hebungen  und 
Senkungen  auf  Jütland  I,  381. 

—  chemische  Zusammensetzung  des 
Meerwassers  I,  552.  ü,  4  (Nota  1).  11 
(Nota  1).  12,  Nota  2. 

Forel  n,  320  (Nota  2). 

Formationen,  geolog.,  Namen  der  I,  294. 
Material,  Pflanzen^  u.  Thierwelt,  Ver- 
breitung I,  302—338. 

Formentera  I,  160.  161. 

Formica  omnivora  11,  607. 

Formosa  I,  368.  492.  ü,  76.  77. 

Forshej  H,  423. 

Forster,  Joh.  Beinh.:  emporsteigende 
KoraÜeninseln  I,  364  f. 

—  Ähnlichkeit  der  Umrisse  Südameri- 
ka's,  Afrika*s  und  Au8tralien*s  I,  397. 

—  Zuspitzung  der  Weltinseln  nach  Sü- 
den r,  503. 

—  Thierleben  auf  den  Südseeinseln  I, 
509. 

—  Vegetation  der  Osterinsel  I,  513. 

—  Drehungsgesetz  der  Winde  11,  223. 
Fort  Brooke  ü,  280. 

—  Cartin  I,  377. 

—  Churchill  II,  191. 

—  Confidence  11,  194. 

—  Garry  n,  495.  497. 

—  Gibson  U,  497. 

—  Keamy  n,  496. 

—  Leavenworth  II,  281. 

—  Monroe  n,  280. 

—  Norman  11,  572. 

—  Reliance  n,  197. 

—  Saint  Ange  11,  106. 

—  San  Michael  (Territ  Aljaska)  I,  360. 

Feschel-Leipol  dt,  PhjB.  Erdkunde.    II. 


Fort  Simpson  I,  186. 

—  Smith  n,  497. 

—  SnelHng  U,  281. 

—  Socoa  n,  106. 

—  Union  (Neu-Mezico)  11,  497. 

—  William  I,  370. 

—  Yuma  n,  273. 
Foss  I,  458  (Nota  2). 

Fossilien:  Mittel  zur  Bestimmung  des 
Alters  der  Formationen  I,  295. 

Foster  I,  156. 

Fouqu^  I,  236. 

Fourcroya  longaeva  II,  540. 

Fox  I,  196. 

Fraas:  häufige  Erdbeben  im  Jordanthal 
I,  264. 

—  Senkungserscheinungen  im  Nildelta 
I,  372,  Nota  3. 

—  Aufsteigen  der  Küste  von  Palästina 
I,  373. 

—  die  zerstörende  Kraft  der  Sonnen- 
wärme I,  428. 

—  Bitzung  der  Felswände  durch  die 
von  Winden  fortgetriebenen  Sand- 
massen I,  451. 

—  über  die  Jordanthalspalte  11,  325  f. 

—  Spuren  einer  Eiszeit  im  Libanon  n, 
361,  Nota  6. 

—  die  Strombewegung  des  NiFs  an 
seiner  Mündung  II,  423. 

Fractocumulus  n,  253.  254. 
Franken  I,  308.  320.  321.  11,  334. 
Frankfurt  a.  M.  11,  258. 

—  a.  0.  n,  276. 
Frankland  I,  69. 

Franklin,  Benjamin  11,  60  f.  84.  97. 
Frankreich  (Geologisches)  I,  146.  148  f. 

151.  153.  160.  161.  171.266.  294.  300. 

318.  315.  319.  324.  325.  327.  334.  348. 

377.  422.  439.460.  (Meteorologisches:) 

n,  186.  201  f.  259.  275.  313.  317.  330. 

(Biologisches:)  11,  523.  550.  551.  603 f. 

609. 
Franzenscanal  n,  396. 
Franz-Joseph-I^ord  (Grönland)  I,  480. 
Franz-Joseph-Gletscher  (Neuseeland)  I, 

472.  n,  354.  366. 
Franz-Josepb-Land  H,  479. 
FraserfluBS  I,  360. 
Fraunhofer'sche  Linien  I,  67. 

44 


690 


Segbter. 


Fraxtnus  s.  Esche. 

Freedeo,  W.  ▼.  11,  69.  199. 

Freetown  II,  263. 

Freiberg  (Sachsen)  I,  192. 

Freiheit,    menschliche,    in  {ihrem  Yer- 

hältniss  zur  kosmischen  Ordnung  I,  8. 
Fi-ejus  1,  193. 
Freshfield  U,  361. 
Frettchen  II,  620. 
Freundschaftsinselu    I,    228.    365.    497. 

498.  515. 
Freycinet,  Louis  de  I,  156. 
Freytag  H,  519  (Nota  1). 
Friesland  I,  378  ff.  456.  459. 
Fringilla  II,  637. 
Frisches  Haff  I,  381.  443.  458. 
Frische  Nehrung  I,  442  f.  457.  458. 
Fritsch,  Gustav  II.  399. 
Fritsch,  K.  ▼.  II,  361. 
Fritsch  II,  259. 
Fritz,  H.  I,  185,  Nota  4. 
Frondicularia  I,  326. 
Froschregen  11,  609. 
Froschsaurier  in  der  Kohle   I,    314,   in 

der  Dyas  I,  317. 
Fmhlingsmiere  11,  519. 
Fruholm  11,  64. 
Fuchs,  C.  VV.  C. :  Zahl  der  Vulcane  I, 

231. 

—  höchste  Vulcane  I,  240. 

—  Senkungen,  hervorgerufen  durch  Erd- 
beben I,  269  (Nota  2). 

—  keine  Hebungen  bei  dem  Erdbeben 
von  Chile  im  J.  1835  I,  271  (Nota  1). 

Fuchs,  antarctiacher  U,  647. 

—  brasilianischer  H,  642. 

—  dreifarbiger  H,  626. 

—  gemeiner  H,  606.  608.  615.  617.  620. 
622. 

—  japanischer  II,  624. 
Fuchseichhom  II,  626. 
Fuciner  See  II,  326. 
Fucoiden  I,  304. 
Fucus  natans  U,  63. 
Fuglenaes  I,  162. 
Fttkian-Strasse  II,  76. 
Fumarolen  I,  226.  228. 

—  des  Tandurek  I,  234. 
Funchal  I,  258. 

Fundybay  I,  391.  II,  27  f.  409. 
Furka  I,  538. 


Fuss  n,  132. 
Fusus  I,  326. 
Fu-tschen  I,  368. 

Ckibes^  Golf  von  (Kleine  Syrte)  I,  373. 

375.  n,  31. 
GsßtSL  I,  441. 
Gaishomsee  II,  328. 
Galactodendron  H,  57 S. 
Galago  n,  633.  639. 
(val^pagos  I,    231.    391.    494.  498.   510. 

513.  514.  525.  530.  H,  78.  590. 
Galerites  I,  326. 
(MietiB  n,  625  f.  641.  642.  647. 

—  barbara  II,  625  f.  642. 

—  vittata  n,  641.  647. 
Galidia  H,  639. 
Gralidictis  H,  639. 

Galilei:  über  Sonnenflecken  I,  60. 

—  Lichtbrucken  zwischen  Sonnenflecken 
I,  63. 

—  Vermuthung  über  den  „Abschen  der 
Natur  vor  dem  I..eeren*^  II,  lll« 

—  wahrscheinlich  der  Erfinder  des  Flo- 
rentiner Thermometers  U,  151,  Nota  1. 

GaUe  I,  98. 

Gallns  ecaudatus  H,  632. 

Galmei Veilchen  H,  518  £ 

Galway  1,  475.  H,  277. 

Gandecken  H,  340. 

Ganges  H,  28.  401.  409.  410.  423  f.  433. 
435. 

Gangesdelta  I,  369  f.  393.  II,  426. 

(rangesebene  I,  406.  H,  630. 

Ganoiden,  heteroceicale,  im  Devon  I, 
308,  in  der  Kohle  I,  314,  in  der  Dyas 
1, 317 ;  ihr  Aussterben  im  mesozoischen 
Zeitalter  I,  318. 

Ganoiden,  homocercale,  ihr  Aofbeten 
im  mesozoischen  Zeitalter  I,  318;  ihr 
Vorkonmien  im  Jura  I,  322,  in  der 
Kreide  I,  327,  im  Tertifir  I,  328. 

Gans,  wilde  H,  623. 

Gantotock  H,  358. 

Gardasee  I,  483.  534.  H,  212.  314.  316. 
331.  359. 

Gardner  H,  440,  Nota  2. 

Ghuiep  n,  566. 

Garonne,  untere,  s.  Gironde. 

(^huronnebecken  I,  327.  329.  334. 

Gartenschläfer  H,  620. 


Begister. 


691 


Gamas  n,  493.  582.  586. 
Oascogne  11,  552. 

Gascoigne,  William  I,  148,  Nota  3. 
Gasipur  U,  423. 
Gasp^-Halbinsel  U,  444. 
Gasquellen  I,  225  ff.  ü,  309—311. 
Gastein  11,  294.  305.  884. 
Gatterer  I,  430. 
Gauchos  II,  516. 
Gault  I,  325. 

Gaultheria  odorata  n,  601. 
Gaur  n,  631. 
Gaurisankar  I,  571. 

Gauss:   Hannoverische  Gradmessung  I, 
162.  165. 

—  die  Lage  des   südlichen  Magnetpols 
n,  458. 

—  magnetische  Tafeln  11,  460. 

—  absolutes  Mass  fQr  die  örtliche  Stärke 
der  magnetischen  £rdkraft  II,  461. 

—  Theorie  des  Erdmagnetismus  11,  465. 
Gavialis  gangeticus  11,  682. 

—  tenuirostris  II,  632. 
Gayal  II,  631. 
Gay-Lussac  I,  221.  U,  162. 
Gaylussacia  boxifolia  II,  601. 
Gazelle,  gemeine  II,  621. 
Geanticlinalen  (Dana)  I,  556. 
Gebirge:  Ablenkung  des  Lothes  durch 

G.  I,  173  ff.  Zunahme  der  Erdwärme 
nach  unten  in  G.  I,  188  ff.  Heftige 
Zerstörungen  am  Fusse  der  G.  bei 
Erdbeben  I,  246.  Alter  der  G.  I, 
297  f.  G.  nicht  massgebend  bei  der 
Gestaltung  des  Trockenen  I,  401.  406. 
Ihr  Effect  beim  Aufbau  der  Continente 
I,  403.  424  f.  G.  auf  dem  Boden  der 
See  ein  irriger  Begriff  I,  405  f.  G. 
eine  Schutzwehr  gegen  das  anstür- 
mende Meer  I,  441.  Das  Aufsteigen 
der  G.  erfolgte  an  den  Rändern  der 
Festlande  I,  533  f.  An  den  festlän- 
dischen Abhang  der  G.  lagern  sich 
vielfach  Hochlande  an  I,  534.  Paral- 
lelismus der  Gebirgsketten,  keine 
wahre  Durchkreuzung  derselben  I, 
536  f.  Verschiedenartige  Neigung  der 
Gehänge  I,  537  f.  Faltung  der 
Schichten  I,  538  ff.  (Fächerstructur 
I,  540  ff.,  Überkippung  I,  540.  542  f., 


Stauchung  I,  543,  Spaltenbildungen 
und  Verwerfungen  I,  544).  Der  rai- 
nenhafte  Charakter  der  G.  I,  546  f. 
n,  381  f.  Die  gebirgserhebenden 
Kräfte  I,  549—560  (Krystallisation  I, 
549  ff.,  chemische  Zersetzung  I,  551  ff., 
Vulcanismus  I,  554,  Contraction  der 
Erde  und  seitlicher  Druck  I,  555  ff.). 
Die  Aufrichtung  der  G.  ein  ausser- 
ordentlich langsam  fortschreitender 
Process  I,  557  f.  Kartographische 
Darstellung  der  G.  I,  561  ff.  Ab- 
nahme der  Temperatur  an  den  Ab- 
hängen der  G.  11,  167  —  173.  Die 
Entwicklung  der  Winde  wird  durch 
G.  gehemmt  ü,  206  f.  G.  als  Wolken- 
verdichter n,  256  f.  272.  277  f.  282. 
Entstehung  der  Gebirgsseen  H,  326 — 
329,  ihre  Zuschüttung  I,  547  f.  Erosion 
in  den  G.  II,  375—385.  G.  hin- 
dern die  Verbreitung  des  organischen 
Lebens  II,  453.  526  f.  599.  611  f. 
Änderungen  des  Pflanzenlebens  an 
den  Abhängen  der  G.  H,  524—527. 
G.  dienen  bisweilen  als  Brücke  für 
wandernde  Thiere  H,  608. 

Gebirgsfeuchtigkeit  II,  289. 

Gebirgsseen,  ihre  Entstehung  ü,  326— 
329,  ihre  Zuschüttung  I,  547  f. 

Gefle  I,  352.  383. 

Gefrierpunkt  des  Salzwassers  II,  89  ff. 

—  Erniedrigung  desselben  durch  Druck 
II,  349. 

Geier  II,  612  f.  618.  621.624.  627.  681. 

650. 
Geikie,  Archibald  U,  361  (Nota  2).  452. 
GeiniU,  £.   I,  416. 

—  H.  B.  I,  340.  880. 
Geissler'sche  Rohren  I,  128. 
Gelbes  Meer  II,  11. 
Gklderland  I,  378. 
Gellibrand  n,  466. 
Gemässigte  Zonen  H,  140  f. 
Gremmi  I,  543. 

Gemse  11,  613.  618. 

Genett-Katze  11,  620.  634. 

Genf  I,  175.   11,   120.   168.    171.    172  f. 

359.  365.  418.  448.  501.  605. 
Genfer  See  II,  320.  413,  Nota  1.  441. 
Genista  tinctoria  n,  519. 

44* 


692 


Register. 


Grensanne  I^  190. 

Grentiana  germanica  II,  519. 

—  prostrata  n,  600. 
Genua  11,  202.  501. 

Geoffiroj  Saint-Hilaire  I,  504,  Nota  2. 
n,  638. 

Greoidy  sein  YerhSltniss  zum  reinen 
Sphäroid  I,  167. 

Geologische  Karten  I,  298  ff. 

Geonoma  11,  578.  579. 

Georgien  (Vereinigte  Staaten)  I,  362. 
n,  280.  428. 

Greorhychus  11,  635. 

Greosanras  I,  323. 

Greosyndinalen  (Dana)  I,  556. 

Gepaatschgletscher  11,  353. 

Gepard  II,  634. 

Gera  n,  334. 

Gerstäcker  II,  498. 

Gerste  n,  520 — 523  (Wäimeqaantum  zur 
Beife  der  G.).  572.  598.  657. 

Grerstenberg,  K.  v.  n,  335. 

Gesellschaftsinseln  I,  365.  497. 

Gesser  I,  268. 

Gestalt  der  £rde  I,  139  ff. 

Gesteine,  geschichtete  (Sedimentär-)  I, 
290  f.  Massen-  (EniptiT-)  G.  I,  291  1 
Zoogene  nnd  phytogene  G.  I,  291. 
Verhalten  der  G.  gegenüber  den  ein- 
dringenden Meteorwassem  11,  288  f. 

Cream  n,  595. 

Gewachse  s.  Pflanzen. 

Gewitter,  Begleiter  yalcanischer  Aus- 
bräche I,  219. 

Gewürznelkenbamn  n,  534.  562. 

Gex  n,  357.  358. 

Geysir,  Grosser  I,  226.  II,  295—299. 
305  f.  309. 

Grezeiten  s.  Flnth  and  Ebbe. 

Giacomo,  Pietro,  di  Toledo  I,  208. 

Giant  II,  802. 

Giantess  II,  302. 

Gibbon  n,  629. 

Gibraltar  I,  447.  11,  22.  193.  620. 

—  Strasse  Ton  I,  389.  11,  12.  104. 
Giens,  Halbinsel  I,  446. 
Giessen  I,  257. 

Gila  n,  407.  412. 

—  Thal  des  n,  273.  516. 
Gilbert,  William  II,  457. 


Gilbert-Inseln  I,  365. 

Gill  n,  449. 

Gillenfeld  I,  217. 

Gilolo  I,  369.  393  ff.  406. 

Giraffe  II,  612.  628.  636. 

Girard  n,  157.  401. 

Girgenti  I,  375. 

Giromagnj  I,  190. 

Gironde  I,  377.  11,  28.  409.  424. 

Glacier  da  G^ant  11,  344.  346. 

—  da  Talöfre  11,  343.  345. 
Glagaschilf  II,  562. 

Glaisher:  Ballon&hrten  II,  163  ff.  250. 

—  secnlare  Verändernng  des  Klimas 
n,  200. 

Glaras  (Canton)  U,  358. 

Glasgow  n,  208. 

Glaubersalzwasser  II,  306. 

Glaakonitmergel  I,  294. 

Gleichgewicht  zwischen  den  Massen  des 
Meeres  and  der  Erdfesten  I,  427  f. 

GleichmSssiges  Klima  n,  189—192.  194, 
besonders  in  den  Aeqnatorialgegenden 
n,  141  f. 

Gleichnng,  personliche  I,  171. 

Gleitungstheorie  (Gletscher)  11,  348. 

Gleiwitz  I,  315. 

Glenarm  11,  190. 

Gletscher:  erodirende  Kraft  der  G.  I, 
473  ff.  Gletscherfragmente,  welche  als 
Eisberge  im  Oceane  amherirren,  n, 
72.  Weiteres  Vordringen  and  Back- 
zag  gewisser  G.  II,  202.  G.  Teran- 
lassen  die  Bildang  Ton  Eisseen  n, 
326  f.  oder  Ton  Moränenseen  H,  328. 
G.  bewahrten  Thalmolden  (spätere 
Seebecken)  Tor  Zaschüttong  I^  328  f. 
Aasgangsort  der  G.  II,  336  £  G.  sind 
Eisstrome  B,  337.  Bänderstraetor  des 
Gletschereises  n,  337  —  340.  Ober- 
fläche der  G.  H,  340.  Moränen, 
Gletschertische  II,  340—342.  Glet- 
scherspalten n,  342  f.  Grandmoräne 
n,  343.  Bewegang  der  G.  II,  344— 
348.  Dilatations-ondGleitaagstheorie, 
Plasticität  des  Gletschereises  n,  348— 
353.  Die  G.  der  Vorzeit  H,  356— 
368. 

Gletscherschliffe  I,  471.  475.  H,  343. 
357  ff. 


Register. 


693 


Gletscherspalten :  Querspalten  11,  342  f.. 
Längsspalten  II,  343. 

Gletschertische  11,  341. 

Glimmerschiefer  I,  302. 

Glos,  de  n,  123. 

Glossina  morsitans  II,  638. 

Glossophaga  n,  641. 

Glathflüssigkeit  Japiter's  I,  93  f.,  Sa- 
tum's  I,  96,  des  Uranus  I,  97;  ehe- 
malige G.  des  ganzen  Erdballs  I, 
279  ff. ;  jetzige  G.  des  Erdinnern .  I, 

283  ff. 

Gmelin  I,  185.  367.  11,  182.  197. 

Gneiss,  Entstehung  I,  302  ff.  Volumen- 
zunähme  des  G.  durch  chemische  Zer- 
setzung I,  551  f. 

Gneissfächer  in  den  Alpen  I,  540.  542. 

Gnu  n,  636. 

Goa  I,  370. 

Gobi  n,  454.  515.  516  f.  622. 

Gobius  fluviatiUs  BoneiU  II,  316. 

Godin  I,  152.  161.  II,  123. 

Gömüschtepe  11,  408. 

Göppert,  H.  R.  I,  340. 

Görghen  11,  408. 

Goethe  I,  542. 

Götheborg  I,  383.  11,  175. 

Göttingen  I,  162.  250.  324.  U,  193.  471. 
475.  476. 

Gogra  I,  369. 

Gold,  besonders  in  den  Meridiangebirgen 
I,  10,  in  der  archäischen  Formations- 
gruppe I,  801  f.,  im  Seifengebirge 
I,  802.  335. 

Goldmaulwurf  II,  633. 

Goldschmidt  I,  88. 

Goldwäscherei  in  Australien  I,  438. 

Golfo  de  las  damas  II,  216. 

Golfstrom:  grosser  Salzgehalt  seines 
Wassers  II,  7  f.  Hohe  Temperaturen 
des  G.  n,  35.  Genauere  Feststellung 
des  Begriffes  G.  11,  59  f.  Bedeutung 
des  G.  für  Europa  11,  63.  Mächtig- 
keit seiner  Strömung  11,  63  ff.  Sein 
weites  Vordringen  nach  Norden  11, 
65  ff.;  wimpelartige  Bewegung  des 
G.  innerhalb  der  jährlichen  Periode 
n,  69  f.  Vergleich  mit  dem  Kuro 
Siwo  n,  77.  Vorherrschende  Süd- 
westwinde   im    Gebiete    des   G.    11, 


99.  Einfluss  des  G.  auf  den  Gkmg 
der  Isothermen  11,  177.  Transport 
der  Pflanzen  durch   den  G.  II,  67  f. 

593. 

Golfstrom-Inseln  I,  367. 

Golling  n,  384. 

Gbmara  II,  658. 

Gomera  II,  596. 

Gomphocarpus  fruticosus  11,  596. 

Gomphoceras  I,  306. 

Goniatites  I,  307.  314. 

Goodrich  n,  217. 

Gk)rdon  I,  234. 

Gor^e  n,  123. 

Gorilla  II,  633. 

Gorner-Gletscher  II,  341.  353. 

Gotha  I,  324. 

Gottland  (Insel)  I,  306. 

Gough  I,  499. 

Gould  I,  361. 

Gourliea  II,  585.  586. 

G^umier  11,  402. 

Grad,  Charles  II,  328. 

Gradmessungen:  I,  143  ff.   Breitengrad- 
messungen:  älteste  G.  in  Aegypten 

'  I,  143  ff.,  G.  des  Fernelius  I,  146, 
des  Snellius  I,  146  ff.,  französische 
G.  I,  148  f.  151.  160.  161,  lapplän- 
dische G.  I,  152,  peruanische  G.  I, 
152  f.  161,  erste  und  zweite  ostindische 
G.  I,  161  f.  176,  englische  G.  I,  162. 
173,  hannoverische  G.  I,  162.  173, 
dänische  G.  I,  162,  preussische  G.  I, 
162.  173,  russische  G.  I,  162.  173, 
schwedische  G.  I,  162,  capländische 
G.  I,  162.  Längengradmessungen  I, 
167  ff. 
Gräffe,  Eduard  I,  498,  Nota  2.  11,  500, 

Nota  2. 
Gräger  II,  207  f. 

Gräser   (besonders   mit   Rücksicht    auf 
ihren  Nahrungswerth)  11,  530,  Nota  1. 
538  f.  549.  552.  554  f.  556.  562.  563  f. 
566.  567  f.  569.  572.   574.  581  f.  583. 
585.  587. 
Graham,  G.  II,  459.  471. 
Graham,  Mrs.  I,  270. 
Gramineae  s.  Gräser. 
Granmia-Gras  11,  574. 
Granatbaum  II,  553.  558.  603. 


694 


Register. 


Granatstern  I,  288. 

Gran  Chaco  n,  581. 

Grandgejsir  n,  302. 

Granit:  Geschwindigkeit  der  Erdbeben- 
welle innerhalb  G.  I,  245.  Contraction 
des  G.  in  Folge  Abkühlong  I,  289, 
Nota  1.  Enutehung  des  G.  I,  290  f. 
292.  Verhalten  seiner  Gemengtheile, 
wenn  sie  krystalliniseh  werden,  I,  551. 
Yolumenzunahme  durch  chemische 
Zersetzung  I,  551  f.  G.  wird  Yom 
Wasser  durchdrungen  II,  288. 

Grant  II,  913. 

Graphitflötze  I,  339.  344. 

Graptolithen  I,  296.  306. 

Grasbaume  II,  569. 

Grashuhn  s.  Crypturus. 

Grasnelke  11,  518. 

Graubünden  11,  358.  359. 

Grayeneire  I,  242. 

Gravitation,  G^eseti  der  I,  176. 

Gravitationstheorie  (zur  Erklärung  der 
meridionalen  Meeresströmungen)  II, 
91. 

Gray  n,  258. 

Gray,  Asa  11,  547.  651. 

Green-Mountains  I,  557  £ 

Greenwich  II,  200.  209. 

Greifstachler  s.  Cercolabes. 

Greinerwald  n,  445. 

Grenelle  I,  196.  198. 

Griechenland  I,  172.  259.  491.  11,  554. 
620.  634. 

GrieselbSr  s.  Ursus  ferox. 

Griffithides  I,  314. 

Grindelwald  I,  542. 

Grindelwald-Gletscher  n,  202.  353. 

Grinnell-Land  I,  363. 

Grisebach,  A.:  die  Vegetation  von  Neu- 
Amsterdam  I,  515. 

—  die  Flora  des  indischen  Archipels  I, 
521. 

—  Vegetationskarte  II,  497.  548. 

—  über  das  immergrüne  Laub  der 
Mittehneerflora  II,  502. 

—  zur  Physiognomik  der  Gtewichse  II, 
530. 

—  die  Vegetationsgebiete  der  Erde  n, 
548  ff. 

^-  aber  das  Vorkommen  Ton  Juniperus 


foetidissima   auf  dem   Kjurdagh  H, 

600  (Note  1). 

Grisebach,  A.:  über  die  Flora  der 
Magalhftes-Länder  II,  600. 

—  über  die  Verbreitung  der  Ceder  U^ 

601  (Nota  3). 
Grison  11,  641.  647. 
Grodener  Thal  I,  524. 

Grönland  (Geologisches:)  I,  108  f.  156. 
186.  326.  334.  354.  362  f.  385.  388. 
461.  462.  463.  464.  466.  471.  478.  480. 
551.XMeteorologische8:)II,  24,  Nota  K 
68.  69,  Nota  1.  72.  73.  197.  198.  212. 
273.  283.  316.  354.  355.  384.  (Bio- 
logisches:) n,  547.  548  f.  594.  5D7. 
603.  608. 

Gronlandsee  I,  419.  II,  103.  (^biet  der 
G.-S.  n,  199. 

Grösse  der  Sonne  I,  78,  Mercur's  I,  79, 
der  Venus  I,  83,  des  Mars  I,  86,  der 
Planetoiden  I,  88,  Jupitei's  I,  89, 
Satum's  1, 95,  des  Uranus  I,  96,  Nep- 
tun's  I,  98,  des  Mondes  I,  98,  der 
Erde  I,  143  ff. 

Grossbritannien  (Geologisches:)  I,  162. 
165.  258.  260.  265.  300.  308.  313.  315. 
316.  317.  319.  320.  321.  324.  325.  327. 
334.  347.  348.  349  £  378.  383  £  423. 
438.  439  £  487  ff.  517  £  523.  530. 
531.  536.  (Meteorologisches:)  H,  24  ff. 
190.  202.  207  £  227.  259.  275.  277. 
278.  287  £  334.  356.  361.  365.  (Bio- 
logisches:) II,  501.  507.  523.  551.  598. 
609.  613.  617.  656.  657. 

Grosser  BSren-See  II,  413. 

Grosse  chinesische  Mauer  II,  515. 

Grosser  Gcean  (Stiller  Gcean,  Südsee) 
,  I,  159.  363.  386.  400.  403.  413—418. 
420.  430.  496  ff.  n,  8  £  10  £  22.  24. 
26.  37.  51  ff.  75—78.  90  £  100  £  106. 
Gebiet  des  G.  0.  II,  177.  186  ff.  212. 
219  £  260.  261.  265.  268.  269  £ 

Grosser  Salzsee  II,  334.  399. 

—  SklaTensee  II,  413. 
GroTc's  Apparat  I,  40. 

(^ben :  Temperatur  der  Gnibenluft,  des 
Grubenwassers    und   Grubengesteins 
I,  190  ff.  ~  Die  tiefsten  G.  I,  192  f. 
Grüner  II,  348. 
,  Grundwasser  II,  2b9. 


Register. 


695 


Gnuien  IE,  276. 
Gras  pavonia  II,  621. 

—  virgo  n,  621. 
Gryphaea  I,  322.  326. 
Gna^u-Wald  II,  579  f. 
Guadalimar  n,  869. 
Guadalquivir  II,  369. 
Goadarmeno  II,  369. 
Guadeloupe  I,  226.  447.  II,  195. 
Gnadiana  menor  II,  369. 
Guadua  II,  538. 

Gni^ira  I,  397. 
Guanako  11,  644.  648. 
Guayabaum  I,  528. 

Guayana  I,  359.  11,  219.  261.  418  f.  420. 
577.  578.  641.  64Z  645. 

—  Hochland  von  I,  390.  n,  433. 
Guayaquil  I,  184. 

Guazuj  n,  648. 

Gudbrandadalen  11,  451. 

Gudumholm  I,  381. 

Gümbel  I,  304.  n,  329  (Nota  2).  360. 

Gürtelthier  II,  627.  644.  648. 

Gufferlinien  H,  340. 

Guiena  n,  369,  Nota  1. 

Guilandina  Bonduc  II,  68. 

Guilding  II,  608.  656  (Nota  3). 

Guinea  II,  263.  565. 

Guinea,  Busen  von  11,  34.  57. 

Guinea-Inseln  I,  494.  499. 

Gkdnea- Strömung  11,  8.   56.   57  f.   87. 

89  f. 
Guiot  von  Provins  II,  455. 
Gulo  borealis  s.  Vielfrass. 

—  luscus  n,  615.  625. 
Gundelsheimer  11,  524. 
Gunter  11,  466. 
Gunung-Bromo  I,  216. 
Guntur  I,  226.  241.  242. 

—  -Lamongang  I,  217. 

—  -Merapi  I,  225. 

—  -Pdpandajan  I,  242. 

—  -Sögoro-wedi  I,  216. 

—  -Sumbing  I,  208. 

—  -Tgmboro  I,  242. 

—  -Tgngger  I,  216. 
Gurglergletscher  II,  345. 

—  Eissee  des  II,  327,  Nota  1. 
Gurit  I,  477. 

Guthe,  Herrn. :  Landverlust  durch  Sturm- 


fluthen  an  dem  Südufer  der  Nordsee 
I,  879. 
Guthe,  .Herrn. :  das  Wandern  der  Dünen 
auf  den  friesischen  Inseln  I,  456. 

—  Pflanzen  zur  Befestigung  der  Dünen 
I,  459.  460  (Nota  1). 

—  Beichthum    der    Insel   Borkum   an 
endemischen  Gewächsen  1, 518,  Nota  2. 

Oymnotus  II,  646« 
Gymnura  U,  629. 
Gypogeranus  H,  637. 
Gyrenbad  II,  357. 
Gyronde  II,  371. 

Haakedom  H,  566. 

Haar-Gebirge  II,  308. 

Haarhygrometer  II,  243. 

Haarlem  U,  183,  Nota  1. 

Haast  I,  522.  527.  H,  354.  367. 

Habrocebus  n,  639. 

Habrocoma  II,  647  f. 

Hackenthier  H,  651. 

Hadley,  George  H,  216. 

Hällström  I,  382. 

Haematozyion  II,  577. 

Härtegrad  des  Wassers  H,  305. 

Hafenzeit  H,  21  f.  26. 

Hahn,  F.  G.  1, 357,  Nota  2. 1, 366  (Nota  2). 

Haide  H,  513,  Nota  1. 

Haidekräuter  s.  Ericeen. 

Haie,  Auftreten  der  echten  H.  im  meso- 

zoischen  Zeitalter  I,  318. 
Hainbuche  II,  551. 

Haiti  I,  360.  523.  H,  534.  546.  577.  641. 
Hakodadi  H,  270. 
Halbaffen  H,  629.  633.  639. 
Halbinseln,  ihre  Richtungen  I,  396  f. 
Haleb  I,  268. 
Halico*re  II,  637.  650. 

—  cetacea  II,  637. 
Halifax  U,  69.  175  f. 
Hall  (Astronom)  I,  88. 
Hall  (Geolog)  I,  208.  556. 
Hall  (in  Tirol)  II,  307.  334. 

Halle  a  S.  I,  250.  H,  249.  306.  334.  522. 
Hallein  H,  334. 

Halley :  Nachweis  einer  Eigenbewegung 
der  Fixsterne  I,  27. 

—  die  Nebelflecke  bestehen  zum  Theil 
aus  leuchtendem  Dunst  I,  30. 


696 


Register. 


Hallej:  liefert  die  erste  Barometer- 
formel  für  Hohenberechimngen  II, 
114. 

—  Windwechsel  die  Haaptnrsache  der 
nichtperiodischen  Schwankuiigen  des 
Barometerstandes  II,  128  f. 

—  mmmt  gleicben  mittleren  Baro- 
meterstand för  alle  Orte  der  Erde  an 
II,  130. 

—  aber  den  Siedepunkt  des  Thermo- 
meters n,  152. 

—  über  die  ostlicbe  Ablenkung  des 
Passats  n,  216. 

—  erster  Entwurf  einer  Declinations- 
karte  (Erdmagnetismus)  II,  461. 

—  über  die  seculäre  Variation  des  Erd- 
magnetismus n,  469  f. 

—  Beziehungen  zwischen  Nordlicht  und 
Erdmagnetismus  II,  476. 

Halley's  Comet  I,  122.  124.  128. 
Halophyten  II,   518.  555.  562.  569.  573. 

585. 
Halozjlon  Ammodendron  II,  556. 
Habband-Nabelschwein  s.  Dicotyles  tor- 

quatus. 
Halysites  I,  306. 
Hamburg  11,  22.  199.  276.  425. 
Hamites  I,  326. 
Hammada  n,  563. 
Hammam  -  Meskhutin ,  Quellen  von   Ü, 

294. 
Hammerfest  I,  156.  383.  II,  69. 
Hamster  H,    617.   619.    621.    626.    628. 

635. 
Hamster,  gemeiner  ü,  617.  619. 
Handeck  H,  384. 
Hanf  n,  523.  597. 
Hangö-Udd  I,  382.  • 

Hang-tscheu  n,  2S. 
Hankel  I,  134. 
Hann,  J. :  über  das  Verschwinden  aller 

Temperaturschwankungen  nach  oben 

n,  171  f. 

—  Temperaturen  in  höheren  Breiten  der 
südlichen  Hemisphäre  Ü,  183  f. 

—  die  Winde  in  den  mittleren  Breiten 
der  nördlichen  Hemisphäre  11, 233—236. 

Hannover  (Prov.)  I,  162.  165.  294. 
Hannover  (Stadt)  I,  327.  H,  334. 
Hansen  I,  100.  170. 


Hansteen :  russisch-skandinavische  Grad- 
messung  I,  162. 

—  Meereshöhe  von  Irkutsk  H,  132. 

—  über  den  Erdmagnetismus  H,  460. 
468.  470. 

Hapale  II,  641. 
Hapalotis  H,  650. 
Haparanda  I,  382. 
Harafura-See  I,  489. 
Harpyia  destructor  II,  645. 
Hartbum  I,  440. 
Harte,  W.  I,  378. 
Hartlej  H,  402. 
Haztmann,  Georg  H,  457. 
Hartmaun,   R.:   Wirkungen  der   Sand- 
stürme in  der  Wüste  I,  449,  Nota  1. 

—  Ritzung  der  Felswände  durch  die 
vom  Winde  bewegten  Sandmassen  L 
452. 

—  Wasserführung  des  Nil  H,  401 
(Nota  1). 

—  Steppen  am  oberen  Nil  n,  499. 
Harton  (Kohlengrube  bei  Newcastle)  I, 

179. 
Härtung  I,  203. 
Harz  I,  298.  308.  316.  317.  320.  327.  533 

H,  277.  278.  365. 
Haschisch  H,  523. 
Hase  n,  615.  616.   617.   619.  621.   622. 

^24.  627.  631.  63».  642.  643.  648. 

—  gemeiner  H,  617.  619.  621. 

—  japanischer  H,  624. 

'  —  veränderlicher  H,  615.  617.  622. 
'  Haselhuhn  H,  623. 

Haselmaus  H,  620. 

Haubenadler  n,  645. 
\  Hauer,  v.  II,  307. 

Haufenwolke  II,  252.  253.  254. 

Haughton  I,  179. 

Hausen  H,  611. 

Haushofer,  K.  I,  546  (Xota  1). 

Hausmaus  (Mus  musculus)  H,  610.  617. 
624.  626.  635.  643. 

Hausratte  (Mus  rattus)  H,  610.  617.  626. 
635.  643.  657  f. 

Haussperling  H,  656  f. 

Hayden,  F.  V.  H,  301  ff. 
.  Hayes :  seculäre  Hebung  an  der  West- 
l     küste    des    nordlichen     Grönland   I, 
!      363. 


Register. 


697 


Hayes:  niedrige  Temperaturen  im  Smith- 
sunde  n,  197. 

—  der  YerdanstongsproceBB  Tollzieht 
sich  auch  bei  starker  Kälte  11,  240. 

Hayes,  des  n,  123. 

Heau  (Insel)  I,  525. 

Heberden  n,  258. 

Hebriden  I,  439.  479. 

Hebung,  seculare,  des  Bodens  I,  293. 

352  £P.  385  ff. 
Hedenström  I,  367.  ü,  66. 
Heer,  Oswald:  Bildung  der  Kohlenlager 

I,  311. 

—  Klima  in  der  Kreidezeit  I,  826. 

—  Verwandtschaft  jungtertiärer  Ge- 
wächse mit  solchen  der  Gregenwart  I, 
332. 

—  diluviale  Pflanzen  I,  335  f. 

—  über  Torfbildung  I,  342. 

—  die  Vegetation  von  Madeira  I,  516. 
n,  501. 

—  die  oberrheinische  Tiefebene  zur 
Jurazeit  I,  533. 

—  über  die  Seekreide  n,  324. 

—  über  die  Moränen  des  Aargletschers 
n,  341  (NoU  1). 

—  Annahme  zweier  Eiszeiten  II,  356 
(Nota  1). 

—  über  die  Eiszeit  in  der  Schweiz  II, 
357  ff, 

—  die  Ursache  der  Eiszeit  II,  363. 

—  über  die  Temperaturen  zur  Eiszeit 
n,  365  f. 

—  das  Jurameer  nördlich  der  Alpen  II, 
445  (Nota  2). 

Heidelberg  ü,  536. 

Heidler  I,  227. 

Heim  I,  559,  Nota  1.    H,  384  (Nota  2). 

Heis  I,  in.  115. 

Heisse  Quellen  11,  294  ff. 

Hekla  I,  214. 

Heia  (Halbinsel)  I,  454.  H,  293. 

Heladotherium  I,  333. 

Helgoland  I,  143.  380.  524.  ü,  22.  424. 

Heliconia  H,  524,  Nota  2.  576.  578.  579. 
581. 

Helictis  H,  629.  630. 

Hell,  Pater  I,  352. 

Heiland:  lässt  die  Fjorde  durch  Glet- 
scher ausfurchen  I,  472.  478. 


Heiland :  Erklärung  der  seichten  Schwel- 
len am  Eingang  der  Fjorde  I,  481. 

Helleborus  foetidus  H,  519. 

Hellmann  U,  258. 

Hellwald,  Friedr.  v.  I,  378,  Nota  2. 

Helmersen,  Gregor  v.  H,  362,  495. 

Helmholtz,  H.:  die  Verwandlung  der 
Kräfte  I,  41  (Nota  1).  42  (Nota  2). 

—  das  WelUU  etwas  Vergängliches  I, 
45  ff. 

—  Ursprung  der  Sonnenwärme  zurück- 
geführt auf  die  Verdichtung  des 
Sonnenkörpers  I,  46. 

—  Experimente  zur  Erläuterung  des 
Gletscherphänomens  H,  350  ff. 

Heknkuckuck  11,  637. 
Helsingborg  I,  388. 
Helsingör  H,  31. 
Helveto-germanisches  Meer  (Jurazeit)  I, 

301. 
Hemlocktanne  H,  523. 
Henwood  I,  196. 
Herbstregen  in  Westeuropa  vorwaltend 

n,  274  f. 
Herculanum  I,  223.  229. 
Hercules,  a  (Fixstern)  I,  58. 
Heritiera  litoralis  I,  370. 
Hermelin  (Mustela  erminea)  H,  615.  625. 
Herodot:  Schicksal  der  von  Kambyses 

nach  der  Oase    des  Jupiter  Ammon 

gesandten  Expedition  I,  448. 

—  über  die  Nilmündung  H,  406. 

—  Südrussland  eine  Steppe  II,  490  f. 
Herpestes  (Manguste)  H,  620.  628.  630. 

634.  639. 

—  Ichneumon  H,  620.  634. 

—  nimiidicus  H,  620. 

—  Widdringtonii  II,  620. 
Herrmann  H,  154. 
Herrnhut  (Grönland)  I,  114. 
Herschel,  Sir  Alexander  I,  113. 
Herschel,  Miss  Caroline  I,  34. 
Herschel ,  Sir  John  :    identificirt  Nebel- 
fiecke und  Sternenhaufen  I,  20. 

—  scharfe  Begrenzung  der  Milchstrasse 
I,  22. 

—  die  Milchstrasse  ein  Ring  von  Sternen- 
schwärmen  I,  22  f. 

—  Nebelflecke  vorzugsweise  in  stemen- 
öden  Räumen  I,  34. 


698 


Register. 


Herachel,  Sir  John:  die  Umgebung  der 
Magalhftes'schen  Wolken  I,  35. 

—  Annahme  einer  phinetariBchen  Hülle 
um  die  Sonne  I,  65. 

—  Zonen  der  Sonnenfiecken  I,  73. 

—  Jupiter  stört  bisweilen  die  Cometen- 
bahnen  I,  125. 

—  der  Mond  ein  Zeiger  am  ZifiPerblatt 
des  Himmels  I,  170. 

—  Möglichkeit  einer  Abplattung  der 
£rde  durch  Meereserosion  I,  281. 

—  Druck  im  Erdinnem  nicht  vermin- 
dert durch  die  bruckenbogenartige 
Wölbung  der  Erdkruste  I,  285. 

—  planetarische  Nebel  I,  288. 

—  seculäres  Aufsteigen  von  Morea  1, 374. 

—  Wirkungen  der  Windwellen  in  der 
Tiefe  I,  436. 

—  über  die  Entstehung  der  Continente 
und  Gebirge  I,  554  f. 

—  der  Silbergehalt  der  Oceane  H,  5 
(Nota  1). 

—  die  Fluth  in   der  Fundy-Bay  H,  28. 

—  Anhänger  der  Lehre  von  den  Drift- 
Strömungen  H,  84. 

—  Temperaturdifferenzen  genügen  nicht, 
die  meridionalen  Meeresströmungen 
zu  erklären  H,  95.  ' 

—  über    die   Entstehung   des   Florida- , 
Stromes  H,  98. 

—  über  die  Wasserführung  des  Ganges  | 
n,  401  (Nota  8). 

—  über  den  Einfluss  von  Fluth  und , 
Ebbe  auf  die  Deltabildung  H,  40S  f. ; 

Herschel,  Sir  William :  Zahl  der  in  der 
Milchstrasse  sichtbaren  Sterne  I,  18  f. 

—  Bau  der  Milchstrasse  I,  19. 

—  dunkle  Oeffnungen  in  der  Milch- 
strasse  I,  19. 

—  Bewegungen  eines  Doppelnebels  in 
den  Zwillingen  I,  32. 

—  Nebelflecke  vorzugsweise  in  stemen- ' 
öden  Bäumen  I,  33  ff.  j 

—  Beobachtung  des  grossen  Sonnen- 
fleckens  von  1779  I,  64  ff. 

—  Bewohnbarkeit  der  Sonne  I,  79. 

—  Saturn  vierschultrig  I,  96. 

—  Entdeckung  des  Uranus  I,  96.  | 

—  Farbe  des  Cometen  von  1811  I,  128. 1 

—  Granatstern  (Cepheus,  Nr.  7582)1, 288. . 


Hervey-Inseln  I,  479. 

Herzogenrath,  Erdbeben  von  I,  250.  253. 

254.  256.  257.  263. 
Hesperomys  H,  643.  648. 
Hessen  I,  293.  320. 
Heterocephalus  H,  635. 
Heuschrecke  H,  596.  607.  632.  638.  646. 
Hevelius,  Johann  I,  123,  Nota  1. 
Hezenbrunnen  H,  290  f. 
Hibbert  I,  441. 
Hiera  (äoL  Ins.)  I,  203. 
Hildburghausen  I,  319. 
Hill,  Walter  H,  528. 
Himalaya  (Geologisches:)   I,    81.    176. 

306.    328.   406.    533.    534.    535.    569. 

(Meteorologisches:)  H,  157.   169.   271. 

272.  283.  284  f.  354.  382.  401  f.   433. 

(Biologisches:)  H,  525  f.  561.  600.  601. 

602.  611.  622  f.  634. 
Hind,  Henry  Yule:  über  die  Thierwelt 

von  Anticosti  I,  600. 

—  Belictenfauna  im  Michigan -See  H^ 
319  (NoU  4). 

—  die  landschaftliche  Bedeutung  der 
Flechten  in  Labrador  H,  530  f. 

Hindemisse  für  die  Verbreitung  der 
Pflanzen  H,  599,  der  Thiere  H,  610  — 
613. 

Hinds  n,  547. 

Hindukusch  I,  537.  H,  634. 

Hintereisfemer  H,  353. 

Hinterindien  H,  269.  270.  558  ff.  629~ 
632.  655. 

Hieb  I,  542  f. 

Hipparch  I^  286.  287.  H,  144. 

Hipparion  I,  333. 

Hippokrates  H,  490,  NoU  1. 

Hippophae  rhamnoides  I,  459. 

Hippopotamus  I,  336. 

—  amphibius  H,  635  f. 
Hippuriten  I,  296.  326. 
Hippuritenkalk  I,  246.  326. 
Hira  H,  406. 

Hirsch  s.  Cervus. 
Hirse  H,  562.  598. 
Hirtenvogel  H,  649. 
Hirundo  H,  637. 
Hoang-ho  H,  410.  424. 
Hobarton  H,  194.  45&  474. 
Hobson-Bay  I,  366. 


Register. 


699 


Hochland  (Insel  im  Finnischen  Meer- 
busen) I,  162. 

Hochschwab-Gruppe  I,  568. 

Hochstettte ,  Ferd.  y.  :  Lehre  von  der 
Aufschüttung  der  Vulcane  I,  203. 

—  keine  Erhebungskrater  auf  Neusee- 
land I,  204. 

—  innere  Structur  der  Vulcane  auf  dem 
Isthmus  von  Auckland  I,  209  ff. 

—  EoBOon  Canadense  im  Böhmer  Wald 
I,  S04. 

—  seculäre  Hebungen  und  Senkungen 
auf  Neuseeland  I,  366. 

—  Berechnung  von  Tiefen  des  Stillen 
Oceans  auf  Grund  der  Wellenge- 
schwindigkeit I,  415,  Nota  1. 

—  fing  den  Distelfalter  in  allen  fünf 
Erdtheilen  I,  510.  H,  656. 

—  über  die  Thier-  und  Pflanzenwelt 
Neuseeland's  I,  522. 

—  Eintheilung  der  Quellen  U,  290 
(Nota  1). 

—  über  das  neuseeländische  Geysir- 
gebiet n,  299—301. 

—  über  die  Schlammvulcane  auf  Neu- 
seeland U,  311  (NoU3). 

—  die  Biesenkessel  bei  GoUing  H,  384 
(Nota  4). 

—  tropische  Farne  in  der  Nähe  heisser 
Quellen  der  gemässigten  Zone  U,  592. 

Hochufer  H,  377. 

Hochwasser,  Stromspiegel  bei  n,  373. 
Flussbett  bei  H.  H,  377.  Mächtige 
Kraftentfaltung  der  Flüsse  bei  H.  II, 
379  ff.  390.  Die  Grösse  der  Schwel- 
lung im  Vergleich  zum  Niederwasser 
n,  400  ff. 

Höhe,  mittlere,  der  Continente  I,  421  ff., 
H.  der  Atmosphäre  H,  108—110. 

Höhenklima  H,  170  f. 

Höhenmessung,  barometrische  H,  111  ff. 

Höhenschichtenkarten  I,  563  ff. 

Höhlenbär  I,  336. 

Höhleneule  H,  649. 

Höhlenhyäne  I,  336. 

Höhlenlöwe  I,  336. 

Hoff,  K.  E.  A.  T.:  Hebung  der  schwe- 
dischen Küsten  I,  353. 

—  Spuren  seculärer  Hebung  auf  Tahiti 
I,  365. 


Hoff,  K.  £.  A.  V.:   über  die  Inseln  am 
Ostrande  Asien's  I,  493. 

—  die    ehemalige    Etschmündung    H, 
406. 

Hoffmann,  Fr.:  Maare   im  Albaner-Ge- 
birge I,  217. 

—  ursächlicher  Zusammenhang  zwischen 
Erdbeben  und  Vulcanismus  I,  260. 

—  Hebungserscheinungen  an  der  Nord- 
küste von  Sicilien  I,  374  f. 

Hoffmann,  Gustav  I,  123,  Nota  1. 

Hoffnungsthal  (Labrador)  I,  186. 

Hofgeismar  H,  306. 

Hofmann  H,  132. 

Hogard  H,  361  (Nota  3). 

Hohentwiel  H,  357. 

Hoher  Miesing  II,  118. 

Hohe  Tauern  II,  353.  450. 

Hokitika  H,  194.  282.  367. 

Holaster  I,  326. 

Holland  (Geologisches:)  I,   147  f.  266. 

327.  334.  378.  423.  452.  457.  458.  460. 

(Meteorologisches:)  H,  212.   227.  275. 

365.  (Biologisches:)  ü,  551. 
Hollunder  ü,  595. 
Holochilus  II,  643.  648. 
Holoptychius  I,  308. 
Holstein  I,  320.  381. 
Holzfaser,  chemische  Zusammensetzung 

der  I,  342. 
Holztafeln  (an  tropischen  Bäumen)  H, 

560. 
Homann,  Bapt.  I,  561. 
Homologien,  geographische  I,  393—404. 

Sie    lehren,    dass    die    Umrisse    des 

festen  Landes   unabhängig  sind  von 

seiner  senkrechten  Gliederung  I,  401. 
Homopleroten  H,  22. 
Homoseisten  I,  250. 
Hong-kong  U,  142. 
Honigkuckuck  11,  637. 
Hooker,  J.  D.:   Temperaturverhältnisse 

in  bedeutender  Meereshöhe  I,  81.  H, 

157. 

—  Tasmanien's  Pflanzenwelt  ist  yöllig 
australisch  I,  490. 

—  die   Caplande    der  Ueberrest  eines 
ehemaligen  Festlandes  I,  505. 

—  über  die  Vegetation  der  Kerguelen- 
Insel  I,  513. 


700 


Begirtar. 


Hooker,  J.  D.:  fiber  die  Flora  von 
TriBtan  da  Canha  I,  515. 

—  über  die  Flora  tod  St  Helena  I,  526. 

—  Fiinfnbmng  des  Namens  Begelation 
n,  350. 

—  Spuren  einer  Eiszeit  im  Libanon  und 
Atlas  n,  361  £ 

—  Tropische  Farne  in  der  NShe  heisser 
Quellen  der  gemässigten  Zone  H,  592. 

—  die  meisten  Inselpflanzen  sind  Legu- 
minosen H,  594. 

—  Abkunft  grönländischer  Gkwäelise 
n,  594. 

—  die  weite  Verbreitung  alpiner  Ge- 
wächse n,  601.  602  (Nota  1). 

Hopkins:  Zeitbestimmungen  zur  Er- 
mittlung des  Obeiflächenmittelpunktes 
eines  Erdbebens  I,  250. 

—  Mächtigkeit  der  starren  Erdkruste 
I,  285  ff.  555. 

—  Annahme  gluthflussiger  Massen  in 
grossen  Blasenränmen  des  Erdinnem 
I,  287. 

Hordeaceen  n,  538. 

Horizont,  Depression  des  H.  I,  141. 

Horizont,  künstlicher  I,  245. 

Homer  H,  123. 

Homsea  I,  440. 

Horrebow  I,  83. 

Howard  H,  252. 

Howerfordwest  H,  277. 

Huapi  I,  357. 

Huaraz  H,  449. 

Hnch  n,  611. 

Hudson  (Fiuss)  H,  425.  451. 

Hudsonsbay  I,  186.  II,  191. 

Hudsonsbay-Gebiete  H,    191.   440.  441. 

495  f.  530  f.  548  f.  570  ff.  615  f. 
Hüpf  maus  U,  626. 
Haggins:  Eigenbewegung  der  Fixsterne 

I,  27. 

—  entdeckt  die  gasförmige  Natur  eines 
Nebelflecks  im  Drachen  I,  31. 

~  UntersuchuDgen  über  die  Natur  der 
Nebelflecke  I,  32. 

—  ^Marsspectrum  I,  87. 

—  Spectra  verschiedener  Cometen  I, 
127  l 

Hugi  n,  344.  345. 
HugU  n,  28.  410. 


Humboldt,  A.  t.:  Kosmos  I,  6. 

—  Zahl  der  mit  blossem  Auge  am  Hün- 
mel  sichtbaren  Sterne  I,  19. 

—  Yorstellungen  der  Incas  von  der 
Sonne  I,  59.  60  (Nota  1.  2). 

—  dunkle  Fixsterne  I,  76  f. 

—  Stemschnnppenfall  am  11./12.  No- 
yember  1799  in  Cnmanä  I,  114. 

—  die  in  den  letzten  Jahrhunderten 
sichtbaren  Cometen  I,  120  (Nota  1). 

—  das  Pendel  ein  geognostisches  Senk- 
blei I,  158. 

—  „thermometrische  Sonden"  I,  184. 

—  Vertreter  der  Bnch*schen  Theorie 
über  die  Entstehung  der  Ynleane  I, 
203. 

—  Bilder  tou  amerikamschen  Yuleanen 
I,  207  f. 

—  die  Laven  des  Jorullo  I,  224. 

—  Zahl  der  Vulcane  I,  291. 

—  Yulcane  im  Thian-Schan  I,  233  £ 

—  Beziehungen  des  Yulcanismns  zum 
Meere  I,  235. 

—  die  südamerikanischen  Yulcane  ent- 
behren der  Sal zsanreaushauchnngen 
I,  236. 

—  reihenformige  Anordnung  der  Yul- 
cane I,  236  £  493  £ 

—  „Brücken*'  bei  Erderschütterongen 
in  Südamerika  I,  256. 

—  Yulcane  „Sicherheitsventile*'  der  Erde 
I,  259. 

—  planetarische  Nebel  I,  2S8. 

—  über  Celebes  und  Gilolo  I,  394. 

—  der  sjrmmetrische  Bau  der  peruani- 
schen Anden  I,  396. 

—  die  morphologische  Aehnlichkeit  von 
Südamerika,  Afrika  und  Australien 
ein  Geheimniss  I,  398. 

—  die  Continente  sind  älter  als  die  Ge- 
birge auf  ihnen  I,  402. 

—  die  Massen  der  Continente  sind  viel 
grösser  als  die  der  Grebirge  I,  403. 

—  über  Seegebirge  I,  406. 

—  über  die  mittlere  Höhe  der  Conti* 
nente  I,  421  £ 

—  Effect  der  Pyrenäen  und  Alpen  beim 
Aufbau  £uropa*s  I,  424. 

—  Ceylon  und  Madagaskar  besitzen 
einen  continentalen  Charakter  I,  503. 


Register. 


701 


Humboldt,  A.  ▼. :  über  die  Kreuzung  von 
Gebirgsketten  in  Centralasien  I,  537. 

—  Querprofile  von  Spanien  und  Mexico 
I,  567  f. 

—  Silberausfuhr  aus  Amerika  nach  Eu- 
ropa n,  5. 

—  die  tägliche  Amplitude  des  Ober- 
flächenwassers  des  Meeres  II,  33. 

—  über  die  kalten  Grundwasser  der 
Oceane  II,  46  f. 

—  über  den  Namen  „Humboldts  -  Strö« 
mung**  n,  78,  Nota  1. 

—  der  Passat  als  Urheber  der  Aequa- 
torialströme  der  Oceane  U,  84  ff. 

—  Differenz  in  der  Spiegelhöhe  des 
Rothen  und  Mittelländischen  Meeres 
n,  106. 

—  die  Grösse  des  Luftdruckes  ist  nicht 
überall  in  gleicher  Meereshöhe  die- 
selbe n,  ISO. 

—  Bodentemperaturen  in  den  LIanos  n, 
157. 

—  Abnahme  der  Lufttemperatur  nach 
oben  auf  dem  Hochlande  von  Mexico 
n,  168  f. 

—  Erfinder  der  Isothermen  U,  173  £ 

—  die  Isothermen  an  den  beiden  at- 
lantischen Ufern  H,  175  f. 

—  Nachweis  eines  aufsteigenden  Luft- 
stromes im  Calmengürtel  n,  216. 

—  Regenzeit  in  den  LIanos  11,  260. 

—  über  dieHöhe  der  Schneegrenze  II,  283. 

—  heisse  Quellen  in  Venezuela  und 
Mexico  n,  294. 

—  über  die  Schlammvulcane  Südameri- 
ka's  U,  311  (Nota  4). 

—  oceanische  Fauna  des  Kaspischen 
Meeres  II,  321. 

—  Seehunde  am  Aral-See  H,  322. 

—  über  die  Rosenkranzseen  der  west- 
asiatischen Steppen  H,  323. 

—  über  das  Nildelta  n,  406. 

—  Häufigkeit  der  Deltas  in  Binnenseen 
H,  407. 

—  die  Fluthwelle  an  der  Mündung  des 
Orinoco  n,  410. 

—  Abnahme  der  magnetischen  Intensi- 
tät nach  dem  Aequator  H,  460. 

—  über  die  täglichen  Variationen  der 
Magnetnadel  H,  471. 


Humboldt,  A.  ▼.:  magnetische  Gewitter 
n,  475.  477. 

—  über  das  Nordlicht  H,  477. 

—  Cumulusbildungen  als  Begleiter  des 
Nordlichtes  H,  483  (Nota  2). 

—  über  Wüstenbildung  H,  490. 

—  über  das  Pflanzenleben  Europa's  ü^ 
500  f. 

—  über  den  See  von  Valencia  II,  506. 

—  die  Vorzüge  der  mathematischen  Lage 
Europa's  H,  514.  515  (Nota  1). 

—  das  Klima  Nordfrankreich's  in  seinem 
Verhältniss  zur  Weincultur  TL,  522. 

—  die  organischen  Stockwerke  an  den 
Abhängen  der  Anden  U,  524  und  in 
Mexico  n,  525. 

—  Physiognomik  der  Grewächse  U,  529. 

—  hohe  Weiden  am  Magdalenenstrome 
n,  535. 

—  über  die  Verbreitung  der  Rosaceen^ 
des  Genus  Pinus  n.  a.  Pflanzen  H, 
546  (Nota  1.  2.  4.  5). 

—  die  alpine  Vegetation  auf  der  Silla 
▼on  Car^uias  ü,  601. 

Humboldt,   Wilhelm  y.  I,  523. 
Humboldts  -  Strömung    s.  Peruanischer 

Strom. 
Humphreys   I,    361.  H,  392  (Nota   1). 

420.  423  (Nota  4). 
Hund  s.  Canis. 

—  wilder  japanischer  H,  624. 
Hundsgrotte  bei  Neapel  I,  227. 
Hunsrück  I,  315.  317.  H,  448  f. 
HuntsYille  H,  497. 

Huronische    Schieferformation    I,    292. 

302  ff.  427  f. 
Huron-See  n,  319. 
Hurricanes  H,  264. 
Husum  I,  380.  H,  277. 
Huszth  n,  396. 

Hutton  I,  174.  176.  555.  H,  245. 
Huyghens  I,  150  f. 
Hverjar  H,  295. 
Hyaena  I,  336.  II,  620.  628.  630.  634. 641. 

—  brunnea  IL,  634. 

—  crocuta  II,  620.  634. 

—  spelaea  I,  336. 

—  striato  (gestreifte  Hyäne)  IL  fiSO^  630. 
634. 

Hyde  I,  440. 


702 


Register. 


Hjdra-Apparat  1,  409. 

Hydra  Heveüi  I,  30.  289. 

fiydrobia  stagoalis  II,  321. 

Hjdrochoenu  capjbara  II,  612.  64S. 

Hydroide  II,  607. 

Hydromye  II,  650. 

Hyeren  I,  446. 

Hygiea  (Planetoid)  I,  89. 

Hyginas  (Mondkrater)  I,  lul. 

Hygrometer  H,  243  ff. 

Hyla  cyanea  II,  651. 

Hylaea  II,  578—680. 

Hylobates    im    Tertiär    I,   333,    in  der 

Gregenwart  II,  62i^. 
Hylomys  H,  629. 
Hyphaene  Argun  U,  562. 

—  thebaica  II,  545.  565. 
Hypsiprymnos  II,  651.  ^ 
Hypsometrische  Karten  I,  563  ff. 
Hypudaens  s.  Feldmaas. 

—  amphibios    (Wasserratte)    H,    612. 
617. 

—  arralis  II,  617. 
Hyrare  ü,  625  f.  642. 
Hyrax  11,  636. 


Jakutsk  I,   187.   188.   197.  H,  179.  186. 

194.  197.  273.  274.  288  f.  366. 
Jamaica  I,  156.  260.  518.  II,  217.  548.  577. 
James,  Sir  Henry  I,  162.  164. 
I  Janbo  I,  372. 
Jan  Mayen  I,  231.  367. 
Janssen  I,  75. 
Janoar-Isanomalen  II,  187. 
'Januar-Isothermen  H,  179. 
Japan  (Geologisches:)  I,  231.  238.  259. 

260.    330.    368.    387.    491.    492.    531. 

(Meteorologisches:)  H,  75.  76.  269.  27U. 

(Biologisches:)  ü,  557  f.  601.  623  L 
Japanisches  Meer  I,  420.  H,  11.  75.  76. 

101.  103. 
Jarra  11,  197. 
Java  ((xeologisches :)  I,  184.   203.   204. 

208.  216.  217.  225.  226.  227.  229.  238. 

241.    369.   387.   396.  397.   511   f.   520. 

523.  (Meteorologisches:)  n,  811.  (Bio- 
logisches:) n,  538.  559.  562.  606.  629. 

630.  631. 
Jaxartes  s.  Syr^Daija. 
Ibba  n,  197. 
Ibbenbüren  I,  315. 


Hystrix   cristata   s.    gemeines    Stachel-   Ibenhorster  Forst  U,  618. 


Ibis  II,  621.  632.  651. 

Ichneumon  H,  620.  634. 

Ichthyomis  I,  327. 
j  Ichthyosaurus  I,  319.  322  f.  327. 
\  Ichu-Gras  H,  583. 

Idothea  entomon  II,  322. 

Jekaterinburg  H,  228.  275. 

Jenissei  I,  lOS.  II,  405. 
jJenisaeisk  II,  197. 

Jericho-Rose  U,  505.  563. 


Schwein. 
—  hirsutirostris  11,  631. 

JFachschlange  II,  63S. 

Jacob  II,  160. 

Jaculus  U,  626. 

Jadebnsen  I,  379. 

Jäger,  6.  U,  612.  613  (Nota  1). 

Ja&  I,  373. 

Jaguar  U,  608.  625  £  628.  642.  647. 

Jahr,  Länge  des  J.  auf  Mercur  I,  80,   Jersey  (norm.  Insel)  I,  377.  434.  H,  29. 

auf  der  Venus  I,  83,  auf  Mars  I,  86, '  Jessen  I,  358,  Nota  1. 

auf  den  Planetoiden  I,  89,  auf  Jupiter  Jeverland  I,  379. 

I,  90,  auf  Saturn  I,  95,  auf  Uranus !  Igalliko-Fjord  I,  354,  Nota  1.  362. 

I,  96,  auf  Neptun  I,  98.  Igapo  II,  579  f. 

Jahreszeiten  auf  Mercur  I,  81,  auf  der. Igel  n,  611.  616.  619.  623.  633. 

Venus  I,  85  f.,  auf  Mars  1 ,  86,  auf  •  Iger  H,  28. 

Jupiter  I,  90  f^  auf  Saturn  I,  95,  auf  Igname  II,  601. 

Uranus  I,  97.  —  J.  auf  Erden:  Ver- .  Iharal  H,  623. 

theilung  der  Erdbeben  auf  die  J.  I, '  Ili  (Fluss)  II,  399. 

264  ff.  Entstehung  der  J.  H,    139  ff.   Ilibecken  I,  234. 

Seculärer  Wechsel    ihrer   lAnge    H,  i  Ilinissa  I,  213.  292. 

145.  111  II,  394. 

Jakuhühner  U,  645.  Hier  11,  429. 


Register. 


703 


Illinois  I,  316. 

ntis  n,  622. 

Immenwolf  n,  618. 

Immergränes  Laub  II,  502.  524.  553. 
586.  587.  589. 

Imperata  cylindrica  n,  562. 

Incas  I,  44.  59. 

Indination,  .magnetische  11,  457—459. 
463  f.  468  f.  473.  480  f. 

Indianer  I,  529  f. 

Indianola  I,  361. 

Indicator  n,  637. 

Indien  s.  Vorder-  und  Hinterindien. 

Indigo  n,  558.  562.  576. 

Indisches  IVIonsungebiet  (Flora)  n,  55S — 
562. 

Indischer  Ocean  I,  234.  371.  3S8.  418  f. 
420.  430.  490.  11,  9.  10.  11.  22.  24.  26. 
32.  37.  53  f.  78  f.  91.  101  f.  —  Ge- 
biet des  I.  0.:  ü,  175.  186  ff.  212  f. 
215.  220.  261.  268.  269. 

Indus  (Sternbild),  c  I,  28. 

Indns  (Strom)  II,  327.  410.  424.  435. 

Indusdelta  I,  260.  269.  356.  370.  II,  195. 
410.  424.  562. 

Ingurthal  11,  361. 

Ingwer  II,  561.  562. 

Inn  n,  370.  371. 

Innervik  I,  382. 

Inntbal  11,  360. 

Inoceramus  I,  326. 

Insectenregen  H,  609. 

Inseln:  am  zahlreichsten  an  der  Süd- 
ostseite der  Continente  I,  386.  Fest- 
landsinseln liegen  immer  in  Schaaren 
da,  wo  sich  zwei  Continente  einander 
nähern,  I,  426.  490  f.  Entstehung 
langer,  flacher  Grestade-Inseln  I,  443. 
I.  werden  bisweilen  durch  Meeres- 
alluvionen  in  Halbinseln  verwandelt 
I,  445  ff.,  bisweilen  mit  einer  Nach- 
barinsel verknöpft  I,  447.  Ueber  den 
Ursprung  der  Inseln  I,  486—506. 
Willkür  bei  der  Bezeichnung  Insel  I, 
4S6.  Festlandsinseln  I,  487—491.  Yul- 
canische  Inseln  I,  365.  491 — 494.  Ro- 
ralleninseln  I,  396.  494—497.  513  f. 
n,  292  f.  Musterung  dpr  oceanischen 
Inseln  sämmtlicher  Weltmeere  I, 
497—500.    NeuCaledonien  I,   499  ff. 


Madagaskar,    Ceylon    I,    503 — 505. 

Thior-  und  Pflanzenwelt  der  Inseln 

I,  507—531.  H,  588—591. 
Intensität,    magnetische   II,    459—461. 

464  f.  469.  473.  480. 
Interlaken  H,  413. 
Inue  I,  497. 

Inundationsbett  II,  377. 
Inuus  II,  620.  623.  629.  633. 

—  ecaudatus  II,  620.  633. 

—  speciosus  II,  623. 

—  talapoin  II,  63H, 
Invariable  Erdschiebt  I,  183  ff. 
Jodwasser  H,  306. 
Johansen  II,  66. 

Johnston,  Keith  II,  259. 
Johnstone-Fluss  H,  528. 
Joinvilleland  I,  498. 
Jones,  Matthew  I,  362. 
Jonisches  Meer  H,  30. 
Jordan  U,  401. 
Jordan  (Fluss)  II,  333.  399. 
Jordanthal  I,  264.  H,  325.  441. 
Jorullo  I,  224.  238.  239.  260. 
Joule  I,  41. 
Iquique  I,  358. 

—  Erdbeben  von  I,  415. 

Iran,  Hochland  von  II,  621.  622. 

Irawadi  II,  410. 

Irawadi  -  Thal ,  Hebungserschei nungen 
im  I,  369.  . 

Irbis  II,  622. 

Iriartea  II,  579. 

Iris  (Pflanze)  H,  504.  589.  555.  556.  567. 

Iris  (Planetoid)  I,  89. 

Irische  See  I,  42ü.  434.  435.  H,  27.  29  f. 

Irkutsk  n,  132.  194. 

Irland  (Geologisches:)  I,  258.  304.  806. 
315.  378.  438.  439.  463.  465.  467.  471. 
479.  487.  489.  518  f.  523.  (Meteoro- 
logisches:) n,  24  ff.  190.  277.  (Biologi- 
sches:) n,  613.  617. 

Irminger  H,  59.  84. 

Irtisch  U,  386. 

Isanomalen  II,  185. 

Isarthal  H,  360. 

Isatis  tinctoria  II,  523. 

Ischia  I,  226.  230.  524. 

Ischim  (Fluss)  H,  197.  386. 

Ischim  (Stadt)  U,  322. 


704 


Begister. 


Ischl  n,  306. 

laeo-See  I,  534.  11,  359. 

Iskandenin  s.  Alexandrette. 

Isla  de  Pinos  H,  546.  577. 

Island  (Geologisches:)  I,  185.  214.  219. 
225.  226.  231.  240.  242.  259.  388.  434. 
445.  448.  463.  465.  471.  472.  479.  480. 
518.  523.  (Meteorologisclies:)  II,  35. 
36.  127.  128.  186.  198.  283.  284.  295  ff. 
311.  353.  355.  361.  384.  (Biologisches:) 
n,  535.  545.  547.  548  f.  593.  608. 

Isobaren  II,  127  f. 

Isochimenen  II,  188  f. 

Isodynamische  Linien  II,  461.  464  f. 

Isogonische  Linien  II,  461  f. 

Isohysten  11,  259. 

Isoklinales  Thal  II,  329. 

Isoklinische  Linien  II,  461.  463  f. 

Isokrymen  ü,  78,  Nota  2. 

Isola  do  legname  II,  505. 

Isonzo  n,  422. 

Isorachien  II,  22. 

Isotheren  II,  188  f. 

Isothermen  der  Meeresoberfläche  11, 
34  ff.,  für  die  Lufttemperaturen  II, 
173—185. 

Issischer  Meerbusen  I,  373. 

Issyk-kul  I,  234. 

Istrien  I,  375. 

Italien  (Geologisches:)  I,  226.  259.  266. 
301.  315.  422.  441.  482  iL  (Meteoro- 
logisches:) n,  212.  314.  316.  324.  326. 
330.  (Biologisches :)  n,  554. 620. 621. 631. 

Juan,  Don  Jorge  I,  152. 

Joan-de-Fuca-Strasse  I,  467. 

Juan  Femandez  I,  391.  498.  II,  590. 

Jubaea  spectabilis  n,  586. 

Juda,  Gebirge  I,  264. 

Jndasbanm  II,  603. 

Jütland  I,  298.  379.  381.  388.  517.  II, 
277.  318. 

JugIan8(Wallnu88banm)n,  536.  551.  571. 

—  nigra  11,  571. 

Julien,  Stanislas  I,  234. 

Jnli-Isanomalen  11,  187. 

Juli- Isothermen  II,  179  f. 

Jungfrau  II,  353. 

JuDghuhn,  Franz:  Ermittelung  der  Tem- 
peratur der  invariablen  Schicht  auf 
Java  I,  184  f. 


Junghuhn,  Franz:  Lehre  von  der  Auf- 
schüttung der  Yulcane  I,  203. 

—  keine  Erhebungskratere  auf  Java  I, 
204. 

—  Kratere  des  Gunung-Tengger  I,  216. 

—  Maare  des  Guiung-Lamongang  1, 2 1 7. 

—  Yulcanspallen  auf  Java  und  Suma- 
tra I,  238. 

—  Menge  der  in  drei  Stunden  von  dem 
Gunung-Guntur  ausgeworfenen  Aschen 
I,  241. 

—  Eruptionsmassen  des  Gunung-Tem« 
boro  und  Gunung-Pepandajan  I,  242. 

—  über  die  Schlanrnivulcane  auf  Java 
n,  311  (Note  2). 

Junglewald  ü,  559  ff. 
Juniperineen  II,  546. 
Juniperus  11,  68.  575.  600. 

—  foetidissima  (Syn.  J.  excelsa)  II,  600. 

—  Yirginiana  II,  68. 
Juno  (Planetoid)  I,  89. 
Jupiter  I,  89  ff.  125.  126.  283. 
Jura,  Frankischer  I,  324.  11,  308. 

—  Schwäbischer  I,  301.  324. 11,  278.  308. 

—  Schweizer  I,  321.  324.  396.  533.  536. 
538.  546.  558.  11,  308.  329.  357.  359. 
433.  443.  603. 

Jura,  brauner,  s.  Dogger. 

—  schwarzer,  s.  Lias. 

—  weisser,  s.  Malm. 
Juraformation  1, 294.  296.  300.  301.  321— 

325.  341.  5.S3.  II,  334. 445.  447  f.  651  f. 
Jussaro  I,  382. 
Iviza  I,  160. 
Izalco  I,  228.  240. 
Izteccihuatl  I,  239.  II,  354. 

Kabsch,  Wilhelm:  das  Wärmequantam 
zur  Reife  der  Gerste  II,  521  f. 

—  Vegetetionszonen  an  den  Abhängen 
der  Alpen  n,  526  (Nota  1). 

— Physiognomik  der  Gewächse  II,  530  ff. 

—  über  die  Verbreitung,  der  Ericeoi 
n,  545. 

Kadavu  I,  498. 

Kado  I,  369. 

Käfer,  erstes  Auftreten  derselben  in  der 

Kohle  I,  314. 
Kälteperiode  im  Mai  und  Juni  11,  228. 
Kältepol,  nördlicher  II,  177. 


Register. 


705 


Kältepole  im  Januar  IF,  179. 

Kämtz  I,  473.  II,  177.  207.  231.  249.  250. 

Känguruh  II,  650. 

Känguruh-Gras  II,  569. 

Känozoische  Formationsgruppe  1,  298. 

328—337. 
Kärnten  II,  32ö,  360. 
Kaffee  II,  562.  564.  576.  577. 
Kafferochse  II,  637. 
Kaiman,  schwarzer  II,  645. 
Kairo  II,  175  f.  422.  478,  Nota  1.  522. 
Kaiser  I,  87. 
Kaiseradler  II,  621. 
Kaisergebirge  I,  545  f. 
Kalahari  II,  263.  494.  565  f. 
Kaliana  I,  162. 
Kalkgebirge,  Zerstörung  derselben  durch 

Erosion  II,  308  f.  375. 
Kalksinterabsätze  II,  309. 
Kalkstein  I,  290.  292.  294.  II,  304.  308. 
Kalkstete  Pflanzen  U,  519. 
Kalkwasser  II,  306. 
Kalmar  I,  352.  383. 
Kalte  Quellen  U,  303  f. 
Kama  II,  386.  388. 
Kameel  II,  556.  612.  622.  636. 
Kampher  bäum  Bomeo's  II,  560. 
Kampherlorbeer  (Kampherbaum)  II,  535. 

557. 
Kamtochatka  I,  186.  219.  225.  231.  238. 

240.    259.   368.  397.   470.    491.   II,  76. 

283.  531.  552.  600.  608.  610. 
Kamtschatka-Strom  II,  75. 
Kanawba  II,  334. 
Kandalakscha  I,  185.  186. 
Kane:  Spuren  seculärer  Hebung  an  der 

Westküste  von  Grönland  I,  363. 

—  Grönland  ein  Continent  I,  462. 

—  über  den  nördlichen  Kältepol  II, 
178. 

—  niedrigste  Temperatur  im  Rensselaer- 
Hafen  II,  197. 

Kanin  I,  186. 
Kaninchen,  wildes  II,  621. 
Kansas  (Staat)  I,  317.  327.  II,  281. 
Kant,  Immanuel:  Entstehung  des  Sonnen- 
systems I,  273  ff. 

—  der  atlantische  Ocean  gleicht  wegen 
seiner  parallelen  Ufer  einem  Strome 
I,  398. 

Peschel-Leipoldt,  Phya.  Erdkunde.    II. 


Kant,  Immanuel;  Seegebirge  I,  430. 

—  Willkür  beim  Gebrauch  der  Namen 
Insel  und  Continent  I,  486. 

—  über  die  Entstehung  der  Aequato- 
rialströmungen  der  Oceane  II,  82. 

—  Drehungsgesetz  der  Winde  II,  223. 
Kant-Laplace*sche  Hypothese  I,  273  ff. 
Kanut  der  Grosse  I,  383. 

Kaori  II,  527. 

Karabugas  II,  323. 

Karakal  II,  620.  630.  634. 

Karakorumkette  II,  285.  35  {  f. 

Kara-See  II,  65.  66.  67.  191. 

Karomandalküste  I,  370.  II,  270. 

Karpathen  I,  330.  559.  II,  2S3.  361.445. 
550.  603.  618. 

Karroo  H,  503  f.  567  f. 

Karroodorn  II,  567. 

Karst  I,  264.  II,  30S. 

Karsten,  G.  II,  39  f. 

Karten,  geologische  I,  298  ff.  Terrain- 
karten I,  561  ff. 

Kartoffel  II,  587.  598.  610. 

—  chinesische  II,  558. 
Kartoffelkrankheit  II,  598. 
Kasan  (Gouv.)  I,  317. 
Kaschelot  II,  60S.  615. 
Kaschgar  I,  234. 

Kaspisches  Meer  I,  234.  389.  533.  II, 
133.  321—324.  365.  407  f. 

Kaspische  Steppen  I,  260.  II,  272.  276. 
495.  555  f.  618  f.  Vgl.  auch  Kir- 
gisensteppe. 

Kastanie  (edle)  II,  536.  553.  560. 

—  japanische  II,  557. 

—  nordamerikanische  II,  571. 
Katarakte  II,  439  i. 
Katastrophisten  (geol.)  I,  557. 
Kater,  Henry  I,  156.  162. 
Katharinenquellen  (Kaukasus)  II,  294. 
Katmandau  II,  561. 

Katze  s.  Felis. 

Katzenfrett  II,  641. 

Kauar  II,  492. 

Kaukasus  (Geologisches:)  I,  175.  176. 
315.  324.  328.  533.  535.  547.  (Meteoro- 
logisches:) II,  276.  278.  284.  311.  353. 
361.  366.  (Biologisches:)  II,  600.  611. 
617.  618.  634. 

Kaurifichte  II,  590. 

45 


706 


Register. 


Kautschuk,  Gewinnung  des  II,  580.        | 
Kawisprache  I,  523.  | 

Reeling-Inseln  I,  354.  371.  3S8.  494.  513., 

514.  530. 
Keilhau  I,  471.  j 

Kellerasseln  L  525. 

Keller-Leuzinger  II,  363.  | 

Kelten  I,  530.  | 

Kent  I,  384. 

Kentucky  II,  571.  628.  i 

Kephalonia  II,  30 S. 
Kepler:   betrachtet  die  Nebelflecke   als 

leuchtenden  Dunst  I,  30. 

—  Annahme    eines    Weltäthers    I,    49, 
Nota  2. 

—  Häufigkeit  der  kleinen  Cometen  I, 

120. 

—  über  die  Entstehung  der  Aequatorial- 
strömungen  der  Oceane  II,  82. 

—  zweites  K.'sches  Gesetz  II,  145. 
Kerak  I,  371. 

Kerguelen- Insel   I,  462,  Nota   1.   499. 

505.  513.  515.  II,  79.  233.  591. 
Kessler  II,  321  f. 
Kettenkoralle  I,  306. 
Keuper  I,  294.  301.  320.  321.  II,  334. 
Kew  n,  474. 
Key-West  II,  258. 
Khanbalu  I,  346. 
Khandesch  11,  630. 
Khassia-Berge  II,  27  L 
Kiefer  II,  550.  554.  572.  575  f.  593. 
Kiel  n,  277. 
Kielnatter  II,  638. 
Kiepert,  H.  II,  406. 
Kjerulf,   Th.:  geringe  erodireude  Kraft 

der  Gletscher  I,  475. 

—  die  Richtungen  der  Fjorde  stimmen 
auf  Island  mit  den  Systemen  ausge- 
füllter Gangspalten  überein  I,  480. 

—  Norwegen  zur  Eiszeit  II,  360. 
Kiesablagerungen  am  Rande  des  Meeres 

I,  292. 
Kieselwasser  II,  306. 
Kigelia  II,  564. 
Kijew  n,  276. 
Killary  Harbour  I,  474. 
Kilnsea  I,  440. 
King  I,  466. 
Kingia  U,  569. 


King-Loch-Ewe  II,  317  f. 

Kingston  (Jamaica)  II,  217. 

Kinnahan  I,  475.  II,  361  (Nota  1). 

Kinsale  I,  258. 

Kiore  (Maori-Ratte)  L  522.  52S.  II,  65s. 

Kircher,  Athanasius  I.  401,  Nota  1.  40tj 

430.  U,  457. 
Kirchhoff,  Alfred:  Festlandsinseln I.  4S7 

—  die  Loslösung  Neu-Guinea's  von: 
australischen  Continent  erfolgte  früher 
als  die  Tasmanien^s  I,  490. 

—  nicht  alle  von  V'ulcanen  besetzten  In- 
seln sind  vuleanischen  Ursprunges  I. 
491. 

—  Neuseeland  der  Ueberrest  eines  alten 
Continents  I,  503  (Nota  1). 

—  alte  Thierformen  auf  den  Antillei» 
I,  523  (Nota  2). 

—  über  den  Ursprung  des  Todteii 
Meeres  II,  326,  Nota  1. 

Kirchhoff,  Gustav:  spectralaualytische 
Untersuchungen  des  Sonneulichte^ 
I,  66  ff. 

—  Erklärung  der  Sonnenflecken  I,  68  f. 
Kirgisensteppe  II,   322.  495.  505.   515. 

Vgl.  auch  Kaspische  Steppen. 
Kiringa  II,  197. 
Kirsche  11,  595. 
Kisljar  II,  193. 
Kissingen  II,  300. 
Kitchener  I,  96. 
Kitfucbs  II,  626. 
Kittis  I,   152. 

Kittlitz  I,  463.  Nota  1.  II,  279. 
Kitzbüchl  I,  192. 
,  Kjurdagh  II,  600. 
Kiu-Siu  I,  215.  II,  55b. 
Kiwi  I,  522. 
Klammeraffen  II,  641. 
Klapperschlange  II,  62S.  646. 
Klarupholm  I,  381. 

Klein,  Herm.  J.  1, 32  (Nota2).  101.  II,  4S4. 
Kleinasien  I,  260.  374.  II.  18S.  267.  334. 

503.  552 
Kleine  Syrte  s.  Gabes  (Golf  von). 
Kleinia  11,  567. 
Cleopatra,  Nadel  der  I,  451. 
'  Klima  der  Erde  zur  St«inkohlenzeit  l. 

313,  zur  Kreidezeit  I,  326.  Ausbildung 

eines  polaren  Klimas  zur  Tertiärzeit  1. 


Register. 


707 


328.   Gleichmässiges  E.  in  den  Aequa- 
torialgegenden,  excessives  K.  an  den 
Polen  II,  141  f.    Gegensatz  zwischen 
polarem  Klima  und  alpinem  Höhen- 1 
klima  II,   170  f.   Gleichmässiges  (ma- 
ritimes oder  Küsten-)  Klima  II,  189 — 
192.    Excessives    (conti nentales    oder 
Land-)Klima  U,  189.  192—194.  Secu- 
läre    Veränderung    des    Klimas    II, 
200—202.    Bedeutung  des  K.  für  das 
Pflanzenleben    II,   520— -527,  für  das 
Thierleben  II,  606  f. 
Klinkerfues  I,  126.  II,  246. 
Klippendachs  II,  636. 
Kliutschewskaja  Sopka  I,  208.  215.  240. 

241. 
Klobenstein  II,  385. 
Klöden,  G.  A.  v.  I,  375. 
KlofajökuU  I,  465. 
Klopaier  Spitze  II,  450. 
Kluge,   £.:    Erdbebenstatistik     I,    265. 
Erhöhung  der  Quellentemperatur  bei 
Erdbeben  I,  272,  Nota  2. 
Kluthahn,  schwanzloser  II,  632. 
Knochenfische,    die   ersten  echten,   im 

mesozoischen  Zeitalter  I,  318. 
Knorria  I,  340. 
Kny,  L.  I,  513. 
Knyahinya  I,  108. 
Koa-Akazie  11,  589. 
Koala  II,  650. 

Koch,  Gabriel  II,  654  (Nota  2).  656. 
Königgrätz  11,  446. 
Königsberg  (Ostpreussen)  II,  176.  276. 
Königspalme  von  Havana  II,  576. 
Koros  n,  371.  396. 

Körperwelt  räumlich  begrenzt  I,  15  ff., 
zeitlich  begrenzt  I,   38  ff.    Forderung 
eines  Anfanges  der  K.  I,  55  f. 
Kosen  n,  306. 
Kohl,  J.  G.  n,  59. 

Kohle  in  der  archäischen  Fonnations- 
gruppe  I,  389,  im  Silur  und  Devon 
I,  339,  in  der  Steinkohlenformation  s. 
Steinkohle,  in  derDyas  1, 317.  340  f.,  in 
der  Trias  I,  341,  im  Jura  I,  341,  in 
der  Kreide  I,  341,  in  der  Tertiärzeit 
I,  341,  im  Quartär  I,  342.  Kohlen- 
bildungsprocess  I,  342  ff.  Wirth- 
schaftliche   Bedeutung  der   Kohle   I, 


346  ff.  Kohlenschätze  verschiedener 
Länder  I,  348  f.  Verschwendung  und 
Sparsamkeit  im  Kohlen  verbrauch  I, 
349  f.   Surrogate  für  die  Kohle  I,  350. 

Kohlenkalk  I,  293.  339. 

Kohlensäure  in  der  Atmosphäre  ver- 
mindert sich  I,  52.  227,  war  grösser 
im  Steinkohlenzeitalter  I,  313.  K.ist  be- 
sonders betheiligt  an  der  Zersetzung 
der  Gesteine  I,  551  ff.  II,  'AOA  f.  374. 
Der  gegenwärtige  Kohlensäure-Gehalt 
der  Luft  II,  108. 

Kohlensäure-Aushauchungen  I,  226  ff. 

Kohlenwasserstoff-  Aushauchungen  II, 
310. 

Kohlpalme  Ih  576. 

Kokaduth  I,  369. 

Kokon  n,  636. 

Kola  I,  185. 

Koldewey  I,  142.  II,  56  (Nota  1). 

Kolindsund  I,  3S1.  II,  318. 

Komorn  II,  445. 

Kopenhagen  II,  31.  596. 

Korallen  im  Silur  1,  306,  im  Devon  1, 
307,  in  der  Kohle  I,  314,  in  der  Dyas 
I,  317,  im  mesozoischen  Zeitalter  im 
allgemeinen  I,  31b,  im  Jura  I,  322,  in 
der  Kreide  I,  326. 

Korallenbauten  deuten  auf  Senkung  des 
Bodens  I,  354.  363  f.  371.  403,  bis- 
weilen auch  auf  eine  Hebung  desselben 

I,  370.  371. 
Koralleninseln    1,    396.  494—497.  513  f. 

II,  292  f. 
Korallenmeer  II,  53.  77. 
Korallenschlange  II.  646. 
Kordofan  I,  235.  II,  620.  634. 
Korea  I,  368.  397.  492. 
Korff,  v.  I,  458. 
Korkeichen  II,  553. 
Korninseln  II,  506. 
Kosi  I,  369. 

Kosmopolitische  Gewächse  II,  518. 
Kotschy  I,  234. 
Krabben,  Auftreten    der   echten  K.  in 

der  Kreidezeit  I,  327. 
Krabbenregen  II,  609. 
Krabben- Waschbär  II,  642. 
Krain  II,  308.  360. 
Krakau  II,  365. 


45 


i* 


708  Register. 

Kranich  U,  621.  622.  632.  651.  ELryptogamen ,    grosse    Entfaltung    der 

Krasnojarsk  I,  lOS.  K.  in  der  Steinkohlenperiode  L,  309  f. 

Krater   I,    201    f.     Veränderungen    am  Ejrystallinische    Gesteine:    relativ     ge- 
Krater I,  212  ff.  21S  f.  schützt  gegen  Erdbeben  I,  246.    Ihre 

Kraterseen  II,  326.  Entstehung  I,  303  f. 

Krause,  Karl  Chr.  Fr.  I,  493.  Kiystallinischer  Schiefer  I,  294. 

Krebs  (Sternbild)  I,  29.  30.  Krystallinische      Schieferformation      s. 

Kreide  I,  294.  300.  301.  320.  huronische  Schieferformation. 

Kreideformation  I,  294.  296.  298.  325—  Krystallisadon    der   Gesteine   ist    nicht 
328.  533.  559.  II,  334.  446.  die  Ursache  der  Aufrichtung  von  Ge- 
Kreislauf des  Wassers  II,  287.  birgen  I,  549 — 551. 

Kremer,  Alfred  v.:  Hebung  der  Küste  Kuckuck  II,  637. 

bei  Sues  I,  372.  Kuduttong  I,  216. 

—  die  stärkere  ßenagung  der  rechten  Künlün  I,  537.  II,  169.  285. 
Nilufer  in  Aegypten  II,  387  (Nota  2).  Küsten,  Modellimng  der  I,  433 — 447. 

—  über  die  Wasserarmuth  des  Nil's  in  Küstenklima  s.  gleichmässiges  Klima. 
Aegypten  II,  398.  Küstenzerrüttungen  I,  438  ff. 

Kreta  I,  'MA.  II,  212.  Kuhbaum  II,  57s. 
ELreuz,  südliches  (Sternbild)  I,  23. 11,  144.   Kulan  s.  wilder  Esel. 

Ejreuzbergjoch  (Kaukasus)  II,  361.  KuUianpoor  I,  161. 

Büreuznach  11,  306.  '  Kulon  ü,  616. 

Kreuzschnabel  II,  656.  Kulpe  II,  335. 

Krim  I,  324.  374.  444  £  II,  276.  491.  552.  Kümo  H,  442. 

Krokodil  II,  632.  63b.  645.  Kunä-Turfiem  I,  233. 

Krone,  nördliche  (Sternbild)  I,  54.  Kunguhr- Gruppe  II,  362. 

Kropotkin,  Fürst  P.  ü,  132.  Kupffer  II,  132. 

Kropp,  W.  II,  195  (Nota  4).  Kurilen  I,  229.  231.  238.  36S.  491.  II,  6U0. 

Krümmel,  Otto:  grosse  Meerestiefen  bei  Kurisches  Haff  H,  443. 

Spitzbergen  I,  282.  Kurischc  Nehrung  I,  442  f.  457. 

—  die mittlerenTiefen der Oceane  1,411  ff.  Kuro  Siwo  11,  75  f.  77.  100.  177. 

—  Gleichgewicht  zwischen  den  Massen   Kusu  II,  650. 
des  Meeres  und  der  Erdfesten  I,  427.   Kutais  II,  27b. 

—  Homopleroten  II,  22  (Nota  3).  Kuttenberg  I,  192. 

—  Isothermenkarte    des     Atlantischen   Kyros  Joki  II,  442. 
Oceans  H,  34  (Note  2). 

—  Zugangsquerschnitt  des  Atlantischen  Ijaacher  See  I,  217. 

Oceans  gegen  das  nordliche  und  süd-  La  Bess^,  Schlacht  von  II,  380. 

liehe  Eismeer  H,  47,  Nota  1.  Labkraut  II,  595. 

—  über  die   äquatorialen    Strömungen  Labrador  I,  186.  362.  385.  396.  463.  IL 
des  Atlantischen  Oceans  H,  56  (Nota  j).       530  f.  571. 

—  zur  Theorie  der  Meeresströmungen  Labradorströmung  II,  36.  48.  70  £  7:^. 
n,  83  (Nota  1  und  2).  88.  103.  Labyrinthodonten  in  der  Kohle  I,  314. 

—  Kegenkarte  von  Deutschland,  sowie  La  Caille  I,  108. 

von  Europa  U,  259.  Lacaille  I,  149,  Nota  2.  169. 

—  über    den    Ursprung    des  Todten  Lac  de  Daaren  II,  328. 
Meeres  II,  326,  Nota  1.  Fondromaix  II,  328. 

—  über  Deltabildungen  in  Südamerika  —  des  Corbeaux  H,  328. 
II,  427.  —  du  Bälon  II,  328. 

Krummholzkiefer  II,  550.  Lacerta  agilis  H,  509. 

Krusenstom-Strasse  II,  75.  —  Gecco  II,  509. 


Register. 


709 


Lachs  n,  611. 

La  Concha  I,  376. 

Lacondamine :    betheiligt    sich    an    der 

peruanischen  Gradmessung  I,    152   f. 

161.  228. 

—  Karte  von  Quito  I,  561. 

—  die    Pororocas    des    Amazonas    II, 
409. 

Ladoga-See  II,  318. 
Längenströme  U,  431  ff. 
Lärche  II,  550.  570.  571. 

—  amerikanische  11,  570.  571. 
Lafourche  II,  414  f. 
Lagenaria  vulgaris  II,  68. 
Lagerungsverhältnisse    als  Mittel,    das 

Alter  von  Schichtenstörungen  zu  be- 
stimmen, I,  296. 

Lagidium  peruanum  II,  643.  647. 

Lago  Averno  I,  209. 

—  di  Agnano  I,  227. 

Albano  I,  217. 

Bolsena  II,  326. 

Nemi  I,  217. 

—  Fucino  II,  326. 

—  Maggiore  s.  Langensee. 
Lagomys  alpinus  II,  622. 

—  ogotona  II,  622. 

—  princeps  II,  627. 

Lagostomus  trieb odactylus  II,  640.  647. 

Lagothrix  II,  641. 

Lagrange  I,  144,  Nota  1. 

La  Guayra  II,  131. 

Laguna  de  San  Rafael  II,  354. 

Lagunenriff  I,  495. 

La  Heve  I,  439. 

Lahire,  de  I,  151.  II,  2S9. 

Lahnthal  I,  257. 

Lake  Maree  U,  317  f. 

—  Superior  s.  Oberer  See. 
Lakkadiven  I,  370.  496. 
Lama  11,  640.  644.  64S.  65-1. 
Lamanon  II,  381.  459. 
Lamantin  II,  637.  645. 

Lambert,  J.  H.  II,  140.  142.  147.  459. 
Lambton  I,  161.  162. 
Lamont  I,  497. 

—  Job.  V.  II,  155.  466  (Nota  2). 
Lancaster  I,  265. 

Land ,    Absorption   der   Wärme  durch  j 
das  L.    II,  157  f.  Ib9.  192.  Ausstrah- 


lung der  Wärme  durch  das  L.  II,  161. 

189.  192. 
Landes  I,  454.  457.  45S.  460. 
Landklima  s.  excessives  Klima. 
Landkriecher  n,  632. 
Landsberg  II,  360. 
Landschnabelthier  II,  650. 
Landskrona  I,  383. 
Land-  und  Seewind  II,  210-212. 
Land-  und   Wasservertbeiluug  auf  der 

Erdoberfläche  I,  405—432. 
Langensee  I,  483.  534.  II,  314.  331.  359. 

441. 
Langfjeld  l,  478. 
Languedoc  I,  lOS. 
LaniuB  U,  637. 
Lantana  mixta  I,  529. 
Lanzarote  I,  237.  494. 
Lanzenschlange  I,  510,  Nota  1. 
La-Perouse-Strasse  II,  75.  76. 
LapiUi  I,  210.  222. 
Laplace:    die    Länge    des   Erdeutages 

eine  constante  Grösse  I,  50. 

—  Entstehung  der  Planetoiden  I,  89. 

—  Abplattung  der  Erde  aus  der  Moud- 
bewegung  abgeleitet  I,  159  f. 

—  Entstehung    des   Sonnensystems    I, 
273  ff. 

—  mittlere  Höhe  der  Continente  I,  421. 

—  Maximalwerth  für  die  Höhe  der  At- 
mosphäre II,  108  f. 

—  Barometerformel   für  Höhenberech- 
Dungen  II,  116  f. 

—  Fluth  und  Ebbe  in  der  Atmosphäre 
II,  237. 

La  Plata  I,   391.  II,   30.    404.  405.  4u6. 

411.  412.  427.  434.  430.  608. 
La  Plata,   Mündungsgebiet  des    I,  359. 

II,   130.  404.  585.  647. 
Lappa  II,  5S5. 
Lappland  I,  152.  153.  II,  522.  536.  550. 

599. 
Laptew  I,  470. 
Largeteau  I,  171. 
Laricio-Kiefer  II,  550. 
Larix  sibirica  II,  6.). 
La  Rochelie  I,  197. 
Lartet  II,  325. 
Lasaulx,  A.  v. :  über  das  Erdbeben  von 

Herzogenrath  1,250. 253.  254,f.  257.  263. 


710 


Begister. 


Lasaulx,  A.  v.:  Seismochronograph  I, 
264  f. 

Lassen  I,  86. 

Latham  I,  524. 

Latrobe  ü,  527. 

Laubfrosch,  blauer  II,  651. 

Laubhölzer:  erstes  Auftreten  in  der 
mesozoischen  Zeit  I,  318.  .^25,  reiche 
Ent^EÜtung  in  der  Tertiärzeit  I,  328. 
329.  332.  Immergrune  L.  der  Gegen- 
wart n,  502.  524.  553.  586.  587  589. 
L.  des  Nordens  (mit  Laubwurf)  II, 
536.  551. 

Lauenburg  I,  162. 

Laufkäfer  U,  618. 

Laughton  11,  84 

Laurelia  II,  587. 

Laurentische  Formation  I,  292.  296. 
302  ff.  339.  427. 

Laurentius,  Thränen  des  hl.  I,  114. 

Laurenz-Insel  II,  76. 

Lauras  (Lorbeer)  II,  190.  523.  535.  553. 

m  w  m* 

—  camphora  (Kampherbaum)  II,  535. 557. 

—  nobilis  II,  535.  553. 

—  Sassafras  11,  523.  535. 
Lausitzer  Gebirge  I,  243. 
Lautergletscher  n,  341. 

Lava  I,   201   f.  204.  205  ff.  210.  211  f. 
220.  222  ff.  259.  262.  285.  291.  IL  289. 
Lavakegel  I,  211  f. 
Lavendel  II,  523. 
Lavoisier  I,  183. 
Laxe-Bucht  I,  108. 
Lebacher  Schiefer  I,  317. 
Lebida  s.  Leptis  Magna. 
Lech  n,  429  f.  437. 
Lechthal  II,  360.  595. 
1  £cUt  I,  439. 
Le  Coq  I,  242. 
Lefroy  II,  46ü. 
L^e  I,  457. 
Legentil  I,  183.  II,  463. 
Lehmann,  J.  G.  I,  562. 
Leibnitz  I,  7. 
Leichhardt  II,  650. 
Lein  II,  597. 

Leiopelma  Hochstetteri  I,  520. 
Leipzig  I,  250. 
Leilfossilien,  Begriff  I,  296. 


Lek  I,  378. 

Lemaire  I,  525. 

Lemming  II,  610  f.  6J5.  627.  628. 

Lemonnier  I,  152.  II,  136  f. 

Lemur  II,  639. 

Lemuria  I,  388.  505. 

Lena  I,  187.  II,  405. 

Lennier  I,  439. 

Lentz.  Hugo  II,  18.  19.  20. 

Lenz  n,  6.  7.  41.  42.  92. 

Lenzites  U,  530. 

Leoniden  I,  114  f. 

Leopard  n,  620.  634. 

Lep^re  II,  lü5. 

Lepidodendron    im    Silur   I,   305,    im 

Devon   I,   307,  in   der  Kohle  I,  310. 

340,  in  der  Dyas  I,  316,  stirbt  am 

Ende  der  paläozoischen  Zeit  aus    I, 

318. 
Lepidosircn  I,  519. 
Leptis  Magna  I,  372. 
Leptolepis  I,  322. 
Lepton3rz  II,  648.  650. 

—  leopardinus  II,  648. 

Lepus  (Hase)  U,  615.  616.  6l7.  619. 
621.  622.  624.627.  631.  635.  642.  643. 
618. 

—  aegyptius  H,  621. 

—  brachjuras  (japanischer  Hase)  II,  624. 

—  brasiliensis  II,  643. 

—  glacialis  II,  616. 

—  hibemicus  II,  617. 

—  magelUnicus  II,  648. 

—  mediterraneus  U,  621. 

—  tibetanus  II,  622. 

— '  timidus  (gemeiner  Hase)  II,  617. 
619.  621. 

—  Tolai  8.  Tolaihase. 

—  variabilis  (veränderlicher  Hase)  II, 
615.  617.  622. 

Lerche  II,  637. 
Leroy  U,  243. 
Lesjü-Thal  I,  478.  II,  451. 
LessÖevärks  Vaod  I,  478. 
Lesson  I,  510. 
Lessonien  II,  531. 
Letronne  I,  451. 
Lettenkohle  I,  341. 
Leuchterbanm  s.  Mangrovebaum. 
Leuckart  U,  316. 


Register. 


711 


Leukerbad  I,  272.  II,  294. 
Leverrier:  theoretischer  Nachweis  eines 
transuranischen  Planeten  I,  98. 

—  Uranus  hat  den  Eintritt  des  Novem- 
ber-Meteoritenschwarmes  in's  Sonnen- 
system herbeigeführt  I,  117. 

—  Bahnelemente  des  Cometen  I  von 
1866  I,  117  f. 

Lexell  I,  126. 

—  's  Comet  I,  126. 
Leyden  I,  146. 
Leypold,  Fr.  II,  354. 

Lianen  II,  542.  561.  565.  568.  576.  577. 

578.  579.  5S0.  581.  584.  587.  590. 
Liasformation  I,  294.300.  301.  321.324. 
Liaskohle  I,  341. 

Libanon   I,  328.   II,  361.  554.  601.  636. 
Libration  des  Mondes  I,  99  f. 
Libri  II,  151,  Nota  1. 
Libysche  Kette  II,  387. 

—  Wüste  I,  450. 
Lichanotus  II,  639. 

Licht,    Bedeutung   desselben    für    die 

Pflanzen  II,  520. 
Lichtenstein,  Hinrich  II,  503  f. 
Lichtjahr  I,  18. 
Liebfrauenbrunnen  II,  304. 
Ligurien  I,  347. 
Liguster  II,  595. 
Lille  II,  294. 

Lima  I,  258.  259.  II,  449. 
Limane  II,  314.  412. 
Lima  striata  I,  319. 
Limmat  II,  328. 
Limmatthal  II,  359. 
Limone  11,  554. 
Linde  II,  501.  536.  551.  557. 
Lindenau  ü,  123. 
Lindhagen  I,  162. 
Lindley  II,  528. 
Lingula  I,  304.  306. 
Linne  (Mondkrater)  I,  101. 
Linn^  I,  352. 

Linthgletscher  der  Eiszeit  II,  359. 
Linththal  U,  359. 
Liparische  Inseln  I,  238. 
Liriodendron  tolipiferum  II,  536.  571. 
Lissabon  II,  175.  267. 

—  Erdbeben  von  I,  246.  258.  260.  268. 
269.  272.  n,  22. 


Listing  I,  157.  167. 

Lithosia  pulchella  II,  654. 

Lituites  I,  306. 

Liu-Kiu-Inseln    I,  238.  368.  492.  II,  75. 

Liverpool  I,  320.  II,  22.   224.  334. 

Livingstone  I,  261.  428.  II,  313. 

Livistona  II,  558.  569. 

—  chinensis  II,  558. 
Livland  I,  :h81. 
Livorno  11,  30. 
Lianeros  II,  516. 
Llano  estacado  II,  516. 

Llanos  U,  157.  219.  260.  497  f.  578. 
Lloyd  n,  106. 
Lobositz  II,  440. 
Localattraction  I,  173  ff. 
Loch-Ewe  H,  317  f. 
Lockyer:   die  physische  Beschaffenheit 
der  Fixsterne  I,  58  f. 

—  die  Elemente  der  Sonnenatmosphäre 

I,  68  (Nota  1). 

—  Gase  unter  hohem  Druck  liefern  ein 
continuirliches  Spectrum  I,  69. 

—  Helium  in  den  Protuberanzen  I,  75. 

—  Marskarten  I,  87. 

—  Cometentemperaturen  I,  119.  129. 
Lodoicea  Seychellarum  I,  505,  Nota  1. 

II,  589. 
LÖbejün  I,  315. 
Löffelhund  n,  634. 
Löff'ebreiher  U,  621. 
Löffler,  rosenrother  II,  645. 
LÖSS  I,  335. 

Low,  Oscar  I,  360. 
Löwe  n,  620.  628.  630.  634. 
Löwe,  amerikanischer,  s.  Cuguar. 
Löwe  (Sternbild)  I,  114. 
Löwenberg  (Schlesien)  I,  327. 
Löwenburg  II,  167. 

Logan:  Entdeckung  des  Eozoon  Cana- 
dense  I,  304. 

—  der  Laurentiusgolf  ein  uraltes  Thal 
n,  411. 

—  Querthäler  in  Canada,  welche  nicht 
durch  Erosion  entstanden  sein  können, 
n,  444.  445  (Nota  1). 

Loiret  (D^p.)  11,  596. 
Loir-et-Cher  (D^p.)  II,  596. 
Lomaria  I,  515. 
Lomatia  II,  588. 


712 


Begister. 


Lombardei  II,  554.  555. 
Lombardini  II,  393.  402.  423. 
Lombok  I,   242.  369.  4S9.  520.    II,  649. 
Loncheres  II,  643. 

London  I,   154.   156.  514.   11,   22.   231. 
?40.  24S.  249.  25S.  277.  457.  460.  466  f. 
469.  471.  474. 
Loomis  n,  200. 
Lop-nor  II,  399. 

Lorbeer(Laura8)  II,  190. 523. 535. 553. 557. 
Lorenzquelle  (Visp-Thal)  1,  264. 
Loreto  (Brasilien)  II,  369,  Nota  l. 
Lori  II,  639.  651. 
Loricata  11,  609.  646. 
Loschkin  11,  66. 
Lot  (Flu88)  n,  393. 
LothablenkuDg    darch     Localattraction 

I,  173  ff. 
Lothringen  I,  320.  321.  II,  334. 
Lotosblume  11,  543. 
Lottin  II,  480. 

Louisiade- Archipel  I,  366.  501. 
Louisiana  11,  571.  572. 
Loven  II,  318. 
Lowestoft  I,  384. 
Loxolophodon  I,  331. 
Loyalitätsinseln  I,  366.  501. 
Luc,  Jean  Andre  de  II,  115  f.  136.  152. 
Luchs  II,  613.  620. 
—  canadischer  II,  626. 
Ludwig  XIV.  I,  14S. 
Lübbert,  Otto  I,  4S0. 
Lübeck  II,  96. 
Lütke  I,   157.  II,  66. 
Lütschinen  II,  413. 
Luft  und  Luftkreis  s.  Atmosphäre. 
Luftdruck:  mit   seinen  Veränderungen 
schwankt  das  Niveau  des  Meeres  II, 
106  f.   Grösse  des  L.  und  Benützung 
desselben  zu  Höhenbestimmungen  II, 
110—137.  Tägliche  Periode  des  L.  II, 
123—126.    Jährliche  Periode  des  L. 
n,  126—128.  Nichtperiodische  Schwan- 
kungen  des  L.  n,  128  ff*.  Ungleiche 
Grösse  des  mittleren  jährlichen  L.  an 
verschiedenen   Punkten  der  Erdober- 
fläche n,  130  f.  Erniedrigung  des  Siede- 
punktes mit  der  Verminderung  desL. 
II,  136  f.    Beziehung  des   L.  zu  den 
Winden  O,  225  f. 


Luftthermometer  11,  151. 

Lugan  II,  275. 

Luganer  See  I,  534. 

Lugau  (Kgrch.  Sachsen    I,  31.5. 

Luma  II,  58 7. 

Lund  II,  655. 

Lupton  I,  192. 

Luther  I,  88. 

Lutra  (Fischotter)  II,  606.608.  612.  615. 

616.  624.  625.  630.  63.^  641.  ti47. 
Lutra  canadensis  II,  615. 

—  chilensis  II,  647. 

—  platensis  11,  647. 

—  vulgaris  (gemeine  Fischotter)  II,  6U6. 
608.  612.  615.  616.  624. 

Luxemburgia  II,  581. 
Luzech  n,  393. 

Luzem,  Gletschergarten  von  II,  .^S4. 
Luzon  I,  214. 
Lycien  I,  374. 

Ljcoperdon  horrendum  II,  530. 
Lycopodiaeeen-Zone  I,  340. 
Lycopodium  cemuum  II,  592. 
Lyell,  Sir  Charles:  Lehre  von  der  Auf- 
schüttung der  Vulcaue  I,  203. 

—  Senkungen  hervorgerufen  durch  Erd- 
beben I,  269  (Nota  1). 

—  Hebungen  während  des  Erdbebens 
von  Valparaiso  i.  J.  1822  I,  270. 

—  Hebungen  an  der  Küste  Neu-See- 
land's  bei  dem  Erdbeben  am  23.  Jan. 
1S55  I,  271  (Nota  3). 

—  Eintheilung  der  Tertiärformat iou  I. 
329. 

—  Aufsteigen  der  schwedischen  Küste 
I,  353. 

—  seculäres  Sinken  von  Georgien  und 
Südcarolina  I,  361  f. 

—  Hebungserscheinungen  an  der  Süd- 
küste von  Sicilien  I,  374. 

—  seculäre  Senkung  an  der  Somme- 
Mündung  I,  37b. 

—  Aufsteigen  der  schwedischen  Küste 
I,  382  f. 

—  Madeira  und  die  Canarien  hingen 
nie  mit  Afrika  zusammen  I,  390. 

—  östlich  der  Alleghanies  erhob  sich 
einst  ein  hohes  Gebirge  1,  390. 

—  unter  den  Tropen  finden  sich  keine 
Spuren  der  Eiszeit  I,  472. 


Kegister. 


713 


Lyell,  Sir  Charles :  über  die  Entstehung 
der  Gebirgsseen  in  Oberitalien  I,  4S3. 

—  Wasserreisen  verschiedener  Thiere  I, 
510,  Nota  1.  II,  608  (Nota  2). 

—  Wanderung  vulcanischer  Aschen  im 
Antipassat  11,  217. 

—  Bildung  des  Märj eleu- Sees  (Eissee) 
II,  326.  327. 

—  Erklärung  der  Eiszeit  durch  eine 
andere  Vertheilung  des  Starren  und 
Flüssigen  II,  364. 

—  die  Insel  Marajo  kein  Deitaland 
II,  404,  Nota  2. 

—  über  das  Zurückweichen  des  Nia- 
gara II,  440. 

—  Schmetterlinge  werden  bisweilen  auf 
hoher  See  gefangen  II,  656  (Nota  4). 

Lyme  Regis  I,  323. 
Lyon  II,  195.  394.  44S. 
Lyonnais  11,  603. 
Lyonnaiser  Ketten  II,  433. 
Lyra,  «  I,  18.  286. 
LyseQord  I,  478.  481. 
Lyssabel  I,  162. 
Lvttelton  I,  366. 

Maare  I,  204.  216  f. 

Maasö  I,  352. 

Maasthal  I,  266.  315. 

Macaluba  II,  311. 

Macao  I,  524.  II,  270. 

Mac  Clintock  II,  419. 

Macdonald-Inseln  I,  513. 

Macedonien  n,  554.  601. 

Machairodus  I,  333. 

Mack,  Capt.  F.  C.  I,  367.  II,  66. 

Mackenzie  (Fluss)  I,  187.  II,  405.  413. 

Mackenzie-Bucht  (Grönland)  I,  363. 

Mackenzie's  Geysirtheorie  II,  296  f. 

Maclear  I,  162. 

Macquane-Insel  I,  501  tl'. 

Macrocolus  halticus  II,  643. 

Macrocystis  pyrifera  II,  531. 

Macropetalichthys  I,  30S. 

Macruren  I,  318. 

Madagaskar  I,  364.  371.  35S.  5o3f.  519. 

531.  536.  II,  188.  589.  638  f.  653. 
Madeira  I,  258.  390.  499.  516.  525.  527. 

530.  II,  131.  240.  505.  588. 
Madenhacker  II,  637. 


Madison-River,  Thal  des  I,  301  f. 

Madras  I,  159.  370. 

Madrid  11,  224. 

Madura  I,  523. 

Mähren  I,  315.  334. 

Mael-Strom  II,  31,  Nota  2. 

Märjelen-See  II,  326  f. 

Maestricht  I,  327. 

Magalhäes-Länder  s.  Feuerlaud. 

Magalh&es-Strasse  I,  463.466.472.  II,  283. 

Magalhaes'sche  Wolken  (Nebelfieck  am 
südlichen  Sternenhimmel)  I,  ^5. 

Magdalenenstrom  II,  408.  437.  535. 

Magdeburg  I,  197.  II,  422.  431. 

Magnesian  limestone  I,  316. 

Magnetismus  der  Erde:  räthselhaft  in 
Rücksicht  auf  den  gluthflüssigen 
Zustand  des  Erdinnern  I,  287.  Histo- 
risches über  die  Magnetnadel  II,  455. 
Magnetische  Declination  II,  456  f., 
Inclination  (Magnetpole)  II,  457—459, 
Intensität  II,  459—461.  Verlauf  der 
isogonischen  Linien  II,  461—463,  der 
isoklinischen  Linien  II,  463  f.,  der  iso- 
dynamischen Linien  II,  464  f.  Theo- 
rien über  den  Erdmagnetismus  II, 
465  f.  Seculäre  Variationen  der  De- 
clination II,  466 — 468,  der  Inclination 
II,  468  f.,  der  Intensität  II,  469.  Ur- 
sachen dieser  Variationen  II,  469  ff. 
Tägliche  Variationen  der  Declination 
II,  471—473,  der  Inclination  und 
Intensität  II,  473.  Verstärkung  des 
tellurischen  Magnetismus  während  der 
südlichen  Declination  der  Sonne  11, 
474.  Beziehungen  des  Erdmagnetis- 
mus zu  Sonne  und  Mond  II,  474. 
Magnetische  Störungen  II,  474 — 476. 
Beziehungen  des  Erdm.  zum  Polar- 
lichte II,  476 — 481,  zu  den  Sonnen- 
ilecken II,  481 — 483,  zu  den  Cirrus- 
wölkchen  II,  483—495. 

Magnetpole  II,  458 f.  461.  462  f.  469.  481. 

Magnolia  II,  557.  572. 

—  grandiflora  II,  572. 

Magot  s.  Inuus  ecaudatus. 

Magra  II,  422. 

Mahabalipuram  I,  370. 

Mahagonibaum  U,  576  f. 

Mahamailapur  I,  370. 


714 


Register. 


Mahauadi  I,  369.  II,  410. 

Maienfeld  II,  358. 

Mailand  I,  171.  175.  II,  267.  475. 

Main  II,  371.  509. 

Maine  I,  463.  467.  477.  II,  374. 

Maini  II,  418.  420. 

Mais  II,  554.  562.  572.  576.  5S3.     . 

Makako  a,  Inuus. 

Makassar-Strasse  II,  629.  652. 

Makin,  639. 

Malabar  II,  559. 

Malakka  I,  364.  387.  397.  511  f.  II, 
630. 

Malapert  I,  60. 

MalapteruruB  electricus  II,  63^. 

Malayen  I,  364.  530. 

Malajische  Piraten  I,  140. 

Malediven  I,  370.  388,  496. 

Mallet:  Untersachangen  über  Erd- 
beben I,  244  ff.  262.  263. 

—  Einwände  gegen  Hopkins'  Theorie 
über  die  Mächtigkeit  der  starren 
Erdkruste  I,  286  f. 

—  Maximaldicke  der  Gletscherschicht 
zur  Eiszeit  I,  477. 

—  Verhalten  des  Eisens  beim  Erstarren 
I,  550  f. 

Mallikollo  I,  492. 

Malm  (weisser  Jura)  I,  300.  321.  324. 

Malmö  I,  3S1. 

Malörn  I,  162. 

Malta  I,  37J.  II,  457. 

Malte  Brun  I,  561. 

.Maluigin  11,  65  f. 

Malvenbäume  II,  536  f. 

Malvoisine  I,  149. 

Mamillaria  II,  540.  573.  585.  5S7. 

Mammnth  I,  336. 

Mammuthbaum  II,  527.  574. 

Mammuthbanmthal  II,  527. 

Mamon  l^  145. 

Manakin  II,  645. 

Manatos  II,  637.  645. 

—  senegalensis  II,  637. 
Manchester  II,  258. 

Mandana  (Vulcan,  Santa -Cruz- Inseln) 

I,  240. 
Mandelbaum  II,  553. 
Mandelsloh  I,  195. 
Mandschurei  I,  233. 


Mangaia  I,  497. 

Mangrovebaum  I,  448.  459.  II,  535.  560. 

572.  578. 
Mangusta  (Herpestes)  II,  62o.  628.  630. 

634.  639.   Im  übrigen  s.  Herpestes. 
Manilla  I,  260. 
Manis  U,  624.  631.  635. 
Manon  I,  326. 
Mansfeld  I,  316.  317. 
Mantawi-Inseln  I,  369.  501. 
Manuck  Debata  II,  651. 
Manukau-Hafen  I,  204. 
Maori-Katte  I,  522.  528.  II,  65S. 
Maquis  11,  553.  588.  589. 
Mara  II,  64^. 
Marajö  U,  404. 
Marais  salans  II,  330. 
Maraldi  I,  151.  171. 
Maranham  I,  156.  159. 
Maranhfto  II,  261. 
Maraiion  II,  369,  Xota  1. 
Marchfeld  H,  445. 
Marco  Polo   I,  346.  II,  455. 
Marder  (MustelajII,  615.  616.  620.  622. 

624.  625.  630.  633.  641. 
Mare  Nectaris  (auf  dem  Mond)  I,  101. 
Marennes  I,  171. 

Marianen  I,  366.  492.  494.  49b.  510.  530. 
Maricourt,  Pierre  de  II,  456. 
Marienbad  I,  227.  II,  306. 
Marienberg  I,  256  f. 
Marienkäfer  II,  607. 
Marigot  von  N'diadier  II,  42u. 
Maringouiens  II,  420. 
Marion-Inseln  I,  499. 
Mariotte  U,  112.  129.  130.  223. 
Mariotte's  Gesetz  U,  112. 
Maritimes  Klima  s.  gleichmässiges  Klima. 
Mariut-See  II,  416. 
Mar-Khur  II,  623. 
Marmora,  Graf  Albert  de  I,  375. 
Marokko  (Staat)  I,  258. 
Maros  H,  396. 
Marqnesas-(Mendana-)Iii8eln  1, 365.  494. 

498. 
Mars  I,  86. 

Marseille  II,  183,  Nota  1.  604. 
Marsh  I,  327. 
Marshall- Inseln  I,  365. 
Marskarten  I,  86  f. 


Kegister. 


715 


Martaban,  seculäre  Hebungen  am  Golf 
von  1, 369.  Flutb  im  Golf  von  M.  II,  27. 

Martendale  II,  1S3  f. 

Marlene,  Eduard  von  II,  316. 

Martigny  II,  3S0. 

Martinique  (Kleine  Antillen)  I,  25S. 
510,  Nota  1. 

Martins,  Charleis :  Wirkungen  der  Sand- 
stürme in  der  Wüste  I,  449  (Nota  1). 

—  das  Vorrücken  der  Dunen  in  Jder 
Sahara  I,  449  (Nota  2). 

—  über  das  Thierleben  Irland's  I,  519 
(Nota  I). 

—  Siedepunkt  auf  dem  Montblanc  II, 
137. 

—  Weinbau  im  Mittelalter  II,  201. 

—  Gletscher  in  den  Pyrenäen  zur  Eis- 
zeit n,  360  (Nota  3). 

—  über  die  frühere  Meeresbedeckung 
der  Sahara  II,  364. 

—  über  die  Kiesel  der  Crau  II,  381. 

—  die  Abhängigkeit  der  Gewächse  von 
ihrem  SUndort  11,  519  (Nota  3). 

—  über  den  Austausch  der  Gewächse 
zwischen  Europa  und  Nordamerika 
II,  547. 

—  Verwandtschaft  der  alpinen  Flora 
mit   der  nordischen  II,  599  (Nota  2). 

—  die  räth seihafte  Verbreitung  von 
Dloscorea  pyrenaica  und  der  ihr  nahe- 
stehenden Pflanzen  ü,  601   (Nota  2). 

—  über  die  posttertiäre  Flora  Süd- 
frankreich's  II,  603.  604  (Nota  1). 

Martin  Vaz  I,  391.  499. 

Martins,  Philipp  v.  II,  404,  Nota  2.  532. 

579. 
Mas-a-fuera  I,  391.  49S. 
Mascaret  II,  28. 

Maskarenen  I,  371.  38ü.  499.  11,  589. 
Maskarenen- Strom  II,  101. 
Maskelyne  I,  174.  176  ff. 
Maakenschwein  II,  636.  639. 
Massengesteine  s.  Eruptivgesteine. 
Massenverhältnisse  der  Meere  und  der 

Continente  I,  407  ff. 
Massua  I,  372.  II,  195.  196. 
Mastixbaum  n,  523.  553. 
Mastodon  I,  333. 
Mastodonsaurus  I,  319. 
Masudi  II,  406. 


Matagorda-Bay  I,  361. 
Matanne  II,  445. 
Mathieu  I,  156. 
Matia-Insel  I,  497. 
Matiasbay  I,  391.  II,  405. 
Mattapony  II,  371. 
Matterhorn  I,  569. 
Matterjoch  II,  170  f. 
Matteucd  I,  194. 
Matthew-Insel  I,  492. 
Maulbeerbaum  II,  553.  558. 
Maulwurf  II,  616.  620.  623. 

—  blinder  II,  620. 

—  gemeiner  II,  616. 
Mauna  Kea  I,  208.  II,  217. 

—  Loa  I,  202.  206  f.  2ü8.  213.  218.  224. 
259. 

Maupertuis  I,  152. 

Maurienne,  Gebirge  von  I,  559. 

Mauritia  II,  578.  579. 

—  flexuosa  II,  579. 

Mauritius  I,  260.  371.  499.  526.  530. 
n,  505  f. 

Maury  (Astronom)  I,  126. 

Maury  (Hydrograph),  M.  F. :  erste  Tiefen- 
karte   des    nordatlantischen  Beckens 

I,  410. 

—  der  Silbergehalt  der  Oceane  II,  5 
Nota  1. 

—  über  die  Guineaströmung  II,  57. 

—  dachförmige  Oberfläche,  sowie  Farbe 
des  Floridastromes  11,  62. 

—  Verschiedenheit  der  Passatkräfte  im 
Gebiete  des  nord-  und  südatlantischen 
Oceans  n,  88. 

—  der  Floridastrom  bewegt  sich  bergan, 
entsteht    durch    Salinitätsdifferenzen 

II,  99. 

—  ungleiche  Dauer  der  beiden  Mon- 
sune im  Gebiete  des  Indischen  Oceans 
n,  213  (Nota  1). 

—  der  Calmengürtel  oder  Aequatorial- 
wolkenring  II,  255. 

Maus  (Mus  musculus)  II,  610.  617.  624. 

626.  635.  643. 
Maxima   der  Luftwärme  II,   194—197, 

der  Windstärke  II,  208  f. 
Maximilian,  Prinz  von  Neuwied  II,  499. 
Maximiliana  princeps  II,  579. 
Maximum-Thermometer  II,  153. 


716  Register. 

Mayer,  Jul.  Rob. :  Gesetz  von  der  Un-  im  aUgemeineii  ist  es  in  allen  Ocea- 

zerstörbarkeit  der  Kraft  I,  3S.  42.  43  nen  dasselbe  II,  105  f. 

(Nota  1).  Meeresströmungen    haben    nur  geringe 

—  Ursprung  der  Sonnen  wärme  zurück-  erodirende  Kraft,  nivelliren  den  Meeres- 
geföhrt  auf  Meteoritenregen  I,  47  f.  grund  I,  429.  Darstellung  der  M.  II. 

—  Verzögerung  der  Erdrotation  durch  56— 80.  Die  Theorien  der  M.II,S1 — 107. 
die  Gezeiten  I,  50  f.  M.  dienen   zur  Verbreitung  der  Ge- 

—  Bedeutung  der  Atmosphäi-e  im  Haus-  wachse  II,  545.  577.  593  f. 
halt  der  Natur  I,  81  (Nota  n  Meerfelden,  Maar  bei  1,  217. 

Mayer,    Tobias:     Beobachtung     eines  Meerkatze  II,  633. 

grossen  Sonnenflecken  I,  74.  Meermuhlen  bei  Argostoli  II,  30S. 

—  Mondtafeln  I,  170.  Meerschwein  s.  Delphinuä  phocaeua. 

—  Messung  der  magnetischen  Intensität  Meerschweinchen  II,  64u.  643.  64^. 
II,  459.  Megaderma  II,  633. 

Maypo  I,  225.  Megalobatrachus  II,  624. 

Mechain  I,  160.  161.  Megapodidae  II,  651. 

Mechanische  Leistungen  der  Ströme  11,  Mehadia  II,  294. 

375—397.  Meiringen  II,  439. 

Medanos  I,  448.  II,  493.  Meissner,  Braunkohle  vom  I,  343. 

Medardus  (8.  Juni^  II,  237.  Mekhong  II,  410. 

M^oc  I,  45S.  Mekran  I,  370. 

Meech  n,  139  (Nota  1).  Meialeuca  II,  534. 

Meer:  seine  Beziehungen  zum  Vulcanis-  Melan  I,  162. 

mus  I,  232  ff.  Erschütterungen  des  M  Melanesia-See  s.  Koralienmeer. 

durch  Erdbeben  I,  246.  Andere  Ver-  Melaphyr  I,  292.  297. 

theilnngdesM.  in  früheren  geologischen  Melastomaceen  II,  537. 

Zeitaltem  1,290.  Die  Grenzen  vorhisto-  Melbourne  I,  366.  II,  233.  249. 

rischer  Meere  zu  bestimmen  I,  29S  f.  Meles  II,  616.  624.  625. 

Flächenverhältniss  des  M.  zum  Fest- .  Melilotus  sulcata  II,  597. 

landel,392. 426.  Methoden  zur  Messung  Meline,  James  II,  496,  Nota  2. 

seiner  Tiefen  I,  407  ff.  Seine  mittleren  Meliphagidae  II,  651. 

Tiefen  I,  410—420.   Sein  Volumen  I,  Mellum  I,  31 9. 

427.  n,  287.    Sein  Gewicht   ist  dem-  Melonen-Cactus  IL  541.  573.  5S2. 

jenigen  der  Erdfesten  gleich  I,  427  f.  Memel  I,  162.  II,  32. 

Neigimg  seiner  Wandungen  I,  433  f.  Memnonsäule  I,  451. 

Zerstörende    Thätigkeit   des    Meeres  Memphis  (am  Mississippi)  II,  497. 

I,  433—442.    Salzgehalt    und    speci-  Menam  II,  41(). 
fisches  Gewicht  seines  Wassers  L  552.  Menamdelta  I,  369. 

II,  3 — 13.  Fluth  und  Ebbe  II,  14—32.   Mendaiia-Archipel  s.  Marquesas-Iu&eln. 
Temperaturen    an   seiner   Oberfläche   Mendaua-Vulcan  I,  492. 

II,  33 — 3S,  in  den  Tiefen  desselben  II,  Menden  I,  257. 

38 — 55.  Seine  Strömungen  s.  Meeres-  Mendesische  Niimündung  II,  416. 

Strömungen.'  Meere   als   Hindemisse  Mendoza  II,  64b. 

für  die  Verbreitung  der  Gewächse  II,  Mensaleh-See  I,  372.  II>  416. 

599,  der  Thiere  II,  611.  Mensch:    Skelettheile  im   Diluvium    I. 

Meeresbecken,  ihre  Entstehung  I,  290.  336  f.  Verbreitung  der  Gewächse  uurch 

Meeresgrund,  sein  Relief  I.  4i>5  f.  42S  ö.  den  M.   II,   596  f     Verbreitung  der 

Meeresniveau ,  Abweichung  des  M.  von  Thiere  durch  den  M.  II,  610.  Der  M. 

dem    reinen    Rotations  -  EUipsoid    in  ein  Hinderniss   für    die  Verbreitung 

Folge  Attraction  der  Festlande  1, 158  f.;  mancher  Thiere  11^  613. 


Register. 


717 


Menzies-Tanuc  II,  550.  570.  571.  i  Mettenberg  I,  542  f. 

Menzzer  II,  459  f.  !  MexJcanische  Flora  II,  575  f. 

Mephitis(StiQkthier)  11,625.626.640.641.   Mezicaniscbe  Küstenströmung  II,  76. 


—  Chinga  II,  626. 

—  patagonica  II,  647. 

—  suffocans  11,  647. 
Meran  II,  360. 
Mercur  I,  79  ff. 

Mer  de  Glace  II,  343.  344.  345.  353.  599. 
Mergelschichten,   Bildung  derselben    I, 

292  f. 
Mergen  I,  233. 
Meriones  (Rennmäuse)  II,  621.  631.  635. 

643. 
Merops  II,  618.  637. 

—  apiaster  II,  618. 
Merw  II,  516. 
Mesa  11,  402. 

Mesembryanthemum  II,  504.  567. 
Mesen  I,  185. 

Mesopotamien  II,  160.  196.  437. 
Mesozoische  Formationsgruppe  I,  298. 

318—328. 

Messier  XVn,  Nebelfleck  I,  34  f. 

Messina  I,  268.  II,  31. 

Metall-Maximum-  und  Minimum-Ther- 
mometer II,  154. 

Metamorphose  des  Urgebirges  I,  303. 

Meteorite  I,  107  ff.  Aufzählung  wich- 
tiger Meteoritenfalle  I,  107  f.  Grösse 
und  Gewicht  der  M.  I,  108  f.  Cha- 
rakteristische Merkmale  der  M.  1, 109  f. 


Mexico  (Geologisches:)  1,  109.  225.  232. 
233.  236  f.  239.  361.  493  f.  (Meteoro- 
logisches:) n,  168  f.  219.  283.  354. 
437.  (Biologisches :)  II,  525.  540.  546. 
573. 

Mexico,  Busen  von  I,  420.  II,  35.  36. 
51.  59.  98.  393.  408.  414.  416.  625.  626. 
627.  639.  642.  643.  Gebiet  des  B.  v. 
M.  II,  219.  263. 

Meximieux  II,  603. 

Meyer,  0.  E.  II,  85.      . 

Mezquite- Sträucher  II,  573. 

Michelia  II,  560. 

Michigan  (Staat)  I,  316.  II,  334.  362. 
j  Michigan-See  II,  32.  319. 

Micraster  I,  326. 

Microcebus  II,  639. 

Microglossa  II,  632. 

Microlestes  antiquus  I,  320. 

Micuipampa  II,  460. 

Middendorff,  Alex.  Theod.  v.:  Südgrenze 
des  Eisbodens  in  Sibirien  I,  186. 

—  Beobachtungen  im  Scherginschachte 

I,  187  f. 

—  Hebungserscheinungen  an  der  Nord- 
küste von  Sibirien  I,  368. 

—  über  die  Vegetation  des  Taimyr- 
landes  II,  548  f. 

—  über   die   Vegetation   Westsibirien's 

II,  551  (Nota  1). 


Chemische   Zusammensetzung!,  110.; 

Specifisches  Gewicht  I,  110.    Einthei- i  Milchstrasse  I,  18  ff. 

lung  in  Stein-  und  Eisen-M.  I,  110.1—  der  Nebelflecke  I,  21. 

Geschwindigkeit  der  Bewegung  I,  112.1  Miller,  W.  A.  II,  43. 

Bahnen  I,  112  f.    Aufleuchten  beim  I  Miller-Casella'sches  Thermometer  11,43. 

Eintritt    in    die  Atmosphäre  I,    113.   Milne  I,  265. 

Erhöhte  Frequenz   vom    12.    bis    14.   Milton  II,  495  f. 

November    (Leoniden)    und    am    10.  ^  Milvus  isurus  II,  651. 

August  (Perseiden)  I,  114  ff.    Bahnen  i  Milwauke6  II,  32. 

der  November-  und  Augustschwärme '  Mimosa  dormiens  II,  537. 


—  pudica  II,  537. 

—  sensitiva  11,  537. 

—  somnians  U,  537. 


1, 1 1 5  ff.   Uebereinstimmung  derselben 

mit  Cometenbahnen  I,  117  ff.  132. 
Meteorsteine  s.  Meteorite. 
Meter,  Bestimmung  seiner  Grösse  I,  160.    —  somniculosa  II,  537. 
Methone  (Methana)  I,  202  f.  |  Mimosen  11,  537. 

Metrosideros  II,  534.  Minas  geraes  II,  499.  580. 

Metroxylon  Rumphii  II,  559.  !  Mincio-Gletscher  in  der  Eiszeit  II,  359. 

—  sagus  II,  559.  Mindanao  I,  239. 


' 


718 


Register. 


Mindoro-See  II,  53.  ', 

Mineralwasser  II,  305 — 307. 
Mingrelien  II,  316. 
Minima  der  Lnftwärme  11,  197. 
Minimum-Thermometer  II,  153  f. 
MinnesoU  II,  2S1.  362. 
Minntoli,  v.  h  234. 
Miocün  I,  294.  .'{Ol.  329. 
Mjösen-See  I,  4S4.  II,  451. 
Miquelon  I,  447. 

Mira(Stem  im  Bilde  des  Walfisches)  1, 2S9. , 
Mississippi  (Staat)  II,  2S0. 
Mississippi  (Strom)   II,    :tTO.    373.    374. 
392.   393.   401.   40S.   413  ff.  420.  422. 
423.  42S.  433.  434.  436.  53S  f.  610. 
Mississippi -Delta   I,  311.  361.   397.   11, 

407.  408.  410.  413  ff.  420.  426. 
Mississippi-Ebenen  I,  261.  269.  IL  2S0  f. 

436.  497.  572. 
Missouri  (SUat)  I.  316.  II,  2S1. 
Missouri  (Strom)  II,  370. 
Mistel  II,  595. 
Mistral  I.  446. 
Mitchell  I,  180. 
Mitchell  II,  160. 

Mittel  zur   Verbreitung   der  Gewächse 
11,  592—597,  der  Thiere  IL  6i)S— 610. 
Mitteleuropa  (Geologisches:)  L  163.  171. 
292.    377  ff.  3b5.    (Meteorologisches:) 
II,  193.  233.  274  ff.  480.  (Biologisches:) 
II,  534  f.  5.50  ff.  616—618. 
Mittelmeer  I,  372  ff.  389.  420.  436.  452. 
II,  10.  1 1  f.  30.  .50  f.  104.  106.  317.  408. 
Mittel meerflora  II,  552-  .S55. 
Mittelmeerländer  I,  330.  IL  188.  2f>6  f. 
:J61  f.  501  f.  545.  552—555.  619—622. 
Mittlere  Jahrestemperatur  II,  156. 

—  Monatstemperatur  II,  156. 

—  Tagestemperatur  II,  155  f. 
Moa  I,  522.  526. 

Mobile  I,  361. 

Modellirung  der  Küsten  I,  433—147. 

Möbius,  Karl  I,  3U4,  Nota  I. 

Möllhausen,  Balduin  IL  3S2  f.  496.  527. 

Möllthal  n,  328. 

Mönch  (Berg)  I,  568. 

Mörderschlinger  IL  542. 

Moesta,  C.  L  451. 

Mofetten  I,  226  ff. 

Mohl  II,  519. 


Mohn,  H.:  relativ  hohes  specifisches 
Gewicht  des  atlantischen  Wassers  in 
hohen  nördlichen  Bretten  II,  7. 

—  jährliche  Temperatnramplitude  des 
Oberflächenwassers  im  Skager  Rak 
IL  34  (Nota  1). 

—  über  Tiefseetemperaturen  in  dem 
Norwegischen  Meere  II,  40. 

—  über  das  Auftreten  kälterer  Meeres- 
schichten zwischen  wärmeren  II,  45. 

—  über  die  Tiefentemperaturen  im  nörd- 
lichsten Theile  des  Atlantischen  Oceaiu 
II,  48  ff. 

—  Temperaturverhältnisse  in  dem  Was- 
ser der  Fjorde  II,  50  (Nota  1). 

—  thermale  Strömungen  im  Ocean  IL  92. 

—  vorherrschende  Südwestwiude  im  G*'- 
biete  des  Golfstromes  IL  99,  Nota  1. 

—  Erklärung  der  täglichen  Oscillationen 
des  Barometerstandes  II.  125.  12t> 
(Nota  1). 

—  Windstärke  an  den  Küsten  grösser 
als  im  Binnenlande  II,  207. 

—  Beziehungen  zwischen  Windstärke 
und  barometrischer  Neigung  IL  225. 

—  thermische  Extreme  der  Wiodro»*- 
in  verschiedenen  Ländern  IL  232  f. 

—  die  tägliche  Periode  des  Dampf- 
druckes im  Juli  zu  Bergen  und  Upsala 
II,  247  f. 

—  Dampfdruck  in  Christiania  und  auf 
dem  Dovrefjeld  II,  250. 

Mohn  II,  523. 

Mohr  I,  263. 

Mokattam-Gebir^^e  L  4öl. 

Molasse  I,  328. 

Moldau  (Fluss)  II,  370. 

Molopo  II,  399. 

Molukken  I,  228.  259.  264.  369.  4'.r>. 
IL  215.  534.  559.  562.  608. 

Mommsen  1, 524  (NoU  2).  11,437  (Nota  I ). 

Monatsisanomalen  II,   187. 

Monatsisothermen  IL  178  ff. 

Mond :  Grösse  I,  98.  Masse  I,  98.  Side- 
rische  und  synodische  Umlaufszeit  L 
99.  Entfernung  von  der  Erde  I,  i*^ 
Seine  Bahn  I,  99.  KoUtion  I,  99. 
Libratiou  I.  99  f.  Schwerpunkt  de« 
Mondes  nicht  in  der  Mitte  I,  luo. 
Consequenzen  davon  L  100  f.    Atmo- 


Register. 


719 


Sphäre  I,  100  ff.  Mondberge  I,  101. 
216.  Absorption  der  Atmosphäre  I, 
53.  101  f.  Beweise  für  das  Fehlen 
einer  Atmosphäre  I,  102  f.  Spectrum 
I,  102.  Thermische  Verhältnisse  an 
der  Mondoberfläche  I,  103.  Der  M. 
eine  leblose  Einöde  I,  108.  Abplat- 
tung der  Erde  berechnet  aus  den 
Bewegungen  des  M.  I,  159  f.  Mond- 
finsternisse benützt  zur  Ermittelung 
des  Zeitunterschiedes  zweier  Orte  I, 
169.  Mondtafehil,  170.  Einfiuss  des 
M.  auf  die  Entstehung  von  Erdbeben 

I,  266  ff.  Der  M.  bewirkt  (mit  der 
Sonne)  das  VoiTÜcken  der  Tag-  und 
Nachtgleichen  I,  285  f.  II,  144,  sowie 
die  Entstehung  von  Fluth  und  Ebbe 

II,  14  ff.  Der  M.  ist  für  die  Erde 
kein  wesentlicher  Wärmequell  II,  13S. 
237.  Beziehungen  des  M.  zum  Wetter 
II,  237  f.,  zum  Erdmagnetismus  II, 
474. 

Monde  der  Venus  I,  83,  des  Mars  I,  SS, 
Jupiter's  I,  91.  169,  Saturn's  I,  95  f., 
des  Uranus  I,  97,  Neptun's  I,  9S. 

MondorffI,  196. 

Mongolei  II,  272.  622. 

Mongolen  II,  454. 

Monizia  edulis  I,  516. 

Monkwearmouth  I,  34S. 

Monodon  monoceros  II,  615. 

Monotremen  II,  650. 

Monsune  11,  211.  212—215.  219  f.  255. 
269-272.  512. 

Montagna  di  Fuego  I,  238. 

Montaigne  (Astronom)  I,  83. 

Montaigne,  Michel  de  I,  458. 

Montalto  (Aosta-Thal)  I,  474. 

Montbaron  I,  83. 

Montblanc  I,  242.  540.  541.  II,  136.  169. 
285.  343  ff.  353.  359. 

Mont  Cenis  I,  178.  193. 

Monte  Alto  I,  268. 

—  Argentario  I,  441.  446  f. 

—  Circello  I,  441. 

—  di  Somma  I,  215.  225. 

—  -Massi  I,  194. 

—  Nuovo  I,  208  f.  225.  355. 

—  Romano  I,  441. 

—  Rosa  II,  353.  358.  359. 


Montevideo   I,    159.  11,  404.    411.   469. 

498. 
Montpellier  II,  317. 

Montreal  II,  411. 

Montserrat  (Catalonien)  II,  601. 

Mont  Sinuire  I,  242. 

Monument-Cactus  II,  573. 

Moosbrucher  Maar  I,  217. 

Moose  II,  532.  549. 

Mopane-Baum  II,  566. 

Mora  II,  578. 

Moränen  bewirken  bisweilen  die  Bildung 
von  Seen  II,  328.  Entstehung  der  M. 
II,  340.  Seiteumoränen  II,  341,  Mittel- 
moränen II,  341,  Endmoränen  II,  342. 
Grandmoränen  II,  343. 

Morbihan,  Bucht  von  I,  .^77. 

Morchella  alba  II,  530. 

Morea  I,  374.  II,  620. 

Moreno,  Garcia  I,  236. 

Moresnet  II,  519. 

Morlaix  I,  378. 

Morro-Melancia  I,  452. 

Morteratsch-Gletscher  I,  474.  II,  353. 

Monis  alba  II,  553. 

—  nigra  II,  553. 
Mosasaurus  I,  327. 
Moschus  aquaticus  II,  636. 

—  kanchil  II,  631. 

—  meminna  II,  631. 

—  moschiferus  II,  622. 

—  napu  II,  631. 
Moschusthier  s.  Moschus. 
Moskau  I,  176.  315.  II,  273. 
Moskö-Strom  II,  31,  Nota  2. 
Motacilla  II,  637.  656. 

—  alba  II,  656. 

'  Mount  Hood  I,  472. 

—  Rainier  I,  472. 

Mouvement   de   bascule   s.    Schwengel- 
bewegung. 

Mozambique  I,  371.  II,  564> 
j  Mozambique- Strom  II,  79.  91.  101. 
I  Mucuna  urens  II,  68. 
I  Mudge  I,  162. 

Mühlhausen  (am  Eichsfeld)  II,  20^.  249. 

Mühlheim  (Rheinprovinz)  I,  257. 

Mühry,  A.:  über  Meeresströmungen  II, 
82.  87  (Note  1).  91.  92.  93  ff. 

—  Circumtraction  des  Windes  II,  207. 


720  Register. 

Mühiy,  A.:    die  Regenzonen  der  £rde|Mustela  foina  II,  616. 

II,  259  f.  273.  500.  —  furo  II,  620. 

Müller,  Ferd.  II,  527.  —  huro  II,  625. 

—  Gerhard  Friedrich  I,  367.  —  Intreola  II,  625. 

—  Joh.  I,  17  (Nota  1).  89  (Nota  1).  113  ,  —  martea  II,  616.  625. 
(Nota   J).   127   (Nota  1).  273,  Nota  1. .  —  pusilla  II,  625. 

2S0  (Nota  1).  —  putoriu8  (Iltis)  II,  622. 

München  II,  22S.  237.  360.  —  Richardsonii  II,  615.  625. 

Muflon  U,  621.  623.  627.  i—  sibirica  II,  616. 

Mnghas  II,  550.  ,  —  subpahnata  II,  620. 

Maka-5Iuka-Point  I,  271.  '—  vison  II,  625. 

Mulde  (Fluss)  U,  392.  431.  —  vulgaris  (Wiesel)  II,  615.  625. 

Mnldenseen  II,  329.  —  zibellina  (Zobel)  U,  616.  622. 

Muldenthal  s.  synclinales  ThaL  .  Muszynski,  C  II,  424  (Nota  3). 

Multan  II,  195.  Mutisiaceen  II,  583. 

Munkholm  I,  3S3.  Mutterlau^nsalze  II,  332. 

Muntjakhirsch  II,  631.  Mycetes  II,  641. 

Munzinger  II,  196.  Mycteria  americana  II,  645. 

Muradabad  II,  609.  Mydaus  II,  629.  630. 

Murchison,  Sir  Roderick  I,  10.  305.  Myodes  heivolus  II,  615. 

Murmelthier  s.  Arctomys.  —  lemmus   (Lemming)  II,    610  f.   615. 
Murzuk  II,  195.  627.  62S. 

Mus  II,    610.    617.   619.   621.   624.   626.    —  torquatus  II,  615. 

631.  635.  64  i.  64s  650.  657  f.  —  trimucronatus  II,  615. 

—  barbarus  II,  621.  '  Myogale  U,  625. 

—  decumanus  II,  617.  624.  626.  635.  643.    Myopotamus  II,  643.  64S. 

—  muBCulus   (Hausmaus)   II,    610.   617.   —  coypus  II,  64S. 
624.  626.  635.  643.  Myoxus  (Schläfer)  II,  617.  619.  620.  634. 


647. 
—  glis  II,  617.  620. 


—  Orientalis  II,  621. 

—  rattus  (Hausratte)  II,  610.   617.  626. 
635.  643.  657  f.  —  melanurus  II,  634. 

—  tectorum  II,  621.  —  muscardinus  II,  620. 
Musa  Ensete  U,  564.                                   —  nitela  H,  620. 

—  paradisiaca  (gemeiner  Pisang)  II,  539.    Myrmecobius  U,  650.  651  f. 

554.  559.  Myrmecophaga  s.  Ameisenfresser. 

—  sapientum  (Banane)  U,  524.  539.  559.    Myrsineaceen  II,  605. 
MuscatnuBsbaum  U,  562.  Myrte  II,  190.  534.  553. 
Muschelbänke  I,  357,  auch  Nota  1  und   Myrtus  communis  U,  534. 

3.  359.  367.  368.  374.  375.  —  stipularis  U,  534. 

Muschelkalkformation  I,  294.  319  f.  320.   Mystriosaurus  I,  323. 

U,  334.  Mytilus  I,  321.  322.  355. 

Muschketow,  J.  I,  234.  —  polymorphus  II,  321. 

Muscicapa  II,  637.  Myzodendrou  punctulatum  II,  595. 

Musophaga  U,  637. 

Mustela  (Marder)  U,  615.  616.  620.  622.   !fab  II,  371. 

624.  625.  630.  633.  641.  Nab,  M'  II,  494. 

—  agilis  II,  641.  Nabelschwein  II,  627.  644.  64b. 

—  alpina  U,  622.  Nachtaffen  II,  641. 

—  altaica  II,  622.  Nachtigall  II,  6 IS. 

—  erminea  II,  615.  625.  Nadelhölzer  vgl.  Coniferen. 


Register. 


721 


Nägeli,  Karl  I,  512. 

Nagelflue  I,  328. 

Nagelfrosch  ü,  638. 

Nahur  U,  623. 

Niya  II,  632.  638. 

Nain  (Labrador)  I,  186.  II,  175  f. 

Nairsa  I,  525. 

Namaqualand  I,  108.  II,  500,  Nota  1. 

Namen  der  Ströme  II,  369—371. 

Namur  I,  315. 

Nandu  s.  (amerikanischer)  Strauss. 

Narbonne  II,  317. 

Narenta  II,  422.  425. 

Nares  I,  363.  U,  47. 

Narwal,  gemeiner  U,  615. 

Nasenthier  s.  Nasua. 

Nashorn  s.  Bhinoceros. 

Nashomyogel  II,  632. 

Nasmyth'sche  „Weidenblätter'*  I,  60. 

Nasua  II,  625  f.  640.  642. 

—  montana  11,  640. 

—  socialis  n,  625  f.  642. 
Natronsäuerlinge  II,  306. 
Natronseen  II,  417. 
Natronwasser  Ü,  306. 

Naumann,  C.  F.  I,  257.  26U.  403,  Nota  1. 

Nautilus  I,  314. 

Nazareth-Fluss  II,  419. 

Neanderthkl  (b.  Düsseldorf)  I,  337. 

Neapel  I,  226.  227.  256.  11,  131.  175. 
267. 

Nebel  U,  251. 

Nebelflecke  I,  19  ff.  Sie  sind  zumTheil 
unzweifelhaft  entzündete  Gasmassen 
I,  31  S.  278.  Bewegungen  der  Doppel- 
nebel I,  32.  Wirkliche  N.  sind  Stoff 
zu  neuen  Stemenbildungen  I,  33.  278. 
Sie  finden  sich  vorzugsweise  in  stemen- 
öden  Bäumen  I,  33  ff.  Entstehung 
unseres  Sonnensystems  aus  einem 
Nebelsphäroid  I,  274  ff.  Planetarische 
Nebel  I,  288. 

Nebelsteme  I,  288.  Das  Sonnensystem 
früher  ein  N.  I,  275. 

Nebi-aska  (Staat)  I,  317. 

Neckam,  Alexander  ü,  455. 

Neger  I,  530.  II,  436.  517. 

Negretti  n,  106. 

Negretti  -  Zambra's  Tiefseethermometer 
n,  43. 

Peschel-Leipoldt,  Pbys.  Erdkunde.     II 


Negros  (eine  Insel  der  Philippinen)  I, 

238. 
Nehrungen  I,  442  ff. 
Nelumbium  speciosum  II,  543. 
Neocom  I,  325. 
Neogen  I,  329.  331—333. 
Neograder  Gebirge  n,  445. 
Neotoma  II,  626  f. 
Nepal  n,  561.  601. 
Nephrodium  molle  II,  592. 
—  unitum  II,  592. 
Nephrolepis  tuberosa  n,  592. 
Neptun  I,  97  f.  274.  283. 
Neptunmond  I,  98.  274. 
Nereocystis  Lütkeana  II,  531  f. 
Nerinea  I,  322.  326. 
Neritina  liturata  ü,  321. 
Nertschinsk  II,  270.  476. 
Neu-Amsterdam  I,  499.  515.  530. 
Neu-Archangelsk  II,  176.  279. 
Neu-Bassora  n,  406. 
Neu-Braunschweig  I,  316.  II,  27.  409. 
Neu-Britannien  I,  232. 
Neu-Caledonien  I,  366.  387.  403.  500  ff. 

503.  509.  515.  531.  H,  271.  590. 
Neue  Hebriden  I,  229.  240.  366.  492  f 

494.  498.  515.  n,  26. 
Neuenburg  II,  357. 
Neuenburger  See  II,  329. 
Neu-England  I,  265.  463.  ü,  191  f.  280. 

362. 
Neufahrwasser  II,  32. 
Neuffen  I,  195. 
Neu-Fundland  I,  362.  385.  391.  463.  467. 

535.  545.  571. 
Neu-Fundland,  Bank  von  I,  390.  II,  35. 

36.  70.  73  f.  355. 
Neu-Granada  II,  283.  419.  426  f.  525, 

Nota  2. 
Neu-Guinea  I,  232.  259.   366.  386.  489. 

490.  501.  520.  521.  531.  ü,  215.  271. 
Neu-Hannover  I,  396. 
Neu-Holland  s.  Australien. 
Neu-Irland  I,  366.  396. 
Neukirch  (bei  Bischoiswerda)  ü,  120. 
Neu-Madrid  (Ver.  St.)  I,  261. 
Neumann,  Carl  v.  II,  197  (Nota  4). 
Neu-Mezico  II,  516. 
Neuropteris  I,  309.  316. 
Neusalzwerk  (Westphalen)  I,  196.  198. 

46 


722 


Regbter. 


Nea  -  Schottland  I,  316.  391.  463.  467. 
n,  27.  409. 

Nea-Seeland  (Geologisches :)  I,  204.  209. 
211.  217.  226.  232.  240.  259  (auch 
Nota  2).  271.  364.  366.  385.387.  468  f. 
471.  472.  500.  501  f.  503.  522.  526. 
527  f.  531.  (Meteorologisches:)  H,  268. 
281  f.  299—301.  311.  354.  366  £  (Bio- 
logisches:) II,  590.  592.  598.  602.  658. 

Nea-Sibirien  I,  336.  368. 

Xeu-Süd-Wales  H,  281. 

Neuwied  I,  257. 

Nevado  de  Chillan  II,  354. 

Newbold  I,  184. 

Newcastle,  Kohlenbecken  von  I,  312. 
344.  347.  348. 

Neweroff  II,  197  (Nota  6). 

New-Haven  (Connecticut)  11,  200. 

New-Jersey  I,  362. 

New-Orleans  I,  361.  n,  397.  423.  497. 

New-Providence  II,  293. 

New-Quay  I,  378. 

New-red-sandstone  I,  316 

New-Kiver  II,  334. 

Newton :  Gresetz  von  der  Erhaltung  der 
Kraft  I,  S.  38,  NoU  1. 

—  über  den  Schweif  des  Cometen  von 
1680  I,  122. 

—  die  Richtigkeit  seines  Gravitations- 
gesetzes  erwiesen  aus  der  Picard'schen 
Gradmessung  I,  ]49. 

—  die  Verkürzung  des  Secundenpendeb 
am  Aequator  eine  Folge  der  polaren 
Abplattung  der  Erde  I,  150. 

—  Grösse  dieser  Abplattung  I,  150  f. 

—  Localattraction  I,  173. 
Newton  (Mondgebirge)  I,  101. 
New- York  (Staat)  I,  362.  n,  334. 
New- York  (SUdt)  I,  156.  11,  175.  258. 
Ngami-See  H,  313. 

Niagarafalle  U,  439  f.  442. 

Nicaragua-See  II,  319  f. 

Nicoya  I,  359. 

Niebuhr,  Carsten  I,  371  f. 

Niederlande  s.  Holland. 

Niederschlage,  Begriff  II,  250  f.  257 ;  im 

übrigen  s.  bei  Kegen. 
Nieder- Wildungen  II,  306. 
Nieswurz,  stinkende  II,  519. 
Niger  D,  369.  406.  410.  436. 
Nijmegen  11,  394. 


Nikkala  I,  382. 

Nikobaren  I,  369. 

NikoUjew  II,  276. 

Nil  I,  143.  144.  n,  12.  387.    39S.  40li  t. 

403,  jNota   2.    408.    416  f.    422.    42  :v. 

424.  435.  436.  437.  499.  563.  564.  635  t. 
Nilagiri  n,  654. 
Nildelta  I,  372.   373.  II,   403,  Nota  j. 

408.  416  f.  425.  426.  427. 
Nilpferd  EL,  635  f. 
Nimbus  II,  253. 
Nipon  II,  557.  558. 
Nippfluth  n,  17  f. 
Nischne  Udinsk  11,  197. 
Nischnii-Nowgorod  (Gouv.)  I,  317.  II,  3*>">. 

387.  462. 
Niu-tschuan  I,  368. 
NiTeauerhöhung   der  Oceane  an   ihre:. 

continentalen  Ufern  I,  15S  f.  176. 
Nizza  n,  202.  267.  533. 
Noah  n,  334. 

Nördliches  Eismeer  s.  Eismeer. 
Nördliche  Hemisphäre,  Temperaturver* 

hältnisse  H,  175  ff.   179  ff. 
Nöschel  II,  322. 

Nordafrika  s.  imter  Mittelmeerlander. 
Nordafrikanische  Strömung  II,  63. 
Nordamerika  (Geologisches :)  I,  1 86.  IST. 

231.  294.  296.  30S.  311.  313.  316.  317. 

320.   321.    326.  32S.   334.   360  ff.  3^S. 

390  f.   396.    397.   400.   401.   461.   463. 

465.  467.  472.  473.  498.  529  f.  557  f. 

(Meteorologisches:)  H,  7b.  127.  175  f 

179.  ISG  ff.  197.  199.  227  ff.  233—236. 

256  f.  263  f.  273.  278—281-  301— 30:<. 

319.  321.  324.  354.  362  f.  367  L  382. 

434.  (Biologisches:)  H,  495—497.  535, 

546  f.  570—576.  598. 624— 62S.  653  f.  65t! 
Nordamerikanisches  Waldgebiet  II,  570-  - 

572. 
Nordbrabant  I,  37S. 
Nordcanalrinne  I,  435. 
Nordcarolina  I,  444.  11,  571.  ü57. 
Norddeutsche  Tiefebene  1,  327.  334.  11. 

355.  365.  552. 
Nordenskiöld :  Meteoreisen  auf  Grönland 

I,  108  f. 

—  grosse  Meerestiefen  bei  Spitzbergen 
I,  2S2. 

—  letzte  Fahrt  in's  russische  Eismeer  I. 
470.  II,  66.  67. 


Register. 


723 


NordQord  II,  50. 

Nordlicht  EL,  476—486. 

Nordiee  I,  378  ß.  388.  420.   425.  432 

433.  485.  487.  489.  518.  H,  26.  30.  49 
105.  425. 
Nordstrand  I,  380. 
Norfolk  (England)  I,  439. 
—  (Insel)  n,  590. 

Normandie  I,  107.  378.  II,  190.  201. 
Normannische  Inseln  I,  439.  524. 
Northshields  11,  277. 
Northnmberland  I,  315. 
Northumberlandsund  II,  171. 
Norton-Sund  I,  186.  360. 
Norwegen  s.  bei  Skandinavien. 
Norwegisches  Meer  II,  40.  45. 
Norwegische  Rinne  II,  49. 
Nostitz,  Pauline  v.  n,  196  (Nota  3). 
Nottinghamshire  I,  192. 
Nouet  n,  157. 
Nova  Scotia  I,  362. 
Nowaja  Semlja  I,  367.  489,  Nota  I.  11, 

65  f.  171.  191.  536.  593. 
N'pulunai  n,  420. 
Nubien  II,  398.  499.  562.  565.  634.  685. 

636. 
Nützlichkeitsprincip  angewandt  auf  das 

Weltall  I,  104  f. 
Nullah  n,  399.     ^ 
Numida  II,  637. 
Nummuliten  I,  296.  330. 
Nussbaum  U,  551.  603. 
Nutation  I,  286. 
Nycteris  11,  633. 
Nycticejus  II,  625.  633.  641. 
Nyctipithecus  II,  641. 
Nyctophilus  ü,  650. 
Nykjöbing  ü,  31. 
Nymphäen  11,  548. 

Oahu  I,  865.  497. 

Oasenartiges  Auftreten  der  Pflanzen  II, 

599  flF.,  der  Thiere  II,  654  ff. 
Oaxaca  (Prov.)  H,  540.  576. 
Ob  II,  66.  386.  388.  405. 
Oberalp  I,  588. 
Oberer  See  II,  319. 
Obergl,  162. 
Oberrheinische  Tiefebene  I,  293.  298  f. 

533.  II,  237.  277.  377.  394.  447  f. 


Obolus  I,  306. 

Obsidian  II,  289. 

Occultation  I,  102. 

Ochnaceen  II,  581. 

Ochotsk  II,  176. 

Ochotskisches  Meer  I,  420.    II,    11.  52. 
76.  191. 

Ochotski^her  Strom  II,  76  f. 

Octodon  U,  643.  647. 

Odenwald  I,  293.  320. 

Oder,  alter  Lauf  der  I,  3S1. 

Odessa  II,  276. 

Odontopteris  I,  809.  316. 

Odontopteryx  I,  330. 

Odontornis  I,  327. 

Ölbaum  II,  536.  553. 

—  amerikanischer  II,  571. 

Ölpalme  II,  545.  565. 

Oenocarpus  II,  579. 

Oeregrund  I,  383. 

Österreich  (Erzherzogthum)  I,  327.  360. 

Österreich  (Staat)  I,  422.  II,  259.  276. 

334.  360.  550. 
Ötzthaler  Gruppe  II,  285.  353.  450. 
Ofen  II,  194.  294.  445. 
Ofenberg  (armenisches  Hochland)  1,  234. 
Ofotenfjord  II,  45.  50. 
Ofverbom  I,   162. 

Oglio-Gletscher  der  Eiszeit  II,  359. 
Ogowai-Delta  n,  56.  419  f. 
Ohio  II,  436. 
Ohiokohlenbecken  I,  390. 
Ohmgebirge  I,  327. 
Ohraffe  (Otolicuus)  U,  633.  689. 
Ohreule,  mittlere  II,  607. 
Ohrrobbe  s.  Otaria. 
Oiketicus  II,  654. 
Oibers  I,  89.  131. 
Old  Faithful  II,  303. 
Oldham  I,  193. 

Old-red-sandstone  I,  30;>.  II,  550. 
Olea  americana  II,  571. 

—  europaea  II,  53ü.  553.  604. 

—  verrucosa  11,  566. 
Oleander  II,  553. 
Oligocän  I,  294.  329. 
Olmstedt  I,  114. 
Olonez  ((xouv.)  II,  551. 
Olympiodor  II,  2i»2. 
Olyreen  II,  53S. 

46* 


724 


Register. 


Oman,  Golf  von  U,  27. 
Ombrometer  II,  257. 
Ombrone-Mündung  I,  441.  ü,  420. 
Omba  II,  585. 
Onager  b.  (wilder)  Esel. 
Onchns  I,  306. 
Oncidium  Papilio  II,  541. 
Onega-See  n,  318. 

Ontario-See  11,  319.  413.  421.  439.  442. 
Oolithenformation  I,  321. 
Ophrys  U,  541. 
Opium  n,  523. 
Opossum  n,  612. 
Oppido  (Calabrien)  I,  268. 
Oppolzer  I,  117. 

Opuntia  n,  540.  554.  573.  581.  585.  586. 
587. 

—  Darwini  II,  5$6. 

-^  ficus  indica  n,  554. 

—  missouriensis  II,  573. 
Orakeikorako  II,  299. 
Orangengewftchse  s.  Citrus. 
Orang-Utan  II,  629. 
d*Orbigny  I,  325.  II,  640. 
Orchideen  11,  541  £  561.  565.  576.  578. 

579.  590. 
Ord,  C.  K.  II,  7. 
Ording  I,  456. 
Oregon  I,  472.  II,  268.  571. 
Oregon-Ceder  n,  571. 
Oregon-Tannen  II,  571. 
Orellana  n,  369,  NoU  1. 
Orenburg  (Qouv.)  I,  317.  H,  193.  539. 
Oreodaphne  exaltata  11,  576. 
Oreodoxa  frigida  II,  584. 

—  oleracea  11,  576. 

—  regia  U,  576. 

Orinoco  II,   405.  410.  417  f.  432.  433. 

436.  608. 
Orion,  o  (Fixstern)  I,  58. 
Orkan  II,  206.  208  £  225. 
Orkney-Inseln  I,  439.  D,  274.  547. 
Omithorhynchus   paradoxus  I,  519.  n, 

650. 
Orographische  Seen  n,  329. 
Oron-See  II,  819. 
Orotava  II,  52S. 
Orsk  (Gouv.  Orenburg)  I,  171. 
Orthis  I,  306.  307. 
Orthoceras  I,  306.  314. 


Orton,  James :  Profile  südamerikanischer 
Vulcane  I,  208. 

—  barometrische     Beobachtungen     im 
Amasonasgebiete  U,  133. 

—  geologische  Beobachtungen  daselbst 
U,  363. 

—  der  Amazonas  besitzt  einen  echten 
Miindungstrichter  11,  404,  Nota  1. 

Ortyx  n,  628. 

Orvin  II,  857. 

Orycteropus  II,  635. 

Oryzeen  II,  538. 

Osbom,  Sherard  I,  405,  Nota  2. 

Oschurstranch  II,  556.  565. 

Osler  n,  207  £  224. 

Ostasiatische  InseJreihen  I,  237  £  491  £ 

Ostaustral-Stromung  II,  77.  101. 

Ostchinesisches  Meer  I,  420.  II,  76. 

Osteolepis  I,  3^08. 

Osterinsel  I,  364.  498.  513. 

Osteijökull  II,  283.  284. 

Ostgronländische  Strömung  11, 71.  72.  73. 

228.  594. 
Ostindien  s.  Vorder-  und  Hinterindien. 
Ostrea  placunoides  I,  819. 
Ostsee  I,  881.  888  £  420.  433.  452.  II, 

11.  81.  51.  96.  105.  106.  107.  191.  318. 
Ostseeländer,  russische  I,  306.  381.  ü, 

191.  232. 
Ost-Virginien  I,  362. 
Otaria  II,  608.  624.  645.  648.  650. 
"  jubata  (Seelöwe)  II,  608.  624.  648. 

—  nrsina  II,  648. 
Otocyon  II,  634. 
Otolicnus  n,  683.  639. 

—  galago  II,  633.  639, 
Otumpa  I,  109. 
Oued-Gabes  II,  31. 
OuTirandra  II,  589. 
Orerijssel  I,  378. 
Ovid  I,  202  £ 
Orifak  I,  109. 

Ovis  Argali  II,  615.  623. 

—  aries  (HansschaO  II,  610. 

—  cypria  II,  621. 

—  montana  II,  627. 

—  musimon  11,  621. 

—  Nahoor  II,  623. 

—  Orientalis  II,  621. 

—  tragelaphns  II,  621.  637. 


Register. 


725 


Ovi8  Vignei  II,  623. 
Owen,  R.  I,  504. 
Owthorne  I,  440. 
OzuB  (Amu)  II,  399.  407. 
Ozelot  n,  625  f.  642. 

Paachata  II,  2S3. 

Paar!  II,  567. 

Padoa  n,  124. 

Pässe  des  Mississippi  II,  414. 

Page,  Thomas  J.  II,  387.  499. 

Pahtawara  I,  162. 

Pairoa-Kette  II,  311.  592. 

Paka  n,  643. 

Pako  n,  644. 

Palaemon  11,  316. 

Palaeomeryx  I,  333. 

Palaeoniscus  I,  317. 

Palftontologie ,  ihre  Bedeutung  für  die 
Altersbestimmung  der  Formationen  I, 
295,  für  die  gegenwärtige  Vertheilung 
des  Pflanzeniebens  II,  603  f.,  sowie 
des  Thierlebens  II,  651  f.  658. 

Palaeotherium  I,  331. 

Paläotomm-See  II,  316. 

Paläozoische  Formationsgruppe  I,  298. 
302.  305—318. 

Palästina  11,  201.  267.  325  f.  441.  505. 
563.  564.  634. 

Palamedea  II,  645.  649. 

—  cbavaria  II,  649. 

Palarachnea  I,  314. 

Palawan  I,  492. 

Palembang  I,  511. 

Paleomis  U^  632. 

Palermo  I,  374.  375.  II,  12.  267.  274. 

Pallas,  P.  S.  I,  108. 

Pallas  (Planetoid)  I,  89. 

Paliiocimis  II,  254. 

Palliocumnlus  II,  253.  254. 

Palliser  Ray  I,  271. 

Pallium  II,  253. 

Paknen  in  der  Kohle  I,  309.  310,  im 
Tertiär  I,  328.  329.  333;  P.  der  Gegen- 
wart U,  524.  532  f.  545.  554.  558  f. 
564  f.  568.  569.  572.  574.  575.  576. 
577.  578.  579.  580.  581.  584.  585.  586. 
589.  590. 

Palmer,  J.  L.  I,  498,  Nota  1. 

Palmietschilf  II,  568. 


Palmlianen  II,  559.  565. 

Palmyrapalme  n,  559. 

Paltenthal  H,  828. 

Pamir-Plateau  I,  537. 

Pampas  II,   282.   497.  498  f.   503.   516. 

584—586.  598.  610.  644.  648. 
Pampashase  II,  647. 
Pampaakatse  ü,  647. 
Panama,  Golf  von  II,  27. 

—  Isthmus  von  I,  3i*l.  II,  106.  609. 
Pancratius  (12.  Mai)  II,  22S. 
Pandaneen  11,  540. 

Pandanen  in  der  Kreide  I,  325. 

Pandschab  U,  195. 

Panicum  11,  518. 

Pankha  II,  196. 

Pannesheide  (bei  Herzogenrath)  I,  250. 

Pansner  U,  132. 

Panther  (Parder)  II,  622.  628.  630.  634. 

Panzereidechse  11,  645. 

Panzerwelse  II,  609.  646. 

Papagei  II,  628.  632.  637.  640.  645.  651. 

Papandayang  I,  226.  229. 

Pappel  II,  536.  551.  556.  670.  571.  593. 

Papyrus-Schilf  n,  563. 

Para  (Stadt)  I,  159. 

Parä  (Theil  des  Amazonaslaufes)  11,  369, 

Nota  1. 
Paradiesvogel  n,  651. 
Paradozunis  II,  629.  630. 
Paraguana  I,  397. 
Paraguay  n,  387.  436. 
Parallaxe  der  Fixsterne  I,  16  ff. 
Paranä  H,  387.  404.  405.  406.  412.  436. 

585. 
Paranapytinga  II,  369,  Nota  1. 
Paranüsse  11,  580. 
Pardelkatze  II,  620. 
Parder  s.  Panther. 
Paria  I,  397. 

—  Golf  von  n,  417. 
Parina-Spitze  II,  7^. 
Pariou  I,  242. 

Paris  I,  146.  151.  183.  196.  198.327.  U, 
131.  175.  231.  258.  460.  467.  468  f. 
500. 

Parish  I,  109. 

Park,  Mungo  II,  197. 

Parker,  J.  P.  I,  408. 

Parmenides  I,  139. 


726 


Register. 


Parrot,  Friedrich  n,  133.  161. 

Parry,  Sir  Edward  I,  46S.  510. 

Parry-Archipel  I,  362.  463.  46S  f.  471. 
491.  n,  188.  274. 

Pascal,  Blaise  11,  110.  111. 

Passage-Instniment  I,  168. 

Passate  sind  betheiligt  an  der  Gestal- 
tung der  Continente  I,  400,  erhöhen 
den  Salzgehalt  der  von  ihnen  be- 
herrschten Meerestheile  n,  6.  8.  11, 
veranlassen  die  Aeqnatorialströmangen 
der  Oceane  ü,  84  ff.,  stören  den  nor- 
malen Verlauf  von  Land-  und  See- 
wind n,  211.  Entstehung  der  P.  U, 
215.  VortheUe  für  die  Schiffiihrt  H, 
215  £  Die  Lage  der  Passatzonen  II, 
218—221.  Heiterkeit  des  Himmels  im 
Passatgürtel  n,  256,  daher  Regenlosig- 
keit  und  grosse  Trockenheit  der  Passat- 
zonen n,  261  f.  262.  491  f.  Aus- 
nahme hiervon  Q,  261.  262.  264.  Ihre 
Entwicklung  bei  entgegengesetzter 
Richtung  der  Erdrotation  II,  510  f. 

Passatstaub  ü,  217. 

Passatwölkchen  U,  217. 

Passau  n,  o71. 

Passeierthal  II,  360. 

Passiflora  n,  542. 

Passy  (Paris)  I,  196. 

Pasterze  n,  344.  345.  353. 

Pasto,  Vulcan  von  I,  236.  272. 

Pasumot  I,  567. 

Patagonien  (Geologisches:)  I,  357.  359. 
391.  442.  463.  464.  467.  471.  (Meteoro- 
logisches:) n,  78.  282.  283.  354.  355. 

>  367.  412.  (Biologisches:)  U,  534.  584. 
586.  587  f.  647.  648  f. 

Patagonier  H,  516. 

Patella  I,  271. 

Pathologie  der  Ströme  U,  398—402. 

Paudree  I,  161. 

Panllinia  ü,  542. 

Pavian  U,  633. 

Payer:  secnlfire  Hebung  der  Ostküste 
Grönlands  I,  363. 

—  Michtigkeit  des  Golfstromes  im  hohen 
Norden  H,  64. 

—  Nordlicht  und  Erdmagnetismus  II, 
479. 

Peacock  I,  378. 


Pecopteris  I,  309. 

Pecten  I,  322. 

Pedetes  caffer  ü,  635. 

Pedro  Sarmiento  II,  456. 

Pegasus,  ß  (Fixstern)  I,  5S. 

Pegu,  Küste  von  I,  3b9. 

Pekari  s.  Dicotyles  torquatus. 

Peking  II,  192.  270. 

—  Ebene  von  I,  368. 

Pelican  H,  609.  621.  632.  63S.  651. 

P^ligot  I,  227. 

Peloponnes  I,  469  f. 

Pelusische  Nilmfindung  II,  416. 

Pemphix  I,  320. 

Penas,  Golf  von  II,  334.  367. 

Penco  I,  358. 

Pendel:  Verkürzung  des  Secundenp. 
nach  dem  Aequator  hin  I,  150.  154. 
Das  P.  ein  Instrument,  die  Abplattung 
der  Erde  zu  bestimmen  I,  153  ff.,  so- 
wie die  Dichtigkeit  der  Erde  zu  er- 
mittebi  I,  178  f. 

Pendelschwingungen:  bei -den  P.  ver- 
wandelt sich  Bewegung  in  Fallkraft 
und  umgekehrt  I,  39. 

Penelopidae  n,  645. 

Penninische  Alpen  ü,  358. 

Pennsylvanien  I,  309.  34S.  II,  443.  571. 

Pentamerus  I,  306. 

Pentland  I,  240. 

Pentland-Strasse  II,  31,  Nota  2. 

Penumbra  I,  63.  73  f. 

Pereskien  H,  540  f. 

PA-ier  n,  111. 

Periode,  elQährige,  in  den  Nordlichtem. 
Sonnenflecken,  erdmagnetischen  Varia- 
tionen und  Cirruswölkchen  II,  48 1  —485. 

Periode,  jährliche,  der  barometrisch  ge- 
messenen Höhen  H,  121,  des  Baro- 
meterstandes n,  126 — 128,  der  Sonnen- 
stnhlung  H,  139—142,  der  Wärme- 
abnahme nach  oben  H,  166.  170,  der 
Windstärke  U,  208,  gewisser  Winde 
II,  212—215,  des  Wasserdamp^gehalts 
der  Luft  H,  247  f.,  der  DampfsättiguDg 
n,  248,  der  Bewölkung  H,  255,  der 
Wasserfulle  in  den  Flüssen  II,  399. 

Periode,  tägliche,  der  barometrisch  ge- 
messenen Höhen  H,  119.  120.  121,  des 
Barometerstandes  U,  123 — 126,   der 


Register. 


727 


Luftwärme  II,  142  f.,  der  Wind- 
stärke n,  208,  der  Land-  und  See- 
winde II,  210—212,  des  Wasserdampf- 
gehalts der  Luft  U,  246  f.,  der  Dampf- 
sättigung U,  24$,  der  Bewölkung  II, 
254  f. 

Periodicität  gewisser  Sternschnuppen- 
fälle  I,  1 14  ff. 

Perlhühner  H,  637. 

Perm  (Gouv.)  I,  316.  317.  320. 

—  (Stadt)  II,  388. 

Permische  Formation  (Dyas)  I,  293.  294. 

297.  316  f.  340  f.  II,  334. 
Perodicticns  II,  638. 
Peronospora  infestans  II,  598. 
Perpignan  II,  136. 
Perrey,  Alexis  I,  266. 
Perrottet  II,  528. 
Persberg  I,  257. 
Persea  I,  516.  587. 

—  lingue  II,  587. 

Perseus  (Sternbild)  I,  115.  289. 

Persien  I,  260.  330.  U,  187.  195.  272. 
555. 

Persischer  Golf  I,  420.  II,  407.  412. 

Person  ü,  258. 

Perte  du  Rhöne  II,  308. 

Perth  (Australien)  ü,  268. 

Perth  (Schottland)  I,  174.  176. 

Peru  (Geologisches:)  I,  152.  153.  161. 
163.  232.  258.  259.  264.  266,  Nota  1. 
358.  448.  (Meteorologisches:)  ü,  78. 
334.  426.  437.  460.  (Biologisches:)  n, 
640.  641.  642.  644.  647.  657  f. 

Pemanische  Strömung  I,  497.  U,  37.  78. 
101.  264  f.  493  f. 

Peru  -  bolivianisches  Wüstengebiet  II, 
264  f.  493  f.  510  f. 

Pe-schan  I,  233  f. 

Pesquiers,  Lagune  von  I,  446. 

Pest  n,  445. 

Petaurus  sciureus  II,  650. 

Petermann,  A.:  Tiefenkarte  der  Süd- 
see I,  416.  417. 

—  über  die  Ausdrücke  Golfstrom  und 
Floridastrom  11,  59  f. 

—  über  den  Golfstrom  II,  63  ff. 

—  über  die  sibirische  Polynja  II,  67. 
Petermann,  H.  II,  196  (Nota  3). 
Peters  I,  117. 


Petroleum  häufig  im  Tertiär  I,  328. 
Petromyzon  Wagneri  II,  322. 
Petropaulowsk  (am  Ischim)  II,  322. 
Petschora  II,  410. 
Peumus  n,  587. 
Pezophaps  I,  526. 
PfSffers  II,  306. 

Pfaff,  Fr.:  Bedeutung  genauer  Zeitbe- 
stimmungen bei  Erdbeben  I,  249. 

—  Entstehung  von  Erdbeben  durch  das 
Empordringen  gluthflüssiger  Massen  in 
obere  Hohlräume  I,  262. 

—  Contraction  der  Gesteine  in  Folge 
Abkühlung  I,  289,  Nota  1. 

—  über  Gletscherbewegung  II,  345 
(Nota  1).  347. 

Pfahl  (Bayrischer  Wald)  H,  384. 
Pfalz  (Rheinpfalz)  I,  312. 
Pfannensteinsalze  II,  332. 
Pfannenstiel  II,  357. 
Pfefferfresser  II,  645. 
Pfeifhase  II,  622.  627. 
Pfeilgras  II,  580. 
Pferd,  verwildertes  II,  610.  644.  648. 

—  wildes  n,  619.  621.  622.  629. 
Pfister  II,  154. 

Pflanzen:  Pflanzenleben  im  Gebiete  des 
Eisbodens  1, 1 86  f.  Die  Pflanzenwelt  der 
Inseln  1,507— 531. 11,588—591.  Abhän- 
gigkeit der  P.  vom  Wasser  II,  489  ff., 
vom  Standort  II,  518—520,  vom  Klima 
II,  520—527.  Physiognomik  der  P.  11, 
529—543.  Die  Pflanzenzonen  der  Erde 
n,  544—591.  Wanderungen  der  P. 
n,  592-605. 

Pflanzendecke  wirkt  kühlend  II,  16  t. 

Pflaume  II,  595. 

Pflugstein  11,  358. 

Pfyffer,  Ludwig  I,  571. 

Phacochoerus  aethiopicus  II,  636. 

—  Aeliani  n,  636. 
Phaethon  11,  632. 
Phalangista  n,  650. 
Phascolarctos  II,  650. 
Phasma  gigas  II,  646. 
Phatnitischer  Nilarm  II,  417. 
Phellodendron  II,  551. 
Philadelphia  II,  209. 

Philippi,  R.  A.:  I,  357.  II,  354.  510. 
Philippia  n,  589. 


728 


Register. 


Philippinen  I,  231.  23S.  259.  369.  492. 

n,  270.  631. 
Phiüpps  I,  87. 
Phillips  H,  258. 
PhiUipsia  I,  314. 
Phlegraische  Felder  I,  2(>S  f.  225.  227. 

230.  238. 
Phoca  barbata  II,  624. 

—  caspia  II,  619. 

—  cristata  n,  615. 

—  groenlandica  11,  615.  t>24. 

—  hispida  II,  615. 

-^  vitolina  II,  608.  615. 
Phoenix  II,  558. 

—  dactylifera  (Dattelpalme)  n,  201.  545. 
554.  556.  562.  589. 

Phönix-Grappe  I,  365. 
Phoenix  reclinata  II,  568. 

—  silYestris  n,  559. 

Phonninm  teoax  I,  527.  11,  539.  590. 
Phosphorexhalationen  I,  22S. 
Phragmoeeras  I,  306. 
Fhjlica  arborea  I,  515. 
PhjUodadns  11,  590. 
Phyllostoma  II,  641. 
Physeter  H,  608.  615.  650. 

—  macrocephalns  n,  608.  615. 
Physiognomik  der  Gewächse  II,  529 — 543. 
Phjtelephas  n,  578. 

Phyton  tigris  11,  632. 

Piave  n,  422. 

Picard  I,  146.  148  f. 

Picardie  n,  201. 

Pic  de  Teyde  H,  216. 

Pic  du  Midi  de  Bagn^res  I,  514.  II,  599. 

de  Bigorre  n,  117. 

Picea  obovata  11,  69,  Nota  1. 
Pichincha  I,  207.  240. 
Pichtatanne  n,  550. 
Pictenmauer  I,  384. 
Pic  Yon  Orixaba  I,  236.  239.  II,  354. 

Pico  (Azoren)  I,  238. 

Tenerifia  I,  202.  238.  II,  600. 

Pierce  I,  365. 
Pierre  k  Bot  II,  357. 

—  Botte  I,  260. 
PiUa  I,  221. 

Pillau  I,  381.  458.  H,  32. 
Pilsen  I,  315. 
Pindo-Palme  n,  585. 


Pingel  I,  354.  362. 

Pinie  II,  533.  553. 

— -  Tolcanische  I,  203.  219. 

Pinoe-Insel  s.  Isla  de  Pinos. 

Pinsk,  Moore  von  H,  617. 
I  Pinns  II,  583.   534.    546.  550.  553.  564. 
i      557.  561.  570.  571.  572.  574.  576.  577, 

601.  603. 
I  —  abies  n,  550. 
j  —  alba  n,  570. 

—  anstralis  II,  572. 

I  —  aostriaca  II,  550. 
■  —  balsamea  n,  570. 
1  —  bnugeana  n,  557. 

—  cedros  (Cüeder)  II,  554.  601. 

—  cembra  II,  550. 
'  —  cnbensis  11,  577. 

—  daorica  II,  550. 

—  Doaglasii  11,  571. 

—  excelsa  Wallich  II,  561.  601. 

—  halepensis  II,  554. 

—  Lambertiana  II,  574. 
—  Laricio  H,  550. 

—  larix  n,  550. 

—  longifolia  11,  561. 

—  Menziesii  II,  550.  570.  571. 

—  Merkusii  H,  561. 

—  Mertensiana  11,  571. 

—  microcarpa  II,  570. 

—  monspeliensis  11,  603. 

—  montana  II,  550. 

—  Monteznmae  II,  576. 

—  nigra  II,  572. 

—  nobilis  II,  574. 

—  obovata  O,  550. 

—  occidentalis  n,  534.  546. 

—  Pence  H,  601. 

—  picea  n,  550.  554. 

—  pichta  n,  550. 

—  pinaster  n,  550. 

—  piuea  (Pinie)  11,  533.  553.  554. 

—  ponderosa  II,  571. 

—  pomilio  II,  603. 

—  pyrenaica  II,  603. 

—  reUgiosa  11,  576. 

—  sibirica  11,  550. 

—  silvestris  11,  550.  554. 
Pipra  n,  645. 
Pircnnia  dioeca  II,  5S5. 
Pirna  n,  440.  447. 


Register. 


729 


Pirol,  goldfarbiger  11,  618. 

Pisang  H^  539.  554.  559.  576.  578.  579. 

580.  581.  582.  589. 
Pisangfresser  II,  637. 
Pisco  I,  258. 

Pistacia  Lentiscus  II,  523. 
Pitcaim  I,  498. 
Pithecia  II,  641. 
Pitzbuhl  I,  197. 
Plains  n,  281. 
Plana  I,  171. 
Planera  Kiaki  II,  557. 
Planeten  I,  79  ff.  273  ff. 
Planetoiden  I,  88  f.  273.  276. 
Plantago  major  II,  597. 
PlaUlea  Ajaja  II,  645. 
Platane  (Platanus  orientalis)  U,  536.  553  f. 
Plataaius  racemosa  II,  574. 
Plateau's  Experiment  I,  277  f. 
Platteflnsfl  II,  496. 
Plattschnabel  II,  645. 
Platjmantis  Vitianus  I,  510. 
Platysomus  I,  317. 
Plauen  (bei  Dresden)  I,  312.  315. 
Plajfair  I,  353,  Nota  1 . 
PlesiOBaunis  I,  322.  323.  327. 
Pleurotomaria  I,  322. 
Plinius  I,  107.  144,  Nota  1.  379.  II,  223. 
Pliocän  I,  294.  329.  332. 
Ploceus  n,  637. 
Ploso  n,  560. 
Plotoses  U,  632. 
Plotns  n,  632. 
Plutarch  I,  107. 
Plymoutb  I,  378. 

Po  II,  314.  393.  397.  402.  406.  433.  435. 
Podda  n,  410. 

Podelta  I,  375  ff.  II,  396.  408.  426.  427. 
Podiceps  Bolandi  II,  649. 
Podocarpns  II,  561.  568.  578.  5S8.  590. 

—  cupressina  11,  561. 

—  dacrydioides  n,  590. 
Podocnemis  n,  645. 
Podolien  I,  559.  11,  516. 
Poebene  I,  334.  406.  534. 
Pöppig,  Edaard  I,  357. 
Poey  n,  253. 
Pogonias  II,  637. 
Pogson  I,  126. 
Pogson's  Comet  I,  126  f. 


Pola  I,  375. 

Polares  Klima  II,  141  f.  170  f.  209.  255. 

273  f.  286. 
Polare  Laftströme  11,  222  ff.  227  ff.  256. 
Polarfachs  II,  615. 
Polarländer   (nordliche),    Uebereinstim- 

mung  ihrer  Flora  11,  594.  595,  ihrer 

Fauna  n,  514—516. 
Polarlicht  H,  476—485. 
Polarmeere  s.  Eismeere. 
Polainächte,  ihre  Länge  II,  141. 
Polarstem  I,  286.  n,  144. 
Polarweide  II,  549. 
Polen  I,  SOS.  315.  n,  365. 
PoUuz  ^izstem)  I,  58. 
Polygonum  aviculare  I,  527. 
Polynesische  Inseln  II,  594. 
Polynja,  sibirische  II,  67. 
Polyommatus  baeticus  II,  654. 
Polyporus  U,  530. 
Poljtrichum  II,  549. 
Pölzen  (Fluss  in  Nordböhmen)  II,  447. 
Pomeranze  U,  554. 
Pomeroon  11,  418  f. 
Pommern  I,  381. 
Pompeji  I,  223.  229. 
Pondichery  II,  123. 
Ponteljes-Granit  II,  358.  359. 
Ponteljestobel  ob  Trons  n,  358. 
Pontus  s.  Schwarzes  Meer. 
Popocatepetl  I,  225.  233.  239.  11,  283. 
Populus  n,  69,  Nota  1.  551.  556. 

—  euphratica  II,  556. 

—  pruinosa  II,  556. 

—  tremula  II,  69,  Nota  1. 
Pontes  elongata  n,  326,  Nota  1. 
Pororoca  II,  28  f.  409. 

Porphyr:  Contraction  des  P.  in  Folge 
Abkühlung  I,  289,  Nota  1.  Eruptive 
Natur  des  P.  I,  291  f. 

Port  Arthur  H,  188,  Nota  1. 

—  Elizabeth  I,  371. 
Portendik  I,  434. 

Port  Foulke  I,  363.  11,  240. 

Port  Juvenal  n,  596. 

Portland  (Halbinsel,  England)  I,  447. 

Portland  (Maine)  n,  191. 

Port  Natal  I,  371. 

—  Nicholson  I,  271. 
Porto  Brondolo  II,  406. 


i 


730  Register. 

Port  of  Spain  I,  156.  Proctor,  Richard  A. :  über  den  November- 

Portree  II,  277.  278.  Stemschnuppenring  I,  47  (Xota  2). 

Port  Said  II,  417,  Xota  1.  Procyon  ü,  626.  642. 

Portugal  I,  315.  —  cancrivoms  ü,  642. 

Port  Valais  II,  413,  XoU  I.  —  lotor  II,  626. 

Posen  II,  276.  Prodactus  I,  314.  317. 

Pothos-Gewächse  II,  543.  561.  Profile  sind  häufig  plastische  Caricaturen 

Potiefebene  I,  334.  406.  534.  I,  431.  567  ff.  U,  434  f. 

Potomac  n,  443.  Prosopis  II,  537.  573.  583.  5^5. 

Pottfisch  II,  637.  64b.  —  siliquastrum  II,  583. 

Pouillet:  Grösse  der  Sonueuwäi-me  1, 46.  Proteaceen   in  der   Kreide  I,  325,    im 

—  Temperatur  des  Weltraumes  I,  131.  Tertiär  I,  329  f.,  in  der  Gegenwart  II, 
282.  II,  159.  567.  569. 

—  das  mechanische  Zerreissen  von  feinen  Proteles  Lalandii  II,  634. 
Flüssigkeitstheilchen  ein  Elektricitäts-  Proterosaurus  I,  317. 
quell  I,  132.  Protolycosa  I,  314. 

Powderhom  I,  361.  Protuberanzen  I,  65.  7ü.  72.  74  ff.  133. 

Pozzuoli  I,  226.  355.  II,  483. 

Präcession  (der  Tag-  und  Nachtgleichen)  Provence  I,  452.  II,  202. 

I,  285  f.  n,  144.  Prunkadder  s.  Elaps. 

Präcisions-Nivellement  I,  566.  Prunus  II,  551.  552. 

Präriehnnd  U,  626.  Psanunomys  II,  621. 

Prärien  (Nordamerika*s)  II,   281.  496  f.  Psammoiyctes  U,  647  f. 

572—574.  Psaronius  I,  317.  341. 

Prariewolf  II,  626.  Pseudomys  11,  650. 

Prättigau  II,  359.  Psidium  pomiferum  I,  52b. 

Prag  II,  446.  Psittacus  s.  Papagei. 

Prentice  I,  496.  Psophia  II,  645. 

Pressburg  II,  422.  445.  Psychiden  II,  654. 

Prestel  11,  258.  Psychrometer  II,  245  f. 

Preussen  (Kgrch.)  I,  192.  193.  Pteraspis  I,  306. 

Preussen  (Prov.)  I,  162.  165.  3bl.  442  f.  Pterichthys  I,  308. 

454.  457.  II,  201.  613.  618.  Pteris  esculenU  11,  590. 

Prevost  n,  148.  Pterodactylus  I,  323.  327. 

Preyer  n,  296.  Pteromys  (Flughörnchen)  ü,   624.  626. 

Primulaceen  II,  605.  630.  634.  643. 

Prinz-Alfired-Gletscher  II,  :566.  —  leucogenys  II,  624. 

Prionites  II,  645.  ~  momoga  II,  624. 

Prionium  II,  568.  —  yolucella  II,  626. 

Procellaria  II,  616.  Pteropus  II,  623.  629.  633.  650. 

Procida  I,  441.  ,  Ptemra  Sambachii  II,  641. 

Proctor,  Richard  A.:2^ahl  der  mit  blossem  Ptolemäisches  System  I,  78.  ^ 

Auge  sichtbaren  Sterne  I,  19,  Nota  2.  Ptolemäus,  Claudius:  Kugelgestalt  der 

—  über  die  Milchstrasse  I,  21  (Note  1).  Erde  I,  140. 

24  ff.  —  Lange  eines  Meridiangrades  I,  145. 

—  Unterschiede  im  Rauminhalt  der  Fix-  —  Mondfinstemiss  benutzt  zur  Ermitte- 
Sterne  I,  25 — 27.  !     lung  des  Längenunterschiedes  zweier 

—  Eigenbewegungen  d.  Fixsterne  If  27  ff.  Orte  I,  169. 

—  unauflösliche    Nebelflecke     scheuen  \  Ptolemfios  Euergetes  I,  143. 
meist  die  Ufer  der  Milchstrasse  I,  33.  Puffinus  11,  616. 


Begister. 


731 


Puget-Sund  1,  467.  11.  76. 
Puias  II,  295. 
Puissant  I,  163. 
Pulque  n,  575. 
Palvermaar  I,  217. 

Piilversignale   (Verwendung   bei  Grad- 
messungen) I,  169.  171. 
Puma  8.  Cuguar. 

Puna-Region  (Anden)  II,  582. 583. 5S4. 640. 
Punica  granatum  II,  553. 
Punkah  s.  Pankha. 
Punnae  I,  161.  162.  , 
Punta  Arenas  II,  183. 

—  de  Caribana  II,  4J9. 

—  della  Licosa  I,  441. 

—  del  Palo  I,  219. 

Puppis  des  Schiffes,  Nr.  2151  I,  28. 

Purac^  (Vulcan)  I,  184.  236.  260. 

Purbeck  II,  651. 

Purpurreiher  II,  621. 

Pussten  (üngarn^s)  II,  276.  552. 

Putorius  Cicognanii  II,  615. 

Puy  de  Dome  H,  111. 

Puynipet  I,  365. 

Pyramiden  Aegypteu's  I,  454. 

Pyrenäen    I,    304.    328.    424.    533.   535. 

547.  n,  278.  283.  284.  328.  353.  360. 

601.  603.  611.  618.  62u. 
Pyrgita  domestica  11,  656  f. 
Pyrmont  II,  306. 
Pyrus  n,  551. 
Pythagoras  I,  139. 

fl^uaderformation  I,  325. 

Cjuaderkohle  I,  341. 

Quagga  ü,  635. 

C^uarrington  Hill  (bei  Durham)  I,  297. 

Quartär  I,  334-337.  342.  343. 

Quatrefages,  A.  de  I,  381. 

Queensland  11,  528.  570. 

QueUen :  Versiegen  der  Qu.  als  Vorzeichen 
eines  vulcanischen  Ausbruches  I,  218. 
Verstopfung,  Temperaturerhöhung  der 
Qu.  bei  Erdbeben  I,  272.  Absteigende 
Qu.  (Schicht-,  Ueberfalls-,  SpaltqueUe) 
II,  290  f.  Aufsteigende  Qu.  (artesische 
Brunnen)  n,  291  f.  Quellenarmuth 
mancher  Gegenden  11 ,  292  f.  Ab- 
hängigkeit der  Qu.  von  Fluth  und 
Ebbe  n,  293  f.    Temperatur  der  Qu. 


II,  294  ff.  Periodische  Springquellen 
(Geysirs)  II,  295—303.  Kalte  Qu.  I, 
303  f.  Chemische  Beschaffenheit  der 
Quellwasser  II,  304—307.  Chemische 
Erosion  derselben  II,  307 — 309. 
Quercus  11,  536.  551.  553.  557.  571. 

—  coccifera  II,  553. 

—  Garryana  II,  571. 

—  ilex  II,  553. 

—  occidentalis  II,  553. 

—  pedunculata  II,  536. 

—  pseudosuber  II,  553. 

—  robur  II,  536. 

—  suber  11,  553. 

—  virens  11,  571. 

Querschnitte   (bei  Terraindarstellungen) 

I,  567. 
Querströme  II,  428  ff.,  bes.  431. 
Quetelet  I,  183.  ü,  207.  468. 
Quiberon  I,  447. 
Quietisten  (geolog.)  I,  557. 
Quilkga  U,  586. 

Qnindiu,  Schneeberge  von  11,524,  Nota  2. 
Quito  n,  123.  142. 

Rabe  U,  627.  637. 

Radde,  Gustav  U,  132.  504  f. 

Radjah-Ente  ü,  651. 

Radnitz  I,  314. 

Radowenz  I,  317. 

'  Räubervölker  vorzugsweise  in  der  Wüste 
:     U,  515  f. 

Rallenreiher  II,  621. 

Ramond  I,  514.  ü,  117  f.  599. 

Ramondia  pyrenaica  II,  601. 

Ramsay  I,  472  f.  482. 

Randmeere  n,  11  ff. 
'  Rangiroa  I,  525. 

Rangitoto  I,  211.  240. 
'  Raphia  vinifera  ü,  545. 

Rapilli  s.  Lapilli. 

Rapistrum  rugosum  II,  597. 
'  Rarotonga  I,  497. 

Ras  MorbatI,  371. 

Ras  Muhammed  I,  372. 

Rastern  11,  28. 

Rateltts  n,  633. 

Ratte,  Wanderungen  der  II,  657  f.;  im 

übrigen  s.  Mus  rattus. 
I  Ratze),  Fr.  II,  319,  Nota  4. 


732  Register. 

Raubkafer  II,  61 S.  hari    n,    263.      Pera  -  bolivianisches 

Raubmöve  II,  616.  Wüstengebiet  IL,   264  C    Zonen  der 

Rauchsanle  über  den  Vulcanen  I,  221.         sabtropischen    Regen   n,    265  —  269. 
Raohflchwanz  8.  Dasyunis.  I     Aaiatipehes  Monsnngebiet  II,  269 — 271. 

Raaschbeere  11,  552.  ,     Australisches  Monsnngebiet  II,  271  f. 

Rautenmans  (Rhombomys)  IL,  619.  621.  |     Wüsten   der    gemässigten   Zone    II, 
Rayenala  n,  589.  |     272  f.    Zone  mit   Niederschlagen  za 

Revenna  I,  377.  IL  406.  allen  Jahreszeiten  n,  273—282  (En- 

Ravensper  I,  440.  ropa   U,    274^278,    Nordamerikm  II. 

Ravin  I,  195.  !     278—281,  Australien  II,  281  f.,  Süd- 

Rawacheh  II,  623.  ^      amerika  II,  282).    Die  Wanderongen 

Reade,  Mellard  I,  435,  Nota  2.  des  Regenwassers  11,  287  ff.    Bedeu- 

R^nmnr,  R.  A.  F.  de  11,  152.  '     tong  des  R  für  das  Pflanzenkleid  der 

Rebhohnl,  512.n,  596.  618.  623.  627. 656. '     Erde  n,  489  ff. 
Reblaus  n,  610.  iRegensbnrg  I,  301.  11,  521.  522. 

Reclus,  £.:  zerstörende  uod  aufbauende  t  Regenwolke  H,  253. 

Thätigkeit  der  Fluth  I,  435.  439  (Nota '  Regnault  U,  136. 

1  und  2X  ;  Reguain  I,  369. 

—  über  die  Bildung  von  Nehrungen  I,  I  Regulus  (Fixstern)  I,  57. 

446  f.  Reh  11,  618.  621. 


—  über  Dünenbildung  I,  453. 

—  die   wandernden  Dünen   in  Europa 
ein  Werk   menschlicher   Unbedacht- 


Reich,  F.:  Dichtigkeit  der  Erde  ermittelt 

durch  die  Drehwage  I,  180  f. 
—  Temperaturbeobachtungen  in  Berg- 


samkeit  I,  458  f.  werken  I,  192« 

—  die  Verbreitung  der  Fjorde  ein  Zeug-   —  Zunahme   der   Temperatur   in    den 
niss  für  eine  jetzt   im  Rückzug  be-|     sächsischen  Beigwerken  I,  193. 
griffene  Eiszeit  I,  479.  j  —  Abnahme  der  Bodentemperatur  nach 

—  Erklärung  der  unterseeischen  Wälle  |     oben  im  Erzgebirge  II,  167. 


Reichardt,  H.  W.  n,  519  (Nota  2). 
Reichenbach  I,  111. 
Reichenhall  n,  306.  307. 


am  Eingang  der  Fjorde  I,  481. 

—  Brunnen,  deren  Niveau  mit  den  Ge- 
zeiten schwankt,  II,  293  (Nota  1). 

—  über   die    Flussmündungen   an   der  Reif  n,  251. 

Küste  von  Neu-6ranada  II,  419.  Reihenvulcane  I,  236  ff. 

Redfield,  W.  C.  n,  70.  Reiher,  n,  621.  632.  651. 

Red  River  I,  321.  II,  415  f.  Rein  U,  361. 

Reduction  der  Temperatur  eines  Ortes  Reis  II,  554.  558.  562.   572.  5T6.   5i»S. 

auf  das  Meeresniveau  II,  173.  657. 

Redut-Kale  n,  278.  Reisläufer  II,  657. 

Regelation  n,  350.  Reiss,  W.  I,  236.  240. 

Regen  (Fluss)  n.  371.  Reithrodon  II,  648. 

Regen:    Regenhöhe    II,   257.     Regen-  Relictenfanna  I,  483.  484.  U,  314.  316. 

messerll,  257  f.  Die  Regenhöhe  eines  318.  319.  320.  321  f. 

Ortes  verringert   sich  nach  oben  II,  Relictenseen  (Begriff)^ II,  316. 

258.  Abwdchungen  vom  allgemeinen  Relief  (bei  Terraindarstellungen)  I,  57 1 . 

Jahresmittel  n.  258  f.    Regenkarten  Rembo  11,  119  £ 

n,  259  f.    Die  Regenzoneu  der  Erde  Rennell,  James  11,  57.  84.  97. 

n,  259—282:  Äquatoriale  Regenzone  Renninaus  II,  621.  631.  635.  643. 

n,  260  t    Regenlose  Passatzonen  II,  Reno  II,  397. 

261  f.    Zonen   der  tropischen  Regen  Rensselaerhafen  II,  142.  197. 

n,  262—265.    Sahara  II,  262.    Kala*  Renthier  II,  60S.  613.  615.  616.  622.  627. 


Register. 


733 


Renthierfleehte  II,  531. 

Reptilien,  erste  Sparen  in  der  Kohle  I, 

315^  erstes  echtes  Reptil  iu  der  Dyas 

I,  317. 
Rerayathal  II,  362. 
Resina  I,  206. 
Retama  II,  562.  563. 
Retzius  n,  655. 
Räanion  I,  371. 

Reusch,  H.  H.  n,  383  (Nota  2). 
Reuss  II,  441. 

Reussgletacher  der  £i8zeit  II,  359. 
Reussthal  JI,  358.  382. 
Revillagigedo-Inseln  I,  237.  391.  493  f. 

498. 
Rewel  (Reval)  U,  176.  52J. 
Reykjavik  U,  131.  194. 
Reynaud  ü,  380. 
Rhabarber  II,  523. 
Rhabdogale  mustelina  ü,  633. 
Rhadames  ü,  160.  195.  492. 
Rhagodia  escttlenta  n,  569. 
Rhamphorhynchus  I,  323. 
Rhapis  n,  558. 
Rhea  americana  n,  645.  649. 

—  Darwini  II,  649. 

Rhein  I,  233.  II,  370.  383.  393.  394.  412. 

437.  439.  440.  441. 
Rheindelta  II,  426. 
Rheineck  II,  412. 

Rheinfall  bei  Schaffhausen  II,  383. 
Rheingau  U,  190. 
Rheingletscher  der  Eiszeit  II,  359. 
Rheinisches  Schiefergebirge  I,  308.  320. 
Rheinpfalz  11,  536. 

RheinproYinz  I,  253.  254.  257.  260.  313. 
Rheinthal,  oberes  ü,  358.  359.  382. 
Rheinthal  unterhalb  Bingen  I,  257.  266. 

n,  447  ff. 
Rhexia  11,  537. 
Rhbaster  U,  625. 
Rhinoceros  I,  333.  336.  U,  628.  631.  635. 

—  incisivus  (tertiär)  I,  333. 

—  indicus  11,  631. 

—  tichorhinus  (diluvial)  I,  336. 
Rhinolophus  n,  616.  623.  629.  633.  650. 
Rhinopoma  microphyllum  U,  633. 
Rhizomys  TL,  631.  635. 
Rhizophora  Mangle  s.  Mangrovebaum. 
Rhode-Island  I,  316. 


Rhododeudi*on  II,  519.  534.  549.  572. 

—  lapponicum  II,  549. 

—  maximum  ü,  572. 
Rhön  I,  243.  320. 
Rhombomys  ü,  619.  621. 

Rhone  11,  370.  371.  381.  393.  394.  402. 

413.  424.  433.  441.  514.  617. 
Rhönedelta  II,  380  f.  408. 
Rhönegletscher  U,  202. 

—  der  Eiszeit  H,  359. 
Rhönethal,  oberes  II,  357.  358. 

—  unteres  I,  266.  327.  334.  II,  402. 
Rhynchonella  I,  306.  307.  322.  326; 
Rbyzaena  II,  633  f. 

Rias  I,  441. 
Richardia  n,  568. 
Richer,  Jean  I,  150.  154. 
Richthofen,    Ferdinand,    Freiherr    v.: 
Kohlenlager  in  China  I,  316.  348. 

—  Lössbilduug  in  China  I,  335. 

—  seculäre  Senkung  der  südchinesischen 
Küste  I,  308. 

•  seculäre  Hebung  am  Golf  von  Mar- 

taban  I,  369. 
Rico  y  Sinobas  II,  224. 
Riedgräser  II,  538. 
Riesengebirge  I,  305.  317.  ü,  277.  278. 

361. 
Riesenhirsch  (Diluvium)  I,  336. 
Riesenkessel  n,  383  f. 
Riesenrohr  11,  572. 
Riesensalamander  ü,  624. 
Riesenschlange  s.  Boa. 
Riesenstockschrecke  11,  646. 
Riesenstorch  n,  645. 
Riesentopfe  II,  383  f. 
Riess  I,  132. 
Rigel  (Fixstern)  I,  57. 
Rigi  I,  544  f. 
Rinck  I,  466. 
Rind  n,  610.  631.  648. 
Ringgebirge  auf  dem  Monde  I,  101. 
Riobamba  I,  272. 
Rio  Colorado  (Nordamerika)  I,  321.  361. 

—  de  Janeiro  I,  159.  359.  II,  264.  461. 

—  Grande  del  Norte  ü,  427. 

—  Grande  do  Sul  I,  359. 

—  Negro  I,  114.  n,  610.  646. 

—  Opon  II,  535. 
Ritchie  II,  195. 


734 


Begister. 


Ritter,  Karl:  über  MababaÜpuram  I, 
370. 

—  Gebirge  die  „Gezimmer^  der  Erde 
I,  401.  Nota  1. 

—  Seegebirge  I,  43u. 

—  über  Ceylon  I,  504. 

—  EUntheilung  der  Stromläufe  11,  403. 

—  über  das  Vordringea  der  Chinesen 
nach  Westen  im  2.  Jhrdt.  n.  Chr.  II, 
453  l 

Riviere  Rooge  L  321. 

Rixhoft  I,  454. 

Roberts,  Edward  I,  271. 

Robeson-Canal  I,  363. 

Robinson's  Anemometer  II,  203  ff. 

Rocha,  V.  de  I,  387,  NoU  1. 

Roches  montonnto  II,  343. 

Rocky  Mountains  (Geologisches:)  I,  317. 

321.  325.  401.  472.  533.  534.  537.  547. 

556  f.  (Meteorologisches:)  11,  354.  368. 

433.  434.  (Biologisches:*  11,  602.  626. 

627. 
Rodenberg  11,  334. 
Roderberg  I,  233. 
Rodrignez  I,  499.  526.  IL  26. 
Rodkier  I,  83. 
Rogers  I,  384. 
Boggen  n,  598.  656. 
Rohlfs,    Gerhard:    seculare    Hebungen 

am  Rothen  Meer  I,  372,  Nota  ]. 

—  Wirkungen  der  Sandstürme  in  der 
Wüste  I,  449,  NoU  1. 

—  Vorrücken  der  Dünen  in  der  Wüste 
I,  449,  NoU  2. 

—  die  Sandanbänfungeu  der  Sahara  die 
Folgen  einer  ehemaligen  Meeresbe- 
deckung  I,  449,  Nota  3. 

—  Meereshöhe  des  Tsad-Sees  11,  133. 

—  Temperaturcontraste  in  Rhadames 
und  Fezzan  II,  160. 

—  Mazimaltemperaturen  in  der  Oase 
Rhadames  11,  195. 

—  continenUle  Depression  in  Nordost- 
afrika n,  320. 

—  Trockenheit  in  der  Sahara  II,  492. 

—  der  Floh  meidet  die  Sahara  II,  612. 
Rohrpalme  11,  542.  559. 

Roller  s.  Paradozurus. 
Rollschwan zafien  11,  641. 
Rom  11,  142.  240.  267. 


Roqui  I,  377. 
Rosa  n,  523.  552.  595. 
Rosaceen  II,  546.  552. 
Rose,  Gustav  I,  110. 
Rosenkranzseen  11,  323.  400. 
Rosenlorbeer  U,  553.  603. 
Roseres  II,  499. 
BosetBchgletscher  11,  341. 
Rosette  II,  416. 
Rosette-Nilarm  11,  417. 
Rosmarin  II,  523. 

Ross,  Sir  James  Clark :  fehlerhafte  Tief 
'  seemessung  bei  St  Helena  I,  408. 

—  unrichtiges  Gesetz  über  die   Tem- 
peraturabnahme in  oceanischen  Tiefen 

0,  38  f.  41. 

—  Verdunstung  des  Schnees  U,  240. 

—  Auffindung  des  nördlichen  Magnet- 
pols n,  45S. 

—  Lage  des  südlichen  Magnetpols  II,  4  o"« 
Ross,   Sir  John :  grönländisches  Meteor- 
eisen I,  108. 

—  Fahrt  in  die  Baffins-Bay  I,  468. 

—  Polarfiihrt  von  1S29— 1833  U,  45T  f. 
Rosse,  Lord  I,  86. 

Rosskastanie  H,  519.  536.  551.  574. 

RoUtion  der  Erde:  sie  wurde  von  Aristo- 
teles  bezweifelt   I,    15.    Allmähliche 
Verzögerung  ihrer  Geschwindigkeit  I 
50.  287.    Dauer  einer  einmaligen  R 

1,  168.  Die  R.  d.  E.  erklart  deren 
Abplattung  I,  279  ff.,  wurde  früher 
als  Ursache  der  äquatorialen  Meeres- 
strömungen betrachtet  II,  82,  bewirkt 
eine  Ablenkung  der  meridionalen 
Meeresströmungen  II,  102  f.,  der  me- 
ridionalen Luftströmungen  II,  214. 
225.  226.  235  und  der  meridionalen 
Flussläufe  n,  385— 38S. 

Rotation  der  Sonne   I,  61,  Mercurs  I, 

80,   der  Venus  I,   83  f.,   des  Mars  l. 

86,  Jupiter's  I,  90,  Satum*s  I,  95,  des 

Mondes  I,  99. 
Rother  See  II,  333. 
Rothes  Meer  I,  235.  371  f  420.  D,  In 

12.  37.  105.   106.   325.  —   Gebiet  dei 

R,  M.  II,  195  f 
RothfnclTs.  amerikanischer  II.  624. 
Rothholzbaum  II,  574. 
Rothliegendes  1,  293.  21i7.  316.  341. 


Register. 


735 


Bothluchs  II,  626. 

Rothtanne  n,  550. 

Rotomahana  II,  300.  592. 

Rotuma  I,  510. 

Ronen  I,  197. 

Rousseau-InBel  n,  418. 

Roussillon  II,  202. 

Rowley  II,  500,  Nota  1. 

Roy  I,  162.  384. 

Royan  n,  293. 

Rnbus  U,  552. 

RudiBten  I,  326. 

Rue,  Warren  de  la  I,  64. 

Rüdersdorf  (bei  Berlin)  I,  197.  19S. 

Rügen  I,  294.  326.  327.  381. 

Rügenwaldermiinde  11,  32. 

Rühlmann,  Richard:  die  tägliche  und 
jährliche  Periode  der  barometrisch 
gemessenen  Höhen  11,  120  ff. 

—  Vergleich  der  Temperaturschwankun- 
gen zu  Genf  und  auf  dem  Grossen 
St.  Bernhard  11,  171  (Note  2). 

—  Anomalie  der  Temperaturabnahme 
an  den  Abhängen  der  Gebirge  IT, 
172  f. 

Rüppell  I,  372.  n,  634. 

Rüssehnanguste  II,  630. 

Rüsselmaus  II,  625. 

Rüsselpapagei  ü,  632. 

Rütimeyer,  L.  H,  382  (Nota  1). 

Ruheperiode  der  Vulcane  I,  225  ff. 

Ruhrthal  I,  257. 

Ruke  Levu  I,  498. 

Rumänien  I,  423. 

Rumelien  EL,  601. 

Rumex  obtusifolius  I,  527. 

Rumford  I,  38.  41. 

Rundhöcker  II,  343. 

Runn  of  Cutch  I,  260.  269.  356.  370. 

Rurutea  I,  497. 

Russegger,  J.  11,  499. 

Russland  (Geologisches:)  I,  162.  165. 
306.  308.  313.  315.  316.  317.  319.  324. 
327.  334.  381  f.  387.  422.  (Meteoro- 
logisches:) II,  127.  1S6.  193.  227.  229. 
233.  275  f.  318.  321—324.  333.  365. 
386  ff.  (Biologisches :)  11,  490  f.  550  ff. 
616  ff. 

Rutherford  II,  153. 

Ruysbroek  II,  495. 


Saale,  Thüringische  II,  431. 
Saarbrücken,  Kohlenbecken  von  I,  290. 

309.  312.  313.  314.  315.  317.  344. 
Saaz  II,  446. 
Sabal  II,  572.  577. 

—  palmetto  If,  572. 

Sabine,  Sir  Edward :  Pendelbeobachtun- 
gen unter  yerschiedenen  Breiten  I. 
156  f. 

—  magnetische  Beobachtungen  II,  460. 

—  über  die  seculäre  Variation  des  Erd- 
magnetismus II,  470. 

—  über  die  tägliche  Variation  dessel- 
ben II,  472  f. 

—  über  die  Verstärkung  des  tellurischen 
Magnetismus  während  der  südlichen 
Declination  der  Sonne  II,  474. 

—  über  die  Einwirkungen  des  Mondes 
auf  den  tellurischen  Magnetismus  II, 
474  (Nota  2). 

—  Magnetnadel  und  Nordlicht  II,  480 
(Nota  2). 

—  Sammlung  von  Treibproducten  an 
den  Küsten  Gröuland's  EL,  oH. 

Sabratha  I,  373. 

Saccharinen  II,  538. 

Saccharum  spontaneum  II,  562.  563. 

Sachalin  I,  368.  397.  491  f. 

Sachsen  (Kgrch.)  I,  192.  313.  315.  316. 
317.  340.  II,  365.  446  f. 

Sachsen  (Prov.)  I,  315.  320. 

Sächsische  Schweiz  s.  Eibsandsteinge- 
birge. 

Sägeschnabel  II,  645. 

Sättigungspunkt  der  Luft  II,  244  f. 

Säuerlinge  II,  306. 

Säugethiere:  älteste  Spuren  derselben 
in  der  Trias  I,  318.  319,  im  Jura  I, 
323.  Die  S.  der  Gegenwart  II,  S. 
614  ff. 

Saftdorn  H,  573. 

Sagenaria  Veltheimiana  I,  314. 

Saginaw  n,  334. 

Sagopalme  11,  559. 

Saguenay  II,  413. 

Sahama  I,  240. 

Sahara:  frühere  Meeresbedeckung  I, 
375.  449  f.  n,  364.  490.  Sandver- 
wehungen  durch  den  Passat  I,  400. 
Dünen   am    Westrande    I,    448.    452. 


736 


Register. 


Dünen  im  Innern  I,  448  ff.  Entstehung .  Salix  s.  Weide. 

der  Sandmassen  I,  449  ff.    Tagliche  —  Homboldtiana  II,  583.  585.  687.  (>05. 

Temperatorcontraste    II,    160.     Joli-  —  polaris  II,  536. 

temperator  11,  180.  Vorherrschen  des  —  safsaf  II,  605. 


Passats  n,  221.  262.  490.  Segenlosig- 
keit  n,  262.  491  f.  Artesische  Bron- 
nen n,  292.  490.  Ihre  Bewohner  sind 
Räuber  II,  515.  Flora  ü,  562  £  S. 
hindert  die  Verbreitung  der  Thiere 
n,  612. 

Saidschau  U^  306. 

Saiga-Antilope  11,  618.  619. 

Saint  Agnes  I,  162. 

—  Andrd  I,  197. 
^Anns-See  U,  495. 

—  Angostin  IE,  175  f. 

—  Chamas  II,  380. 
Sainte  Adresse  I,  439. 

—  Anne  des  Monts  II,  445. 
Saint  Etienne  I,  311.  347. 
Georgs-Canal  n,  26.  29. 

—  Johns  (Nen-Fundland)  n,  69.  175  f. 

—  ^ohns-See  n,  413. 

—  Joseph  n,  496. 

—  Louis   (Nordamerika)  II,  279.   281. 
422. 

—  Louis  (Senegambien)  II,  420. 

—  Malo  I,  378. 

—  Malo,  Bay  von  II,  29. 


Salomonen  I,  366.  396.  494.  49b. 

Salon,  Hügel  von  II,  380. 

Salsen  n,  310. 

Salsette  n,  611. 

Salsohi  II,  518. 

Salaen  n,  410. 

Salzach  n,  384. 

SaUachthal  II,  360. 

Salzbrunn  II,  306. 

Salzburg  I,  327.  n,  278. 

Salzbusch  II,  569. 

Salzderhelden  n,  334. 

Salzgarten  11,  330. 

Salzgebirge  I,  320.  11,  334. 

Salzgehalt  der  Oceane  II,  3  ff.  91  f. 

Salziger  See  II,  324. 

Sabslager  I,  302.  316.  320.  328.  330— 

335. 
Salzpflanzen  s.  Halophyten. 
Salzsäureanshauchungen    I,    226.     Sie 

fehlen  den  Andesvulcanen  I,  236. 
Salzungen  II,  306.  307. 
Samana,  Halbinsel  I,  360. 
Samara  II,  194. 
Sambaquis  I,  359. 
Sambucus  II,  551. 


—  Ouen  I,  377. 

—  Paul  (im  Atlant.  O.)  I,  392.  499.  513.   Samoa-Inseln  I,  366.  498. 

—  Paul  (im  Ind.  O.)  I,   202.   499.  525.  Samojeden-Land  I,  367.  II,  54b  f. 
530.  ,  Samson  (Grube  bei  Andreasberg)  I,  192 

—  Peter  I,  392.  499.  ,  Samsun  I,  374. 

—  Pierre,  Bemardin  de  II,  541.  .  San  Antioco  I,  446  t 
-  Vincent  (Insel)  I,   510,  Nota  1.  U,  San  Blas  I,  159. 


217.  608. 

Vinoent-Golf  H,  412. 

Sajo  H,  396. 
Saisan-nor  I,  234. 
Salado  n,  499. 
Salamanca  H,  277,  Nota  1. 
Salamis  I,  524. 
Salangane  n,  631  f. 
Sala-y-Gomez  I,  498. 
Salbaum  H,  560. 
Sal^ve  (bei  Genf)  II,  1 16. 
Salicomia  n,  518.  5S5. 
Salina  (Ver.  St.)  U,  334. 
Salisburia  adiantifolia  II,  546. 


Sanet  Bernhard  (Grosser)  II,  120.  136. 
171.  172  t  453. 

—  Bemhardin  II,  278. 

—  (^tthard  I,  541  f.  II,  127.  171.  35b. 
359.  453. 

~  Helena  I,    158  f.  499.  515.  518.  526. 

530.    n,   26.  460.   464.  472.   5o6.  531. 

589. 

Laurentius>(^if  I,  420.  II,  407.  411. 

I      427.  445. 

—  -Lanrentius-Strom  II,  407.  413.  421. 
445.  451. 

—  Maria  (Sülfser  Joch)  II,  278. 
!  —  Miguel  (Azoren)  II,  266. 


Register. 


737 


Sanct  Peter  (Riesengebirge)  II,  278. 

—  Petersburg  II,  142.  17G.  212.  227. 
228.  248.  275. 

Theodulpass  II,  170  f. 

—  Thomas  U,  131. 

Sand,  Greschwindigkeit  der  Erdbeben- 
welle innerhalb  S.  I,  245.  S.  wird 
bei  Erdbeben  relativ  stark  erschüttert 
I,  246.  Ablagerung  des  S.  im  Meere 
I,  292.  Erhitzung  des  blossen  S.  in 
der  Wüste  II,  157. 

Sandbänke  I,  448. 

Sandberge  s.  Dünen. 

Sandgräber  II,  635. 

Sandhalm  I,  459. 

Sandhuhn  II,  623. 

Saudratte  U,  621. 

Sandsegge  I,  459. 

Sandstein  I,  290.  292  ff.  U,  2S8. 

Sandstürme  I,  448  f. 

Sandwichinseln  I,  202.  203.  206  f.  208. 
259.  364.  365.  491.  494.  497.  II,  26. 
268.  589  f. 

San  Fernando  de  Atabapo  II,  432. 

—  Francisco  II,  268. 

—  George,  Golf  von  11,  27.  405. 

—  Giorgio  I,  376. 
Sangir  I,  238. 
Sanguay  I,  225.  228.  233. 
Sanguili  I,  238. 

San  Juan  Capistrano  I,  360. 
San  Lorenzo  (Insel  bei  Callao)  I,  358. 
San-Lorenzo-Bay  (Haiti)  I,  360. 
San  Miguel  I,  240. 

—  Pedro  I,  109. 

—  Raphael,  Laguna  de  I,  472. 

—  Salvador  I,  228. 
Sansibar  I,  371. 
Santa  (Peru)  I,  258. 
Santa-Croce-See  n,  328,  Nota  1. 
Santa-Cruz,  Golf  von  II,  27. 
Santa-Cruz-Inseln  I,  240.  492. 
Santa  Lucia  I,  5lu,  Nota  1. 

—  Maria  (chilenische  Insel)  I,  270, 
Nota  2.  271.  358. 

—  Maria  (Neu-Granada)  I,  359. 
San  Thom^  I,  156. 

Santiago  (Chile)  I,  269.  451.  H,  269.  586. 
Santorin  I,  202.  221. 
Saone  H,  370.  371.  394. 

Peschel-Leipoldt ,  Phys.  Erdkunde.     II. 


Sapi-utan  s.  Anoa  depressicornis. 
Saramaca  11,  419. 
Saratow  11,  462. 
Sarcobatus  11,  573. 

—  vermicularis  II,  573. 
Sarcorhamphus  papa  II,  645. 
Sardinien  (Insel)  I,  315.  375.  446  f.  II,  G21. 
Sarepta  II,  276. 

Sargasso-Meer  II,  63. 
Sarothamnus  scoparius  I,  527. 
Sars,  G.  0.  I,  484. 
Sary-Kupa  II,  322. 
Saskatschavvan  II,  495.  571. 
Sassafras  II,  523.  535.  571. 

—  officinale  II,  571. 
Saturn  I,  94.  283. 
Satumringe  I,  95.  276. 
Satyr,  gehörnter  II,  632. 

Sauerstoff  der  Atmosphäre  vermindert 
sich  I,  52  f ,  ist  in  den  Tiefen  der 
Oceane  reichlicher  vorhanden  als  in 
denen  abgeschlossener  Meerestheile 
II,  108.  Gegenwärtiger  S.-Gehalt  der 
Luft  II,  108. 

Sauerwasser  II,  306. 

Saurauja  II,  560. 

Saussure,  H.  B.  de  I,  540.  548.  II,  38. 
168.  344.  348.  413,  Nota  1. 

Saussure*8  Haai-hygrometer  II,  243. 

Savage- Insel  I,  497. 

Savane  II,  497  f. 

Savannah  11,  280. 

Savoyen  I,  266. 

Sazaul  n,  556. 

Sazavord  I,  162. 

Sbrucz  n,  516. 

Scalops  n,  625. 

Scaphites  I,  326. 

Schaben,  ihr  erstes  Auftreten  in  der 
Kohle  I,  314. 

Schack,  V.  II,  514. 

Schäfchen  (Wolken)  II,  253. 

Schaf  8.  Ovis. 

Schafarik  II,  516. 

Schaffhausen  ü,  359.  383.  412.  439.  440. 

Schafschwingel  11,  518. 

Schakal  11,  620.  630.  634.  642. 

Schalaurow  I,  368. 

Schari  II,  399. 

Schatt  el-Arab  II,  371.  406  f.  410. 

47 


738 


Register. 


Scbelch  (im  Dilavium)  I,  336. 
Schemacha  I,  175.  260,  Nota  1. 
Schergin,  Fedor  J,  187.  188,  Nota  3. 
Scherzer,  Karl  ▼.  I,  365. 
Scheuchzer,  J.  J.  I,  540.  n,  111  f.  348. 
Scheuten  I,  83. 

Schiaparelli:  Bahnelemente  der  Persei- 
den I,  115  f. 

—  Bahnelemente  der  Leoniden  I,  116. 

—  Uebereinsti  mmnng  der  Meteoriten- 
bahnen mit  Bahnen  der  Cometen  I, 
117  f. 

Schichtenbau  der  abgekühlten  Erdrinde 
I,  288  ff. 

Schichtenlagerong,  antiklinale  und  Syn- 
klinale I,  299  f. 

SchichtqueUe  II,  290. 

Schichtwolke  11,  252. 

Schickschockgebirge  ü,  445. 

Schiefer  I,  290. 

Schierlingstanne  11,  571. 

Schiffshalter  n,  609. 

Schildkröten,  ihr  erstes  Auftreten  im 
Jura  I,  323.  Seh.  im  Eogen  I,  330, 
in  der  Oegenwart  II,  622.  624.  628. 
638.  645.  651. 

Schildwnrf  11,  648. 

Schilka  n,  371. 

Schimpanse  II,  633. 

Schire  II,  500,  Nota  1. 

Schirmfichte  11,  557. 

Schirmpalme  II,  559. 

Schiwelutoch  I,  215.  225.  240.  II,  283. 

Schizodon  II,  647  f. 

Schlacken,  vulcanische  I,  210.  222. 

Schiackenkegel  I,  210.  224. 

Schläfer  (Myozus)  II,  617.619.  620.  634. 
647. 

Schlagende  Wetter  I,  344  f. 

Schlagmtweit,  A.  ▼.  II,  167.  169. 

—  E.  V.  I,  569. 

—  R  T.  n,  382. 
Schlagintweit-Sakünlünski,   Herrn,   t.  : 

Begel   für  Abschätzung  von  Entfer- 
nungen I,  142. 

—  Neigung  der  Abhänge  des  Himalaja 
I,  534  und  der  Alpen  I,  568.  569 
(Nota  1). 

—  Abnahme  der  Lufttemperatur  nach 
oben  in  Innerasien  11,  169. 


Schlagintweit  -  Sakünlünski ,  Herrn,  t.  : 
Temperaturmaxima  im  Induagebiete 
n,  195  (Nota  5)  und  am  Bothen  Meere 
n,  195. 

—  Höhe  der  Schneegrenze  in  Mittel- 
asien n,  2S5  (Nota  1). 

—  über  die  stärksten  Mineralquellen  II. 
307  (Nota  1). 

—  Beobachtung  der  Gietscherbewegong 
auf  der  Pasterze  11,  344. 

—  über  die  Wasserführung  des  Brahma- 
putra n,  401  (Nota  2^ 

Schlammgeysir  II,  302. 

Schlammstrome  (Vulc.)  I,  223. 

Schlammirulcane  II,  310  f. 

Schlangenhalsvogel  II,  632. 

Schlankaffe  s.  Senmopithecus. 

Schlatenkees  H,  353. 

Schlegel  I,  5U4.  510. 

Schieiden  I,  103. 

Schleier-Eule  H,  607. 

Schlesien  (österr.)  I,  315. 

Schlesien  (preuss.)  I,  308.  313.  314.  315. 
320.  324.  327.  340,  H,  365. 

Schleswig  I,  3S0. 

Schlinger,  getigerter  II,  632. 

Schlingpflanzen  vgL  Lianen. 

Schlüter  I.  17. 

Schmarda,  Ludwig  K.:  Thiere,  welche 
ein  grosses  Verbreitungsgebiet  be- 
sitzen, n,  607.  608  (Nota  1). 

—  über  Fischiegen  II,  609  (NoU  1). 

—  die  geographische  Verbreitung  der 
Thiere  U,  614  (Nota  1)  ff. 

—  verwandtschaftliche  Züge  in  der  In- 
sectenfauna  Europa's  und  der  Kila- 
giris  n,  654  (Nota  1). 

—  die  Annahme  mehrerer  Schöpfiingi>- 
mittelpunkte  H,  655. 

—  geheimnissToUes  Aussterben  mancher 
Thiere  H,  655. 

Schmelzpunkt  abhängig  rom  Druck   1. 

284. 
Schmid,  E.  £.:    die  specifische  Wärme 

einiger  Mineralien  II,  15b«  Nota  I. 

—  thermische  Windrose  von  Cariaruhe 
II,  231. 

—  das  thermische  Verhalten  der  ver- 
schiedenen Winde  im  Winter  und 
Sommer  II,  231  f. 


Register. 


739 


Schmidt,  Ed.  I,  178. 

Schmidt,  J.  F.  Julius:  Marskarten  I,  87. 

—  Verändemngea  auf  der  Mondober- 
iläche  I,  101. 

—  keine  Flammenerscheinungen  bei  vul- 
canischen  Ausbrüchen  I,  221. 

—  Bedeutung  genauer  Zeitbestimmun- 
gen bei  Erdbeben  I,  249. 

—  über'  das  Ende  der  astronomischen 
Dämmerung  II,  109,  Nota  1. 

Schmutzbänder   auf  dem  Gletscher  11, 

340. 
Schnabelthier  I,  519.  II,  650. 
Schnabelwalfisch    (Balaena    boops)    II, 

608.  648. 
Schnarrthier  U,  633  f. 
Schneefalle    bei    sehr   niedrigen    Tem- 
peraturen U,  273. 
Schneeregion  11,  282—286. 
Schneider,  Oscar  n,  326,  Nota  1. 
Schnepfe  11,  632. 
Schnurrvogel  U,  637. 
Schönebeck  I,  320. 
Schöningen  II,  334. 
Schöpfung  der  Welt  I,  55. 
Schöpfungsheerde,  Einheit  der  I,   508. 

n,  597—602.  653—658. 
Schomburgk,  Kichard  11,  418  f 
Schonen  I,  3S1. 
Schoorl  I,  452. 
Schopfloch  n,  278. 
Schottland  (Geologisches:)  I,  174  f.  293  f. 

305.  308.  315.  347.  384.  437.  439.  463. 

465.  467.  471.  472.  473.  479.  514.  518. 

(Meteorologisches:)  n,    186.  227.  277. 

278.  317  f.    361.    452.   (Biologisches:) 

n,  523.  613.  656. 
Schouw,  J.  Fr.:    über  die  Vegetation 

von  Island  I,  518. 

—  erster  Versuch,  die  Erde  in  Vege- 
tationszonen einzutheilen,  II,  544.  54S. 

—  die  Verwandtschaft  der  Flora  dies- 
seits und  jenseits  des  Atlantischen 
Oceans  II,  546. 

Schraffirung,  Methode  der  (bei  Terrain- 
zeichnungen) I,  561  ß. 

Schranken  für  die  Verbreitung  der 
Pflanzen  und  Thiere  s.  Hindernisse  etc. 

Schröter  I,  81.  96. 

Schrotmäuse  11,  643. 


Schubert,  v.  I,  165  f. 

Schübeier  11.  68.  522  f. 

Schübler  H,  237.  241.  242. 

Schukburgh  II,  130. 

Schulten  II,  107. 

Schultz,  Friedrich  I,  561. 

—  Woldemar  II,  498. 

Schumacher  I,  162. 

Schumann,  Julius  I,  454  (Nota  1).  457 
(Nota  3).  n,  293  (Nota  3). 

Schuppenthier  II,  624.  631.  635. 

Schwabe  I,  61.  62. 

Schwaben  I,  320.  321.  II,  445. 

Schwämme  11,  530. 

Schwalbenwurz,  gemeine  II,  519. 

Schwan  (Sternbild)  I,  23. 

Schwan,  schwarzer  II,  651. 

Schwankungen  des  Wasserstandes  in 
den  Flüssen  II,  398—402. 

Schwarzes  Meer  I,  389.  533.  II,  11.  51. 
104  f.   106.   133.  314.  321  f  365. 

Schwarzwald  I,  293.  298.  320.  533.  559. 
n,  278.  361.  -147  f. 

Schweden  s.  bei  Skandinavien. 

Schwefeldampfaushauchungeu  I,  212. 
226.  228. 

Schwefelincrustate  au  der  Ausfluss- 
öffnung der  Solfataren  I,  2 26. 

Schwefelwasser  11,  306. 

Schweif  der  Cometen  I,   121  f. 

Schweifaffen  II,  641. 

Schwein  (Hausschwein)  I,  527.  II,  610. 
Im  übrigen  s.  Sus. 

Schweinfurth,  G.  I,  450.  H,  197. 

Schweiz  (Geologisches :)  I,  194.  260.  264. 
265.  320.  .  327.  332.  334.  423.  473. 
(Meteorologisches:)  11,  170  ff.  240.  275. 
329.  334.  356  ff.  380.  445.  (Biologi- 
sches:) H,  599.  657. 

Schwengelbewegung  bei  Küstenerhe- 
bung I,  271,  bei  der  Aufrichtung  von 
Bergen  I,  545. 

Schwere,  Methode,  die  Seh.  eines  Pla- 
neten zu  berechnen  I,  79,  Nota  1.  89, 
Nota  1.  Seh.  der  Sonne  I,  78',  Mer- 
cur*s  I,  79,  der  Venus  I,  83,  des  Mars 
I,  86,  Jupiter's  I,  89,  Satum's  1,  95, 
des  Uranus  I,  96,  Neptun*8  I,  98,  des 
Mondes  I,  98,  sämmtlicher  Planeten, 
wenn  die  Dichtigkeit  der  Erde  =  1 

47* 


740 


Register. 


gesetzt  wird,  I,  277.  Abnahme  der 
irdischen  Seh.  mit  der  Entfemong 
vom  Anziehongsmittelpunkte  I,  150. 
154.  176.  17S,  mit  der  geographischen 
Breite  I,  157.  Ermittelang  der  Seh. 
des  Erdkörpers  aus  der  Ablenkung 
des  Lothes  durch  Bergmassen  1, 176  ff., 
durch  Pendelschwingungen  auf  hohen 
Bergen  und  in  tiefen  Schachten  I, 
17S  f.,  mittelst  der  Dreh  wage  I,  179  ff. 
Scb.  der  oberen  Erdschichten  I,  181, 
des  Erdkernes  I,  ISl.  282.  Zunehmende 
Seh.  der  Massen  im  Erdinnem  ein 
Beweis  für  die  ehemalige  Flüssigkeit 
des  Erdkörpers  I,  282.  Seh.  der  gc- 
sammten  oceanischen  Wasser  und  der 
Festlandsmassive  I,  427. 

Schwertfisch  (Delphinus  orca)  II,  608. 615. 

Schwimmbeutler  II,  642. 

Schwimmmaus  II,  650. 

Schwyzer  Mythen  I,  547. 

Sciadopitys  II,  55?. 

Scilly-Inseln  I,  439. 

Scirtetes  11,  619.  635. 

Sciurus  8.  Eichhörnchen. 

—  bangkanus  I,  511. 

—  capistratus  II,  626. 

—  carolinensis  II,  626. 
— -  getulus  n,  620. 

—  hudsonius  II,  626. 

—  vulgaris  H,  617.  620. 
Sclater  I,  505. 

Scoresby   I,  436.  464.  465.  11,  161.  594. 
Scrope,  Poolett  I,  203. 
Scrub  n,  568.  570. 
Scylla  n,  31. 
Scyphia  I,  326. 
Seathwaite  11,  278. 
Sebchasümpfe  n,  320. 
Secchi:  das  plötzliche  Aufflammen  von 
Sternen  I,  54  f. 

—  Bewegung  der  Protuberanzen  I,  72. 

—  Atmosphäre  der  Venus  I,  84. 

—  Marskarten  I,  86. 

—  über    das    Mondspectrum    II,    102 
(Nota  1). 

—  Höhe  des  Aufleuchtens  von  Stern- 
schnuppen I,  111. 

—  Identification    von    Stemschnuppen- 
sch wärmen  und  Cometen  I,  118. 


Secchi:  Spectrum  des  Cometen  I  von  1S66 
I,  126. 

Seculäre  Hebung  und  Senkung  des  Bo- 
dens I,  293.  352— 3S4.  3S5  ff.  11, 425  ff. 

—  Variation  des  Erdmagnetismus  II, 
466—471. 

—  Veränderung  des  Kliman  II,  200—202. 
Sedimentärgesteine :  Entstehung  1, 290  f. ; 

ihr  gleichförmiger  petrographischer 
Habitus  I,  293.  Bezeichnung  auf  geo- 
logischen Karten  I,  298. 
Seebach,  K.  v.:  Eintheilung  der  Vul- 
cane  in  geschichtete  und  homogene  I, 
201.  243. 

—  neue  Methode  zur  Berechnung  der 
Elemente  einer  Erderschntterung  I, 
248  ff. 

—  Intensität  der  Erdbebenerschütterung 
I,  253  f. 

—  Bildung  eines  unterirdischen  Spalts 
bei  dem  mitteldeutschen  Erdbeben 
von  1872  I,  263. 

—  seculäre  Hebungen  an  der  West- 
küste von  Centralamerika  I,  359. 

—  der  Nicaragua-See  der  Ueberrest 
einer  Meeresstrasse  II,  319  f. 

Seebär  II,  648. 

Seebeben  I,  258.  Benützung  der  Wellen- 
geschwindigkeit  bei  S.  zu  Tiefenbe- 
rechnungen I,  413  ff. 

Seecocos- Palme  H,  589. 

Seedom  I,  459. 

Seegebirge  ein  irriger  Begriff  I,  405  L 
430  f.  506. 

Seehund  s.  Phoca. 

Seeigel  H,  607. 

Seeklima  s.  gleichmassiges  Klima. 

Seekreide  I,  342.  II,  324. 

Seelöwe  (Otaria  jubate)  II,  60S.  624.  64S. 

Seemann,  Berthold  I,  498.  U,  500,  NoU  2. 
506  (Nota  3). 

Seen :  schmale,  tiefe  S.  in  Gebirgen  ha- 
ben sich  bisweilen  aus  Fjorden  ge- 
bildet I,  464.  482  ff.  Allmähliche 
Zuschüttung  der  Gebirgsseen  durch 
Flusssedimente  I,  547  f.  ü,  439.  Tem- 
peraturen ihres  Grundwassers  II,  38. 
Ihr  häufiges  Vorkommen  auf  gewissen 
Erdräumen  II,  146.  149  f.  Seenarmuth 
mancher  Gebiete  ü,  312  f.  Entwick- 


Kegister. 


741 


luDgsgeschichte  der  S.  II,  312—329.  In 
S.  allein  können  sich  mächtige  Salz- 
lager bilden  II,  330  f.  In  S.  bilden 
sieb  Deltas  unter  relativ  günstigen 
Bedingungen  11,  407  f.  S.  als  Läu- 
terungsbecken der  Flüsse  II,  412  f. 

Seeotter  II,  624.  625. 

Seerabe,  schwarzer  II,  649. 

Seerosen  II,  543. 

Seeschwalbe  II,  63S. 

Seesteme  11,  607. 

Seestrandkiefer  II,  550. 

Seetange  im  laurentischen  Gneiss  I, 
304,  im  Silur  I,  305,  im  Devon  I,  307, 
häufig  in  der  Fljscbzone  I,  330. 

See-  und  lÄudwind  II,  210—212. 

Segeberg  I,  320.  II,  334. 

—  Seen  bei  II,  324. 
Segge  I,  459.  II,  518.  549. 
Seidenaffen  II,  641. 
Seine  II,  370. 

Seinebecken  I,  327.  329.  11,  277. 

Seinemündung  I,  439.  II,  28. 

Seismochronograph  I,  254  f. 

Seitliche  Beleuchtung  (bei  Terrainzeich- 
nungen) I,  562  f. 

Seivits  I,  3S2. 

Seiander  I,  162. 

Selkirk,  Lord  I,  383. 

Semätschlk,  Kleine  I,  240. 

SemUn  U,  423. 

Semnopithecus  im  Tertiär  I,  333,  in  der 
Gegenwart  11,  629. 

Senecio  II,  518. 

Senegal  II,  420.  437. 

Senegambien  II,  195.  564.  637. 

Senkel  ü,  429  f. 

Senkung,  seculäre,  des  Bodens  I,  293. 
352  ff.  385  ff.  n,  425  ff. 

Senkungen,  hervorgerufen  durch  Erd- 
beben I,  269. 

Sennaar  II,  499. 

Senon  I,  325. 

Sequoia  gigantea  II,  527.  574. 

—  sempervirens  II,  574. 
Serapistempel  bei  Pozzuoli  I,  355. 
Seriema  IT,  645. 

Serpentin  I,  304. 
Serra  do  Mar  II,  5S0  f. 
Serval  II,  420. 


Servatius  (13.  Mai)  II,  22S. 

Sesamum  Orientale  II,  558. 

Sesleria  disticha  II,  519. 

Sevem,  Golf  der  I,  434.  II,  28.  29.  409. 

413. 
;  Sexe  I,  471. 

Seychellen  I,  371.  38S.  505.  531.  11,  5s9. 

Sfaks  II,  31. 

Shakespeare-Klippe  I.  245. 

Shannon  (Insel  an  der  Ostktiste  Gröii- 
land's)  I,  363. 

Shansi  I,  348. 

Sbarpe  I,  246. 

Shaw,  Robert  II,  327. 

Shayok  II,  327. 

Shehallien  I,  174.  176.  177. 

Sherman  (an  der  Pacific-Bahn)  I,  537. 

Sherringham  I,  439. 

Shetlands-Inseln  I,  3^8.  439.  440  f.  479. 

II,  547. 
'  Shoal  Point  II,  68. 

Shorea  robusta  II,  560. 

Short  I,  83. 

I  Sibirien  (Geologisches :)  I,  185.  186.  187. 
260.  261.  325.  834.  367  f.  387  f.  396. 
470.  (Meteorologisches:)  II,  179.  191. 
197.  227.  233.  248.  273  f.  276.  319. 
321  —  324.  366.  386  ff.  435.  460  f. 
(Biologisches:)  H,  547.  548  f.  549  ff. 
615  f.  616—618.  657. 

Sibirisches  Eismeer  H,  65  ff.  321. 

Sichelförmige  Altwasser  II,  391  ff. 

Sicilien  I,  259.  26S.  374  f.  II,  554. 

Siderolithes  I,  326. 

Sidi  Daoua  I,  377. 

Siebenbürgen  I,  334.  II,  334.  617. 

Siebengebirge  I,  243.  257.  II,  167. 

Sieben  Inseln  II,  68. 

Siebenschläfer  II,  624. 

Sieber  n,  212  (Nota  3). 

Siedepunkt:  Erniedrigung  desselben 
durch  Verminderung  des  Luftdruckes 
und  Benützung  desselben  zur  Er- 
mittelung von  Meereshöhen  II,  136  f. 

Siegen  I,  257. 

Siegthal  I,  257. 

Siemen's  Gasregenerationsöfen  I,  349. 

Sierra  de  Cazorla  II,  369. 

j  —  Leone  I,  156.  II,  157.  261.  262.  636. 

I  —  Madre  II,  573  f. 


i 


742 


Register. 


Sierra  Morena  II,  620. 

—  Nevada  (Califomien)  II,  527. 

—  Parime  s.  Guayana  (Hochland  von). 
Siewers  II,  600. 

Sigillarieu  im  Devon  I,  296.  307,  in  der 
Kohle  I,  296.  310.  340,  in  derDyas 
I,  316;  ihr  Aussterben  am  Ende  der 
paläozoischen  Zeit  I,  318. 

Sigmodon  II,  62(>  f. 

Si-kiang  II,  410. 

Sikok  n,  55S. 

Silber:  Vorkommen  des  S.  im  Meer- 
wasser II,  4  f. 

Silberluchs  II,  617. 

Silberreiher  II,  621. 

Silene  inflata  II,  518. 

Sm  U,  449  f. 

Silla  von  Caracas  II,  524,  Xota2.  57S.  t>01. 

Sillein  I,  253. 

Silur-Formation  I,  295.  296.  305  f.  320. 
339.  427  f.  500.  557.  II,  334. 

Silva  Coutinho,  Dom  Joao  Martins  da  1, 392. 

Silybum  n,  585. 

Simbirsk  II,  3S7. 

Simia  satyrus  U,  629. 

Simoda,  Seebeben  bei  I,  413  f. 

Simons-Bay  II,  7. 

Simplon  I,  570.  II,  453. 

Simpson,  Richard  I,  50S. 

Sinai-Halbinsel  I,  372. 

Sindree  I,  269. 

Sindschar  I,  145. 

Singapore  II,  472.  611. 

Singhalesen  I,  530. 

Sinken  der  Küsten  I,  293.  j52  — 384. 
385  ff.  U,  425  ff. 

Sintfluth (nach  der  Adhemar  sehen  Hypo- 
these) n,  146. 

Sioa  I,  228. 

Sion  I,  474. 

Sipa  matador  II,  542. 

Sipan-Dagh  I,  234. 

Siphonia  elastica  H,  580. 

^  ficus  I,  326. 

Sirius:  Parallaxe  und  Entfernung  von 
der  Erde  I,  18.  Grösse  I,  26.  Eigen- 
bewegung I,  27.  Spectrum  I,  57. 

Sirks,  J.  II,  4SI  (Nota  1). 

{<itcha  I,  467.  H,  194.  227.  256  f.  278  f. 
571.  628. 


Siwah  I,  448.  H,  320.  492. 

Siz-Thermometer  U,  41  ff. 

Skager  Rak  H,  34. 

Skandinavien    (Geologisches:)    I,     162. 

258.  260.  270.  298.  304.  305.  306.  327. 

352  f.    381    ff.   385.   388  f.  422.    43l>. 

463.  464.  467.  471.  473.  47S.  479.  480. 

484. 538. 549.  (Meteorologisches :)  II,  35. 

36.  63.  64.  99,  Nota  1.  175.  179.   186. 

207.  249.  257.  275.  277.  278.  2S4.  312. 

318.  324.  328.  353.  354.  356.  360.  363. 

383.  451.  (Biologisches:)  II,  549.  550. 

551.  617.  655  f.  657. 
Skorpione,   ihr  erstes  Auftreten   in  der 

Kohle  I,  314. 
Skuratow  H,  65  f. 
Smithsund  U,  197.  594. 
Smyma  I,  37-1. 
Smyth  (Astronom)  I,  S3. 
Smyth  (Admiral)  I,  436. 
Sna  n,  623. 
Snehaetten  U,  451. 
Snellius,  Wiilebrord  I,  146  ff. 
Snowdon  I,  384. 
Socorridos  H,  505. 
Sölvesborg  I,  383. 
Sör^ord  I,  471. 
Soeterwouda  I,  146. 
SogneQord  I,  4SI. 
Solanum  II,  518. 
Solenodon  I,  523.  II.  641. 
Sol&taren  I,  212.  226.  22S.  233. 
Solimoes  II,  369,  NoU  1. 
Solnhofen  I,  323. 
Solothum  U,  357.  359. 
Solstitien  II,  139  f. 
Somaliküste  H,  320. 
Somerset  I,  294,  Nota  3. 
Somma  I,  215.  225. 
Somme  I,  378. 
Somme-Soude  II,  371. 
Sona  I,  369. 

Sonklar,  C.  t.  :  stellt  zuerst  die  Richtig- 
keit der  orometrischen  Berechnungen 

A.  V.  Humboldt's  in  Frage  I,  422. 

—  entwirft  die  besten  hypsometrischen 
Karten  I,  565. 

—  orometrische  Berechnungen    I,  568. 

—  Regenkarte  von  Oesterreich-Ungam 
U,  259. 


Register. 


743 


Sonklar,  C.  v.:  über  die  Schneegrenze 
in  den  Alpen  II,  2S5. 

—  über  Eisaeen  II,  326  (Nota  2).  327. 
(Nota  1). 

—  über  die  Structur  des  Gletschereises 
II,  337  ff. 

Soaklar'sche  Seen  U,  327  f. 

Sonne:  I,  57—77.  Spectrum  der  S.  I, 
59.  Rotation  der  S.  I,  61.  Grösse 
der  S.  I,  61.  78.  Verschiedene  Hüllen 
um  die  S.  (nach  älterer  Anschauung) 
I,  65.  Helligkeit  ihres  Lichts  I,  66, 
Spectrum  des  Sonnenlichts  I,  67  ff. 
Aggregatzustand  des  Sonnenkörpers 
I,  67  ff.  Elemente  in  der  Sonnen- 
atmospbäre  I,  67  f.  278.  Aequatorial- 
und  Polarströme  auf  der  S.  I,  71  f. 
Temperataren  auf  der  S.  I,  75  f.  78  f. 
Allmähliches  Erkalten  der  S.  I,  76  f. 
288.  Schwere  der  S.  I,  78.  Bewohn- 
barkeit der  S.  I,  79.  Die  S.  ein  mäch- 
tiger Elektricitätsquell  I,  133.  Sie 
beschleunigt  bisweilen  den  Eintritt 
von  Erdbeben  I,  265  ff.,  ist  betheiligt 
bei  der  Entstehung  von  Fluth  und 
Ebbe  II,  16  ff.  Beziehungen  zu  dem 
tellurischen  Magnetismus  II,  474.  483. 

Sonnenflecken  I,  59  ff.  Periodische  Ab- 
und  Zunahme  der  S.  I,  62.  Aussehen 
der  S.  I,  63.  Höhlennatur  derselben 
I,  63  ff.  S.  betrachtet  als  Wolken  I, 
68  f.,  als  Schlacken  I,  70  ff.  Ver- 
theilung  der  S.  auf  der  Sonnenober« 
fläche  I,  73.  Auflösung  der  S.  I,  74. 
Beziehungen  der  S.  zum  Erdmagnetis- 
mus und  zu  den  Cirruswölkchen  TL, 
481—485. 

Sonnenkäfer  (mit  sieben  Punkteh)  II,  654. 

Sonnensystem  I,  78  ff.  Entstehung  des 
S.  I,  273  ff. 

Sonnen  wärme:  Bedeutung  derselben  für 
die  Erdenbewohner  I,  44.  138  ff. 
Grösse  der  S.  I,  46  f.  Ursprung  der 
S.  I,  46  ff.  S.  auf  Mercur  I,  80  ff., 
auf  der  Venus  I,  84,  auf  Mars  I,  86, 
auf  Jupiter  I,  90  f.,  auf  Saturn  I,  95, 
auf  Uranus  I,  97,  auf  Neptun  I,  98. 
Der  grösste  Theil  der  S.  verliert  sich 
im  Weltraum  I,  104.  Zerstörende 
Kraft  der  S.  I,  428.  450  f.  Wirkungen 


der  S.  auf  die  Oberflächenschichten 
des  Oceans  ü,  45  f.  Periodischer 
(jährlicher  und  täglicher)  Wechsel 
der  Sonnenstrahlung  auf  Erden  H, 
138 — 143.  Seculäre  Schwankungen  der 
S.  (Adh^mar*sche  Hypothese)  II,  143— 
151.  Absorption  der  S.  durch  Luft, 
Land  und  Meer  U,  156—158. 

Sonora  H,  516.  574. 

Soolquellen  U,  306.  307. 

Sorbus  U,  551. 

Sorex  n,  616.  619.  620.  623.  625.  629. 
63.S.  639. 

—  etruscus  II,  620. 

—  fodiens  II,  616. 

—  Indiens  H,  639. 

—  pulchellus  U,  619. 

—  pygmaeus  H,  616. 
Sorghum  saccharatum  U,  555. 
Sorrento  I,  441. 

Soufriere  I,  225. 

Source  de  la  Reine  (Bagneres   d.    L.) 

I,  272. 
South-Shields  I,  179. 
Spalax  typhlus  H,  620. 
Spallanzani  I,  221. 

Spalten,  entstanden  durch  allmähliche 
Erkaltung  des  Erdkörpers  I,  263. 
Bildung  und  Zuschüttung  von  ^.  bei 
Erdbeben  I,  272.  Druckentlastung 
und  Verwandlung  starrer  Massen  in 
gluthflüssige  durch  Spaltenbildung  I, 
285. 

Spalten,  vulcanische  I,  239.  258  f. 

Spaltquelle  U,  290. 

Spaltungsthal  s.  antiklinales  Thal. 

Spanien  (Geologisches:)  I,  258.  315.  319. 
377.  389.  422.  441.  (Meteorologisches:) 
U,    30.  277.  330.  435.    (Biologisches:) 

II,  503.  552.  620.  621. 
Spanisches  Rohr  H,  555. 
Spartacus  I,  229. 
Spartina  arundinacea  I,  515. 
Spartium  junceum  TL,  553. 
Specht  U,  618. 

Specifisches  Gewicht  der  Himmelskörper 
s.  Schwere. 

des  oceanischen  Wassers  II,  3  ff. 

Spectroskop  I,  27.  31.  57  f.  66  ff.  278. 
Spectrum  der  Nebelflecke   I,  31.  278, 


744  Register. 

der  Fixsterne   I,   57  f.,  der  Sonne  I,  i  Springfluthen  II,  17  f. 

67   flP.,   der  Venus  I,   S5,  des  Mai's  I,  |  Springhase  II,  635. 

87   f.,  Jupiter's   I,  92.  94,  Satum's  I,  j  Springmäuse  II,  617.619.  620  f.  626.  635. 

96,   des  Uranus  I,  97,  Neptun's  I,  98, !  Springquellen,  heisse,  periodische  (Gey- 

des  Mondes  I,    102,  der  Cometen  I,;      sirs)  II,  295— 303  (auf  Island  I,  295— 

127  f.  129.  132,  des  Nordlichts II,  478  f.       299,  auf  Neuseeland  I,  299—301,    n 
Speke  n,  313.  |     Nordamerika  I,  301—303). 

Spencer-Golf  II,  412.  ,  Ssäwerzoff  II,  362. 

Sperenberg,   Salzlager  von    1,   320.   II,    Stachelratte  II,  643. 

331.  334.  'Stachelschwein,    gemeines   If,  619.  621. 

—  Seen  bei  II,  324.  '      635. 

—  Temperaturmessungen  in  den  Berg-    Stadtberge  I,  315. 
werken  von    I,    191.    192.    193.    198.    Stadtsulza  11,  306. 

Spermophilus  (Ziesel)   II,  617.  619.  626.    Staffordshire  I,  309. 

643.  Stahlwasser  II,  306. 

—  citillus  II,  617.  Stalagmiten  II,  309. 
Spessart  I,  320.  Stalaktiten  II,  309. 
Sphaerococcus  cartilagineus  II,  6S.  Standlinie  (bei  Gradmessungen)  I,  147. 
Sphagnum  II,  549.  •  Standort,  Wichtigkeit  des  St.  für   die 
Sphe«ophyllen  I,  :U0.  Entwicklung  der  Gewächse  ü,  51 S — 
Sphenopteris  I,  309.  316.  .     520. 

Sphinx  convolvuli  11,  656.  Stanowoi-Kette  II,  551. 

Spiegel  I,  524  (Nota  1).  Stapelia  II,  567. 

Spinnen,   ihr    erstes   Auftreten   in    der   Staphylea  II,  551. 
Kohle  I,  314.  Staphylini  H,  61^. 

Spirifer  I,  306.  307.  314.  317.  539.  ''  Staring  I,  459. 

—  disjunctus  (S.  giganteus)  I,  539.  Stark  II,  241. 

Spirigera  I,  314.  Stark,  F.  II,  329  (Nota  2).  360  (Nota  2). 

Spirobranchus  capensis  11,  63S.  Staronekrassowka  I,  162. 

SpitahnaUe  II,  304.  Stassfurt,  Salzlager   von  I,  320.  11,331. 

Spitzbergen  (Geologisches:)  I,  156.  282. ,      332  f.  334. 

326.  367.  462,  464.  471.  472.  (Meteoro-  ;  Stauchung  der  Schichten  I,  543. 

logisches:)   11,    35.   36   f.   68  ff.  131. '  Stebnitzki  I,  175. 

2S6.  353.  355.    (Biologisches:)  11,  593. '  Stefano viC  v.  Vilovo  II,  396. 

599.  603.  Steiermark  U,  328.  360. 

Spitzbergen-See  11,  99.  Steinbock  ü,  618.  623. 

Spitzklette  n,  595.  Steineiche  II,  553. 

Spitzmaus  U,  616.   619.  620.  623.  625. ,  Steinfall  I,  346. 

629.  633.  639.  j  Steinkohle:  Anhäufung  der  kohlenbilden- 


Spix  n,  404,  Nota  2. 

Splügen  n,  453. 

Sporer  I,  61.  72. 

Spörer  II,  240. 

SpondyluB  I,  326. 

Spongien  in  der  Kreide  I,  326. 

Spratt  I,  374. 


den  Pflanzen  I,  311.  Kohlenbecken 
I,  312.  Bauwürdigkeit  der  Flötze  I. 
312.  Uebereinander  lagernde  Kohlen- 
flötze:  Zahl,  Entotehung  I,  312  t 
Paralische  und  limnische  Bildungen 
I,  313.  St.  auch  am  Aequator  und  im 
hohen  Norden  I,  813.  Gefahren  beim 


Spreuger,  A.  1, 143  (NoU  3).  144  (Nota  1).  1     Steinkohlenbergbau  I,   344  ff.  —  Im 
Sprengwirkungen   der  Sonnen  wärme  I, ,     übrigen  s.  unter  Kohle. 

428.  450  f.  Steinkohlenformation   1 ,   293.  294.  295. 

Springaffen  U,  641.  296.   297.  298.  301.  308—316  (klima- 


Eegister.  745 

tische  Verhältnisc^e  in  der  Steinkohlen-  Beziehou^en  der  St.  zu  den  Cometen 

zeit   I,   313.  Dauer  der  Steinkohlen-  I,   IIS  f.    Ihr  Aufleuchten  ein  )las5 

periode  h  3141  339  f.  344.  55S.  II.  334.  zur  Bet^timmung  der  Lufthohe  II.  1***, 

Steinmarder  IL  616.  Stemtag  I.  16S. 

Stellung,  günstige,  der  Erde  im  Sonnen- ,  Sterzing  II.  450. 

System  I,  TS  ff.  Steub.  L.  L  524. 

Stelzengeier  n,  637.  Stevenson  I,  437. 

Stelzenpalme  11,  579.  StickstoAaushauebuujren  I.  2-0. 

Stenops  n,  639.  Stickstoffgehalt  der  Luft  IL  1  .^. 

Stephan,  Heinrich  IL  513  (Xota  2).  Stiefelluchs  II.  62o.  *V6^k 

Stephenson  IL  106.  Stieregg  I^  542. 

Steppen:  ihre  starke  Erhitzung  II,  157.  Stjemsund  II,  45. 

Begriff  II,  4S9.  Meteorologische  Vor-  Stifle  L  37ü. 

auBsetzungen  der  Steppen  Bildung  11,  Stigmarien  L  2^0.  :^1L 

4S9ff.  Beschreibung  mehrerer  Steppen  Stiller  Oeean  s.  Grosser  Oceau. 

n,    495    ff.    St.   sind   eine  Schranke  StinkdacLs  (Mydausi  II,  »i2*J.  *.  ••. 

für  gewisse  TLiere  II.  012.  Stinkthier  (Mephitis)  II,  625.  62^'..  r;4«— 

Steppen  Austraüen's  IL  569  f.  641.  647. 

—  Centralafrika's  IL  499  f.  563  £  Stipagraser  11,   556.  56S.  5<1.  ö>:».  5>5. 

—  Centraüamerika's  11,  497  £  576.  5S7. 

—  Centralasieus  II,  492.  504  f.  555  £  Stipa  lehn  H,  5^3. 

—  der  Kirgisen  II.  49 j.  5u5-  515.  Stirling's     Luftma^chiue     ;Rej;ci.erat?ri 

—  Xordanicrika's  { Prairien .  IL  2S1 .  496  £  L  349. 
572—^74.  Stockheim  I,  312. 

—  des  Plateaus  von  Dekhan  IL  561  £•  Stockholm  I,  3^3.  II,  277.  ö"». 

—  Spaniens  IL  5o3.  Stoliczka  I,  234. 

—  Sudafrika  EL  5u«»,  Xota  1.  503  £  Stonesfield  L  323.  IL  651. 

—  Südamerika's  s.  unter  Llaiios ,  Cam-  Storch  IL  627.  632. 
pos  und  Pampas.  Storsjr>en  1.  4S4. 

—  Südmssland's   II.    276.    490    C    503.  Stottemheim  IL  334. 
555  £  617.  61 S.  Strabo  L  229.  IL  416. 

—  Vorderasien's  IL  505.  Stralsund  II,  96. 
Steppenhuhn  II,  623.  Strandbildongen  L  292  £ 
Stema  U,  63^.  Strandhafer  L  459. 
Stemapfelbaoin  IL  .576.  Strandlinien .  alte  L  27u.  354.  357.  :^öS. 
Steniarchus  IL,  646.  359.  36<l.  363.  365.  366.  ^67.  .1»'>.  -'O'?. 
Sternschnuppen:    MassenLaftigkeit    der  371.  374.  37S.  3S2.  3S3. 

St.  im  Sonnensystem  1 .  47.    Begriff  Strandriff  I.  495. 

I,  111.    Hohe  des  Aufleuchtens  Ton  Strandseen  II,  313  ff. 

St    I,   111.    Geschwindigkeit  I,    112.  Strassbnrg  EL  596. 

Ihre  Bahnen  L  1 12  £  Grand  ihres  Auf-  StraloTiilcane  L  lul  ff. 

leuchtens  beim  Eintritt  in  die  Atmo-  Stratos  II,  252. 

Sphäre  1,113.  Grösse  (nach  dem  Licht-  Straoss,  afrikanischer  II,  621.  637. 

werth    bestimmt;  I,  113.      \  ermehrte  —  amerikanischer  IL  645.  649. 

Frequenz  der  St  am  12.  bis  14.  No-  —  darwinischer  II,  649. 

Tember    (Leoniden)   und    10.  August  —  nenholländischer  IL  651. 

(Perseideni    I,    114    ff.    Bahnen   der  Stranasten  II,  532. 

Leonldeu'  and  Peraeidenschwäime  I,  Stransahühner  IL  645. 

115  ff.:  Uebereinstimmung  derselben  Strichen  der  Schichten  I,  3i>0. 

mit  Cometenbahuen  L  117  ff.  Sonstige  Streifige  Haufenwolke  IL  253. 


^ 


746  Register. 

Streintz,  Heinrich  II,  236,  Nota  I.  Struve,  W.:  Saturnriuge  I,  95. 

Strelitzia  II,  568.  —    Feinheit   der   coroetarisehen   Masse 

StringocephaluB  I,  307.  I,  122. 

Strix  (Eale)  II,  621.  624.  637.  649.  650.   ~  Farbe   des  Halley  sehen  Cometen  I, 

—  flammea  II,  607.  12S. 

—  otas  II,  607.  —  rassische  Gradmessung  I,   162.  165. 

—  perlata  II,  649.  . —     rassisch  •mitteleuropäische     Grad> 
Ströme  fahren  nur  einen  kleinereu  Theil ,     messong  I,  171. 

der    gesammten    Niederschläge    dem  |  struve,  Oberst  11,  321. 

Meere  wieder  zu  II,  287.  Nameu  der  Str.  |  Stubay-Gruppe  11,  353. 

II,  369—371.  Gesetze  ihrer  Bewegung   Stubenbach  II,  27>. 

II,  372—374.  389.    Ihre  mechanischen   Studer,  Bernhard :  Aehnlichkeit  der  drei 

Leistungen  II,  375 — 397  (Process  der-'     südhemisphärischen  Festlande  I,  407, 

Thalbildung  dorch  Erosion  II,  375 —   —  Entstehung  der  Gneissfacher  in  den 

383.    Rieeenkessel  II,  3S3  f.  Teufels-       Alpen  I,  540. 

mauern    II,    384.     Erdpjramiden   II,   —  die  Ueberkippung  der  Schichten  am 

384  f.   Das  Baer'sche  Gesetz  II,  3S5—       Mettenberg  I,  542  f. 

388.   Veränderungen   innerhalb   einer   —  die  verheerenden  Kräfte  der  Schwei- 

Stromcurve  durch  seitlichen  Anprall  des       zer  Alpenflüsse   bei   Hochwasser    II, 

Wassers  an  den  aasgebuchteten  Ufer- ,     380  (Nota  1). 

rand     II,     389-393.      Absatz     von  1  Stummelaffen  II,  633. 

Schwemmland    an    der    Vereinigung   Sturbington  II,  209. 

eines   Str.  mit  einem  Seitengewässer  '  Sturm  II,  2o6.  225. 

IT,  393—  397.  Allmähliche  Erhöhung    Sturmsignale  II,  226. 

des  Strombettes  II,  397).  Pathologie   Sturmtaucher  11,  616. 

der  Ströme  II,  398—402.  Die  Delto-   Sturmvogel  II,  616. 

bildungen  der  Str.  II,  403 — 427.  Bau   Sturt  II,  195. 

der  Ströme  in  ihrem  mittleren  Laufe   Stuttgart  ü,  229.  237. 

II,  428 — 437.  Ihre  Bedeutung  in  dem   Stye-Pass  II,  278. 

Gang  der  menschlichen  Gesittung  II,    Subtropische  Regen  II,  265—269. 

436  f.   Ungleichmässige  Abfuhr  ihrer   Subtropische  Zone  II,  221.  256.  265— 

Wasser  in  Folge  Entwaldung  II,  50S  f.       269.  502  f. 

Antheil  der  Str.  an  der  Verbreitung   Sudac  I,  374. 

der    Gewächse   II,    594   f.    Str.   sind    Sudan  II ,  436.  II,  563—565  (Flora  des 

Hindernisse  für  die  Verbreitung  der       Sudan).  636. 

Gewächse  II,  599,  der  Thiere  U,  610  f.   Sudeten  U,  550. 
Strömungen    des    Meeres    s.     Meeres-   Südamerika  (Geologisches:    I,  159.  219. 

Strömungen.  282.    236.    259.    261.    268.    296.    328. 

Strokkr  H,  2yS  f.  357   ff.   385.  390  ff.   397  ff.  400.  401. 

Strombett  U,  377.  397.  425.  461.  463.  467.  498.  530.   (Meteoro- 

Stromboli  I,  228.  231,  Nota  3.  23S.  259.       logisches:)   H,    127    f.     186    ff.   219. 
Stromcorven  D,  389—  393.  260  f.  264  f.  282.  312.  354.  363.  (Bio- 

Stromstrich  U,  372.  389  f.  lo^sches:)    H,    548.    577-588.    598. 

Strophalosia  I,  317.  639—649.  655.  656. 

Strophomena  I,  306.  317.  Südatlantischer  Verbindongsstrom  H,  74. 

Struthio  camelos  (afrikanischer  Strauss)   Südaostral-Strömang  H,  79.  102. 

n,  621.  637.  SüdcaroHna  I,  362.  U,  280.  428.  572. 

Struthiopteris  germanica  II,  532.  Südchinesisches  Meer  I,  387.   489.   O, 

Stnive,    W. :   über   die   Eztinction   des  •     6  f.  27.  37.  53. 

Lichts  I,  37.  !  Südeoropa  I,  326.  327.  334.  346.  374  ff. 


Register. 


747 


II,  193.  232.  267.  501  f.  523.  533.  550. 
Vgl.  hierzu  Mittelmeerländer. 

SüdGeorgia-Inseln  I,  462,  Nota  1. 

Südliches  Eismeer  s.  Eismeer. 

Südliche  Hemisphäre:  charakteristische 
Merkmale  ihrer  Länderconfiguration 
II,  146  ff.  Temperatarverhältnisse  II, 
178  ff. 

Südlichter  ü,  481. 

Süd-Orkney-Inseln  I,  462,  Nota  1. 

Süd-Sandwich-Inseln  I,  462,  Nota  1.  498. 

Südsee  s.  Grosser  Ocean. 

Südshetland-Inseln  I,  462,  Nota  1.  498. 

Süntel  I,  324. 

Sues  I,  372.  U,  142.  Isthmus  von  S. 
n,  105  f. 

Suess,  Eduard  I,  554.  55S  ff. 

Süsser  See  U,  324. 

Suf  I,  449. 

Suffolk  I,  384.  439. 

Sujut  I,  238. 

Sulu-See  II,  53. 

Sumatra  I,  238.  369.  387.  396.  397.  511  f. 
520.  II,  561.  630.  631.  655. 

Sumbawa  I,  214.  242.  369. 

Sumpfbiber  U,  648. 

Sumpfcypresse  II,  572. 

Sund  I,  383.  II,  105. 

Sunda-Inseln  (Geologisches :)  I,  231.238. 
259.  393  ff.  397.  491.  511.  520  f.  530. 
(Meteorologisches:)  n,  215.  271.  (Bio- 
logisches:) II,  490.  536.  558  ff.  601. 
609.  629  ff.  639. 

SunderlikDagh  I,  234. 

Sundsvall  I,  383. 

Supan,  Alex.:  die  mittlere  Tiefe  des 
Grossen  Oceans  I,  416  ff. 

—  über  den  Brennerpass  II,  450  f. 
Surell  n,  402. 

Surinam  (Col.)  H,  123. 

—  (Fluss)  II,  419. 

Sus  (Schwein)  I,  527.  II,  610.  613.  617. 
619.  621.  622.  624.  627.  631.  636.  639. 

—  larvatus  ü,  636.  639. 

—  leucomystax  II,  624. 

—  scrofa  (gemeines  Wildschwein)  II, 
613.  617.  619.  621.  622. 

—  scrofa  domesticus  (Hausschwein)  I, 
527.  n,  610. 

Susquehanna  U,  443. 
Sussex  I,  384. 


Suwarrow-Cactus  II,  573. 

Svanberg  I,  152,  Nota  1.  162. 

Sveaborg  I,  382. 

Swietenia  Mahagoni  H,  576  f. 

Swinden,  Tobias  I,  60.  II,  481. 

Swinemünde  H,  31. 

Sydow,  E.  V.  I,  564  (Nota  I). 

Syene  I,  144.  145. 

Syenit  I,  292.  H,  288. 

Sykomore  II,  557.  564. 

Sylt  I,  380.  456.  457.  ü,  293. 

Symphoria  II,  576. 

Synclinaler  Schichtenbau  I,  299  f. 

Synclinales  Thal  I,  546.  II,  329.  443. 

Synclinorium  (Dana)  I,  550. 

Syr  n,  399.  407.  413. 

Syracuse  U,  334. 

Syrakus  I,  375. 

Syrien   I,   260.    268.  269.   37;j.  400.  H, 

267.  505.  634.  636. 
Syringa  H,  551. 
Syrrhaptes  paradoxus  U,  619. 
Syrten  (Grosse  und  Kleine)  I,  373.  375. 

n,  31.  320. 
Szamos  U,  371.  396. 
Szathmar-Nemethi  U,  396. 

Tabak  H,  572.  576.  597.  598. 

Tacarigua-See  II,  506. 

Tachyglossus  II,  650. 

Tacitus  I,  143. 

Tadmor  I,  145. 

Tadoussac  II,  411. 

Tafilet  n,  492. 

Tagliamento  II,  422. 

Tagnaras  U,  538. 

Tagschwalbe  H,  637. 

Tahiti  I,  365.  447.  498.  509.  528.  H,  26. 

Taimyrland    I,  368.  470.  H,  191.  548  f. 

Talabot  H,  106.  423. 

Talcahuano  I,  270. 

Talcot  I,  361.  U,  414. 

Talpa  caeca  ü,  620. 

—  europaea  (gemeiner  Maulwurf)  H,  616. 

—  wugura  n,  623. 
Taman  H,  311. 
Tamarinde  H,  564. 
Tamariske  II,  555.  562.  563.  565. 
Tamarix  gallica  II,  562. 

—  nÜotica  II,  565. 
Tamaulipas  I,  361. 


748 


Register. 


Tamias  11,  643. 

Taminaschlucht  II,  3S2. 

Tamisier  n,  195. 

Tana  I,  185. 

Tandurek  I,  234. 

Tanela  n,  419. 

Tanger  I,  258. 

Tanitische  Nilmündung  II,  416. 

Tanna  I,  229.  240.  492. 

Tanne  H,  550.  570  £  576. 

Taogaras  II,  538. 

Tapajos  11,  29. 

Taphozous  11,  633. 

Tapirus  11,  628.  631.  644.  648.  655. 

—  indicus  II,  631. 

—  suilluB  n,  644.  648. 

—  villosus  n,  644. 
Tarabulus  I,  268. 
Tarawera-See  I,  259,  Nota  2. 
Tarbes  II,  117. 

Tarde,  Jean  I,  60. 

Tarim  H,  399. 

Tari-Pass  I,  534. 

Tarqui  I,  152.  161. 

Tarser  11,  639. 

Tarsipes  II,  650. 

Tarsias  11,  639. 

Tasman-Gletscher  II,  367. 

Tasmanien  I,  306.  366.  386.  397  f.  490. 

521.  529.  531.  II,  2S1.  601  f.  650. 
Tatarische  Strasse  11,  76. 
Tatra  H,  617. 
Tatta  II,  410. 
Taube  H,  618.  632.  637  f. 
Taubefluth  II,  17  f. 
Taunus  I,  227.  H,  448  f. 
Taupo-See  I,  226.  H,  299. 
Taurien  11,  258  f. 
Taurus  II,  554.  601.  634. 
Tausendfüsser,   ihr  erstes  Auftreten  in 

der  Kohle  I,  314. 
Taxodineen  II,  546. 
Taxodium  distichum  II,  572. 

—  mucronatum  11,  576. 
Taxus  in  der  Kreide  I,  325. 

—  baccata  n,  550. 
Taylor,  J.  G.  I,  234. 
Tchihatecheff,  P.  v.  I.  374. 
Teakbaum  II,  560  f. 
Teche  II,  415. 


Tectonia  grandis  II,  560  1 

Teetzmann  11,  258  f. 

Tegel  I,  328. 

Tegetthoff,  v.  II,  417,  Nota  1. 

Telegraph:  Mittel,  die  Zeitdiffereuz 
zweier  Orte  zu  bestimmen,  I,  170  f. 
Strömungen  im  T.  während  einer 
Nordlichterscheinung  11,  479  f. 

Teleosaurus  I,  323. 

Telmissos  I,  374. 

Teltow  I,  193. 

Temboro  I,  214.  242. 

Tempers  Comet  I,  117  f. 

Temperaturen  auf  der  Sonne  I,  75  f., 
im  Erdinnem  I,  183  ff.,  der  Quellen 
in  der  tropischen  Zone  und  auf  Island 
I,  185,  der  Lava  I,  223,  des  Wassers 
an  der  Meeresoberfläche  II,  33— 3b, 
in  den  Tiefen  der  Oceane  II,  38 — 55. 
in  den  höheren  Luftregionen  II,  162  ff. 
Reduction  der  Temperatur  eines  Ortes 
auf  das  Meeresniveau  11,  173.  Ma- 
xima  der  Lufttemperaturen  II.  19ö— 
197.  Minima  der  Lufttemperaturen 
n,  197.  T.  zur  Erklärung  der  Eiszeit 
n,  365  ff.   Das  übrige  s.  unter  Wärme. 

Teneriffa  11,  131.  212.  216.  528. 

Tennent,  Sir  Emerson  I,  504. 

Tenner  I,  162.  165. 

Tennessee  11,  571. 

Teplitz  I,  272.  11,  294.  306. 

Teplouchoff,  Tb.  II,  495. 

Terebratula  I,  319.  322.  326. 

Terek  n,  407. 

Termes  s.  Termiten. 

Terminbeobachtungen  (Erdmagnetismus ) 
n,  475  f. 

Termiten  11,  632.  638. 

Terraindarstellung  I,  561 — 571. 

Tertiär  I,  294.  296.  298.  800.  301.  320. 
328—334.  341.  343.  385  ff.  489.  533. 
n,  334.  356.  447  f.  651  f. 

Tessin  II,  441. 

Tessinthal  H,  377.  378. 

Tetarata  II,  300. 

Tetranthera  califomica  II,  574. 

Tetrao  H,  628.  637. 

—  cupido  H,  628. 

—  umbellus  II,  628. 
Tetschen  n,  447. 


Kegistei*. 


749 


TeufeUbrücke  II,  382. 

Teufelsfinger  I,  322. 

Teufelsmauern  I,  225.  II,  364. 

Teutoburger  Wald  I,  327.  II,  SOS. 

Texas  I,  316.  317.  II,  573  f. 

Textularia  I,  326. 

Thäler:  ihre  Entstebung  I,  546.  II,  438— 
454.  Die  Bildung  von  Erosionsthälern 
in  den  Gebirgen  II,  376  flP.  Tbal- 
einschnürungen  mit  stürmiscber  Ero- 
sion I,  378  f.  Tb.  als  Hindernisse 
für  die  Verbreitung  der  Gewäcbse  II , 
599. 

Thalweg  II,  389. 

Thau  II,  250  f. 

Thaupunkt  U,  245. 

Tbea  viridis  II,  558. 

Theben  (Aegypten)  U,  157. 

Theestrauch  II,  558. 

Theiss  11,  396  f. 

Themse  IT,  28.  407.  413.  421  f.  424. 

Theophnuitus  I,  346  f. 

Thermale  Ciixulation  im  Oeean  II,  92  fi^. 

Thermen  U,  294  ff. 

Thermische  Anomalie  II,  185. 

Thermische  Normalen  II,  185. 

Thermische  Windrosen  II,  230  ff. 

Thermometer  II,  151 — 154.  Gebrauch 
desselben  II,  154 — 156. 

Thermometrograph  U,  153  f. 

Thian-schau  I,  233  f.  284.  II,  362. 

Thiere:  die  Thierwelt  der  Inseln  I, 
507 — 531.  Tb.  als  Verbreiter  von 
Pflanzensamen  II,  595.  Abhängigkeit 
der  Th.  vom  Boden  II,  606,  von  der 
Vegetation  ihres  Wohnortes  11,  606, 
vom  Klima  11,  606  f.,  von  der  mor- 
phologischen und  physiologischen  Be- 
schaffenheit ihres  Körpers  II,  607  f. 
Die  Verbreitung  der  Th.  wird  ge- 
fördert durch  schwimmende  Fahrzeuge 
n,  608,  durch  Gebirgsbrücken  II, 
608  f.,  durch  Stürme  II,  609,  durch 
die  Thiere  selbst  II,  609,  durch  den 
Menschen  11,  610;  sie  wird  gehindert 
durch  Flüsse  und  Meere  n,  610  f., 
durch  Gebirge  11, 61 1  f.,  durch  Wüsten, 
Steppen  und  Wälder  U,  612  f.,  durch 
den  Menschen  II,  613.  Die  Thier- 
provinzen  der  Erde  II,  614—652:  das 


arktische  Gebiet  II,  015  f.,  die  ge- 
mässigte Zone  innerhalb  der  Alten 
Welt  II,  616—624,  das  gemässigte 
Nordamerika  II,  624—628,  das  indische 
Gebiet  II,  629—632,  das  tropische 
Afrika  n,  632—638,  Madagaskar  II, 
638  f.,  das  tropische  Amerika  II, 
639 — 646,  das  gemässigte  Südamerika 
n,  646—649,  Australien  II,  649-652. 
Die  Lehre  von  der  Einheit  der 
Schöpfungsmittelpunkte  II,  653—658. 

Thiessow  II,  31. 

Thilo  II,  321. 

Thlaspi  alpestre  II,  518. 

Thlewee-choh  II,  405.  421.  440. 

Thompson-Insel  I,  499. 

Thomson,  James  II,  349. 

Thomson,  William  II,  349. 

Thomson,  C.  Wyville:  über  Tiefsee- 
messung I,  40b  ff.  Mittlere  Tiefe  der 
Weltmeere  I,  420.  Tiefentemperaturen 
der  Südsee  II,  51. 

Thonschichteu  I,  294.  II,  289.  Bildung 
von  Th.  I,  292. 

Thonschiefer  I,  302.  304.  II,  28b. 

Thorictis  II,  645. 

Thorshavn  II,  193. 

Thränen  des  heiligen  Laurentius  I,  114. 

—  des  Vesuv  I,  222. 

Thrakien  I,  107.  374. 

Thrinax  11,  576. 

Thrissops  I,  322. 

Throndhjem  I,  156.  383. 

Thsin-Schi-Hoang-ti  II,  515. 

Thüringen  I,  249.  250.  293.  308.  316. 
317.  320.  II,  277.  365. 

Thüringer  Wald  I,  320.  11,  277.  361. 

Thuja  gigantea  II,  571. 

Thun  II,  413. 

Thuner  See  II,  413.  441. 

Thwaites  I,  52b. 

Thylacinus  II,  650. 

Tiber  H,  437. 

Mündung  I,  441. 

Tiberias-See  H,  325.  441. 

Tibet  II,  3.  169.  195.  272.  334.  353.  623. 

Ticino-Gletscher  der  Eiszeit  11,  35%. 

Tiden  ü,  14  (auch  Nota  2). 

Tiefe,  mittlere,  des  Atlantischen  Oceans 
I,  410—413,  des  Grossen  Oceans  I, 


750 


Begister. 


413—418,    des    Indischen   Oceans    I,  |  Torgan  ü,  392. 
418  f.,  des  nördlichen  und  südlichen  { Tomatella  I,  326. 
Eismeeres  I,  419,   sämmtlicher  Welt- 1  Tomea  (Stadt)  I,  152. 


meere  I,  420. 
Tiefenstufe,  geothermiscbe  I,  ISS  ff. 
Tiefseebildungen  I,  292  f. 
Tiefseeloth  Brooke's  I,  4uS  f. 
Tiefseemessungen  I,  407  ff. 
Tie&eetemperaturen  II,  3S--55. 
Tiflis  I,  175. 

Tiger  11,  6u6.  611.  622.  628.  630.  634. 
Tiger,  brasilianischer  s.  Jaguar. 
Tigerpferd  II,  685. 
Tigris  n,  371.  406  f.  412. 
Tillandsia  usnoidea  II,  540.  571. 
Timor  I,  369.  520. 
Tipperary  II,  190. 


i  Toronto  (Canada)  11,  209.  474.  476. 
1  Torre  dell'  AnnunziaU  I,  23S. 
I  Torres-Strasse  I,  489. 

Torreya  H,  546. 

Torricelli  II,  111. 

Tortrix  H,  607. 

Toscana  I,  194.  315. 

Toulouse  n,  176. 
■  Tour  n,  292. 
!  Toumefort  II,  524. 

Toxaster  I,  326. 

Trachyt  I,  292.  II,  28S. 

TractuB  chalyboelitici  II,  461. 
'  Trade-winds  II,  215. 


Tirol  I,  192.327.  554.  11,  328.  360-  385. ,  Traganthstraucher  II,  556. 


449-451. 
Tirrsa  II,  556. 
Titicaca-See  11,  312.  320. 
—  Ebene  um  den  II,  582.  644. 
Toau  I,  497. 
Tobolsk  I,  185. 
Toconao  I,  109. 
Todea  II,  568. 
Todesthal  (Java)  I,  227. 
Todtenkopf  n,  656. 


,  Tragopan  satjrus  11,  632. 
'  Trajanswall  H,  516. 
'  Trampelthier  II,  622. 
'  Trandersholm  I,  381. 
Transbaikalien  II,  274. 
j  Transkaukasien  11,  552. 
I  Transmutationshjpothese  11,  604. 
:  Trappe  II,  623.  627.  632.  651. 
'  Trasimenischer  See  n,  326. 
-  Traubenkirsche  11,  551. 


Todtes  Meer  II,  325  f.  333.  399.  441.  556.   Travemünde  11,  31. 


Todus  n,  645. 

Tödi  II,  359. 

Tofua  I,  228. 

Tokaj  n,  396. 

Tokio  I,  368. 

Tolaihase  II,  619.  622. 

Tola-Strauch  II,  583. 

Tolbatschinskaja  Sopka  I,  225. 

Tolima  I,  236.  II,  283. 

Tolmezso  n,  278. 

Tomsk  I,  185. 

Tonga-Inseln  s.  Freundschafis-Inseln. 

Tongariro  I,  260. 

Tong-king  I,  368. 

Toonabaum  11,  560. 

Tor  I,  372. 

Torell  I,  282.  H,  68. 

Torf  I,  335.  342.  343. 

Torfschichten  unter  dem  Meeresspiegel 


Treibeis  s.  Eisberge. 

Treibholz   im   nördlichen   Eismeere   U. 
67  ff.      " 

Trelleborg  I,  3S1. 
-  Triangulation  I,  146  ff. 

Trias  I,  301.  3U2.  319—321.  341.  II,  334. 

Trichechus  rosmarus  11,  615. 
>  Trichoglossus  11,  651. 

Triest  I,  375.  H,  142. 
■  Trifolium  resupinatnm  II,  597. 
I  Trigonia  I,  322.  326. 
;  Trigonocephalus  n,  632. 

Trilobiten  im  Silur  I,  306,   im  Devon 
I,  307,  in  der  Kohle  I,  314,  in  der 
Dyas  I,  317. 
1  Trinidad  (Änüllen)  I,  156.  159.  391.  II, 
I      311.  541. 

Trinidad  (im  südatlantischen  Ocean)  I, 
i     499. 


als  Zeugnisse  für  eine  Senkung  des  •  Tripolis  I,  222.  372. 

Bodens  I,  376.  380.  381.  |  Trisetum  subspicatum  11,  538. 


Register. 


751 


Tristan  da  Cunha  I,  499.  515.   518.  II, 

591. 
Triticum  II,  572. 
TriTandeporum  I,  161. 
Trogen  II,  358. 
Troglodytes  II,  633. 
Troja  I,  374. 
Trompetenvogel  II,  645. 
Trons  II,  358. 
Trop&teinhöhlen  ü,  309. 
Tropidonotus  II,  638. 
Tropikvogel  II,  632. 
Tropische  Regen  II,  262—265. 
Tropischer  Wald  n,  558. 
Tropische  Zone  II,  140.   141.  212—221. 

256.  260  ff.  502  f. 
Trotter  I,  234. 
Trunz  I,  162. 
Truthahn  11,  628. 
Truxillo  (Peru)  I,  259. 
Tsad-See  II,  133.  313.  399. 
Tsad-See,  Ufergebiete  des  II,  565- 
Tscharapundschi  11,  271. 
Tscheljuskin  I,  470. 
Tschelu-Fichte  II,  561. 
Tscherniawsky  II,  316. 
Tschemoi-Rejnok  Ii,  407. 
Tschemyi-Jar  II,  387. 
Tschickari  II,  626. 
Tschirimaja-Baum  II,  582. 
Tschudi,  J.  J.  V.:   Erdbeben  bei  Are- 

quiba  I,  266,  Nota  1. 

—  seculäres  Sinken  der  Küste  bei  Callao 
I,  358. 

— -  über  die  peruanische  Wüste  II,  493. 

—  über  die  Fauna  der  Anden  Peru*s  II, 
640. 

Tschuktschenland  I,  470. 

Tsetse-Fliege  II,  638. 

Tsien-tang  II,  28.  409. 

Tsugaru-Strasse  II,  75.  76. 

Tuamotu-Gruppe  I,  365.  3i)6.  497.  525. 

Tuareg  II,  515. 

Tuat  n,  492. 

Tubicaulis  I,  341. 

Tubuai-Gruppe  I,  497. 

Tübingen  n,  241.  242. 

Türkei  I,  172.  422.  H,  267.  553.  621. 

Tuffe,  Tulcanische  I,  223. 

Tuffkegel  (Vulc.)  I,  209  f. 


Tukan  II,  645. 

Tu-kiu  II,  515. 

Tula  II,  365. 

Tulpen  II,  505.  539.  556. 

Tulpenbaum  II,  536.  571. 

Tumbo  n,  566. 

Tundra  1, 368.  II,  240. 5 1 3,  Nota  1.530. 549. 

Tunguska,  Obere  I,  186. 

Tunis  (Land)  I,  373. 

Tunis  (Stadt)  I,  375.  U,  212. 

Tuqueres,  Vulcan  von  I,  236. 

Turdus  II,  637. 

Turfan,  Vulcan  von  I,  283. 

Turgat  Bala  I,  234. 

Turin  I,  171. 

Turkestan  H,   234.    267.   272.   313.   555. 

556.  600. 
Turkmenen  II,  515. 
Turkmenische  Wüste  I,  448.  II,  515. 
Turon  I,  325. 
Turrilites  I,  326. 
Turritella  triplicata  II,  322. 
Turteltaube  II,  618. 
Turtle-Island  I,  365. 
Tuscaroratiefe  I,  417. 
Tuztla,  Vulcan  von  I,  237.  239. 
Tycho  de  Brahe  I,  17. 
Tylor,  E.  B.  J,  60,  Nota  1.  61,  Nota  1. 
T3mdallf  John:   Theorie  der  Cometen- 

bildung  I,  129  f. 

—  Annahme  einer  Ausfeilung  der  Fjorde 
durch  Gletscher  I,  472  ff. 

—  die  Wasserdämpfe  der  Luft  wichtig 
für  die  Wärmeverhältnisse  der  Erde 
II,  160. 

—  über  die  Bänderstruetur  des  Gletcher- 
eises  II,  338. 

—  über  Glctscherbewegimg  II,  344.  346. 
347. 

—  über  die  Piasticität  des  Gletscher- 
eises II,  348  ff.  352. 

Tyrifjord  I,  484. 
Tyrus  I,  373. 

Valan  I,  510. 
Ucayali  II,  370. 
Udometer  II,  257. 
Überfallsquelle  II,  290. 
Uberkippung  der  Schichten  I,  510. 
(Uliberg  II,  357. 


752 


Register. 


Uganda  II,  564. 

Uhu,  grosser  II,  6 IS. 

Ujun  Holdongi  I,  233. 

Ukerewe  II,  563.  564. 

Ulex  enropaeus  I,  527. 

Ulloa,  Don  Antonio  de  I,  152.  161. 

Ulm  II,  359. 

Ulme  n,  551.  571.  575.  593. 

Ulmer  Maar  I,  217. 

Umbra  (Sonnenfiecken)  I,  63. 

Umlaofszeit,  siderische  und  synodische, 

des  Mondes  I,  99. 
Undurchlässige  Schichten  II,  292. 
Ungarn  I,  334.  II,   276.   277.   503.   550. 

552.  617. 
Unger  I,  311. 
Union- Gruppe  I,  365. 
Unna  I,  257. 
Unsen  I,  215. 
Unterseen  II,  413. 
Unze  s.  Jaguar. 
Unzerstörbarkeit  der  Kraft,  Gesetz  von 

der,  s.  Erhaltung  der  Kraft  etc. 
Upsala  I,  152.  II,  247.  475.  521. 
Upupa  11,  618. 

Uraba,  Golf  von  II,  412.  419. 
Ural  (Gebirge)  I,    185.    305.   315.    317. 

335.  533.  538.    II,  365.  535.  545.   551. 

611.  616. 
Uranus  I,  96  f.  117.  274.  283. 
Uranusmonde  I,  97.  274. 
ürgebirge  I,  302  ff. 

Urgneissformation  s.  laurentische   For- 
mation. 
Urmia-See  II,  333  f. 
Umerloch  II,  382. 
Uropedium  Lidenii  II,  542. 
Urotrichns  II,  623. 
Urserenthal  I,  538.  542. 
Ursus  (Bär)  I,  336.   II,  6u6.  60$.   610., 

613.  615.  616.  620.  622.  624.  625.  626. ; 

629.  630.  633.  640.  642.  647. 

—  americanus  II,  610.  615.  626. 

—  arctos  (gemeiner  Bär)  II,   606.   6ü8. 
613.  615.  616.  620.  622.  625  £ 

—  ferox  11,  624.  626. 

-  frugilegus  II,  642. 

-  isabellinus  11,  622. 

-  labiatus  ü,  629. 

-  malayanus  II,  629  f. 


Ursus  maritimus  (Eisbär)  II,  6US.  (>15. 

—  omatus  II,  642.  647. 

—  spelaeus  I,  336. 

—  tibetanus  11,  624. 

—  torquatus  II,  622. 
Urucuri-Paime  11,  579. 
Uruguay  II,  404.  405.  406   412. 
Urumtsi  I,  233. 

Uruspieh  II,  361. 

Urville,  Dumont  d'  I,  437.  11,  45b. 
Usnea  barbata  II,  531. 
Usneen  II,  531. 
Ustjansk  II,  179. 
Usumasinta-Tabasco  II,  40;». 
Utah  (Territ.)  11,  334. 
Utah  (Wüste)  II,  273.492.  496.  497.  510. 
573. 

Yaccinium  myrtillus  II,  552. 

—  uliginosum  II,  549.  552. 

—  vitis  idaea  II,  549.  552. 
Val  de  Ferret  II,  358. 

—  di  Noto  I,  374. 
Valdivia  I,  35S.  II,  269.  2S2. 
Valencia,  See  von  II,  312.  506. 
Valentia  (an  der  Westküste  von  Irland 

I,  171. 
Valerianella  echinata  II,  595. 

—  hamata  II,  595. 
Valles  II,  184,  Nou  2. 
Valparaiso  I,  159.  270.  35S.  II,  469. 
Valtenberg  II,  120. 

Vambery  I,  448.  II,  408.  515. 

Vampyr  s.  Pteropus. 

Vancouver  I,  360.  463. 

Vanessa  cardui  s.  Distelfalter. 

Vanilla  aromatica  II,  576.  580. 

Vanoa  Levu  II,  500,  NoU  2. 

VarangerQord  II,  45.  50. 

Varen,  Bernhard  11,  105. 

Variabilis  Scuti  (Fixstern)  I,  288. 

Variationen,  seculäre,  des  Erdmagnet 
mus  II,  466—471;  tägliche  V.  i 
Erdmagnetismus  11,  471 — 473. 

Varin  II,  123. 

Vatoa  I,  365. 

Vavau  I,  497. 

Veddahs  I,  530. 

Vegetation  s.  Pflanzen. 

Vegetationszonen  der  Erde  II,  544 — | 


Register. 


753 


iM. 


Veilchen  n,  523. 

Vellosia  U,  581. 

VelseD  I,  452. 

Vendde  I,  377. 

Venedig  I,  370  f.  II,  30.  267. 

Venediger  II,  450. 

Venezien  II,  360. 

Venezuela  II,  497.  516.  577  f. 

Vents  alizds  II,  215. 

VenuB  I,  83  ff. 

Verbreitung  der  Pflanzen  gefordert  durch 
Winde  II,  592  f.,  durch  das  Wasser 
n,  593  ff. ,  durch  Thiere  II,  595  f., 
durch  den  Menschen  11,  596  £  —  Ver- 
breitung der  Thiere  gefordert  durch 
schwimmende  Fahrzeugen,  608,  durch 
Gebirge  n,  608  f.,  durch  Stürme  LI, 
609,  durch  andere  Thiere  II,  609, 
durch  den  Menschen  II,  610,  gehindert 
durch  Flüsse  und  Meere  11,  610  f., 
durch  Gebirge  II,  61 1  f.,  durch  Wüsten, 
Steppen  und  Wälder  11,  612  f.,  durch 
Menschen  11,  613. 

Verbreitungscentren  s.  Schöpfungs- 
heerde. 

Verbrennungsprocess  I,  42. 

Verdunstungsprocess  II,  239—2^2. 

Vereinigte  Staaten  von  Nordamerika 
(Geologisches:)  I,  231.  306.  348.  360. 
361  f.  390  f.  448  f.  458.  (Meteoro- 
logisches:) n,  238—236.  273.  279  f. 
312.  334.  362  l  367  f.  (Biologisches:) 
D,  496  f.  503.  570—574.  624—628. 

Vermoderungsprocess  I,  342. 

Vernagtgletscher,  Eissee  des  II,  327. 353. 

Verschiebung,  optische,  d.  Fixsterne  1, 15. 

Verschiebungen  der  Welttheile  seit  den 
tertiären  Zeiten  I,  385—892. 

Versteinerungen :  Mittel  zur  Bestimmung 
des  Alters  der  Formationen  I,  295. 

Vertheilung  der  Wärme  auf  der  Erd- 
oberfläche n,  138—202. 

Verwandlung  der  Kräfte  I,  39  ff. 

Verwerfungen  der  Schichten  I,  544; 
Entstehung  geräumiger  Seebecken 
durch  V.  n,  325. 

Verwesungsprocess  I,  342. 

Vespertiüo  H,  616.  623.  625.  629.  633. 
Wl.  647.  650.  655. 

—  noctua  II,  655. 

Peachel-Leipoldt,  Phys.  Erdkunde.     II. 


Vestfjord  n,  45. 

Vesuv  I,  202.  206.    208.  214.   215.  218. 

219.  221.   222.  223.  224.   226.    229  f. 

231,  Nota  3.  238.  239.  242.  259. 
Via  mala  H,  382. 
Vianen  I,  378. 
Vic  n,  334. 
Vicia  cracca  U,  597. 
Vico,  Fr.  de  I,  85,  Nota  2. 
Victoria  (Australien)  11^  281.  527. 
Victoria-LAud  I,  499.  11,  240.  45S. 
Victoria  regia  11,  543.  580. 
Vicuna  n,  644.  648. 
Vielfrass  II,  615.  616.  625. 
Vierwaldstätter-See  11,  359.  441. 
Viescher-Gletscher  n,  202. 
Vinago  aromatica  II,  632. 

—  ozjura  II,  632. 
Vincent,  H.  I,  144  f. 
Vinci,  Leonardo  da  II,  92. 
Vintschgau  II,  450. 

Viola  lutea  calaminaris  II,  518  f. 

Viper  II,  638. 

Virginien  11,  280.  325.  334.  571.  572. 

Viscum  n,  595. 

Visp-Thal,  Erdbeben  im  I,  264.  272. 

Viti  Levu  II,  500. 

Vitis  labrusca  U,  572. 

—  vulpina  II,  572. 

Viverra  II,  620.  628.  030.  634.  641. 

—  genetta  (Genettkatze)  II,  620.  634. 

—  rasse  II,  630. 

—  zibetha  II,  630. 
Vlieghen  eiland  I,  525. 
Vlotho  I,  227. 
Vochysiaceen  II,  581. 

Vögel:  erste  Spuren  von  V.  in  der  Tria* 
1, 319,  älteste  Ueberreste  im  Jura  I,  323. 

Vogel,  Eduard  II,  133. 

Vogel,  H.  C. :  Bewegungen  der  Pro- 
tuberanzen I,  72. 

—  Atmosphäre  der  Venus  I,  84  f. 

—  Marsspectrum  I,  88. 

—  Jupiterspectrttm  I,  92  (Nota  1). 

—  Spectra  der  Cometen  I,  127  f. 
~  über  das  Nordlicht  II,  479. 
Vogelgesang  I,  217. 
Vogelsgebirge  I,  243. 

Vogesen  I,  190.  293.  298.  320.  53^.  559. 
II,  328.  361.  447  f 

4S 


754 


Register. 


Vogt,  Karl:  über  die  Fjorde  Island's  I, 
465. 

—  Felssturz  an  der  Westküste  Skandl- 
navien'fi  I,  53S. 

—  das  Au&teigen  der  Grebirge  die  Wir- 
kung  eines   Krystallisationsprocesses 

I,  549  £ 

—  gleichartige  Fische  auf  beiden  Ab- 
hängen der  Alpen  IT,  450. 

Vogtland  I,  320. 

Volcano  I,  231,  Nota  3. 

Volger  I,  263.  265.  272,  Nota  1. 

Voltzien  I,  319. 

Vorderasien  II,  491.  492. 554;  im  übrigen 

s.  Mittelmeerländer,  Kleinasien  etc. 
Vorderindien  (Geologisches :)  I,  161.  162. 

163.  184.  231.  296.  325.  328.  330.  370. 

(Meteorologisches:)  II,   127.   196.  220. 

255.  256.   269  ff.   399.  (Biologisches:) 

II,  513.  523.   545  f.    554.  558  ff.  6U9. 
629-632.  634. 

Vorderrheinthal  I,  538. 

Vulcane  I,  201—243.  Definition  I,  201. 
Eintheilung  in  geschichtete  und  ho- 
mogene V.  I,  201.  Aeussere  Grestalt 
der  V.  I,  201.  Entstehung  der  V.:  die 
Theorie  L.  v.  Buch*s  I,  202  f.,  die 
Aufschüttungstheorie  I,  203  ff.  Stö- 
rungen des  Schichtenbaues  in  der  Nähe 
eines  V.  I,  204.  Barrancos  I,  205. 
Beweglichkeit  der  Laven  I,  205  ff. 
Neigung  der  Gehänge  eines  V.  I, 
207  f.  Bildung  des  Monte  Nuovo  I, 
2üS  f.  Innere  Structur  der  V.  I,  209  ff. 
Submarine  Bildungen  (Tuffkegel)  I, 
209  f.  Schlackenkegel  I,  210.  Lava- 
kegel I,  211.  Kegel  von  gemischtem 
Material  I,  211  f.  Einstürze  von  V. 
I,  212  ff.  Maare  I,  216  f.  —  Thätig- 
keit  der  V.:  Vorboten  eines  Aus-{ 
bruches  I,  218  f.,  der  Ausbruch  selbst 
I,  219  ff.  Flammenerscheinungen  I, 
221  f.  Eruptionsmaterial  I,  222  ff.  II, 
217.  Zustand  der  fiuhe  I,  225  ff. 
Frequenz  der  vulcanischen  Eruptionen 
(thätige  und  erloschene  V.)  I,  228  ff 
Zahl  der  V.  I,  230  ff.  —  Räumliche 
Vertheilnng  der  V. :  ihre  räumliche 
und  causale  Beziehung  zum  Meere 
I,  232  ff.;  reiheiiformige   Anordnung 


I,  236  ff.  395  f. ;  L.  v.  Buch's  Ceutral- 
vulcane  I,  23S  f.  Vulcanische  Spalteu 
I,  239.  285.  394.  Altemirende  Thätig- 
keit  derjenigen  Vulcane,  welche  auf 
derselben  Spalte  liegen,  I,  239  f. 
Höhen-  und  Massenverhältnisse  der 
V.  I,  240  ff.  Homogene  V.  I,  243.  — 
Zusammenhang  zwischen  den  V.  uud 
den  Erdbeben  I,  258  ff.  Vulcanische 
Heerde  im  Erdinnem  nach  Hopkins 
I,  2S7.  Hebungen  auf  vulcanischeui 
Gebiete  I,  355.  Vulcanische  Kräfte 
betheiligt  bei  den  seculären  Hebungen 
I,  385  f.,  nicht  aber  bei  der  Erhebung 
der  Gebirge  I,  554.  Heisse  Quellen 
am  häufigsten  in  der  Nähe  vulcanischer 
Heerde  II,  295. 

Vulcanische  Inseln  s.  unter  Inseln. 

Vulcanismus  auf  dem  Monde  I,  101. 

Vulpia  ligustica  II,  597. 

Vultur  aegyptius  II,  621. 

—  percnopterus  II,  621. 

Wachspalme     II,    524,    Nota   2.    5S!. 

584. 
Wachtel  II,  623. 
Wadi  Arabah  U,  325. 

—  Sanur  I,  450. 
Wadis  U,  399.  563. 

Wälder:  versteinerte  W.  I,  317.  341,  in's 
Meer  versunkene  W.  I,  377.  378.  3S1. 
W.  ein  Schutz  gegen  das  Vordringen 
der  D.  I,  458  ff.  Meteorologische  Vor- 
aussetzungen zur  Waldbildung  II, 
490  f.  494  ff.  Örtliche  Vermehrung' 
der  Niederschläge  durch  die  W.  11, 
505—507.  Der  Gesammtregenfall  auf 
Erden  wird  durch  die  W.  nicht  ver- 
grossert  H,  507  f.  Bedeutung  der  W. 
für  gleichmässige  Wasserabfuhr  II, 
508  f.  Charakter  der  Nadelwälder 
des  Nordens  U,  533,  der  australischen 
Eucalyptus  -  W.  H,  534.  569,  der 
W.  der  Mittelmeerflora  H,  553,  der 
W.  Ostindien's  U,  558  ff.,  des  Su- 
dan II,  564,  Nordamerika*s  U,  570, 
Guayana's  II,  578,  Brasilien's  II, 
579  ff.,  Peru's  U,  584,  Patagonien*s 
n,  587  f.  Bisweilen  sind  W.  Hinder- 
ni>8e   für  die    Verbreitung  der   6e- 


Register. 


755 


wachse  II,  599 ,  sowie  der  Thiere  II, 

612  f. 
"Wärme:  Verwandlung  der  W.  in   Be- 
wegung   I,    40.     W.   ist    selbst    Be- 
wegung  I,   41;  Aequivalent  der  \V. 
I,    41.    Entwicklung  von   W.   durch 
chemische  Verbindungen  I,  42,  durch 
elektrische  Kräfte   I,   43.    W.  in  der 
Tiefe  des  Erdkörpers  I,  183  ff.   Täg- 
liche und  jährliche  Wärmevariationen 
in  den  Oberflächenschichten  der  Erde 
I,  183.    Wärmezunahme  in  den  Ober- 
flächenschichten   der    Erde    auf  un- 
ebenem Terrain  I,  1 88  ff.,  auf  ebenem 
Terrain  I,  190  ff.    Durchschnittliche 
Grösse  der  geothermischen  Tiefenstufe 
und  deren  Wachsthum  nach  unten  I, 
193  ff.   284.     Verschiedenes   Wärme- 
IcitungsvermÖgen  der  Gesteine  I,  19t). 
Beständige  Verminderung  der  Eigen- 
wärme der  Erde   I,  200.    Bedeutung 
der  inneren  Erdwärme  für   die  Erd- 
obei-fläche  1,  200.  II,  139.    Die  hohe 
W.  im  Erdinnern  ein  Beweis  für  eine 
ehemalige  Gluthflüssigkeit  des  Erd- 
balls I,  282;  weniger  sicher  lässt  sich 
aus   ihr   die  jetzige   Gluthflüssigkeit 
des    Erdinnern    ableiten    I,    283   ff. 
Wärmeverhältnisse    an    der   Meeres- 
oberfläche II,  33—38,  in  den  Tiefen 
der  Oceane  II,  38 — 55.   Wärmeunter- 
Bchiede  als  die  Ursache  der  meridio- 
nalen    Meeresströmungen    II,    92  ff. 
Wärmequellen,    welche    die    Tempe- 
raturen   an    der    Erdoberfläche    be- 
stimmen, II,  ISS.    Periodischer  (jähr- 
licher  und    täglicher)    Wechsel    der 
Luftwärme  II,  138—143.  Wärmezonen 
der  Erde  U,   140.    Ueber  die  secu- 
lären  Schwankungen   der  Erdwärme 
(Adh^mar'sche  Hypothese)  II,   143— 
151.    200—202.     Absorption   der   W. 
durch  Luft,  Land  und  Meer  II,  156— 
15S.    Wärmestrahlung  der  Erde   II, 
158— 1G2.    Abnahme  der  W.  mit  der 
Höhe  II,  162—173  (in  freier  Luft  H, 
162—167,  an  den  Abhäugen  von  Ge- 
birgen II,  167— 173).   Ueber  blick  über 
die  Wärmeverhältnisse  der  Erde  an 
der  Hand  der  Isothermen  und  Isano- 


malen  II,  173—189.  Gleichmässiges 
und  excessives  Klima  II,  189—194. 
Maxima  und  Minima  der  Luftwärme 
II,  191—198.  Gleichzeitige  Wärme- 
anomalien verschiedener  Gegonden  II, 
198 — 200.  Abhängigkeit  der  W.  von 
den  Winden  II,  226—233.  Beschleu- 
nigung des  Verdunstungsprocesses 
durch  grössere  W.  II,  241.  VVärme- 
verhältnisse  zur  Eiszeit  II,  365  ff. 
Bedeutung  der  W.  für  das  Pflanzen- 
leben II,  520-527. 

Wagner,  Andreas  II,  614  (Nota  1)  ft'. 

Wagner,  Moriz:  Südspitze  des  Ilinissa 
kein  Vulcan  I,  213,  Nota  1 

—  die  Bauch  wölken  des  Cotopaxi  IL 
218. 

—  Quellen  von  Hammam-Meskhutin  II. 
294. 

—  der  Lech  eine  zoologische  Grenze  II, 
437,  Nota  2. 

—  über  die  Savanen  Mittelamerika's  II, 
498. 

—  über  das  Vorkommen  des  Genus  Pinus 
in  Centralamerika  II,  .~i46  (Nota  3). 

—  über  die  Fische  an  beiden  Ufern  de& 
Isthmus  von  Panama  II,  609. 

Wahlenberg :  in  Skandinavien  hat  allein 
Norwegen  Gletscher  I,  471. 

—  über  die  Abhängigkeit  der  Gewächse 
vom  Standort  II,  519. 

—  Verwandtschaft  der  lappländischen 
Tiefen-  und  der  Schweizer  alpinen 
Flora' II,  599. 

Waid  n,  523. 

Waikato  II,  299. 

Waikite,    kochende    Quellen    von    II, 

592. 
Wairaufluss  I,  271. 
Waitemata-Hafen  I,  204.  24ü. 
Waitoreke  I,  522. 
Walchien  I,  317. 
Waidenburg  (Schlesien)  I,  315. 
Waldhuhn  II,  628.  687. 
Waldrebe  II,  593. 
Wales  I,  305.  306.    308.  309.  315.  347. 

II,  361. 
\  Walfisch  s.  Balaena. 
Walker,  Francis  A.  II,  497. 
Wallace,  A.  R.:    Aehnlichkeit  im  Bau 

48* 


756 


Register. 


von  Bomeo,    Celebes   und  Gilolo  I, 
393,  Nota  2.  394  f. 
Wallace,  A.  R.:  Naturgrenze  zwischen 
Asien  und  Australien  I,  489.  521. 

—  Celebes  ein  Bruchstück  eines  nach 
Westen  hin  gelegenen  Continents  I, 
505  (Nota  2X 

—  über  die  Sandainseln  I,  511. 

—  über  die  Thierwelt  Neu-Guinea*s  1, 
521. 

—  der  Amazonas  eine  Grenzlioie  für 
gewisse  Affenarten  II,  610. 

—  die  geographische  Verbreitung  der 
Thiere  II,  614  (Nota  1)  ff. 

Wallensee  U,  359. 

Waliich  I,  370. 

Wallis  I,  365. 

Wallis  (Canton)  I,  264.  538.  II,  359. 

Wallmann  II,  328  (Nota  2). 

Wallnussbaum  II,  536.  551.  571. 

Wabross  II,  615. 

Walsdorf,  Maar  bei  I,  217. 

Waltershausen,  Sartorius  I,  221.  2d6. 

Walzenschlange  n,  607. 


Wasserannuth     mancher     Strome     II, 
39S— 402. 

Wasserburg  U,  360. 

Wasserdampf:  nicht  betheib'gt  bei  Erd- 
beben auf  nichtrnlcanischem  Grebiet 
I,  261  f. 
I  Wasserdampf  in  der  Luft  ü,  109.  HS. 
239—257  (Verdunstungsprocess  II, 
239—242.  Instrumente  zur  Ermitte- 
'  lung  des  W.-Gehalts  der  Luft  II, 
242  —  246.  Tagliche  und  jährliche 
Periode  des  W.  II,  246—248,  sowie 
der  Dampfsättigung  II,  248.  Der 
Feuchtigkeitsgrad  verschiedenerWinde 
n,  248  f.  Abnahme  des  Wasser- 
dampfes in  der  Hohe  II,  249  f. 
Wolkenbildung  II,  251—257). 

WasserdampfGiushauchungeu        (Fnma- 
rolcn)  I,  226.  22S. 

Wasserjungfer  II,  607. 

Wassermaulwurf  II,  625. 

Wassermelone,  südafrikanische  II,  566. 

Wasserpest  II,  598. 
!  Wasserratte  II,  612.  617. 
,  Wasserschnabelthier  I,  519.  ü,  650. 


Wanderheuschrecke  Ü,  607. 

Wanderratte  (Mus  decumanus)  II,   617. ,  Wasserschwein  II,  643. 

624  626.  635.  643.  I  Waterford  I,  193. 

Wanderungen  der  Pflanzen  II,  51)2—605, '  Watergap  II,  448. 


der  Thiere  H,  606—613. 
Wan-See  I,  233.  234. 
Warasdin-Teplitz  n,  307. 
Warmbrunn  II,  306. 
Warren  II,  527. 
Warzeudisteln  U,  540. 
Warzenschwein  II,  636. 
Wasa  II,  293. 
Waschbär  II,  626.  642. 
Washington  (Stadt)  11,  175  f.  469. 
—  (Territorium)  I,  472. 


Wavellit  I,  550,  Nota  2. 

Wealden  I,  325. 

Wealdenkohle  I,  325.  341. 
.  Webb,  T.  W.  I,  92.  96. 
,  Wega  I,  57.  II,  144. 

Wegerich,  gemeiner  II,  597. 

Weichsel  ü,  424. 

Weide  II,  535  f.  551.  556.  570.  574.  5S3. 
5S5.  586.  593.  605. 

Weidenröschen  11,  593. 

Weihmuthskiefer  II,  571. 


Wasser:   vermindert  sich  in  Folge  Ab-  Weilenmann  I,  194,  Nota  2.  II,  170. 
Sorption  und  Bildung  von  Uydraten ;  Weimar  I,  114. 

I,  53.     Bedeutung  des  W.    bei   vul-Wein  II,   190.   201   f.    554.    572.   574. 
canischen    Eruptionen    I,    201.    221.'     603  f.  610. 
223  £   235  f.    Erodirende  Kraft  des !  Weinmorder  II,  228. 
W.  8.  unter  Erosion.    Absorption  der  [  Weissdom  II,  552. 
Sonnenstrahlen  durch  W.  11,  158. 189. ;  Weisses  Meer  I,  388  f.  II,  11.  318. 
Aasstrahlung  der  Wärme   durch  das  |  Weissfisch  D,  615. 
W.  II,  161   f.    189.     Bedeutung  des  ■  Weisstanne  II,  550. 
W.  für  das  Pflanzenleben  II,  490  f. !  Weizen  11,  523.  554.  55S.  562.  598.  657. 
494  ff.  .Wellen,  durch  Erdbeben  entstanden  I, 


Register. 


757 


245  f.  413  ff.  WeUen,  durch  Wind 
entstanden  I,  436  ff.  Ihre  Wirkung 
in  der  Tiefe  I,  436,  ihr  allmähliches 
Wachsthum  I,  436,  ihre  Höhe  I,  436  f., 
ihre  Wirkungen  an  den  Küsten  1, 437  ff. 

Wellington  (Neuseeland)  I,  271. 

Wellingtonia  gigantea  II,  527.  528. 

Wells  II,  159. 

Wels  n,  611. 

Welfih  n,  163. 

Welwitschia  mirabilis  II,  566. 

Wener-See  I,  389.  H,  318. 

Werra  11,  371. 

Wertoch  11,  429  f. 

Weser  11,  28.  371.  426. 

Wesselowsky  II,  194. 

Westaustralieu  U,  527. 

Westaustral-Strömung  11,  79.  101. 

Westerwald  I,  243. 

Westghats  II,  256.  271. 

Westindische  Flora  11,  576  f. 

Westphalen  I,  313.  315. 

Wetter,  gutes  und  schlechtes  II,  513  f. 

Wetterau  I,  227. 

Wetterregeln  II,  236  f. 

WetterSee  I,  389.  11,  318. 

Wettin  I,  314.  315. 

Weyman  I,  358. 

VVeyprecht  U,  479. 

Whewell,  W. :  Versuch,  die  Dichte  der 
Erde  durch  Pendelbeobachtungen  zu 
ermitteln,  I,  1 79. 

—  cotidal  lines  U,  22  f. 
Whiston,  W.  U,  459. 
Whitsunday  I,  364. 

Whymper,  F.:  Hebungen  au  deu  Ufern 
des  Territoriums  Aljaska  I,  360. 

—  die  Fjordküste  des  Territoriums  Al- 
jaska I,  463  (Noto  ]). 

—  Gletschererosion  im  Aostathale  I, 
474.  475  f. 

—  Charakter  der  von  Gletschern  ero- 
dirten  Thäler  I,  476. 

—  über  die  verheerenden  Kräfte  der 
Durance  H,  380. 

—  über  eine  eigenthüniliche  Art  von 
Erosionserscheinungen  II,  384. 

Wibel,  F.  H,  425. 
Wiborg,  C.  F.  I,  374. 
Wicke  n,  597. 
Wickelbär  U,  625  f.  642. 


Widder  (Sternbild)  I,  30. 

Widdringtonia  U,  568. 

Widmanstätten'sche  Figuren  1, 109. 1 10. 

Wiedehopf  H,  618. 

Wiehengebirge  I,  324. 

Wieliczka,  Salzlager  von    I,   320.   H, 
331.  334. 

Wien  n,  129.  227.  377.  445. 

Wiener  Becken  I,  829. 

Wiener  Wald  H,  550. 

Wierchojansk  ü,  197. 

Wiesbaden  H,  294. 

Wiesel  (Mustela  vulgaris)  H,  615.  625. 

Wiesel,  ägyptisches  H,  620. 

Wigan,  Cannelkohle  von  I,  344. 

Wildbad  H,  305. 

Wildhund,  rother  H,  630. 

Wildkatze  II,  617.  620. 

Wildschwein,  gemeines  H,  613.  617.619. 
621.  622. 

Wilke  n,  463. 

Wilkes  I,  271.  H,  458. 

Wilkinson,  Sir  Gardner  I,  372. 

Wilson,  Alezander  I,  63  f. 

Wilson'sches  Phänomen  I,  63  f.  69.  73. 

Wind  als  Urheber  von  Meeresströmungen 
n,  84  ff.  96  ff.  Störung  der  regelmässi- 
gen Abnahme  der  Lufttemperatur  nach 
oben  durch  W.  ü,  166.  Begriff  W.  und 
Bezeichnung  seiner  Richtung  II,  203. 
Windfahne  H,  203.  Bestimmung  der 
Geschwindigkeit  des  W.  (Windmesser) 
II,  203  ff.  Druck  des  W.  H,  205  f. 
Seine  Entwicklung  ist  bedingt  durch 
die  Beschaffenheit  des  Terrains  U, 
207.  Tägliche  und  jährliche  Periode 
des  W.  II,  207  f.  Entstehung  des  W 
II,  209  f.  Land-  und  Seewind  H, 
210—212.  Monsunen, 212— 215. 219 f. 
Passaten,  215— 221.  üeberblick  über 
die  Windzonen  n,  221.  Die  Winde  unter 
höheren  Breiten  (Dovtfs  Drehungs- 
gesetz) n,  222—224.  Der  W.  weht 
immer  aus  Gegenden  hohen  Luft- 
druckes nach  solchen  geringeren  Luft- 
druckes (Wetterprognosen)  H,  225  f. 
Wichtigkeit  der  Winde  für  die  Wärme- 
verbältnisse  der  Erde  H,  226  —  233. 
Die  Winde  in  den  mittleren  Breiten 
der  nördlichen  Hemisphäre  H,  233 — 
236.     Der  Mond  beeinflusst  die  Ent-